“ … Frenzy (zu deutsch Wahnsinn, Raserei; vergleiche frenetisch) ist ein britischer Thriller von Alfred Hitchcock aus dem Jahr 1971 … „Hitchcock ist hier wieder auf der Höhe seiner Meisterschaft. Erneut behandelt er sein Lieblingsthema: Ein Mensch verliert seine ‚Identität‘ und wird für jemand gehalten, der er nicht ist.“ – Reclams Filmführer … “ | https://de.wikipedia.org/wiki/Frenzy (13. April 2019)
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“ … Je phantastischer das Ereignis, desto plausibler erscheint die Möglichkeit, es abzustreiten. … Heinrich von Kleist hat dieses Phänomen „unwahrscheinliche Wahrhaftigkeit“ genannt, also ein Phänomen, dass zwar in der Wirklichkeit passiert, aber gleichzeitig so unwahrscheinlich klingt, dass man glauben muss, es sei erfunden. … Wenn man Geheimdienstakten liest, dann kann man die Erzeugung dieser Ungewissheit als eine der Zersetungsstrategien des Selbst vorfinden, mit denen die Geheimpolizei in Osteuropa insbesondere Dissidenten und oppositionelle Künstler verfolgt hat. Im Archiv der BStU (Behörde zur Aufarbeitung der Stasiunterlagen) gibt es unter anderem Akten über den Fall der Kinderärztin Karin Ritter. Neben der permanenten Streuung von Gerüchten wurde mehrfach in Ritters Wohnung eingebrochen, Bilder wurden umplatziert, Blumentöpfe verschoben, Tee in den Dosen wurde vertauscht. Es handelt sich dabei um eine Verkehrung im Bereich von Fiktionalität und Realität. … Nach dem langjährigen Studium der Dokumente von Geheimdiensten muss ich [ ] feststellen, dass man die Fiktionsleistung nichtliterarischer Akteure nicht unterschätzen sollte. Wenn man aus Geheimdienstakten etwas herauslesen kann, dann ist das sicherlich nicht die Realität der Ereignisse, das wäre eine völlige Fehleinschätzung des Materials, sondern – ganz im Gegenteil – ihre Fiktionsleistung. … Eine Gegenüberstellung von Fiktion in der Literatur auf der einen Seite und der „Wahrheit der Dokumente“ auf der anderen hält gerade der Realität von Geheimdienstakten nicht stand. Denn selbst wenn der „fiktive Historiker“ nach der Wahrheit in den Akten suchen würde, fände er dort genau jene Fiktionen vor, die ihm verdeutlichen, dass sich das vorgefundene Material von einem guten oder schlechten Roman oft kaum unterscheidet. Die Literaturwissenschaftlerin Christina Vatulescu hat bereits vorgeschlagen, eine Geheimpolizeiakte als „collective literary work“ zu lesen, als eine Art perversen Roman, der auf der Phantasie von Beamten und Autokraten basiert. …“ | Aus: „Mord mit Regenschirm. Über die Phantastik der Realität“ Sylvia Sasse (12. Mai 2019) [Rubrik Geschichten der Gegenwart, Sylvia Sasse lehrt Slavistische Literaturwissenschaft an der Universität Zürich und ist Mitbegründerin und Mitglied des Zentrums Künste und Kulturtheorie (ZKK)] | Quelle: https://geschichtedergegenwart.ch/mord-mit-regenschirm-ueber-die-phantastik-der-realitaet/
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