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[Radikale Linke? (Fraktale Notizen) ... ]

Started by Link, January 09, 2020, 09:08:02 AM

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Quote[...] Alles, was mit Verfassungsschutz zu tun hat, ist für den rot-rot-grünen Senat ein schwieriges Thema. Die Linkspartei möchte den Nachrichtendienst abschaffen, die Grünen stehen der Behörde skeptisch gegenüber, die SPD hingegen bekennt sich zu ihr. Die Gegensätze, vor allem zwischen der Linkspartei und der SPD, deren Innensenator Andreas Geisel für den Dienst zuständig ist, waren am Mittwoch im Abgeordnetenhaus bei der Sitzung des Verfassungsschutzausschusses wieder deutlich zu erkennen.

Es ging um den kürzlich vorgestellten Jahresbericht des Dienstes für das Jahr 2020. Darin führt er, nicht zum ersten Mal, im Kapitel ,,Linksextremismus" die Berliner Ortsgruppe der Klimaschutzbewegung ,,Ende Gelände" auf. Das gefällt der Linkspartei nicht - auch wenn bekannt ist, dass Aktivisten von Ende Gelände Gewalt bei Protestaktionen nicht ablehnen.

Die Einstufung von Ende Gelände als extremistisch sei falsch und eine ,,Kriminalisierung", sagte Niklas Schrader, innenpolitischer Sprecher der Linksfraktion. Dass es Menschen gebe, die Klimaschutz mit Kapitalismuskritik kombinieren, ,,ist kein Beleg dafür, dass die parlamentarische Demokratie abgelehnt wird".

Schrader betonte, er solidarisiere sich mit Ende Gelände. Gegenrede des SPD-Abgeordneten Tom Schreiber: die Berliner Ortsgruppe von Ende Gelände sei ein Beispiel dafür, wie Linksextremisten versuchten, Themen zu kapern, um ,,Andockfähigkeit" zu gewinnen.

Verfassungsschutzchef Michael Fischer hatte offenkundig geahnt, welche Kritik kommen würde, und war präpariert. Er betonte, es gehe nicht um die gesamte Ende-Gelände-Bewegung, sondern nur um die Berliner Gruppe. Sie sei eine ,,Ausgründung" der linksextremistischen Organisation ,,Interventionistische Linke". Mit entsprechendem Vokabular. Fischer zitierte aus einem Tweet von Ende Gelände, ,,BRD Bullenstaat, wir haben dich zum Kotzen satt".

Nächstes Thema: der Verein ,,Rote Hilfe". Die bundesweit agierende Organisation unterstützt Linksradikale bei Gerichtsverfahren und wächst beständig. Im vergangenen Jahr kamen in Berlin 200 neue Mitglieder hinzu, jetzt sind es 2100. Schrader hält es für unverständlich, dass ein Verein beobachtet wird, der ,,den bürgerlichen Rechtsstaat für sich nutzt und die Justiz in Anspruch nimmt, um Personen zu helfen". SPD-Mann Schreiber konterte, der Verfassungsschutz habe schon 2010, unter einem rot-roten Senat, im Jahresbericht die ,,Rote Hilfe" als extremistische Organisation benannt.

Der Grünen-Abgeordnete Benedikt Lux hielt dem Dienst vor, im Bericht stehe nichts zu Rechtsextremismus in der Polizei. Fischer antwortete selbstkritisch, mit dem Phänomen müsse man sich ,,noch stärker auseinandersetzen. Und das tun wir auch."


Aus: "Linkspartei und SPD in Berlin streiten über linksradikale Klimaschützer" Frank Jansen (26.05.2021)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/verfassungsschutz-beobachtet-ende-gelaende-linkspartei-und-spd-in-berlin-streiten-ueber-linksradikale-klimaschuetzer/27224068.html

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"Grünheide: Brandanschlag auf Stromversorgung der Tesla-Baustelle" (26. Mai 2021)
In der Nacht haben Kabel, die die Baustelle des Tesla-Werks in Grünheide mit Strom versorgen, gebrannt. Eine linksradikale Gruppe bekannte sich nun zu dem Anschlag. ... Die armdicken Kabel sind nach Angaben der Polizei trotz des Feuers noch funktionsfähig. Der Energieversorger E.DIS bestätigte am Nachmittag: "Unmittelbare Versorgungsunterbrechungen waren bisher nicht erforderlich." Nach Polizeiangaben wurde die Feuerwehr um 2.40 Uhr am Mittwochmorgen alarmiert und konnte den Brand zeitnah löschen.
https://www.zeit.de/wirtschaft/2021-05/tesla-gruenheide-gigafactory-kabelbrand-staatsschutz-ermittlung-brandstiftung

Quoteroxxor #1

Bekanntermaßen gibt es Idioten ja leider überall.


QuoteFinocchiona #1.1

Ja, die Idioten zunden hier in Berlin auch gern mal die S-Bahn-stromkabel an, so dass der piefige Normalspießer nicht zur Arbeit kommt. Wie immer schaden die Idioten nicht irgendwelchen "Bonzen", sondern immer nur den kleinen Leuten.


Quotesolorun #21

Selbiges in München mit Bekennerschreiben auf indymedia.

"20.000 Haushalte waren in München am Wochenende ohne Strom. Grund könnte ein Anschlag von Linksextremisten sein. Auf der Plattform Indymedia wurde ein Bekennerschreiben hochgeladen. Dessen Echtheit prüft nun der Staatsschutz."

https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bekennerschreiben-zu-stromausfall-in-muenchen-aufgetaucht-17357386.html

"Für Personen, die etwa aus medizinischen Gründen dringend auf Stromversorgung angewiesen sind, richtete die Feuerwehr eine Notstromversorgung ein."

Danke an alle Feuerwehren und auch besonders Danke an die Anschlagsaktivisten*,
no brain no pain



QuoteTobias Ackermann #34

,,Tesla ist weder grün, ökologisch noch sozial.‟

Zumindest das stimmt.


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"Leipzig: Mutmaßliche Linksextremisten wegen Überfällen auf Rechte vor Gericht" (8. September 2021)
Nach einer Reihe von Angriffen auf Rechtsextreme hat der Prozess gegen vier angebliche Linksextremisten begonnen. Sie sollen mindestens sechs Überfälle begangen haben. ... Eine militante linksextremistische Gruppe aus Leipzig soll zwischen 2018 und 2020 Menschen aus der rechten Szene überfallen und zusammengeschlagen haben. Am Oberlandesgericht (OLG) Dresden hat der Prozess gegen vier mutmaßliche Mitglieder begonnen, die der Anklage zufolge ideologisch motiviert, organisiert und brutal gehandelt haben sollen. Wie Bundesanwalt Bodo Vogler sagte, "war und ist" es das Ziel der Vereinigung, tatsächliche und mutmaßliche Angehörige der rechten Szenen anzugreifen und mit Schlagwerkzeugen zu verletzten. Nach Überzeugung der Anklage führte die Studentin Lina E. in mindestens zwei Fällen das Kommando und bereitete die Angriffe in Leipzig, Wurzen und Eisenach vor.
Die 26-Jährige, ein gleichaltriger Mann und ein 36-Jähriger aus Leipzig sowie ein 26-Jähriger aus Berlin sind wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, schweren Landfriedensbruchs, gefährlicher Körperverletzung sowie teils auch Sachbeschädigung angeklagt. ...
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2021-09/linksextremismus-leipzig-rechte-szene-prozess-dresden-linke-gewalt

Quoteannamarie hh #14

Anklage, Verurteilung und einsperren.


QuoteTordenskjold #14.1


Beweise, Verhandlung und Verteidigung lassen Sie weg?


QuotePascal P #14.2

Da ging wohl der Freisler mit jemanden durch....


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"Missing Link: 50 Jahre Radikalenerlass" Detlef Borchers (23.01.2022)
Am 28. Januar 1972 verabschiedete die Ministerpräsidentenkonferenz unter Vorsitz des damaligen Bundeskanzlers Willy Brandt den "Extremistenbeschluss". Er hielt fest, dass keine Menschen in den Staatsdienst aufgenommen werden dürfen, die nicht jederzeit rückhaltlos für die freiheitlich-demokratische Grundordnung eintreten. Zur Überprüfung der Einstellung eines Beamtenanwärters sollte der Dienstherr eine Regelanfrage an den Verfassungsschutz stellen. Dieser "Radikalenerlass" sollte verhindern, dass linke Lehrerinnen und Lehrer in die Schulen kommen. Betroffen waren aber auch Hochschulangehörige und studentische Hilfskräfte, Bahnbeamte, Briefträger, Bibliothekare und Verwaltungsangestellte. ... Der in dieser Tradition stehende Radikalenerlass von 1972 wurde von allen im Bundestag vertretenen Parteien getragen. Die Regelanfrage beim Verfassungsschutz wurde in SPD-geführten wie in CDU- beziehungsweise CSU-geführten Bundesländern praktiziert. Bei der Eröffnung von Verfahren gegen Beamte oder Beamtenanwärter und bei der Erteilung von Berufsverboten lagen die SPD-Länder deutlich vor den Ländern der CDU/CSU. Während die Praxis der Regelanfrage in SPD-Ländern bereits 1976 zurückgefahren und 1980 eingestellt wurde, lief sie in CDU-regierten Ländern bis 1988 weiter, in Bayern bis 1991. Insgesamt wurde 3,5 Millionen solcher Anfragen an die Verfassungsschutzämter gestellt, die in 35.000 Fällen Material über die Bewerber lieferten. Diese sollen zu 12.000 eingeleiteten Berufsverbotsverfahren führten, eine Zahl, die einigen Historikern zu hoch erscheint. 2250 Bewerber waren daraufhin von einem Berufsverbot betroffen ...
https://www.heise.de/hintergrund/Missing-Link-50-Jahre-Radikalenerlass-6334453.html?seite=all


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Quote[...] Der Berliner Landesverband der Linkspartei distanziert sich von der eigenen Parteijugend. "Die Äußerungen des Berliner Jugendverbandes sind nicht akzeptabel und sie sprechen damit nicht für DIE LINKE", erklärte Katina Schubert, Vorsitzende der Berliner Linken, am Mittwoch dem Tagesspiegel.

Schubert, die den Jugendverband bereits vor einigen Tagen scharf kritisiert hatte, reagierte damit auf den Umgang der Parteijugend mit der militärischen Eskalation in Osteuropa. ,,Der Hauptfeind steht immer noch im eigenen Land!", hatte die Linksjugend tags zuvor auf seinem Twitter-Profil erklärt. Illustriert war der Beitrag mit einem Foto der deutschen Außenministerin.

Darüber hinaus wurden USA, NATO und EU als "westlich imperialistischer Block" bezeichnet. "Nein zu imperialistischen Kriegen! Nein zur NATO!", heißt es in einem Beitrag, der unter anderem von Caren Lay, stellvertretende Fraktionschefin der Linken im Bundestag, kritisiert wurde.

Schubert wiederum erklärte weiter: "Wir stellen uns ganz klar gegen Krieg und militärische Aggression, ganz gleich, von wem sie ausgehen. Russland muss seine Truppen zurückziehen." Nötig seien "eine ganz klare Ablehnung der Eskalation" sowie die Rückkehr zur Diplomatie, erklärte Schubert.

Gemeinsam mit Parteifreund:innen und Vertreter:innen anderer Parteien, darunter der Berliner CDU, hatten Schubert und Teile des Fraktions- und Landesvorstands am Dienstag vor der russischen Botschaft demonstriert. Auch die Bundespartei hat sich ebenfalls klar positioniert.

Mit ihrer Distanzierung von der Parteijugend erfährt ein seit Monaten gärender Streit neue Aufladung. Bereits im Wahlkampf hatte die Linksjugend mit teils persönlichen Attacken gegen die später mit den Stimmen der Linkspartei zur Regierenden Bürgermeisterin gewählte Franziska Giffey (SPD) für Aufregung gesorgt. Die Linke-Parteispitze entschuldigte sich hinterher.

Jüngst sorgte ein von der Linksjugend produzierter Sticker für Ärger und parteiinterne Debatten. Auf diesem wird Giffey verunglimpft. Einzelne Abgeordnete, darunter die Giffey-Kritikerin Katalin Gennburg, verwendeten den Sticker öffentlich und provozierten damit neuen Streit in der Koalition.


Aus: "Berliner Linkspartei distanziert sich von Parteijugend" Robert Kiesel (23.02.2022)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/nach-eklat-um-ukraine-krise-berliner-linkspartei-distanziert-sich-von-parteijugend/28096676.html

QuoteTante_Frieda 15:15 Uhr

Wer - wie die Jugend der Linkspartei - Außenministerin Baerbock für schlimmer hält als den Krieger Putin, darf sich nicht wundern, wenn er nicht mehr ernstgenommen wird...


Quoteeismann872 14:54 Uhr

Vielleicht sollte sich der Jugendverband der MLPD anschließen. Ich denke da wären die jungen Kommunisten deutlich besser aufgehoben!


QuotePMcB 14:28 Uhr

Das tolle an unserer Mediengesellschaft ist, dass man Spinner auch leicht als solche erkennen kann.  ...


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#25
Quote[...] Rund 500 Menschen stehen mit "Nato-Raus-Plakaten" und Fahnen der Linkspartei vor der Bühne am Brandenburger Tor. Es ist Freitag vor einer Woche, als die Bochumer Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen dem Westen, der NATO und den Medien "Kriegstreiberei" vorwirft. Schuld an der Eskalation habe nicht Putin, sondern vor allem die Ukraine und das NATO-Bündnis.

Die Warnungen vor einem russischen Angriff, seien nichts anders als "Lügen" des amerkikanischen Geheimdienstes. "Wer soll diesen Blödsinn eigentlich noch glauben", ruft Dagdelen unter Applaus ins Mikro. Der russische Staatssender Russia Today (RT) nutzt das prompt für seine Propaganda, verbreitet Dagdelens Satz als Schlagzeile und Redeausschnitte auf seiner deutschen Online-Seite. Nur wenige Tage später rollen russische Panzer in die Ukraine ein, fliegen Raketen auf Kiew.

... Politiker von Linken und auch von der AfD haben in der Vergangenheit immer wieder Falschbehauptungen übernommen, die auch Putin in seinen Reden verwendet. Sowohl die Behauptungen vom angeblichen Völkermord im Donbass oder auch die angeblichen ukrainischen Pläne zum Bau von Atomwaffen verbreiten Politiker der AfD bis heute. So auch Stefan Keuter, Essener AfD-Bundestagsabgeordneter, im Interview mit dem WDR-Magazin Westpol. "Ich sehe die Bedrohung sehr real. Und warum sollten die Russen das im Fall der Ukraine so hinnehmen?", fragt er und verteidigt Putin.

Dass die Ukraine 1994 bewusst ihre Atomwaffen aus Sowjetzeiten abgegeben hat, erwähnt Keuter ebenso wenig wie die Einschätzung der internationalen Atomenergiebehörde IAEA, die keinerlei Belege für die angeblichen Atomwaffenpläne sieht. Solche Falschbehauptungen seinen an "Zynismus eigentlich nicht mehr zu überbieten", kritisiert Russland-Expertin Sarah Pagung von der Universität Berlin.

...


Aus: "AfD und Linke - Propagandahilfe für Putin" Boris Baumholt und Per Quast (27.02.2022)
Quelle: https://www1.wdr.de/nachrichten/landespolitik/Propagandahilfe-fuer-Russland-AfD-Linke-100.html

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Quote[...] Einige Politiker der Linkspartei vertreten sehr pro-russische Ansichten und verteidigen Putins Politik vehement. Andere stehen dem Kreml deutlich kritischer gegenüber. Das Verhältnis zu Russland spaltet die Partei.

...  So sagte Wagenknecht bei "Anne Will", es sei eine Katastrophe, "dass Russland aktuell offensichtlich keinen anderen Weg mehr sieht, außer das Säbelrasseln, um seine Sicherheitsinteressen gewährleistet zu sehen".

Da ist viel Verständnis für Russland, viel Misstrauen für die USA und keine Beachtung für die Ukraine.

Nur wenige Tage zuvor redete Sevim Dagdelen - immerhin die Obfrau der Fraktion der Linkspartei im Auswärtigen Ausschuss - auf einer Kundgebung in Berlin von der Kriegshetze und dem Kriegsgeheul des Westens. Der ukrainische Botschafter in Deutschland sei nichts anderes als "ein Hetzer vor dem Herrn" und dass das Agieren der Ukraine eine "Kriegserklärung Richtung Russland" sei.

Konkret beschreibt sie als Startpunkt der jüngsten Eskalation einen Kampfdrohnenangriff der ukrainischen Armee im Donbas Ende Oktober 2021. Danach sei Russland "natürlich gewarnt" und müsse dort aufpassen, falls es einen Angriff auf die russischen Minderheiten oder sogar auf der Krim gebe. Das ist ziemlich genau so, wie der Kreml auch argumentiert.

Auch der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Gregor Gysi, warf der NATO eine Zuspitzung im Konflikt mit Russland vor und schlug zuletzt den bekennenden Putin-Freund und ehemaligen Kanzler Gerhard Schröder (SPD) - dies allerdings zusammen mit dessen Nachfolgerin Angela Merkel (CDU) - als Vermittler in der Krise vor.

Gysi zeigte Verständnis für das Vorgehen Russlands und sagte in einer Rede im Bundestag: "Niemals würden die USA schwer bewaffnete russische Soldaten auf Kuba oder in Mexiko zulassen, warum billigen Sie Putin keinen Sicherheitsabstand zu?"

Doch es gibt auch andere Stimmen in der Linkspartei. So betonte der Fraktionschef Dietmar Bartsch, dass er es absurd finde, die USA als Aggressor anzusehen und sagte: "Ich übernehme nicht die Argumentation Wladimir Putins." Bartsch betonte auch, dass die Annexion der Krim nicht anzuerkennen und ganz klar völkerrechtswidrig sei. Eine Lösung dieses Konflikts sehe er allerdings auch nicht auf der Tagesordnung.

Stattdessen schlug er - und so steht es auch im Parteiprogramm der Linkspartei - eine europäische Sicherheitsarchitektur unter Einschluss Russlands vor. "Das muss das Ziel sein, ohne Russland ist dauerhafter Frieden in Europa unmöglich."

Bartsch schrieb gemeinsam mit seiner Co-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali und den beiden Parteivorsitzenden Janine Wissler und Susanne Hennig-Wellsow in einer Erklärung, dass die Linkspartei sich für einen militärfreien Sicherheitskorridor zwischen den osteuropäischen NATO-Staaten und der Russischen Föderation ausspricht. Darin steht auch:

    Der militärische Aufmarsch Russlands an der Grenze zur Ukraine ist kreuzgefährlich und falsch. Wir bekräftigen die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine. Zugleich ist die Besorgnis Russlands vor einem weiteren Vorrücken der NATO gen Osten nachvollziehbar.

Nun konkretisierte Bartsch, dass - wie Russland auch - die Ukraine im Donbas nicht militärisch agieren solle, auch weil sie keine 14 Tage gegen Russland bestehen würde. "Es ist nicht zielführend, auf Provokationen militärisch zu antworten. Darauf ist die Ukraine nicht eingestellt und Russland wird alles dafür tun, damit die Ukraine darauf nie eingestellt sein wird."

Es ist nicht immer so, dass Fraktionsvorsitz und Parteivorsitz bei der Linkspartei an einem Strang ziehen. Bei der Einordnung des Konfliktes zwischen Russland und der Ukraine scheint es so zu sein. Zumindest das Führungspersonal spricht zum Thema Russland mit einer Stimme. Und sie ist weniger schrill wie die Äußerungen von Wagenknecht und Dagdelen.

Co-Parteichefin Wissler sagte heute auf einer Pressekonferenz mehrmals, dass Putin doch kein Linker sei und sie die Menschenrechtsverletzungen in Russland scharf kritisiere. "Putin passt überhaupt nicht zu den Werten der Linken, gar nicht. Ich halte seine Politik für grundfalsch", sagte sie und ergänzte, dass aus ihrer Sicht Russland ebenso geostrategische Bestrebungen habe wie die USA.   

Die Haltung der Linkspartei zu Russland ist lange nicht so eindeutig, wie sie oft beschrieben wird. Die Stimmung an der Basis, in einigen ostdeutschen Gebieten aber auch in linken Szenen westdeutscher Großstädte, ist geprägt von tiefem Misstrauen zu westlichen Bündnissen unter Vorherrschaft der USA.

Daraus folgt oft ein Verständnis für russische Außenpolitik. Verbunden mit der Überzeugung, dass Länder wie die Ukraine sich den Interessen Russlands unterordnen müssen. Die Sowjetunion lebt in dieser Überzeugung fort, die Ukraine gilt nicht als souveräner Staat. Vertreter dieser Überzeugung finden sich auch in der Bundestagsfraktion. Sie werden von denen, die Russland kritischer sehen, manchmal als "Russia-Today-Fraktion" bezeichnet. Der Beziehungsstatus der Linkspartei zu Russland - es ist kompliziert.


Aus: " Die Linke und Russland Beziehungsstatus: Es ist kompliziert" Kerstin Palzer, ARD-Hauptstadtstudio (21.02.2022)
Quelle: https://www.tagesschau.de/inland/ukraine-russland-linkspartei-101.html

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Quote[...] "Ich bin insgesamt über eure Erklärung entsetzt und wollte euch das wissen lassen." Mit diesen Worten endet ein Brief, den Gregor Gysi an sieben Kolleginnen und Kollegen der Linken-Fraktion geschrieben hat und der dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt. Außenpolitiker Gysi bezieht sich dabei auf eine Erklärung, die die Gruppe um Sahra Wagenknecht am Sonntag veröffentlicht hatte, dem Tag der Bundestags-Sondersitzung zum Ukraine-Krieg. [https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/scholz-regierungserklaerung-ukraine-101.html]

Darin hatten Wagenknecht und die sechs anderen Abgeordneten den russischen Angriff auf die Ukraine als völkerrechtswidrig verurteilt. Zugleich legten sie aber nahe, dass die Politik des Westens und insbesondere der USA maßgeblich mitverantwortlich für die jetzige Situation sei. In diesem Zusammenhang wird in der Erklärung auf die NATO-Osterweiterung verwiesen - und auf einschlägige Ausführungen eines früheren US-Diplomaten, wonach der NATO-Beitritt osteuropäischer Staaten nach dem Mauerfall den Weg für eine neuerliche Ost-West-Konfrontation geebnet habe.

Gysi macht Wagenknecht und den sechs anderen Abgeordneten schwere Vorwürfe: "Was mich [...] wirklich entsetzt an eurer Erklärung, ist die völlige Emotionslosigkeit hinsichtlich des Angriffskrieges, der Toten, der Verletzten und dem Leid." Sie seien lediglich daran interessiert, ihre "alte Ideologie in jeder Hinsicht zu retten." Diese alte Ideologie umfasst laut Gysi: "Die NATO ist böse, die USA sind böse, die Bundesregierung ist böse und damit Schluss für euch."

Wagenknecht wies die Anschuldigungen auf Anfrage des ARD-Hauptstadtstudios scharf zurück: Den Eindruck zu erwecken, "wir hätten den russischen Angriffskrieg auch nur ansatzweise gerechtfertigt oder es an Empathie mangeln lassen, grenzt an Rufmord". Tatsächlich gehe es Gysi wohl um etwas anderes, so Wagenknecht. Er habe der Fraktion vorgeschlagen, den Antrag der Regierungsparteien und der Union zum Ukraine-Krieg zu unterstützen. Dem sei die Fraktion aber nicht gefolgt.

Stattdessen brachte die Linkspartei bei der Sondersitzung am Sonntag einen eigenen Antrag ein, in dem der russische Angriff scharf verurteilt wird. Anders als im Antrag von Ampel-Fraktionen und Union werden darin deutsche Waffenlieferungen aber abgelehnt. Allerdings: Von Kritik an der NATO ist im Antrag der Linken-Fraktion auch nicht die Rede. Das dürfte einer der Gründe dafür sein, dass die Gruppe um Wagenknecht eine eigene Erklärung veröffentlicht hat. Dass der Streit darüber nun mit einer solchen Schärfe geführt wird, zeigt: Der Fraktion droht eine neue Zerreißprobe.


Aus: "Linke streitet über Russland-Kurs "Ich bin entsetzt"" Mario Kubina, ARD-Hauptstadtstudio (01.03.2022)
Quelle: https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/wagenknecht-gysi-russland-101.html

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Quote[...] Putin hat sich nie ernsthaft Sorgen über die Nato vor seiner Haustür gemacht. Im Gegenteil, der Westen ist aus seiner Sicht immer schwächer geworden. Das Einzige, wovor er wirklich Angst hat, ist eine erblühende und im Innern wachsende Demokratie in seiner unmittelbaren Nachbarschaft.

Das würde sein Unterjochungssystem immer mehr mit der gelebten Idee von Freiheit in Konkurrenz setzen und Begehrlichkeiten bei der eigenen unterdrückten Bevölkerung wecken. Davor haben Diktatoren Angst, dass sie ihre Macht verlieren. Nicht die Ukraine an sich bereitet Putin Kopfschmerzen, sondern die anschwellende Zahl an ukrainischen Demokraten:innen.

Genauso, wie linksorientierte Kreise eingestehen müssen, Putins wahre Identität verkannt zu haben ...


Aus: "Putins Krieg und wir" Ralph Gehrke (03. März 2022)
Quelle: https://www.heise.de/tp/features/Putins-Krieg-und-wir-6534211.html?seite=all

Quoteshandar, 03.03.2022 11:02

Putins Version des Pan-Slawismus ist Imperialismus

So langsam dürften das die anderen slawischen Ethnien auch verstehen.
Wer sich widersetzt, wird zerstört.

Das war schon seit den Zaren so. Prager Frühling, jetzt der Kiewer Frühling.
"Pan-Slawismus" ist ein Euphemismus.


QuoteKarl Sten, 03.03.2022 01:06

Gestern sagt Aussenminister Sergei Lawrow: Russland hat viele Freunde

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Ja 4. Lauter Diktaturen.

Weissrussland
Nordkorea
Eritrea
Syrien

141 Staaten verurteilen Russland in der UN Vollversammlung
35 Enthaltungen

https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/un-vollversammlung-ukraine-103.html

Die Vollversammlung der Vereinten Nationen hat den russischen Einmarsch in die Ukraine auf das Schärfste verurteilt und Moskau zum Ende seiner Aggression aufgefordert. 141 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen stimmten in New York für eine entsprechende Resolution. 35 Länder enthielten sich, darunter China. Fünf lehnten den Beschluss ab, darunter Russland und Syrien.


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Quote[...] Am vergangenen Samstag zogen wieder organisierte Rechtsextreme gemeinsam mit Impfgegnerinnen und -gegnern durch Wien. Auf der Corona-Demonstration waren – nur wenige Tage nach der russischen Invasion in die Ukraine am 24. Februar 2022 – russische Fahnen zu sehen, aus einem Lautsprecher tönte die russische Nationalhymne. Wladimir Putin gilt im rechtsextremen Milieu schon seit Jahren als Identifikationsfigur, dessen Panzerpolitik und autoritäres Auftreten imponiert diesen Kreisen. "Wir wollen einen wie Putin", titelte die in Oberösterreich erscheinende rechtsextreme Zeitschrift "Info Direkt" bereits im Jahr 2015.

Es fällt auch auf, dass auch Corona-verharmlosende Online-Gruppen russische Narrative und Propaganda verbreiten. Das liegt einerseits daran, dass die Szene maßgeblich von Rechtsextremisten beeinflusst wird und andererseits die Feindbilder sich überlappen. So wird der Krieg in der Ukraine mit der Corona-Pandemie verknüpft. Finstere Mächte im Hintergrund, die "Globalisten", werden für beide Krisen verantwortlich gemacht.

Martin Rutter, der sich als Anführer der Corona-Proteste inszeniert und maßgeblich die Kundgebung am Samstag organisierte, schrieb auf Telegram: "Dieselbe Regierung, dieselben Medien und dieselben Hintergrundmächte, die sich für die ,Corona-Pandemie' zuständig zeichnen, treiben nun Österreich in einen Wirtschaftskrieg auf der Seite der USA und der Nato." Und er sieht "Globalisten" am Werk. Das Wort steht bei vielen Rechtsextremen als ein Code für Jüdinnen und Juden.

Das oberösterreichische Medienprojekt "Auf1", ein wichtiges Sprachrohr verschwörungsgläubiger Impfgegner, machte vor dem russischen Angriff das "Globalisten-Regime des Westens" für eine mögliche Eskalation verantwortlich. Es seien "dieselben Globalisten", die "den Corona-Ausnahmezustand vom Zaun gebrochen haben", die "uns jetzt in den Krieg hetzen wollen", schrieb "Auf1"-Chefredakteur Stefan Magnet auf Telegram.

Nach dem Angriff auf die Ukraine bezeichnete "Auf1" den Einmarsch russischer Truppen als "bedenklich". Mehr an Kritik war von Magnet nicht zu vernehmen. Ergänzend führte er aus, dass der "globalistische Westen" nun eine "Ausweitung des Krieges" möchte. Deswegen solle sich Österreich neutral verhalten. Damit hat "Auf1" die Linie der FPÖ übernommen.

FPÖ-Parteichef Herbert Kickl erklärte, der "Angriff von russischen Truppen ist in keiner Art und Weise zu rechtfertigen", sprach sich jedoch gegen Sanktionen gegen Russland aus und betonte Österreichs Neutralität. Eine neue Position – erst im Juli des vergangenen Jahres forderte die FPÖ-EU-Sprecherin Petra Steger "größtmögliche Sanktionen" gegen die Türkei, nachdem zuvor der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan Kriegsrhetorik gegenüber dem griechischen Teil Zyperns angestimmt hat. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern Heinz-Christian Strache und Norbert Hofer kann Kickl mit der Politik des russischen Präsidenten offensichtlich wenig anfangen. Er hat den im Dezember 2016 geschlossenen Freundschaftsvertrag zwischen der FPÖ und der Putin-Partei Einiges Russland nicht erneuert. Als der Vertrag damals in Moskau unterzeichnet wurde, war, laut Medienberichten, auch "Auf1"-Chefredakteur Stefan Magnet als Teil der freiheitlichen Delegation mit dabei. Magnet bewegte sich in jungen Jahren in der Neonazi-Szene und publizierte in "Info Direkt" und "Wochenblick". Er war sogar für das "Wir wollen einen wie Putin"-Cover von Info-Direkt mitverantwortlich, wie er auf Facebook schrieb. In der ebenfalls in Oberösterreich angesiedelte Zeitschrift "Wochenblick" sind eher Sichtweisen Moskaus und der FPÖ zu finden als Journalismus.

Teile der deutschen AfD halten weiterhin an Wladimir Putin fest, die Partei sprach sich ebenfalls gegen Sanktionen aus und gibt die Schuld an dem Angriff aber nicht Putin, sondern dem Westen, der EU und der Nato.

Diese Erzählung ist auch von Rechtsextremen in Frankreich zu hören. Deren neues Aushängschild, Éric Zemmour, präsentierte sich 2018 als Bewunderer von Wladimir Putin: "Ich träume von einem französischen Putin", sagte er. Matteo Salvini, Chef der rechten Lega Nord in Italien, verurteilte den russischen Angriff. Zuvor aber galt er ebenfalls als Anhänger Putins und posierte schon mal mit einem T-Shirt, auf dem ein Porträt des russischen Präsidenten abgebildet war.

An die Seite Russlands stellt sich das "Compact-Magazin" von Jürgen Elsässer. "Die Aggression geht von der Nato unter Führung der USA aus", erklärt er seinen Leserinnen und Lesern. Das "Compact-Magazin" gilt als Sprachrohr der deutschsprachigen Neuen Rechten, das seine Leserschaft nicht mit theoretischen Inhalten überfordern will. Regelmäßig publiziert auch Identitären-Anführer Martin Sellner in der Zeitschrift. Sellner hält sich in seinen Social-Media-Kanälen mit einer klaren Positionierung zurück. Er schreibt von einem "Bruderkrieg", berichtet vom Kriegsgeschehen und versucht, den Krieg mit Fremdenfeindlichkeit zu verknüpfen, indem er vor neuen Flüchtlingsströmen warnt. Auch warnt er vor einer Spaltung der "deutschen Rechten", da nicht alle Medien und Aktivisten auf der Seite Putins stehen.

Österreichische Neonazis aus dem Umfeld Gottfried Küssels kritisieren die russlandfreundlichen Neuen Rechten und rechtsgerichtete Medienprojekte wie "Auf1". "Jeder, der Vielvölkerstaaten unterstützt oder bejubelt, egal ob die USA oder Russland, ist nicht unser Verbündeter, sondern Gegner", heißt es auf Telegram. Das passt zur Linie der deutschen Neonazi-Partei 3. Weg, die Kontakte zu Gesinnungsgenossen in der Ukraine unterhält.

In der Ostukraine kämpften Rechtsextreme und Neonazis zum Teil in eigenen Regimentern wie Asow schon seit Jahren gegen die prorussischen Separatisten. Nun treten sie gegen die russische Armee an. Sonst spielen Rechtsextreme in der Ukraine derzeit keine Rolle, auch wenn der russische Präsident Putin etwas anderes behauptet.

Bei den vergangenen Wahlen sind Rechtsextreme an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. "Der aktuelle Präsident ist russischsprachiger Jude, was das Narrativ von Nazis, die Russischsprachige unterdrücken, noch viel lächerlicher macht. Gegen seine Desinformation hilft nur ebenso offensive Aufklärung, was man im Westen bislang verpasst hat", sagt die deutsch-ukrainische Publizistin Marina Weisband der ARD.


Aus: "Russische Fahnen auf der Corona-Demo in Wien" Markus Sulzbacher (2.3.2022)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000133734656/russische-fahnen-auf-der-corona-demo-in-wien

Quote
Charly Firpo, 2. März 2022, 14:24:22

Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Rechte und Neonazis jubeln einem Diktator aus Russland zu der ein Land überfällt mit dem erklärten Ziel dieses von den Nazis zu befreien.


Quote
Brainbunny, 2. März 2022, 14:07:02

Zum ...

Sich in seiner Freiheit beeinträchtigt fühlen, aber einem Diktator hinterher rennen.

Das kann man nicht erfinden.


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raltsch
2. März 2022, 13:28:51

War klar, dass so etwas passieren wird. Ich muss aber jenen beipflichten, die davor warnen, hier wieder alle in einen Topf zu werfen und aus einer Fahne einen Haufen von Putin-Fans zu machen. ...


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Hephaistion

Wie kann ein echter Nazi zu Russland halten?


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MeineBesteMeinung

Weil Russland seit langem weit Rechts regiert wird. Warum Leute Russland mit der alten UdSSR verwechseln muss wohl an geistiger Trägheit liegen. Die Führung in Russland ist christlich-konservativ-kapitalistisch.


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Der Gummibaumtroll

Tatsächlich sind wir ja bereits im 8ten Jahr eines von Putin und seinen Nützlichen Idioten geführten Desinformationskrieges
Die Krim, Donbass, Trump, Brexit, Sputnik, RT und die gezielte Unterwanderung der demokratischen Rechtsstaaten durch vom Kreml gesponserte Extremisten sind jedenfalls das Ergebnis hoher Investitionen in einen sehr großen und aggressiven Desinformationsapparat.

Ein 18 Tweets langer Thread zur Erklärung. Von der Journalistin, die den Skandal mit Facebook und Cambridge Analytica aufgedeckt hat.

Thread: Carole Cadwalladr @carolecadwalla
Ok. Deep breath. I think we may look back on this as the first Great Information War. Except we're already 8 years in.
The first Great Information War began in 2014. The invasion of Ukraine is the latest front. And the idea it doesn't already involve us is fiction, a lie.
...

11:05 nachm. · 27. Feb. 2022·Twitter Web App
https://twitter.com/carolecadwalla/status/1498056686548013062


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Hortensia die Erste

Spannend ist, diese Wurschtel schreien "Diktatur!", weil sie eine Maske tragen sollen, wünschen sich aber einen Putin? Dort ist echte Diktatur, dort wird man verhaftet, wenn man demonstriert.
Laufen diese Fahnenträger eigentlich immer noch frei herum? ...


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MeineBesteMeinung

Warum Leute die Verbindung zwischen unseren Rechtradikalen und der Partei Russlands "erstaunlich" halten kommt wahrscheinlich daher, dass sie Putin für einen verkappten Kommunisten und Russland für "links" in der Nachfolge der UdSSR halten. Aber Putin ist ideologisch ein rechtskonservativer Christ, wie es die bei uns in den 50ern und 60ern in Massen gab. Traditionelle Familie und nationale Einheit ist der Altar, den Putin anbetet. Die entsprechenden Werte teilt er daher mit unseren Rechtsrechten. Inklusive der FPÖ. Und Teilen der ÖVP.
Andere Rechtsrechte Österreichs sind mit den rechtsrechten Milizen der Ukraine verbandelt. Der Unterschied zwischen russischen und ukrainischen Nationalisten ist übrigens marginal.


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Quotedasgrossethier (03/09/2022): ... Unsre Linksradikalen sind bekanntlich Idealisten, das heisst sie halten ihre eigenen Ideen für realer als die Realität. In normalen Zeiten ist das schwer zu ertragen, in Krisenzeiten führt es zum Totalausfall. Die Linken sind allgemein bekannt dafür, sterile Forderungen ins Nirgendwo zu richten. Man schweigt schamhaft darüber, an welche Macht sie sich richten. Die Ideen nehmen sich dann erleichternd weltfremd aus; weit erhaben darüber, von irgendeiner Realität beschmutzt zu werden, die sie etwa annehmen könnten. In der ,,Direkten Aktion" lobt Peter Nowak [https://direkteaktion.org/anarchistinnen-gegen-den-krieg-in-der-ukraine/]: " ... konkrete Forderungen ..., wie der Stopp aller Bombardierungen und der Schutz der Zivilbevölkerung, ein umfassender Waffenstillstand und Verhandlungen für eine politische statt militärische Lösung. ..." An wen richtet sich solche Forderungen? An beide Seiten. Das ist der rein illusorische Teil. Man hat ja nicht etwa beide Seiten vor sich, es sind ja nicht ,,beide Seiten" auf mysteriöse Weise eine gemeinsame Entität, dass man sie gemeinsam adressieren könnte. ... Es ist also nicht nur illusorisch, sondern grund-unehrlich, so daherzureden ... Aber pünktlich am 18. März werden sie wieder die pariser Commune feiern; wie gut, dass niemand genau wissen will, wie diese zustandekam. Aber es wäre nicht die radikale Linke, wenn nicht eine gegenteilige, genauso doofe Position sich fände. Hauptsache ist, dass man seine eignen Ideen für realer als die Realität hält; wie man das anfängt, ist rein Geschmackssache. Also schreiben Plot Point [https://plot-point.org/2022/03/02/der-putinismus-gegen-den-adel-der-menschheit-zum-russischen-angriffskrieg-gegen-die-ukraine/]: " ... Nur der putinistische Lügenhumanismus kann darauf kommen, dieser Adel der Menschheit werde vor seinem angeblichen Schicksal kapitulieren und sich jemals mit seiner Versklavung abfinden. ..." In diesem hoch-donnernden Ton ist das ganze überspannte Stück gehalten. In der Tat steht es den Nowak usw. nicht zu, anderen Leuten vorzuschreiben, ob sie sich wehren dürfen. Aber auf dem Boden der Ideologie kann man diese Einsicht nicht formulieren, ohne aus diesen Leuten wiederum Charaktermasken eines höheren Prinzips zu machen statt so etwas gewöhnliches wie handelnde Personen. ... Der Weltgeist pflegt Köpfe zu befallen, wie der Pilz Ophiocordyceps Ameisen befällt, und ihnen sehr widersprüchlichsten Dinge einzugeben ... sie laufen, für uns einfache Menschen unbegreiflich, doch immer aufs selbe hinaus: sterile Forderungen ins Nirgendwo, aus dem Nirgendwo. ...

Aus: "Linksradikale Sektenangelegenheiten" Publiziert am 03/09/2022 von dasgrossethier   
Quelle: https://dasgrossethier.noblogs.org/2022/03/linksradikale-sektenangelegenheiten/

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V-Mann packt aus: 10 Jahre Freunde bespitzelt | STRG_F (19.04.2022)
Ein ehemaliger linker V-Mann packt aus, will reinen Tisch machen. Eigentlich passiert so etwas nicht. Es brauchte viele Vorgespräche und mehrere Anläufe, bis Jan P. sich wirklich vor die Kamera setzte. 10 Jahre lang hat er in den 90ern die links-autonome Szene Wuppertals und Solingens bespitzelt und seine Freundinnen und Freunde an den Verfassungsschutz verraten. Anschließend hat er 20 Jahre über sein Doppelleben geschwiegen. Es sei ihm ursprünglich darum gegangen, den Staat zu schützen. Doch heute überwiegen seine Zweifel, Handlanger für die falsche Sache gewesen zu sein. STRG_F-Reporter Felix hat Jan P. getroffen und fragt sich: Was macht so ein Doppelleben mit Menschen - mit dem Verräter und den Verratenen?
Ein Film von Antonius Kempmann, Felix Meschede & Reiko Pinkert
Kamera: Dennis Wienecke, Henning Wirtz
Schnitt: Alexander Meyering
Grafik: Robert Kiehn
Redaktion: Anna Orth, Dietmar Schiffermüller
https://youtu.be/tzBTJx-2aEM

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Quote[...] Rund 50 Jahre nach dem Beschluss des Radikalenerlasses hat sich der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann bei den zu Unrecht Betroffenen entschuldigt. "Eine ganze Generation wurde unter Verdacht gestellt, das war falsch. Einzelne mögen dann zu Recht sanktioniert worden sein, manche aber eben auch nicht", schreibt der Grünen-Politiker in einem Brief an die Betroffenen. "Sie haben zu Unrecht durch Gesinnungs-Anhörungen, Berufsverbote, langwierige Gerichtsverfahren, Diskriminierungen oder auch Arbeitslosigkeit Leid erlebt. Das bedauere ich als Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg sehr." Bislang habe sich kein Regierungschef eines Landes in der Form geäußert, hieß es aus dem Staatsministerium.

Mit dem Radikalenerlass aus dem Jahr 1972 sollte eine Unterwanderung des Staates verhindert werden. Die Gefahr von Links beunruhigte die damals noch junge Bundesrepublik. Der Beschluss des ersten sozialdemokratischen Kanzlers Willy Brandt und der Ministerpräsidenten der Länder sah unter anderem vor, dass vor jeder Einstellung in den öffentlichen Dienst eine Anfrage beim Verfassungsschutz gestellt werden muss. So sollte der Staatsapparat vor möglichen Verfassungsfeinden geschützt werden. Der Bund und die sozialdemokratisch regierten Länder rückten bereits 1979 wieder von dem Beschluss ab. Bayern schaffte ihn als letztes Bundesland im Jahr 1991 ab.

Wie viele Menschen betroffen waren, ist bis heute nicht abschließend geklärt. Die Schätzungen reichen nach Angaben der Hamburger Forschungsstelle für Zeitgeschichte von 1,8 bis 3,5 Millionen Verfassungsschutz-Anfragen. Bundesweit seien etwa 1000 bis 2000 Menschen nicht eingestellt worden. Damit sei vielen Menschen die Berufs- und Lebensperspektive genommen worden.

Kretschmann schreibt in dem Brief, der Radikalenerlass habe viel mehr Schaden angerichtet als Nutzen gestiftet. "Ein großer Teil der damals jungen Generation kam ohne besonderen Anlass in den Generalverdacht, nicht verfassungstreu zu sein", betont er. "Für diejenigen, die auf dem Rechtsweg nachteilige Entscheidungen revidieren konnten, waren es belastende und zermürbende Kämpfe", bilanziert der Ministerpräsident. "Andere, die diese Kämpfe nicht führen konnten oder wollten, tragen seither die beruflichen und biografischen Folgen des mangelnden Augenmaßes und dazu damit einhergehende Kränkungen."

Der 74-Jährige wäre damals auf dem Weg in den Lehrerberuf selbst fast über den Erlass gestolpert. Kretschmann bezieht sich in dem Brief auf seine linksradikale Studienzeit, die er als "größte Verirrung" seines Lebens bezeichnet. "Mich erschreckt noch heute, dass ein Mensch, selbst wenn er das Glück einer guten Ausbildung hatte wie ich, einen solchen 'Tunnelblick' entwickeln und sich derart in eine verblendete Weltsicht einbohren kann."

Kretschmann bot den Betroffenen dem Staatsministerium zufolge nun ein Gespräch an. Eine Rehabilitierung und Entschädigung sei jedoch nicht vorgesehen, weil eine Einzelfallprüfung kaum umzusetzen sei und weil Akten teils gar nicht mehr vorlägen, hieß es.

Quelle: ntv.de, Nico Pointner, dpa


Aus: "Kretschmann entschuldigt sich für Radikalenerlass" (19.01.2023)
Quelle: https://www.n-tv.de/politik/Kretschmann-entschuldigt-sich-fuer-Radikalenerlass-article23854526.html

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QuoteVerrückte Geschichte@drguidoknapp

1975: In Berlin wird die CDU zum 1. Mal (knapp) stärkste Kraft, doch ihr Spitzenkandidat kann sich zu dem Wahlsieg nicht äußern. Der Grund: Peter Lorenz wurde von Linksterroristen entführt und in einem Kreuzberger Keller versteckt. ...

12. Feb. 2023


https://twitter.com/drguidoknapp/status/1624740941335519232

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Peter Lorenz (* 22. Dezember 1922 in Berlin; † 6. Dezember 1987 ebenda) war ein deutscher Politiker (CDU). Er war von 1969 bis 1981 Landesvorsitzender der Berliner CDU und von 1982 bis 1987 Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundeskanzler und Bevollmächtigter der Bundesregierung in Berlin. Am 27. Februar 1975, drei Tage vor der Wahl zum Abgeordnetenhaus von Berlin 1975, wurde er von Mitgliedern der Terrororganisation Bewegung 2. Juni entführt. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Lorenz

Die Bewegung 2. Juni war eine in den 1970er Jahren in West-Berlin aktive linksextreme terroristische Vereinigung. Sie wurde nach dem Todesdatum von Benno Ohnesorg benannt, der bei einer Demonstration am 2. Juni 1967 in West-Berlin von dem Berliner Polizisten Karl-Heinz Kurras erschossen worden war. Sie selbst sahen und bezeichneten sich als Stadtguerilla. ... Zu den damaligen Gründungsmotiven schrieben die Mitgründer Reinders und Fritzsch 1995: ,,Die eigentliche Politisierung kam erst mit der Erschießung Benno Ohnesorgs am 2. Juni 1967. Nach all den Prügeln und Schlägen hatten wir das Gefühl, daß die Bullen auf uns alle geschossen haben. Gegen Prügel konntest du dich ja ein Stück weit wehren. Daß aber einfach jemand abgeknallt wird, ging ein Stück weiter." ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Bewegung_2._Juni

Michael ,,Bommi" Baumann (* 25. August 1947 in Berlin-Lichtenberg; † 19. Juli 2016 in Berlin-Friedrichshain) war Mitbegründer der terroristischen Vereinigung Bewegung 2. Juni. Er war eine der zentralen Figuren der zunehmend gewaltbereiten linksradikalen Szene West-Berlins, die sich aus der 68er-Bewegung entwickelt hatte. ... 1975 veröffentlichte er (noch als steckbrieflich Gesuchter) ein seine Haltung verteidigendes Buch mit dem Titel Wie alles anfing. Darin ging er auf seine geistigen Väter ein, schilderte seine Entwicklung zum ,,Stadtguerillero" nach dem Vorbild der Tupamaros in Uruguay und setzte sich kritisch mit dem bewaffneten Kampf auseinander. Diese Ausgabe im Münchner Trikont-Verlag wurde nach dem Erscheinen wegen vermuteten ,,Aufrufs zur Gewalt" bei einer bundesweiten Durchsuchungsaktion am 24. November 1975 polizeilich beschlagnahmt. 1976 schlossen sich mehr als 300 teilweise prominente Linke, darunter Schriftsteller und Verleger, aus mehreren europäischen Ländern zusammen, die dies als Zensur kritisierten. Sie gaben eine unveränderte Neuausgabe heraus, die ohne Probleme verkauft werden konnte. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Bommi_Baumann

Fritz Teufel (* 17. Juni 1943 in Ingelheim; † 6. Juli 2010 in Berlin) war West-Berliner Kommunarde, Autor und aktiver Teilnehmer der Studentenbewegung und Mitglied der terroristischen Bewegung 2. Juni. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Fritz_Teufel

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#29
Quote[...] Weltbild und Selbstverständnis der RAF sowie das Versagen des Staats im Kampf dagegen sind das Thema dieses Romans: Stephanie Barts ,,Erzählung zur Sache" erzählt die Terroristinnenjahre von Gudrun Ensslin.

Die RAF und der gegen ihre vier Hauptangeklagten Baader, Ensslin, Meinhof und Raspe in Stuttgart-Stammheim in den Siebzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts geführte Prozess sind längst Geschichte und nur noch selten Gegenstand zeithistorischer Abhandlungen. Umso überraschender, dass sie fünfzig Jahre später im Roman von Stephanie Bart auf annähernd siebenhundert Seiten höchst lebendig literarisch wiederauferstehen.

,,Erklärung zur Sache" heißt im Strafprozess das, was Angeklagte, die nicht schweigen wollen, zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen vorbringen. Die Sache, um die es im Roman geht, ist die Sache der RAF. Von ihr erzählt der Roman aus der Perspektive seiner anfangs in Essen und Köln und später gemeinsam mit ihren Mitangeklagten in Stammheim inhaftierten Protagonistin Gudrun Ensslin. Erzählt wird in der aus heutiger Sicht fernen und fremden Sprache der RAF, die Ensslin wie alle in Stammheim inhaftierten Mitglieder der Gruppe sprach und schrieb. Vor allem mit einer Vielfalt von Originalzitaten aus heute in Archiven noch verfügbaren Aufrufen, Briefen, Prozesserklärungen oder schriftlichen Interviewtexten der Stammeimer Angeklagten präsentiert der Roman seiner Leserschaft das politische Weltbild und Selbstverständnis der RAF.

In diesem Weltbild gab es im Westen noch nie Demokratie oder Rechtsstaat, sondern nur ein von den USA geführtes monströses imperialistisches Welt­system, dessen Daseinszweck allein darin besteht, die Menschen in den Me­tropolen wie in der Dritten Welt im Interesse von Rendite und Profit zu unterdrücken und daran zu hindern, wie Menschen zu leben. Für die Pfarrerstocher Ensslin hat dieses System bereits Wurzeln in der Bibel, wenn Jakob seinem hungrigen Bruder Esau dessen Erstgeburtsrecht gegen nicht mehr als ein Linsengericht abnimmt. Der Krieg der USA in Vietnam: Aus Sicht der RAF nichts anderes als die Fortsetzung der Vernichtungskriege, die das NS-Regime bis 1945 in Europa und anderswo geführt hat, mit dabei die Bundesrepublik als politischer und militärischer Helferstaat.

Der Roman erzählt, dass und warum es auf die Verhältnisse, wie die RAF sie sah, auch in einer Metropole wie der Bundesrepublik nur eine mögliche Antwort geben kann: nämlich ein kategorisches Nein und die Bereitschaft zum bewaffneten Kampf an der Seite der Befreiungsbewegungen in den Ländern der Dritten Welt, der zur Befreiung von Kapitalismus und Imperialismus auch hierzulande so richtig und möglich sei wie in Vietnam, Lateinamerika oder Afrika. Wer dabei nicht mitmachen wolle, verweigere den Opfern imperialistischer Unterdrückung und Entrechtung nicht nur die Solidarität, sondern bleibe selbst einer fremdbestimmten Existenz verhaftet, wie sie für die Menschen in kapitalistischen Gesellschaften typisch sei.

Im Roman werden auch die Irrwege sichtbar, auf die ihre Sicht auf die Welt die Mitglieder der RAF führen konnte. Ensslin etwa übt heftige Kritik an einem Text, den die zu dieser Zeit in Köln inhaftierte Ulrike Meinhof zum Anschlag bewaffneter Palästinenser auf die israelische Olympiamannschaft während der Olympischen Spiele 1972 in München verfasst hat. Sie hält die Passagen des Textes über den Nationalsozialismus für ,,unbefriedigend" und weiß aber – so heißt es – selbst nichts Befriedigenderes darüber und will es auch nicht wissen. Den Text lehnt sie ab, weil er vom falschen Klassenstandpunkt ausgehe.

Die Massenverbrechen und der Terror des NS-Regimes sind in den Köpfen der Stammheimer Angeklagten zwar durchaus präsent. Den Nationalsozialismus erklären sie allerdings ausschließlich als das Ergebnis der brutalen Durchsetzung kapitalistischer Interessen. Warum es im Gegensatz zu Deutschland in anderen vergleichbaren kapitalistischen Staaten nicht zur parlamentarischen Durchsetzung einer Gewaltherrschaft wie derjenigen der Nazis gekommen ist, scheint nicht interessiert zu haben.

Verblüffend deutschnational klingen die im Roman dokumentierten RAF-Texte, wenn es um die Rolle der Bundes­republik nach 1945 geht. Hier ist die Bundesrepublik kein Täterstaat, den es auf Wiederholungsgefahren hin von alliierter Seite unter Kontrolle zu halten galt, sondern lediglich Produkt und damit letztlich Opfer der USA, die einen Pufferstaat gegen den Kommunismus und die Sowjetunion brauchten.

Nach langen Zeiten der Isolation in Einzelhaft vor ihrer Zusammenlegung im eigens hierfür freigeräumten siebten Stock des Stammheimer Gefängnisses und mehreren gegen die Haftbedingungen gerichteten, extrem kräftezehrenden Hungerstreiks, an deren Folgen der ursprünglich mitangeklagte Holger Meins 1974 im Gefängnis in Wittlich starb, waren die Angeklagten in der Hauptverhandlung des Prozesses in Stammheim physisch wie mental ex­trem geschwächt. Gleichwohl waren sie – wie im Roman ausführlich dokumentiert und geschildert – hochgradig daran interessiert, ihre Sache, zu der für sie auch die gesundheitlichen Folgen ihrer Haftbedingungen gehörten, vor Gericht zu Gehör zu bringen. Ihre und ihrer Verteidigung Versuche, sich angemessen Gehör zu verschaffen, führten zu heftigen und teilweise grotesken Wortgefechten mit den Vertretern der Bundesanwaltschaft und dem Senatsvorsitzenden, die im Roman auf der Grundlage verschriftlichter Tonbandmitschnitte ausgiebig dokumentiert sind.

Auch für jemanden, der wie der Verfasser teilweise selbst an ihnen beteiligt war, erscheinen sie aus heutiger Sicht als eher absurd und schwer nachvollziehbar. Sie hatten aber einen ernsthaften Kern. Heutzutage weiß man, dass die dauerhafte Isolation missliebiger Untersuchungs- oder Strafgefangener, wie sie in den Gefängnissen der DDR oder heute noch in Russland etwa im Falle Nawalnyj als Disziplinarmaßnahme praktiziert wurde beziehungsweise noch wird, physisch wie mental gesundheitliche Folgen zeitigen kann, die den Vorwurf der Folter rechtfertigen. Zur Zeit des Prozesses in Stammheim haben sich Bundesanwaltschaft und Gericht dieser Einsicht kategorisch verweigert. Wann immer das Wort Folter zu fallen drohte, verfügte der Senatsvorsitzende prompt Wortentzug.

Aus der Perspektive Ensslins schildert der Roman auch anschaulich das prekäre Verhältnis der Stammheimer Angeklagten zu den Verteidigern und Verteidigerinnen ihrer Wahl und ihres Vertrauens. Für die Angeklagten war der beste Verteidiger einer, der – wie in Einzelfällen auch geschehen – bereit war, die Robe auszuziehen und sich der RAF anzuschließen. Verteidiger hingegen, die sich darauf beschränkten, die Rechte der Angeklagten mit den Argumenten des Rechtsstaates und seiner auch damals schon im Grundgesetz wurzelnden prozessualen Schutzrechte zu verteidigen, wurden in den Augen der Angeklagten zwar dafür gebraucht, sich vor Gericht Stimme und Gehör zu verschaffen, verhielten sich aber ansonsten auch nur als Bestandteil einer als Rechtsstaat drapierten Fassade.

Die eigentlich wunden Punkte der staatlichen Reaktion der alten Bundes­republik auf Vorgehen und Anschläge der RAF werden in der Erzählung Stephanie Barts allerdings vor lauter RAF allenfalls als Hintergrund erkennbar. 1972, als die öffentliche Debatte über die Aktionen der RAF heiß zu laufen und populistisch abzugleiten begann, hatte Willy Brandt als Bundeskanzler öffentlich empfohlen, auf die ruhige Gelassenheit des Rechtsstaates zu vertrauen. Gesetzgebung, Exekutive und Justiz der alten Bundesrepublik zeigten sich aber weder willens noch in der Lage, sich in ihrer Reaktion auf das Vorgehen der RAF an der Empfehlung Brandts zu orientieren. Im Gegenteil: Ohne Sondergesetze, Sonderhaftstatuten, Sonderprozessgebäude oder – im Falle von Hungerstreiks – der Tortur von Zwangsernährungen glaubte man, der RAF nicht Herr werden zu können. Ein solch geballtes Übermaß an Reaktion konnte nur Wasser auf die Mühlen der für die Mitglieder der RAF phänotypischen Meinung sein, die Selbstbehauptung der Bundesrepublik als Rechtsstaat sei nicht mehr als das Blendwerk eines in Wahrheit hoch autoritären Staates. Eine – zeitgenössisch gesprochen – evidenz­basierte Gestaltung des Verfahrens in Stammheim, die das Bild, das sich die Angeklagten von der Bundesrepublik machten, hätte erschüttern können, konnte unter solchen Voraussetzungen nicht gelingen. Auch im Roman wird deutlich, dass die Unschuldsvermutung im Stammheimer Prozess von Anfang bis Ende ein Fremdwort blieb. Stattdessen bleibt das Bild einer seltsamen Entsprechung im Verhältnis von RAF und Staat: Hier die utopische Vorstellung von der Möglichkeit revolutionärer Veränderungen mit dem Griff zur Waffe mitten in der gesättigten Bundesrepublik der Siebzigerjahre, dort ein Staat, der so reagiert, als ob an dieser Vorstellung etwas Realistisches dran sein könnte.

Stephanie Bart zitiert und montiert nicht nur virtuos Originaltexte aus dem Fundus der RAF. Zuweilen begleitet sie mit einem ,,Chor der Geschichte" die zitierten Texte. Wo die RAF im Original spricht oder die Autorin selbst erzählt, ist für den Leser nicht immer klar auseinanderzuhalten. Denn auch als Erzählerin verlässt die Autorin nie den Standpunkt und die Perspektive ihrer Protagonistin Ensslin und der RAF. Ihren Roman beendet sie mit einem makabren Text, in dem Gudrun Ensslin selbst ihre gewaltsame Tötung durch mehrere anonym bleibende Männer, die sich Zutritt zu ihrer Zelle verschafft haben, beschreibt.

In einer als ,,Haftungsausschluss" ­bezeichneten Vorbemerkung weist die Autorin – augenscheinlich im Interesse der Vermeidung der Gefahr einer Verwechslung mit den Protagonisten ihres Romans – darauf hin, dass es sich bei allen im Roman enthaltenen ,,strafrechtlich relevanten Beleidigungen und Verunglimpfungen" toter oder noch ­lebender Personen der Zeitgeschichte ­sowie Aufforderungen zu strafbaren Handlungen um wörtliche oder bearbeitete Zitate der RAF handele. ­Damit legt sie Wert auf eine Distanz, die dem Inhalt ihres Buches fremd ist und die ihr die tote Gudrun Ensslin als ­Pro­­­t­agonistin des Romans ,,Erzählung zur Sache" mutmaßlich nicht hätte durchgehen lassen.

Der Rezensent war im RAF-Prozess von Stammheim Verteidiger von Jan-Carl Raspe.


Aus:"Gudrun-Ensslin-Roman: Das große Nein" Rupert von Plottnitz (11.10.2023)
Quelle: https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/rezensionen/belletristik/das-grosse-nein-stephanie-barts-raf-roman-erzaehlung-zur-sache-19233895.html

Stephanie Bart (* 1965 in Esslingen am Neckar) ist eine deutsche Schriftstellerin.
https://de.wikipedia.org/wiki/Stephanie_Bart

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"Antonio Negri (1933–2023): Der fröhliche Kommunist" Jens Renner , Nr. 51 – (21. Dezember 2023)
Jahrelang zu Unrecht eingesperrt, blieb Antonio Negri zeitlebens «mehr Aktivist als Philosoph», wie er selber sagte. Nun ist der grosse italienische Bewegungstheoretiker gestorben. ... Der ungewöhnlichste Nachruf kam von seiner Kollegin und politischen Weggefährtin Alisa Del Re. In einem Brief an den am 16. Dezember im Alter von neunzig Jahren Verstorbenen wandte sie sich direkt an den «verrückten Freund, der die Welt verändern wollte» und dabei vieles richtig gemacht habe. Hasserfüllte Reaktionen kamen von rechts: Kulturminister Gennaro Sangiuliano wiederholte den seit Jahrzehnten endlos wiederholten Vorwurf, Antonio Negri sei ein «böser Lehrer» (cattivo maestro) gewesen und einer der Hauptverantwortlichen für linke Gewalt in den siebziger Jahren, darunter die Entführung und Ermordung Aldo Moros durch die Roten Brigaden.
Wegen dieser absurden Anklage verbrachte Antonio («Toni») Negri vierzehn Jahre im Exil und elfeinhalb Jahre in italienischen Gefängnissen. Vorausgegangen war eine Razzia am 7. April 1979 in Padua, wobei mehr als hundert Linke festgenommen wurden – ein politisch motivierter Racheakt gegen die radikalen Linken. Obwohl der Hauptpunkt der Anklage später in sich zusammenbrach, wurden viele Militante verurteilt, einige zu noch höheren Strafen als Negri, der prominenteste Beschuldigte. ...
https://www.woz.ch/2351/antonio-negri-1933-2023/der-froehliche-kommunist/!764FYWXYCCAS

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Quote[...] Es ist nichts Neues für Silvia Gingold, dass sie mit dem Staat über Kreuz liegt, der einst ein Berufsverbot gegen sie verhängte, und dessen Verfassungsschutz sie bis heute beobachtet. Im Gegenteil. ,,Es ist die Fortsetzung dessen, was sich wie ein roter Faden seit Jahrzehnten durch meine Familiengeschichte zieht", sagt die 77-jährige Antifaschistin. Sie wirkt munter und kampfeslustig.

Gingold hält das Grundgesetz und die hessische Verfassung in Ehren, zwei Dokumente, in denen Deutschland Konsequenzen aus dem Grauen der Nazizeit ziehen wollte. Umso unverständlicher findet sie es, dass ausgerechnet ihr vorgehalten wird, verfassungsfeindliche Aktivitäten zu unterstützen. Der Vorwurf: Sie sei für die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA) aktiv – einer Organisation, die von ihrem Vater Peter Gingold mitbegründet wurde, einem Kommunisten, und die aus Sicht des Verfassungsschutzes linksextremistisch ist.

Auch Lesungen aus den Memoiren ihres Vaters, des 2006 verstorbenen Frankfurter Widerstandskämpfers, sind ein Grund für ihre Beobachtung. Als ,,Magnet" wirke sie dadurch bei Veranstaltungen linksextremer Organisationen. Absurd, findet seine Tochter.

Am Montag will Gingolds Wiesbadener Anwalt Otto Jäckel eine Verfassungsbeschwerde auf den Weg bringen. Jäckel moniert Verstöße gegen die Grundrechte auf Meinungsfreiheit, auf informationelle Selbstbestimmung und – wegen der ,,überlangen Verfahrensdauer" – auch gegen das Recht auf ein faires Verfahren.

Ihr Ziel hatte die frühere Lehrerin bereits in einem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden im Jahr 2017 formuliert: ,,Ich erhoffe mir von diesem Verfahren, dass das Gericht die Rechtswidrigkeit der Beobachtung und Bespitzelung meiner Person durch den ,Verfassungsschutz' feststellt und die Löschung aller über mich gesammelten Daten anordnet", schrieb sie in einer persönlichen Erklärung.

Seit mehr als einem Jahrzehnt dringt Gingold darauf, nicht mehr vom Verfassungsschutz beobachtet zu werden – zumal die Behörde mitgeteilt habe, dass Material gegen sie teilweise ,,aus persönlichen Gesprächen gewonnen" worden sei und ein Offenlegen dieser Quellen ,,zu Gefahren für Leib und Leben von Personen führen" könnten. ,,Können Sie sich vorstellen, wie es sich für mich anfühlt, wenn sich die Beobachtung meiner Person nicht nur auf öffentlich zugängliche Quellen stützt, sondern die Bespitzelung auch in persönlichen Gesprächen meines Umfelds bis hin zum Ausspähen meiner Email-Korrespondenzen stattfindet, wie dies ebenfalls in der Sperrerklärung eingeräumt wird?", fragt Gingold.

Doch von mehreren Gerichten wurde ihr Ansinnen abgewiesen. Jetzt wurde die vorerst letzte derartige Entscheidung bekannt. Ende 2023 wies der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel Gingolds Klage ab, mit der sie eine Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel erreichen wollte, das ihre Bespitzelung gebilligt hatte. Der VGH hatte sich mehr als sechs Jahre Zeit genommen für die Überprüfung, ehe er kurz nach Weihnachten die Entscheidung verkündete. Klägerin Gingold habe ,,ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung" nicht dargelegt, heißt es in dem Urteil. Sie habe auch ,,keine konkreten und substantiierten Einwände" gegen die Darstellung des Verfassungsschutzes vorgebracht, die sich das Verwaltungsgericht ,,zu eigen gemacht" habe.

So sieht der Geheimdienst einen Anlass zur Beobachtung darin, dass Gingold einen Vortrag zum Thema ,,40 Jahre Berufsverbote in der Bundesrepublik Deutschland" gehalten hatte – und zwar nicht allein wegen des Inhalts, sondern auch wegen des ,,Umfelds". Zu der Veranstaltung hätten 15 Organisationen aufgerufen, darunter die Partei Die Linke und das Netzwerk Frankfurter Antifaschistinnen, von denen zwölf ,,linksextremistischen bzw. linksextremistisch beeinflussten Organisationen zuzuordnen seien". Dabei komme es gar nicht darauf an, ,,ob und inwieweit sich die Klägerin (Silvia Gingold, Red.) mit den Zielen der Veranstalter der Kundgebung identifiziert, oder ob sie lediglich diese Kundgebung als Plattform habe nutzen wollen".

Ein Vorwurf empört Gingold besonders: der Hinweis auf ihren von den Nazis verfolgten Vater. Sie habe ,,wegen der relativen Bekanntheit ihres Namens als Tochter eines Widerstandskämpfers gegen den Nationalsozialismus quasi als Magnet für Personen gewirkt, die den Zielen der Veranstalter bislang eher ferngestanden hätten", fasste das Gericht die Argumentation des Verfassungsschutzes zusammen, die es teilte. Es sei ,,skandalös", dass die Bekanntheit ihres Vaters nun quasi gegen sie gerichtet werde, findet Silvia Gingold.

Sie war zeitweise selbst Vorstandsmitglied des VVN-BdA Hessen. Diese Organisation taucht nicht im aktuellen hessischen Verfassungsschutzbericht auf, aber das muss nichts bedeuten. ,,Die Übersicht über Beobachtungsobjekte im jeweiligen Jahresbericht ist nicht abschließend", sagt der Sprecher des hessischen Verfassungsschutzes, Christian Scheh, auf Anfrage. Ob eine Organisation erwähnt werde, hänge unter anderem davon ab, wie intensiv sie extremistisch in Erscheinung trete, und auch von weiteren ,,nachrichtendienstlichen und datenschutzrechtlichen Erwägungen".

Aus Gingolds Sicht ist ihre Beobachtung, die nach Angaben der Behörden seit 2009 wieder aufgenommen wurde, eine Fortsetzung früherer Schikanen. Gingold war 1975 aus dem Schuldienst entlassen worden, weil sie der kommunistischen DKP angehörte.

Im Rahmen des ,,Radikalenerlasses" wurden in den 1970er Jahren Tausende von Verfahren geführt, mehr als 1200 Bewerberinnen und Bewerber abgelehnt und 260 Mitarbeiter:innen des öffentlichen Dienstes entlassen. Gingold setzte jedoch durch, dass sie ab 1976 wieder unterrichten durfte, und blieb 30 Jahre unbeanstandet im Lehrdienst. Sie wurde aber nie verbeamtet, sondern war als Angestellte an der Gesamtschule Spangenberg im Schwalm-Eder-Kreis tätig. Das wirke sich bis heute auf ihre Ruhestandsbezüge aus, sagt sie. ,,Ich bekomme viel weniger als meine verbeamteten Kolleginnen und Kollegen."

Unbeirrt führt sie ihren Kampf weiter und bekommt Rückendeckung von der VVN-BdA. ,,Menschen sollten ermutigt werden, sich wie Silvia Gingold antifaschistisch zu engagieren, statt ihnen zu unterstellen, sie wären eine Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung", sagt der Sprecher der Organisation in Hessen, Norbert Birkwald.

In diesen Tagen, da Tausende auf der Straße gegen Rechtsextremismus demonstrieren, ist Silvia Gingold ,,natürlich mittendrin". Manche Äußerungen von Politikern und Politikerinnen gegen die Gefahr von rechts allerdings empfindet sie als ,,Doppelzüngigkeit und Doppelmoral".


Aus: "Sie kämpft gegen die Bespitzelung" Pitt von Bebenburg (01.02.2024)
Quelle: https://www.fr.de/rhein-main/sie-kaempft-gegen-die-bespitzelung-92809146.html

Jahrelang klagte Silvia - erfolglos - gegen den hessischen ,,Verfassungsschutz" auf Unterlassung der fortgesetzten Bespitzelung und Vernichtung der diesbezüglichen Akten. Am 28.12.2023 - nach sechs Jahren! - wurde der Antrag auf Zulassung der Berufung vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof endgültig abgelehnt ...
http://www.berufsverbote.de/index.php/fall-gingold.html

http://berufsverbote.de/tl_files/Berlin/10_BV-S_Gingold-LOGO.pdf


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"RAF-Geschichte: Die Nachlassverwalterin" Essay von Stefan Reinecke Korrespondent Parlamentsbüro (2.3.2024)
Die RAF hat nichts hinterlassen außer Verzweiflung, Tod und kryptischen Texten. Dann ist sie vergessen worden. Bis zur Festnahme von Daniela Klette. ... Aussagen gegen Straffreiheit. Das will auch Carolin Emcke, Publizistin und Patenkind von Alfred Herrhausen. Dann könnten wir den Prozess der Abkehr von der mörderischen Gewalt in den 90er Jahren von innen verstehen. Vielleicht würden Angehörige von Opfern der RAF erfahren, wer die TäterInnen waren. Es wäre keine Versöhnung mit dem Grauen der RAF-Geschichte. Aber ein Ende. Das wird kaum passieren. Nicht in Deutschland, nicht in einem Land mit so eisernen Prinzipien. ...
https://taz.de/RAF-Geschichte/!5993208/

QuoteJim Hawkins
03.03.2024, 11:17

Wer sich einen ungewohnten, tiefen, persönlichen Eindruck von der Dynamik der militanten Gruppen RAF und 2. Juni verschaffen will, dem möchte ich das Buch "Nach dem bewaffneten Kampf" empfehlen.

Ehemalige Mitglieder dieser Gruppen und ein paar weitere aus der Unterstützerszene trafen sich über einen Zeitraum von 7 Jahren für mehrere Wochenenden mit Psychoanalytikern und Psychotherapeuten, um über sich, die Beziehungen innerhalb der Gruppen und ihr Bild von Gesellschaft und Politik zu sprechen.

Einige kamen nur ein paarmal, andere blieben lange dabei und von denen gelang es wiederum einigen, die Panzerung, die über die Jahre im Kampf und in der Haft entstanden war, zu durchdringen.

Man erfährt hier Dinge, die man bei Aust, bei Kraushaar oder bei Koenen nicht erfährt.

Sehr lesenswert!


QuoteLand of plenty, 16:27

Das Buch, das Jim Hawkins meint, heißt: Holderberg, Angelika & Berberich, Monika, (2007): Nach dem bewaffneten Kampf: ehemalige Mitglieder der RAF und Bewegung 2. Juni sprechen mit Therapeuten über ihre Vergangenheit. Gießen: Psychosozial-Verlag, 216 S.

Zu dem Buch heißt es: "Fast zeitgleich zum Interview-Band mit Opfern der RAF von A. Siemens erscheint nun der erste Versuch einer internen Aufarbeitung durch die RAF-Täter. Ehemalige, seit Jahren in Freiheit lebende Mitglieder der RAF und der Bewegung 2. Juni (u.a. K.H. Dellwo, K. Folkerts, M. Berberich, G. Rollnik) haben zwischen 1996 und 2003 in der Gruppe mit Thera-peuten über ihre Vergangenheit, ihre Beziehungen zueinander und ihre damalige wie heutige Haltung zu den ,,Handlungen" (so die abstrakte Nomenklatur der Morde) gesprochen. Wenn man die Dokumentation über die 7 Jahre Arbeit im Bergwerk Erinnerung zusammenfassend betrachtet, wird man die momentane Diskussion um Schuld und Reue der RAF-Mitglieder relativieren müssen. Reue setzt eine Distanzierung vom eigenen Tun voraus. Was hier zutage tritt, sind Innenansichten aus der Mördergrube der RAF: ,,Nie zuvor habe ich in einer Gruppe so viel gegenseitige Entwertung erlebt" - so eine Therapeutin. Wenn auch Worte wie "Reue" oder "Schuld" nicht auftauchen, so sind diese ungeschützten, verletzlichen und verletzten Texte doch auch ein Eingeständnis, gefehlt zu haben."



QuoteRudolf Fissner
gestern, 19:24

@Jim Hawkins Es gehört zur "Banalität des Bösen" (Hanna Arendt) dazu, dass diese auch zum Arzt gehen.

Was haben Sie erfahren in dem Buch über Mechanismen, die einen zum Terroristen werden lassen.

Und was soll der abwertende Satz zum Schluss gegen "Aust, bei Kraushaar oder bei Koenen"?

Die Rezensionen zum Buch fallen durchmischt aus. Joachim Güntner (NUZ) scheint " die Fixierung auf die eigene Person der Täter übel aufzustoßen und er wundert sich beispielsweise bei den Äußerungen von Karl-Heinz Dellwo, der immerhin den Tod zweier Botschaftsangehöriger mitzuverantworten hat, dass so wenig Mitgefühl mit den Opfern oder Abscheu gegenüber den eigenen Gewalttaten zu spüren ist." [https://www.perlentaucher.de/buch/nach-dem-bewaffneten-kampf-ehemalige-mitglieder-der-raf-und-der-bewegung-2-juni-sprechen-mit-therapeuten-ueber-ihre-vergangenheit.html]

Soll das heißen, es gibt RAF-Rentner, die auch nach jahrelanger Psychoanalyse die Taten nicht bereuen?


QuoteJim Hawkins, 20:56

@Rudolf Fissner Zunächst einmal war das keine klassische, von der Krankenkasse finanzierte Therapie, sondern ein Prozess zu dem sich die Beteiligten entschieden haben.

Den Eindruck des Rezensenten der NZZ kann ich mich nicht anschließen. Dellwo und beispielsweise auch Folkerts sind sich ihrer Verantwortung durchaus bewusst.

Folkerts beschreibt an einer Stelle die Schwierigkeit sich einzugestehen, dass praktisch alles, was man für richtig hielt, falsch war. Und dass man für dieses Falsche getötet hat.

Mir ist klar, dass Sie kein Freund der oft schwierigen Zwischentöne sind, genauso klar ist mir, dass Sie dieses Buch nie lesen werden.

Also belasse ich es dabei.


QuoteStruppo, 09:15

... ,,Verstehen kann man das Leben oft nur rückwärts, doch leben muss man es vorwärts." (Sören Kierkegaard). Das gilt für Opfer und Täter gleichermaßen.


QuoteBrombeertee, 00:18

"Könnte man es nicht mit einer Art Wahrheitskommission probieren? Aussagen gegen Straffreiheit. Das will auch Carolin Emcke, Publizistin und Patenkind von Alfred Herrhausen. Dann könnten wir den Prozess der Abkehr von der mörderischen Gewalt in den 90er Jahren von innen verstehen. Vielleicht würden Angehörige von Opfern der RAF erfahren, wer die TäterInnen waren. Es wäre keine Versöhnung mit dem Grauen der RAF-Geschichte. Aber ein Ende."

gute Idee. Danke.


...

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Quote[...] Am Dienstagmorgen brennt ein Strommast in Brandenburg - kurz danach steht die Gigafactory von Tesla still. Außerdem sind viele Haushalte in Berlin und Brandenburg ohne Strom. Zu dem Anschlag soll sich die sogenannte "Vulkangruppe" bekannt haben.
 
Viel ist nicht über die Gruppe von Linksextremisten bekannt, die vom Berliner Verfassungsschutz dem anarchistischen Spektrum zugeordnet wird. Sie soll sich 2011 gegründet haben. Seitdem begeht sie Brandanschläge in Berlin und Brandenburg.

Bereits im Jahr 2021 soll die "Vulkangruppe" Tesla im Visier gehabt haben. Damals hat ein Stromkabel gebrannt, das die Baustelle der Tesla-Fabrik mit Strom versorgte. Die "Vulkangruppe" rühmte sich mit dem Anschlag. Im Jahr 2018 wurde ein Starkstromkabel in Berlin-Charlottenburg zerstört. Auch nach der Aktion tauchte ein Bekennerschreiben einer sogenannten "Vulkangruppe" auf.
 
Im Jahr 2020 brannte ein Kabelschacht in Berlin. In einem Bekennerschreiben einer "Vulkangruppe" hieß es, das Ziel des Anschlags sei das Heinrich-Hertz-Institut gewesen. Dieses war an der Entwicklung einer Corona-App beteiligt, die die "Vulkangruppe" stoppen wollte. Die Ziele der Sabotageaktionen sind immer wieder Kabelschächte, Funkmasten und Datenleitungen.

Die Wahl der Sabotageziele sei kein Zufall, sagt der Extremismusexperte Felix Neumann von der Konrad-Adenauer-Stiftung. "Die Gruppe möchte verdeutlichen, wie fragil die Kommunikation und das öffentliche Leben ist." Die Gruppe wolle auch darauf aufmerksam machen, dass alles angreifbar sei, so Neumann weiter. "Deswegen suchen sie sich Ziele aus, die nicht nur bei großen Unternehmen wie Tesla, sondern auch bei der naheliegenden Bevölkerung für Strom- oder Telekommunikationsausfälle sorgen."
 
Im Verfassungsschutzbericht des Jahres 2019 heißt es außerdem, dass das Ziel der Gruppe sei, die öffentliche Ordnung zu stören. Außerdem schreiben die Verfassungsschützer zu den Sabotageakten: "Auf diese Weise soll die Funktionsweise des 'kapitalistischen Alltags' durchbrochen und Menschen zum Innehalten genötigt werden."

Nach Sabotageaktionen oder Brandanschlägen tauchen immer wieder Bekennerschreiben auf. Auffällig dabei sind jedoch die wechselnden Namen der Gruppe. Die Gruppe nannte sich mal "Vulkangruppe Gegen den Fortschritt der Zerstörung". Ein anderes Mal "Vulkangruppe Shut Down The Power".
 
Zu den wechselnden Namen gibt es mehrere Theorien, so der Extremismusexperte Neumann. "Das kann bedeuten, dass es die gleiche Gruppe unter einem anderen Namen ist. Es kann aber auch sein, dass es eine neue Führung innerhalb dieser Gruppe gibt, die dann neue Akzente mit diesem neuen Namen geben möchte." Im am Dienstag aufgetauchten Bekennerschreiben zum mutmaßlichen Brandanschlag auf einen Strommast in Brandenburg nennt sie sich "Vulkangruppe Tesla abschalten!".

 Wie viele Mitglieder sich der "Vulkangruppe" in den vergangenen Jahren angeschlossen haben, ist unklar. Außerdem fehlen Informationen zur genauen Organisationsstruktur der Gruppe. Auf rbb-Anfrage wollte sich der Berliner Verfassungsschutz dazu nicht äußern. Dem Verfassungsschuzbericht des Jahres 2019 kann entnommen werden, dass der Verfassungsschutz von einer gefestigten Struktur ausgeht. Die Behörde geht bei mehreren Bekennerschreiben von einem "(teil-)identischen Autorenkreis" aus. Grund für diese Annahme sei, dass sich die Bekennerschreiben in Aufbau, Stil und Inhalt ähneln würden.
 
Ob es zu weiteren Brandanschlägen auf die Tesla-Fabrik kommen wird, bleibt abzuwarten. Das Feindbild der "Vulkangruppe Tesla abschalten" ist allerdings eindeutig. In ihrem Bekennerschreiben heißt es: "Kein Tesla auf der Welt soll mehr sicher sein vor unserer flammenden Wut."

Sendung: rbb|24 Inforadio, Der Nachmittag, 16 Uhr.


Aus: "Wer ist die linksextreme "Vulkangruppe"?" Yasser Speck (05.03.2024)
Quelle: https://www.tagesschau.de/inland/regional/brandenburg/vulkangruppe-100.html

"Anarchistische Brandleger: Die Vulkan-Phantome" Konrad Litschko Redaktion Inland (6.3.2024)
Seit 13 Jahren verübt eine ,,Vulkangruppe" linksmilitante Brandanschläge, nun gegen Tesla. Wer dahintersteckt, wissen die Behörden nicht. ... Dass die Brandanschläge öffentlich nicht auf Zuspruch stoßen, scheint auch zumindest Teilen der ,,Vulkangruppe" klar. Drei Monate nach dem ersten Brandanschlag 2011 schrieb die Gruppe in einem ,,Nachtrag" auf dem linken Onlineportal Indymedia, bei der Vermittlung der Aktion habe man ,,tatsächlich ein echtes Problem". Man könne ja die Menschen nicht direkt ansprechen, um ihnen zu vermitteln, ,,warum wir ,ihnen das jetzt antun'". Wenn Menschen das Vorgehen aber ,,nicht verstehen oder uns ablehnen, ist das nicht angenehm – aber wir werden eine Aktion nicht nach solcher Befindlichkeit ausrichten", führen die Au�to�r*in�nen weiter aus. Dafür seien die gesellschaftlichen Verhältnisse zu ,,ernst". ...
https://taz.de/Anarchistische-Brandleger/!5996893/

QuoteJim Hawkins

"Wenn Menschen das Vorgehen aber ,,nicht verstehen oder uns ablehnen, ist das nicht angenehm – aber wir werden eine Aktion nicht nach solcher Befindlichkeit ausrichten", führen die Au�to�r*in�nen weiter aus. Dafür seien die gesellschaftlichen Verhältnisse zu ,,ernst"."

Die gesellschaftlichen Verhältnisse können nur verändert werden, wenn die Menschen ein Interesse daran haben und sich an dem Veränderungsprozess beteiligen.

Für die Aktivisten spielt es erklärtermaßen keine Rolle, ob diese potentiellen Akteure ihre Aktionen gutheißen.
Sie führen also einen aussichtslosen, kindischen Kleinkrieg. Nicht einmal die Waldbesetzer haben sie auf ihrer Seite.
Sicher ist die gesellschaftliche Lage ernst, wie Dummheit daran etwas ändern soll, das mag sich mir nicht erschließen.


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