[Wirklichkeitsbezug (Technik) #5 … ]

Meghan O’Gieblyn (9.1.2022): “ … Ich lebe wie der Rest der Moderne in einer Welt, die „entzaubert“ ist. Bei der künstlichen Intelligenz und den Informationstechnologien stößt man heute [ ] auf viele Fragen, die einst von Theologen und Philosophen bearbeitet wurden: die Beziehung des Geistes zum Körper, die Existenz des freien Willens, die Möglichkeit der Unsterblichkeit. Das sind alte Probleme – sie sind nur in neuem Gewand und unter anderen Namen Teil der heutigen Technologiedebatten, genauso wie die toten Metaphern noch immer Teil unserer Syntax sind [„Manche Metaphern haben durch ihren häufigen Gebrauch ihren Übertragungscharakter verloren und werden nicht mehr als Metaphern, sondern als direkte Ausdrücke verstanden. Beispiele: Tischbein, Ohrmuschel, Buchrücken. …“]. All die ewigen Fragen sind heute zu technischen Problemen geworden. … wenn es um die Frage der phänomenologischen Erfahrung geht – der ganz subjektiven Welt der Farben und Empfindungen, der Gedanken und Ideen und Überzeugungen – lässt sich nicht erklären, wie sie aus diesen neurologischen Prozessen entsteht. So wie ein Biologe im Labor durch das Studium der objektiven Fakten nie die Gefühle einer Fledermaus erfassen könnte, kann auch eine vollständige Beschreibung des Schmerzsystems des menschlichen Gehirns nie die subjektive Erfahrung von Schmerzen erfassen. … “ | Aus: „Cyberphilosophie mit Haustier: Wann ist ein Hund ein Hund?“ Meghan O’Gieblyn (9.1.2022) | Quelle: https://taz.de/Cyberphilosophie-mit-Haustier/!5823944/
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ORFEUS-Teleskop im Museum – In der Ausstellung „Der Himmel. Wunschbild und Weltverständnis“ (30.06.2011) | https://uni-tuebingen.de/fakultaeten/mathematisch-naturwissenschaftliche-fakultaet/fachbereiche/physik/institute/astronomie-und-astrophysik/astronomie-hea/aktuelles/newsfullview-aktuell/article/orfeus-teleskop-im-museum/ // https://de.wikipedia.org/wiki/ORFEUS

“ … Techne (téchne), ist ein altgriechischer Begriff, der in europäisch geprägter Philosophie bis heute für das Verständnis von Kunst, Wissenschaft und Technik bedeutend ist. … „Zum einen gilt es, mediale Maschinerien als Spiegelungen von Bedürfnissen, Antrieben und Phantasmen einer Menschheit zu verstehen, die nicht zuletzt in Gestalt der téchne praktische Anthropologie (Menschenkunde) betreibt, zum anderen aber ist danach zu fragen, wie diese mediale téchne die Befindlichkeit des Menschen verändert, variiert und modifiziert, die sich nicht einfach statisch zwischen Mensch und Welt stellt, sondern indem sie letztere erst in der uns heute geläufigen Form konstituiert, auch jene Momente des Inszenatorischen und Imaginären ins Blickfeld rückt.“ …“ | https://de.wikipedia.org/wiki/Techne

Hanns-J. Neubert (2019?):“ … Nach dem Inferno des ersten Weltkriegs blühten in den „Goldenen Zwanziger Jahren“ Ideen und Hoffnungen auf eine neue, lebenswertere Zukunft. In Tanzsälen und Cafes tobte sich ein neues Lebensgefühl aus. Auf den Straßen rangen soziale und politische Bewegungen oft gewaltsam um die Vorherrschaft. Wissenschaftler drangen in nie dagewesene Sphären der Naturerkenntnis vor. Tüftler bastelten an alten Motoren für neue Fahrzeuge. Künstler, Literaten und Philosophen suchten und stifteten Sinn für die Rasanz. Vor 90 Jahren, auf dem Höhepunkt dieser Rastlosigkeit, am Vorabend einer Weltwirtschaftskrise, wurde die Technisch-Literarische Gesellschaft TELI gegründet. … im Gründungsjahr der TELI kehrte Wittgenstein 1929 als Philosoph nach Cambridge zurück, wo er bei Bertrand Russell dann doch noch über seinen „Tractatus“ promovieren konnte. Im selben Jahr … fand im schweizerischen Luftkurort Davos die berühmte „Davoser Disputation“ statt – das Streitgespräch zwischen Ernst Cassirer und Martin Heidegger zum Thema „Was ist der Mensch?“. Für Heidegger, Metaphysiker und späteres NSDAP-Mitglied, war Technik wegen der schonungslosen „Vernutzung“ natürlicher Ressourcen eine unabweisbare Gefahr [“ … Ab Mitte 1930 begann Heidegger mit einer Gesamtinterpretation der abendländischen Philosophiegeschichte. Dazu untersuchte er die Werke bedeutender Philosophen unter phänomenologischen, hermeneutischen und ontologischen Gesichtspunkten und versuchte so, deren „unbedachte“ Voraussetzungen und Vorurteile freizulegen. Alle bisherigen philosophischen Entwürfe vertraten laut Heidegger eine einseitige Auffassung der Welt – eine Einseitigkeit, die er als Merkmal jeder Metaphysik ansah. Diese metaphysische Weltauffassung gipfelte aus Heideggers Sicht in der modernen Technik. Mit diesem Begriff verband er nicht allein, wie sonst üblich, ein neutrales Mittel zum Erreichen von Zwecken. Vielmehr versuchte er zu zeigen, dass mit der Technik auch eine veränderte Auffassung der Welt einhergehe. So wird nach Heidegger durch die Technik die Erde vornehmlich unter dem Gesichtspunkt der Nutzbarmachung in den Blick gebracht. Wegen ihrer globalen Verbreitung und der damit verbundenen schonungslosen „Vernutzung“ natürlicher Ressourcen sah Heidegger in der Technik eine unabweisbare Gefahr. …“ | https://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Heidegger (4. Januar 2022)]. Er war einer der prominenten Kritiker der Technik, die für ihn ein Fluch für die Menschheit war – ein früher radikal-esotherischer Umweltschützer. Sein Gegenspieler, der Kulturphilosoph, Erkenntnis- und Wissenschaftstheoretiker Cassirer, der als Jude 1933 ins Exil ging, sah dagegen, dass Wissenschaft und Technik eigene Erlebniswelten sind, die zusammen mit Religion, Kunst oder Geschichte entscheidend zum Weltverständnis beitragen. Er stimmte weder in die Verherrlichung der Technik noch in ihre Verdammung ein. …“ | https://www.teli.de/das-jahr-babylon-vor-90-jahren-auftritt-der-teli/ | Kontext: https://de.wikipedia.org/wiki/Davoser_Disputation

Ernst Cassirer (1874-1945) „Symbol, Technik, Sprache“ (Aufsätze aus den Jahren 1927-1933): “ … Wenn man den Maßstab für die Bedeutung der einzelnen Teilgebiete der menschlichen Kultur in erster Linie ihrer realen Wirksamkeit entnimmt, wenn man den Wert dieser Gebiete nach der Größe ihrer unmittelbaren Leistung bestimmt, so ist kaum ein Zweifel daran erlaubt, daß, mit diesem Maße gemessen, die Technik im Aufbau unserer gegenwärtigen Kultur den ersten Rang behauptet. Gleichviel ob man diesen »Primat der Technik« schilt oder lobt, erhebt oder verdammt: seine reine Tatsächlichkeit scheint außer Frage zu stehen. … Fasst man die Norm des »Schönen« so weit, daß man überall dort von ihr spricht, wo ein Sieg der »Form« über den »Stoff«, der »Idee« über die »Materie« hervortritt, so kann kein Zweifel daran sein, in welch hohem Maße gerade die Technik an ihr Anteil hat. Aber diese Formschönheit schlechthin umfasst alsdann die ganze Weite geistiger Betätigung und geistiger Gestaltung überhaupt. In diesem Sinne verstanden, gibt es – wie Platon es im Symposion ausspricht – nicht nur eine Schönheit körperlicher Bildungen, sondern auch eine logische und eine ethische Schönheit, eine »Schönheit der Erkenntnisse« und eine »Schönheit der Sitten und Bestrebungen«. … Das Kunstwerk läßt in einer durchaus eigenartigen, ihm allein vorbehaltenen Weise »Gestalt« und »Ausdruck« ineinander übergehen. Es ist eine Schöpfung, die hinausgreift in das Reich des Objektiven und die eine streng objektive Gesetzlichkeit vor uns hinstellt. Aber eben dieses »Objektive« ist an keiner Stelle ein bloß »Äußeres«, sondern es ist die Äußerung eines Inneren, das an ihm gewissermaßen seine Transparenz gewinnt. … Wenn man als die beiden Extreme, zwischen denen alle Kulturentwicklung sich bewegt, die Welt des Ausdrucks und die Welt der reinen Bedeutung bezeichnen kann, so ist in der Kunst gewissermaßen das ideale Gleichgewicht zwischen diesen beiden Extremen erreicht. Die Technik hat hingegen mit der theoretischen Erkenntnis, der sie eng verschwistert ist, den Grundzug gemein, daß sie mehr und mehr auf alles Ausdrucksmäßige Verzicht leistet, um sich in eine streng »objektive« Sphäre reiner Bedeutsamkeit zu erheben. … Wer sich nicht von vornherein den Forderungen der bloßen Nutzbarkeit verschrieb, sondern sich den Sinn für ethische und für geistige Maßstäbe bewahrte, der konnte an den schweren inneren Schaden der gepriesenen »technischen Kultur« nicht achtlos vorbeigehen. Unter den modernen Denkern haben wenige diese Schaden so scharf gesehen und so schonungslos aufgedeckt, als es Walther Rathenau mit immer wachsender Energie und Leidenschaftlichkeit in seinen Schriften getan hat. Völlige Entseelung und Mechanisierung der Arbeit, härtester Frondienst auf der einen Seite – unbeschränkter Macht -und Herrschaftswille, zügelloser Ehrgeiz und sinnloser Warenhunger auf der andern Seite: so stellt sich für Rathenau das Bild der Zeit, im Spiegel der Technik aufgefangen, dar. ([Vgl. Rathenau, Von kommenden Dingen; Zur Kritik der Zeit; Zur Mechanik des Geistes.]) …“ | https://monoskop.org/File:Cassirer_Ernst_1930_1985_Form_und_Technik.pdf | https://monoskop.org/Ernst_Cassirer

Rainer Volk (15.10.2021, br.de): “ … Als Erbe des AEG-Konzerns war Walther Rathenau einer der prominentesten Männer seiner Zeit. Früh fand er Zugang zur künstlerischen und intellektuellen Avantgarde. In der Weimarer Republik unterstützte er die liberale DDP und versuchte, die Isolation Deutschlands zu durchbrechen. Für kurze Zeit wurde er sogar Reichsaußenminister, ehe ihn rechte Extremisten ermordeten. …“

“ … Politisch und ästhetisch gehörte Rathenau zur Opposition gegen den herrschenden Wilhelminismus. Durch die Freundschaft mit Gerhart Hauptmann kam er in den Autorenkreis des S. Fischer Verlags und veröffentlichte hier 1912 und 1913 seine Bücher Zur Kritik der Zeit und Zur Mechanik des Geistes, in denen er die moderne „Mechanisierung der Welt“ beklagte und seine neuidealistische Weltanschauung vom „Reich der Seele“ darlegte. Politisch setzte er sich für eine stärkere Beteiligung des liberalen, industriell tätigen Bürgertums an der Außenpolitik ein und suchte selbst, durch Mitwirkung in der Kolonialpolitik, Einfluss zu gewinnen. Neben anderen Kontakten in die völkische Szene war Rathenau von 1913 bis zu seinem Tod mit dem rechtskonservativen Publizisten Wilhelm Schwaner befreundet, in dessen Zeitschrift Der Volkserzieher in dieser Zeit einige Aufsätze Rathenaus abgedruckt wurden, was zu erheblichem Unmut in nationalistischen Kreisen führte. … … Am Morgen des 24. Juni 1922 … wollte Rathenau ins Auswärtige Amt in der Wilhelmstraße, um einer Prüfung von Konsularsanwärtern beizuwohnen. … Obwohl es im Vorfeld immer wieder konkrete Attentatswarnungen gegeben hatte, fuhr Rathenau ohne Polizeischutz. Auf dem Weg von seiner Villa in der Koenigsallee 65 in Berlin-Grunewald bemerkten weder er noch sein Chauffeur, dass sie von einem Wagen verfolgt wurden. Kurz vor der Kreuzung Erdener-/Wallotstraße, als Rathenaus Chauffeur angesichts der folgenden S-Kurve abbremsen musste, überholte der verfolgende Wagen, ein offener Mercedes-Tourenwagen, den der 20-jährige Student Ernst Werner Techow steuerte. Im Fond saßen der 23-jährige Student Erwin Kern und der 26-jährige Maschinenbauingenieur Hermann Fischer. Während Kern mit einer Maschinenpistole MP18 auf Rathenau feuerte, warf Fischer eine Handgranate in den Wagen. …“ | https://de.wikipedia.org/wiki/Walther_Rathenau (15. Dezember 2021)

“ … In den beiden Hauptschriften „Zur Kritik der Zeit“ von 1912 und „Zur Mechanik des Geistes“ aus dem Jahr 1913 hatte Rathenau die modernen Industriegesellschaften einer eingehenden Untersuchung unterzogen. Das Ergebnis seiner intellektuellen Suchbewegungen war das Attest eines „mechanistischen Zeitalters“ – mithin einer Gesellschaftsform, in dem sämtliche Teile aufeinander ausgerichtet sind und miteinander kooperieren. Mit dem Ziel einer schnellen und effizienten, zudem kostengünstigen Versorgung der Massengesellschaft (worin sich freilich eine kultivierte Gesellschaft nicht erschöpfen dürfe). In „Zur Kritik der Zeit“ beschreibt Rathenau die „Mechanisierung der Welt“ als alles umfassenden Regelkreislauf und im Denkschema eines Strömungsdiagramms, das mittlerweile die gesamte Produktion und damit die gesamte Gesellschaft umfasst. Die Basis gesellschaftlichen Lebens ist das Wirtschaftssystem und damit der Produktions- und Distributionsprozess: „Von allen Teilen der Erdoberfläche strömen die Urprodukte mineralischer und organischer Abkunft auf eisernen oder wässernen Wegen in die Sammelbecken der Städte und Häfen. Von dort verzweigen sie sich zu den Verarbeitungsstätten, wo sie in vorbestimmter Mischung eintreffen, um chemisch oder mechanisch umgestaltet als Halbprodukte einen zweiten Kreislauf zu beginnen. Von neuem getrennt und abermals vermischt und bearbeitet erscheinen sie als Verbrauchsgüter, die zum drittenmal geordnet in den Lagern der Großhändler sich vereinigen, bevor sie die fein verzweigten Wege zum Detaillisten und endlich zum Verbraucher zu finden, der sie in Abfallstoffe verwandelt und in den Gestaltungsprozeß zurücksendet. Dem Blutumlauf vergleichbar ergießt sich der Güterstrom durch das Netz seiner Arterien und Adern.“ … Der Krieg war für Rathenau, wie auch Rathenaus Schrift von 1917 zu entnehmen ist, zutiefst irrational. Er sei kein „Anfang, sondern ein Ende; was er hinterläßt, sind Trümmer“. Rathenau glaubte zudem nicht an das Recht der Deutschen „zur endgültigen Weltbestimmung“ – womit wir genau bei jenem Vorbehalt sind, den er radikaler dann 1918 in der Kaiser-Schrift formulierte. Aber er sah zugleich ebenso wenig, dass jemand anderes es verdient habe. Im Jahr 1917 liest sich das folgendermaßen: „Wir haben keinen Anspruch darauf, das Schicksal der Welt zu bestimmen, weil wir nicht gelernt haben, unser eigenes Schicksal zu bestimmen. Wir haben nicht das Recht, unser Denken und Fühlen der zivilisierten Nationen der Erde aufzuzwingen; denn welche auch ihre Schwächen sein mögen, eines haben wir noch nicht errungen: den Willen zu eigener Verantwortung.“ Rathenau hoffte, dass der „wirtschaftliche Nationalismus“ „wenn die Zeit der großen politischen und ökonomischen Kraftproben vorüber ist, möglicherweise rationaleren Anschauungen weichen.“ Das mag trügerisch gewesen sein und immer noch sein, formuliert jedoch einen Anspruch – Literaturwissenschaftler sagen: ein Narrativ – das zu erfüllen noch ein wenig Arbeit erfordert. …“ | Aus: „Walther Rathenaus Mobilmachung – Die Durchsetzung der Kriegswirtschaft im Ersten Weltkrieg“ Walter Delabar (Archiv – Frühere Ausgaben Nr. 1, Januar 201, Schwerpunkt II: Erster Weltkrieg) | https://literaturkritik.de/id/20164


Der AEG-Schalter-Fahrkartendrucker GP 630 (rechts) und der AEG-Kleindrucker EZT (links) | https://www.tmkkassel.de/index.php/sammlungsgebiete/mobilitaetstechnik/verkehrstechnik/169-der-aeg-schalterfahrkartendrucker-gp-630 // https://de.wikipedia.org/wiki/AEG

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