Schlagwort: Karl Kraus

[Zum Wahn der Liebe #93 … ]

Sidonie Nádherná von Borutín 1885-1950 (1910)
// https://de.wikipedia.org/wiki/Sidonie_N%C3%A1dhern%C3%A1_von_Borut%C3%ADn

Alexandra Pontzen (03.03.2006): “ … Sidonies Leben und Persönlichkeit sind widerspruchsvoll. Ihr Bemühen, den Forderungen ihres Standes zu entsprechen, kollidiert mit ihrem Streben nach Unabhängigkeit. …“ | Aus: „Retuschen am Bild der Geliebten“ | Quelle: https://literaturkritik.de/id/9202

DER SPIEGEL 14/1974: “ … „Ich wünschte, K. K. würde mich weniger lieben“, schrieb sie in ihr (meist englisch geführtes) Tagebuch. „Ich kann ihn immer weniger ausstehen.“ Und sie brach auf zu neuen Reisen, in neue Affären und „Erfahrungen“. … Als Karl Kraus 1936 starb, begann für die alternde Adelige „die trostlose Stille“. Die SS jagte sie im Zweiten Weltkrieg von ihrem Schloß. 1949, nach dem kommunistischen Staatsstreich in der Tschechoslowakei, ging sie mit leichtem Gepäck über die Grenze. Sie starb ein Jahr später in England. In ihrem Kommentar zu den Kraus-Briefen, die sie schon zu Lebzeiten des „Fackel“-Literaten kopiert hatte, schluchzt noch einmal die Jugendstil-Seele des alten Wien: „Warum aber gab es Zeiten, in denen die Tragik es wollte, daß er erfahren mußte, wofür er das Weib heiligte: willenlose Sclavin ihrer räthselhaften Natur, die hemmungslos hinwegschreitet über das edelste Herz, treu- und reulos?“ Karl Kraus, der große Hasser und Liebhaber, der die Macht des Beischlafs und des Beistrichs pries, hat es wohl geahnt: „Ich glaube nicht“, so schrieb er einst seiner Sidi, „daß es je einen Menschen gegeben hat, der so heiß um seine Illusion gerungen hat.“ Aber er drückte beide Augen zu … getreu dem Krausschen Motto: „Ich mische mich nicht in meine Privatangelegenheiten.“ …“ | Quelle: https://magazin.spiegel.de/EpubDelivery/spiegel/pdf/41784322 (01.04.1974)

[Hausgesichter #4… ]

Schloss Vrchotovy Janovice | via

“ … Als „Witwe“ von Karl Kraus schrieb sie [Sidonie Nádherný von Borutin] in einer Selbstanklage „mit Thränen bitterster Reue, mit grenzenlosem Abscheu vor mir selbst, die ich solch liebereiches, edles Herz verwunden und kränken konnte.“ … Drei Tage nach seinem Tod am 12. Juni 1936 wurde Karl Kraus auf dem Wiener Zentralfriedhof beigesetzt – in einem Ehrengrab der Stadt. Seinen unbedingten letzten Wunsch, im Park von Janowitz begraben zu werden, hat Sidonie ihm nicht erfüllt. …“ | Aus: „Besuch auf Schloss Janowitz : Im Paradies von Karl Kraus“ Hannes Hintermeier (30.08.2014) | https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/themen/schloss-janowitz-im-paradies-von-karl-kraus-13111905.html

[Karl Kraus (Zum Sprachgebrauch #21)… ]

„How is the world ruled and led to war? Diplomats lie to journalists and believe these lies when they see them in print.“ | >> | http://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Kraus | http://de.wikiquote.org/wiki/Karl_Kraus

While we are busy tweeting, texting and spending, the world is drifting towards disaster, believes Jonathan Franzen, whose despair at our insatiable technoconsumerism echoes the apocalyptic essays of the satirist Karl Kraus – ‚the Great Hater‘ | >>

The Kraus Project: Jonathan Franzen, Daniel Kehlmann, and Paul Reitter
Kimmel Center – Rosenthal Pavilion, New York
October 4th, 2013

[Zum Sprachgebrauch (7)… ]

“ … die Beneidenswerten,die – nach
dem Völkischen Beobachter,
dem nichts entgeht –

wie wir aller Differenziertheit des
Intellekts entsagen lernten, um
einen solchen Führer nicht nur zu
verehren, sondern schlechthin zu lieben.

Mögen sie es auch leichter gehabt haben
als unsereins – zu solchem Verzicht
neigt unwillkürlich auch der, der
sich aufraffen will, das Errungene zu
prüfen. Das ist eine Viechsarbeit, der
Untersucher gerät vor dem Schlichtesten
an alle Probleme der Logik und
der Moral, daß ihm der Atem vergeht,
Hören und Sehn, das Lachen,
die Lust, und wenn sich die Sprache
findet, vergeht sie sich wieder
im Irrgarten tausendfacher Antithetik [inhaltlicher Gegensätze],
wo sich die Motive stoßen und
ein Wort das andere gibt: sie erlebt
die Schmach, sich zu verlieren, und
das Glück, zu sich zu kommen, immer
hinter einer Wirklichkeit her, von
der sie nichts trennt als das Chaos. …“

Aus: »Die Dritte Walpurgisnacht« von Karl Kraus (1933)
http://hink66.de/klassiker/wp-content/uploads/2011/04/Kraus_Dritte_WalpurgisnachtA5v2.pdf

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Von Dietmar Dath, “ … [Mein Kampf] wird nach geltendem Urheberrecht 2015 gemeinfrei. Es hat, weil woanders Wichtigeres über diejenigen steht, von Finanziers bis zu den Massen, ohne die ein einzelner Spinner nie die halbe Welt hätte verwüsten können, kaum Lehrwert. Er sollte daher auch weiterhin für niemanden einen kommerziellen Mehrwert haben. …“

Axel Lüssow (alsigma) – 28.01.2012 12:42 Uhr:
„… Natürlich ist es nicht wünschenswert, dass sich auch noch jemand an Hitlers Machwerk bereichert. Das ist aber nicht der zentrale Punkt, sondern die Frage ist: Wie wird mit damaliger NS-Propaganda im 21. Jahrhundert umgegangen?

Ich halte die Zeit für gekommen, diese „Werke“ von ihrem Mythos zu befreien und jeden sehen zu lassen, was sie sind: raffinierte Propaganda, die damals sehr neu und teils effektiv gewesen sein mag. Wer es jedoch schafft, einer Kopie von z.B. „Jud Süß“ habhaft zu werden sieht auch: Moderne Propaganda – Entschuldigung: „embedded journalism“ – hat heute 70 Jahre Evolution hinter sich und Goebbels Methoden verblassen gegenüber subtiler medialer Beeinflussung, insbes. da die damaligen Ziele und Folgen bekannt sind. “

thomas saalfeld (willard5) – 29.01.2012 07:19 Uhr:
„googlen – ich lese mein kampf schon seit jahren; als pdf download aus dem internet; wenn das der führer wüsste… wieder mal viel aufregung um nichts, denn internet hat inzwischen doch jeder …“


http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/zeitungszeugen-hitlers-worte-verraten-alles-und-erklaeren-nichts-11625857.html

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“ … Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen habe ich bei Ernst Bloch gelesen. Damit meint er, dass in der modernen Gesellschaft Menschen leben, die die unterschiedlichen Bewusstseinsformen der gesamten Geschichte repräsentieren. Es gibt Menschen, die in den Kategorien der Antike oder der Religion denken und es gibt Menschen, die in den Kategorien des Feudalismus oder des frühbürgerlichen Liberalismus denken. Das Vergangene ist nicht einfach vergangen, sondern die alten Bewusstseinsstufen, die die europäische Geschichte durchschritten haben, sind alle gegenwärtig. Ernst Bloch hat damit eine Theorie für die Entstehung der deutschen Tragödie des Nationalsozialismus geliefert. …“ (hosenscheisser, Verfasst am: 05 Feb 2007 – 22:47:53)| http://www.uni-protokolle.de/foren/viewt/113082,0.html

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“ … „Die letzten Tage der Menschheit“, Kraus‘ gewaltiges Antikriegsmonument, ist eine Großcollage: etwa 500 gefundene und erfundene Personen treten auf, an den verschiedensten Orten. Vieles davon hat Kraus Zeitungen entnommen, und auch die „Fackel“, seine Zeitschrift, lebte von der entlarvenden Technik des Montierens und Collagierens vorgefundener Texte. … “
Aus: „“Mir fällt zu Hitler nichts ein.““ Von Helmut Böttiger | http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/kalenderblatt/1478480/

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“ … Ob Historikerstreit, Wehrmachts- Goldhagen- , Walser- oder Sloterdijk-Debatte, ob Verharmlosung des Dritten Reichs, Relativierung der NS-Gräueltaten oder Mystifizierung der eigenen Vergangenheit auf der einen, oder Faschismusvorwurf auf der anderen Seite, schnell wird mit einfachen, bündig klingenden Erklärungsmustern argumentiert.

Angefacht werden diese „Diskurse“ von einer erst recht entfesselten Medienszene, die es versteht, zu jedem Anlass die „üblichen Verdächtigen“ zu befragen, und die so ungeahnte Summen umsetzt und verdient, die jene bezahlen, die in diesem undurchschaubaren Dickicht von Unterhaltung, Information, Werbung und politischen Parolen, kaum mehr zu kritischen Gedanken fähig sind, und die dargebotenen Worthülsen zuletzt für die eigene Meinung halten.

… Zu bedenken ist auch: Mögen die Apparate und Institutionen die das betreiben, auch anonym und deshalb unangreifbar scheinen, sie konstituieren sich am Ende aus einer Summe einzelner Entscheidungen einzelner Menschen – gegen andere Menschen. …“

Aus: „Getrübte Wahrnehmungen – Überlegungen zu einigen Phänomenen im Zusammenhang mit der Rezeptionsgeschichte der „Dritten Walpurgisnacht“ von Karl Kraus“ Von Josef G. Pichler (2000) | http://wwwu.edu.uni-klu.ac.at/jpichler/kraus.html