[Terror kippt in Geborgenheit um… ]

“ … Treu und Gehorsam, haben dieselben Wurzeln in einem Beitreten zur Autorität, wodurch die resultierende freiwillige Knechtschaft als moralischer Wert und bewundernswerte Qualität eines Menschen vor Augen gehalten wird. Solches Verhalten ist das Resultat eines destruktiven Vorgangs, indem eigener Wert zum Unwert und Unwert zum Wert umgewandelt wurde.
Es ist schon etwas eigenartiges, dass der Mensch, wenn er mit Terror und Nichtexistenz bedroht ist, sich mit der ihn bedrohenden Instanz identifiziert, sich mit ihr verschmelzt, seine Identität aufgibt, um vermeintliche Rettung zu erlangen.
… Silverberg (1947) beschreibt diesen Mechanismus der Identifizierung mit dem Aggressor als eine bereits in frühester Kindheit auftretende Reaktion auf äußerste Hilflosigkeit. Was hier zu passieren scheint, ist eine Verneinung der Differenzierung, der Trennung vom bemutternden Objekt, weil das in diesem Entwicklungsstadium zu bedrohlich wäre. Diese Trennung darf nicht, kann nicht wahrgenommen werden, sonst wäre das Überleben gefährdet. Damit dies ermöglicht wird, bedarf es eines Manövers, vergleichbar mit einer Halluzination, einer Phantasie oder einem Traum. Es besteht darin, dass die Wirklichkeit zwischen sich selbst und dem anderen verdreht wird. Es ist, als ob das frühkindliche Ich doch einmal etwas besseres erlebt hat und nun versucht, diesen Zustand zurückzuholen (Silverberg, 1952), indem es eine phantasierte Homöostasis aufrechterhält, um sein Weiterleben zu ermöglichen – Terror kippt in Geborgenheit um. “

Aus: „Die Konsequenzen des Gehorsams für die Entwicklung von Identität und Kreativität“ von Prof.Dr. Arno Gruen – Psychoanalytiker in eigener Praxis in Zürich, Schweiz (Vortrag bei den 53. Lindauer Psychotherapiewochen am 12. April 2003) | Quelle: http://www.susannealbers.de/04psycho-gruen-werk01.html

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