Schlagwort: Fassbinder

[RWF #17… ]

“Eight Hours Don’t Make a Day” was broadcast in 1972,
but it is only now (2018) getting a U.S. release.
// https://de.wikipedia.org/wiki/Acht_Stunden_sind_kein_Tag


Richard Brody (March 9, 2018): “ … Fassbinder fills the series with the details of ordinary troubles—poverty, lack of affordable housing, casual racism, hostile bosses—but in lieu of a blanket denunciation of an implacable system he offers a vision of practical possibilities for local change at work, in the community, and at home. He shows that working-class people already possess the mental, emotional, and social tools to improve their circumstances. In the process, he reminds filmmakers not to depict them as silent and passive victims. With grand cinematic flourishes—a gyrating camera on a factory floor and at a café table, rapturously colorful visions of romance, and hair-trigger comedy of pratfalls and narrow escapes—Fassbinder exalts the exploits of the hidden heroes of daily life. …“ | https://www.newyorker.com/magazine/2018/03/19/rainer-werner-fassbinders-rare-tv-series
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// “ … Fassbinder füllt die Serie mit den Details alltäglicher Probleme – Armut, Mangel an bezahlbarem Wohnraum, gelegentlichem Rassismus, feindseligen Chefs –, aber statt einer pauschalen Anprangerung eines unerbittlichen Systems bietet er eine Vision praktischer Möglichkeiten für lokale Veränderungen am Arbeitsplatz, in der Gemeinschaft und zu Hause. Er zeigt, dass Menschen der Arbeiterklasse bereits über die mentalen, emotionalen und sozialen Werkzeuge verfügen, um ihre Lebensumstände zu verbessern. Der Filmemacher stellt sie nicht als stille und passive Opfer dar. Mit großartigen filmischen Schnörkeln – einer kreisenden Kamera in einer Fabrikhalle und an einem Cafétisch, hinreißend farbenfrohen Visionen von Romantik und einer haarsträubenden Komödie aus Fallstricken und spannenden Fluchten – hebt Fassbinder die Taten der verborgenen Helden des täglichen Lebens hervor. …“ //

[RWF #15… ]

„Warnung vor einer heiligen Nutte“ (Erscheinungsjahr 1971)

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“ … Eine Film-Crew erwartet an der spanischen Küste den amerikanischen Star ihrer Produktion (Eddi Constantine), sowie den deutschen Regisseur Jeff (Lou Castel). Das Warten auf engstem Raum bringt die Luft zum brennen und alle Beteiligten werden zusehends gereizter, bis die angespannte Atmosphäre eskaliert. Es kommt zu Vorwürfen, Intrigen und aggressiven Ausbrüchen. Die Beziehungen untereinander führen außerdem zu Konkurrenzkämpfen, Verschwörungstheorien, verletzenden Schuldzuweisungen, neurotischen Anwandlungen, übersteigerten Eitelkeiten und verhängnisvollen Sex-Kapriolen. … Trotz allem liegt der Eindruck nahe, dass sich alle Personen gegenseitig brauchen, ansonsten nämlich nicht klar kommen würden, obwohl auf der anderen Seite gedacht wird, dass sie ohne einander bestimmt besser dran wären. Hasslieben, emotionale, finanzielle und sexuelle Abhängigkeitsverhältnisse sind der Stoff, aus dem die Albträume sind … Das Prinzip der vermessenen Eigenwahrnehmung und dem Überbewerten der eigenen Wichtigkeit bildet ein zumindest interessantes Prinzip …“ | Quelle: https://www.italo-cinema.de/italo-cinema/item/warnung-vor-einer-heiligen-nutte // https://de.wikipedia.org/wiki/Warnung_vor_einer_heiligen_Nutte
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“ … Fassbinder verarbeitete für seine ironische Selbstspiegelung Ereignisse, die er beim Dreh zu seinem Film “Whity“ (1970) selbst erlebte. Dabei ist fast sein gesamtes Stammpersonal versammelt: Ulli Lommel, Kurt Raab, Harry Baer, Hanna Schygulla, Marquard Bohm, Ingrid Caven und Kameramann Michael Ballhaus …“ | https://www.cinema.de/film/warnung-vor-einer-heiligen-nutte,90988.html
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“ … Fassbinder, an dessen Ehrlichkeit nie zu zweifeln war, lieferte mehr, als nur das Psychogramm eines Filmteams: er gibt einen Einblick in eine moderne Kunstwelt, der vielleicht später erst als wichtiger Beitrag zur Filmgeschichte dieser Epoche erkannt wird. …“ (Effi Horn, Münchner Merkur, 2.6.72) … Er vertraute seinem eigenen politischen Konzept und drehte Filme, die die Menschen auch dann bewegten, wenn sie selbst von ihnen kritisiert wurden. Es ging nicht darum, Filme zu machen, die den Staat als illiberal entlarvten oder die RAF verdammten, sondern die innere Verarbeitung des resultierenden Schmerzes, der Paranoia und der unerträglichen Spannung ins Bild zu setzen. (aus T. Elsaesser: Rainer Werner Fassbinder) … Die Konkretisierung von Phantasie spielt nur eine untergeordnete Rolle in diesem Film gegenüber den Versuchen, mit sich und den anderen zu Rande zu kommen, der Schein hat mit der Wirklichkeit derer, die ihn fabrizieren, nicht das geringste zu tun. Leben = filmen? Schizophrenie, Prostitution. Es soll ein Film gedreht werden über die staatlich sanktionierte Gewalt, aber die ihn machen, werden nicht fertig mit der kleinen alltäglichen Gewalt, die die menschlichen Beziehungen zusammenklebt oder auseinanderreißt. (W. Limmer, SZ., 2.6.72)… “ | https://www.basisfilm.de/Fassbinder/PMFassb.pdf
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“ … Fassbinder seems to be arguing that sometimes the soul can be killed while the body still lives. …“ | https://harvardfilmarchive.org/calendar/beware-of-a-holy-whore-2015-10

[RWF #7… ]

Berlin Alexanderplatz – Rainer Werner Fassbinder (1980)

Victor-Katia (Posted on Jan 8 2015): “ … Relationships between Franz and Reinhold are paradigmatic for the human culture. It is a moral distance between Gandhi and Churchill, Allende and Pinochet, Kennedy and Nixon, Bukharin and Stalin, Dietrich Bonhoeffer and „survivalists by any means“ under totalitarian regimes. And it is a spiritual distance between people like Samuel Clemens [Mark Twain], William Faulkner, Godard or Fassbinder and craftsmen exchanging entertainment for enter-payment. Relationships between Franz and Reinhold are modeled on the relationship between archetypal (not doctrinal) Good and Evil. … Fassbinder’s Biberkopf epics (following Doblin’s steps) is saying something very important to us, especially today in US when political naiveté makes its triumphal return – that Good and Evil, light and darkness, glory and envy have the same human substance, that it is Good and Evil’s common weakness of psychological immaturity what is the basis for their competitive obsession with each other, that good doesn’t know that it carries a lot of evilness, that good is not a super-human good and evil is not a metaphysical evil, that both are positions which human complexes take when they are exposed to human destiny, that hate and megalomaniacal postures are equally aggressive – the right and the left fists both deliriously fighting absolutized enemies. Franz and Reinhold! … If Franz is self-centered in his ego-ideal Reinhold is in his ego. … “ | http://www.actingoutpolitics.com/alexander-platz/

Christiane Peitz (06.05.2015): “ … das Ästhetische ist politisch, Fassbinders Erkundung der Machtverhältnisse in der Liebe, des Faschismus im Privaten. „Diese verstörenden Bildarrangements, mit Spiegeln, Rahmungen, Tiefenstaffelung, … Da ist sein fehlerfrei ins Diktafon gesprochenes „Berlin Alexanderplatz“-Script (78 Stunden!), … Und der Brief von Romy Schneider, die 1975 seine Anfrage wegen „Die Ehe der Maria Braun“ beantwortete. Irre, wie oft darin das Wort Angst vorkommt. Dazu Fassbinders Liebe zu Listen, zu Besetzungs-, Kalkulations- wie Fußballerlisten. Von wegen Chaot. … Das Rätsel Rainer Werner Fassbinder, gelöst? Viele Weggefährten sind tot, an Drogen gestorben, an früher Krankheit, an einer Überdosis Arbeit, an Nichtversöhntheit. …“ | https://www.tagesspiegel.de/kultur/zum-70-von-rainer-werner-fassbinder-geliebt-und-gehasst/11733146.html

[RWF #6… ]

Ulrich Behrens: “ … Niklashauser Fart – Deutschland 1970, 90 Minuten (DVD: 86 Minuten), Regie: Rainer Werner Fassbinder … Die Geschichte, an die Fassbinder in einem seiner weniger bekannten Filme 1970 anknüpfte, hatte sich tatsächlich im Jahr 1476 im fränkischen Niklashausen ereignet. Der Pauker Hans Böhm verbrannte am 24. März dieses Jahres seine Pauke und verkündete den Bauern, ihm sei Maria erschienen und habe ihn aufgefordert, zum Volk zu sprechen. Schon bald werden aus den ursprünglich christlichen Ansprachen Böhms sozialrevolutionäre Forderungen, d.h. er will die Abschaffung der reichen Stände und ihrer Privilegien, er will gleichen Lohn für gleiche Arbeit und die Schaffung von Gemeineigentum der Bauern. Doch zwischen der Mentalität der Bauern und der Böhms klafften Welten. Denn die Bauern konnten sich eine Veränderung ihrer Situation ausschließlich durch ein Wunder vorstellen, nicht aber durch eigenes Handeln. In Böhm sahen sie keinen Revolutionär, sondern eine Art Messias. Böhm konnte diese Kluft nicht schließen. Und als er schließlich von der Obrigkeit festgenommen und am 15.7.1476 in Würzburg öffentlich verbrannt wurde, standen die Bauern untätig und apathisch beiseite. … Die Selbstzweifel über den eigenen Film kamen schon bald. Man sei sich schon bald nicht mehr über alles an dem Film sicher gewesen, und man denke darüber nach, warum man den Film gemacht habe: „… weil es ein Film über unsere eigene Situation ist.“ … So sind denn auch die Schauspieler im Film kaum mehr als Statisten, Repräsentanten von Überzeugungen, aber kaum wirklich fühlende Menschen. Sie stehen für etwas, kaum für sich selbst – außer Fassbinder selbst als schwarzer Mönch. Man könnte fast sagen: „Niklashauser Fart“ ist eine komplizierte Selbstdarstellung des Regisseurs und seiner Probleme innerhalb der Linken der damaligen Zeit. … Heute ist „Niklashauser Fart“ „nur noch eine Art Zeitdokument, ein Teil der Selbstdarstellung eines Teils der damaligen Linken, die sich in wenigen Jahren zersplitterte, verschwand, in Terrorismus ergoss oder den Marsch durch die Institutionen wagte, aus dem am Ende u.a. „Die Grünen“ hervorgingen. Auf das Werk Fassbinders bezogen allerdings steht der Film in einem homogenen Kontinuum und ist daher zu Unrecht mehr oder weniger in Vergessenheit geraten. …“ | https://www.follow-me-now.de/html/body_niklashauser_fart.html