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[Die Novelle des Melderechts... ]

Started by Textaris(txt*bot), July 07, 2012, 11:02:50 PM

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Textaris(txt*bot)

Quote[...] Berlin - Das neue Meldegesetz sei "gesetzlicher Wahnsinn", sagte Thilo Weichert, der Leiter des unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz in Schleswig-Holstein, der "Süddeutschen Zeitung". Es ermögliche "den privaten Handel mit vom Staat zwangsweise erhobenen Daten in großem Stil". Der bayerische Datenschutzbeauftragte Thomas Petri bezeichnete den vorgesehenen Zugriff der Privatwirtschaft auf staatliche Daten als "unsäglich".

Die SPD will die Reform in Bundesrat stoppen. "Das staatliche Melderegister ist kein Vorratsdatenspeicher für Zwecke der Wirtschaft", sagte Parteichef Sigmar Gabriel. Ein Verkauf von staatlichen Daten sei nicht akzeptabel. Die Länderkammer will im Herbst über das Meldegesetz beraten. In Kraft treten soll es 2014.

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Aus: "Kritiker warnen vor Datenhandel im großen Stil" (07.07.2012)
Quelle: http://www.manager-magazin.de/politik/deutschland/0,2828,843152,00.html

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Quote[...] Vor- und Zuname, Geburtsdatum, akademischer Grad, Anschrift - mit diesen persönlichen Informationen lässt sich viel Geld verdienen. Unternehmen kaufen solche Daten, um ihre Produktwerbung gezielt an potentielle Kunden zu bringen. Aber beispielsweise auch Inkassounternehmen bezahlen dafür. Dank des neuen Meldegesetzes bekommt nun auch der Staat seinen Anteil am Geschäft mit dem gläsernen Bürger: Künftig dürfen Städte Daten ihrer Einwohner verkaufen.

Vergangene Woche hat der Bundestag das neue Gesetz verabschiedet. Im Netz wird seitdem heftig debattiert, mit eindeutiger Stoßrichtung. "Einfach meine Daten verhökern? Geht's noch?", schreibt Twitter-Nutzer @kabukai. "Bei Facebook kann ich mir wenigstens aussuchen, welche Daten ich 'verkaufe'. Beim Meldegesetz schaut das anders aus ...", empört sich @kurzmitteilung. Als "unsäglich" wird die Regelung bezeichnet. Und ein Kritiker erwägt, "die" - gemeint ist wohl die Regierung - zu verklagen.

In den Protest der Internetnutzer stimmt auch die Opposition mit ein. Nach SPD-Parteichef Sigmar Gabriel, der den Verkauf der Daten in der Süddeutschen Zeitung als nicht akzeptabel bezeichnet hatte und gewarnt hatte, das staatliche Melderegister sei "kein Vorratsdatenspeicher für Zwecke der Wirtschaft", äußern sich nun auch Vertreter von Grünen und Linken ablehnend zu dem Gesetz. Und selbst in den Reihen der Jungliberalen regt sich Widerstand.

"Mal wieder bedient Schwarz-Gelb eine Klientelgruppe und deren Profitinteressen und stellt den allgemeinen Daten- und Verbraucherschutz hinten an", sagte Grünen-Fraktionschefin Renate Künast in Berlin. Wer ein solches Gesetz durchgehen lasse, könne nicht ernsthaft - zum Beispiel bei Facebook - auf dem Prinzip der Einwilligung zur Datenweitergabe bestehen. Nun müssten die Länder im Bundesrat retten, was Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) versäumt habe.

Auch Petra Pau, Innenexpertin der Linke, kritisierte: "Der Ausverkauf des Datenschutzes geht weiter. Und das mit Zustimmung der FDP, die sich selbst als freiheitlich und demokratisch rühmt." Ihre Parteifreundin Eva Bulling-Schröter sprach von einem "schweren Datenskandal". Die Bürger müssten selbst entscheiden können, was mit ihren Daten geschehe und wer zu welchem Zeitpunkt Zugriff darauf habe, sagte die Bundestagsabgeordnete. Für Union und FDP hätten aber die Anliegen von Lobbyisten aus der Wirtschaft stets mehr Gewicht, als das Datenschutzinteresse der Allgemeinheit.

"Wir JuLis sind enttäuscht über die Novelle des Melderechts", sagte der Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen, Lasse Becker. "Gerade Liberale sollten an dieser Stelle eine größere Sensibilität walten lassen. Die Daten der Einwohnermeldeämter sind dafür da, dass öffentliche Verwaltungen einen gesicherten Datenbestand haben und nicht damit irgendwelche Versandhändler meine Adressdaten überprüfen können."

Auch Datenschützer hatten das Gesetz scharf kritisiert. Thilo Weichert, der Leiter des unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz in Schleswig-Holstein, sprach von "gesetzlichem Wahnsinn". Das neue Recht ermögliche "den privaten Handel mit vom Staat zwangsweise erhobenen Daten in großem Stil", sagte er der SZ. Ähnlich äußerte sich auch der bayerische Datenschutzbeauftragte Thomas Petri.

Die Kritik entzündete sich an Paragraf 44 des neuen Bundesmeldegesetzes, das nach der Föderalismusreform die bisherigen Landes- und Bundesregelungen zusammenfasst. Der Paragraf ermöglicht es Adresshändlern, der Werbewirtschaft und Inkassofirmen  umfassend Daten aus den amtlichen Registern abzugreifen.

Die Gesetzesänderung soll am 1. November 2014 in Kraft treten, bedarf aber vorher noch der Zustimmung des Bundesrates. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, sagte im Hinblick auf die Abstimmung in der Länderkammer im Herbst: "Das Melderechtsgesetz wird den Bundesrat so nicht passieren."

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Aus: "Opposition und Jungliberale rebellieren gegen Meldegesetz" (07.07.2012)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/digital/verkauf-persoenlicher-daten-opposition-und-jungliberale-rebellieren-gegen-meldegesetz-1.1405366


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Die Bundesregierung geht davon aus, dass das umstrittene Meldegesetz im weiteren parlamentarischen Verfahren erneut verändert wird. Ein Regierungssprecher ließ erkennen, dass der Entwurf in seiner derzeitigen Fassung nicht verabschiedet werde.

In der ursprünglichen Gesetzesfassung der Bundesregierung war vorgesehen gewesen, dass die Bürger der Weitergabe persönlicher Daten durch die Meldebehörden ausdrücklich zustimmen müssen. Nach der ersten Lesung im Bundestag änderte der Innenausschuss mit den Stimmen der Koalition einige Details, der Beschluss erfolgte dann am Abend des 28. Juni binnen einer knappen Minute. In der neuen Gesetzesfassung ist nun vorgesehen, dass die Bürger aktiv Widerspruch einlegen müssen. Bei Daten, die bei den Meldeämtern bereits vorhanden sind, hätten sie ab 2014 überhaupt keine Möglichkeiten mehr, die Weitergabe zu verhindern.

Darauf hatte es Widerspruch gegeben. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar bezeichnete das Vorhaben als ein "Geschenk an die Werbewirtschaft" und verlangte Änderungen. Betroffene müssten jederzeit die Möglichkeit haben, der Weitergabe ihrer Daten zu widersprechen. Auch aus den Ländern kam Widerstand. SPD und Grüne kündigten an, den Entwurf in der vorliegenden Form im Bundesrat zu blockieren.

Als erstes Kabinettsmitglied hatte Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) verlangt, die Regelung noch einmal zu überdenken. CSU-Chef Horst Seehofer schloss sich an.

Wie aus Koalitionskreisen zu erfahren war, kam die umstrittene Verschärfung des Meldegesetzes allerdings "auf ausdrücklichen Wunsch der CSU zustande". Einer deren Vertreter im Bundeskabinett ist der für das Meldegesetz zuständige Innenminister Hans-Peter Friedrich. In der Koalition zeigt man sich daher irritiert über die Kritik der CSU-Spitze, speziell von Parteichef Seehofer.

Quote
    fredvonmars
    09.07.2012 um 13:15 Uhr

Bitte etwas genauer...

Liebe Zeit-Redaktion,

Auch wenn der Akt der Gesetzgebung und das Gesetz an sich eine Zumutung sind, könntet Ihr bitte ein wenig präziser in dem Artikel sein;
"Ein Regierungssprecher ließ erkennen, dass der Entwurf in seiner derzeitigen Fassung nicht verabschiedet werde."

Das Gesetz ist - was die Bundesregierung angeht - verabschiedet.

...

http://www.zeit.de/digital/datenschutz/2012-07/meldegesetz-bundesregierung-protest?commentstart=25#cid-2171283


Quote
    bernjul
    09.07.2012 um 13:18 Uhr

Wer war es denn?

Bitte Namen, Adressen, Telefonnummern und Fotos der Damen und Herren, die dieses Gesetzt verabschiedet haben veröffentlichen! Und auch bitte graphisch und anschaulich aufarbeiten, in welchen Vorständen, Aufsichtsräten und Banken diese Personen aktiv sind und welche Querverbindungen es hier gibt.

Dann könnte man fast von investigativem Journalismus sprechen.

http://www.zeit.de/digital/datenschutz/2012-07/meldegesetz-bundesregierung-protest?commentstart=25#cid-2171291




Aus: "Bundesregierung distanziert sich vom Meldegesetz-Entwurf" (09.07.2012)
Quelle: http://www.zeit.de/digital/datenschutz/2012-07/meldegesetz-bundesregierung-protest


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Berlin - Bundestagsabgeordnete von Union und FDP haben den umstrittenen Entwurf für ein neues Meldegesetz verteidigt. Der CSU-Innenpolitiker Hans-Peter Uhl sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", das vom Bundestag verabschiedete Gesetz stelle eine "deutliche Verbesserung der gegenwärtigen Datenschutzregelung im Meldegesetz dar". Die Widerspruchslösung erspare den Meldeämtern zudem einen "immensen Arbeitsaufwand".

Den Vorwurf, er habe mit der Widerspruchslösung im Interesse der Werber, Adresshändler und Inkasso-Unternehmer gehandelt, nannte er "bizarr". Vielmehr könne sich der Bürger durch ein allgemeines Widerspruchsrecht, an das er jährlich erinnert werden solle, besser als bisher gegen Werbung wehren. "Zu einer Diskussion meiner Vorschläge bin ich aber jederzeit bereit", sagte Uhl.

Datenschützer kritisieren, dass der Bundestag mit den Gesetzesänderungen aus einer zunächst vorgesehenen Einwilligungslösung, bei der die Bürger einer Weitergabe ihrer Anschriften an gewerbliche Interessent ausdrücklich zustimmen mussten, eine Widerspruchslösung gemacht hat, bei der die Bürger ihre Ablehnung erklären müssen.

CSU-Mann Uhl hatte bereits in der vergangenen Woche erklärt, die Änderungen am neuen Gesetz seien auf ausdrücklichen Wunsch der Meldeämter eingefügt worden. Den Behörden sei es schlicht nicht möglich, bei jeder Anfrage erst die Betroffenen um Erlaubnis zu fragen. In einer Stadt wie München kämen pro Jahr rund 100.000 Fälle zusammen. Für die Werbeindustrie seien die Meldeämter keine lohnende Quelle, weil eine Adressanfrage zehn Euro koste. "Jeder Adresshändler wäre pleite", hatte Uhl gesagt.

Unionskollege Wolfgang Bosbach zeigte sich ebenso verwundert über die Kritik an dem Gesetz, das in einer heftig kritisierten Blitzabstimmung vom Bundestag, aber noch nicht vom Bundesrat verabschiedet wurde. Er habe eine solche Diskussion noch nicht erlebt, sagte der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses der "FAS". Wieso man die Verbesserung der Datenschutzlage durch das verabschiedete Gesetz als Verschlechterung verkauft, das verstehe ich nicht."

Auch Gisela Piltz, Fraktions-Vize der FDP im Bundestag, rechtfertigte das Gesetz, weil es den Datenschutz stärke. "Weitere Verbesserungen werden aber jedenfalls nicht an der FDP scheitern." Von den Reaktionen auf den Gesetzentwurf sei sie überrascht gewesen, sagte Piltz. "Die Widerspruchslösung, über die sich jetzt manche Landespolitiker aufregen, geht doch über das Schutzniveau in deren eigenen Landesgesetzen hinaus."

Die Bundesregierung hat sich vom Gesetz des Bundestags ebenso distanziert wie zahlreiche Länderregierungschefs und die Opposition. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sagte in der vergangenen Woche: "Wir wollen zurück zur Einwilligungslösung." Erwartet wird nun, dass der Bundesrat das Gesetz stoppt und danach eine Neuregelung mit Einwilligungslösung beschlossen wird.

syd


Aus: "CSU-Sprecher nennt Kritik am Meldegesetz "bizarr"" (15.07.2012)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/hans-peter-uhl-und-wolfgang-bosbach-verteidigen-neues-meldegesetz-a-844445.html

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Quote[...] Der schwarz-gelben Regierungskoalition waren die umstrittenen Änderungen im Bundesmeldegesetz schon früher bekannt als bislang zugegeben. Das zumindest berichtet das Nachrichtenmagazin Der Spiegel in seiner am morgigen Montag erscheinenden Ausgabe. Bereits Anfang April habe das Bundesinnenministerium auf Wunsch der Regierungsfraktionen von CDU/CSU und FDP Formulierungshilfen für das Gesetz vorgelegt: Darin sei erstmals die umstrittene Widerspruchslösung festgeschrieben gewesen, nach der Meldeämter personenbezogene Daten grundsätzlich herausgeben dürfen.

Außerdem war laut Spiegel in den Hilfen aus dem Innenministerium der neue Paragraf 44 Absatz 4 enthalten, der es Adresshändlern erlaubt, vorhandene Daten mit den Meldeämtern abzugleichen, selbst wenn die Betroffenen widersprochen haben. Erstmals sei die Änderung bei der ersten Lesung des Regierungsentwurfs im Bundestag am 26. April öffentlich geworden. Damals habe der CDU-Abgeordnete Helmut Brandt versehentlich über den Absatz 4 gesprochen, obwohl dieser noch gar nicht im Gesetzestext stand, sondern nur Teil der unter der Hand vereinbarten Änderungen war. Der entlarvende Lapsus sei jedoch keinem so richtig aufgefallen, auch der Opposition nicht. Die Reden waren damals zu Protokoll gegeben und nicht im Plenarsaal gehalten worden. (hob)


Aus: "Meldegesetz: Regierung wusste schon lange von umstrittenen Änderungen" (15.07.2012)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/Meldegesetz-Regierung-wusste-schon-lange-von-umstrittenen-Aenderungen-1641241.html