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[Coronavirus Notizen (COVID-19-Pandemie, Mentalitätsgeschichte, etc., ...) ... ]

Started by Link, March 17, 2020, 03:00:05 PM

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#140
Quote[...] Etwa 30 Prozent der Corona-Patienten auf Berlin-Brandenburgs Intensivstationen sterben.


Aus: "Genesen – nicht gesund: Wie es ist, einen schweren Verlauf von Covid-19 überlebt zu haben" Barbara Nolte (15.05.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/genesen-nicht-gesund-wie-es-ist-einen-schweren-verlauf-von-covid-19-ueberlebt-zu-haben/25832168.html

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Quote[...] Dass die USA, Russland, Großbritannien und Brasilien die Länder mit den meisten Corona-Infizierten sind, ist kein Zufall. Alle werden von Männern regiert, die bereit sind, die Wirklichkeit als optional zu betrachten. ... Quer durch die westlichen Gesellschaften lässt sich vor allem in rechten, querfrontigen und esoterischen Zirkeln kaum noch eine Groteske erfinden, die nicht nahtlos in die Ideologie eingebaut werden kann. Wer glaubt, dass fast sämtliche Regierungen der Welt auf Geheiß von Echsenmenschen ihre Volkswirtschaften ruinieren, um der Pharmaindustrie einen Gefallen zu tun, der glaubt einfach alles. ... Im 20. Jahrhundert war ein häufiges Schimpfwort für Linke "Traumtänzer". Gemeint war, die harte Wirklichkeit der Welt auszublenden und an (vermeintlich) unerreichbaren Visionen festzuhalten. Traumtänzerei ist im 21. Jahrhundert eine rechte Spezialität geworden. Aber es ist ein Albtraum und ein Tanz der Toten.

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Aus: "Trump, Putin, Johnson, Bolsonaro: Die Albtraumtänzer" Aus einer Kolumne von Sascha Lobo (20.05.2020)
Quelle: https://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/donald-trump-wladimir-putin-boris-johnson-jair-bolsonaro-die-alptraumtaenzer-kolumne-a-57c9a5c4-34cd-4fcd-ab2f-277c1e033269

QuoteMaik vor 5 Minuten
Herr Lobo, Sie haben Belgien vergessen. Belgien hat die meisten Toten pro 100.000 Einwohner in der Corona-Krise und es wird von einer Frau regiert.


QuoteHarry Panzer

Es fehlt Frankreich und Italien. Beide von weissen Männern regiert. Beide haben extrem hohe Todesquoten pro 100.000 Einwohnern. Zusammen mit Belgien weltweit führend. Weit vor den USA! Artikel bitte neue schreiben Mr. Lobo.


QuoteHank

Passt nicht ins linksliberale Narrativ. Bereiten Sie sich auf viele Downvotes vor, darauf hab ich auch in meinem Kommentar weiter unten hingewiesen. Scheinen viele nicht kapieren zu wollen dass nur Infizierte und Tote pro X Einwohner relevant sind, nicht die absoluten Zahlen.


QuoteAlfred

Mit Verlaub - diese Personen sind keine "Albtraumtänzer", sondern Repräsentanten von Staaten welche in demokratischen Wahlen gewählt wurden. "Nur" weil diese Länder nicht "unsere" Linie befolgen, darf man sich nicht anmaßen hier geringste Wertschätzungen für die Wähler dieser Repräsentanten walten zu lassen. Unsere "Staatsmedien" verbreiten auch nicht die einzige Wahrheit - man sollte mehr englischsprachige Presse lesen, dann werden die Unterschiede zur deutschsprachigen Presse schnell sichtbar - und nicht immer zu viel Wertschätzung dieser.


QuoteOlaf

Unbenommen dass Trump und Co zwischen Populismus und Autoritär changieren und dies die Bekämpfung der Pandemie deutlich erschwert. Trotzdem ist es falsch die absoluten Zahlen als Maßstab zu nehmen. Allein die relativen Zahlen, also im Verhältnis zur Bevölkerung, sind ein Maßstab für die augenblickliche Schwere der Pandemie und da vor allem die Todeszahlen, da diese auch das Dunkelfeld etwas erhellen und weniger von Testzahlen abhängig sind als die Infiziertenzahlen. Bei den Todeszahlen im Verhältnis zur Bevölkerung liegen aber incl.GB sechs andere europäische Länder ganz vorn. Bei diesen Ländern wird dieser Umstand kaum skandalisiert und am ehesten Pech zugeschrieben ...


QuoteFrank

Völlig falsch! Rechts im Sinne von konservativ bedeutet, sich an Regeln - zum Beispiel zum Abstand und zur Hygiene - zu halten und die körperliche Unversehrtheit seiner Mitmenschen als Wert zu begreifen. Disziplin zu üben und zu halten, scheint noch immer eine deutsche Tugend zu sein.

Dass diese Dinge in anderen Ländern nicht ganz so gut klappen, ist weder ein Verdienst noch das Verschulden von Angela Merkel, Boris Johnson oder Wladimir Putin. Es hat viel eher etwas mit kulturellen und sozialen Prägungen und der Bereitschaft zu tun, Einschränkungen der individuellen Freiheit im Interesse des Infektionsschutzes zu akzeptieren und daraus folgende Beschränkungen auch einzuhalten.


QuoteManuel

Wenn es keine Regeln gibt, wie Anfangs in den USA oder in Brasilien, dann macht das schon einen Unterschied.


QuoteOlga von der Wolga

Uns geht's gut weil es anderen schlecht geht. ...


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Quote[...] Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Die Pharmaindustrie lehnt die Forderung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ab, einen Impfstoff gegen das Coronavirus als globales öffentliches Gut zur Verfügung zu stellen. ,,Es muss dabei bleiben, dass die Unternehmen Eigentümer ihrer Entwicklungen bleiben, schließlich haben sie Millionen dafür investiert", sagte der Präsident des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller (VFA), Han Steutel, den Zeitungen des ,,Redaktionsnetzwerks Deutschland" (Dienstagsausgaben). Er versicherte aber, die Industrie werde einen Impfstoff zu bezahlbaren Preisen anbieten.

,,Einige große Pharmaunternehmen haben bereits zugesichert, dass sie einen Impfstoff quasi zum Selbstkostenpreis abgeben werden. Das haben nicht alle getan, aber die Richtung ist damit vorgegeben", so der VFA-Präsident weiter. Niemand in der Branche gehe ,,ernsthaft davon aus, dass er mit einem Corona-Impfstoff große Profite einfahren wird". Eine staatliche Förderung der Pharmaforschung an Corona-Arzneimitteln und Impfstoffen sei nicht nötig. ,,Das stemmen die Firmen weitgehend allein, ohne öffentliche Unterstützung", sagte Steutel den Zeitungen des ,,Redaktionsnetzwerks Deutschland". Dringend erforderlich seien hingegen staatliche Investitionshilfen für den Ausbau der Impfstoffproduktion. Derzeit könnten weltweit etwa 1,5 Milliarden Dosen Impfstoff jährlich produziert werden, so der VFA-Präsident weiter. ,,Angesichts einer Weltbevölkerung von fast acht Milliarden Menschen ist die riesige Lücke zu erkennen. Hier sind öffentliche Hilfen wie Investitionszuschüsse nötig, um die Produktions-Kapazitäten sehr schnell massiv auszuweiten", forderte Steutel.


Aus: "Pharmaindustrie will Corona-Impfstoff nicht als öffentliches Gut freigeben" (19. Mai 2020)
Quelle: https://www.oldenburger-onlinezeitung.de/nachrichten/pharmaindustrie-will-corona-impfstoff-nicht-als-oeffentliches-gut-freigeben-42087.html

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Quote[...] Für Italiens bis vor Ausbruch der Seuche in allen Umfragen strahlenden Oppositionsführer Matteo Salvini ist die Lega-regierte Lombardei von der Musterregion zum Mühlstein am Hals geworden. Salvinis Umfragewerte sind regelrecht abgestürzt, die Lega hat ein Drittel ihrer Wähler aus den Europawahlen verloren, liegt nur noch knapp vor den Sozialdemokraten (Partito Democratico).

Nur ein Beispiel für das Missmanagement in den Lega-geführten Regionen: In Mailand kennt jeder den Fall der großen Seniorenresidenz "Pio Albergo Trivulzio", in die man noch Anfang März auf Anordnung von Regionalfunktionären "leichte" Covid-19 Fälle verlegt hatte. Als der zuständige Heimarzt dagegen protestierte und dem Pflegepersonal Schutzbekleidung verordnete, wurde er fristlos entlassen, weil er angeblich "Panik stiftete". Heute weiß man, dass fast die Hälfte der Opferzahl in der Region in den Altenheimen und Residenzen vermeldet wurde.

Auch drei Monate nach Beginn der Seuche werden Infektionsketten nicht ordentlich nachverfolgt, müssen Angehörige eines Covid-19-Opfers - wie in Bergamo öffentlich geworden - 500 Euro Gebühren zahlen, um sich testen zu lassen.

Fast jede Familie in der Lombardei hat ein Opfer der Seuche zu beklagen; Tote oder Überlebende, die nun schwerkrank Pflege brauchen. Jeder Vierte als "geheilt" von der Intensivstation entlassene Covid-19 Patient muss in die Dialyse, weil die Nieren versagt haben. Die Lungen sind bei vielen dauerhaft geschädigt. Als "geheilt" entlassen zu sein, ist bei dieser Seuche nicht gleichbedeutend mit gesund sein. Auf Angehörige und das Gesundheitswesen kommt eine Nachwelle Zehntausender Schwerbehinderter zu.

Zu Beginn der Krise aber wollte sich niemand den Verhältnissen in der Lombardei befassen. Der erste Verdacht, den rechtsnationale Medien wie "Libero", "Il Giornale", aber auch das Staatsfernsehen Rai gleich zu Anfang März streuten, stellte die "Musterregion Italiens", mit dem mustergültigen Gesundheitssystem", "von der ganzen Welt bewundert", als Opfer des Auslands dar.

Als "Seuchenverbreiter" angeprangert wurden: "die Deutschen". In Deutschland habe es den "Patienten Null" gegeben, am 26. Januar in der bayrischen Firma Webasto, die auch in Italien Filialen habe. Dass der Fall Webasto in sich isoliert blieb, dass sich ein Virus nicht per Telefon verbreitet, dass es keinen körperlichen Kontakt zwischen der Webasto-Zentrale in Stockdorf und dem ersten offiziell als Covid-19-Patienten in Codogno am 20. Februar entdeckten "Mattia" gab - geschenkt!

In den Proben von 800 Blutspendern in Mailand fand man nun übrigens bei 4 Prozent dieser gesunden Spender bereits im Januar 2020 Antikörper auf das Virus. Das Virus war also bereits Anfang Januar in der Stadt, zwei Monate bevor es zum großen Ausbruch gekommen ist. Die Deutschen waren es nicht, wir sind noch einmal davongekommen.

Wahr ist dagegen, dass das vermeintlich großartige Gesundheitssystem der Lombardei für den Pandemie-Fall komplett falsch aufgestellt ist, wie es 13 Notärzte des Krankenhauses "Papst Johannes XXIII" von Bergamo in einem offenen Brief schon im März schrieben. "Alleingelassen", gezwungen, Patienten "nur noch palliativ behandeln zu können", "keinen Platz auch für Schwerkranke mehr": Der Zusammenbruch des angeblich so vorbildlichen Systems, trotz des übermenschlichen Einsatzes von Ärzten und Pflegepersonal, so schreiben die 13 Notärzte, liege am System selbst.

Die Katastrophe war eben nicht der von Fontana genannte "Tsunami", die Wasserwelle nach einem Erdbeben unter dem Meer, sondern die Folge menschengemachter Fehlaufstellung. Der Kern des Problems: Das Gesundheitssystem ganz Italiens ist "Krankenhaus-zentriert", ganz besonders in der Lombardei. Jede Art von Diagnostik, alle Spezialisten, arbeiten nur in Großkrankenhäusern. In riesigen Wartesälen wartet man stundenlang auf den Termin, muss zuerst die Zuzahlung leisten, pro Arztbesuch auch schon einmal 150 Euro, um dann wieder in langen Korridoren, immer dicht an dicht gedrängt, vor dem Arztzimmer zu warten. Das Krankenhaus als ideale Virenschleuder. Tatsächlich kam es zu den ersten Massenansteckungen in drei Krankenhäusern der Lombardei: in Nembro, Alzano Lombardo und Codogno.

"In dieser Krise rächte es sich, dass man uns Hausärzte, die Versorgung vor Ort, sträflich vernachlässigt hat", meint der Präsident der Hausärzte von Bergamo, Guido Marinoni. "Wir Hausärzte sind aus dem Gesundheitssystem herausgefallen, allein gelassen worden. Wir wurden zu Patienten gerufen, die schwerste Atemprobleme hatten, aber wir hatten keine Schutzausrüstungen. Wir bettelten in der Region um Masken, nichts kam. Wir haben uns im Baumarkt Schutzmasken gekauft, aber das hat bei vielen meiner Kollegen und Kolleginnen nicht gereicht. Von den 630 Hausärzten von Bergamo Stadt und Kreis haben sich 150 mit dem Virus infiziert und 28 sind gestorben."

Es gibt eine direkte Beziehung zwischen der Verfasstheit des lombardischen Gesundheitssystems zu Beginn der Pandemie und der Regionalregierung. Wenige Tage vor dem Virus-Ausbruch sagte der stellvertretende Lega-Vorsitzende Giancarlo Giorgetti, man könne auf die Hausärzte ("medici di famiglia") verzichten, sie seien überflüssig. Die Region setzt mehr als jede andere auf wenige große, die Leistungen konzentrierende öffentliche Kliniken sowie auf privatwirtschaftlich organisierte Häuser, die sich auf finanziell attraktive Behandlungen des Leistungskatalogs konzentrieren.

Dass es auch anders geht, beweist die Nachbarregion Venetien: auch sie unter Leitung eines Lega-Politikers, Luca Zaia. Der aber von Anfang von einem bekannten Virologen, Andrea Crisanti, beraten wurde, massenhaft testen ließ und vor allem in der "roten Zone" von Vo Euganeo 43 Prozent der asymptomatischen Träger entdecken konnte. Ein System ganz konzentriert auf Hausärzte, mit "nur" 1841 offiziell gezählten Covid-19-Opfern. Im Vergleich zum Lega-Parteifreund Fontana aus der Lombardei steht Zaia heute blendend da: Keine neuen Infektionen mehr im Veneto, aber am Donnerstag 316 Neuinfektionen in der Lombardei und 65 Tote.

Von den 114 Milliarden Euro öffentlichen Mitteln, die der staatliche, regional organisierte Gesundheitsdienst pro Jahr ausgibt, geht die Hälfte an private, gewinnorientierte Krankenhäuser. Deren Leistungen aber konzentrieren sich auf teuer abzurechnende Einzelleistungen, sehr viel weniger auf die allgemeine Gesundheitsvorsorge, schon gar nicht auf Notfallmedizin. Von den 5060 Intensivbetten in ganz Italien zu Jahresbeginn gab es weniger als 100 in den Privatkliniken.

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Aus: "Italiens Corona-Katastrophe hat Verantwortliche" Von Udo Gümpel, Rom (Samstag, 23. Mai 2020)
Quelle: https://www.n-tv.de/politik/Italiens-Corona-Katastrophe-hat-Verantwortliche-article21799009.html

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Quote[...] Update, 18.05.2020: Die gute Nachricht zuerst: Entgegen der Ankündigungen von Attila Hildman, in der Riege der Verschwörungstheoretiker berühmt gewordener Vegan-Koch, hat sich das Land seit dem 15. Mai 2020 nicht spürbar verändert. Zumindest nicht dahingehend, wie es Hildmann auf allen ihm zur Verfügung stehenden sozialen Medien orakelt hat.

Die ,,bösen Mächte" aka Regierenden haben nicht ihre ,,Masken" abgenommen und der bundesrepublikanischen Demokratie im Zuge der Corona-Krise ein Ende bereitet. Auch wenn er in einer Rede vor dem Berliner Reichstag am Samstag von dieser Vision nicht ablassen wollte.

,,Liebe Freunde der Demokratie", begrüßte der Koch jene Anhängerschaft, die - Applaus Applaus, ,,große Sorgen um die Zukunft dieses Landes" hätte - ,,und diese Sorgen sind berechtigt."

Was dann folgte, war das übliche Geschwurbel von einer ,,Pharmamafia", die das Land regiere, von ,,kleinen Eliten", die nur ,,Böses" vorhätten. Natürlich auch von den düsteren Plänen eines Bill Gates und eigenlogisch von Meinungen, die man angeblich nicht sagen dürfe - obwohl insbesondere Hildmann seit Wochen nichts anderes tut.

,,Wir sind schon mitten im Faschismus und in der Diktatur", zog er seine Schlüsse. Wäre dem so, hätte er seinen kleinen Vortrag keine zwei Minuten halten können. Aber Widersprüche zu erkennen, war noch nie die Kernkompetenz von Verschwörungstheoretikern.

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Aus: "Attila Hildmann, Bill Gates und die große Corona-Verschwörung" Katja Thorwarth (21.05.20)
Quelle: https://www.fr.de/meinung/attila-hildmann-corona-krise-koch-coronvirus-dreht-frei-13748885.html

Quotecashmerewolle

wie schade, dass wir hier nicht auch so eine tolle Einrichtung wie die Briten im Londoner Hyde-Park haben. 'Speakers Corner' heisst die Ecke, wo sich an jedem Sonntag, wer sich berufen fühlt, seine Ansichten kundtun kann. Dieser Koch, von dem die Frau Thorwarth hier berichtet, wäre dort sicher bestens aufgehoben. ;)


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Quote[...] Seit sich immer weniger Menschen mit Corona infizieren, sind immer mehr Menschen überzeugt: Das ist doch ein Komplott. Die Verschwörungslust greift um sich, erfasst Rechte und Linke, Hippies und Nazis, Unternehmer und Juristen. Viele alte Bekannte sind dabei, von Pegida, Occupy und der AfD. Aber auch ganz neue.

Leute wie der Bad Homburger Unternehmer, dessen Name ,,keine Rolle spielt", wie er sagt, der aber keine Scheu hat, mitten in Frankfurt am Main das Mikrofon zu ergreifen. ,,Ich selbst gehöre zu den Gewinnern des Systems", so stellt sich der Mann mit graumeliertem Schopf vor, und man glaubt es ihm auf Anhieb: randlose Brille, hellblaues Hemd, kleiner schwarzer Rucksack.

Dutzende stehen vor ihm, manche im Che-Guevara-Shirt, manche in Batikkleidern, andere mit Glatzen und trainierten Muskeln. In hessisch gefärbtem Hochdeutsch erzählt der Mann, wie er Firmen mit Hunderten Mitarbeitern aufgebaut und an die Börse geführt habe. ,,Ich habe immer von diesem System profitiert", sagt er, ,,aber ich kann für dieses System keinen Tag länger stehen."

Jubel brandet auf, die Leute reißen ihre Hände hoch, der kleine grauhaarige Mann mit dem ,,IM Erika"-Schild genauso wie die Muslimin mit Kopftuch und Mundschutz, auf dem ,,Maulkorb" geschrieben steht. Und dem Mann im Hemd bricht ein wenig die Stimme.

,,Das berührt mich derartig emotional", sagt er, und man kann nur ahnen, was sich in seiner Gefühlswelt abspielt: die Erleichterung, Gleichgesinnte gefunden zu haben, der schnell zu Kopf steigende Applaus, der Spaß, einer Menge einzuheizen.

Weitere Geständnisse: ,,Ich war komplett im Mainstream, meine Kinder sind durchgeimpft, ich bin durchgeimpft." Teilnahmsvolles Schweigen, der Mann holt Luft: Aber es sei doch ,,derartig offensichtlich, was hier passiert".

Was es ist, was hier so offensichtlich passiert, darüber verliert der Unternehmer kein Wort. Sein Publikum braucht er von nichts mehr zu überzeugen. Eingeweihte unter sich.

Doch dem Mann ist schmerzlich bewusst, dass die Schar seiner Zuhörer nur eine Minderheit ist. Der Glaube ist zwar ansteckend, aber exponentiell verbreitet er sich nicht. Die meisten Deutschen sind immun gegen die Theorie, dass hinter der Pandemie ein großer Plan stehe.

Den Redner macht das unglücklich: ,,Selbst die nächsten Verwandten, die Freunde, die halten einen alle für verrückt, das habt ihr alle bestimmt auch gemerkt." Trotzige Rufe: ,,Jawoll."

,,Ich weiß gar nicht, ob man das hier sagen darf", raunt der Geschäftsmann ins Mikrofon, und einige machen erregt einen kleinen Schritt nach vorn, um besser zu hören. Die geheime Botschaft: ,,Man muss sich Telegram installieren, danach weiß man mehr."

Wieder frenetischer Applaus, der diesmal nicht nur dem smarten Unternehmer, sondern wohl auch einigen Helden des Publikums gilt. Es sind semiprominente Verschwörungstheoretiker wie der vegane Koch Attila Hildmann oder der apokalyptische Sänger Xavier Naidoo, die über den Nachrichtendienst Telegram ihre Ansichten verbreiten.

Der Mann müsste jetzt gemerkt haben, dass man das sagen darf. Er hat die Worte jedenfalls mitten in Frankfurt in ein Mikrofon gesprochen, erhöht vom Sockel des Gutenberg-Denkmals, so dass ihn auch sämtliche Polizisten, Journalisten und Gegenprotestler gut hören konnten. Passiert ist nichts.

Noch weniger als nichts regte sich im Gesicht der bronzenen Figur über ihm. Den Vater des Buchdrucks, Revolutionär der Massenkommunikation, bringt kein ,,Lügenpresse"-Gebrüll aus der Fassung.

Acht Wochen habe ,,der Prozess" bei ihm gedauert, berichtet der Redner, und es klingt ein wenig nach den verschiedenen Stufen bei Scientology, die man da durchlaufen muss: den Widerstand aufgeben, ,,googeln", ,,aufwachen" und dann missionieren.

,,Zieht die Leute in die Kanäle rein, aus denen ihr euch informiert!", ruft der Unternehmer in die Menge. ,,Sagt: Ich kann nicht verlangen, dass du meine Meinung annimmst, aber investiere fünf Minuten." Diesen Freundschaftsdienst sei einem doch jeder Freund schuldig.

Als der Mann vom Sockel steigt, umringen ihn begeisterte Zuhörer. Wie kann man sich vernetzen, wie sich organisieren? Der Graumelierte winkt ab. ,,Danke Ihnen, toll!", rufen zwei Damen. Und: ,,Wie heißen Sie?" Brüsk: ,,Spielt keine Rolle."

Enttäuscht zieht von dannen, wer hier schon den Anführer einer Bewegung geboren sah. Smart und eloquent, ja, aber offenbar noch nicht bereit für größere Aufgaben.

Plötzlich naht die Antifa, es wird unübersichtlich. Eine Pegida-Aktivistin brüllt in ein Megafon, ein Gegendemonstrant will es ihr entreißen, einer zeigt den Hitlergruß. Die Polizei greift sofort ein.

Dem Unternehmer, der eben noch im Licht der großen Bühne stand, wird es etwas zu bunt; er eilt in den Schatten.

Wer ist dieser Mann, der Erfolg und Familie hat und hier seiner Wut über die deutsche Corona-Politik Luft macht? Wer ihm eine Weile zuhört, der erfährt genug, um seinen Namen im Internet zu finden, und der kann sehen, dass er wirklich Firmen aufgebaut und an die Börse geführt hat. Was treibt so einen auf die Straße nach all den Jahren, in denen er, wie er sagt, immer zufrieden war?

Eine persönliche Antwort, das muss man gleich sagen, bekommt man von ihm nicht. Der Mann hat eine Mission, und wie es so ist bei Missionaren, kennen sie nur ein Thema. Deshalb legt er sofort los, spricht über ,,den kleinen Kreis an Leuten, der uns fremdbestimmt", Merkel und Bill Gates, das große Geschäft mit der Zwangsimpfung.

,,Wissen Sie, was 2014 passierte, als Gates seinen Tetanus-Impfstoff nach Afrika brachte?" – ,,Haben Sie Bill Gates 2011 bei Lanz gesehen, als er ganz offen über seine wahren Ziele gesprochen hat?"

All diese Fragen muss man mit nein beantworten, wenn einem die Legenden der Verschwörungstheoretiker fremd sind. Es ist ein bisschen, als sprächen die Leute hier eine andere Sprache, und dass die meisten Menschen diese Sprache nicht verstehen, bestärkt den Unternehmer nur in seinem Eindruck, dass er als Einziger Bescheid wisse.

So ist der Mann überzeugt davon, dass Gates junge Afrikanerinnen massenweise mit seinem Tetanus-Impfstoff sterilisiert habe. Die Weltgesundheitsorganisation weist das Gerücht des unfruchtbar machenden Impfstoffs seit Jahrzehnten als falsch zurück. Und obwohl es keinerlei Belege für diese wilde Theorie gibt, wird sie seit dreißig Jahren immer wieder neu ausgegraben und in den verschiedensten Varianten befeuert.

Der Unternehmer behauptet: Gates habe das in seinem Interview mit Markus Lanz sogar zugegeben, habe dort ausgeplaudert, durch Impfungen das Bevölkerungswachstum verringern zu wollen.

Was Gates in der Sendung wirklich sagte: dass er mit den Impfkampagnen Kinder am Leben erhalten will. Dass er erst zurückhaltend war, weil er fürchtete, andere Probleme würden durch eine Überbevölkerung verschärft, dann aber feststellte, dass das Gegenteil der Fall ist: ,,Wenn man die Gesundheit verbessert, gründen die Eltern kleinere Familien, weil sie wissen, dass ihre Kinder auch wirklich aufwachsen und sie später unterstützen können."

Vielleicht ist das schwer zu verstehen. Gates hat es ja zuerst auch nicht für möglich gehalten. Um daraus ein Beweisstück für Eugenikpläne zu machen, braucht es allerdings wirklich den Willen dazu.

Der Mann aus Bad Homburg aber ist wie beseelt von all diesen Dingen, die er neu gelernt hat: ,,Wissen Sie, was in den HPV-Impfstoffen drin ist?" – ,,Wissen Sie, dass die Spanische Grippe die Folge eines riesigen Impfunfalls ist?"

Unzählige Faktenprüfer haben all diese Thesen als falsch entlarvt, doch Verschwörungstheoretiker recherchieren nach einer anderen Logik: Alles, was man im Netz finden kann, dient als Beleg. Alles, wovon nicht das Gegenteil bewiesen ist, gilt als wahr.

Wenn die Tageszeitungen über Pannen des Robert-Koch-Instituts berichten, werden die Artikel munter geteilt, nach dem Motto: Wenn das sogar die Systempresse schreibt, muss es ja stimmen. Wenn im Fernsehen die Zahlen der Covid-Toten bekanntgegeben werden, heißt es dagegen: alles Lügen.

Oft sind die Thesen so aus der Luft gegriffen, dass man sie weder widerlegen noch belegen kann. Nach juristischen Maßstäben heißt das: Die Vorwürfe würden nicht einmal für einen Anfangsverdacht ausreichen, den es braucht, damit etwa die Polizei oder der Staatsanwalt Ermittlungen aufnimmt.

Es ist ungefähr so logisch wie die Entwicklung der Demonstrationen. Je lockerer die Maßnahmen gegen das Virus werden, desto größer der Widerstand. Am Anfang, als sich die Toten in Bergamo stapelten, hielten sie still. Jetzt, da die Gefahr eingedämmt ist, sagen sie: Seht ihr, war doch alles gar nicht nötig.

So logisch auch, wie die Argumente des AfD-Lokalpolitikers in Lederhosen, der Faltblätter an Jugendliche verteilt und erklärt: ,,Merkel ist eine Marionette, aber sie weiß genau, was sie tut."

Nur acht Wochen hat der Unternehmer aus Bad Homburg gebraucht, um sich alle diese Widersprüche anzueignen. ,,Ich war voll auf Linie, habe ARD und ZDF geschaut, die F.A.Z. und die ,Welt' gelesen", berichtet er. Dann hat er ein Medium gefunden, das ihm noch besser gefällt. Was gibt es auf Telegram, das Menschen wie ihn plötzlich in einen solchen Sog zieht?

Der Bad Homburger empfiehlt ,,zum Einsteigen" den Kanal von Eva Hermann. Das ist die ehemalige Tagesschau-Sprecherin, die damit anfing, die Familienpolitik der Nazis zu feiern, und mittlerweile die Anführerin einer Art Fake-News-Sekte ist. Hunderttausend Abonnenten hat ihr Kanal, und wer ihm beitritt, stellt fest: Eva Hermann zu folgen ist ein Vollzeitjob.

Im Fünfminutentakt kommen Links zu Artikeln von Russia Today und zu Büchern aus dem Kopp Verlag, Sprachnachrichten und Aufforderungen zum Gebet.

,,Schon als Kind habe ich die Hohen Helfer des Lichtes im Himmel gesehen, jetzt weiß ich: Es gibt sie wirklich", gesteht sie etwa in diesen nächtlichen Gebeten und kommt dann, wie so oft, auf den Ursprung ihrer Radikalisierung zu sprechen, ihre Urkränkung, als sie im Jahr 2007 von Johannes B. Kerner aus der Sendung geworfen wurde. Im Nachhinein ist das für sie ein göttliches Erweckungserlebnis.

,,Wenn ihr euch einsam fühlt, als Opfer, hilflos", so spricht sie als Gekränkte zu anderen Gekränkten, dann sei ,,im Rückblick immer eine Logik erkennbar". Wer sich die Mühe macht, sich in dieses Wirrwarr einzuarbeiten, wird belohnt – mit Aufmerksamkeit, Trost und der angenehmen Gewissheit, genau zu wissen, wer Freund und Feind ist.

Bill Gates, der Feind des hessischen Unternehmers, könnte eigentlich auch sein großes Vorbild sein. Gates hat Microsoft gegründet, der Mann aus Bad Homburg immerhin ein paar kleinere Software- und IT-Unternehmen. Der eine hat mit seiner Frau Melinda eine milliardenschwere Stiftung, der andere setzt sich, ebenfalls gemeinsam mit seiner Frau, für hochbegabte junge Menschen ein.

Sucht man im Netz nach Spuren seiner Radikalisierung, wird man nicht fündig. Seine Frau und er scheinen nicht die Art von Menschen zu sein, die Hasskommentare absetzen, Videos drehen oder Verschwörungs-Blogs betreiben.

Man findet lediglich eine Handvoll Interviews und Berichte über den Unternehmer, in denen er etwa erklärt, wie er Deutschlands Marktführer bei Telefonsoftware werden will, über den neuen Trend zu ,,V-Commerce" spricht oder seine Auszeichnung als innovativer Mittelständler.

Auch seine Freunde, die jetzt hinzukommen, sehen eher nach FDP-Wählern aus als nach Systemgegnern. Eine der beiden sportlichen Frauen stellt sich als seine Frau heraus.

,,Und der hat mich mit den ersten Informationen versorgt", stellt der Unternehmer sogleich ehrfürchtig seinen Freund vor, einen braungebrannten Mann mit Igelfrisur.

Der Dritte, mit kurzen Hosen und Poloshirt, stellt sich selbst vor: Er habe schon 2008 verstanden, dass ,,das System an die Wand fährt". Ach nein, er korrigiert sich: ,,Mein eigentliches Erweckungserlebnis war der 11. September." Klar, stimmt ihm der andere sofort zu, ,,ein Gebäude bricht in sich zusammen, ohne dass ein Flugzeug reingeflogen ist".

Die Frauen lauschen. Der Unternehmer gibt zu, das alles habe er nicht so verfolgt. Damals, erklärt er, ,,hab ich noch nicht kapiert, dass unsere Bundesregierung zu schwach ist, um dem ganzen Druck standzuhalten". Und er fügt hinzu, indem er sich respektvoll an seinen Komplizen richtet: ,,Ich sage zu schwach, du bist einen Schritt weiter."

Wundern sich die Freunde nicht, wer da mit ihnen zusammen demonstriert? Schulterzucken. Die Frau gibt zu bedenken: ,,Die Andrea ist ja auch ein bisschen alternativer als wir, weil sie sich mit dem Impfthema schon länger beschäftigt."

Man merkt, dass Andrea für sie ist, was die Kollegen für den Unternehmer sind: jene Freunde, die schon länger dabei sind und nun ihre Bezugspersonen in der neuen Welt wurden.

Eine neue Welt, in der man sich erst einmal zurechtfinden muss. Der Unternehmer aus Bad Homburg mag Herausforderungen. An der Fachhochschule war er Jahrgangsbester, hat Karriere gemacht, eine Familie gegründet. Und jetzt?

Was kommt noch, wenn man fünfzig Jahre alt ist und alles erreicht hat, was man so erreichen kann in diesem Alter? Manche lernen eine neue Sprache oder beginnen zu töpfern. Andere entdecken Telegram.

Plötzlich streng, als störe ihn, dass jetzt alle mitreden: ,,Wir waren vorhin thematisch noch gar nicht ganz durch." Doch zu diesem letzten Kapitel in Sachen Verschwörungstheorien kommt es nicht mehr, weil plötzlich sechs Polizisten auf die Gruppe zusteuern. Sie machen Halt vor dem Kollegen in kurzen Hosen: ,,Ihren Personalausweis bitte."

Die Freunde werfen sich entsetzte Blicke zu. Der Unternehmer braucht einen Moment, bis er seine Stimme wiederfindet: ,,Gucken Sie sich das an, wie der Staat die Meinung unterdrückt! Nur weil er letzte Woche ein Schild hochgehalten hat beim Spaziergang."

Kurze Zwischenfrage: Weil die Demonstration nicht genehmigt war vielleicht? ,,Das war doch nur ein Spaziergang." Seit wann geht man mit Schildern spazieren? ,,Das hatte er halt noch von einer anderen Demo dabei."

Die Beamten schirmen den Mann ein wenig ab. Die Freunde schauen alarmiert. ,,Das sind Zustände wie kurz vorm Dritten Reich", presst der Unternehmer zwischen den Zähnen hervor. ,,Die ziehen den jetzt hier raus und nehmen ihn mit."

Nach ein paar Minuten sind die Personalien vermerkt. Der Mann mit dem Poloshirt kehrt zu seinen Freunden zurück, vielleicht muss er ein Bußgeld zahlen. Die Polizisten verabschieden sich freundlich: ,,Danke."


Aus: "Corona-Demos : Plötzlich abgedriftet" Livia Gerster (23.05.2020)
Quelle: https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/wie-ein-erfolgreicher-unternehmer-verschwoerungstheorien-naeher-kommt-16782874.html

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#145
Quote[...] Update vom 13. Mai 2020: Der Sonderweg Schwedens in der Corona-Krise überraschte zu Beginn der Pandemie. Während die meisten Länder einen Lockdown verhängten, blieben in dem skandinavischen Land Gastronomie, Geschäfte und Schulen offen. Vielmehr sollte an das Verantwortungsbewusstsein der Bevölkerung appelliert werden, selbstständig den Kontakt zu anderen Personen einzuschränken. Doch schnell stellte sich heraus, dass die Todeszahlen Schwedens höher waren, als vielerorts auf der Welt.

Gegenüber dem Stern berichtet nun ein Mediziner von einer Intensivstation aus einem Krankenhaus in Stockholm. Dr. Lars Falk sei demnach einer der führenden Mediziner des Landes. Auf seiner Station werden Patienten behandelt, die unter Sauerstoffmangel leiden und beispielsweise künstlich beatmet werden müssen. Wie Falk weiter berichtet, seien die Patienten auf die Geräte angewiesen. Sie würden bei einer gewöhnlichen Behandlung vermutlich innerhalb von 24 Stunden sterben.

Der Mediziner verdeutlicht, dass in Schweden rund 26.000 Personen offiziell positiv auf das Coronavirus getestet wurden. Rund 523 Intensivbetten gebe es laut Stern dagegen. Aus diesem Grund sei die Station unter der Leitung von Dr. Falk aus Stockholm immer voll besetzt.

Der Mediziner erklärt weiter, dass aus diesem Grund sorgfältiger überlegt werden müsse, wer einen Platz auf der Station zugeteilt bekomme. ,,Die Plätze werden immer knapper", verdeutlicht Dr. Falk. ,,Dabei müssen wir aber natürlich andere Patienten aussortieren. Das sind wirklich schwierige Entscheidungen, die nicht leicht fallen", zitiert der Stern den Arzt.

...

Update vom 24. Mai 2020:  Schwedens Sonderweg in der Corona-Krise gerät immer mehr in die Kritik. Annika Linde, ehemalige Staatsepidemiologin des Landes, hatte zwar anfangs ihren Nachfolger Anders Tegnell, der die schwedische Regierung in der Coronavirus-Krise berät, unterstützt. Da die Todeszahlen aber im Vergleich zu den Nachbarländern Dänemark, Norwegen und Finnland deutlich höher sind, hat sie nun ihre Meinung geändert. Mittlerweile denkt sie, dass in der Frühphase der Pandemie strengere Restriktionen hätten erlassen werden müssen.

,,Ich denke, wir hätten mehr Zeit zur Vorbereitung benötigt. Hätten wir früh einen Lockdown gemacht, hätten wir in dieser Zeit sicherstellen können, dass wir das Notwendige zum Schutz der Schwachen tun können", sagte sie gegenüber dem britischen Observer.

Laut dem Tagesspiegel hatte Schweden an zwei Tagen der vergangenen Woche im gleitenden Sieben-Tage-Durchschnitt die höchste Pro-Kopf-Todesrate der Welt. Schweden verzeichnet 392 Tote pro eine Million Einwohner. In Norwegen sind es beispielsweise nur 44. Deutschland verzeichnet 100 Verstorbenen pro eine Million Einwohner. Vor allem in Pflegeheimen fordert das Coronavirus viele Tote. Mehr als die Hälfte aller Todesfälle stammen aus solchen Heimen.

Staatsepidemiologe Tegnell und Ministerpräsident Stefan Löfven hatte zwar von Anfang an betont, dass besonders ältere Menschen geschützt werden sollten, gestanden aber mittlerweile ein, dass dies gescheitert sei. Tegnell erklärte am Sonntag im schwedischen Radio: ,,Es ist eine schreckliche Situation, in der wir gelandet sind, die unsere Gesellschaft wirklich herausfordert." Trotzdem glaube er nicht, dass ein Lockdown die Ausbreitung in den Heimen verhindert hätte. ,,Ich bezweifele, dass wir sehr viel mehr hätten tun können. Wie hätten wir das Pflegesystem in wenigen Wochen ändern können?"

...


Aus: "Höchste Pro-Kopf-Todesrate der Welt - Lockdown Verschlafen: Schwedens Ex-Staatsepidemiologin kritisiert Sonderweg - Regierung gesteht Scheitern ein" (24.05.2020)
Quelle: https://www.merkur.de/welt/coronavirus-schweden-sonderweg-zahlen-kritik-todesrate-who-regeln-kritik-anders-tegnell-scheitern-zr-13746997.html

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Quote[...] Schweden erreicht in der Coronavirus-Krise eine weitere traurige Höchstmarke: Die staatliche Gesundheitsbehörde hat am Sonntag 3998 Tote nach einer Covid-19-Erkrankung in dem Land mit rund 10,2 Millionen Einwohnern gemeldet. Da sonntags nicht alle Zahlen einlaufen, sondern Anfang der Woche nachgemeldet werden, dürfte die Marke von 4000 bereits überschritten sein.

Pro eine Million Einwohner verzeichnet Schweden 392 Tote, deutlich mehr als Norwegen (44), Dänemark (97) und Finnland (55), die sich alle für einen Lockdown entschieden hatten. Auch Deutschland hat mit 100 Verstorbenen pro eine Million deutlich weniger.

Großes Problem in Schweden sind die Senioren- und Pflegeheime. Mehr als die Hälfte aller Todesfälle werden aus solchen Einrichtungen gemeldet.

Die Situation in der Pflege ist inzwischen Gegenstand heftiger Debatten, zumal es wiederholt Berichte gab, dass nicht alle älteren Menschen die medizinische Versorgung bekommen, die sie benötigen. So soll beispielsweise älteren Bewohnern die Gabe von Sauerstoff verwehrt worden sein.

Die ehemalige Staatsepidemiologin Schwedens, Annika Linde, geht nun auf Distanz zu ihrem Nachfolger Anders Tegnell, der die schwedische Regierung in der Coronavirus-Krise berät und sich stets gegen einen Lockdown ausgesprochen hat. Nachdem Linde zuvor den Kurs Tegnells unterstützt hatte, ist sie wegen der hohen Todeszahlen im Vergleich zu den Nachbarländern nun der Meinung, dass die Behörden in der Frühphase der Pandemie strengere Restriktionen hätten erlassen müssen, um das Virus unter Kontrolle zu bringen.

,,Ich denke, wir hätten mehr Zeit zur Vorbereitung benötigt. Hätten wir früh einen Lockdown gemacht, hätten wir in dieser Zeit sicherstellen können, dass wir das Notwendige zum Schutz der Schwachen tun können", sagte Linde dem britischen ,,Observer" und zuvor bereits der schwedischen Tageszeitung ,,Dagens Nyheter". Linde war Schwedens Chefepidemiologin von 2005 bis 2013. In ihre Amtszeit fielen die Schweinegrippe und die Sars-Epidemie.

Regierung und Gesundheitsbehörde hatten seit Beginn der Pandemie auf die Vernunft der Bürger gesetzt und an die Bürger appelliert, soziale Kontakte zu minimieren und Abstand zu halten. Menschen über 70 sollen zu Hause bleiben. Kindergärten, Schulen für Kinder unter 16 Jahre und Geschäfte sind geöffnet. Dies gilt unter Auflagen auch für die Gastronomie.

Versammlungen sind bis zu 50 Personen erlaubt. Die Menschen sollen im Homeoffice arbeiten und bei Symptomen auf jeden Fall zu Hause bleiben. Strikt verboten sind dagegen seit Anfang April Besuche in Alten- und Pflegeheimen, von wo inzwischen der ganz überwiegende Teil der Todesfälle gemeldet wird.

Der schwedische Ansatz hat international Irritationen und Kritik ausgelöst. Auch im Land ist der Kurs der schwedischen Regierung längst nicht unumstritten; schon seit geraumer Zeit fordern zahlreiche Wissenschaftler einen radikalen Kurswechsel. Löfven und Tegnell wird vorgeworfen, das Leben vieler leichtfertig aufs Spiel zu setzen – unter anderem, um die Wirtschaft zu schützen, die wegen ihrer Abhängigkeit vom Export aber auch massiv von der Coronavirus-Krise betroffen ist.

Premier Löfven hatte zum zu erwartenden Ausmaß der Pandemie am 3. April der Zeitung DN gesagt, Schweden verfolge die Strategie, den Anstieg der Infektionsfälle zu verzögern, um das Gesundheitssystem nicht zu überlasten. ,,Aber das beinhaltet zugleich, dass wir weitere Schwerkranke haben werden, die Intensivpflege benötigen, wir werden bedeutend mehr Tote haben. Wir werden mit Tausenden Toten rechnen müssen. Darauf sollten wir uns einstellen."

Tegnell hatte, wie Löfven, zwar von Beginn an in der Krise betont, wie wichtig es sei, ältere Mitbürger besonders zu schützen. Beide gestanden aber inzwischen ein, dass dies gescheitert sei. Tegnell sagte am Sonntag im schwedischen Radio DN und dem Sender SVT online zufolge: ,,Es ist eine schreckliche Situation, in der wir gelandet sind, die unsere Gesellschaft wirklich herausfordert."

Dass Schweden so viel mehr Tote zu beklagen habe als die Nachbarländer nannte Tegnell eine ,,extrem beklagenswerte Situation". Gleichzeitig äußerte er die Hoffnung, dass die Pandemie die anderen Landesteile nicht so heftig treffen werde wie die Region der Hauptstadt Stockholm. Von dort wird mit 1936 knapp die Hälfte aller Todesfälle und mit rund 11.200 rund ein Drittel der insgesamt gut 33.500 bestätigten Infektionen des Landes gemeldet.

Über die Schwächen und Probleme des Pflegesystems in Schweden werde seit vielen Jahren diskutiert, sagte Tegnell. ,,Aber ich glaube nicht, dass sich jemand hätte vorstellen können, wie fürchterlich deutlich das werden würde."

Wie genau es kommen konnte, dass die Heime in Schweden so stark betroffen sind, will die Regierung untersuchen lassen. Experten führen als einen Grund immer wieder fehlende Schutzkleidung zu Beginn der Coronavirus-Krise an. Sozialministerin Lena Hallengren hatte zudem bereits angedeutet, dass die vielen Zeitarbeiter und Aushilfskräfte, die in der Branche ohne feste Verträge arbeiten, eine Rolle dabei spielten, dass sich das Virus so stark ausgebreitet habe. Diese würden jeden Tag andere Ältere versorgen und könnten es sich nicht leisten, zu Hause zu bleiben, wenn sie etwas krank werden.

Tegnell sagte, er glaube nicht, dass ein Lockdown die Ausbreitung in den Pflegeeinrichtungen verhindert hätte. ,,Ich bezweifele, dass wir sehr viel mehr hätten tun können", sagte er. ,,Wie hätten wir das Pflegesystem in wenigen Wochen ändern können?" Es sei sehr einfach, jetzt mit der Kritik zu kommen, wenn ein Lockdown gemacht worden wäre, hätte man mehr tun können, sagte er mit Blick auf seine Vorgängerin Linde. ,,Wenn ich die Frage stelle, was genau wir hätten tun können, bekomme ich nicht mehr so viele Antworten."


Aus: "Fast 4000 Coronavirus-Tote in Schweden ,,Wir sind in einer schrecklichen Situation gelandet"" Sven Lemkemeyer (24.05.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/fast-4000-coronavirus-tote-in-schweden-wir-sind-in-einer-schrecklichen-situation-gelandet/25855760.html

Quotelieselotta 18:40 Uhr

Leider haben die Menschen in Pflege- und Altersheimen wohl keine große Lobby mehr im Land. Und selbst können sie sich auch nicht mehr wehren. Aber wie sie mit ihren Schwächsten umgeht, daran erkennt man eine Gesellschaft. ...


Quoteach 17:53 Uhr

Was haben die Schweden eigentlich so falsch gemacht, daß man ständig jemanden sucht, der sie kritisiert?
Neulich der Journalist, der schon seit Jahren nicht mehr Schweden lebt. Heute Frau Linde.


QuoteHanebutt 18:49 Uhr

Antwort auf den Beitrag von ach 17:53 Uhr
Sie haben den Virus nicht wirklich ernst genommen, obwohl er spät kam. Sie haben sehr wenig getan, die besonders gefährdeten Einwohner zu schützen.
Hier habe ich meist nur lobende Worte über die Abgeklärtheit der Schweden gelesen. ...


Quoteach 19:21 Uhr

Antwort auf den Beitrag von Hanebutt 18:49 Uhr
Kann man ja so sehen. Und wenn es zu vielen anderen Ländern jeweils auch Einzelartikel geben würde, wäre auch dieser hier in Ordnung.


Quoteleuchtturmwart 19:32 Uhr

Antwort auf den Beitrag von ach 17:53 Uhr
Also ich habe viele Kontakte nach Schweden, zu Schweden. Ich sage Ihnen mal was: dort wird schon weit Wochen scharf diskutiert. Eigentlich ist die Information hierüber in Deutschland  extrem oberflächlich. Und viel zu moderat.Gerade die Ärzte und  Wissenschaftler sind mehrheitlich schon länger sehr skeptisch. ...


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Quote[...] Angesichts der im internationalen Vergleich hohen Zahl der Todesfälle in Folge einer Covid-19-Erkrankung zeigt sich der schwedische Staatsepidemiologe Anders Tegnell von der staatlichen Gesundheitsbehörde nun klar selbstkritisch. Nachdem er bereits in den vergangenen Wochen wiederholt Zweifel am schwedischen Umgang mit der Coronavirus-Pandemie angedeutet hatte, sagte Tegnell nun in einem Interview mit Sveriges Radio, es wäre besser gewesen, von Beginn an mehr Maßnahmen zu ergreifen: ,,Würden wir auf die gleiche Krankheit treffen, mit dem, was wir heute über sie wissen, denke ich, wir würden irgendwo in der Mitte landen zwischen dem, was Schweden getan hat und was der Rest der Welt gemacht hat."

Weiter sagte Tegnell, der die rot-grüne Minderheitsregierung von Ministerpräsident Stefan Löfven berät, dem Sender SVT online zufolge: ,,Ich denke, es gibt Verbesserungspotenzial bei dem, was wir in Schweden gemacht haben, ganz klar. Und es wäre gut, genauer zu wissen, was man schließen sollte, um Infektionen besser zu verhindern."

Was genau man in Schweden hätte anders machen sollen, dazu wollte sich Tegnell in dem Interview nicht äußern. Er hoffe, dass man nun aus der Entwicklung in anderen Ländern, wo die Beschränkungen des Alltags gelockert werden, Rückschlüsse ziehen kann. ,,Alle andere Länder haben auf ein Mal sehr viele Maßnahmen ergriffen", sagte der 64-Jährige mit Blick auf den Lockdown, für den sich unter anderem auch die Nachbarstaaten Dänemark, Norwegen und Finnland entschieden hatten.

,,Das Problem ist, dass man eigentlich nicht weiß, welche von all den Maßnahmen den besten Effekt haben." Möglicherweise erfahre man es nun, da in anderen Ländern eine Beschränkung nach der nächsten aufgehoben werde. ,,Und dann können wir vielleicht eine Art Lehre ziehen über das, was wir noch hätten tun sollen, abgesehen von dem was wir gemacht haben, ohne in den totalen Lockdown zu gehen", sagte Tegnell. Unklar blieb, ob – auch angesichts von Berichten über zunehmend fehlende Disziplin von Teilen der Bevölkerung – nun schärfere Regeln erlassen werden sollen.

Das mit seinen rund 10,3 Millionen Einwohnern verzeichnet aktuell 4468 Todesfälle, die meisten mit 2081 davon in der Region der Hauptstadt Stockholm.

Anzahl der Verstorbenen pro eine Million Einwohner (Stand Dienstag, 2. Juni, 14 Uhr; Quelle Sveriges Television/Johns Hopkins Universität/Worldometer)

    Schweden 439
    Norwegen 45
    Dänemark 100
    Finnland 58
    Island 28
    Deutschland 103
    USA 325
    Brasilien 149
    Italien 555
    Spanien 581
    Belgien 832
    Frankreich 432
    Großbritannien 593
    Japan 7
    Südkorea 5

Schweden steht aktuell bei etwa 55 Toten pro Tag im Sieben-Tage-Mittel. Das ist etwa die Hälfte des Maximalwerts von 107, der Ende April erreicht wurde. Deutschland, das achtmal so viele Einwohner hat, liegt aktuell bei 40 Toten pro Tag – ein Fünftel des Höchstwerts von 250 Toten vom 21. April.

Insgesamt wurden in Schweden bisher rund 38.600 bestätigte Infektionen registriert. Allerdings wird eine hohe Dunkelziffer vermutet, da im Land nach wie vor vergleichsweise wenig getestet wird. Zunächst nicht aufgegangen ist auch die Hoffnung, dass viele Menschen Antikörper entwickelt haben. Die ersten Testergebnisse aus Schweden zeigten, dass in der am schlimmsten von der Pandemie betroffenen schwedischen Hauptstadt Stockholm Ende April 7,3 Prozent der Bewohner über Antikörper verfügten. Nicht wenige Experten sind der Ansicht, dass sich das wahre Ausmaß der Pandemie in Schweden nicht wirklich überblicken lasse.

Anzahl der Tests pro eine Million Einwohner (Stand Dienstag, 2. Juni, Quelle:Worldometer)

    Schweden: 27,3
    Dänemark: 111,544/1558
    Norwegen 46,3
    Finnland 34,4
    Island 59
    Deutschland: 47,2
    USA: 56,2

Regierung und Gesundheitsbehörde hatten seit Beginn der Pandemie auf die Vernunft der Bürger gesetzt und an die Bürger appelliert, soziale Kontakte zu minimieren und Abstand zu halten. Menschen über 70 sollen zu Hause bleiben. Kindergärten, Schulen für Kinder unter 16 Jahre und Geschäfte sind geöffnet. Dies gilt unter Auflagen auch für die Gastronomie. Versammlungen sind bis zu 50 Personen erlaubt.

Die Menschen sollen im Homeoffice arbeiten und bei Symptomen auf jeden Fall zu Hause bleiben. Strikt verboten sind dagegen seit Anfang April Besuche in Alten- und Pflegeheimen, von wo inzwischen der ganz überwiegende Teil der Todesfälle gemeldet wird.

Der schwedische Ansatz hat von Beginn polarisiert. Während die einen darin einen probaten Weg sahen, um ohne einen Lockdown durch die Pandemie zu kommen und auch die Weltgesundheitsorganisation den Ansatz hervorhob, irritierte der oft als ,,schwedischer Sonderweg" bezeichnete Kurs auch international.

Und auch im Land war die Strategie der Regierung längst nicht unumstritten; schon im März forderten zahlreiche Wissenschaftler einen radikalen Kurswechsel. Löfven und Tegnell wird vorgeworfen, das Leben vieler leichtfertig aufs Spiel zu setzen – unter anderem, um die Wirtschaft zu schützen, die wegen ihrer Abhängigkeit vom Export aber auch massiv von der Coronavirus-Krise betroffen ist.

Der sozialdemokratische Premier Löfven hatte zum zu erwartenden Ausmaß der Pandemie am 3. April der Zeitung ,,Dagens Nyheter" (DN) gesagt, Schweden verfolge die Strategie, den Anstieg der Infektionsfälle zu verzögern, um das Gesundheitssystem nicht zu überlasten. ,,Aber das beinhaltet zugleich, dass wir weitere Schwerkranke haben werden, die Intensivpflege benötigen, wir werden bedeutend mehr Tote haben. Wir werden mit Tausenden Toten rechnen müssen. Darauf sollten wir uns einstellen."

Die Mehrheit der Bürger scheint den Kurs der Regierung nach wie vor zu stützen. In Umfrage steht die rot-grüne Minderheitsregierung so gut da wie nie zuvor.

Tegnell hatte, wie Löfven, zwar von Beginn an in der Krise betont, wie wichtig es sei, ältere Mitbürger besonders zu schützen. Beide gestanden aber inzwischen ein, dass dies gescheitert sei. Tegnell sagte zuletzt: ,,Es ist eine schreckliche Situation, in der wir gelandet sind, die unsere Gesellschaft wirklich herausfordert."

Der Umgang mit der Pandemie könnte in Schweden auch ein parlamentarisches Nachspiel haben. Ende Mai hatten die beiden größten Oppositionsparteien eine unabhängige Untersuchung des Vorgehens gefordert. Die Kommission müsse noch vor dem Sommer ihre Arbeit aufnehmen, erklärten die konservative Moderate Partei und die rechtspopulistischen Schwedendemokraten. Die Oppositionsparteien setzen Löfven unter Druck. Er war bisher grundsätzlich offen für die Einsetzung einer unabhängigen Kommission. Diese soll nach seinem Willen aber erst nach Ende der Coronavirus-Pandemie ihre Arbeit aufnehmen.

Für die Bürger haben die hohen Todeszahlen und die vermutlich hohen Infektionszahlen bereits jetzt direkte Konsequenzen für ihren Sommerurlaub – Ende nächster Woche Woche beginnen in dem Land die Schulferien. Und etliche Länder zögern derzeit, die geschlossenen Grenzen auch für einreisende Schweden wieder zu öffnen; darunter sind ausgerechnet die Nachbarländer Finnland, Norwegen und Dänemark. Die Regierungen befürchten, dass neue Infektionsfälle importiert werden. Aus demselben Grund hatte auch Zypern gerade erklärt, Direktflüge aus Schweden vorerst nicht zu erlauben.

Die schwedische Regierung schien von dem Einreiseverbot etwas überrumpelt zu sein. Gesundheitsministerin Lena Hallgren empörte sich: ,,Schweden war vor und während der Krise eines der Länder mit offenen Grenzen für Waren und Menschen. Wir sind grundsätzlich dafür, dass alle Länder gleich behandelt werden, egal in welchem Zusammenhang." Ein TV-Moderator fragte: ,,Sind wir Schweden mit unserem eigenen Weg durch die Corona-Krise jetzt so etwas wie das Mobbingopfer Europas?"

Die DN kommentierte am Dienstag scharf: ,,Es geht einfach nicht mehr: Wir können nicht Todeszahlen haben, die bei weitem diejenigen unserer Nachbarn übersteigen – und trotzdem behaupten, dass wir den richtigen Weg gewählt haben." Und warnte vor unabsehbaren Konsequenzen für das Land: ,,Wir werden als Europas Aussätziger betrachtet. Das kann auch einen Schlag für unsere Wirtschaft bedeuten: Nicht nur, weil das Risiko besteht, dass sich Touristen ein anderes Ziel suchen, sondern auch, weil ein Misstrauen gegen schwedische Produkte als etwas Unreines entsteht."


Aus: "Chef-Epidemiologe gesteht Fehler beim Corona-Kurs in Schweden ein" Sven Lemkemeyer (03.06.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/wissen/es-gibt-ganz-klar-verbesserungspotenzial-chef-epidemiologe-gesteht-fehler-beim-corona-kurs-in-schweden-ein/25882876.html

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Quote[...] Schweden verzeichnete am Mittwoch die bislang höchste Anzahl von Corona-Neuinfektionen binnen eines Tages. 1474 Erkrankungen seien hinzugekommen, teilt die Gesundheitsbehörde mit. Der Rekord-Anstieg sei eine ,,direkte Konsequenz vermehrter Tests". Dadurch seien auch Fälle erfasst worden, bei denen die Betroffenen nur milde Symptome gezeigt hätten. Insgesamt seien nunmehr 48.300 Infektionen bestätigt.

Zum Vergleich: Deutschland mit rund acht Mal so vielen Einwohnern meldet derzeit rund 300 Neuinfektionen pro Tag. Aber der Mittwoch war kein Ausreißer nach oben. Vielmehr wirft das Infektionsgeschehen in Schweden in den vergangenen zwei Wochen die Frage auf: Entgleitet dem Land die Kontrolle in der Pandemie?

Der ,,schwedische Sonderweg" in der Pandemie wurde bestimmt vom zuständigen Staatsepidemiologen Anders Tegnell. Seine Einschätzung hat das Land international in die Schlagzeilen gebracht. Seit mehr als drei Monaten wird weltweit genau verfolgt, wie sich die Pandemie in dem Land mit seinen rund 10,2 Millionen Einwohnern entwickelt.

... Laut Zahlen der Zeitung aftonbladet.se befinden sich derzeit 1367 Infizierte in Krankenhäusern, 268 von ihnen auf der Intensivstation.

... Gebetsmühlenartig wiederholt Tegnell bei seinen Pressekonferenzen die Richtlinien seiner Behörde für die Bürger. Seit Beginn der Pandemie wurde auf deren Vernunft gesetzt und an ihr Verantwortungsbewusstsein appelliert, soziale Kontakte zu minimieren und Abstand zu halten. Menschen über 70 sollten zu Hause bleiben. Kindergärten, Schulen für Kinder unter 16 Jahre und Geschäfte sind geöffnet. Dies gilt unter Auflagen auch für die Gastronomie.

Versammlungen sind bis zu 50 Personen erlaubt. Die Menschen sollen im Homeoffice arbeiten und bei Symptomen auf jeden Fall zu Hause bleiben. Strikt verboten sind dagegen seit Anfang April Besuche in Alten- und Pflegeheimen.


Aus: "Verliert Schweden die Kontrolle über die Corona-Pandemie?" (12.06.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/behoerden-melden-rekord-infektionszahlen-verliert-schweden-die-kontrolle-ueber-die-corona-pandemie/25910212.html

QuoteBronstein 13:55 Uhr

"Durchseuchung" hat ihren Preis. ...


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Quote[...] Das Graffito fand sich lange vor der Corona-Krise überall: An Straßenlaternen, Pflanzkübeln, Sicherheitsbarrieren und sogar an einen Bagger wurde es gesprüht. "THE RiCH KiLLD NYC" – die Reichen haben New York getötet.

Wer dahintersteckt, ist unklar. Aber das Gefühl teilten viele. Wohlhabende Zuzügler verdrängten in den vergangenen Jahrzehnten mit ihren Luxusapartements Menschen, die sich die teuren Mieten nicht mehr leisten konnten. Altbekannte Läden mussten den Ablegern internationaler Ketten weichen, verrauchte irische Pubs verschwanden zugunsten von In-Lokalen im Instagram-Look.

Am Südrand des Central Parks, den sein Schöpfer Frederick Law Olmsted einst als "demokratischen Ausdruck von höchster Bedeutung" entworfen hatte, erhebt sich nun eine Steilwand aus Wohntürmen. New Yorks Normalverdiener nennen sie "Billionaires Row", die Straße der Milliardäre. Der 90 Stockwerke hohe One57 ist so massiv, dass er im Winterhalbjahr die Mittagssonne blockiert und die Schaukeln des Spielplatzes dahinter in einen tiefen Schatten versenkt.

Die steigende Transparenz der Finanzbehörden in Steueroasen wie der Schweiz hatte New Yorks Immobilienmarkt noch attraktiver gemacht. "New Yorks schickste Wolkenkratzer sind die neuen Nummernkonten", ätzte einmal die New York Post. "If I can make it here, I can make it anywhere", hatte Frank Sinatra einst gesungen, doch zuletzt galt: Wer es in New York nach oben schaffen wollte, musste schon woanders erfolgreich gewesen sein. Der Boom der Ultra-Luxus-Immobilien hatte direkte Folgen für den Rest der Stadtbewohnerinnen und -bewohner.

Doch kaum hatte Covid-19 im März die Stadt erreicht, flohen die Wohlhabenden. 420.000 New Yorker, etwa fünf Prozent der Bevölkerung, packten zwischen Anfang März und Anfang Mai ihre Koffer – vor allem Menschen aus den Postleitzahlgebieten mit den höchsten mittleren Einkommen, wie die New York Times feststellte: Dort wurden Smartphones seltener genutzt und weniger Müll produziert.

Mehr als 40 Prozent der Bewohner verließen demnach die noble Upper East Side, wo Banker und Hedgefonds-Manager ihre Apartments haben. Auch das West Village, wo Entertainment-Größen zu Hause sind, leerte sich. Was sie einst anzog – die vielen Menschen aus aller Welt, die auf engstem Raum zusammenleben –, versetzt sie nun in Panik.

Sie fürchte sich davor, während einer Epidemie auf so einer dicht besiedelten Insel zu bleiben, gab eine Investmentberaterin zu, bevor sie sich auf unbestimmte Zeit verabschiedete. Die Mitarbeiterin eines Vermögensverwalters ging ins waldige Vermont, "der Kinder wegen". Er sehe keinen Grund zurückzukehren, ließ ein Börsenhändler wissen, der sich bis zur Corona-Krise ein Leben woanders gar nicht vorstellen konnte.

Viele der Geflohenen sehen das offenbar ähnlich. Während der Immobilienmarkt in New York City praktisch zum Erliegen gekommen ist, überbieten sich die Interessenten in den grünen Vorstädten und den Hamptons, der Goldküste am Atlantik, zwei Autostunden entfernt. Villen mit Swimmingpool sind besonders begehrt.

Für die Zurückgebliebenen wurden die Sirenen der Krankenwagen zum neuen Soundtrack der City. Die Bilder der Kühlwagen, in denen sich Leichen stapelten, waren weltweit zu sehen. 23.700 New Yorker sind inzwischen im Zusammenhang mit Covid-19 gestorben. Die Zahl der neuen Ansteckungen und der täglichen Toten mag abgenommen haben, die ökonomischen Folgen haben gerade erst begonnen. 900.000 Jobs sind allein seit Anfang März vernichtet worden. Einer von vier Einwohnern leidet Hunger.

Während die Not täglich schlimmer wird, fehlen der Stadt die Mittel, sie zu bekämpfen. Der Steuerausfall über die kommenden zwei Jahre werde sich auf mehr als neun Milliarden Dollar belaufen, prognostizierte Bürgermeister Bill de Blasio. Der U-Bahn, auf die vor allem Bewohner in den bezahlbareren Gegenden angewiesen sind, drohen ebenfalls die Mittel auszugehen, sollte eine Kapitalspritze von 7,8 Milliarden Dollar aus Bundesmitteln ausbleiben.

Jetzt wären die Reichen nötiger denn je, ihre Steuern, ihre Spenden. Bereits ihre bloße Anwesenheit würde helfen. Schon einmal, in den Siebzigerjahren, erlebte New York die Folgen eines ähnlichen Exodus. Die Stadt wurde auf Jahrzehnte von Armut und Kriminalität heimgesucht. Erst Ende der Achtzigerjahre begann die Erholung.

Nicht zuletzt durch Donald Trump, der mit dem Bau seines Trump Tower mit dem viel geschmähten rosa Marmor in der Empfangshalle wieder Glanz und Glitzer an die Fifth Avenue brachte. Doch der Präsident, in seiner Heimatstadt unbeliebt wie sonst kaum irgendwo, hat seinen offiziellen Wohnsitz bereits letztes Jahr nach Palm Beach verlegt, der Reicheninsel Floridas. "THE RiCH KiLLD NYC" war als Kritik gedacht. Nun droht es zur Prophezeiung zu werden.


Aus: "Die Reichen haben New York getötet" Eine Kolumne von Heike Buchter (1. Juni 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/wirtschaft/2020-05/new-york-coronavirus-krise-wirtschaft-gentrifizierung-immobilien

QuoteLisa Maier #1

Seltsamer Kommentar. Will man Menschen wirklich zum Vorwurf machen, dass sie sich vor einer Pandemie in Sicherheit gebracht haben?


QuoteBinane #1.17

Es ging darum herauszustellen das "Stadt" und insbesondere die Identität einer Stadt vor allem ein soziales Konstrukt ist. Aber das werden Sie und viele Ihrer "Unterkommentatoren" nicht begreifen.


QuoteSpökenkieker #1.7

Es geht im Artikel um die Folgen extremer Gentrifizierung. Die Hyperreichen, die maßgeblich dazu beitragen, dass New York außer für gute Geschäfte ein zunehmend lebensfeindlicher Ort ist, ein städtebauliches Desaster, ein Ort dessen Mieten sich die Masse der Armen, die aber auf die Arbeit im Umfeld der Geschäfte der Reichen angewiesen sind, kaum leisten können. Die Folge: Die Reichen ziehen an ihre 2.-Wohnsitze weiter, die Armen bleiben hängen in einer lebens-, familienfeindlichen überbevölkerten steinernen Masse, sind maßgeblich von der Pandemie betroffen, gegen die der empathielose Trump-Staat der Reichen keine ausreichenden Maßnahmen getroffen hat, haben großteils ihre Arbeit verloren, können ihre Miete nicht mehr zahlen, geschweige denn "sich vor der Pandemie in Sicherheit bringen". Man muss halt den ganzen Kommentar lesen, ohne einen Aspekt aus dem Zusammenhang zu reißen.


QuoteSommerrolle #2

Wir befassen uns gerade - aus gegebenem Anlass - sehr intensiv mit den USA und vergessen dabei, dass fast alle dort existierenden Probleme auch bei uns angelegt sind.


Quoterudolf s #2.22

Jup, passt auch super auf Hamburg


QuoteKati Du #4.7

Schuld sind nicht Individuen, sondern eine Gesellschaft, die nicht erkennt, dass man manchmal besser lebt, wenn man auch leben lässt.
Unter Eisenhower hatten die USA einen heute unvorstellbaren Sozialstaat. Dessen Demontage hat unter Reagan eingesetzt und wurde seither von jedem Präsidenten voran getrieben. Besonders bemerkenswert: Bill Clinton. Dessen Programm war im Prinzip "Agenda 2010 am Potomac" (unter anderem Beschränkung der Wohlfahrtsbezüge auf 5 Jahre).

Genauso wie es keinen Sozialismus mit menschlichem Antlitz gibt, gibt es auch keinen menschlichen Kapitalismus.
Und es eine "marktkonforme Demokratie" gibt es auch nicht, es gibt nur einen demokratiekonformen Markt.
Aber da in der Politik das Image des Botschafters und nicht der Inhalt der Botschaft zählen, merken wir vermutlich erst, wenn es zu spät ist.


QuoteEasyReiter #4.12

Das ist mir zu dünn. Bevor sie fleißige Steuerzahler wurden, haben diese 5% sämtliche fundamentalen Regeln gemacht, die ausschließlich ihnen selbst dienlich waren und nebenbei die schönsten Schollen erworben. Sie waren lediglich durch den Umstand, dass sie anschließend Geld in die Stadtkasse gezahlt haben, plötzlich systemrelevant. Jetzt sind sie weg und haben offensichtlich keinerlei tragfähige Struktur hinterlassen, die auch ohne sie funktioniert. Den restlichen 95% traue ich schon zu, dass sie sich untereinander einig werden können und sich gegenseitig versorgen. Wenn es nur am Geld hängt, ist etwas fundamental kaputt. Eigentlich wünsche ich mir, dass diese Personen noch lange in den Hamptons, Vermont, Montana, Folorida oder sonstwo bleiben. Das würde sich nämlich auch ohne Investmentberater wieder eingrooven, es käme tatsächlich auf einen Versuch an. Aber diese "Helden/Heldinnen" können meiner langjährigen Erfahrung nach nicht lange die Füße stillhalten, spätestens vor Weihnachten wollen die wieder ihr busy Business machen und sich vom Rest der Bevölkerung feiern lassen. Sie haben ja auch nichts anderes gelernt... Und wie mein Vor-Kommentar bereits treffend feststellte: "Same Deal in Germany", wenn auch zum Glück nicht ganz so krass wie "drüben".


QuoteCarlitoJ

Literaturtipp - Jeremiah Moss: Vanishing New York

Eine großartige präzise und dabei sehr gut zu lesende Analyse des Wandels der Stadt.
Zum Artikel passender Untertitel: How a Great City lost Its Soul.


Quoteeurobaer #11

NYC in der corona-Zeit als Bilderbuchbeispiel wie grenzenloser Kapitalismus eine Gesellschaft spaltet. Aber gerade NYC kennt das ja seit über 100 Jahren.


QuoteHebenstritz #16

Wo liegt denn das Problem? Ok, die Reichen haben bestimmte Stadtteile zu teuren und auffälligen Gegenden gemacht. Wenn 5% der Bevölkerung erstmal weggezogen sind und das zu einem Thema gemacht wird, scheint das aber kein großer Anteil an der Gesamtbevölkerung zu sein.

Was erwartet man denn? Eine Stadt mit verrauchten Kneipen und Billigläden mit 99% Durchschnittsverdienern, während das übrige 1% Gutverdiener hier und da mal eine Luxuswohnung zwischendrin bewohnt, aber gerne dem Einkommen angemessene Steuern zahlen und fleißig spenden soll?

Das klingt eher stark nach Sozialneid und Frust über das eigene Leben, als dass die Reichenviertel die Stadt töten. Wie kann man denn die finanziellen Vorteile durch Wohlhabende für das städtische Sozialwesen wollen, aber gleichzeitig verlangen, dass die Reichen auf ihre speziellen Vorlieben wie In-Lokale verzichten?

Der Artikel zeigt wohl eher eine ziemlich peinliche Doppelmoral. Was würde denn positiv verbessert, wenn die schicken Luxus-Wohntürme zu Wohntürmen für zuziehende Geringverdiener würden? Die In-Lokale zu Pommesbuden?

Eine Stadt ohne Reiche, also ohne Subventionsmittel, geht finanziell zugrunde, ist die Aussage des Artikels. Aber Hauptsache, man kann wieder in der verrauchten Kneipe sitzen?


QuoteEinerderganzgroßenTourenklassiker #19

"Die Reichen haben New York getötet"

Nicht, dass ich besonders links wäre, es ist der hemmungslose Kapitalismus, der New York und andere Städte zerstört hat. Die Reichen sind ein Symptom. Es ist hemmunglose Gier, die die Gentrifizierung antreibt und ein System das es zulässt.

Unterstützt von den Notenbanken, die eine Geldschwemme erzeugen, von denen die profitieren, die sowieso schon viel haben. In kleinerem Maßstab sieht man auch hier, wie die Immobilienpreise und in Folge Mieten seit "what ever it takes" (2012) durch die Decke gegangen sind und die Gesellschaft gespalten wird in Leute die eine Immobilie haben und solche, die sich keine mehr leisten können und den hohen Mieten ausgeliefert sind.

Die USA sind da natürlich sehr viel weiter auf dem Weg. ...


Quotegerhen #20

NY hat schon immer von den reichen gelebt, ohne sie gäbe es kein NYC. Daher ist diese Aussage etwas sinnlos, dass der Reichtum NY getötet hätte.
Wer es vorzieht, nicht mit Reichen in der Nachbarschaft zu leben, der kann nach Detroit ziehen, da hat er diese Probleme ganz sicher nicht.
Ohen das Geld der reichen Bürger wäre NYC niemals das geworden, was es ist, das scheint die Autorin völlig zu übersehen.


Quotedeep_franz #21

Der Markt regelt alles zum Besten. War nicht so das Credo und die Lobpreisung? ...


QuoteRentierhund #24

...man muss es vielleicht nicht als "vorwurf" lesen, sondern als empirisch belastbare zustandsbeschreibung: die reichen und superreichen verlassen das sinkende schiff, derweil die armen verrecken.
das sind im übrigen keine neue erkenntnisse, sondern so etwas ist auch hinsichtlich der ökologischen krise zu beobachten. die reichen kaufen weltweit land, teilweise sogar ganze inseln, schaffen sich da ihre eigenen refugien - und wenn die klimakatastrophe über die menschheit hereinbricht und dieselbe hinwegrafft, dann werden sie dort noch einige generationen lang überleben. und was corona anbelangt, so ist die lage geradezu dystopisch. ein new yorker arzt merkte jüngst an: ,,Es sind nicht die Reichen – diese Krankheit tötet die Armen. Sie nennen es ,wahllos'. Das ist es aber nicht. Die Armen sterben, weil sie ihr Haus verlassen und zur Arbeit gehen müssen."
und all das sind keine vorwürfe, sondern schlicht wirklichkeits-beobachtungen und ihre wiedergabe. wenn man die aber nun als vorwurf begreift, dann sollte man einmal darüber nachdenken, was es mit diesen beobachtungen auf sich hat, wenn man sie bewerten würde...


QuoteSabine K. #27

Das ist ein Phänomen, das leider weltweit ststtfindet. Hier kann nur gute Städtebaupolitik sowas verhindern. Ich lebe in München. Auch hier wird ein Stadtteil nach dem anderen von Investoren übernommen, luxussaniert und hochpreisig vermietet. Es fing mit Schwabing an (ehemals Künstlerviertel), Haidhausen, Glockenbachviertel, jetzt sind Westend und Untersendling dran. Arbeiterviertel, Künstlerviertel. Die durch genau ihre Mitbewohner einen besonderen Charme bekommen haben und dadurch interessant wurden für Investoren.
Und die wenig - aber auch normal Verdienenden werden inmer weiter an den Rand gedrängt, die Viertel verlieren ihren Charme. ...


QuoteTertius #29

All jene hier im Forum, die die Reichen verteidigen, die Verständnis dafür äußern, dass sie sich vom Acker machen und während der Corona-Krise lieber gesund und ungefährdet am Pool in den Hamptons liegen, als sich der Gefahr New Yorks auszusetzen, haben natürlich recht.
Wer könnte schon erwarten, dass jemand mit viel Kohle aus Solidarität mit der armen Unterschicht in NY bleibt und sich freiwillig ansteckt.
Und dennoch haben die Verteidiger hier im Forum nichts verstanden.
Es geht nämlich garnicht darum, von den Reichen zu fordern, dass sie sich gefälligst genauso anzustecken hätten, wie die Armen.
Es geht (1.) um eine Analyse, was geschieht, wenn man es ohne Kontrolle und politische Regulierung zulässt, dass Finanz-Heuschrecken über eine Stadt herfallen, sich alles einverleiben und sie sich bei drohender oder eintretender Gefahr einfach wieder selbst überlassen.
Und es geht (2.) darum, dass diese Leute von ihren politischen Fürsprechern davon befreit sind, sich an den Kosten des Gemeinwesens angemessen zu beteiligen.
Wenn hier in unserem Land von der Finanzelite und ihren politischen Unterstützern gegen Mietendeckel polemisiert wird, geht das in exakt dieselbe Richtung. ...


QuoteSo denke ich dazu #29.2

Ja, den Sozialismus in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf...

Jeder ist seines Glückes Schmied. Und sucht sich selbst den Ort seines Glückes.

Warum können Investoren/Finanz-Heuschrecken über eine Stadt herfallen, sich alles einverleiben und sie sich bei drohender oder eintretender Gefahr einfach wieder selbst überlassen?
Was passiert wenn dort wo "gentrifiziert" wird keiner hin will?
Das Problem ist Angebot und Nachfrage.

Sie präferieren sozialistische Strukturen.
Nur - dann gibt es keine Investoren und Reiche. Und keine neuen Häuser.
Nur graue zerfallene Bauten.
Hatten wir schon.
'49- '89.


QuoteBenjaminWoxbrandt #41

Erstaunlich, wie gering hier im Kommentarbereich die Kompetenz zum Erkennen von sozialpolitischen und ökonomischen Zusammenhängen ist. Dass die Eigner großer Kapitalmengen erst durch überflüssige Bullshit-Jobs wie Vermögensberater oder Investmentbanker zu diesem Kapital geworden sind, ist doch einfach zu sehen, dass sie mit diesem Kapital Menschen verdrängen, deren Arbeitsinhalt nicht Bullshit ist (Krankenschwestern, Handwerker, Lehrerinnen), ebenso, und dass das alles mit einer hochproblematischen instrumentellen Ökonomisierung unserer Gesellschaft zusammenhängt, ist auch ganz gut zu erkennen.
In welcher Welt leben Sie denn, dass Sie für Menschen sympathisieren, die auf abstruse Weise Geld vermehren und mit ihren Hochhäusern den anderen die Mittagssonne wegnehmen können?


QuoteU. Hermes #50

Wenn die Strukturen so kaputt sind, dass die Reichen auf ungesteuerte Weise die Armen ausbeuten, dann ist das so. NY war nie anders und genau das wurde international als besonders hipp gefeiert.

Ich war 2014 das letzte Mal da und habe diverse soziale Einrichtungen besucht, u.a. einen Shelter für Obdachlose in Harlem. Gewohnt habe ich in Chinatown.
Das war absehbar und die Reaktion der Reichen, denen alles egal ist, auch.


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Quote[...] BERLIN taz | Der Bioanbauverband Demeter hat wochenlang toleriert, dass neben seinem Logo im Schaufenster eines Bamberger Ökoladens Corona-Verschwörungsmythen verbreitet werden. Beim Naturkostgeschäft ,,Schatzinsel" hingen mindestens vom 8. Mai bis zum vergangenen Sonntag neben einem großen orange-weißen Demeter-Zeichen verschiedene Zettel mit diesen Slogans: ,,Corona ist eine Inszenierung und der Shutdown war unnötig", ,,Zwangsimpfen? Chips in alle Menschen? Gib GATES keine Chance. Sagt NEIN! Die 99 % Bewegung."

Der taz liegen Fotos und ein Augenzeugenbericht dazu vor. Als die taz den Inhaber des Ladens telefonisch fragte, warum er die Papiere aufgehängt habe, antwortete er ,,Da gebe ich keinen Kommentar" und legte grußlos auf.

Demeter wurde von einem Passanten bereits am 8. Mai per E-Mail über die Aushänge informiert. Erst nach einer Nachfrage und zwei Wochen später distanzierte sich Demeter von den Aussagen, kündigte aber keine praktischen Konsequenzen an – auch auf mehrmaliges Insistieren nicht. Nachdem schließlich die taz Demeter um eine Stellungnahme gebeten hatte, schrieb eine Pressesprecherin: ,,Bei dem von Ihnen genannten Laden liegt eine unrechtmäßige Nutzung der Marke Demeter vor; dagegen gehen wir vor." Am Sonntag hingen die Zettel allerdings immer noch im Schaufenster. Der Verband ließ die Frage der taz bis Redaktionsschluss unbeantwortet, warum er so lange gebraucht hatte, um Konsequenzen anzukündigen.

Die von Demeter-Mitgliedern praktizierte biologisch-dynamische Wirtschaftsweise basiert auf der spirituell-esoterischen Anthroposophie Rudolf Steiners. Die Skepsis gegenüber Impfungen scheint bei Demeter und Anthroposophen allgemein, etwa an Waldorf-Schulen, weit verbreitet zu sein. Der Verband kämpfte gegen die Pflicht, Rinder gegen die Blauzungenkrankheit zu impfen. Mehrmals wurde über äußerst geringe Impfraten an manchen Waldorfschulen berichtet.

Demeter hat die Bioszene insgesamt maßgeblich geprägt, da es der älteste Ökoanbauverband und Mitbegründer der Biolandwirtschaft ist. Zuletzt erregte der Geschäftsführer der Biohersteller Rapunzel und Zwergenwiese Aufsehen, weil er die Gefahr durch Corona herunterspielte und Impfungen sowie andere Vorbeugemaßnahmen wie Maskentragen ablehnte.

,,Anthroposophen sind besonders anfällig für Verschwörungstheorien im Zusammenhang mit Corona", sagte der Religionsphilosoph Ansgar Martins der taz. ,,Verschwörungstheorien existieren in der Anthroposophie seit dem Ersten Weltkrieg, den Rudolf Steiner für eine große Verschwörung der englischsprachigen Welt und Freimaurer gegen den deutschen Volksgeist hielt. Und grundsätzlich ist die Anthroposophie impfkritisch, weil ihr zufolge Krankheit eine Entwicklungschance und nicht unbedingt per se etwas Schlechtes ist." Beide Stränge liefen in der Coronakrise gerade zusammen, wie Äußerungen von Anthroposophen zeigten. Neben der ,,Verschwörungsfraktion" gebe es aber auch anthroposophische Ärzte an Krankenhäusern, die jetzt Covid-19-Patienten behandeln und dazu forschen.

Zu den einschlägigen Verschwörungstheorien gehört, dass Bill Gates – Ex-Microsoft-Chef und nun Vorsitzender der in der Gesundheitsversorgung engagierten Gates-Stiftung – angeblich hinter der Coronapandemie stecke, dass er eine Zwangs­impfung für alle vorbereite und im Kampf gegen den Erreger den Menschen Mikrochips einpflanzen lassen und so die totale Kontrolle erlangen wolle.

Die erwähnte ,,99-%-Bewegung" verbreitet auf ihrer Facebook-Seite Warnungen vor ,,Chemtrails", also dass die Kondensstreifen von Flugzeugen in Wirklichkeit Spuren von Chemikalien seien, die die Menschen vergiften sollen. Die ,,reichsten 2.300 Multimilliardäre und ihre Marionetten in Politik, Wirtschaft, Medien und Showgeschäft" wollten eine Corona­krise inszenieren. So soll der Face­book-Seite zufolge eine ,,Neue Weltordnung" (NWO) errichtet werden, um heimlich ein autoritäres, supranationales Regime zu installieren, das die Bevölkerung unterdrückt.

Statt auf Sicherheitsabstände und Mundschutz setzen viele Coronaskeptiker auf Biolebensmittel, etwa von der ,,Schatzinsel", um das Immunsystem zu stärken. Gern vertrauen sie auch einem ebenfalls von dem Laden angebotenen Wasserfilter, dessen Wasser laut Werbung ein ,,Booster fürs Immunsystem" und ,,Desinfektions­mittel" ist. Will der Bioladen mit den Corona­­mythen seinen Umsatz steigern? Auch diese schriftliche Frage der taz ließ der ­Geschäftsinhaber unbeantwortet.


Aus: "Bioläden und Verschwörungstheorien: Coronamythen mit Demeter-Siegel" Jost Maurin (2. 6. 2020)
Quelle: https://taz.de/Biolaeden-und-Verschwoerungstheorien/!5689116/

QuoteIngo Bernable

Na ja, will man denn ernsthaft von Leuten die den Ursprung der Menschheit in Atlantis und Lemuria verorten und einer völlig verqueren Rassenlehre anhängen besonderes Engagement gegen Verschwörungsmythen und andere aternative Realitäten erwarten?


Quotekommentomat

Interessante Zeiten: Wissenschaft... muss man dran "glauben". Bei Religionen/Mythen spielt "Glaubwürdigkeit" interessanterweise überhaupt keine Rolle.


QuoteBea

Dieser fast schon religiöse Eifer in der taz gegen andere Meinungen (Hinterfragen offizieller Lehre), Einstellungen (Impfen), ja gar Konsumentscheidungen (Wasserfilter) zu Felde zu ziehen. Hab ich das früher nicht bemerkt oder ist das neu?

Erst wenn alle auf Linie sind, ist es gut?


QuoteIngo Bernable

@Bea Ihre Terminologie spricht Bände. Es gibt einen Unterschied zwischen Meinungen und Fakten und die "offizielle Lehre" wird mitnichten vom Ministerium für Wahrheit verkündet sondern basiert auf wissenschaftlicher Erkenntnis. Und auch diese wiederum ist eben nicht wie so oft aus bestimmten Kreisen unterstellt durch Dogmen und autoritäre Meinungsherrschaft bestimmt sondern durch objektivierbare Tatsachen und intersubjektiv reproduzierbare Verifizierbarkeit.


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Quote[...] Chiles Gesundheitsminister scheint sein eigenes Land nur schlecht zu kennen. ,,Ich hatte keine Ahnung vom Ausmaß der Armut und der Enge, in der diese Menschen zusammenleben", sagte Jaime Mañalich vor wenigen Tagen.

Er sprach jüngst über die Armenviertel am Rande der Hauptstadt Santiago de Chile. Sie erweisen sich derzeit als eines der großen Probleme beim Versuch, das Coronavirus einzudämmen.

Denn rund 15 Prozent der Chilenen, die infiziert sind, gehen mindestens einmal pro Woche arbeiten, wie eine Studie der Universidad de Chile zeigt. Es sind Menschen, die im informellen Sektor beschäftigt sind und ohne ein wenig Einkommen nicht überleben könnten.

Ihre Wohnverhältnisse wiederum sind so beengt, dass sich das Coronavirus in ihren Vierteln explosionsartig ausbreitet. Wegen der prekären Situation kam es Ende Mai bereits zu Protesten in einigen Armensiedlungen an der Peripherie Santiagos. Es gab Plünderungen und Festnahmen.

Sie zögen es vor, am Coronavirus zu sterben als zu verhungern, sagten die Demonstranten der spanischen Zeitung ,,El País". Wie in anderen Ländern Lateinamerikas zeigt sich auch in Chile, dass die Armut eins der größten Hindernisse ist, um die Kurve der Covid-Infektionen abzuflachen.

Derzeit verzeichnet Chile mehr als 105.000 Covid-19-Fälle und fast 1200 Tote. Es sind zwar Zahlen, die weit unter denen Brasiliens liegen, das in Südamerika die Statistik der Kranken und Toten anführt. Dennoch zählt auch Chile zu einem der Krisenherde der Pandemie, weil die Rate der Ansteckungen immer noch stark steigt.

Es wird nun befürchtet, dass Chiles Gesundheitssystem mit der Zunahme gravierender Fälle ans Limit geraten könnte.

Gesundheitsminister Mañalich hat zugegeben, dass man mit diesem Szenario nicht gerechnet hatten. ,,Unsere Projektionen sind wie ein Kartenhaus zusammengefallen", sagte er. Chiles Regierung hatte eigentlich schon Ende April damit beginnen wollen, die strengen Quarantänemaßnahmen zu lockern und die ,,sichere Rückkehr" zu einer ,,neuen Normalität" zu verkünden. Diese ,,Normalität" will sich jedoch bis heute nicht einstellen.

Wegen der Krise hat der konservative Präsident Sebastián Piñera nun die Opposition trotz großer Animositäten zur Ausarbeitung eines nationalen Aktionsplans eingeladen. Wie überall in Südamerika hat die Pandemie auch Chiles Wirtschaft besonders hart getroffen.

Der Zentralbank zufolge schrumpfte sie im April um 14 Prozent, ein ,,einmaliger" Negativwert, wie die Regierung geschockt betonte. Sie hat bereits ein Paket zur Stimulierung der Wirtschaft in Höhe von 17 Milliarden Dollar präsentiert, das Kredite für Kleinunternehmer vorsieht sowie finanzielle Hilfen für die Arbeiter im informellen Sektor.

Außerdem sollen 2,5 Millionen sogenannte Lebensmittelkörbe verteilt werden.

Präsident Piñera ist offenbar bemüht, eine Wiederholung des Szenarios von Ende 2019 zu verhindern. Damals gingen Millionen Chilenen wochenlang für eine gerechtere Nation auf die Straße. Das Land zählt zu den wirtschaftlich stärksten Ländern Südamerikas, doch der Reichtum ist extrem ungleich verteilt.

Selbst Angehörige der Mittelklasse müssen ums Überleben kämpfen, weil die Lebenshaltungskosten unverhältnismäßig hoch sind. Auch für Bildung und Gesundheit müssen sie enorme Summen aufwenden, weil beide privatisiert worden sind.

Die Demonstrationen mündeten in teils extremer Gewalt, zwei Dutzend Menschen starben, mehr als Tausend wurden verletzt. Schließlich einigte sich Präsident Piñera mit der Opposition auf ein Referendum über eine neue Verfassung, in der auch soziale Rechte verankert werden sollten.

Sie sollte die alte Verfassung ersetzen, die noch aus der Zeit des Diktators Augusto Pinochet stammt. Das Referendum war für den 26. April angesetzt. Dann kam Corona – und stellte das Land vor eine neue Herausforderung, ohne dass das Verfassungsproblem gelöst war. Die Volksabstimmung ist nun für Oktober geplant

Der Wirtschaftsrat für Lateinamerika und die Karibik warnt davor, dass sich durch die Coronakrise weiterer sozialer Sprengstoff in Chile ansammeln dürfte, weil sie die strukturellen Defizite des Staates offenbare. Selbst Chiles Gesundheitsminister wird offenbar auf diese gerade aufmerksam.


Aus: "Pandemie in Chile: ,,Wir sterben lieber am Virus als zu verhungern"" Philipp Lichterbeck (04.06.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/pandemie-in-chile-wir-sterben-lieber-am-virus-als-zu-verhungern/25887060.html

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Quote[...] Der großangelegte Lockdown samt Grenzschließungen, Kontaktsperren und Schulschließungen habe allein in elf europäischen Ländern bis Anfang Mai womöglich etwa 3,1 Millionen Todesfälle verhindert und eine Kontrolle des Pandemie-Verlaufs ermöglicht, berichten Forscher um Seth Flaxman vom Imperial College London (Großbritannien) nach der Analyse der Todesfallzahlen im Fachmagazin ,,Nature".

In einer zweiten Studie berichtet ein Forscherteam, dass die Maßnahmen in den sechs von ihnen betrachteten Ländern bis zum 6. April rund 530 Millionen Infektionen verhindert hätten. Die Wissenschaftler hatten den Infektionsverlauf bis zu diesem Stichtag in China, Südkorea, Italien, Iran, Frankreich und den USA analysiert und stellen ihre Ergebnisse ebenfalls in ,,Nature" vor.

,,Ich denke, kein anderes menschliches Unterfangen hat jemals in so kurzer Zeit so viele Leben gerettet", sagte Studienleiter Solomon Hsiang von der UC Berkeley (USA).

Experten in Deutschland raten zu einer vorsichtigen Interpretation der Zahlen. ,,Das ist ein erster Aufschlag, der wichtig auch in der politischen Debatte um künftige Maßnahmen und deren Lockerungen ist", sagte der Statistiker Gerd Antes von der Universität Freiburg in einer ersten Stellungnahme zu der Studie. ,,Schaut man sich die Zahlen an, sieht man, dass sie eine enorme Schwankungsbreite haben - das verdeutlicht die Unsicherheiten, die mit solchen Analysen einhergehen."

Grundsätzlich sei es vernünftig, zur Analyse des Pandemie-Verlaufs auf die Todeszahlen zu schauen, da die Infektionsraten zu sehr davon abhängen, wie viel in einem Land getestet wird. Aber die Zahlen der Todesfälle brächten eigene Schwierigkeiten mit sich, zum Beispiel, weil nicht immer klar ist, ob jemand an oder mit Covid-19 gestorben ist.

Die Forscher um Flaxman hatten für ihr Modell die erfassten Covid-19-Todeszahlen der EU-Gesundheitsbehörde ECDC zugrundegelegt und den Verlauf der Infektionszahlen und der Reproduktionsrate rückblickend ermittelt. Sie verglichen den Einfluss der Lockdown-Maßnahmen bis zum 4. Mai mit einem Szenario, in dem die Reproduktionszahl seit Beginn der Pandemie unverändert blieb. So ermittelten sie, wie viele Todesfälle ohne Maßnahmen wahrscheinlich vorgekommen wären.

Der Ansatz habe einige Schwächen, sagen auch die Forscher. So könnten Todesfälle zu Beginn der Pandemie übersehen worden sein. Zudem gebe es bei der Meldung von Todesfällen Unterschiede zwischen Ländern und im Verlauf der Zeit. Schließlich könne es zu Verzögerungen bei der Meldung von Todesfällen kommen. Die Forscher versuchten dies so gut wie möglich in ihrer Auswertung zu berücksichtigen, etwa indem sie Daten mehrerer Ländern zusammen analysierten.

Zu Beginn der Pandemie habe die Reproduktionszahl im Schnitt aller Länder bei 3,8 gelegen. Zehn Infizierte steckten also im Mittel 38 weitere Menschen an. In allen Ländern sei die Reproduktionszahl infolge der ergriffenen Maßnahmen auf unter 1 gesunken. Das Ergebnis decke sich mit Untersuchungen in einzelnen Ländern. (dpa)


Aus: "Lockdown verhinderte wohl allein in Europa mehr als drei Millionen Todesfälle" (08.06.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/wissen/studien-zu-corona-massnahmen-lockdown-verhinderte-wohl-allein-in-europa-mehr-als-drei-millionen-todesfaelle/25897498.html


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#150
Quote[...] Der Bonner Virologe Hendrick Streeck bezweifelt, dass der Lockdown im März wirklich nötig war. Nach den ersten Einschränkungen wie den Absagen von Großveranstaltungen habe das Infektionsgeschehen bereits abgenommen, sagte er der ,,Neuen Osnabrücker Zeitung".

,,Die weiteren Maßnahmen wie Kontaktbeschränkungen hätte ich dann vom tatsächlichen Verlauf abhängig gemacht" - auch um zu sehen, wie die einzelnen Beschränkungen wirken und ob zusätzliche Schritte wirklich nötig seien.

,,Dafür sind wir aber zu schnell in den Lockdown gegangen, weil die Sorge überwog, dass die Intensivbetten womöglich nicht reichen und auch ein gewisser Druck in der Öffentlichkeit bestand", so Streeck.

Auch den Nutzen der von der Bundesregierung angekündigten Corona-App zieht er in Zweifel. Sie käme ,,ein bisschen spät", sagte er, ,,zumal man nicht weiß, ob sie überhaupt etwas dazu beitragen kann, in Deutschland eine Pandemie zu kontrollieren".

Den Nutzen der zahlreichen Corona-Tests stellte der Direktor des Instituts für Virologie der Universität Bonn angesichts der hohen Kosten ebenfalls infrage. ,,Je nach Labor kommen im besten Fall 59 Euro pro Test auf das Gesundheitssystem zu - bei 400.000 Stück pro Woche bedeutet es eine Stange Geld. Wenn dann noch systematisch gescreened werden soll, wird es noch mehr. Wenn wir nur 1 positives Ergebnis auf 100 Tests sehen, fragt sich ja, ob das noch lohnt."

Streeck regte zudem eine Diskussion über die Maskenpflicht an. ,,Am Anfang der Pandemie wurde ja dezidiert gewarnt vor Masken. Die Gründe dafür gelten immer noch, auch wenn sie merkwürdigerweise keine Rolle mehr zu spielen scheinen.

Die Leute knüllen die Masken in die Hosentasche, fassen sie ständig an und schnallen sie sich zwei Wochen lang immer wieder vor den Mund, wahrscheinlich ungewaschen. Das ist ein wunderbarer Nährboden für Bakterien und Pilze."

Mit Blick auf Schulen und Kitas erklärte der Professor, ,,Kinder sind nicht die großen Virenschleudern". Virologisch sei zur Frage der Öffnung alles gesagt. ,,Die Entscheidung muss nun politisch getroffen werden. Lehrer jedenfalls haben kein höheres Infektionsrisiko als andere Berufsgruppen, die in vergleichbarer Weise mit Menschen arbeiten." (mit KNA)


Aus: "Virologe Streeck sieht Lockdown, Tracing-App und Masken kritisch" (10.06.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/wissen/coronavirus-pandemie-virologe-streeck-sieht-lockdown-tracing-app-und-masken-kritisch/25903816.html

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Quote[...] Hendrik Streeck von der Uniklinik Bonn erforschte in der Heinsberg-Studie die Ausbreitung des Coronavirus. Im Gespräch mit unserer Zeitung erläutert der Virologe seine Einschätzung zur Pandemie.

Philipp Jacobs: Herr Streeck, die Uniklinik Bonn, an der Sie arbeiten, plant eine weitere Corona-Studie im Kreis Heinsberg. Worum soll es da gehen?

STREECK: Der Plan ist es, zu verstehen, ob bereits genesene Corona-Patienten sich wieder infizieren beziehungsweise wie lange eine Immunität nach überstandener Erkrankung andauert. Aber es gibt noch keine Entscheidung zur Förderung für die Studie. Deshalb ist es bislang auch wirklich nur eine Überlegung.

Philipp Jacobs: Wie lässt sich eine Immunität wissenschaftlich korrekt nachweisen?

STREECK: Eine grundsätzliche Immun­antwort können wir im Reagenzglas mit einem Bluttest nachweisen. Die Frage ist aber, ob diese Immunantwort des Körpers auch mittel- oder langfristig gegen das Virus schützt. Und das können wir ja nur überprüfen, wenn eine genesene Person wieder in Kontakt mit dem Virus gekommen ist und keine Infektion stattgefunden hat.

Philipp Jacobs: An Ihrer ersten Studie in Heinsberg gab es Kritik, vor allem wegen der Präsentation der Zwische­­n­ergebnisse und der Beteiligung der Berliner Kommunikationsagentur Storymachine. Fühlten Sie sich damals ungerecht behandelt?

STREECK Ja. Ich habe damals nicht gemerkt, in was für eine politische Gemengelage ich da gerutscht war. Welche Landesregierung derzeit an der Macht ist, ist für mich als Forscher erstmal unerheblich. Die Freiheit der Wissenschaft findet sich im gleichen Paragrafen des Grundgesetzes wie die Pressefreiheit. Forscher sind unabhängig, gleichwohl brauchen sie Geld für ihre Forschung. Wir sind damals mit über 40 Studenten nach Gangelt gefahren und haben infizierten Menschen Blut abgenommen. Keiner der Studenten hat sich infiziert. Wir sind da hochprofessionell rangegangen. Um so eine Professionalität zu gewährleisten, braucht es einfach Geld. Deshalb waren wir froh, dass die Landesregierung einen Teil der Kosten übernommen hat. Ob die Landesregierung damit ein Wunschergebnis verbunden hat, ist für uns eine Nebensache. Solche Forschung verläuft immer ergebnisoffen. Und wenn ein Ministerpräsident da bestimmte Hoffnungen hineininterpretiert, kann er das gerne machen, aber die Resultate sind vollkommen ergebnisoffen. Ich finde es schade, dass es jetzt immer heißt: die umstrittene Heinsberg-Studie. Daran ist überhaupt nichts strittig. Diejenigen, die das behaupten, kennen entweder die Studiendaten nicht, oder sie bewerten die Studie nur anhand der Art, wie sie präsentiert wurde.

Philipp Jacobs: Und das Thema Storymachine?

STREECK: Der Druck, der auf dieser Studie und damit auf mir lastete, war schon enorm. Das Interesse der Öffentlichkeit war immens. Jede Fernsehstation hat bei mir angefragt, ob man die Studie begleiten könne. Ich hatte mein E-Mail-Postfach sowie meinen Twitter- und Facebook-Kanal nicht mehr unter Kontrolle. In dieser Zeit hat mir ein Freund mit seiner PR-Agentur Storymachine Hilfe angeboten. Die habe ich angenommen. Ich finde daran nichts Verwerfliches. Wenn man gestresst nach Hause kommt und der Partner fragt einen, ob er für einen kochen soll, sagt man doch auch dankend: ja.

Philipp Jacobs: Bei den Hygiene-Demos wird immer wieder die Meinung vertreten, das Coronavirus sei im Vergleich zum Influenzavirus harmlos. Was denken Sie darüber?

STREECK: Wir leben in einem demokratischen Staat, jeder kann seine Meinung äußern. Was diese Menschen aber nicht sehen, ist, dass sich das Virus nicht wegdemonstrieren lässt. Wir werden weiterhin damit leben müssen. Die Einschätzung, dass das Coronavirus harmloser sein soll, teile ich nicht. Es ist ein ernstzunehmendes Virus, das wir nicht bagatellisieren dürfen. Aber es ist genauso wichtig, nicht überzudramatisieren. Diese Gratwanderung ist entscheidend und nicht für jeden Menschen eindeutig. Bei dieser Pandemie haben wir es vor allem mit Angst zu tun. Die Menschen haben Angst vor dem Unbekannten. Das ist evolutionär betrachtet eine sinnvolle Eigenschaft, sorgt aber derzeit dafür, dass die Situation hitzig wird. Man wird dadurch leicht manipulierbar. Die Angst tritt dann nicht nur aufgrund des Virus auf, sondern auch aufgrund des drohenden Verlusts der Existenz. Darin steckt ein unglaubliches Potenzial der Vereinnahmung.

Philipp Jacobs: Haben auch Sie Angst?

STREECK: Ich habe grundsätzlich Respekt vor dem Virus. Ich bin nicht entspannt. Ich habe die harmlosen wie die grausamen Seiten des Virus gesehen. Angst hatte ich, als enge Familienangehörige infiziert waren. Ich habe damals jeden Tag ein- bis zweimal angerufen und gefragt, wie es ihnen geht. Ich habe mir große Sorgen gemacht, weil beide auch deutliche Vorerkrankungen haben. Ich weiß von dem Virus, dass es am Anfang sehr harmlos sein kann, im späteren Verlauf dann aber plötzlich sehr gefährlich wird. Zum Glück ist es bei einem vorübergehenden Geruchs- und Geschmacksverlust sowie einem Kratzen im Hals geblieben.

Philipp Jacobs: Gab es politische Entscheidungen, über die Sie sich geärgert haben?

STREECK: Ich bin immer noch der Meinung, dass wir zu schnell zu viele Eindämmungsmaßnahmen getroffen haben. Man muss dem Virus Zeit lassen. Ob Maßnahmen wirken, sehen wir erst zehn bis 14 Tage später. Diese Zeit hätten wir uns bei so manchen Verschärfungen nehmen sollen. Man konnte damals nicht mehr nachvollziehen, welche Maßnahme eigentlich am besten gegriffen hat. Virologisch gesehen hätte ich mir gewünscht, dass man mehr abgewartet hätte. Ich muss aber auch sagen, dass ich es verstehen kann, dass man sich so entschieden hat. Die Gefahr einer Infektionswelle, die das Gesundheitssystem womöglich überlastet hätte, war real. Wir dürfen sowieso nicht ausschließlich die virologische Sicht zurate ziehen. Wenn wir nur auf die Virologen hören würden, dürften wir keine Partys mehr feiern, keinen Sex mehr haben und uns nicht mehr küssen, weil dabei ja eine erhöhte Chance diverser Virusübertragungen besteht. Das würde das Leben ganz schön trist machen. Bis zu einem gewissen Grad ist die virologische Sicht interessant.

Philipp Jacobs: Warum sind Sie Virologe geworden?

STREECK: Ich bin da mehr reingerutscht, ehrlich gesagt. Mich hat das Thema schon immer irgendwie fasziniert. Ich habe damals, 1995, den Film ,,Outbreak" gesehen und fand das alles total spannend. Ich hatte auch immer ein Interesse an der Mikrobenwelt. Aber ich habe keine geradlinige Biografie, die mich direkt in die Virologie gebracht hat. Ich wollte erst Komponist werden, habe Musikwissenschaften und VWL studiert und bin dann über Umwege bei der Medizin gelandet. Nach dem Grundstudium habe ich den Facharzt für Virologie gemacht. Die Wenigsten wissen übrigens, dass die Virologie zusammen mit der Mikrobiologie ein eigener Facharzt ist. Von uns gibt es nicht so viele. Vielleicht ist das auch ein Grund, warum wir so im Fokus stehen.

Philipp Jacobs: Würden Sie eine Prognose wagen, wie diese Pandemie enden wird?

STREECK: Ich glaube nicht, dass sie so gesehen enden wird. Wir werden weiter mit dem Virus leben müssen. Ob wir einen Impfstoff haben werden, weiß man nicht. Das kann sehr schnell gehen, das kann aber auch sehr lange dauern. Bisher haben wir gegen kein Coronavirus einen Impfstoff gefunden. Es wird wohl so sein, dass wir in der Gesellschaft eine Teil­immunität entwickeln, wodurch das Virus endemisch wird. Es wird also immer mal wieder auftauchen, aber keine starken Infektionswellen hervorrufen. Das Virus wird jedoch nicht ausrottbar sein.

Philipp Jacobs: Sie glauben also nicht so recht an einen Impfstoff?

STREECK: Doch. Ich denke schon, dass wir einen haben werden. Die Frage wird aber sein: Wie gut wirkt er? Es wäre ungünstig, wenn der Impfstoff nur eine Effektivität von 50 bis 60 Prozent hat. Ich bin da aus der HIV-Forschung ein gebranntes Kind. Es gab bisher zahlreiche Impfstoffkandidaten. Keiner hat funktioniert.

Philipp Jacobs: Hätte uns ein längerer und vielleicht auch härterer Lockdown schneller durch diese Krise gebracht?

STREECK Nein. Die Eindämmung hätte früh in China erfolgen müssen. Das ist aber nicht geschehen. Alles andere führt nur zu einer Verschiebung der Pandemie. Selbst wenn wir das Virus in Deutschland komplett ausgerottet hätten, hätte ein Reisender den Erreger direkt wieder eingeschleppt.

Philipp Jacobs: Das heißt, eine strikte Isolation zur Verhinderung der Pandemie bringt nur am Ausbruchsort etwas?

STREECK: Genau.

Philipp Jacobs: Wie haben Sie die Krise bisher erlebt?

STREECK: Das war schon ein abenteuerlicher Ritt. Ich war in dieser Zeit auch nicht frei von Fehlern. Aber mir ist es immer darum gegangen zu helfen. Mir wurde von vielen Seiten zu viel gewarnt, zu viele Ängste wurden geschürt. Es ist immer leicht zu warnen, aber schwierig, eine realistische Einschätzung zu geben. Das ist wie beim Wetterdienst. Ich bin meiner Einschätzung von Anfang an treu geblieben. In der Hochzeit wurde ich dafür kritisiert, dass ich eine viel schlimmere Welle riskieren würde. Es wurde auch über Ostern eine Todeswelle vorhergesagt. All das ist nicht eingetreten. Mittlerweile schwenken auch die anderen ein. Zwischenzeitlich fühlte ich mich entrückt von meiner Wahrnehmung der Pandemie und der Wahrnehmung der anderen und habe mich gefragt, ob ich mich nicht zurückziehen soll. Ich habe dann aber gemerkt, dass ich das gar nicht kann. Allein schon aufgrund meines Berufsethos.

Philipp Jacobs: Ihr Kollege Christian Drosten befindet sich derzeit im Zwist mit der Bild-Zeitung. Diese kritisiert seine Studie zur Viruslast bei Kindern als grob falsch. Was haben Sie gefühlt, als Sie das mitbekommen haben?

STREECK: Das ist eine unangenehme Situation, in der Christian gerade ist. Auch wenn er mich öffentlich kritisiert hat, ohne den Dialog zu suchen. Ich fühle da jetzt aber mit ihm, denn am Ende sind wir ein Stand. Wir sind alle ein Team Wissenschaft.

Philipp Jacobs: Gibt es etwas, das Sie den Menschen mit auf den Weg geben möchten?

STREECK: Man muss versuchen, einen kühlen Kopf zu bewahren und sich darauf zu besinnen, dass Politiker Entscheidungen treffen, die man vielleicht nicht gut findet, die aber im Gespräch mit vielen Experten abgewogen wurden. Darauf auch ein Stück weit zu vertrauen ist wichtig.


Aus: "Interview Hendrik Streeck: ,,Zu viele Ängste wurden geschürt"" Philipp Jacobs (5. Juni 2020)
Quelle: https://www.saarbruecker-zeitung.de/nachrichten/politik/inland/virologe-hendrik-streeck-es-wurde-mir-zu-viel-gewarnt_aid-51517347

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Quote[...] Neil Ferguson, ein führender britischer Wissenschaftler, hat die späten Ausgangsbeschränkungen für die hohe Zahl der Coronavirus-Toten in Großbritannien verantwortlich gemacht. Wäre der Lockdown nur eine Woche früher angeordnet worden, hätte es nur halb so viele Tote gegeben, sagte der Professor für mathematische Biologie am Imperial College im Parlament in London.

Im März sei unterschätzt worden, wie schnell sich das Virus ausbreite, sagte Ferguson vor dem Ausschuss für Wissenschaft und Technologie im Unterhaus. Demnach hätten sich vor Einführung der Ausgangsbeschränkungen die Infiziertenzahlen alle drei bis vier Tage verdoppelt und nicht alle fünf bis sechs Tage wie gedacht.

Gemeinsam mit Kollegen hatte Ferguson in Modellberechnungen Mitte März davor gewarnt, dass es in Großbritannien ohne drastische Beschränkungen bis zu 250.000 Tote durch das Coronavirus geben könnte. Premierminister Boris Johnson ordnete aber erst eine Woche später Ausgangsbeschränkungen an, die es in anderen europäischen Ländern schon gab.

Johnson, der selbst mit der Krankheit Covid-19 im Krankenhaus war, verweist nun auf Wissenschaftsexperten. Demnach seien die Entscheidungen auf Grundlage der Empfehlungen der Scientific Advisory Group for Emergencies getroffen worden. "Natürlich wissen wir, dass wir dazulernen müssen", sagte Johnson. Dafür sei es jedoch noch zu früh, weil zu viel noch unbekannt sei.


Aus: "Britischer Wissenschaftler kritisiert späten Lockdown" (10. Juni 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2020-06/coronavirus-grossbritannien-lockdown-kritik-tote-boris-johnson

Quoterunner_64 #14

Neil Ferguson lag schon vor 10 Jahren meilenweit daneben mit der Schweinegrippe.
Aber er lernt halt nicht wirklich aus Fehlern.
https://www.sueddeutsche.de/wissen/h1n1-schweinegrippe-aehnelt-pandemie-von-1957-1.448481


QuoteResponsibleGambling #20

Der bestmögliche Zeitpunkt für einen Lockdown kann genauso wenig vorhergesagt werden wie der Krankheitsverlauf für jeden einzelnen Neuinfizierten. Was die Wissenschaft momentan weiß ist: Das Virus ist infektiös genug um eine Gesellschaft relativ schnell auf breiter Front anzustecken. Das Virus ist gefährlich genug um für 10-25% seiner Bevölkerung gefährlich zu werden (Primär in Abhängigkeit der Alterpyramide u. Lebensstil). Das Virus ist nicht einfach zu therapieren, bindet daher wertvolle medizinisch-technische Kapazität für tw. sehr lange Zeiträume und hinterlässt bei den Patienten mit schweren Verläufen bleibenden Schaden an Organe und Seelenheil. Bei so viel vorausgegangener Unwissenheit über die Krankheit Covid19 erachte ich jede verfrühte Vorsichtsmaßnahme für besser als keine oder im Nachgang wissenschaftlich attestierte verspätete Maßnahme.


QuoteTanja Gönner #6

>>Johnson... verweist nun auf Wissenschaftsexperten. Demnach seien die Entscheidungen auf Grundlage der Empfehlungen der Scientific Advisory Group for Emergencies getroffen worden. <<

Dies zeichnet einen typischen armseligen Entscheider aus. Wenn's gut war, war's er und er lässt sich für feiern, bei Fehlern sind natürlich die Berater schuld und die Entscheidung wurde gemeinsam gefällt. Sorry, so geht das nicht. Wenn man in Verantwortung ist entscheidet man auch darüber, welchem Ratschlag man folgt.


Quote123Stadtmusikant123 #23

Hinterher ist man immer schlauer. Das betrifft alle betroffenen Staaten. Bis vor ein paar Wochen wurde der Sinn des Mund-Nase-Schutzes noch negiert.


QuotePeter Pekster #23.1

Zitat. Bis vor ein paar Wochen wurde der Sinn des Mund-Nase-Schutzes noch negiert. Zitat

Nicht in Asien (China, Thailand, Japan ect) und Afrika!


QuoteJadoo6 #25

Das ist eine merkwürdige Diskussion. An UK, USA oder Russland zeigt sich doch eher, welche dramatischen Folgen eine Fehleinschätzung einer Pandemie und deren Folgen auf Gesellschaft und damit auch Wirtschaft hat.

Ein fehlender Lockdown führt genauso wie der Lockdown selbst zu Kollateralschäden. Schweden bekommt gerade zu spüren, dass eine Abweichung von der Strategie der Nachbarn nicht zum Erfolg, sondern zu einer unfreiwilligen Isolierung mit unterschätzten Kollateralschäden in der Gesellschaft führt.

In Europa wurde der Virus von konservativen Eliten und Poltikern unterschätzt. Erst als die Bilder aus Italien und Spanien führten zu einem dann drastischen Umdenken. Fast überall.

Und welche Chancen man mit zu späten drastischen Maßnahmen verpasst, sieht man gerade in Neuseeland, wo es gelungen ist, den Virus in der ersten Welle auszuhungern. Auch diese Chance haben wir hier bisher verpasst. Auch weil Staaten wie UK oder Schweden durch ihr Handeln zu Risikogebieten für die anderen geworden sind. In UK wurden sogar erst jetzt Regelungen auf Flughäfen verschärft, obwohl längst die Inländer die größere Gefahr für die Einreisenden darstellen.


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Quote[...] 18 Etagen, 400 Wohnungen – Göttingens Iduna-Zentrum gilt als Infektionsherd. Und ist ein idealer Nährboden für Vorurteile.

... Ein Virus befällt, wen es kriegen kann. Trotzdem haben Seuchen einen Klassencharakter. Zwar verbreitete sich das Coronavirus offenbar zunächst mit heimkehrenden Après-Ski-Feiernden aus Ischgl quer durch Europa.

Seit einigen Wochen aber trifft es die reiseaffinen Mittelständler seltener, sondern infiziert diejenigen, die oft als einkommensschwach und kinderreich, als am gesellschaftlichen Rand lebend bezeichnet werden. ...  In geschlossenen Räumen ist die Gefahr deutlich größer als in einem Garten. Wo enger zusammengehockt, diskutiert, gelacht, gesungen, geweint wird, da überträgt sich das Virus eher.

... Auch in Deutschland gilt, das beobachtet Sozialmediziner Trabert, dass die eigene Familie für arme Menschen, für diejenigen, die nicht über anerkannte Jobs und vielfältige Kontakte verfügen, oft einen höheren Stellenwert hat. In ihr träfe man diejenigen, die noch zu einem hielten. Sperrstunden und Kontaktverbote erschwerten das Leben sozial Benachteiligter stärker, als sie das von besser Verdienenden beeinträchtigten.

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Aus: "Corona-Ausbruch in Göttingen – ein Virus mit Klassencharakter" Hannes Heine (11.06.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/themen/reportage/die-burg-der-beschuldigten-corona-ausbruch-in-goettingen-ein-virus-mit-klassencharakter/25905638.html

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Quote[...] 700 Bewohner dürfen seit Tagen ein Hochhaus in Göttingen nicht mehr verlassen. Die Quarantänemaßnahmen sorgen nun für deutlichen Missmut. Dabei sollen Bewohner versucht haben über Zäune zu steigen und auch Polizisten wurden verletzt.

Bewohner des in Göttingen unter Quarantäne stehenden Gebäudekomplexes haben Polizisten mit Gegenständen beworfen und mehrere von ihnen verletzt. Nach ersten Erkenntnissen war der Missmut bei den Bewohnern über die Quarantänemaßnahmen am Samstagnachmittag angestiegen, wie eine Polizeisprecherin sagte.

Der Gebäudekomplex mit seinen knapp 700 Bewohnern steht seit Donnerstag vollständig unter Quarantäne. Das heißt, dass seitdem kein Bewohner das Gebäude verlassen durfte, wie ein Stadtsprecher bestätigte. Seit Donnerstag waren bei knapp 120 Menschen Infektionen mit dem Coronavirus festgestellt worden. Am Samstagnachmittag hatten schließlich mehrere Bewohner versucht, von dem Gelände zu kommen. Polizeiangaben zufolge wollten manche von ihnen Zäune überwinden, die stellenweise aufgestellt worden waren.

Zudem seien die zur Amtshilfe eingesetzten Polizisten aus dem Gebäude heraus mit Gegenständen beworfen worden. Um welche Gegenstände es sich handelte, blieb zunächst unklar. Mehrere Beamte wurden dabei verletzt, eine genaue Anzahl nannte die Behörde nicht. Nahezu direkt vor der Wohnanlage fand zudem eine Demonstration gegen zu hohe Mieten statt. Diese hätte eigentlich an einem anderen Ort in der Stadt stattfinden sollen, war aber kurzfristig verlegt worden, wie der Stadtsprecher bestätigte. Wie viele Menschen an der Demo teilgenommen hatten, war zunächst ebenfalls nicht bekannt.

Am frühen Abend hatte sich die Lage laut Polizei und Augenzeugen zunächst wieder beruhigt. Zwischenzeitlich war auch der Göttinger SPD-Oberbürgermeister Rolf-Georg-Köhler vor Ort und hatte mit den Bewohnern das Gespräch gesucht. Ursprünglich sollten am Samstagnachmittag diejenigen Bewohner des Gebäudekomplexes erneut untersucht werden, die bei einer ersten großen Testaktion ein negatives Ergebnis hatten. In der Wohnanlage leben nach Angaben der Stadt mehr als 200 Kinder und Jugendliche in prekären Wohnverhältnissen.

Erst im Mai war es im nur wenige hundert Meter entfernten 18-geschossigen Iduna-Zentrum zu einem Corona-Ausbruch gekommen, weil nach Darstellung der Stadtverwaltung dort Mitglieder mehrerer Familien bei privaten Feiern die Hygiene- und Abstandsregeln verletzt hatten.

Quelle: ntv.de, ysc/dpa


Aus: "Ausschreitungen in Göttingen: Hochhaus-Bewohner greifen Polizei an" (Samstag, 20. Juni 2020)
Quelle: https://www.n-tv.de/panorama/Hochhaus-Bewohner-greifen-Polizei-an-article21860432.html


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Quote[...] Der Landkreis Gütersloh hat nach eigenen Angaben kein Vertrauen in das Unternehmen Tönnies. Der gescholtene Konzernchef kann das nicht verstehen. Gleichzeitig bemüht sich Clemens Tönnies angesichts des Corona-Ausbruchs in seiner Fabrik um Schadensbegrenzung.

Unternehmer Clemens Tönnies hat die Vorwürfe des Landkreises Gütersloh zurückgewiesen, bei der Beschaffung der Wohnadressen von Mitarbeitern unkooperativ gewesen zu sein. "Wir haben datenschutzrechtliche Probleme", sagte Tönnies bei einer Pressekonferenz in Rheda-Wiedenbrück. Laut Werkvertragsrecht dürfe das Unternehmen die Adressen der betreffenden Arbeiter nicht speichern, sondern verfüge lediglich über Angaben zum Namen, Geschlecht und Geburtsdatum. Co-Konzernchef Andres Ruff fügte hinzu: "Wir haben alle Daten, die wir hatten, sofort an die Behörden weiter gegeben."

Clemens Tönnies wolle nun alles tun, um den Ausbruch einzudämmen. "Ich stehe in der Verantwortung", so der 64-Jährige weiter. "So werden wir nicht weitermachen. Wir werden diese Branche verändern." Angesichts des massiven Corona-Ausbruchs in seiner Fabrik bat Tönnies um Entschuldigung. Sein Unternehmen stehe vor einer existenziellen Krise. Doch nun stünden die betroffenen Menschen im Vordergrund. Er dankte dem Engagement des Landrates und des Krisenstabs ausdrücklich.

Das Statement der Tönnies-Führung folgte auf eine Pressekonferenz des Kreises. Dort hatte der Leiter des Krisenstabs Thomas Kuhlbusch gesagt, das Vertrauen in die Firma Tönnies sei gleich Null. Der Fachbereichsleiter Gesundheit beim Kreis berichtete zudem, dass Tönnies bis Freitag Listen der Beschäftigten geliefert hatte, bei denen bei 30 Prozent die Adressen fehlten. Bei Anfragen habe die Firma zögerlich reagiert.

Clemens Tönnies wies bei seinem Pressestatement Rücktritts-Spekulationen zurück. "Ich werde dieses Unternehmen aus dieser Krise führen." Er ergänzte: "Und dann sehen wir weiter. Ich mach' mich nicht aus dem Staub." Im seit Jahren geführten Streit um Deutschlands größten Schlachtbetrieb hatte zuvor Robert Tönnies seinen Onkel Clemens in einem persönlichen Brief vom 19. Juni aufgefordert, den Weg freizumachen. Dessen Sohn Max Tönnies solle die Arbeit in der Geschäftsführung übernehmen. Außerdem forderte Robert die Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung.

Am heutigen Samstag wurde der Betrieb in Rheda-Wiedenbrück für 14 Tage geschlossen. Zu diesem Zeitpunkt waren 1029 Mitarbeiter positiv auf das Virus getestet worden. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach forderte angesichts der jüngsten Entwicklungen die umgehende Verhängung eines regionalen Lockdowns durch den Landkreis Gütersloh. "Bund und Länder haben Kontakt- und Ausgehbeschränkungen für den Fall von mehr als 50 Neuinfektionen pro Woche bei 100.000 Einwohnern vereinbart. Wann soll diese Regelung zur Anwendung kommen, wenn nicht jetzt im Landkreis Gütersloh?", sagte Lauterbach dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Die Quarantäne der Beschäftigten könne nicht sauber überwacht werden, es fehlten Adressen Betroffener und das Unternehmen zeige sich wenig kooperativ. "Ich halte die Situation für brandgefährlich, die Eindämmung des Virus wird verschleppt."

Quelle: ntv.de, fzö/dpa/rts


Aus: ""Mach' mich nicht aus dem Staub": Tönnies wehrt sich gegen Vorwürfe" (Samstag, 20. Juni 2020)
Quelle: https://www.n-tv.de/panorama/Toennies-wehrt-sich-gegen-Vorwuerfe-article21860448.html

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"Pharmakonzern legt Preis für Remdesivir auf 390 US-Dollar pro Ampulle fest" Florian Rötzer (30. Juni 2020)
... In einem Bericht für das Journal of Virus Eradication wurden die Herstellungskosten für Remdesivir und andere mögliche Medikamente in Indien abgeschätzt. Mindestens würde die Herstellung des antiviralen Medikaments pro Behandlungstag 0,93 US-Dollar kosten, eine zehntätige Behandlung käme also dann auf etwa 10 US-Dollar, wofür Gilead aber 7500 US-Dollar ansetzt. Darin sind natürlich nicht Forschungs- und Entwicklungskosten enthalten.  ...
https://www.heise.de/tp/features/Pharmakonzern-legt-Preis-fuer-Remdesivir-auf-390-US-Dollar-pro-Ampulle-fest-4799521.html


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#155
Quote[....] Nach einem brutalen Angriff an einer Haltestelle ist ein französischer Busfahrer für hirntot erklärt worden. Ein Verdächtiger wurde nach dem Vorfall festgenommen, wie es am Montag von der Polizei in Bayonne im Südwesten Frankreichs hieß. Vier weitere Personen wurden am Montag in Polizeigewahrsam genommen, sagte der Staatsanwalt von Bayonne.

Der Fahrer war am Sonntagabend gegen 19 Uhr von einer Gruppe attackiert worden, weil er sie ohne Schutzmasken und Fahrausweise nicht in seinen Bus lassen wollte. Die Nachrichtenagentur AFP berichtete, der Busfahrer habe einem Mann ohne Schutzmaske, der mit einem Hund zusteigen wollte, den Zutritt verwehrt. Anschließend forderte er demnach mehrere Personen, die bereits ohne Maske im Bus waren, zum Aussteigen auf.

Des Französisch Demokratischen Gewerkschaftsbunds zufolge war die Gruppe gerade dabei zu gehen, als einer von ihnen sich umdrehte und zum Fahrer ging. Die Gruppe prügelte so stark auf den Ende 50 Jahre alten Mann ein, dass er schwerste Kopfverletzungen erlitt. Er wurde bewusstlos in ein Krankenhaus in Bayonne eingeliefert.

Der Bus fuhr für einen Transportverbund in der ländlichen Region im Département Pyrénées-Atlantiques. Als Reaktion auf den Angriff auf ihren Kollegen machten den Berichten zufolge Busfahrer des Verbunds von ihrem Recht Gebrauch, wegen hoher psychischer Belastung ihre Arbeit zeitweise niederzulegen. Der Transport mit Bussen sei deshalb am Montag weitgehend lahmgelegt gewesen, berichtete der französische Radiosender France Bleu.

Wie die Zeitung Le Monde berichtet, wollen die Busfahrer ,,nicht vor der Beerdigung" ihres angegriffenen Kollegen zur Arbeit zurückkehren. Für die Busfahrer wurde demnach psychologische Betreuung bereitgestellt, der Bürgermeister von Bayonne äußerte Verständnis für die Proteste und sprach von einem ,,besonders gewalttätigen und barbarischen Akt". (mlk,dpa,AFP)


Aus: "Busfahrer lebensgefährlich attackiert – wegen Streit über Maskenpflicht" (06.07.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/brutaler-angriff-schockiert-frankreich-busfahrer-lebensgefaehrlich-attackiert-wegen-streit-ueber-maskenpflicht/25981128.html

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Quote[...]  Dortmund. Ein Maskenverweigerer hat in einem Dortmunder Supermarkt zwei Polizisten verletzt, die ihn abführen wollten. Der Staatsschutz ermittelt, da der 44-Jährige laut Polizei offenbar dem Reichsbürger-Milieu zuzuordnen ist. Er selbst hatte die Situation gefilmt.

Wie die Polizei am Mittwoch mitteilte, hatte sich der Mann ohne Mund-Nasen-Schutz am Vorabend gegen 22 Uhr zunächst mit dem Supermarkt-Personal angelegt und einen Mitarbeiter mit einem Einkaufswagen gerammt. Als die Beamten eintrafen, beobachteten bereits zahlreiche weitere Kunden das Geschehen. Der 44-Jährige habe in der Mitte gestanden und gefilmt. "Den Polizisten erklärte er, dass er nicht verpflichtet sei, eine Abdeckung zu tragen", so die Beamten. Er habe dann eine Reihe von Paragrafen aufgelistet, "die jedoch nicht mit den Gesetzen der Bundesrepublik Deutschland übereinstimmen".

Als die Polizisten den 44-Jährigen aus dem Supermarkt bringen wollten, habe er sich so stark gewehrt, dass zwei Beamte verletzt worden seien. Sie kamen ins Krankenhaus. Verstärkung sei eingetroffen und der Mann überwältigt und gefesselt worden: ,,Auf der Fahrt zum Polizeigewahrsam versuchte er im Streifenwagen weiter, einen Polizisten anzugreifen."

In Haft kam der Mann nicht. Der Staatsschutz ermittelt wegen gefährlicher Körperverletzung, Widerstands, Hausfriedensbruch, dem Filmen und der Masken-Verweigerung.


Aus: "Maskenverweigerer attackiert Polizisten in Supermarkt und filmt alles" RND/dpa (12.08.2020)
Quelle: https://www.rnd.de/panorama/dortmund-maskenverweigerer-attackiert-polizisten-in-supermarkt-und-filmt-alles-5IO6NWPQZIIJ5G5IUQY5QWDTKU.html

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Quote
Conrad.Pramböck

Was viele Menschen nicht wahrhaben wollen: Die Gates-Stiftung ist kein wohltätiger Verein, sondern eine steuersparende Möglichkeit, noch mehr Geld zu verdienen. Diese Stiftung investiert auch in Unternehmen wie Monsanto oder Pharmafirmen.
Bill Gates ist ein cleverer Geschäftsmann mit Erfahrung mit Viren seit Windows95. Seine Videos sind keine Vision der Zukunft, sondern ein Sales Pitch im größten Business der Welt: Gesundheit.
Wäre er wirklich so wohltätig, würde er wie wir alle 50% Steuern zahlen und von seinem restlichen Einkommen Brunnen und Toiletten in Afrika bauen lassen.


QuoteTorsten Kluge

klar gefällt es dem Meister nicht, wenn nicht alle Hühner bei seinem Spiel mitmachen wollen wollen !!!
stell dir vor es ist Corona und keiner hat Angst !


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Dim

Profiteure der Angst - Angst lähmt den Verstand und ermöglicht das Geschäft des Jahrhunderts.


Quote_Busted_

Sobald du als Milliardär nicht komplett irren, vertrottelten Scheiß aufführst, wird man misstrauisch.


Quote9InchNail

... Dass die Braunen naturdeppert sind, ist doch eh nix Neues, aber in punkto Verschwörungstheorien muss man sagen, das kommt in allen politischen Couleurs vor. Grüne Esospinner, schwürkise Katholen mit 5G-Panik, maskenverweigernde Seuchenschlumpfsozis. Allen gemein: Keine Ahnung von Wissenschaft, Statistik und ein Faible für Glaubenskonstrukte und Gruppendenken.
Wenn Recherche und Information für viele darin besteht, einem gehirnbefreiten Brüllaffen auf Youtube Glauben zu schenken, verfluche ich manchmal das Internet. ...


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Saïd Nuff

Die Paradoxie ist zum Schmunzeln:

Jahrzehntelang hatte niemand ein Problem damit, sich unreflektiert in Gates' DOS- und Windows Monokultur einzureihen. Fast ausnahmslos alle haben wir geholfen, diesen Mann zum OS-Monopolisten und Multimilliardär zu machen.

Und jetzt, wo er sein Geld - auch - in einige vernünftige Projekte gegen Armut und Elend steckt (vermutlich ohnedies nur aus Steueroptimierungsgründen und um in Amerika als "guter Mensch" erinnert zu werden) keimen die irrsten Verschwörungstheorien.


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rudiii

Das einzige, was man mit Sicherheit sagen kann, ist, dass es niemals gut ist, wenn ein einzelner Mensch derart viel Vermögen und Macht besitzt. Auch die Vermischung von staatlichen und privaten Interessen im Gesundheitsbereich ist bedenklich. Natürlich sind die Verschwörungstheorien Humbug, aber es gibt durchaus auch berechtigte Kritik an diesem System, die man deshalb nicht einfach vom Tisch wischen darf. Da stellt man sich dann auf eine Stufe mit Verschwörungstheoretikern, weil keine Diskussion mehr möglich ist.


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Anakin Skywalker

Man sollte tatsächlich wieder mehr in Bildung investieren. Alleine in meiner Verwandtschaft sind so viele Aluhüte, dass es mir Angst macht.


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Rollgardina

Ich bin eine Maskengegnerin in dem Bereich, wo es hirnrissig ist, also zB bei uns am Land, weil es hier null Infizierte gibt. Auf der Straße, im Auto, beim Radfahren (alles schon gesehen), unterm Kinn... das alles ist saublöd.  ... Ich lege mich mit Gates an. Ich kaufe nie wieder Windows, denn es ist eine Spionagesoftware. Und ich werde seinen Impfstoff verweigern, an dem er schon seit Jahren bastelt, aber keine Zulassung kriegt.


Quote
Everchange 2.O

witzig - Die verschwörungstheoretiker werden nicht müde per youtube, fb oder wie hier in foren darauf hinzuweisen, dass sie ihre meinung nicht sagen dürfen. Wenn das aber ein multimilliardär macht, der seit zig jahren millionen in die forschung steckt, soll der seinen mund halten, weil nicht demokratisch gewählt.


Quote
Genesis-of-Omega

Die Dummheit mancher Poster macht mir Angst.


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Sapperloter

Ein Milliardär der alles hat und nun die "Menschenliebe" entdeckt...
Sorry, ich mag den Typen einfach nicht. "Tue Gutes und erzähl davon!" ging mir immer schon am Oasch...


Quote
Angelo81

Ich glaub ,der ist ein klassischer Junkie. So oft wie der vom Impfen redet und auf Nadeln fixiert ist. ...


Quotehello dolly

Als MS-DOS und Windows hat er Viren weltweit nicht nur verbreitet, sondern sogar verkauft. Dass dem nicht jeder traut, braucht nicht verwundern.


Quote
Glen Flagler

Das Fremdschämen hier nimmt apokalyptische Ausmaße an, ja.


Quote
West-Ender

Isaac Asimov war ein in Russland geborener amerikanischer Gelehrter und Professor für Biochemie. Dieser Spruch von ihm offensichtlich trifft auch weit über die Grenzen der USA hin:

"In den Vereinigten Staaten gibt es einen Kult der Unwissenheit, und das war schon immer so. Die Belastung durch den Anti-Intellektualismus war ein ständiger Faden, der sich durch unser politisches und kulturelles Leben schlängelte und von der falschen Vorstellung getragen wurde, dass Demokratie bedeutet, dass" meine Unwissenheit genauso gut ist wie dein Wissen. "


Zu: "Bill Gates legt sich mit Maskengegnern an und ärgert sich über Social Media" (6. Juli 2020)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000118545245/bill-gates-legt-sich-mit-masken-gegnern-an-und-aergert


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Quote[...] Die Maskenpflicht im Kampf gegen die Corona-Krise wird in Deutschland vorerst weiterhin gelten, auch im Einzelhandel. Die Gesundheitsminister der Länder einigten sich in einer Schalte mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) darauf, die Maskenpflicht nicht aufzuheben. Zur Begründung hieß es, es dürfe nicht der falsche Eindruck entstehen, die Pandemie sei vorbei.

Neben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte auch CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer einem raschen Ende der Maskenpflicht im Handel eine klare Absage erteilt. Kramp-Karrenbauer sagte nach Angaben von Teilnehmerkreisen in einer Videoschalte der CDU-Spitze, es sei zu beobachten, dass immer mehr Menschen ohne Maske unterwegs seien. Da sei es das falsche Signal, die Maskenpflicht aufzuheben. Das Tragen des Mund-Nasen-Schutzes sei weiterhin notwendig und wichtig, damit Deutschland gut durch die Pandemie komme.

Die Debatte über ein baldiges Ende der Corona-bedingten Maskenpflicht im Handel hatte am Wochenende begonnen, nachdem sich Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschafts- und Gesundheitsminister Harry Glawe (CDU) für einen solchen Schritt in seinem Land ausgesprochen hatte. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es so wenige Infektionsfälle wie in keinem anderen Bundesland, wie die Übersicht der Regionen in Deutschland zeigt. Allerdings ist das Bundesland ein Feriengebiet, in das derzeit viele Urlauber kommen. Auch Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) hatte eine Lockerung favorisiert, seine Forderung später aber relativiert.

Die Mundschutzpflicht gilt bundesweit im ÖPNV und im Einzelhandel und in vielen privaten und öffentlichen Einrichtungen. Die Berliner Verkehrsbetriebe kündigten an, die Pflicht auch in ihre Nutzungsbedingungen aufzunehmen – so kann das Unternehmen Verstöße dagegen selbst ahnden und ist nicht auf die Polizei angewiesen.


Aus: "Gesundheitsminister einigen sich auf Beibehaltung der Maskenpflicht" (6. Juli 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/politik/deutschland/2020-07/gesundheitsminister-einigen-sich-auf-weitere-maskenpflicht

QuoteHorst Achtfaden #1.1

Attila Hildmann gefällt das nicht.


Quote
Donald Kerabatsos #1.3

Nicht auszudenken, wenn durch die Lockerungen eine zweite Welle angebrochen wäre und die Kritik, der sich dann die Verantwortlichen hätten stellen müssen.

Siehe Südstaaten der USA.


QuoteLeos Tochter #1.4

Keine Sorge, der Verstand kommt mit der Zeit!


QuoteNaturliebe #1.11

"Schauen Sie in die USA, das könnte Ihre Zweifel ausräumen."

Ja, das stimmt auf der einen Seite. Allerdings kann man die Situation nicht 1:1 auf unsere übertragen.

Anderes Sozialverhalten, anderes Gesundheitssystem und -bewusstsein, anderes politisches System, andere Bevölkerungsdichte in den Großstädten,

Vor der Maskenpflicht hatten wir wochenlang eine Abstandsregel, die auch immer noch gilt. Die Infektionszahlen gingen auch damals runter, natürlich auch unter dem Einfluss der anderen Maßnahmen ( z.B.Ausgangsregelungen)

Die empirische Evidenz für die Maske fehlt noch.


QuoteKeks1234 #1.15

Die Südstaaten der USA haben gar keine zweite Welle.
Es ist die Erste, die erwartbar natürlich auch Texas etc. betrifft.
Irritierend ist, wie wenig sie dort aus den Katastrophen von Norditalien oder NewYork gelernt zu haben scheinen, denen man zugestehen muss tatsächlich überrascht worden zu sein.


Quotegorgo #1.22

"Die empirische Evidenz für die Maske fehlt noch."

Sie verbreiten fake news, ob Sie das jetzt wollen oder nicht.
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/113769/Studie-Mund-Nasen-Schutz-wichtiger-als-Social-Distancing


QuotePeter 42 #1.46

Nein, die Vernunft hat sich nicht durchgesetzt. Vernünftig wäre ein dichtes, flächendeckendes Screening.

Wenn man die schwedischen Zahlen ansieht, bei denen von exponentiellem Wachstum keine Rede sein kann, oder die offenbar schon lange vor Neujahr existierenden Fälle berücksichtigt, ist eigentlich ziemlich klar: Die Dynamik im Spätwinter war die Überlagerug zweier Komponenten. Es gibt die Infektionen im Alltag, die offenbar nicht mal für ein R=1 reichen. Und es gab die lawinenartige Ausbreitung durch periodische Versammlungen, die zu Multiinfektionsereignissen geführt haben.

Die Maskiererei mag schon die ein oder andere Übertragung verhindern. Aber ohne Screening, mit dem man den durch häufig asymptomatischen Verlauf weitgehend verborgenen Ausbreitungsgraphen sichtbar macht, ist das eine Alibiaktion.


Quote
klaurot #1.61

Die Vernunft hat sich durchgesetzt!

Ein großartiger Sieg der Überbesorgten über die Unterbesorgten.


...

Quote[...] Der US-Bundesstaat Texas gehört inzwischen zu den Brennpunkten der Corona-Krise in den USA. Allein am Montag meldete Texas 5318 neue Fälle, womit sich die Gesamtzahl auf 200.557 Fälle und 2.655 Todesfälle in dem Bundesstaat erhöht. Aus Angst davor, dass das dortige Gesundheitssystem kollabieren könnte, greift nun das US-Militär den örtlichen Behörden unter die Arme.

Rund 50 Mitarbeiter schickt das Militär in die Region um San Antonio in Texas, um vor Ort ,,medizinische Hilfe zu leisten". Dazu gehören Krankenschwestern in der Notaufnahme und auf der Intensivstation, Fachkräfte für Atemwegserkrankungen und Hilfspersonal, wie es in einer Erklärung heißt.

Zu Beginn der Corona-Pandemie hatte das Militär bereits Hunderte von medizinischen Helfern in andere Regionen wie New York entsandt. ...

... 07.07.2020, 06.20 Uhr:  Einer der führenden Gesundheitsexperten der USA hat sich angesichts des raschen Anstiegs der Corona-Neuinfektionen im Süden und Westen des Landes besorgt gezeigt. Die gegenwärtige Lage sei ,,wirklich nicht gut" und erfordere ,,sofortiges" Handeln, sagte der Immunologe Anthony Fauci in einem Live-Chat. Die USA hätten die Pandemie nie unter Kontrolle gebracht und steckten daher noch immer ,,knietief" in der ersten Welle des Virus, sagte Fauci. Die Wiederöffnung der Wirtschaft und die nötigen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus dürften nicht als Widerspruch gesehen werden, mahnte er. ...

... Die Zahl der Neuinfektionen ist seit Mitte Juni infolge der Lockerung der Corona-Auflagen stetig angestiegen. Seit einer Woche melden US-Behörden im Schnitt fast 50.000 Neuinfektionen pro Tag, vor allem aus den Bundesstaaten Florida, Texas, Georgia, Arizona und Kalifornien. Für Sonntag waren zum Beispiel Daten der Universität Johns Hopkins zufolge 49.200 Neuinfektionen gemeldet worden. Die Zahl der Todesfälle hat inzwischen die Marke von 130.000 überschritten, die Zahl der Infektionen lag demnach bei mehr als 2,8 Millionen.

Fauci sagte, die ,,ernste" Lage erfordere dringendes Handeln, um das Virus langfristig einzudämmen. ,,Wir werden das schaffen." Er betonte, die klinischen Studien für die Erprobung möglicher Impfstoffe machten gute Fortschritte. Der Experte hatte zuvor erklärt, es könne vielleicht schon Anfang nächsten Jahres eine Impfung geben.


Aus: "Corona-Krise in USA verschlimmert sich – Militär sendet Personal nach Texas" (07.07.2020)
Quelle: https://www.fr.de/politik/corona-coronavirus-usa-nick-cordero-tod-pandemie-infektionen-rekord-covid19-dramatische-lage-zr-90006636.html

...

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Quote[...] Wegen des erneut starken Anstiegs von Coronavirus-Infektionen hat Australien eine sechswöchige Ausgangssperre über Melbourne verhängt. Mehr als fünf Millionen Bewohner der zweitgrößten Stadt des Landes müssen ab Mitternacht zu Hause bleiben, Schulkinder lernen ab sofort wieder von zu Hause aus, Restaurants und Cafés dürfen nur noch Essen zum Mitnehmen verkaufen.

"Wir können nicht so tun, als ob die Coronavirus-Krise vorbei sei", sagte der Regierungschef des Bundesstaates Victoria, Daniel Andrews. In den vergangenen 24 Stunden seien 191 neue Fälle registriert worden. Das Virus könne nicht zurückverfolgt werden.

Zuvor hatten die Gesundheitsbehörden mehrere Hochhäuser in der Stadt als Virushotspots definiert. Für sie galt bereits eine Ausgangssperre bis Ende Juli.

Von der Ausgangssperre ist eigentlich nur die Metropolregion Melbourne betroffen – praktisch aber ist der gesamte Bundesstaat Victoria vom Rest des Landes abgeriegelt. Die Behörden hatten bereits verfügt, dass die Grenzen des Bundesstaates ebenfalls ab Mitternacht geschlossen werden.

Australiens Behörden haben bisher fast 9.000 Corona-Fälle und 106 Tote registriert. In den meisten anderen Regionen des Landes wurden die Corona-Regeln inzwischen wieder gelockert.


Aus: "Australien: Behörden verhängen sechswöchige Ausgangssperre für Melbourne" (7. Juli 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2020-07/australien-melbourne-lockdown-ausgangssperre


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Quote[...] Im Bundesstaat Texas ist ein 30-Jähriger an den Folgen einer Coronavirus-Infektion gestorben, nachdem er an einer ,,Corona-Party" teilgenommen hatte. Der Gastgeber der Party sei selber mit dem neuartigen Virus infiziert gewesen, teilte die Chefmedizinerin am Methodisten-Krankenhaus in San Antonio, Jane Appleby, in einem am Sonntag von US-Medien verbreiteten Video mit.

Bei der Party hätten die Teilnehmer herausfinden wollen, ob das Virus wirklich existiere und ob es gegebenenfalls besiegt werden könne, sagte die Ärztin.

Der nun Verstorbene habe kurz vor seinem Tod über seinen Partybesuch gesagt: ,,Ich glaube, ich habe einen Fehler gemacht."

Der Patient habe das Coronavirus für einen ,,Schwindel" gehalten und sich aufgrund seines jungen Alters ohnehin für ,,unbesiegbar" gehalten.

Appleby [https://youtu.be/u8wbR4XW3m8] beschrieb den Fall als Warnung an junge Leute. Mit dem Coronavirus infizierte junge Menschen würden oft nicht selber erkennen, wie krank sie tatsächlich seien. Bei Untersuchungen des Sauerstoffgehalts in ihrem Blut und Labortests werde oft festgestellt, dass sie ,,in Wahrheit kranker sind als sie scheinen".

US-Präsident Donald Trump pocht unterdessen auf eine Rückkehr zum normalen Schulbetrieb nach den Sommerferien – obwohl die Infektionsraten in den Vereinigten Staaten seit einigen Wochen wieder deutlich steigen, vor allem im Süden und Westen des Landes.


Aus: "Mann hielt Coronavirus für Schwindel: 30-Jähriger in Texas stirbt an Infektion nach Corona-Party" (13.07.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/mann-hielt-coronavirus-fuer-schwindel-30-jaehriger-in-texas-stirbt-an-infektion-nach-corona-party/25999130.html