[Arbeit am Mythos #7 … ]

Homers Held (hier Kirk Douglas in „Die Fahrten des Odysseus“, 1954) bei einer begründeten freiheitsbeschränkenden Maßnahme.

Reinhart Wustlich (03.05.2020): “ … Homers Odysseus sucht und hält den Kurs in unbekannten Gewässern, im Nicht-Wissen, im Beharren gegen die Schwarmintelligenz der Gefährten. … Der Held am Mast, ein Mann der Antike – doch wozu die freiheitsbeschränkenden Maßnahmen, den Odysseus jeglicher Bewegung zu berauben, nur damit er die Versuchung zu hören bekomme? Weshalb den sensiblen Hörsinn der Gefährten zu blockieren, nur um sie nicht vom Kurs abzubringen? Und wie gestaltete ein Homer von heute die Liste der Sirenengesänge – vom verblendeten Turbokapitalismus, vom verstockten Autoritarismus? … „Wir tragen das Bild Homers in uns“, notierte die spanische Schriftstellerin Nuria Labari, „aber wir haben die Geschichte falsch verstanden.“ Durch die Corona-Geografie, die sich wie Nebel über alle Länder legt, die Terra incognita, die uns zurückwirft auf ein eingeschränktes Weltverständnis: „So viel Wissen über unser Nichtwissen und über den Zwang, unter Unsicherheit handeln zu müssen, gab es noch nie“ …“ | https://www.fr.de/kultur/gesellschaft/navigieren-jetzt-13746769.html

(10.8.2020): “ … Zwischen Skylla und Charybdis – Ein Gaststättenbetrieb ohne Alkoholausschank ist kaum denkbar. Coronaschutz unter Zechenden aber ebensowenig. Was tun? …“ | https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/alkoholverbot-zwischen-skylla-und-charybdis-li.97945

Udo Gümpel, Rom (Donnerstag, 19. November 2020): “ … Zwischen Skylla und Charybdis – Ärzte in Italien fordern drastischen Lockdown …“ | https://www.n-tv.de/politik/Arzte-in-Italien-fordern-drastischen-Lockdown-article22180167.html

(31.10.2020): “ … Alle Politiker haben irgendwelche Probleme und Widersacher. Aber wohl kaum so viele wie Boris Johnson. … Anhänger verteidigen Johnson mit dem Argument, dass es eine enorme Herausforderung für ihn sei, einen Weg zwischen «der Scylla eines neuen nationalen Lockdown und der Charybdis eines unkontrollierten Virus» zu finden — wie er es selbst mit Bezug auf Seeungeheuer in der griechischen Mythologie formuliert. …“ | https://www.bluewin.ch/de/news/international/boris-johnson-hat-viele-probleme-und-wenige-politische-freunde-456048.html

Wolfgang Schneider (09.05.2019): “ … In „Als die Natur noch sprach“ zeichnet Karl-Heinz Göttert die vormoderne Naturgeschichtsschreibung nach. Ihm gelingt es, einen faszinierenden Überblick zu geben – trotz seiner zuweilen ermüdenden Detailverliebtheit. … Göttert blättert in alten Kräuterbüchern und medizinischen Kompendien, er sammelt erhabene Irrtümer, abstruse Theorien und verwegene Spekulationen. Es gibt Kapitel über die heute wieder verklärte Klostermedizin des Mittelalters und über die Säftelehre bzw. Humoralpathologie von Hippokrates und Galen, die über zwei Jahrtausende die medizinische Theorie und Praxis bestimmte – eine zwar irrige, aber hochkomplexe Systematik des menschlichen Körpers und der Temperamente. Immerhin brachte die Humoralpathologie eine neue, magiefreie Denkweise gegenüber den archaischen Auffassungen. Diese erklärten die Befindlichkeiten und Krankheiten des Menschen ganz aus dem Wirken von Göttern, Geistern oder Dämonen. … Auf Dauer wird Götterts Buch den besprochenen Werken immer ähnlicher: eine Kompilation, ein Sammelsurium, ein Kuriositätenkabinett. Aber auch wenn man manche allzu detailfreudige Ausführung überblättert, bekommt man einen faszinierenden Panoramablick über 2000 Jahre Naturgeschichtsschreibung. …“ | https://www.deutschlandfunkkultur.de/karl-heinz-goettert-als-die-natur-noch-sprach-weltdeutung.1270.de.html?dram:article_id=448205

Andreas Grünschloß, Professor für Religionswissenschaft an der Universität Göttingen (02.09.2020): “ … Gerade in der Anfangsphase der Corona-Pandemie gab es ja eine Fülle von esoterischen oder sagen wir mal „alternativen“ Deutungen dessen, was hier im Gange ist: Dass es sich hier gar nicht um ein Virus handelt, sondern das sind Strahlen der Übertragungsmasten … Also eine ganze Reihe von alternativen Deutungsmustern. Und das ist, glaube ich, ein wichtiger Punkt. Wir kennen es nur vom Hörensagen – und wenn man dann mit Beeinträchtigungen leben muss, dann kann man sich natürlich relativ leicht darüber hinwegsetzen und behaupten, diese ganzen [Kontakt-] Reduzierungsvorschriften, die sind unplausibel, ich kenne überhaupt niemanden, der das Virus gehabt haben soll. Das kommt auch noch mit hinzu. Und dann eben das gepaart, sei es nun aus einer alternativen politischen Utopie, also ich sage mal einer Reichsbürger-affinen Ideologie heraus oder sei es aus einer esoterischen Weltdeutung heraus, wo man sagt, hier sind gewisse Mächte im Gange, die im Hintergrund ihre Fäden ziehen, auch in der esoterischen Weltdeutung gibt es ja Verschwörungstheorien, es muss nicht, aber es gibt sie, und so können dann natürlich so bestimmte Argumentationsmuster sich ergänzen. Und dass man zumindest da dann sich auf einer Demo zusammenfinden kann und sagen, wir haben einen gemeinsamen Feind, und das sind die etablierten, diskursmächtigen Größen, die uns hier was weismachen wollen. …“ | https://www.deutschlandfunk.de/esoterik-rechtsextreme-und-proteste-gegen-corona-massnahmen.886.de.html?dram:article_id=483421

Nils Markwardt (15. April 2017): “ … Das Gefährliche an Rechtspopulisten ist nicht bloß ihr eigenwilliger Umgang mit Fakten. Es ist ihre Sehnsucht nach einer politischen Mythologie. … Schon seit der Gegenaufklärung des 18. Jahrhunderts zeichnet [ ] sich [das reaktionäre Denken] durch eine radikale Kritik am kalten, zersetzenden Rationalismus der Moderne aus. Von Edmund Burke über Joseph de Maistre bis Carl Schmitt besteht die Grundidee, grob gesagt, darin, dass der Mensch, dieses sündhafte Mängelwesen, vom dekadenten anything goes bedroht wird. Dort, wo sich Universalismus und Humanismus ungehindert Bahn brechen, wo Autorität, Tradition und Hierarchie schwinden, verfalle der Mensch der Hybris und gleiten Gesellschaften ins Chaos. Deshalb brauche das Subjekt eine höhere, schicksalhafte Idee, der es sich buchstäblich unterwerfen kann. …“ | https://www.zeit.de/kultur/2017-04/politische-mythologie-rechtspopulismus-identitaere-bewegung-heimat-volk-fakten

Joachim F. Tornau (17.05.2020): “ … drei Rentner bilden den Vorstand des eingetragenen Vereins „Thule-Seminar“, der bereits seit dem Jahr 1980 mit Publikationen und Veranstaltungen für einen intellektuell verbrämten Rechtsextremismus und Rassismus wirbt. Das Verfahren gegen sie schwelt schon sehr lange: Es geht um einen Taschenkalender für das Jahr 2016, den sie veröffentlicht haben sollen. Das nach dem rächenden Kriegsgott aus der römischen Mythologie benannte Werk „Mars Ultor“ rief auf zum Rachefeldzug gegen die angeblich durch Masseneinwanderung und Multikulturalismus angestrebte „Ausrottung der Deutschen“. …“ | https://www.fr.de/politik/rechte-vordenker-muessen-gericht-13766431.html

Thomas Assheuer (November 2020): “ … wir müssen [Mythen] vom gewaltverliebten Schicksalsdenken lösen und ihre Stoffe deuten. … Nie gab Klaus Heinrich Anlass für rationalistischen Hochmut, und seine jüngsten Zeitdiagnosen waren düster. Nicht nur, dass das Vertrauen in die Macht der Vernunft schwinde; die Zivilisation selbst erliege dem „Sog der Selbstzerstörung“, während sich die „Abgrundgemeinschaft“ der Enttäuschten im Hass zerfleische. Heinrich hatte Freuds Rede vom „Selbstvernichtungstrieb der Gattung“ stets verteidigt; deren heimlicher Wunsch, „die Welt selbst aus der Welt zu schaffen“, war für ihn eine drohende Wahrheit. Behalten die Mythenerzähler am Ende also doch recht? Nein, Heinrichs Pointe ging anders: Anstatt gegen sich selbst die Kräfte der Kritik zu mobilisieren, verleugnet die Zivilisation die Natur und macht den Fortschritt zum Mythos – die Aufgeklärten waren nicht aufgeklärt genug. Am Montag ist Klaus Heinrich in Berlin im Alter von 93 Jahren gestorben. …“ | https://www.zeit.de/2020/49/klaus-heinrich-religionsphilosoph-mythen-theologie-nachruf

“ … Die Vorstellung vom [ ] Gegensatzpaar Thanatos-Eros ist erst durch die Freudsche Psychoanalyse aufgekommen und der griechischen Mythologie entlehnt. Thanatos und Eros werden im Sinne einer Evolution der Triebe als Urtriebe angesehen. Freud selbst sprach allerdings nur von „Eros“ im Gegensatzpaar von Lebenstrieb(en) und Todestrieb(en) seiner späteren Theorie. (Freud erwähnt dabei abwechselnd Trieb und Triebe, verwendet also den Singular und Plural ohne genaue Festlegung.) Der Begriff des „Thanatos“ als Gegenpol zum „Eros“ wurde allerdings nicht durch Freud selbst, sondern von Ernst Federn eingeführt. … [Hier ein] Zitat aus Herbert Marcuse, Triebstruktur und Gesellschaft: Ein philosophischer Beitrag zu Sigmund Freud, 1984 Frankfurt/Main, Suhrkamp, (unter altem Titel „Eros und Kultur“ schon 1957 erschienen.): „Die letzte Beziehung zwischen Eros und Thanatos bleibt dunkel“ (S. 32). …“ | https://de.wikipedia.org/wiki/Thanatos_(Mythologie)

Juan Fernando de Laiglesia: Eros und Thanatos am Strand
Mischtechnik auf Papier, 34,5 x 24,9 cm, 1977

Quelle: https://www.catawiki.de/l/16197701-signed-greta-buysse-eros-thanatos-2000

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