Arno Widmann (19.01.2020): “ .. Mit „La Dolce Vita“ verlässt Fellini 1959 die Nachkriegsgeschichte und stürzt sich in die Gegenwart. Wozu sind wir auf der Welt? Wozu lebe ich? Was fange ich mit dem Leben an? Diese Fragen scheinen in einer Welt, die die Trümmer hinter sich gelassen hat, in einer Demokratie, eher noch drängender geworden als sie es in Diktatur und Krieg gewesen waren. Das hat seine Komik, aber die nimmt den Fragen nichts von ihrem Ernst. Wir neigen dazu, die Wohlstandsinnsuche zu verspotten. Fellini ist da keine Ausnahme. Er kommt her von der Karikatur. Er hörte nie auf, sie zu lieben. Aber er hörte auch nie auf, die zu lieben, die er karikierte. Fellinis Menschen sind Clowns mit großen Nasen, großen Brüsten, mit breiten Mündern. Sie sind Karikaturen. Dazwischen er selbst als Marcello Mastroianni, ein gutaussehender Fremder, der fasziniert ist von den ihn umgebenden Erscheinungen, der ihnen erliegt, aber immer wieder aufsteht und schüchtern weitergeht. … “ | https://www.fr.de/kultur/tv-kino/fellini-100-geburtstag-liebte-karikierte-13450960.html
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(20.01.2020): “ … Alexandra Friedrich: Und mit welchen Blick schaut Fellini auf die Frau? – Antje Dechert: Fellini hat in einem Interview selbst von sich gesagt, dass er immer Frauen kreiert hat, wie sie von einem bestimmten Männertyp zu seiner Zeit gesehen wurden. Diese hypersexuellen Frauen hätte er für das „naschhafte, unreife, infantile Auge eines unterentwickelten Mannes“ kreiert, und damit kritisierte er immer wieder diese offizielle, sehr rigide Sexualmoral der damaligen italienischen Gesellschaft, die vom Katholizismus sehr beeinflusst war und von der auch viele seiner männlichen Zeitgenossen sehr geprägt waren.
Sexualität, vor allem die weibliche, war öffentlich weitgehend ein Tabuthema. Das Frauenbild zerfiel für viele in zwei Extreme: die keusche, heilige, engelhafte Frau auf der einen Seite und die Prostituierte, die dämonische Frau auf der anderen Seite. Fellini kreiert diese Bilder immer wieder in seinen Filmen, lässt sie dann aber auch in sich zusammenfallen, indem er sie auch vermischt. Da funktioniert diese eindeutige Zuweisung nicht mehr. Er zeigt Männer und Frauen, die an genau diesen Idealen ihrer Zeit scheitern und nach alternativen Beziehungsformen suchen. In „La dolce vita“ sieht man das zum Beispiel ganz deutlich: Da sieht man Frauen, die ihre Sexualität ganz selbstbewusst leben, und Männer, die mit diesem patriarchalischen Männlichkeitsbild überhaupt nicht zurechtkommen. Da sieht man Marcello Mastroianni als gescheiterten Klatschreporter, der gar nichts auf die Reihe kriegt – weder beruflich, noch schafft er es, eine Familie zu gründen, eine feste Beziehung zu führen. Diese gescheiterten Typen zeigt Fellini aber positiv, und damit ist das auch ein Aufruf zu anderen Lebensformen und Werten. Er ist da seinerzeit sehr voraus: Er greift vieles auf, was dann die 68er-Bewegung in Italien aufgreifen wird. … Eine letzte Hommage an sein Werk war der auch in Deutschland erfolgreiche Film „La Grande Bellezza – Die große Schönheit“ von Paolo Sorrentino. Fellinis Werk ist nach wie vor für viele Inspirationsquelle und als solche bisher auch unübertroffen im italienischen Kino. …“ | Quelle: https://www.ndr.de/kultur/Antje-Dechert-zum-100-Geburtstag-von-Federico-Fellini,fellini106.html
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(16 March 2020): “ … Searching for an earlier film that might offer readier access to the director’s distinctive style and vision, the author settled on Le notti di Cabiria (Nights of Cabiria 1956). … Le notti di Cabiria proves to be an excellent starting point from which to explore what John C. Stubbs calls „the Fellini manner.“ When the author teaches Le notti di Cabiria , she first addresses students‘ discomfort with the film’s lack of conventional plot and with what they describe as its „confusing ending“. …“ | https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1002/9781119431558.ch43
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