Schlagwort: Exterra XX

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Künstlerinnengruppe Erfurt (1984–1994)
Nach der Wende wurde ab Ende 1989 der Name Exterra XX verwendet.
// https://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%BCnstlerinnengruppe_Erfurt
// https://dedicatedcollectors.wordpress.com/2018/08/21/super-8-filme-gabriele-stoetzer-waehrend-der-mitteldeutschen-kunstmesse-6-9-september-2018/

Simone Unger (11. Dezember 2021): “ … Förster erinnrt sich: „Erfurt war dunkel, trüb, und sehr verfallen und ich habe dort Gabi erlebt mit ihren selbstgewebten Pullovern, mit türkisfarbener Hose. Bis wir dann aufeinander zugegangen sind und mit den ersten Fotoserien begannen.“ Aus den Fotosessions entwickeln die Frauen ihren ersten gemeinsamen Film: Jede von ihnen inszeniert einen ihrer Träume. Regie führt jede Künstlerin selbst. Gedreht und geschnitten wird das Material von Gabriele Stötzer, die damals schon eine Super-8-Kamera hat. So entstehen in wenigen Jahren fünf je halbstündige Kunstfilme – Vorbilder gibt es keine, erklärt Stötzer: „Es ist aus uns entstanden. Wir waren alle irgendwo am Rande. Wir standen draußen. Wir standen immer kurz vorm Aufgeben, wir standen vor dem Selbstaufgeben.“ … Am 4. Dezember 1989 ruft die Gruppe zur Besetzung der Stasi-Zentrale in Erfurt auf. Hunderte Menschen folgen. Gemeinsam verhindern sie die Vernichtung der Akten. Ein Erfolg, der zugleich das Ende der Gruppe einläutet. Von Erfurt geht es nach Paris, Basel, Amsterdam – doch der Ruhm befördert den Zerfall. 1994 trennen sich die Wege. Was bleibt, ist dieser Schatz bislang kaum bekannter Filme von Künstlerinnen, die den Himmel unter ihren Füßen haben. …“ | https://www.mdr.de/kultur/ausstellungen/erfurt-kuenstlerinnen-gruppe-ddr-hosen-haben-roecke-an-100.html

(14. Januar 2022): “ … Keine von ihnen hätte wohl einen Studienplatz an einer der renommierten Kunstakademien der DDR erhalten. Die Gruppe drehte experimentelle Super-8-Filme und führte Mode-Objekt-Schauen auf – Bühnen-Performances, bei denen Kostümbilder und Textilobjekte als Modekollektionen präsentiert wurden. In der Erfurter Underground- und Punkszene der 1980er Jahre fand sie Anregung und Rückhalt. Den Künstlerinnen ging es darum, sich gemeinsam im Hier und Jetzt Raum und Sichtbarkeit zu erkämpfen. Eine Ausreise nach Westdeutschland war keine Option: „Wir wollten per se dableiben“, beschreibt Andres die Grundhaltung rückblickend. … Briefe und Stasiakten zeugen von staatlicher Repression, aber auch von Solidarität unter weiblichen Kulturschaffenden, wie Christa Wolfs Brief an den Staatsanwalt mit der Bitte um Haftentlassung von Wollert zeigt. … In [den] Abseiten [der Ausstellung „Künstlerinnengruppe Erfurt 1984–1994“ in der neuen Gesellschaft für bildende Kunst (nGbK), Berlin“] werden teils traumatische Erfahrungen beleuchtet, die den Arbeiten vorausgingen. So kontextualisiert etwa ein Raum voller bunter Luftballons und Kopien von Briefen Wollerts Performance in ihrem Film „Komik–komisch“ (1989): Die Luftballons, die ihr hier unter dem Kleid wegfliegen, symbolisieren den Verlust ihres Kindes durch Zwangsadoption – eine erschütternde Offenbarung im Anschluss an das Screening des heiteren Super-8-Films. Dokumente wie diese lassen heute noch verständlich werden, warum die „Flucht in die Öffentlichkeit“ (Stötzer) für die Künstlerinnengruppe in der späten DDR (und auch über den Systemwechsel hinaus) so wichtig und stimulierend war. … Kollektiv ausgeübte Kunst war seit der Verstetigung des privatwirtschaftlichen Kunstmarkts immer auch als Kritik am Alleinstellungsmerkmal und dem damit verbundenen Marktwert des solitären Künstler Künstler*innensubjekts intendiert. … Was sich von der Künstlerinnengruppe Erfurt […] lernen lässt, ist nichts weniger als der gemeinschaftliche Umgang mit gesellschaftlichen und persönlichen Krisen. …“ | https://www.textezurkunst.de/articles/anna-voswinckel-flucht-in-die-offentlichkeit/