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[Coronavirus Notizen (COVID-19-Pandemie, Mentalitätsgeschichte, etc., ...) ... ]

Started by Link, March 17, 2020, 03:00:05 PM

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Quote[...] In Russland steigt die Zahl der neu mit dem Coronavirus Infizierten weiter rasant an. Mit 10.633 neuen Fällen innerhalb eines Tages sei nun ein neuer Höchststand erreicht worden, teilten die Behörden in Moskau mit. Damit gibt es nun landesweit mehr als 134.600 nachgewiesene Infektionen. Bisher starben 1280 Menschen in Zusammenhang mit dem Virus. 16.600 erholten sich aber bereits wieder.

Allein in Moskau, dem Brennpunkt der Corona-Epidemie in Russland, gibt es mehr als 5900 neue Fälle. Insgesamt haben sich damit in der Hauptstadt nach offizieller Zählung mehr als 68.600 Menschen seit Beginn des Ausbruchs angesteckt. Bürgermeister Sergej Sobjanin warnte, seine Stadt habe den Höhepunkt wohl noch nicht erreicht. Womöglich könnten sogar mehr als 250.000 Menschen infiziert sein. Präsident Wladimir Putin bezeichnete die Situation zuletzt als "sehr schwierig".

Im größten Land der Erde blieb die Zahl der Corona-Patienten lange niedrig. Seit Tagen nimmt sie aber so rasant zu wie in keinem anderen Land - obwohl Ausgangssperren gelten, mit denen eine weitere Ausbreitung des Erregers verhindert werden sollte. In den vergangenen Wochen wurden die Corona-Tests deutlich ausgeweitet. Experten zufolge sind deshalb deutlich mehr Fälle nachgewiesen worden. Trotz der steigenden Zahlen stellte der Kreml eine schrittweise Lockerung der Ausgangsbeschränkungen ab dem 12. Mai in Aussicht. Dies werde aber je nach Region unterschiedlich gehandhabt.

Der Gesundheitszustand des mit dem Coronavirus infizierten Regierungschefs Michail Mischustin hat sich derweil nicht verschlechtert. Er werde in einem Krankenhaus behandelt und stehe unter der Aufsicht von Spezialisten, sagte ein Regierungssprecher der Agentur Interfax zufolge. Sein Wohlbefinden sei normal. Seine Erkrankung war am Donnerstag bekannt geworden.

Das russische Verteidigungsministerium nannte das hochansteckende Virus eine "große Bedrohung". "Diese Infektion kennt keine Grenzen", sagte Vize-Verteidigungsminister Alexander Fomin in einem Fernsehinterview. In der russischen Armee gibt es dem Ministerium zufolge mittlerweile fast 3000 Infektionsfälle.

Quelle: ntv.de, tno/dpa/AFP


Aus: "In Russland steigt Zahl der Infizierten rasant" (Sonntag, 03. Mai 2020)
Quelle: https://www.n-tv.de/panorama/In-Russland-steigt-Zahl-der-Infizierten-rasant-article21755696.html

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Quote[...] Chinesische Staatsmedien haben die Vorwürfe der US-Regierung über eine Vertuschung in der Corona-Krise und den Ursprung des Virus als "grundlose Beschuldigungen" zurückgewiesen. Es sei eine Strategie, von der eigenen "Unfähigkeit" im Kampf gegen die Pandemie abzulenken, kommentierte beispielsweise die Zeitung "Global Times", die vom kommunistischen Parteiorgan "Volkszeitung" herausgegeben wird.

Die Äußerungen des US-amerikanischen Außenministers Mike Pompeo, Geheimdienste gingen "signifikanten" Belegen nach, dass das Virus aus einem Labor in der chinesischen Stadt Wuhan stamme, nannte das Blatt einen "Bluff". "Die Wahrheit ist, dass Pompeo keinerlei Beweise hat." Wenn es sie gäbe, sollten die USA die Belege Forschungsinstituten und Wissenschaftlern geben, damit diese sie prüfen könnten.

Ziel der US-Regierung sei es, China nun die Schuld für die Pandemie zu geben, um die öffentliche Meinung so zu manipulieren und "Klagen wegen Amtspflichtverletzung" hinsichtlich der eigenen Reaktion auf die Pandemie zu entgehen. "Das ultimative Ziel ist es jetzt, die Wahl zu gewinnen", schrieb der Kommentator zu den Anstrengungen von Präsident Donald Trump, im November eine zweite Amtszeit zu erreichen.

Zu der Theorie, dass das Virus aus dem Labor in Wuhan stammen könnte, sagte Kanadas Ministerpräsident Justin Trudeau nach Angaben nationaler Medien, es sei "zu früh, um feste Schlüsse zu ziehen". Kanada ist Mitglied der Geheimdienstallianz "Five Eyes" mit den USA, Großbritannien, Australien und Neuseeland.


Aus: "China fordert "Labor"-Beweis von den USA" (Montag, 04. Mai 2020)
Quelle: https://www.n-tv.de/politik/China-fordert-Labor-Beweis-von-den-USA-article21756630.html

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Quote[...] In Brasilien haben sich nach offiziellen Angaben bereits mehr als 100.000 Menschen mit dem Coronavirus infiziert. Wie das Gesundheitsministerium in Brasília erklärte, lag die Zahl der Infizierten bei 101.147. Mindestens 7025 Menschen sind im Zusammenhang mit dem Virus bislang gestorben.

Den Daten der Johns-Hopkins-Universität zufolge liegt Brasilien in absoluten Zahlen damit auf Platz neun der am schwersten betroffenen Länder weltweit. Die Dunkelziffer der Infizierten dürfte noch weit höher liegen, weil kaum getestet wird und viele Laborergebnisse nicht ausgewertet werden können. Brasilien ist mit mehr als 200 Millionen Einwohnern das bevölkerungsreichste Land in Lateinamerika.

Am 26. Februar war in Brasilien erstmals in der Region ein Mensch positiv auf das Virus getestet worden. Angesichts der steigenden Infektionszahlen und von Misswirtschaft sind Krankenhäuser und Friedhöfe in verschiedenen Städten und Bundesstaaten inzwischen an ihre Grenzen geraten, das System ist kollabiert.

Präsident Jair Bolsonaro verharmlost das Coronavirus dennoch weiter. Er hält nichts von Einschränkungen des öffentlichen Lebens und fordert eine Rückkehr zur Normalität. Die von den Gouverneuren der Bundesstaaten verhängten Ausgangsbeschränkungen lehnt er weiterhin ab. Am Sonntag bezeichnete Bolsonaro die Maßnahmen mit Blick auf die wirtschaftlichen Folgen als "unverantwortlich und unzulässig".

Das Land werde dafür einen "hohen Preis zahlen" müssen, sagte der rechtsradikale Staatschef vor tausenden Anhängern in der Hauptstadt Brasília. Im Streit über den Umgang mit dem Virus entließ er Gesundheitsminister Luiz Henrique Mandetta, der eine strenge Linie vertreten hatte. Bolsonaro missachtet die Abstandsempfehlungen selbst immer wieder.

Quelle: ntv.de, tno/dpa


Aus: "Brasilien meldet über 100.000 Infizierte" (Montag, 04. Mai 2020)
Quelle: https://www.n-tv.de/panorama/Brasilien-meldet-ueber-100-000-Infizierte-article21756422.html

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Quote[...] Menschen aus armen und benachteiligten Regionen sterben in Großbritannien doppelt so häufig an den Folgen einer Infektion mit dem Coronavirus wie Bessergestellte. Dies geht aus einer veröffentlichten Studie der nationalen Statistikbehörde hervor. Eine weitere Studie des Londoner Institute of Fiscal Studies kommt zudem zu dem Ergebnis, dass die Erkrankung für Angehörige ethnischer Minderheiten häufiger tödlich verläuft als für Weiße.

Die nationale Statistikbehörde hat rund 20.000 Covid-19-Todesfälle zwischen dem 1. März und dem 17. April untersucht und dabei festgestellt, dass die Sterblichkeitsrate in den am stärksten benachteiligten Gebieten des Landes besonders hoch ist. Dort liegt sie demnach bei 55,1 Toten pro 100.000 Einwohnern. Zum Vergleich: In den am wenigsten benachteiligten Gebieten lag sie lediglich bei 25,3 Toten pro 100.000 Einwohnern.

Als benachteiligt gelten Regionen, die eine überdurchschnittlich hohe Arbeitslosen- und Kriminalitätsrate aufweisen, und in denen der Zugang zur Gesundheitsversorgung eingeschränkt ist. Die Sterblichkeitsrate sei in diesen Gebieten auch in normalen Zeiten höher als andernorts, "aber Covid-19 scheint dies noch zu verstärken", sagte Nick Stripe, Analyst der Statistikbehörde.

Unter den am stärksten betroffenen Gebieten ist auch die Hauptstadt London mit 85,7 Todesfällen pro 100.000 Einwohner. Am wenigsten betroffen ist der Südwesten Großbritanniens.

Einer Studie des Institute of Fiscal Studies zufolge sterben zudem Angehörige ethnischer Minderheiten in Großbritannien häufiger an den Folgen einer Coronavirus-Infektion als Weiße. Sie arbeiten demnach häufiger als andere in Berufen, in denen sie dem Risiko einer Infektion stärker ausgesetzt sind. "Unsere Untersuchung hat gezeigt, dass 63 Prozent des am Coronavirus verstorbenen Gesundheitspersonals schwarz waren oder einer ethnischen Minderheit angehörten", sagte Tim Cook, Honorarprofessor an der Universität von Bristol.

In den USA ist man zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen. Die US-Regierung hat eingeräumt, dass das Coronavirus Afroamerikaner besonders stark trifft. "Wir sehen starke Anhaltspunkte dafür, dass Afroamerikaner in weitaus größerem Umfang betroffen sind als andere Bürger unseres Landes", sagte US-Präsident Donald Trump während einer Pressekonferenz Anfang April. Die "Washington Post" berichtete unter Berufung auf Daten einiger lokaler Behörden, dass mehrheitlich afroamerikanische Landkreise teils dreimal so viele Infektionen und fast sechsmal so viele Todesfälle vermeldeten wie Landkreise, in denen weiße Amerikaner in der Mehrheit seien.

Afroamerikaner hätten "eher einen niedrigen sozioökonomischen Status, was es schwieriger macht, soziale Distanz zu wahren", sagte der oberste Gesundheitsbeamte der US-Regierung, Vize-Admiral Jerome Adams, dem Sender CBS. Afroamerikaner leben laut Experten im Schnitt häufiger in dichter bevölkerten urbanen Gebieten und dort wegen niedriger Einkommen möglicherweise häufiger in überfüllten Wohnsituationen. Weitere strukturelle Ungleichheiten wie fehlende Absicherung durch eine Krankenversicherung tragen wahrscheinlich zum höheren Risiko einer Erkrankung bei.

Quelle: ntv.de, vmi/AFP


Aus: "Benachteiligte Menschen sterben häufiger" (Freitag, 01. Mai 2020)
Quelle: https://www.n-tv.de/panorama/Benachteiligte-Menschen-sterben-haeufiger-article21753434.html

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#82
Quote[...] +++ 16.45 Uhr: Das italienische Statistikamt hat im Zuge der Corona-Pandemie von Ende Februar bis März wesentlich mehr Tote gemeldet als in den Vorjahren. Vom 20. Februar bis zum 31. März seien mehr als 90.000 Menschen gestorben - fast 38,7 Prozent mehr als durchschnittlich zu dieser Zeit in den Jahren 2015 bis 2019, teilte die nationale Statistikbehörde Istat am Montag mit. Der Corona-Ausbruch wurde in Italien am 20. Februar in der Lombardei und in Venetien entdeckt. Vor allem der stark betroffene Norden meldete erheblich mehr Tote in diesen Wochen.

Das bedeute in der Periode eine ,,Übersterblichkeit" von 25 354 Fällen, davon seien 13 710 diagnostizierte Covid-Fälle, teilte Istat mit. Istat legte nahe, dass es sich bei den zusätzlichen Toten um nicht diagnostizierte Covid-19-Todesfälle handeln könnte oder auch um Menschen, die wegen der Krise in den Krankenhäusern nicht in die Klinik gingen oder nicht behandelt werden konnten.

...


Aus: "Fast 38,7 Prozent mehr Tote in Italien als durchschnittlich in den Vorjahren" (04.05.2020)
Quelle: https://www.fr.de/panorama/corona-pandemie-italien-ausgangssperren-werden-gelockert-zr-13591649.html

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Quote[...] Inkompetenz an der Macht, Verschwörungstheorien und Wunderheilmittel: Wie die Corona-Pandemie den Amerikanern zeigt, dass sie einem korrupten Regime ausgeliefert sind.  ... Aus einem Essay von George Packer - Aus dem Englischen von Bettina Röhricht  zuerst veröffentlicht in "The Atlantic Magazine" [We Are Living in a Failed State - The coronavirus didn't break America. It revealed what was already broken. June 2020 Issue George Packer, Staff writer for The Atlantic: https://www.theatlantic.com/magazine/archive/2020/06/underlying-conditions/610261/]

... Durch parteipolitisches Kalkül und katastrophale politische Entscheidungen, insbesondere zum Irakkrieg, wurde das Gefühl der nationalen Einheit ausgelöscht und eine Verbitterung gegenüber der politischen Klasse gefördert, die nie ganz abgeklungen ist. Durch die zweite Krise – den Zusammenbruch des Finanzsystems im Jahr 2008 – wurde sie noch verstärkt. Von ganz oben konnte man es fast als Erfolg betrachten. Der US-Kongress verabschiedete ein von Republikanern und Demokraten unterstütztes Bail-out-Gesetz, mit dem das Finanzsystem gerettet wurde. Mitglieder der scheidenden Regierung Bush arbeiteten mit Mitgliedern der nachfolgenden Regierung Obama zusammen. Die Experten von US-Notenbank und US-Finanzministerium setzten geld- und finanzpolitische Maßnahmen um, um eine zweite Weltwirtschaftskrise zu verhindern. Die verantwortlichen Spitzenbanker wurden öffentlich angeprangert, aber nicht strafrechtlich verfolgt. Die meisten konnten ihr Vermögen behalten, einige auch ihre Stelle. Schon bald waren sie wieder voll dabei. Laut einem Wall-Street-Händler, mit dem ich sprach, war die Finanzkrise lediglich ein Dämpfer gewesen.

All das dauerhafte Leid bekamen Amerikaner in der Mitte und am unteren Rand der Gesellschaft zu spüren. Sie verloren ihre Arbeit, ihr Zuhause und ihre Altersvorsorge. Viele erholten sich nie davon wieder. Junge Menschen, die während der Großen Rezession erwachsen wurden, sind dazu verdammt, ärmer zu sein als ihre Eltern. Die Ungleichheit – die das Leben in Amerika seit Ende der 1970er Jahre so grundlegend und erbarmungslos prägt – verschärfte sich weiter.

Diese zweite Krise trieb einen tiefen Keil zwischen die Amerikaner: zwischen Ober- und Unterschicht, Republikaner und Demokraten, Städter und Landbewohner, gebürtige Amerikaner und Einwanderer, gewöhnliche Bürger und politische Führungskräfte. Schon seit Jahrzehnten waren die sozialen Bindungen einer immer stärkeren Belastung ausgesetzt, und nun begannen sie sich aufzulösen. Die Reformen aus der Regierungszeit Obamas, so wichtig sie waren – in den Bereichen Gesundheitswesen, Regulierung des Finanzsektors, erneuerbare Energie, hatten lediglich eine palliative Wirkung. Durch den langen Wiederaufschwung im vergangenen Jahrzehnt wurden Unternehmen und Investoren reich, die gebildete Mittelschicht in Sicherheit gewiegt und die Arbeiterschicht noch weiter abgehängt. Nachhaltige Auswirkungen der lahmenden Konjunktur waren eine zunehmende Polarisierung und eine Diskreditierung der Obrigkeit, besonders in Bezug auf die Regierung.

Beide Parteien begriffen erst langsam, wie stark sie an Glaubwürdigkeit eingebüßt hatten. Politik würde von nun an populistisch sein. Die Vorreiterin dieser Entwicklung war Sarah Palin, die absurd unvorbereitete Vizepräsidentschaftskandidatin, die für Fachwissen nur Verachtung übrig hatte und sich am Prominentsein berauschte. Sie war Donald Trumps Johannes der Täufer.

Trumps Sieg war eine Verschmähung des republikanischen Establishments. Doch schon bald wurden sich die konservative politische Klasse und der neue Mann an der Spitze einig. Ungeachtet ihrer Meinungsverschiedenheiten bei Themen wie Handel und Zuwanderung verfolgten sie ein gemeinsames Ziel: öffentliche Finanzen und Vermögen zugunsten privater Interessen auszubeuten. Geldgeber und Politiker der Republikaner, die wollten, dass die Regierung so wenig wie möglich für das Gemeinwohl tat, konnten gut mit einer Führung leben, die vom Regieren kaum eine Ahnung hatte. Und sie machten sich zu Trumps Lakaien.

Wie ein ungezogener Junge, der brennende Streichhölzer auf eine ausgetrocknete Wiese wirft, begann Trump, das zu opfern, was vom staatsbürgerlichen Leben im Lande noch übrig war. Er hat nie auch nur so getan, als wäre er der Präsident des ganzen Landes. Stattdessen hat er uns entlang der Grenzen von ethnischer Zugehörigkeit, Geschlecht, Religion, Bildungsgrad, Region und – spürbar an jedem Tag seiner Präsidentschaft – parteipolitischer Präferenz gegeneinander ausgespielt. Sein wichtigstes Werkzeug beim Regieren war die Lüge. Ein Drittel des Landes schloss sich in einem Spiegelkabinett ein, das es für die Realität hielt. Ein Drittel verlor bei dem Versuch, an der Vorstellung einer erfassbaren Wahrheit festzuhalten, fast den Verstand; und ein Drittel gab sogar diesen Versuch auf.

Trump übernahm eine Regierung, die nach jahrelangen rechtsgerichteten ideologischen Angriffen, Politisierung durch beide Parteien und stetigem Zusammenstreichen der Mittel gelähmt war. Er machte sich daran, die Sache zu Ende zu bringen und den Staatsapparat vollends zu zerstören. Er verjagte einige der erfahrensten Beamten, ließ entscheidende Stellen unbesetzt und setzte den eingeschüchterten Überlebenden loyale Anhänger vor die Nase – mit einem einzigen Ziel: seinen eigenen Interessen zu dienen. Durch seine legislative Hauptleistung, eine der größten Steuersenkungen in der Geschichte des Landes, flossen Unternehmen und Reichen Hunderte Milliarden Dollar zu. Die Nutznießer strömten in Scharen in seine Ferienanlagen und ließen ihm Geld zukommen, um seine Wiederwahl zu sichern. War Lügen sein Mittel bei der Machtausübung, so war Korruption sein Zweck.

Das war die Landschaft, die das Virus in den USA vorfand: In reichen Städten eine Schicht weltweit vernetzter, in Büros arbeitender Menschen, angewiesen auf eine prekäre Klasse unsichtbarer Arbeitskräfte im Dienstleistungsbereich. Auf dem Land zugrunde gehende Gemeinden, die sich gegen die moderne Welt auflehnten. In den sozialen Medien gegenseitiger Hass und endlose Beschimpfungen der verschiedenen Lager. In der Wirtschaft trotz Vollbeschäftigung eine große, wachsende Kluft zwischen triumphierendem Kapital und Not leidenden Arbeitern. In Washington eine leere Regierung unter Führung eines Hochstaplers und seiner geistig bankrotten Partei – und im ganzen Land eine von Zynismus und Erschöpfung geprägte Stimmung, ohne jegliche Vision einer gemeinsamen Identität oder Zukunft.

Wenn es sich bei der Pandemie tatsächlich um eine Art Krieg handelt, dann ist es der erste, der seit anderthalb Jahrhunderten auf diesem Boden ausgetragen wird. Invasion und Besetzung bringen die Bruchlinien einer Gesellschaft zum Vorschein und verstärken das, was in Friedenszeiten unbemerkt bleibt oder hingenommen wird. Sie verdeutlichen grundlegende Wahrheiten und lassen aus der Tiefe den Gestank von Verwesung aufsteigen.

Eigentlich hätte das Virus bewirken müssen, dass sich die Amerikaner gegen die gemeinsame Bedrohung zusammenschließen. Und vielleicht wäre das unter einer anderen politischen Führung auch passiert. Stattdessen teilte sich die öffentliche Meinung entlang der bekannten parteipolitischen Fronten, als das Virus sich von Demokraten- auf Republikaner-Terrain ausbreitete. Auch hätte das Virus ein starker Gleichmacher sein müssen, doch von Anfang an wurden seine Auswirkungen durch die Ungleichheit verzerrt, die wir schon so lange hinnehmen. Als keine Tests für das Virus aufzutreiben waren, gelang es den Reichen und gut Vernetzten – Model und Reality-TV-Moderatorin Heidi Klum, sämtlichen Spielern der Basketball-Mannschaft Brooklyn Nets, den konservativen Verbündeten des Präsidenten – irgendwie dennoch, sich testen zu lassen – und das, obwohl viele von ihnen gar keine Symptome hatten. Diese vereinzelten Test-Ergebnisse trugen nicht zum Schutz der öffentlichen Gesundheit bei. Zur gleichen Zeit mussten normale Bürger mit Fieber und Schüttelfrost in langen, möglicherweise ansteckungsgefährlichen Schlangen warten – um dann abgewiesen zu werden, weil sie nicht zu Ersticken drohten. Im Internet kursierte der Witz, man könne nur auf eine Weise herausfinden, ob man an dem Virus erkrankt sei: indem man einem reichen Menschen ins Gesicht niese.

Auf diese himmelschreiende Ungerechtigkeit angesprochen, brachte Trump seine Missbilligung zum Ausdruck, fügte jedoch hinzu: "Vielleicht ist das im Leben immer so gewesen." In normalen Zeiten fällt den meisten Amerikanern diese Art Privileg kaum auf, doch in den ersten Wochen der Pandemie löste sie Empörung aus – so als dürften sich die Reichen während einer allgemeinen Mobilmachung aus dem Militärdienst freikaufen und Gasmasken horten. Die Wahrscheinlichkeit, dem Virus zum Opfer zu fallen, ist für arme Menschen sowie Menschen dunklerer Hautfarbe ungleich größer. Die krasse Ungleichheit unseres Gesundheitssystems trat angesichts der Leichen-Kühlwagen deutlich zutage, die vor staatlichen Krankenhäusern warteten.

Bei uns gibt es jetzt zwei Arten von Arbeit: unverzichtbare und verzichtbare. Und wer sind die Arbeitskräfte, die sich als unverzichtbar erwiesen haben? Größtenteils Menschen in schlecht bezahlten Berufen, in denen sie vor Ort sein müssen und dabei ihre Gesundheit unmittelbar aufs Spiel setzen: Lagerarbeiter, Regalauffüller, Mitarbeiter von Lebensmittel-Lieferdiensten, Auslieferungsfahrer, Angestellte der Gemeinden, Krankenhauspersonal, Haushalts- und Pflegehelfer, Fernfahrer. Ärzte und Pflegekräfte sind die Helden der Schlacht gegen die Pandemie, doch die Kassiererin im Supermarkt mit ihrem Desinfektionsmittel und der UPS-Fahrer mit seinen Latex-Handschuhen sind die Logistiktruppe, die die Frontkämpfer versorgen. In einer Smartphone-Wirtschaft, in der ganze Bevölkerungsgruppen unseren Augen verborgen sind, erfahren wir nun, wo unser Essen und unsere Güter herkommen, wer uns am Leben hält. Dass bei AmazonFresh bestellter junger Rucola billig ist und am nächsten Tag geliefert wird, liegt unter anderem daran, dass die Menschen, die ihn anpflanzen, sortieren, verpacken und ausliefern, auch im Krankheitsfall weiterarbeiten müssen. Für die meisten Arbeitskräfte im Dienstleistungsbereich sind bezahlte Krankentage ein völlig unerreichbarer Luxus. Sollten wir uns nicht fragen, ob wir einen höheren Preis und längere Lieferzeiten in Kauf nehmen sollten, damit diese Arbeiter im Krankheitsfall zu Hause bleiben könnten?

Durch die Pandemie wurde auch klar, was verzichtbare Arbeitskräfte sind. Ein Beispiel hierfür wäre etwa Kelly Loeffler, die republikanische Junior-Senatorin von Georgia, die sich einzig und allein durch ihren immensen Reichtum für den unbesetzten Posten qualifizierte, den sie im Januar erhielt. Nicht einmal drei Wochen später wurde sie nach einem düsteren privaten Briefing zum Virus noch reicher, weil sie Aktien verkaufte. Dann warf sie den Demokraten vor, sie würden die Gefahr aufbauschen, und beschwichtigte ihre Wähler mit falschen Beteuerungen, die diese durchaus das Leben gekostet haben können. Loefflers Ausübung ihres Amtes ist von Antrieben geprägt, die an einen gefährlichen Parasiten erinnern. In einem Staatswesen, in dem so eine Person ein so hohes Amt erhält, ist der Zerfall schon ziemlich weit fortgeschritten.

Am unverfälschtesten verkörpert den politischen Nihilismus nicht Trump selbst, sondern sein Schwiegersohn und Berater Jared Kushner. In seinem noch jungen Leben wurde Kushner bereits fälschlicherweise sowohl als Meritokrat als auch als Populist gepriesen. 1981 kam er in einer wohlhabenden Familie mit Immobilienimperium zur Welt – genau in dem Monat, in dem Ronald Reagan das Präsidentenamt antrat. Kushner ist ein Prinzling des zweiten Gilded Age ("Vergoldeten Zeitalters"). Trotz seiner mäßigen schulischen Leistungen bekam er einen Studienplatz in Harvard, nachdem sein Vater Charles der Universität eine Spende in Höhe von 2,5 Millionen US-Dollar zugesagt hatte. Dieser half seinem Sohn auch beim Einstieg in das Familienunternehmen mit Darlehen in Höhe von zehn Millionen Dollar. Später setzte Kushner seine elitäre Ausbildung an der New York University in den Bereichen Jura und Betriebswirtschaft fort. Sein Vater hatte der Hochschule drei Millionen Dollar zukommen lassen.

2005 revanchierte sich Kushner mit unerschütterlicher Loyalität, als Charles Kushner zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt wurde, weil er versucht haben soll, einen Rechtsstreit in der Familie beizulegen, indem er den Mann seiner Schwester mit einer Prostituierten in die Falle lockte und das Ganze filmte.

Jared Kushner ist als Wolkenkratzer-Besitzer und als Zeitungsverleger gescheitert, hat aber immer jemanden gefunden, der ihn rettete. Sein Selbstbewusstsein wuchs dabei sogar noch. In American Oligarchs schildert Andrea Bernstein, wie er sich die Einstellung eines risikofreudigen Unternehmers zu eigen machte, eines "Disruptors" der New Economy. Unter dem Einfluss seines Mentors Rupert Murdoch fand er Mittel und Wege, finanzielle, politische und journalistische Betätigung miteinander zu verknüpfen. Interessenkonflikte machte er zu seinem Geschäftsmodell.

Als sein Schwiegervater Präsident wurde, erlangte Kushner schnell Macht in einer Regierung, die Dilettantismus, Vetternwirtschaft und Korruption zu Leitprinzipien erhob. Solange er sich nur mit dem Frieden im Nahen Osten befasste, konnte den meisten Amerikanern sein überflüssiges Hineinpfuschen egal sein. Doch seit er ein einflussreicher Berater des Präsidenten in der Coronavirus-Pandemie ist, ist das Resultat ein Massensterben.

In der ersten Woche in dieser neuen Funktion war Kushner Mitverfasser der schlechtesten Oval-Office-Rede, an die man sich erinnert, unterbrach die wichtige Arbeit anderer Amtsträger, verletzte das Sicherheitsprotokoll, liebäugelte mit Interessenkonflikten und Verstößen gegen US-Bundesrecht und machte törichte Versprechungen, die sich schon kurz darauf in nichts auflösten. "Die US-Regierung ist nicht dafür da, all unsere Probleme zu lösen", sagte er und erklärte, er werde seine wirtschaftlichen Beziehungen nutzen, um Drive-through-Teststationen zu schaffen. Dazu kam es nie. Unternehmensleitungen überzeugten ihn davon, dass Trump seine Macht als Präsident nicht dafür nutzen sollte, die Industrie zur Produktion von Beatmungsgeräten zu bewegen. Dann scheiterte Kushners Versuch, eine Vereinbarung mit General Motors auszuhandeln. Sein Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten wurde dadurch jedoch nicht geschmälert: Er machte inkompetente Gouverneure für den Mangel der benötigten Ausrüstung und Schutzkleidung verantwortlich.

Das Hereinschneien dieses blassen Dilettanten im knapp sitzenden Anzug mitten in eine tödliche Krise signalisiert den Zusammenbruch eines ganzen Regierungsmodus – mag Kushner auch noch so mit Ausdrücken aus dem BWL-Studium um sich werfen, um das eklatante Versagen der Regierung seines Schwiegervaters zu verschleiern. Wie sich zeigt, sind wissenschaftliche Sachverständige und andere Staatsbeamte keine verräterischen Mitglieder eines deep state, sondern unverzichtbare Arbeitskräfte. Werden sie zugunsten von Ideologen und Hofierern ausgegrenzt, gefährdet das die Gesundheit der Bevölkerung. Wie sich zeigt, sind agile Unternehmen nicht in der Lage, sich auf eine Katastrophe vorzubereiten oder lebensrettende Güter zu verteilen – das schafft nur eine kompetente Regierung. Wie sich zeigt, hat alles seinen Preis, und die jahrelangen Attacken auf den Staatsapparat, der ausgehöhlt und in seiner Moral geschwächt wurde, bezahlt die Bevölkerung nun mit Menschenleben. All die Programme, deren Finanzierung gestrichen wurde, die aufgebrauchten Vorräte und aufgegebenen Pläne hatten dazu geführt, dass wir zu einer Nation zweiten Ranges geworden waren. Dann kamen das Virus und die seltsame Niederlage.

Der Kampf zur Bewältigung der Pandemie muss auch ein Kampf dafür sein, dass die Gesundheit unseres Landes wiederhergestellt und es neu aufgebaut wird. Andernfalls können wir all das Elend und das Leid, das wir jetzt ertragen müssen, niemals wieder gutmachen. Unter der jetzigen politischen Führung wird sich nichts ändern. So wie sich durch den 11. September und das Jahr 2008 das Vertrauen in die alte politische Klasse abgenutzt hat, so wird das Jahr 2020 der Vorstellung endgültig ein Ende setzen, Anti-Politik sei unsere Rettung. Doch einen Schlussstrich unter dieses Regime zu ziehen, so notwendig und verdient er auch sein mag, wäre erst der Anfang.

Die Krise macht unausweichlich klar, dass wir vor einer Wahl stehen. Entweder verbarrikadieren wir uns weiter in der Selbstisolation, meiden einander angstvoll und lassen zu, dass das, was uns verbindet, vollends verschwindet. Oder wir lernen aus diesen furchtbaren Tagen: richten unsere Aufmerksamkeit auf die Krankenhausmitarbeiter, die Handys hochhalten, damit Patienten sich von ihren Angehörigen verabschieden können, auf das medizinische Personal, das mit dem Flugzeug von Atlanta nach New York anreist, um dort zu helfen, auf die Mitarbeiter eines Luftfahrtunternehmens in Massachusetts, die fordern, ihr Werk solle künftig Beatmungsgeräte bauen, auf die Menschen in Florida, die in langen Schlangen anstehen, weil sie per Telefon das völlig unterbesetzte Arbeitsamt nicht erreichen können, auf die Bewohner von Milwaukee, die endlose Wartezeiten, Hagel und Ansteckungsgefahr in Kauf nehmen, um bei einer Wahl abzustimmen, die ihnen von parteiischen Richtern aufgezwungen wurde. Und sehen, dass Dummheit und Ungerechtigkeit lebensgefährlich sind, dass Bürger zu sein, Arbeit bedeutet, die für eine Demokratie wesentlich ist; und dass die Alternative zur Solidarität der Tod ist. Wenn wir alle wieder aus unseren Verstecken aufgetaucht sind und die Schutzmasken abgenommen haben, sollten wir nicht vergessen, wie es sich anfühlte, allein zu sein.


Aus: "Wir leben in einem gescheiterten Staat" Aus einem Essay von George Packer (5. Mai 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-04/corona-krise-usa-donald-trump-pandemie-ungleichheit/komplettansicht

QuoteIshmael Sorrows #1

"Chronische Leiden – eine korrupte politische Klasse, eine erstarrte Bürokratie, eine herzlose Wirtschaft, eine gespaltene, abgelenkte Bevölkerung "

Belege? Oder nur antiamerikanische Vorurteile?


Quotemirinord #1.6

Artikel gelesen?


Quotearnolsi #1.7

Ist Ihnen aufgefallen, dass dies eine Übersetzung aus "The Atlantic Magazine" ist?
Sind jetzt auch schon Amerikaner antiamerikanisch?


QuoteLegalize it #1.1

Diese Punkte könnte man auf jedes Land auf der Welt anwenden.


QuoteAndox #1.2

Also hat der Artikel recht.


Quotematius2 #1.3

Geldadelpolitik, Vetternwirtschaft, Justiz die einem trump Steuererlichterungen ermöglicht hat, Wahlerfolge durch Geldeinsatz. Ladenöffnung von Waffengeschäften während der Corona Beschränkungen usw. Die liste kann man beliebig verlängern.


QuoteHomeOffice #2

Qualitätsjournalismus?

Eher nicht. Ich habe mal in den USA gelebt. Das ist eher eine Polemik als eine politische Analyse. Eine schlechte noch dazu.


QuoteAmakuni #2.2

Man braucht keine deutschen Zeitungen um sich ein Bild über Trump zu machen. Dazu reicht ein Blick auf seine Pressekonferenzen, Twitter Nachrichten und Interviews. Und das Bild ist mehr als gruselig. ...


Quoteosilliso #13

Leider eine sehr zutreffende Beschreibung der Situation in den USA. Das politische System ist bankrott und die Gesellschaft gespalten, nicht nur in zwei Gruppen, sondern einen ganzen Flickenteppich. ...


QuoteHebenstritz #15

Das ganze ist eher eine Beschreibung der Politik an sich in den westlichen Industriestaaten. Genau genommen könnte man die Namen die hier genannt werden, gegen beliebige europäische Politiker austauschen, es würde keinen großen Unterschied machen.

Was momentan in den USA sichtbar ist, ist eher die Unfähigkeit von Trump und vielen seiner Adlaten, alles wie Obama weg zu lächeln und mit schönen Worten zu umschreiben. Stattdessen scheint die amerikanische Politik momentan daraus zu bestehen, wer in der Challenge der peinlichsten Auftritte gewinnt.

Egal wo auf der Welt, politische Führungen werden daran gemessen, wie sie Probleme und krisensprachlich und argumentativ verpacken. Das sieht man jetzt momentan ja hervorragend in Deutschland.

Die Regierung Trump ist schlichtweg extrem extrovertiert und mitteilungsbedürftig, was den politischen Gegnern massenweise Aufmerksamkeit für Kritik gibt. Würde ein Präsident Trump mit gemessenen Worten und ohne Twitter Kanal ansonsten genau gleich handeln wie bisher - man wäre sicherlich sehr angetan von der Handlungspolitik.

Mit anderen Worten, die Leute wollen eingelullt werden, eine schöne Realität und eine positive Zukunft versprochen bekommen. Auch die Regierung Obama hat weder die grundsätzlichen Zustände in den USA verbessert, oder das Versprechen Guantanamo zu schließen, umgesetzt.

Aber genau genommen ist das für das Seelenheil der Normalbevölkerung auch nicht unbedingt erforderlich.


QuoteWark Mupke #15.3

"Würde ein Präsident Trump mit gemessenen Worten und ohne Twitter Kanal ansonsten genau gleich handeln wie bisher - man wäre sicherlich sehr angetan von der Handlungspolitik."

Ich glaube sie haben sich das wort Handlungspolitik ausgedacht, aber trotzdem konnte ich herzlich lachen.


QuoteTomtell #17

Nachvollziehbarer Text. Aber im Wesentlichen auch Gejammer. Was bringt Gejammer? Ich hätte mir stattdessen einen Text gewünscht, der Lösungen aufzeigt.


QuotePlotzhotzen #17.1

Wenn sie mal genau lesen und verstehen, würden sie die Lösung erkennen.
Und das ist kein Gejammer sondern eine Analyse.


Quotetuscany #17.2

"Lösungen" erfordern zunächst Einsicht in einen lösungsbedürftigen Zustand. Solange Polarisierung hilft, eigennützige Bedürfnisse zu erfüllen, gibt's keine Einsicht (zumindest keine Konsequenzen) und keine Hoffnung.

Zweck und Hoffnung dieses (von Ihnen als "Gejammer" diffamierten) Textes ist es, die Einsicht zu befördern, wie stark in den USA über den Eigennutz der Gemeinnutz vor die Hunde gegangen ist.


Quotesysgin #19

Die Amerikaner haben Trump zum Präsidenten gewählt, freiwillig. Ob sie mehrheitlich erkennen, in was sie sich damit hineinmanövriert haben, wage ich zu bezweifeln. Trump konnte ein Verfahren zur Amtsenthebung überstehen und auch jetzt finden keine Demonstrationen gegen ihn statt. Ich fürchte, auch eine Pandemie richtet da nichts aus.


QuoteHomeOffice #20

Wieso sind die USA eigentlich der beliebteste Sehnsuchtsort der Menschen weltweit?


QuoteRideOn #20.5

Weil man dort vom Tellerwäscher zum Millionär aufsteigen kann. lol


QuoteHomeOffice #25

Die USA haben seit 1776 eine funktionstüchtige Demokratie auf Grundlage EINER Verfassung. Ohne Staatsstreiche. Putsch. Freiheitsberaubung. Eine Kette von Präsidenten, die demokratisch gewählt wurden. Keiner hat sich durch Manipulation länger im Amt gehalten als rechtens war. Es gab und gibt eine unabhängige Justiz.

Davor muss man Respekt haben. Überlegen wir mal, welche Irrungen und Wirrungen es in Deutschland in dieser Zeitspanne gab.

Die amerikanische Demokratie wird auch Trump überleben.


QuoteSommerrolle #35

Als ich vor ca. 25 Jahren sehr häufig in New York war, schlug mir das Auseinanderfallen der Gesellschaft förmlich ins Gesicht.
Als ich diesen Punkt gegenüber einem Amerikaner ansprach und meiner Befürchtung, dass dies früher oder später zu einem Kollaps führen könnte, wurde ich freundlich ausgelacht.
Der Zustand, den wir heute in den USA haben, ist nicht erst in den letzten 4 Jahren entstanden. Gleich, wer an der Regierung war - die ergriffenen Maßnahmen waren letztendlich nur "palliativ", so wie es der Autor auch beschreibt. Der Tellerwäscher-Mythos hat das Land über die Jahrzehnte (wenn nicht gar Jahrhunderte) hinweg ausgehöhlt.


QuoteHomeOffice #39

Diejenigen, die die USA hier als failed state bezeichnen, tun das wahrscheinlich von einem iPhone. Sie kaufen bei Amazon. Nutzen Microsoft-Systeme. Posten auf Facebook. Konsumieren US-amerikanische Netflix-Serien. ...


Quotepero-2 #50

Auch die deutsche Regierung brauchte fast 3 Monate um auf Corona zu reagieren, auch bei uns gibt es nicht genügend Schutzkleidung und offenbar war es der deutschen Regierung auch nicht möglich sich an die Szenarieren der Risikobewertung des RKI aus dem Jahr 2013 zu erinnern.
Auch bei uns werden die (gleichen) Fakten aus der Wissenschaft jeden Tag anders bewertet, so werden Masken die im März falsch waren heute vorgeschrieben.
Und auch bei uns fordert die Autoindustrie massive Steuergeschenke während gleichzeitig Millionen Dividenden ausgezahlt werden sollen. Die Kultur geht durch die restriktiven Schutzmassnahmen den Bach runter, genauso wie Hotels, Gaststätten und Restaurants. Auch bei uns gibt es keine wirklich offenen Diskussionen um die Massnahmen. Spielplätze werden gesperrt während tausende um die Alster joggen, dabei nachweisslich Viren in der Luft hinterlassen und damit die anderen Fussgänger gefährden. Wo ist da der gesunde Menschenverstand?

Das einzige was wir nicht haben ist ein "Fake-News" verbreitender Präsident, wobei die deutsche Regierung bisher auch nicht über das eigene Versagen spricht.

Also ich sehe da schon erhebliche Parallelen, ...


QuoteFrau. Huber #50.2

Was Deutschland auch nicht hat, sind zehntausende Tote, überlastete Krankenhäuser und Verwandte von Frau Merkel in zentralen politischen Ämtern.


Quotegenrik #58

Ungeheuerlich: Todesurteil, Vollstreckung und Obduktion zugleich. Es hat mich erschreckt, in dieser expliziten Form über den Kollaps des eigenen Jugendtraums "USA" zu lesen. Ich habe (Jahrgang 1939) das Ende des 2. Weltkrieges schon bewußt erlebt, und alle neue Hoffnung schien damals "von drüben", jenseits des Atlantik, zu kommen.
Wir Deutschen müssen uns, vor allen anderen, zurückhalten, wenn es darum geht, Unverständnis zu äußern für die momentane Führung und den Zustand der USA.
Haben wir doch der Welt vor 90 Jahren gezeigt, daß und wie es möglich ist, ein von einem Psychopathen geführtes System zu betreiben. Schließlich waren mit Stalin, Mao, Pol Pot und anderen auch weitere Massenmörder und Egomanen am Werk.
Erstaunlich und erschreckend ist in der Gegenwart, daß alle diese Verbrecher noch beziehungsweise wieder Anhänger haben und finden. Welche Forscher- oder Wissenschaftler-Zunft wird wohl einmal zu klären versuchen, aus welchen toxischen Quellen solche Gefolgschaft strömt?


QuoteCarlitoJ #89

Danke für diese präzise Analyse der sozialen und politischen Verhältnisse in den USA, die einem die Tränen in die Augen treiben. Das Beste, was ich in deutschen Medien in letzter Zeit gelesen habe.


Quote123Stadtmusikant123 #92

Was beklagt der Autor sich, hat er nicht mitbekommen, dass dieses Amerika keine andere Politik will? ...


QuoteOh Yeah Goodie Goodie #92.1

Der Autor beklagt nicht, er analysiert. Eigentlich kein allzu feiner Unterschied ...


Quotesictransitgloria #93

Hier wettert ein linksliberaler Autor gegen eine Regierung, die er schon immer gehasst hat. Also nichts neues.


QuoteOh Yeah Goodie Goodie #93.1

Genau. Schlafen sie weiter.


QuoteHBausOS #99

,,500000 Menschen protestieren in Washington gegen die Politik von Präsident Trump"

Warum eigentlich habe ich nie diese Schlagzeile gelesen? Ein Volk von 330 Millionen sediert?


...

Link

#84
Quote[...] Patrick Wildermann: Nur werden Kinder plötzlich nicht nur als Krachmacher, sondern als Gefahr gesehen. In den vergangenen Wochen konnte man etliche Fälle erleben, in denen wegen spielender Kinder die Polizei gerufen wurde. Ist das die Rückkehr der Hausmeister-Republik?

Volker Ludwig: Diese Haltung von vielen Erwachsenen, sofort denunziatorisch einzuschreiten, die erinnert mich tatsächlich an die alten Zeiten. Das ist offenbar nicht auszurotten. Da kommt diese urdeutsche Blockwart-Mentalität wieder hoch. ...

Patrick Wildermann: Diese Blockwart-Mentalität hatte man doch eigentlich für überwunden gehalten.

Volker Ludwig: Wir haben ja vieles für überwunden gehalten nach der 68er-Zeit. Was die Kinderrechte betrifft, hat sich auch wahnsinnig viel getan, Deutschland ist sehr viel fortschrittlicher und liberaler geworden. Ich kann mich noch erinnern, wie normal es war, dass Kinder in den Geschäften erst nach allen Erwachsenen bedient wurden. Zum Essen sind wir nur zum Italiener gegangen, weil in allen anderen Restaurants Kinder allenfalls naserümpfend geduldet wurden.

Patrick Wildermann: Aus der 68er-Bewegung sind auch die Kinderläden entstanden, die gerade als mutmaßliche Virenschleudern in der Diskussion stehen. Inklusive Schlagzeilen wie ,,Jede Kita ist ein potenzielles Ischgl"...

Volker Ludwig: Ich begreife nicht, dass man sich nicht als Erstes um die Frage gekümmert hat, was macht man, wenn die Kitas zu sind? Es gibt ja eine Notbetreuung, aber die müsste man mehr ausweiten. Was ist mit den vielen alleinerziehenden Müttern, die sie am dringendsten brauchen, die aber nicht alle in den sogenannten systemrelevanten Berufen arbeiten? Was ist mit den Kindern und Jugendlichen, die auf das Schulessen angewiesen sind? Das alles wurde überhaupt nicht geklärt.

Patrick Wildermann: Glauben Sie, so etwas wirkt gesellschaftlich nach?

Volker Ludwig: Ich kann nur hoffen, dass man daraus einmal lernen wird, wenn die Krise vorbei ist. Dass man die Gefahr erkennt, wie schnell Errungenschaften auch wieder kippen können. Manche Leute glauben ja, wir werden eine neue Gesellschaft erleben, in der wir alle mehr aufeinander achten. Natürlich gibt es viele Beispiele von Solidarität unter Nachbarn, auch bei uns im Haus. Aber daraus die Hoffnung auf eine gerechtere Welt abzuleiten? Ein paar Hilfsbereite und Vernünftige hat es immer gegeben.

Patrick Wildermann: Wie geht es Ihnen mit der Einschränkung der Grundrechte?

Volker Ludwig: Man kann vieles akzeptieren, aber dieser totale Konsens, der zu Beginn geherrscht hat, von den Grünen bis zur AfD, hat mich doch skeptisch gemacht. Sofort sind die Umfragewerte für die Hardliner hochgeschossen, am beliebtesten ist immer noch Herr Söder – das ist schon sehr merkwürdig. Dass die Politiker sich jetzt andauernd bei den Bürgerinnen und Bürgern für ihr braves Mitmachen bedanken, ist jedenfalls überflüssig. Wir sind ein Land, das furchtbar gerne gehorcht.

Patrick Wildermann: Daran hat 68 nichts geändert...

Volker Ludwig: Einen echten Schock habe ich bekommen, als zum ersten Mal diese Hassfressen der Pegida-Leute aufgetaucht sind, die mit Schaum vorm Mund brüllten, dass die Merkel aufgehängt werden müsse. Das waren genau so hassverzerrte Gesichter wie damals, als es hieß: Dutschke an den Galgen. Was vom Staat seinerzeit noch gefördert wurde. Keine Ahnung, warum das nach 50 Jahren plötzlich wieder hochgekocht ist.

...



Aus: "Früherer Theater-Chef zur Coronakrise: ,,Wir sind ein Land, das furchtbar gerne gehorcht"" (04.05.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/kultur/frueherer-theater-chef-zur-coronakrise-wir-sind-ein-land-das-furchtbar-gerne-gehorcht/25797584.html

QuoteFriedenauer_Kaepsele 04.05.2020, 13:06 Uhr

So sehr ich Volker Ludwig eigentlich schätze, so sehr geht mir die Neigung mancher Linken zur penetranten und prinzipiellen Kritikasterei gegen den "Staat" und die Leute auf die Nerven. Ich hätte nicht lesen mögen, wie er sich ausgelassen hätte, wenn es hier in der Stadt Zustände wie in Bergamo, Madrid oder New York gegeben hätte, wenn die Leute nicht mehr gewusst hätten, wohin mit den Leichen.

Es ist keine "Lust am Gehorsam" der Leute, sondern Einsicht in die Notwendigkeit. Deshalb ist Berlin ja bis jetzt recht glimpflich davongekommen.


QuoteMaximum5438 04.05.2020, 14:00 Uhr

Antwort auf den Beitrag von Friedenauer_Kaepsele 04.05.2020, 13:06 Uhr
Fein, dass Sie Herrn Marx zitieren. Dennoch erlaube ich mir, meinen eigenen Verstand zu benutzen und die Verhältnismäßigkeit der Mittel zu hinterfragen. Die mantramäßige Beschwörung der Verhältnisse in Bergamo, Madrid und New York ist ebenfalls wenig hilfreich, da diesen durchaus bedauerlichen Verhältnissen Situationen vorangegangen sind, die in D in dieser Form eben nicht bestanden. Ich erwähne nur das aus Kostengründen heruntergerockte Gesundheitswesen inI, E und USA (sowieso), dazu problematische soziale Verhältnisse, möglicherweise auch intensive Luftverschmutzung (gerade in der Lombardei) etc. Also alles nicht so einfach. Und 95% der Bevölkerung in Geiselhaft für 5% Erkrankte/Gefährdete zu halten? Das ist schlicht und ergreifend eine  Überreaktion. Zum Schluß: ich habe den 70. Geburtstag schon hinter mir.....


Quotederverwalter 04.05.2020, 14:26 Uhr
Antwort auf den Beitrag von Maximum5438 04.05.2020, 14:00 Uhr

    Und 95% der Bevölkerung in Geiselhaft für 5% Erkrankte/Gefährdete zu halten?

Abgesehen davon, dass der Begriff Geiselhaft in diesem Kontext purer sinnloser Populismus ist, ist Ihr Blickfeld ziemlich eingeschränkt.
Es ging/geht nicht nur um 5% Erkrankte/Gefährdete, sondern auch darum, die öffentliche Daseinsvorsorge aufrecht zu erhalten. Wenn die Infektionskurve nicht flach gehalten worden wäre, dann wären auch viel mehr Ärztinnen/Ärzte, Krankenschwestern, Erzieher*innen, Lehrer*innen, Polizist*innen, Feuerwehrleute, Müllwerker, Verkäufer*innen, usw. usf. erkrankt. Natürlich wären sie überwiegend nicht gestorben, aber mindestens zwei bis vier Wochen außer Gefecht gewesen, und etwa ein Zehntel von Ihnen hätte das Gesundheitswesen (Krankenhäuser) in Anspruch nehmen müssen. Dann hätte ich Ihre (Über-) Reaktion mal sehen wollen, wenn Supermärkte schließen und die Feuerwehr  prorisieren muss, wem sie hilft und wem nicht ...
Die Krankenhäuser mit Covid-19-Patienten arbeiten zum Teil schon auf dem Zahnfleisch, weil sich ärztliches und Pflegepersonal ansteckt und ausfällt.


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Quote[...] Paradoxien sind eine seltsame Sache. Das ist auch in Zeiten der Corona-Pandemie so. Solange die Furcht vor der Krankheit groß ist und die Maßnahmen streng, geht alles irgendwie. Die Menschen sind hilfsbereit und verstehen die Gründe für den Lockdown. Sie mögen ihn nicht, aber nachzuvollziehen ist er. Sobald jedoch die Lage besser wird, weil die Maßnahmen funktionieren, werden sie infrage gestellt. Das ist paradox. Und auch, dass sobald Erleichterungen kommen, die Leute missgestimmter werden. Je mehr Lockerung, desto unzufriedener. Das ist verständlich, ja auch – auf paradoxe Weise – logisch, denn die Ungerechtigkeiten werden sichtbar, die alten, wie die neuen. Schwer, sich darin zurechtzufinden. Schwer, die Fassung zu behalten, bei all den Sorgen und Ungewissheiten.

Lange war von den Rechtsextremen nichts zu hören. Echte Sorgen überdeckten deren Demagogie. Die Leute orientierten sich an wissenschaftlichen Erkenntnissen, an der Ehrlichkeit der Politik, auch zugeben zu können, dass vieles ungewiss ist, dass Irrtümer möglich sind, dass trotzdem nach besten Wissen handelt. Das hat funktioniert. Der Respekt für Wissenschaft, der Respekt vor Politik erlebt eine Renaissance.

Doch nun, wo sich die Dinge deswegen zum besseren entwickelt haben, kommen sie wieder zusammen: Neben den klassischen Querfrontleuten, die irgendwann vielleicht links waren und heute komplett ins Surreale abgedriftet sind, sehen wir die Verschwörungstheoretiker und Corona- und Klimaleugner, die Prepper, Reichsbürger, die linken Kulturpessimisten, die so gern in Untergangsphantasien schwelgen, die Impfgegner und alle anderen, die nichts schlimmer finden, als die ,,jüdische" Schulmedizin, wie es mitunter Esoteriker ausdrücken.

Die ,,Hygienedemos" oder die neue Bewegung ,,Widerstand2020" sind ein Biotop der Paradoxien. Da sind die älteren Herren von der Pegida- oder AfD-Front, die sich nichts sehnlicher wünschen als das Ende der liberalen, offenen Gesellschaft. Ausgerechnet sie schreien: ,,Diktatur!". Paradox sind sie, wie Prepper, die sich voll ausgestattet auf den Weltuntergang vorbereiten und sich über Hamsterkäufe beklagen oder Leute, die schreiben und sagen können, was sie wollen und es nutzen, um ständig Zensur zu beklagen. Wissenschaftsfeindlich sind sie, gegen jede Art von Evidenz, frei von aufgeklärtem Denken und Handeln und zutiefst antisemitisch. Denn das gehört zum Betriebssystem aller Verschwörungsprogramme dazu. Da wird der Hass auf die Moderne geschürt, weil sie, wie die Demokratie unzulänglich ist und der Hass auf Gruppen und Institutionen, auf Schuldige ,,da oben".

Überall finden gerade solche Demos statt, draußen, auf der Straße oder drinnen an den Rechnern. An manchen Orten laufen Nazis vom 3. Weg oder Pegida, an anderen sind diese Demos gemischt. Der Wahn kennt keine politischen Lager, ihn eint die Paradoxie des Wahnhaften, der Aberglaube, die Verleugnung von Realität, der Widerstand gegen jede Erkenntnis und der Unwille, Konflikte zu sehen und sich ehrlich auf sie einzulassen. Immer ist irgendwer schuld. Dieses Opfergetue ignoriert alle, die wirklich zu leiden haben.

Ich wünschte, es gebe ein Mittel, sich gegen die Ansteckungsgefahr von Verschwörungstheorien und anderen Irrationalitäten zu schützen. Trotzdem ist es wichtig zu versuchen mit Wissen und Vernunft gegen solchen Wahn anzutreten. Vielleicht kann man ihn aufhalten, eindämmen und weniger ansteckend machen, wenn man jetzt erklärt, wie er funktioniert. Parodox, oder?

Anetta Kahaneist Vorsitzende der Amadeu-Antonio-Stiftung.

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Kommentare

Liebe Leserinnen und Leser,

wir bitten um Verständnis, dass es im Unterschied zu vielen anderen Artikeln auf unserem Portal unter diesem Artikel keine Kommentarfunktion gibt. Bei einzelnen Themen behält sich die Redaktion vor, die Kommentarmöglichkeiten einzuschränken.

Die Redaktion



Aus: "Rückkehr der Verschwörungstheoretiker: Das Paradox des Wahns" (04.05.2020)
Quelle: https://www.fr.de/meinung/corona-krise-rueckkehr-verschwoerungstheoretiker-wahn-kolumne-13747911.html

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Quote[...] Westliche Geheimdienste halten die Theorie von einem Laborunfall als Ursprung der Pandemie mit dem Coronavirus für "höchst unwahrscheinlich". Der US-Nachrichtensender CNN zitierte drei Quellen, die anhand der Erkenntnisse der "Five Eyes" genannten Geheimdienstallianz der USA mit Großbritannien, Australien, Kanada und Neuseeland entsprechenden Verdächtigungen von US-Präsident Donald Trump und zuletzt US-Außenminister Mike Pompeo über das neue Virus Sars-CoV-2 widersprachen. "Es ist höchst wahrscheinlich, dass es auf natürliche Weise aufgetreten und die Infektionen von Menschen durch natürliche Interaktion zwischen Mensch und Tier erfolgt ist", zitierte der Sender einen Diplomaten.

Am Sonntag hatte Pompeo dem US-Sender ABC gesagt, es gebe "signifikante" Belege, dass die Krise in einem Labor in der zentralchinesischen Stadt Wuhan ihren Anfang genommen habe. CNN zitierte nun eine weitere Quelle, dass diese Äußerungen weit über die gegenwärtige Einschätzung der "Five Eyes"-Länder hinausgingen. Er wollte die Möglichkeit nicht ausschließen, sagte aber, dass noch nichts vorliege, dass die Theorie eines Laborunfalls berechtigen könnte.

Auch China hatte die Theorie zurückgewiesen. Kommentare in chinesischen Staatsmedien sahen eine Strategie der US-Regierung, China die Schuld zuzuschieben, um von eigenen Versäumnissen in der Pandemie abzulenken.

Der prominente US-Regierungsberater und Immunologe Anthony Fauci glaubt auch nicht, dass das Virus künstlich erzeugt wurde. "Viele sehr qualifizierte Biologen haben gesagt, dass alles über die schrittweise Evolution mit der Zeit stark darauf hindeutet, dass es in der Natur entstanden ist und die Artengrenze überwunden hat", sagte Fauci dem Magazin "National Geographic". Er hält auch nicht viel von der Theorie, dass das Virus aus dem Labor entwichen sein und auf diese Weise seinen Weg zum Menschen gefunden haben könnte.

Quelle: ntv.de, hul/dpa


Aus: "Ursache für Corona-Pandemie: "Five Eyes" glauben nicht an Laborunfall" (05. Mai 2020)
Quelel: https://www.n-tv.de/politik/Five-Eyes-glauben-nicht-an-Laborunfall-article21759497.html

Link

Quote[...] The UK now has the highest death toll in Europe from coronavirus after new official figures revealed that more than 32,000 people have died from the virus.
The Office for National Statistics said 29,648 deaths were registered in England and Wales with Covid-19 mentioned on the death certificates by 2 May .
With the addition of deaths in Scotland and Northern Ireland, this takes the UK's death toll to 32,313, according to calculations by Reuters.
This figure far exceeds the death toll of 29,029 in Italy – until now Europe's worst-hit country. Italy's total does not include suspected cases.

Ministers and experts have warned against international comparisons, saying the figure for excess mortality – the number of deaths from all causes that exceed the average for the time of year – is a more meaningful gauge.

The latest ONS figures for the week ending 24 April show there were 21,997 total deaths, which is 11,539 more than the average for that week.

But the total weekly death toll dipped slightly by 354 deaths, from the record level of 22,351 the week before. This was the first decrease in weekly deaths since the start of the outbreak and confirms other figures showing the UK is past the peak of infections.

The increase in Covid-19 deaths only partly explains the unprecedented levels in total deaths. The reasons behind an extra 3,312 deaths in the week ending 24 April remain unclear, with speculation that they could have been caused by delayed hospital admissions for other life threatening conditions and other factors such as economic hardship, and mental health problems.

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From: "UK coronavirus death toll rises above 32,000 to highest in Europe" Matthew Weaver and Nicola Davis (Tue 5 May 2020 12.10 BST, First published on Tue 5 May 2020 10.49 BST)
Source: https://www.theguardian.com/world/2020/may/05/uk-coronavirus-death-toll-rises-above-32000-to-highest-in-europe

Link

Quote[...] Bei einem Zaubertrick besteht die Kunst darin, die Aufmerksamkeit des Publikums abzulenken, damit es nicht merkt, was tatsächlich vor seinen Augen geschieht. Bei der Corona-Epidemie liegt die Magie in einem Diagramm mit zwei Kurven, das auf Fernsehkanälen in der ganzen Welt zu sehen ist. Die x-Achse gibt die Zeit an, die y-Achse die Zahl der schweren Erkrankungen.

Die erste Kurve geht steil nach oben, sie zeigt den Verlauf der Epidemie, wenn nichts unternommen wird. Diese Kurve überschreitet sehr schnell die horizontale Linie, mit der die maximale Aufnahmefähigkeit der Krankenhäuser angegeben ist. Die zweite Kurve zeigt die Entwicklung, wenn Maßnahmen wie Kontaktsperren und Ausgangsbeschränkungen die Verbreitung des Virus begrenzen. Sie ist leicht gewölbt, wie ein Schildkrötenpanzer, und bleibt unter der horizontalen Kapazitätsgrenze.

Das in den Medien allgegenwärtige Diagramm macht deutlich, wie dringend notwendig es ist, den Rhythmus der Ansteckungen zu verlangsamen, um die Überlastung des Gesundheitswesens zu verhindern. Wenn jetzt Journalisten in der ganzen Welt dieses Schaubild weiterverbreiten, wird ein wesentliches Element oft vergessen: die unauffällige Gerade, die die Zahl der Betten darstellt, die für Schwerkranke zur Verfügung stehen. Diese ,,kritische Schwelle" wird quasi als gottgegeben akzeptiert. Dabei ist sie das Ergebnis politischer Entscheidungen.

Wenn man heute ,,die Kurve abflachen" muss, liegt das auch daran, dass die seit vielen Jahren herrschende Austeritätspolitik die Messlatte gesenkt und das Gesundheitswesen seiner Aufnahmefähigkeit beraubt hat. 1980 gab es in Frankreich elf Krankenhausbetten pro tausend Einwohner, davon sind heute noch sechs übrig. Macrons Gesundheitsministerin hat im September 2019 vorgeschlagen, sie ,,bed managers" zu überlassen, die das rare Gut zuteilen sollten.

In den USA sank die Zahl von 7,9 Betten 1970 auf 2,8 im Jahr 2016.1 Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gab es in Italien 1980 für ,,schwere Fälle" 922 Betten pro 100.000 Einwohner. 30 Jahre später waren es nur noch 275. Überall galt nur eine Devise: Kosten senken. Das Krankenhaus sollte wie eine Autofabrik im Just-in-time-Modus funktionieren. Das Resultat ist, dass die Italienische Gesellschaft für Anästhesie, Analgesie, Reanimation und Intensivtherapie (Siaarti) die Arbeit der Notärzte heute als ,,Katastrophenmedizin" bezeichnet. Sie warnt, angesichts der fehlenden Ressourcen ,,könnte es nötig werden, eine Altersgrenze für den Zugang zur Intensivversorgung festzulegen".2 Auch im Nordosten von Frankreich spricht man mittlerweile in ähnlicher Weise von ,,Kriegsmedizin".

Die Coronakrise hat also nicht nur mit der Gefährlichkeit der Krankheit Covid-19 zu tun, sondern auch mit dem organisierten Niedergang des Gesundheitssystems. Doch statt diese Tatsache kritisch zu hinterfragen, laden die großen Medien – seit jeher die Echokammern der Sparpolitik – Leser und Zuschauer zu einer atemberaubenden philosophischen Diskussion ein: Wie entscheiden wir, wen wir retten und wen wir sterben lassen?

Diesmal wird es jedoch schwierig werden, die politische Frage hinter einem ethischen Dilemma zu verstecken. Denn die Corona-Epidemie führt allen vor Augen, dass unsere Wirtschaftsorganisation noch weit absurder ist, als man vermutet hatte: Während die Airlines ihre leeren Flugzeuge fliegen ließen, um ihre Slots zu behalten, erklärte ein Virologe, wie neoliberale Politik die Grundlagenforschung über das Coronavirus behindert hat.3

Offenbar muss man manchmal die Normalität verlassen, um zu begreifen, wie unnormal sie ist. Marshall Burke, Dozent am Zentrum für Ernährungssicherheit und Umwelt der Universität Stanford, twitterte dazu folgendes Paradox: ,,Die Reduktion der Luftverschmutzung aufgrund von Covid-19 in China hat vermutlich zwanzigmal so viele Leben gerettet, wie durch den ­Virus bisher verloren gingen. Das heißt

nicht, dass Pandemien gut sind, aber es zeigt, wie gesundheitsschädlich unsere Wirtschaftssysteme sind, auch ohne Coronavirus."4

Der Höhepunkt der Absurditäten in der Corona-Krise liegt dabei nicht einmal darin, dass es durch die Verlagerung von Produktionsketten einen Mangel an Medikamenten geben könnte, und auch nicht in der Verbohrtheit, mit der die Finanzmärkte Italien bestraften, als die Regierung die ersten Maßnahmen ergriff. Nein, den Höhepunkt finden wir in den Krankenhäusern selbst: Die Mitte der 2000er Jahre in Frankreich eingeführte ,,Gebührenberechnung nach Tätigkeit" (tarification à l'activité, T2A) kalkuliert die Finanzierung der Einrichtungen anhand des Behandlungsaufwands für jeden einzelnen Patienten. Die Leistungen werden wie im Supermarkt einzeln abgerechnet.

Würde nun dieses aus den USA importierte Prinzip der Pflege als Ware während der aktuellen Krise angewendet, wären die Krankenhäuser, die die Schwerkranken aufnehmen, bald ruiniert. Denn der kritische Verlauf von Covid-19 erfordert vor allem eine Beatmung, die Zeit kostet, aber in der Tariftabelle weniger einbringt als diverse Untersuchungen und Eingriffe, die wegen der Epidemie verschoben wurden. Einbußen der Kliniken durch die Pandemie bestätigte etwa der deutsche Virusforscher Christian Drosten in seinem populären Podcast. Drosten sagte am 30. März im NDR: ,,Wir haben Betten freigeräumt. Das macht natürlich auch im Krankenhaus massive finanzielle Verluste. Auch die Medizin ist ein Wirtschaftszweig, und die Verluste sind extrem, die da jeden Tag entstehen."

Für kurze Zeit schien es so, als sprenge das Virus die sozialen Grenzen. Seine Ausbreitung führte zu Maßnahmen, die wir uns jedenfalls in Friedenszeiten nie hätten vorstellen können. War nicht der Wall-Street-Banker plötzlich ebenso bedroht wie der chinesische Wanderarbeiter? Sehr schnell aber wurde deutlich, dass auch in der Krise vor allem das Geld den Unterschied macht. Auf der einen Seite machen die Gutbetuchten es sich in ihren Villen mit dem Homeoffice-Laptop neben dem Pool gemütlich. Und auf der anderen Seite sind die bislang Unsichtbaren des Alltags, Pfleger, Reinigungskräfte, Kassiererinnen im Supermarkt und Lieferanten, einem Risiko ausgesetzt, das den Begüterten erspart bleibt. Eltern sitzen im Homeoffice in ihrer kleinen Wohnung, durch die das Geschrei der Kinder schallt, Wohnungslose würden gern in einem Zuhause bleiben.

Der Historiker Jean Delumeau, Autor einer Geschichte der ,,Angst im Abendland", stieß in seiner Untersuchung über ,,typische kollektive Verhaltensweisen in Pestzeiten"5 auf eine Konstante: ,,Wenn die Gefahr der Ansteckung auftaucht, versucht man zunächst, die Augen davor zu verschließen." Und Heinrich Heine notierte nach der offiziellen Ankündigung der Choleraepidemie 1832 in Paris: ,,Die Pariser tummelten sich umso lustiger auf den Boulevards", als ,,das Wetter sonnig und lieblich war".6 Als Nächstes flohen dann die Reichen aufs Land, und die Regierung ordnete für die Stadt Quarantäne an.

,,Die Unsicherheit entsteht nicht nur aus dem Auftreten der Krankheit", erklärt Delumeau, ,,sondern ebenso aus einer Auflösung des Alltags und der gewohnten Umgebung. Alles ist anders geworden." Genau diese Erfahrung machen heute die Einwohner von Wuhan, Rom, Madrid oder Paris.

Die großen Pestepidemien zwischen dem 14. und 18. Jahrhundert wurden oft als Zeichen des Jüngsten Gerichts, des Zorns eines rächenden Gottes gedeutet. Damals wandten sich die Menschen entweder der Religion zu und flehten um Gnade oder sie suchten Schuldige in der Nachbarschaft. Juden und Frauen waren beliebte Sündenböcke. Im Europa des 21. Jahrhunderts trifft die Corona-Epidemie säkularisierte Gesellschaften, die seit der Finanzkrise von 2008 bei Themen wie Klimaverschlechterung, Politik, Finanzen, Demografie oder Migration in unterschiedlichem Ausmaß unter einem Gefühl des Kontrollverlusts leiden.

In dieser Endzeitstimmung, in der wieder Bilder der brennenden Kathedrale von Notre-Dame kursieren und über den kommenden Zusammenbruch geredet wird, richten sich alle Blicke auf die Regierung. Der Staat hat das Problem durch die langjährige Zerstörung des Gesundheitssystems verschärft – und ist dennoch die einzige Instanz, die eine Antwort auf die Epidemie finden kann. Aber wie weit kann man dabei gehen?

Noch im Februar löste die mehrwöchige Isolierung von 56 Millionen Einwohnern der chinesischen Provinz Hubei, die Stilllegung der Fabriken oder die Ermahnung der Bürger durch Drohnen mit Kameras und Megafonen in Europa spöttische Reaktionen aus oder Kritik an der eisernen Faust der Kommunistischen Partei.

,,Aus der chinesischen Erfahrung lassen sich keine Lehren hinsichtlich der möglichen Dauer der Epidemie ziehen", erklärte die Zeitschrift L'Express noch am 5. März. Sie sei dort durch ,,drastische Quarantänemaßnahmen verlangsamt worden, die in unseren Demokratien wahrscheinlich nicht anwendbar sind". Doch kurze Zeit später war klar: Im Kampf gegen das Virus, das sich nicht um die Überlegenheit ,,unserer" Werte schert, kommt man nicht umhin, zentralisierten Entscheidungen den Vorrang zu geben gegenüber den Freiheiten des Wirtschaftsliberalismus.

WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus betonte, es sei möglich, die Epidemie zu besiegen, aber nur mit einem kollektiven, koordinierten und umfassenden Herangehen und unter Einsatz aller Kräfte.7 Kollektiv und staatlich koordiniert: Das ist das Gegenteil von Markt. In wenigen Tagen vollführen die bis dato unangreifbaren Experten, die uns die Welt erklären, eine 180-Grad-Wendung: ,,Alles ist anders geworden." Begriffe wie Souveränität, Grenze, Einschränkung und sogar staatliche Hilfen, die seit einem halben Jahrhundert im öffentlichen Diskurs stets in die populistische Ecke gestellt oder als ,,nordkoreanisch" bezeichnet wurden, erscheinen plötzlich als Lösungen in einer bis dato vom Kult der Geld- und Warenströme und von der Sparpolitik regierten Welt.

Von Panik getrieben, entdecken selbst die Mediengurus plötzlich, was sie eifrig ignoriert hatten: ,,Kann man nicht auch sagen, dass uns diese Krise im Grunde auffordert, ganz neu über Aspekte der Globalisierung, unsere Abhängigkeit von China, Freihandel und Flugverkehr nachzudenken?", fragte am 9. März auf France Inter der Journalist Nicolas Demorand, der sein Mikrofon seit Jahren den Kritikern des Protektionismus überlässt.

Die Marktlogik muss den Verstand schon gründlich deformiert haben, wenn die Mächtigen erst nach dem Ausbruch einer mörderischen Pandemie den einfachen Wahrheiten Gehör schenken, die Mediziner seit Jahrzehnten wiederholen: ,,Ja, wir brauchen eine staatliche Krankenhausstruktur, die ständig verfügbare Betten hat", betonen die Mediziner André Grimaldi, Anne Gervais Hasenknopf und Olivier Milleron.8 ,,Das neue Coronavirus hat das Verdienst, uns an Selbstverständlichkeiten zu erinnern: Man bezahlt die Feuerwehrleute nicht nur, wenn es brennt. Man möchte, dass sie in ihrer Wache bereitstehen, auch wenn sie nur ihre Fahrzeuge polieren, während sie auf den Alarm warten."

Von der Krise im Jahr 1929 bis zur neoliberalen Offensive in den 1970ern hat sich der Kapitalismus erhalten und erneuert, indem er seine Institutionen, oft widerwillig, der Verpflichtung unterwarf, vorauszusehen, was ohne Warnung hereinbricht: Brände, Krankheiten, Naturkatastrophen, Finanzkrisen. Um das Unvorhergesehene zu planen, musste man mit der Marktlogik brechen, die allein nach Angebot und Nachfrage einen Preis festlegt, das Unwahrscheinliche ignoriert und die Zukunft mit Formeln berechnet, in denen die Gesellschaft nicht vorkommt.

Diese Blindheit der Standardökonomie, die an den Börsen ins Extrem getrieben wird, bemerkte auch der ehemalige Broker und Statistiker Nassim Nicholas Taleb. In seinem Buch ,,Der Schwarze Schwan: Die Macht höchst unwahrscheinlicher Ereignisse", das wenige Monate vor der Finanzkrise von 2008 erschien, schrieb er über die Prognostiker: ,,Das Expertenproblem besteht darin, dass sie keine Ahnung von dem haben, was sie nicht wissen."9 Taleb bezeichnete es als absurd, das Unvorhergesehene zu ignorieren in einer Welt, die durch die Vervielfachung unerwarteter Ereignisse – eben die ,,schwarzen Schwäne" – geprägt sei.

Ende März 2020 kann jeder, der an seinem Fenster die Stille der eingesperrten Stadt dröhnen hört, über die Verbissenheit nachdenken, mit der sich der Staat nicht nur der Intensivbetten beraubt hat, sondern auch seiner Planungsinstrumente, die heute von ein paar globalen Versicherungs- und Rückversicherungskonzernen monopolisiert werden.10

Kann die Zäsur dieser Pandemie die Entwicklung umdrehen? Um das Mögliche und das Zufällige wieder in die Steuerung der öffentlichen Daseinsvorsorge aufzunehmen, um weiter zu schauen als bis zur Kosten-Nutzen-Rechnung und eine ökologische Planung vorzunehmen, müsste man den größten Teil der Dienste verstaatlichen, die für das Leben der modernen Gesellschaft unverzichtbar sind, von der Straßenreinigung über die digitalen Netze bis zum Gesundheitswesen.

Die Sichtweise des Historikers legt nahe, dass eine Veränderung der Verhältnisse, der Entwicklung, des Nachdenkens über das kollektive Leben und die Gleichheit unter normalen Umständen unmöglich ist. ,,Im Laufe der Geschichte", schreibt der österreichische Historiker Walter Scheidel, ,,haben vier verschiedene Arten gewaltsamer Brüche die Ungleichheit verringert: Massenmobilisierungskriege, Revolutionen, der Bankrott von Staaten und verheerende Pandemien."11 Sind wir an diesem Punkt angelangt?

Andererseits hat das Wirtschaftssystem im Verlauf seiner Geschichte eine außergewöhnliche Fähigkeit bewiesen, die immer häufiger werdenden Stöße zu parieren, die seine Irra­tio­nalität verursacht. So setzen sich auch bei den heftigsten Erschütterungen in der Regel die Verteidiger des Status quo durch. Sie nutzen die allgemeine Fassungslosigkeit aus, um die Macht des Marktes noch weiter auszudehnen. Der Katastrophen-Kapitalismus, den Naomi Klein kurz vor der großen Rezession von 2008 analysierte, schert sich nicht um die Erschöpfung der Rohstoffe und der sozialen Sicherungssysteme, die die Krise dämpfen könnten. In einer Anwandlung von Optimismus schrieb die kanadische Journalistin: ,,Wir reagieren auf einen Schock nicht immer mit Regression. Manchmal wachsen wir auch angesichts einer Krise – und zwar schnell."12 Diesen Eindruck wünschte wohl auch Präsident Macron in seiner Erklärung vom 12. März zu erwecken.

Er wolle, ,,das Entwicklungsmodell, dem unsere Welt seit Jahrzehnten folgt und das jetzt seine Tücken offenbart, und die Schwächen unserer Demokratie hinterfragen", sagte Macron. Bereits heute offenbare diese Pandemie, dass ein kostenloses Gesundheitswesen ohne Unterscheidung nach Einkommen, Karriere oder Beruf sowie unser Wohlfahrtsstaat kein bloßer Kostenfaktor sei, sondern ,,ein unverzichtbarer Trumpf, wenn das Schicksal zuschlägt". Die Pandemie zeige, dass es Güter und Dienstleistungen gebe, die außerhalb der Marktgesetze stehen müssten. ,,Es ist Wahnsinn, wenn wir unsere Ernährung, unseren Schutz, die Fähigkeit, unser Leben zu gestalten, in fremde Hände geben. Wir müssen wieder die Kontrolle übernehmen."

Drei Tage später verschob er die Rentenreform und die Reform des Arbeitslosengelds und verkündete Maßnahmen, die bisher als unmöglich galten: die Einschränkung von Entlassungen und die Aufgabe der Haushaltsbeschränkungen. Und die Umstände könnten diesen Wandel noch verstärken: Die Obsession des Präsidenten etwa, die Ersparnisse und Beamtenpensionen an den Aktienmärkten zu investieren, wirkt vor dem Hintergrund des Absturzes der Börsenkurse nicht gerade wie ein visionärer Geniestreich.

Das Arbeitsgesetz aussetzen, die Bewegungsfreiheit einschränken, Unternehmen mit vollen Händen unterstützen und sie von Sozialabgaben freistellen, auf denen das Gesundheitssystem beruht – diese Maßnahmen allerdings stellen keinen radikalen Bruch mit der bisherigen Politik dar. Der massive Transfer von öffentlichen Geldern in den Privatsektor erinnert an die staatliche Bankenrettung von 2008. Die Rechnung kam dann in Form der Sparpolitik, von der vor allem die Angestellten und die öffentlichen Dienstleistungen betroffen waren. Weniger Krankenhausbetten, um die Banken wieder flottzumachen: das war die Devise.

Auch deshalb drängte sich bei Macrons Rede die Erinnerung an einen Septembertag des Jahres 2008 auf. Damals, kurz nach dem Crash von Lehman Bro­thers, trat der damalige Präsident Sarkozy vor die Kameras und verkündete seinen verblüfften Anhängern feierlich: ,,Eine bestimmte Vorstellung der Globalisierung stirbt gerade mit dem Ende eines Finanzkapitalismus, der der ganzen Wirtschaft seine Logik aufgezwungen und dazu beigetragen hat, sie zu verderben. Die Idee, dass die Märkte immer recht haben, war eine irrsinnige Idee."13 Das hinderte ihn allerdings nicht daran, auf den Weg des gewöhnlichen Wahnsinns zurückzukehren, sobald das Unwetter vorüber war.

1 Quelle OECD.

2 ,,Raccomandazioni di etica clinica per l'ammissione a trattamenti intensivi e per la loro sospensione", Siaarti, Rom, 6. März 2020.

3 Bruno Canard, ,,J'ai pensé que vous avions momentanément perdu la partie", Rede am Ende der Demonstration vom 5. März 2020, nachzulesen unter academia.hypotheses.org.

4 Twitter, 9. März 2020.

5 Jean Delumeau, ,,Angst im Abendland, Die Geschichte kollektiver Ängste in Europa des 14. bis 18. Jahrhunderts", Reinbek (Rowohlt) 1998.

6 Heinrich Heine, ,,Französische Zustände", online frei verfügbar bei Zeno.org.

7 New York Times, 11. März 2020.

8 Le Monde, 11. März 2020.

9 Nassim Nicholas Taleb, ,,Der Schwarze Schwan: Die Macht höchst unwahrscheinlicher Ereignisse", München (Hanser) 2008.

10 Razmig Keucheyan, ,,La Nature est un champ de bataille. Essai d'écologie politique", Paris (La Découverte) 2014.

11 Walter Scheidel, ,,Nach dem Krieg sind alle gleich: Eine Geschichte der Ungleichheit", Darmstadt (Konrad Theiss Verlag) 2018.

12 Naomi Klein, ,,Die Schock-Strategie: Der Aufstieg des Katastrophen-Kapitalismus", Frankfurt a. M. (Fischer) 2009.

13 Rede in Toulon am 25. September 2008.


Aus: "Marktlogik und Katastrophenmedizin" (Aus dem Französischen von Claudia Steinitz Le Monde diplomatique vom 09.04.2020, von Renaud Lambert und Pierre Rimbert)
Quelle: https://www.monde-diplomatique.de/artikel/!5672009


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Quote[...] Dresden/Berlin. Kanzlerin Angela Merkel will sich nach Informationen der "Bild"-Zeitung bei weiteren Lockerungen der Corona-Beschränkungen für eine Obergrenze bei Neu-Infektionen einsetzen, ab der wieder zu den bisherigen harten Maßnahmen zurückgekehrt werden soll. Das Bundeskanzleramt wolle die anstehenden Lockerungsbeschlüsse mit einem Vorbehalt verbinden: Sollte eine Obergrenze von Neu-Infektionen überschritten werden, müssen die Öffnungen regional zurückgenommen werden, berichtete die Zeitung am Dienstag.

Bei einer Telefon-Schalte habe Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) mit den Chefs der Staatskanzleien der Bundesländer die nächste Runde der Lockerungen besprochen. Laut "Bild"-Zeitung forderte Braun am Dienstag, wenn ein Landkreis innerhalb von sieben Tagen mehr als 50 Neu-Infektionen auf 100.000 Einwohner zu verzeichnen habe, die nicht an einem Ort wie einem Altenheim aufträten, müsse der Landkreis zu den Beschränkungen zurückkehren, die am 20. April in Kraft waren.

Dabei sollen Großstädte laut Zeitung Konzepte erstellen, die bereits vor dem Erreichen der Obergrenze erste Schließungen vorsehen. Denn in Großstädten seien Schließungen schwieriger durchzusetzen.

Das würde bedeuten, dass alles, was nach dem 20. April wieder eröffnet habe wie Schulen, Friseursalons, Teile des Einzelhandels und andere Einrichtungen wieder schließen müsste, so die Zeitung. Ebenso würden Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen wieder in Kraft treten.

Merkel hatte bereits am 20. April gesagt, sollte es erneut zu einem "exponentiellen Wachstum der Infektionszahlen" kommen, wäre eine Rückkehr zu den harten Maßnahmen "unvermeidlich". An diesem Mittwoch will Merkel mit den Ministerpräsidenten der Länder erneut das weitere Vorgehen in der Corona-Krise erörtern.

Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) äußerte sich zustimmend zum Vorschlag von Bundeskanzlerin Merkel. Köpping hält das für "gut und richtig". Es sei denkbar, dass es auch künftig Hotspots der Infektion gebe. Da müsse man regional überlegen, wie man gegen die Ausbreitung der Pandemie vorgehen kann. 35 Infektionen pro 100.000 Einwohner könnten eine Bemessungszahl dafür sein, wo man genauer hinschauen sollte. (dpa)


Aus: "Zustimmung für Corona-Obergrenze" (05.05.2020)
Quelle: https://www.saechsische.de/zustimmung-fuer-corona-obergrenze-5201148.html


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Quote[...] Für Kinder in Bremen kehrt mit der Öffnung der Spielplätze ab Mittwoch ein Stück Normalität zurück. Auch die Gastronomie kann auf Normalisierung hoffen. Ab dem 18. Mai könnte sie bundesweit wieder öffnen.

...


Aus: "Senat gibt weitere Lockerungen bekannt - Spielplätze in Bremen ab Mittwoch wieder geöffnet" Maurice Arndt  (05.05.2020)
Quelle: https://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-stadt_artikel,-spielplaetze-in-bremen-ab-mittwoch-wieder-geoeffnet-_arid,1911641.html

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Quote[...] Es war eine eher brüske Machtübergabe. Am Samstagabend um halb acht kam Premierminister Edouard Philippe ins Fernsehen. Bei herrlichem Frühlingswetter und in düsterer Vorahnung waren die Franzosen im Begriff, ein letztes Wochenende in Freiheit zu genießen. Jäh wurde es unterbrochen. Noch vor den Nachrichten erfuhren die schockierten Franzosen vom Lockdown der Gesellschaft und der Schließung der Grenzen. Um Mitternacht mussten die Bars und Restaurants ihre Gäste aussperren. Das war Mitte März. Seither herrscht in Frankreich permanente Polizeistunde.

Am Sonntag, 16. März, begaben sich zwanzig Millionen Bürger in die Wahllokale, um die Bürgermeister zu bestimmen. Macrons Wissenschaftsrat hatte die Durchführung abgesegnet. Die siegessicheren ,,Republikaner" lehnten die Verschiebung als ,,Putschversuch" ab. Doch den beklemmenden Eindruck eines Regimewechsels konnten die gespenstischen Wahlsendungen nicht vermeiden. Ein Beobachter erinnerte sich an den Ausbruch des Golfkriegs, als mit CNN das Zeitalter der Nachrichtensender und des ,,eingebetteten" Journalismus begann. Damals übernahmen die Generäle die Deutungshoheit auf dem Bildschirm. Nun sind die Ärzte an ihre Stelle getreten, deren Rolle im Fernsehen bislang auf Serien und ,,Sprechstunden"-Sendungen beschränkt war.

Dabei geht es nur noch um die neuesten Covid-19-Statistiken und Hochrechnungen. Marine Le Pen kritisierte anfangs, dass die Kommunalwahl stattgefunden hatte. Als ,,verantwortungslos" wurden sie und andere Politiker von dem Schriftsteller, Arzt und Moderator Dr. Michel Cymes abgekanzelt. Dabei hatte Cymes selbst Corona zuvor noch als ,,kleine Grippe" verharmlost. Am Tag eins nach dem Wochenende, an dem in Frankreich eine neue Epoche begann, übernahm Emmanuel Macron: ,,Wir sind im Krieg."

Wie in früheren Zeiten die Politiker streiten nun die Ärzte. Sie stiften Verwirrung und schüren Ängste. Besonders peinlich waren die ideologischen Auseinandersetzungen um die Chloroquin-Therapie des weltweit anerkannten Epidemiologie-Spezialisten Didier Raoult aus Marseille, der Ende Februar das ,,Ende" der Seuche verkündet hatte. Der Streit wurde als Religionskrieg zwischen Elite und Populisten, Paris und der Provinz geführt – begleitet von einem Shitstorm und vielen Verschwörungstheorien.

Michel Cymes, Autor des auch in deutscher Übersetzung erschienenen Buchs ,,Hippokrates in der Hölle. Die Verbrechen der KZ-Ärzte", war bis dato der einzige Medizinstar der französischen Medien und der bekannteste Arzt des Landes. Unter dem Druck der Öffentlichkeit zog er sich in sein Krankenhaus zurück und ward nicht mehr gesehen. Angefeindet wird auch die Infektions-Spezialistin Karine Lacombe. Die Klatschpresse breitet ihr Privatleben aus: drei Kinder von drei verschiedenen Vätern, vom letzten lebt sie getrennt. ,,Le Monde" berichtete, dass ihr Europas größter Privatsender Tf1 für Exklusivauftritte dreimal mehr Geld geboten habe, als sie in der Klinik verdient. Sie hat ihr Twitter-Konto gelöscht.

,,Jede Tagesschau ist eine Sondersendung", stöhnt der Philosoph André Comte-Sponville: ,,Als wäre der Krieg in Syrien zu Ende und der Hunger aus der Welt verschwunden. Zehn Ärzte werden befragt, und im besten Fall kommt dann noch ein Ökonom zu Wort, der die Kosten beziffern soll. Es ist gefährlich, wenn uns die Ärzte vorschreiben wollen, was wir zu tun hätten. Entscheiden muss die Politik."

Den Kampf um das Vertrauen der Bürger hat die französische Politik verloren. Das Fernsehen erlangt derweil eine Bedeutung wie in den Urzeiten des Massenmediums: In der Ausgangssperre wird der heimische Bildschirm im gallischen Dorf zum Lagerfeuer, um das sich die Familie versammelt. Macrons Ansprachen erreichen mit 37 Millionen Zuschauern einen Marktanteil von 95 Prozent. Neben der monothematischen Information ist das Angebot vielseitig und hochstehend. Theater, Oper, Film. Aus dem Jugendsender ,,France 4" wurde ein flimmerndes Klassenzimmer. Eine Zeitlang war das Bezahl-Fernsehen gratis.

Doch die Zukunft des Fernsehens ist düster. Die Werbeeinnahmen brechen ein. Es droht Programmnotstand: Die Dreharbeiten sind blockiert, die Fußball-Meisterschaft ist zu Ende, Shows mit Publikum gibt es nicht. Auch ein Datum für die zweite Runde der Kommunalwahlen steht nicht fest. Der Ausnahmezustand ist bis zum 24. Juli verlängert. ...


Aus: "Frankreichs Krisen-Berichte : Die Ärzte regieren" Jürg Altwegg (06.05.2020)
Quelle: https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/die-aerzte-regieren-frankreichs-krisen-berichte-16755504.html


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Quote[...] Nach Feierabend sitze ich mit Freunden bei einem befreundeten Italiener im Restaurant. Eigentlich erzähle ich sonst kaum von meiner Arbeit. Aber als eine der Bediensteten nebenher belustigt anmerkt, ihre Schwester sei Corona-positiv getestet worden, drehe ich mich zum Inhaber um und frage ob das sein Ernst sei. Sie muss in Quarantäne! Meine Freunde am Tisch lachen und meinen, ich solle mich nicht so haben. Das sei doch alles nur Panikmache. Ich kann nicht fassen, wie Krankenhaus und das hier parallel stattfinden können. Meine Freunde begreifen nichts.

... Unser erster Covid-19-Fall kommt an einem Sonntag. Ich sehe ihn bei der Visite, da ist er schon intubiert worden. Alles läuft nach Plan. Der Patient liegt in dem dafür vorgesehen Einzelzimmer. Schleusen, also doppelte Türen, gibt es bei uns allerdings nicht. In den wenigsten Krankenhäusern sind die serienmäßig überall eingebaut. Bei uns ist das Beatmungsgerät sozusagen die zweite Tür.

Doch schon bei diesem einen Patienten zeigt sich, wie vertrackt alles doch ist. Kompliziert und ethisch heikel. Zwei Pfleger gehen zwei Mal pro Schicht rein. Wir Ärzte auch. Mit zwei Schutzkitteln, doppelten Handschuhen, Mund-, Kopf- und Schuhschutz. Am Anfang tragen wir wasserdichte OP-Kittel, doch weil uns die dann drohen auszugehen, steigen wir wieder um auf normale Kittel. Beim Mundschutz ist es das Gleiche. Mal heißt es, jeder im Krankenhaus müsse Mundschutz tragen. Dann sehe ich plötzlich eine Krankenschwester in einer FFP-2 Maske – also einer über Nase und Mund mit Ventil – einen reguläre Patienten behandeln und werde wütend. Wenn das so weiter geht, fehlen die uns bald für die dafür vorgesehenen Covid-19-Fälle. Danach heißt es, Mundschutz nur noch auf der Intensivstation.

Das ganze Anziehen und Einpacken, bevor wir das Zimmer betreten, dauert gut zehn Minuten. Wer schnell und routiniert ist, schafft es vielleicht in fünf. So oder so stellt uns das vor ein viel größeres, moralisches Problem. Normalerweise gehen wir immer wieder zu den Patienten, schauen nach, wie es ihnen geht. Doch ein ,,Normalerweise" gibt es nicht mehr. Jetzt betritt keiner mehr als irgend nötig das Patientenzimmer. Zwei Mal pro Schicht. Ansonsten sind Covid-19-Patienten allein. Auch wenn sie einen Herzinfarkt haben sollten oder irgendetwas anderes, ganz egal – einfach reinrennen und reanimieren geht nicht mehr.

... Am Tag, nachdem der erste Covid-19-Fall zu uns kommt, telefoniere ich lange mit den Angehörigen der Patienten unserer Station. Ich versuche ihnen zu erklären, dass sie nicht mehr zu Besuch kommen dürfen. Dass sie nicht dabei sein dürfen, wenn ihre Ehefrau, die so alt ist wie mein eigenes Kind, aus dem Koma aufwacht. Dass sie die Hand ihres Mannes nicht mehr halten dürfen, bevor er operiert wird. Manche flehen, viele sind verständnisvoll, einige wütend. Währenddessen testen wir unsere Covid-19-Fälle immer wieder aufs Neue. Ab wann sind sie nicht mehr ansteckend? Immer wieder ist der Test positiv. Fast zwei Wochen geht das schon so.

Um das Krankenhaus wird ein Schutzschild hochgezogen. Zu uns auf die Station dürfen gar keine Besucher mehr, dafür kommen wir jetzt nur noch mit Ausweis rein. Auch alle Nebeneingänge werden dicht gemacht. Sicherheitspersonal bewacht den Zugang. Doch nicht nur Ausweise kontrollieren sie. Sie schauen von jetzt an auch in unseren Taschen nach.

Es hat sich eine allgemeine Hysterie Bahn gebrochen. Plötzlich entwenden unsere eigenen Angestellten Masken und Schutzanzüge. Reguläre Patienten werden mit Schwimmbrillen auf behandelt. Und eine Kollegin trinkt nur noch ihr eigenes Wasser aus der Flasche, während sich alle unablässig die Hände desinfizieren.


Aus: "Du weißt: Die Welle, jetzt kommt sie" Anonym (01.04.2020)
Quelle: https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/du-weisst-die-welle-jetzt-kommt-sie

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Quote[...]  Corona-Diaries FFP2-Masken, die geklaut, und Luftröhrenschnitte, die nicht gewagt werden. Tagebuch einer Oberärztin einer Intensivstation in Süddeutschland – Teil 2 (Anonym)

9. April 2020 Dilemma, das: Zwangslage, Situation, in der sich jemand befindet, besonders wenn er zwischen zwei in gleicher Weise schwierigen oder unangenehmen Dingen wählen soll oder muss.

Eigentlich ist bei uns alles wie immer, möchte ich fast sagen. Wir finden als Intensivstation langsam wieder zu so etwas wie einer Routine zurück. Werden sicherer, bestimmter. Nur wer unter die Wasseroberfläche schaut, merkt, dass sich da etwas ganz leicht verschoben hat. Dass das Bild die Ränder zerrt.

Jeden Tag, mehrmals pro Schicht, schaue ich auf die Webseite der John Hopkins Universität. Schaue nach, wie viele Infizierte es gibt, wie viele Tote und vor allem: wie viele Genesene. Die guten Zahlen für Deutschland überraschen mich. In Italien und Großbritannien ist die Sterblichkeit schon auf über 11% geklettert. Das ist irre, kaum einer spricht davon.

Jeden Tag wühle ich mich jetzt durch irgendwelche Studien, die mir Hinweise für die Behandlung unserer Covid-19-Patienten geben könnten. Studien mit n=30 oder n=5, so wenigen Testpersonen also, dass ich mich frage, wie aussagekräftig die überhaupt sein können. Wühle mich durch Artikel in Fachzeitschriften und seit neustem auch durch die bunte Welt der Youtube-Videos. Videos mit Hunderttausenden Clicks, in denen Ärzte in allen möglichen Sprachen das Intubieren von Covid-19 Patienten erklären.

Bei unseren Fällen haben wir mittlerweile alle Therapien, die in der Ärztewelt blühen, sein lassen. Das HIV Medikament hat bei uns keine Wirkung gezeigt, das gegen Malaria die Leber zerfressen und jenes gegen Rheuma auch auf Verbesserungen warten lassen. Die einzige Therapie, die wirklich was zu verändern scheint: Das drehen und wenden. Unsere Covid-19-Fälle liegen mal auf dem Bauch, mal auf dem Rücken (16 Stunden Bauch??).

Wasserstandsmeldung: 6 Covid-19-Patienten an Beatmungsgeräten, 1 Todesfall.

Letzte Woche wollte ich einen unserer Patienten extubieren, also ihn aus der Narkose aufwachen lassen, den Schlauch aus seiner Lunge ziehen. Seine Werte waren gut, doch weil wir keine FFP3 Masken mehr hatten, musste er noch zwei Tage länger ,,schlafen".

Jetzt über Ostern haben wir davon keine einzige mehr. FFP2 Masken sind uns zum Glück noch nicht ausgegangen, denn damit müssen die Pfleger in die Zimmer gehen. Es gilt: Pro Schicht und Pfleger eine Maske gegen Unterschrift. Und trotzdem sind letzte Woche 25 von ihnen einfach verschwunden. Geklaut und mitgenommen.

Ende März besucht ein Team des Deutschen Instituts für Krisenmedizin eine Klinik in Strasbourg. Der Bericht liest sich wie ein Schreiben von der Front. Eine Aufzählung jagt die nächste. Im Schnitt wird jede Stunde ein Covid-19 Patient mit schwerem Verlauf eingeliefert. Menschen über 80 begleitet man mit Opiaten und Schlafmittel in den Tod. Personal arbeitet auch positiv auf Covid-19 getestet weiter. In Deutschland hat der Tagesspiegel den Bericht veröffentlicht. Und das Straubinger Tagblatt.

Wir bekommen wie andere Krankenhäuser auch Patienten aus Frankreich. Nach welchen Kriterien sie ausgewählt werden, weiß ich nicht. Der eine kam halb tot bei uns an. Mit einem Narkosemittel, das für die Intubation eigentlich nicht ausreicht. Das richtige hatten sie nicht mehr. Ist dem Krankenhaus ausgegangen.

Unsere anderen Patienten liegen schon seit drei Wochen beatmet auf Station. Ihre Werte haben sich kaum verbessert. Normalerweise macht man nach sieben bis zehn Tagen einen Luftröhrenschnitt und legt den Schlauch durch den Hals in die Lunge. Dann müssen die Patienten nicht mehr unter Narkose stehen, können langsam aufwachen und schrittweise das eigene Atmen wieder lernen.

Doch bei Covid-19 Patienten gibt es kein normalerweise mehr. Sie werden über Wochen hin intubiert. Jeder hat Angst vor dem Luftröhrenschnitt, denn das ist der mit Abstand gefährlichste Moment. Der Moment, in dem das Risiko, sich anzustecken, am höchsten ist.

Ein kaum zu lösendes Dilemma. Denn auf der einen Seite stehen Pfleger und Ärzte, die wie Italien zeigt, auch geschützt werden müssen. Doch auf der anderen Seite, ihnen gegenüber sind die Patienten: In tiefer Narkose, am Beatmungsgerät, ohne Exit-Strategie.


Aus: "Dilemma, das" (14.04.2020)
Quelle: https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/dilemma-das-substantiv-neutrum

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Quote[...] MOSKAU taz | Jelena Nepomnjaschtschaja war Chefärztin im Krankenhaus für Kriegsveteranen im sibirischen Krasnojarsk. In einer Videokonferenz unterhielt sie sich mit dem Gesundheitsminister der Region, der sie unbedingt dazu bewegen wollte, in einem Krankenhaustrakt Corona-Infizierte unterzubringen. Die 47-jährige Ärztin lehnte dies strikt ab. Noch während der Konferenz soll sie aus einem Fenster im fünften Stock gefallen und später ihren Verletzungen erlegen sein.

Auch Alexander Schulepow stürzte in der Nähe von Woronesch aus dem zweiten Stock einer Klinik und erlitt einen Schädelbasisbruch. Der Sanitäter sollte, gerade hatte er von seiner Covid-19-Infektion erfahren, mit den Kollegen weiter zusammenarbeiten.

Natalja Lebedewa, Leiterin der Unfallstation in Swesdnij in der Nähe der russischen Hauptstadt Moskau, soll Suizid begangen haben, weil sie angeblich Mitarbeiter mit dem Virus angesteckt hatte.

Drei mysteriöse Fälle in kürzester Zeit. Das stärkt nicht das Vertrauen in die Verantwortlichen. Viele Bürger zweifeln ohnehin an den offiziellen Infektionszahlen.

Am Wochenende stiegen die täglichen Neuinfektionen erstmals auf über 10.000. Am Dienstag waren es 10.102. Bislang nahmen die Infektionen langsamer zu. Auch die Todesrate mit landesweit 1.451 Toten war niedrig im Vergleich zu den europäischen Nachbarn. Inzwischen sind jedoch mehr als 155.370 Menschen infiziert. Russland liegt damit auf Platz sieben unter den Coronastaaten.

Dass es nicht so glimpflich verlaufen werde, ahnte Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin schon vor Längerem. Präsident Wladimir Putin hatte den Stadtvorderen vorher zum Chef des Krisenstabs ernannt.

Bei einem Besuch des in nur einem Monat aus dem Boden gestampften Infektionskrankenhauses Kommunarka am Stadtrand Moskaus wies der Bürgermeister Putin Ende März daraufhin, hinter den Zahlen könne sich noch eine hohe Dunkelziffer verbergen. Vor allem über die Verbreitung des Virus in den Regionen sei wenig bekannt. Präsident Wladimir Putin schien die Gefahr damals anders einzuschätzen und beruhigte die Bürger, alles sei ,,unter Kontrolle".

Den Höhepunkt der Epidemie erwartet der Krisenstab erst ab Mitte Mai. Langsam nehmen jedoch die Sorgen zu, dass auch Moskaus medizinische Einrichtungen an ihre Belastungsgrenzen stoßen könnten.

Kein Grund zur Beunruhigung, heißt es von offizieller Seite. Auch für den größten Ansturm seien Ausweichquartiere in Vorbereitung. Eines davon in den Räumen eines Autohauses, ein anderes auf dem Gelände der sowjetischen ,,Allunionsausstellung". Auch werden Abteilungen anderer Kliniken auf die Schnelle umgerüstet.

Moskau bleibt das Zentrum der Epidemie trotz zunehmender Infektionen in den Regionen. Zwei Prozent der Stadtbevölkerung, vermutete Sobjanin, könnten infiziert sein. Das wären 250.000 Menschen, mehr, als die offizielle Statistik verrät.

Angeblich soll sich die Pandemie jedoch nicht mehr ausbreiten. Der Anstieg spiegele nur die Zunahme von Tests, sagt Alexander Ginzburg, Epidemiologe vom Moskauer Gamaleja-Zen­trum. In den letzten Tagen seien deren Anzahl verdoppelt worden. Bis vor Kurzem galten russische Tests als wenig verlässlich. Trotz Infektion wurde bei einer Reihe von Testläufen die Hälfte der Probanden als gesund eingestuft.

Premierminister Michail Mischustin gehörte nicht dazu. Vergangene Woche meldete er sich beim Präsidenten krank. Auch Bauminister Wladimir Jakuschew wurde zum Coronafall, ebenso sein Vize. Sie alle sind im Krankenhaus. Mit den Wünschen einer schnellen Genesung warnte der Präsident: ,,Jeden kann es treffen."

Auf den ersten Blick sieht es so aus, als hätte Moskau alles im Griff. Krankenwagen mit Infizierten mussten aber manchmal vor den Kliniken in der Hauptstadt und Sankt Petersburg stundenlang warten. Bei steigenden Zahlen könnte das häufiger werden, befürchten Angestellte aus dem Gesundheitswesen im Netz. Meist bleiben sie anonym – aus Angst vor Konsequenzen.

Erst kürzlich rügte Dmitri Peskow, Putins Pressechef, die Zunft, weil sie Forderungen öffentlich machte. Schon bei Schutzkleidung, Masken und Handschuhen käme es zu Engpässen, klagen viele. Haltet euch an die örtlichen Gesundheitsämter, riet Peskow. Doch diese verwalten oft nur den Mangel.

Meist sind es Privatpersonen oder Aktivistinnen wie Anastasia Wassiljewa von der Ärzteallianz, die auf eigene Faust Mangelware auftreiben, Geld sammeln und Lieferungen auch in der Provinz verteilen. Häufig versuchen Ordnungshüter sie daran zu hindern, als täten sie etwas Unerlaubtes. Dutzende Hilferufe von Mitarbeitern im Gesundheitswesen gehen bei Aktivisten ein.

Der Kreml möchte keine Schwäche zeigen. Hilfe von außen benötigt er nicht, zumindest vermittelt er dieses Bild. Präsident Putin macht jedoch einen etwas entrückten Eindruck, als müsse er sich notgedrungen mit dieser Malaise befassen.

Tatsächlich sind seit Tagen mehr als 600 Studenten der medizinischen Hochschulen als ,,Freiwillige" im Einsatz. Die angehenden Ärzte aus den höheren Semestern werden händeringend gesucht. Sobjanin verkaufte dies als Möglichkeit, Praxiserfahrungen zu sammeln.

Genauer besehen handele es sich dabei jedoch um kein freiwilliges Praktikum, gesteht ein Student. Der Einsatz werde erwartet. ,,Wer Angst hat, in einer Infektionsabteilung zu arbeiten, und sich drückt, muss zusehen, wie er ohne das plötzlich zur Pflicht erklärte Praktikum im Studium weiterkommt", berichtet die 22-jährige Tatjana.

Die meisten Studenten arbeiten in der ,,roten Zone", in der Covid-19-Infizierte untergebracht sind. 40 Minuten dauere es, wenn jemand austreten müsse, meint einer der Assistenzärzte. Den Schutzanzug auszuziehen, sei umständlich. Viele würden sich daher bei längeren Schichten für Windeln entscheiden, meint der Mediziner Andrei Atroschtchenko.

Dass die Helfer mit umgerechnet 1.200 Euro im Monat gut bezahlt werden, scheint unterdessen ein Gerücht zu sein. Kein Student wollte das bisher bestätigen. Solche Gehälter stehen gewöhnlich erst voll ausgebildeten Ärzten zu.

,,Kommt es auf die Höhe des Geldes an?", fragt Daria Belimowa, die das ,,Freiwilligenprogramm" beim Gesundheitsministerium koordiniert. ,,Machen wir es nicht, wer macht es dann?" Schließlich sei Opferbereitschaft auch eine positive Eigenschaft des Landes, sagt sie.

Laut Zeitung Wedomosti entließ Moskau zwischen 2013 und 2019 mehr als die Hälfte der Mitarbeiter im Gesundheitswesen. Unter die ,,Reformmaßnahme" fielen vor allem Pfleger und Krankenschwestern.


Aus: "Coronakrise in Russland: Mundtoter Medizinbetrieb" Klaus-Helge Donath (5. 5. 2020)
Quelle: https://taz.de/Coronakrise-in-Russland/!5680067/


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Quote[...] Eine neue Atemwegserkrankung taucht in Asien auf, verbreitet sich um die ganze Welt und tötet Hunderttausende Menschen. Dieses Szenario beschreibt nicht nur die aktuelle Corona-Pandemie, sondern auch die sogenannte "Hongkong-Grippe" Ende der 1960er-Jahre, die auch als die "vergessene Grippe" gilt.

Das Virus A(H3N2) trat erstmals Mitte 1968 in Hongkong auf und breitete sich in den darauffolgenden eineinhalb Jahren rund um den Erdball aus. Weltweit starben eine Million Menschen, allein in den Vereinigten Staaten waren es 50.000. In Europa war Frankreich besonders stark betroffen, dort starben 31.000 Menschen. Für Deutschland gibt es keine genaue Zahl der Toten. Besonders schwer war hier die zweite Pandemie-Welle 1969/70.

"Die Leute wurden in katastrophalem Zustand auf Tragen gebracht. Sie waren ganz grau, starben an Lungenblutungen. Alle Altersgruppen waren dabei, 20-, 30-, 40-Jährige und auch ältere", erinnerte sich der französische Infektiologe Pierre Dellamonica 2005 in der Tageszeitung "Libération" an die Zeit der "Hongkong-Grippe". Auf dem Höhepunkt der Epidemie in Frankreich hätten sich die Toten "in den Hinterzimmern der Krankenhäuser und in Leichenhallen" gestapelt, sagt der Medizinhistoriker Patrice Bourdelais von der Pariser Hochschule EHESS.

Trotz der vielen Opfer und überfüllter Krankenhäuser blieb die Politik damals weitgehend tatenlos und die Zeitungen berichteten kaum über die Pandemie. Damals hätten Ärzte und die breite Öffentlichkeit fast blind an den medizinischen Fortschritt durch Impfstoffe und Antibiotika geglaubt, nennt Bourdelais einen der Gründe. Zudem sei der Umgang mit dem Tod ein anderer gewesen.

Die "Hongkong-Grippe" fiel außerdem in die Zeit des Vietnam-Kriegs und einer schweren Hungersnot in Westafrika. Dies relativierte in der Wahrnehmung die Zahl der Pandemie-Toten. Heute hingegen sei die Gesundheit das wichtigste Anliegen des Einzelnen, sagt Bourdelais. Vor der Corona-Pandemie habe allgemein die Überzeugung vorgeherrscht, unsere Gesellschaften seien für einen solchen Krankheitsausbruch gewappnet.

Für den Geografen Michel Lussault spiegelt die Corona-Pandemie "das Ausmaß der mit der Globalisierung verbundenen Umwälzungen" wider mit ihrer riesigen internationalen Mobilität von Gütern, Menschen und Information. Diese Globalisierung zeigt sich auch in den Zeiträumen: 1968 brauchte das Virus A(H3N2) mehrere Monate, um sich von Asien nach Europa und in die USA auszubreiten. Beim Coronavirus dauerte es lediglich ein paar Wochen

Quelle: ntv.de, agr/AFP


Aus: "Die "vergessene Pandemie" - "Hongkong-Grippe" tötete Hunderttausende" (Dienstag, 05. Mai 2020)
Quelle: https://www.n-tv.de/wissen/Hongkong-Grippe-toetete-Hunderttausende-article21760324.html


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#93
Quote[...] Bill Gates hat sich etwas auf die Seite gelegt von seinem unternehmerischen Schaffen. Der Microsoft-Gründer könnte sich wohl jeden Tag nach dem Frühstück einen Fuhrpark mit ein paar Dutzend SUVs bestellen, ohne seine eiserne Reserve für die Pension allzu sehr zu belasten. Würde er die übermotorisierten Vehikel ein paar Wutbürgern zur Verfügung stellen, damit sie Greta Thunberg und Co damit trotzig um die Ohren fahren - Bill Gates flögen die Herzen zu.

In Wirklichkeit läuft es nicht so geschmeidig ob des tatsächlichen Engagements eines der reichsten Männer der Welt. Gates unterstützt die Weltgesundheitsorganisation WHO und investiert in Unternehmen, die nach Impfstoffen forschen. Das sorgt für weltweite Schnappatmung im Konglomerat von Verschwörungstheoretikern, Impfgegnern und Anbetern des US-Präsidenten Donald Trump. Nicht zuletzt mit harscher Kritik an Trump und dessen Zahlungsstopp an die WHO hat sich Gates allerlei Unmut aus diesen Kreisen zugezogen. In Texas verlangten Impfgegner bei einer Demo unlängst lautstark die Verhaftung von Gates. In den sozialen Medien sorgt dieses Soziotop mit einer Kampagne dafür, dass George Soros von Gates als meist gehasster Mann der Welt abgelöst hat. Und das will etwas heißen. 

Die Anklagepunkte gegen Gates stünden fest, hätten die Seuchenfreunde das Sagen: Gates habe mitgeholfen, das Virus zu verbreiten, nachdem eines seiner Unternehmen längst ein Patent auf einen Impfstoff dagegen entwickelt hatte. Nebenbei will Gates die Weltbevölkerung mit Impfungen dezimieren. Uns werde mit der Vakzine gegen Corona zugleich und geheim ein Chip implantiert, mit der uns eine - zumeist "Kabale" genannte - Elite wie Drohnen fernzusteuern plant. Tausende Youtube-Clips und Memes mit bizarren, verzerrenden und surrealen Collagen dazu verbreiten sich in den sozialem Medien mit einer Geschwindigkeit, die Corona, Ebola und Masern-Viren alt aussehen lassen.

Fast mit Wehmut erinnert man sich an Diskussionen mit ideologisch weniger fundierten Anti-Vax-Moms und -Dads in vergangenen Jahren, als regelmäßig die Masern aufpoppten irgendwo auf der Welt. Impfkritik war bisher eher ein Steckenpferd grün-alternativer Bobos. In dem Milieu haben nicht nur Stoffwindel die Pampers ersetzt und Hirsebällchen die Schokobananen, sondern auch krude Impfverweigerung eine solidarische Gesundheitsvorsorge. Impfungen verweigerte man aus zweierlei Gründen. Erstens aus Pragmatismus, weil halbwegs durchgeimpfte Milieus von offenkundig nur mangelhaft reflektierenden Prolos und Bürgerlichen brav wie die Schlafschafe für einen Herdenschutz sorgten. Zweitens aus der Verklärung von Krankheit und Seuchen. Man wolle dem Kind "die Chance, einen Infekt durchzustehen" nicht vorenthalten. Über allfällige Masernopfer rümpfte man hinter vorgehaltener Hand die Nase und erinnerte daran, dass man gegen das Karma ohnehin nicht heilen könne. Auf das eigene Kind indes war man stolz, es zeigte einen "erstaunlichen Entwicklungsschub" nach dem Karma-reinigenden Stahlbad im Kinderzimmer.   

Corona mischt die Karten neu. In der Kakophonie der "impfkritischen" Seuchenfreunde geben stramm rechte Influencer den Takt an. Die Bereitschaft, deren Narrativ zu übernehmen, reicht allerdings weit nach links. Die Botschaft mit dem Spruch "Gib Gates keine Chance" macht Sinn für den Identitären, der sich in einen wackeren Kampf gegen "Globalisten" imaginiert und für den linken Graswurzelaktivisten, der den üblen Kapitalisten an den Pranger stellen will. Die Bilder dieser Querfront sind nicht schön und sie sind entlarvend für beide Seiten.

Bereits Mitte April demonstrierte in Berlin eine bizarre Melange rechter und linker Aktivisten gemeinsam - unter anderem gegen "Impfterror." Auch bei den nun in Österreich aufpoppenden Demos gegen die Corona-Maßnahmen fanden Rechtsextremisten, Impfgegner, Gates-Ankläger und Verschwörungstheoretiker gemeinsam Gefallen an der Sache. Identitäre beobachten den Unmut der Unwuchten zufrieden vom Trottoir aus. Vielleicht suchen die selbsternannten Patrioten noch eine Linie zum Thema Impfen. "Herdenimmunität" klingt verlockend für die völkische Wannabe-Elite, aus medizinischer Sicht umfasst die "Herde" freilich deutlich mehr Menschen und Kulturen, als ihnen lieb sein dürfte. Ein Dilemma. Bei einer der Demos skandieren die Teilnehmer: "Wir sind die Juden". Man fühlt sich schließlich unterdrückt, Diktatur und Verfolgung stünden ante portas, da darf sich guter Geschmack einen Babyelefanten weiter hinten anstellen. Die Fotomontage eines zerschlissenen gelben Davidsterns aus der NS-Zeit kursiert auf Facebook, die Aufschrift "Jude" wurde entfernt und mit "Nicht geimpft" ersetzt.

Weniger quer, sondern stramm verschwörerisch ist eine Front in Deutschland. Der in der Truther-Szene vielzitierte Aktivist Oliver Janich gluckst in einem Youtube-Filmchen zufrieden: "Wir haben Bill Gates in die Flucht geschlagen." Gesprächspartner ist der Musiker Xavier Naidoo, der seit einiger Zeit Schnittlauch und Fettauge auf jeder Verschwörer-Suppe mimt. Was die beiden auf die Palme trieb: Eine Reihe von Prominenten hatten in Postings für die Aktion "Solidaritypledge" geworben. Der Aufruf richtete sich an die Politik, sie solle den Schutz und die Forschung für Risikogruppen wie Ältere und Bedienstete im Gesundheitswesen forcieren.

Ein harmloses Anliegen, hinter dem Janich, Naidoo und Co Impfzwang-Propaganda orteten. Sie ließen Fans und allerlei Brüder in Wut die digitalen Stiefel schnüren und von der Leine. Das Sujet "Gib Gates keine Chance" flutete die Threads der arglosen Unterstützer. Sogar der deutsche Fußballweltmeister Mario Götze sah sich ob des massiven Shitstorms gezwungen, seinen Unterstützer-Post für die Aktion zu löschen.

In Österreich frohlockt die rechte Krawallpostille "Wochenblick" über Naidoos "Sieg gegen Bill Gates", adelt den Youtube-Darsteller Janich zum Investigativjournalisten und macht mit düsteren Metaphern Stimmung: "Bill Gates will sieben Milliarden Menschen impfen lassen!"

Ein kleiner Wermutstropfen für rechte Impfgegner: Bei der Hassfigur Gates findet sich  beim besten Willen keine jüdische Genealogie. Janich versucht trotzdem wacker, Gates in einen antisemitsich verwertbaren Narrativ einzubinden. Im Youtube-Filmchen "Biotechfirma entdeckt Corona-Impfstoff" orakelt Janich von der "Rothschild-Epstein-Gates-Darpa-Verbindung". Diese Erzählung gerät freilich äußert verwinkelt, dieser Spin wird ein wenig zu kompliziert sein für das eher schlichte Zielpublikum. Viel Pulver für die Sache hat Janich bereits im März verschossen, als er von einer bevorstehenden Weltregierung warnte. Die Familie Rothschild und Gates würden die Gelegenheit dazu während der Pandemie bei den Hörnern packen. Zudem warnt Janich vor einer "Räterepublik der Virologen" und en passant streut Janich eine recht plausible Quelle ein, die verkündet: "Bill Gates verlangt ein sozialistisches Gesundheitssystem, um Corona zu bekämpfen."

Janich hat nicht nur eine blühende Fantasie, sondern auch eine Alternative zu den üblen Impfungen. In seinem Telegram-Kanal verkündete er, dass er schon lange mit Desinfektionsmitteln experimentiere: "Meine ersten positiven Erfahrungen mit intravenösen Chlordioxid Infusionen, habe ich bereits vor sechs Jahren sammeln können. Seither habe ich das Verfahren perfektioniert." Hat gar Janich dem US-Präsidenten einen Floh ins Ohr gesetzt? Trump dachte laut darüber nach, dass Desinfektionsmittel nicht nur am Handlauf und am Einkaufswagerl, sondern - via Jaukerl - auch im Körper Viren erfolgreich bekämpfen könnten.

Die politische Positionierung hinsichtlich einer allfälligen Impfung gegen Corona sind in Österreich, in Europa und vermutlich weltweit klar. Rechte und Rechtspopulisten machen mobil, der Vorwand lautet "Impfzwang", ein allgemeiner Furor gegen Impfungen wird dabei wohl in Kauf genommen und weitgehend unterstützt. In Österreich haben Kanzler Sebastian Kurz und sein Vize Werner Kogler unmissverständlich geäußert, dass sie auf eine Impfung hoffen.

Mit der zumindest informellen Schutzherrschaft der Grünen über Pseudomedizin und Impffeindschaft ist es offenkundig vorbei. In die Bresche wird wohl die FPÖ springen. Das wechselseitige Pushen der Agenda zwischen obskuren Verschwörungstheoretikern und FPÖ-Politikern ist kein neues Phänomen. Die derzeitige politische Konstellation lässt manches Schmankerl von Funktionären am flachen Land erwarten. Einen kleinen Vorgeschmack gibt eine Ankedote aus Steyr. Der Zahnarzt und Tourismus-Stadtrat Mario Ritter von der FPÖ richtet der Öffentlichkeit und dem Bundeskanzler in einem Video aus, "sich - ebenso wie viele andere Österreicher - sicher nicht impfen zu lassen". Der Stadtrat stellt Kanzler Kurz dann persönlich die Rute ins Fenster: "Eines dürfte Ihnen entgangen sein: Impfschäden sind nur in den USA einklagbar. Oder übernehmen Sie die Verantwortung? Ich glaube, sicher nicht!"   

Post scriptum: Ich freu mich auf die Diskussion mit allen, die Gates "keine Chance geben wollen" umso mehr, wenn die Eingabe über ein Microsoft-System erfolgt. Jeder noch so kleine Puzzlestein zur Entwicklung einer Impfung ist begrüßenswert. (Christian Kreil, 6.5.2020)


Aus: "Stiftung Gurutest - Die Seuchenfreunde gegen Bill Gates und den "Impfterror"" Christian Kreil (6. Mai 2020)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000117235605/die-seuchenfreunde-gegen-bill-gates-und-dem-impfterror

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kannspurenvonnuessenenthalten

Dieser Artikel strotzt ja nur so vor Vorurteilen gegen jeden Menschen, der nicht mit der veröffentlichten Meinung konform geht!
Einfach nur beschämend, dass man hier lieber Leute gegeneinander aufgestachelt werden, anstatt sich mit den von ihnen vorgebrachten Vorwürfe einfach einmal sachlich auseinanderzusetzen.


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Gartenarbeiterin

Wozu diese Diskriminierung von Kritikern? Wie wäre es mit Meinungsfreiheit?


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littlenoises

Meinungsfreiheit bedeutet, Sie dürfen etwas sagen, ohne dafür staatlich verfolgt zu werden. Das ist hier der Fall. Meinungsfreiheit bedeutet aber auch, dass andere Menschen Ihnen sagen dürfen, dass Ihre Meinung sich nicht an Fakten orientiert und sich diffuser Ängste bedient. Das ist bei allen, die die tumbe Anti-Gates-Hetze nicht stützen wollen, ebenso der Fall.


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Reg Shoe

Da es immer wieder hier ein Thema ist:
- Kann man Bill Gates kritisieren und ihm als Kapitalisten Eigeninteressen (Geldvermehrung) unterstellen?
- Darf man die Frage stellen, ob 5G negative Auswirkungen auf die Umwelt hat?
- Darf man kritisch Überwachungsfantasien unserer Regierung/unseres Nationalratspräsidenten Sobotka hinterfragen?
- Kann man sich fragen, ob COVID-19 mit dem Hochsicherheitslabor in Wuhan in Zusammenhang steht?

Ja, kann, darf und soll man. Ohne dass das sofort als Verschwörungstheorie abgetan wird.

ABER:
Sobald ich ohne jegliche fundierte Quelle Behauptungen aufstelle, diese Punkte kombiniere und einer wie auch immer gearteten Hintergrundperson (-personen) eine Verschwörung zum Nachteil der Menschheit unterstelle, dann ist es eben eine Verschwörungstheorie!


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Langhorne Clemens

Finde Verschwörungstheoretiker genauso verbohrt
wie den Kolumnisten hier. Man muss kein Spinner zu sein, um - wie es z.B. die renommierte deutsche "Zeit" auch getan hat - den immensen Einfluss von Gates auf die WHO zu kritisieren. Das ist nicht demokratisch, sowichtige Fragen gehören in die Hände der Gemeinschaft, und nicht in die Hände eines Milliardärs. Ob er es jetzt gut meint oder nicht. Und zu sagen, jeder, der bei Impfungen differnziert denkt, ist ein Rechter, ist Gesinnungsterror, der sich nicht von denen unetrscheidet, die hier zur Recht auchkritisiert werden.


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Bessermacher

Finde den Artikel auch gut und auf der Höhe der Zeit. Grüne Impfkritiker wird es sicherlich weiter geben und es ist auch gut so. Warum sollte man die Impfkritik den Rechten überlassen?
Und bei Gates sind schon zwei Sachen anzumerken: Wenn er schon sein Stiftungsvermögen für die Weltgesundheit einsetzt - altrustisch ist es nicht. Warum betreibt er ansonsten einen derartigen Lobbísmus bei den Staaten damit seine Milliardenprojekte verwirkicht und lukrativ werden können? Und ich möchte mir nicht von Gates vorschreiben lassen wollen, zu welchen Impfungen ich bereit sein muss oder auch nicht.


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Halbwahrheiten sind unsere einzige Stärke

Die Vertrottelung der Menschheit schreitet mit großen Schritten voran. ...


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KBBerger

Man lacht über die Dummköpfe aber für Leute wie Gates ist das wohl weniger lustig. Gut - es sind Idioten. Aber ein kleiner Teil von ihnen sind dann "radikale Idioten", die auch vor Gewalt nicht zurückschrecken um die Welt zu retten. So wie jener Verrückte, der in einer Pizzeria herumgeschossen hat um die von Hillary Clinton gefangenen Kinder zu befreien.
Und wenn so jemand eingeredet wird, man müsste die Welt von Gates befreien ... na gute Nacht.


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diestimme

mir graut genauso vor leuten, die von jedem anderen verlangen, doch nach ihrer pfeife zu tanzen: "was, du lässt dich nicht impfen? MÖRDER!!!"
wir dürfen das recht jedes menschen auf leben respektieren, auch unser eigenes, aber wir dürfen ebenso die freiheit jedes menschen respektieren, über seinen körper selbst zu bestimmen. ohne begründung und ohne rechtfertigung. das ist menschenwürde.


QuoteClaire Obscure

ist in ordnung, solange der mensch
a) nur für sich selbst und nicht für seine kinder entscheidet und
b) im krankheitsfall nicht das gesundheitswesen beansprucht


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cannonero

Mit der Entscheidung nicht zu impfen, gefährdet man andere Menschen. Da ist das Recht auf Selbstbestimmung vorbei.


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diestimme

nein ist es nicht. alles andere ist ihr wunschdenken.


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das 13. Pferd

Dass heißt, sie halten sich auch nicht an Verkehrsregeln und Geschwindigkeitsbegrenzungen, weil das ihre Freiheit einschränkt? Egal ob sie damit anderer, aus ihrer Sicht schwächerer Verkehrsteilnehmer, Leben gefährden? Na warum sollte dann dem Rest eigentlich ihr Leben nicht egal sein?


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Binford6100

Irgendwie ist mir nach Lesen des Artikels jetzt schlecht.
Die Menschheit wird immer stupider.


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ScottHastings1

Jetzt müßten wir nur erfahren, wer so eine Zwangsimpfung plant, gegen die sich der Volkszorn angeblich richtet.


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sinnreich

Nicht das Ganze aus den Augen verlieren, es geht hier nicht nur um Impfung, es geht um Ausgangssperre, Maskenpflicht, Isolierung, Kurzarbeit, Arbeitsverlust, Schulden,...das haben sich doch die Menschen nicht freiwillig ausgesucht, sie wurden unter Androhung von Strafe und mit Polizeigewalt dazu gezwungen. Und ich will jetzt nicht diskutieren ob das angemessen war oder nicht - sie wurden gezwungen und wie schon mehrmals in diesem Forum erwähnt, ist Zwang ein schlechtes Mittel um Menschen zu kontrollieren, wie wir ja auch gerade so schön beobachten können.


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it's my life

Nachdem Gates, wie übrigens auch Soros, über Jahrzehnte all jene Steuern vermieden haben, die Amerika in der Tat gut brauchen könnte, um ein funktionierendes Gesundheitssystem zu schaffen, brauchen sie sich / wir uns über dystopische Nachreden nicht wundern ...


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ScottHastings1

Sind Sie dem Gates sein Steuerberater, weil Sie so gut bescheid wissen?


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it's my life

Gates oder Soros sind gewiss auch nur Zerrbilder jenes kaputtmachenden Kapitalismus, dessen Ideologie (Idiotie!) ein Gutteil aller gesellschaftlichen Verwerfungen grundsätzlich anzulasten ist ...


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Mode Biller

Blöd nur, dass viele dieser Superreichen noch nicht mal groß gegen Steuern sind
'The rich should pay more' — Bill Gates calls for higher taxes on the wealthy in New Year's Eve blog post
"The rich should pay more than they currently do, and that includes Melinda and me," Gates added, referring to his wife, who with him founded the Bill & Melinda Gates Foundation.
Theron Mohamed Jan. 2, 2020, 08:36 AM

https://markets.businessinsider.com/news/stocks/bill-gates-calls-tax-hike-wealthy-new-years-eve-blog-2020-1-1028791394

Wenn in den USA über Steuererhöhungen gesprochen wird, dann laufen komischerweise immer die zu kurz Gekommenen sturm.


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Zwie Ferl

"Post scriptum: Ich freu mich auf die Diskussion mit allen, die Gates "keine Chance geben wollen" umso mehr, wenn die Eingabe über ein Microsoft-System erfolgt. ":

Daumen hoch - ein Linux-User ;-)


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lifeguard 80

Ich versuch mal, die Logik dieser Leute zu verstehen: Bill Gates hat also 195, zum Teil untereinander verfeindete, Regierungen dazu gebracht, eine unkontrollierbare Seuche freizusetzen, um so die Kontrolle über diese Welt zu übernehmen, im Auftrag des Hohen Rates von Mizar, damit die Mizariten die Kontrolle über unser Sonnensystem übernehmen können. Welches genau zwischen den Draconiden und dem Khelnor-Imperium liegt.


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tucaram

Psst, es ist noch viel ärger! In Wirklichkeit will dieser Janich, Olli die Weltregierung an sich reissen, indem er uns allen intravenös Chlordioxid verabreicht.


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lifeguard 80

Janich ist ein Handlanger der Khelnor und die trachten danach, jedes Volk zwischen ihnen und den Draconiden auszulöschen oder zu unterwerfen. Das betrifft nicht nur die Menschen, sondern auch die Si'ari aus dem Chalawan-System und die Majriti aus dem Ypsilon-Andromeda-System.


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Josma

Das ist das blöde. auch bei diesem Artikel er vermittelt nur, das das alles Deppen sind die gegen Impfungen usw sind.

Das ist genau der Weg, vor dem ich mich fürchte. Man wird gewzungen zu allem ja zu sagen. weil sonst ist man ja ein Spinner.
Der Autor des Artikels versteht es nicht die auch berechtigten Problematiken dieser ganzen Thematik aufzuzeigen.
Denn es zielt in eine Welt ab, eben wie aktuell gewünscht von unserer Regierung, das alle Leute eine App haben, die zeigt ob Sie Gesund sind oder nicht. Ob Sie geimpft sind oder nicht usw usw...

Das wollen wir wirklich haben?

Die Leute bzw. der Autor haben scheinbar solche Angst vor dem Leben, das sie jede Freiheit aufgeben nur um sich sicher zu fühlen.
Manipulation die leider wirkt... auch bei scheinbar gebildeten.


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divis

Ich gebe Ihnen teilweise recht. Vielleicht sollte man sich nicht darauf versteifen, dass alle Impfgegner Vollidioten sind, sondern auch zugestehen dass manche einfach nur asoziale A-Löcher sind.


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cannonero

er vermittelt nur, das das alles Deppen sind die gegen Impfungen usw sind.

Es gibt auch kein valides Argument gegen Impfungen. Wer gegen Impfungen agitiert ist ein Vollidiot. ...


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diestimme

Doch, es gibt eins: wenn jemand das NICHT WILL. es ist verboten, jemanden am körper zu verletzen. eine impfung gegen den willen des betroffenen ist körperverletzung. strafbar.
wenn ihnen jemand eine hacke auf den schädel haut, müssens auch nicht begründen, dass und warum sie das nicht wollten.


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Gefrierflügelverpacker

Ganz sicher, und dieses Buch mit 400 Studien und Risiken in Sachen Impfen hat offensichtlich auch ein Vollidiot erfasst. Period.

https://www.amazon.de/Millers-Review-Critical-Vaccine-Studies/dp/188121740X

Ebenso wie diese Studie:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5868131/

Oder diese Kritik:
https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/pharmazie/pandemrix-hoeheres-impfrisiko-schon-vorher-bekannt-schweinegrippe-impfstoff/


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cannonero

Steck dir deinen Gish-Gallopp dahin wo die Sonne nie hinscheint. Impfungen haben Milliarden Menschenleben gerettet, da gibts für beschränkte Laien rein gar nichts zu kritisieren. Aber nett gegooglet hast, geht ja keioner davon aus, dass du dieses Buch auch gelesen hast oder sogar daraus zitieren könntest um deine Punkte zu unterstützen. Nein, du stammelst nur daher, kopierst ein paar Links und meinst damit einen relevanten Beitrag zum Thema Impfen gemacht zu haben. Anti-Vaxxer-Agitation.


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Gefrierflügelverpacker

Naja, also gegen Schaum vorm Mund dürftest dich aber noch nicht geimpft haben, bitte nachholen! Nebenwirkungen ungewiss, aber Experten sagen "go". Wenn was passiert, wirst entschädigt, no worries:

"Schaden nach Schweinegrippe-Impfung Schweden entschädigt Narkolepsie-Patienten" (13.05.2016)
Nach der Schweinegrippe-Impfung erkrankten in Europa auffällig viele Menschen an Narkolepsie. Schweden zahlt den Betroffenen jetzt bis zu eine Million Euro. Vielen genügt das nicht. ... Ein Teil der deutschen Betroffenen hat eine Entschädigung beantragt. Wird dem stattgegeben, haben sie die Möglichkeit auf eine lebenslange Grundrente. Grundlage dafür ist wie in Schweden, dass die Gesundheitsbehörden die Schutzimpfung öffentlich empfohlen hatten. ...
https://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/schweinegrippe-impfung-schweden-entschaedigt-narkolepsie-patienten-a-1092175.html

Zu diesem erwähnten Buch haben sich viele Ärzte geäußert, die Kritik ist absolut berechtigt. Blockwarte wie du haben halt ein Problem damit, wenn über gewisse Themen differenziert berichtet oder kritisiert wird.


QuotePersona=Lichtkörper

Den Einsatz, den Standard und Co für Bill Gates an den Tag legen, wünsche ich mir für Assange.

Der wurde wegen einer Verschwörungstheorie von den schwedischen Behörden verfolgt, man verbreitete auch die Verschwörungstheorie, dass es nicht um eine Auslieferung an die USA geht, und jetzt wird er aus fadenscheidigen Gründen im Gefängnis unter unzumutbaren Zuständen festgehalten und gequält.
Es geht bei Assange darum einen Aufdecker und den Journalismus von morgen mundtot zu machen.

Das ist doch wesentlich wichtiger, aber irgendwelche Gruppen, die glauben, Gates hätte das Virus erfunden. Und, ich würde mir wünschen, dass man über Gates genauso kritisch berichtet wie bisher über Assange.

Offensichtlich ein Wunschtraum.


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freedom of speech ?

Besorgte Eltern sollten froh sein, dass es Impfungen gibt. Sie müssten sich ansonsten über Kinderlähmung, Typhus, Pest, Milzbrand, Dyphterie, Pocken, etc. Sorgen machen. Letztere wurde übrigens in den 70ern durch Einführung einer Impfpflicht ausgerottet.


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b.schnaberl

Ich (kein Impfgegner und auf keiner der Demos gegen die momentanen Maßnahmen zu finden und die Gefährlichkeit des Virus durchaus anerkennend) finde den Artikel extrem einseitig! Hier wird auf eine Weise polarisiert, wie sie die Diskussion unmöglich macht.


...

Corona: Was ist dran an der Bill-Gates-Verschwörung? (8. Mai 2020)
Vor allem Impfgegner arbeiten sich an dem Microsoft-Mitgründer ab ... Verschwörungstheorien verbreiten sich wie Viren. Kaum erreichte das Coronavirus Europa, wurde darüber spekuliert, wer hinter der Krankheit stecken könnte. Dabei fällt oft der Name des Microsoft-Gründers Bill Gates, an dem sich vor allem Impfgegner abarbeiten. Die Gates-Stiftung finanziert weltweit unter anderem Gesundheitsprojekte, darunter auch Impfprogramme. Auf den sogenannten Querfront-Demonstrationen, bei denen sich Impfgegner, Verschwörungstheoretiker, Rechtsextremisten, Antisemiten und Menschen, die sich wegen der Einschränkung demokratischer Rechte Sorgen machen, zusammenfinden, wird er immer wieder ins Spiel gebracht. ...
https://www.derstandard.at/story/2000117360994/was-ist-dran-an-der-bill-gates-verschwoerung


Link

Quote[...] Auf der grünen Wiese zwischen den Häusern, wo die Jungs sonst Bälle hin und her kicken, tobt kein Kind. Auf den Wegen dreht keiner mit dem Roller seine Runden, und auch die großen Outdoor-Sessel, auf denen sonst gern die Mädchen aus der Siedlung abhängen, sind verwaist. Nur ein paar Jugendliche haben sich zum Rauchen hinter einer Hütte verkrochen und trauen sich erst hervor, als sie sehen, dass es nicht die Polizei ist, die vorbeikommt.

Bis auf einige wenige Bewohner, die an diesem Nachmittag von der Arbeit nach Hause gehen, wirkt die Karl-Kirchner-Siedlung im Frankfurter Stadtteil Preungesheim an diesem ungewöhnlich warmen Frühlingstag wie ausgestorben. ,,Ich bin total erstaunt", sagt Angela Freiberg und lässt ihren Blick über die leeren Wege und Wiesen schweifen, die dazu einladen, dass man sich auf ihnen niederlässt, um jenseits der engen Wohnung im Freien etwas Luft zu schnappen. Doch während nur ein paar Kilometer entfernt die Frankfurter Parks und Grünflächen so voll sind, dass Jogger, spielende Kinder und Spaziergänger Mühe haben, die Abstandsregeln einzuhalten, gähnt zwischen den vierstöckigen Zeilenbauten aus den sechziger Jahren die Leere.

Diese Leere überrascht Angela Freiberg nicht nur, sie erschwert auch ihre Arbeit. Denn die besteht darin, mit den Bewohnern des Viertels in Kontakt zu kommen, bei einem persönlichen Gespräch zu hören, was sie umtreibt, bedrückt oder welche Ideen sie haben. Doch der öffentliche Raum ist tot, und ohne Leben auf der Straße bleiben auch diese Begegnungen aus. Freiberg ist Quartiersmanagerin in Preungesheim. Der Stadtteil ist so bunt gemischt wie die Stadt selbst, ein eingemeindetes Dorf mit 15 000 Einwohnern aus 106 Nationen, einem altem Kern und schmuckem Neubaugebiet sowie einer großen Justizvollzugsanstalt, für die das Viertel auch überregional bekannt ist. Direkt an die Gefängnismauern grenzt auch die Karl-Kirchner-Siedlung, ein ,,benachteiligtes" Quartier, wie es im Behördendeutsch heißt. Hier leben viele große Familien in kleinen Wohnungen, aber auch alleinstehende Rentner, die schon seit Gründung der Siedlung vor sechzig Jahren hier wohnen. Die Miete ist für Frankfurter Verhältnisse günstig, die meisten Bewohner haben nicht viel Geld, aber der Zusammenhalt im Viertel ist stark – was nicht zuletzt an der Arbeit von Angela Freiberg liegt.

Sie sitzt im Nachbarschaftsbüro, einem umgebauten Kiosk inmitten des Quartiers, und beschreibt, wie seltsam es sich für sie anfühlt, hier ganz allein zu hocken. Normalerweise herrscht auf den knapp zwanzig Quadratmetern reger Betrieb: Es gibt eine Sozialberatung für Senioren, einen Computerkurs für Einsteiger und einen Leseclub für Kinder. Vor allem aber kommen ständig Bewohner mit ihren Problemen oder Ehrenamtliche vorbei, die mit Freiberg über gemeinsame Projekte sprechen wollen – oder einfach nur mit einem kurzen Plausch die Einsamkeit bekämpfen.

Die Funktion eines Quartiersmanagers besteht vor allem darin, die Bewohner im Stadtteil untereinander zu vernetzen und sie zu ermutigen, ihre Lebensverhältnisse selbst zu verbessern: Indem sie ihre Anliegen gegenüber der Stadtpolitik formulieren, sich gegenseitig im Alltag unterstützen oder gemeinsam zu Pinsel und Farbe greifen, um ihre Siedlung zu verschönern.

Freiberg arbeitet seit 2013 in Preungesheim, und überall in der Siedlung zeigen sich die Spuren dessen, was sie seitdem mit den Bewohnern auf die Beine gestellt hat. Die Durchgänge zwischen den Häusern haben die Jugendlichen gemeinsam mit Künstlern bemalt. ,,Das waren früher Angsträume, jetzt sind es keine mehr", sagt Freiberg. Den Spielplatz haben die Kinder mitgestaltet. Viele andere Projekte, die jetzt mit dem Frühlingsbeginn starten sollten, mussten jedoch verschoben werden, wie der Mitmach-Garten. Das Beet ist schon umgegraben – aber dann kam Corona, und zum Säen und Pflanzen kam es nicht mehr.

Allein in Frankfurt werden zwanzig Stadtteile im Rahmen des kommunalen Programms ,,Aktive Nachbarschaft" gefördert, um den Bewohnern in den sozialen Brennpunkten Hilfe zur Selbsthilfe zu geben. Als das Programm vor zwanzig Jahren gegründet wurde, war die Stadt ein Vorreiter. Mittlerweile fördern nicht nur Kommunen, sondern auch Bund und Länder in ganz Deutschland Quartiersmanagement in schwierigen Vierteln. Allein in Hessen gibt es mehr als hundert Stadtteile, die auf diese Weise unterstützt werden.

,,Wir sind systemrelevant, denn wir sichern den sozialen Frieden", sagt Christina Bender, die das Programm ,,Aktive Nachbarschaft" in Frankfurt koordiniert, selbstbewusst. In Stadtteilen mit Quartiersmanagern gebe es deutlich weniger Probleme als anderswo. ,,Die Bewohner identifizieren sich stärker mit ihrem Wohnort und kennen einander besser." Das lässt weniger Platz für Ressentiments und trägt dazu bei, Konflikte zu lösen, bevor sie sich zuspitzen können. Diese Netzwerke tragen auch in der jetzigen Krise. ,,In den betreuten Stadtteilen haben sich sofort Ehrenamtliche gemeldet und Einkaufshilfen für Ältere organisiert", sagt Bender.

Doch wie gestaltet man eine Arbeit, die auf persönlichen Begegnungen beruht, in einer Zeit, in der Distanz oberstes Gebot ist? Zugleich brauchen die sozialen Brennpunkte derzeit besonders viel Unterstützung, denn die Unsicherheit ist hier groß: Viele Bewohner trauen sich aus Angst vor dem Virus gar nicht mehr vor die Tür und lassen auch ihre Kinder nicht raus. Die Stimmung in den Familien ist angespannt, viele Eltern arbeiten in prekären Jobs, die im Abschwung zuerst gestrichen werden. Wer vorher in der Schule schon abgehängt war, läuft durch den Unterrichtsausfall Gefahr, vollkommen den Anschluss zu verlieren. Oft wohnen viele Personen auf wenig Raum, die Eltern können bei schulischen Fragen nicht helfen, und die Ausstattung für Online-Unterricht ist nicht vorhanden.

Für Angela Freiberg ist das Homeschooling die größte Herausforderung für die Familien in der Corona-Krise. Obwohl sie derzeit keine Präsenzangebote machen darf, versucht sie übers Telefon, E-Mails oder Videochats Kontakt zu den Ehrenamtlichen und Bewohnern zu halten und herauszufinden, wo Hilfe gebraucht wird – und schnelle Lösungen zu organisieren. ,,Viele Kinder können sich die Arbeitsblätter, die ihnen die Lehrer schicken, nicht ausdrucken, weil keiner einen Drucker hat", sagt Freiberg. Spontan hat eine Nachbarin angeboten, nach der Arbeit die Unterlagen für die Kinder des Viertels auszudrucken.

Damit der Draht zu den Bewohnern in der Krise nicht abbricht, hat Freiberg einige Projekte kurzerhand ins Netz verlegt. Eine Mädchengruppe sollte eigentlich in den Osterferien ihr Viertel erkunden und dort Aufgaben erfüllen – zum Beispiel ihre Lieblingsplätze fotografieren. Das sollte die Identifikation mit ihrem Wohnort und letztlich auch die Mädchen selbst stärken. Aber da nun Zuhausebleiben angesagt ist, hat die Gruppe statt des Stadtraums nun die eigenen vier Wände erkundet. Ihre Entdeckungen hat jede per Video oder Foto dokumentiert und mit den anderen geteilt. ,,Der Versuch, trotz Abstand zusammen zu sein, hat gut funktioniert", lautet Freibergs Resümee.

,,Im Moment passiert in der Quartiersarbeit unglaublich viel, aus der Not heraus werden ganz neue Formate ausprobiert", hat Fabienne Weihrauch beobachtet. Weihrauch ist die Geschäftsführerin der Landesarbeitsgemeinschaft soziale Brennpunkte in Hessen und koordiniert Projekte, die vom Bund und vom Land finanziert werden. Es würden Bastelrucksäcke an die Haustüren von Familien gehängt, Bingo auf dem Balkon veranstaltet oder Jugendliche dazu aufgefordert, ihr Leben in der Pandemie im Videotagebuch zu schildern. ,,Ziel ist es, den Leuten zu zeigen, dass wir noch da sind, auch wenn der persönliche Kontakt im Moment nicht möglich ist", sagt Weihrauch. Für viele Bewohner in den sozialen Brennpunkten sei das eigene Zuhause nicht der ideale Ort. Die Kombination aus Zukunftssorgen und Kontaktsperre kann leicht toxisch werden.


Aus: "Soziale Brennpunkte : Anspannung im Quartier" Judith Lembke (06.05.2020)
Quelle: https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wohnen/quartiersmanagement-in-der-corona-krise-16751549.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2

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Quote[...] Sie riefen "Wir sind das Volk", zeigten sich als "Merkel-Marionetten" oder protestierten gegen die "BRD-GmbH". Rund vierhundert Menschen haben sich am Mittwochnachmittag auf der Wiese vor dem Reichstag zu einer Demonstration gegen die Corona-Regeln getroffen.

Videos von Teilnehmern vor Ort zeigen neben Menschen, die mit T-Shirts der linken Punkband "Feine Sahne Fischfilet" herumlaufen, auch Mitglieder der Reichsbürger- und Neonazi-Szene. Es war eine wilde Mischung, die sich vor dem Deutschen Bundestag zusammenfand. Ähnlich bunt gemischt wie die sogenannten Hygiene-Demonstrationen vor der Volksbühne.

Aufgerufen zu der Protestaktion hatte der Vegan-Koch und Unternehmer Attila Hildmann. Die Demonstration war allerdings nicht angemeldet, dutzende Polizeibeamte versuchten deshalb, die Menschen dazu zu bewegen, wenigstens die Abstände einzuhalten. Später waren mehrere Hunderschaften im Einsatz, die Stimmung wurde aggressiver.

Organisator Hildmann selbst war als einer der ersten auf die Reichstagswiese gekommen, beantwortete dort die Fragen von Journalisten. Er redete zu einer angeblichen Weltherrschaft von Bill Gates, Freimaurern und drohenden Bioangriffen. Die Polizei erteilte ihm einen Platzverweis, als sich immer mehr Menschen um ihn sammelten.

Hildmann verließ die Wiese, die Demonstration seiner Anhänger lief weiter. In einer von ihm selbst betriebenen Gruppe im Messengerdienst Telegram mit mehreren Tausend Mitgliedern bezeichnete Hildmann den Unternehmer Bill Gates als "Kinderficker", Angela Merkel setze gemeinsam mit dem Milliardär "Eugenik Pläne" um. Ohne einen Adressaten zu nennen, schrieb er: "Lügner, Betrüger und Verräter am Deutschen Volk!"

Attila Hildmann war schon in den vergangenen Tagen mit obskuren Verschwörungstheorien aufgefallen. Auf seiner Facebookseite verkündete der Koch, ,,im Untergrund" leben zu wollen, weil man versuche, ihn zu ermorden. Hildmann glaubt, in Kürze werde in Deutschland die Demokratie abgeschafft und von geheimen Kräften eine ,,Neue Weltordnung" installiert.

Unter anderem schrieb Hildmann: ,,Gehe ich im Kampf für unsere Freiheit drauf, dann nur mit Waffe in der Hand und erhobenen Hauptes." Trotz seiner Ankündigung, in den Untergrund zu gehen, erschien Hildmann aber am Mittwoch in aller Öffentlichkeit auf der Reichstagswiese.

Eine Polizeisprecherin bestätigte dem Tagesspiegel: "Es gab einen Aufruf über Social Media Kanäle, dem bis zu 400 Personen gefolgt sind." Die Polizei habe die Menschen gebeten, sich nicht zu sammeln und Abstände einzuhalten. Momentan sind in Berlin wegen der Corona-Pandemie nur angemeldete Demonstrationen mit bis zu 20 Teilnehmern erlaubt.

"Nicht alle sind unseren Lautsprecheraussagen gefolgt", sagte die Polizei-Sprecherin. Es habe 24 Identitätsfeststellungen gegeben, außerdem mehrere Anzeigen wegen Verstößen gegen die Corona-Eindämmungsverordnung, gegen das Versammlungsgesetz und wegen Körperverletzung, Beleidigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Rund 260 Polizisten waren nötig, um die Demonstration aufzulösen.

Gegen 18.30 Uhr forderte die Polizei die Demonstranten auf der Wiese auf, den Platz zu räumen. Viele kamen der Bitte nicht nach, die Stimmung wurde teils aggressiv. Ein Video des Journalisten Felix Huesmann zeigt, wie ein glatzköpfiger Mann nach einem Kameramann der ARD tritt. Die Polizei griff sofort ein und nahm den Mann fest. Verletzt wurde nach Tagesspiegel-Informationen niemand.

Es ist bereits der zweite Angriff auf Journalisten im Umfeld der Demonstrationen gegen die Corona-Regeln innerhalb weniger Tage. Am ersten Mai war ein Team der "Heute Show" überfallen und brutal verprügelt worden.

Hildmann schrieb in seinem Telegram-Chat am Abend unter einem Video von Bill Gates, der zu einem Feindbild vieler Verschwörungstheoretiker geworden ist: "Was macht der Satanist? Er lacht sich halb tot der kleine Kinderschänder!"


Aus: "Polizei beendet Demonstration von Attila Hildmann vor dem Reichstag" Julius Betschka (06.05.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/hunderte-protestieren-gegen-corona-regeln-polizei-beendet-demonstration-von-attila-hildmann-vor-dem-reichstag/25808108.html

Quotealterschwede 08:23 Uhr
Paranoide, geltungssüchtige und teils gewalttätige Menschen gibt es immer, zu allen Zeiten, sie sind stets um uns. Aber nur zu bestimmten Zeiten erhalten sie gewaltige mediale Aufmerksamkeit, um gleichzeitig berechtigte Kritik an einer angeblichen TINA-Politik zu diskreditieren, indem diese mit solchen Leuten in Verbindung gebracht wird.


QuoteZunke 07:33 Uhr

Der Junge sollte dringend sein Betriebssystem überdenken!
Mit Wirsing 98 ist nun wirklich kein Staat mehr zu machen.


QuoteTheDude 07:31 Uhr

Hoher Unterhaltunsgwert ....Hildmann's Wortmeldungen und dann noch die Teilnehmer - echt bizarr.



QuotePat7 06.05.2020, 20:25 Uhr

Wow,  ich hätte nicht gedacht,  dass vegane Ernährung so gefährlich für die Psyche ist. ...



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Quote[...] Jurassica Parka - Die Dragqueen Jurassica Parka ist in Berlin geboren und arbeitet als freie Künstlerin. Neben ihrer Nachtshow "Paillette geht immer" im BKA veranstaltet sie ihre monatliche Party "Popkicker" im SchwuZ, ist freie Autorin und YouTuberin.

... Vor dem Corona-Shutdown arbeiteten im Durchschnitt 30 junge Frauen in der Kurfürsten, das ist seit Mitte März zum Erliegen gekommen. Wie die nun ihr Geld verdienen? Keine Ahnung. Ich hoffe, sie konnten einfach wieder zurück zu ihren Familien in die Heimat. Es ist hier merkwürdig leer. Früher war das so: Blasen 15, ficken 20. Jetzt wird man nicht mehr angequatscht.

Ich kenne viele Sexarbeiterinnen vom Sehen, da gibt es die ,,Hochwertigen" ganz am Anfang der Kurfürsten vor dem Woolworth. Die haben lange blonde Extensions und kauen Kaugummi. In einem US-Teenagerfilm wären sie wohl die Cheerleaderinnen des Jahrgangs. Weiter hinten stehen die jungen Frauen aus Osteuropa, fremdbestimmt durch Zuhälter, die werden im Quartalstakt ausgetauscht. Und dann gibt es die alteingesessenen Huren. Ältere Frauen, die am späten Abend auf den Bänken sitzen, ihre Stimmen rau und tief vom Rauchen. Sie tragen Strapse und Lackpumps, kennen sich untereinander wohl lange. Die verschwinden aber immer mehr. Warum, weiß ich nicht.

... Ich sehe die Frau am Backshop, die jeden Morgen ihren Kaffee trinkt, Leute guckt und raucht. Oder meinen Hausmeister vorm Rewe. Gegenüber preist der Mann vom orientalischen Supermarkt lautstark sein Gemüse an. Die obdachlose Verrückte mit dem Einkaufswagen brüllt mal wieder Passant*innen an und trinkt Jägermeister. Ein dicker Mann diskutiert lautstark mit dem Ordnungsamt. Er versteht nicht, wieso er mit seinem SUV nicht im absoluten Halteverbot stehen darf. Die immer druffe Transgender-Sexarbeiterin läuft tränenverschmiert und wild kichernd über die rote Ampel, ihr fehlt ein Schuh.

Das Leben ist nun mal hart, dreckig und ehrlich, machen wir uns nichts vor. Ich mag es deftig. Und in der Kurfürstenstraße hat man all das auf einen Blick. An alle, die noch nie in Berlin waren, ich lade euch herzlich ein, mal mit mir in den Sexshop LSD an der Kurfürsten zu gehen. Natürlich nach Corona. Aber möglichst bald. Der Shop wird bald abgerissen und weicht einem Hotel- und Bürokomplex. Da wird der Großstadttopf wieder mal ein bisschen weniger bunt.

Was wird man wohl in 30 Jahren über die Ecke hier schreiben? Ich wünschte mir weniger Kriminalität, der Rest verwächst sich. Amüsant ist es, wenn eine verwirrte Tourist*innenfamilie vor dem U-Bahnhof Kurfürstenstraße herumirrt. Inmitten von Nutten und Nadeln suchen die dann verzweifelt das Hard Rock Café. Das befindet sich aber drei Kilometer weiter gen Westen am Kurfürstendamm.

Kurfürstenstraße, Kurfürstendamm ... das kann man schon mal verwechseln. Unterschiedlicher könnten die Welten nicht sein. Und vielleicht sehen die pubertierenden Kinder zum ersten Mal das richtige Leben außerhalb der Reihenhaussiedlung in Hinterfotzingen. Berlin ist eben nicht nur Brandenburger Tor, Fernsehturm und Checkpoint Charlie. Und letztendlich sind es doch alles nur Menschen.


Aus: "Kurfürstenstraße: Wie es ist, am einzigen Straßenstrich Berlins zu wohnen" Jurassica Parka (07. Mai 2020)
Quelle: https://ze.tt/kurfuerstenstrasse-wie-es-ist-am-einzigen-strassenstrich-berlins-zu-wohnen/


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Quote[...] Es gibt viele Gründe, eine Affäre anzufangen. Ein Sexualleben, das kaum öfter stattfindet als der Hochzeitstag, ein Partner, der sich fast ausschließlich für die Kinder oder den Beruf aufopfert und sonst keine Interessen hat, Langeweile, Neugier, Trieb. Wer nur eine Sekunde darüber nachdenkt, wird sogar einen ganz individuellen Grund finden.

... Ein Blick in die Statistiken der Betreiber von Datingplattformen zeigt, dass die sich seit dem Ausbruch der Corona-Krise steigender Beliebtheit erfreuen. Tinder etwa gibt an, dass die Gesprächsanrufe über die Plattform nun um ein Viertel länger sind als zuvor und Unterhaltungen um 20 Prozent zugenommen haben. Bei Bumble verzeichnete man um 77 Prozent mehr Videoanrufe, heißt es von der Flirtplattform. Analysen von Social-Media-Firmen haben zudem ergeben, dass die Sex-Emojis wie Pfirsiche und Melanzani um die Hälfte öfter verschickt wurden als vor der Krise.

Es wäre natürlich ein gravierender Fehler, diese Zunahme allein Personen in die Schuhe zu schieben, die in einer Beziehung leben und das nächste Fremdgehen vorbereiten. Aber ein paar Falotten werden schon dabei sein. Vor allem Männer in der Midlife-Crisis könnten betroffen sein.

Denn während viele ein neues Glück in der bestehenden Beziehung suchen, gibt auch jene, welche die Krise für einen Neubeginn nutzen. "Da kann die Corona-Krise die eigene Krise durchaus verstärken", weiß Ferdinand Wolf, "vor allem wenn keine Kinder vorhanden sind, die immer wieder auch als Grund angeführt werden, an der Familie festzuhalten."

Was dann folgt, ist mitunter eine "Flucht in die Irrealität" und eine Kombination aus Jetzt-erst-recht, Wenn-nicht-jetzt-wann-dann und eine Portion Das-kann's-doch-noch-nicht-gewesen-sein.

Gut, nicht alle Midlife-Krisler rennen blindlings in neue Affären und Beziehungen. Manche kaufen sich ein Auto oder Motorrad, werden sogar zum Schrauber und versuchen so ihre Jugend wiederzufinden. Oder retten sich einfach vor der Beziehung in die Abgeschiedenheit der Werkstatt. (Guido Gluschitsch, 06.05.2020)


Aus: "Affären in Zeiten der Ausgangsbeschränkung" Guido Gluschitsch (6. Mai 2020)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000117304586/affaeren-in-zeiten-der-ausgangsbeschraenkung

Quote
argent torso

Der Artikel ist, um ihn ernst zu nehmen leider zu distanziert und abgehoben geschrieben, fast schon richtend. Eigentlich schade, ob der durchaus interessanten und auch gesellschaftsrelevanten Thematik. Wer auch immer etwas anderes sagt, all das kann JEDEN einmal im Leben treffen, egal von welcher Seite. Ist auch nicht immer lustig...

Die "Selbst schuld!/Kein Mitleid!"-Rufe, vor allem die Lauten, kommen übrigens durchaus auch von Leuten, die panische Angst davor haben, dass Ihnen das selbst passieren könnte, vom Partner betrogen zu werden.

Ich habe allerdings das Gefühl, der Autor hat von alledem am wenigsten Ahnung...


Quotemeine_Meinung

Also wir haben die Zeit der Zweisamkeit genützt, um in unser Sexualleben wieder etwas mehr Schwung reinzubekommen - dieses war in Zeiten vor Corona stressbedingt manchmal etwas eingeschlafen. War schwer beeindruckt, welche Wünsche meine Frau nach 20 Ehejahren noch immer hat... :-)))


Quoteshoserl skurze : - ] 1

Habt ihr ihr einen anderen Mann bestellt? :-)


...

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Quote[...] Die Amerikaner bezweifeln die Todeszahlen je nach politischer Ausrichtung und Medienkonsum, nur ein Drittel glaubt die offiziellen Zahlen - Skepsis gegen Regierungen und Wissenschaft wächst.

... Die meisten Amerikaner bezweifeln nach dem neuesten Axios-Ipsos Coronavirus Index die veröffentlichten Zahlen, etwa die offiziellen Fall- und Todeszahlen von der Gesundheitsbehörde CDC. Nur ein Drittel der Amerikaner geht von deren Richtigkeit aus. Die Umfrage fand zwischen 1. und 4. Mai statt und bezog sich auf den 30. April, als es in den USA 61.000 mit Covid-19 verbundene Tote gab, am Mittwochabend waren es bereits über 68.000 Tote.

Eine Mehrheit der Demokraten, die Hälfte der Unabhängigen und ein Viertel der Republikaner gehen davon aus, dass die Todeszahlen zu niedrig sind. Eine Mehrheit der Republikaner, aber nur ein Zehntel der Demokraten betrachtet sie als übertrieben. Dabei scheint auch der rechte Fox News-Sender die Meinung derer zu prägen, die die Zahlen für übertrieben halten. Wer ihn als primäre Nachrichtenquelle nutzt, neigt zu den Republikanern und zum Glauben an die übertriebenen Todeszahlen. Dabei ist in einigen Bundesstaaten deutlich eine Übersterblichkeit festzustellen, zudem schätzen Wissenschaftler, dass die Todeszahlen unterschätzt sind, da viele Gestorbene nicht getestet wurden.

Interessant ist, dass das Vertrauen in die Regierungen in Florida, Georgia und Texas, wo die Gouverneure auf schnelle Lockerungen setzen, am geringsten ist und 67 Prozent Ende März auf jetzt 50 Prozent gefallen ist, während es in Kalifornien, New York und New Jersey unverändert hoch bei 70 Prozent liegt. Hier wollen die Gouverneure an den Maßnahmen festhalten. New York und New Jersey sind aber auch die Bundesstaaten mit den höchsten Infektions- und Todeszahlen. In allen anderen Bundesstaaten sank das Vertrauen in die Regierungen von 69 auf 63 Prozent.

Das Vertrauen in die Bundesregierung in Washington fiel ebenfalls stark von 53 auf 38 Prozent ab. Bei den Demokraten von 42 auf 25 Prozent, aber auch bei den Republikanern von 74 auf 61 Prozent. Das könnte ein schlechtes Omen für Donald Trump sein, zumal mit der Pandemie die Wirtschaft einen steilen Sturz erlebt und die Zahl der neuen Arbeitslosen auf 30 Millionen geklettert ist. 22 Prozent der Amerikaner arbeiten Zuhause, 17 Prozent sind entlassen oder zwangsbeurlaubt. Nach einer Studie haben angeblich über 17 Prozent der Kinder unter 12 Jahren nicht genug zu essen, 23 Prozent der Haushalte sollen nicht genug Geld haben, um ausreichend Lebensmittel einzukaufen.

Bei den Umfrageergebnissen zur Zufriedenheit mit Trump ändert sich freilich noch nicht allzu viel. Ende April ist die Zufriedenheit nach der letzten Gallup-Umfrage sogar auf den Rekordwert von 49 Prozent angestiegen.

Trump versucht, die Schuld China in die Schuhe zu schieben. Jetzt erklärte er, die Pandemie sei ein "Angriff", schlimmer als Pearl Harbor im Zweiten Weltkrieg oder 9/11. Damit will er sagen, dass die Situation in den USA nichts mit den Pandemie-Folgen zu tun haben, man sei halt überrascht worden: "Wir haben den schlimmsten Angriff auf unser Land, den es jemals gab, erlitten. Das ist wirklich der schlimmste Angriff, den wir jemals hatten." (Florian Rötzer)


Aus: "Trump zu Covid-19: "Das ist wirklich der schlimmste Angriff, den wir jemals hatten"" (07. Mai 2020)
Quelle: https://www.heise.de/tp/features/Trump-zu-Covid-19-Das-ist-wirklich-der-schlimmste-Angriff-den-wir-jemals-hatten-4716080.html

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Quote[...] Da wird von allen wochenlang gefordert, man müsse die Kurve abflachen, wochenlanges Daheimbleiben für alle, und wenn die Mission gelingt, steht schon ein Männerchor in den Startlöchern und weiß alles besser. Ja, auch da gibt es Ausnahmen, Männer, die vernünftig für die Grundrechte kämpfen, aber die Regel sind die Vernuftbetonten nicht. Die Regel ist derzeit: Je lauter ich die Virologen niederstampfe, je länger mein Zeigefinger in Richtung Schweden deutet, desto heldenmutiger bin ich. Ich übe Widerstand, also bin ich, denken unsere selbsternannten Helden der Pandemie, Schreimänner nenne ich sie.

In China sind seit Ausbruch des Virus mehrere Männer verschwunden, weil sie öffentlich angeprangert haben, die Verwaltungen gingen zu fahrlässig mit der Bevölkerung um. Sie drehten Videos von mangelnden Hygienemaßnahmen, kritisierten Feste, die nicht hätten stattfinden dürfen. Die Regierung habe ihre Maßnahmen nicht den Erkenntnissen der Wissenschaft angepasst. Den Fakten. Sie handle irrational und gefährde so die Bevölkerung. Diese Männer, es ware viele, sind derzeit verschwunden. Im Westen kennt man nicht einmal ihre Namen.

Bei uns hingegen wird die Regierung für ebensolch faktenbasiertes Handeln und erfolgreiches Krisenmanagement nicht gelobt. Nein, bei uns wird das zum Vorwurf. Hier wird, Demokratie sei Dank, auch niemand eingesperrt, aber die Schreimänner führen sich auf wie Maulhelden, die es besser wissen als jene, die Deutschland gerade erfolgreich durch die Krise manövrieren. Und sie nerven. Die Grundthese ist: Ganz egal, wie viele Leute in den USA, in Spanien oder Italien sterben, die deutsche Regierung hat einfach Mist gebaut und die Wirtschaft für etwas Grippeartiges gegen die Wand gefahren. Als stünden Länder, die später zum Lockdown fanden, ökonomisch besser da.

Was daran nervt? Die Schreimänner werden gehört und kommen öffentlich durch. Sie demaskieren ihre Eitelkeiten. Um jeden Preis versuchen sie die Debatte über eine historische Pandemie zu assimilieren zu einer gewöhnlichen Meinungsdebatte. Sie könnten ja unwichtig werden, während die Virologen nun die Podcast-Charts anführen. Ach je, dann wären diese wichtigen Männer ja nur noch wie Frauen. Wie diese nervigen Frauen, von denen man gerade nur noch hört, dass ein Backlash für den Feminismus zu erwarten sei, die Geld verlangen für ihre Zeit mit Kindern – als hätten sie sich nicht selbst Kinder gewünscht, diese Frauen! So unwichtig wollen die Schreiherren keine sechs Wochen lang werden! Virologen? Weg damit!

Für Frauen droht unterdessen der Backlash in die Fünfziger. Das weiß seit einem grandiosen Artikel in The Atlantic die ganze Welt. Und jetzt? Was brauchen Frauen jetzt, um das zu verhindern? Selbst die klügsten Frauen ächzen auf Twitter unter der Last und wiederholen das Mantra der Fünfziger, die uns drohen; es ist wie bei diesen Geduldswürfeln früher, man kann es drehen und wenden, wie man will: Bis zum Sommer wird es wohl keinen normalen Schulunterricht geben.

Doch wo sind zumindest drei Forderungen, was Eltern oder Familien nun brauchen, damit Frauen das nicht alleine auffangen? Wie verhindern, dass Frauen an den Haushalt gebunden werden, vom öffentlichen Reden und nichtöffentlichen Denken aber abgehalten werden? Im englischsprachigen Raum reichen Akademiker derzeit Papiere ein ohne Ende, die Pandemie bekommt den Wissenschaftlern gut, während die Akademikerinnen als Verfasserinnen von Papers verschwinden.

Selbst in gebildeten und sozio-ökonomisch privilegierten Milieus schnappen in der Krise also die alten Rollen zu. Man muss hier auch über die fehlenden Fortschritte im Feminismus durch die Komplizenschaft der Frauen sprechen. Es gibt ein Milieu, das aufgeklärt genug wäre, finanziell gesichert genug, um sich jetzt gegen den Backlash zu wehren. Es ist in meiner Generation Feministinnen jedoch nicht gewünscht, mit der Rhetorik von ,,Frauen müssen jetzt ..." zu arbeiten. Wer aber soll jetzt, wenn nicht wir? Wenn man nur das Bedrohungsszenario an die Wand malt, erschrecken zwar alle, doch keiner weiß, was dagegen zu tun wäre.

Die Forderung nach Teilhabe und Befreiung von Sorgearbeit darf jetzt nicht von der Empörung überlagert werden, sonst rollt sich das Worst-Case-Szenario für Frauen aus. Die Herren (!) der Lage sind, abgesehen von Merkel und zwei Ministerpräsidentinnen, Männer. Es liegt in ihren Händen und es interessiert sie nur in Interviews, ob Frauen unter der Arbeit stöhnen. Das zeigte selbst Alexander Kekulé, der zwar keine politische Verantwortung trägt, aber doch kräftig mitmischt: Er bedauerte seine Frau derzeit für die Sorgearbeit – in einem TV-Interview. Thank you, darling.

Es braucht jetzt schnell fünf klare Forderungen für Frauen, wie sie trotz Pandemie weiter am Arbeitsleben teilhaben können. Das Grundeinkommen ist keine davon, das Grundeinkommen in solchen Zeiten wäre eine Art Herdprämie. Es geht um Entlastung von Sorgearbeit. Teilhabe am Diskurs und an Schlüsselstellen in Wirtschaft, Politik, Kultur und Verwaltung. TV-Redakteure sollten in Kommunen Frauen in Verantwortung finden, die vom Krisenmanagement berichten. Sichtbarkeit ist das Gebot der Stunde.

Um Entlastungsstrategien zu finden, braucht es die Beratung der Virologen, weil der Schutz des Lebens zur Fürsorgepflicht des Staates gehört. Das ist nicht verhandelbar, wie wieder andere Männer so prominent ins Land schreien. Die Lautstärke drosseln, vor allem für das Telegram-Dreamteam Naidoo und Hildmann. Immerhin: Selbst unter den Verschwörungstheoretikern setzte sich zum Glück keine Frau durch. Die lauten Schreimänner, die nun alles Erreichte verhöhnen, indem sie die Pandemie kleinspielen, die braucht es jetzt nicht. Aber die Frauen, die mehr sind als die Sorgearbeiterinnen, auf die sie derzeit festgelegt werden sollen, die braucht es jetzt dringend.


Aus: "Geschlechterrollen in Coronazeiten: Die Stunde der Schreimänner" Kommentar von Jagoda Marinić (6. 5. 2020)
Quelle: https://taz.de/Geschlechterrollen-in-Coronazeiten/!5680001/

QuoteSchnurzelPu

Also in Deutschland kann man sich den Kerl aussuchen, mit dem man zusammenlebt. Also Augen auf beim Eierkauf und nicht nur auf Bauch, Beine, Po achten.


Quoteresto

Bei uns gibt es jene Menge Frauen, die das Virus klein reden. So die Taxifahrerin, die Bistrobetreiberin, die Nachbarin.... Übrigens sehe ich keinen Backslash für uns Frauen sondern die Chance, uns endlich ernsthaft und vor allem konsequent in der Art, wie wir leben, für unsere Interessen einzusetzen. Und wer im Stil der 1950er weiterleben will, die soll.


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Quote[...] Zu meiner Geburt bekam meine Mutter ein praktisches Geschenk von meinem Vater: ein Bügelbrett mit silbern glänzendem Bezug. Die Familie steckte zu dieser Zeit mitten im Umzug in ein eigenes Reihenhaus im Kölner Norden. Ein Fortschritt natürlich, ersetzte es doch eine viel zu kleine Mietwohnung. Das Bügelbrett war sicher auch ein Fortschritt zum Vorgängermodell. Der Vater hatte zu arbeiten, also Geld zu verdienen, während meine Mutter Hausbau, Umzug und Kinder zu regeln hatte, was Frau eben so regelte und was unter dem subsumiert wurde, das Gerhard Schröder Jahrzehnte später "Gedöns" nennen sollte.

Meine Mutter machte ihrerseits nicht viel Gedöns um sich und die Überforderung jener Tage, die sie in einen, nie so benannten, gleichwohl folgenschweren Zusammenbruch führte und ihre Töchter in ein Kinderheim, in dem solche Kollateralschäden des Wirtschaftswunders verwaltet wurden. Man sprach nicht darüber in jenen Jahren, weil es ein Eigentliches gab, über das zu sprechen sich weitaus mehr lohnte. Den Aufstieg des Vaters vom Buchhalter zum Personalchef und schließlich zum Chef einer Klinik etwa. "Meine Frau muss nicht arbeiten", war das Credo jener Ehemänner, die später freundlich über den milden Spott in Johanna von Koczians Gassenhauer Das bisschen Haushalt lächeln konnten. Das bisschen Rückenfreihalten, Affären dulden und entfremdete Kinder reintegrieren füllte zusätzlich jene Uneigentlichkeit aus, in der sich Frauenleben in den Sechzigerjahren abspielten.

Gerahmt, ja, zementiert wurden diese Leben von den vier Wänden, eigenen wie gemieteten, in denen es sich abspielte, dem Zuhause, neudeutsch home. Wenn das Büro, neudeutsch office, als jener Ort definiert wird, an dem Arbeitsgeräte zum Einsatz kommen, so arbeiten Hausfrauen seit jeher im home office. Dort also, wo die Waschmaschine, das Bügeleisen und der Staubsauger stehen. Und natürlich der Herd, für dessen emsige Bedienung durch die Hausfrau, wiederum Jahrzehnte später, von der CSU eine Prämie ausgelobt wurde.

Wir Boomer machten, dass wir wegkamen aus dieser Welt der so abwesenden wie abweisenden Väter und stets sehr bemühten Mütter. Mich verschlug es im Rahmen eines Auslandsstipendiums nach Williamsburg, Virginia, in die Familie Brice. Sie bestand aus Mutter Brice, ihren zwei leiblichen und zwei Pflegekindern. Vater Brice war bei der Armee, was Betty ermöglichte, die umfangreichen Einkäufe im Angehörigen der Armee vorbehaltenen Supermarkt tätigen zu können. Die erledigte die zierliche Frau nach ihrem Rezeptionsdienst im örtlichen Holiday Inn. Sie machte keinen Hehl daraus, dass die erheblich verbilligte Ware in den braunen Packpapiertüten das Beste war, was sie von ihrem Mann hatte. Während seiner sehr seltenen Besuche drangen unerfreuliche Auseinandersetzungen durch die verschlossene Schlafzimmertür, über die eine sehr bleiche Betty am nächsten Morgen kein Wort verlor. Sie machte das Frühstück, brachte uns in ihrer grüngelben Uniform mit dem angesteckten Namensschild zum Schulbus und fuhr dann zum Dienst ins Holiday Inn. Ich schrieb meiner Mutter aus den USA Briefe auf Luftpostpapier, nach meinem Vater fragte ich darin ebenso wenig, wie ich am Frühstückstisch nach Vater Brice fragte.

Als ich schwanger wurde, sagten alle, die davon erfuhren, erfreut: "Machste allein, ne?", obschon dies gar nicht der Plan war. Nur meine, inzwischen geschiedene, Mutter war nicht erfreut: "Mach das nicht", sagte sie entsetzt. "Du hast doch so ein schönes Leben." Ich war 26 Jahre alt, als ich anhand dieses Ausbruchs erstmals begriff, wie unglücklich meine Mutter all die Jahre gewesen war. Wie so gar nicht schön sie ihr Leben als Mutter und alles, was damit verbunden war, erlebt hatte. Und wie sehr sie sich wünschte, dass ich es einmal besser hätte als sie. Ja, es bereits so viel besser hatte, konnte ich doch kinderlos in der Welt herumreisen, Interviews mit mehr oder weniger berühmten Menschen führen und Männer verschleißen, wie ich lustig war. Weit entfernt von einem gar nicht lustigen Heim, in dem man verschlissen wird von der Anwesenheit wie der Abwesenheit jener Männer, die dieses Heim bezahlen. Ein Heim ohne Verheißung, aber voll mit Geräten in immer schickeren Ausführungen.

Ich habe es dann doch allein gemacht mit meiner Tochter, Plan hin oder her. Oder eben doch nicht allein, denn im Haus gegenüber wohnte Seyma, eine Muslima aus dem bosnischen Goražde. Ihr deutscher Ehemann, der viele Jahre in Bosnien gelebt hatte, war vor Jahren mit ihr nach Köln gezogen. Sie sprach kein Deutsch und verließ die Wohnung nur zum Einkaufen. Selbst kinderlos kümmerte sie sich voller Freude um die Nachbarskinder und rasch auch um meine Tochter – bei Bedarf rund um die Uhr. Als die Jugoslawienkriege sich nach Bosnien ausbreiteten und Goražde unter serbische Belagerung fiel, schwoll ihr kleiner Haushalt an. Bis zu einem Dutzend Frauen jeden Alters und kleine Kinder lebten als geduldete Flüchtlinge in der Dreizimmerwohnung. Die Kinder gingen zur Schule und lernten rasch Deutsch. Die Frauen nicht, sie blieben zu Hause und saßen meist gemeinsam in der Küche, redeten, kochten und buken Brot. Das Kriegsende brachte nach sechs Jahren die unausweichliche Rückführung von Seymas Hausgästen in deren verwüstete Heimat mit sich. Allein in ihrer jetzt viel zu großen Wohnung rauchte sie Kette und schaute Homeshopping-Sendungen in Dauerschleife, bis der Mann von der Arbeit kam.

Das Bügelbrett mit dem silbernen Bezug habe ich aufbewahrt. Und nie benutzt. Nicht weil ich ein anderes hätte, sondern weil ich in meinem ganzen Leben nie gebügelt habe. Oder genäht. Oder Brot gebacken. Und Haushaltsgeld entgegengenommen schon gar nicht. Weil ich, wie so viele andere Frauen, ob wir uns Feministinnen nennen oder nicht, der Hausfrauenfalle entkommen wollte. Und es uns zu gelingen schien. Weil etwa meine Tochter sich die Betreuung ihrer kleinen Tochter hälftig mit dem Vater teilt. Weil wir uns und die Gesellschaft verändert hatten. Weil wir weitergekommen waren, so viel weiter als von der Küche bis zum nächsten Supermarkt, zur nächsten Kita und dem Altersheim, das längst Seniorenresidenz heißt, zur nächsten Auseinandersetzung mit einem herrschsüchtigen Mann. Wir haben uns immer näher an das Eigentliche herangerobbt, also an Geld, Macht, Status, haben gelernt, mit den großen Jungs zu spielen, und "Gedöns" heißt jetzt Care-Arbeit.

Wir hatten es also zwar noch nicht ganz geschafft mit der Abschaffung des Hausfrauenkomplexes, waren aber immerhin auf einem guten, einem unumkehrbaren Weg. Doch dann kam Corona. Und seither ist viel von einem veritablen Backlash die Rede, weil die Männer das Heft des Handelns, Erklärens und Beratens neuerlich in die Hand nähmen, während die Frauen sich um Homeschooling, Mundschutznähen und Familie-bei-Laune-Halten kümmerten. Diese Krise katapultiere also die Frau in die Hierarchie der Fünfzigerjahre zurück, weil Krisenbewältigung immer noch und jetzt erst recht Männersache sei.

Ich glaube nicht, dass wir einen solchen Backlash erleben. Diese Krise hat die Geschlechterrollen nicht ins Gestern verschoben, sondern das Frauenschicksal vergemeinschaftet. Die Ursache dafür liegt in dem Ort, an den sie auch den männlichen Teil der Gesellschaft zurückwirft: der geschlossene Raum, die vier Wände, das Zuhause als Gefängnis. Jenes Gefängnis, das nur zum Einkaufen verlassen werden darf. Wo die Freiheit endet, beginnt die weibliche Realität. Und zwar jene vor, während und nach den Fünfzigerjahren. Eine Realität des Aushaltens. Meine Mutter, Betty, Seyma und all die anderen Gefangenen patriarchaler Lebensformen sind nicht Relikte eines sich fortlaufend abschaffenden Gesterns. Sie und ihr wunschloses Unglück haben ihre Kinder und Kindeskinder geprägt. Und nun, wo sich die gesamte Welt in einem Zuhause wiederfindet, aus dem es kaum ein Entrinnen gibt, das klaglos ausgehalten werden muss, wird dieses Unglück neuerlich zementiert, und ja, schließt auch Männer auf nachgerade verquere Weise mit ein. Zumindest auf Zeit.

So ist das Los der Hausfrau eine kollektiv erfahrbare Bürde geworden. Die Verengung von Spielräumen aller Art wird, scheinbar folgerichtig, von einer Werte- oder eher Wertschätzungsverschiebung begleitet: Nähren, Versorgen, Kümmern sind die Tugenden der Sperrstunde. Nicht allein zu Hause, sondern überall dort, wo diese Hausfrauentugenden greifen. Also überall, wo Menschen, durchdrungen von – vielleicht bloß unterstellter – selbstloser Opferbereitschaft, gar nicht oder schlecht bezahlt werden. Weil es ihnen weniger um Geld als um die gute Sache geht, zu gehen hat. Und die warmen Worte, mit denen die Nutznießer ihnen dieses Opfer vergüten. Statt zum Scheckbuch wird zum Poesiealbum gegriffen. Dankbarkeit als emotionale Kryptowährung. Nicht dem mit reichlich Distinktionsgewinn versehenen Chefarzt, sondern der selbstlosen Krankenschwester wird folgerichtig die Träne im Knopfloch gewidmet.

Der Mann, so ein beliebtes Bild, ist der Jäger, der in die Wildnis zieht, um gefährliche Tiere zu jagen und zu erlegen. Nun, wo die Jagdgründe vorerst geschlossen und die Waffen nutzlos sind, feiern die Jäger die Köchinnen, die ihnen aus eigenhändig gesammeltem Fallobst was Leckeres zaubern. Wo also männliche Tugenden nicht zum Zuge kommen, werden die weiblichen ins Systemrelevante verschoben. Wie so oft erweisen sich auch hier der Kitsch und die Sentimentalität als das wirksamste Gift gegen echte Veränderung. Denn das System, in dem weibliche Tugenden Relevanz erfahren – eine Relevanz auf Zeit, wie gesagt –, ist nun mal ein System der Defekte. Derzeit jenes der eingeschränkten Bewegungsfreiheit, der fehlenden Selbstbestimmung, der gefährdeten und beschädigten Gesundheit.

Das Verwalten des Defekten und das damit einhergehende biografische, emotionale und ökonomische Zurückstecken als strukturell weibliches Dilemma ist nicht neu. Neu ist allein die Wucht, mit der es von all jenen verklärt wird, die gerade nichts Besseres zu tun haben, als an Zoom-Konferenzen teilzunehmen. Dieses Feiern des weiblich konnotierten Gedöns in Ermangelung, mindestens Einschränkung des männlich konnotierten Geweses ist so wohlfeil wie vorläufig. Mag sein, dass "nach Corona" ein paar Euro mehr für die Helden und vor allem Heldinnen des Alltags herausspringen werden, so sie denn überhaupt für ihre Arbeit bezahlt wurden und werden. Mag sein, auch wir Frauen, die sich das ermöglicht haben, was meine Mutter als "schönes Leben" empfand, lassen das Bügelbrett weiterhin im Schrank. Aber, machen wir uns nichts vor: In eben dem Maße, wie die Wirtschaft und das In-der-großen-weiten-Welt-Sein hochgefahren wird, blicken die männlichen und die Handvoll weiblichen "mover und shaker" der neuen alten Welt aus wiedergewonnener Höhe auf das herab, dem sie, so freudig wie erleichtert, entronnen sind. Die Welt der Rückenfreihalter, der Opferbereiten und die der Zuhausegebliebenen. Die Welt der Frauen.


Aus: "Der Hausfrauenkomplex" Heike-Melba Fendel (30. April 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/2020-04/geschlechterrollen-hausfrauen-vaeter-kinderbetreuung-arbeit-coronavirus/komplettansicht

Quotevicusvan #18

Ein wundervoller Artikel.


QuoteHonorisCausae #1

Eine kluge Analyse, aufbauend auf der Prämisse, dass das Heim per se ein Gefängnis, eine Ehe per se nie eine liebevolle Partnerschaft, eine Frau nie gerne Carearbeiterin sein kann. Die Analyse also klug, die Prämisse meines Erachtens nach falsch. Sie weist Frauen, die NICHT movers und shakers sein wollen und NICHT mit den großen Jungs spielen wollen, um Macht, Status, Geld, eine viel zu passive Rolle zu - geknechtet, ins Häusliche verwiesen, ohne jede "agency". Ich möchte nicht mit so einem Weltbild leben müssen, das so negativ ist, nur die Defekte und Defizite sehen kann und mag.


QuoteSirikid #85

Ich bin auch kindheitsgeschädigt, aufgrund der Abwesenheit eines Vaters, eines Bruders, eines Onkels oder Großvaters. Ich wusste gar nichts über Männer. Hab' dann doch Ehe und Kinder gewagt. Mit meinen Kindern hab' ich die verlorene Kindheit nachgeholt und von ihnen mehr gelernt als sie von mir.
Was mir bei den Diskussionen immer (!) zu kurz kommt, sind die Kinder. Die sind nämlich in der Kette das allerschwächste Glied. Ich sehe in meinem Beruf viele traurige Kinderaugen, wenn zu Hause niemand erreichbar ist und das Kind allein im Sanitätsraum warten muss.
Ein Leben ohne (Erwerbs-)Arbeit fände ich langweilig. Aber meine erste Reaktion auf Corona war eine gewisse Freude darüber, dass Eltern sich auch einmal alleine um ihre Kinder kümmern müssen und die Erziehung nicht an a deren delegieren. Das war ein Gefühl, und inzwischen verblasst es und weicht dem Mitleid. Und selbstredend gehören zur Hausarbeit alle dazu, je nach Alter neben den Eltern auch die Kinder.


QuoteBauernopfer_2014 #1.3

Ja, wirklich erschreckend welche Erfahrungen die Autorin prägen.

Wie sind meine Erfahrungen, als 40 jähriger Mann?

Mein Gefängnis ist der Beruf der mich den vielfältigsten Zwängen meiner Umwelt unterwirft. Komm ich Abends nach Hause, dann ist mein "Hofgang" die Hausarbeit, welche ich mir mit meiner Partnerin teile. Ach, ich glaube wir sind einfach zu arm um diese Art von Problemen zu verstehen. In meiner Partnerschaft müssen einfach beide hart Arbeiten draußen wie drinnen.


QuoteFlorindaGrove #8

Ich bin Hausfrau und mache das sogar freiwillig (Brot backen und bügeln) 😀allerdings habe ich wohl ein selten hilfsbereites Exemplar von Mann erwischt, der a) anerkennt, dass das bisschen Haushalt & 3 Jungs wirklich Arbeit bedeutet und b) jederzeit mit anpackt und im Haushalt ,,seinen Mann" steht.....früher wollte ich nie ,,so eine" werden, aber nachdem ich wieder in den Beruf zurück gegangen war, als unser Großer knapp 9 Monate alt war, habe ich festgestellt, dass es nicht meins war, obwohl ich immer gerne in meinem Job gearbeitet habe. Es kommt halt auf die Umstände und das Umfeld an . Meine Eltern waren auch zuerst entsetzt, aber sowas muss jeder für sich entscheiden.


QuoteMama Lauda #8.1

Seien Sie beruhigt. Ich bin auch Hausfrau und meine Frau verdient dass Geld. Wäre es anders herum, wäre es auch nicht schlimm. Besser jedoch auch nicht.


QuoteMensch Hoffmann #10

Als Frau wurde mir schon früh von Eltern/Großeltern vermittelt, was sich als Frau gehört und was nicht. Ich fand diese Vorstellungen schon immer skurril. Warum sollte mein Bruder den Rasen mähen und ich das Geschirr abwaschen? Warum durfte er nicht weinen? Keine der damaligen Antworten hat mich überzeugt und so bin ich meinen eigenen (und oft steinigen) Weg gegangen.
Nach dem Schulabschluss studiert und einen typischen Männerberuf ergriffen.
Mein Fazit: Ich wurde nie diskriminiert und fühle mich bis heute sehr wohl. Außerdem habe ich immer sehr gut verdient.


QuoteHMTiburon #15

Mein Arbeitskollege müsste im Rahmen seines Scheidungsverfahrens ungefähr 500.000 Euro in Form von Trennungsunterhalt, Zugewinnausgleich und nachehelichen Unterhalt an seine wohlgemerkt Vollzeit berufstätige Ex-Frau überweisen. Dazu kommt noch der etwas schwer in einer Geldsumme zu fassende Versorgungsausgleich.

Solange die Dinge am FamG so laufen, kann ich jedes Gerede und Geschreibe von einer angeblichen strukturellen Benachteiligung von Frauen absolut nicht ernst nehmen. Solange sich Frauen wie kleine Mädchen von einem Mann das Leben durchalimentieren lassen, ist Feminismus eine Farce und Emanzipation nur Theorie.

Corona zeigt hingegen im Wesentlichen nur eins: Junge Väter betreuen heute genauso ihren Nachwuchs wie Frauen.


QuoteSebastian Nigge #15.1

Verbreiten Sie keine Unwahrheiten. Trennungsunterhalt gibt es wenn überhaupt nur noch für den Elternteil, der Kinder unter 3 Jahren betreut und dadurch am einer Erwerbstätigkeit gehindert wird. Ab dem 3. Geburtstag eines Kindes kriegt der Elternteil, der die Kinder betreut nur Unterhalt für die Kinder. In 88 Prozent der Fälle zahlen die Väter. Einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zufolge erhält etwa die Hälfte der Alleinerziehenden keinen einzigen Cent von diesen Vätern. Nur ein Viertel erhält regelmäßig den ihm zustehenden Unterhalt. So viel zu dem Thema.

Die Unterhaltsreform kam 2008. Das ist also deutlich über 10 Jahre her. Früher gab es Trennungsunterhalt für den Expartner auch ohne gemeinsame vorhandene Kinder. Und ein Versorgungsausgleich ist wenn Kinder vorhanden sind sogar sehr sinnvoll, denn meistens bleiben die Frauen 1 Jahr in der Elternzeit und gehen danach in Teilzeit. Dementsprechend ist ein Ausgleich nur fair. Die Argumentation von HMTiburon da oben ist schlicht lächerlich und hat nichts mit der aktuellen Lage zu tun.


QuoteKlaus Lachshammer #15.7

Sie verbreiten hier selber Unwahrheiten. Trennungsunterhalt kann es auch ohne Kinder geben. Voraussetzungen für den Trennungsunterhalt sind:

- Die Trennung muss vollzogen sein.
- Es muss die Bedürftigkeit eines Ehepartners vorliegen.
- Der andere Ehepartner muss in der Lage sein, diesen zu unterstützen.

Schauen Sie sich mal § 1361 BGB an:
https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1361.html


QuoteHMTiburon #15.9

Es gibt mehrere Begründungen für Unterhalt, nicht nur den für Kinder.

So siehts aus. Neben Kinderbetreuung ist auch nachehelicher Unterhalt wegen Alters oder Erkrankung im Gesetz, sprich BGB, verankert. Und den zahlt man auch heute noch uU lebenslang.

Die Ehe ist, und das wissen die meisten nicht, sonst würden sie kaum heiraten, eine Verpflichtung zur Versorgung des wirtschaftlich Schwächeren, also in der Regel der Frauen, da die meistens "nach oben" heiraten. Und das wie gesagt unter gewissen Umständen auch nach der Scheidung lebenslang !

Ob das noch zeitgemäß ist ??


Quotejjkoeln #35

Mal wieder der westdeutsch sozialisierte Blick.


QuoteFlavius Ricimer #38

"das Eigentliche, also Geld, Macht, Status"

Eigentlich erbarmungswürdig, wer meint, sein Selbstwertgefühl aus diesen Dingen ziehen zu müssen. ...


QuoteElofant #33

"das Eigentliche, also Geld, Macht, Status"

Echt jetzt? Das ist ja nun wirklich von vorgestern.


QuoteSchneider_ #49

Die Autorin beschreibt sicherlich eine Zeit, die wir eigentlich hinter uns gelassen haben. Und das ist auch gut so. Die westdeutsche Hausfrauenrolle übergestülpt über die meisten Frauen damals, kann sich nur als Gefängnis anfühlen. Denn Selbstverwirklichung ist nun mal auch ein wichtiger Faktor der Selbstzufriedenheit. Die Ostdeutsche Frauenrolle gab es auch. Die Arbeitende, die ihre Kinder morgens in den Kiga bringt und nach der Arbeit abholt, nach Hause radelt und dann den Haushalt macht. Es gab hier sicherlich mehr Selbstverwirklichung, da die Arbeit wertgeschätzt wurde und sie nicht nur auf Wertschätzung ihres Mannes angewiesen war. Denn Jeder Mensch braucht Wertschätzung. Doch wurde es erwartet, dass sie alles macht auf Arbeit arbeiten, zu Hause arbeiten und die kinder groß zieht. Auch ein Gefängnis aus dem Söhne und Töchter ausbrechen wollten. Der Vorteil all dieser Entwicklungen ist doch, dass wir schon dabei sind das jeder so leben kann wie er möchte. Um nochmal zum Artikel zu kommen. Ja ich kann die Autorin verstehen, dass sich der Lockdown für viele Frauen derzeit wie ein Gefängnis anfühlt. Aber was ist mit den Männern. Redet doch auch mal über eure "Gefängnisse "!


Quotejjkoeln #49.2

Die (west-)deutsche Vorstellung, dass der Mann ranschsfft und die Familie versorgt und die Frau den Haushalt managed ist auch für den Mann die Hölle.

Die gesamte Verantwortung der Versorgung lastet auf ihm. Gerade in Zeiten wie diesen ist das ein erheblicher Druck. Und von den Kindern bekommt er wenig bis nichts mit.
Cool, wer will das heute noch?


QuoteEmma Blomma #50

Ich sehe in meinem Umfeld so viele Väter, die sich sehr selbstverständlich und umfangreich in die Carearbeit einbringen, auch schon vor Corona und Home Office Zeiten. Natürlich gibt es immer noch Familien mit sehr klass. Rollenverteilung, aber so langsam frage ich mich, in welcher Bubble Journalist_innen oder Feministinnen leben, die immer noch gebetsmühlenartig das Negativbild des karrieregeilen, sich nicht um Kinder kümmernden Vaters in ihrem Artikeln durchkauen. Sicher gibt es immer noch etwas zu verbessern, sicher gibt es immer noch Frauen, die "nur" Hausfrau sind. Diese Frauen kenne ich auch und die haben sich bewusst dafür entschieden. Der Artikel verpasst Frauen eine viel zu passive Rolle.


QuotePippilangstrumpfvictualia #51

Wir leben doch heute in einer Gesellschaft, in der sehr viele Lebensmodelle lebbar sind. Und ja, an vielen Stellen können wir durchaus Entscheidungen treffen (Berufswahl, Partnerwahl usw.). Wir sollten für diese selbst getroffenen Entscheidungen bitte aber auch die Verantwortung übernehmen und wenn sie sich als eine unglückliche Entscheidung heraus stellt, selbst eine Korrektur vornehmen bzw. das beste draus machen, aber nicht bei anderen die Schuld suchen. Das ist unreif.


QuoteHamptidamti #58

Sagen Sie einer Frau mal in der Kennenlernphase, dass sie als Mann gerne der wären, der zuhause bleibt, sich um die Kinder kümmert und den Haushalt schmeißt.

Reaktionen von: "dann hast Du ja Affairen mit den anderen Müttern" bis hin zu "Du bist dann kein richtiger Mann" war alles dabei.
Vielleicht sollten viele (schreibende) Frauen, sich mal bewusst machen, dass das Köpfchen das eine will, das Herz etwas noch anderes und der Bauch wer weiß wohin unterwegs ist.

Auch weiß man meist vorher, wen man heiratet. Danach dann überrascht zu sein, ist eigentlich naiv.
Vielleicht und das ist ernst gemeint, wäre es sinnvoll, Männern auch Kolumnen einzuräumen, dann wären zumindest mal beide Perspektiven gezeigt?


Quotebabasikander #58.1

"Männern auch Kolumnen einzuräumen"

Wozu? - Es ist doch mittlerweile Konsens, dass Männer keine Ahnung von Partnerschaft haben können, nicht?


QuotePippilangstrumpfvictualia #60

Vielleicht ist das Ganze v.a. eine Frage der Selbst(un)sicherheit in Zeiten, wo es viele verschiedene Lebensmodelle gibt?



QuoteHamptidamti #68

"und Männer verschleißen, wie ich lustig war."

Haha, bin ich geneigt zu denken. ...


QuoteFletscher Christian #66

"Heike-Melba Fendel ist Autorin und Inhaberin der Künstler- und Veranstaltungsagentur Barbarella Entertainment..." und merkt jetzt in der Corona-Krise vielleicht, dass sie gar nicht wichtig ist und wie entbehrlich sie ist und bettelt vermutlich um Staatshilfe. Und vielleicht..., vielleicht merkt sie sogar, dass die von ihr von oben herab betrachteten Hausfrauen besser dran sind, weil sie vielleicht vorgesorgt haben, eine Garten besitzen und eine Speisekammer und Essen selbst zubereiten können.
Merke: Feminismus alleine macht auch nicht satt. ...


QuoteFreigeistin #73

Eine kluge Gesellschaftsanalyse!

Die Autorin wertet übrigens nicht die Hausfrau ab, wie das einige Kommentatoren hier wohl verstanden haben. Sie zeigt lediglich historische Kontinuitäten und kulturell gewachsene Strukturen auf, deren Bedingungen wir alle (Frauen wie Männer) unterliegen.

,,Ich glaube nicht, dass wir einen solchen Backlash erleben. Diese Krise hat die Geschlechterrollen nicht ins Gestern verschoben, sondern das Frauenschicksal vergemeinschaftet."

Da wir übergangsweise alle auf den Ort des Häuslichen zurückgeworfen wurden, erfährt der Ort des Heims, der bis vor wenigen Jahren noch allein Frauen als Raum von ,,Macht" und Aneignung zugestanden wurde, mehr Aufmerksamkeit auch von Männern. ,,Vergemeinschaftet" eben.

Wenn die Autorin schreibt, dass die mover und shaker (Männer und Frauen) auf das ,,Gedöns" herabblicken, dem sie ja so freudig ,,entronnen" sind, meint sie damit auch sich selbst und nimmt sich aus dem kritischen Kontext, den Heim und Herd in diesem Text liefern, nicht aus.


Quotewaskannichwissen #79

Insgesamt ein guter Artikel. Mich nervt im Forum die weitgehend westdeutsch sozialisierte Brille. Frauen im Osten waren -dank Arbeit-erheblich gleichgestellter/ gleichberechtigter als noch heute. NichtJede musste ans Fließband radeln und nein, es war nicht alles perfekt in Sachen Gleichstellung. Aber einige Debatten (starre Rollenvorstellungen) waren längst geführt. Wenn Sie erstmal mit einer gestandenen Schlosserin oder Chemikerin gesprochen haben, erübrigten sich Klischees und Fragen. Oder: Bis zur Wende war ich ausschließlich bei Ärztinnen, jetzt lese ich manchmal die Forderungen: Frauen müssen gleichberechtigter in der Medizin sein. Manche Themen in ZON / im Forum lese ich wie Berichte aus einem seltsamen alten fernen Land.


QuoteDoris W. #81

Eine Ehe ist halt eine Partnerschaft. Beide Partner werden mit diversen Rollenerwartungen von aussen konfrontiert. Letztendlich aber darf man allein entscheiden, wie man das Leben gemeinsam meistert. Wer sagt denn, dass die "Männerwelt" so traumhaft schön ist?



QuoteHomeOffice #88

Ich halte es für einen Irrweg, wenn wir es als Zumutung empfinden, wenn sich Eltern persönlich um ihre Kinder kümmern.
Ich war in meiner Kindheit mittags mit der Schule fertig. Und meine Mama war dann auch zuhause. Ich fand das schön.


Quote123Valentino #89

So weit ich zurückblicken kann , mein Vater hatte immer Nachtschicht und verdiente vergleichbar viel Geld , geschuldet war es der Tatsache das er Bergmann war und zahllose Überschichten machte.
Gesund war das nicht.
Wir hatten damals ein großes Haus , welches der Arbeitgeber zur Verfügung stellte, großer Garten mit aller Art von Gemüse und fast allen gängigen Obstsorten.
Meine Mutter habe ich in Erinnerung , mehr als Gärtnerin , gesund stark , eine gute Köchin und bigotte Katholikin.
Die Arbeit zerrte meine Vater auf.
Ich weiß nicht, wer sich für wen opferte wenn, dann hat mein Vater Substanz gelassen , er selbst hätte das nie so gesehen und es ging vielen Vätern in vielen Familien ähnlich. Viele zahlten in den letzten Lebensjahren mit schweren Krankheiten für ihre Opferbereitschaft.
Haben aber nie in die Opferrolle angenommen und wollten stark sein als sie schon schwach waren.
Mir tun die Frauen des Bildungsbürgertums leid , meiner Mutter ist dieses, im Artikel beschriebene, Schicksal erspart geblieben.


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