Schlagwort: Die Person und das Icon

[Das Reale, das Symbolische und das Imaginäre #51… ]

“ … Und sie warnte vor den Mystifizierungen von Fotografien und Porträts …“ (Photo by Charlie Frick)

High Times (January 16, 2020): “ … Among American intellectuals, Susan Sontag is probably the only Harvard-educated philosopher who digs punk rock. Sontag became famous in the Sixties when her series of brilliant essays on politics, pornography and art, including the notorious „Notes on Camps“, were collected in Against Interpretation—a book that defended the intuitive acceptance of art against the superficial, cerebral apprehension of it, then fashionable among a small hand of extremely powerful, rigid intellectuals who, for example, dismissed such American classics as Naked Lunch, Howl, On the Road, Andy Warhol’s film Chelsea Girls, etc., as trash. With the impact of her concise arguments, Sontag was immediately labeled the Queen of the Aesthetes, the philosophical champion of pop art and rock and roll. … “ | https://hightimes.com/culture/high-times-greats-susan-sontag/

Jens Uthoff (13.10.2020): “ … In diesem seltsamen Jahr 2020, in dem Covid-19 in die Welt kam und in dem die Pandemie immer wieder neu ausgedeutet wird – als Mahnmal zur Läuterung der klimasündigenden Menschheit, als Verschwörungskonstrukt, als Wahlkampfhelfer Donald Trumps, als Wahlkampfhelfer Joe Bidens -, kommt einem wohl vor allem ein Aufsatz von Susan Sontag in den Sinn: „Krankheit als Metapher“ aus dem Jahr 1977. Sontag schrieb darin über Krebs. Sie plädierte dafür, Krebs ausschließlich als physiologische Krankheit zu verstehen und nichts in den Befund hineinzuinterpretieren, etwa „daß Krebs eine Krankheit unzureichender Leidenschaft sei, die diejenigen befalle, die sexuell unterdrückt, gehemmt, unspontan sind und unfähig, Wut auszudrücken“. … Die Beziehung zwischen dem „Ding an sich“ und seiner Symbolik, zwischen dem Eigentlichen und dem Uneigentlichen war eines der Lebensthemen von Susan Sontag, als solches zieht es sich auch durch die fast 1.000-seitige Biografie von Benjamin Moser, die nun erstmals auf Deutsch vorliegt. … Moser setzt bei den Großeltern ein, kommt über die Weltreisen ihrer Eltern zur Kindheit Susans, um dann ihre Position in den Linksintellektuellen-Zirkeln New Yorks auszuleuchten. … Für dieses hippe New York der 1960er bis 1990er Jahre wurde Sontag selbst zur Symbolfigur. Was sie in „Anmerkungen zu Camp“ geschrieben hat, so Moser, lässt sich auch auf sie münzen. „Camp sieht alles in Anführungsstrichen: Nicht eine Lampe, sondern eine „Lampe“; nicht eine Frau, sondern eine „Frau““. Anders gesagt: Alles wird ständig zur Metapher. In dem Sinne will Moser beides ergründen: Susan Sontag und „Susan Sontag“. Die Person und das Icon. … Die Susan Sontag ohne Anführungsstriche lernt man sehr gut kennen. Jede Beziehung, die sie mit Männern und Frauen hatte, wird minutiös geschildert, zum Teil in Seitensträngen fast zu ausführlich nachverfolgt. Menschlich kommt Sontag dabei oft so rüber, wie Salman Rushdie sie einmal beschrieben hat: „Eigentlich war sie zwei Susans, die gute und die böse. Die gute Susan war brillant, witzig, loyal und einfach großartig, die böse Susan hingegen konnte ein gnadenloses Biest sein.“ … Stilistisch groß ist die Titelerzählung „Wie wir jetzt leben“ (1986), die von einem Freundeskreis handelt, in dem sich offenbar jemand mit einem Virus infiziert hat. Man ahnt, welches Virus es ist. Genannt wird es nicht. In der Auslassung, so lernt man, wird manchmal sehr viel mehr erzählt als in den Metaphern und Bildern, mit denen wir uns tagtäglich umgeben. …“ | https://taz.de/Biografie-ueber-Susan-Sontag/!5719479/

Arno Widmann (18.09.2020): “ … In ihren Veröffentlichungen hat sie nur selten einen Auftritt. Sie gibt sich als Beobachterin der anderen. Aber sie war – das zeigen ihre Tagebücher – auch eine der eigenen Person. … Moser beschließt seine Biografie mit den Sätzen: „Sontag zeigte auf, wie Metaphern das Ich formen und wie sie es dann verformen können; wie Sprache trösten und wie sie zerstören kann; wie Darstellung trösten, aber auch obszön sein kann; warum selbst große Interpreten gegen Interpretation sein sollten. Und sie warnte vor den Mystifizierungen von Fotografien und Porträts – auch denen von Biografen.“ – Das Schönste an Mosers Buch ist übrigens, dass es ganz gewiss nicht das letzte Wort über Susan Sontag sein wird. …“ | https://www.fr.de/kultur/literatur/sigrid-nunez-und-benjamin-moser-ueber-susan-sontag-von-trost-und-zerstoerung-90046379.html

// Susan Sontag (1933 – 2004)
// https://en.wikipedia.org/wiki/Susan_Sontag