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[Umweltschutz | Naturschutz | Umweltgefährliche Stoffe (Ökotoxikologie) ... ]

Started by Link, July 22, 2018, 11:36:20 AM

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Quote[...] Die Umweltchemikalie Bisphenol A (BPA) erhöht einer Studie zufolge die Sterblichkeit. Menschen, bei denen höhere BPA-Werte gemessen worden waren, hatten ein höheres Risiko dafür, vorzeitig zu sterben, als Menschen mit niedrigeren BPA-Werten, berichten US-Forscher im Fachmagazin ,,JAMA Network Open".

Die zugrundeliegenden Mechanismen seien noch nicht bekannt. Denkbar sei, dass die Chemikalie Entzündungsprozesse hervorruft oder die Steuerung der genetischen Aktivität beeinflusst.

Bisphenol steckt in zahlreichen Alltagsprodukten vor allem aus bestimmten Kunststoffen oder Epoxidharzen – in Plastikflaschen, Konservendosen, Thermopapier, CDs, Bodenbelägen oder auch medizinischen Materialien wie Zahnfüllungen. Spuren der Substanz sind auch im menschlichen Körper nachweisbar – in den USA etwa bei 90 Prozent der Bevölkerung, wie die Forscher um Wei Bao von der University of Iowa schreiben.

Seit 2018 ist BPA in der EU als ,,besonders besorgniserregender Stoff" in der Chemikalienverordnung ,,Reach" gelistet. Bereits seit 2011 darf die Substanz nicht mehr zur Herstellung von Baby-Trinkflaschen eingesetzt werden. Seit Januar dieses Jahres gilt ein Verbot von BPA in Thermopapier, etwa in Kassenbons.

BPA zählt zu den Stoffen mit hormonähnlicher Wirkung – greift also in das Hormonsystem von Menschen und Tieren ein – und kann etwa die Sexualfunktion und Fruchtbarkeit bei Männern und Frauen beeinträchtigen. Studien weisen auch auf eine Verbindung mit der Entstehung von Fettleibigkeit, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen hin.

Langzeitstudien zu den gesundheitlichen Auswirkungen seien aber rar und die Frage, inwieweit Bisphenol A die Sterblichkeit beeinflusst, ebenfalls unklar, schreiben die Forscher. Sie analysierten nun Daten von insgesamt 3883 Teilnehmern einer US-Bevölkerungsstudie, in denen verschiedenen Aspekte zu Gesundheit und Ernährung über längere Zeit untersucht wurden.

Die Teilnehmer beantworteten unter anderem Fragen zu ihrem Verhalten und gaben Urinproben ab, in der die Forscher den BPA-Gehalt maßen. Die Wissenschaftler verfolgten das Schicksal der Teilnehmer im Schnitt zehn Jahre lang. Schließlich verknüpften sie die Daten der Teilnehmer mit der nationalen Sterbefall-Datenbank, in der auch die Todesursachen erfasst sind.

Im Beobachtungszeitraum verstarben 344 Teilnehmer, darunter 71 an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung und 75 an Krebs. Probanden, bei denen eine höhere BPA-Belastung (über 5,7 Nanogramm pro Milliliter) gemessen worden war, hatten der Auswertung zufolge ein 1,5 Mal höheres Risiko, vorzeitig an Krankheiten aller Ursachen zu sterben, als die der am niedrigsten belasteten Gruppe (0,7 Nanogramm pro Milliliter). Der Unterschied war statistisch bedeutsam.

Ebenfalls erhöht war das Risiko, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben, allerdings war dieser Zusammenhang nicht statistisch signifikant. Für Krebserkrankungen fanden die Forscher keinen Zusammenhang.

Andere mögliche Einflussfaktoren wie die ethnische Zugehörigkeit, Alter, Geschlecht, verschiedene Ernährungs- und Lebensstilfaktoren und Körpergewicht hatten die Forscher bei der Analyse herausgerechnet.

«Der mögliche Mechanismus, der dem mit BPA assoziierten erhöhten Sterberisiko zugrunde liegt, muss noch erforscht werden», schreiben die Wissenschaftler. Denkbar sei, dass die Substanz den Kalziumstoffwechsel im Herz beeinflusse, Ionenkanäle hemme oder aktiviere, oxidativen Stress und Entzündungen hervorrufe oder die genetische Aktivität verändere.

Ein Schwachpunkt der Studie sei, dass der BPA-Wert nur in einzelnen Urinproben der Teilnehmer gemessen worden sei. 24-Stunden-Messungen seien in Studien mit vielen Teilnehmern schlicht zu aufwendig. Es sei zudem denkbar, dass es weitere, unbekannte Einflussfaktoren gebe, die die Forscher in ihrer statistischen Auswertung nicht berücksichtigt haben und die die Zusammenhänge erklären könnten.

Obwohl die BPA-Exposition in den USA zurückgegangen sei, sei die Chemikalie auch 2013/14 noch in fast 96 Prozent der Urinproben der Studienteilnehmer nachgewiesen worden. Aufgrund der vielfältigen toxischen Wirkungen sei es dringend geboten, die Exposition zu senken. Die Forscher raten allerdings zu Vorsicht bei den derzeit zunehmend eingesetzten Alternativen wie Bisphenol F oder Bisphenol S.

Die gesundheitlichen Wirkungen dieser Substanzen seien weitgehend unerforscht. Einige vorläufige Studienergebnisse deuteten darauf hin, dass auch sie gesundheitsschädlich sind.  (dpa)


Aus: "Umweltgift: Früherer Tod durch Bisphenol A" (18.08.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/wissen/umweltgift-frueherer-tod-durch-bisphenol-a-/26105746.html

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Quote[...] In der EU steht laut einer Studie etwa jeder achte Todesfall in Zusammenhang mit Umweltverschmutzung. 630.000 Todesfälle im Jahr 2012 in der Europäischen Union und dem damals noch zur EU gehörenden Großbritannien hätten auf Umweltverschmutzungen zurückgeführt werden können, heißt es in der am Dienstag veröffentlichten Untersuchung der Europäischen Umweltagentur (EUA).

Dies entsprach einem Anteil von 13 Prozent. Die Daten von 2012 sind die jüngsten, die für die Studie vorlagen.

Als Umweltfaktoren, von denen das größte Risiko für die Gesundheit der EU-Bürger ausgeht, nannte die in Kopenhagen ansässige EUA die Luftverschmutzung und die Belastung durch Chemikalien. Als weitere schädliche Faktoren werden in dem Report unter anderem hohe Lärmbelastung und extremes Wetter infolge des Klimawandels aufgeführt.

Umweltverschmutzung wird insbesondere mit Krebserkrankungen sowie Erkrankungen des Herzkreislaufsystems und der Atemwege in Verbindung gebracht. Die EU-Umweltagentur betonte, dass Todesfälle durch diese Krankheiten mittels der Beseitigung von "Umweltrisiken" verhindert werden könnten.

Die EUA hob auch die starken regionalen Unterschiede innerhalb der Europäischen Union hervor. So sei in Rumänien fast jeder fünfte Todesfall auf Umweltverschmutzungen zurückzuführen. Dies war dem Bericht zufolge der EU-weit höchste Anteil. In Dänemark und Schweden war der Anteil der Todesfälle mit Verbindung zu Umweltverschmutzungen mit jeweils einem von zehn am niedrigsten innerhalb der Europäischen Union. (AFP)


Aus: "EU-Studie: Jeder achte Todesfall in EU in Verbindung mit Umweltverschmutzung" (08.09.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/eu-studie-jeder-achte-todesfall-in-eu-in-verbindung-mit-umweltverschmutzung/26166718.html

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Quote[...] In der Landwirtschaft verwendete Pestizide und deren Abbauprodukte verbreiten sich einer Studie zufolge kilometerweit durch die Luft. Das Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft und das Umweltinstitut München gaben Messungen an 163 Standorten in Deutschland in Auftrag – an rund drei Viertel davon wurden demnach jeweils mindestens fünf und bis zu 34 Pestizidwirkstoffe sowie deren Abbauprodukte gefunden.

Für die Studie wurden nach Angaben der Auftraggeber von März bis November 2019 Pestizide in der Luft gemessen. Untersucht wurden Standorte im Umkreis von weniger als 100 bis hin zu mehr als 1.000 Metern Entfernung von potenziellen Quellen: in Städten und auf dem Land, in konventionellen und Bio-Agrarlandschaften sowie in unterschiedlichen Schutzgebieten. Die Daten seien mit Hilfe neu entwickelter Passivsammelgeräte, aus Filtermatten in Be- und Entlüftungsanlagen von Gebäuden sowie durch die Analyse von Bienenstöcken und Baumrinden erhoben worden. Landwirte, Imker und Privatpersonen hätten zudem Proben eingesandt.

Das Pflanzenvernichtungsmittel Glyphosat sei in allen Regionen Deutschlands und weit abseits von potenziellen Ursprungsäckern nachgewiesen worden, erklärten die Auftraggeber. Selbst auf der Spitze des Brockens im Nationalpark Harz seien zwölf Pestizide nachweisbar. Insgesamt hätten sich deutschlandweit 138 Stoffe gefunden, von denen 30 Prozent zum jeweiligen Messzeitpunkt nicht mehr oder noch nie zugelassen gewesen seien.

Der Agrarexperte im Umweltinstitut München, Karl Bär, nannte die Ergebnisse der Studie "schockierend". Pestizide landeten "in schützenswerten Naturräumen, auf Bio-Äckern und in unserer Atemluft". Boris Frank, Vorsitzender vom Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft, kritisierte insbesondere, dass biologisch bewirtschaftete Äcker kontaminiert würden. "Ganze Ernten gehen so verloren."

Beide forderten ein sofortiges Verbot der fünf Pestizide, die sich am meisten verbreiteten, darunter Glyphosat. Bis 2035 müsse die EU-Kommission schrittweise alle chemisch-synthetischen Pestizide verbieten. Ökolandwirte müssten bei der Kontamination ihrer Ernte über einen Schadensausgleichsfonds entschädigt werden – den Fonds füllen sollen demnach zehn Prozent der deutschen Umsätze der Pestizidhersteller.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze forderte Maßnahmen gegen die Verbreitung von Pestiziden über die Luft. Dies sei besorgniserregend für den Ökolandbau und die Natur, sagte die SPD-Politikerin. "Wir wissen überhaupt noch nicht, wie dieser Cocktail aus verschiedenen Pflanzenschutzmitteln am Ende wirkt." Um eine Verbreitung kritischer Substanzen einzudämmen, könne unter anderem bei der Zulassung und einem deutlich reduzierten Pestizideinsatz angesetzt werden.

Der Industrieverband Agrar (IVA), der die Interessen der agrochemischen Industrie vertritt, erklärte, die Funde seien "offenbar selten" und die dabei nachgewiesenen Mengen "so minimal, dass sie für Mensch und Umwelt unbedenklich sind". Hier werde ein Thema "künstlich aufgebauscht", kritisierte IVA-Hauptgeschäftsführer Frank Gemmer.


Aus: "Studie zu Umweltgiften: Pestizide verbreiten sich kilometerweit durch die Luft" (29. September 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/wirtschaft/2020-09/studie-umweltgifte-pestizide-verbreitung-luft-landwirtschaft-umweltinstitut-muenchen-kilometerweit

QuoteFreundMeinesFreundes #1

... aber was soll man da auch tun als Umweltministerin?


QuoteSecundus v. Quack #5

Österreich z.B. hat Glyphosat verboten. Aber es kam nicht dazu:
https://www.agrarheute.com/politik/eu-kommission-stoppt-oesterreichs-glyphosat-verbot-571976


Quoteviolettagetyourgun #5.1

Jaja, die liebe EU. ...


QuoteNigella #5.2

Wieviel Lobbyisten kommen auf einen EU-Abgeordneten? ...


QuoteKarl Josef Schleidweiler #6

Große Überraschung, dass der Wind etwas verwehen kann, und dass Feldgrenzen dieses Verwehen nicht stoppen können: erstaunliche Erkenntnis.
Ebenso die der Wirkung verschiedener Gifte, die als Cocktail im Grundwasser landen.


QuoteZeitloch #6.1

...2017 hat Agrarminister "Glyphosat Lobbyist" Schmidt (CSU, natürlich) einer weiteren Verwendung von Glyphosat in der EU zugestimmt - entgegen der Abmachung der Bundesregierung. Und hat somit zu einer Verlagerung des Problems in die Zukunft beigetragen...

...hat sich bei der Verklappung von Gülle auf den Feldern schon etwas geändert. Meine letzte Info darüber ist, dass Deutschland Strafzahlungen ins Haus stehen, wegen zu hoher Belastungen der Äcker uund Böden...


QuoteWuerther #10

Welch ein Wunder ! Ohne die Studie hätte ich mir nicht vorstellen können, dass Pestizide, die versprüht werden, weit verfrachtet werden können (Achtung: Ironie).


Quoteland of oppurtunities #10.1

JA, über diese Studie bin auch heilfroh und dafür sehr dankbar, wer hätte denn das erahnen können ;) .


Quotegenug #12

Dass konventionell hergestellte Nahrungsmittel, also hergestellt mit dem Einsatz von Pestiziden, Antibiotika oder Wachstumshormonen - günstiger sind als Bio-Produkte, liegt daran, dass die Folgekosten der Nebenwirkungen nicht im Preis enthalten sind:

Pestizide > Insektensterben, zuviel Gülle > Nitrat im Trinkwasser > teure Filterung des Trinkwassers, wenn überhaupt möglich > oder mehr Krebstote. Massentierhaltung > Methan > CO2-Anstieg > Klimawandel > Unwetter, Dürren, Migration usw.

Der Raubbau am Boden, am Urwald, der für Rinderweiden oder Soja zur Fütterung der Rinder abgeholzt wird, am Wasser, an der Luft, also an den Lebensgrundlagen aller Menschen hat keinen Preis. Das muss sich ändern!

Ein Pestizidverbot, eine CO2-Lenkungsabgabe oder eine Zuckersteuer wäre ein kleiner Anfang.

Ein Austausch der netten Marionette Klöckner wäre ein erster Schritt.


QuoteTomS. #15

Irgendwie dubios, das Ganze...
Glyphosat auf dem Brocken? Was soll man daraus lernen?
Dass die ganze Landschaft verseucht ist?
Oder dass die chromatographischen/spektrometrischen Nachweismethoden mittlerweile extrem sensitiv geworden sind?
Ich bleibe ratlos zurück.


QuoteSchneeregen #15.1

Dass es Wind gibt?


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Quote[...] Moskau – An der Küste der Halbinsel Kamtschatka im Fernen Osten Russlands ist es zu einem massenhaften Tiersterben gekommen. Der Gouverneur der Region, Wladimir Solodow, warnte am Samstag Einwohner und Touristen vor dem Besuch der Strände. "Das einzige, was man bisher sagen kann, ist, dass es eine Wasserverschmutzung gibt", sagte er einer Mitteilung zufolge.

Vermutet werde, dass Erdölprodukte aus Schiffen ins Meer gelangt seien. Das russische Verteidigungsministerium wies Vorwürfe zurück, dass Schiffe der Pazifikflotte verantwortlich sein könnten.

Zuvor hatten die Umweltschützer von Greenpeace Alarm geschlagen. Demnach wurde eine große Zahl toter Meerestiere vor Kamtschatka angespült. In Videos waren ein mutmaßlicher Erdölteppich und tote Robben, Kraken und Fische zu sehen. Touristen an den bei Surfern beliebten Stränden hatten zudem über Vergiftungsbeschwerden geklagt. (APA, 4.10.2020)


Aus: "Umweltverschmutzung: Massenhaftes Tiersterben an Küste von russischer Halbinsel Kamtschatka" (4. Oktober 2020)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000120469260/massenhaftes-tiersterben-an-kueste-von-russischer-halbinsel-kamtschatka

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Quote[...] Laut eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) durfte Frankreich den Einsatz bienenschädlicher Pestizide, sogenannter Neonikotinoide, trotz EU-Zulassung verbieten. Frankreich habe die Kommission wirksam über die "Notwendigkeit von Notfallmaßnahmen" insbesondere zum Schutz der Bienen unterrichtet, urteilte der EuGH. Es ging dabei um fünf Pestizide, deren Anwendung Frankreich ab September 2018 untersagt hatte.

Bienen und Hummeln können durch Neonikotinoide geschädigt werden, weswegen ihre Anwendung in der EU stark eingeschränkt ist. Drei der Mittel sind im Freiland verboten, eines inzwischen komplett. Das französische Verbot war aber umfangreicher und umfasste mehr Wirkstoffe.

EU-Mitgliedsstaaten dürfen zwar eigene Schutzmaßnahmen erlassen, jedoch nur, wenn sie zuvor gegenüber der EU-Kommission Bedenken erhoben haben und diese nicht selbst agiert. Der Verband der Pflanzenschutzindustrie hatte vor dem obersten Verwaltungsgericht dagegen geklagt. Er bezweifelte, dass die französische Mitteilung an die Kommission den Anforderungen genügte.

Der EuGH entschied nun aber, dass Frankreich sehr wohl die EU-Kommission offiziell über seine Pläne unterrichtet habe. Eine solche Unterrichtung sei gegeben, wenn "diese Mitteilung eine klare Darlegung der Anhaltspunkte enthält, die zum einen belegen, dass diese Wirkstoffe wahrscheinlich ein schwerwiegendes Risiko für die Gesundheit (...) darstellen, und zum anderen, dass diesem Risiko ohne die (...) Maßnahmen nicht begegnet werden" könne, hieß es in der Urteilserklärung.

In der Nacht zum Mittwoch hatte die französische Nationalversammlung beschlossen, einige Neonikotinoide wieder begrenzt zuzulassen, was für das Urteil des EuGH jedoch keine Rolle spielte.


Aus: "Europäischer Gerichtshof: Frankreichs Verbot bienenschädlicher Pestizide war rechtens" (8. Oktober 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/wissen/umwelt/2020-10/europaeischer-gerichtshof-urteil-frankreich-neonikotinoide-pestizide-verbot

Quotemörso #4

"Verband der Pflanzenschutzindustrie" - das ist doch mal ein lustiger Euphemismus!


Quotenamevergeben2 #4.1

Wer nennt sich schon freiwillig "Verband der Giftmischer"?


Quotemofateam #4.9

Ja, darüber bin ich auch direkt gestolpert.

"Lebensmittelindustrie" für Firmen, die uns mit High Fructose Corn Syrup und Fett zu adipösen Diabetikern aufpumpen, ist ja gängige Wortwahl.

Fehlt noch "Friedenssicherungsindustrie" für Rüstungsfirmen.



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Quote[...] Auf das, was am Strand von Omoa seit Wochen ankommt, würden die Bewohner der honduranischen Hafenstadt nur allzu gerne verzichten. Es ist ein endloser Tsunami aus Müll. Gespeist wird er aus dem Nachbarland Guatemala. Über den Fluss Motagua an dessen Ufern Hunderte, wenn nicht gar Tausende kleine illegale Mülldeponien für ständigen Nachschub sorgen. Die Dimension ist erschreckend. Bei einer ersten Reinigungsaktion befreiten die Honduraner den Strand von Dutzenden Tonnen von Müll. Doch der stinkende, dreckige Strom von Plastik, Kleidung, gebrauchten Hygieneartikeln und Nahrungsresten versiegt einfach nicht. In dieser Woche kam der nächste Schub. Wieder sind es Hunderte Tonnen, die sich über den rund 500 Kilometer langen Fluss erst durch Guatemala und dann ins karibische Meer ergießen. Von da aus schwappt die stinkend-giftige, wabbelige Masse an die Strände von Omoa.

Die Müllmengen sollen so groß sein, dass sich unweit der honduranischen Karibikinsel Roatán die Anfänge einer künstlichen Plastikinsel gebildet haben sollen, berichten lokale Anwohner. Die Insel Roatán ist als Teil des riesigen mesoamerikanischen Riffs bekannt für ihre Strände, Tauchplätze und Meeresbewohner. Unter anderem gibt es hier Walhaie. Sie sind von dem Müll aktiv bedroht.

Neben der unzureichenden Müllentsorgung in Guatemala, scheint auch der Klimawandel nicht ganz unschuldig an der Entwicklung zu sein. ,,Wir haben allein in den ersten zwei Wochen 60 Tonnen Müll eingesammelt", heißt es in einer Stellungnahme des guatemaltekischen Umweltministeriums. ,,Aber der starke Regen sorgt dafür, dass die Müllmengen, die in den Fluss gelangen, ansteigen." Tatsächlich haben die Tropenstürme der letzten Wochen Tonnen von Regenwasser über Mittelamerika entladen. In einigen Regionen deutlich mehr als sonst üblich. Auf dem Boden angekommen, schwemmen sie die Abfälle der illegalen Müllhalden in den Fluss. Von da aus uns Meer und am Ende der ,,Lieferkette" stehen dann die verzweifelten Einwohner von Omoa in Honduras.

Guatemala habe zwar Anfang des Jahres eine Abfangeinrichtung für das Auffangen des Mülls eingeweiht, doch die Menge an Müll sei wegen der starken Regenfälle zu groß gewesen, springt der honduranische Direktor des Projektes ,,Pro-Rio Motagua" Kessel Rosales Menjivar seinen Kollegen bei. So lange es aber weiterhin illegale Mülldeponien entlang des Flusses gebe, werde das Problem nicht gelöst werden können. Rosales Menjívar kündigte an, gemeinsam mit verschiedenen Institutionen, darunter auch die honduranische Marine, nach Lösungen zu suchen, um die Strände von den Tonnen von Müll zu säubern. Es habe bereits erste Reinigungstage gegeben.

Bereits im vergangenen Jahr kündigten die Regierungen beider Länder an, das Problem in den Griff bekommen zu wollen, allerdings ohne Erfolg. Nun wollen sich Honduras und Guatemala erneut zusammensetzen, um ein entsprechendes Abkommen zu unterzeichnen, dessen Ziel ein nachhaltiges Müllmanagement sein soll. Doch Absichtserklärungen helfen den Menschen in Omoa nicht weiter. Was sie brauchen ist eine funktionierende Müllentsorgung und Wiederaufbereitung, sodass der Fluss Motagua nicht dauerhaft zu einer vergifteten Lebensader für die ganze Region wird.


Aus: "Honduras Strände ersticken in Tonnen von Abfall" Tobias Käufer (12.10.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/muell-tsunami-in-lateinamerika-honduras-straende-ersticken-in-tonnen-von-abfall/26267432.html

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Quote[...] Die japanische Regierung will Kühlwasser aus der Kraftwerkruine in Fukushima nach einem Filterungsprozess ins Meer ableiten. Grund ist, dass allmählich kein Platz mehr zur Lagerung des kontaminierten Wassers auf dem Gelände des 2011 in Folge eines Erdbebens und Tsunamis zerstörten Atomkraftwerks ist. Nach siebenjähriger Debatte könnte noch in diesem Monat die formelle Entscheidung fallen, berichteten mehrere japanische Medien.

... Ein Expertengremium hatte der Regierung zu Jahresbeginn vorgeschlagen, das radioaktiv verseuchte Wasser ins Meer zu leiten. Die vom Industrieministerium einberufenen Fachleute nannten dies eine sichere Methode, die auch bei normalen Atomreaktoren angewendet werde. Der Plan stößt jedoch auf großen Widerstand örtlicher Fischerinnen und Landwirte. Sie fürchten, dass Verbraucherinnen Produkte aus der Region meiden könnten.

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Aus: "Japan will radioaktiv verseuchtes Wasser ins Meer ableiten" (16. Oktober 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/wissen/umwelt/2020-10/japan-fukushima-atomkatastrophe-kuehlwasser-ableitung-meer-fischer-radiaktiv-verseucht

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Quote[...] Zeitgeschichte Greenpeace startet seine erste imposante Aktion in Deutschland. Sie richtet sich auch gegen Bayer, weil der Konzern tonnenweise Dünnsäure in der Nordsee verklappen lässt.

Vergleiche mit dem Kampf von David gegen Goliath werden häufig bemüht, gerade für die Arbeit von Umweltaktivisten. Passender für die erste Aktion von Greenpeace in Deutschland wäre das der Realität entnommene Bild ,,Schlauchboot gegen Industrietanker". Im Oktober 1980 wurde nahe Bremerhaven mittels aufgepumpter Rettungsinseln über Tage hinweg ein Schiff der Firma Kronos Titan blockiert, das Dünnsäure in die Nordsee leiten sollte. Das fand zwar ein großes Medienecho, doch es sollte dauern, bis Greenpeace Gehör fand. Die Non-Profit-Organisation war 1970 im kanadischen Vancouver als pazifistische Bürgerinitiative entstanden und hatte sich zunächst vorrangig gegen Atomtests und Walfang eingesetzt. Es folgten Greenpeace-Filialen in London, Amsterdam und – im Anschluss an die erste Schlauchboot-Aktion – 1981 in Deutschland.

Heute wirkt die David-Metapher überholt: Greenpeace Deutschland ist mittlerweile ein millionenschwerer Verband mit über 600.000 Fördermitgliedern, etwa ein Fünftel der organisierten Unterstützer weltweit. Während deutsche Unternehmen inzwischen ihre giftigen Abfälle vielfach in ärmere Länder ,,exportieren", wurden in den 1980ern ätzende Chemikalien schlicht der Nordsee überlassen, und das mit behördlicher Genehmigung. Das zuständige Deutsche Hydrologische Institut (DHI) in Hamburg gab grünes Licht, Dünnsäure durfte ins Meer entsorgt werden. Industrievertreter behaupteten, dies sei harmlos. Das DHI ging davon aus, die Schiffsschraube werde die Säure im Wasser schnell verdünnen.

Bei der Substanz handelte es sich um ein Abfallprodukt, das neben Wasser 25 Prozent Schwefelsäure sowie weitere Schwermetalle enthalten konnte. Allein Kronos Titan leitete seinerzeit bis zu 1.200 Tonnen Dünnsäure pro Tag in die Nordsee, das ergab Hunderttausende von Tonnen pro Jahr. Dabei hätte es für Kronos schon 1980 die freilich kostspieligere Option gegeben, die Bestandteile der Säure teilweise zu recyceln und erneut zu verwenden. Laut Greenpeace besaß die Firma hierfür bereits ein Patent, dennoch kam es wie bei Industrieabfällen von Bayer zur Ableitung in die Nordsee. Umweltschützer sprachen von einer gelblichen Färbung des Meerwassers, die für Stunden anhalte. Um dagegen zu protestieren, stiegen Greenpeace-Aktivisten am 13. Oktober 1980 morgens in zwei Rettungsinseln, die vor dem Bug und am Steuerruder des Tankers Kronos festgebunden wurden, um das Schiff daran zu hindern, aus dem Hafen in Nordenham zu laufen und die Säure hinter der Wesermündung zu verklappen.

Mit dabei waren Aktivisten vom Bielefelder ,,Verein zur Rettung von Walen und Robben" und aus dem ,,Kölner Arbeitskreis Chemische Industrie". Technische Hilfe kam von Greenpeace-Aktivisten aus den Niederlanden, die den deutschen Partnern zwei Motoren, ein Schlauchboot sowie eine Rettungsinsel zur Verfügung stellten. Von Anfang an waren sich die Greenpeacer über die Symbolkraft der Bilder im Klaren, die ihre Aktionen liefern würde. Kanadische Umweltschützer hatten ihre Einsätze gegen Walfänger auf dem Meer mit eigenem Equipment gefilmt und fotografiert. Wie sonst hätte 1995 die Ölplattform ,,Brent Spar" so viel Beachtung gefunden, die besetzt wurde, als sie im Meer versenkt werden sollte. Bei der Aktion in Nordenham wartete am frühen Morgen bereits ein Presseschiff des Norddeutschen Rundfunks (NDR) darauf, dass etwas passieren würde. Im Nachhinein beschrieb eine Aktivistin die Berichterstattung von ARD und ZDF als ,,unerwartet positiv".

Parallel zur Blockade im Hafen von Nordenham kam es um die gleiche Zeit zu weiteren Greenpeace-Unternehmungen. Demonstriert wurde im belgischen Gent und vor der Zentrale des Kronos-Mutterkonzerns in New York. In mehreren Städten der Bundesrepublik fanden Informationsveranstaltungen über die Aktion und deren Hintergründe statt. Zudem wurde weiter auf die Überzeugungskraft der Bilder gesetzt: Aktivisten luden zentnerweise kranke Fische ab – vor dem Pförtnerhaus von Bayer in Brunsbüttel, vor der Zentrale des Konzerns in Leverkusen und vor dem Hamburger DHI. Die Fische wiesen Geschwüre, Hauttumore und andere Krankheiten auf, die auf Dünnsäure zurückzuführen seien, so Greenpeace. Über eine Woche lang blieb die Anlegestelle blockiert, an der die Verklappung von Giftstoffen ihren Anfang nahm. Den gestoppten Tanker konnten die Umweltschützer letztlich dreieinhalb Tage aufhalten. Am zweiten Tag geriet die Besatzung einer Rettungsinsel in Gefahr, als ein holländisches Schiff versuchte, am Firmenpier anzulegen und dabei die angeleinten Aktivisten unter Wasser drückte. Die Insel lief voll und wäre beinahe untergegangen, beide Insassen zeigten den Kapitän anschließend wegen versuchten Totschlags an.

Zunächst angekündigte Verhandlungen mit Konzernvertretern über einen alternativen Umgang mit den Industrieabfällen wurden kurzerhand von Kronos abgesagt. Begründung: Das Haus eines Mitarbeiters sei beschmiert worden. Greenpeace sah sich zudem mit Schadenersatzforderungen von einer halben Million Mark konfrontiert, da die Produktion um zwei Drittel gedrosselt werden musste und womöglich eine Stilllegung von Werksanlagen drohte. Am vierten Tag erhielten die Aktivisten eine einstweilige Verfügung, mit der eine Räumung angekündigt wurde, bald darauf vollzogen durch ein Großaufgebot der Wasserschutzpolizei. Die Operation war damit zwar beendet, aber der mediale Achtungserfolg ließ sich nicht mehr verhindern.

So sehr es gelungen war, die Öffentlichkeit zu sensibilisieren – dies änderte nichts daran, dass der Widerstand gegen eine Verklappung von Dünnsäure im Meer noch längst nicht am Ziel war. Der Bayer-Konzern konnte sich erst 1982 dazu durchringen, diese Art von Abfallentsorgung zu beenden. Bei Kronos verging hingegen deutlich mehr Zeit: Erst 1990 stellte das Unternehmen in Norddeutschland komplett auf ein Recycling der Schwefelsäure um. Die Kritik galt allerdings weniger dieser Firma als dem Deutschen Hydrologischen Institut: Die Behörde erteilte noch bis Ende 1989 Genehmigungen für die Ableitung von Dünnsäure in die Nordsee. Erst danach wurde dieses zerstörerische Verfahren verboten. Die Aktivisten von Greenpeace brauchten ihre Zeit, um gegen behäbige Behörden mehr als nur Achtungserfolge zu verbuchen.

Umweltschutzbewegungen kamen in Westdeutschland während der 1960er und 1970er Jahre zumeist wegen lokaler Ereignisse wie des Fischsterbens im Rhein oder wegen geplanter Kernkraftwerke zustande. Die Anti-Atom-Bewegung war das Aushängeschild. Den organisatorischen Überbau für viele Großdemonstrationen gegen AKWs und Atomwaffen lieferte der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU), der 1972 gegründet wurde. Bis heute gehören dem BBU mehrere Hundert Verbindungen an. Gleichwohl kam mit Greenpeace 1980 ein Player zur westdeutschen Umweltbewegung hinzu, der allein wegen der internationalen Erfahrung ein anderes Kaliber war. Was Unbehagen über dessen Verhalten nicht ausschloss, wenn sich Greenpeace mit Unternehmen arrangierte, um durch Kompromisse auch der Gegenseite zu gefallen. Schon 1977 trat Paul Watson, der im Gründungsjahr beigetreten war, aus und gründete die Meeresschutzorganisation Sea Shepherd. Watson kritisierte Greenpeace als zu passiv und meinte, die Organisation sei ein Geschäft, das jedem ein gutes Gewissen verkaufe. Kurz nach der Gründung von Greenpeace Deutschland zogen sich auch hierzulande Mitglieder wieder zurück und gründeten Robin Wood. Sie bemängelten eine undemokratische Verbandsstruktur sowie eine fehlende Mitbestimmung und beschrieben die Organisation als ,,Öko-Multi".

Wenngleich die Dünnsäure-Aktionen 1980 langfristig durchaus Wirkung zeigten: Aufgrund der multiplen Umweltprobleme und Gewässerverschmutzungen muss konstatiert werden, dass die Anzahl der (vermeintlichen) Davids heutzutage noch sehr viel mehr anwachsen müsste, um gegen die vielen Goliaths der Welt zu bestehen.


Aus: "1980: Kranke Fische" Ben Mendelson (Ausgabe 42/2020)
Quelle: https://www.freitag.de/autoren/benmen/1980-kranke-fische

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Quote[...] Der Giftstoff Quecksilber erreicht selbst die entlegensten Winkel der Erde: US-Forscher haben hohe Werte des Schwermetalls bei Flohkrebsen und Fischen in zwei Tiefseegräben im Pazifik nachgewiesen - dem Marianengraben und dem Kermadecgraben.

In den ,,Proceedings" der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften beschreibt das Team um Joel Blum von der University in Michigan in Ann Arbor, auf welchen Wegen das Umweltgift zu diesen tiefsten Orten des Planeten gelangt.

Die Forscher untersuchten sowohl Flohkrebse (Amphipoda) als auch Scheibenbäuche (Liparidae), die aus den beiden Tiefseegräben in Tiefen von 6000 bis gut 10.000 Metern gefangen wurden. Dabei analysierten sie das Quecksilber im Gewebe auf mehrere stabile Isotope.

Daraus schließen sie nicht nur, dass das giftige Schwermetall überwiegend anthropogenen Ursprungs ist, also durch menschliche Aktivitäten freigesetzt wurde. Sondern auch, wie es in die Tiere gelangte.

,,Quecksilber sowohl natürlicher als auch anthropogener Herkunft zirkuliert durch die Atmosphäre und die Ozeane", schreiben sie. ,,In der Atmosphäre hat gasförmiges Quecksilber eine Verweildauer von etwa einem Jahr und gilt daher als globaler Giftstoff." Mehr als 2000 Tonnen gelangen demnach jährlich etwa aus Bergbau, Kraftwerken und Zementfabriken in die Luft, wo sie sich über die Erde verteilen.

An Land wurde Quecksilber sowohl in der arktischen Tundra nachgewiesen als auch in Grönland und der Antarktis. Über die Kreisläufe in den Ozeanen wusste man bislang nur wenig, das gilt insbesondere für Tiefseerinnen wie den Marianengraben, der mit etwa 11.000 Metern die tiefste Stelle der Ozeane enthält.

Erst im Juni hatten chinesische Forscher berichtet, dass Flohkrebse in drei Tiefseegräben stärker mit Quecksilber belastet waren als in Küsten- oder Süßwasserregionen. Um die Ursache des Phänomens zu ermitteln, untersuchte das US-Team Fische und Flohkrebse aus dem Marianen- und Kermadecgraben auf sieben stabile Quecksilber-Isotope. Daraus leiteten sie dann die Route ab, über die der Großteil des Quecksilbers in die Rinnen gelangt ist.

Demnach stammt der überwiegende Teil des Quecksilbers aus der Atmosphäre und gelangt durch Niederschläge in die Ozeane, ein kleinerer Teil gelangt aus Flüssen ins Meer. In den oberen 1000 Metern der Wassersäule wird das Schwermetall von Meeresbewohnern wie etwa Fischen aufgenommen. Nach deren Tod sinken ihre Kadaver mit dem eingelagerten Schwermetall auf den Meeresgrund und werden von den dortigen Tieren verzehrt.

Das schließen die Forscher daraus, dass die Quecksilber-Isotope in den Tiefseebewohnern und weiter oben in nur etwa 500 Metern Tiefe lebenden Fischen übereinstimmen. Nur ein geringer Teil des Quecksilbers sinkt demnach mit Partikeln wie etwa Planktonresten in die Tiefe.

,,Die Bedeutung von Aas für die Nahrungsketten in den Rinnen passt zu Beobachtungen am Meeresboden von Gemeinschaften aus Fischen und Flohkrebsen aus anderen Tiefseeregionen, die zur Nährstoffversorgung von Aas abhängig sind", schreiben die Wissenschaftler. ,,Wenn Aasfresser wie Scheibenbäuche und Flohkrebse Kadaver fressen, wird Methylquecksilber vom Gewebe von weiter oben lebenden Organismen in das Gewebe von Meeresgrund-Bewohnern transferiert."

Frühere Studien hatten in Bewohnern von Tiefseegräben schon andere anthropogen verursachte Stoffe nachgewiesen. Darunter sind Blei, Polychlorierte Biphenyle (PCBs) und das Kohlenstoff-Isotop C14 aus Atomwaffentests. (dpa)


Aus: "Wie giftiges Quecksilber in tiefe Ozeangräben gelangt" (16.11.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/wissen/schwermetall-in-der-tiefsee-wie-giftiges-quecksilber-in-tiefe-ozeangraeben-gelangt/26629584.html

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Quote[...] BERLIN taz | Gülle mit antibiotikaresistenten Keimen und Antibiotikarückständen wird offenbar regelmäßig durch ganz Deutschland kutschiert. Das ist das Ergebnis einer Greenpeace-Recherche, die der taz vorab vorlag. Dafür wurden Gülleproben aus Schweineställen in Niedersachsen analysiert: Alle 11 untersuchten Proben enthielten Antibiotikarückstände, 7 wiesen teilweise multiresistente Keime auf.

Die 86 nachverfolgten Gülletransporte liefen im Durchschnitt über eine Distanz von etwa 220 Kilometern, häufig in andere Bundesländer. Der ,,Gülletourismus" aus Regionen mit Massentierhaltung kann fatale Folgen haben: Auf den Feldern wirken die Bakterien auf Bodenorganismen ein und können ins Grundwasser gelangen.

Überschüssige Gülle ist ein Problem der Massentierhaltung. Um die Belastung des Grundwassers mit Nitraten zu begrenzen, wird Gülle in anderen Regionen verkauft – mit ihr die Antibiotika aus der Tierhaltung. Sie tragen dazu bei, dass krank machende Bakterien unempfindlich gegen Medikamente werden.

In Deutschland sterben laut einer Studie jährlich etwa 2.400 Menschen, weil sie sich mit einem resistenten Keim infiziert haben. Unklar ist lediglich, wie hoch der Anteil der Landwirtschaft an der Bildung von Resistenzen ist. 2018 wurden in Deutschland 722 Tonnen Antibiotika an Masttiere gegeben – mehr als in der Humanmedizin.

Die Transporte verbreiteten ,,Resistenzen gegen überlebenswichtige Antibiotika. Damit wächst die Gefahr, dass Infektionskrankheiten immer schwerer zu behandeln sind", sagte Greenpeace-Experte Dirk Zimmermann.

,,Diese unverantwortliche Streuung der Risiken der industriellen Tierhaltung kann nicht die Lösung für die Überproduktion von Billigfleisch und Gülle sein. Nur wenn weniger Tiere besser gehalten werden, lässt sich die Gülleflut stoppen."


Aus: "Recherche zu Massentierhaltung: Gülletourismus verbreitet Erreger" Kai Schöneberg (18. 11. 2020)
Quelle: https://taz.de/Recherche-zu-Massentierhaltung/!5725448/


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Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen
PFAS haben keine natürliche Quelle. Sie werden industriell hergestellt und in einer Vielzahl von Produkten verwendet. Viele PFAS reichern sich in der Umwelt sowie im menschlichen und tierischen Gewebe an. Einige PFAS stehen im Verdacht krebserregend zu sein.  ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Per-_und_polyfluorierte_Alkylverbindungen

https://de.wikipedia.org/wiki/Per-_und_polyfluorierte_Alkylverbindungen#PFT_in_deutschen_Gew%C3%A4ssern

Contaminants in New Jersey Soil and Water Are Toxic, Documents Reveal
Solvay had previously withheld information about the PFAS chemicals on the grounds that it was "confidential business information."
Sharon Lerner, November 25 2020, 11:05 p.m.
https://theintercept.com/2020/11/25/solvay-new-jersey-pfas-documents/

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Quote[...] Giftfund an der Berliner Havel: bis zu 280.000 Euro Schaden? Seit zehn Monaten (,,6. März 2020") ist der östliche Uferweg zwischen der Insel Eiswerder und der Spandauer-See-Brücke gesperrt. ,,Kampfmittelfund" stand auf einem Flyer am Bauzaun, doch damit waren keine rostigen Patronen gemeint. ,,Leider war es nicht nur ein Kampfmittelfund", erfuhr jetzt Bettina Domer, SPD, im Abgeordnetenhaus. ...  ,,Die stark arsenhaltigen Ablagerungen auf dem Ufergrundstück umfassen ca. 30 m² und befinden sich genau unter dem Uferwanderweg auf Höhe der Steganlagen."
Die Sanierung soll im Mai 2021 abgeschlossen sein. Kosten: zwischen 170.000 und 280.000 Euro. Anschließend muss der Uferweg neu gebaut werden. ...


Aus: "Giftfunde an der Berliner Havel" André Görke (14.01.2021)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/bezirke/280-000-euro-schaden-giftfunde-an-der-berliner-havel/26793994.html

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Quote[...] JERUSALEM taz | ,,Ich glaube nicht, dass ich im Sommer mit meinen Kindern an diesen Strand kommen kann." Michal Hasson schüttelt den Kopf und hebt einen kleinen schwarzen Klumpen vom Boden auf. Normalerweise geht sie hier am Strand von Palmachim, eine halbe Stunde südlich von Tel Aviv, baden. Doch heute hockt sie mit einer Mülltüte, einer Maske gegen toxische Gase und Plastikhandschuhen im Sand und sammelt auf, was in den letzten Tagen aus dem Meer angespült wurde: Ölreste.

Die ersten Nachrichten über die Verschmutzung an Israels Stränden tröpfelten letzte Woche ein. Am vergangenen Donnerstag verendete ein Finnwal am Strand von Nitzanim. Bei der Autopsie wurde schwarze Flüssigkeit in dem Tier entdeckt. Kurz darauf spülten die Wellen an zahlreichen Stellen verklebte Schildkröten an die Strände; Ölreste lagerten sich auf einer Länge von 170 Kilometern Küstenlinie von Rosh Hanikra an der libanesischen Grenze bis hinunter zum Gazastreifen an.

Israelische Behörden sprechen von einer der schlimmsten israelischen Umweltkatastrophen der vergangenen Jahrzehnte. Die Natur- und Parkbehörde befürchtet, dass die Reinigung Jahre dauern könnte. Es sei damit zu rechnen, dass weiterhin Öl und verklebte Tiere angespült werden.

Die Ursache der Verschmutzung ist indes noch nicht geklärt. Laut Umweltschutzministerium zeigen Satellitenbilder vom 11. Februar einen verdächtigen schwarzen Fleck auf der Meeresoberfläche etwa 50 Kilometer von Israels Küste entfernt. Zehn Schiffe seien um diese Zeit in der Gegend gewesen. Das Ministerium arbeite daran, den Vorgang aufzuklären. Ungeklärt ist bislang auch, ob die Quelle der Funde Rohöl oder schwerer Dieselkraftstoff war.

Am Wochenende kamen zahlreiche Freiwillige zum Säubern an die Strände. Einige von ihnen haben dabei wohl giftige Dämpfe eingeatmet und mussten ins Krankenhaus eingeliefert werden. Die israelische Natur- und Parkbehörde schloss daraufhin am Sonntag vorerst die Strände und rief die Freiwilligen dazu auf, nur nach Anweisung vorzugehen.

Zahlreiche Umweltschutzorganisationen kritisierten die Krisenbewältigung der Regierung. ,,Allen ist klar, dass eine solche Verschmutzung eine Frage der Zeit war, dennoch ist die Regierung überrascht", sagt etwa Leehee Goldenberg von der Umweltschutzorganisation Mensch, Umwelt, Recht: ,,Je mehr Öltanker im Mittelmeer unterwegs sind, desto höher ist das Risiko, dass es zu solch einer Katastrophe kommt."

Goldenberg betont dies vor allem angesichts einer Vereinbarung, die Mitte Oktober 2020, kurz nach dem Normalisierungsabkommen zwischen Israel und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), getroffen wurde: der sogenannten Red-Med-Vereinbarung zwischen den Emiraten und der israelischen Eilat Ashkelon Pipeline Company. Darin geht es darum, Öl vom Golf über Israel nach Europa zu transportieren.

Öl der Vereinigten Arabischen Emirate soll auf dem Seeweg mit Öltankern vom Persischen Golf nach Eilat am Roten Meer gebracht werden. Weitertransportiert werden soll es von dort mit einer Pipeline an das Mittelmeer, nämlich an den Hafen von Ashkelon. Von dort geht es mit Öltankern weiter nach Europa.

Die Pipeline dafür existiert bereits, wird derzeit aber nur wenig genutzt. ,,Es gibt immer wieder Pannen mit dieser völlig veralteten Pipeline", sagt Dov Khenin, ehemaliges Knessetmitglied für die arabisch-jüdische Partei Chadash und Umweltaktivist. Im Dezember 2014 sorgte beispielsweise ein Unfall an der Pipeline dafür, dass mehrere Millionen Liter Rohöl ausliefen und einen großen Teil des Evrona-Naturschutzgebiets verunreinigten.

,,Sollte Eilat in einen großen Ölhafen verwandelt werden, wäre die ganze Gegend bedroht", so Khenin. Rund um die Hafenstadt Eilat am Roten Meer gibt es einzigartige Korallenriffe und Naturschutzgebiete unter Wasser, Ähnliches gilt für das angrenzende Sinai Ägyptens und die jordanische Küstenregion.

Dort, wo die Pipeline endet, in der Nähe von Ashkelon am Mittelmeer, liegt eine große Entsalzungsanlage, die Trinkwasser für Israelis bereitstellt. 75 Prozent des israelischen Trinkwassers wird aus Entsalzungsanlagen gewonnen. Im Fall eines Unfalls wären auch diese akut bedroht.

Khenin macht internationale Interessen mit für die Pläne verantwortlich. Einige Israelis gehen gar davon aus, dass die Möglichkeit, Öl vom Golf über Israel nach Europa zu bringen, zentraler ökonomischer Beweggrund für das von den USA vermittelte Normalisierungsabkommen zwischen Israel und den Vereinigten Arabischen Emiraten gewesen sei. ,,Die EU redet viel von erneuerbarer Energie. Das hier ist der Test", so Khenin: ,,Sie sollten dieses Öl auf keinen Fall kaufen."


Aus: "Verschmutzter Strand: Mysteriöse Ölpest an Israels Küste" Judith Poppe (22. 2. 2021)
Quelle: https://taz.de/Verschmutzter-Strand/!5750287/


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"Pestizide – vom Winde verweht"  Susanne Aigner (21. März 2021)
Selbst an weit entlegenen Orten werden Pestizide nachgewiesen. Umweltverbände fordern konsequente Reformen in der Anwendung von Spritzmitteln ... Etwa ein Drittel der nachgewiesenen Wirkstoffe waren in Deutschland zum jeweiligen Messzeitpunkt nicht zugelassen, darunter verbotene Insektengifte wie DDT und Lindan. Diese bauen sich so langsam ab, dass sie oft noch jahrzehntelang nachweisbar sind. Über Monate und Jahre hinweg werden sie in unberührte Naturlandschaften verweht – und akkumulieren sich an entlegenen Orten, etwa über der zentralen Nordsee, Nordgrönland oder auf Spitzbergen, wie Wissenschaftler des Max-PIanck-Institut herausfanden.
Auch im Gletschereis und in der Atmosphäre des Nordpols fanden sie toxische Partikel. Bereits vor zehn Jahren wies der WWF in mehreren Studien DDT und PCB im Blut von 300 Eisbären nach. Insbesondere der Fund von DDT, das seit langem verboten ist, beweise dessen lange Wirksamkeit.
Auch Insektizide wie Phosmet und Chlorpyrifos wurden nachgewiesen. Chlorpyrifos schädigt die Entwicklung des kindlichen Gehirns im Mutterleib, wie kanadische Wissenschaftler in einer Langzeitstudie herausfanden. Darum ist das Gift seit 2012 in Deutschland verboten, seit Anfang 2020 auch in der EU.
Auch im Quellwasser der französischen Alpen entdeckten Wissenschafter zufällig Spuren des Fungizids Chlorothalonil. Weil er in Verdacht steht, Krebs zu erregen, wurde der Wirkstoff Ende 2019 EU-weit verboten. Das Wasser wird von Danone unter der Marke Evian verkauft. ...
https://www.heise.de/tp/features/Pestizide-vom-Winde-verweht-5074886.html

"Verseuchter HonigWarum ein Imkerpaar seine Bienenvölker verkauft" Ernst-Ludwig von Aster ( 05.05.2020)
Verzicht auf Totalherbizide während der Blühzeit: Dazu hat der Verband der Berufsimker die Bauern aufgerufen. Das Gift findet sich unter Umständen später im Honig wieder. Eine bittere Erfahrung, die auch ein Brandenburger Imkerpaar machen musste. ...
https://www.deutschlandfunkkultur.de/verseuchter-honig-warum-ein-imkerpaar-seine-bienenvoelker.976.de.html?dram:article_id=476036

Pestizid-Belastung der LuftEine deutschlandweite Studie  zur Ermittlung der Belastung der Luft  mit Hilfe von technischen Sammlern, Bienenbrot,  Filtern aus Be- und Entlüftungsanlagen  und Luftgüte-Rindenmonitoring hinsichtlich des Vorkommens von Pestizid-Wirkstoffen, insbesondere Glyphosat - Stand 06.10.2020
https://www.ackergifte-nein-danke.de/wp-content/uploads/2020/09/Studie_final_niedrig.pdf

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Quote[...] Zickenwinkel – das klingt niedlich ländlich, ist in Berlin aber ein Ort, an dem sich Abertausende Tonnen giftiger Industrieabfälle türmen. Ein harmlos anmutender, pyramidenähnlicher Hügel zwischen der Minna-Todenhagen-Brücke über die Spree und dem Britzer Zweigkanal birgt die Hinterlassenschaften von über hundert Jahren Chemieproduktion, und das wird sich auf absehbare Zeit nicht ändern.

Blausäureverbindungen, Arsen, Quecksilber, verbunden mit Erdreich elf Meter hoch aufgetürmt, sind das Erbe des Chemiestandorts, der zuletzt bis 1990 vom VEB Kali Chemie und von der Vereinigung Volkseigener Betriebe (VVB) Lacke und Farben genutzt wurde.

1996/97 wurde der Hügel mit einer Kunststoff-Folie, Filtervlies und Mutterboden abgedeckt. Außerdem wurde das Ufer von Spree und Kanal so abgedichtet, dass nur noch wenig Wasser unter dem Hügel ins Grundwasser strömt, erklärte der Senat auf Anfrage des FDP-Abgeordneten Stefan Förster.

Außerdem wird Wasser in ,,Abwehrbrunnen" an der Schnellerstraße gepumpt, sodass verseuchtes Wasser nicht in Richtung Wasserwerk Johannisthal strömen kann. Das Grundwasser werde schließlich noch in einer speziellen Reinigungsanlage von Cyaniden und Arsen befreit.

Förster findet das alles ganz nett, hätte aber gern, dass der Giftberg verschwindet. Unter anderem deshalb, weil immer wieder Menschen den Bauzaun um den Hügel überwänden, um ihn zu besteigen und dort zu ,,chillen".

Der Senat hat da aber wenig beizutragen, erklärte Umwelt-Staatssekretär Stefan Tidow (Grüne). Es wäre unverhältnismäßig teuer geworden, den Berg und seinen Untergrund abzutragen, um die Schadstoffe ordnungsgemäß zu entsorgen, der im Übrigen dem Bund gehöre. Die Sicherung des Bergs mit der Abdeckung gelte laut Bodenschutzgesetz als Sanierung.

Tidow gesteht zwar zu, dass die Kletterei auf den Hügel die Bepflanzung und in der Folge die Abdichtung beschädigen könnte. Eine unmittelbare Gefahr bestehe aber nicht für Menschen, die den Giftberg besteigen.

Der Bund werde jetzt ,,zeitnah" Warnschilder aufstellen. Ein Zaun, der den bislang vorhandenen Bauzaun ersetze, sei in Planung.


Aus: "An der Spree: Der Giftberg von Niederschöneweide" Gerhard Lehrke (11.04.2021)
Quelle: https://www.berliner-kurier.de/berlin/der-giftberg-von-niederschoeneweide-li.151858

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Quote[...] In Nord- und Ostsee liegen rund 1,6 Millionen Tonnen Munitionsreste aus den Weltkriegen. Forscher befürchten große Umweltschäden, doch die Bergung wäre möglich.

Es ist der Morgen des 28. August 1914 als die "SMS Mainz" zum letzten Mal in See sticht. Seit einem Monat tobt der Erste Weltkrieg und der kleine Kreuzer der Kaiserlichen Marine hat bereits seine ersten gefährlichen Einsätze vor der Küste Großbritanniens hinter sich.

An diesem Morgen liegt die "Mainz" in der Reede von Borkum als der Befehl zum Auslaufen kommt. Britische Verbände haben vor Helgoland das Feuer eröffnet, die "Mainz" wird zur Unterstützung gerufen. Doch soweit schafft es das 130 Meter lange Schiff nicht, gegen Mittag gerät es unter Beschuss.

Drei Torpedos treffen das Schiff und beschädigen es schwer. 92 Personen sterben, darunter der Kapitän. Die übrige Besatzung - insgesamt 348 Mann - ergibt sich und wird gerettet - doch davor öffnen die Matrosen die Flutventile. Um 14:05 Uhr sinkt die "Mainz".

Fast 107 Jahre später beschäftigt sich der Deutsche Bundestag mit der "SMS Mainz" und den anderen mindestens 120 Wracks aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg, die noch auf dem Grund der Deutschen Bucht liegen. Denn ihre Geschichte noch nicht vorbei. Meerwasser und Gezeiten nagen an den Schiffen, Wissenschaftler befürchten enorme Umweltschäden. Und dabei sind die Schiffe nur das geringste Problem.

Nach dem Zweiten Weltkrieg stießen die Alliierten auf massenhaft Reste von Waffen und Munition. Um die Deutschen schnell und endgültig zu entwaffnen, entschloss man sich, sie vor der Küste zu verklappen. Granaten, Minen, Munition, darunter auch chemische Waffen - alles wurde ins Meer geworfen. Konservative Schätzungen gehen von insgesamt 1,6 Millionen Tonnen Munition in Nord- und Ostsee aus. Das Gewicht von 158 Eifeltürmen.

Eine gewaltige Menge und ein gewaltiges Problem. "Überall dort, wo Munition liegt, treten Stoffe aus, die giftig und teils erbgutverändernd sind", sagt der Meeresbiologe Matthias Brenner. Seit 2011 beschäftigt er sich am Alfred-Wegener-Institut mit dem gefährlichen Erbe auf dem Meeresgrund. Erst in der vergangenen Woche war Brenner für fünf Tage mit einem Forschungsschiff in der Deutschen Bucht, um Wasser- und Sedimentproben an der "SMS Mainz" zu entnehmen.

Veränderungen durch die Munitionsreste können Wissenschaftler wie Brenner schon jetzt feststellen. Im Ostseewasser lassen sich Spuren von TNT nachweisen, bei Fischen wurden nahe der Versenkungsgebiete vermehrt Explosivstoffe in der Galle gefunden, bei Dorschen im Bornholmer Becken fanden sich selbst im Filet Spuren von Chemie.

Für den Menschen seien die bisher gemessenen Konzentrationen nicht gefährlich. Noch nicht. "Das Problem wird zunehmen", sagt Matthias Brenner. Bisher sei ein großer Teil der Munition nicht durchgerostet, die chemischen Stoffe würden also nur teilweise austreten. Doch das Salzwasser nagt am Metall und verwandelt die alten Waffen zu tickenden Zeitbomben auf dem Meeresgrund.

Am Donnerstag hat sich deshalb der Bundestag mit dem Problem beschäftigt. Nachdem ein interfraktioneller Antrag gescheitert war, wurde über einen Antrag von FDP und Grünen beraten. Er fordert die Bundesregierung auf, eine Strategie zur Kartierung und Bergung der Munitionsreste zu entwickeln. Dafür solle eine zentrale Institution geschaffen werden und der Bund solle sich finanziell stärker einbringen - eigentlich ist das Beseitigen von alten Weltkriegsbomben und Munition Aufgabe der Länder.

"Die Bundesländer, die Anrainerstaaten, können dieses Problem definitiv nicht alleine bewältigen", sagte Grünen-Politikerin Steffi Lemke am Donnerstag im Plenum des Bundestags. Es müsse nun schnell und unideologisch gehandelt werden, forderte sie. "Das Zeitfenster schließt sich", sagte Lemke. Der FDP-Abgeordnete Olaf in der Beek sprach von einer "alarmierenden" Lage und verwies auf die bereits existierende Technik, die es zur Bergung gebe und zum Beispiel von Offshore-Unternehmen genutzt wird.

Die Abgeordnete der CDU, Astrid Damerow, teilte die Sorge über die Folgen der Munitionsbelastung, sagte aber: "Die Problemlösung ist sicherlich ein Marathon." Ein Vorgehen müsse international mit den Anrainerstaaten der Nord- und Ostsee abgestimmt werden. Ihr Parteifreund Peter Stein ergänzte, es gehe um eine "faire Aufteilung" Kosten. "Es sollte auch die Europäische Union mit ins Boot." Am Ende der Debatte wurde der entsprechende Entschließungsantrag per Abstimmung zunächst an den Umweltausschuss überwiesen. Dort droht ihm wohl ein ähnliches Schicksal wie den Wracks auf dem Meeresboden.

Vom Bundesumweltministerium heißt es auf Anfrage, man sei zwar zuständig für Altmunition im Meer, nicht aber für die Bergung. Dort will man auf Strategien der Umweltministerkonferenz (UMK) warten, sowie die Zusammenschlüsse der Anrainerstaaten von Nord- und Ostsee. Auch zu den Kosten gebe es nur unvollständige, interne Schätzungen - aber schon die gehen in die Millionen. Die Forderung nach einer zentralen verantwortlichen Institution beantwortet man deshalb zögerlich: "Zu dieser Option sind noch viele administrative und fachliche Fragen offen, die noch geprüft werden müssen", sagte ein Sprecher.

Den Bundesländern an Ost- und Nordsee geht das Prozedere zu langsam. "Nun muss es darum gehen, gemeinsam mit dem Bund realistische Strategien zu entwickeln, das Meer von der Munition zu befreien", sagt die schleswig-holsteinische Staatssekretärin für Umwelt Dorit Kuhnt dem Tagesspiegel. Das Umweltministerium in Kiel will daher bei der nächsten UMK Ende April einen neuen Antrag einbringen.

Auch Meeresbiologe Matthias Brenner würde sich mehr Tempo von der Politik wünschen. "Wir brauchen jetzt die Unterstützung für ein Monitoring, damit wir wissen, wo die Umweltgefahr am größten ist und wir am dringlichsten handeln müssen."

Doch selbst wenn die Politik handeln sollte, wird sich am Schicksal der "SMS Mainz", die seit 1914 am Grund der Deutschen Bucht liegt, wohl nichts ändern. Sie gilt als historisches Denkmal und wegen der 92 Toten auch als Seemannsgrab. Gehoben werden darf das Wrack deshalb nicht.


Aus: "Was wird aus den Millionen Tonnen Munition in Deutschlands Meeren?" Felix Hackenbruch (18.04.2021)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/reste-aus-den-weltkriegen-was-wird-aus-den-millionen-tonnen-munition-in-deutschlands-meeren/27099098.html

Quoteyoda 17.04.2021, 13:01 Uhr
Das Problem ist ja nicht neu und genau das ist offenbar das Problem. Verantwortliche gibt es lediglich auf dem Papier und intern wird die Devise ausgegeben "Nicht vor meiner Pensionierung". Das ist staatlich geförderte Arbeitsverweigerung.
Am originellsten ist der Vorschlag "Wir warten auf die EU". Da werden sich die Polen aber freuen zu hören, dass sie zur Finanzierung derjenigen militärischen Hinterlassenschaften herangezogen werden sollen, die 80 Jahre zuvor die Ausrottung eigener Bevölkerungsteile bewirkt haben.


QuoteRicochet1 17.04.2021, 12:44 Uhr
Ich würde zuerst Herrn Habeck fragen. Er hat bestimmt eine Begründung dafür, warum er als Minister in S-H sich nicht traute, irgendetwas zu unternehmen. Vielleicht sollen die Wattwürmer für die Entsorgung sorgen.... wer weiß?


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Quote[...] Menschen leiten tonnenweise Stickstoff und Phosphor in die Meere. Für die Unterwasserwelt hat das schwere Folgen. Denn wo der Sauerstoffgehalt sinkt, sterben Organismen ab. Und das passiert immer öfter. UN-Chef Guterres schlägt Alarm.

In den Weltmeeren gibt es laut einem Bericht der Vereinten Nationen (UN) immer mehr sogenannte Todeszonen. Dabei handelt es sich um sehr sauerstoffarme Gebiete im Meer, in denen kaum noch Leben möglich ist. Die Zahl dieser Zonen sei von 2008 bis 2019 von mehr als 400 auf etwa 700 gestiegen, heißt es im zweiten "World Ocean Assessment" der UN zum Zustand der Meere, der in New York vorgestellt wurde. Besonders betroffen sind demnach neben dem Golf von Mexiko und dem Südchinesischen Meer auch die Ost- und die Nordsee.

Das Phänomen tritt in einigen Meeresregionen natürlicherweise auf. Eine Ursache sind Algenblüten. Nach dem Absterben sinken die Algen langsam nach unten und werden dabei von Bakterien abgebaut, die Sauerstoff verbrauchen. So können sich in der Tiefe riesige Zonen bilden, in denen es zeitweise kaum mehr Sauerstoff im Wasser gibt. Der Eintrag von Nährstoffen wie etwa Stickstoff und Phosphor in die Meere, etwa durch Düngemittel aus der Landwirtschaft, begünstigt solche Algenblüten.

Die UN sehen eine Tendenz zur weiteren Verschlechterung der Lage: "Schätzungen zufolge wird sich der menschengemachte Stickstoffeintrag an den Küsten in der ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts verdoppeln", heißt es in dem Bericht. Zudem hätten durch den Klimawandel auch steigende Wassertemperaturen einen negativen Einfluss.

UN-Generalsekretär António Guterres nannte die Befunde im Bericht "alarmierend": "Die Belastungen durch viele menschliche Aktivitäten strapazieren weiterhin die Ozeane, zerstören wichtige Lebensräume - wie Mangrovenwälder und Korallenriffe - und behindern deren Fähigkeit, die Auswirkungen des Klimawandels zu bewältigen", teilte er mit. Guterres betonte die Rolle des CO2-Ausstoßes, durch den biologische Vielfalt in den Meeren zerstört und Küstenabschnitte wegen des steigenden Wasserspiegels bedroht würden.

Eine positive Entwicklung sehen die Vereinten Nationen derweil bei der Anzahl der Vorfälle mit Schiffen. Die Unfälle auf den Weltmeeren seien in den vergangenen Jahren deutlich gesunken. Von 2014 bis 2018 seien jährlich im Schnitt 88 Schiffe "verloren gegangen", in den fünf Jahren zuvor seien es im Schnitt 120 gewesen. Fortschritte gebe es auch bei der Senkung von Luftverschmutzung durch Schiffsabgase. Zudem seien Vorfälle mit Öllecks nach wie vor selten.

Quelle: ntv.de, ino/dpa


Aus: "Ozeane in Gefahr Zahl der Todeszonen wächst" (Donnerstag, 22. April 2021)
Quelle: https://www.n-tv.de/wissen/Zahl-der-Todeszonen-waechst-article22506080.html

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Quote[...] Der Agrarchemie- und Pharmakonzern Bayer hat auch im zweiten seiner US-Berufungsverfahren wegen angeblicher Krebsrisiken des Unkrautvernichters Glyphosat eine Niederlage erlitten. Das zuständige Gericht in San Francisco bestätigte am Freitag ein Urteil, wonach Bayer dem Kläger Edwin Hardeman insgesamt gut 25 Millionen Dollar (20,6 Mio Euro) Schadenersatz zahlen muss.

Bayer zeigte sich in einer Stellungnahme enttäuscht. Die Entscheidung des Gerichts sei nicht durch die Beweislage beim Prozess oder geltendes Recht gedeckt, erklärte das Unternehmen. Bayer ziehe alle rechtlichen Möglichkeiten in Betracht, um eine erneute Überprüfung des Falls zu erreichen. Dabei werde auch die Option geprüft, das Oberste Gericht - den US Supreme Court - einzuschalten.

Hardeman hatte den glyphosathaltigen Unkrautvernichter Roundup des 2018 für über 60 Milliarden Dollar von Bayer übernommenen US-Saatgutriesen Monsanto für seine Krebserkrankung verantwortlich gemacht. Eine Geschworenenjury hatte 2019 zunächst Strafzahlungen von gut 80 Millionen Dollar gegen Bayer verhängt. Später wurde die Summe deutlich reduziert. Der Konzern hatte trotzdem Berufung eingelegt.

Bayer ist in den USA mit zahlreichen Glyphosat-Klagen konfrontiert, die das Unternehmen mit einem milliardenschweren Vergleich beilegen will. Nur drei Fälle wurden bislang vor Gerichten verhandelt, alle drei verlor der Dax-Konzern. Auch in Berufungsverfahren hatte Bayer bislang keine Erfolge.

Das mit dem Monsanto-Kauf übernommene Glyphosat-Problem macht dem Konzern schwer zu schaffen. In den USA meldeten bereits über 125.000 Kläger Ansprüche auf Schadenersatz an. Bayer will mehr als elf Milliarden Dollar in die Hand nehmen, um das Massenverfahren beizulegen. Doch ein wichtiger Teil des Vergleichs bedarf noch einer richterlichen Genehmigung. Am 19. Mai steht hierzu eine wichtige Anhörung an. (dpa)


Aus: "Unkrautvernichter mit Glyphosat: Bayer verliert weiteres Berufungsverfahren in den USA" (14.05.2021)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/unkrautvernichter-mit-glyphosat-bayer-verliert-weiteres-berufungsverfahren-in-den-usa/27193252.html


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Quote[...] Der deutsche Chemiekonzern Bayer steigt im Streit um den glyphosathaltigen Unkrautvernichter Roundup aus einem US-Vergleichsverfahren für mögliche künftige Kläger aus - und stellt den Verkauf von Roundup an US-Privatkunden auf den Prüfstand. Das gab der Konzern in der Nacht auf Donnerstag bekannt, nachdem ein Bundesrichter in San Francisco den Vorschlag für eine Vereinbarung zwischen Bayer und Klägeranwälten von Krebspatienten zurückgewiesen hatte.

"Die Entscheidung macht es unmöglich, den vorgeschlagenen nationalen Lösungsmechanismus unter der Aufsicht dieses Gerichts weiterzuentwickeln, der die fairste und effizienteste Lösung für alle Parteien gewesen wäre", erklärte Bayer.

Der Leverkusener Konzern, dessen US-Tochter Monsanto Roundup herstellt, stellte stattdessen einen "Fünf-Punkte-Plan zum effektiven Umgang mit potenziellen künftigen Glyphosat-Klagen" vor. Dieser umfasse "rechtliche und kommerzielle Maßnahmen, die in Summe ähnliche Sicherheit in Bezug auf mögliche künftige Klagen schaffen".

Als einen Schritt kündigte Bayer an, das Angebot von Glyphosat-haltigen Herbiziden wie Roundup für US-Privatkunden auf den Prüfstand zu stellen. "Das Unternehmen wird weiterhin auf dem US-amerikanischen Privatkundenmarkt aktiv sein, aber umgehend mit Partnern über die Zukunft von Glyphosat-basierten Produkten auf diesem Markt diskutieren", erklärte der Konzern. "Diese Diskussionen betreffen nicht die Verfügbarkeit von Glyphosat-basierten Produkten für professionelle Nutzer und die Landwirtschaft."

Bayer plant zudem eine Internetseite "mit wissenschaftlichen Studien zur Sicherheit von Glyphosat-basierten Produkten" und will bei der US-Umweltbehörde EPA beantragen, einen entsprechenden Hinweis auf die Etiketten von Roundup-Produkten drucken zu dürfen. Der Konzern zeigt sich zugleich "offen für Vergleichsverhandlungen" und will laufende Berufungsverfahren fortführen.

Für Donnerstag kündigte das Unternehmen eine Telefonkonferenz für Investoren, Analysten und Medien an. Teilnehmen werde unter anderen Konzernchef Werner Baumann.

Bayer hatte den US-Agrarkonzern Monsanto 2018 für rund 54 Milliarden Euro gekauft. Der Streit um dessen Unkrautvernichter Roundup ist für den Leverkusener Konzern bis heute eine juristische und finanzielle Belastung.

Bayer will die Rechtsstreitigkeiten über eine mögliche krebserregende Wirkung von Roundup mit Entschädigungszahlungen in Höhe von rund elf Milliarden Dollar beilegen. Davon sind etwa neun Milliarden Dollar für bis zu 125.000 Kläger vorgesehen, deren Klagen bereits eingereicht wurden oder in Vorbereitung sind. Zwei Milliarden Dollar sind für mögliche künftige Klagen vorgesehen.

Den Lösungsvorschlag für diese potenziellen zukünftigen Klagen lehnte am Mittwoch aber Bundesrichter Vince Chhabria in San Francisco ab. Die Einigung sei für mögliche künftige Krebspatienten schlichtweg "unvernünftig". Die Vereinbarung würde für die Bayer-Tochter Monsanto "viel erreichen", schrieb der Richter in seiner Entscheidung. "Sie würde viel weniger für Roundup-Nutzer erreichen, die noch nicht mit (der Krebserkrankung Non-Hodgkin-Lymphom) NHL diagnostiziert wurden."

Chhabria hatte bereits im vergangenen Jahr einen Vergleichsvorschlag als unzureichend kritisiert. Vergangene Woche prüfte er dann einen nachgebesserten Vorschlag, auf den sich Bayer und die Klägeranwälte im Februar geeinigt hatten.

Bayer ist in den USA in drei Prozessen wegen Krebserkrankungen nach einer Nutzung von Roundup zu hohen Entschädigungszahlungen verurteilt worden. Erst Mitte Mai bestätigte ein Bundesberufungsgericht in San Francisco eine Verurteilung des Konzerns zu rund 25 Millionen Dollar Schadenersatz an einen an Krebs erkrankten Kläger.

Der Konzern bestreitet, dass der Unkrautvernichter krebserregend ist. Die Frage ist in der Forschung umstritten. Die US-Umweltbehörde EPA und auch die Aufsichtsbehörden in der EU und Deutschland sind zu dem Schluss gelangt, dass von Glyphosat keine Krebsgefahr ausgehe. Dagegen konstatierte die zur Weltgesundheitsorganisation WHO gehörende Internationale Agentur für Krebsforschung 2015, dass Glyphosat "wahrscheinlich krebserregend bei Menschen" sei. (AFP)



Aus: "Bayer steigt aus US-Vergleichsverfahren aus" (27.05.2021)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/neue-schlappe-im-streit-um-glyphosat-bayer-steigt-aus-us-vergleichsverfahren-aus/27226660.html

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Quote[....] BERLIN taz | Der umstrittene Unkrautvernichter Glyphosat wird vorerst nicht verboten. Am Freitag sollte der Bundesrat über die Verordnung zum Pflanzenschutz abstimmen, die das Ende von Glyphosat Ende 2023 besiegeln und weitere Beschränkungen von Herbiziden und Insektiziden bringen soll. Es ist eines der zentralen Vorhaben der Bundesregierung. Die Insekten sollen damit besser geschützt werden. Doch die Beschlussfassung wurde kurzfristig von der Tagesordnung gestrichen – auf Drängen der Union.

Mit dem Sterben der Bienen, Schmetterlinge, Käfer stehe das große Ganze auf dem Spiel, warnt der weltweit anerkannte Insektenforscher Josef Settele vom UFZ, dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Halle: ,,Insekten bestäuben Obstbäume und viele andere Kultur- und Naturpflanzen. Sie sind entscheidend für die gesunde Ernährung der Menschen. Insekten sind Nahrungsgrundlage für viele andere Tiere, und wenn die nicht mehr genug zu fressen haben, sind sie selbst gefährdet. Insekten spielen auch eine wichtige Rolle dabei, dass die Böden fruchtbar und das Wasser sauber bleibt", so Settele.

Doch die Stimmung war angespannt, spätestens seit sich die schwarz-rote Koalition vorgenommen hat, den Schwund der Insekten zu stoppen. Schon zuvor – die CDU-Politikerin Julia Klöckner war noch nicht Bundesagrarministerin, sondern Christian Schmidt von der CSU leitete das Ressort – gab es Ärger. Schmidt stimmte im Herbst 2017 einer weiteren Zulassung von Glyphosat in der EU zu – gegen den Willen der damaligen SPD-Bundesumweltministerin Barbara Hendricks und ohne Absprache mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Später sollte er zu seinem Glyphosat-Votum im Alleingang sagen: ,,So isser, der Schmidt." Glyphosat, das nicht nur Insekten schädigt, sondern auch in Verdacht steht Krebs auszulösen, ist wie kein anderes Pflanzenschutzmittel zum Politikum geworden.

Umweltschützer stehen auf der einen Seite, Landwirte auf der anderen. In den letzten Monaten sind Bäuerinnen und Bauern mit ihren Traktoren durch das Regierungsviertel in Berlin gerollt. Sie haben ,,Spiel mir das Lied vom Tod" aus großen Lautsprecherboxen ertönen, Sirenen heulen lassen. Auch in anderen Städten Deutschlands machten sie ihren Unmut deutlich. Sie fürchten um ihre Erträge und Existenz, wenn der Einsatz von Chemie stärker reguliert wird. Ihren Bedenken hat die Union nun offenbar nachgegeben.

In den Bundesländern, in denen sie regiert oder mitregiert, habe sie eine Zustimmung verweigert, hieß es am Donnerstag in Regierungskreisen. Die Länder hätten sich also bei der Abstimmung in der Hauptstadt enthalten müssen. Das Vorhaben Insektenschutz wäre endgültig geplatzt. Das befanden Unionsstrategen im Bund offenbar für heikel. Das Bundeskabinett hatte sich erst im Februar nach langem Hin und Her geeinigt. Am Ende hatte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel selbst eingeschaltet.

Die nächste Sitzung des Bundesrates ist Ende Juni. Ob die Union dem Glyphosat-Verbot dann zustimmen wird, ist offen.


Aus: "Kein Schutz für Insekten: Union kippt Bienen-Schutz-Gesetz" Hanna Gersmann (28. 5. 2021)
Quelle: https://taz.de/Kein-Schutz-fuer-Insekten/!5775520/

QuoteUranus Freitag, 21:01

"Wer braucht schon tatsächlichen Schutz von Tieren? Die Nahrungsmittel kommen doch aus dem Supermarkt! Und Sie wollen doch nicht wirklich geringere Gewinne und in folge Arbeitsplatzabbau in der Agrochemie?" ;-/


Quotetomás zerolo Freitag, 15:53

An den Artikel, und auch @JAN BERGER: bitte nicht "die Landwirte". Der Bauernverband. Die tun so, als sprächen sie für alle Landwirt*innen.


QuoteRudolf Fissner
Freitag, 20:53

@tomás zerolo Ca 90% der landwirtschaftlicBetriebe sind Mitglied im Bauernverband. ( https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Deutscher_Bauernverband&oldid=210626690#Mitglieder )

Sie sprechen also faktisch schon für fast alle Landwirte.

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