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[Zwischen Ceausescu und Transsilvanien (3)]

Kurznotizen der Filmgruppe Chaos aus Rumänien.
Karsten Weber, 13.10.2024 (3.Teil)

Rätselhaftes Rumänien



Und weiter gings nach Timisoara [‚Temeswar‘ -> https://de.wikipedia.org/wiki/Timi%C8%99oara]. Ein um ein mehrfaches größerer Ort als Resita. Eine deutlich wohlhabendere Stadt, die mit hohen sich ähnelnden Wohnblöcken und Bürokomplexen dazu einlud, sich zu verfahren. Doch wir landeten schließlich im Kulturpalast der Jugend, der mit seiner sozialistischen Architektur glänzte. Einst gehörte er der Jugendorganisation der Kommunistischen Partei, doch mit dem Einzug der Marktwirtschaft wurde jeder einzelne Raum des Gebäudes vermietet.


Wir konnten nicht herausfinden, wie es gelungen ist, den neoliberalen Geist aus dem Gebäude zu vertreiben. Heute wird er wieder von Jugendgruppen und ihren internationalen Gästen kulturell genutzt. Hier soll das „analog mania festival“ stattfinden. Zum 12. Mal. Fotographie, bewegte Bilder und Sound. Ein Festival, das nicht nur eine Plattform für analoge Kultur schafft, sondern sich mit ihr auseinandersetzt und sie vorantreibt.



Emil Kindlein, der Gründer des Festivals, sagte, solche Festivals wurden gleichzeitig in verschiedenen Ländern gegründet, um gegen das Verschwinden der analogen Kultur anzuarbeiten. Doch die Situation hat sich grundlegend geändert, die analoge Kultur fristet kein Nischendasein in einer hippen Vintage-Ecke, „analog ist Avantgarde“. Er geht nicht nur von einer Gleichwertigkeit von digital und analog in Kunst und Kultur aus, sondern er sieht bereits den nächsten Schritt in der kulturellen Entwicklung: Mischformen haben sich in beide Richtungen entwickelt. Analoges wird nicht nur auf digitalen Datenträgern aufbewahrt und von ihnen abgespielt, es geht auch in die entgegengesetzte Richtung, in der digital produzierte Bilder und Töne in analogen Werken aufgenommen werden.


Analog mania | Timisoara | Romania (13.09.2020) – Foto. Film. Klang. Objekt. Das Analog Mania International Festival kehrt mit seiner zwölften Ausgabe nach Timi?oara zurück. Es zelebriert die Kunst, Geschichte und Techniken des Analogen in einem Gesamterlebnis. Vom 12. Oktober bis 9. November. // –> https://www.youtube.com/@analogmania1129


Nichts war so, wie wir uns Rumänien vorgestellt haben. Man erinnert sich dort auch der Geschichte mit ihren politischen und wirtschaftlichen Umbrüchen.

Nach der Revolution existierte kein Copyright mehr. Da wurden massenhaft Musikkassetten raubkopiert und für kleines Geld vertrieben.

Wir wussten einen Scheiß über dieses Land, das eben nicht nur LKW-Fahrer und Erntehelfer für Westeuropa hervorbringt. Open-Air Konzerte bei freiem Eintritt waren nicht gerade das, was wir erwartet haben.

Kulturelles Interesse und Auseinandersetzungen im Kulturbereich fielen uns auf. Vielleicht lag es daran, dass wir an sehr speziellen Orten waren. Es gibt jedoch einen lebendigen Underground, was Musik und Film angeht. Die ökonomisch schwierige Situation wird durch Experimentierfreude und gegenseitige Hilfe wieder wettgemacht.

Man hat Rumänien eigentlich als Filmland nicht auf dem Zettel. Dabei war Der Tod des Herrn Lazarescu [https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Tod_des_Herrn_Lazarescu] 2005 Gewinner des Prix Un Certain Regard in Cannes – und 4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage [https://de.wikipedia.org/wiki/4_Monate,_3_Wochen_und_2_Tage] erhielt 2007 in Cannes die Goldenen Palme und wurde mit dem Europäischen Filmpreis ausgezeichnet.

Bis heute verlängerte sich die Liste der Filme, die in Cannes und auf der Berlinale ausgezeichnet worden sind. Es gibt für die Filme in ihrem kühlem realistischen bis naturalistischen Stil die Bezeichnung „neue Welle“ oder „rumänische Nouvelle Vague“. Man lernt nie aus.

Wir haben noch nichts von Rumänien gesehen, wenn man ehrlich ist. Wir haben nur ein paar Eindrücke gesammelt. Selbst in dem eher schicken Timisoara haben wir quirlige Ecken jenseits des wohlgeordneten Lebens in den Hochhaussiedlungen gefunden.