Alexandra Pontzen (03.03.2006): “ … Sidonies Leben und Persönlichkeit sind widerspruchsvoll. Ihr Bemühen, den Forderungen ihres Standes zu entsprechen, kollidiert mit ihrem Streben nach Unabhängigkeit. …“ | Aus: „Retuschen am Bild der Geliebten“ | Quelle: https://literaturkritik.de/id/9202
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DER SPIEGEL 14/1974: “ … „Ich wünschte, K. K. würde mich weniger lieben“, schrieb sie in ihr (meist englisch geführtes) Tagebuch. „Ich kann ihn immer weniger ausstehen.“ Und sie brach auf zu neuen Reisen, in neue Affären und „Erfahrungen“. … Als Karl Kraus 1936 starb, begann für die alternde Adelige „die trostlose Stille“. Die SS jagte sie im Zweiten Weltkrieg von ihrem Schloß. 1949, nach dem kommunistischen Staatsstreich in der Tschechoslowakei, ging sie mit leichtem Gepäck über die Grenze. Sie starb ein Jahr später in England. In ihrem Kommentar zu den Kraus-Briefen, die sie schon zu Lebzeiten des „Fackel“-Literaten kopiert hatte, schluchzt noch einmal die Jugendstil-Seele des alten Wien: „Warum aber gab es Zeiten, in denen die Tragik es wollte, daß er erfahren mußte, wofür er das Weib heiligte: willenlose Sclavin ihrer räthselhaften Natur, die hemmungslos hinwegschreitet über das edelste Herz, treu- und reulos?“ Karl Kraus, der große Hasser und Liebhaber, der die Macht des Beischlafs und des Beistrichs pries, hat es wohl geahnt: „Ich glaube nicht“, so schrieb er einst seiner Sidi, „daß es je einen Menschen gegeben hat, der so heiß um seine Illusion gerungen hat.“ Aber er drückte beide Augen zu … getreu dem Krausschen Motto: „Ich mische mich nicht in meine Privatangelegenheiten.“ …“ | Quelle: https://magazin.spiegel.de/EpubDelivery/spiegel/pdf/41784322 (01.04.1974)
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