Kategorie: Gedanken.Memo

[Das Reale, das Symbolische und das Imaginäre #74 ]

(23.03.2022): “ … Klaus Stieringer habe neben seinem Account mindestens einen weiteren Account, einen sogenannten Fake-Account, betrieben, sagt auch Andreas Schwarz …“ | https://www.br.de/nachrichten/bayern/bamberger-fake-accounts-forensikerin-belastet-stieringer,T0ug1Om

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“ … In Fake Accounts, dem Romandebüt der amerikanischen Autorin Lauren Oyler, das nun im Berlin-Verlag in deutscher Übersetzung erscheint, verschwimmt [ ] die Grenze zwischen Wahrheit und Lüge, aufgesetztem und authentischem Selbst. … Sarkasmus ist ihr Modus Operandi. Umringt von einem selbstgerechten Kult der Aufrichtigkeit und einer Politisierung, die die vermeintliche Authentizität der Empörung zum Statussymbol erhebt, bemerkt die Erzählerin spöttisch, dass Ironie „dieser Tage [auch] eine marginalisierte Identität“ sei. … Fragmentierte Gedankenstränge und sprunghafte Handlungsstruktur ähneln dem Duktus eines Twitter-Feeds, in dem die Masse der Nachrichten die Leserin eher mitschwemmt als fesselt, durch den man zwar viel erfährt, aber wenig begreift. „Inzwischen ist mir klar geworden, dass ich nicht weiß, welche äußeren Kräfte […] wirkten oder nicht“, lässt die Erzählerin uns wissen. Akzeptanz der Oberflächlichkeit ist ihre Form der Resignation. … Sentimentale Offenbarungen der eigenen Gefühlslage sieht sie demnach skeptisch, hält sie für ein Zeichen „der in unserem Milieu verbreiteten Tendenz […], sich mit seinen regelmäßigen Therapiesitzungen zu brüsten“. Ihre nie endenden, analytisch scharfen Beobachtungen legen nahe, dass sie die hermeneutischen Tendenzen ihres sozialen Umfelds, der oberen Mittelschicht des globalen Nordens, dennoch verinnerlicht hat. Situationen und Persönlichkeiten werden von ihr mit zugekniffenen Augen erfasst und anschließend verbal seziert, dabei auf Distanz gehalten, als sei die Welt ein dreckiger Putzlappen, den es angewidert zu entsorgen gilt. … Die deutsche Hauptstadt ist in Fake Accounts einerseits Zufluchtsort vor der absolut immanenten Wirklichkeit des Internets, das auf einen eindrischt. Andererseits reproduziert das Berliner Expat-Dasein einen Abstand zur Realität, die dem Gefühl beim Scrollen ähnelt: Auf den Straßen rauschen fremde Worte an der Erzählerin vorbei, im Internet die überwältigende Masse der Tatsächlichkeiten. … In die Gedankenwelt der Erzählerin einzutauchen ist oft seltsam, aber nie unbeschwert, so als tanze man im Angesicht des stets erwarteten Weltuntergangs einen euphorisch-resignierten Reigen. Die Ambivalenz der Lektüreerfahrung bezeugt immerhin, dass es Fake Accounts gelingt, die affektive Struktur des Internets widerzuspiegeln, die man schließlich auch nur mit gemischten Gefühlen betrachten kann. …“ | https://www.zeit.de/kultur/literatur/2022-02/lauren-oyler-fake-accounts-roman-rezension/komplettansicht

CptCaspslock #2: “ … Klingt ganz nach meiner Generation Jahrgang Ende 80er. Sarkasmus und Zynismus als letztes Mittel der Resignation und teilweise die Haltung, sich durch Protest auf der moralischen „richtigen“ Seite zu fühlen, ohne bemerkenswert etwas in der Welt zu ändern. …“

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(25.03.2022): “ … Erika Thomalla: Die Erzählerin von „Fake Accounts“ nimmt tatsächlich oft eine Metaperspektive ein, indem sie den Zwang, sich selbst zu reflektieren und zu analysieren, wiederum reflektiert. Warum tut sie das?
Lauren Oyler: Sie will sich nicht dem Imperativ unterwerfen, durch Selbstreflexion an ihre wahren, authentischen Gefühle heranzukommen. Oft gibt es eine solche authentische Erfahrung ja gar nicht. Man hat ein Erlebnis und denkt sich: Das ist wie im Film oder wie in einem Roman. …“ | https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/lauren-oylers-roman-fake-accounts-und-der-wahnsinn-internet
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mahe | Community (27.03.2022): “ … In der Psychologie nennt man das „Persona“. …“
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“ … Die Persona ist eine Art ‚Kleidung‘ des Ichs, welche sowohl der dahinter verborgenen Individualität einen Schutz bietet als auch eine Ausgangsbasis für normale (situativ konventionelle) Kommunikation bietet. …“ | https://de.wikipedia.org/wiki/Persona

[Das Reale, das Symbolische und das Imaginäre #73 ]

„Faust – Eine deutsche Volkssage“ Stummfilm, Deutschland 1926 (Friedrich Wilhelm Murnau)
… Erzengel Michael und Mephisto schließen einen Pakt, nach dem Mephisto die Erde gehören würde, wenn es ihm gelingt, die Seele des Gelehrten Faust zu erringen. Mephisto macht Faust das Ideal der Jugend schmackhaft und ihn wieder jung. Faust verführt sein Gretchen, lässt es schwanger sitzen und zu, dass sie als Kindsmörderin auf dem Scheiterhaufen landet. …“ | https://www.kinokalender.com/film1401_faust-eine-deutsche-volkssage.html

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Jo84 (22. Juli 2017): “ … In einer Szene am Hof der Herzogin von Parma des opulenten Werkes tauchen sogar zwei wie verkleidet aussehende Elefanten auf (die allerdings aus Stoff waren, aber absolut echt wirkten); in einer anderen ringt ein Mann mit einem echten Bären. …“ (Kundenrezensionen zu: ‚Faust – Eine deutsche Volkssage‘ – Deluxe Edition (DVD) … )

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“ … Vor ein paar Wochen sollte ich ein Stück zum Faust-Jahr für die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften schreiben: „Faust und künstliche Intelligenz“ und damit bei „acatech am Dienstag“ auftreten. Nichts leichter als das, dachte ich. Ich konnte doch am Nachmittag vor der Veranstaltung ein paar Sätze aus „Faust“ mit dem Google-Übersetzer ins Englische und zurück ins Deutsche übersetzen. Sicher würde so genug Lustiges herauskommen. Doch jeden Satz von Goethe, mit dem ich den Übersetzer von Google am Nachmittag vor der Veranstaltung fütterte, kam nach dem oben beschriebenen Rundweg nahezu unbeschädigt wieder im Deutschen an. Was jetzt? Zehn Sätze übersetzte ich so, zwanzig Sätze … In zwei Stunden sollte die Veranstaltung stattfinden und ich hatte noch keinen Stoff dafür! Statt über Google-Übersetzer zu spotten, musste ich ihn immer mehr bewundern. Hat Google am Ende die ganze „Faust“-Tragödie samt ihrer perfekten Übersetzung ins Englische seinem Übersetzer einverleibt? Ich ließ „Faust“ beiseite und suchte nach Sätzen von Goethe voller mehrdeutiger Metapher. Es mussten sich doch ein paar symbolische Worte von Goethe finden lassen, an denen Google-Übersetzer scheitern würde. Und endlich kamen diese Sätze: „Wer das erste Knopfloch verfehlt, kommt mit dem Zuknöpfen nicht zu Rande.“, wurde nach der Hin-und-zurück-Übersetzung zu: „Wer das erste Knopfloch vermisst, kommt mit dem Knopf zur Seite.“ Jawohl! Goethes Knopflöcher haben mich gerettet! Und Goethes Satz, „Die Welt urteilt nach dem Scheine.“, kam viel aktueller aus der Übersetzungsmaschine heraus: „Die Welt beurteilt die Rechnungen.“ Somit war Goethe dank der künstlichen Intelligenz des Google-Übersetzers im real existierenden Kapitalismus angelangt. …“ | Aus: Jaromir Konecny „Menschen und Maschinen und das Wunder ihrer Sprache“ (10. Jul 2018) | https://scilogs.spektrum.de/gehirn-und-ki/menschen-und-maschinen-und-das-wunder-ihrer-sprache/
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Karsten Laske (15.03.2022): “ … Die DDR, einst im Goethe-Jahr 1949 gegründet, meint, zeitlos gültig zu wissen, wie des Dichters Werk gedeutet zu werden habe, und insbesondere der Faust bleibt lange heikel-heilige Kuh. Erst 1982 erklärt das Neue Deutschland offiziell, dass Goethe auch „stets neue Entdeckungen zulässt“. …“ | Aus: „Bertolt Brecht gefiel dieser „Urfaust“. Walter Ulbricht dagegen nicht“ | https://www.freitag.de/autoren/karsten-laske/bertolt-brecht-walter-ulbricht-und-goethes-urfaust
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“ … In ihrem Buch „Strafakte Faust – Goethes berühmte Triebtäter auf dem juristischen Prüfstand“ durchforsten Gieschen und Meier der Tragödie ersten Teil nach Verstößen gegen die Rechtsordnung. … Fündig wird das unbestechliche Juristenauge in dieser „buchförmigen Aufzeichnung diverser Straftaten“ recht schnell. Schon beim Prolog im Himmel ermittelt die Anklage gegen den Herrgott und Mephisto wegen „Verdachts auf unerlaubtes Glücksspiel“ (Wette um die Seele von Faust). Mephisto gar kommt in Teufels Küche in Form des berüchtigten politischen Strafrechts: Seine Angaben zur Person „Ich bin ein Teil von jener Kraft / die stets das Böse will und stets das Gute schafft“ bringen ihm eine Anklage wegen § 129a StGB ein — Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Übel nimmt ihm die Anklage auch den Verstoß gegen das Luftverkehrsgesetz, den er durch sein „Fliegen mit dem Mantel“ begeht. Lang ist das Sündenregister des Dr. Faust, der schließlich „ach, Philosophie, Juristerei und Medizin“ studiert hat: Mord an Gretchens Mutter, Totschlag ihres Bruders Valentin, versuchte Gefangenenbefreiung von Gretchen aus dem Kerker, Hausfriedensbruch, Beleidigung, Anstiftung zum Diebstahl sowie Verführung der minderjährigen Margarete in Tateinheit mit Freiheitsberaubung und Nötigung. Da schlägt der wehrhafte Rechtsstaat zu und fordert lebenslänglich für Faust und 15 Jahre für Mephisto. …“ | Bernhard Pötter (15.3.1993): „Faust, juristisch geprüft“ | https://taz.de/Faust-juristisch-geprueft/!1625615/
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“ … Eine Beziehung der Geschlechter, ohne Betrug, ohne wenigstens kurzzeitige Idealisierung des anderen, ohne die Hypnose der Verliebtheit setzt voraus, dass die Sprache und damit auch das Unbewusste abgeschafft wären. …“ Manfred Schneider „Liebe und Betrug“ S.418-419 (1992)

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“ … Pasolini [sieht] … , wie sehr das Triebhafte und damit Destruktive in unseren modernen Gesellschaften abgespalten wird. Und es ist kein Zufall, dass uns gerade dies seit der Jahrtausendwende wieder massiv einholt. Dem Schriftsteller und Regisseur … geht es um die Kraft des Irrationalen. Die Kunst, so formuliert er 1970 in einer Fernsehsendung, sei ein Angriff auf die bürgerliche Rationalität. … Und hier kann man eine Qualität Pier Paolo Pasolinis erkennen: Gerade durch seine Sehnsucht nach dem vorgeschichtlichen Mythos, gerade dadurch, dass er sich einem allgemeinen Fortschrittsglauben verwehrt und sich bereits durch seine sexuelle Orientierung als Außenseiter erlebt, verliert er nie das Gespür für Ausgrenzung. Macht ist für ihn etwas Monströses. …“ | Aus: „Pier Paolo Pasolini: Der lange Pass in die Gegenwart“ Maike Albath (4. März 2022) | Quelle: https://www.sueddeutsche.de/kultur/pier-paolo-pasolini-100-geburtstag-neuerscheinung-literatur-wagenbach-edition-converso-1.5541185

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“ … Erkenntnistheoretischer Irrationalismus: Vertreter dieser Richtung erklären die menschliche Vernunft allein für unfähig, die Grundlagen, Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten der objektiven Realität zu erkennen. Als Alternativen für deskriptive und normative Welterklärungen werden zum Teil „höhere“ Erkenntnisfunktionen wie beispielsweise Wesensschau, Glaube, Intuition oder „direktes Erleben“ vorgeschlagen. Der ausschließlich rationalen Erkenntnis wird – anders als im Rationalismus – keine wahre Erkenntnis zugesprochen, die sich vielmehr auch auf Gefühle, den Geist oder die Seele berufen müsse. Diese Auffassungen spielen oft im Zusammenhang mit religiösen, esoterischen und okkultistischen, aber auch politischen Anschauungen eine Rolle. …“ | https://de.wikipedia.org/wiki/Irrationalismus (13. Mai 2021)


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w.endemann (2019): “ … Wir suchen Sinn, weil ohne die Komplexitätsreduktion des Sinns die Welt nicht denkbar, geschweige denn begreifbar, und daher kein zweckvolles, zielgerichtetes Handeln möglich wäre. Aber der Sinn macht auch nur Sinn, wenn er entweder objektive Sachverhalte abbildet oder als Möglichkeit objektiviert werden kann. Sonst ist er Wahn-Sinn in der doppelten Bedeutung des Unsinns oder der fiktiven Wunscherfüllung. … Die Dinge benennen sich [ ] nicht selbst, wir sind es, und wir tun es immer interessenbedingt. Sprache bildet die Welt ab, wie sie für uns bedeutsam ist. Oder besser: sie (re)konstruiert eine Symbolwelt, wie sie für uns bedeutsam ist. Mit der Sprache haben wir die Dreiteilung in reale, imaginäre und Zeichenwelt, könnte man mit Lacan sagen. Sinn wird zwar gesucht, aber nicht gefunden, sondern gemacht. Man kann einen höheren Sinn voraussetzen, dann ist man religiös, Metaphysiker, ein Sucher nach dem Absoluten, und wenn man glaubt, fündig geworden zu sein, ist man ein „Wissender“, Erleuchteter. Nein, danke. Und man kann im Gegenteil schon den banalen, menschlichen Sinn für Blödsinn oder Selbsttäuschung halten, dann ist man halt Positivist [[Der Positivismus ist eine Richtung in der Philosophie, die fordert, dass Erkenntnisse, die den Charakter von Wissen beanspruchen, auf die Interpretation von „positiven“, d. h. von tatsächlichen, sinnlich wahrnehmbaren und überprüfbaren Befunden beschränkt werden. Diese Denkrichtung findet sich der Sache nach schon in der griechischen Antike]], eine in meinen Augen ebenso unhaltbare Position. … strenggenommen ist bei Lacan das Reale des „unerkannten und unerkennbaren zentralen Begehrens“, dieser leere oder ortlose Ort, eine metaphysische Phantasmagorie (die physiologische Basis des Begehrens läßt sich sehr genau bestimmen, hat einen körperlichen Ort, wie Hunger oder kognitive Dissonanz). …“ | Aus einem Kommentar zu einem Kommentar zu: „Und sie lohnt sich doch“ (Edith Seifert | Ausgabe 33/2019) | https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/und-sie-lohnt-sich-doch-es-war-einmal

[Gemäßigte Entrissenheit #4… ]

Es geht über die kleine Brücke auf den Drammenweg. Ich bin in Kiel Mettenhof. Verwaschen weiße Hochhäuser an der Seite. Das Fahrrad gleitet leise klappernd über den sich ruhig biegenden roten Klinkerstein. Der Himmel grau. Der Wind kalt. Der alte Mann mit einem kleinen Hund tritt höflich zur Seite. Ein flüchtiges ‚Danke‘, ein kurzes Lächeln blitzt zurück. Der Boden ist feucht und die Büsche sind kahl. Der Junge auf dem Roller schaut nicht auf. Er singt eine halb verschluckte Melodie für sich selbst. Fast hätte ich links auf den Rasen fahren müssen. Zuletzt schaut er doch noch auf. Ich sacke in mich hinein. Ich erinnere mich, wie es war, wie verträumt verloren die Welt sein kann, wenn man 12 ist. Der Blick ins Irgendwo. Geborgene Verlassenheit. Die Momente fliegen dahin, ohne dass einem die Verletzlichkeit der Zeit zu Bewusstsein kommt. Die Verletzlichkeit die am meisten darin liegt, dort nie wieder hin zu können. Als ginge man in Gedanken durch die Wohnung der längst verstorbenen Großmutter. Das Haus ist verkauft, aber alle Gegenstände, die Wanduhr, der runde Esstisch, die Treppe in den Keller, der hölzerne Getränkewagen, alles ist noch da. Für ein oder zwei Sekunden.
Eine Viertelstunde später geht es in die Herzog-Friedrich-Straße. Da fragt jemand nach Geld. Er habe kein Zuhause. Unsere Augen treffen sich und wir müssen ein bisschen lachen, wie absurd das alles ist. Mir fällt der Motorradfahrer an der Raststädte ein, der kurz eine kleine Tasse Kaffee trinkt und mit einem 50 Euroschein bezahlt und sagt „stimmt so“. Die Bedienung lächelt und zieht die Augenbrauen nach oben. Dieser Motorradfahrer gehört für mich zusammengeklebt mit der etwas verrückten Alten. Er ist ihre Rückseite. Sie steht im düsteren „SKY“ Supermarkt am Alfons-Jonas Platz. Hinten beim surrenden Kühlregal auf den Fliesen. Draußen ist es schon dunkel. Das lange graue Haar fällt ihr seitlich ins Gesicht und sie zählt durch ihre Brillengläser die 10 Cent Stücke in der Hand, um zu prüfen, ob der Joghurt noch drin ist.
Und in den letzten Jahren sind die Kopfsteinpflasterstraßen in Kiel Gaarden zu eng geworden, um die immer breiter werden Autos in beide Richtungen durchzulassen. Lichthupend geben sich die kleinen Menschen in ihren großen Autos Zeichen, während ein paar nassgeregnete Zeitungsseiten vom „Kieler Express“ in der Medusastrasse auf dem Bürgersteig kleben.

[Wirklichkeitsbezug (Technik) #5 … ]

Meghan O’Gieblyn (9.1.2022): “ … Ich lebe wie der Rest der Moderne in einer Welt, die „entzaubert“ ist. Bei der künstlichen Intelligenz und den Informationstechnologien stößt man heute [ ] auf viele Fragen, die einst von Theologen und Philosophen bearbeitet wurden: die Beziehung des Geistes zum Körper, die Existenz des freien Willens, die Möglichkeit der Unsterblichkeit. Das sind alte Probleme – sie sind nur in neuem Gewand und unter anderen Namen Teil der heutigen Technologiedebatten, genauso wie die toten Metaphern noch immer Teil unserer Syntax sind [„Manche Metaphern haben durch ihren häufigen Gebrauch ihren Übertragungscharakter verloren und werden nicht mehr als Metaphern, sondern als direkte Ausdrücke verstanden. Beispiele: Tischbein, Ohrmuschel, Buchrücken. …“]. All die ewigen Fragen sind heute zu technischen Problemen geworden. … wenn es um die Frage der phänomenologischen Erfahrung geht – der ganz subjektiven Welt der Farben und Empfindungen, der Gedanken und Ideen und Überzeugungen – lässt sich nicht erklären, wie sie aus diesen neurologischen Prozessen entsteht. So wie ein Biologe im Labor durch das Studium der objektiven Fakten nie die Gefühle einer Fledermaus erfassen könnte, kann auch eine vollständige Beschreibung des Schmerzsystems des menschlichen Gehirns nie die subjektive Erfahrung von Schmerzen erfassen. … “ | Aus: „Cyberphilosophie mit Haustier: Wann ist ein Hund ein Hund?“ Meghan O’Gieblyn (9.1.2022) | Quelle: https://taz.de/Cyberphilosophie-mit-Haustier/!5823944/
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ORFEUS-Teleskop im Museum – In der Ausstellung „Der Himmel. Wunschbild und Weltverständnis“ (30.06.2011) | https://uni-tuebingen.de/fakultaeten/mathematisch-naturwissenschaftliche-fakultaet/fachbereiche/physik/institute/astronomie-und-astrophysik/astronomie-hea/aktuelles/newsfullview-aktuell/article/orfeus-teleskop-im-museum/ // https://de.wikipedia.org/wiki/ORFEUS

“ … Techne (téchne), ist ein altgriechischer Begriff, der in europäisch geprägter Philosophie bis heute für das Verständnis von Kunst, Wissenschaft und Technik bedeutend ist. … „Zum einen gilt es, mediale Maschinerien als Spiegelungen von Bedürfnissen, Antrieben und Phantasmen einer Menschheit zu verstehen, die nicht zuletzt in Gestalt der téchne praktische Anthropologie (Menschenkunde) betreibt, zum anderen aber ist danach zu fragen, wie diese mediale téchne die Befindlichkeit des Menschen verändert, variiert und modifiziert, die sich nicht einfach statisch zwischen Mensch und Welt stellt, sondern indem sie letztere erst in der uns heute geläufigen Form konstituiert, auch jene Momente des Inszenatorischen und Imaginären ins Blickfeld rückt.“ …“ | https://de.wikipedia.org/wiki/Techne

Hanns-J. Neubert (2019?):“ … Nach dem Inferno des ersten Weltkriegs blühten in den „Goldenen Zwanziger Jahren“ Ideen und Hoffnungen auf eine neue, lebenswertere Zukunft. In Tanzsälen und Cafes tobte sich ein neues Lebensgefühl aus. Auf den Straßen rangen soziale und politische Bewegungen oft gewaltsam um die Vorherrschaft. Wissenschaftler drangen in nie dagewesene Sphären der Naturerkenntnis vor. Tüftler bastelten an alten Motoren für neue Fahrzeuge. Künstler, Literaten und Philosophen suchten und stifteten Sinn für die Rasanz. Vor 90 Jahren, auf dem Höhepunkt dieser Rastlosigkeit, am Vorabend einer Weltwirtschaftskrise, wurde die Technisch-Literarische Gesellschaft TELI gegründet. … im Gründungsjahr der TELI kehrte Wittgenstein 1929 als Philosoph nach Cambridge zurück, wo er bei Bertrand Russell dann doch noch über seinen „Tractatus“ promovieren konnte. Im selben Jahr … fand im schweizerischen Luftkurort Davos die berühmte „Davoser Disputation“ statt – das Streitgespräch zwischen Ernst Cassirer und Martin Heidegger zum Thema „Was ist der Mensch?“. Für Heidegger, Metaphysiker und späteres NSDAP-Mitglied, war Technik wegen der schonungslosen „Vernutzung“ natürlicher Ressourcen eine unabweisbare Gefahr [“ … Ab Mitte 1930 begann Heidegger mit einer Gesamtinterpretation der abendländischen Philosophiegeschichte. Dazu untersuchte er die Werke bedeutender Philosophen unter phänomenologischen, hermeneutischen und ontologischen Gesichtspunkten und versuchte so, deren „unbedachte“ Voraussetzungen und Vorurteile freizulegen. Alle bisherigen philosophischen Entwürfe vertraten laut Heidegger eine einseitige Auffassung der Welt – eine Einseitigkeit, die er als Merkmal jeder Metaphysik ansah. Diese metaphysische Weltauffassung gipfelte aus Heideggers Sicht in der modernen Technik. Mit diesem Begriff verband er nicht allein, wie sonst üblich, ein neutrales Mittel zum Erreichen von Zwecken. Vielmehr versuchte er zu zeigen, dass mit der Technik auch eine veränderte Auffassung der Welt einhergehe. So wird nach Heidegger durch die Technik die Erde vornehmlich unter dem Gesichtspunkt der Nutzbarmachung in den Blick gebracht. Wegen ihrer globalen Verbreitung und der damit verbundenen schonungslosen „Vernutzung“ natürlicher Ressourcen sah Heidegger in der Technik eine unabweisbare Gefahr. …“ | https://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Heidegger (4. Januar 2022)]. Er war einer der prominenten Kritiker der Technik, die für ihn ein Fluch für die Menschheit war – ein früher radikal-esotherischer Umweltschützer. Sein Gegenspieler, der Kulturphilosoph, Erkenntnis- und Wissenschaftstheoretiker Cassirer, der als Jude 1933 ins Exil ging, sah dagegen, dass Wissenschaft und Technik eigene Erlebniswelten sind, die zusammen mit Religion, Kunst oder Geschichte entscheidend zum Weltverständnis beitragen. Er stimmte weder in die Verherrlichung der Technik noch in ihre Verdammung ein. …“ | https://www.teli.de/das-jahr-babylon-vor-90-jahren-auftritt-der-teli/ | Kontext: https://de.wikipedia.org/wiki/Davoser_Disputation

Ernst Cassirer (1874-1945) „Symbol, Technik, Sprache“ (Aufsätze aus den Jahren 1927-1933): “ … Wenn man den Maßstab für die Bedeutung der einzelnen Teilgebiete der menschlichen Kultur in erster Linie ihrer realen Wirksamkeit entnimmt, wenn man den Wert dieser Gebiete nach der Größe ihrer unmittelbaren Leistung bestimmt, so ist kaum ein Zweifel daran erlaubt, daß, mit diesem Maße gemessen, die Technik im Aufbau unserer gegenwärtigen Kultur den ersten Rang behauptet. Gleichviel ob man diesen »Primat der Technik« schilt oder lobt, erhebt oder verdammt: seine reine Tatsächlichkeit scheint außer Frage zu stehen. … Fasst man die Norm des »Schönen« so weit, daß man überall dort von ihr spricht, wo ein Sieg der »Form« über den »Stoff«, der »Idee« über die »Materie« hervortritt, so kann kein Zweifel daran sein, in welch hohem Maße gerade die Technik an ihr Anteil hat. Aber diese Formschönheit schlechthin umfasst alsdann die ganze Weite geistiger Betätigung und geistiger Gestaltung überhaupt. In diesem Sinne verstanden, gibt es – wie Platon es im Symposion ausspricht – nicht nur eine Schönheit körperlicher Bildungen, sondern auch eine logische und eine ethische Schönheit, eine »Schönheit der Erkenntnisse« und eine »Schönheit der Sitten und Bestrebungen«. … Das Kunstwerk läßt in einer durchaus eigenartigen, ihm allein vorbehaltenen Weise »Gestalt« und »Ausdruck« ineinander übergehen. Es ist eine Schöpfung, die hinausgreift in das Reich des Objektiven und die eine streng objektive Gesetzlichkeit vor uns hinstellt. Aber eben dieses »Objektive« ist an keiner Stelle ein bloß »Äußeres«, sondern es ist die Äußerung eines Inneren, das an ihm gewissermaßen seine Transparenz gewinnt. … Wenn man als die beiden Extreme, zwischen denen alle Kulturentwicklung sich bewegt, die Welt des Ausdrucks und die Welt der reinen Bedeutung bezeichnen kann, so ist in der Kunst gewissermaßen das ideale Gleichgewicht zwischen diesen beiden Extremen erreicht. Die Technik hat hingegen mit der theoretischen Erkenntnis, der sie eng verschwistert ist, den Grundzug gemein, daß sie mehr und mehr auf alles Ausdrucksmäßige Verzicht leistet, um sich in eine streng »objektive« Sphäre reiner Bedeutsamkeit zu erheben. … Wer sich nicht von vornherein den Forderungen der bloßen Nutzbarkeit verschrieb, sondern sich den Sinn für ethische und für geistige Maßstäbe bewahrte, der konnte an den schweren inneren Schaden der gepriesenen »technischen Kultur« nicht achtlos vorbeigehen. Unter den modernen Denkern haben wenige diese Schaden so scharf gesehen und so schonungslos aufgedeckt, als es Walther Rathenau mit immer wachsender Energie und Leidenschaftlichkeit in seinen Schriften getan hat. Völlige Entseelung und Mechanisierung der Arbeit, härtester Frondienst auf der einen Seite – unbeschränkter Macht -und Herrschaftswille, zügelloser Ehrgeiz und sinnloser Warenhunger auf der andern Seite: so stellt sich für Rathenau das Bild der Zeit, im Spiegel der Technik aufgefangen, dar. ([Vgl. Rathenau, Von kommenden Dingen; Zur Kritik der Zeit; Zur Mechanik des Geistes.]) …“ | https://monoskop.org/File:Cassirer_Ernst_1930_1985_Form_und_Technik.pdf | https://monoskop.org/Ernst_Cassirer

Rainer Volk (15.10.2021, br.de): “ … Als Erbe des AEG-Konzerns war Walther Rathenau einer der prominentesten Männer seiner Zeit. Früh fand er Zugang zur künstlerischen und intellektuellen Avantgarde. In der Weimarer Republik unterstützte er die liberale DDP und versuchte, die Isolation Deutschlands zu durchbrechen. Für kurze Zeit wurde er sogar Reichsaußenminister, ehe ihn rechte Extremisten ermordeten. …“

“ … Politisch und ästhetisch gehörte Rathenau zur Opposition gegen den herrschenden Wilhelminismus. Durch die Freundschaft mit Gerhart Hauptmann kam er in den Autorenkreis des S. Fischer Verlags und veröffentlichte hier 1912 und 1913 seine Bücher Zur Kritik der Zeit und Zur Mechanik des Geistes, in denen er die moderne „Mechanisierung der Welt“ beklagte und seine neuidealistische Weltanschauung vom „Reich der Seele“ darlegte. Politisch setzte er sich für eine stärkere Beteiligung des liberalen, industriell tätigen Bürgertums an der Außenpolitik ein und suchte selbst, durch Mitwirkung in der Kolonialpolitik, Einfluss zu gewinnen. Neben anderen Kontakten in die völkische Szene war Rathenau von 1913 bis zu seinem Tod mit dem rechtskonservativen Publizisten Wilhelm Schwaner befreundet, in dessen Zeitschrift Der Volkserzieher in dieser Zeit einige Aufsätze Rathenaus abgedruckt wurden, was zu erheblichem Unmut in nationalistischen Kreisen führte. … … Am Morgen des 24. Juni 1922 … wollte Rathenau ins Auswärtige Amt in der Wilhelmstraße, um einer Prüfung von Konsularsanwärtern beizuwohnen. … Obwohl es im Vorfeld immer wieder konkrete Attentatswarnungen gegeben hatte, fuhr Rathenau ohne Polizeischutz. Auf dem Weg von seiner Villa in der Koenigsallee 65 in Berlin-Grunewald bemerkten weder er noch sein Chauffeur, dass sie von einem Wagen verfolgt wurden. Kurz vor der Kreuzung Erdener-/Wallotstraße, als Rathenaus Chauffeur angesichts der folgenden S-Kurve abbremsen musste, überholte der verfolgende Wagen, ein offener Mercedes-Tourenwagen, den der 20-jährige Student Ernst Werner Techow steuerte. Im Fond saßen der 23-jährige Student Erwin Kern und der 26-jährige Maschinenbauingenieur Hermann Fischer. Während Kern mit einer Maschinenpistole MP18 auf Rathenau feuerte, warf Fischer eine Handgranate in den Wagen. …“ | https://de.wikipedia.org/wiki/Walther_Rathenau (15. Dezember 2021)

“ … In den beiden Hauptschriften „Zur Kritik der Zeit“ von 1912 und „Zur Mechanik des Geistes“ aus dem Jahr 1913 hatte Rathenau die modernen Industriegesellschaften einer eingehenden Untersuchung unterzogen. Das Ergebnis seiner intellektuellen Suchbewegungen war das Attest eines „mechanistischen Zeitalters“ – mithin einer Gesellschaftsform, in dem sämtliche Teile aufeinander ausgerichtet sind und miteinander kooperieren. Mit dem Ziel einer schnellen und effizienten, zudem kostengünstigen Versorgung der Massengesellschaft (worin sich freilich eine kultivierte Gesellschaft nicht erschöpfen dürfe). In „Zur Kritik der Zeit“ beschreibt Rathenau die „Mechanisierung der Welt“ als alles umfassenden Regelkreislauf und im Denkschema eines Strömungsdiagramms, das mittlerweile die gesamte Produktion und damit die gesamte Gesellschaft umfasst. Die Basis gesellschaftlichen Lebens ist das Wirtschaftssystem und damit der Produktions- und Distributionsprozess: „Von allen Teilen der Erdoberfläche strömen die Urprodukte mineralischer und organischer Abkunft auf eisernen oder wässernen Wegen in die Sammelbecken der Städte und Häfen. Von dort verzweigen sie sich zu den Verarbeitungsstätten, wo sie in vorbestimmter Mischung eintreffen, um chemisch oder mechanisch umgestaltet als Halbprodukte einen zweiten Kreislauf zu beginnen. Von neuem getrennt und abermals vermischt und bearbeitet erscheinen sie als Verbrauchsgüter, die zum drittenmal geordnet in den Lagern der Großhändler sich vereinigen, bevor sie die fein verzweigten Wege zum Detaillisten und endlich zum Verbraucher zu finden, der sie in Abfallstoffe verwandelt und in den Gestaltungsprozeß zurücksendet. Dem Blutumlauf vergleichbar ergießt sich der Güterstrom durch das Netz seiner Arterien und Adern.“ … Der Krieg war für Rathenau, wie auch Rathenaus Schrift von 1917 zu entnehmen ist, zutiefst irrational. Er sei kein „Anfang, sondern ein Ende; was er hinterläßt, sind Trümmer“. Rathenau glaubte zudem nicht an das Recht der Deutschen „zur endgültigen Weltbestimmung“ – womit wir genau bei jenem Vorbehalt sind, den er radikaler dann 1918 in der Kaiser-Schrift formulierte. Aber er sah zugleich ebenso wenig, dass jemand anderes es verdient habe. Im Jahr 1917 liest sich das folgendermaßen: „Wir haben keinen Anspruch darauf, das Schicksal der Welt zu bestimmen, weil wir nicht gelernt haben, unser eigenes Schicksal zu bestimmen. Wir haben nicht das Recht, unser Denken und Fühlen der zivilisierten Nationen der Erde aufzuzwingen; denn welche auch ihre Schwächen sein mögen, eines haben wir noch nicht errungen: den Willen zu eigener Verantwortung.“ Rathenau hoffte, dass der „wirtschaftliche Nationalismus“ „wenn die Zeit der großen politischen und ökonomischen Kraftproben vorüber ist, möglicherweise rationaleren Anschauungen weichen.“ Das mag trügerisch gewesen sein und immer noch sein, formuliert jedoch einen Anspruch – Literaturwissenschaftler sagen: ein Narrativ – das zu erfüllen noch ein wenig Arbeit erfordert. …“ | Aus: „Walther Rathenaus Mobilmachung – Die Durchsetzung der Kriegswirtschaft im Ersten Weltkrieg“ Walter Delabar (Archiv – Frühere Ausgaben Nr. 1, Januar 201, Schwerpunkt II: Erster Weltkrieg) | https://literaturkritik.de/id/20164


Der AEG-Schalter-Fahrkartendrucker GP 630 (rechts) und der AEG-Kleindrucker EZT (links) | https://www.tmkkassel.de/index.php/sammlungsgebiete/mobilitaetstechnik/verkehrstechnik/169-der-aeg-schalterfahrkartendrucker-gp-630 // https://de.wikipedia.org/wiki/AEG

[Das Reale, das Symbolische und das Imaginäre #71 ]

// “ … Der magische Realismus stellt die Verschmelzung von realer Wirklichkeit (greifbar, sichtbar, rational) und magischer Realität (Halluzinationen, Träume) dar. Er ist eine „dritte Realität“, eine Synthese aus den uns geläufigen Wirklichkeiten. Der Übergang zum Surrealismus ist fließend. … Der Begriff wurde erstmals 1925 vom Kunstkritiker Franz Roh in seinem Buch Nach-Expressionismus: Magischer Realismus. Probleme der neuesten europäischen Malerei. verwendet. …“ | https://de.wikipedia.org/wiki/Magischer_Realismus

// “ … Dass die Technik als Thema sich in der Malerei wiederfand, war typisch für die Kunst der Neuen Sachlichkeit der 1920er Jahre. Die neusachlichen Künstler stellten die neue technische Zivilisation zwar illusionslos und distanziert dar, verbanden mit ihr aber die Hoffnung, die Welt zu beherrschen und zu kontrollieren. … Grossberg interessierte sich ab den 1930er Jahren zunehmend für architektonische und technische Anlagen, weil diese, so der Künstler selbst, „das Gesicht unserer Zeit bestimmen“. …“ | https://www.wz.de/nrw/wuppertal/raetselhafter-maschinensaal-ist-ein-schatz-des-von-der-heydt-museums-wuppertal_aid-55293033 (20.12.2020)

[Zum Wahn der Liebe #97 … ]

Thomas Mann mit seinem Schwiegervater Alfred Pringsheim

“ … Seinem Bruder Thomas hatte Heinrich Mann schon um die Jahrhundertwende brieflich gestanden: „Mein Hauptinteresse war die Frau.“ Willi Jaspers Buch beschreibt Heinrich Mann als einen ausgemachten Erotomanen, der Schriftsteller ging bereits als Gymnasiast ins Bordell, und suchte auch als schon berühmter Romancier stets die Nähe zu Frauen aus der Halbwelt. … Von der ersten Passion zur jüngeren Schwester Carla, die später Selbstmord verübte, bis zur letzten leidenschaftlichen Liebe mit der Berliner Animierdame Nelly Kröger, die Heinrich Mann im französischen Exil heiratete und gegen alle Attacken des Mann-Clans verteidigte. Nelly war sinnlich, laut, derb und leider Alkoholikerin, von Thomas Mann als „schreckliche Trulle“ bezeichnet, auch sie ging freiwillig in den Tod, was Heinrich Mann nie verwand. …“ | Aus: „Von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“ (13.04.2007) | https://www.deutschlandfunkkultur.de/von-kopf-bis-fuss-auf-liebe-eingestellt-100.html



Adam Zagajewski, 1945 im heute ukrainischen Lemberg geboren (‚Bruderliebe, Bruderzwist‘, 27.03.2015): “ … Menschen, Schriftsteller und Intellektuelle, die ganz unterschiedlichen geistigen Prinzipien folgen, haben oft kein großes Bedürfnis, mit ihren Gegnern zu diskutieren. Je weiter die Standpunkte auseinanderliegen, desto seltener kommt es zu Debatten. Doch Heinrich und Thomas, gefangen im Netz der Bruderschaft, mussten gleichsam miteinander ringen. Sie waren einander in Bruderliebe zugetan, und sie kannten Momente des Bruderhasses. Sie mussten streiten, weil sie Brüder waren. Hier überlagerten sich, was nur selten vorkommt, die Sphären der Ideen und der Familie. Es kam zu Spannungen, beinahe zum Brudermord. … Es ging keineswegs nur um konkrete politische Positionen, um Heinrich Manns linksliberale Haltung im Gegensatz zu Thomas Manns – zumal bis Anfang der 20er Jahre – metaphysischem, beseeltem Nationalismus. Keineswegs nur um Heinrichs Pazifismus und Thomas‘ (freilich auf den Schreibtisch beschränkte) ritterlich-kriegerische Einstellung in der Zeit des Ersten Weltkriegs. Im Streit und in der Spannung zwischen den beiden damals noch jungen Brüdern offenbarte sich die tiefe Gespaltenheit der europäischen Kultur, der Widerstreit zwischen zwei gegensätzlichen Traditionen, die mal liebevoll, mal hasserfüllt miteinander rangen und eigentlich bis heute miteinander ringen … [es] … bleibt die Spannung zwischen dem Erbe der Aufklärung und der romantischen Sehnsucht, die manchmal eine religiöse Färbung annimmt. Die beiden Seiten verstehen sich bisweilen nicht. Es kommt vor, dass sie einander verspotten oder schmähen. Es kommt aber auch vor, dass diese Spannung in der Brust eines einzigen Menschen wohnt. So war es auch im Fall unserer beiden Brüder. … Mir geht es bloß um eine melancholische Feststellung: Die engagierte, kämpfende Literatur steht bisweilen hilflos vor der komplexen Wirklichkeit. Man wünschte sich fast auch für die Literatur ein Äquivalent zu dem berühmten Unvollständigkeitssatz des Mathematikers Kurt Gödel, dem zufolge jedes logische System entweder widersprüchlich oder unvollständig ist (weshalb zu seiner Bewertung immer ein anderes System benötigt wird). …“ | https://www.tagesspiegel.de/kultur/heinrich-mann-preis-bruderliebe-bruderzwist/11567948.html

Heinrich Mann – Die große Liebe, Drama (Buchausgabe)


“ … In der Tat verbirgt sich hinter dem Liebesglück die Unruhe seines Daseins….“ | Aus: „Erotik und Poetik – Thomas Manns Goethe-Rezeption“ (Inaugural-Dissertation in der Philosophischen Fakultät II (Sprach- und Literaturwissenschaften) der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg) E-Jeong HONG (214 Seiten, 2006) | Quelle: https://opus4.kobv.de/opus4-fau/files/594/E_JeongHongDissertation.pdf

“ … Liebe ist laut Mann der ethischen Sphäre der Teilnahme zugehörig, Interesse dagegen gehört einer rein ästhetischen Haltung an. Im Kampf zwischen Interesse und Liebe gibt es bei Thomas Mann nur tödliche Opfer. Denn wird das Interesse von der intellektuellen auf die sinnliche Sphäre gewendet, so wird entweder der Künstler durch die Übergewalt der sinnlichen Erfahrung in seiner Existenz vernichtet, indem das Interesse im Zweikampf mit dem Eros unterliegt, oder es siegt das Interesse über den Eros, … dann bezahlen die, die den Künstler lieben, ihre Niederlage mit dem Leben. Aschenbach, zur ersteren Kategorie zählend, hat folglich verloren, als er am Ende des vierten Kapitels, von Tadzios Lächeln ergriffen, stammelt: »Ich liebe Dich!« … “ | Aus: „Auf schwankendem Grund – Dekadenz und Tod im Venedig der Moderne Sabine Meine, Günter Blamberger, Björn Moll, Klau Sber Gdolt (H r SG.) | Quelle: https://kups.ub.uni-koeln.de/11204/1/Morphomata15_USB.pdf

“ … Als bestimmend erweist sich ein grundlegendes Dilemma: Wer dem Sog der Liebe verfällt, wird vernichtet und geht unter … wer die Liebe aber ängstlich meidet, verfehlt das Leben und beraubt sich der künstlerischen Kreativität. …“ | Über: „Der beschädigte Eros – Liebe, Erotik und Sexualität in den frühen Erzählungen Thomas Manns“ Karl Heinz Götze (2017) – Thomas Mann au tournant du siècle | Quelle: https://journals.openedition.org/germanica/3738?lang=de

Madeleine Chapsal et Georges Bataille, Bibliothèque municipale d’Orléans, février 1961.
| via https://www.pileface.com/sollers/spip.php?article2001



“ … Die Figur unseres modernen Selbst, so wie sie Bataille zeichnet, ist armselig. Es ist eine dienende, nützliche, der Arbeit und Produktion untergeordnete Figur, die sich als getrennt von allem anderen, Mensch und Natur, erfährt. Nun ist dies, für sich genommen, noch nicht originell, bildet es doch den Tenor bekannter Modernitätskritik von Nietzsche über Weber bis zu Baudrillard, Lyotard oder Taylor. Was Bataille auszeichnet, ist seine Konzeption einer Sphäre des Heterogenen, die unsere Isolation in Kontinuität auflöst und in der Kommunikation stattfindet — eine Sphäre jedoch, die als unaufhebbare Grenze zu denken ist und die nur um den Preis des Selbstverlustes, des Opfers, zugänglich ist. Das Sich-Einlassen auf die Erfahrung dieser Grenze — nicht, indem die Vernunft eingeschläfert, sondern indem sie bis ans Ende getrieben wird — ist Voraussetzung für die Erfahrung dessen, was Bataille „Souveränität“ nennt. …“ | Zu: Neuenhaus-Luciano P. (1999) „Individuum und Transgression bei Georges Bataille“ In: Individualisierung und Transgression. Schnittpunkt * Zivilisationsprozeß. Centaurus Verlag & Media, Herbolzheim | Quelle: https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-86226-415-5_7


Uwe (15. November 2021): “ … ca. 98% der deutschen Liebhaber erotischer Literatur rate ich davon [Georges Bataille – Das obszöne Werk] ab. …“

StevenStone (14. Juli 2016)“ … Dabei werden durchaus Tiefenschichten des menschlichen Sexualtriebes berührt und ihren Geheimnissen Ausdruck gegeben. Das Chtonische, Dionysische der einmal geweckten Lust und ihre Nähe zur Mord- und Vernichtungslust. Soweit so gut oder ungut. Dann streift es bei soviel Wiederhohlungs- und Steigerungszwang und behaupteter Dauererregung auch das Komische. Das Geschmacklose wird nicht gestreift, sondern geschlürft, ausgesoffen, gefressen, gekotzt. Vieles ist … gut französisch … philosophisch veredelt und in intellektuelle Höhen gehoben, die der steifste Schwanz und die saftigste Möse eigentlich nicht hergeben. Ein bemerkenswertes literarisches Zeugnis. … “ [Zu: von Georges Bataille – Das obszöne Werk: Die Geschichte des Auges / Madame Edwarda / Meine Mutter / Der Kleine / Der Tote Taschenbuch … “ 1. Oktober 1988]



“ … Die beiden Triebkräfte der Erotik: die eine die des Einklangs mit der Natur und die andere die ihrer Infragestellung – wir können keine von beiden aufheben. Der Schrecken und der Anreiz sind vermischt. Die Unschuld und das Schicksal dienen dem Spiel. Im günstigen Augenblick kennt noch die Dümmste die Dialektik … Das irre Gelächter oder die Ekstase versetzen uns an den Rand des gleichen Abgrunds, in die >Infragestellung< alles möglichen. …“ | Aus: „Die Freundschaft: IV – Der Wille“ Georges Bataille [Die Freundschaft. Das Halleluja (Die atheologische Summe II / Gallimard, Paris 1944/1961.‘] |

// “ … Syphilis wurde als Folge eines sündigen Lebenswandels aufgefasst. 1826 wird der Gebrauch von Kondomen von Papst Leo XII. verboten: „…der Sünder solle an dem Körperteil bestraft werden, mit dem er sündige.“ Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ermöglichten die Forschungsergebnisse des Pariser Mediziners Alfred Fournier (1832-1914) eine sachlichere Diskussion um Geschlechtskrankheiten. … Bataille wurde lebenslang von Erinnerungen an den erschreckenden körperlichen Zustand seines Vaters und dessen Leiden gequält. Sein Leben begann mit dem Tod, schrieb sein Biograph Michel Surya. Dazu gesellten sich Erinnerungen an Kindheitserlebnisse in Verbindung mit heterogenen, d. h. gesellschaftlich verfemten Auffassungen von Sexualität, die er in Das obszöne Werk thematisiert, ohne zu sagen, so war es. Ich bin ein Kind des Schreckens. kommentierte er seine Erinnerungen und ich hatte vor allem Sexuellen Angst. … Bataille wollte anregen, über traditionelle Einstellungen zur Lust nachzudenken. Ihm gehe es um eine völlige Umkehr unserer Vorstellungen und er empfahl seine obszönen Texte anderen: Wer Angst hat, sich fürchtet, allein ist und friert, der sollte Madame Edwarda lesen. … Die Frage, ob seine obszönen Schriften als „surrealistische Experimente“ oder als „pornographische Literatur“ gelten können, sei unentscheidbar. … Schon Jean-Paul Sartre … dessen Existentialismus Bataille als „überholte Philosophie“ ablehnte … bezeichnete Bataille als Mystiker. In seinen Texten, so Sartre, finden sich „glitschige Sätze“ von denen wir plötzlich ins Unaussprechliche stürzen.“ … “ | Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Georges_Bataille (September 2021)

[Memento Mori #13… ]

Vladimir Jankélévitch | via

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 22.11.2005 – “ … Ein „Jahrhundertbuch“ hat Thomas Meyer hier anzuzeigen. Vladimir Jankelevitchs Buch über den Tod verfällt nicht der „Todestrunkenheit“ seiner europäischen Kollegen, auch wenn der Rezensent von der Lektüre ein wenig benommen zurückbleibt, noch setzt es irgendwelche Hoffnungen auf die ausgleichende Kraft der Geburt. Jankelevitch untersuche den „Skandal“ des Todes, der trotz aller Anstrengungen unbegreiflich bleibt. Dazu überschreitet er die Grenzen der eigenen Disziplin und nimmt auch Literatur und Musik zu Hilfe, um sich dem Tod in „genau kreisenden Bewegungen“ anzunähern. Der Tod ist bei Jankelevitch eine „Ordnungsmacht“, die Vergangenheit und Zukunft des Menschen strukturiert. …“ | https://www.perlentaucher.de/buch/vladimir-jankelevitch/der-tod.html

“ … Mit dem Begriff Presque-Rien, Beinahe-Nichts, bezeichnet Jankélévitch einen Zeitpunkt, dessen Dauer so gering ist, dass Auftauchen und Verschwinden fast gleichzeitig stattfinden. Ähnlich wie der Blitz wird das Beinahe-Nichts erst dann wahrgenommen, wenn es fast schon wieder vorüber ist. In seinem Auftreten als intuitiver Einfall oder mystisches Erlebnis handelt es sich um keinen beliebig herausgestellten Zeitpunkt innerhalb einer Ereigniskette, der notwendigerweise aus dem Geschehen der Vergangenheit folgt. Vielmehr ist das Beinahe-Nichts als ein einzelner isolierter Augenblick, dem keine Zukunft vergönnt ist, ein Abbruch einer Entwicklung. Das Beinahe-Nichts ist die äußerste Annäherung des Seins an das Nichts, des Diesseits an das Jenseits. Allein auf intuitivem Weg ist eine Kenntnis des Metaphysischen möglich. Jankélévitch schreibt: „Dieser so seltene und so unzureichende Erfolgs-Blitz ist dennoch der einzige metaphysische Erfolg, dem ein Mensch nachstreben kann.“ … Kann man sich eine Vorstellung vom Nichts der Existenz und des Bewusstseins machen? Kann man den Tod denken? Gleich zu Beginn von „La mort“, einem seiner Hauptwerke, stellt Jankélévitch klar, dass es über den Tod fast nichts zu sagen gibt: Wir wissen nur, dass er eintreten wird, und bemühen uns im Übrigen, den Skandal des Todes zu verdrängen, zu beschönigen oder uns jenseitigen Hoffnungen hinzugeben. Jankélévitch erteilt diesen Ausflüchten eine Absage. Für ihn ist der Tod Organon-Obstaculum, Werkzeug und Hindernis, denn einerseits setzt er allen Aktivitäten ein Ende, andererseits führt das Bewusstsein von der Begrenztheit des Lebens zur Aufwertung der einzelnen Momente. …“ | Aus: „Vladimir Jankélévitch“ (2. Oktober 202) | https://de.wikipedia.org/wiki/Vladimir_Jank%C3%A9l%C3%A9vitch

[Der Blick in die Kamera #43… ]

Alessandro Aniballi (01/19/2020): “ … Federico Fellini argumentiert metaphorisch und entdeckt dabei die Suggestion des Ozeandampfers wieder: Nur anstatt seine Figuren auf das fahrende Boot schauen zu lassen (wie in Amarcord), lässt er sie diesmal an Bord gehen, und er setzt sie in einem Gleichnis fort … Die Reflexion des Übergangs von der Realität zum Set, begleitet von einem meta-kinematografischen Diskurs, war zwar schon zu Beginn von E la nave va [Fellinis Schiff der Träume, 1983] vorbereitet worden … als wäre man Zeuge von Dokumentarfilmen …“ | https://quinlan.it/2020/01/19/e-la-nave-va/ | // Fellinis Schiff der Träume (1983) –> https://de.wikipedia.org/wiki/Fellinis_Schiff_der_Tr%C3%A4ume

[Das Reale, Symbolische und Imaginäre #67 ]

): “ … Die Wahrheit liegt in dem, was wir verschweigen. … “
Quelle: https://muetzenfalterin.wordpress.com/2021/08/26/43-3/

Tanja Angela Kunz („Die Windmühle des inneren Käfigs„): “ … Als der deutsche Pathologe Dr. Rudolf Virchow Ende des 19. Jahrhunderts betonte, er habe bei all seinen Sektionen nie eine Seele gefunden, war die stofflose Ichvorstellung längst durch Hume, Locke, Kant und Schopenhauer sukzessive in Zweifel gezogen worden. Die Skepsis gegenüber dem Vorhandensein eines Seelenstoffs hat sich seitdem in Medizin und Philosophie immer weiter fortproduziert. Das die abendländische Geistesgeschichte seit Platon und Aristoteles begleitende Leib-Seele-Problem wird somit auf maximal pragmatische Weise zugunsten des Leibes zu lösen versucht. … Peter Strassers Sachbuch [Diktatur des Gehirns. Für eine Philosophie des Geistes. Wilhelm Fink Verlag, Paderborn 2014] [scheit] das Zeugnis eines inneren Kampfes zu sein, eines Kampfes zwischen der Akzeptanz einer säkularisierten und entmystifizierten Welt und einer Sehnsucht nach Bedeutung verleihender und sinnstiftender Transzendenz. Dieser Kampf, der sich im Schwanken zwischen der Absage an einen göttlichen Geist und der Mutmaßung des möglichen Vorhandenseins eines Gottes zeigt, steht sicherlich vielen heutigen Lesern näher als jeder Naturalismus. Wer möchte einerseits als ungebildet gelten, weil der noch im Urknall ein göttliches Walten vermutet? Und wer ist andererseits bereit, sich selbst als seelenlose physikalische Gegebenheit zu akzeptieren? Dass letztlich kaum etwas so ist, wie es scheint, dass die Illusion unser engster Begleiter und die Unverfügbarkeit unser innerstes Gesetz ist, mag kaum jemand zu bestreiten wagen. Doch die Übermacht der Hirnphysik, so viel sie auch an Wissen bereit zu halten scheint, erweitert sich letztlich in einen Abgrund der Ohnmacht. Dies zumindest dann, wenn man zu glauben beginnt, dass die Aufschlüsselung des zerebralen Systems das Geheimnis des Lebens entzaubern könnte. Doch „draußen“ setzt sich der Solipsismus beharrlich fort. Peter Strasser setzt dagegen den aus naturwissenschaftlicher Perspektive heroisch-tragischen Versuch, das Unmaterialisierte, Unnachweisliche als ein „Mysterium der geisterfüllten Anschauungsrealität“ zu beschreiben. Eine zum Scheitern verurteilte Unternehmung, bei der dem Verfasser letztlich eine ganze Armee von Literaten aller Zeiten den Rücken stärkt; denn sie stellen sich seit je dem Versuch, das Unsagbare sagbar zu machen. Vielleicht liegt der einzige Unterschied darin, dass man es von jenen erwartet oder duldet. Dieser hingegen fällt leicht dem Vorwurf der Unwissenschaftlichkeit anheim, wobei anzumerken bleibt, dass ein solcher Vorwurf höchstens als einer der ‚Trans-Naturwissenschaftlichkeit‘ Gültigkeit beanspruchen kann. Und spricht nicht gerade die Tatsache, dass die Neurowissenschaften bislang kein ‚Ich-Areal‘ im Gehirn lokalisieren konnten und damit auch nichts, was in seine physikalisch-chemischen Elemente zerlegbar wäre, für einen weiter bestehenden Transzendierungsbedarf durch Kunst und Philosophie? Es ist ein Verdienst des Verfassers, in seinem Buch die schwerwiegende, nicht zuletzt auch aus ethischer Perspektive gefährliche Reduktion herausgearbeitet zu haben, die in einer zirkelhaften Anthropologie der Hirnforschung begründet liegt. Und gerade deshalb ist Peter Strassers Stimme aus philosophischer Perspektive bedeutsam im Kampf gegen die Windmühle des inneren Käfigs. …“ | https://literaturkritik.de/id/20124

[Zum Wahn der Liebe #95 … ]

“ … „Die Unschuldigen mit den schmutzigen Händen“ [Claude Chabrol, 1975], ein Psychothriller, der [ ] die moralischen Abgründe der Bourgeoisie aufdeckt, ist ein Prototyp von einem Chabrol. Der Altmeister hat sein Lieblingsthema dementsprechend auch oft wiederholt, aber hier ist alles ganz … unverbraucht. …“ | https://www.karlstorkino.de/programm/les-innocents-aux-mains-sales/ | https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Unschuldigen_mit_den_schmutzigen_H%C3%A4nden

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“ … Lieben ist in [Sarah] Kanes Entwurf nicht mit der Aufrechterhaltung und Autonomie des Individuums zu vereinen. Von Seiten des Liebenden ist Liebe immer mit Verlust verbunden, von Seiten des Geliebten mit Bedrohung. Diese Formen der eigenen Verletzlichkeit entsprechen der Gewaltsamkeit der Liebeserfahrung in [Georges] Batailles Sinn, die trotz der damit verbundenen Gefahren auch erwünscht sind. … [Roland] Barthes stellt wiederholt heraus, daß gerade die Psychoanalyse eine eher negative Auffassung der Liebe entwirft und sie mit einem Zustand des Wahnsinns vergleicht … Grundsätzlich bestätigt er zwar die Gleichsetzung von Liebe und Wahnzustand, dessen Abwertung teilt er jedoch nicht. Zur angeblichen Dummheit des Liebeswahns sagt er: „Die Dummheit besteht darin, überrascht zu werden. Der Liebende wird es unaufhörlich […]. Vielleicht kennt er seine Dummheit, aber er verpönt sie nicht“ (FSL183). … Als reparative Phantasie, der sich das postmoderne Subjekt hingeben kann, bietet die Liebe letztlich eine Möglichkeit der Verankerung. Sie erscheint dabei als eine Ermächtigungsstrategie, die es dem Liebenden erlaubt, sich über die Unübersichtlichkeit seiner komplexen Umwelt hinwegzusetzen und sich über seine Positionierung in Bezug auf den Anderen seiner selbst zu versichern. … Einerseits wird viel in die Liebe investiert, die Erfahrung wird romantisiert und mit geradezu religiösem Potential aufgeladen. Andererseits ist eine eher nüchterne, von taktischen Überlegungen dominierte Annäherung an das Phänomen Liebe auszumachen, die die Erfahrung als solche in ihrer Wichtigkeit allerdings nicht herabsetzt …“

Aus: „Postmodern Love? – Auseinandersetzungen mit der Liebe in der britischen Literatur der 1990er Jahre“ Tina Schäfer (Dissertation, 5 Philosophische Fakultät, 2007) | https://publikationen.uni-tuebingen.de/xmlui/handle/10900/46292 | https://publikationen.uni-tuebingen.de/xmlui/bitstream/handle/10900/46292/pdf/Diss_Schaefer.pdf

// Georges Bataille (1897 – 1962)
// https://de.wikipedia.org/wiki/Georges_Bataille


// Roland Barthes (1915 – 1980)
// https://de.wikipedia.org/wiki/Roland_Barthes


// Sarah Kane (1971 – 1999)
// https://de.wikipedia.org/wiki/Sarah_Kane

[Zeit im Bild #52 … ]

Riff-Raff (1991) | https://de.wikipedia.org/wiki/Riff-Raff_(1991)

Roger Ebert (March 19, 1993): “ … Ken Loach’s „Riff-Raff“ shows laborers who are alienated from the very idea of management and see themselves as proletarian outsiders. Partly that’s a function of the more rigid class system in Britain and the relative freedom of social movement in this country. … „Riff-Raff“ was written by Bill Jesse, a construction worker, who died as the film was being completed. It reflects his unromantic, irreverent view of the world. … „Riff-Raff“ centers on a construction job in London, where 19th century housing, recently renting for very little, is being renovated into town homes for the rich. The workers on the job are nomadic and homeless; many come from outside London and live in „squats,“ or empty flats, that they open with a crowbar. Their boss is a loud, aggressive site manager whose threats mostly involve his cheerful willingness to fire them. We meet several of the workers and get to know them. …“ | https://www.rogerebert.com/reviews/riff-raff-1993
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“ … Growing up, I spent the majority of my school holidays on building sites at work with my father. Rising at the break of dawn, we’d rustle up a carb-heavy lunch before climbing into his pick-up, dust pluming from the seats as we sank into them, filling the van with a grainy haze that would settle on our skin and stay there for the remainder of the day. All the men on my dad’s side of the family work in construction. I was never really cut out for it, but by the time I saw Ken Loach’s Riff-Raff I had spent many years surrounded by the world it depicted. I could see my dad, his colleagues and friends in the characters Loach and screenwriter Bill Jesse brought to the screen, their place of work, their humour and their spirit. … The film is a product of its time, dated in its aesthetic but many of its then contemporary reference points still ring true …“ | From „Riff-Raff (1991)“ Ryan Hewitt (27 October 2016) | https://www.curzonblog.com/all-posts/2016/10/27/the-films-that-made-us-riff-raff
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Bernie: Riff Raff – Rezension aus dem Vereinigten Königreich vom 4. Mai 2013: “ … I thoroughly enjoyed this film. It was a good down to earth film and captured the feel of what it was like in those times. …“
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“ … Und ich dachte, es wäre gut, etwas von den Folgen der frühen achtziger Jahre und des Thatcherismus zu zeigen, ohne einen politischen Vortrag zu halten, eher mit etwas Wärme und Humor. Der Film ist bewusst wie ein Mosaik oder eine Collage strukturiert – wenn es nicht zu prätentiös ist, das zu sagen -, wo man eine kleine Geschichte hat und eine kleine Geschichte am Rande, und das Ganze fügt sich zu einem Gesamtbild. (Ken Loach) …“ | https://www.viennale.at/de/film/riff-raff
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// Thatcherismus ist die Bezeichnung für die Gesellschafts- und Wirtschaftspolitik von
// Margaret Thatcher, der britischen Premierministerin von 1979 bis 1990. …
// https://de.wikipedia.org/wiki/Thatcherismus

[Der Blick in die Kamera #42… ]

Richard Arthur Wollheim (1923-2003) // https://de.wikipedia.org/wiki/Richard_Wollheim

“ … Gefühle sind eine Art von geistiger Disposition [(In der Psychologie die Anlage zu einer immer wieder auftretenden Eigenschaft, Verhaltensbereitschaft (Persönlichkeitseigenschaft))]. Ihre Entstehung hängt mit bestimmten Wünschen zusammen. Emotionen sind nichts weniger als seelische Veranlagungen oder grundlegende psychische Kräfte, die ähnlich wie Begierden oder Überzeugungen plötzlich bewusst werden.
Der Philosoph Richard Wollheim beschreibt in seinem Buch moralische Emotionen: Die Gefühle von Scham, Schuld, Gewissen und Bedauern. Diese unterscheiden sich seiner Ansicht nach von gewöhnlichen Emotionen. …“ Aus: Edith Bachkönig „Die Philosophie der Gefühle“ (01.01.2010) | https://sciencev1.orf.at/news/28842.html

“ … Emotionen kann man [Richard Arthur Wollheims] Ansicht nach nur verstehen und identifizieren, wenn man zweierlei kennt: die Rolle, die sie im menschlichen Geist spielen, und ihre Entstehungsgeschichte. Die Rollen der mentalen Phänomene sind in Wollheims wohlaufgeräumter Geistesstube schnell behandelt: Die Überzeugungen liefern dem Menschen eine Karte seiner Welt. Seine Wünsche sagen ihm, wohin die Reise gehen soll. …“ | Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 06.11.2001, Nr. 258 | https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/rezension-sachbuch-wuensch-dir-was-dann-fuehlst-du-was-11281371.html

// „On the Emotions“ (2000)
// By RICHARD WOLLHEIM
// https://archive.nytimes.com/www.nytimes.com/books/first/w/wollheim-emotions.html

[Aufklärung und Wirklichkeitsbezug #4 ]

“ … Nicht nur die öffentlichen Diskurse, sondern auch die Seelen der Menschen sind eine Kampfstädte … Allerdings gab es für den einzelnen durchaus noch Orte, wo [ ] verworfene Sprechakte zugelassen wurden: Die Artikulationsstätte des verbotenen bösen Wortes war die Beichte, der Wahnsinn fand seine delirösen Freiräume in den Irrenanstalten, die dunklen Augenblicke des >>Unwahren<< gehören zu der abendlichen Praxis, da sich Menschen Märchen, Sagen, Legenden erzählen.
Diese alte Ordnung ist im 18. und 19. Jahrhundert durch eine andere Instanz und durch neue Diskurstypen gesprengt worden: Die Instanz war der Autor, der sich an den Platz Gottes und an die Stelle der Kommentatoren seiner Offenbarung, der Priester und Pfarrer, begeben hat. Der Autor ist der Bezugspunkt der Veränderung: Das Tagebuch, die Autobiographie verdrängen die Beichte, und die poetische Erfindung, der Roman, hat die alten Ausschließungen des Bösen, des Wahnhaften und des unwahren wirkungslos werden lassen. Die Psychoanalyse, die in mancher Hinsicht das Erbe der Romantik angetreten hat, lässt nun tendenziell jeden Menschen unter dem Zeichen des Leidens zum Autor werden. …“ | Buchstück aus: „Mythos und Moderne“ (S. 212): Manfred Schneider: Über den Grund des Vergnügens an neurotischen Gegenständen – Freud, C.G. Jung und die Mythologie des Unbewussten | [Herausgeber: Karl Heinz Bohrer, geboren 1932 in Köln, Suhrkamp 1. Edition (1983)] // –> https://d-nb.info/947091548/04 // Manfred Schneider: https://www.ruhr-uni-bochum.de/neugermanistik2/SchneiderBiblio.html

[Bildsprache & Kontext #1 … ]

Caspar David Friedrich: „Der Wanderer über dem Nebelmeer“ (1818)
| “ … In der modernen medialen Rezeption wurde das Bild zu einem vielfach verwendeten Symbol der Romantik und zu einer Ikone des deutschen Bewusstseins … Werner Hofmann weist der Rückenfigur bei Friedrich die Aufgabe des Zwischenträgers zu, mit deren Hilfe sich der Künstler an den Betrachter wendet. Sie richte Erwartungen und stelle Fragen sowohl an den ihr zugewiesenen Ort als auch an den Bildbetrachter. …“ https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Wanderer_%C3%BCber_dem_Nebelmeer // — // https://www.geo.de/magazine/geo-epoche-edition/20083-rtkl-deutsche-romantik-caspar-david-friedrich-die-landschaft-der

Foto: Harald Tittel/dpa ( „Anblick der Zerstörung“ (15.7.2021) | https://taz.de/Flutkatastrophe-in-Westdeutschland/!5781481/)
Boris Roessler/dpa | via https://www.zeit.de/wissen/2021-07/hochwasservorsorge-katastrophenschutz-praevention-kai-schroeter-interview




Aspekte / Kontexte #1

Juergen Kasek (16. Juli 2021): “ … „Weil jetzt ein solcher Tag ist, ändert man nicht die Politik.“ So hat sich der CDU Kanzlerkandidat angesichts der Bilder aus Rheinland- Pfalz und Nordrhein- Westfalen geäußert. … Seit den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts ist klar, dass wir auf eine Katastrophe zusteuern. Die Dringlichkeit zum Handeln von Jahr zu Jahr zunimmt. Seit geraumer Zeit wird darauf hingewiesen, dass die Wahrscheinlichkeit von Extremwettereignissen: wie Dürre einerseits und temporären Hochwassereignissen zunimmt. Nur die Politik wollte es nicht wahrhaben. …“ | https://juergenkasek.wordpress.com/2021/07/16/weil-jetzt-ein-solcher-tag-ist-aendert-man-nicht-die-politik/



Sighard Neckel (17.06.2021): “ … Die Individuen und ihre Lebensstile zum Dreh- und Angelpunkt eines ökologischen Wandels zu machen, greift entschieden zu kurz. Die Individualisierung der Klimakrise, wie sie sich in der offiziellen Vermessung durchschnittlicher Ökobilanzen pro Person dokumentiert, ist reine Symbolpolitik. Die Schwerindustrie, die Automobilbranche, die Kohleförderung oder die industrielle Landwirtschaft haben eine ganz andere Lobby-Macht als die Bürger als Konsumenten. Doch die Bürger sind es, die sich von den Grillfesten in den Reihenhaussiedlungen bis zu den Küchentischen großstädtischer WGs untereinander zerstreiten, wer von ihnen die größte Klimaschuld auf sich lädt. …“ | Aus: „Sighard Neckel | Essay | 17.06.2021, Die Klimakrise und das Individuum – Über selbstinduziertes Scheitern und die Aufgaben der Politik“ | https://www.soziopolis.de/die-klimakrise-und-das-individuum.html



Aspekte / Kontexte #2

“ … Während über die Ursachen der globalen Erwärmung weitgehend Einigkeit besteht (hauptsächlich durch Menschen verursachte Emissionen von Treibhausgasen) [Sachstandesbericht des International Panel of Climate Change (IPCC) Working-Group 1 Summary for Policy-Makers, Seite 10 (PDF; 3,9 MB): https://archive.ipcc.ch/pdf/assessment-report/ar4/wg1/ar4-wg1-spm.pdf], werden ihre Folgen intensiv erörtert. Einige Folgen werden erst für die Zukunft erwartet, viele sind aber bereits spürbar. So ermittelte z. B. eine 2018 erschienene Übersichtsarbeit insgesamt 467 Einflüsse von Klimafolgen, durch die die menschliche Gesundheit, Wasser, Nahrung, Wirtschaft, Infrastruktur und Sicherheit bereits bei Publikation der Studie betroffen waren. Die Bedrohung durch negative Klimawandelfolgen wird sich demnach mit weiter voranschreitendem Klimawandel deutlich erhöhen, gerade falls schnelle und deutliche Klimaschutzmaßnahmen ausbleiben sollten. …“ | Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Folgen_der_globalen_Erw%C3%A4rmung



Nachtrag #1


“ … Der Landkreis Ahrweiler ist offenbar vor der Flutkatastrophe in der Nacht auf den 15. Juli präzise gewarnt worden – ohne rechtzeitig darauf zu reagieren. Bei der Kreisverwaltung seien mehrere automatisierte E-Mails des rheinland-pfälzischen Landesumweltamts eingegangen, berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) unter Berufung auf einen Sprecher der Behörde. …“ | https://www.zeit.de/politik/deutschland/2021-08/flutkatastrophe-landkreis-ahrweiler-hochwasserwarnungen-missachtung-krisenstab-katastrophenschutz

Landjäger #10 : “ … Den Katastrophenfall auszurufen hat weitreichende Folgen. Auch finanzieller Natur. Da werden sich einige Politiker angesichts leerer Kassen andere Gedanken gemacht haben. …“

Ephemeridenzeit #10.1: “ … Da haben Sie recht: Multimilliardenschäden und fast 200 Tote. Herzlichen Glückwunsch zu Ihrem weisen Kommentar… „



Nachtrag #2

Im Urlaubsort Bodrum erreichten die Flammen die Küste (Bild: Emre Tazegul, 2021) | via https://www.zeit.de/wissen/umwelt/2021-08/waldbraende-tuerkei-hitze-tourismus-klimawandel-fs

Nachtrag #3

Menschen stehen vor dem Wärmekraftwerk Kemerkoy in Milas, während sich im Hintergrund Flammen nähern (Foto: Emre Tazegul), 2021 | via https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/feuerwehr-kaempft-gegen-waldbraende-nahe-athen-dichter-rauch-ueber-griechischer-hauptstadt-zu-sehen/27481202.html

Nachtrag #4

Fritz Habekuß (4. August 2021): “ … Hochwasser im Westen Deutschlands, Hitze in Griechenland, Waldbrände in den USA – was die Welt gerade erlebt, überkommt die Menschheit nicht einfach so. Es ist ihr Werk. …“ | Quelle: https://www.zeit.de/2021/32/klimakrise-hochwasser-hitzewelle-waldbraende-wetter-klimapolitik
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Pierre_H #7:“ … Was im Bericht fehlt- dass in Russland gerade 1000000 Hektar Wald brennen. …“
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arnolsi #7.1:“ … Die größten Brände finden im Süden Afrikas statt, quer durch den gesamten Grüngürtel des Kontinents. Warum darüber nicht berichtet wird, verstehe ich auch nicht. Auch halb Südamerika steht in Flammen.
https://firms.modaps.eosdis.nasa.gov/map/#d:2021-08-04..2021-08-05;l:country-outline;@39.5,11.8,4z …“
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Reika #5: “ … „Was die Welt gerade erlebt, überkommt die Menschheit nicht einfach so – es ist ihr Werk.“ – Das nennt man Anthropozän: Das ist das Zeitalter, in dem der Mensch zu einem der wichtigsten Einflussfaktoren auf die biologischen, geologischen und atmosphärischen Prozesse auf der Erde geworden ist. Beispiele (aus wikipedia) für den Einfluss des Menschen auf die Umwelt: Artensterben, Ausbreitung von Krankheiten, Klimawandel, Übernutzung oder Verlust zur Verfügung stehender Ressourcen, Umgestaltung großer Landflächen, Landverlust durch Küstenerosion, Umweltverschmutzung …“ // Anthropozän –> https://de.wikipedia.org/wiki/Anthropoz%C3%A4n // Die Klimapolitik des 21. Jahrhunderts hat tiefgreifende Auswirkungen auf das globale Klima, die Ökosysteme und die menschlichen Gesellschaften – nicht nur für dieses Jahrhundert, sondern für die nächsten Jahrtausende. –> https://de.wikipedia.org/wiki/Anthropoz%C3%A4n#Klimawandel
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Antonia02 #8: “ … Ich glaube an den Klimawandel denn der Glaube ist das einzig Wahre!! …“
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sir george #8.1: “ … Glauben Sie an die Physik oder wissen Sie auch etwas darüber? …“
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Pariah_Begin_Again #6: “ … Es wird wie immer im Leben sein: Die Reichen werden fast jedes Szenario überleben, die Armen bleiben auf der Strecke. …“
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Mutte #6.1: “ … Da wäre ich mir nicht so sicher, die Ärmeren wird es früher treffen. Nach der Colera Epidemie in Hamburg 1892 begriffen selbst die Reicheren, daß ein Schutz nur durch eine hygienischere Versorgung der gesamten Bevölkerung mit Frisch- und Abwasser zu erreichen ist. Sie erkannten, daß ein verkriechen in ihren Wohlstandsvierteln nicht ausreichend ist. Ich sehe das Problem eher darin, daß viele glauben die Klimaveränderungen seien eine Meinungssache. Siehe Trump, Bolsenaro oder z.B. die Afd. …“
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eisensau #25: “ … Dat nennt man Emanzipation. Früher waren Götter schuld, heute ist es die Menschheit selber. …“

[Das Reale, das Symbolische und das Imaginäre #63 ]


Pierre Brice und Gojko Mitic im Film „Unter Geiern“ (1964) [‚Weiße Siedler werden im Llano Estacado im Grenzgebiet von Neu-Mexiko und Texas von der berüchtigten „Geierbande“ überfallen und ermordet, die Schuld an dem Überfall schiebt man den Indianern vom Stamme der Schoschonen zu. Der erfahrene Trapper Old Surehand und Apachen-Häuptling Winnetou nehmen den Kampf auf und legen den Verbrechern trotz zahlreicher Intrigen das Handwerk. …‘] | http://www.rialtofilm.de/index3.htm?ugeiern.htm

“ … Die Ausstellung „Ost/Western“ in Rostock will zeigen, wie DDR und BRD sich für das Genre des Indianerfilms begeisterten. … Olaf Reis, der an der Universität Rostock zur Kinder- und Jugendpsychiatrie forscht, spannt im Katalog einen ganz großen Bogen. Er vergleicht die Filme über verdrängte Indianer durch übermächtige Kolonisatoren mit dem Untergang der DDR und fasst alle Bewohner des Ostens zu einem eigenen Stamm zusammen. Die „InDDianerR“ als besiegte Ethnie, deren Kultur untergegangen ist und musealisiert wird. In einem Audiobeitrag sieht sich eine Ostfrau als Indianerin im Reservat: „Nur niedergemetzelt haben sie uns nicht.“ Doch Tokei-Ihto, Osceola, Tecumseh, Weitspähender Falke oder Ulzana, all die DEFA-Helden, sie hatten sich nie in eine Opferrolle hineingesteigert. Die Ausstellung „Ost/Western“ bleibt offen für Assoziationen …“ | https://www.berliner-zeitung.de/wochenende/warum-karl-may-in-der-ddr-keine-chance-hatte-li.167619


Regie: Josef Mach, 92 Min., Farbe, Spielfilm – Deutsche Demokratische Republik (DDR)
DEFA-Studio für Spielfilme, 1965
| https://www.defa-stiftung.de/filme/filme-suchen/die-soehne-der-grossen-baerin/


“ … 1966 flimmerte mit „Die Söhne der großen Bärin“ der erste DEFA-Indianerfilm über die Leinwände der Kinos in der DDR. Nachdem vier Jahre zuvor die westdeutschen Karl-May-Verfilmungen um den Apachen-Häuptling Winnetou gestartet waren, wollte man bei der DEFA eigene Filme produzieren. Das Interesse an Indianerstoffen war vor allem beim jungen Publikum immens, Tausende sahen in den tschechischen Kinos die in der DDR nicht gezeigten Winnetou-Filme. Bei der DEFA näherte man sich dem Western-Genre auf eine ganz eigene Weise: Bräuche und Lebensweisen der amerikanischen Urbevölkerung sowie wahren historischen Begebenheiten erhielten deutlich mehr Raum. Neben dem Unterhaltungsanspruch hatten die Filme auch einen ideologischen Auftrag zu erfüllen: die Ausbeutung und Unterdrückung der Indianer durch die US-amerikanischen Imperialisten darzustellen. …“ | https://artsandculture.google.com/exhibit/defa-indianerfilme/ZQLyVBhH2vfFIA |



Sasha Salzmann (16.06.2021): “ … Man versuche, eine „authentische“ Atmosphäre herzustellen, ein „authentisches Bild“ zu liefern, was wiederum das Interesse steigere und in der Folge den Verkauf befördere. Wenn, mit Michel Foucault gesprochen, authentisch sein imperfekt sein bedeutet, dann heißt der Ruf nach Authentizität: „Hab Fehler, sei eine Abweichung.“ Und wenn man sich die Inszenierung von rassifizierten Körpern anschaut, könnte man weiter schlussfolgern: „Und ich bestimme, wie diese Abweichung aussieht.“ Die Kunst- und Kulturindustrie bedient sich kollektiver Phantasmen, um das Produkt, das sie produziert und präsentiert, anzupreisen. … Phantasma bedeutet im Altgriechischen die Vorstellung, die man sich von Dingen macht. In der Psychoanalyse, so könnte man verkürzt sagen, ist das Phantasma konstitutiv für die menschliche Psyche, es hat die Funktion eines Abwehrmechanismus – im Phantasma werden Erfahrungen bildhaft umgedeutet. Judith Butler spricht von „komplexen unbewussten Objektbeziehungen“, von „unbewussten Neigungen, die Bildform annehmen und uns in ein Spannungsverhältnis zu uns selbst versetzen oder uns in verschiedene Richtungen gleichzeitig treiben und gegen die eine narzisstische Verteidigung aufgebaut wird“. Ein Phantasma ist ein Filter zwischen dem gereizten Subjekt und seiner Außenwelt. Oft genug haben wir es mit kollektiven Phantasmen zu tun. „Unbewusste Neigungen“ und „narzisstische Verteidigung“ können identitätsstiftend wirken. Schwört sich eine Gruppe auf eine bestimmte Version der Gegebenheiten (oder der Geschichte) ein, und sei sie noch so abwegig und auch nicht belegbar, kreiert sie eine emotionale Gemeinschaft. … In der Literatur bewegt man sich in einem Koordinatenfeld von Phantasmen. Ein mehrheitstauglicher Text spielt mit seinen Themen auf der emotionalen Klaviatur einer kollektiven Psyche. Den dramaturgischen Bogen, nach dem Menschen verlangen, wenn sie auf eine fiktionale emotionale Reise gehen, kann man sich von der entsprechenden Fachliteratur erläutern lassen. … Kitsch bedient sich hemmungslos am Phantasma. Kitsch ist ein Spiel mit den Erwartungen, die einer kollektiven Psyche eingeschrieben sind. Er referiert stets auf eine bereitwillig und breit geteilte Annahme und trägt somit den Mief der Nostalgie mit sich, reproduziert abgenutzte Bilder … Kitsch drückt jene Knöpfe, die längst eingebaut sind, darum ist er so vorhersehbar und funktioniert so gut. … Humor zielt [ ] aufs Gefühl, Ironie dagegen auf den Intellekt. Sie signalisiert kritische Distanz. Wenn Kitsch klug sein will, wird er ironisch. Er stilisiert und ikonisiert Gegebenes, im Wissen um die Abgeschmacktheit des Details, das er zum Markenzeichen erhebt. In der queeren Modesprache des Camp [Camp: https://de.wikipedia.org/wiki/Camp_(Kunst)] sind weiße Tennissocken zu einem Code geworden. Synthetische Stoffe und Plüsch bezeugen Zugehörigkeit zu oder Solidarität mit einer Klasse, die sich die Accessoires der Haute Couture nicht leisten kann oder will und für die sie nicht bestimmt sind. … Phantasmen sind Schutzmechanismen. …“ | https://www.deutschlandfunk.de/themenreihe-muss-literatur-politisch-sein-die-bestehende.700.de.html?dram:article_id=498818

// Sasha Marianna Salzmann (geboren 21. August 1985 in Wolgograd, Sowjetunion)
// https://de.wikipedia.org/wiki/Marianna_Salzmann

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