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Messages - Link

#1
"Der politisch-moralische Kern. Zur Geschichte des Völkerstrafrechts nach 1945" Alexa Stiller (14. April 2024)
[Alexa Stiller ist Ambizione Fellow am Historischen Seminar der Universität Zürich. Sie hat zur NS-Geschichte und zu den Nürnberger Prozessen geforscht und publiziert. 2022 ist ihr Buch ,,Völkische Politik: Praktiken der Exklusion und Inklusion in polnischen, französischen und slowenischen Annexionsgebieten, 1939-1945" bei Wallstein erschienen. Derzeit forscht sie zur Entstehungsgeschichte des internationalen Strafrechtsregimes in den 1990er Jahren.]
Das Gleichheitsversprechen des Völkerrechts, der Menschenrechte und des Völkerstrafrechts wird immer wieder in Zweifel gezogen. Was bedeutet das für den Internationalen Strafgerichtshof IStGH in Den Haag? Über die Geschichte des Völkerstrafrechts und seine gesellschaftliche und politische Dimension.
#2
Quote[...] Das Vertrauen in die deutschen Medien ist erneut gesunken. Dies zeigen neuste Zahlen und Daten aus einer Langzeitstudie des Instituts für Publizistik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz; diese werden jährlich vorgelegt. Demnach stimmten insgesamt 25 Prozent der befragten Erwachsenen "voll und ganz" beziehungsweise "eher" der Aussage zu, dass die Themen, die einem selbst wichtig seien, in den Medien "gar nicht ernst" genommen würden. 29 Prozent antworteten auf die Aussage mit "teils teils", für 46 Prozent trifft sie eher nicht oder überhaupt nicht zu.

"Die Wahrnehmung einer Kluft zwischen Medien und Publikum ist vergleichsweise weitverbreitet", heißt es in der Studie. Dass sich Menschen von der Art und Weise, wie Medien Themen und Meinungen darstellen, nicht repräsentiert fühlen, trifft demnach längst nicht mehr nur auf den "harten Kern der Zynikerinnen und Zyniker" zu.

Damit nähert sich das Medienvertrauen langsam wieder dem Vor-Corona-Niveau an. Während der Pandemie war das Vertrauen in die deutschen Medien besonders hoch – auch, weil es in der Krise akut und besonders viel Informations- und Orientierungsbedarf gab. Ein solcher Effekt lässt sich demnach für die Berichterstattung über den Krieg in der Ukraine oder in Israel und Gaza nicht beobachten.

Die Frage, ob die Kritikerinnen und Kritiker sich zu Recht entfremdet fühlten, klammerten die Studienautoren aus. Sie legten ihren Fokus auf den subjektiven Eindruck der Befragten.

Im Vergleich zu anderen gesellschaftlichen Institutionen schneiden die Medien beim Vertrauen nicht besonders schlecht ab, eher im Mittelfeld. Im Jahr 2023 vertrauten 44 Prozent der Menschen in Deutschland den Medien. Diese liegen damit deutlich vor der Politik und den unter anderem durch Missbrauchsskandale in die Krise geratenen Kirchen (jeweils 17 Prozent) sowie vor den Unternehmen (18 Prozent). Die Bundeswehr schloss 2023 hingegen erstmals zu den Medien auf (43 Prozent). Vor den Medien lagen die Justiz (59 Prozent) und die Wissenschaft (69 Prozent).

Die Mainzer Langzeitstudie zum Medienvertrauen läuft schon seit 2015. Für die aktuellen Ergebnisse wurden im November und Dezember 2023 telefonisch 1.200 Menschen ab 18 Jahren bundesweit befragt. Sie gilt damit als repräsentativ für diesen Teil der Bevölkerung.


Aus: "Ein Viertel der Deutschen fühlt sich von Medien nicht repräsentiert" (17. April 2024)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2024-04/medienvertrauen-studie-mainz-kluft-repraesentation

QuoteDtekrvttkdjdj

Welche Signifikanz hat eine tel. Befragung einer Stichprobe von 1200 Menschen in Deutschland?


QuoteSBR70

Bitte wer sind denn "die Medien". Das ist eine dermaßen pauschale und undifferenzierte Fragestellung - was will man denn da als Antwort erwarten? ...


Quoteriefloch

... Schon "früher" hatten Zeitungen eine Ausrichtung. In der FAZ haben sie auch in den 60er Jahren keine progressiven Artikel zum Umweltschutz gelesen.

...


QuoteEckbert_286

Bei diesen Umfragen würde mich immer interessieren, was das denn für Themen sind, bei denen sich ca. 25 % der Deutschen nicht repräsentiert fühlen in den Medien. Wenn das nämlich dieselben 20 - 25 % sind, die sich einen Kaiser und/oder Führer herbeisehen, ist es doch gar nicht schlecht, wenn die Medien diese Geisteshaltung nicht widerspiegeln.

https://www.spiegel.de/politik/deutschland/deutschland-etwa-25-prozent-der-jungen-wuenschen-sich-einen-starken-fuehrer-a-1254614.html


Quotesryke

Ich kann auch nicht so viel mit "die Medien" anfangen. Es gibt doch eine sehr diverse Medienlandschaft da draußen. Ich konsumiere hauptsächlich ZON und FAZ. Und wenn mir die Leserkommentare auf ZON zu viel werden, schaue ich mir zum seelischen Ausgleich die Kommentare auf WELT an, um mich zu vergewissern, dass doch nicht alle Menschen in diesem Land vegan oder/und grün wählend sind.

Eine Sonderstellung hat natürlich der ÖRR. Vermutlich setzen viele "die Medien" mit dem ÖRR gleich.


QuoteHenry C. Chinaski

Lesen Sie die Kommentare im Focus. Dort werden Sie keine Anhänger von rot /grün finden...


QuoteSkipper63

Ja klar, weil die Medien uns nicht die faktische Wahrheit erzählen, sondern eine Erzählung, die ihnen passt. Da werden Fakten weg gelassen oder herunter gespielt, siehe Gaza.

Es gibt im Netz genug sehr objektive progressive Nachrichtenkanäle, wo man ehrlicher und objektiver informiert wird und wo Gästen harte und direkte Fragen und Nachfragen gestellt werden!


QuoteFheingheist

Das Gute und gleichzeitig das Problem am Netz ist, da finde jeder seine Wahrheit.


Quoteriefloch

Wie schon gestern/vorgestern in einem Beitrag erwähnt: Das Hauptproblem ist das Internet aus meiner Sicht, aus 3 Gründen:

1. Zum einen gibt es eine Reizüberflutung für den Leser. Immer mehr Informationen kommen über immer mehr Kanäle hinein. Wenn im Minuten-Stakkato auf den sozialen Netzwerken und Zeitungsportalen Pressemeldungen hereinkommen, weiß man oft gar nicht mehr woran man ist. Wer weiß schon noch, welche Meldung man vor einer Stunde gelesen hat, welche Informationen diese hatte? Eingeprägt wird sich nur noch die "heftigste" Nachricht des Tages.

2. Die zweite Ebene betrifft die Seite der Medien. Früher hatten Journalisten einen ganzen Tag Zeit um zu recherchieren. Der Artikel wurde geschrieben und am nächsten Tag stand es weitgehend ausformuliert und detailreich in der Zeitung. Heute gibt es aufgrund des Internets mehr Medien und auch mehr einzelne "Journalisten", also Blogger, Videotuber, Twitterer, usw, die alle auch gewissermaßen publizieren. Dadurch sinkt die Qualität, in immer schnellerer Zeit (bevor die Konkurrenz etwas veröffentlicht) müssen immer mehr Informationen stehen. Daraus folgt, dass diese schnell fehlerhaft sind. Die Fehler werden aufgedeckt und die Leute denken "der Journalist lügt bewusst!".

3. Zudem das Problem der Finanzierung. Emotionale, provokative Themen bringen Klicks, die bringen Einnahmen. Nüchterner, sachlicher Journalismus wird nicht angeklickt. Journalisten sind also angehalten, zu übertreiben, Debatten anzuheizen.


Quote2b is 2do

Wer ist "die Medien"?
ZON, FAZ, FR, taz, BILD, WELT, NIUS, RT?

...


QuoteWESSIBEAMTER

Die Berichterstattung ist für 25 Prozent der Bevölkerung egal. Die glauben halt nur das, was ihnen passt.


QuoteSBR70

Jeder glaubt das, was er glauben will. Nicht nur 25% der Bevölkerung.


QuoteTordenskjold

Die neue deutsche Weinerlichkeit, gepaart mit Medieninkompetenz und den Einflüssen der "Lügenpresse"-Propaganda. Man kann "Meinung" nicht mehr ertragen - es sei denn, es ist die eigene. Widerspruch im Rahmen einer kontroversen Debatte wird als "canceln" denunziert. Man fühlt sich schnell wie "Jana aus Kassel"...

Presse kann und darf Meinung und muss nicht zwanghaft versuchen "neutral" zu sein. Was waren das für Zeiten, als die Journalisten sonntagsvormittags in "Der Internationale Frühschoppen" sich bei Weißwein und Fluppen leidenschaftlich in die Haare kriegten und niemand mangelnde "Neutralität" beweinte.

Heute bejammert man eine angeblich "gespaltene" Gesellschaft und wer sich erdreistet mal einen rauszuhauen, dem wird sofort "Ideologie" vorgeworfen. Das ist der neue Meinungsterror aus der Mitte. Immer schön "neutral" berichten, bloß keine abweichende Meinung präsentieren.

Dazu kommt die Medieninkompetenz: Menschen können "Bericht" nicht mehr von "(Gast-)Kommentar" unterscheiden. Menschen verstehen Richtungen, Hintergründe und politische Zuordnung von einzelnen Publikationen nicht mehr. Statt sich zu freuen, dass wir so viele verschiedene Medien konsumieren können, beklagt man, dass die alle "ideologisch motiviert" nicht das Gleiche schreiben, sagen, senden...

Der traurigste Auswuchs ist Diether Nuhr. Der schwadroniert über "Cancel Culture" und kritisiert die öffentlich rechtlichen Medien. In den öffentlich rechtlichen Medien, die ihn dafür fürstlich entlohnen...


QuoteErnst Acht

In einer Gesellschaft die immer diverser wird ist ein viertel welches sich nicht durch die Medien repräsentiert fühlt durchaus kein besonderer Wert. Was mir eher Sorge macht ist die Medienkompetenz der Deutschen. Ich lese von Menschen die Objektivität fordern und damit die Abwesenheit einer ihnen ungenehmen Meinung bezeichnen bzw erwarten, dass ihre Lebewelt genau so abgebildet wird wie sie diese leben.

Am problematischten halte ich das generieren von Filterblasen in den sozialen Medien weil einem dadurch vermittelt wird es gäbe eine Realität die meiner ähnlich ist. Das erwachen in den normalen Medien ist dann meist mit erschrecken verbunden weil dort auch andere Meinungen und Sichten präsent sind und man selbst nur einen Teil des Meinungsspektrums abbildet.

Generell würde ich mir eine Entanonymisierung der sozialen Medien wünschen um die Akteure besser zu erkennen.


...
#3
Quote[...] Der Ärztliche Sachverständigenbeirat beim Bundessozialministerium hat entschieden, dass Parkinson nach dem Einsatz von Pestiziden eine Berufskrankheit darstellen kann. NDR.de sprach darüber mit dem Vorsitzenden des Beirats, dem Arbeitsmediziner Prof. Thomas Kraus.

Susanne Schäfer: Herr Prof. Kraus, zwölf Jahre hat es gedauert, bis die Anerkennung als Berufskrankheit vorlag. Warum so lange?

Thomas Kraus: Wir wussten schon sehr lange, dass es Zusammenhänge zwischen einer Pestizid-Belastung im Beruf und der Parkinson-Krankheit gibt. Aber es war extrem schwierig, die wissenschaftliche Literatur aus der ganzen Welt zu bewerten, aufzuarbeiten und dann Kriterien einer Berufskrankheit für das deutsche Sozialrecht abzuleiten.

Susanne Schäfer: In Frankreich ist Parkinson ja schon seit 2012 als Berufskrankheit anerkannt. Auch Italien war schneller. Haben die mehr in Forschung investiert, oder warum ging das dort schneller?

Thomas Kraus: Da sind Berufskrankheiten zum Teil anders definiert, und das geht dann einfacher. Wir haben in Deutschland hohe sozialrechtliche Hürden. Und im Ärztlichen Sachverständigenbeirat arbeiten wir alle ehrenamtlich. Wir haben selber gesehen, dass es zu langsam voran ging. Deshalb wurde das Gesetz jetzt auch geändert und wir haben eine wissenschaftliche Geschäftsstelle. Wir hoffen, dass wir dadurch bei künftigen Entscheidungen zur Anerkennung von Berufskrankheiten schneller sind.

Susanne Schäfer: Bei Pestiziden denkt man sofort an Glyphosat, dessen Zulassung in Europa trotz vieler Proteste gerade erst verlängert wurde. Hinter Glyphosat und anderen Pestiziden stecken große Herstellerfirmen. Haben diese Firmen oder deren Lobbyisten versucht, eine Entscheidung zu verhindern?

Thomas Kraus: Nein, da gab es keinerlei Einflussnahme der Hersteller.

Susanne Schäfer: Jetzt haben Sie Risikogruppen definiert. Wer ist denn besonders gefährdet?

Thomas Kraus: Landwirte, Winzer und andere Anwender von Pestiziden. Und da sind Herbizide, Fungizide und Insektizide eingeschlossen.  Wenn man bei einem dieser Pestizide mindestens 100 Anwendungstage im Berufsleben hatte, dann ist das Kriterium einer Berufskrankheit bei einer gesicherten Diagnose Parkinson erfüllt.

Susanne Schäfer: Was hat Sie am Ende überzeugt, so dass sie sicher sagen können, Pestizide können Parkinson verursachen?

Thomas Kraus: Letztlich die Vielzahl an Studien aus der ganzen Welt – etwa aus Frankreich oder den USA. Da gab es Studien mit einer guten Datenqualität, auch über die Dosis-Wirkungs-Beziehung.

Susanne Schäfer: Was ändert sich für Betroffene, durch die Anerkennung als Berufskrankheit?

Thomas Kraus: Wenn ein Betroffener eine Berufskrankheit anerkannt bekommt, dann wird auch geprüft, inwiefern eine Minderung der Erwerbsfähigkeit vorliegt. Diese Minderung der Erwerbsfähigkeit wird dann in Prozentzahlen angegeben, und dafür gibt es eine finanzielle Entschädigung. Die Zahlung orientiert sich am letzten Jahresbruttoverdienst des Beschäftigten. Und es gibt weitere Leistungen der Unfallversicherung, die sind besser als die normalen Leistungen der Krankenversicherung, wo es immer nur um das Notwendige geht.

Susanne Schäfer: Es gibt ja inzwischen deutlichere Warnhinweise, Arbeitsschutzkleidung und -ausrüstung für den Umgang mit Pestiziden - ganz anders, als in der Vergangheit. Reicht das jetzt aus?

Thomas Kraus: Die Warnhinweise und Verfahrensregeln fürs Spritzen und Anmischen der Pestizide reichen schon aus. Wichtig wäre, dass sie angewendet würden. Oft fehlt das Bewusstsein für die Gefahr, und die Unterweisungen sind mangelhaft. Da könnte die Anerkennung als Berufskrankheit helfen. Eine neue Berufskrankheit schärft oft das Bewusstsein und bringt einen Schub für die Prävention. Das erhoffe ich mir jetzt auch für Parkinson und den Umgang mit Pestiziden.

Susanne Schäfer: Sind die aktuellen Vorschriften denn auch praxistauglich und werden sie kontrolliert?

Thomas Kraus: Vor 30, 40 Jahre war das Gefahrenbewusstsein noch nicht so ausgeprägt. Aber es gibt auch heute noch Defizite. Gerade in kleinen und mittelgroßen Betrieben ist noch viel Nachholbedarf. Und auch bei den Kontrollen sehe ich Defizite.

Susanne Schäfer: Was ist Ihre Botschaft für junge Landwirte, Gärtner und Winzer, die heute Pestizide nutzen? Müssen die Angst haben, in Zukunft an Parkinson zu erkranken?

Thomas Kraus: Ich finde es aus ökologischer Sicht sinnvoll, so wenige Pestizide wie möglich einzusetzen in der Landwirtschaft. Wenn man sie einsetzt, ist es wichtig, dass man sich persönlich schützt, um das Erkrankungsrisiko so gering wie möglich zu halten. Und da geht es vor allem um den Kontakt über die Haut und Atemwege. Wir können sagen: Je weniger ein Landwirt spritzt, desto niedriger ist das Risiko. Und wenn er Pestizide nicht meiden kann, dann muss er sich und seine Beschäftigten gut schützen.



Aus: "Berufserkrankung bei Landwirten: Pestizide verursachen Parkinson" (17.04.2024)
Quelle: https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/osnabrueck_emsland/Berufskrankheit-bei-Landwirten-Pestizide-verursachen-Parkinson,parkinson198.html
#4
Quote[...] Die inneren Unruhen in Polen und Ungarn sowie die kritischen Äußerungen von Parteiintellektuellen führten zu einem neuerlichen Kurswechsel innerhalb des MfS – der Fokus lag vermehrt auf der Repression gegenüber inneren oppositionellen Kräften. Dies spiegelte sich in der ,,Doktrin der politisch-ideologischen Diversion"[17] (PID) wider, die alle Formen innerer Opposition auf den Einfluss des ,,imperialistischen Feindes" zurückführte und zugleich die wachsende Präsenz der Staatssicherheit in allen Alltagsbereichen begründete. Begünstigt wurde dies durch den Mauerbau, der ein Abwandern von Oppositionellen verhinderte. Lagen die Hauptaufgaben des MfS vor dem Mauerbau in der Bekämpfung westlicher Geheimdienste sowie der Fluchtbewegung, so sollte das MfS künftig vermehrt präventiv potentielle Unruheherde erkennen. Als erste Bewährungsprobe für den neuausgerichteten Apparat erwies sich der Prager Frühling.

Im Mai 1971 wurde Walter Ulbricht durch Erich Honecker gestürzt. Im Zuge dessen wurde der Minister für Staatssicherheit Erich Mielke zunächst zum Kandidaten, fünf Jahre später auch zum stimmberechtigten Mitglied des Politbüros gewählt. Entscheidende Fragen der MfS-Tätigkeit berieten beide jedoch in wöchentlichen Vier-Augen-Gesprächen. Seit den frühen 1970er Jahren war die DDR verstärkt um eine internationale Anerkennung und deutsch-deutsche Annäherung bemüht. Dies führte auch zu Änderungen in den Methoden der Staatssicherheit. Da die DDR sowohl im Grundlagenvertrag mit der Bundesrepublik Deutschland als auch mit dem Beitritt zur UN-Charta und der Unterzeichnung der KSZE-Schlussakte die Absicht zur Achtung der Menschenrechte bekundet hatte, versuchte das MfS vermehrt oppositionelles Verhalten ohne Anwendung des Strafrechtes zu sanktionieren und stattdessen auf ,,weiche" und ,,leise" Formen der Repression – wie beispielsweise Zersetzungsmaßnahmen – zurückzugreifen. Hierfür war eine systematische und flächendeckende Überwachung unter Einsatz von bis zu 200.000 inoffiziellen Mitarbeitern erforderlich. Durch Strafverfolgung, Auslands- und Technologiespionage, als Stimmungsbarometer, Zensurbehörde, zur Umgehung von Handelsembargos oder zur Devisenbeschaffung durch Haftarbeit und Häftlingsfreikauf erlangte das MfS eine Schlüsselfunktion im Herrschaftssystem der DDR.

... Ehemalige Stasi-Kader betreiben noch Jahrzehnte nach der Auflösung des Geheimdienstes Geschichtsrevisionismus, verklären und schönen die SED-Diktatur und versuchen, die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen und frühere Opfer zu diffamieren.

Im April 2006 erklärte Marianne Birthler, damalige Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes, dass ehemalige hauptamtliche, mittlerweile in Verbänden organisierte Mitarbeiter des MfS versuchten, ,,das Ansehen der DDR im Allgemeinen, und der Stasi im Besonderen zu schönen, die Tatsachen umzulügen". Sie zögen auch daraus, dass es bei 30.000 Ermittlungsverfahren gegen MfS-Mitarbeiter nur zu etwa 20 Verurteilungen kam, den zynischen Schluss, ,,so schlimm könne es nicht gewesen sein". Es habe nur deswegen kaum Verurteilungen gegeben, weil in einem Rechtsstaat nur Taten bestraft werden dürften, die zum Zeitpunkt ihrer Verübung bereits gegen Gesetze verstießen (Rückwirkungsverbot, Nulla poena sine lege). Wenn also damals zum Tatzeitpunkt kein Verstoß gegen DDR-Gesetze vorgelegen habe, könne heute deswegen nicht verurteilt werden. Nur bei nicht als Straftaten behandelten Schwerverbrechen und Tötungsdelikten, wie beispielsweise bei der Ausführung des Schießbefehls, käme die Radbruchsche Formel zum Zuge, wonach Unrechtsgesetze von Diktaturen keine Geltung haben könnten. So sei es leider Fakt, dass es bei Unrechtshandlungen des MfS gegenüber Gefangenen oder Observierten, die zu Opfern der Zersetzungsmethoden des MfS wurden, nicht zu Verurteilungen kommen könne. ,,Daraus nun aber zu schließen, dass dies kein Unrecht sei, das ist der Gipfel des Zynismus."

...


Quelle: ,,Ministerium für Staatssicherheit". In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 5. April 2024, 07:03 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Ministerium_f%C3%BCr_Staatssicherheit&oldid=243778286 (Abgerufen: 14. April 2024, 09:24 UTC)

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Quote[...] Die Radbruchsche Formel ist eine erstmals 1946 formulierte These des deutschen Rechtsphilosophen Gustav Radbruch (1878–1949) ...

Befindet sich ein Richter in einer Konfliktsituation, in der er zwischen den Möglichkeiten schwankt, eine ihm ungerecht erscheinende Norm des positiven Rechts entweder anzuwenden oder sie zugunsten der materiellen Gerechtigkeit zu verwerfen (Ausnahmesituation), dann schlägt Radbruch vor, den Konflikt folgendermaßen aufzulösen:

    ,,Der Konflikt zwischen der Gerechtigkeit und der Rechtssicherheit dürfte dahin zu lösen sein, daß das positive, durch Satzung und Macht gesicherte Recht auch dann den Vorrang hat, wenn es inhaltlich ungerecht und unzweckmäßig ist, es sei denn, daß der Widerspruch des positiven Gesetzes zur Gerechtigkeit ein so unerträgliches Maß erreicht, daß das Gesetz als ,unrichtiges Recht' der Gerechtigkeit zu weichen hat. Es ist unmöglich, eine schärfere Linie zu ziehen zwischen den Fällen des gesetzlichen Unrechts und den trotz unrichtigen Inhalts dennoch geltenden Gesetzen; eine andere Grenzziehung aber kann mit aller Schärfe vorgenommen werden: wo Gerechtigkeit nicht einmal erstrebt wird, wo die Gleichheit, die den Kern der Gerechtigkeit ausmacht, bei der Setzung positiven Rechts bewußt verleugnet wurde, da ist das Gesetz nicht etwa nur ,unrichtiges' Recht, vielmehr entbehrt es überhaupt der Rechtsnatur. Denn man kann Recht, auch positives Recht, gar nicht anders definieren als eine Ordnung und Satzung, die ihrem Sinne nach bestimmt ist, der Gerechtigkeit zu dienen."

– Gustav Radbruch: Gesetzliches Unrecht und übergesetzliches Recht. SJZ 1946, 105 (107).


Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Radbruchsche_Formel (22. Januar 2024)

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Quote[...] Uwe Krähnke ist Soziologe an der Medical School Berlin, wo er Professor für Qualitative Forschungsmethoden ist. 2012 bis 2015 erforschte er die Soziologie der hauptamtlichen Stasi-Mitarbeiter.
[Buch: Uwe Krähnke, Anja Zschirpe, Matthias Finster, Philipp Reimann (2017): ,,Im Dienst der Staatssicherheit: Eine soziologische Studie über die hauptamtlichen Mitarbeiter des DDR-Geheimdienstes", erschienen im Campus-Verlag.]

...

Martin Ballaschk: Herr Krähnke, für Ihre Studie haben Sie 100 ehemalige hauptamtliche Stasi-Mitarbeiter interviewt. Ist Ihnen dabei Unrechtsbewusstsein begegnet?

Uwe Krähnke: Das gab es in nur sehr wenigen Fällen, vor allem bei den Jüngeren. Erklären lässt sich das damit, dass sie ihr bisheriges Leben, ihre Identität und Biografie hätten komplett infrage stellen müssen. Zudem war das System der Stasi auf fragmentierte Aufgabenbereiche, Befehlsgehorsam, eine organisierte Verantwortungslosigkeit und Empathielosigkeit gegenüber den Opfern ausgerichtet. Dies alles erschwert eine selbstkritische individuelle Schuldzuweisung im Nachhinein.
Als Soziologe frage ich aber nicht nach Rechts- oder Unrechtsbewusstsein, sondern, wie eine Person ihre Stellung und ihr Handeln in die eigene Biografie und Identität einsortiert. Wir sprechen vom Habitus, der sich mit der Kindheit beginnend formiert und den wir als Erwachsener nicht einfach abstreifen können wie einen alten Rock.

Martin Ballaschk: Sie sagen, die Stasi hat diesen Habitus genutzt.

Uwe Krähnke: Es ist ein besonderes Spezifikum der Stasi im Gegensatz zu anderen Geheimdiensten, dass sie aus ideologisch hoch motivierten hauptamtlichen Mitarbeitern bestand, die nicht nur staatsloyal, sondern der SED total ergeben waren. Darauf wurde bereits bei der Rekrutierung geachtet.
Die Stasi-Mitarbeiter, die heute zu Recht stigmatisiert werden als ,,Täter", glaubten damals selbst, auf der Seite des Guten, des Fortschritts und der besseren Gesellschaft zu stehen – was von außen wie eine völlig verzerrte Wahrnehmung wirkt. Diese Menschen haben uns in den Interviews ihre eigene Version der Geschichte erzählt, die sie selbst erlebt haben. 

Martin Ballaschk: Die Täter hatten ein reines Gewissen?

Uwe Krähnke: Dieses Phänomen findet man ebenso bei den soziologischen und psychologischen Untersuchungen zu den Tätern des Nazi-Regimes, da gibt es Parallelen. Das hat mit inneren Glaubenssätzen und der eben skizzierten Persistenz des eigenen Identitätskonzeptes zu tun. [Link:  Meike Fessmann (20.01.2021): "Hannah Arendt als aktuelle Stichwortgeberin: Mit sich selbst ins Gericht gehen" ... "Die Besonderheit ihres [Hannah Arendts] Machtbegriffs, der Macht und Gewalt kontrastiert und Macht als etwas definiert, das immer eine Gruppe benötigt, kommt ebenso zur Sprache wie ihre spezielle Auffassung von Freiheit, die sie gleichfalls nur dann für ,,realisierbar" hält, ,,wenn andere zugegen sind". ... [Hannah Arendts] Denken [hat sich] ,,als die kritische politische Theorie des posttotalitären Augenblicks" erwiesen []." ... | Quelle: https://www.tagesspiegel.de/kultur/mit-sich-selbst-ins-gericht-gehen-4223632.html] Die Stasi hat Bedingungen geschaffen, dass sich die Leute in ihrem falschen Glauben gut einrichten konnten. Die ideologische Linientreue ist aufgefangen worden durch die Parteiorganisation und den Geheimdienstcharakter. MfS-Mitarbeiter waren auch in ihrem Alltag ständig ,,im Dienst". Ihre Lebensbereiche waren so gestaltet, dass sie so gut wie immer zusammen und möglichst abgeschottet vom Rest der Bevölkerung waren, auch im Wohnumfeld. Das diente dem Schutz nach außen, aber auch der Kontrolle.

Martin Ballaschk: Waren die Mitarbeiter also selbst nur Opfer der Stasi?

Uwe Krähnke: Nein, die Leute sind dort nicht passiv hineingekommen und wurden dann instrumentalisiert. Das Besondere der Stasi ist – das hat mit diesem Klassenkampfhabitus zu tun –, dass die Mitarbeiter freiwillig das gemacht haben, was von ihnen ,,gesollt" wurde. Es war ein raffiniertes System der fremdgeführten Selbstdisziplinierung, bei dem die individuellen Dispositionen der Mitarbeiter absolut zu den Organisationsstrukturen des MfS gepasst haben.

Martin Ballaschk: Wäre eine Stasi heute noch genauso möglich?

Uwe Krähnke: Ich glaube, in einer demokratisch angelegten Gesellschaft ist das Risiko geringer, dass es wieder zu solch totalitärem Denken kommt. Die Anfälligkeit für Totalitarismus bei der Stasi lässt sich festmachen an dem beschriebenen Nicht-Zulassen von privaten Lebensräumen. Und das musste auch so sein: Hätte man den Privatraum von Menschen akzeptiert, hätte man Observationen, Verfolgung und Inhaftierung überhaupt nicht zulassen können.

Martin Ballaschk: Die Stasi-Mitarbeiter haben das aber auf sich bezogen so hingenommen.

Uwe Krähnke: Sie hatten keine eigenen Ansprüche, wie das eigene Leben sein sollte und ob es da eine Nische gibt jenseits dieser staatlichen Verordnung und der Idee der sozialistischen Persönlichkeit. Dieses Lebensideal, in dem Privatheit und Selbstbestimmung eliminiert waren, war für sie normal und prägte ihren Erfahrungsraum. Diese Normalitätsvorstellung haben sie verallgemeinert und zu einem Normativitätsideal für die gesamte DDR erhoben.

Martin Ballaschk: Unter der Gesetzgebung der DDR war das legal?

Uwe Krähnke: Wie jeder Geheimdienst hat sich auch die Stasi einer vollständigen rechtsstaatlichen Überprüfung entzogen. So ganz hat das nicht geklappt, weshalb die Stasi sehr bemüht war, von Observierten und dann Festgenommenen Geständnisse zu erpressen. So wollte man eine scheinbar legitime Handhabe erlangen, um die Personen zu verurteilen. Ich glaube, es wäre verfehlt zu sagen, dass die Stasi absolut jenseits dieser DDR-Rechtsordnung agierte. Das erklärt auch, weshalb im MfS so viele Juristen beschäftigt waren.

Martin Ballaschk: Lässt sich die individuelle Schuld der Stasi-Täter trennen von dem System, in denen sie nur funktioniert haben?

Uwe Krähnke: Das ist eine nicht unkomplizierte Frage. Schuld ist eigentlich ein rechtlicher Begriff: Da geht es um Straftaten, die Gerichte entsprechend der Gesetzeslage sanktionieren. Die Schuldzuweisungen in der Öffentlichkeit sind dagegen moralische Bewertungen, und die Frage nach der individuellen Schuld wird da ein bisschen diffus.
Die Funktion solcher moralischen Schuldzuweisungen ist, dass wir selbst versuchen uns zu positionieren zu dem, was wir als illegitim oder inhuman ansehen. Ich sehe das eher als einen Verweis auf uns selbst, denn wir wollen uns eigentlich einreden können, dass die als schuldig diskreditierten Täter von damals eigentlich ganz anders waren als wir selbst.

Martin Ballaschk: Weil wir uns sicher sein wollen, dass wir uns damals richtig verhalten hätten?

Uwe Krähnke: Ja, es ist im Nachhinein leicht zu sagen, man wäre im staatssozialistischen Regime integer gewesen, hätte Widerstand geleistet. Als Soziologe halte ich das für eine Selbsttäuschung, die natürlich psychologisch gesehen eine wichtige Funktion hat. Vielleicht wären wir gar nicht die ,,guten" Menschen gewesen. Vielleicht ist es sogar so, dass ich in meinem Alltag heute dieselben Handlungsweisen praktiziere wie jene, die ich beim ,,Täter" moralisch verurteile.

Martin Ballaschk: War die Tötung von Czesław Kukuczka nicht rechtlich und moralisch ein Verbrechen?

Uwe Krähnke: Einzelheiten sind dazu öffentlich nicht genau bekannt, aber mit dem von Kukuczka angedrohten Sprengstoffanschlag hat die Stasi sicher ihre Rechtfertigung für den Mord gefunden. Es wäre schade, wenn man diesen außergewöhnlichen Einzelfall nun zum Anlass nimmt, um nur darauf hinzuweisen, was die Stasi alles Unmenschliches getan hat, statt genauer zu fragen: Was waren das für Menschen, die im Auftrag des MfS gehandelt haben? Was ist da passiert und wie gehen wir heute damit um?

...


Aus: "Kaum Unrechtsbewusstsein bei Tätern von damals: Berliner Soziologe interviewte ehemalige Stasi-Mitarbeiter" Martin Ballaschk (13.04.2024)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/wissen/kaum-unrechtsbewusstsein-bei-tatern-von-damals-berliner-soziologe-interviewte-ehemalige-stasi-mitarbeiter-11484938.html

#5
Quote[...] Es ist gegen 18 Uhr am Mittwochabend, als Mikael mit seinem Sohn durch eine Unterführung im Stockholmer Stadtteil Skärholmen radelt. Sie sind unterwegs zum nahe gelegenen Hallenbad. In der Unterführung treffen sie auf eine Gruppe Jugendlicher. Was genau geschieht, ist unklar, doch Mikael kehrt um und will die Jugendlichen zur Rede stellen. Wenig später ist er tot. Erschossen, hingerichtet, vor den Augen seines 12-jährigen Sohnes.

So schildert die Schwester des Opfers die Ereignisse später gegenüber dem Sender TV4. Mikaels Sohn wählt zuerst den Notruf, dann informiert er seine Grossmutter. Die Jugendlichen sind längst vom Tatort geflüchtet, als die Polizei eintrifft. Sie führt während der Nacht mehrere Personenkontrollen durch. Verhaftet wurde bis Freitagnachmittag niemand.

Die Bandenkriminalität in Schweden ist längst ausser Kontrolle geraten. Allein in den ersten drei Monaten dieses Jahres gab es im Land 56 Schiessereien. Acht Personen starben. In Skärholmen war es der dritte Schusswaffeneinsatz seit Anfang März. Mikael war nicht vorbestraft. Bis anhin ist nicht bekannt, dass er Verbindungen zu einer Gang gehabt hätte. Er war wohl ein Zufallsopfer. Sein Tod erschüttert Schweden auch deshalb, weil er zeigt: Es kann jeden treffen. Jederzeit.

Die Politik kündigt immer wieder neue Massnahmen gegen die wachsende Kriminalität an – doch geändert hat sich bisher wenig. Auch diesmal hat Ministerpräsident Ulf Kristersson versprochen, der Gewalt ein Ende zu setzen. «Ich habe beschlossen, dass wir die Kontrolle zurückgewinnen und Gesetze umsetzen werden, die wir in Schweden noch nie zuvor gesehen haben», sagte er gegenüber der Nachrichtenagentur TT am Tatort.

Stadtteile, in denen Ausländer unter sich bleiben. Jugendliche, die Gewalt, Drogen und die Mitgliedschaft in Gangs als Lifestyle zelebrieren. Berufskriminelle, die Kinder für ihre Zwecke missbrauchen. Und ein Rechtsstaat, der der organisierten Kriminalität gegenüber machtlos erscheint. Dafür, wie es in Schweden so weit kommen konnte, gibt es viele Gründe. Um das Problem zu lösen, setzt das Land gegenwärtig vor allem bei der Gesetzgebung an.

Im Januar wurden die Strafen für den unerlaubten Besitz von Waffen und Sprengsätzen verdoppelt. In besonders schweren Fällen droht eine Gefängnisstrafe von bis zu zehn Jahren. Im Februar trat ein Gesetz in Kraft, das es der Polizei ermöglicht, Personen, die als gefährlich eingestuft werden, von gewissen Örtlichkeiten wegzuweisen. Solche Rayonverbote können auch präventiv eingesetzt werden – also auch dann, wenn eine Person noch nicht verurteilt wurde.

Am Mittwoch beschloss das Parlament zudem, sogenannte Sicherheitszonen einzuführen. Das Gesetz gibt der Polizei das Recht, in einem bestimmten Gebiet eine Sicherheitszone einzurichten, wenn die konkrete Gefahr von Schiessereien oder Explosionen besteht. Innerhalb dieser Zone darf die Polizei Leibesvisitationen durchführen und Fahrzeuge durchsuchen, ohne dass gegen eine Person ein konkreter Tatverdacht vorliegt. Dänemark kennt solche Zonen bereits. In Schweden tritt das Gesetz am 25. April in Kraft.

Welche weiteren Massnahmen Kristersson vorschweben, ist nicht bekannt. Nachdem im September bei Auseinandersetzungen verschiedener Gangs elf Personen erschossen worden waren, wollte er das Militär gegen die Banden einsetzen. Vorerst ist es bei Worten geblieben, wohl auch deshalb, weil unklar ist, wie eine Zusammenarbeit zwischen Militär und Polizei aussehen könnte. Laut geltendem Recht dürfen die Streitkräfte weder Gewalt noch Zwang gegen Einzelpersonen anwenden.

Kristerssons Regierung wird immer lauter mit dem Vorwurf konfrontiert, sie tue zu wenig. Zu viele Versprechen, die Banden zu besiegen, sind unerfüllt geblieben. Im Jahresbericht der Stadt Stockholm heisst es, dass sich nur 54 Prozent der Anwohnerinnen und Anwohner von Skärholmen, wo Mikael erschossen wurde, sicher fühlen. Mütter und Väter berichten in den Medien davon, ihre Kinder nicht mehr zum Fussballtraining zu lassen. Eine Frau erzählt, wie sie sich abends draussen fürchtet. Und Skärholmen ist längst kein Einzelfall.

Als Ulf Kristersson gemeinsam mit Justizminister Gunnar Strömmer und Sozialministerin Camilla Waltersson Grönvall am Donnerstag den Tatort besuchte, sahen viele darin einen Affront. «Sie reden nur, aber nichts passiert. Es wird jeden Tag schlimmer», sagt Mikaels Schwager zur Tageszeitung «Dagens Nyheter». Auch Mikael soll sich vor seinem Tod im Quartier zunehmend unwohl gefühlt haben. Sorgen machte er sich vor allem um seinen Sohn.


Aus: "In Stockholm will ein Vater mit seinem 12-jährigen Sohn ins Schwimmbad – unterwegs wird er von Jugendlichen erschossen" Linda Koponen, Tallinn (12.04.2024)
Quelle: https://www.nzz.ch/international/ganggewalt-in-schweden-ein-vater-wird-vor-seinem-sohn-erschossen-ld.1826090
#6
Quote[...] US-Präsident Joe Biden will möglicherweise auf eine Strafverfolgung des WikiLeaks-Gründers Julian Assange wegen Geheimnisverrats verzichten. "Wir denken darüber nach", antwortete Biden auf die Frage nach einem entsprechenden Ersuchen Australiens, als er den japanischen Ministerpräsidenten Fumio Kishida empfing. Der Anwalt von Assange wertete die Äußerungen des US-Präsidenten als sehr ermutigend.

"Dies ist ein Fall, der nie hätte begonnen werden dürfen", sagte Wikileaks-Chefredakteur Kristinn Hrafnsson auf einer Kundgebung in London anlässlich des fünften Jahrestags von Assanges Festnahme in Großbritannien. "Die Lösung für diesen Fall, in dem wir es mit einer politischen Verfolgung zu tun haben, ist eine politische Lösung und ein politischer Vorstoß", sagte Hrafnsson.

Der australische Premierminister Anthony Albanese nannte Bidens Äußerung ebenfalls "ermutigend". Er sei der festen Überzeugung, dass die Inhaftierung Assanges nichts bringe und zu einem Abschluss gebracht werden müsse. "Herr Assange hat bereits einen erheblichen Preis bezahlt – und genug ist genug", sagte Albanese.

Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International forderte erneut die Freilassung von Assange, der an diesem Donnerstag seit genau fünf Jahren in Großbritannien im Gefängnis sitzt. "Julian Assange hat es gewagt, Enthüllungen über mutmaßliche Kriegsverbrechen der USA ans Licht zu bringen. Es ist inakzeptabel, dass ihm Jahre seines Lebens gestohlen wurden", sagte Generalsekretärin Agnès Callamard. Die Organisation warnte vor einem katastrophalen Präzedenzfall für die weltweite Medienfreiheit, sollte Assange in die USA ausgeliefert werden. Die USA müssten alle Vorwürfe gegen Assange fallen lassen, forderte Amnesty.

Zuletzt hatte ein britisches Gericht im März entschieden, dass Assange nicht ausgeliefert werden kann, sollten die US-Behörden nicht garantieren, dass ihm keine Todesstrafe droht. Assange ist in den USA in 17 Punkten der Spionage und der missbräuchlichen Nutzung eines Computers angeklagt. Hintergrund ist die Veröffentlichung von rund 700.000 vertraulichen diplomatischen und militärischen Dokumenten über die Enthüllungsplattform WikiLeaks vor fast 15 Jahren. Assange drohen bei einem Schuldspruch in den USA bis zu 175 Jahre Haft.

US-Staatsanwälte werfen dem 52-Jährigen vor, die frühere militärische Geheimdienstanalystin Chelsea Manning zum Diebstahl einiger Dokumente ermutigt und ihr dabei geholfen zu haben. Unterstützerinnen und Unterstützer Assanges sehen in ihm hingegen einen Enthüllungsjournalisten, welcher Fehlverhalten des US-Militärs im Irak und Afghanistan offengelegt hat. 


Aus: "Biden erwägt Verzicht auf weitere Verfolgung von Assange" (11. April 2024)
Quelle: https://www.zeit.de/politik/ausland/2024-04/assange-biden-moeglicher-verzicht-strafverfolgung

QuotePiet Smear

Kommt man endlich doch zu Verstand. Man kann nicht über andere Länder und deren politische Verfolgung von Journalisten und Oppositionellen reden solange der Fall Assange besteht. ...


QuoteZero@Poly

Viel zu spät. Aber schön wär's trotzdem.


QuoteIgnace Karkasy

    Nun sagt Präsident Biden, man denke darüber nach.

... Man hatte Jahre Zeit.


QuoteTrotz alledem und alledem

Das würde dem Werte Westen gut zu Gesicht stehen.


Quotethiak

Es wäre der Glaubwürdigkeit des Westens sehr zuträglich.


QuoteRückspiel

viel zu spät! Was sollte daran denn noch glaubwürdig sein?


Quoteetn

Das war zu erwarten. Aber sie wollten ihn erst ordentlich zappeln lassen (verzeiht die unangemessene Ausdrucksweise, mir fällt nichts besseres ein), um zukünftige potentielle Whistleblower gründlich abzuschrecken.


...
#7
Quote[...] Vor 13 Jahren entdeckte der Fernsehkoch Jamie Oliver was im Essen. Oliver führte in seiner Sendung vor, dass in Schulkantinen und in den Burgern großer Fast-Food-Ketten nicht nur echtes Hackfleisch verwendet wird, sondern auch eine billige Ersatzmasse aus Tierresten, die sonst in Hundefutter oder im Müll landen. Sie werden vom Fett befreit, mit Chemikalien wie Ammoniakwasser versetzt, um Bakterien abzutöten, durch den Fleischwolf gejagt – und zack, sieht es fast aus wie normales Hackfleisch und kann untergemischt werden. Der Name, den Kritiker wie Oliver für diese so preisgünstige wie eklige Pampe prägten: Pink Slime, rosa Schleim.

Olivers Sendung und Berichte des US-Senders ABC sorgten damals dafür, dass McDonalds und andere Pink Slime aus ihren Produkten verbannten. Nun, da die Leute wussten, was da für Schleim in ihrem Essen war, wollten sie damit nichts mehr zu tun haben.
Jahre später taucht der Begriff Pink Slime jetzt wieder auf. Diesmal geht es nicht um Fleisch, sondern um einen Nährstoff der Demokratie: um Journalismus. Pink-Slime-Seiten werden Websites genannt, die so tun, als seien sie seriöse Nachrichtenseiten, tatsächlich aber im Dienst von Lobbygruppen, geheimen Geldgebern oder radikalen politischen Akteuren stehen. Gemeint sind also nicht Donald Trumps Propagandaschleuder Truth Social oder deutsche Portale wie Tichys Einblick und Multipolar. Diese machen aus ihrer Weltsicht und ihren Absichten schließlich kein Geheimnis. Bei Pink-Slime-Seiten handelt es sich hingegen um böswillige Nachahmungen, um pseudojournalistischen Schleim, der die Öffentlichkeit verklebt wie der Pink Slime die Hamburger.
Die Website bostontimes.org zum Beispiel setzt bevorzugt Lügen über den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in die Welt wie jene, Selenskyj habe bei einer Reise nach Argentinien in seinem Flugzeug Kokain geschmuggelt. In ihrer Selbstbeschreibung behauptet die vermeintliche Boston Times, sie sei bereits seit 1972 ein "Leuchtfeuer der journalistischen Integrität" im "Herzen von Massachusetts". Blöd nur, dass es die Website erst seit Januar 2024 gibt. Und blöd auch, dass im pseudoaltehrwürdigen Logo des Fantasiemediums Blödsinnslogans wie "The Jubinldress of Jecelolyatcye" oder "Truth and Uboutelicy" zu lesen sind. Offensichtlich KI-generierter Wortmüll, der darauf setzt, dass schon niemand so genau hinsehen wird.

Das Neue an diesen Seiten ist nicht, dass sie es auf Desinformation angelegt haben. Das kennt man schon seit Jahren von Social-Media-Accounts, Telegram-Channels und so weiter. Neu ist, dass sich die Desinformationsunternehmer nicht mehr mit solchen Störfeuern von der Seite zufriedengeben. Sie greifen jetzt direkt das geschwächte Herz der politischen Öffentlichkeit an: den Journalismus selbst. Erst dessen Krise macht ihren Erfolg möglich.

1.179 Pink-Slime-Seiten hat die Organisation NewsGuard in den USA gezählt, wie die Financial Times berichtet. Andere Zählungen gehen von mehr als 1.600 aus. 1.200 echte Nachrichtenseiten von regionalen Medien gibt es im Land. Auf jede seriöse Seite kommt also schon eine gefälschte, bald dürfte sich das Verhältnis ganz umgedreht haben. Denn in den USA sterben pro Woche mittlerweile zwei bis drei regionale Zeitungen, seit 2005 hat die Zahl der Journalisten im Land um zwei Drittel abgenommen. Die "Nachrichtenwüsten", wie Medienforscher das nennen, breiten sich längst über das Land aus. Pink-Slime-Seiten füllen diese Lücke.

"US local news swamped by 'pink slime' as political influence ramps up"
Dark money-funded outlets that mimic regional news sites are becoming more sophisticated ahead of November election
Hannah Murphy in San Francisco April 3 2024
https://www.ft.com/content/ce6f8b43-8b0f-4081-a13c-47e58640253e

KI verbilligt die Herstellung der Inhalte, Experten rechnen damit, dass die Zahl und die Professionalität solcher Seiten vor der US-Wahl im November noch rasant zunehmen werden. Schon jetzt werden allein über 1.000 Pink-Slime-Seiten, die regionale Nachrichtenportale imitieren, vom Netzwerk Metric Media betrieben, hinter dem nach Recherchen von Forschern ein erzkonservativer Ölmilliardär, ein Verleger und ein Berater der republikanischen Partei stecken sollen. Diese Seiten adaptieren die rechten Lieblingsthemen (angeblicher Wahlbetrug, illegale Einwanderung, LGBTQ+) für ein regionales Publikum und in einer Einseitigkeit, die keine annähernd seriöse Redaktion zulassen würde.

In Europa verbreiteten wiederum russische Fake-News-Schleudern im vergangenen Herbst beispielsweise maßgeblich das Gerücht, in Paris hätten Geflüchtete aus der Ukraine eine Bettwanzenplage ausgelöst. Und in Deutschland tauchten schon 2022 Dutzende Websites auf, die das Layout großer Medienmarken wie Welt, und Spiegel imitierten und russische Propaganda verbreiteten.

Wie viel Schaden solche Websites anrichten, ist bisher kaum zu messen. Klar aber ist: Je regelmäßiger öffentliche Debatten mit den Begriffen und entlang der Fronten eingespielter Kultur- und Identitätskämpfe geführt werden, desto eher sind Menschen bereit, alles zu glauben, was ihre Meinung stärkt – egal, wie unseriös die Quelle ist. Gegen Wokeness kommt dann jedes noch so dubiose Infohäppchen recht. Auch viele seriöse Medien werden längst als Akteure in diesen Kämpfen wahrgenommen und gelesen, statt als deren aufklärende Beobachter. Die Neutralitäts- und Objektivitätsvermutung ist bei vielen Leserinnen und Lesern eh schon großflächig ramponiert, da werden die Pink-Slime-Seiten nur als weitere parteiische Stimme hingenommen.
So sorgen KI, Journalismuskrise, Polarisierung und mangelnde Medienbildung im weltweiten Superwahljahr für einen perfekten Desinformationssturm: Von flood the zone with shit, der berühmten Strategie des einstigen Trump-Strategen Steve Bannon, zu flood the zone with slime.

...


Aus: "Pink-Slime-Journalismus: Der große Schleimangriff" Lenz Jacobsen (6.4.2024)
Serie: Politisch motiviert
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/2024-04/pink-slime-journalismus-online-desinformation-demokratie-usa
#8
Fakten, Fakten, Fakten, und an die Leser denken

Quote[...] Bei der RTL2-Sozialdoku ,,Hartz und herzlich" werden Menschen begleitet, die in Armut leben und meist Bürgergeld beziehen. Das Geld ist knapp und große Sprünge sind nicht möglich. Das sehen Jasmin und Maik etwas anders: Obwohl sich bei dem Paar ein riesiger Schuldenberg angehäuft hat, gönnen sie sich teure Luxusgeräte.

Für Jasmin und Maik geht es in den neuen Folgen von ,,Hartz und herzlich" turbulent zu: Ihr Sohn Lennox sei unterentwickelt , keiner der beiden ist berufstätig und auch finanziell sieht es alles andere gut aus. Sogar das WLAN in ihrer Wohnung wurde kurzzeitig abgestellt, da Rechnungen nicht bezahlt wurden – für den leidenschaftlichen Zocker Maik ein Horror-Szenario. Und dann konnten die beiden auch einen Einkauf bei Lidl nicht bezahlen.

Auch mit dem Jugendamt gibt es immer wieder Ärger. Denn die Behörde verlangt, dass Jasmin in ein Mutter-Kind-Heim zieht. Zwischen all den Sorgen hat sich das Paar nun aber etwas gegönnt: Die junge Mutter hat etwas bestellt – und zwar zwei brandneue Handys, wie ,, mannheim24" berichtet. Und das, obwohl das Konto erst gepfändet wurde.

Es handelt sich bei den beiden Paketen jedoch nicht um irgendwelche Geräte, wie das Paar verrät. Maik bekommt das neue iPhone 15 Pro, für sich hat Jasmin das iPhone 15 Pro Max geordert. Eigentlich hatte das Paar bereits Handys. Bei den neuen iPhones konnte Jasmin trotz der finanziellen Nöte wohl nicht widerstehen.

Um an die neuen Handys zu kommen, verlängerte das Paar einfach die Mobilfunkverträge – so muss der Betrag schließlich nicht auf einmal bezahlt werden. Die Handys kosten neu mehr als 1000 Euro – diese werden über die teuren Verträge nach und nach abgestottert. ,,Wenn die Möglichkeit da ist, warum sollten wir die Möglichkeit nicht nutzen?", sagt die 19-Jährige trocken.

Unklar ist, wie Jasmin und Maik die Mobilfunkverträge finanzieren wollen. Nach Abzug aller Fixkosten hat das Paar monatlich noch rund 200 Euro zur Verfügung. Falls es finanziell doch mal eng werden sollte, hat Jasmin bereits eine Idee – und zwar sich auf andere Leute zu verlassen. ,,Wir haben ja auch Helfer, die uns helfen, sollte mal irgendetwas sein", sagt die 19-Jährige in der Sozialdoku.




Aus: ",,Hartz und herzlich" - In RTL2-Sozialdoku gönnt sich Bürgergeldpaar teuerste iPhones: ,,Warum nicht?"" (06.04.2024)
Quelle: https://www.focus.de/kultur/kino_tv/in-rtl2-sozialdoku-goennt-sich-buergergeldpaar-teuerste-iphones-warum-nicht_id_259822151.html

QuoteBernd

Die beiden sind geistig auch etwas zurück geblieben. Sie sollten soweit entmündigt werden, dass sie keine Verträge irgendwelcher Art meht abschließen dürfen. Der Umgang mit Geld sollte grundsätzlich über einen gesetzlichen Betreuer laufen. ...


QuoteHarald

Hey, das ist RTL! Man muss da nicht alles glauben...


QuoteArno

Ein Unding. Ich frage mich aber, was verwerflicher ist: Wenn man aus fehlendem Einsichtsvermögen einmalig 2000 Euro ausgibt, oder -wie Annalena Baerbock- vorsätzlich jährlich wiederholend 137'000 Euro für einen Visagisten ausgibt. Am Ende zahlt es jedenfalls immer der Steuerzahle


QuoteHans

Stimmt. Ein Unding, dass Menschen nicht begreifen was Scripted Reality ist und das Lied mitsingen, dass dadurch gesungen werden soll.


QuoteFrank

Diesen Menschen kann man nicht helfen.
Bargeld dürften sie gar nicht mehr haben.
Bezahlkarte nur für Lebensmittel.
Alles andere streichen.


QuoteHans

Genau.

Und als nächstes berechnen Sie den Kalorienbedarf pro Tag und schreiben vor was gekauft werden darf?


QuotePeter

Und selbst das wäre noch legitim. Sollen arbeiten gehen, mit dem selbst erwirtschafteten Geld dürfen die sich dann gerne kaufen was sie möchten.


QuoteSören

Mal ganz abgesehen, was man von der Sendung hält aber eines wird hier klar, das Anspruchsdenken.
Wenn ich nicht arbeite kann ich mir nichts leisten, so ist das nunmal.
In unseren Nannystaat wird aber alles gepampert, Sozialverbände schreien nach mehr Sozialleistungen, Fokus gibt einem Bürgergeldempfänger eine Plattform, der 813 Euro fordert.
Wo kommen wir eigentlich hin, wenn jeder sich alles leisten kann, ob er nun arbeitet oder nicht.
Demnächst führen wir nich einen Urlaubssoli für Bürgergeldempfänger ein, damit auch Sie sich schöne Flugreisen leisten können?


QuoteGerd

Das sind sicherlich die Stammwähler der Grünen.


QuoteRobert

Ich denke nicht das die wählen ...


QuoteTobias

Wir stehen also alle morgens um sechs auf, gehen bis abends arbeiten und können uns aufgrund der hohen Steuern und Abgaben nichts mehr leisten, und solche Leute bestellen sich gleich zwei neue iPhones für über tausend Euro? Ich verdiene über 5.000 Euro im Monat und habe mir letztes Jahr nach sechs Jahren endlich ein anderes iPhone gegönnt, kein neues Modell, sondern ein gebrauchtes, aufbereitetes aus der Vorgängergeneration, weil ich mir bei allen anderen Kosten heutzutage kein fabrikneues in der Preiskategorie eines Urlaubs leisten wollte. Das versteht unsere ach so soziale Regierung also unter "sozialer Gerechtigkeit", diejenigen, die arbeiten und Steuern zahlen müssen darben, diejenigen, die den ganzen Tag frei haben und nichts tun, gönnen sich die neuesten Luxusartikel. Absolut krank!


QuoteMika

@Tobias.... Du hast halt was zu verlieren, die haben nichts mehr.... Das ist der Unterschied und deswegen bestellen die halt auch mal eben die neuen Handys... also vorrausgesetzt, dass diese Story kleine Geschichte aus dem Paulanergarten ist.


QuoteHans

Wer bei 5000 Euro netto darbt macht etwas grundlegend falsch.


QuoteGaby

Wo steht was von 5.000,00€ netto? Lesen bildet und richtig lesen ungemein.


QuoteHans

Wo steht was von Brutto? Lesen bildet und richtig lesen ungemein, nicht wahr?


QuoteArnd

Sie sind nicht der Einzige. Ich, deutlich sechsstelliges Jahreseinkommen, beschädigtes, aber funktionierendes iphone 11 (refurbished, haha:))
Ich werde mir kein neues Modell kaufen. Wozu auch, mein Telefon ist nicht kaputt. Man hat halt andere Prioritäten und Menschen priorisieren sehr unterschiedlich. Mich ärgert nur dass verantwortliche Politiker ,,mein Geld" so hemmungslos verprassen und mir ganz klar zeigen, wie schön diese es finden Geld anderer Leute auszugeben.


QuoteHerbert

Ist das wirklich jetzt noch Journalismus wenn gefragt wird warum zwei Bürgergeldempfänger in einer "Skripted Reality Show" sich ein teueres Handy kaufen?

Das bringt Einschaltquoten und schürt den Unmutsreflex beim Zuschauer und anscheinen bei Focus Online Journalisten.
Das ist alles Fake - aber der Journalismus macht den gleichen Fehler wie der Zuschauer - er nimmt es als bare Münze


QuoteKarl-Dieter

Das ist doch pure Absicht vom FOCUS, der der CDU nahe steht. Die machen hier einfach nur versteckten Wahlkampf für konservative Parteien, die gerne den Sozialstaat kürzen wollen, damit mehr billige Arbeitskräfte in den Markt fließen, die sich ausbeuten lassen.


QuoteMartin Schmidt

Warum arbeitsunwillige überhaupt Geld bekommen, kann ich nicht nachvollziehen. Juristisch sollte hier die Verfassung angepasst werden wie auch bezüglich Straftaten von unter Vierzehnjährigen.


QuoteAlfred

@Schmidt

Wie stellen sie sich das denn so vor? Und was machen sie mit den Leichen der Verhungerten?


QuoteCornelia

Geht's eigentlich noch? Warum arbeiten die beiden eigentlich nicht? Wer mit dem Bürgergeld nicht auskommt macht etwas falsch. Die Miete wird vom Amt übernommen, so bleibt der Betrag netto übrig. Für Tatoos, künstliche Fingernägel, große Fernseher und sonstigen Kram reicht das Geld komischerweise immer. In diesem Alter gehört das Bürgergeld grundsätzlich gestrichen.


QuotePeter Bender

Das sind natürlich schöne (echte?) Beispiele. Arm gegen Ärmer. 563€ Bürgergeld + Miete, davon kann ein Alleinstehender leben. Ich bin selbständig, kleine Kneipe, nach Abzug aller Kosten habe ich keine 563€ übrig, muss aber Ende Monat keinen trocken Toast essen. Ich kann zwar nichts sparen, aber ich komme zurecht, selbst als Raucher.


QuoteFranz

Ich gönne diesen Menschen ihr neues Smartphone. Warum sollten sie die bestehenden Gesetze nicht zu ihrem Vorteil nutzen? Alles im legalen Rahmen, also kein Problem.


QuoteRainer

Ja klar. Eines der teuersten iPhones, aber das Kind ist unterentwickelt -wie die Eltern. Es ist halt das typische Phänomen. Keine Kohle, aber sich absolute Luxusartikel gönnen, um sich selbst so mehr Wertigkeit zu suggerieren. So funktionieren Schuldenfallen perfekt.


QuoteKatharina

Dürfen die Darsteller mit ihrer Gage nicht machen was sie wollen?


QuoteGaby

Tja, aber die ,,Gage" muss doch dem Amt als Zuverdienst gemeldet werden.


QuoteHugo

,,Hartz und herzlich" - In RTL2-Sozialdoku gönnt sich Bürgergeldpaar teuerste iPhones:,,Warum nicht?"

KUKKSI also. Extrem seriös, Fakten faktenbasiert und neutral. Außer Döneken nix drin.

Mit sowas kooperiert also der Focus, der sich mal Fakten, Fakten, Fakten, und an die Leser denken zum Slogan gewählt hatte.


...

#9
Quote[...] Wenn man es auf eine einfache Formel bringen will, lautet sie so: Wer arm ist, lebt am Stadtrand. Das zeigt eine Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB). Sozialforscher nennen eine solche soziale Spaltung auch Segregation. Mit Zahlen der Bundesagentur für Arbeit und der Bevölkerungsstatistik haben die WZB-Wissenschaftler jeweils einen Wert für jede Stadt berechnet. Für 24 Städte im Norden liegen die Daten vor. Sie zeigen: Wie stark Arm und Reich getrennt voneinander leben, unterscheidet sich - je nach Stadt - deutlich. Das messen die Forschenden durch den sogenannten Segregationsindex: Je höher er ist, desto stärker die räumliche Trennung von Arm und Reich.

So ungleich ist der Norden: Ihre Stadt im Vergleich:
Anteil der Menschen, die ein monatliches Bruttoeinkommen von 4800 Euro oder mehr beziehen.

        Wolfsburg   28 %
   Braunschweig   23 %
   Hamburg           20 %
   Norderstedt   20 %
   Hannover   18 %
   Göttingen   17 %
   Garbsen           16 %
   Salzgitter   15 %
   Lüneburg   15 %
   Oldenburg   13 %
   Osnabrück   13 %
   Kiel           13 %
   Celle           13 %
   Hildesheim   13 %
   Lübeck           12 %
   Greifswald   11 %
   Schwerin   11 %
   Rostock           10 %
   Delmenhorst   9 %
   Neumünster   9 %
   Wilhelmshaven   8 %
   Flensburg   8 %
   Stralsund   7 %
   Neubrandenburg   7 %

Anteil der Menschen, die Grundsicherung (Bürgergeld) beziehen:

        Wilhelmshaven   19 %
   Neubrandenburg   17 %
   Salzgitter   17 %
   Delmenhorst   17 %
   Hildesheim   16 %
   Hannover   15 %
   Schwerin   15 %
   Kiel           15 %
   Flensburg   15 %
   Stralsund   15 %
   Celle           14 %
   Neumünster   14 %
   Lübeck           14 %
   Garbsen           13 %
   Hamburg           13 %
   Lüneburg   12 %
   Oldenburg   12 %
   Osnabrück   11 %
   Göttingen   11 %
   Wolfsburg   11 %
   Rostock           10 %
   Greifswald   10 %
   Braunschweig   10 %
   Norderstedt   8 %

So ungleich ist der Norden: Ihre Stadt im Vergleich - Segregationsindex: Je höher, desto stärker getrennt sind Arm und Reich:

        Schwerin   54
   Salzgitter   48
   Neubrandenburg   44
   Wolfsburg   42
   Rostock           42
   Kiel           41
   Neumünster   41
   Hildesheim   40
   Lüneburg   39
   Wilhelmshaven   39
   Stralsund   38
   Greifswald   37
   Celle           37
   Göttingen   32
   Braunschweig   32
   Hamburg           31
   Lübeck           30
   Garbsen           29
   Delmenhorst   28
   Hannover   27
   Osnabrück   27
   Oldenburg   24
   Flensburg   21
   Norderstedt   21

Anteil Akademiker an allen Erwerbspersonen:

        Göttingen   35 %
   Braunschweig   31 %
   Hamburg           29 %
   Hannover   28 %
   Greifswald   26 %
   Lüneburg   26 %
   Oldenburg   25 %
   Kiel           24 %
   Osnabrück   24 %
   Rostock           22 %
   Wolfsburg   20 %
   Hildesheim   20 %
   Norderstedt   18 %
   Lübeck           17 %
   Schwerin   17 %
   Flensburg   17 %
   Stralsund   14 %
   Neubrandenburg   13 %
   Celle           13 %
   Garbsen           11 %
   Wilhelmshaven   10 %
   Salzgitter   8 %
   Neumünster   8 %
   Delmenhorst   8 %

NDR Data Quelle: Marcel Helbig / WZB

Schwerin: Nirgendwo leben Arm und Reich stärker getrennt

An der Spitze steht eine vergleichsweise kleine Stadt: Nirgendwo - weder im Norden noch sonst irgendwo in Deutschland - leben die Menschen so stark voneinander getrennt wie in Schwerin. [...] Wer wohlhabend ist, wohnt meist in der Innenstadt oder in der Altstadt rund um das Schloss. Ärmere Menschen wohnen hingegen eher in bestimmten Vierteln am südlichen Stadtrand - zum Beispiel in Großer Dreesch, Neu Zippendorf, Mueßer Holz oder Lankow. "Gerade das südliche Schwerin sticht wirklich extrem ins Auge", sagt Wissenschaftler Marcel Helbig, der die Daten ausgewertet hat.

Helbig erklärt sich die hohen Segegrationswerte in Schwerin mit einer besonderen Entwicklung des Wohnungsmarkts: "Während sich in anderen Plattenbaugebieten im Osten die Zahl der Bewohner stabilisierte, nahm sie in den entsprechenden Stadtteilen Schwerins weiter ab. Das heißt also: Die Leerstände wurden enorm groß", sagt der Forscher. Den vielen Platz habe man genutzt, um vor allem Neuzugewanderte unterzubringen.

"Da haben sehr viele private Investoren investiert. Die haben dann so eine Art Geschäftsmodell daraus gemacht", sagt Helbig. Die Investoren hätten oft nur wenig Geld in die Plattenbauten investiert, um sie dann für Asylbewerber oder Grundsicherungsempfänger zur Verfügung zu stellen und sichere Mieten von staatlichen Stellen zu bekommen. Dies habe die Segregation vorangetrieben.

Auch in anderen ostdeutschen Städten wie Leipzig zeigt sich dieses Muster auffällig häufig - reiches Zentrum, arme Peripherie. Ein wesentlicher Grund für diese scharfe Trennung sind architektonische Strukturen. So sind in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in der ehemaligen DDR die typischen Plattenbausiedlungen entstanden. Bezahlbarer Wohnraum für eine große Menge an Menschen - dieses Versprechen sorgt bis heute dafür, dass Menschen mit weniger Geld am Stadtrand leben.

Doch auch in westdeutschen Städten markieren große Hochhaussiedlungen am Stadtrand nach wie vor eine starke Segregation. Hannover ist im Norden ein gutes Beispiel dafür: Auch dort zeigt sich eine klare räumliche Trennung von Gutverdienern und finanziell schlechter gestellten Bewohnern. Im Stadtteil Hannover-Mühlenberg leben beispielsweise ärmere Menschen konzentrierter auf einem Fleck. Die Bewohner im Stadtzentrum sind dagegen im Schnitt finanziell bessergestellt.

Stadtplanung und architektonische Muster sind jedoch nur ein Grund für die geografische Trennung von Armen und Reichen. "Um heutige Segregationsprozesse erklären zu können, muss man teilweise relativ weit zurückblicken", sagt der Forscher. Aus der wissenschaftlichen Forschung ist bekannt, so Helbig: "Jede Stadt ist auf eine bestimmte Art aufgebaut und hat ihre ganz eigene geschichtliche Entwicklung."

Für einige Städte in Norddeutschland sieht Forscher Helbig ein bestimmtes Muster: "Insgesamt gibt es eine Reihe von norddeutschen Städten, wo insbesondere alte Industrien gestorben sind", sagt er.

Als Beispiel nennt er Kiel, Bremerhaven und Wilhelmshaven - alles Städte, in denen die einst starke Werftindustrie mit der Zeit verschwand.

"Da verloren viele ihre Arbeit. Und die, die ihre Arbeit verloren, hatten zwei Möglichkeiten: gehen oder bleiben", sagt Helbig. Diejenigen, die blieben, und keine Arbeit mehr fanden, rutschten in die Armut - ein urbanes Muster, das sich bis heute in den Städten spiegelt.

So zeigt die Karte von Wilhelmshaven deutlich, wo in der Stadt sich die Armut am stärksten konzentriert: Es sind vor allem die alten Arbeiterviertel nahe des Hafens Bant, Siebethsburg und Heppens, in denen heute vergleichsweise viele Empfänger von Grundsicherung leben.

Dieses Muster wiederum deckt sich mit anderen norddeutschen Städten, die ihre Werftindustrie verloren haben. "Wenn man sich heute die soziale Ungleichheit in Städten wie Kiel, Wilhelmshaven und Bremerhaven anschaut, dann sind das immer die alten Arbeiterquartiere", erklärt Forscher Helbig. [...]

Auch Hamburg ist eine Stadt mit ausgeprägter Einkommenssegregation. Bei den Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern belegt die Elbmetropole bundesweit Platz drei. Menschen mit hohem Einkommen - und oft auch hohem Bildungsstand - ballen sich im Zentrum und nördlich davon - vor allem in begehrter Lage rund um die Außenalster. [...]

...


Aus: "So stark sind Arm und Reich in norddeutschen Städten getrennt" (05.04.2024)
Quelle: https://www.ndr.de/nachrichten/info/Arm-und-reich-oft-getrennt-So-leben-Stadtbewohner-im-Norden,urbaneungleichheit100.html
#10
Quote[...] Wenn man es auf eine einfache Formel bringen will, lautet sie so: Wer arm ist, lebt am Stadtrand. Das zeigt eine Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB). Sozialforscher nennen eine solche soziale Spaltung auch Segregation. Mit Zahlen der Bundesagentur für Arbeit und der Bevölkerungsstatistik haben die WZB-Wissenschaftler jeweils einen Wert für jede Stadt berechnet. Für 24 Städte im Norden liegen die Daten vor. Sie zeigen: Wie stark Arm und Reich getrennt voneinander leben, unterscheidet sich - je nach Stadt - deutlich. Das messen die Forschenden durch den sogenannten Segregationsindex: Je höher er ist, desto stärker die räumliche Trennung von Arm und Reich.

So ungleich ist der Norden: Ihre Stadt im Vergleich:
Anteil der Menschen, die ein monatliches Bruttoeinkommen von 4800 Euro oder mehr beziehen.

        Wolfsburg   28 %
   Braunschweig   23 %
   Hamburg           20 %
   Norderstedt   20 %
   Hannover   18 %
   Göttingen   17 %
   Garbsen           16 %
   Salzgitter   15 %
   Lüneburg   15 %
   Oldenburg   13 %
   Osnabrück   13 %
   Kiel           13 %
   Celle           13 %
   Hildesheim   13 %
   Lübeck           12 %
   Greifswald   11 %
   Schwerin   11 %
   Rostock           10 %
   Delmenhorst   9 %
   Neumünster   9 %
   Wilhelmshaven   8 %
   Flensburg   8 %
   Stralsund   7 %
   Neubrandenburg   7 %

Anteil der Menschen, die Grundsicherung (Bürgergeld) beziehen:

        Wilhelmshaven   19 %
   Neubrandenburg   17 %
   Salzgitter   17 %
   Delmenhorst   17 %
   Hildesheim   16 %
   Hannover   15 %
   Schwerin   15 %
   Kiel           15 %
   Flensburg   15 %
   Stralsund   15 %
   Celle           14 %
   Neumünster   14 %
   Lübeck           14 %
   Garbsen           13 %
   Hamburg           13 %
   Lüneburg   12 %
   Oldenburg   12 %
   Osnabrück   11 %
   Göttingen   11 %
   Wolfsburg   11 %
   Rostock           10 %
   Greifswald   10 %
   Braunschweig   10 %
   Norderstedt   8 %

So ungleich ist der Norden: Ihre Stadt im Vergleich - Segregationsindex: Je höher, desto stärker getrennt sind Arm und Reich:

        Schwerin   54
   Salzgitter   48
   Neubrandenburg   44
   Wolfsburg   42
   Rostock           42
   Kiel           41
   Neumünster   41
   Hildesheim   40
   Lüneburg   39
   Wilhelmshaven   39
   Stralsund   38
   Greifswald   37
   Celle           37
   Göttingen   32
   Braunschweig   32
   Hamburg           31
   Lübeck           30
   Garbsen           29
   Delmenhorst   28
   Hannover   27
   Osnabrück   27
   Oldenburg   24
   Flensburg   21
   Norderstedt   21

Anteil Akademiker an allen Erwerbspersonen:

        Göttingen   35 %
   Braunschweig   31 %
   Hamburg           29 %
   Hannover   28 %
   Greifswald   26 %
   Lüneburg   26 %
   Oldenburg   25 %
   Kiel           24 %
   Osnabrück   24 %
   Rostock           22 %
   Wolfsburg   20 %
   Hildesheim   20 %
   Norderstedt   18 %
   Lübeck           17 %
   Schwerin   17 %
   Flensburg   17 %
   Stralsund   14 %
   Neubrandenburg   13 %
   Celle           13 %
   Garbsen           11 %
   Wilhelmshaven   10 %
   Salzgitter   8 %
   Neumünster   8 %
   Delmenhorst   8 %

NDR Data Quelle: Marcel Helbig / WZB

Schwerin: Nirgendwo leben Arm und Reich stärker getrennt

An der Spitze steht eine vergleichsweise kleine Stadt: Nirgendwo - weder im Norden noch sonst irgendwo in Deutschland - leben die Menschen so stark voneinander getrennt wie in Schwerin. [...] Wer wohlhabend ist, wohnt meist in der Innenstadt oder in der Altstadt rund um das Schloss. Ärmere Menschen wohnen hingegen eher in bestimmten Vierteln am südlichen Stadtrand - zum Beispiel in Großer Dreesch, Neu Zippendorf, Mueßer Holz oder Lankow. "Gerade das südliche Schwerin sticht wirklich extrem ins Auge", sagt Wissenschaftler Marcel Helbig, der die Daten ausgewertet hat.

Helbig erklärt sich die hohen Segegrationswerte in Schwerin mit einer besonderen Entwicklung des Wohnungsmarkts: "Während sich in anderen Plattenbaugebieten im Osten die Zahl der Bewohner stabilisierte, nahm sie in den entsprechenden Stadtteilen Schwerins weiter ab. Das heißt also: Die Leerstände wurden enorm groß", sagt der Forscher. Den vielen Platz habe man genutzt, um vor allem Neuzugewanderte unterzubringen.

"Da haben sehr viele private Investoren investiert. Die haben dann so eine Art Geschäftsmodell daraus gemacht", sagt Helbig. Die Investoren hätten oft nur wenig Geld in die Plattenbauten investiert, um sie dann für Asylbewerber oder Grundsicherungsempfänger zur Verfügung zu stellen und sichere Mieten von staatlichen Stellen zu bekommen. Dies habe die Segregation vorangetrieben.

Auch in anderen ostdeutschen Städten wie Leipzig zeigt sich dieses Muster auffällig häufig - reiches Zentrum, arme Peripherie. Ein wesentlicher Grund für diese scharfe Trennung sind architektonische Strukturen. So sind in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in der ehemaligen DDR die typischen Plattenbausiedlungen entstanden. Bezahlbarer Wohnraum für eine große Menge an Menschen - dieses Versprechen sorgt bis heute dafür, dass Menschen mit weniger Geld am Stadtrand leben.

Doch auch in westdeutschen Städten markieren große Hochhaussiedlungen am Stadtrand nach wie vor eine starke Segregation. Hannover ist im Norden ein gutes Beispiel dafür: Auch dort zeigt sich eine klare räumliche Trennung von Gutverdienern und finanziell schlechter gestellten Bewohnern. Im Stadtteil Hannover-Mühlenberg leben beispielsweise ärmere Menschen konzentrierter auf einem Fleck. Die Bewohner im Stadtzentrum sind dagegen im Schnitt finanziell bessergestellt.

Stadtplanung und architektonische Muster sind jedoch nur ein Grund für die geografische Trennung von Armen und Reichen. "Um heutige Segregationsprozesse erklären zu können, muss man teilweise relativ weit zurückblicken", sagt der Forscher. Aus der wissenschaftlichen Forschung ist bekannt, so Helbig: "Jede Stadt ist auf eine bestimmte Art aufgebaut und hat ihre ganz eigene geschichtliche Entwicklung."

Für einige Städte in Norddeutschland sieht Forscher Helbig ein bestimmtes Muster: "Insgesamt gibt es eine Reihe von norddeutschen Städten, wo insbesondere alte Industrien gestorben sind", sagt er.

Als Beispiel nennt er Kiel, Bremerhaven und Wilhelmshaven - alles Städte, in denen die einst starke Werftindustrie mit der Zeit verschwand.

"Da verloren viele ihre Arbeit. Und die, die ihre Arbeit verloren, hatten zwei Möglichkeiten: gehen oder bleiben", sagt Helbig. Diejenigen, die blieben, und keine Arbeit mehr fanden, rutschten in die Armut - ein urbanes Muster, das sich bis heute in den Städten spiegelt.

So zeigt die Karte von Wilhelmshaven deutlich, wo in der Stadt sich die Armut am stärksten konzentriert: Es sind vor allem die alten Arbeiterviertel nahe des Hafens Bant, Siebethsburg und Heppens, in denen heute vergleichsweise viele Empfänger von Grundsicherung leben.

Dieses Muster wiederum deckt sich mit anderen norddeutschen Städten, die ihre Werftindustrie verloren haben. "Wenn man sich heute die soziale Ungleichheit in Städten wie Kiel, Wilhelmshaven und Bremerhaven anschaut, dann sind das immer die alten Arbeiterquartiere", erklärt Forscher Helbig. [...]

Auch Hamburg ist eine Stadt mit ausgeprägter Einkommenssegregation. Bei den Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern belegt die Elbmetropole bundesweit Platz drei. Menschen mit hohem Einkommen - und oft auch hohem Bildungsstand - ballen sich im Zentrum und nördlich davon - vor allem in begehrter Lage rund um die Außenalster. [...]

...


Aus: "So stark sind Arm und Reich in norddeutschen Städten getrennt" (05.04.2024)
Quelle: https://www.ndr.de/nachrichten/info/Arm-und-reich-oft-getrennt-So-leben-Stadtbewohner-im-Norden,urbaneungleichheit100.html
#11
Quote[...] BERLIN dpa | Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) verlangt eine Überarbeitung des Bürgergelds. ,,Das Bürgergeld benötigt ein Update. Es ist kein bedingungsloses Grundeinkommen", sagte Lindner der Rheinischen Post (Mittwoch). ,,Wir müssen alles unternehmen, dass Menschen, die arbeiten können, auch tatsächlich arbeiten." Dazu gebe es viele Stellschrauben – von der Frage der Zumutbarkeit angebotener Arbeit über Sanktionen bis hin zu Arbeitsgelegenheiten wie den Ein-Euro-Jobs.

Lindner vertrat die Ansicht, das Bürgergeld werde von einer Mehrheit der Bevölkerung als ungerecht empfunden, weil es zu wenig Anreize zur Arbeitsaufnahme enthalte. ,,Es ist ein Beitrag zum sozialen Frieden, hier Fehlentwicklungen zu korrigieren", so der Finanzminister. ,,Das höre ich hinter vorgehaltener Hand auch von Führungskräften der Sozialdemokratie. Also let's do it."

Lindner verwahrte sich zugleich gegen Kritik von SPD und Grünen an den von ihm geplanten Steuerentlastungen. ,,Wenn Sozialleistungen an die Preisentwicklungen angepasst werden, dann muss das genauso bei der Steuer für die arbeitende Bevölkerung gelten", sagte er. ,,Es gibt bei unseren Koalitionspartnern kein Zögern bei der Erhöhung des Bürgergelds, aber schon der schlichte Inflationsausgleich für Fach- und Führungskräfte sowie für den Mittelstand wird bekämpft."

Der Bild (Mittwoch) sagte Lindner, ihm fehle bei den Koalitionspartnern der Respekt vor den Steuerzahlern. Fairness verdienten nicht nur Geringverdiener. ,,Auch die Leistung der Fach- und Führungskräfte sowie des Mittelstands muss anerkannt werden. Diese Menschen nur als Lastesel zu behandeln, nimmt ihnen die Lust auf Leistung."

Lindner will den Grundfreibetrag in der Lohn- und Einkommenssteuer rückwirkend zum 1. Januar 2024 erhöhen. Auch für 2025 und 2026 stellte er in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur Veränderungen bei der Einkommenssteuer in Aussicht. Dann müsse erneut die sogenannte kalte Progression ausgeglichen werden. Darunter versteht man die Auswirkung einer hohen Inflation auf die Einkommenssteuer, die im Endeffekt zu einer heimlichen Steuererhöhung führen würde.


Aus: "Lindner rüttelt am Bürgergeld" (3.4.2024)
Quelle: https://taz.de/Debatte-um-Einsparungen-im-Haushalt/!6002305/

QuoteMustardmaster

Lindner weiß was FDP-Wähler wollen. Dafür kann man Ihm eigentlich auch keinen Vorwurf machen. ...


Quotemarmotte27

Wenn es nicht schon am Abend der Bundestagswahl klar gewesen wäre, wohin es führt, ich wäre erschüttert über die Bodenlosigkeit dieses Herrn. Diese ist ja keine Überraschung, man kennt ihn ja schon seit langen Jahren, aber man fasst sich halt trotzdem jedesmal erneut an die Stirn.


QuoteDavid Kind

Lindner symbolisiert alles, was in der Politik falsch läuft: Unverholene Verachtung für Arme und Arbeitslose, gnadenlose Lobby- und Klientelpolitik, gepaart mit Lügen, Desinformationen und Ressentiments um diese asoziale Politik durchzusetzen. ...


QuoteFrank N. Stein

Der Mann bekommt (ob er es verdient ist eine andere Frage) zZt als Minister und Abgeordneter 319000€ im Jahr. Nach vier Jahren als Minister hat er einen Anspruch von 4600€ pro Monat. Dazu noch seine Nebeneinkünfte. ...


...
#12
Quote[...] [Andreas Petersen ist Dozent für Zeitgeschichte an der Fachhochschule Nordwestschweiz und Leiter der Geschichtsagentur zeit&zeugen in Zürich und Berlin. Soeben ist sein Buch "Der Osten und das Unbewusste – Wie Freud im Kollektiv verschwand" (Klett-Cotta) erschienen.] In der DDR war die Tiefenpsychologie verpönt. Das blockierte die Aufarbeitung der NS-Geschichte, sagt der Historiker Andreas Petersen.

[...]

Dr. Peter Neumann: [...] In Ihrem jüngst erschienenen Buch Der Osten und das Unbewusste geht es um die fehlende Vergangenheitsbewältigung nicht nur in der Sowjetunion und Osteuropa, sondern auch in Ostdeutschland. Und Sie machen dafür vor allem auch den Umgang mit der Tiefenpsychologie verantwortlich. Warum?

Andreas Petersen: Der erste Band mit Schriften von Sigmund Freud, dem Gründungsvater der Psychoanalyse, erschien 1982 in der DDR. Man muss sich klarmachen, was das heißt: kein Theodor W. Adorno, kein Max Horkheimer, kein Erich Fromm, keine Frankfurter Schule, keine Studien zum autoritären Charakter, keine echte Gesellschaftskritik. Ich bin in Nordrhein-Westfalen, in Köln sozialisiert worden. Dort war alles völlig durchtränkt von tiefenpsychologischen Therapieangeboten und von Faschismusaufarbeitung: Wer waren unsere Väter eigentlich? Was haben die in der Wehrmacht gemacht? Warum waren sie zu solchen unvorstellbaren Verbrechen fähig gewesen? Was ist Gehorsam? Da gab es Filme, Buchhandlungen, die WGs. Ein ganz zentraler Text für uns war Bruder Eichmann von Heinar Kipphardt. Also die Frage: Was verbindet uns mit Adolf Eichmann, dem Mann, der die Verfolgung, Vertreibung und Deportation von Millionen Juden organisierte. Die Tiefenpsychologie war ungemein wichtig für den Neuanfang nach dem Zweiten Weltkrieg. 20 Millionen Zuschauer verfolgten 1969 im Fernsehen die Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels an den Psychoanalytiker Alexander Mitscherlich, der mit seiner Frau Margarete zwei Jahre zuvor eines der einflussreichsten Bücher der deutschen Nachkriegsgeschichte geschrieben hatte: Die Unfähigkeit zu trauern. Im Osten hingegen, so formulierte es der DDR-Regisseur Achim Freyer erst kürzlich, war die Seele das Kitschwort aus dem Westen.

[...]

Dr. Peter Neumann: Sie meinen, dass das aus den USA nach Westdeutschland zurückgekehrte psychoanalytische Denken die Gesellschaft wieder zu sich selbst zurückbrachte?

Andreas Petersen: Ohne Freud und die Tiefenpsychologie wäre diese Öffnung nicht zu denken gewesen. Und dann gab es mit den Achtundsechzigern eine Generation, die wirklich wissen wollte, was mit ihren Eltern im Faschismus war. Diese junge Generation hatte Lektüreangebote, man konnte sich belesen und informieren. Ich erinnere nur an das Buch des Psychoanalytikers Erich Fromm: Die Furcht vor der Freiheit, 1941 im amerikanischen Exil veröffentlicht. Fromm untersuchte, wie der Individualismus der Moderne auf unbewusste Weise zur Flucht ins Autoritäre, Destruktive und Konformistische geführt hatte.

Dr. Peter Neumann: Sie schreiben in Ihrem Buch aber auch, dass die therapeutische Nabelschau im Westen bald zu einer Art Mode wurde. Bewegungen wie das hinduistische Hare Krishna, der Zen-Buddhismus, Taoismus, Tai-Chi-Chuan und Tantra wurden populär. Plötzlich ging es nicht mehr um Faschismus und Aufarbeitung, sondern nur noch um persönliches Glück und Selbstoptimierung. Hat die Durchpsychologisierung der Gesellschaft auch zu einer Vereinzelung ihrer Individuen geführt?

Andreas Petersen: Heute ist vielfach das Argument zu hören: Für mich stimmt's, nach meinem Empfinden verhalten sich die Dinge so und so. Und das war's. Ich halte das in der Tat für eine völlige Fehlentwicklung. Wenn alle das eigene Befinden zum Maßstab erheben, ist das für eine Gesellschaft fatal, weil sie damit auseinanderfällt. Dann fragt sich: Was verbindet Gesellschaften überhaupt? Verbundenheit entsteht über gemeinsame Werte. Lange Zeit hat die Religion noch die Funktion übernommen, eine verlässliche Basis für viele zu schaffen. Aber dieser Wertekonsens ist heute aufgebrochen, was einerseits natürlich gut ist, weil es mit einer Pluralisierung der Lebensstile einhergeht. Gleichzeitig haben wir eben das Problem, dass wir im Zuge der Individualisierung nicht mehr genau wissen, was eine Gesellschaft noch zusammenhält. Und da hat diese Durchpsychologisierung eben zwei Seiten: Auf der einen Seite hat sie eine große Öffnung bewirkt, für die man dankbar sein kann. Auf der anderen Seite hat sie zu einer starken Singularisierung geführt, in der man vor allem auf sich selber fokussiert ist und nicht mehr auf die Gesellschaft als Ganzes.

Dr. Peter Neumann: Die Psychoanalyse fehlte im Osten nahezu vollständig. Freud galt als westlich, bourgeois, dekadent. So etwas wie das Unbewusste, Triebhafte durfte es im Sozialismus nicht geben. Man unterrichtete vielmehr den russischen Verhaltensforscher Iwan Pawlow, dessen Lehre von der klassischen Konditionierung besser ins Bild des neuen Sowjetmenschen passte. Wusste die DDR, wer sie war?

Andreas Petersen: Nicht nur die DDR, sondern alle osteuropäischen Gesellschaften wussten nicht, wer sie waren. Wenn bestimmte Sachen gesellschaftlich nicht verhandelt werden können, wenn sie nicht in der Zeitung, nicht im Feuilleton, nicht in der öffentlichen Diskussion vorkommen, höchstens im privaten Kreis, in Kirchen oder Kliniknischen auftauchen, dann gibt es darüber auch keine Verständigung in der Gesellschaft. Es bleibt eine Lücke in der Kommunikation. Man darf sich die Kerngruppe der Achtundsechziger gar nicht so groß vorstellen. Das sind 2.000 Leute, und dann gibt es noch einen Sympathisantenkreis mit ein paar Tausend Unterstützern. Mehr sind es nicht. Aber im hinterletzten bayerischen Dorf erzählen die Leute zwanzig Jahre später, dass sie Achtundsechziger gewesen sind. Die haben das medial mitbekommen, haben sich identifiziert, haben an dieser gesellschaftlichen Auseinandersetzung teilgenommen. Im Osten brauchte es schon sehr viel Energie, um solche Gespräche praktisch von Mensch zu Mensch, von Görlitz nach Leipzig zu transportieren.

Dr. Peter Neumann: Für die DDR war klar, woher das Unheil kam. Man lagerte das Problem einfach aus und zeigte mit dem Finger über die Mauer: Die Faschisten sitzen drüben im kapitalistischen Westen. Man selbst war das "bessere Deutschland". So blieb auch in den Familien die Aufarbeitung meist aus.

Andreas Petersen: Die Achtundsechziger haben letztlich ihre Vergangenheit nicht am Familientisch verhandelt. Sie haben nicht ihre Eltern befragt, das war zu heiß. Sie haben es gesellschaftlich verhandelt, das ist das Besondere. Es wäre zum Beispiel sehr einfach gewesen, über die Wehrmachtauskunftstelle an Informationen zu kommen: Man konnte einen Antrag stellen und wusste zwei Monate später alles über den eigenen Onkel oder Vater: Wo haben die gedient, welche Einheit, sind sie verwundet gewesen? Anders gesagt: Wenn man wissen wollte, was die Männer damals im Krieg gemacht haben, dann gab es dafür öffentliche Stellen. Diese Stellen gab es in der DDR nicht, aber vor allem gab es keine gesamtgesellschaftliche Fragestellung. Dass die Aufarbeitung auch im Westen nicht lückenlos verlief, sehen wir heute im Umgang mit dem Ukraine-Krieg, den "Bloodlands", jenem Gebiet zwischen Zentralpolen und Westrussland, wo die Wehrmacht damals ihre Verbrechen verübt hat, neue Verbrechen geschehen, aber die notwendige Unterstützung ausbleibt.

Dr. Peter Neumann: Wie meinen Sie das?

Andreas Petersen: Es gibt Sätze, die inzwischen zu Plattitüden geworden sind: Man sagt "Nie wieder", und man fragt sich, was heißt das, jetzt, hier, konkret in dieser Situation. Wenn man dieses "Nie wieder" ernst nehmen würde, müsste man jetzt Waffen an die Ukraine liefern. Es gab die Verbrechen der Wehrmacht in der Sowjetunion, und einer der Hauptschauplätze war die Ukraine. Und wenn wir einen ehrlichen Umgang suchen, dann müssen wir auch eine Diskussion über die deutsche Schuld in der Ukraine führen.

Dr. Peter Neumann: Warum hat sich der Gefühlsstau nach 1989 im Osten nicht einfach entladen?

Andreas Petersen: Schon die Beschäftigung mit der NS-Diktatur im Westen war ja unheimlich schwierig. Und im Osten kam bei der Auseinandersetzung mit der eigenen Familiengeschichte nun noch die zweite Diktatur hinzu. Das wäre dann wirklich sehr viel gewesen. Das Ausbleiben einer nachholenden Bewegung nach 1989 hat aber auch mit der Entwicklung der Tiefenpsychologie selbst zu tun. Es sind nicht mehr die Siebziger-, Achtzigerjahre mit ihrem utopischen Aufbruchsgedanken. Es ist jetzt die integrierte Verhaltenstherapie, die Menschen im Burn-out auffängt. Die Fragen "Wer bin ich?", "Wer sind meine Eltern?", "Woher komme ich?", "Was bedeutet das für mein Leben?" rücken in den Hintergrund. Auch in den Therapien geht es jetzt vor allem um Effizienz und Selbstoptimierung. Es gibt heute nur noch zwei psychoanalytische Lehrstühle in Deutschland, alles andere ist Verhaltenstherapie.

Dr. Peter Neumann: Einerseits ist die deutsche Schuld heute so präsent wie lange nicht mehr. Nicht nur in der Ukraine, auch im Nahen Osten, wenn es um die deutsche Staatsräson und die Frage geht, wie viel deutsche Kritik an Israel zulässig ist. Andererseits gibt es gerade aus dem Globalen Süden Stimmen, die von dieser deutschen Schuld nichts wissen möchten. Die sie sogar verantwortlich machen für gegenwärtiges Unrecht in Gaza. Propalästinensische Aktivisten skandieren "Free Palestine from German Guilt" ("Befreit Palästina von deutscher Schuld"). Wie kommt man aus diesem Dilemma heraus?

Andreas Petersen: Zur Aufarbeitungsdiskussion gehört das Wissen darum, was war. Es geht am Ende um die Fakten. Das gilt auch für den Vernichtungskrieg der Deutschen. Wo waren diese Wehrmachtssoldaten eigentlich? Ich habe neulich eine Veranstaltung mit dem Osteuropahistoriker Karl Schlögel gemacht, der sagte: Gehen Sie in Berlin in die Gedächtniskirche am Breitscheidplatz, im Keller gibt es im Rahmen einer Ausstellung eine Landkarte für deutsche Soldaten in Stalingrad, darauf alles Städte, die heute wieder Kampfgebiet sind: Sumy, Kramatorsk, Charkiw, Orte, an denen auch Schlögels Vater war. Diese Art von harter Erkenntnis meine ich, wenn ich von Aufarbeitung spreche. Meine Hoffnung ist, dass wir eine gemeinsame Basis finden. Die Interpretationen können dann immer noch unterschiedlich sein, aber wir sollten mindestens davon ausgehen können, dass wir über dieselben Fakten sprechen.


Aus: ""Nimmt man 'Nie wieder!' ernst, müsste man der Ukraine Waffen liefern"" (1. April 2024)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/2024-03/andreas-petersen-osten-freud-psychologie-ukraine
#13
"Gaardener Runde zur Drogensituation"  UrsulaS (13. März 2024)
... Die gut besuchte Veranstaltung mit Sozialdezernent Gerwin Stöcken, mit Sozialarbeiterinnen und Polizisten auf dem Podium drehte sich um zwei Themen. Wie schlimm ist es und was kann man dagegen tun? ...

https://kielaktuell.com/2024/03/13/gaardener-runde-zur-drogensituation/

https://kielaktuell.com/2023/11/17/drogenkonsumraum-und-kod-dienststelle-fuer-gaarden/


"Konsum auf offener Straße: �Crack sorgt für Unruhe in der Kieler Drogenszene: Polizei schlägt Alarm" ()
https://www.kn-online.de/lokales/kiel/drogenszene-in-kiel-geraet-ausser-kontrolle-polizei-schlaegt-alarm-UDHLVFSILZHTXAPZVQ5K74C37U.html
#14
QuoteLingu.Ini

Assange. Ikone aller Linken und USA-Hasser. Wen außer Linken interessiert dieser Mann eigentlich noch?


QuoteBoomer67

Folgender Gegenentwurf: Ein deutscher Reporter, der über Kriegsverbrechen in der Ukraine berichtet hat, wird in Ungarn festgesetzt und von dort an Putin ausgeliefert. ...


QuoteKing Tut

Die Frage ist, ob der Reporter im jeweiligen Land eine Straftat beging und ob ob ihm dort bei der Verurteilung Folter/Tod droht oder zumindest kein fairer Prozess.

Alles in einen Topf zu werfen ist schon ein Strohmann.


QuoteBoomer67 Antwort auf @King Tut

Und das Land das die Kriegsverbrechen begeht definiert, was eine Straftat eines Bürgers eines anderen Landes ist, der wiederum das Land, das die Verbrechen begangen hat, nie besucht hat.

Und ein willfähriger Vasallen Staat liefert den Mann dann aus. Das ist einfach nur schäbig und verlogen.


QuoteJeckerle

Edward Snowden gibt's auch noch. Musste bei Putin in einer Diktatur Asyl suchen. Beide werden von der westlichen Wertegemeinschaft verfolgt!


QuoteLeporello

Hier zeigt sich: Wer den Mächtigen dieser Welt richtig ans Bein pisst, bekommt ersthafte Probleme. ...


QuoteDer Herr Karl

Entfernt. Bitte formulieren Sie Kritik sachlich und differenziert. Danke, die Redaktion/mf


Kommentare zu: "WikiLeaks-Gründer: Gericht entscheidet am Dienstag über Berufung von Julian Assange"
Ein Berufungsverfahren wäre die letzte Chance für Julian Assange, einer Auslieferung an die USA zu entgehen. Ob er sie erhält, entscheidet ein Gericht in London. Aktualisiert am 25. März 2024 | https://www.zeit.de/gesellschaft/2024-03/julian-assange-wikileaks-auslieferung-usa-grossbritannien-berufung-gericht

...
#15
"Die Metal-Szene der DDR: Mit Dezibel und Funkenflug" Robert Mießner (25.3.2024)
Für Fans war es eine Flucht aus dem Alltag, düster war nicht nur die Musik. Das Museum in der Kulturbrauerei erinnert an ,,Heavy Metal in der DDR" [Heavy Metal in der DDR: Museum in der Kulturbrauerei, bis 9. Februar 2025] ...
https://taz.de/Die-Metal-Szene-der-DDR/!5997527/

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"Kompilation mit Fake-DDR-BRD-Hippiesound: West-östliche Dekadenz reloaded" Robert Mießner (12.12.2023)
Haschpfeiferauchen im Plattenbau? Eine Kompilation mit Fake-DDR-BRD-Sound befeuert Fantasien über den Osten, verfehlt aber knapp ihr Thema.
https://taz.de/Kompilation-mit-Fake-DDR-BRD-Hippiesound/!5978756/

https://taz.de/DDR-Spacefunk-von-Charlie-Keller/!5717177/

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"Buch über ,,Krautrock": Drone aus dem Drucklufthorn" Diedrich Diederichsen (9.11.2014)
Der Musikjournalist David Stubbs hat eine Geschichte von Hippie-Rock und Elektronik im Westdeutschland der 60er und 70er geschrieben. ... Stubbs fällt es entsprechend schwer, seine vier Hauptprotagonisten – Amon Düül II, Can, Kraftwerk und Faust – in eine einheitliche Erzählung hineinzuzwingen. Sie werden als Einzelfälle in sorgfältige Hagiografien hineingeschrieben, die sie verdient haben. Schon die Berliner Elektroniker (Tangerine Dream, Agitation Free, Klaus Schulze, Conrad Schnitzler etc.) kriegen ein Sammelkapitel, ebenso Neu!, Conny Plank und Düsseldorf. Der Rest, der immerhin vom clownesken Free-Rock von Guru Guru über die Weltmusik von Embryo, den unspektakulären Rock von Nektar bis zu den hyperweirden Hippie-Esoterika von Limbus 4 und den im bayrisch-österreichischen Aktionskunst-Kontinuum floatenden, schwarz bemalten, nackten Körpern von Paul und Limpe Fuchs reicht, wird wie dann auch die in diesem Buch eh fehlplatzierte NdW in eine weitere Wundertüte geworfen. ...
https://taz.de/Buch-ueber-Krautrock/!5029322/


David Stubbs: ,,Future Days. Krautrock and the Building of Modern Germany". Faber&Faber, London, 2014, 495 Seiten
The definitive guide to Kosmische music, from one of Britain's most acclaimed writers.
West Germany after the Second World War was a country in shock: estranged from its recent history, and adrift from the rest of Europe. But this orphaned landscape proved fertile ground for a generation of musicians who, from the 1960s onwards, would develop the experimental and various sounds that became known as Krautrock.
Eschewing the Anglo-American jazz/blues tradition, they took their inspiration from elsewhere: the mysticism of the East; the fractured classicism of Stockhausen; the pneumatic repetition of industry, and the dense forests of the Rhineland; the endless winding of Autobahns.
Faust, Neu!, Cluster, Ash Ra Tempel, Amon Dl II, Can, Kraftwerk - the influence of these groups' ruminative, expansive compositions upon Western popular music is incalculable. They were key to the development of movements ranging from postpunk to electronica and ambient, and have directly inspired artists as diverse as David Bowie, Talking Heads and Primal Scream.
Future Days is an in-depth study of this meditative, sometimes abstract, often very beautiful music and the groups that made it, throwing light too on the social and political context that informed them. It's an indispensable book for those wanting to understand how much of today's music came about, and to discover a wealth of highly influential and pioneering artists.


"Future Days: Krautrock and the Building of Modern Germany by David Stubbs – review" John Harris (Thu 21 Aug 2014)
The emergence of krautrock was one of postwar culture's most spectacular blossomings ...
https://www.theguardian.com/books/2014/aug/21/future-days-krautrock-modern-germany-review
...
#16
"Der Mensch hinkt hinterher: Das Geschäft mit computergenerierten In�flu�en�ce�r*in�nen boomt. Das ruft rechtliche und ethische Probleme hervor." Philipp Brandstädter (25.3.2024)
... die nächste Revolution des Pornoangebots steht schon bevor: Bald werden KI-generierte Videos gut genug sein, um mit ,,echten" Pornoclips konkurrieren zu können. ... Der große Unterschied zwischen menschengemachter und KI-generierter Pornografie werde der sein, dass die beteiligten Menschen den entstehenden Bildern im besten Fall zustimmen müssen, sagt Lori Watson von der Washington University. Bei einer KI ohne Bewusstsein sei das nicht nötig. In ihrem Text über Ethik in Pornografie und Sexarbeit schreibt die Philosophieprofessorin, dass die KI eine Dynamik schaffen werde, in der wir genau den Sex bekommen, nach dem wir fragen – und zwar schneller, als wir ein ethisches Verständnis dafür entwickeln würden. ...
https://taz.de/Regulierung-von-KI-generierten-Inhalten/!5997398/

-

"Model über KI in der Sexindustrie: ,,Ich wollte mich neu erschaffen""
Das Interview führte Nora Belghaus (25.3.2024)
Sika Moon ist ein KI-Model. Ihre Schöpferin – vorher selbst Model – verdient mit ihrem pornografischem Bild-Content viel Geld. Was ist das für ein Job? [Fünf Jahre lang verdiente eine junge Frau aus Berlin sehr viel Geld mit Sex-Content auf der Erotik-Internetplattform Onlyfans. Ein Knochenjob. Kurz vor dem Burnout zog sie die Notbremse. Nach einer Auszeit ist sie nun zurück im Geschäft. Allerdings nicht als sie selbst, sondern als Sika Moon – eine KI-optimierte Version ihrer selbst. Auf Social-Media-Plattformen wie Instagram und Erotik-Portalen wie Fanvue postet sie hauptberuflich nun als Sika Moon erotische bis pornografische Bilder und Videoclips. Weil die Frau hinter Sika Moon anonym bleiben möchte, adressieren wir sie hier als Sika. Das Interview haben wir per E-Mail geführt, aber ein Identitätsnachweis liegt der taz vor. ...]
https://taz.de/Model-ueber-KI-in-der-Sexindustrie/!5997391/

#17
"Die geheimen Corona-Protokolle des RKI: Wer gab das ,,Signal" für den ersten Lockdown?" Andreas Schmid (25.03.2024)
Freigeklagte Corona-Protokolle des Robert Koch-Instituts geben Einblicke in die Entscheidungen während der Pandemie. Einen großen Vorwurf entkräftet das RKI, doch es bleiben einige Fragen offen. ... Das Robert Koch-Institut hatte die Freigabe der RKI-Protokolle lange verweigert. Im April 2023 legte es nach dem Antrag von Multipolar die Dokumente in stark geschwärzter Form vor. Eine vom RKI beauftragte Anwaltskanzlei schickte ein 1059-seitiges Schreiben mit, in dem jede dieser Schwärzungen begründet wird. Aktuell läuft eine Klage gegen die vollständige Herausgabe der Protokolle. Bis dahin hat Multipolar die geschwärzten Protokolle veröffentlicht. Sie umfassen den Zeitraum Januar 2020 bis April 2021 und können hier nachgelesen werden [https://my.hidrive.com/share/2-hpbu3.3u#$/].  (as)
https://www.fr.de/politik/corona-protokolle-rki-files-robert-koch-institut-coronavirus-lockdown-covid-pandemie-92912205.html

#18
"Alte Apollo-Daten enthüllen unerklärliche Beben auf der Nordhalbkugel des Monds" Reinhard Kleindl (24. März 2024)
Bei einer erneuten Analyse von Magnetbändern aus den Jahren 1969 bis 1977 wurden zahlreiche neue Mondbeben gefunden. Dabei zeigt sich eine Häufung von Beben im Norden. Eines der wichtigsten Messgeräte der Apollo-Missionen der US-Weltraumagentur Nasa, die ab 1969 erstmals Menschen auf einen anderen Himmelskörper transportierten, war ein Seismometer. Ziel war es, Erschütterungen des Monds aufzuspüren. Das gelang: Über mehrere Missionen hinweg wurden so über 13.000 Mondbeben registriert, die Aufschluss über das Innenleben des Erdtrabanten gaben. ...
https://www.derstandard.at/story/3000000212730/alte-apollo-daten-enthuellen-unerklaerliche-beben-auf-der-nordhalbkugel-des-monds
#19
Christian Kreil (25. März 2024): "Blog: Stiftung Gurutest - Daniele Ganser verhöhnt die Opfer des Massakers von Butscha"
Der Schweizer Historiker irritiert mit Aussagen zu russischen Kriegsverbrechen in der Ukraine und beruft sich dabei auf bizarre Quellen. Das gehört zu seinem Geschäftsmodell. ... Ganser kennt die seriösen Dokumentationen zum Massaker von Butscha. Aber er zitiert für seine Freunde und Fans den "Anti-Spiegel" und "RT Deutschland" (Russa Today). Letzteres ist das Flaggschiff der russischen Auslandspropaganda und gibt für eine ganze Armada rechtsextremer Portale, Verschwörungsplauderer und Influencer die Narrative vor, zum Beispiel: Die Demokratien des Westens seien nur noch dysfunktionale Relikte, oder in konkreten Fall der Ukraine: Der Angriff Russlands sei eine "alter�na�tiv�lose Reak�tion Russ�lands auf eine Pro�vo�ka�tion der Nato." ... Zurück zu Ganser: Er weiß, dass seine locker gestreuten Plaudereien zum Massaker in Butscha ("Das waren die Ukrainer selber") ein alter Hut sind und diese Erzählung längst und ausreichend debunkt wurde. Er lässt sich gerne als "Friedensforscher" bezeichnen und er weiß, dass der "Anti-Spiegel" und "RT Deutschland" für das Analysieren der Zeitläufe in der Ukraine nicht glaubwürdig sind. Was Ganser vor allem weiß: Was die Leute von ihm hören wollen und wer ihn featurt. Rechte Milieuportale und rechtsextreme Szenemedien hofieren Ganser. Sie interviewen ihn stundenlang, ohne kritische Zwischenfragen zu stellen. Ganser revanchiert sich, indem er bei seinen kühnen Expertisen zum Zeitgeschehen auf dubiose Propagandablogs und rechte Verschwörungsportale verweist. Ganser referiert beim Szeneportal Auf1 zum "gewalttätigen Putsch der Amerikaner" in der Ukraine. Das Portal upgradet Ganser im Gegenzug zu einem "renommiertesten" Historiker. Dann teilt Ganser das Interview in seinen sozialen Netzwerken, als hätte er mit einem renommierten Medium geplaudert. ...
https://www.derstandard.at/story/3000000212854/daniele-ganser-verhoehnt-die-opfer-des-massakers-von-butscha


#20
Quote[...] Junge Frauen sollten ältere Männer kennenlernen, wohlhabende Männer. Das stärkere Geschlecht müsse Geld haben, sonst seien sie zu vernachlässigende "Staubkörner", mit denen man nicht seine Zeit verschwenden solle.

Auf Social Media macht sich gerade eine starke Bewegung breit: Jungen Frauen werden Ratschläge geben, wie man heute als Frau am besten leben könne. Als "Tradwife", also "traditionell wife", solle man es sich zu Hause gutgehen lassen. DIe "Housewife" der 1950er-Jahre sei "aus der Mode", wie es beispielsweise die Influencerin und selbsternannte "Finanzberaterin" SheraSeven beschreibt. Küche putzen und andere Haushaltstätigkeiten – dafür sei Personal anzustellen. Wenn es der Mann ernst meine, dann würde er dafür zahlen.

... Immer wieder betont die Influencerin, dass es ihr nicht um Tipps für "echte Beziehungen, die nicht auf Geld basieren", gehe. Jede Beziehung würde auf Macht beruhen. Man müsse sich aussuchen, auf welcher Seite dieser Macht man als Frau stehen möchte.

... Eine der bekanntesten im deutschsprachigen Bereich ist Malischka. Die Deutsch-Ukrainerin lebt mit ihrem Mann auf Mallorca und lässt regelmäßig in ihren Alltag blicken. Mit Blick aufs Meer bereitet sie ihm meist das Frühstück vor, bevor sie sich dem Haushalt widmet. Dann ist "meist schon Mittagszeit". Nach dem Kochen trinkt sie selbst einen Kaffee, während sie auf das Meer blickt und überlegt, ob sie nicht noch etwas "backen soll". Eine Million Likes hat Malischka mit solchen Videos bereits sammeln können. (red, 14.8.2023)

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Aus: "Männer ohne Geld sind vernachlässigbare "Staubkörner"" (14. August 2023)
Quelle: https://www.derstandard.de/story/3000000182864/maenner-ohne-geld-sind-staubkoerner

QuoteFrau Bärt

Diese Frauen finde ich genauso verachtenswert wie die Männer, für die eine Frau eine Trophäe sein muss. Damit tun sie jungen Frauen, die erst ihren Platz im Leben suchen, keinen Gefallen.


QuoteAdrian -S

Tja, ich frag mich nur, was diese geldgeilen jungen Ladies machen, wenn sie selbst mal in die Jahre kommen und mit der jüngeren Konkurrenz nimmer mithalten können und keinen Sugar-Daddy mehr abbekommen. Aber bis dahin haben sie finanziell wohl eh schon ausgesorgt und können sich dann einen jungen Toy-Boy leisten, der sie für Geld bumst! ;-)


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Quote[...] Die inoffizielle Anführerin [des ...] neuen [Sugar-Daddy] Kults heißt Leticia Padua. Die sogenannte sprinkle sprinkle lady beendet ihre Ratschläge stets mit ebendiesem Ausspruch. Unter dem Künstlernamen Shera Seven veröffentlicht die 45-jährige ehemalige Bestatterin seit rund zehn Jahren auf YouTube Videos zur "Finanzberatung" junger Frauen. Sie bewirbt das Konzept des Mannes als Versorger, aus dem Frauen herausholen sollten, was sie können, um sich selbst voranzubringen. Zulässige Mittel, um seine "finanzielle Großzügigkeit" zu steigern, seien das Vortäuschen von Zuneigung, umgekehrte Psychologie und Manipulation. Männer, die nicht zu zahlen bereit sind oder Frauen anderweitig schlecht behandeln, nennt Padua "Dusty", also "Staubiger". Sie seien aus Gründen des Selbstwertes unverzüglich zu verlassen.

Das alles hätte ebenso gut und genau wie die Jahre zuvor unbeachtetes Gerede im Internet bleiben können, wären da nicht Ausschnitte der stundenlangen Livestreams von der sprinkle sprinkle lady zuletzt auf TikTok geteilt worden. Seither gilt Padua als weibliches Pendant zu Andrew Tate, dem Online-Guru, der mit Frauenverachtung bekannt wurde. Paduas Gefolgschaft wäre dann die Antwort auf die mit Tate assoziierte Manosphere, eine lose Online-Gemeinschaft, die den Feminismus verachtet und hegemoniale Männlichkeit predigt.

Die von Padua angeleitete Gegenbewegung fügt sich in eine größere, vom Pop-Feminismus seit einiger Zeit bemühte Erzählung ein, die es als anerkannten und erstrebenswerten Lebensentwurf zelebriert, sich von einem Mann aushalten zu lassen. Genau so soll der vom Kapitalismus gleichermaßen erschöpfte und verblendete Traum dieser Frauen aussehen: ein schönes kleines Spiel, das mittlerweile, weil Einflusshaben zum Berufsbild des Influencers gehört, auch in die Gegenwartskultur eingesickert ist. Insbesondere Künstlerinnen erzählten zuletzt die Geschichten junger Frauen, die sich mit einem reichen Mann auch einen luxuriösen Lebensstil besorgten: Emma Seligman in ihrem Film Shiva Baby oder Coco Mellors und Emma Cline in ihren Romanen Cleopatra und Frankenstein und Die Einladung. Sie alle wurden von der jungen, weiblichen Internetgeneration gefeiert.

[...] Bei [ ] Frauen hat sich [ ] ein anderes Selbstverständnis entwickelt: Sie verharren nicht mehr aus Angst vor sozialem Abstieg in unglücklichen Partnerschaften, sondern sie empowern sich, jeden Mann, der ihrer persönlichen Entwicklung nicht dienlich ist, "wegzuwerfen". Dieser sogenannte Dump-him-Feminismus (namensgebend waren die Paparazzi-Bilder von Britney Spears, die 2002 nach ihrer Trennung von Justin Timberlake ein T-Shirt mit der Aufschrift "Dump him" trug) fordert Frauen auf, ihre Standards zu heben, ihre sexuelle Macht zum eigenen Vorteil zu nutzen und sich für ihr Leiden im Patriarchat finanziell entschädigen zu lassen.

Das ist die Abkehr vom neoliberalen Feminismus, der die Glasdecken durch immer härtere Arbeit durchbrechen wollte, um bei den Männern "mitzuspielen", und der auf diese Weise patriarchale Herrschaftsstrukturen anerkannte. Solche Phantasmen der Gleichberechtigung wurden in den vergangenen Jahrzehnten hinlänglich erprobt. Nun haben die sprinkle sprinkle-Frauen die für sie darin vorgesehene Vielfachbelastung als Zumutung erkannt und verweigern sich ihr. Was regressiv anmutet, ist die Emanzipation von einem männlichen Ideal: Bislang richteten sich alle Bemühungen der "Frauenbefreiung" auf die bestehenden Lebensrealitäten und auf die Rechte der Männer. Doch nun wird die Tatsache, dass Frauen sich männliche Pflichten auferlegten – Lohnarbeit im Spätkapitalismus –, hinterfragt und abgelehnt. Und so wird der Umstand, dass Männer bereit sind, für den Zugang zu weiblichen Körpern oder auch nur für die Illusion ihrer Gesellschaft zu bezahlen, mit zynischer Geringschätzung und in anarchokapitalistischer Manier ausgebeutet. Zwischenmenschliche Beziehungen existieren dabei nur noch als Verfallsform. In einem unfreien System ist die einzig wahre Freiheit der freiwillige Ausstieg. Und die einzig wahre Liebe ist die Selbstliebe.


Aus: "Himmel, was ist Sugardating?" Berit Dießelkämper (23. März 2024)
Quelle: https://www.zeit.de/2024/13/dating-geld-sugardating-feminismus-kapitalismus-liebe