[Eingespülte Sandkörner… ]

Während ich in der Nacht über den Boden gleite, sehe ich die meterlangen Mondschatten auf der Straße, oder sind es riesige Fledermäuse mit mächtigen Flügeln, oder sind es die schaukelnden Äste unter den Straßenlaternen? Dann kommen plötzlich Regengüsse, die Hose ist schon nass, die Haut wird kühl, das Fahrrad tropft, die Kugellager der Fußpedale knirschen durch eingespülte Sandkörner. Die Nacht ist kurz, die Musik zusammen mit dem schummrigen Rotlicht der Garage verflogen. Im Kopf hallt der Klang nach. Die Augen halb auf im Dunkel, denke zurück. Schreibe mit einem Füller und schwarzer Tinte in Gedanken einen Brief an Dich in die Vergangenheit. Möchte mich tief vor Dir verbeugen. Möchte echte Demut vor Dir bekennen. Möchte in deinem Gesicht nach einem flüchtigem Lächeln suchen. Geläutert wäre ich dann wohl ein bisschen – sollst Du denken. Sag mir, waren wir alle liebeskriminell? Wie konnte ich das vergessen. Weit weg von jener bedeutsamen Moral der in Würde gealterten Gedanken. Führe mich in die Zeit, genau dort an Ort und Stelle, wo ich in der Fahrt die Gedanken fabuliere. Schäme mich dafür. Für jedes Wort. Will es Dir dennoch alles schreiben. Jetzt durch das Treppenhaus, die Socken regentriefend. Und ein Teil vom eigenen Kopf versinkt in einem alten Kissen, das Fenster steht auf kipp. Für ein paar Stunden sinkt alles dahin, der Schlaf breitet seine Schwingen aus. Er kommt und geht wie der eigene Atem. Der Kaffee im Bett, schnell noch werden zwischen Tür und Angel zwei Küsse hingegeben. Jetzt ist wieder Tag. Rollend auf dem alten Eisenesel, die Kette surrt, kühler Wind, aber keine Stille auf dem Waldweg, blätter rauschen mächtig durch den Raum. Wieder auf der Straße, Wolkenschatten mit Lichtflecken gleiten in Windeseile über den verblichenen Teer. Im Industriegebiet ein Wohlgeruch von gerade erst geschnittenem Gras, daneben lärmen zwei Rasenmähermotoren. Hier steht ein Briefkasten am Weg, in den man Briefe einwerfen kann, die in der Vergangenheit landen. Ich werfe da nichts rein – wie heißt es so schön im Englischen: act your age.

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