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[Aspekte zur Staatsgewalt... ]

Started by Textaris(txt*bot), March 19, 2008, 10:15:30 AM

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Textaris(txt*bot)

Quote" ... Die Würde des Menschen stellt den obersten Verfassungsgrundsatz dar, an dem folglich alle staatliche Gewalt ihr Handeln auszurichten hat. Sie ist daher Maßstab für Legislative, Exekutive und Judikative. Der Staat hat alles zu unterlassen, was die Menschenwürde beeinträchtigen könnte. ..."

Aus: "Artikel 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland" (24. April 2012)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Artikel_1_des_Grundgesetzes_f%C3%BCr_die_Bundesrepublik_Deutschland

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QuoteDass Regime und Bevölkerung eins seien, das ist die Schutzbehauptung jedes totalitären Regimes.

(Heinrich August Winkler)

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Quote,,Ich weiß .. nicht, ob die Menschenwürde verliert, wer von Polizeileuten geprügelt wird. Doch bin ich sicher, dass er schon mit dem ersten Schlag, der auf ihn niedergeht, etwas einbüßt, was wir ...vorläufig das ,Weltvertrauen' nennen wollen."

Jean Améry, gestorben am 17.10.1978


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Quote[...] Am 3. März 1902 wurde Rudolf Mandrella in Auschwitz/Oberschlesien geboren. Die Nazis richteten ihn am 3. September 1943 im Zuchthaus Brandenburg-Görden hin. 1936 hatte Mandrella geheiratet und zog seine drei Kinder in der Königswinterstraße 24 in Karlshorst groß.

Er war am Amtsgericht in Köpenick angestellt und wurde am 1. September 1939 Amtsgerichtsrat ernannt. ,,Durch seinen Glauben geriet Mandrella zunehmend in Widerspruch mit der Naziideologie, besonders durch das Verbot und die Zwangsauflösung der katholischen Jugendreformbewegung Quickborn im Jahr 1939", wie das Museum Lichtenberg in einer Biografie schreibt.

Um einer Einberufung zur Wehrmacht zu entgehen, meldete sich Mandrella 1941 freiwillig zu Marine. Nach einer kurzen Ausbildung in Kiel wurde er im Juli 1941 nach Stettin versetzt. In einem kleinen Kreis von Soldaten äußerte er sich kritisch über den Nationalsozialismus, was durch einen Spitzel auffiel. Mandrella wurde verhaftet und später hingerichtet.

In der Urteilsbegründung stand unter anderem, der Angeklagte sei ein ,,ausgesprochener Gegner der nationalsozialistischen Weltanschauung und Staatsführung" und habe ,,in schärfster Weise Maßnahmen der Führung auf politischem und militärischem Gebiet" kritisiert.

In Folge davon seien Soldaten in ihrem ,,Glauben an den Sieg schwankend" geworden. Mandrella wurde mit der Feststellung zitiert, es habe ,,in der Geschichte keine ähnliche Barbarei wie die jetzige deutsche Judenverfolgung" gegeben. Dies alles sei bei Zusammenkünften katholischer Wehrmachtangehöriger geäußert worden.

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Aus: "Gedenken an Rudolf Mandrella" Robert Klages (24.08.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/bezirke/antifaschist-wurde-von-den-nazis-hingerichtet-gedenken-an-rudolf-mandrella-10357330.html

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QuoteBestimmte Herrschaftsbeziehungen blieben im kollektiven Unterbewusstsein.

(Dr. Claudio Guimaraes dos Santos)

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Quote26. Oktober 2011 15:37
"Es ist gefährlich, Recht zu haben, wenn die Regierung Unrecht hat." OFi

Original franz.: Il est dangereux d'avoir raison dans des choses où
des hommes accrédités ont tort.

Wörtlich übersetzt: Es ist gefährlich in Dingen recht zu haben, in denen die etablierten Autoritäten
unrecht haben. Voltaire (http://de.wikiquote.org/wiki/Voltaire)


Kommentar zu: "CCC kritisiert neue Staatstrojaner-Version"
http://www.heise.de/security/news/foren/S-Es-ist-gefaehrlich-Recht-zu-haben-wenn-die-Regierung-Unrecht-hat/forum-214474/msg-20982350/read/

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Quote[....] Offiziell wird der 34-Jährige des "Aufrufs zur Untergrabung der Staatsgewalt" bezichtigt. [...] Nach Angaben seines Anwalts sind die Vorwürfe gegen Hu Jia nicht gerechtfertigt. "Obwohl die Kritik scharf war, glauben wir nicht, dass sie darauf ausgerichtet war, zur Untergrabung der Staatsgewalt aufzurufen", sagte Li Fangping. Zur rund dreieinhalbstündigen Verhandlung am Dienstag sei lediglich Hu Jias Mutter zugelassen gewesen. Seine Frau Zeng Jinyan, mit der Hu Jia eine wenige Monate alte Tochter hat, durfte demnach nicht teilnehmen.

Die EU-Präsidentschaft und Menschenrechtsorganisationen hatten den Prozess am Montag kritisiert und China aufgefordert, alle Autoren und Journalisten freizulassen, die "wegen ihrer Berichterstattung über Menschenrechtsverletzungen" verhaftet wurden. Hu Jia, der sich auch für die Rechte von HIV-Infizierten eingesetzt hatte, war nach langem Hausarrest im Dezember festgenommen worden. Zuvor hatte er über das Internet an einer Anhörung des EU-Parlaments über Chinas Menschenrechte teilgenommen. (dpa) / (anw/c't)


Aus: "Prozess gegen Bürgerrechtler Hu Jia hat begonnen" (18.03.2008)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/Prozess-gegen-Buergerrechtler-Hu-Jia-hat-begonnen--/meldung/105208

Quote[...] China hat im vergangenen Jahr in mehr als 20 Millionen Fällen Menschen verboten, mit dem Zug oder Flugzeug zu reisen, wie jüngst die Tagesschau berichtete. Der Grund: Die Betroffenen hatten ein zu schlechtes Sozialpunkte-Konto (Was es heißt, auf die Blacklist des chinesischen Sozialkreditsystems zu kommen: https://www.heise.de/tp/features/Was-es-heisst-auf-die-Blacklist-des-chinesischen-Sozialkreditsystems-zu-kommen-4315364.html).


Aus: "Orwell lässt grüßen: China vor dem Nationalen Volkskongress" Arno Kleinebeckel (05. März 2019)
Quelle: https://www.heise.de/tp/features/Orwell-laesst-gruessen-China-vor-dem-Nationalen-Volkskongress-4326212.html

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Quote[...] "We do not have a police state here, despite some of the ridiculous headlines," Straw told BBC radio.


From: "'Police state' fears absurd, insists Straw" (gulf-times.com, 2/12/2008)
Quelle: http://www.gulf-times.com/site/topics/article.asp?cu_no=2&item_no=258088&version=1&template_id=38&parent_id=20

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Quote[...] Zwölf Jahre dauerte die Untersuchung, und ihre Arbeit verschlang knapp 200 Millionen Pfund. Doch das Ergebnis, zu dem der Saville-Ausschuss über den "Bloody Sunday", den Blutsonntag von Londonderry kam, hätte deutlicher und unzweideutiger nicht ausfallen können: Es waren Soldaten der britischen Armee, die am 30. Januar 1972 in dieser nordirischen Stadt den ersten Schuss abfeuerten, und sie waren von Demonstranten weder bedroht noch gefährdet gewesen. Dreizehn Menschen waren an jenem Tag erschossen worden, 14 weitere wurden verletzt. Sie alle waren unbewaffnete Zivilisten.

...

Quotetomwaits4u schreibt

38 Jahre?

Na ja. Besser als nie. ...



Aus: "Entschuldigung für den "Bloody Sunday"" Von Wolfgang Koydl (15.06.2010)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/politik/bericht-zu-massaker-in-nordirland-entschuldiung-fuer-den-bloody-sunday-1.959951

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Quote[...] Premier David Cameron hatte sich im Unterhaus für die ,,ungerechtfertigte und nicht zu rechtfertigende" Aktion der Staatsorgane entschuldigt.


Aus: "Nordirland: Mehr als nur eine Wahrheit" Von Matthias Thibaut (17.06.2010)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/politik/nordirland-mehr-als-nur-eine-wahrheit/1861878.html

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Quote[...] Nach Angaben der Armee wurde im Katholikenviertel Bogside aus den Reihen der Demonstranten das Feuer auf die Soldaten eröffnet, welches diese erwiderten. Allerdings steht dies in deutlichem Widerspruch zu Aussagen von Teilnehmern des Protestzuges sowie zu der Tatsache, dass kein Soldat verletzt, fünf Demonstranten aber von hinten getroffen wurden. Unklar ist bis heute, welche militärische Rolle den rund 30 beteiligten Fallschirmjägern, die für eine polizeiliche Absicherung des Zuges nicht ausgebildet waren, an diesem Tage zugedacht war. Gesichert ist, dass nach dem Befehl zur Feuereinstellung noch etwa 100 Schüsse abgegeben wurden.

[...] Eine erste Untersuchung des Vorfalls durch Lord Widgery drei Monate später entlastete die Armeeführung und die beteiligten Soldaten. Da allerdings starke Zweifel an der Neutralität der Untersuchungskommission bestanden, wurde dieses Ergebnis von den meisten irischen Beobachtern abgelehnt. Der Name Widgery sowie der Ort Coleraine, an dem die Untersuchung stattfand, sind daher in Nordirland zu Synonymen für Behauptungen der britischen Armee geworden, die mit den Beobachtungen vieler Zeugen offensichtlich nicht übereinstimmten.
The Guildhall in Derry, Ort der 2. Untersuchung (1998–2010) durch Lord Saville

Im Januar 1998 kündigte der damalige Premierminister Tony Blair angesichts andauernden Protests von Angehörigen gegen die ersten Untersuchungen eine Revision unter Lord Saville an. Der Untersuchungsbericht, der sogenannte Saville-Report, wurde am 15. Juni 2010 veröffentlicht und belegt, dass die britischen Soldaten zuerst geschossen haben und nicht zuvor beschossen worden sind. Anlässlich der Vorstellung des 5000 Seiten umfassenden Berichtes bat Premierminister David Cameron im Namen der britischen Regierung um Verzeihung für die tödlichen Schüsse. Er bedauerte die Gewaltanwendung der britischen Armee zutiefst und bezeichnete das Handeln der Soldaten als ungerechtfertigt und unvertretbar.

[...] In Folge des Blutsonntags verschärfte sich der Nordirlandkonflikt deutlich, die IRA verübte mehrere Anschläge als Racheakte. Nach Bekanntwerden der Ereignisse stürmte eine wütende Menge die britische Botschaft in Dublin und brannte sie bis auf die Grundmauern nieder. 1972 wurde zum blutigsten Jahr des Nordirlandkonflikts.

...

Die Opfer: Denkmal für die Opfer in Derry - Die einzelnen Toten und ihr Schicksal:

    * Jackie Duddy (17 Jahre alt) wurde auf dem Parkplatz des Rossville-Wohnblocks durch einen Schuss in die Brust getötet. Vier Zeugen sagten später aus, dass er unbewaffnet war und vor den Soldaten wegrannte. Drei von ihnen sahen einen Soldaten, der bewusst auf ihn zielte.

    * Patrick Doherty (31 Jahre alt) wurde von hinten erschossen, als er versuchte, sich kriechend auf dem Vorplatz des Rossville-Wohnblocks in Sicherheit zu bringen. Sekunden bevor er starb, wurde er von dem französischen Fotografen Gilles Peress fotografiert. Die Fotografien zeigen, dass er unbewaffnet war.

    * Bernard McGuigan (41 Jahre alt) wurde von hinten in den Kopf geschossen, als er versuchte, Patrick Doherty zu helfen. Er winkte mit einem weißen Taschentuch, um den Soldaten zu zeigen, dass er friedvolle Absichten hatte.

    * Hugh Gilmour (17 Jahre alt) wurde in die Brust geschossen, während er auf der Rossville Street von den Soldaten weglief. Er wurde Sekunden, nachdem er getroffen wurde, fotografiert. Zeugen sagten aus, dass er unbewaffnet war.

    * Kevin McElhinney (17 Jahre alt) wurde von hinten erschossen, während er versuchte, sich im Vordereingang des Rossville-Wohnblocks in Sicherheit zu bringen. Zwei Zeugen sagten aus, dass er unbewaffnet war.

    * Michael Kelly (17 Jahre alt) stand nahe der Trümmer-Barrikade vor dem Rossville-Wohnblock, als man ihm in den Bauch schoss. Er war unbewaffnet.

    * John Young (17 Jahre alt) wurde in den Kopf geschossen, als er nahe der Trümmer-Barrikade vor dem Rossville-Wohnblock stand. Zwei Zeugen sagten aus, dass er unbewaffnet war.

    * William Nash (19 Jahre alt) stand in der Nähe der Barrikade, als man ihm in die Brust schoss. Zeugen sagten aus, dass er unbewaffnet war und anderen helfen wollte, als er erschossen wurde.

    * Michael McDaid (20 Jahre alt) wurde ins Gesicht geschossen, als er sich von den Soldaten wegbewegte. Die Flugbahn der Kugel, welche ihn traf, deutet an, dass er von Soldaten, die auf den Derry Walls positioniert waren, erschossen wurde.

    * James Wray (22 Jahre alt) wurde zunächst nur verwundet und anschließend aus kurzer Entfernung erschossen, als er auf dem Boden lag. Augenzeugen sagten aus, dass er nicht mehr in der Lage war, seine Beine zu bewegen, als man auf ihn schoss.

    * Gerald Donaghy (17 Jahre alt) wurde in den Bauch geschossen, als er versuchte, sich zwischen Glenfada Park und Abbey Park in Sicherheit zu bringen. Er wurde in ein nahe gelegenes Haus gebracht, wo ihn ein Arzt untersuchte. Seine Taschen wurden nach außen gewendet, als man versuchte, ihn zu identifizieren. Ein späteres Foto der Polizei von seiner Leiche zeigte Nagelbomben in seinen Taschen. Weder die, die seine Taschen durchsucht hatten, noch der britische Armee-Arzt, welcher seinen Tod feststellte, konnten sich an diese Bomben erinnern. Gerald Donaghy war Mitglied der IRA-nahen Fianna Éireann, einer republikanischen Jugendbewegung.

    * Gerald McKinney (35 Jahre alt) wurde kurz nach Gerald Donaghy erschossen. Zeugen sagten aus, dass er hinter Donaghy rannte. Er riss seine Arme hoch und schrie ,,Don't shoot!" [Nicht schießen], als er sah, wie Donaghy zu Boden ging. Darauf wurde ihm in die Brust geschossen.

    * William McKinney (26 Jahre alt, nicht mit Gerald McKinney verwandt) wurde in den Rücken geschossen, als er versuchte, Gerald McKinney zu helfen.

John Johnston (59 Jahre alt) wird von manchen Quellen zu den Opfern dieses Tages gezählt. Er wurde bereits 15 Minuten, bevor das Feuer auf die Demonstranten eröffnet wurde, in der William Street angeschossen. Johnston erlag vier Monate später einem Hirntumor. Manche Quellen brachten seinen Tod mit den Verletzungen in Verbindung, die er sich an diesem Tag zuzog. Die Saville-Kommission vermutete, dass kein Zusammenhang bestand.

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Blutiger Sonntag (Nordirland 1972)
http://de.wikipedia.org/wiki/Blutsonntag_%28Nordirland_1972%29


Bloody Sunday: "Er rief: 'Michael wurde getroffen'"
Schüsse auf Schutzlose: Vor 40 Jahren demonstrierten im nordirischen Derry Tausende Menschen für Bürgerrechte. Was als friedlicher Protest begann, endete in einem Blutbad. Bei einestages erinnert sich John Kelly an die Hetzjagd durch britische Soldaten - und den Kugelhagel, in dem sein Bruder starb. Von Christian Gödecke (27.1.2012)
http://einestages.spiegel.de/static/authoralbumbackground/24274/_er_rief_michael_wurde_getroffen.html

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Quote[...] Majestätsbeleidigung (lat. crimen laesae maiestatis) ist in einer Monarchie die vorsätzliche Beleidigung oder Tätlichkeit, die gegen einen regierenden Monarchen verübt wird. Im weiteren Sinn kann darunter modern auch die Beleidigung eines Staatsoberhauptes begriffen werden. Wenn etwa in Deutschland die Verunglimpfung des Bundespräsidenten nach § 90 StGB strafbar ist, so ist das Vorbild in der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Majestätsbeleidigung zu suchen.

... Im Zeitalter des Absolutismus, als der von Gottes Gnaden herrschende Monarch oft das Symbol des Staates selbst war, war die Majestätsbeleidigung, die dann der Aberkennung der vom Gesetz und Gott gegebenen Regierung gleichstand, ein Staatsverbrechen, das häufig mit der Todesstrafe geahndet wurde.

Im Deutschen Reich wurde nach dem Strafgesetzbuch von 1871 die Tat mit lebenslänglichem Zuchthaus oder lebenslänglicher Festungshaft, in minder schweren Fällen mit zeitlicher Zuchthaus- oder Festungsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft, die einfache Beleidigung mit Gefängnis von zwei Monaten bis zu fünf Jahren oder mit Festungshaft bis zu fünf Jahren.

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Aus: "Majestätsbeleidigung" (23. Februar 2011)
http://de.wikipedia.org/wiki/Majest%C3%A4tsbeleidigung


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Quote[...] ab 1963 sammelten die Ermittler Informationen über rund 7000 ehemalige Mitarbeiter des Reichssicherheitshauptamts. 16 Karten ragen aus der Wand hervor, sie stehen für diejenigen Beamten aus der Terrorzentrale der Nazis, die sich in einem Strafverfahren verantworten mussten. Drei Karten heben sich noch ein Stück weiter ab: Das sind die, die ein Urteil bekamen - 3 von 7000.

... 1933 bezog die Geheime Staatspolizei die Kunstgewerbeschule in der Prinz-Albrecht-Straße 8. Das benachbarte Hotel Prinz Albrecht diente ab 1934 als SS-Zentrale, im selben Jahr nahm der Sicherheitsdienst (SD) der SS das Prinz-Albrecht-Palais an der Wilhelmstraße in Beschlag. Hier verwalteten die Beamten die Konzentrations- und Vernichtungslager, steuerten die tödlichen Feldzüge der Einsatzgruppen und führten Buch über die zu bespitzelnden Regimegegner.

Auch das Wannsee-Protokoll zur "Endlösung der Judenfrage" vom 20. Januar 1942 wurde in der SS-Zentrale angefertigt...

[...] Umfassende Antworten zu liefern, sei nie das Vorhaben der "Topographie des Terrors" gewesen, räumt Direktor Nachama ein. "Wir sind zufrieden, wenn uns der Besucher mit mehr Fragen verlässt, als er zu Anfang hatte."

Der Besucher steht etwa staunend vor dem Foto von Karl Wolff, Leiter des persönlichen Stabes von Himmler, wie er nach dem Krieg fröhlich vor seinem Haus am Starnberger See mit einem Schlauch die Pflanzen gießt.

Ein Farbfoto jüngeren Datums zeigt den ehemaligen Chef des SS-Sicherheitsdiensts von Genua, Friedrich Engel, 2002 vor dem Landgericht Hamburg. Die Verurteilung hob der Bundesgerichtshof wieder auf - auch Engel starb als freier Mann.

...


Aus: ""Topographie des Terrors"" Jan Friedmann  (5.5.2010 )
Quelle: http://einestages.spiegel.de/static/topicalbumbackground/8501/jungmanager_des_massenmords.html

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Quote[...] Ohsers ,,Vater & Sohn" ist ungeachtet dessen, dass er von 1934 bis 1937 erschien, also im nationalsozialistischen Deutschland, der Inbegriff eines humanistischen Comics. Der allerdings den Nazis durchaus gefiel, so gut, dass Goebbels persönlich den Künstler im Jahr 1940 als Karikaturisten in sein Renommierblatt ,,Das Reich" holte, nachdem er es dem 1903 geborenen Ohser schon 1934 ermöglicht hatte, überhaupt wieder als humoristischer Zeichner zu arbeiten, obwohl der in der Weimarer Republik als scharfer Gegner des Nationalsozialismus  aufgefallen war. 1944 jedoch war der künstlerische Kredit beim Propagandaminister  aufgebraucht: Als Ohser vor dem Volksgerichtshof in Berlin der Wehrkraftzersetzung angeklagt wurde, weil er angeblich die NS-Führung geschmäht hatte, setzte Goebbels persönlich den Blutrichter Roland Freisler für die Verhandlung an und stimmte sich vorab mit diesem über das Todesurteil ab. Der verzweifelte Ohser brachte sich in der letzten Nacht der Untersuchungshaft in der Zelle um. ...


Aus: "Als man den Vater von ,,Vater & Sohn" in den Tod trieb" Andreas Platthaus (5. Januar 2015)
Quelle: http://blogs.faz.net/comic/2015/01/05/als-man-den-vater-von-vater-sohn-den-tod-trieb-598/

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Quotejozi59, 5. Juni 2009 12:39
Re: Staatsgefährdend vs. machtgefährdend
firedancer schrieb am 5. Juni 2009 09:35

> Dieses ganze Gerede über "staatsgefährdend" ist doch ein völliger
> Witz. Um "staatsgefährdend" geht es doch gar nicht. Es geht um die
> Gefährdung bzw. drohende Veränderung bestehender Machtstrukturen.

Stimmt. Darum ist "staatsgefährdend" auch ein Gummibegriff.

...


http://www.heise.de/tp/foren/S-Re-Staatsgefaehrdend-vs-machtgefaehrdend/forum-160084/msg-16837413/read/

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Quote[...] Moody, 8. Juli 2008 09:05
Es gab und gibt immer gute Gruende...

...fuer den Staat...

...die Rechte von Angeklagten zu suspendieren
...die eigene Bevoelkerung zu ueberwachen
...Geheimdienstaktivitaeten zu legitimieren und auszuweiten
...Polizei und Geheimdienst schlagkraeftig zu verbinden
...staatlichen Stellen Amnestie vor den eigenen Gesetzen zu gewaehren
...Pressefreiheit und Kommunikationsfreiheit zu kontrollieren und
ggf. einzuschraenken
... (...)


Aus einem Kommentar zu: "EU: Kompromissvorschlag soll Internetüberwachung verhindern" (8. Juli 2008)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/foren/S-Es-gab-und-gibt-immer-gute-Gruende/forum-140238/msg-15186679/read/

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Quote[...] Als im März 1933 das dem [Deutschen Freidenker-] Verband gehörende Haus in der Kreuzberger Gneisenaustraße, in dem sich die Zentrale befand, von der SA in einer wilden Aktion besetzt wurde, bedeutete dies faktisch das Ende einer 28jährigen Aufbauarbeit zur bedeutendesten Weltanschauungsgemeinschaft in Deutschland. Der Deutsche Freidenker-Verband wurde als staatsfeindlich eingestuft und verboten, Vermögen und Immobilien beschlagnahmt. Die Angestellten wurden auf die Straße gesetzt, Verbandsfunktionäre eingesperrt oder in die Emigration getrieben.[...]
Quelle: http://www.humanismus.de/downloads/zukunftlesen.pdf
Aus: "Wer in der Zukunft lesen will, muss in der Vergangenheit blättern" von Manfred Isemeyer (2005)

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Quote[...] Max Sievers (* 11. Juni 1887 in Berlin; † 17. Januar 1944 in Brandenburg an der Havel) war Vorsitzender des Deutschen Freidenker-Verbandes.

Er wurde am 3. Juni 1943 durch die Gestapo verhaftet, am 17. November 1943 am Volksgerichtshof unter dem Vorsitz von Roland Freisler wegen "Vorbereitung zum Hochverrat mit Feindbegünstigung" zum Tode verurteilt und am 17. Januar 1944 im Zuchthaus Brandenburg-Görden durch das Fallbeil hingerichtet.

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Max_Sievers

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Quote[...] So kann Alf Lüdtke zeigen, wie der volkspolizeilich erlassene Schießbefehl im Erfurt des Jahres 1953 als administrativ-rechtsförmige Anordnung eine Ermächtigung darstellt und als solche gleichermaßen der Eingrenzung von Gewalt dienen soll wie die Entgrenzung der Gewalt ermöglicht und rechtfertigt - ohne dass indes in diesem konkreten Fall das eine oder das andere so tatsächlich eingetreten wäre. Das gleiche Thema einer Entgrenzung staatlich verordneter Gewalt greift Michael Wildt am Beispiel des Nationalsozialismus auf, der bekanntlich auf der Basis des Ausnahmezustands im doppelten Sinne regierte: als Gewaltherrschaft von oben und als Ermächtigung einer Gewalt von unten. Doch fehl geht wiederum, wer hieraus eine Zwangsläufigkeit ableiten will.

[...] Im Widerspruch sowohl zu Carl Schmitt als auch zu Giorgio Agamben, die von einem Fortbestehen des Staates bzw. der Norm (ohne Geltung) im Ausnahmezustand ausgehen, zeigt Stefan Plaggenborg in seiner Analyse der gesellschaftlichen Umbrüche der (späteren) Sowjetunion, wie der neue Staat aus einem Zustand der Rechtlosigkeit heraus entsteht und sich als solcher selbst ein Recht der Gewalt verschafft.

William Scheuerman problematisiert die Idiosynkrasien der US-amerikanischen Präsidialdemokratie am Beispiel der post 9/11-Politik der Bush-Regierung. Die institutionalisierte Personalisierung der Politik, die sich in der Figur des Präsidenten eher als ein Relikt königlicher Macht darstellt, steht demokratisch-rechtsstaatlichen Kontrollprinzipien tendenziell entgegen, eine Tendenz, die sich in Krisenzeiten sogar noch verstärkt. Die stets nachgelagerten parlamentarischen und judikativen Kontrollinterventionen hinken der institutionell abgesegneten Machtüberschreitung notorisch hinterher. Ob die Ausnahme allerdings rechtlich gezähmt werden kann, wie der Autor in einem Stufenmodell zeitlicher Befristung des Ausnahmezustand und der parlamentarischen Kontrolle vorschlägt, bleibt weiter zu erörtern. Hat das Recht, das zukünftiges Handeln immer nur konditionell bestimmen, nicht aber vorhersehen und determinieren kann, gegenüber präemptiven politischen Ambitionen im Namen der Sicherheit nicht prinzipiell das Nachsehen?

Wenn kritische Sozial- und Geschichtswissenschaft sich darin zeigt, die Widersprüchlichkeit und Vielfältigkeit sozialer Wirklichkeit sichtbar zu machen, die sich politisch und rechtlich nicht einfach steuern, aber auch nicht einfach dominieren lässt, dann ist dieser interdisziplinär angelegte und empirisch gesättigte Band [Staats-Gewalt: Ausnahmezustand und Sicherheitsregimes] ein gelungener Beitrag zur Diskussion und Problematik der Staatsgewalt, die sich im Namen von Krisenbewältigungen und Sicherheit immer wieder überbordende Handlungsbefugnisse zu verschaffen sucht. ...

Susanne Krasmann, Hamburg (ARCHIV FÜR SOZIALGESCHICHTE 17. Februar 2009)
Über: Alf Lüdtke/Michael Wildt (Hrsg.), Staats-Gewalt: Ausnahmezustand und Sicherheitsregimes. Historische Perspektiven (Göttinger Gespräche zur Geschichtswissenschaft, Bd. 27), Wallstein Verlag, Göttingen, 2008, 352 S.
Quelle: http://library.fes.de/fulltext/afs/htmrez/81004.htm

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Quote[...] Staatsgewalt bezeichnet die Ausübung hoheitlicher Macht innerhalb des Staatsgebietes eines Staates durch dessen Organe und Institutionen wie z.B. Staatsoberhaupt und Regierung (Verwaltung, Beamte, Polizei, Armee), Parlament und Gerichte in Form von Hoheitsakten.

[...] Im Kompositum "Staatsgewalt" besitzt das Wort "Gewalt" zwei Bedeutungen: In einem abstrakten Sinne meint Gewalt, "die Macht, über jemanden zu herrschen", also "Herrschafts-Macht". In der Wendung "Gewaltmonopol des Staates" ist Gewalt im konkreten Sinne des Wortes gemeint, nämlich als "Ausübung von unmittelbarem physischen Zwang".

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Aus: "Staatsgewalt" (9. März 2008)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Staatsgewalt

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Quote[...] Das Gottesgnadentum beinhaltet die Legitimation des Herrschers durch den Willen Gottes ("Stellvertreter Christi auf Erden"). Der Absolutismus vertritt davon ausgehend die Position, dass der König weder absetzbar noch in einer anderen Weise an der Ausübung seiner Regentschaft zu hindern sei. Prominente Beispiele dafür sind: Ludwig XIV. von Frankreich, Friedrich Wilhelm IV. von Preußen, das Erzhaus Habsburg oder die russischen Zaren.

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Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Gottesgnadentum
(14. November 2008)

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Quote[...] Ein Gericht in Minsk befand Sannikow für schuldig, nach der Abstimmung "massive Unruhen" geschürt zu haben. ...


Aus: "Lukaschenkos Justiz schickt Oppositionsführer ins Straflager" (15.5.2011)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/ausland/2011-05/urteil-haft-weissrussland

Textaris(txt*bot)

#1
Quote[...] Geschäftsmann Beresowskij, [gab] dem Spiegel ein Interview und wies nicht ohne Genugtuung auf die "unkonstruktive Opposition" der Most-Medien hin: "Was immer von Putin kam: Alles wurde heruntergemacht. Gusinskij musste sich darüber im Klaren sein, wohin das führen würde."


Aus: "Putins Freude an der Staatsgewalt" Jens Deppe (DIE ZEIT, 2000)
Quelle: http://www.zeit.de/2000/28/200028.m-russische_medi.xml

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Quote[...] Er verachtete die Politik und das Autoritäre, das Nationalistische, das Paternalistische des Staates. "Unsere Demokratie kam von oben", sagt er, "Atatürk hat sie verordnet und die Türken haben nur gesagt: ja meinetwegen, wenn er das so will." Dafür habe er die türkische Gesellschaft gehasst, ihre Hörigkeit, ihre Sehnsucht nach einem Staat als strengen Vater.

...


Aus: "Ali, der Straßenkämpfer von Ankara" Lenz Jacobsen (08.06.2013)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-06/ankara-tuerkei-protest

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Quote[...] Die Beamte seien zu 120 Stunden langen Dauereinsätzen auf den Straßen gezwungen worden. Die Gewalt gegen Demonstranten resultiere auch aus der Gewalt, die die Polizisten selbst erführen, sagte Sezer. ...


Aus: "Sechs türkische Polizisten sollen sich umgebracht haben" (09.06.2013)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-06/polizisten-tuerkei-selbstmord


Textaris(txt*bot)

#2
Quote[...] Nach den Rostocker Krawallen zum G-8-Gipfel in Heiligendamm dringen Politiker der Koalition auf ein schärferes Vorgehen gegen gewalttätige Demonstranten. Abgeordnete von CDU und CSU bringen den Einsatz der GSG 9 ins Gespräch.


Aus: "Und jetzt die GSG 9?" (05.06.2007)
Quelle: http://www.zeit.de/news/artikel/2007/06/05/104938.xml

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Quote[...] Wie viele G8-Kritiker in der Industriestraße zurzeit in Gewahrsam sind, ist unklar. Die Anwälte des Notdienstes, die seit Stunden vor dem Haupteingang darauf warten, zu den Gefangenen gelassen zu werden, wissen es auch nicht genau. "150" schätzt einer. Die Polizisten hier sagen nichts. Und die Polizei-Pressestelle nennt auf Anfrage wiederum nur die Gesamtzahl der in Gewahrsam genommenen Personen. Am Nachmittag waren es 196 - verteilt auf mehrere GeSas.

[...] "Es sind 20 bis 30 Quadratmeter große Käfige, nach oben offen und mit einem Netz abgedeckt", berichtet Lemke. Zum Schlafen gebe es Matratzen. In manchen "Käfigen" seien bis zu 20 Personen, in anderen weniger. Das Licht sei 24 Stunden an, per Videokameras werde permanent überwacht.

"Das stört meinen Mandanten am meisten", sagt der Notdienstanwalt - und seinen Angaben nach auch Amnesty International (ai). Die Menschenrechtsorganisation habe im Vorfeld die "Käfige" der Gefangenensammelstelle gesehen - und für ok befunden. "Doch dass nun 24 Stunden lang das Licht brennt und permanent per Video überwacht wird, ist ein Zustand, mit dem ai nicht einverstanden ist", so Lemke.


Aus: "Reportage aus der Gefangenensammelstelle Rostock - 20 in einem Käfig, 24 Stunden Licht" (09.06.2007)
Von Britta Scholtys, tagesschau.de, Rostock
Quelle: http://www.tagesschau.de/inland/meldung23744.html

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Quote[...] Martin erzählt: "Es war gegen 14 Uhr. Wir saßen oder lagen alle gefesselt auf dem nackten Betonboden. Innerhalb von einer Stunde füllte sich der Käfig immer mehr. Ab der 30. Person beschwerten wir uns, dass es zu voll sei und versuchten, uns vor den Eingang zu stellen. Doch die Polizisten drückten immer noch mehr Männer in den Käfig, bis wir schließlich genau 50 Personen waren. 'Da passt noch einer rein' war immer die Antwort. Wir kauerten wie die Tiere in dem viel zu vollen Käfig. Auch bei Toilettengängen wurden die Fesseln nicht gelöst. Erst um 18 Uhr kam eine neue Schicht, die die Fesseln entfernte. Schon zu Beginn der Festnahme und noch einmal bei der Aufnahme in der Gesa habe ich darum gebeten, telefonieren zu können und einen Rechtsanwalt sehen zu dürfen. Beides wurde mir versagt."

[...] Es sind Geschichten, wie diese, die die Anwälte des Republikanischen Anwaltsvereins (RAV) entrüsten. Noch sei die Bundesrepublik ein Rechtsstaat, in dem auch mutmaßlichen Tätern gesetzlich garantierte Rechte zustehen. Während des G8 seien diese Prinzipien unzählige Male ignoriert worden. Oftmals seien Menschen sogar ohne jede Rechtsgrundlage festgehalten worden.

1147 Verhaftungen und Ingewahrsamnahmen hat der Anwaltliche Notdienst in der Zeit vom 2. bis 7. Juni registriert. Davon sind 140 Personen nach Richterbeschluss in sogenannten Langzeitgewahrsam gekommen. In der Kritik der Verteidiger, Linker- und Menschenrechtsgruppen stehen vor allem die beiden Gefangenensammelstellen in Rostock. Bis zu sechs Tage seien Menschen in den jeweils etwa 25 Quadratmeter großen Käfigen unter zum Teil völlig inakzeptablen Bedingungen festgehalten worden.

[...] Die Liste der Vorwürfe gegen die Polizei und einzelne Richter ist lang und soll nach dem Willen des RAV in einem Untersuchungsausschuss aufgearbeitet werden. So seien Festgenommenen beispielsweise Medikamente, Asthmasprays und Brillen abgenommen worden, mindestens drei Betroffene seien nach der Festnahme geschlagen, in hilflose Lage versetzt und mit dem Tod bedroht worden. Mehrere Frauen hätten sich bei Kontrollen vor männlichen Beamten ausziehen müssen.

[...] Juristische Folgen könnte in etlichen Fällen auch die Behinderung der anwaltlichen Tätigkeit selbst haben. Der Berliner Anwalt Dietmar Sasse etwa berichtet, er sei von Polizeibeamten 75 Meter über eine Straße geschubbst und geschlagen worden, als er zu einem Mandanten wollte, der in Hinterbollhagen festgehalten wurde. "Als ich mich als Anwalt ausweisen wollte, haben die einfach gesagt, halts Maul und mir einen Platzverweis erteilt." Sasse will Anzeige gegen die Beamten erstatten. Große Hoffnungen auf einen Erfolg macht er sich allerdings nicht, denn sein Vertrauen in den Rechtsstaat sei nach den Erlebnissen beim G8-Gipfel "gründlich erschüttert".

...


Aus: "G8-Gegner: Haft ohne Wasser und Essen" (24. August 2007)
Quelle: http://www.stern.de/politik/panorama/:G8-Gegner-Haft-Wasser-Essen/596026.html

QuoteZwei Monate nach dem G8-Gipfel in Heiligendamm rollt eine Prozesslawine auf die Justiz in Mecklenburg-Vorpommern zu. Nach Angaben der Rostocker Staatsanwaltschaft sind etwa 1100 Verfahren bei der Polizei und der Staatsanwaltschaft in Bearbeitung. Die meisten richten sich gegen G8-Kritiker. Hauptvorwürfe sind neben Landfriedensbruch und Körperverletzung auch der Verstoß gegen das Versammlungsgesetz, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Beleidigung. 43 Verfahren richten sich gegen Beamte. Dabei geht es nach Angaben des Sprechers der Rostocker Staatsanwaltschaft, Peter Lückemann, hauptsächlich um Freiheitsberaubung im Zusammenhang mit der Unterbringung in den Gefangenensammelstellen und Körperverletzung im Amt, wegen des "Enterns" eines Greenpeace-Bootes vor Kühlungsborn.

Wie viele der laufenden Verfahren letztlich vor Gericht landen werden, sei unklar, sagt Lückemann. An der Behörde sind acht Staatsanwälte nur mit der Bearbeitung der "G8-Fälle" beauftragt. Parallel dazu ermitteln Polizeibeamte seit dem 1. August in einer Sonderarbeitsgruppe "Folgemaßnahmen". Deren Aufgabe ist es, das während der Demonstrationen aufgenommene Video- und Bildmaterial auszuwerten. Mit dem Abschluss dieser Auswertung werde, so Lückemann, nicht vor November 2007 gerechnet. Danach könne es noch einmal bis zu neue 2000 Verfahren geben.

Bei der Rostocker Staatsanwaltschaft waren bis zum 9. August insgesamt 718 Verfahren registriert. Davon 67 gegen Unbekannt. Von den 718 Verfahren seien inzwischen 514 erledigt. In 91 Verfahren habe es einen Strafbefehl oder eine Anklage gegeben. In 173 Fällen wurden Bußgelder verhängt. Im Fall des Bremer Zivilpolizisten, der am 7. Juni bei einer Demo an der Doberaner Rennbahn als sogenannter "Agent Provocateur" enttarnt wurde, seien die Ermittlungen inzwischen wieder eingestellt worden. Es habe keinen hinreichenden Tatverdacht gegeben, so Lückemann. Demonstranten hatten behauptet, der Zivilpolizist habe zu Steinewürfen aufgerufen.


Quotex-cube (24.8.2007, 17:25 Uhr)

Sicherheitskonzept

Um das übertriebene Sicherheitskonzept zu rechtfertigen braucht man eben Sündenböcke und Schuldige die man vorweisen kann. Die Polizisten sind aber auch nur Befehlsempfänger, die auch mit schlechter Versorgung zu kämpfen hatten und sicherlich auch überfordert waren. Sie pauschal abzuurteilen ist nicht in Ordnung. Das gibt trotzdem keinem Polizist oder Befehlsgeber das Recht gegen Gesetze zu verstossen. Das Problem ist, dass unser "freiheitlicher" Staat immer mehr politisch gewollt zum Überwachungs- und Repressionsstaat mutiert. Jede Bruch des Gesetzes durch die Staatsgewalt ist ein kleiner Riss im Gemäuer unserer Demokratie und wird diese mehr und mehr beschädigen. Viele Bürger haben mittlerweile mehr Angst vor Ihrem eigenen Staat als vor irgendwelchen Imaginären Agressoren oder den viel beschworenen Terroristen. Ich glaube kaum, das der G8 Gipfel eine Nachspiel haben wird weil alles im Sumpf der Verschwiegenheit, Verwirrung und Verkomplizierung versinken wird.


Quoteatride (24.8.2007, 17:02 Uhr)

hier hat unser "rechtsstaat" mal sein wahres gesicht gezeigt... tornados? spürpanzer? - gegen demonstanten...?


Quotechriswoj (24.8.2007, 16:42 Uhr)

schlecht....

Einseitige Berichterstattung! Wo ist die Sicht der Polizisten?


...

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Die Bush-Regierung behauptet, sie sei ein nützliches und unverzichtbares allerletztes Mittel. Angeblich habe Khalid Scheich Mohammed, der ,,Architekt" des Terrorangriffs auf die USA am 11. September 2001, erst unter Waterboarding weitere Anschlagspläne gestanden. CIA-Direktor Michael Hayden untersagte das Waterboarding kurz nach seiner Ernennung 2006. Nach jetziger Rechtslage müssten die Verhörer die Zustimmung des Präsidenten und des Justizministers einholen, wenn sie die Methode anwenden wollen.


Aus: "USA: Folter per Gesetz" (Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 13.03.2008)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/politik/international/USA-Folter-Waterboarding;art123,2493636

-.-

Quote[...]  China verweigere seinen Bürgern «unvermindert grundsätzliche Menschenrechte und fundamentale Freiheiten», heisst es in dem 190 Seiten langen Menschenrechtsbericht der US-Regierung. Er verweist auf verstärkte Unterdrückung religiöser und ethnischer Minderheiten, vor allem der Tibeter und Uiguren.

Peking halte auch «weiter daran fest, Journalisten, Schriftsteller, Aktivisten, Verteidigungsanwälte und deren Familien zu überwachen, zu belästigen, festzunehmen, zu verhaften und einzusperren», stellt Washington fest. Doch in der schwarzen Liste der zehn schlimmsten Länder taucht China nun erstmals nicht mehr auf. Nordkorea, Burma, der Iran, Syrien, Zimbabwe, Kuba, Weissrussland, Usbekistan, Eritrea und der Sudan stehen auf der Liste.

[...] Ebenfalls zeitgleich mit der Nachricht aus Washington wurde bekannt, dass China seinen derzeit berühmtesten Gewissensgefangenen, den Menschenrechtsanwalt Hu Jia, offiziell der «Untergrabung der Staatsgewalt» angeklagt hat. Dem 34-jährigen Olympiakritiker, der vor allem HIV-Positiven und anderen diskriminierten Randgruppen in China half, droht nun eine langjährige Haftstrafe.


Aus: "Schwarze Liste jetzt ohne China" (12. März 2008)
http://www.tagesanzeiger.ch/dyn/news/ausland/850904.html

-.-

Quote[...] Peking verbietet ausländischen Journalisten nach wie vor, nach Tibet zu reisen. Bei den Ausschreitungen in Lhasa sind nach Darstellung der chinesischen Regierung 13 Menschen ums Leben gekommen. Die tibetische Exil-Regierung spricht dagegen von mehreren Hundert Toten.

[...] Der chinesische Ministerpräsident Wen warnte davor, eine politische Debatte um die Olympischen Spiele zu beginnen. Die Spiele dürften nicht politisiert werden. Dies sei ein Grundsatz der Olympischen Charta, der zu respektieren sei. Er warf Aktivisten für die Unabhängigkeit Tibets vor, die Olympischen Spiele stören zu wollen.


Aus: "Tibet: Peking rechtfertigt Gewalt" (18. März 2008)
Quelle: http://www.mdr.de/mdr-info/hintergrund/5355399.html

Textaris(txt*bot)

#4
Quote[...] Die wegen der bedingungslosen Niederschlagung von Demonstrationen in Tibet und der Nachbarprovinz Sichuan stark unter internationalen Druck geratene chinesische Regierung will die Unantastbarkeit chinesischer Territorialansprüche künftig verstärkt im Internet propagieren. Wie die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua bereits am gestrigen Dienstag verlauten ließ, sollen die Behörden dazu unter anderem gegen Betreiber von einheimischen Websites vorgehen, die Landkarten vorhalten, auf denen Taiwan als "eigenständiges Land" dargestellt ist.

Im Visier haben die Politikstrategen zudem Karten mit "falsch verlaufenden Landesgrenzen". So erhebt China etwa Anspruch auf die Diaoyu-Inseln, eine unbewohnte Inselgruppe im ostchinesischen Meer, die zwischen der japanischen Insel Okinawa und Taiwan liegt. Gleiches gilt für die Chiwei-Insel (ebenfalls ostchinesisches Meer) sowie die rund 250 kleinen Nanhai-Inseln (südchinesisches Meer), die auch von Vietnam, Taiwan, Malaysia und den Philippinen reklamiert werden. Wer nicht-staatskonforme Karten veröffentlicht, soll bestraft werden.

Insgesamt acht Ministerien – darunter das Amt für Vermessung und Kartierung, das Außenministerium und das Ministerium für öffentliche Sicherheit – sollen zudem überwachen, dass im Internet keine vertraulichen geografischen Informationen über China veröffentlicht werden. Offiziellen Angaben zufolge gibt es in China nahezu 10.000 Online-Kartendienste. Viele davon würden Kartenmaterial bereitstellen, ohne eine Erlaubnis dafür zu haben, heißt es in Peking. Einige würden sogar geografische Informationen verbreiten, die Staatsgeheimnisse betreffen und die nationale Sicherheit gefährden.

Die Bevölkerung wurde aufgerufen, illegale Online-Kartendienste zu melden, damit diese vom Netz genommen werden können. Außerdem warnt die Regierung ausländische Personen und Organisationen davor, sich in China an der Erstellung und Veröffentlichung von Internet-Kartenmaterial zu beteiligen. Verwiesen wird auf eine Anordnung aus dem vergangenen Jahr, nach der Ausländer chinesisches Hoheitsgebiet nur mit ausdrücklicher staatlicher Genehmigung vermessen und kartografieren dürfen. (pmz/c't)


Aus: "China geht gegen einheimische Online-Kartendienste vor" (26.03.2008)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/China-geht-gegen-einheimische-Online-Kartendienste-vor--/meldung/105576


Quote26. März 2008 19:55
Webarchive.org
singing_flea (256 Beiträge seit 21.08.02)

hoffentlich sind manche Seiten dort schon erfasst und abgespeichert.
Dann nämlich dürfte die Chinesische Regierung an ihre Grenzen stoßen.
Es sei denn, sie schickt Hacker aus...


Textaris(txt*bot)

#5
Quote[...] Vor vier Jahren legte die Menschenrechtsorganisation amnesty international einen umfassenden Bericht über Misshandlungen durch deutsche Polizisten vor und dokumentierte das immer gleiche Schicksal einer Strafanzeige gegen die Täter: Gegenanzeigen, interne Untersuchungen, die diese Bezeichnung nicht verdienen, Staatsanwälte, die kaum ermitteln und schon gar nicht anklagen.

»Meistens ist es der große öffentliche Druck, der ein Verfahren schließlich beschleunigt«, sagt Wolfgang Grenz, der Experte von amnesty.

[...] Kommt es doch einmal zu einem Prozess, dann mutet das Gerichtsverfahren nicht selten wie absurdes Theater an. Vor dem Berliner Gericht durften die SEK-Beamten wegen ihres gefährlichen Berufes in Verkleidung erscheinen. Während der Verhandlung blieben sie stumm und reglos und ließen ihre Anwälte für sie sprechen. Die als Zeugen geladenen Polizisten wiederholten wie ein Opernchor immer wieder den Refrain der ganzen Verhandlung: »Das habe ich vergessen.« – »Daran kann ich mich nicht mehr erinnern.« – »Das ist schon so lange her.« Und über allem thronten hilflos Richter Mülders und seine Schöffen.

In Hagen ermittelt derzeit die Staatsanwaltschaft, nachdem ein junger Deutschtürke auf einer Polizeiwache starb – möglicherweise am »lagebedingten Erstickungstod«. Er war bäuchlings liegend an Händen und Füßen zusammengebunden worden, eine Fesselungstechnik, die in den USA seit 20 Jahren verboten ist. Doch erst nachdem politischer Druck aus Deutschland und der Türkei ausgeübt wurde, ging die Staatsanwaltschaft den Vorwürfen nach. Und vor dem Landgericht Dessau schleppt sich seit Monaten der Prozess gegen die Polizisten hin, in deren Gewahrsam der abgelehnte Asylbewerber Oury Jalloh aus Sierra Leone unter mysteriösen Umständen verbrannt war. Auch dort war das Gericht mit den Aussagen der Polizei nicht zufrieden. »Sie sind Beamter des Landes Sachsen-Anhalt«, ermahnte der Richter einen Polizisten im Zeugenstand. »Wir leben hier nicht in einer Bananenrepublik.«

Oder doch? Vier Jahre ist der kritische Bericht von amnesty international inzwischen alt. »Gebessert hat sich nichts«, sagt Wolfgang Grenz. »Bei der Polizei stößt jede Kritik auf pauschale Zurückweisung.« Auch Richter Mülders' Vorwürfe werden an den Berliner Verhältnissen wohl wenig ändern. »Kein Kommentar«, heißt es beim Polizeipräsidenten und beim Innensenator.


Aus: "Im Zweifel für den Polizisten" Von Christina Brüning (DIE ZEIT, 01.05.2008 Nr. 19)
Quelle: http://www.zeit.de/2008/19/LS-SEK?page=1


Quote
    * globalworx
    * 06.05.2008 um 18:47 Uhr


1. Weil es so richtig ist !
Warum werden gewalttätige Beamte so selten verurteilt?...lautet die Frage des Titels. Antwort : weil der Staat das Gewaltmonopol innehat; weil Polizeibeamte im Einsatz um Leib und Leben fürchten müssen und 1. das Recht auf Selbstverteidigung und 2. das Recht auf verhältnismäßige Anwendung von Gewalt in Anspruch nehmen müssen, um das Wohl, Eigentum und die körperliche Unversehrtheit Dritter zu schützen; weil Polizeibeamte überwiegend in Extremsituationen handeln; weil Polizeibeamte überwiegend mit Menschen konfrontiert werden, die sich ihrer Schuld bewusst sind und trotzdem versuchen mit allen Mitteln einer Strafe zu entgehen; usw, usw.

Ungerechtfertigte Anwendung von Gewalt gehört bestraft, keine Frage. Allerdings überzeugt der Artikel keineswegs, daß deutsche Polizeibeamte oft gewalttätig sind; schon gar nicht öfter als Zivilisten.
Im Gegenteil : wenn die 3 Beispiele im Artikel von zwei Deutschtürken und einem abgelehnten Asylbewerber handeln, dann fragt sich der gesunde Menschenverstand, warum die Autorin nicht einen stichhaltigen, mitleiderregenden Fall eines deutschen Rentners oder einer deutschen schwangeren Frau finden konnte.

Daß vorbestrafte Wiederholungstäter, insbesondere ausländischer Herkunft, durch Mißachtung der Autorität deutscher Polizisten besonders gefährdet sind, Opfer von Gewaltanwendung zu werden, und daß diese Gewaltanwendung in den allermeisten Fällen gerechtfertigt ist - diese These halte ich für nicht gewagt, sondern für sehr realistisch. Daher kann ich dem Artikel nicht glauben schenken.


Quote* AUSWEISER
    * 06.05.2008 um 18:49 Uhr

2. 40 jugendliche Angreifer bedrohen Polizisten

Fragt sich warum Frau Brüning nicht über diesen gestrigen Vorfall in Berlin in diesem Zusammenhang auch berichtet?

Nachdem Beamte einen minderjährigen Intensivtäter verhaftet hatten, versuchten Jugendliche ihren Freund aus einem Polizeiwagen zu befreien.

http://www.morgenpost.de/desk/1964314.html


Quote* rabin
    * 06.05.2008 um 18:58 Uhr


3. Der Artikel ist von voriger Woche
Dies ist eine Antwort auf Kommentar Nr. 2

Deswegen konnte sie keinen aktuellen Fälle einbeziehen.

Ich hatte  auf diesen Artikel an die ZEIT geschrieben:

Ein wenig Analyse gefällig ?

Die Autorin fragt, warum so wenig
Polizisten verurteilt werden. Aber sie nennt kaum Gründe, auch
keine Zahlen, aus denen sich ergibt, dass schlimme Vorfälle
keine Einfälle sind, sondern tatsächlich eine Struktur der
Bevorzugung von Polizisten erkennen lassen. Auch die Berichte von
amnesty müssten sich darauf befragen lassen, ob die genannten
Fälle repräsentativ sind.

Im Artikel wird der Fakt beschrieben,
dass sich Kollegen nicht erinnern. Aber warum ? Sie decken
wahrscheinlich den Kollegen, aber warum ? Sicher,Korpsgeist, aber
warum, bei Polizisten ist ein solches Verhalten immerhin eine
Straftat- Strafvereitelung im Amt.

Eine Krähe hackt der anderen kein
Auge aus, diese Volksmundweisheit gilt im Operationssaal ebenso wie
im Polizeieinsatz und an vielen anderen Orten.

Warum dieser Zusammenhalt ? Man könnte
umgekehrt fragen, was wäre denn in einer Organisation, in der
dieser Zusammenhalt nicht existiert ? Gegenseitiges Misstrauen,
gegenseitige Bespitzelung ? Wie können Kollegen
zusammenarbeiten, die einander angezeigt haben ?

Dies ist überhaupt keine
Rechtfertigung irgendeines Verhaltens, sondern eine Frage. Wir wissen
inzwischen, dass ,je grösser die Gefahr von aussen, desto
intensiver der Zusammenhalt innerhalb der Gemeinschaft- erwiesen in
Befragungen von Vietnamveteranen. Menschen waren Zeugen eines
Massakers, und griffen nicht ein, weil sie sich ,, mit dem Kollegen
nicht anlegen wollten". Ein solches Sich-Anlegen konnte gefährlich
sein. Man wird leicht zum Opfer- das ,, Kameradenschwein", wenn
man sich exponiert. In Kriegszeiten ist es vielleicht
lebenserhaltend, im normalen Dienst immerhin die Vermeidung des
sozialen Tods.

In jedem Fall sind die
innerpolizeilichen Codes eine Führungsaufgabe. Was tut die
Führung dafür, dass Kollegialität um Legalität in
einen Ausgleich gebracht werden oder betrachtet sie Übergriffe
nur als Kollateralschäden des alltäglichen Dienstes ?


Quote* evel
    * 06.05.2008 um 19:21 Uhr


4. Wo gehobelt wird...?
Dies ist eine Antwort auf Kommentar Nr. 1

Es ist schlichweg ein schlechtes Argument, darauf zu beharren, dass das Verhalten der Polzisten meist angebracht ist, ganz davon zu schweigen, dass auch ein Täter, der zu Recht überführt wurde, nicht misshandelt werden darf. Ich habe diesen Artikel sehr begrüßt, da es meiner Meinung nach jeder Gesellschaft gut tut, auch ein kritisches Auge auf sein ausführendes Organ zu haben. In der allgemeinen Berichterstattung wird die Polizei zu häufig als der arme Prügelknabe dargestellt, der es mit Fussballrowdies und Autonomen zu tun bekommt.
Sicherlich haben die Polizisten einen schwierigen Job, der Anerkennung verdient. Das befreit sie nicht davon, auch ihr eigenes Verhalten kritisch zu hinterfragen. Wie soll Glaubwürdigkeit entstehen, wenn gerade Polizisten mitunter gewaltbereit, ja sogar gewalttätig auftreten und dafür keinerlei Konsequenzen tragen müssen.

Dass die angeführten Beispiele als weniger glaubwürdig und mitleiderregend angesehen werden als z.B. solche eines Rentners finde ich im Übrigen ganz einfach traurig.


Quote# marcusmaedl
# 06.05.2008 um 20:22 Uh


6. Weit ist es gekommen

Ich lebe seit einigen jahren in den USA und wenn ich mir vorstelle wie Polizisten mit Anarchos und Radikalen hier umspringen wuerde....

Es ist fast sicher zu sagen, dass wer hier einen Stein auf Polizisten wirft innerhalb von Sekunden im Kugelhagel sterben wuerde. Ist zwar nicht wuenschenswert, hat aber den Vorteil, dass weniger oeffentliche Randale stattfinden und die Polizei hier wirklich als Authoritaet gesehen wird.

Wenn ich dann lese, dass am 1 Mai hunderte von Idioten sich jedes Jahr aus Prinzip und Freude mit den Bullen pruegeln, dann kann ich nur sagen "drauf auf die Koepp..."es trifft keinen Falschen. Mir tun die Beamten leid, die vielleicht den 1. Mai lieber im Kreis der Famile verbracht haetten anstatt sich mit Chaoten zu pruegeln....

Dass es statistisch gesehen natuerlich auch zu ungerechtfertigter Gewalt kommen muss ist klar. Bei tausenden von Beamten gibt es das eine oder andere schwarze Schaf. Es bleibt zu hoffen, dass dessen Kammeraden auch in Zukunft schlimmeres verhindern und in solchen Augenblicken einschreiten.


Quote* inkorekt
    * 06.05.2008 um 21:00 Uhr

7. wer schon mal das

wer schon mal das zweifelhafte vergnügen hatte, mit einem trupp polizisten in einem mannschaftswagen zu landen und unter nazistischen beschimpfungen vermöbelt zu werden, der weiß, wie sicher sich diese leute vor strafverfolgung fühlen. und wer einmal erlebt hat, mit welch lausig konstruierten 'hergangsschilderungen' sie vor gericht durchkommen, der weiß auch warum.
auch in der polizei gibt es gewaltgeile hooligans - mit dem unterschied, dass sie
faktisch strafrechtliche immunität genießen.
und wem "die Beamten leid(tun), die vielleicht den 1. Mai lieber im Kreis der Famile verbracht haetten anstatt sich mit Chaoten zu pruegeln....", der hätte mal in die - angesichts der (trotz permanenter polizeiprovokationen) ausgebliebenen ausschreitungen - enttäuschten augen der uniformierten in xberg blicken sollen (von denen sich nicht wenige um den einsatz
gerissen haben - warum wohl?)
polizeibrutalität und -willkür und ihre bagatellisierung haben in einer demokratie nichts zu suchen!


Quote* Gafra
    * 06.05.2008 um 21:16 Uhr

9. Ach, wie einfach

ist es doch mit einem Schwarz-Weiß-Weltbild: Hie böse linke Randalierer oder ausländische Kriminelle, da arme verheizte Polizisten, denen halt mal der Gaul durchgeht, was man ja so gut verstehen kann.

Dieser Richter hat wohl nicht gestöhnt, weil ihm das zum ersten Male passierte und vielleicht ist in vielen Fällen das Motiv der Berufswahl gar nicht so lauter, wie es gerne dargestellt wird. Da kann man doch einiges ausleben unter dem weiten Mantel des Gesetzes, wofür Andere hart bestraft würden als Gesetzesbrecher.Die Wirklichkeit ist nun einmal komplex.


Quote* maharadscha
    * 06.05.2008 um 21:38 Uhr

10. @dotzmeier

"Polizeibeamte vor Ort müssen sich überwiegend mit dem Abschaum der Menschheit herumschlagen"

sie sollten vielleicht mal erläutern, welche Personengruppe(n) sie unter unter "Abschaum der Menschheit" verstehen.


Quote* zork50mg
    * 06.05.2008 um 22:07 Uhr

11. Unfassbar

Da werden Unschuldige von der Polizei zu Brei
geprügelt und bei einigen hier kommt dabei Freude auf. Die da krankenhausreif
geschlagen wurden, sind  ja keine
Deutschen oder Linke. Ich hätte nie gedacht, dass in unserem Land jemals wieder
Zeiten anbrechen, in denen dass Zusammenschlagen von nicht Deutschstämmigen
oder politisch anders denkenden, Beifall vom Mob findet, der auch noch denkt,
er vertrete das gesunde Volksempfinden.
Ekel erregend!


Quote* Klaus Schmidt
    * 06.05.2008 um 22:12 Uhr

12.

[...] Es geht nicht darum, daß es zu Fehleinschätzungen o.ä. durch die Polizei kommt, sondern darum daß die Aufklärung solcher Fälle nahezu unmöglich ist. Es geht darum daß in dem geschilderten Fall ein Prozeß erst langjährig erzwungen werden musste.

In den beiden anderen erwähnten Fällen sind Menschen in Polizeigewahrsein gestorben, und keiner kann sich erklären warum.

Das ist etwas anderes als wenn jemandem in Uniform mal die Hand ausrutscht.

Ich denke, daß man an das Verhalten eines Polizisten ungleich höhere Maßstäbe anlegen muß als an das Verhalten eines anderen Bürgers, schließlich übt die Polizei das Gewalltmonopol des Staates aus.


Quote* Leonas3
    * 06.05.2008 um 22:19 Uhr

13. Verlogenheit.

Ich habe genau die gleiche Beobachtung wie Kommentator "lef" gemacht.
Zunächst wurden eindeutig Linksextreme und Sympathisanten als Verantwortliche für die 1.Mai Randale benannt - nicht nur ausdrücklich von Einsatzleitern sondern auch von Zeugen.
Einen Tag später - nachdem ich gerade auf Youtube Amateuraufnahmen von Mitgliedern des "Schwarzen Block" gesehen habe, die Autos in Brand steckten - hieß es, die Rechte hätte die Randale zu verantworten.
Jetzt beteiligt sich auch die Zeit an der Verdrehung der Realität, in dem Polizisten als Provokateure und "Rambos" dargestellt werden.
Die "Rechten" werden im Laufe des Jahres schon genug anstellen, wogegen mutige Zeit-Redakteure "Gesicht zeigen" können - da muss man doch nun wirklich nicht Verantwortliche dreist "umetikettieren" ...


Quote* ttob
    * 06.05.2008 um 22:20 Uhr

14. Auch Polizisten...

... müssen sich an Gesetze halten. Auch bei Polizisten muss das gelegentlich kontrolliert werden, auch bei Polizisten muss die Staatsanwaltschaft ernsthafte Untersuchungen anstrengen wenn es ernste Verdachtsfälle gibt.

Es schockiert mich, dass dem offenbar oft nicht so ist, auch wenn es mich nicht wirklich überrascht. Es dürfte ähnlich sein wie bei Streit mit dem Amt, der Bürger kämpft nicht selten auf verlorenem Posten gegen ein steuerfinanziertes Schweige/Abwehrkonglomerat, oft chancenlos.

Wohin unkontrollierte Staatsgewalt führt, kann man überall in der Welt sehen. Ob in Russland (wo Korruption, Gewalt und Schwarzhandel boomen) oder in der Türkei (die ihr Folterproblem nicht in den Griff bekommt) oder in den USA (wo unkontrolliert abgehorcht wird und im Ausland gefoltert). Sitten wie im Mittelalter. Lassen wir es in Deutschland nicht soweit kommen!

All den Hardlinern im Forum wünsche ich mal eine handfeste Verwechslung, so richtig klassisch, mit Tür eintreten und Gummiknüppel-Prügelei mit anschliessendem jahrelangen sinnlosen und teuren Rechtsstreit um wenigstens eine Entschuldigung zu bekommen...
Solche Erlebnisse sind idR sehr heilsam gegen Dummheit, zumindest wenn es einen selbst erwischt.


Quote* ttob
    * 06.05.2008 um 22:25 Uhr

15. @Leonas3

"Jetzt beteiligt sich auch die Zeit an der Verdrehung der Realität, in dem Polizisten als Provokateure und "Rambos" dargestellt werden."

Du hast den Artikel gelesen und verstanden?

Oder bist du auf dem dünnen Brett, Polizisten dürfen ruhig alles tun was ihnen in den Sinn kommt, weil sie schliesslich gegen "den schwarzen Block" kämpfen müssen. Was das willkürliche Zusammenschlagen von Verdächtigen natürlich vollkommen rechtfertigt?


Quote* dotzmeier
    * 06.05.2008 um 22:27 Uhr

16. maharadscha
Dies ist eine Antwort auf Kommentar Nr. 10

normalerweise pflege ich nicht auf Beiträge anderer Forenteilnehmer zu antworten, weil ich nur meine persönliche Meinung kund tun will. Aber gut, in diesem Fall mache ich das gerne. Mir ist nicht bekannt, in welcher Stadt Sie wohnen, aber egal. In jeder Großstadt gibt es sogeannnte Problemviertel. Man denke an Kreuzberg oder Charlottenburg in Berlin, Garath oder Hellerhof  hier in Düsseldorf, Chorweiler in Köln etc. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie in diesen Vierteln Polizist sein mögen und sich von diesen "Leuten" bei Ausübung ihres Dienstes ständig beleidigen, änpöbeln oder Gewalt antun lassen wollen. Diese Leute sind jenseits von Gut und Böse und  haben keinen Respekt mehr vor der allgemeinen Ordnung, denen ist schlicht alles egal. Polizisten sind für diese Art von Leuten nur noch dreckige Bullen.
Um es klarzustellen, ich bin kein Polizist oder im  Jargon des Abschaums zu bleiben, kein Scheiß-Bulle. Aber es ist ja so einfach auf die Polizei zu schimpfen, wenn man sie bisher nicht gebraucht hat. Aber wehe, wenn!

[Anmerkung: Bitte achten Sie auf Ihre Wortwahl./ Die Redaktion; ew]


Quote* revm
    * 06.05.2008 um 23:47 Uhr

20. Charlottenburg
Dies ist eine Antwort auf Kommentar Nr. 16

Wusste gar nicht, dass Charlottenburg ein "Problemviertel" ist!? Woher haben Sie das denn? Haben sie schonmal hier gewohnt? Ich wohne seit zehn Jahren hier und hier ist noch nie etwas vorgefallen, jedenfalls nichts, was die Bezeichnung "Problemviertel" rechtfertigen würde.


Quote* KHJ
    * 07.05.2008 um 0:01 Uhr

21. Polizei - bleibt auf der Wache!

Ansonsten wird so berichtet wie in der "Zeit" Damit das Image der Polizei wieder auf gewertet wird , empfehle ich: Bleibt lieber auf der Wache! Was auf den Straßen von Berlin passiert ist völlig egal, denn Schuld sind ja sowieso die Anderen! Und jetzt gute Nacht!


Quote* rabin
    * 07.05.2008 um 5:52 Uhr

25. Ordnen ?
Dies ist eine Antwort auf Kommentar Nr. 24


a) Polizisten müssen viel ertragen,mehr als Bürger wissen,mehr ,als sie selbst oft verarbeiten können

...


Quote* a k d
    * 07.05.2008 um 8:15 Uhr

27. menschen welche aus sozial

menschen welche aus sozial prekären situationen und aus existenzangst heraus handeln, rechtfertigen bei weitem keine ueberzogene polizeigewalt. bei diesen leuten hat die gesellschaft versagt und weil es schwer ist eigenes verschulden anzuerkennen, werden diese als "abschaum" weggesperrt. es sind und bleiben dennoch menschen, welche rechte besitzen! wenn polizisten in der oeffentlichkeit bereits wahllos auf menschen einpruegeln duerfen, kann man sich ein bild darueber machen, welche kranken machtspielchen, verschlossen vor dem blick der oeffentlichkeit, in den knaesten abgehen.

desweiteren: menschen, welche auf demos die willkuer des staates einmal kennen und fuerchten gelernt haben, werden dadurch nicht gefuegsamer oder gar nachhaltig belehrt! sie werden sich wege erarbeiten, bei denen sie ihre wuensche und politischen sehnsuechte geschuetzter vor den uebergriffen selbsterteilter und kaum - wie dieser artikel schoen zeigt - zu kontrollierender staatlicher gewalt kund tun koennen.

die gewaltspirale zwischen staat und buergern wird in zukunft bei weitem nicht besser werden. die machtlosigkeit gegenueber den staatlichen mitteln wird auch zu immer gewaltbereiteren aktionsformen fuehren.

ist das das stadium, wo die sich selbstlegitimierende macht alle politischen sehnsuechte hinsperren moechte - in "terroristische" grauzonen?

seit 99 definiert die europaeische union europa als raum der sicherheit, freiheit und des rechts. wie kann es aber sein, dass in spanien z. bsp. die kriminilasierung von parteien und die verhaftung via schnellverfahren mit astronomischen haftstrafen bislang ungeahndet bleiben?

spanische amnesty int. mitglieder, welche auf diese zustaende hinwiesen - es liegen sogar klagen beim menschenrechtsgerichtshof vor - bekommen ebenso via schnellverfahren haftstrafen zwischen 10-20 jahren.

diese art umgang mit dem buerger schafft trauer, wut und vor allem ohnmacht und wird immer radikalere aktionsformen hervorbringen. ob der vom system assimilierte mensch dies als straftat sieht oder ob es eine form von notwehr ist, weil menschen um ihr menschsein ringen, sollte sich jeder zumindest einmal fragen.

das staatliche system legitimiert voellig unzulaenglich ausgebildete - menschlich wie technisch -, halbwuechsige dazu, auf zivilisten in sogenannten "bananenrepubliken" - welche arroganz - zu schießen und verurteilt aber jene als absolut unmenschlich, welche es aus notsituationen heraus als einzigen weg zum ueberleben waehlen.

und nein, vor dem gesetz ist eben NICHT jeder gleich - auch hier behaelt sich das system sein monopol vor.

wer bitte kontrolliert den staat und seine exekutive? wir, indem wir waehlen gehen? welch romantisch behaftete vorstellung im kalten industriealltag..


Quote* jona kompa
    * 07.05.2008 um 9:18 Uhr

31. Beide Seiten brauchen rechtlichen Schutz

Jede Gewalt und Agression gegen Polizisten muss rechtlich hart geahndet werden, da die Polizisten zu den ernannten Representanten einer Zivilgesellschaft gehoeren. Es darf nicht sein dass Polizisten die Pruegel von jedem dummen Gewalttaeter und Strassenbanditen einstecken.

Genauso haben Opfer von Polizeigewalt einen vollen Anspruch auf Aufklaerung und rechtlichen Schutz. Es gibt aber oft Grauzonen, etwa wenn ein paar aufgebrachte Jugendliche ihre inhaftierten Freunde "befreien" wollen, Mob-Justiz eben.
Wer den offiziellen Rechtsweg nicht akzeptieren kann soll sich nicht beschweren wenn er dann Polizeigewalt provoziert und auch bekommt. Sorry.

Wenn auf der anderen Seite Polizisten sich vergehen mussen sie strafrechtlich diszipliniert werden. Teil der Berufsbeschreibung ist es ja  gerade in gefaehrlichen und stressintensiven Situation nicht die Kontrolle zu verlieren.

Wer Steine wirft oder mit gewalttaetigen Demonstranten sympatisiert ist selber schuld.


Quote* etiam
    * 07.05.2008 um 9:21 Uhr

32. Scheinheilig und anmaßend

Man muss sich die Frage nach den Gründen der wohl unstreitigen Strafvereitelung im Amt durch Behinderung und Verzögerung der Ermittlung gegen Polizeibeamte, die vermeintlich unnötig Gewalt angewendet haben, stellen. Sowohl die Presse als auch die Gerichte, allesamt Leute, die Extremsituationen nur aus der Perspektive eines unbeteiligten Dritten kennen, sind mir (Pauschal)-verurteilungen,  WIE IN DIESEM ARTIKEL, schnell bei der Hand. Wer aber selber schon einmal in den Bereichen der Nothilfe, hierzu zähle ich neben Polizei auch medizinische Notfallversorgung bzw. Feuerwehren, der weiss dass der Nothilfeexzess ein realer und unvermeidbarer psychologischer Prozess ist, der im Nachhinein für sich selbst, erst recht aber für Außenstehende unverständlich wird.
Ich bin selber in der Ausübung einer solchen Tätigkeit schon mit dem Messer angegriffen worden und war der anwesenden Polizei für den Gebrauch der Schusswaffe sehr dankbar - auch wenn der Polizist, hätte er nicht so gut getroffen, damit das Leben des Angreifers riskierte. Eine solche Situation vom sicheren Hocker eines Journalisten zu beurteilen, grenzt an Anmaßung!
Der Preis den wir bezahlen, wenn wir Personen, die mit körperlicher Unversehrtheit anderer (z.B. Polizisten, Ärzte) umgehen nicht auch einen gewissen Spielraum für sanktionsarme oder gar -freie Fehler einräumen, ist Übervorsicht bis hin zur Untätigkeit dieser Personen. Wenn ich in den USA von einem Tankstellenräuber mit der Waffe bedroht werde und die Polizei ist zugegen, kann ich mit einer schnellen Lösung in meinem Sinne rechnen, in D(außer BY) werde ich erschossen - wenn ich einen Hirntumor habe, der nur mit hohem Risiko operiert werden kann, finde ich keinen US-Neurochirurgen der das Risiko auf sich nimmt und versterbe dann eben - in D werde ich noch operiert. Das ist ein Spiegel der Verurteilungspraxis ärztlicher Kunstfehler versus polizeilichen Fehlhandelns in USA bzw D - dieser Konsequenz sollte man sich bewusst sein!


Quote* QUOTE
    * 07.05.2008 um 10:50 Uhr

36. Wer kann es den Staatsanwaltschaften verdenken...

...daß sie glauben, die Polizisten schützen zu müssen - und zu dürfen?

Es wird ihnen doch AN HÖCHSTER STELLE VORGEMACHT!

Erinnert sich noch jemand an Murat Kurnaz, die "bärtige Gestalt", die vor ein paar Jahren unter - mutmaßlicher - Beteiligung deutscher Einsatzkräfte VERSCHLEPPT und unseren US-Verbündeten zu - rechtsstaatlicher und demokratischer! -  FOLTER ausgeliefert wurde?

("mutmaßlich" muß ich leider schreiben, denn:)

Erinnert sich noch jemand daran, daß es selbst einem Untersuchungsausschuß des Bundestages nicht gelang, die damaligen Vorgänge aufzuklären - weil das Bundesverteidigungsministerium ZUFÄLLIG genau die betreffenden Einsatzdaten VERLOREN hatte?

[...] "Warum soll also ein Polizist angeklagt werden, wo der KSK-Mann frei ausgeht", fragen sich die Staatsanwaltschaften nicht zu unrecht, oder? Und wieder ist die Regel bestätigt: Wenn in einem Staat gegenüber irgendeinem Menschen Unrecht GEDULDET wird, ist das eine Bedrohung für das RECHT ALLER ANDEREN!

@die braven Staatsbürger hier, die sich sicher fühlen, weil sie ja keine Türken, Linken, Antifas oder sonstiger "Abschaum" sind: Inzwischen sind die Tatbestände, die zu einer Hausdurchsuchung führen können bis zur Absurdität aufgeweicht worden.


Quote* BelaOxmyx
    * 07.05.2008 um 11:58 Uhr

38. Hier wird so getan, als sei

Hier wird so getan, als sei Gewalt durch staatliche Organe ein individuelles Problem einzelner Polizisten. Dies ist nicht der Fall. Tatsache ist, Polizeibeamte sind nicht gewalttätiger als der Rest der Gesellschaft. Allerdings müssen an einen Polizisten diesbezüglich ganz andere Anforderungen gestellt werden als an den Rest der Gesellschaft. Der Polizist vertritt den Staat und seine Ordnung. Wenn ein Polizist ein Verbrechen begeht, ungerechtfertigte Gewalt ausübt, richtet sich diese Handlung nicht nur gegen das unmittelbare Opfer, sondern gegen die gesamte Gesellschaft. Dieser Verantwortung, dieses staatsbürgerlichen Wertes, sind sich leider die wenigsten Polizeibeamten, noch sonstige staatliche Organe bewusst.

Hinzu kommt: Der Geist in Polizeikreisen ist geprägt von einem ausgesprochenen Corpsgeist. Man hält einfach zusammen und macht keine Aussage gegen einen Kollegen. Der nichtuniformierte Bürger (aber abgeschwächt auch der Träger anderer Uniformen) wird schnell zum "Pappenheimer", den man ja kenne und der hart anzufassen sei. Da wird schnell mal übergangen, was verhältnismäßig ist, weil alles verhältnismäßig ist, da die Gesellschaft vor allem aus Tätern besteht. Die Justiz als solche wird in Polizeikreisen als Gegner betrachtet, der vermeintlich die Täter schütze und der Rechtsstaat insgesamt wird zum unangemessenen Hinderniss für die polizeiliche Arbeit. Daher gilt es unter Polizisten nicht nur als gerechtfertigt, sondern sogar als angebracht, vor Gericht zu lügen wie gedruckt und im Zweifelsfall das meiste zu "vergessen".


Quote* KaterKarloPauloPinkel
    * 07.05.2008 um 13:43 Uhr

40. Gummigeschosse

ich schließe mich der Fraktion "wo gehobelt wird..." an. Ich denke die Polizei macht einen guten Job. Was mir nicht gefällt sind die politischen Stolpersteine, die der Polizei in den Weg gelegt werden. Warum haben wir in Deutschland noch keine Gummi-Geschossgewehre? Nur so können Steinewerfer gezielt markiert und später festgenommen werden. Aber nein, man könnte den Steinewerfer ja verletzten! Selbst schuld. [...]


...

-.-

Quote[...] Eine Abgeordnete wird wegen Beamtenbeleidigung angezeigt und verurteilt. 25 Jahre später gesteht ein Polizist: "Wir haben gelogen". Er und der Anwalt erinnern sich.

Der Polizist

"Es war der letzte Höhepunkt des Kalten Krieges. Am 23. November 1983 beschloss die Bundesregierung, die Pershing-II-Rakete für die Amerikaner aufzustellen. Die Debatte im Bundestag tobte bis tief in die Nacht, während draußen die Friedensbewegung demonstrierte. Um Störungen zu verhindern, waren mehrere tausend Polizisten aus dem gesamten Bundesgebiet in Bonn zusammengezogen worden.

Ich war 18 und gehörte zu einer Polizeieinheit aus Nordrhein-Westfalen. Wir hatten die Aufgabe, die eingezäunte Bannmeile zu bewachen. Nur Personen, die einen Bundestagsausweis hatten, sollten wir einlassen.

Es war dunkel und furchtbar kalt. Politisch hat mich diese ganze Pershing-Debatte überhaupt nicht interessiert. Hauptsache, die Russen kommen nicht, war die Haltung im Kollegenkreis. Bei Minus zehn Grad konnten wir uns was Besseres vorstellen, als uns vor dem Parlament die Beine in den Bauch zu stehen. ,Ausgerechnet jetzt muss diese linke Brut demonstrieren', schimpften meine Vorgesetzten. Die Grünen waren damals gerade in den Bundestag eingezogen. So, wie sie sich aufführten, mochte sie keiner von uns. Denen haben wir diesen verdammten Einsatz zu verdanken, stand für uns fest.

Zusammen mit einem Kollegen, der auch noch sehr jung war, war ich an einem Seiteneingang eingesetzt. Wir waren gereizt. Nicht mal aufwärmen konnten wir uns. Da kam die grüne Bundestagsabgeordnete Gabriele Gottwald mit einem Begleiter. Frau Gottwald hatte einen Bundestagsausweis, der Mann nicht. ,Sie dürfen rein, er nicht', habe ich zu Frau Gottwald gesagt. Mein Kollege war ein stiller Typ. Ich war der Wortführer. Der Mann gehöre auch zur Fraktion, hat Frau Gottwald argumentiert. Wir sollten sie gefälligst passieren lassen. Das Gespräch wurde lauter. ,Ich mache mich hier zum Affen. Ich muss mich doch nicht von solchen Leuten verscheißern lassen', rief sie schließlich empört. Aber mein Kollege und ich haben uns so aufgebaut, dass der Mann nicht durch konnte. Irgendwann habe ich über Funk Verstärkung angefordert. Die traf in Person des Zugführers und des Hundertschaftsführers ein. Da sind Frau Gottwald und der Mann wutentbrannt abgehauen.

Auf Frage des Zugführers, wer das war, habe ich gesagt: ,Das war die Abgeordnete Gottwald. Sie hat geschimpft wie ein Rohrspatz.' Wir haben die Namen notiert. Damit war die Sache für mich erst mal erledigt.

Drei Tage später rief mich mein Vorgesetzter, der Hundertschaftsführer, ins Büro. Er habe in meinem Namen gegen die grüne Bundestagsabgeordnete Gottwald Anzeige erstattet. ,Wir müssen uns nicht von solchen Leuten als Idioten, Affen und Scheißer beschimpfen lassen', erklärte er mir. Daraufhin ich: ,Das hat sie doch gar nicht gesagt.' Er: ,Egal. Wir ziehen das jetzt durch. Ich habe es gehört, ihr Kollege und der Zugführer auch.' Das sind ja Machenschaften, hab ich mir gedacht. Der Zugführer und der Hundertschaftsführer waren bei dem Streit doch gar nicht vor Ort. Aber ich habe nicht widersprochen. Ich war ja erst 18 und mitten in der Ausbildung. Wenn man das Maul aufreißt, ist man schnell weg vom Fenster. Ich hatte den Eindruck, der Hundertschaftsführer wollte mal was erleben. In einer großen Kaserne, wie es die unsere war, kann man sich mit so was profilieren. Sonst wurden wir eher zu Einsätzen wegen Parken in der dritten Reihe gerufen.

Um ehrlich zu sein: Die Geschichte hat mir gefallen. Ich bin aus der Masse der Auszubildenden rausgetreten. Das erfüllt einen mit Stolz. Die meisten von uns waren politisch Mitte bis rechts eingestellt. Von überall habe ich Schulterklopfen bekommen. Bald war ich bekannt wie ein bunter Hund.

Der Prozess fand in Bonn statt. Die Anklage lautete auf Beleidigung. Der Zuschauerraum war voll mit Polizisten. Wir waren vier Zeugen. Ich, der Azubi, war der Hauptzeuge. Mir ging ein bisschen die Muffe, weil ich gehört hatte, dass der Ströbele der Verteidiger von Frau Gottwald ist. ,Bei dem müssen Sie aufpassen. Der hat die Baader-Meinhof-Geschichte mit vertreten', hatte mich mein Hundertschaftsführer gewarnt. Aber für den Staatsanwalt und das Gericht war der Fall von Anfang an klar. Ihre Antipathie gegen Frau Gottwald und Herrn Ströbele war deutlich zu spüren. Wenn man dann noch die Kollegen im Publikum flüstern hört: ,Gib Gas!', ,Mach weiter!', wird man, so jung wie ich war, als Zeuge richtig keck. Es war ein abgekartetes Spiel, obwohl der Ströbele sehr eloquent war. Wir vier Zeugen waren uns einig. Frau Gottwald hatte keine Chance.

Auch die Berufungsverhandlung endete mit einer Verurteilung. Der Polizei als Staatsgewalt wird grundsätzlich geglaubt. Ein Polizist, so die gängige Auffassung, lügt nicht. Schließlich ist er auf das Grundgesetz vereidigt.

Zum Zeitpunkt des Berufungsprozesses hatte ich eigentlich die Schnauze voll. Aber wenn man einmal eine Falschaussage gemacht hat, kommt man nicht mehr raus - zumal, wenn vier Leute drinhängen. Es herrscht Gruppenzwang. Außerdem war ich kurz zuvor wegen Alkohols am Steuer vom Dienst suspendiert worden. Nach einer Party hatte ich den Fehler begangen, mit 1,35 Promille intus ins Auto zu steigen. Die Trunkenheitsfahrt hat mich den Polizeiberuf gekostet, weil ich noch in der Ausbildung war. Mein Hundertschaftsführer hatte richtig Angst, dass ich vor Gericht auspacken würde. Ich hatte ja nichts mehr zu verlieren. Ich bekam Anrufe. ,Machen Sie jetzt jetzt bitte keinen Ärger. Das ziehen wir durch wie beim ersten Mal. Sie sitzen genauso mit im Boot.' Man hat mir sogar Hoffnung gemacht, dass ich vielleicht doch bei der Polizei bleiben kann. Das war natürlich ein Irrtum.

Ich war dreieinhalb Jahre Polizist. Danach habe ich mich beruflich umorientiert. Durch Erzählungen von Kollegen weiß ich, dass solche Geschichten öfter vorkommen. Ich will nicht sagen, dass das die Regel ist. Aber einige haben sich damit regelrecht gebrüstet.

Das ist heute nicht anders. Ich habe noch Verbindung zur Polizei und höre, dass nach wie vor gemauschelt wird. Man kann im Einsatz immer so oder so entscheiden. Man braucht nur eine einfache Verkehrskontrolle anzugucken. Bürgern, die frech Paroli bieten oder politisch unliebsam sind, wischt man gern mal eins aus.

Was ins Beuteschema passt, wird ausgenutzt. Ich war dabei, wie ein Obdachloser, der Kinder angebaggert hat, auf der Wache getreten worden ist. Immer in den Arsch. Selbst da hatte ich das Gefühl, dass hat er verdient. Wieso packt der Kinder an? Wir haben Obdachlose - Penner, wie wir sagten - mit dem Streifenwagen 30 Kilometer außerhalb der Stadt bei Wind und Wetter ausgesetzt.

Warum ich das alles nach 25 Jahren offenbare? Ich bin selbst Opfer eines Lügenkomplotts geworden. Es ist eine extrem demütigende Erfahrung. Ich schäme mich, dass ich mich an so etwas beteiligt habe. Ist doch klar, wem der Richter glaubt, wenn Aussage gegen Aussage steht. Die Polizei hat die Macht."

*Dieter Lehmann (Name geändert) ist 44 Jahre alt und selbstständig.

Der Anwalt

"Ein echter ehemaliger Polizist schickt mir ein Lügengeständnis. Ich habe meinen Augen nicht getraut, als ich die Mail in meiner Abgeordnetenpost entdeckte. Als Strafverteidiger in politischen Prozessen hatte ich oft den Eindruck, dass Polizisten falsch aussagen. In weit schlimmeren Fällen als dem vorliegenden, in dem es ,nur' um eine Beleidigung ging. Aber an ein konkretes Geständnis eines Lügenkomplotts aus Gewissensbissen kann ich mich nicht erinnern.

In den Achtzigerjahren habe ich viele Leute verteidigt, die bei Demonstrationen und Aktionen gegen Raketenstationierung oder den Bau von Atomkraftwerken festgenommen wurden.

Es war die Zeit der unerbittlichen Konfrontationen der Polizei mit den Demonstranten der großen sozialen Bewegungen. Da wurden Straßen und Stationierungsorte blockiert, Bauplätze und Häuser besetzt. Die Polizei riegelte Stadtteile und ganze Regionen ab, kesselte Demonstranten ein und ging mit großer Härte häufig nach militärischen Einsatzregeln vor.

In den folgenden Strafprozessen gegen Demonstranten mussten zur Abschreckung Verurteilungen her. Immer wieder waren wir dabei mit Aussagen von Polizisten konfrontiert, die nicht stimmen konnten.

In trauriger Erinnerung ist mir eine besondere Gemeinheit. Ein Mandant berichtete, wie es ihm nach seiner Festnahme erging: Ein Polizist hielt ihn rechts, der andere links, während ein dritter sich Handschuhe anzog und ihm mehrfach mit der Faust ins Gesicht schlug. Vor der Festnahme war der Mann unversehrt, danach schwer verletzt. Vor Gericht sagten die Polizisten, der Festgenommene sei auf dem Weg zur Wache absichtlich mit dem Kopf gegen eine Eisentür gelaufen. Verurteilt wurde der Verletzte - wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt.

Die Gerichte haben Polizeibeamten in der Regel geglaubt, obwohl die Aussagen aus den geschlossenen Einheiten häufig offensichtlich von Corpsgeist und Kameradschaft geprägt waren. Uns Anwälten blieb nur, Widersprüche aufzuzeigen, Falschaussagen konnten wir nicht beweisen. Es gab Richter, die dann nicht verurteilten. Aber das war die absolute Ausnahme.

,Sei vorsichtig', habe ich Mandaten gewarnt, wenn sie gegen Polizisten vorgehen wollten. ,Hast du Zeugen? Gibt es Fotos?' Wenn nicht, habe ich von Strafanzeigen abgeraten, um die übliche Reaktion mit Gegenanzeigen zu vermeiden.

Seither fordern wir mit Bürgerrechtlern die individuelle Kennzeichnung der Polizisten in geschlossenen Einsätzen. Die amtliche Vermummung mit Uniform, Helm und Gesichtsschutz verhindert die Identifizierung eines Straftäters aus den Reihen der Polizei. Aber kein Bundesland traut sich bisher, diese Forderung umzusetzen.

Heute bemüht man sich, harten Konfrontationen von Polizei und Demonstranten entgegenzuwirken - und es gibt viel mehr Beweismittel, wie Fotos und Videos.

Aber zu Falschbeschuldigungen durch Sicherheitskräfte kommt es immer noch. In meinem letzten Fall als Strafverteidiger habe ich es erlebt. Für einen Angeklagten gibt es kaum etwas Gemeineres, als zuerst zusammengeschlagen und dann aufgrund einer Falschaussage auch noch zu Unrecht verurteilt zu werden. Kein Wunder, wenn ein Justizopfer nach so einer Erfahrung mit dem Rechtsstaat fertig ist."

Christian Ströbele, 69, ist seit 1967 Rechtsanwalt. Im Bundestag, wo er seit 1998 für die Grünen sitzt, ist er unter anderem für Polizei und Sicherheitsdienste zuständig.

PROTOKOLLE VON PLUTONIA PLARRE



Aus: "Falschaussage in den 80ern - Spätes Geständnis eines Polizisten" (21.11.2008)
Quelle: http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/spaetes-gestaendnis-eines-polizisten/


Textaris(txt*bot)

#6
Quote[...] Korpsgeist bedeutet, dass sich Mitglieder mit einem Gruppenverband identifizieren (Gruppengefühl). Hierdurch sollen die Angehörigen vor allem dazu motiviert werden, gemeinsame Ziele zu erreichen. Der Begriff steht auch für Standesbewusstsein und mit negativer Bedeutung auch für Standeshochmut und Dünkel.

Dies wird erreicht durch das uniforme Auftreten mit eigenen Symbolen, Maximen, Mottos (bei den Marines z. B. "The Few. The Proud."), Ehrungen, Maskottchen, Sprüche, Lieder u. ä. Bei vielen Streitkräften sind Schlachtrufe und Marschgesänge üblich.

Besonders im Militärwesen, in Studentenverbindungen und z. T. bei Polizeien ist der Korpsgeist stark verbreitet.

Aus den Vereinigten Staaten von Amerika ist der Korpsgeist auch in die europäische Wirtschaft eingezogen; beispielsweise bei dem Unternehmen Wal Mart, wo die Beschäftigten zu Beginn jedes Tages Parolen rufen müssen und dies durch Gestiken wie den sog. Squiggly unterstützen.


Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Korpsgeist (31. Januar 2008)



-.-

Quote[...] Ein Video [http://www.youtube.com/watch?v=FOcAsMdEBb4], das 15 Polizisten zeigt, die drei Verdächtige zusammenschlagen (in der Überschrift des YouTube-Videos heißt es ,,Unschuldige", hier gibt es inzwischen ein paar Hintergrund-Infos: http://www.myfoxny.com/myfox/pages/Home/Detail;?contentId=6484912&version=3&locale=EN-US&layoutCode=TSTY&pageId=1.1.1&sflg=1), geht zur Zeit durch die Blogs. Die Brutalität amerikanischer Polizisten gehört längst zur Popkultur (Copland, Bad Lieutenant), im HipHop gelten sie als eine Gang unter vielen, vielleicht nicht die am besten bewaffnete, aber gut vernetzt.

In der deutschen Unterhaltungsindustrie kommen Polizisten dagegen recht gut weg. Sie brechen zwar hin und wieder das Gesetz, aber das hat schon seine Richtigkeit, schließlich kümmern sich nur sesselpupsende Bürokraten um Quatsch wie die Unverletzlichkeit der Wohnung. Ich erinnere mich allerdings dunkel an einen Fernsehfilm aus den 80ern, in dem ein Polizist, der gegen einen Kollegen ausgesagt hat, massiv gemobbt wurde.

Bis heute scheint der Korpsgeist der Polizei ungebrochen. Christina Brüning schreibt in der ZEIT:

QuoteVor vier Jahren legte die Menschenrechtsorganisation amnesty international einen umfassenden Bericht über Misshandlungen durch deutsche Polizisten vor und dokumentierte das immer gleiche Schicksal einer Strafanzeige gegen die Täter: Gegenanzeigen, interne Untersuchungen, die diese Bezeichnung nicht verdienen, Staatsanwälte, die kaum ermitteln und schon gar nicht anklagen.
[http://www.zeit.de/2008/19/LS-SEK?page=1]

[...] Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Es geht hier nicht um Polizistenbashing, dazu ist die gesellschaftliche Aufgabe der Polizei zu wichtig. Interessant wäre vielmehr, den Ursachen für den Korpsgeist und die Brutalität auf die Spur zu kommen. Eine dürfte in der ständigen Überarbeitung liegen. Das Gefährliche der Arbeit, das Sisyphos-Gefühl, der Schicht-Dienst – das sind berufsbedingte Probleme. Die schlechte Bezahlung, die schlechte Ausstattung, die unzähligen Überstunden – das sind lösbare Probleme.

Denn schließlich sind Polizisten auch nur ganz normale Arbeitnehmer, die unter so schlechten Bedingungen arbeiten, dass man das Gefühl bekommt, man könne auch Lidl-Mitarbeitern Pistolen in die Hand drücken. Und die schlechtesten Arbeitsbedingungen haben sie oft da, wo im Wahlkampf am lautesten nach mehr Sicherheit gerufen wurde. Denn konservative Freunde der Sicherheit haben meist in ihrer Partei auch neoliberale Sparfüchse sitzen.

via http://www.reelpopblog.com/2008/05/philadelphia-po.html

Quote#
01
herr_m:

ursachen für corpsgeist? ich tue mich schwer, den pauschal zu verdammen. loyalität und kameradschaft möchte ich in meinem persönlichen umfeld nicht missen, wenngleich es lediglich sekundärtugenden bleiben.

und nein. ich bin kein zeitsoldat...
08.05.2008 um 12:24 | Antworten


Quote06
Frau Schmidt:

"Denn schließlich sind Polizisten auch nur ganz normale Arbeitnehmer, die unter so schlechten Bedingungen arbeiten ..."

Puh, das ist aber mal oldschool. Prügeln für die Lohnerhöhung und noch nicht mal gegen die eigenen Chefs? Außerdem warum immer die amerikanischen Bullen? Man muss doch nur eine x-beliebige Demo der letzten Jahre in Europa besucht haben, um sich ein Bild zu machen. Die Cops sehen nicht nur aus wie Roboter, sie verhalten sich auch so. Und dabei ist das kollektive Bewusstsein (Corpsgeist) von Einsatzhundertschaften ja lediglich die konsequenteste Darstellung einer Exekutive, die zunehmend und unverhohlen Repression und Abschreckung als Grundlage ihres Gesellschaftsauftrages sieht.
Ich meine die haben ja nicht mal ihren eigenen Namen zur Identifikation (und somit: Verantwortung) übrig.
08.05.2008 um 13:32


Quote08
Jan(TM):

Irgendwie kann ich die Polizisten schon verstehen wenn ich das so lese. "The beating happened two days after the fatal shooting of a Philadelphia policeman, the third city officer slain on duty in two years."
08.05.2008


Quote10
Marco:

> aber jeder polizist (zumindest bei kontrollen) nennt dir doch seinen namen.

Schönens Beispiel, denn er muss nicht. Die meisten Polizeidienstvorschriften legen zwar fest, daß sich ein Polizist identifizieren muss. Diese Identifizierung gilt aber in der Regel (je nach Bundesland verschieden) schon z.B. durch die Dienstkleidung als vorgenommen, d.h. es gibt nur eine Pflicht sich als Polizist kenntlich zu machen - prekär wenn man sich die Geschichte mit den falschen Polizisten noch mal vor Augen führt. Bei Demos oder anderen geschlossenen Einsätzen muß der einzelne Polizist konsequenterweise auch gar nichts.

Und jetzt vergleiche man das mal mit der Situation in den USA:

http://usaerklaert.wordpress.com/2008/02/18/einige-bemerkungen-zu-den-anti-und-pro-millitar-demonstrationen-in-berkeley/
08.05.2008 um 15:02



Aus: "Staatsgewalt" Malte Welding (08.05.2008)
Quelle: http://www.spreeblick.com/2008/05/08/staatsgewalt/


-.-

"USA Erklärt: Der faktische Hintergrund, freundlich erklärt": [...] Kein Land dominiert unsere Nachrichten und Blogs wie die USA. Ob in Politik oder Wirtschaft, ob mit Hass oder Liebe, Amerika, Amerikaner und Americana sind jeden Tag ein Thema. Gemessen daran ist allerdings das Basiswissen über die USA - wie ein Gesetz entsteht oder ein Urteil zu Stande kommt, wo die Macht des Präsidenten oder das Recht auf Meinungsfreiheit endet, aber auch was für Partyspiele am Halloween gefragt sind oder wie man die besten Chocolate Chip Cookies backt - bestenfalls lückenhaft. Was in den Medien und Blogs über die USA zu lesen ist, ist oft genug Halbwissen oder Vorurteil und hin und wieder wohl auch bewusste Desinformation. Unkritisches zitieren führt dazu, dass diese Fehler weitergegeben und verstärkt werden, bis jeder es "einfach weiß". Als Amerikaner erkennt man dann schon mal sein eigenes Land nicht mehr wieder.

[...] Neutralität und Objektivität - oder auch nur Fairness - sind Ideale, die natürlich nie erreicht werden. Als Hilfestellung gibt es hier zwei Regeln:

Regel 1: Dieses Blog ist kein Meinungsblog. In den Einträgen sollte sich keine Meinung finden, also insbesondere nicht meine, auch wenn ich natürlich Recht hätte (räusper). Es kann sein, dass ich andere Dinge hier fallen lasse, die nichts mit dem eigentlichen Thema zu tun haben - dass ich nicht gerne Fisch esse, weil sie ihr eigenes Pippi trinken, zum Beispiel. Aber zu den USA selbst bleibt es faktisch, oder auf jeden Fall so faktisch wie nur irgendwie möglich.

Regel 2: Dieses Blog ist kein Pranger. Auch wenn täglich Dinge in Medien und Blogs über die USA behauptet werden, die nicht nur falsch, sondern hart an der Grenze zur Volksverdummung sind, wird hier nicht mit dem Finger auf die Urheber gezeigt. Das heißt nicht, dass ich Dinge nicht ansprechen werde, aber es soll immer so sein, dass man nicht sofort sieht, woher es kommt.

[...] Danke für's lesen,
Euer Scot W. Stevenson

Aus: http://usaerklaert.wordpress.com/uber-dieses-blog/ (Stand 05/2008)


Quote[...] Einige Bemerkungen zu den Anti- und Pro-Militär-Demonstrationen in Berkeley (Februar 18, 2008)

In Berkeley in Kalifornien ist es vor einigen Tage zu zeitgleichen Demonstrationen gegen und für das Militär gekommen. Dieser Autor hatte eigentlich vor, die Sache kurz im nächsten ZEUGS-Eintrag abzuhandeln, aber Zombietime hat eine längere Bilderserie http://www.zombietime.com/berkeley_marines_2-12-2008/ [diesen Link bitte merken] zu den Protesten ins Netz gestellt. Sie bietet Beispiele für mehrere Dinge, die wir in diesem Blog besprochen haben oder ohnehin besprechen wollten.

Der Hintergrund:

Seit September 2007 belagert die feministische Pazifisten-Gruppe Code Pink ein Rekrutierungsbüro der Marines in Berkeley. Das ist an sich nicht wirklich originell. Aber am 29. Januar beschloss der Stadtrat, die Marines aufzufordern, das Büro zu schließen. Anderenfalls sollten sie offiziell als uninvited und unwelcome intruders klassifiziert werden [PDF]:
http://www.ci.berkeley.ca.us/uploadedFiles/Clerk/2008-01-29_Item_12_Marine_Recruiting_Office_in_Berkeley.pdf

   
QuoteThe United States Marine Corps is being used as one of the means of perpetrating and prolonging illegal, unconstitutional and unnecessary wars of the United States.

Der Aufschrei ließ nicht lange auf sich warten. Neben den üblichen Protestbriefen und YouTube-Schnitten [YouTube]: http://www.youtube.com/watch?v=dCXqYvJ0DaA

der Ratssitzung wurden handfeste Konsequenzen angedroht: Mehrere Senatoren und 71 Abgeordnete des Repräsentantenhauses wollen 2,1 Millionen Dollar an Bundesmitteln für die Stadt streichen, Abgeordnete im Parlament von Kalifornien 3,3 Millionen Dollar an Landesmitteln für Verkehrsprojekte stoppen (wir erinnern uns: Der Bund hat als Druckmittel nicht die Peitsche des Gesetzes, sondern nur das Zuckerbrot des Geldes).

Bürgermeister Tom Bates - selbst ein ehemaliger Hauptmann - versuchte schnell klarzustellen, dass die Stadt nicht gegen Militärangehörige sei, sondern nur gegen den Irak-Krieg. Das besänftigte niemand. Als Folge der Proteste kam der Stadtrat am 12. Februar zusammen, um seine Erklärung zu überdenken. Gleichzeitig fanden sich Tausende Befürworter und Gegner zu Demonstrationen vor dem Rathaus ein.

Der tiefere Hintergrund:

Berkeley ist eine Universitätsstadt, die im Vietnam-Krieg ein Zentrum der Anti-Kriegs-Bewegung war. Bis heute ist sie der wohl linkeste Ort in den USA - hier klettern Aktivisten schon mal aus Protest nackt auf die Bäume. Konservative Amerikaner sehen Berkeley als einen Hort von Irren, die das Land in den Abgrund stürzen wollen. Die Bürger sehen sich selbst als progressiv und aufgeklärt.

Bei der Serie muss man weiter im Hinterkopf behalten, dass Zombietime eine konservative Website ist, was sich in der Bildauswahl und den Kommentaren niederschlägt.

Zu den Bildern selbst:
Flaggen - Wir hatten besprochen, dass auch Regierungsgegner die Stars and Stripes zu ihren Demos mitnehmen. Hier sehen wir das vergleichsweise wenig, und wenn, ist die Flagge meist verkehrt herum oder es werden mit einer Zigarette Löcher hineingebrannt.

Sprache - Wir haben dafür aber ein schönes Beispiel für "Nazi" als generische Beleidigung in "Fuck conservative neo-Nazis" (wohl im Gegensatz zu den liberalen Neo-Nazis). In einer Bildunterschrift wird von wingnuts and moonbats gesprochen.

To play hookey - Blaumachen von der Schule.

Städtische Polizei - Auf den Schulterabzeichen der Polizisten ist der Schriftzug Berkeley Police zu sehen: Wie besprochen gehören die Beamten zur Stadt, nicht zum Bundesstaat oder gar zum Bund.

Namensschilder - Eigentlich sollte das Folgende in einem eigenen Eintrag erklärt werden, aber wenn wir schon mal dabei sind -

Auf mehreren Bildern ist zu erkennen, dass die Polizisten Namensschilder tragen. Ein Foto etwas unterhalb der Mitte der ersten Seite zeigt zum Beispiel einen vermummten Demonstranten, der seinen Mittelfinger in die Kamera streckt; mit dem Rücken zu ihm steht eine Beamtin mit dem name tag "Speelman 79″. Die Zahl ist die badge number, auch shield number genannt, die ebenfalls zur Identifizierung dient. In größeren Städten sind diese Nummern natürlich auch etwas größer.

Mit Hilfe von Google lernen wir: Bei unserer Beamtin handelt es sich mit großer Sicherheit um die Streifenpolizistin Samantha Speelman. Sie wurde 2006 wegen unrechtmäßiger Verhaftung angeklagt - da sie im Dienst ist, gehen wir von einem Freispruch aus. Im Jahr zuvor fing sie einen Kunstdieb. Und so weiter.

Namenschilder und Dienstnummern bei Polizisten sind in den USA (und Teilen von Kanada und Großbritannien [PDF]) normal. Einmal soll damit der Kontakt zum Bürger verbessert werden. Das ist auch der Grund, warum die Polizei von Berkeley von sich aus den Dienstplan der Streifenbezirke [PDF] mit den Namen der zugeteilten Beamten veröffentlicht. Zweitens dienen sie als Schutz gegen Übergriffe der Polizei, denn der Bürger kann damit genau sehen, mit wem er es zu tun hat.

Das Prinzip der Kontrolle durch das Volk findet in den angelsächsischen Staaten zwar seine wichtigste Umsetzung im Geschworenensystem: Bei einer Klage wegen Polizeibrutalität entscheidet nicht ein Richter - Kollege Staatsdiener - über Schuld oder Unschuld, sondern eine Jury, also die Bürger. Aber durch die Namensschilder und offen getragenen Dienstnummern geht das Prinzip noch viel weiter.

Berkeley ist ein dankenswertes Beispiel, denn hier gibt es die Organisation Cop Watch:
   
QuoteWe have joined together to fight for our rights and the rights of our community by taking on the task of directly monitoring police conduct. That's right. We walk the streets and watch the police.

Die Gruppe bringt ein Handbuch heraus, das Cop Watch Handbook [PDF].
http://www.berkeleycopwatch.org/Handbook_06.pdf

Dort sind nicht nur die Rechte und Pflichten der Beamten in Berkeley aufgeführt, sondern in einem praktischen Anhang auch die Namen und Dienstnummern aller Polizisten der Stadt. Ja, das ist legal.

Mit dem Handbuch bewaffnet können wir jetzt - analog zum berühmten britischen train spotting - auf unseren Bildern etwas cop spotting betreiben. Der Teenager auf Seite 2 der Bilderserie wird von den Beamten mit den Dienstnummern 35 und 124 festgenommen. Nun, das sind die Streifenpolizisten P. Anderson und Bekel. Wir wissen das, die Eltern des Jugendlichen wissen das, sein Anwalt weiß es, die Presse weiß es und sie alle finden es völlig normal. Es dürfte niemanden überraschen, dass Amerikaner die anonyme deutsche Polizei gruselig finden.

Fotos von Polizisten - Was uns zu der Frage bringt, ob dieses Bild überhaupt legal ist. In Deutschland darf man einen Polizisten bekanntlich nicht einfach fotografieren: Das Recht auf das eigene Bild, abgeleitet vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht, ist wichtiger als das Recht des Bürgers auf Informationen, zumindest so lange der Polizist nichts Verbotenes tut.

Wie in ähnlichen Fällen ist das in Amerika genau umgekehrt, denn das First Amendment schlägt alles. In der Öffentlichkeit müssen sich insbesondere Polizisten Fotos gefallen lassen [PDF]:
http://www.krages.com/ThePhotographersRight.pdf

QuoteOn occasion, law enforcement officers may object to photography but most understand that people have the right to take photographs and do not interfere with photographers. They do have the right to keep you away from areas where you may impede their activities or endanger safety.

Allerdings beschweren sich Fotografen in beiden Staaten regelmäßig über Polizisten, die sie drangsalieren.

[...]

[...] Wie ging es nach den Demos weiter? Die Sitzung des Stadtrates dauerte lange, denn es meldeten sich 128 Bürger zu Wort. Am Ende stimmt der Rat mit 7-2 für eine neue Erklärung, in der er seinen "tiefen Respekt für die Männer und Frauen in unseren Streitkräften" ausdrücken. Darin soll zwar das Recht der Marines bestätigt werden, ihr Rekrutierungsbüro zu betreiben, aber auch das Recht der Gegner, direkt davor zu protestieren.

Die materiellen Kosten der Demonstration für die Stadt werden auf 93.500 Dollar geschätzt, insbesondere wegen der Überstunden der Polizei. Die Abgeordneten in Washington und Sacramento wollen weiter die Mittel sperren.

Code Pink will die Proteste fortsetzen. Zudem hat die Gruppe angekündigt, das Ganze basisdemokratisch zu lösen: Bei der Wahl im November sollen die Bürger der Stadt per Volksentscheid bestimmen, ob Rekrutierungsbüros in Berkeley eine Sondergenehmigung brauchen.



Dieser Eintrag wurde erstellt am Februar 18, 2008 um 7:18 und ist abgelegt unter Eintrag.

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Aus: "Einige Bemerkungen zu den Anti- und Pro-Militär-Demonstrationen in Berkeley" Scot W. Stevenson (Februar 18, 2008)
Quelle: http://usaerklaert.wordpress.com/2008/02/18/einige-bemerkungen-zu-den-anti-und-pro-millitar-demonstrationen-in-berkeley/


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Quote[...] Der G8-Gipfel in Heiligendamm
Ausnahmezustand in Deutschland
Von Anselm Weidner

"Der Ausnahmezustand", schrieb der Staatsrechtler Carl Schmitt, "offenbart das Wesen der staatlichen Macht." Im Sommer 2007 beim G8-Gipfel in Heiligendamm, das offenbaren die von Bürgerrechtsgruppen und Republikanischem Anwaltsverein nach einem halben Jahr gezogenen Billanzen, wurde hierzulande der Ausnahmezustand erprobt.

Die Gipfelkritiker wurden schon im Vorfeld der Proteste kriminalisiert, nicht nur bei den über 1000 Festnahmen geriet die Polizei unter Verdacht der schweren Körperverletzung und Freiheitsberaubung im Amt. Die Pressefreiheit wurde behindert, Meldungen lanciert, die auf die Gewalt einiger hundert gewalttätiger Demonstraten fokussierten und von den Polizeiübergriffen ebenso wie vom friedlichen Protest ablenkten.

Der "präventive Sicherheitsstaat" hatte 17.494 Polizisten und 1100 Soldaten der Bundeswehr in Marsch gesetzt, um einen störungsfreien Verlauf des Gipfels zu garantieren. In Bereitschaft hatten 14 Tornados, vier Eurofighter, acht Phantomjäger und zwei Abfangjäger sowie eine unbekannte Anzahl von Beamten nationaler und internationaler Geheimdienste gestanden.

[...]


Aus: "Der G8-Gipfel in Heiligendamm" (15.02.2008 · 19:15 Uhr)
Quelle: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/dossier/731886/


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Quote[...] Der Souverän in Heiligendamm war eine Behörde der besonderen Art: die Besondere Aufbauorganisation, BAO-Kavala, so genannt nach der nordgriechischen Hafenstadt Kavala, die wie Heilgendamm 'weiße Stadt am Meer' heißt. Die BAO-Kavala war formell eine Behörde der Landespolizeidirektion Rostock. In der Sonderbehörde waren die Länderpolizeien, das BKA, die Bundespolizei, die Bundeswehr sowie deutsche und ausländische Geheimdienste durch Verbindungsbeamte vertreten. So bündelte diese BAO national und international exekutive Kompetenzen in einer Machtfülle, wie es sie in der Bundesrepublik bisher noch nicht gegeben hat. Nach Aussagen von Kavala-Beamten vor dem Oberverwaltungsgericht Greifswald gab die CIA bei den Sicherheitsstandards den Ton an.- Solche Zusammenballungen unkontrollierbarer exekutiver Macht seien inzwischen bei politischen Großereignissen üblich, sagt Henning Obens, Politikwissenschaftler aus Hamburg.

[...]


Aus: "DER G8-GIPFEL IN HEILIGENDAMM - AUSNAHMEZUSTAND IN DEUTSCHLAND" Für Deutschlandfunk,Dossier
Redaktion Hermann Theissen
Manuskript: 20.12.07
Produktion: 11./12.2.08
Sendedatum: Fr, 15.2.2008, 19.15 - 20.00 h
Quelle: http://fry.dradio.de/download/79923/


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Quote[...] FREIBURG taz  - Der beste Rechtsschutz hilft nicht, wenn die Polizei dem Gericht falsche Informationen liefert oder gar die Kooperation verweigert. Das ist ein Fazit, das die neueste Ausgabe des Grundrechtereports aus den Konflikten um den G-8-Gipfel in Heiligendamm im vorigen Sommer zieht. Sowohl bei der Durchsetzung von Demonstrationsverboten als auch der Aufrechterhaltung von Haft habe die Polizei rechtsstaatliche Regeln ausgehebelt.

Der Grundrechtereport wird jährlich von neun Bürgerrechtsorganisationen, darunter die Humanistische Union und Pro Asyl, herausgegeben. Er zeigt Grundrecht für Grundrecht die Gefährdungen durch neue Gesetze und Verwaltungsmaßnahmen. Das diesjährige Schwerpunktthema waren die drastischen Eingriffe in die Versammlungsfreiheit rund um den G-8-Gipfel.

Selbst gegenüber dem Bundesverfassungsgericht sei seinerzeit eine "Taktik der Fehlinformation" angewandt worden, kritisiert Elke Steven vom Komitee für Grundrechte und Demokratie. So habe das Gericht, das kurzfristig gegen das weiträumige Heiligendammer Demonstrationsverbot angerufen worden war, von der Polizei falsche Zahlen über angeblich schwer verletzte Polizisten bei der Auftaktkundgebung in Rostock erhalten. Auch die Zahl von "über 2.000 gewaltbereiten Störern" in Heiligendamm hält sie für stark übertrieben. Solche Polizeiangaben hätten jedoch dazu geführt, dass die Verfassungsrichter in ihrer Eilentscheidung zwar das Ausmaß der demonstrationsfreien Zonen als "bedenklich" eingestuft, aber das Demonstrationsverbot nicht aufgehoben habe.

Ähnliche Kritik äußert die Hamburger Rechtsanwältin Karen Ullmann zur Festnahme von weit über 1.000 Personen während der Gipfelproteste. Eigentlich hätten diese einen Anspruch auf eine unverzügliche richterliche Entscheidung über die Haft gehabt. Doch nur in der Hälfte der Fälle habe eine richterliche Prüfung stattgefunden. Die Gefangenen hätten "praktisch keine Chance" gehabt, etwas gegen die verzögerte Richtervorführung zu tun. Da es in den Käfigen der Gefangenensammelstelle weder Papier noch Stifte gab, konnten sie keine Anträge stellen. Und der Kontakt zu Anwälten sei ihnen auch oft verwehrt worden. Soweit es Gerichtsentscheidungen gegeben hätte, hätten diese meist zur sofortigen Freilassung geführt. "Wo willkürliche Festnahmen in einem unberechenbaren Gewahrsam enden, ist die Demontrationsfreiheit nur eine schöne Illussion", bilanziert Ullmann, die während des Gipfels als Anwältin tätig war. Als Lob für ihren "alternativen Verfassungsschutzbericht" wurden die Herausgeber kürzlich von der FDP-nahen Theodor-Heuss-Stiftung ausgezeichnet.


Aus: "Grundrechtereport kritisiert G8-Einsatz: NGOs beklagen Verzögerungstaktik" VON CHRISTIAN RATH (09.05.2008)
Quelle: http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/fehlinformationen-und-verzoegerungstaktik/?src=SZ&cHash=22f801d9a8


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Quote[...] In den Elendsvierteln ist die Polizei oft die einzige staatliche Kraft, die sichtbar ist. Viele Cops wirken übernächtigt, sie arbeiten hart und werden doch ständig kritisiert, dass sie die Lage nicht im Griff hätten. Auch sie werden vom Staat im Stich gelassen, auf einmal sollen sie über Nacht mit allen Problemen fertig werden, die der Staat über Jahre verdrängt hat.


Aus: "Aufruhr in Südafrika - Vom Präsidenten keine Spur" Von Arne Perras (26.05.2008)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/ausland/artikel/20/176486/


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Quote[...] Auf dem Weg zur Polizeiwache kam es in dem Auto zu einem "Zwischenfall", wie der Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte.


Aus: "Schuss in Inguschetien - Oppositioneller getötet" (Sonntag, 31. August 2008)
Quelle: http://www.n-tv.de/Schuss_in_Inguschetien_Oppositioneller_getoetet/310820084718/1016887.html

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Quote[...] Polizisten hätten Magomed Jewlojew, Betreiber der Website Ingushetiya.ru, aus einem Flugzeug in der Provinz Inguschetien abgeführt und in einem Wagen weggebracht. Später sei dann Jewlojew am Straßenrand mit einem Loch im Kopf aufgefunden worden und später im Krankenhaus verstorben, sagte sein Stellvertreter Ruslan Chautijew. Die Polizei und andere Behörden wollten zu dem Bericht keine Stellung nehmen.

Jewlojew hat scharf kritisiert, wie Zivilpersonen in Inguschetien von der Polizei behandelt werden, und damit die Regionalbehörden gegen sich aufgebracht. Ein Gericht hatte im im Juni befohlen, seine Website zu schließen, da sie extremistische Ansichten verbreite. Die Seite erschien aber unter einem anderen Namen erneut.

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Aus: "Russland - Regimekritiker von Polizei erschossen" (31.08.2008)
Quelle: http://www.rp-online.de/public/article/politik/ausland/609095/Regimekritiker-von-Polizei-erschossen.html

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Quote[...] Die von Jewlojew betriebene Internetseite zählt zu den meistbesuchtesten Websites mit Nachrichten aus Inguschetien und hatte offen den Kreml-treuen inguschetischen Präsidenten Sjasikow kritisert. Ein russisches Gericht hatte im Juni angeordnet, die Internetseite zu schließen, da sie "extremistische" Ansichten verbreite. Chefredakteurin Rosa Malsagowa kündigte Anfang August an, in Frankreich politisches Asyl zu beantragen.

Die Organisation "Reporter ohne Grenzen" (ROG/RSF) zeigte sich über den Tod Jewlojews bestürzt. Dieser habe wiederholt seinen Mut und seine Entschlossenheit unter Beweis gestellt, unabhängige Informationen über Inguschetien zu liefern, trotz der Drohungen und des auf ihn und seine Familie ausgeübten Drucks. Sein Tod dürfe nicht ungesühnt bleiben, heißt es in einer Aussendung.

Das mehrheitlich von Muslimen bewohnte Inguschetien grenzt an die abtrünnige Kaukasusrepublik Tschetschenien. Immer wieder kommt es in Inguschetien zu Schusswechseln zwischen russischen Sicherheitskräften und örtlichen Guerilla-Kämpfern. (APA)



Aus: "Inguschetien: Oppositioneller in Polizeiwagen erschossen" (31. August 2008)
Quelle: http://derstandard.at/?url=/?id=1219938568758


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Quote[...] Im Fernsehen waren mehrere Verletzte zu sehen. "Das ist barbarisch", sagte eine 53-Jährige, die am Kopf verwundet war. "Wir hätten nicht gedacht, dass die Polizei uns angreift."

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Aus: "Polizei löste Blockade des Parlaments in Bangkok gewaltsam auf" (07. Oktober 2008)
Quelle: http://derstandard.at/?url=/?id=1220460124370

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#12
Quote[...] Michail Kusmitsch Ryklin (russisch Михаил Кузьмич Рыклин; * 1948 in Sankt Petersburg) ist ein russischer Philosophie-Professor und Autor.

Ryklin studierte Philosophie und Ästhetik an der Staatlichen Universität Moskau u.a. bei Merab Mamardaschwili und promovierte 1978 in Philosophiegeschichte mit einer Arbeit über Claude Lévi-Strauss und Jean-Jacques Rousseau. 1995 wurde Ryklin Korrespondent der europäischen Kulturzeitschrift Lettre International. Seit 1997 leitet er den Fachbereich Philosophische Anthropologie an der Akademie der Wissenschaften in Moskau.

Sein 2006 in Deutschland erschienenes Buch Mit dem Recht des Stärkeren. Russische Kultur in Zeiten der "gelenkten Demokratie" wurde 2007 mit dem Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung ausgezeichnet.

Ryklin war seit 1975 mit der Künstlerin Anna Altschuk (Anna Michaltschuk) verheiratet. Seit November 2007 lebte das Paar in Berlin-Witzleben, während Ryklin eine Gastprofessur an der Berliner Humboldt-Universität wahrnimmt. Am 10. April 2008 wurde seine Frau an der Mühlendamm-Schleuse der Spree tot aufgefunden.

...


Aus: "Michail Kusmitsch Ryklin" (29. August 2008)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Michail_Ryklin

=> http://de.wikipedia.org/wiki/Anna_Altschuk

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Quote[...] SPIEGEL ONLINE: Es waren doch aber vor allem Kirchenvertreter, die die Ausstellungsmacher als Satanisten, Religionsterroristen und Lästerer beschimpft und so den Prozess gegen ihre Frau erst möglich gemacht haben.

Ryklin: Ja, sie haben eine regelrechte Hysterie, eine Art kollektive Psychose, in der Öffentlichkeit entfacht. Aber die Kirche macht so etwas nicht nur aus eigener Initiative. Solche Aktionen werden von Polittechnologen geplant und gemeinsam mit Dumaabgeordneten und Geheimdienstlern durchgeführt. Die Medien unterstützen sie dabei nach Kräften – wie man weiß, gibt es in Russland seit langem keine freie Presse mehr. Nach einer sechswöchigen Hetzkampagne war die Öffentlichkeit bereit, die Randalierer als Helden zu bejubeln und die Opfer als Täter vor Gericht zu bringen.

[...] Die Kampagne gegen die Ausstellung "Vorsicht, Religion" war offenbar dermaßen erfolgreich, dass die Behörden beschlossen haben, noch einmal nachzulegen. Dabei hatten Samodurow und der Kurator Andrej Jerofejew vorgesorgt: Um die "Verbotene Kunst" sehen zu können, musste man auf Stühle klettern und durch ein Guckloch schauen, überall hingen Warnhinweise, die besonders empfindsamen Gläubigen davon abrieten, die Exponate anzuschauen. Dennoch fühlten sich die Behörden aufs Äußerste provoziert. [...] Moskau plant allein in diesem Herbst drei große Retrospektiven des berühmten Konzeptkünstlers Kabakow. Er wird also auf der einen Seite als internationaler Star gefeiert, auf der anderen Seite sind diejenigen, die ihn ausstellen, von Gefängnis bedroht. Genau das ist es, was das Putinsche System ausmacht: die totale Schizophrenie. [...] Das System will nicht berechenbar sein, also praktiziert es die Methoden der Desorientierung und Einschüchterung.

SPIEGEL ONLINE: Schizophren ist allerdings auch, dass viele der als Ketzer angeprangerten Künstler in Wahrheit nicht besonders kritisch, sondern allenfalls provokativ sind. Stimmt der Eindruck, dass vor allem junge russische Künstler häufig unpolitisch sind?

Ryklin: Die kommerzielle Kunst wird derzeit immens gefördert. Moskau strotzt geradezu vor Geld, die jungen Reichen haben angefangen, sich mit Bildern einzudecken. Sobald ein Künstler gut verkauft, beginnt allerdings die Selbstzensur im Kopf. Und das ist genau das, was das System Putin will - eine Art Nichtangriffspakt: Du mischt dich nicht ein und verdienst Geld, dafür lassen wir dich in Ruhe. Es ist schwer, in Russland Oppositioneller zu sein. Für meine Frau war es tödlich.

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Aus: ""Das System Putin ist totale Schizophrenie"" (07.10.2008)
Das Interview führte Annette Langer
Quelle: http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,578704,00.html


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Quote[...] Als politischer Beamter ist der Generalbundesanwalt "weisungsgebunden": Nehm wendet sich an den Mann neben ihm, seinen Vorgesetzten Hansjörg Geiger, Ex-BND-Präsident und nun Staatssekretär im Justizministerium: "Herr Geiger, wenn ich trotz rechtlicher Bedenken ein Verfahren gegen Darkazanli einleiten soll, dann müssen Sie mich dazu anweisen." Die beiden schauen sich an. Geiger schweigt. Dann dreht er Nehm langsam den Rücken zu. Am Ende der Sitzung sagt Steinmeier: "Herr Nehm, kommen Sie mal in mein Büro." ...


Aus: "Geheimdienste - Ausser Kontrolle" Von Uli Rauss und Oliver Schröm (stern-Artikel aus Heft 19/2006)
Quelle: http://www.stern.de/politik/ausland/:Geheimdienste-Ausser-Kontrolle/560743.html?eid=597063

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Quote[...] Der Bundesnachrichtendienst (BND) hat im Frühjahr 2003 nach Meinung von Experten und Oppositionspolitikern - entgegen den Aussagen von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) - während des amerikanischen Irakfeldzugs kriegsrelevante Informationen an die USA geliefert. Das legen auch interne Unterlagen des Bundesnachrichtendienstes nahe, die Frontal21 vorliegen.

Zwei BND-Beamte melden danach am 4. April 2003 aus der irakischen Hauptstadt eine Zunahme von Verteidigungsstellungen der irakischen Streitkräfte nahe dem Offiziersclub in Bagdad: "Erstmalig wurden auch MG-Stellungen gesichtet", heißt es wörtlich im vertraulichen Telefonprotokoll des BND-Lagezentrums.

Zu diesem Zeitpunkt hatten US-Bodenstreitkräfte den Flughafen von Bagdad eingenommen und standen davor, ins Stadtzentrum "durchzumarschieren", so die BND-Dokumente. Die Zielkoordinaten des Offiziersclubs, der mehrfach bombardiert wurde, hatte der BND kurz davor an den US-Geheimdienst DIA durchgegeben.

...


Aus: "Irak: Deutschland als US-Informant: BND lieferte "hochwertiges Tauschmaterial""
von Christian Rohde und Ulrich Stoll (23.09.2008)
Quelle: http://frontal21.zdf.de/ZDFde/inhalt/5/0,1872,7381637,00.html

Kontext: Topic: [Deutschland und der Überfall auf den Irak]
=> http://www.subfrequenz.net/forum/index.php/topic,113.0.html


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Quote[...] Im Krieg der USA und ihrer "Koalition der Willigen" gegen den Irak stand Deutschland nicht abseits. Die deutsche Bundesregierung hat den angreifenden Staaten u. a. Überflug-, Bewegungs- und Transportrechte eingeräumt. Generalbundesanwalt Kay Nehm hat es bisher aber strikt abgelehnt, ein Ermittlungsverfahren gegen Bundeskanzler Schröder, Bundesaußenminister Fischer und Bundesverteidigungsminister Struck wegen des Verdachts des "Friedensverrats" einzuleiten.

Artikel 26 des Grundgesetzes verbietet die Vorbereitung eines Angriffskrieges. § 80 StGB droht demjenigen, der sich über dieses Verbot hinwegsetzt, eine empfindliche Freiheitsstrafe an.

Hierauf gestützt, waren zu Beginn des Irak-Krieges zahlreiche Strafanzeigen erstattet worden, die Kay Nehm allesamt zurückgewiesen hat. Im Wesentlichen hat er seine Weigerung, Ermittlungen aufzunehmen, damit begründet, dass sich aus dem Völkerrecht nicht eindeutig ergebe, was unter einem "Angriffskrieg" zu verstehen sei. § 80 StGB könne auch schon deshalb nicht angewendet werden, weil die Unterstützungshandlungen Deutschlands nicht ein solches Gewicht hätten, dass sie als Kriegsbeteiligung angesehen werden könnten. Im Übrigen hätte die Unterstützung den von Deutschland übernommenen Bündnisverpflichtungen entsprochen. Die Frage, ob der Krieg gegen den Irak völkerrechtswidrig war, hat der Generalbundesanwalt offengelassen, weil sie angeblich nicht entscheidungserheblich sei.

Auch die von dem Hamburger Rechtsanwalt Armin Fiand und dem Historiker und Publizisten Dr. Alexander Bahar (Heilbronn) eingereichten Anzeigen wurden auf diese Weise abschlägig beschieden. Die dagegen erhobenen Gegenvorstellungen und Dienstaufsichts-beschwerden hatten keinen Erfolg.


[...] Der Generalbundesanwalt muss sich der Sache erneut annehmen. Er ist nach dem Gesetz verpflichtet, bei Vorliegen zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, die zu seinem Zuständigkeitsbereich gehören. Das gebietet das Legalitätsprinzip, das dem Gleichheitssatz aus Art. 3 Grundgesetz Rechnung trägt. Dieses Prinzip besagt, dass die Staatsanwaltschaft jede Straftat ohne Ansehen der Person verfolgen muss.

Der Generalbundesanwalt ist zwar ein politischer Beamter und als solcher weisungsgebunden. Diese Gebundenheit kann jedoch nicht so weit gehen, dass er sich aus Gründen der Staatsräson oder um der Bundesregierung einen Gefallen zu erweisen, über Recht und Gesetz hinwegsetzt.

Die deutsche Bundesregierung hätte sich weigern können (ohne dass ihr irgendwelche Sanktionen gedroht hätten) und weigern müssen, den Krieg gegen den Irak zu unterstützen. Nur dann hätte sie im Einklang mit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag vom 12.09.1990 gehandelt, durch den dem vereinigten Deutschland die völkerrechtliche Verpflichtung auferlegt worden ist, dafür zu sorgen, dass von deutschem Boden nur Frieden ausgehen wird.

Armin Fiand, Hamburg
Dr. Alexander Bahar, Ellhofen


Aus: "Nach dem bemerkenswerten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Juni 2005: Juristen stellen neue Strafanzeige gegen Bundesregierung wegen deutscher Beteiligung am Irak-Krieg"
INITIATIVE FÜR GLOBALE GLEICHHEIT, www.globale-gleichheit.de, PRESSEINFORMATION 23.10.2005
Quelle: http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/regionen/Irak/klage-neu.html


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Quote[...] [Ursula Pidun] Das System der Bundesrepublik beruht auf einer Gewaltenteilung, also eine Verteilung der Staatsgewalt auf mehrere Staatsorgane, um Macht zu begrenzen. Die drei Gewalten Gesetzgebung (Legislative), Vollziehung (Exekutive) und Rechtsprechung (Judikative) dienen vor allem auch zur Sicherung von Freiheit und Gleichheit. Impliziert ist eine so genannte Weisungsgebundenheit der Staatsanwälte, die nicht nur in Fachkreisen umstritten ist, sondern besonders auch das Vertrauen der Bevölkerung in Staatsanwälte erschüttert. Was bedeutet Weisungsgebundenheit der Staatsanwälte vor allem auch für die Demokratie und stellt sich die dringende Frage nach einer Abschaffung? Im Gespräch mit Andrea Titz, Staatsanwältin als Gruppenleiterin bei der Staatsanwaltschaft München II und Mitglied des Präsidiums des Deutschen Richterbundes.

Frau Titz, trotz der Eindeutigkeit einer Gewaltenteilung gibt es Streit um eine so genannte Weisungsgebundenheit der Staatsanwälte. Was hat es damit auf sich?

Die Staatsanwaltschaft ist als Organ der Exekutive zwar von den Gerichten unabhängig, also den Richtern weder über- noch unterstellt. Staatsanwälte sind aber im Gegensatz zu den Richtern nicht unabhängig in ihrer Dienstausübung, sondern unterliegen dem Weisungsrecht ihrer Vorgesetzten. Dies ist in den §§ 146 und 147 des Gerichtsverfassungsgesetzes geregelt. Die Staatsanwaltschaften sind hierarchisch gegliedert. An ihrer Spitze steht jeweils ein Leitender Oberstaatsanwalt. Die Leitenden Oberstaatsanwälte der einzelnen Staatsanwaltschaften sind einem Generalstaatsanwalt unterstellt, der für den gesamten Oberlandesgerichts-Bezirk zuständig ist. Die Dienstaufsicht über die Generalstaatsanwälte wiederum steht dem jeweiligen Landesjustizministerium zu.

Der Begriff des Weisungsrechts, wie er in § 146 GVG umschrieben ist, umfasst zum einen die Berechtigung des jeweiligen Dienstvorgesetzten innerhalb der Behörde und des Generalstaatsanwalts, den Mitgliedern seiner Behörde oder der Behörden seines Bezirks Anweisungen für die Sachbehandlung bestimmter Arten von Verfahren (generelles Weisungsrecht) oder eines Einzelfalls zu geben. In beiden Fällen handelt es sich aber um Weisungen eines Staatsanwalts an andere, ihm untergeordnete Staatsanwälte; in diesem Zusammenhang ist daher die Rede von internen Weisungen.

Dem Justizminister steht gem. §§ 146, 147 GVG ein sogenanntes externes Weisungsrecht zu: Er hat zum einen die Möglichkeit, dieses mittels genereller Weisungen zur Bearbeitung von bestimmten Fallgruppen auszuüben, er hat aber auch das Recht zu speziellen Weisungen im Einzelfall. Letztlich kann also der Landesjustizminister als Mitglied der Exekutive Einfluss auf jeden einzelnen bei den Staatsanwaltschaften anhängigen Fall nehmen. Insbesondere dieses sogenannte externe Weisungsrecht im Einzelfall wird als zu weitgehend und nicht sachgerecht kritisiert. Auch der Deutsche Richterbund (DRB) spricht sich seit langem für die Abschaffung des externen Weisungsrechts im Einzelfall aus. In dem von ihm erarbeiteten Gesetzentwurf zur Änderung der entsprechenden Vorschriften des GVG wird klargestellt, dass es kein externes Weisungsrecht des Justizministers im Einzelfall geben soll.

Ist die Gewaltenteilung nicht derart eindeutig, dass eine Weisungsgebundenheit gar nicht zu rechtfertigen ist?

In der Tat spräche eine strikt praktizierte Gewaltenteilung gegen ein derartiges Weisungsrecht des jeweiligen Landesjustizministers, da die Staatsanwaltschaft als Teil der Judikative auf diese Weise durch ein Mitglied der Exekutive kontrolliert wird. Gleichwohl wäre allein dieser Argumentationsansatz nicht zielführend, da die Verfechter des externen Weisungsrechts zu Recht darauf hinweisen können, dass es auch an anderen Stellen im Staatsaufbau zu einer Vermischung der Gewalten kommt, so beispielsweise zwischen Legislative und Exekutive insoweit, als Minister gleichzeitig Mitglieder des Parlaments sein können.

Welche Nachteile ergeben sich aus einer Weisungsgebundenheit der Staatsanwälte?

Durch das externe Weisungsrecht des jeweiligen Landesjustizministers auch im Einzelfall besteht natürlich die Gefahr der politisch motivierten Einflussnahme auf laufende Ermittlungsverfahren bei den Staatsanwaltschaften. Die Staatsanwaltschaften sind aber das ,,Eingangstor" zu den Gerichten. Anders ausgedrückt: Nur die Verfahren, in denen die Staatsanwaltschaft Anklage erhebt, gelangen überhaupt vor Gericht. Wenn also die Weisung erteilt würde, dass in einem bestimmten Verfahren nicht Anklage erhoben werden soll, würde das Verfahren bereits bei der Staatsanwaltschaft durch eine Einstellungsverfügung enden, ohne dass sich – von wenigen Ausnahmen abgesehen – ein Gericht damit befassen kann. So besteht letztlich indirekt auch die Einflussmöglichkeit des Justizministers auf die Gerichte, deren Unabhängigkeit aber durch die Verfassung garantiert ist.

Abgesehen von diesem offensichtlichen Nachteil entsteht allein durch die Existenz des externen Weisungsrechts durch den Justizminister in der Öffentlichkeit bereits der böse Schein politischer Beeinflussung. In Fällen mit erheblicher Öffentlichkeitswirkung oder bei Verfahren von politischer Bedeutung wird daher gerne mehr oder weniger offen gemutmaßt, dass die zuständige Staatsanwaltschaft ihre Entscheidungen gerade nicht unabhängig treffen konnte, sondern zu einer bestimmten Sachbehandlung angewiesen wurde – auch, wenn dies tatsächlich nicht der Fall war. Selbst wenn also in der Praxis eine Einflussnahme des jeweiligen Landesjustizministers auf einzelne Verfahren nur in seltenen Ausnahmefällen stattfinden mag, erschüttert dennoch allein die nach dem Gesetz bestehende Möglichkeit das Vertrauen der Bevölkerung in die Staatanwaltschaften und damit auch in die Unabhängigkeit der Justiz.

Nochmals konkreter: Staatsanwälte unterliegen in Einzelfällen also auch einer politischen Weisungsgebundenheit. Wodurch wird dies legitimiert?

Die Antwort hierauf ergibt sich bereits aus dem bisher Gesagten: Die politische Komponente der Weisungsgebundenheit ergibt sich aus der Tatsache, dass Staatsanwälte eben nicht nur dem internen Weisungsrechts ihres Behördenleiters und des Generalstaatsanwalts unterliegen, sondern darüber hinaus auch dem externen Weisungsrechts des Justizministers.

Wenn Politik es so will, dann kann es also vorkommen, dass selbst Schwerstkriminelle gar nicht vor Gericht kommen?

Trotz aller Skepsis gegenüber dem externen Weisungsrecht im Einzelfall muss man hier klar sagen, dass diese Gefahr durch die strikten gesetzlichen Vorgaben weitgehend ausgeschaltet ist. Zum einen sieht das in § 152 Abs. 2 Strafprozessordnung geregelte Legalitätsprinzip unabhängig von allen Weisungen einen Verfolgungszwang gegen jeden Verdächtigen und bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen auch einen Anklagezwang vor. Die Staatsanwaltschaft ist verpflichtet, bei zureichenden Anhaltspunkten für verfolgbare Straftaten einzuschreiten. Tut sie das nicht, oder schreitet sie umgekehrt ein, wenn gar kein Anhaltspunkt für eine Straftat besteht, läuft sie Gefahr, sich wegen Strafvereitelung im Amt oder umgekehrt wegen Verfolgung Unschuldiger strafbar zu machen. Nur innerhalb dieser gesetzlichen Vorgaben können auch externe Weisungen erteilt werden, andernfalls liefe der anweisende Minister selbst Gefahr, sich nach den genannten Vorschriften strafbar zu machen. Die Gefahr, dass ,,Schwerstkriminelle", also Personen, die nachweislich erhebliche Straftaten begangen haben, auf Weisung eines Justizministers nicht von der zuständigen Staatsanwaltschaft strafrechtlich verfolgt werden, besteht also in der Praxis nicht.

Kann eine politische Weisungsgebundenheit zu Missbrauch führen?

Wie bei jedem Recht ist natürlich auch bei dem bestehenden externen Weisungsrecht des Ministers die Gefahr von Missbrauch nicht auszuschließen. Wenn ein Minister die Möglichkeit zur Einflussnahme hat, ist letztlich nicht auszuschließen, dass er diese Möglichkeit nutzt, wenn missliebige, politisch unpopuläre Entscheidungen der Staatsanwaltschaft in einem Ermittlungsverfahren anstehen. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass mir solche Fälle des Missbrauchs des Weisungsrechts in meiner langjährigen Praxis noch nie begegnet sind. Wenn je ein solcher Fall vorkommt, handelt es sich also in der Tat nur um eine seltene Ausnahme.

Wesentlich schwerwiegender ist aber, wie ich schon gesagt habe, der Vertrauensverlust für die Justiz, der sich in der Öffentlichkeit aus der bloßen Möglichkeit der Beeinflussung durch den Justizminister, also die Politik, ergibt. Wenn die Bevölkerung in politisch brisanten Verfahren mutmaßen kann, die konkrete Entscheidung sei ,,von oben vorgegeben" worden, erschüttert das das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Unabhängigkeit der Justiz, und zwar unabhängig davon, ob tatsächlich bzw. wie häufig ein Missbrauch stattgefunden hat. Solchem ,,Generalverdacht" kann effektiv nur durch die Abschaffung des externen Weisungsrechts des Justizministers im Einzelfall begegnet werden.

Was bedeutet eine solche politische Weisungsgebundenheit für eine Demokratie?

Auswirkungen ergeben sich, wie ich bereits ausführlich dargestellt habe, weniger für die Demokratie allgemein, als vielmehr für das Vertrauen der Bevölkerung in das Funktionieren des Rechtsstaats, in die Unabhängigkeit der Justiz und in die Unverbrüchlichkeit des Rechts. Wenn in der Öffentlichkeit gerade im Zusammenhang mit Verfahren gegen politisch oder wirtschaftlich einflussreiche Persönlichkeiten regelmäßig davon die Rede ist, dass ,,denen" ohnehin nichts passieren wird, weil man immer nur ,,die Kleinen hängt und die Großen laufen lässt", zeigt das einen Besorgnis erregenden Vertrauensverlust in die Unabhängigkeit der Justiz, der für den Rechtsstaat in hohem Maße schädlich ist.

[...]

Mit welchen Argumentationen wird versucht, an dieser politischen Weisungsabhängigkeit festzuhalten?

Das externe Weisungsrecht des Justizministers wird damit begründet, es sei dessen Hauptaufgabe, für eine gleichmäßige Rechtsanwendung zu sorgen und zugleich Schwerpunkte für die Bekämpfung der Straftaten zu bilden, die für die Bevölkerung eine besondere Gefahr darstellen. Dies ist, wie ich schon ausgeführt habe, ein legitimer Gedanke, kann aber nur das generelle Weisungsrecht begründen. Darüber hinaus wird angeführt, notwendiger Bestandteil der parlamentarischen Demokratie sei die Kontrolle der Exekutive durch das Parlament. Daher müsse der Justizminister gegenüber dem Parlament auch die Verantwortung für Maßnahmen und Entscheidungen der Staatsanwaltschaft tragen. Um dem gerecht zu werden, müsse er als Kehrseite der parlamentarischen Verantwortung die Möglichkeit haben, nicht nur durch allgemeine Weisungen, sondern notfalls auch durch Weisungen im Einzelfall auf die Staatsanwaltschaft einzuwirken. Dies gleicht aber einem Zirkelschluss. Die Arbeit der Staatsanwälte unterliegt über den Justizminister der parlamentarischen Kontrolle ja nur, weil es das externe Weisungsrecht gibt. Wenn es wie bei den Richtern keinen Grund für das externe Weisungsrecht gibt, entfällt auch die parlamentarische Verantwortung.

Wenn politische Weisungsgebundenheit auch eine Kontrollfunktion darstellen soll, benötigt sie ihrerseits ebenfalls Kontrolle? Also im Prinzip eine Kettenreaktion an Kontrollen von Ebene zu Ebene, was letztlich gar nicht zu organisieren ist?

Der Justizminister als Teil der Exekutive trägt die Verantwortung gegenüber dem Parlament, unterliegt also insoweit ebenfalls der Kontrolle. Das Parlament trägt hingegen die Verantwortung direkt gegenüber dem Volk, von dem es gewählt wird und auf diese Weise für seine Arbeit zur Verantwortung gezogen werden kann. Das Problem liegt also weniger darin, dass eine ,,Kettenreaktion von Kontrollen" erforderlich würde, sondern darin, dass nach unserer Auffassung die Kontrollmöglichkeit, die der Justizminister durch das externe Weisungsrecht auch im Einzelfall hat, zu weit geht und unnötig ist. Die Bindung der Staatsanwälte an Recht und Gesetz, ihre hohe Qualifikation und ihr Berufsethos, aber auch die Kontrolle jedes einzelnen Staatsanwalts durch seine internen Vorgesetzten stellen auch im Einzelfall sicher, dass Entscheidungen nicht nur gesetzeskonform, sondern auch in jeder Hinsicht sachgerecht getroffen werden. Eines externen Weisungsrechts des Justizministers auch für jeden Einzelfall bedarf es zur Kontrolle der staatsanwaltschaftlichen Tätigkeit nicht.


Aus: "INTERVIEW: Deutscher Richterbund: Weisungsgebundenheit erschüttert Vertrauen der Bevölkerung in Staatsanwälte" (29. Oktober 2008)
Das Interview führte Ursula Pidun mit Andrea Titz, Staatsanwältin als Gruppenleiterin bei der Staatsanwaltschaft München II und Mitglied des Präsidiums des Deutschen Richterbundes.
Quelle: http://spreegurke.twoday.net/stories/5285804/


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#14
Quote[...] Der Krieg gegen den Terror (engl. ,,War on Terror") oder Krieg gegen den Terrorismus (engl. ,,War on Terrorism" bzw. ,,Global War On Terrorism", GWOT) ist ein von der US-Regierung unter George W. Bush verbreitetes politisches Schlagwort, das eine Bandbreite politischer, militärischer und juristischer Schritte gegen den als Problem identifizierten internationalen Terrorismus zusammenfasst.

[...] Der Begriff knüpft an ähnliche, von früheren US-Regierungen geprägte Termini wie ,,Krieg gegen Armut" (,,War on Poverty") oder ,,Krieg gegen Drogen" (,,War on Drugs") an. Ähnlich wie das von Bush anfangs verwendete Schlagwort des Kreuzzuges ist die Kriegs-Symbolik umstritten, ebenso wie die Verbindung mit dem englischen Wort ,,Terror" (wörtlich: Entsetzen, Schrecken, Terror; in terror: in panischer Angst; usw.)[2]. Als Kritik wird unter anderem geäußert, die Kriegsrhetorik beeinflusse – wie auch das von einigen amerikanischen Konservativen popularisierte Schlagwort ,,Vierter Weltkrieg" – das Angstempfinden vieler Menschen, die die Anschläge in ihrer Dimension als Kriegserklärung an die westliche Zivilisation empfanden. Das Wiederaufgreifen des Begriffes sei der Versuch der amerikanischen Regierung, den Krieg gegen den Irak zu legitimieren und mögliche zukünftige Angriffe gegen den Iran oder Syrien propagandistisch vorzubereiten sowie die den USA im Rahmen des eigenen ,,Terrorismusbekämpfungs-Programms" vorgeworfenen Bürgerrechts-, Grundrechts-, Menschenrechts- und Kriegsrechtsverletzungen quasi durch die Benennung zu rechtfertigen. Zugleich wird der Ausdruck ,,War on Terror" aufgrund seiner wörtlichen Bedeutung eines ,,Krieges gegen das Entsetzen" als unspezifische Stimmungsmache kritisiert.


[...] Kritiker sind der Meinung, dass es ein Widerspruch sei, eine Kriegserklärung abzugeben, ohne einem Staat den Krieg zu erklären. Der ,,Krieg gegen den Terrorismus" bewirke damit die Schaffung eines permanenten Ausnahmezustandes, wie Carl Schmitt ihn beschreibt, und schaffe einen rechtsfreien Raum, in dem sogenannte ungesetzliche Kombattanten unter Missachtung der Genfer Konventionen interniert werden können – wie zum Beispiel in Guantánamo Bay. Auch hochrangige amerikanische Institutionen wie der Supreme Court beziehen hierzu eine kritische Position (vgl. die Grundsatzentscheidungen Rasul gegen Bush und Hamdan gegen Rumsfeld).

Zudem sei unklar, unter welchen Bedingungen der ,,Krieg gegen den Terrorismus" je ein Ende finden könne: Terrorismus sei kein klar abgegrenzter Feind, sondern eher eine Methode, um politische Ziele durchzusetzen. Diese Begrifflichkeit berge die Gefahr, verbindliche Rechtsrahmen aufzuweichen. Vor diesem Hintergrund haben sowohl amerikanische als auch internationale Kritiker die Schaffung des Military Commissions Act scharf kritisiert. Das Gesetz trat im Oktober 2006 in Kraft und gibt dem Präsidenten sehr weitreichende Vollmachten über die Behandlung von sogenannten ,,illegal enemy combattants".

[...]


Aus: "Krieg gegen den Terror" (14. Oktober 2008)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/GWOT

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Quote[...] Laut einem Bericht der «New York Times» wurden die US-Truppen ermächtigt, auch Einsätze in Ländern durchzuführen, die sich nicht mit den USA im Krieg befanden. Wie das Blatt weiter schreibt, waren in der Folge US-Einheiten für fast ein Dutzend geheime Anti-Terror-Aktionen unter anderem in Syrien und Pakistan im Einsatz. Die von Rumsfeld unterzeichnete Anordnung wurde im Frühjahr 2004 von Präsident George W. Bush gebilligt.

Von der Anordnung sei auch ein amerikanischer Luftangriff in Syrien Ende Oktober gedeckt gewesen, so die «New York Times» unter Berufung auf nicht genannte Gewährsleute. Washington hat sich bislang nicht offiziell zu dem Angriff geäussert, es hiess es jedoch, Ziel sei ein ranghohes Mitglied von al-Qaida im Irak gewesen. Nach syrischen Angaben wurden acht Zivilpersonen getötet.

Die Aktionen wurden der «New York Times» zufolge in der Regel von Spezialeinheiten durchgeführt, meist in Verbindung mit dem Geheimdienst CIA. Einzelne Einsätze mussten demnach vom Verteidigungsministerium oder - wie der Angriff in Syrien oder ein Einsatz in Pakistan im Jahr 2006 - vom Präsidenten abgesegnet werden. Das Pentagon äusserte sich zunächst nicht zu dem Bericht. (cpm/ap)


Aus: "Brisante Enthüllung: CIA hatte Freipass für weltweite Operationen" (10.11.2008)
Quelle: http://www.tagesanzeiger.ch/ausland/amerika/story/13004727


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Quote[...] Bush hofft, dass ihn einmal die Geschichtsbücher gnädiger beurteilen werden in seinem "globalen Kampf gegen den Terror" und "der Verbreitung der Demokratie im Nahen Osten". Zunächst einmal verlässt er das Weiße Haus aber in stürmischen Zeiten. Die USA sind in zwei Kriege verstrickt, der Staat ist hoch verschuldet, die Wirtschaft wankt, die Gesellschaft ist innerlich zerrissen und moralisch verunsichert und das Ansehen der USA weltweit beschädigt.

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Aus: "Krise und Kriege - Die Lasten der Ära Bush - Auf neuen US-Präsidenten wartet viel Arbeit" (3.11.2008)
Quelle: http://www.news.at/articles/0845/17/224298/krise-kriege-die-lasten-aera-bush-auf-us-praesidenten-arbeit

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Quote[...] Das Problem ist nur, dass alle mitgemacht haben, auch gestandene Männer, die als Dissidenten weder finanziell noch gar existentiell bedroht worden wären. Sicher, es gab früh die Memoirenbücher ehemaliger Kabinettsmitglieder mit ihren erschreckenden Szenen, aber nie mal einen Aufstand vernunftbegabter Politiker in einer entscheidenden Sitzung.

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Aus: "Noch Fragen? Der Präsident möchte zu Mittag essen"
(Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 12.10.2008, Nr. 41 / Seite 43)
NILS MINKMAR über "The War Within. A Secret White House Story 2006-2008" (Buchautor: Woodward, Bob)
Quelle: http://www.faz.net/s/RubC17179D529AB4E2BBEDB095D7C41F468/Doc~ED55557E0F9E14FAEBCF675B7CBF56CBD~ATpl~Ecommon~Scontent.html?

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Quote[...] »›Mir geht's ziemlich gut‹, sagte Bush bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus im Dezember 2007, ›ich bin recht zufrieden mit meinem Leben.‹ Er hat fast die ganze zivilisierte Welt gegen uns aufgebracht, er hat unser Land über eine Billion Dollar gekostet und ein Ende ist nicht in Sicht, er hat den Staat Irak buchstäblich zerstört und, was am wichtigsten ist, er ist direkt verantwortlich für den Tod über 4 000 amerikanischen Soldaten und darüberhinaus von mehr als 100 000 irakischen Opfern des Krieges einschließlich von Frauen, Kindern und Säuglingen, die auf grausame Art ums Leben kamen. Aber er sagt, er sei recht zufrieden. Das ist unglaublich, das verschlägt einem die Sprache. Selbst wenn seine Schuld nur darin bestünde, dass er durch einen tragischen Irrtum sein Volk in den Irak-Krieg geführt hat, und wenn er nicht des Mordes schuldig wäre, wie ich glaube, wie kann ein Mann, der so viel Leiden und Sterben verursacht hat, recht zufrieden sein mit seinem Leben? Wenn wir Anklage gegen einen Präsidenten erheben, weil er einvernehmlichen Sex außerhalb der Ehe vertuschen wollte, was tun wir dann, wenn ein Präsident sein Land auf der Basis einer Lüge in einen Krieg treibt?« Vincent Bugliosi

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Aus: "Vincent Bugliosi: Anklage wegen Mordes gegen George W. Bush"
(Bugliosi, Vincent, "Anklage wegen Mordes gegen George W. Bush" 352 Seiten, ISBN 978-3-423-24714-6 )
Quelle: http://www.dtv.de/titel/bugliosi_vincent_-_anklage_wegen_mordes_gegen_george_w_bush_24714.html (2008)

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Quote[...] Der Präsident plant, sich nach der Amtsübergabe nach Texas zurückzuziehen und vielleicht ein Buch zu schreiben. "Ich will, dass die Menschen die Wahrheit darüber kennen, wie es ist, im Oval Office zu sitzen", sagte Bush. Er habe aber auch viele andere Pläne.

Die Begeisterung bei den Verlagen über Bush-Memoiren hält sich allerdings in Grenzen. Auch Bushs Frau Laura plant, ihre Memoiren zu veröffentlichen. Sie hat sich bisher kaum über ihr Privatleben im Weißen Haus geäußert. Vorgängerin Hillary Clinton verdiente mit ihrer Autobiografie acht Millionen Dollar.


Aus: "Der scheidende US-Präsident bedauert am Veteranentag auf New Yorker Museumsschiff frühere Aussagen - Bush: "Ich hätte manches nicht sagen sollen"" (13. November 2008)
Quelle: http://www.wienerzeitung.at/DesktopDefault.aspx?TabID=4898&Alias=wahlen&cob=381918

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Quote[...] "Ich werde das Präsidentenamt mit erhobenem Kopf verlassen", sagte Bush.

ler/Reuters/dpa


Aus: "IRAK-KRIEG: Bush bereut Aussagen über Massenvernichtungswaffen" (02.12.2008)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,593884,00.html


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#15
Quote[...] Berlin -  Wer es wissen wollte, wusste es längst. Wieder und wieder haben Menschenrechtler über die engen Bande zwischen Kolumbiens staatlichen Streitkräften und den Todesschwadronen rechter Paramilitärs berichtet. Das nimmt jedoch der Empörung keineswegs die Spitze, die jetzt aufkommt, da US-Geheimdienstberichte zeigen: Auch die CIA und US-Diplomaten wollten wissen – und sie wussten seit 1994 Bescheid über den von Armee und Regierung stets geleugneten Skandal.

Und zwar nicht nur über die heikle Kooperation des massiv von den USA unterstützten kolumbianischen Militärs mit den Paramilitärs, deren Dachverband AUC die Europäische Union auf ihrer Liste der Terrorgruppen führt. Sondern auch über die Verbindungen der Paramilitärs zur Drogenmafia. Und über die Praxis außergerichtlicher Hinrichtungen zur beschleunigten Beförderung innerhalb der Streitkräfte. Das zeigen vom ,,National Security Archive der Universität George Washington" (NSA) jetzt öffentlich gemachte, jüngst freigegebene Dokumente von US-Behörden.

So heißt es beispielsweise in einem CIA-Bericht von 1994, die kolumbianischen Sicherheitskräfte setzten im Rahmen ihrer Aufstandsbekämpfung auf den Einsatz von Todesschwadronen. Und weiter: Das Militär ermorde linksgerichtete Zivilisten in Guerilla-dominierten Regionen. Es arbeite bei Angriffen auf mutmaßliche Guerilla-Sympathisanten mit ins Drogengeschäft verwickelten paramilitärischen Gruppen zusammen. Und es bringe gefangene Kämpfer um. In einem Schreiben des damaligen US-Botschafters in Bogotá, Myles Frechette, wird darüber hinaus die ,,body count"- Mentalität karrierebewusster Militärangehöriger scharf kritisiert: ,,Offiziere, die keine aggressive Guerilla-Bekämpfung (bei der die meisten Menschenrechtsverletzungen durch das Militär vorkommen) vorweisen können, haben Nachteile, wenn Beförderungen anstehen", heißt es darin. In einem zehn Jahre alten CIA-Bericht wird diese Praxis durch die Aussagen eines Offiziers der kolumbianischen Armee belegt, der ein regelrechtes ,,Body Count Syndrome" in den Streitkräften ausmachte. Je mehr entführte, erschossene, in Militäruniformen gesteckte und als Guerilleros Gefallene einer vorweisen könne, desto größer die Chance, Karriere zu machen. ,,Diese Denkart fördert Menschenrechtsverletzungen bei Soldaten, die versuchen, ihre Quote zu erfüllen, um ihre Vorgesetzten zu beeindrucken", teilte der Offizier mit.

Das kolumbianische Militär beginne offenbar gerade, wie NSA-Lateinamerikaexperte Michael Evans dem Tagesspiegel sagte, sich über das eigene Tun Rechenschaft abzulegen. Im November 2008 ließ es einen Report erstellen. 30 Militärs seien daraufhin in den Ruhestand versetzt worden, darunter drei Generäle. Anfang November sei der Oberste Kommandant der Streitkräfte, General Mario Montoya, von seinem Posten zurückgetreten. Er galt als Anhänger des Body Count.

Doch reicht das?, fragt Evans. Warum trat General Montoya zurück? Wird gegen ihn ermittelt werden? Warum wurde der Report noch nicht veröffentlicht? Wird man die Verantwortlichen wirklich zur Verantwortung ziehen? Für Evans ist bei aller Unklarheit so viel klar: Die veröffentlichten US-Dokumente und der noch geheime Report der kolumbianischen Armee ,,werfen wichtige Fragen zur historischen und rechtlichen Verantwortung des Militärs auf". Und mehr noch: Es stelle sich auch die Frage nach der Haltung des großen Bruders im Norden. Die USA hätten wohl als Schwäche des kolumbianischen Militärs erkannt, dass es mit Todesschwadronen und Drogenhändlern zusammenarbeitete, sagt Evans. Sie seien aber ,,nicht bereit gewesen, einen strategischen Alliierten wegen Menschenrechtsfragen vor den Kopf zu stoßen".


(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 12.01.2009)



Aus: "Kolumbien: Die schmutzigen Freunde" Von Michael Schmidt (12.1.2009)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/politik/Kolumbien-USA;art771,2703340



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Quote[...] Illegale Schutzgeldzahlungen an rechtsgerichtete Milizen in Kolumbien kommen den Bananenproduzenten Chiquita in den USA teuer zu stehen. Ein Vergleich mit dem Justizministerium in Washington sieht vor, dass der Konzern 25 Millionen Dollar Strafe zahlen muss.

Chiquita wurde die Verletzung von Anti-Terrorgesetzen angelastet. Laut der US-Regierung waren zwischen 1997 und 2004 mehr als 1,7 Millionen Dollar an die paramilitärischen «Einheiten zur Selbstverteidigung Kolumbiens» (AUC) gezahlt. Die Firmenzentrale in Cincinnati habe davon gewusst, hieß es.

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Aus: "Chiquita finanzierte Kolumbiens Todesschwadronen" (nz, 15.03.2007)
Quelle: http://www.netzeitung.de/ausland/584636.html

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Quote[...] dem bettelarmen Guatemala gingen zum Verdruss der Company seit 1944 die Diktatoren aus. Die Bevölkerung wählte zweimal hintereinander demokratische Präsidenten. Die beriefen sich auf die Ideale des US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt und auf ihr Recht, über nationale Naturschätze zu verfügen und Teile der riesigen ungenutzten Bodenflächen ausländischer Firmen an die Not leidenden Kleinbauern zu verteilen. Für United Fruit war das Kommunismus – der Konzern rief die US-Regierung zu Hilfe.

Es hat sie also schon einmal gegeben, die »Macht transnationaler Unternehmen und Spekulanten«, die »offenbar ganze Gemeinwesen in den Abgrund bringen«, wie jüngst die Süddeutsche Zeitung angesichts der Weltfinanzkrise klagte. Und der Verdacht, dass diese »Monster« (wie Bundespräsident Horst Köhler sie jüngst nannte) den starken Staat vor allem als nützlichen Idioten angerufen haben, scheint jedenfalls historisch nicht ganz unbegründet. Denn die United Fruit Company hat schon vor gut einem halben Jahrhundert die US-Regierung zum Erfüllungsgehilfen ihrer vernetzten Interessen gemacht.

Alle hohen Entscheidungsträger der USA, die Guatemalas junge Demokratie ausradierten, waren mit United Fruit finanziell oder familiär verbunden.

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[...] United Fruit hat unter anderem Namen überlebt. Als Chiquita Brands International ist der Global Player mit 25.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 4,5 Milliarden Dollar der größte Bananenhändler der Welt. Ihrer speziellen Unternehmensphilosophie blieb die Company noch lange treu. 1961 stellte sie Schiffe ihrer weißen Flotte für die misslungene CIA-Invasion in der kubanischen Schweinebucht zur Verfügung. 1975 stürzte sich Eli Black, der Vorstandsvorsitzende des Konzerns, aus dem PanAm-Gebäude in Manhattan: Die Ermittlungen ergaben, dass er den Präsidenten von Honduras, López Arellano, mit 1,25 Millionen Dollar hatte bestechen lassen. 1996/97 gab es wieder Tote, als der Fruchtriese in Honduras mit Militärhilfe brachliegende Bodenflächen räumen ließ, die landlose Bauern besetzt hatten. Im März 2007 schließlich musste Chiquita zugeben, jahrelang Kolumbiens rechtsextreme Paramilitärs unterstützt zu haben. Das Unternehmen erklärte sich bereit, 25 Millionen Dollar Entschädigung zu zahlen. Die Klage von fast 400 Angehörigen kolumbianischer Terroropfer auf 7,86 Milliarden Dollar läuft weiter.

Auch die USA bekamen die Folgen der gewalttätigen Verbindung von Geschäftsinteressen, Sicherheitspolitik und der »unsichtbaren Hand« der CIA schnell zu spüren. Präsident Eisenhower und seine Nachfolger erfuhren schon bald nach dem Putsch, dass Lateinamerikas Bewegungen gegen Armut und Ausbeutung nun unvergleichlich amerikafeindlicher wurden, als es Jacobo Arbenz je gewesen war – fünf Jahre nach dessen Sturz triumphierte Fidel Castro auf Kuba. Die Traumatisierung der Demokratie, die Zerstörung des eigenen Ansehens und des fremden Rechts hat also eine längere Vorgeschichte, als es viele Kommentatoren heute mit dem beschränkten Blick auf die Amtszeit des unseligen George Walker Bush wahrnehmen.

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Aus: "Die United-Fruit-Doktrin" Von Christian Schmidt-Häuer (DIE ZEIT, Ausgabe 47, 2008)
Quelle: http://www.zeit.de/2008/47/A-Guatemala?page=all


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Quote[...] Desaparecidos (span. die Verschwundenen) ist eine in vielen Ländern Mittel- und Südamerikas übliche Bezeichnung für Menschen, die von Sicherheitskräften rechtsgerichteter Militärdiktaturen verhaftet oder entführt und anschließend gefoltert und ermordet wurden.

Der Begriff erklärt sich aus der von den 1960er bis in die 1990er Jahre üblichen Praxis der Militärdiktaturen vor allem in Argentinien, Brasilien, Chile, Paraguay, Peru und Guatemala, politische Gegner bzw. auch nur missliebige Personen verschwinden zu lassen. Dabei werden die Opfer verhaftet oder entführt und an einen geheim gehaltenen Ort gebracht. Die Angehörigen und die Öffentlichkeit erfahren nichts über das plötzliche "Verschwinden" und über den Aufenthaltsort des Verschwundenen. Die Opfer werden meist nach kurzer bis mehrmonatiger Haft, in der sie in der Regel schwer gefoltert werden, ohne gerichtliches Verfahren umgebracht und die Leichen beseitigt.

Mittlerweile hat sich der Begriff im Englischen (The Disappeared) und im Deutschen (Die Verschwundenen) als generelle Bezeichnung für durch willkürliche staatliche Gewalt verschwundene Menschen durchgesetzt.

[...] In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts stützten viele der lateinamerikanischen Militärdiktaturen ihre gewaltsame Unterdrückungspraxis auf eine neue, als Verschwindenlassen oder Erzwungenes Verschwinden (desaparición forzada) bezeichnete Technik der Repression. Sie löste das vormals quasi offiziell durchgeführte Foltern und Ermorden von Regimegegnern weitgehend ab. Grundlage war die auch von US-amerikanischen Militärstrategen propagierte Doktrin der Nationalen Sicherheit, die den zu vernichtenden Feind als inmitten der Gesellschaft (enemigo interno) definierte. Somit wurde der Kreis der vermeintlichen Staatsfeinde von bewaffneten, in Guerillaverbänden oder kommunistischen Bewegungen organisierten Gruppen auf große Teile der Bevölkerung ausgeweitet. Diese Neudefinition des Begriffs des Staatsfeinds auf jede beliebige subversive Person, die dem jeweiligen Regime nicht genehm war, lief auf eine repressive Durchdringung der gesamten Gesellschaft hinaus, bei der fast jeder zum Opfer werden konnte. Als besonders bezeichnend für die Konsequenzen dieser Strategie gilt ein Zitat des Gouverneurs der Provinz Buenos Aires von 1977, General Ibérico Saint Jean: "Erst werden wir alle Subversiven töten, dann ihre Kollaborateure, danach ihre Sympathisanten, danach die Unentschlossenen und schließlich die Lauen." (Primero mataremos a todos los subversivos, luego mataremos a sus colaboradores, después [...] a sus simpatizantes, enseguida [...] a aquellos que permanezcan indiferentes y finalmente mataremos a los tímidos.) In Argentinien prägten die Machthaber für diese Vorgehensweise den euphemistischen Begriff Prozess der Nationalen Reorganisation. Die Anfänge der Taktik des Verschwindenlassens in Lateinamerika fanden sich Mitte der 1950er Jahre nach dem von der CIA organisierten Putsch gegen Präsident Guzman in Guatemala. Sie wurde dort fast kontinuierlich bis etwa zur Jahrtausendwende praktiziert.

[...] In der Praxis bedeutete Verschwindenlassen, dass Menschen aus Alltagssituationen oder nachts durch anonym bleibende Mitglieder von Sicherheitskräften (Militär, Geheimpolizei, Geheimdienste) ohne Angabe von Gründen verhaftet wurden. Da die Angehörigen nicht wussten, welche Staatsorgane ihre Familienmitglieder gefangen hielten, begann für die Suchenden häufig eine verzweifelte Odyssee durch Polizeistationen und Gefängnisse. Da die Gerichte ebenfalls Handlanger der jeweiligen Diktaturen waren, waren die Angehörigen gegen diese Praxis völlig machtlos und konnten oft nach jahrelanger Suche nur resignieren, wenn nicht irgendwann die Leiche des Opfers gefunden oder es in seltenen Fällen schließlich doch freigelassen wurde. In Argentinien kam es häufig vor, dass den Eltern junger Männer mit einem Augenzwinkern erzählt wurde, dass ja bekannt sei, dass junge Männer sich oft ins Ausland absetzen würden, wenn sie "aus Versehen" eine Frau geschwängert hätten.

In der Regel wurden die Entführten mehrere Tage in Militärstützpunkten oder zivilen Orten wie etwa stillgelegten Autowerkstätten inhaftiert und gefoltert, bis sie getötet wurden. Dadurch verfügte man über eine beliebige Zahl an Informanten, durch deren Verhör unter Folter neue Namen von Verdächtigen generiert wurden. Der Staat konnte über Tod oder Leben des vermeintlichen Feindes verfügen, ohne sich langwierigen juristischen Prozessen widmen oder national und international politisch verantworten zu müssen. Die Leichen der Verschwundenen wurden entweder in anonymen, geheimen Massengräbern vergraben (etwa in Chile), ins Meer (Argentinien) oder in Flüsse geworfen, oder entlang von Straßen, in Universitätsgebäuden, Schornsteinen und anderen öffentlichen Orten hinterlassen. In Argentinien war die Technik-Hochschule der Marine (ESMA) in Buenos Aires eines der Hauptzentren der Repression. Nach Schätzungen wurden dort etwa 5000 Menschen gefoltert und anschließend meist ermordet.

Wie durch die Aussagen ehemaliger Militärangehöriger bekannt wurde, wurden viele argentinische Verschwundene lebend aus Militärflugzeugen über dem offenen Meer abgeworfen, nachdem sie vorher mit Drogen betäubt worden waren. Regelmäßig jeden Mittwoch startete ein Flugzeug mit zehn bis fünfzehn Gefangenen an Bord. Etwa 2000 Personen sollen so in zwei Jahren ums Leben gekommen sein[1]. Die argentinische Öffentlichkeit reagierte besonders schockiert auf Berichte, denen zu Folge die Täter regelmäßig von Militärpfarrern seelisch betreut wurden. Diese hatten die Taten als "humane Todesart" verharmlost. Die Vorgänge kamen 1996 durch ein Buch des bekannten argentinischen Journalisten Horacio Verbitsky ans Licht, das auf Interviews mit dem ehemaligen Marineangehörigen Francisco Scilingo beruhte[2]. Scilingo wurde 2005 von einem spanischen Gericht zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt, unter anderem auf Grundlage seiner Aussagen gegenüber Verbitsky. Während des Prozesses leugnete er die Taten und bezeichnete sich als unschuldig.

Besonders belastend für die Angehörigen und Freunde der Opfer war die Mauer des Schweigens, die sich um die Entführten bildete: In Krankenhäusern, Gefängnissen und Leichenhallen wurde den suchenden Angehörigen mitgeteilt, es sei nichts über das Schicksal der Verschwundenen bekannt. In nicht wenigen Fällen hieß es, der Gesuchte sei wahrscheinlich mit einer anderen Frau durchgebrannt oder hätte seine Familie im Stich gelassen, um sich in die USA abzusetzen. Es vergingen Tage, Wochen, Monate und schließlich Jahre der Ungewissheit, in denen die Angehörigen in einem unheimlichen Schwebezustand verharrten. Ehemalige Freunde und Bekannte grüßten nicht mehr auf der Straße aus Angst, mit der betroffenen Familie in Verbindung gesetzt zu werden. Familienmitglieder zweiten Grades leugneten ihre Verwandtschaft zum Verschwundenen; in einigen Fällen versuchten sogar die unmittelbaren Angehörigen, das Schicksal ihres Verschwundenen zu verheimlichen, um nicht gesellschaftlich isoliert zu werden. Im Laufe der Zeit wurde es immer unwahrscheinlicher, dass die Verschwundenen lebend wieder auftauchen würden, und dennoch war es psychologisch unmöglich, den Verlust der Angehörigen trauernd zu verarbeiten: Würde der Tod des Verschwundenen angenommen und ein Prozess von Trauer, Tröstung und schließlich Lösung eingeleitet, würden sich die Überlebenden gleichsam des Verrats an dem womöglich noch Lebenden schuldig machen. Hinzu kommt, dass ein Neubeginn für viele Partner von Verschwundenen unmöglich war, da sie nicht offiziell verwitwet waren.

Ein Verschwundener ist kein einfacher politischer Gefangener und ebenso wenig ein Toter, obwohl es Fälle gegeben hat, in denen Leichen gefunden wurden, für die sich jedoch niemand verantwortlich gezeigt hat. Das Verschwindenlassen unterscheidet sich vom heimlichen Mord, da mit dem Verschwinden des Beweises gleichzeitig der Körper des Opfers verschwindet. Verschwunden zu sein bedeutet nicht, tot zu sein. Mitglieder von Angehörigenorganisationen fordern daher die Exhumierung von heimlichen Massengräbern, in der Hoffnung darauf, die Knochen und Gebeine ihrer Geliebten finden und angemessen bestatten zu können. Das Verschwindenlassen ruft traumatisierte Gesellschaften hervor, die in einem allgegenwärtigen Zustand der Angst, Unsicherheit und des Misstrauens innerhalb autoritärer Strukturen leben.

[...] Die Schätzungen über die Zahl der dauerhaft Verschwundenen variieren je nach Quelle. In Chile kam die sogenannte Rettig-Kommission 1991 zu dem Ergebnis, dass 2.950 Menschen während des Pinochet-Regimes ermordet wurden bzw. dauerhaft verschwanden. In Argentinien konnten die Morde an circa tausend Menschen im Detail bewiesen werden; die Zahl der während der Diktatur dauerhaft verschwundenen - also mit großer Sicherheit ermordeten - Menschen wurde in Schätzungen der staatlichen Untersuchungskommission CONADEP mit etwa 9.000 und von Menschenrechtsgruppen mit etwa 30.000 angegeben (siehe Weblinks). Für Peru gaben Menschenrechtsorganisationen die Anzahl der Verschwundenen mit 13.000 an. Die Mehrzahl davon verschwand in der ersten Amtszeit des gegenwärtig regierenden Präsidenten Alan García (1985 – 1990) und unter der Regierung von Alberto Fujimori (1990 – 2000). Nach Schätzungen von Menschenrechtsorganisationen beträgt die Zahl der Verschwundenen in Guatemala etwa 45.000.[3] In Guatemala herrschte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein fast permanenter Bürgerkrieg, dem insgesamt etwa 150.000 bis 250.000 Menschen zum Opfer fielen, vor allem bei Massakern der Armee oder rechtsgerichteter paramilitärischer Truppen an indigenen Ureinwohnern.

[...]

   1. ↑ Christiane Wolters: Ex-Offizier wegen "Todesflügen" vor Gericht. Deutsche Welle, 14. Januar 2005
   2. ↑ Horacio Verbitsky: The Flight: Confessions of an Argentinian Dirty Warrior. New Press 1996, ISBN 1-56584-009-7
   3. ↑ Guatemala. Proyecto Desaparecidos. Abgerufen am 23. Oktober 2008. (engl., es ist unklar, ob diese Zahl Teil der Gesamtopferzahl des Bürgerkriegs ist, dies ist jedoch eher anzunehmen)
   4. ↑ Strafanzeige gegen argentinische Generäle wegen des Tods von Klaus Zieschank. 20. März 2000, www.menschenrechte.org
   5. ↑ Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika e.V.: Überraschende Wende im Fall Elisabeth Käsemann. Deutsche Bundesregierung klagt in Argentinien: Begnadigungsgesetze sind verfassungswidrig, 10. Dezember 2001
   6. ↑ Beschwerde gegen die Einstellungsbescheide der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth. 7. März 2006, www.menschenrechte.org




Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Desaparecidos (4. November 2008)


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Quote[...] Sie waren hilflos und hatten keine Chance zu überleben. Der Arzt betäubte sie. Dann zogen die Soldaten ihnen die Kleider aus, fesselten sie und warfen sie aus dem Flugzeug ins offene Meer. Aus mehreren 1000 Metern Höhe - bewusstlos, aber lebendig. Im Kampf gegen politische Feinde, die so genannten Subversiven, war der argentinischen Militärdiktatur zwischen 1976 und 1983 jedes Mittel recht. "Vuelos de la muerte" - "Todesflüge" - nannten sie diese grausame Hinrichtungspraxis. Auch Adolfo Scilingo soll an ihr beteiligt gewesen sein. Am Freitag (14.1.2005) soll nun in Madrid gegen den argentinischen Ex-Offizier der Prozess eröffnet werden. Ihm wird Völkermord, Terrorismus und Folter vorgeworfen. Er hat bei der Aufarbeitung der Geschichte eine besondere Rolle gespielt.

Scilingo hat das Schweigen gebrochen. Detailliert und ausführlich schilderte er dem argentinischen Journalisten Horacio Verbitsky die Praxis der Todesflüge, die bis dahin von offizieller Seite totgeschwiegen wurden: Regelmäßig jeden Mittwoch sei ein Flugzeug zum Todesflug gestartet - an Bord 15 bis zehn Gefangene. Etwa 2000 Personen seien so in zwei Jahren ums Leben gekommen. Jeder im Militär habe davon gewusst, jeder sei verpflichtet gewesen, mitzumachen. Verbitsky hat Scilingos Aussagen 1995 in dem Buch "El vuelo" - "Der Flug" - veröffentlicht.

La "Guerra sucia" - der "schmutzige Krieg" - wird die Zeit der letzten argentinischen Militärdiktatur genannt. Vor mehr als 20 Jahren ist damit eines der blutigsten Kapitel in der Geschichte des südamerikanischen Landes zu Ende gegangen.1976 hatte sich eine Militär-Junta um Jorge Rafael Videla an die Macht geputscht. Bis zum Sturz des Regimes 1983 hat es politisch Andersdenkende rigoros verfolgt. Man schätzt, dass 30.000 Menschen ermordet wurden. Lange Zeit war dieses dunkle Kapitel Geschichte in Argentinien Tabu. Bis heute sind nur wenige der Schuldigen von damals zur Rechenschaft gezogen worden.

Das Leben wurde für Scilingo nach seinem Geständnis nicht einfacher. In Argentinien sorgten seine Aussagen für Aufregung. Scilingo wurde von beiden Seiten - den Opfern und den Tätern von damals - gehasst. Man bedrohte, entführte und misshandelte ihn.

1997 beschloss Scilingo nach Spanien zu gehen, um mit dem Untersuchungsrichter Baltasar Garzón zusammenzuarbeiten. Der wollte die argentinischen Verantwortlichen von damals in Spanien vor Gericht stellen. Denn auch einige 100 Spanier wurden unter der Militärdiktatur ermordet, und in Argentinien waren die meisten Täter durch Amnestie-Gesetze geschützt. Trotz der Zusammenarbeit mit Garzón wurde aber auch Scilingo schließlich angeklagt. Nach jahrelangen Verzögerungen soll ihm jetzt in Madrid der Prozess gemacht werden.

Fortschritte hat es mittlerweile auch in Argentinien gegeben. Seit dem Jahr 2003 ist Nestor Kirchner Präsident: Er hat die Aufarbeitung der Vergangenheit zu einem der wichtigsten Themen seiner Amtszeit erklärt. Die Amnestie wurde aufgehoben - mehr als 100 ehemalige Offizielle sind mittlerweile in Haft.

Scilingo, der vor vielen Jahren als erster geredet hat, hat seine Aussagen inzwischen widerrufen. Eine "Lügengeschichte" seien seine Schilderungen der Todesflüge gewesen - erfunden, um sich an seinen früheren Vorgesetzten zu rächen. Seit einem Monat befindet er sich aus Protest gegen den Prozess im Hungerstreik. Alles nur Manöver, glaubt der argentinische Journalist und Buchautor Verbitsky: "Niemand hat irgendwelche Zweifel, dass alles, was er damals gesagt hat, wahr ist. Ich habe Dokumente, die das beweisen. Dokumente, die von ihm vor vielen Jahren unterschrieben wurden." Verbitsky wird nur einer von rund 150 Zeugen sein, die im Fall Scilingo gehört werden sollen. Die Anklage fordert für Scilingo 6626 Jahre Haft.



Aus: "Ex-Offizier wegen "Todesflügen" vor Gericht" Christiane Wolters (14.01.2005)
Quelle: http://www.dw-world.de/dw/article/0,2144,1457972,00.html

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Quote[...] Beim Verschwindenlassen oder dem erzwungenen Verschwinden handelt es sich um eine Form der staatlichen Willkür, bei der staatliche oder parastaatliche Organe politische Gegner, vermeintliche Straftäter bzw. auch nur missliebige Personen verschwinden lassen. Dabei werden die Opfer verhaftet oder entführt und an einen geheim gehaltenen Ort gebracht. Die Angehörigen und die Öffentlichkeit erfahren nichts über das plötzliche "Verschwinden" und über den Aufenthaltsort des Verschwundenen. In den meisten Fällen werden die Opfer nach kurzer bis mehrmonatiger Haft, während der sie oft auch gefoltert werden, ohne gerichtliches Verfahren umgebracht und die Leichen beseitigt.

Das Verschwindenlassen ist im Rahmen des 2002 in Kraft getretenen Rom-Statuts als Verbrechen gegen die Menschlichkeit definiert. Es bildet damit eine der Rechtsnormen für die Rechtsprechung des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag. Das Statut definiert den Tatbestand wie folgt:

    ,,Zwangsweises Verschwindenlassen von Personen bedeutet die Festnahme, den Entzug der Freiheit oder die Entführung von Personen; durchgeführt, unterstützt oder gebilligt durch einen Staat oder eine politische Organisation, gefolgt von der Weigerung, diese Freiheitsberaubung anzuerkennen oder Auskunft über das Schicksal oder den Verbleib dieser Personen zu erteilen, in der Absicht, sie für längere Zeit dem Schutz des Gesetzes zu entziehen."

Besonders bekannt ist das Schicksal der zehntausenden sogenannten Desaparecidos (deut. die Verschwundenen) in Lateinamerika, die Opfer von Diktaturen wurden. In neuerer Zeit wurden die USA für ihre Vorgehensweise im Krieg gegen den Terror kritisiert, bei der Terrorverdächtige entführt und ohne Gerichtsverfahren in Geheimgefängnissen gefangen gehalten wurden. Amnesty International hat festgestellt, dass dies außer von den USA auch von einer Vielzahl weiterer Länder praktiziert wird.[1]

Die Taktik des Verschwindenlassens wurde 1941 durch Hitlers sogenannten Nacht-und-Nebel-Erlass vom 7. Dezember 1941 erstmalig eingeführt und vergesetztlicht. Hintergrund war die Erkenntnis, dass in besetzten Gebieten durchgeführte Festnahmen und öffentliche Hinrichtungen über einen längeren Zeitraum dazu führten, dass die Ermordeten als Märtyrer gefeiert und der Widerstand gestärkt wurde. Franzosen, die sich den Deutschen im Zweiten Weltkrieg widersetzten, wurden daher bei Nacht und Nebel entführt und auf deutsches Territorium verbracht, wo sie von ihrer ursprünglichen Umgebung isoliert waren. Die Behörden der Sowjetischen Besatzungszone übernahmen in den Nachkriegsjahren diese Methoden; die Zahlen der in Speziallagern spurlos Verschwundenen waren denn auch im deutschen Osten in den Jahren 1945 bis 1949 erschreckend hoch (nach Schätzungen etwa 65.000 Opfer), das Tatgebiet führte bis in die Berliner Westsektoren hinein.

Im Vietnamkrieg wurde das Verschwindenlassen als Teil der psychologischen Kriegführung praktiziert. Hintergrund war die Erkenntnis, dass nicht so sehr der Tod von Angehörigen die in den Krieg verwickelten Vietnamesen psychisch verwundbar machte, sondern die Unmöglichkeit, die einem Toten zustehende Trauer- und Abschiedszeremonie vollziehen zu können.

Seit etwa 2001 sind die USA dazu übergegangen, terrorverdächtige Personen zu entführen und ohne Gerichtsverfahren über längere Zeit in weltweit verteilten Geheimgefängnissen zu inhaftieren, die das US-Militär als Black sites bezeichnet[2]. Es sind mehrere Fälle bekannt geworden, bei denen sich nach mehrmonatiger bis jahrelanger Haft herausstellte, dass die Verhafteten unschuldig bzw. Opfer einer Verwechslung waren. Der bekannteste ist der des in Deutschland lebenden Türken Murat Kurnaz.

Da die CIA offiziell keine Folter anwenden darf, wurde es gängige Praxis, die Gefangenen in befreundete Länder auszufliegen, wo sie von Verhörspezialisten dieser Länder vernommen werden. Besonders kritisiert wird in diesem Zusammenhang die auch von US-Stellen mehrfach bestätigte Tatsache, dass dabei Länder bevorzugt werden, die systematisch foltern, etwa Syrien und Ägypten.

Im Jahr 2006 erklärte der oberste Gerichtshof der USA einige der oben angeführten Praktiken der US-Regierung für ungesetzlich. Um eine legale Grundlage für ihr weiteres Vorgehen zu schaffen, schuf die Bush-Regierung daher das umstrittene Gesetz Military Commissions Act. In einem in der Öffentlichkeit wenig beachteten Teil enthält das Gesetz eine Art Generalamnestie für von US-Bürgern verübte Verbrechen vor Inkrafttreten des Gesetzes, was von Kommentatoren als auf die oben genannten Praktiken bezogen gedeutet wurde. Die Regierung von Präsident Bush fordert seit Jahren eine Immunität für US-Bürger vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, die dieser bislang aber nicht gewähren will. Mit mehr als 50 Staaten haben die USA daher inzwischen bilaterale Abkommen geschlossen, die eine Auslieferung von US-Bürgern aus diesen Ländern nach Den Haag verhindern sollen.[3]

In Deutschland sind im Zusammenhang mit der Entführung des deutschen Staatsbürgers Khaled al-Masri Haftbefehle gegen 10 CIA-Agenten ausgesprochen worden[4]. In Italien werden wegen der Entführung des Imams Abu Omar 26 CIA-Agenten per Haftbefehl gesucht.[5][6]

Nach offiziellen US-Angaben sind die von der CIA betriebenen Geheimgefängnisse im Laufe des Jahres 2006 geschlossen worden. Laut einem Bericht der Financial Times wurde diese unter anderem vom Menschenrechtsrat der UNO lange geforderte Entscheidung dadurch beschleunigt, dass Verhörspezialisten der CIA sich wegen der unklaren Rechtslage geweigert hatten, in diesen Einrichtungen weiterhin Gefangene zu verhören.[7]

[...]


   1. ↑ amnesty international: Niemand darf "verschwinden"!. Abgerufen am 23. Oktober 2008
   2. ↑ Amnesty International: Off the Record - U.S. Responsibility for Enforced Disappearances in the "War on Terror"
   3. ↑ USA streichen 35 Staaten die Militärhilfe. In: Spiegel Online. 2. Juli 2003. Abgerufen am 20. August 2008.
   4. ↑ Al-Masri-Entführung: Haftbefehle gegen 13 CIA-Agenten, Die Zeit, 31. Januar 2007
   5. ↑ Ermittlungen gegen die CIA auch in Italien, die tageszeitung, 1. Februar 2007
   6. ↑ Haftbefehl gegen 26 Personen in Italien Flug nach Ägypten Blick.ch Die Liste von Henry Habegger und Beat Kraushaar | 01:21 | 1. Februar 2007
   7. ↑ CIA-Beamte verweigerten Verhöre in Geheimgefängnissen. In: Spiegel Online. 21. September 2006. Abgerufen am 22. August 2008.



Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Verschwindenlassen (14. November 2008)


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#16
Quote[...] Der Begriff Extraordinary rendition (deutsch: außerordentliche Auslieferung, auch Überstellung von Terrorverdächtigen) bezeichnet das Überführen einer Person von einem Staat zum anderen ohne juristische Grundlage.[2] In diesem Zusammenhang wird auch der Ausdruck torture by proxy (zu deutsch: stellvertretende Folter) von Kritikern dieser Überführungen genutzt, um Abläufe zu beschreiben, bei denen so genannte Terrorverdächtige in Länder überführt werden, deren Strafverfolgung von teilweise menschenrechtsverletzenden Befragungstechniken wie Folter geprägt ist. Des Weiteren wird von Kritikern angeführt, dass diese Folter in Mitwissen oder sogar in Einverständnis der veranlassenden Regierung geschieht.

Die Außenministerin der Vereinigten Staaten Condoleezza Rice erklärte im April 2006 in einem Radio-Interview, dass die Vereinigten Staaten keine Menschen an Orte überführen, von denen man weiß, dass sie dort gefoltert werden.[2][3][4] Diese Aussage steht im Gegensatz zu staatsanwaltlichen Ermittlungen zum Beispiel im Fall Abu Omar.

Diese Vorgehensweise der Vereinigten Staaten hat eine Reihe an moralischen, juristischen und politischen Vorwürfen aufgeworfen und zu diversen offiziellen Untersuchungen der Europäischen Union geführt. Ein Bericht vom Juni 2006 des Europarats schätzte, dass 100 Personen von der CIA auf europäischem Gebiet entführt und in andere Länder überführt wurden - häufig erst, nachdem sie so genannte Black sites durchliefen, die von der CIA in Kooperation mit den jeweiligen Regierungen betrieben wurden. Gemäß eines Berichts des Europäischen Parlaments vom Februar 2007 führte die CIA 1.245 Flüge durch, die oftmals Länder zum Ziel hatten, in denen die Verdächtigten in Missachtung des dritten Artikels der UN-Antifolterkonvention Folter ausgesetzt werden konnten. Eine große Mehrheit des Europäischen Parlaments bestätigte das Ergebnis des Berichts, der besagte, dass viele Mitgliedsstaaten die illegalen Handlungen der CIA tolerierten, und kritisierten verschiedene europäische Regierungen und deren Geheimdienste für ihren Widerwillen, bei den Untersuchungen zu kooperieren.

[...]

Einzelnachweise:

   1. ↑ "Rendition" and secret detention: A global system of human rights violations, Amnesty International, 1. Januar 2006
   2. ↑ a b Michael John Garcia, Legislative Attorney American Law Division. Renditions: Constraints Imposed by Laws on Torture April 5, 2006 p.2 link from the United States Counter-Terrorism Training and Resources for Law Enforcement web site
   3. ↑ Gordon Corera Does UK turn a blind eye to torture?, BBC 5. April, 2005 "One member of the [parliamentary foreign affairs] committee described the policy as 'effectively torture by proxy'".
   4. ↑ James Naughtie's Interview of Secretary Rice With British Foreign Secretary Jack Straw on BBC Radio 4's Today Programme 1 April 2006 on the website of the United States Embassy in London



Aus: "Extraordinary rendition" (23. September 2008)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Extraordinary_rendition

-.-

Quote[...] Die Guantanamo Bay Naval Base ist ein Stützpunkt des US-Militärs auf Kuba. Er liegt im Süden der Guantánamo-Bucht, etwa 15 Kilometer südlich der gleichnamigen Stadt Guantánamo.

[...] Der Fall Murat Kurnaz hat in Deutschland für Aufsehen gesorgt, weil die damalige Bundesregierung nicht alles unternommen hat, um diesen vor wahrscheinlicher Folter zu bewahren. Die Süddeutsche Zeitung berichtete [16] am 15. Dezember 2005 über die Vernehmung des in Bremen geborenen türkischen Staatsbürgers Murat Kurnaz, der seit 2001 in Guantanamo Bay festgehalten wurde, durch den deutschen Nachrichtendienst. Die Karlsruher Bundesanwaltschaft stellte bereits im Frühjahr 2002 ein Ermittlungsverfahren gegen ihn ein, weil es ,,keinen Hinweis auf radikal-fundamentalistische Vorgangsweisen" gäbe. So sah es auch die Richterin in Washington (D.C.). Kurnaz hatte sich schon seit 2001 im Camp befunden und wurde nach Angaben seines amerikanischen Anwalts vom US-Militär ,,physisch, psychisch und sexuell gefoltert". Da Murat Kurnaz kein deutscher Staatsbürger ist, hatte die deutsche Bundesregierung eigenen Angaben zufolge nur sehr begrenzte Möglichkeiten selbst einzuschreiten. Im Bericht[17] des CIA-Sonderausschusses des Europäischen Parlaments wird festgestellt, die deutsche Bundesregierung habe 2002 ein Angebot der Vereinigten Staaten, Kurnaz freizulassen, ausgeschlagen. Dies sei geschehen, obwohl die Nachrichtendienste beider Staaten von seiner Unschuld überzeugt waren. Die Türkei schien sich nicht um die Freilassung von Murat Kurnaz zu bemühen. Kurnaz war kurz nach den Anschlägen vom 11. September 2001 nach Pakistan gereist, um eine Koranschule zu besuchen und hatte sich dadurch verdächtig gemacht und wurde so gegen Kopfgeld an die USA verkauft. Viele der dortigen Koranschulen gelten als Kaderschmieden der Taliban. Am 24. August 2006 wurde der Gefangene nach fünf Jahren Haft schließlich freigelassen und ist am gleichen Tag auf dem Militärflughafen Ramstein in Deutschland eingetroffen. [18][19][20] Neue Aufmerksamkeit erhielt der Fall zuletzt 2007 durch das Buch ,,Fünf Jahre meines Lebens. Ein Bericht aus Guantanamo" von Murat Kurnaz, in dem er von Foltermethoden an Mitgefangenen berichtet, die zum Verlust ganzer Gliedmaßen führten.[12][21]

...

[...]

Literatur [Bearbeiten]

    * Roger Willemsen: Hier spricht Guantánamo. Roger Willemsen interviewt Ex-Häftlinge., Zweitausendeins, 2006, ISBN 3-86150-757-9, Polar-Renzension
    * Christian Tomuschat: Internationale Terrorismusbekämpfung als Herausforderung für das Völkerrecht., DÖV (Die Öffentliche Verwaltung) 2006 (Heft 9), S. 357–369.
    * Conradin Wolf: Ausnahmezustand und Menschenrecht. Labor, 2005, ISBN 3-03726-202-8
    * David Rose: Guantánamo Bay: Amerikas Krieg gegen die Menschenrechte. Verlag S. Fischer, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-10-066300-4
    * Bernhard Schäfer, Zum Verhältnis Menschenrechte und humanitäres Völkerrecht (Studien zu Grund- und Menschenrechten, Bd. 13), 2006, ISSN 1435-9154.
    * Dorothea Dieckmann: Guantánamo. Klett-Cotta. 160 Seiten, ISBN 3-608-93599-1
    * Alfred de Zayas: Wem gehört Guantánamo Bay? – Die Rechtslage um den Stützpunkt der Vereinigten Staaten. F.A.Z. vom 29. Dezember 2003, S. 36
    * Alfred de Zayas: Die amerikanische Besetzung Guantanamos, Institut für Rechtspolitik an der Universität Trier, Rechtspolitisches Forum Nr. 28, 2005, ISSN 1616-8828.
    * Vgl. zur (Teil-)Publikation der Verhörprotokolle durch das Pentagon neben anderen Zeitungsartikeln die F.A.Z. Nr. 58 vom 9. März 2006, S. 5
    * Judith Butler: Gefährdetes Leben. Suhrkamp 2005. S. 69-120, ISBN 3-518-12393-9
    * Murat Kurnaz: "Fünf Jahre meines Lebens. Ein Bericht aus Guantanamo.", Rowohlt, 2007, ISBN 3-871-34589-X.
    * Moazzam Begg: "Enemy combatant.The terrifying true story of a Briton in Guantanamo",Simon&Schuster UK Ltd. ISBN 1-4165-2265-4
    * Sebastian Niehoff: Guantanamo Bay - Demaskierung eines Systems, GRIN Verlag, 2007, ISBN 3-638-83109-4
    * Clive Stafford Smith: The Eight O'Clock Ferry to the Windward Side: Seeking Justice in Guantanamo Bay. Nation Books, Oktober 2007, ISBN 978-1-568-58374-7, S. 336 (Sprache: Englisch).

[...]

   1. ↑ US-Verteidigungsministerium, 24. Aug. 2004
   2. ↑ Bericht über Folter bei faz.net
   3. ↑ Urteil vom 31. Januar 2005
   4. ↑ Sonderbericht über die Auflösung des Lagers
   5. ↑ Der Australier Hicks bekennt sich schuldig
   6. ↑ The Independent: Reporting on life behind the wire: The Sudanese journalist held in Guantanamo Bay, 9. Juni 2007
   7. ↑ THE "JOURNEY OF DEATH", Reprieve, 28. Januar 2008
   8. ↑ Spiegel-Online: US-Regierung unterliegt in Guantanamo-Verfahren vom 12. Juni 2008
   9. ↑ Financial Times Deutschland: USA müssen fünf Häftlinge laufen lassen vom 21. November 2008
  10. ↑ 20 Minuten: Von Kopfgeldjägern nach Guantánamo verkauft 27. Januar 2007
  11. ↑ Tima Chadid: Sami al-Hajj: 'Thank you, Guantanamo'. In: Menassat.com. 7. Oktober 2008. Abgerufen am 2. November 2008 ,,As for the medical treatment, al-Hajj talks about detainees having their limbs amputated. "They cut the feet of a Saudi detainee, and the hands of many others. They also cut the fingers of a Tunisian prisoner."". (englisch)
  12. ↑ a b Fünf Jahre meines Lebens. Ein Bericht aus Guantanamo., Rowohlt, 2007, ISBN 3-871-34589-X
  13. ↑ Selbstmorde in Guantanamo. Tod im Lager der Schande
  14. ↑ Schweizer Gerichtsmediziner stellt Fragen zu Toten in Guantánamo
  15. ↑ Guantanamo prisoner dies of cancer, Al Jazeera, 30.12.2007
  16. ↑ sueddeutsche.de:Verhörtourismus: Mit dabei im rechtsfreien Raum
  17. ↑ Abschlussbericht des CIA-Sonderausschusses des Europäischen Parlaments
  18. ↑ ARD bei Beckmann: Murat Kurnaz
  19. ↑ tagesschau.de: Kurnaz' Anwalt erhebt Vorwürfe gegen Rot-Grün
  20. ↑ zeit.de: Verlassen in Guantánamo
  21. ↑ Die Tageszeitung, Freitag, 20.04 2007, Seite 3: "Ein Bericht gegen das Vergessen"
  22. ↑ Spiegel-Online: Bin Ladens früherer Fahrer zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt zugegriffen am 7. August 2008
  23. ↑ Joel Campagna: The Enemy?, CPJ, 3. Oktober 2006
  24. ↑ Guantánamo-Video zeigt verzweifelten 16-Jährigen



Aus: "Guantanamo Bay Naval Base" (24. November 2008)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Guantanamo_Bay_Naval_Base

-.-

Quote[...] Dem Bericht zufolge soll Aznar im Januar 2002 in weniger als 24 Stunden die Zwischenstopps der CIA-Flugzeuge auf spanischem Boden genehmigt haben und so zum "Komplizen" des US-Geheimdienstes bei der Verschleppung von Verdächtigen aus Afghanistan und anderen Ländern geworden sein. Einzige Bedingung sei gewesen, dass möglichst "diskrete" Flughäfen benutzt würden, nämlich die Militärstützpunkte in Rota und Morón, die beide in Andalusien liegen.

Aznar, der US-Präsident George W. Bush bei seinem Irak-Feldzug unterstützte, wollte jegliches Aufsehen vermeiden. Zudem war damals die Präsenz illegal verschleppter Europäer an Bord nicht auszuschließen. ,,In solchen Fällen rate ich, die rechtlichen Konsequenzen abzuwägen", warnte der frühere Vizeadmiral Manuel Calvo laut einem Schreiben, aus dem ,,El País" zitiert. Ein weiterer Berater soll empfohlen haben, die Presse hinters Licht zu führen und zu behaupten, dass man nur Notlandungen genehmigen werde.

Schon seit Längerem untersucht auch der spanische Richter Ismael Moreno die Beteiligung der verschiedenen spanischen Regierungen an dem CIA-Programm. Laut einer Liste der Flughafenaufsicht Aena haben in den Jahren 2002 bis 2005 mindestens 47 Gefangenenflüge mit Terrorverdächtigen spanischen Luftraum durchquert. Elf der CIA-Missionen sollen in verschiedenen spanischen Militärflugbasen zwischengelandet sein.

Auch die Baleareninsel Mallorca soll immer wieder als Drehscheibe für die Transporte gedient haben. Von der Mittelmeerinsel aus soll auch das Flugzeug gestartet sein, mit dem seinerzeit der Deutsch-Libanese Khaled el-Masri vom US-Geheimdienst nach seiner Verschleppung aus Mazedonien zum Verhör in ein US-Lager in Afghanistan gebracht wurde.

...

Quote01.12.2008
20:31 Uhr
    Robert sagt:
    Diese ganz spezielle Ausnahme Mentalität a la "Der Zweck heiligt die Mittel", hat für den Westen ein sehr schweres Glaubwürdigkeits Problem geschaffen.
    Wie will man jetzt, gegenüber anderen Staaaten in dieser Welt, nach diesem Sündenfall, noch die universellen Menschenrechte vertreten und einfordern.

    Hohle Phrasen in politischen Sonntagsreden, die im Ernstfall leichtfertig weggewischt werden. Ein eklatanter Vertrauensbruch, der in jeder Hinsicht weiter wirkt und das Mißtrauen gegenüber dem Staat weiter zementieren wird.


Quote01.12.2008
22:13 Uhr
    Folter nur in Guantanamo? sagt:
    US-Vizepräsident Dick Cheney soll von einem Gericht im Bundesstaat Texas vorgeladen werden. Ihm droht ein Gerichtsverfahren.

    Warum? Weil er indirekter Miteigner von privaten US-Gefängnissen ist, in denen es zu Misshandlungen von Gefangenen gekommen sein soll.


Quote02.12.2008
01:49 Uhr
    Die unendlichen Lügengeschichten sagt:
    George W. Bush und 8 weitere US-Spitzenbeamten wurden bei 935 Lügen in nur 2 Jahren erwischt.

    Vor dem Irakkrieg 2003 wurden besonders oft dien angeblichen Massenvernichtungswaffen und die angebliche Verbindung zum Terrornetzwerk der Iraker genannt.

    An der Spitze stehen (wer hätte das gedacht) Georg Bush mit 260 und der damalige Aussenminister Dick Cheney mit 254 BEWUSSTEN Falschaussagen. Ebenfalls auf der Liste sind die ehemalige nationale Sicherheitsbeauftragte, sowie der Ex-Verteidigungsminister.

    Die genannten Politiker hätten bewusst und methodisch Fehlinformationen verbreitet. Die Studie hat wohl eindeutig bewiesen, dass die Wahrheit immer das erste Opfer des Krieges ist.



Aus: "Guantánamo - CIA nutzte Spanien für Geheimflüge nach Kuba"  Von Ute Müller (1. Dezember 2008)
Quelle: http://www.welt.de/politik/article2812711/CIA-nutzte-Spanien-fuer-Geheimfluege-nach-Kuba.html

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Quote[...] Der im Prozess um die Verschleppung des Imams ermittelnde Staatsanwalt Armando Spataro beschuldigte am Mittwoch Regierungschef Silvio Berlusconi und seinen Vorgänger Romano Prodi, den Begriff des Staatsgeheimnisses zu verzerren, um der Justiz Steine in den Weg zu legen. Spataro hatte öfters versucht, Berlusconi und Prodi als Zeugen in dem Verfahren um die Entführung des ägyptischen Imams vorzuladen. Diese hatten sich auf das Staatsgeheimnis berufen, um nicht vor Gericht erscheinen zu müssen.

In Mailand stehen 26 US-Bürger - 25 mutmaßliche CIA-Agenten und ein Offizier der US-Luftwaffe - sowie fünf italienische Geheimdienstbeamte vor Gericht. Ihnen allen wird Entführung vorgeworfen. Der radikale ägyptische Geistliche Osama Mustafa Hassan Nasr alias Abu Omar wurde am 17. Februar 2003 auf offener Straße in Mailand aufgegriffen und soll über den US-Fliegerhorst Ramstein in Deutschland nach Ägypten verschleppt worden sein. Der Imam gab später an, während der Gefangenschaft gefoltert worden zu sein. Nach Auffassung der Mailänder Staatsanwaltschaft unterstützte der italienische Geheimdienst die Entführung durch die CIA. (APA)


Aus: "Mailänder Prozess wegen mutmaßlicher CIA-Entführung suspendiert" (03. Dezember 2008)
Quelle: http://derstandard.at/?url=/?id=1227287711746


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Quote[...] Dmitrij Muratow ist Chefredakteur der Nowaja Gaseta in Moskau, bei der die Reporterin Anna Politkowskaja bis zu ihrer Ermordung arbeitete.

[...] Die Figuren, die sie beschatteten, bevor sie sie am 7. Oktober 2006 um 16.01 Uhr in ihrem Hausflur in der Lesnaja-Straße in Moskau ermordeten, wussten alles über sie. Sie wussten, dass ihre Mutter im Krankenhaus lag und vor einigen Tagen ihr Vater begraben wurde, der auf dem Weg ins Krankenhaus zu seiner Frau einen Herzinfarkt erlitten hatte. Sie wussten, dass sie mit ihrem billigen Auto zwischen der Mutter, der schwangeren Tochter Wera und der Redaktion hin und her raste. Nichts hielt sie auf.

Präsident Wladimir Putin sagte nach dem Mord einen entsetzlichen Satz: "Ihr Tod hat dem Land mehr geschadet als ihre Arbeit". Er hat auf seltsame Art recht. Anna versuchte, in einem grausamen Land den Humanismus zu schützen. Humanismus schadet den Diktatoren. Humanismus lehrt, den Staat als Instrument zu begreifen. Diktatoren wollen das Gegenteil. Die Menschen sind das Instrument, der Staat ist der Sinn, das Ziel.

Entsprechend dieser Vorstellung wurde auch der Prozess wegen des Mordes an Anna eröffnet. Im größten Land der Welt fand sich kein Raum, der mehr als zehn Menschen Platz bot. Der Richter schloss die Öffentlichkeit aus und behandelte die 20 Geschworenen nicht als Bürger, sondern als Instrument in einer politischen Farce. Er erklärte, dass er mit dem Ausschluss der Bitte der Geschworenen entsprochen habe. Diese erklärten empört, das sie Derartiges nie verlangt haben. Diese Geschworenen sind nämlich keine Instrumente, keine Marionetten, sondern Bürger. Anna Politkowskaja hatte recht - es gibt in Russland stolze, verantwortungsvolle Menschen, die der geistigen Korruption Widerstand leisten.

Inzwischen wird der Prozess wieder öffentlich geführt. Der Richter hat keinen Selbstmord begangen, sondern seinen Betrug zugegeben und leitet das Verfahren weiter. Auch die Geschworenen sind geblieben, die einen Tag lang gezeigt haben, was persönliche Würde ist. In diesem Prozess wird nicht nur über die Täter verhandelt (zumal der Mörder sich irgendwo im Ausland versteckt hält und der Auftraggeber immer noch unbekannt ist). Es wird Annas Prozess über die Sicherheitsdienste, über die Geheimpolizei und ihre Agenten, die - vom Staat geschützt - zu allem fähig sind.

Was Anna Politkowskaja nach ihrem Tod allein in den vergangenen Tagen für die Gründung einer freien Gesellschaft und für einen Rechtsstaat geleistet hat, hat in Russland niemand geschafft. Sie musste es allein tun, wieder einmal.

Übersetzung: Irina Djomina

Quote

03.12.2008 08:24:04
klaus lerche: sie lebt nicht mehr...

aber der gedanke und ihr wirken lebt weiter und das ist auch gut so....
wo sind die journalisten, weltweit,die fragen aufwerfen, nachfragen und sich nicht mit dem täglichen bla bla abgeben?
selbst hier, in diesem land der demokratie, stellt sich oft genug der staat über seine bürger und beugt das recht.....
wir schauen mit ensetzen nach russland, in die dritte welt, nach china und verurteilen die einschränkung der menschenrechte, aber wie gehen selbst damit um?



Aus: "Prozess um Politkowskaja-Mord - Die Instrumente wehren sich"
Der Prozess um den Mord an Anna Politkowskaja zeigt: Es gibt in Russland stolze Menschen, die dem Staat entgegentreten. Eine Außenansicht von Dmitrij Muratow (03.12.2008)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/politik/381/450104/text/


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#18
Quote[...] Die Beamten machten Notwehr geltend, doch Augenzeugen erklärten griechischen Medien zufolge, die Polizei habe mit voller Absicht auf die Jugendlichen geschossen. Die beiden in den Vorfall verwickelten Beamten wurden festgenommen und des Mordes beziehungsweise der Beihilfe zum Mord beschuldigt. Staatspräsident Karolos Papoulias schickte ein Beileidstelegramm an die Eltern des getöteten Jungen, die Polizeigewerkschaft entschuldigte sich bei ihnen.

Allein bis Sonntagabend wurden nach Polizeiangaben 37 Beamte verletzt. 22 Personen kamen in Polizeigewahrsam oder wurden festgenommen. Innenminister Prokopis Pavlopoulos und sein Stellvertreter boten ihren Rücktritt an, Ministerpräsident Karamanlis lehnte dies jedoch ab.

Das letzte Mal wurde in Griechenland 1985 ein Jugendlicher von der Polizei erschossen. Danach gab es wochenlange Unruhen.



Aus: "Griechenland: Kein Ende der Straßenschlachten" (08.12.08)
Quelle: http://www.focus.de/panorama/welt/griechenland-kein-ende-der-strassenschlachten-_aid_354422.html

-.-

Quote[...] Eine Zahl macht zudem deutlich, warum der Protest massenhaft von Jugendlichen getragen wird: Laut Eurostat nimmt Griechenland im EU-Durchschnitt den ersten Platz bei der Arbeitslosigkeit der Jugendlichen unter 25 Jahren ein. ,,Der Tod des Schülers war nur ein Anlass. Er hat die Zündschnur für die große Explosion gelegt. Hinter der Explosion verbirgt sich eine komprimierte Verzweiflung. Viele junge Menschen leben mit der unerträglichen Erfahrung, dass es keine Zukunft gibt", kommentierte die Psychologieprofessorin Fotini Tsalikoglou.


Quote
[...] Kommentator sagt:
@crusher / @heinrich der gute DANKE für die Stellungnahme! Entspricht genau meinen Gedanken.
Die Polizei hier in GR ist wie überall auf der Welt zunächst einmal da, um den Staat zu schützen, und wurden ausgebildet, in allem, was auf 2 Beinen herumläuft und keine Uniform trägt, zunächst einmal den potentiellen Täter zu sehen. Der "Freund und Helfer" der den Buben erschossen hat, stammt aus einer millitärischen Spezialeinheit und ging hernach zur Polizei, wo er unter dem Namen "Rambo" rangierte.
GR wurde durch 4 Jahre konsevervativer Regierung quasi in den Ruin getrieben; die Herren Regierenden haben in der Zeit ihr Privatvermögen durch Korruption, deren Ausmaße kaum mehr zu ertragen sind, fleißig vermehrt; und konnten sich dabei auf den Segen der Kirche verlassen. Für das Volk blieb dabei keine Zeit mehr, - jetzt sind wir soweit, daß den armen Banken Milliardenzuschüsse gegeben werden müssen; - wer gibt denn den Bedürftigen irgendwelche Zuschüsse in diesen Höhen?
Hier in GR demonstrieren nicht die Anarchos oder/und die Autonomen, - die Benachteiligten machen auf sich aufmerksam.
Der Mord an dem Buben hat nur den letzten Anstoß gegeben, heute sind auch angesehene Geschäftsleute, RAnwälte, etc, Hausfrauen und Schüler auf den Straßen, um ihren Unmut gegen die REgierung zum Ausdruck zu bringen.
Es wird ein Fächenbrand werden - - - es lodert doch schon seit Jahren - auch wenn es keine Regierung wahr haben will...............


Quote08.12.2008
20:41 Uhr
    schweizer sagt:
    gewalt ist auf beiden seiten keine lösung. wer die mai kravalle in berlin beobachtet, muss sagen hut ab vor den polizisten. einmal stehen sie unter enormen stress und/oder führen befehle aus zu denen sie möglicherweise eine andere meinung haben.
    aber ehrlich, wer möchte dass gereide der eigene sohn erschossen wird oder welche frau möchten ihren polizistenmann im krankenhaus besuchen demokratie ja aber mit klaren spielregeln auf beiden seiten. wir können davon ausgehen, dass dieser grund für kravalle vorgeschoben ist und sich vielmehr die allgemeine unzufriedenheit über politik, wirtschaft, eu und was weiss ich alles, entlädt.


Quote08.12.2008
20:25 Uhr
    heinz sagt:
    [...] Es wird sich alles rechtsstaatlich auflösen. Eine handlungsbereite Polizei in einer Großstadt wie Athen ist unerläßlich


Quote08.12.2008
20:04 Uhr
    alexis sorbas sagt:
    Diese linken Verbrecher werden natürlich von unserer linken Presse verteidigt.
    Keiner dieser leute wird vom Gericht bestraft. Dieses Land geht langsam aber sicher einer
    Kommunistischen Diktatur entgegen.


Quote08.12.2008
19:56 Uhr
    Dizzy sagt:
    "Ein aelterer Athener Buerger sagte heute in einem Interview

    Schuld an den terrorartigen Gewaltausschreitungen ist mangelnde, oft fehlende Erziehung und Moral der in der Regel jugendlichen Taeter, dies betrifft nicht nur Griechenland sondern ganz Europa, wie Recht hat er doch.
    Jede Gesellschaft hat die Jugend, die es verdient, wie mit der Regierung.

    Diese Linken / Autonomen wollen gleich mal ihren Frust und Zukunftsangst mangels zu geringer Bildung loswerden, was fuer eine Gelegenheit."

    Richtig, und wer ist verantwortlich für die Bildung? Der Staat.

    P.S. Sie wären bestimmt ein guter Nazi gewesen.


Quote08.12.2008
19:51 Uhr
    Columbin sagt:
    Soweit ich weiß, hat ein Mob Steine und Brandsätze auf Polizeibeamte geworfen, daraufhin hat ein Polizist Warnschüsse abgefeuert, wovon ein Querschläger den 15-Jährigen getötet hat. Damit so etwas auf keinen Fall wieder passiert, werden nun wieder Steine und Brandsätze auf Polizisten geworfen. Sehr überzeugend.


Quote08.12.2008
19:53 Uhr
    Frank sagt:
    @Columbin

    Der Jugendliche wurde fontal von vorne in den Oberkörber geschossen. Das kann kein Querschläger gewesen sein. Das war Mord!


Quote08.12.2008
19:52 Uhr
    Captain_Jack sagt:
    Was ist denn hier los ?
    Ich bin über jede Streife froh, die ich sehe.
    Haben denn diese sogenannten Autonomen keinen 1Euro Job da oben bei euch in Berlin ?


Quote08.12.2008
19:51 Uhr
    g66 sagt:
    Man muss endlich Militär gegen die randalierenden Faschisten einsetzen.


Quote08.12.2008
19:51 Uhr
    Peter Pan sagt:
    Der 15 Jährige getötete Grieche hat mit Steine geschmissen. (Hat er das wirklich?) Ist das ein Grund um einen jungen Menschen (fast noch ein Kind!) zu töten? Was kommt als nächstes? Einen Polizisten den Vogel zeigen. Kommt dann die sofortige Hinrichtung mit Genickschuss? Ja wo leben wir den? Sind wir wieder in der Nazi-Zeit angekommen?


Quote08.12.2008
19:49 Uhr
    ! sagt:
    In Deutschland wird es erst losgehen, wenn die Finanzkrise
    (und die nächsten 2 im nächsten Jahr, nämlich die Kreditkarten-Krise und die Studentenkredit-Krise in den USA, die reinhauen werden wie eine Bombe)
    die Realwirtschaft erreicht hat, und die Leute fast gleichzeitig ihr Erspartes UND ihre Arbeit verlieren werden. Vorher ist der Michel, im Schnitt über 45, zu faul und ängstlich.
    Und ein Kind ist es schon gar nicht wert, dafür vom Sessel aufzustehen.
    Das ist NOCH die traurige Realität.

    Ich finde es beachtlich, wie die Politik die kommenden Krisen verheimlicht, sind sie doch in Finanzkreisen alltäglich besprochene Realität.


Quote08.12.2008
19:48 Uhr
    Bescheidwisser sagt:
    An alle, die hier über die "Terrorpolizei" in Deutschland herziehen und glauben, die Bullen laufen à la Miami Vice ballern durch die Straßen, dem sei mal folgende Statistik empfohlen:
    www.schusswaffeneinsatz.de/Schusswaffeneinsatz/Statistiken_files/Statistiken. pdf

    Demnach wurden z.B. in Deutschland 2006 90 Schüsse von Polizisten auf Personen abgegeben (inkl. Warnschüsse).

    Ich glaube, dass wir alle dankbar sein sollten, dass es Leute gibt, die den Polizeidienst jeden Tag machen und uns vor Verbrechern schützen.

    Die Situation in Griechenland (wie bei ähnlichen Situationen auch) wird immer nur aus Sicht des Getöteten dargestellt: 15-jähriger (Assoziation: kleiner unschuldiger Junge) wird von Polizisten kaltblütig erschossen. Die Situation des Polizisten wird nie beachtet: sitzt nachts in einem Auto und wird von einer Gruppe von 30 Jugendlichen angegriffen. Da wär mir mein Leben auch näher als das des anderen. Wer meint, er müsse ein Streifenwagen angreifen, oder auch Molotows und Pflastersteine werfen, und dann ins Gras beist, für den hab ich kein Mitleid.

    Ich muss sagen, ich hatte noch nie Angst davor, von einem Polizisten erschossen zu werden. Muss wohl daran liegen, dass ich nachts nicht durch die Stadt geistere, weil ich nichts besseres zu tun habe und dann immer damit rechnen muss bei meinen mehr oder weniger legalen Aktivitäten erwischt zu werden...

[...]


Quote08.12.2008
19:43 Uhr
    Globalisierung? sagt:
    Mir war nach Bad Kleinen klar, dass dieser Staat kein Rechtsstaat mehr ist. Seitdem ist mir meine Feststellung zigmal bestätigt worden. Ob nun Polizisten einen Rentner von aussen durch die Tür im Hotelzimmer erschiessen, ob nun ein Familienvater nach einem Polzeieinsatz tot oder zum Krüppel geschlagen worden ist oder ob Polizisten einen gefesselten Betrunkenen in der Zelle verbressen (lassen. Die Liste dieser Fälle liesse sich fortsetzen. Und die Polizisten waren alle unschuldig und sind freigesprochen worden. Wenn man als unschuldiger Bürger solchen Polizisten in die Hände fällt, dann hat man keine Chance mehr in diesem Rechtsstaat. Überleben ist alles! Wer dann nur einen umgedrehten Fuss in Hamurg hat, der hat dann noch grosses Glück gehabt.

    Und was nun Griechenland betrifft: Der Tod des Jungen war typisch für die europäische Polizei. Er war Anlass aber nicht Ursache der Gewalt. Das nächste Land ist wieder Frankreich oder England. Gerade in England hat man Erfahrung mit dem Ermorden von Unschuldigen durch - waren es nicht cht Schüsse in den Kopf? In Deutschland würde es allerdings nicht so harmlos ablaufen, wie Heiligendamm gezeigt hat.


Quote08.12.2008
19:26 Uhr
    Das Auge sagt:
    Es wird endliche Zeit, dass diese linken Terroristen mit aller Härte bekämpft werden!


Quote08.12.2008
19:24 Uhr
    Polizist a.d. sagt:
    komisch, ich hatte noch nie Probleme mit der Polizei. Ok, ich gehöre auch weder zu den Linken, der Npd, den Atomkraftspinner, Globalisierungsgegner etc. Verdammt ist mein Leben langweilig...


Quote08.12.2008
19:17 Uhr
    Pathos sagt:
    Da gebe ich Dir vollkommen Recht, Weltbürger!
    Man sollte sich mit der politischen und vielleicht auch mal mit der Geschichte Griechenlands seit der Militärdiktatur auskennen, bevor man so oberflächlich und unüberlegt über die jetzigen Ausschreitungen einen Kommentar ablässt, so wie einige User es hier getan haben. Der Tod des Jungen ist in der Tat nur der entscheidende Funke gewesen damit das Pulverfass ENDLICH hochgeht. Sicherlich ist Zerstörung als Antwort auf Regierung sehr primitiv, aber Worte als Protest allein wurden bislang nicht beachtet. In den letzten Jahren gab es reichlich Gründe für mich, damit ich mich für meine Heimat schäme... Das kann man natürlich den Leuten die nicht einmal wissen wo Griechenland liegt nicht erklären.


Quote08.12.2008
19:09 Uhr
    Gegen_linke_Zecken sagt:
    Die Polizeieinheiten sollten gegen diese linke Gammlermischpoke mit brutalster Gewalt vorgehen, mal so richtig windelweich prügeln, den dann kommen sie auch nicht mehr aus ihren Dreckslöchern vorgekrochen und zerstören mutwillig Eigentum anderer. Innenminister Schäuble täte gut daran die Bundeswehr hinzuzuziehen und Streubomben und Explosivgeschosse einzusetzen.


Quote08.12.2008
18:48 Uhr
    Weltbürger sagt:
    Anstatt dauernd die andere Laender zu verspotten, sollte man lieber tief überlegen,
    warum es in Griechenland so weit gekommen ist. Tod eines 15-Jaehrigen war sicher nicht der einzige Grund. Solange die Menschen dieser Welt keinen inneren
    Frieden finden, werden diese Unruhen heute in Griechenland morgen sonst irgendwo auf der Welt stattfinden. Und bestimmte Kreisen werden trotzdem
    weiterhin versuchen, Grieche gegen Türke, Deutsche gegen Österreicher, Iraker
    gegen Iraner etc. zu hetzen, um sie von den tatsaechlichen Problemen abzulenken.


Quote08.12.2008
18:41 Uhr
    jaja sagt:
    Deshalb versuchen ja alle Parlamentarier den Lissabonner Vertrag (vorher EU-Vertrag) so schnell wie möglich durzuboxen, weil dann bei Protesten auch Sicherheitskräfte der anderen EU-Staaten mitmischen dürfen.
    Dann ist es sowieso vorbei mit Rechten, oder wollt ihr euch gegen französische und englische Polizisten wehren?


Quote08.12.2008
18:32 Uhr
    Illyssia sagt:
    Oh bitte! Die sogenannten "Demonstranten" in Griechenland haben Steine und wer weiß was auf die Polizisten geworfen. Die haben mit einem großen Mob die Beamten angegriffen!
    Wenn es sich hier nicht um Polizisten, sondern um normale Zivilisten gehandelt hätte, dann sähe die Sache vermutlich ganz anders aus und man würde von Notwehr sprechen. Aber sobald da jemand in Uniform gegen Gewalttäter sein Leben verteidigt, schreit die Welt auf!

    Und von einer deutschen "Terrorpolizei" kann wohl auch kaum die Rede sein. Wohl eher von einer vorsätzlich falschen Berichterstattung durch die Medien. Hört auf mit eurem gefählichen Halbwissen um euch zu werfen und denkt nach, bevor ihr was sagt.


Quote08.12.2008
18:31 Uhr
    Linksradikale Plebs ! sagt:
    Wer mit dem Feuer spielt........selber schuld kann ich nur sagen


Quote08.12.2008
18:28 Uhr
    Gegen Links sagt:
    Europa fest im Griff ausländischer und linker Straßenbanden. Da ist es kein Wunder, dass die Polizei nur noch mit Samthandschuhen vorgehen darf, wenn jedes selbstprovozierte Opfer weitere Gewaltorgien dieses Mobs zur Folge hat.


Quote08.12.2008
18:24 Uhr
    Karl Michels sagt:
    Endlich zeigen Menschen mal, dass es ihnen nicht egal ist wie die Polizei agiert. Würde mich wundern, wenn das schnell zu Ende geht. Der Mörder von Genua wurde schließlich auch freigesprochen und natürlich die obersten der Polizei. Würde mich wundern, wenn hier anders verfahren wird.






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Quote[...]  Laut Medienberichten traf ein Warnschuss den jungen Mann. Der Polizist saß demnach mit einem Kollegen in einem Streifenwagen, der von einer Gruppe Autonomer mit Steinen und anderen Gegenständen angegriffen wurde.

Ein 37 Jahre alter Polizist, der den tödlichen Schuss abgegeben haben soll, bekräftigte, er habe lediglich drei Warnschüsse abgefeuert. Einer davon habe den Jugendlichen als Querschläger getroffen. Zuvor habe eine Gruppe Autonomer seinen Streifenwagen, in dem er zusammen mit einem Kollegen gesessen habe, mit Steinen und anderen Wurfgeschoßen angegriffen. Die beiden Beamten hätten versucht, die Randalierer festzunehmen, hieß es.

Nach Darstellung von Augenzeugen soll es jedoch nur zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen den Autonomen und der Besatzung des Polizeiwagens gekommen sein. Anschließend habe der Polizist direkt in die Richtung des Burschen geschossen. "Es war kaltblütiger Mord", meinte ein Augenzeuge im Radio.


Aus: "Griechenland/Protest/Polizei: 15-Jähriger starb in Athen durch Polizeikugel" (Sonntag, 07.12.2008)
Quelle: http://www.apa.at/cms/site/news_item.html?channel=CH0071&doc=CMS1228649250187

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Quote[...] Im Vorfall um den getöteten Jugendlichen, welcher laut den Medien der Sohn eines bekannten Athener Schmuckhändlers gewesen sein soll gibt es unterschiedliche Versionen, welche durch verschiedene Presseorgane verbreitet wurden und deren Verschiedenheit anders nicht sein könnte. Nach Polizeiangaben hatte der getötete Jugendliche mit etwa dreißig anderen Autonomen in Exarchia einen Polizeiwagen mit Steinen beworfen. Ein Polizist sei aus dem Auto ausgestiegen, um die Jugendlichen aufzuhalten, und habe den 15-Jährigen mit drei Kugeln tödlich in der Brust getroffen. Der 37 Jahre alter Polizist, der den tödlichen Schuss abgegeben haben soll, bekräftigte, er habe lediglich drei Warnschüsse abgefeuert. Einer davon habe den Jugendlichen als Querschläger getroffen. Zuvor habe eine Gruppe Autonomer seinen Streifenwagen, in dem er zusammen mit einem Kollegen gesessen habe, mit Steinen und anderen Wurfgeschossen angegriffen. Die beiden Beamten hätten versucht, die Randalierer festzunehmen, hieß es. Nach Darstellung von Augenzeugen soll es jedoch nur zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen den Autonomen und der Besatzung des Polizeiwagens gekommen sein. Anschließend habe der Polizist direkt in die Richtung des Jungen geschossen. ,,Es war kaltblütiger Mord", meinte ein Augenzeuge gestern Abend im Radio. Andere Zeugenaussagen gibt es auch, die sagten, einer der Polizisten hätte eine Blendgranate gezündet, der andere Polizist daraufhin die tödlichen Schüsse abgegeben.

Auch die Politik beschäftigte der Vorfall noch gestern Nacht, der Innenminister Prokopis Pavlopoulos drückte sein tiefes Bedauern über den Tod des Jugendlichen aus und machte umgehend ein Rücktrittsangebot. Dies lehnte der Regierungschef Karamanlis ab, sprach aber ebenso der Familie des getöteten sein Beileid aus. Pavlopoulos beauftragte umgehend drei Staatsanwälte mit der Untersuchung der tödlichen Schüsse. Die linke Oppositionspartei Pasok verurteilte den Tod des Jungen und sah die Schuldigen bei den Verantwortlichen in Politik und Polizei. In einer Mitteilung versprach der Innenminister, die Verantwortlichen für den Tod des Jugendlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Griechischen Medienberichten zufolge wurden die beiden an dem Vorfall beteiligten Polizisten zunächst festgenommen und dann zusammen mit dem Chef der Wache in Exarchia vom Dienst suspendiert. Prokopis Pavlopoulos wies jedoch vorschnelle Schuldzuweisungen zurück und erklärte: ,,Wir warten auf die gerichtsmedizinischen Ergebnisse." Die Verantwortlichen würden zur Rechenschaft gezogen hieß es.

Während die Justiz ermittelt, gibt es weiteren Proteste auf der Straße, Medien sprechen schon nicht mehr nur von Jugendkrawallen. Auch im nordgriechischen Thessaloniki wurden fünf Banken beschädigt, ein Polizeirevier angegriffen und eine Straße blockiert. 2000 Demonstranten versammelten sich in der Innenstadt von Thessaloniki und zogen zum Sitz des Regionalministeriums. In Patras wurde ein Polizeirevier mit Brandsätzen angegriffen, es gab Ausschreitungen. In Komotini und Ioannina, ebenso wie auf der Mittelmeerinsel Kreta kam es zu Krawallen. In Heraklion entstand an drei Bankfilialen Schaden durch Brandsätze. Polizisten versuchten die Lage unter Kontrolle zu bringen, Tränengas wurde eingesetzt. Es sei die schlimmste Bürgerunruhe in Griechenland seit 25 Jahren schreibt die Presse. In Athen wurde in der Nacht ein Gebäude der polytechnischen Hochschule besetzt, die Fassadenfenster des Rathauses zerstört und auch andere Universitätsgebäude der Hauptstadt wurden okkupiert. Etwa 2000 Menschen gingen in die Polytechnische Fachhochschule, wo der Kampf gegen die Diktatur in den 60er angefangen hatte. Eine entscheidende Schwächung erfuhr dort damals die Junta am 17. November 1973 durch den Aufstand der Studenten, der unter Einsatz von Panzern brutal zusammengeschossen wurde und das Regime innerlich und äußerlich diskreditierte. Die Sicherheitskräfte sperrten das Stadtzentrum von Athen ab und gingen gegen die Protestierenden vor. Autonome und andere Gruppen haben für Sonntagnachmittag weitere Proteste angekündigt, mehrere Aktionen sollen im Laufe der nächsten Tage im Ausland vor den griechischen Botschaften stattfinden.




Aus: "Griechenland kommt nicht zu Ruhe" Von Ludwig Börne (07.12.2008)
Quelle: http://de.indymedia.org/2008/12/234985.shtml

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Quote[...] Zuletzt war im Jahre 1985 ein Jugendlicher bei Zusammenstößen mit den Sicherheitskräften getötet worden - und zwar im selben Viertel, in dem sich der jüngste Vorfall abspielte. Michalis Kaltezas war dadurch zum Märtyrer der linken Szene in Griechenland geworden. Exarchia gilt seit dem Ende der Obristenherrschaft (1967 bis 1974) unter dem damaligen Junta-Führer Papadopoulos als ein Zentrum der Linksextremen und "Autonomen" in Athen.

Der Tod des Jugendlichen hat, von der Hauptstadt Athen ausgehend, zu Aufruhr in fast allen großen Städten des Landes geführt: Thessaloniki, Patras, sogar Ioanina im Epirus, das eher abgelegen ist, war betroffen. Selbst in Kerkyra, auf der Ferieninsel Korfu, sowie in Heraklion, der Hauptstadt Kretas, kam es nach Bekanntwerden der Nachricht von den Zusammenstößen und dem gewaltsamen Tod des jungen Mannes zu Unruhen, die teilweise mit Brandstiftungen, Zerstörungen und Plünderungen von Geschäften verbunden waren. Dass Demonstrationen in Griechenland häufig einen ziemlich ungeordneten Verlauf annehmen, ist nicht neu. Trotzdem führt die Intensität der Reaktion auf das vermutete oder tatsächliche Fehlverhalten von Polizisten zu der Frage, ob hinter den Unruhen nicht mehr steckt.

...


Aus: "Unzufriedenheit mit der Regierung: Griechischer Aufruhr" Von Wolfgang Günter Lerch (08. Dezember 2008)
Quelle: http://www.faz.net/s/Rub7FC5BF30C45B402F96E964EF8CE790E1/Doc~E6935130912764D28841EC9AAAAA73233~ATpl~Ecommon~Scontent.html

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Quote[...] Harry Ladis: Wir wissen von Augenzeugen, dass es zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen einer Gruppe von Jugendlichen, die dort wie üblich auf der Straße rumhingen, und zwei Polizisten eines Streifenwagens kam. Ein absolut nichtiges Ereignis also. Die Situation habe sich beruhigt, aber fünf Minuten später sollen die beiden Polizisten zu Fuß zurückgekommen sein, gedeckt von einer Sondereinheit, die im Hintergrund blieb. Wieder sei es zu einem verbalen Gefecht gekommen, und dann habe einer der Polizisten drei Schüsse direkt auf den Jungen abgegeben. Er war auf der Stelle tot.

Dem gingen keine Gewalttätigkeiten voraus?

So wie die Augenzeugen übereinstimmend berichten - nichts.

Die Polizei sagt, sie habe Warnschüsse abgegeben und ein Querschläger habe den Jungen getroffen.

Ja, der festgenommene Polizist behauptet, zur Abschreckung zweimal in die Luft und einmal auf den Bürgersteig geschossen zu haben. Das ist nicht nur völlig absurd, sondern wird weder von einem Augenzeugen bestätigt noch von einem Amateurvideo, das von dem Abend existiert.

Was für ein Viertel ist Exarchia?

In den Achtzigern war das eine Hochburg der Anarchisten. Nachdem Teile des Viertels in den Neunzigern yuppisiert wurden, war es zwischendurch etwas ruhiger geworden. In den letzten Jahren wurde Exarchia wieder zu einem Treffpunkt für Anarchisten, Linksradikale usw. Dabei kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen, weil Polizeiminister Vyron Polydoras die Polizei dazu ermunterte, die Szenetreffpunkte zu räumen.

Wer ist jetzt auf der Straße?

Was jetzt passiert, ist wirklich etwas Einmaliges. Es waren zwar die anarchistischen Gruppen, die zuerst auf der Straße waren - zwei Stunden nach dem Mord brannte es in zehn Städten . Aber dann haben sich viele Studenten und Schüler den Protesten und auch den Krawallen angeschlossen. Und als Banken und Autofirmen brannten, haben normale Bürger, die von ihrem Balkon zugesehen haben, geklatscht.

Woher kommt diese Wut?

Es gibt großen sozialen Unfrieden: wegen der Krise, der Arbeitslosigkeit und der vielen Skandale dieser Regierung. Hinzu kommt, gerade in Athen und Thessaloniki, der Ärger über das repressive Auftreten der Polizei.

Wer ist militanter - griechische Polizisten oder griechische Anarchisten?

Das kann man so nicht so sagen. Jedenfalls hat sich die Polizei in den letzten Tagen zurückgehalten, weil selbst konservative Fernsehsender sich weniger mit den Krawallen als mit dem Tod des Jungen beschäftigt haben. Das war ein Schock für ganz Griechenland.

Wäre es jetzt nicht angebracht, dass die Anarchisten auf ihre Gewaltrituale verzichten, um ihre Anliegen besser zu vermitteln?

Es gibt diese Rituale. Diese Krawalle aber waren etwas anderes, sie waren spontan und originell. Und viele Bürger sagen: Das geht nicht, dass ein 15-jähriger Junge erschossen wird, weil er einen Polizisten beleidigt hat.

Wie geht es weiter?

Heute haben die Schüler gestreikt, am Dienstag ist die Beerdigung, und für Mittwoch war schon vorher ein Generalstreik geplant. Ich glaube, wir stehen kurz vor dem Umsturz dieser Regierung.



Aus: "Linker griechischer Anwalt Ladis: "Die Regierung steht vorm Umsturz""
INTERVIEW: DENIZ YÜCEL (09.12.2008)
Quelle: http://www.taz.de/1/politik/europa/artikel/1/die-regierung-steht-vorm-umsturz/

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Quote[...] Wenn es stimmt, dass die Schäden der Krawalle – wie es heißt – 100 Millionen Euro ausmachen, dann ist das nicht nur eine gehörige Menge Geld, sondern es sollten auch die Hintergründe klar analysiert werden. Diese allerdings sind vielschichtig und nicht ganz widerspruchsfrei. 

Da ist erstens die Polizei: Sie ist in Griechenland chronisch schlecht ausgebildet und gilt als ausgesprochen ruppig. Deshalb hat die Athener Politik, um sich Ärger vom Hals zu halten, einen gewissen Kompromiss geschlossen und die Ordnungskräfte seit längerem dazu aufgerufen, sich strikt zurückhalten.

Das allerdings war kontraproduktiv. Denn es gibt – und damit kommen wir zum zweiten Punkt - einige Straßenzüge in der Athener Innenstadt, in denen sich seit Jahren Autonome und Anarchisten eingenistet haben und die mehr oder weniger als gesetzesfrei gelten. In diese Gegend, die gewisse Parallelen mit der Hamburger Hafenstraße in früheren Zeiten aufweist, trauen sich Polizisten seit Jahren nicht mehr hinein. "Wenn wir die Autonomen nicht stören", so heißt es aus der Politik ,"so lassen diese auch den Rest der Stadt in Frieden." Ein fauler Kompromiss, wie sich jetzt zeigt, der nicht nur Hunderten von Besitzern jetzt ausgebrannter Läden in Athen und Thessaloniki einen Teil ihrer Existenz gekostet hat, sondern auch die Autorität des Rechtsstaates aushöhlt.

Soweit ist die Angelegenheit noch recht einfach. Doch es kommt als Drittes noch etwas hinzu. Seit längerem nämlich hat sich bei zahlreichen griechischen Jugendlichen Frust angestaut, weil man trotz guter Qualifikation oft nur Aushilfs- und Übergangsjobs finden kann. Entsprechend spricht man bereits von der 700-Euro-Generation.

Frust gibt es aber auch über das Gebaren des Establishments. Denn in den Augen der jungen Menschen sind die beiden großen Parteien Nea Dimokratia und PASOK kaum noch von einander zu unterscheiden und gelten zudem als die Anwälte einer Gesellschaft, deren wichtigster Wert das Geld ist - und da möchte man nicht mitmachen. Ein Situation, die auch bei uns nicht unbekannt ist.

Gerade der letzte Punkt ist der schwierigste. Denn mit einer Weiter-so-Mentalität, die viele Politiker der Konservativen und Sozialdemokraten in Griechenland, aber auch anderswo pflegen, dürfte dem Frustpotential nicht beizukommen sein. Die Politik muss zwar Gesetzesbrecher und Gewalttäter deutlich in ihre Schranken weisen. Sie sollte aber auch erkennen, dass aus Frust ein Sympathiepotential für Gewalttäter erwächst, welches größer werden kann. Mit einer kruden Mischung aus Wirtschaftsliberalismus, schönen Worten und Aufrufen zum Sparen, während man sich selbst gut nährt, ist dem nicht beizukommen. Im Gegenteil!


Aus: "Kommentar zu Krawallen in Griechenland - Quittung für falsche Politik" (08.12.2008)
Von Ulrich Pick, ARD-Hörfunkstudio Istanbul
Quelle: http://www.tagesschau.de/kommentar/griechenland136.html

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Quote[...] Heute.de: Was steckt hinter der Gewalt in Griechenland - wirklich nur der Tod eines 15-jährigen Demonstranten oder möglicherweise viel mehr?

Johannes M. Becker: Der tödliche Schuss ist sicherlich der Auslöser, der Tropfen, der das berühmte Fass zum Überlaufen brachte. Dahinter steht jedoch die katastrophale Lage der Jugend in Griechenland. Im vergangenen Jahr hatte das Land, mit offiziell 26 Prozent die höchste Jugendarbeitslosigkeit in der EU; der reale Wert dürfte weitaus höher liegen. Es breitet sich, gerade unter der herrschenden konservativen Regierung, seit geraumer Zeit eine "no future"-Stimmung in der Jugend aus.


Heute.de: Nach italienischen Medienberichten hat die Finanzkrise die sozialen Spannungen in Griechenland verstärkt. Ist das weltweite Finanzdebakel vielleicht der eigentliche Grund für die gewalttätigen Proteste?


Becker: Auch hier: Als Katalysator für die virulente Gewalt dient die sich ausbreitende Angst vor den Folgen des Finanzdebakel sicher. Zu mehr jedoch nicht. Mindestens ebenso wichtig dürfte die lange Kette von Skandalen der Athener Regierung sein.

Quote
Skandalserie in Griechenland

Seit dem Wahlsieg der konservativen Regierung von Kostas Karamanlis im September 2007 hat eine Serie von Polit-Skandalen die griechische Öffentlichkeit erschüttert. Im Oktober dieses Jahres musste Regierungssprecher Theodoros Rousopoulos wegen eines umstrittenen Immobiliengeschäfts seinen Hut nehmen. Rousopoulos' Name war im Zusammenhang mit einem zweifelhaften Immobilientausch der Regierung mit einem orthodoxen Kloster aufgetaucht. Mönche hatten dabei unwirtschaftliches Land gegen wertvollen Staatsbesitz getauscht.

Im Dezember 2007 musste Sozialminister Wassilis Magginas zurücktreten, weil er ein aus Indien stammendes Ehepaar in seinem Ferienhaus beschäftigte, ohne sie zu versichern. Im September warf Schifffahrtsminister Giorgos Vougarakis das Handtuch. Dem 49-Jährigen war vorgeworfen worden, zusammen mit seiner Frau im Ausland Immobilienfirmen eingerichtet zu haben, um die Zahlung von Grundsteuern in Griechenland zu umgehen. (Quelle: dpa, afp)


Heute.de: 1985 kam zum ersten Mal ein minderjähriger Demonstrant durch Polizeikugeln ums Leben. Ist die griechische Polizei besonders "schießwütig" oder handelt es sich bei den Vorfällen um vereinzelte Vergehen?

Becker: Nein, das kann ich Griechenland-weit nicht feststellen. Wir kennen auch aus Deutschland sehr unterschiedliche Qualitäten von Polizeieinsätzen, beispielsweise in Hamburg oder einzelnen Stadtteilen von Berlin. Nur ist folgendes zu beachten: Im Stadtviertel Exarchia formierte sich bereits zu Zeiten der Obristendiktatur Widerstand und eine breitgefächerte Widerstands-Kultur. Und in Exarchia wurde bereits 1985 ein Jugendlicher von den Sicherheitskräften getötet.

Heute.de: Die konservative Regierung von Kostas Karamanlis versucht, die Lage zu beruhigen. Wird sie die Krise politisch überleben?

Becker: Schwer zu beurteilen. Die Ankündigung vorgezogener Wahlen könnte der Bewegung die Spitze nehmen. Derzeit haben die oppositionallen SozialistInnen gute Chancen, diese zu gewinnen. Ohne strukturelle Verbesserungen der Lage der Jugend dürfte sich jedoch bald wieder Widerstand regen.



Aus: ""Katastrophale Lage der Jugend"" (08.12.2008)
Das Interview führte Mark Kalbus
Quelle: http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/10/0,3672,7488778,00.html

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Quote[...] Die Kugel aus der Dienstwaffe eines Polizisten, die vor eineinhalb Wochen einen 15jährigen griechischen Schüler tötete, war ein Querschläger. Das ist das Ergebnis des seit Tagen erwarteten ballistischen Gutachtens.

An dem Geschoss, so meldete das griechische Fernsehen, seien Rückstände von Außenverputz oder Zement gefunden worden, die von einer Ablenkung des Geschosses zeugen. Dieser Befund führt laut Staatsanwaltschaft zu der Erkenntnis, dass der Täter nicht, wie er bekräftigte, Warnschüsse in die Luft, sondern Schüsse in die Richtung des Schülers abgegeben hätte. Somit wird der angeklagte Polizist durch die Expertise belastet und nicht entlastet, wie es sein Rechtsanwalt vor einigen Tagen erklärt hatte.

Eine offizielle Erklärung seitens der Staatsanwaltshaft zum Gutachten gibt es nicht. Die griechische Justiz wird jetzt entscheiden, wann es zum Prozess gegen den 37jährigen Polizisten kommt, der derzeit in Untersuchungshaft sitzt.

Unterdessen halten die Proteste gegen Polizeigewalt und Willkür in Griechenland an: Rund 50 Demonstranten haben auf der Akropolis ein Transparent mit dem Wort "Widerstand" in Englisch, Spanisch und Deutsch aufgehängt. Mit einem zweiten Transparent riefen sie zu einem europäischen Soldidaritätstag auf. Er ist für diesen Donnerstag geplant, an dem für Athen bereits neue Proteste von Schülern, Studenten und Lehrern angekündigt sind. Die Transparente sind von zahlreichen Athener Stadtteilen aus erkennbar.

...


Aus: "Nach Tod eines Schülers in Griechenland - Ballistisches Gutachten belastet Polizisten" Von Ulrich Pick, ARD-Hörfunkstudio Istanbul (17.12.2008)
Quelle: http://www.tagesschau.de/ausland/griechenland186.html


Textaris(txt*bot)

#19
Quote[...] Im Februar 2005, einen Monat nach dem Feuertod des Asylbewerbers Oury Jalloh in Polizeigewahrsam, treffen sich in Halle rund 20 Führungskräfte der Polizei zu einer Lagebesprechung. Polizeioberrat Reinhard S. sagt dabei: "Schwarze brennen eben mal länger." Niemand stört sich daran, außer einem Kollegen, der den Vorfall meldet. Der Mann wird anschließend wochenlang gemobbt, bis er entnervt seine Versetzung beantragt. Die Ermittlungen gegen S. werden eingestellt - er kommt mit einem Verweis davon.

Im Oktober 2005 schreibt der Brandenburger Vizechef des Bundes deutscher Kriminalbeamter, Peter Lehrieder, im Fachblatt "Der Kriminalist": Sinti und Roma seien die "Made im Speck der Wohlfahrtsgesellschaft"; sie nähmen ihre "Legitimation für Diebstahl, Betrug und Sozialschmarotzerei aus dem Umstand der Verfolgung im Dritten Reich". Der Generalstaatsanwalt winkt ab: Es bestehe kein Tatbestand der Volksverhetzung. Gerichte schließen sich dem an.

Im April 2007 weigert sich ein Deutscher nigerianischer Herkunft in Freiburg, seine Personalien anzugeben. Ein Polizist hetzt daraufhin seinen Hund auf den Mann, der schwört, die Worte "Friss den Neger!" gehört zu haben. Er kommt mit zwölf Bisswunden ins Krankenhaus. Der Fall sorgt einige Tage für Aufregung. Dann hört man nie wieder davon.

Im Februar 2008 nimmt die Hagener Polizei den Türken Adem Özdamar mit auf die Wache. Keine Stunde später ist er tot. Es gibt etliche Hinweise auf Gewaltanwendung, aber was geschah, wird man nie erfahren. Die beteiligten Polizisten schweigen, die Staatsanwaltschaft stellt ihre Ermittlungen nach wenigen Wochen ein.

Vier Fälle. Alles Ausnahmen. Vor allem deshalb, weil sie bekannt wurden. Das ist nicht normal. "Normal ist, dass Opfer von Polizeigewalt für sich behalten, was ihnen geschah - aus Angst, drangsaliert, abgeschoben oder ihrerseits angezeigt zu werden", sagt Biplab Basu. "So kommt es nämlich fast immer, das ist das klassische Muster."

Biplab Basu arbeitet in der Berliner Opferberatungsstelle "Reach Out". Seit 25 Jahren kümmert er sich um Menschen, die von Polizisten als "Dachpappe", "Brikett" oder "Nigger" verhöhnt werden, die man grundlos abführt, deren Wohnungen ohne Beschluss gestürmt werden oder denen noch Schlimmeres widerfährt. Immerhin 70 Mal, sagt Basu, habe er in den vergangenen vier Jahren Menschen zur Anzeige bewegen können. Zahl der Verurteilungen: keine. Auch das gehört zum klassischen Muster.

Polizisten, die zu Tätern werden: Das ist ein einziges großes Dunkelfeld, auf das nur gelegentlich - bei spektakulären Einzelfällen - ein matter Lichtstrahl fällt. Seit Jahren klagen Organisationen wie Amnesty International, dass Fälle von Polizeiübergriffen in Deutschland nirgendwo erfasst werden, mithin kein Mensch weiß, wie groß das Problem eigentlich ist. Der UN-Ausschuss zur Beseitigung von Rassendiskriminierung äußerte sich wiederholt "besorgt" über rassistische Polizeigewalt in Deutschland. Eine Kommission des Europarats wunderte sich jüngst wieder darüber, dass hierzulande überproportional viele Beschwerden über Polizeigewalt von Ausländern stammen.

Was tut die Regierung? Sie leugnet das Problem. Mitte des Jahres beschied sie der Linksfraktion, die Polizei sei ausreichend gegen rassistische Tendenzen gefeit. Im übrigen stehe jedem "der Rechtsweg zu den Gerichten offen".

Genau das aber halten Praktiker wie Basu für das Problem: In der Regel folge auf jede Anzeige gegen Polizisten sofort eine Gegenanzeige. Und seltsamerweise ist es meist diese, die von den Staatsanwaltschaften vorrangig behandelt wird. Statistiken aus Berlin und Hamburg zeigen: Die wenigen Polizisten, die überhaupt angeklagt werden, müssen im Schnitt in 0,5 Prozent aller Fälle mit einer Verurteilung rechnen. Für das Anti-Diskriminierungsbüro in Berlin ist deshalb klar: "Schläger in Uniform haben so gut wie nichts zu befürchten."

Weil das so sei, habe sich in etlichen Revieren längst ein "pervertierter Corpsgeist" breit gemacht, sagt ein Ex-Polizist aus Hamburg, der selbst jahrelang Zeuge der "Herren-Untermenschen-Diktion" seiner Kollegen wurde. Regelverletzungen von Uniformierten gebe es "jeden Tag in jeder Großstadt mehrfach". Wer sich dagegen auflehne, sei "automatisch ein Kameradenschwein". Der eigentliche Skandal aber sei, dass die Justiz, manchmal auch die Politik, diese Verstöße noch decke. Treffliches Beispiel: Der Fall eines Schwarzafrikaners, der auf einer Hamburger Wache vor Jahren von Freunden und Helfern brutal misshandelt wurde. Es kam zu einem Prozess, in dem die Prügel-Polizisten sogar verurteilt worden. Die legten Widerspruch ein, aber noch vor Abschluss des Falles wurde der Afrikaner abgeschoben - danach erfolgten die Freisprüche.

Steckt dahinter System? Unsinn, sagt Konrad Freiberg, Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Natürlich gebe es auch in seiner Truppe schwarze Schafe, sagte Freiberg der FR, die aber müssten "mit allen Konsequenzen rechnen". Das sei für ihn eine "Herzensangelegenheit", beteuert Freiberg. "Wenn es Zweifel gibt, werden wir immer dafür sorgen, dass sie restlos ausgeräumt werden."

Dass Polizisten gegen Polizisten ermitteln, sei aber eben ein "grundsätzliches Dilemma", heißt es bei Amnesty, wo gerade an einem neuen Report über maßlose Polizeigewalt gearbeitet wird. Sie höre "immer wieder Berichte über ausländerfeindliche Beschimpfungen durch Polizisten", sagt AI-Referentin Katharina Spieß. Sie zu überprüfen, sei kaum möglich. Amnesty und andere Initiativen fordern daher schon lange eine unabhängige Kommission, ausgestattet mit der Befugnis, angezeigte Fälle von Polizeigewalt zu untersuchen. In vielen europäischen Ländern - darunter Großbritannien, Irland, Österreich, Schweden und Ungarn - gibt es das bereits. In Deutschland nicht. Hier glaubt die Regierung, eine solche Kommission brächte "keinen Mehrwert".

Lediglich Hamburg bildete vorübergehend eine Ausnahme. Nachdem dort Mitte der 90er Jahre Polizisten aufgeflogen waren, die sich einen Spaß daraus machten, Festgenommene mit Scheinhinrichtungen zu terrorisieren, reagierte der Senat und berief ein unabhängiges Gremium. 2001 musste es seine Arbeit wieder einstellen, der Innensenator wollte es so. Dessen Name: Ronald Schill - bekannt als "Richter Gnadenlos".


Aus: "Dunkelfeld: Wenn Polizisten zu Tätern werden" VON JÖRG SCHINDLER (07.12.2008)
Quelle: http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/1642027_Wenn-Polizisten-zu-Taetern-werden.html

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Quote[...] Bekannt wurden Telefonprotokolle von Gesprächen der Beamten am Unglückstag auf dem Revier, etwa das Telefonat mit dem einbestellten Arzt Dr. B., der die Blutprobe bei Jalloh entnehmen sollte. "Pikste mal 'nen Schwarzafrikaner", wird der Arzt von einem Polizisten gefragt. "Ach du Scheiße", antwortet der. "Da finde ich immer keine Vene bei den Dunkelhäutigen." Lachen. Mitgeschnitten wurde auch ein Dialog am 7. Januar 2005, nachdem sich der Alarm in der Zelle Nummer fünf herumgesprochen hatte: "Hat er sich aufgehangen, oder was?"- "Nee, da brennt's." - "Wieso?" - "Weiß ich nicht. Die sind da runtergekommen, da war alles schwarzer Qualm." - "Ja. Ich hätte fast gesagt, gut. Alles klar, schönes Wochenende, ciao, ciao."

Diese Worte seien alle nicht so gemeint gewesen, wie sie klingen, sagte Sch. vor Gericht. Er und M. bestritten von Anfang an jede Mitschuld am Tod Jallohs. "Ich bedaure zutiefst, was am 7.1.2005 geschah", sagte Sch. "und dass es mir nicht vergönnt war, das Leben des Herrn Jalloh zu retten".

[...] Das Gericht verhandelte in dieser Woche geheim mit den Prozessbeteiligten, offenbar um eine Einstellung des Verfahrens ohne Urteil bei einer Entschädigungszahlung an die Familie des Opfers durchzusetzen. Dies würde eine Revision unmöglich machen. Aber die Familie in Guinea wollte kein Geld. Sondern "bei allem Respekt vor dem Gericht: ein Urteil", sagt Oury Jallohs Vater.


Aus: "Verbrannt in Zelle Nummer fünf" Von Renate Oschlies (Archiv » 2008 » 06. Dezember » Seite 3)
http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2008/1206/seite3/0002/index.html

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Quote[...] Im Januar 2005 soll sich ein junger Afrikaner in einer Zelle selbst angezündet haben. Jüngste Aussagen eines Polizeibeamten lassen daran erhebliche Zweifel zu.

...



Aus: "Kehrtwende im Oury-Jalloh-Prozess: Zweifel am übersehenen Feuerzeug" VON CHRISTIAN JAKOB (04.05.2011)
Quelle: http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/zweifel-am-uebersehenen-feuerzeug/

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Prozess um Oury Jallohs Tod - Polizist soll 11.000 Euro zahlen (13.12.2012)
MAGDEBURG afp | Im Prozess um den Feuertod des Asylsuchenden Oury Jalloh ist der angeklagte Polizist zu einer Geldstrafe von 10.800 Euro verurteilt worden. Das Landgericht Magdeburg sprach den Angeklagten am Donnerstag der fahrlässigen Tötung schuldig.
https://taz.de/Prozess-um-Oury-Jallohs-Tod/!107381/

Quote13.12.2012 16:08 Uhr
von Michael:

Dieses Urteil ist ein Skandal!
Jeder Bürger, der an einem verunfallten brennenden Fahrzeug einfach vorbeifährt, muss wegen unterlassener Hilfeleistung mit wesentlich empfindlicherer Bestrafung rechnen.
Und hier nun ein Gefangener in der Obhut der Polizei, gefangen in einem Gebäude, das so hellhörig ist, dass zahlreiche Polizisten die Hilfeschreie eines Verbrennenden gehört haben müssten.
In der Nebenniere des Toten wurden keine Stresshormone nachgewiesen. Das ist nur möglich, wenn er während der Verbrennung ohne Bewusstsein war.
Wenn er aber bewusstlos war, hätte er in medizinische Behandlung und keinesfalls alleingelassen gehört.
Und das alles in einem Haus voller Polizisten, die von alledem nichts mitbekommen haben wollen?
Wer kann das glauben?
Eher glaubt man an eine verschworene Gemeinschaft, deren Amtseid schon ziemlich lange her ist.

Quote13.12.2012 15:55 Uhr
von vic:
7 Jahre hat es jetzt gedauert, dem Polizeibeamten beizubingen, dass man auch Afrikaner nicht einfach so verbrennen lässt. Viel zu gering, die Strafe.


Quote13.12.2012 15:21 Uhr
von reorient:

Soll das etwa ein Rabatt-Preis sein? Da zahlt hierzulande u.U. ja sogar ein Arzt, der ein paar Zaehne faelschlicherweise gezogen hat, mehr an Entschaedigung.


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"Oury Jalloh Der rätselhafte Tod in Zelle fünf" Antonie Rietzschel (7. Januar 2015)
Beamte decken sich gegenseitig, Beweise verschwinden, dafür tauchen neue auf. Vor zehn Jahren starb der Asylbewerber Oury Jalloh in Polizeigewahrsam. Die Fehler um seinen Tod sind gut dokumentiert.
http://www.sueddeutsche.de/panorama/oury-jalloh-der-raetselhafte-tod-in-zelle-fuenf-1.2291715

Textaris(txt*bot)

#20
Quote[...] Oury Jalloh (* 2. Juni 1968 [1]; † 7. Januar 2005 in Dessau) war ein Asylbewerber aus Sierra Leone, der während eines Brandes in einer Zelle des Polizeireviers Dessau in Sachsen-Anhalt ums Leben kam. Der Tathergang ist bisher nicht aufgeklärt, der aktuelle Stand der Ermittlungen ist, dass Jalloh die laut Herstellerangaben schwer entflammbare Matratze seiner Zelle trotz Fesselung selbst angezündet haben soll.

[...] Polizeiliche Darstellung - Laut Polizeiangaben wurde Jalloh, der alkoholisiert war sowie unter dem Einfluss von Kokain stand, im Rahmen einer Personenkontrolle in Gewahrsam genommen, nachdem er mehrere Frauen belästigt hatte. Die Frauen hatten die Polizei gerufen, weil Jalloh betrunken hinter ihnen hergetorkelt sei. Gegen die Festnahme habe er Widerstand geleistet. Der Gefesselte verbrachte zweieinhalb Stunden in einer Zelle unter Kontrolle der Beamten. Die letzte Überprüfung der gefliesten Zelle sei etwa zehn Minuten vor Ausbruch des Feuers erfolgt.

Danach sei es dem gefesselten Jalloh gelungen, aus seiner Tasche ein Feuerzeug zu fischen und seine Kleidung zu entzünden. Nachdem die Matratze in Flammen aufgegegangen war, verstarb der Gefangene an einem Hitzeschock. Über eine Sprechanlage konnte der Dienstgruppenleiter im ersten Stock die Zelle im Kellergeschoss abhören. Wegen eines Telefonats stellte der Beamte die Anlage zwischenzeitlich leise. Später hörten er und eine Kollegin ,,plätschernde Geräusche", während gleichzeitig der Rauchmelder Alarm auslöste. Der Dienstgruppenleiter schaltete den Feueralarm vollständig ab, weil die Rauchmelder schon mehrfach falsch angeschlagen hätten. Als später der Lüftungsschalter anschlug und das ,,Plätschern" lauter wurde, machte er sich auf den Weg zur Zelle. Wegen der Rauchentwicklung gelang es nicht, den an den Zellenboden gefesselten Gefangenen zu retten.


[...] Staatsanwaltschaftliche Ermittlungen -  Einen Monat nach dem Vorfall wurde der Tod von Jalloh in der Öffentlichkeit bekannt. Am 6. Mai 2005 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen zwei Polizeibeamte wegen fahrlässiger Tötung, da der Tod des Asylbewerbers bei zügigerem Eingreifen vermeidbar gewesen wäre. Die für die Untersuchung des Inhaftierten zuständigen Polizisten sagten zunächst aus, die Taschen Jallohs gründlich durchsucht zu haben und lediglich Taschentücher gefunden zu haben. Der schon mehrfach wegen Drogendelikten aufgefallene Jalloh habe sich mehrfach zur Wehr gesetzt und dabei mit dem Kopf gegen die Wand geschlagen. Mit 2,98 Promille Alkohol, Cannabis und Kokain im Blut sei er zunehmend aggressiv geworden.

Gegen den Dienststellenleiter läuft als Hauptangeklagten seit dem 6. Mai 2005 ein Verfahren wegen Körperverletzung mit Todesfolge, weil dieser den Feueralarm mehrfach abgeschaltet habe, obwohl durch die Sprechanlage Schreie von Jalloh zu vernehmen gewesen seien. Laut innenpolitischem Sprecher der PDS-Landtagsfraktion von Sachsen-Anhalt, Matthias Gärtner sei die Brandmeldeanlage nach den Angaben einer Polizistin, die sich zum Tatzeitpunkt im Zimmer des Dienstgruppenleiters befunden habe, am 14. September 2004 repariert worden und seitdem fehlerfrei gelaufen. Die Polizistin widerrief diese Aussage jedoch später.

Feuerwehrleute bezeugten, die Leiche in ausgestrecktem Zustand gefunden zu haben. Erst danach erwähnte die Polizeidirektion Dessau dem Innenausschuss des Landtages gegenüber, dass der Gefangene an Händen und Füßen in der Schlichtzelle fixiert worden sei. Die polizeilichen Vorschriften erlauben eine solche Fixierung nur bei möglicher Selbstgefährdung des Inhaftierten. Die gängige Fixierung durch erzwungene Zwangslage der Flüchtlinge in Schlichtzellen stufte der Anti-Folter-Ausschuss des Europarates (CPT) schon am 6. Juli 2001 und im Frühjahr 2003 als Folter ein. [2] Im Prozess sagte der behandelnde Bereitschaftsarzt aus, dass er empfohlen habe, Jalloh zu fixieren, da dieser jede Gelegenheit genutzt habe, mit dem Kopf zu stoßen und sich zu verletzen [3].

Die Obduktion ergab, dass der Gefangene in der auf über 350 Grad Celsius erhitzten Zelle an einem Hitzeschock gestorben war. In der Zelle fand das Landeskriminalamt Magdeburg später ein wenig versehrtes Feuerzeug, welches auf einer ersten Tatort-Asservatenliste gefehlt hatte[4]. Mit der Begründung mangelnder Indizien für die vorsätzliche Tat eines Dritten geht die Staatsanwaltschaft Dessau davon aus, dass der Afrikaner die Matratze selbst angezündet habe. Laut dem Innenministerium von Sachsen-Anhalt hatte die Matratze einen nach Herstellerangaben schwer entflammbaren Bezug aus Kunstleder, ,,jedoch könne eine Beschädigung des Überzuges nicht ausgeschlossen" werden. Eine solche Beschädigung kann laut Staatsanwalt Folker Bittmann die Matratze leichter entflammbar machen. Die Putzfrau des Reviers erinnerte sich an keine Vorschäden am Kunstleder und die Brandgutachten gehen nicht davon aus, Jallohs brennende Kleidung hätten die Matte entflammen können.

Die von der Rechtsanwältin der Nebenklage beantragte Röntgenuntersuchung lehnte die Staatsanwaltschaft ab. Nach Rücksprache mit dem Rechtsmedizinischen Institut bestand kein Anlass für weitere Untersuchungen. Die Vernehmungsprotokolle verzeichnen jedoch ,,Handgreiflichkeiten" zwischen Polizei und Gefangenem und die Mitteldeutsche Zeitung berichtete über gebrochene Handgelenke. Unklar ist auch nach Aussagen der Anwältin die Herkunft des Feuerzeugs. Die Asservatenliste vom 10. Januar führt das Utensil nicht auf, sondern erst die Liste vom 11. Januar. Mehrere Initiativen finanzierten eine zweite Obduktion, so dass die für den 29. März geplante Freigabe des Leichnams ausgesetzt wurde.

Der gerichtsmedizinische Befund aus Frankfurt am Main ergab bei dieser zweiten Obduktion[4] einen Bruch des Nasenbeins, zerstörte Trommelfelle und Einbrüche an den Siebbeinplatten der Nase. Zum Zeitpunkt dieser Obduktion war jedoch aufgrund der Brandschäden sowie möglicherweise nachträglichen Artefakte durch die erste Untersuchung keine Aussage zum genauen Todeszeitpunkt oder einer eventuellen Schädigung innerer Organe mehr möglich.

Nach Veröffentlichung der Ergebnisse in den Medien behaupteten Innenministerium und Generalstaatsanwaltschaft, die Unterlagen nicht zu kennen. Die Naumburger Behörde wies am 6. Juni 2005 auch ausdrücklich darauf hin, es sei ,,ungesetzlich, wesentliche Teile der Anklageschrift oder anderer amtlicher Schriftstücke eines Strafverfahrens ihrem Wortlaut nach zu veröffentlichen, bevor sie in der Gerichtsverhandlung erörtert worden sind oder das Verfahren abgeschlossen ist". Im Oktober 2005 verwies das Landgericht Dessau das Verfahren zurück an die zuständige Staatsanwaltschaft mit der Forderung nach weiteren Ermittlungen. Die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg (Saale) hatte am 6. Juni 2005 das Landgericht zur weiteren Entscheidung angerufen.

Eine Polizistin, welche bislang als wichtige Zeugin aufgetreten war, zog inzwischen ohne weitere Begründung ihre eigene Aussage zurück. Schon im Oktober 2002 verstarb in Dessau unter demselben Dienstgruppenleiter ein Gefangener im Polizeigewahrsam. Laut Polizeibericht erlag der Häftling inneren Verletzungen, welche er schon vor der Festnahme erlitten hatte. Die Umstände blieben zum größten Teil ungeklärt. Der Dienstgruppenleiter wurde nach dem zweiten Todesfall zunächst nach Wittenberg versetzt und dann vom Dienst suspendiert. Auch die beiden anderen Angeklagten wurden vorläufig in andere Dienststellen versetzt.

Prozess - Am 27. März 2007 begann vor dem Landgericht Dessau der Prozess um den Tod von Jalloh. Der zuständige Dienstgruppenleiter muss sich wegen Körperverletzung mit Todesfolge verantworten, der mitangeklagte Kollege wegen fahrlässiger Tötung. [5][6] Der Vorsitzende Richter hatte ursprünglich den Prozess auf sechs Prozesstage terminiert, inzwischen sind 50 Prozesstage festgelegt.

Nach der Darstellung der Staatsanwaltschaft soll es Jalloh trotz der Fesseln gelungen sein, ein Feuerzeug aus seiner Hose zu holen, ein Loch in die kunstlederne Matratze zu bohren und den darin befindlichen Schaumstoff zu entzünden. Gleichwohl trügen der durchsuchende Polizeibeamte und der Dienstgruppenleiter Mitschuld am Tod des Asylbewerbers. Der durchsuchende Beamte habe bei der Durchsuchung Jallohs dessen Feuerzeug übersehen. Der Dienstgruppenleiter soll den mehrfach ausgelösten Feueralarm minutenlang ignoriert haben. Bei einer sofortigen Reaktion, so die Anklageschrift, ,,hätte er Ouri Jalloh das Leben retten können".

Seitens der Nebenkläger, Jallohs Eltern und deren Anwälte, wird dieser Darstellung widersprochen und als ,,reine Hypothese" bezeichnet: Es seien auch ,,gänzlich andere Geschehensabläufe denkbar". Er hoffe, das Gericht werde die ,,Kette von Unwahrscheinlichkeiten" genau beleuchten.

Am 8. Dezember 2008 wurden die Angeklagten freigesprochen. Das Gericht hätte "trotz intensivster Bemühungen" den Fall nicht aufklären können, so der vorsitzende Richter. Die Verkündung führte zu einem Tumult unter anwesenden Afrikanern.

Falschaussagen behindern den Prozess - Am 24. Mai stellt der Vorsitzende Richter fest, dass seitens der beteiligten Polizisten vier unterschiedliche Aussagen gemacht worden seien und mindestens einer der Polizisten lügen müsse. Er werde bis August 2007 verhandeln, notfalls aber auch so lange, bis dies geklärt sei. Bei der Aussage gehe es um den Ablauf der Ereignisse, der erkennen lasse, wer sich wann wo aufgehalten habe. Die Aussage sei deshalb so wichtig, weil nur so geklärt werden könne, ob die Beamten Jalloh rechtzeitig geholfen hätten.

Nebenklage wirft Angeklagtem rassistische Einstellung vor - Nach Berichten des Spiegel wurde von Seiten der Nebenklage der Vorwurf erhoben, dass der angeklagte Dienstgruppenleiter sich gegenüber Jalloh rassistisch verhalten habe. Als Beleg wurde ein Telefonmitschnitt zwischen dem Dienstgruppenleiter S. und einem Mediziner vorgelesen. Dort fragte der Angeklagte den Arzt: ,,Piekste mal 'nen Schwarzafrikaner?". Auf die Antwort des Arztes ,,Ach du Scheiße, da find' ich nie 'ne Vene" fordert der Beamte laut Protokoll des Mitschnitts den Arzt auf, eine ,,Spezialkanüle" zu verwenden. Der Verteidiger des Angeklagten, Attila Teuchtler, bestritt hingegen eine fremdenfeindliche Einstellung des Angeklagten: ,,Das ist völlig weltfremd. Herr S. ist weder Rassist noch ausländerfeindlich."

[...] Reaktion der NPD - Unter der Überschrift ,,Ein Afrikaner zündet sich an und schuld ist mal wieder die Polizei", erschien am 2. April 2005 auf einer NPD-Webseite ein Artikel über den verbrannten Asylbewerber. Oury Jalloh wurde von der NPD als ,,Missetäter" bezeichnet, ,,beköstigt und alimentiert vom deutschen Volk, dazu freie medizinische Versorgung und allerlei sonstige soziale Vergünstigungen". Der Tod des Asylbewerbers wurde wie folgt beschrieben: ,,Kein Mensch konnte damit rechnen, dass der Herr Asylant mittels des am Körper versteckten Feuerzeuges binnen weniger Minuten die Matratze auf 350 Grad Celsius erhitzt. Und das sind schließlich Temperaturen, die selbst für einen an Hitze gewohnten Westafrikaner eindeutig zu viel sind." Der für die Veröffentlichung des Artikels verantwortliche Jens B., Mitglied des NPD-Kreisverbandes Magdeburg, wurde wegen ebendieser Äußerungen am 18. Mai 2006 wegen Volksverhetzung in Tateinheit mit übler Nachrede vom Amtsgerichts in Oschersleben zu einer Geldstrafe verurteilt. [14]


[...] Quellen

   1. ↑ a b Wie starb Oury Jalloh?. In: Der Tagesspiegel vom 30. Juli 2007
   2. ↑ Report der CPT 2006 (PDF)
   3. ↑ Neurologe entlastet angeklagte Polizisten. In: Spiegel Online vom 8. Mai 2007
   4. ↑ a b c Che's Warlog, 7. Januar 2008: Ist Sachsen-Anhalt ein Schurkenstaat?
   5. ↑ Prozeß wegen fahrlässiger Tötung. In: Junge Welt vom 24. März 2007
   6. ↑ a b Verbrannt in einer Zelle. Prozess gegen Polizisten. In: Frankfurter Rundschau vom 27. März 2007
   7. ↑ [1]
   8. ↑ Richter wirft Polizist Falschaussage vor. In: MDR Nachrichten vom 24. Mai 2007
   9. ↑ "Piekste mal 'nen Schwarzafrikaner?". In: Spiegel Online vom 27. März 2007
  10. ↑ Pressemitteilung: Zwischenberichte der internationalen ,,Prozessbeobachter_innen"
  11. ↑ Pressekonferenz der internationalen ,,Prozessbeobachter_innen" vom 19. März 2007
  12. ↑ Bundesanwalt ermittelt gegen ,,Militante Gruppe". In: Volksstimme vom 29. Dezember 2006
  13. ↑ Feuertod ruft linke Radikale auf den Plan. In: Mitteldeutsche Zeitung vom 28. Dezember 2006
  14. ↑ Hetze nach Feuertod in der Polizeizelle. In: Berliner Zeitung vom 19. Mai 2006 (siehe: Press Release: NPD on Trial in Oury Jalloh's Case. The Voice Refugee Forum)



Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Oury_Jalloh (8. Dezember 2008)


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Quote[...] Im Lauf der Jahre verschwanden zudem auf mysteriöse Art Beweismittel. Dafür tauchten andere auf, wie das Feuerzeug, mit dem sich Jalloh selbst angezündet haben soll und das der Mitangeklagte Hans-Ulrich M. angeblich bei der Leibesvisitation des Asylbewerbers übersah. Man fand es erst bei der zweiten Durchsuchung der ausgebrannten Zelle. Mit wachsendem Groll führte Richter Steinhoff diesen Prozess, zwischendurch drohte er, er werde verhandeln, "bis einer umfällt". Aber es fiel niemand um.

Heute nun soll das Ende kommen. Wie immer es aussehen mag, Fragen werden bleiben. Eines aber habe der Prozess offenbart, sagt Rolf Gössner, der Vize-Präsident der Internationalen Liga für Menschenrechte: "ein makabres Stück bundesdeutschen Polizeialltags".


Aus: "Prozess gegen Polizisten: Der mysteriöse Tod des Oury" VON JÖRG SCHINDLER (07.12.2008)
Quelle: http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/1642028_Der-mysterioese-Tod-des-Oury-Jalloh.html


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Quote[...] Der Prozess um den Feuertod von Oury Jalloh hat 21 Monate gedauert. Mit jedem Verhandlungstag durfte man mehr an der Gesetzestreue von Menschen zweifeln, die einen Eid auf Recht und Gesetz geschworen haben.

Polizisten haben Richtern ins Gesicht gelogen, Vorgesetzte Druck ausgeübt, Ordnungshüter die Ordnung verhöhnt. Was sich Freunde und Helfer in Dessau geleistet haben, war wenig freundlich und hat niemandem geholfen. Außer vielleicht dem Korpsgeist beziehungsweise dem, was auch die freigesprochenen Polizisten dafür halten. Gewachsen sind die Zweifel, dass vor Gesetzeshütern wirklich alle gleich sind.

Wenn Dessau etwas lehrt, dann das: In Deutschland muss ein Gremium geschaffen werden, das Vorwürfe gegen (rassistische) Polizisten unabhängig überprüft. So was gibt es schon in etlichen Ländern Europas. Die Bundesregierung jedoch sieht keinen Handlungsbedarf.

Wer die Kompetenzen der Polizei Stück für Stück erweitert, sollte schon ein Eigeninteresse daran haben zu beweisen, dass Dessau vielleicht wirklich nur ein besonders drastischer Einzelfall war.


Aus: "Kommentar: Schatten auf der Polizei" JÖRG SCHINDLER (08.12.2008)
Quelle: http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/meinung/kommentare/1642605_Schatten-auf-der-Polizei.html

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Quote[...] Nach der Verkündung des Urteils brach im Gerichtssaal ein Tumult aus. Wütende Zuhörer stürmten auf den Vorsitzenden Richter Manfred Steinhoff zu und beschimpften ihn als Lügner. Die Polizei griff ein und ging gegen empörte Zuschauer vor und führte mindestens einen aus dem Saal.

"Das ist ein Mörderhaus, ihr seid ein Haufen Lügner", ruft aufgebracht ein Afrikaner dem Dessauer Gericht zu. Ein anderer bricht mit den Worten "Ich kann nicht mehr" im voll besetzten Gerichtssaal zusammen.

[...] In der Urteilsbegründung nach rund einstündiger Unterbrechung sagte der Richter, das Gesamtgeschehen habe nicht ausreichend erhellt werden können. Zeugenaussagen seien teils widersprüchlich gewesen.

[...] Oury Jalloh starb im Januar 2005 bei einem Brand in der Zelle. Todesursache war laut Gutachtern ein Hitzeschock. Der 23-jährige Mann soll das Feuer selbst mit einem Feuerzeug angezündet haben, obwohl er gefesselt war. Der Fall sorgte im In- und Ausland für Aufsehen sowie für heftige Kritik von Menschenrechtlern. Der Prozess gegen die beiden Polizisten im Alter von heute 46 und 48 Jahren dauerte 22 Monate.

[...] Oberstaatsanwalt Christian Preissner forderte in seinem Plädoyer am Montag für den damaligen Dienstgruppenführer der Polizei eine Geldstrafe von 4800 Euro wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen.


[...] Die Nebenkläger kritisierten in ihren Plädoyers die Ermittlungsbehörden scharf. "Es wurde hier so viel vertuscht, soviel verpfuscht, dass sich der Sachverhalt nicht mehr aufklären lässt, obwohl ein Mensch zu Tode kam", sagte Rechtsanwältin Regina Götz, die die Mutter des Opfers vertritt. (dpa)


Aus: "Tod eines Asylbewerbers: Freisprüche für Polizisten" (08.12.2008)
Quelle: http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/1642367_Freisprueche-fuer-Polizisten.html

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Quote[...] Das Verfahren ging mit schweren Vorwürfen gegen die Dessauer Polizei zu Ende. "Es wurde hier so viel vertuscht und verpfuscht, dass sich der Sachverhalt letztlich nicht mehr aufklären ließ", kritisierte die Nebenklage-Vertreterin Regina Götz. Weil etliche Polizisten im Verlauf des 21-monatigen Prozesses gelogen und gemauert hätten, sei die Frage, wer die Verantwortung für Jallohs Tod trägt, nicht mehr zweifelsfrei zu beantworten.

In seinem Plädoyer ruderte Staatsanwalt Christian Preißner am Montag zurück. Da nicht mehr feststellbar sei, wie genau das Feuerzeug in die Zelle gelangte, forderte er Freispruch für M. Er sei jedoch überzeugt davon, "dass S. das Leben des Oury Jalloh hätte retten können". Der Polizist habe mehrfach Rauchalarme ignoriert und nicht den schnellsten Weg zum Opfer gewählt.

Die Nebenklage-Vertreter, die für Jallohs Mutter, Vater und Bruder am Prozess teilnahmen, sprachen davon, dass die Anklage von Anfang an auf tönernen Füßen gestanden habe. Die These der Staatsanwaltschaft, dass Jalloh sich selbst angezündet habe, sei "reine Spekulation", sagte der Anwalt Felix Isensee.

Es sei auch denkbar, dass ein oder mehrere Dritte den Asylbewerber in Brand gesteckt hätten. Das aber sei genauso wenig beweisbar wie die Version der Anklage.

In der Verhandlung waren hanebüchene Ermittlungspannen zutage getreten. So wurde bei der Untersuchung des Tatorts zunächst kein Brandsachverständiger hinzugezogen, die Obduktion des Toten verlief mangelhaft, Video- und Bildaufnahmen verschwanden. Zudem, so die Nebenklage, hätten Polizisten aktiv eine Aufklärung hintertrieben. Auch gab es offenkundig Absprachen unter Polizisten. Vor Gericht änderten viele Beamte ihre ursprünglichen Aussagen, um S. zu entlasten. Dieser Prozess, so Götz, habe auf erschreckende Weise den institutionellen Rassismus offenbart. "Ich bezweifle, dass sich der gesamte Sachverhalt so zugetragen hätte, wenn es sich bei dem Opfer um einen weißen Deutschen aus der Mittelschicht gehandelt hätte."



Aus: "Jalloh-Prozess: Tumult nach dem Freispruch" VON JÖRG SCHINDLER (08.12.2008)
Quelle: http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/1642668_Tumult-nach-dem-Freispruch.html

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Quote[...] BERND MESOVIC, 54, arbeitet als Referent bei Pro Asyl und ist seit 25 Jahren im Flüchtlingsschutz tätig.


Bernd Mesovic: [ ] Das Verfahren bestätigt, was Menschenrechtsorganisationen seit Jahren behaupten: Die Polizei hat als Organisation ein Problem mit exzessiver Gewalt - und mit ihrer Aufarbeitung. Polizeizeugen haben in dem Prozess ein Gespinst aus Lügen und Halbwahrheiten gewebt. Das war ein makabres Stück deutschen Polizeialltags, der immer noch von Korpsgeist und einer Mauer des Schweigens geprägt ist.


[...] Wenn Initiativen die Polizei auf Vorkommnisse aufmerksam machen, hören sie immer ähnliche Argumente: Danke für den Hinweis, wir kümmern uns um die schwarzen Schafe - aber ein strukturelles Problem besteht nicht. Wenn es hart auf hart kommt, werden die Reihen fest geschlossen. Und leitende Beamte und Staatsanwaltschaft stützen diesen Reflex.

Ein Beispiel, bitte.

In Berlin wurden im Jahr 2004 über 750 Strafanzeigen wegen Körperverletzung im Amt gegen Polizisten gestellt, es kam jedoch nur zu einer Hand voll Verurteilungen. Dieses Missverhältnis ist immens. Die Justiz ist offenbar zu einer ernsthaften Aufklärung nicht in der Lage. Rechtsanwälte beobachten zudem: In vielen Fällen reagiert die Polizei mit Gegenanzeigen - so dass die Anwälte ihren Klienten oft raten, von einem Verfahren abzusehen.

Was müssten Behörden tun, um Rassismus zu bekämpfen?

Die Menschenrechte müssten etwa in der Ausbildung breit thematisiert werden, außerdem müsste die Führung den Korpsgeist bekämpfen. Natürlich sollen sich Polizisten im Einsatz aufeinander verlassen können. Das schließt aber nicht ein, Fehlverhalten des anderen zu decken. Die Polizei muss also die so genannte "Cop Culture" aufbrechen, zugunsten einer offenen Organisationsstruktur. Außerdem wäre ein zivilgesellschaftlicher Einblick in Polizeigewahrsame nötig, etwa durch Experten von Nichtregierungsorganisationen. Dieses Unter-sich-Sein der Polizei in Kellergeschossen ist gefährlich.

Amnesty International fordert eine unabhängige Kommission, die in Deutschland Polizeigewalt untersuchen soll. Zu Recht?

Eine solche Kommission wäre ein Schritt nach vorne. So, wie sie in anderen europäischen Ländern bereits existiert.

Wäre die nicht heillos überfordert? Jedes Bundesland hat eine eigene Polizeibehörde.

Sie müsste in der Tat auf verschiedenen Ebenen installiert werden, der Föderalismus macht es nicht gerade einfacher. Und sie würde exemplarisch kontrollieren, nicht flächendeckend. Aber allein die Möglichkeit der Kontrolle beugt Gewalt vor.



Aus: "Pro-Asyl-Referent über Dessau-Freispruch: "Ein makabres Stück Polizeialltag"" (08.12.2008)
Quelle: http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/%5Cein-makabres-stueck-polizeialltag%5C/

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Quote[...] Am Dienstag hat sich in Dessau etwas sehr Außergwöhnliches ereignet: Der Vorsitzende Richter einer Strafkammer kapitulierte. Er erklärte einen Prozess als gescheitert. Nicht, weil es - wie es in Prozessen ja vorkommt - keine Zeugen gab, die Indizien nicht ausreichten oder Spuren verwischt waren. Manfred Steinhoff, Richter am Landgericht Dessau-Roßlau, kapitulierte, weil ausgerechnet jene Behörde, die dem Rechtsstaat dienen soll, ein rechtsstaatliches Verfahren unterminiert und am Ende eine Verurteilung der Angeklagten verhindert hat: die Polizei.

Sie ermittelte schlampig und ließ Polizeibeamte als Zeugen mehr als 20 Prozessmonate lang lügen, schweigen und vertuschen. "Das hat mit Rechtsstaat nichts mehr zu tun", lautete Steinhoffs Fazit in dem Prozess, in dem zwei Polizisten des Reviers in Dessau angeklagt waren, daran mitschuldig zu sein, dass am 7. Januar 2005 der Asylbewerber Oury Jalloh aus Sierra Leone angekettet in seiner Zelle verbrannt war.

Der auf diese Weise dem Rechtsstaat abgetrotzte Freispruch für einen Polizeihauptkommissar und einen Polizeimeister kann eigentlich nur ertragen werden, wenn nun als Folge aus dem Desaster begonnen wird, den Ursachen auf den Grund zu gehen. Zudem muss endlich dafür gesorgt werden, dass diese Erkenntnisse dann künftig nicht schon wieder vertuscht werden.

Da ist zum einen die latent ausländerfeindliche und rechtsextreme Einstellung einer ganzen Reihe von Polizeibeamten, die besonders in Sachsen-Anhalt seit längerem auffallen. Eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung belegte jüngst, dass fast 40 Prozent der Befragten in Sachsen-Anhalt fremdenfeindlichen Einstellungen zustimmen. Das dürfte auch für die Polizisten des Landes zutreffen. Solche rechtsextremen Einstellungen äußern sich in rassistischen Bemerkungen - wie zum Beispiel in den an die Öffentlichkeit gelangten Telefonprotokollen von Dessauer Revierbeamten am Unglückstag. Sie werden selbst in offiziellen Polizei-Pressemitteilungen sichtbar, die mitunter verniedlichende Formulierungen enthalten wie "N. zeigte den heute nicht mehr üblichen Hitlergruß".

Die Anwältin der Familie Jalloh fragte vor Gericht: Wäre ein weißer Betrunkener, der einige Stadtreinigungskräfte nervte, weil er ein Handy ausleihen wollte, auch sogleich festgenommen, auf's Revier gebracht und angekettet worden? Wohl nicht, ihre Antwort. Schwarze Asylbewerber beklagen immer wieder, ständig von Polizeistreifen kontrolliert zu werden, wenn sie einfach nur in der Stadt unterwegs sind.

Gegen latent rassistisches Verhalten lässt sich nur etwas ausrichten, wenn für alle Polizisten moderne Schulungen zum Rechtsextremismus verpflichtend eingeführt werden. Eine andere Ursache für das Scheitern des Dessauer Prozesses dürfte der unsägliche Korpsgeist in der Polizei sein, der in dem Verfahren deutlich wurde. Da bestellte der Revierleiter alle als Zeugen geladenen Beamten zum Gruppengespräch ein - offiziell um ihnen die Gepflogenheiten in einem Gerichtssaal zu erläutern. In Wirklichkeit wohl, um sie auf Linie zu bringen.

An Gesprächsinhalte dieser Runde konnte sich vor Gericht kein einziger Beamte mehr erinnern. Die einzige Polizistin, die ihre angeklagten Kollegen anfangs massiv belastete, wurde offenkundig so schwer unter Druck gesetzt, dass sie ihre Aussage später verwässerte. Sie musste sich danach in psychiatrische Behandlung begeben.

Auch scheinen sich viele Polizisten sicher zu sein, für ausgeübte Körperverletzungen im Dienst nicht zur Verantwortung gezogen zu werden - zu Recht, wie Studien beweisen. So gelangten etwa in Berlin im Jahr 2004 nur sieben von 766 angezeigten Fällen von Körperverletzung zur Anklage, zwei endeten mit einem Urteil. In neueren Untersuchungen aus Hamburg gab es bei tausenden Anzeigen keine einzige Anklage.

Am Tod des jungen Afrikaners Oury Jalloh im Polizeigewahrsam tragen viele Beteiligte Schuld - auch wenn dies strafrechtlich nicht justiziabel ist. Neben den angeklagten und nun freigesprochenen Beamten, die ihn auf dem Revier einsperrten, hat vor allem der Arzt falsch gehandelt, der dem erregten Mann mit drei Promille Alkohol im Blut die Gewahrsamstauglichkeit bescheinigte. Zu dieser Einschätzung gelangten auch die Rechtsmediziner vor Gericht. Wäre Jalloh nicht durch das bis heute aus ungeklärter Ursache ausgebrochene Feuer verbrannt, hätte er in dieser Stresssituation ebenso an Herzversagen sterben oder an Erbrochenem ersticken können.

Die Schuldigen für das Scheitern des Prozesses, den Richter Steinhoff anfangs in wenigen Tagen erledigt haben wollte und dann mit Ehrgeiz, ja fast schon Verbissenheit führte, stehen fest. Gegen sie muss nun die Staatsanwaltschaft vorgehen, zum Beispiel wegen Falschaussage vor Gericht - im Interesse des Rechtsstaats.

Viele Polizisten scheinen sich sicher zu sein, für ausgeübte Körperverletzungen im Dienst nicht zur Verantwortung gezogen zu werden - zu Recht, wie Studien beweisen.


Aus: "Ein Gericht kapituliert" Renate Oschlies (Archiv » 10.12.2008)
Quelle: http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2008/1210/meinung/0007/index.html


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Quote[...] Vor wenigen Tagen berichtete dann das ARD-Magazin Monitor, mehrere Sachverständige kämen zum Schluss, dass ein Tod durch Fremdeinwirkung wahrscheinlicher sei als die lange von den Ermittlungsbehörden verfolgte These einer Selbstanzündung des Mannes. Jalloh sei vermutlich bei Brandbeginn komplett handlungsunfähig oder sogar bereits tot gewesen.

Die Staatsanwaltschaft Halle teilte allerdings mit, es gebe keine neuen Erkenntnisse: Alle vorliegenden Gutachten seien aktenkundig gewesen, als die Entscheidung über die Einstellung des Verfahrens getroffen worden sei.  ...


Aus: "Staatsanwaltschaft hält Wiederaufnahme im Jalloh-Verfahren für möglich" (17. November 2017)
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2017-11/tod-oury-jalloh-wiederaufnahme-verfahren

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Quote[...] Auch der Dessauer Oberstaatsanwalt Folker Bittmann geht mittlerweile von einem begründeten Mordverdacht im Fall Oury Jalloh aus. Das ist besonders brisant, weil Bittmann seit Jahren den ungeklärten Todesfall bearbeitet und lange Zeit ein Anhänger der offiziellen Version war, wonach Oury Jalloh die Zelle selber in Brand gesetzt hat. Von daher ist die Schlagzeile von ARD-Monitor berechtigt, wo von einer "dramatischen Wende im Fall Oury Jalloh" berichtet wurde.

Eigentlich ist der Fall ein beispielloser Justizskandal. Denn schon im April 2017 hatte der Dessauer Staatsanwalt in einem Brief geschrieben, dass er nun mehr nicht mehr von einer Selbsttötung Jallohs ausgeht. Dazu gebracht haben ihn die Ergebnisse von Gutachten, die internationale Brandexperten erstellt haben.

Die wurden aber nicht etwa von den zuständigen Ermittlungsbehörden beauftragt, die ja eigentlich dazu verpflichtet wären zu ermitteln, warum Jalloh in einer Dessauer Polizeizelle verbrennen konnte. Doch für die Behörden war ja längst klar, dass nur der Getötete selber schuld sein kann.

Es war die schon erwähnte Initiative zum Gedenken an Oury Jalloh, die durch Spendensammlungen das Geld aufbrachte, um diese Gutachten erstellen zu lassen, und sie mussten dann auch dafür sorgen, dass die Ergebnisse in einer größeren Öffentlichkeit überhaupt wahrgenommen wurden.

Es waren die Freunde und Bekannten Oury Jallohs sowie seine Angehörigen, die die offizielle Version anzweifelten. Ihnen zur Seite stand ein kleiner Kreis von Unterstützern aus Deutschland. Sie wurden angefeindet, nicht nur, weil sie die kriminalisierte Parole "Oury Jalloh, das war Mord" verwendeten. Sie wurden wahrheitswidrig mit Drogenhandel in Verbindung gebracht.

Einem engen Freund von Oury Jalloh, der sich von Anfang in der Initiative zur Aufklärung seines Todes engagierte, wurde unter falschen Behauptungen die Lizenz zur Betreibung eines Internetcafés entzogen. Der Laden war in Dessau der wichtige Treffpunkt für den kleinen Kreis von Leuten geworden, die sich nicht mit der offiziellen Version zum Tod von Oury Jalloh zufriedengeben wollten.

Nun könnte man denken, am Ende wurde ja alles gut. Die Initiative hat unter widrigen Umständen ihren Kampf nicht aufgegeben und konnte sogar den leitenden Ermittler überzeugen.

Doch hier setzt sich der Justizskandal fort und selbst langjährige Kritiker der deutschen Verhältnisse müssen feststellen, dass die Realität meistens noch die pessimistischen Szenarien übertrifft. Denn der Dessauer Staatsanwalt wurde just dann von dem Fall abgezogen, als er sich davon überzeugt hatte, dass die offizielle Version der Todesumstände von Oury Jalloh nicht zu halten ist.

Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft von Halle und die sieht in den neuen Gutachten keine neuen Erkenntnisse und will den Fall endgültig zu den Akten legen. Es wäre nicht ungewöhnlich, dass unterschiedliche Staatsanwaltschaften zu unterschiedlichen Auffassungen kommen, sagte eine Sprecherin der Justiz in Halle. Diese Aussage ist an Perfidie schwerlich zu toppen. Da wird die Frage, ob ein wehrloser Mann in einer Polizeizelle verbrannt wurde, zur Frage von unterschiedlichen Wertungen.


Aus: ""Oury Jalloh, das war Mord!"" Peter Nowak (19. November 2017)
Quelle: https://www.heise.de/tp/features/Oury-Jalloh-das-war-Mord-3893511.html?seite=all

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Quote[...] Auch nach dem juristischen Schlussstrich unter den Feuertod des Asylbewerbers Oury Jalloh in einer Dessauer Polizeizelle im Januar 2005 will eine Aufklärungs-Initiative nicht aufgeben. Obwohl das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg in der vergangenen Woche einen Antrag auf Klageerzwingung im Fall Jalloh abwies, seien weitere Untersuchungen nötig, sagten Vertreter der Initiative am Montag in Berlin.

Sie verwiesen auf ein neues radiologisches Gutachten vom 18. Oktober 2019. Der Bericht eines Professors der Frankfurter Uniklinik stütze sich auf die Computertomographie-Aufnahmen von 2005. Danach habe Jalloh Knochenbrüche der Nase, des Schädels und einer Rippe noch lebend erlitten. Das würden Entzündungen in der Umgebung der Bruchstellen zeigen, teilte die Initiative mit. Diese Brüche müssten Jalloh wahrscheinlich zwischen seiner Festnahme und dem Tod wenige Stunden später zugefügt worden sein.

Die Initiative kritisierte, dass die Gerichtsentscheidung der vergangenen Woche den medizinischen Bericht nicht berücksichtigt habe, weil darin nur bereits vorhandene Daten neu interpretiert wurden. Dies sei jedoch für die Schlussfolgerungen unerheblich. Nun müsse die bereits vor Jahren zusammengestellte Kommission zur Untersuchung des Todes diese neuen Fragen eingehend untersuchen.

Laut dem Gutachten, das der Rechtsmediziner und Radiologie-Professor Boris Bodelle erstellt hat, zeigen Entzündungen, dass Jalloh zum Zeitpunkt der Verletzungen noch gelebt haben muss, die Brüche ihm also nicht etwa während der Löscharbeiten oder beim Transport in die Leichenhalle zugefügt sein können. Es sei davon auszugehen, dass die Veränderungen ,,vor dem Todeseintritt entstanden sind", heißt es in dem Gutachten, aus dem ,,taz" zitierte.

Der stark betrunkene und unter Drogen stehende Jalloh war nach einem Brand in einer Dessauer Polizeizelle am 7. Januar 2005 mit erheblichen Verbrennungen tot gefunden worden. Ob er selber die Matratze angezündet hat, auf der er gefesselt lag, ist bis heute nicht geklärt. Ein Polizist wurde 2012 verurteilt, weil er nicht dafür gesorgt hatte, dass Jalloh ausreichend beaufsichtigt wurde.

Die Initiative geht davon aus, dass Jalloh angezündet und so ermordet wurde.

Die Generalstaatsanwaltschaft hatte nach jahrelangen Untersuchungen, Prozessen und Verfahren zuletzt erklärt, es lasse sich nicht belegen, dass Polizisten oder andere Personen den auf einer Matratze gefesselten Jalloh angezündet hätten.

Der Landtag von Sachsen-Anhalt will nun die Ermittlungsakten durch zwei externe Juristen prüfen lassen. Die Grünen hatten zuletzt betont, das staatliche Handeln müsse umfassend aufgearbeitet werden. (dpa, Tsp)


Aus: "Oury Jalloh erlitt vor Feuertod schwere Verletzungen" (28.10.2019)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/neues-gutachten-zu-tod-in-dessauer-polizeizelle-oury-jalloh-erlitt-vor-feuertod-schwere-verletzungen/25164216.html

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#21
Quote[...] Der Freispruch für einen Arzt im Bremer Brechmittel-Prozess stößt in der Ärzteschaft auf großes Unbehagen: Ein Urteil nach dem Motto "Unwissenheit schützt vor Strafe" widerspreche seinem Rechtsverständnis, kritisiert der Vize-Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau. Das Landgericht Bremen hatte einen Auftragsarzt der Polizei vergangene Woche vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen. Begründung: Er sei unerfahren und überfordert gewesen. Der Mediziner hatte einem mutmaßlichen Kokainhändler Brechsirup und literweise Wasser eingeflößt, um an verschluckte Kokainkügelchen zu gelangen; dieser starb in Folge des Einsatzes.

Montgomery sagte, wenn ein Arzt die Folgen seines Handelns nicht abschätzen könne, dürfe er den Einsatz erst gar nicht beginnen. Die Mediziner müssten sich auf das beschränken, was sie können. "Ich darf auch nicht plötzlich Herzen transplantieren", meint der Radiologe, der schon vor Jahren den Einsatz von Brechmitteln verurteilte. "Gott sei Dank ist dieser Unsinn inzwischen gestoppt worden", sagte Montgomery weiter.


[...] Der Fall wirft ein erneutes Schlaglicht auf die problematische Zusammenarbeit zwischen Medizinern und Staatsgewalt. Die Ärzte-Gremien verurteilen zwar die Mithilfe etwa bei Abschiebungen, mit dem Vorgehen gegen ihre Kollegen tun sie sich aber häufig schwer.


Aus: "Freispruch im Brechmittel-Fall: "Grausam, unmenschlich"" VON WOLFGANG WAGNER (08.12.2008)
Quelle: http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/1642625_Grausam-unmenschlich.html


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Quote[...] Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) hat das Vorgehen der Polizei gegen die "Antirepressionsdemo" am Samstag verteidigt. Die Polizei habe "keine andere Wahl als die Ingewahrsamnahme gehabt". Der am Samstag vor Ort anwesende Mäurer sagte, die Beamten hätten die Demonstranten "sehr eindringlich und anhaltend aufgefordert, ihre Aktion zu beenden". Der Kessel wurde allerdings nur wenige Augenblicke, nachdem der Einsatzleiter die Versammlung für aufgelöst erklärt hatte, von der Polizei geschlossen. "Augenmaß und Besonnenheit" der Einsatzkräfte hätten "eine Eskalation verhindert", sagte Mäurer.

Auch der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Björn Tschöpe, nannte Demo-Verbot und Kessel "völlig situationsangemessen".

Gegen eine Erlaubnis der Demo habe auch gesprochen, dass diese sich solidarisch zu den drei angeklagten Berliner Antifas zeigen wollte, denen die Mitgliedschaft in der "militanten gruppe" (mg) vorgeworfen wird. Diese sollen versucht haben, Bundeswehrfahrzeuge auf einem MAN-Gelände in Brandenburg anzuzünden. Dass ähnliche Demos am Samstag in anderen Städten zugelassen wurden, spiele keine Rolle: "Wenn man sich anguckt, was mit dem Weihnachtsmarkt und dem Werder-Spiel los war, dann war es geboten, den Demozug zu verbieten", sagte Tschöpe.

Seit mindestens zehn Jahren wurde in Bremen erstmals eine linke Demo komplett untersagt, innerhalb von drei Wochen nahm die Polizei zum zweiten Mal rund 200 Menschen präventiv in Gewahrsam - zuletzt die Frankfurter Fans im Steintor. Dennoch sagte Tschöpe, "ich glaube nicht, dass es eine neue Bremer Linie" gibt. Das Demonstrationsrecht werde "mit Sicherheit auch in Zukunft gewährleistet" sein. Innenpolitiker der Grünen waren am Montag auf Anfrage nicht für eine Stellungnahme zu dem Thema zu erreichen.

...


Aus: "Mäurer: "Polizei hat besonnen reagiert"" (16.12.2008)
Quelle: http://www.taz.de/regional/nord/bremen/artikel/?dig=2008%2F12%2F16%2Fa0002&cHash=acec233910


-.-

Quote[...] Laut Presseberichten wurden bis zu 170 Demonstranten in Gewahrsam genommen. Sie waren persönlich am Ort des Geschehens. Welches Bild konnten Sie sich dort machen?

[Cornelia Barth]: Ich hatte aus dem Internet erfahren, daß weiterhin zur Demonstration am Schlachthof aufgerufen wurde. Als ich dort eintraf, fehlte dort von einem größeren Menschenauflauf jede Spur. Eine größere Ansammlung gab es erst gegen 15 Uhr vor dem Rathaus. Von den Demonstranten ging aus meiner Sicht aber keinerlei Gewalt aus. Daß die Polizei trotzdem massiv eingekesselt hat, war für mich nicht nachvollziehbar.

Der Polizeieinsatz war demnach überzogen?

[Cornelia Barth]: Der Demozug bewegte sich friedlich und ohne größere Auffälligkeiten entlang der Obernstraße in der Innenstadt. Bis auf ein paar Parolen, die gerufen wurden, verlief alles völlig ruhig. Trotzdem wurde der Zug plötzlich gestoppt und eingekesselt. Aber von den Eingekesselten ging aus meiner Sicht keine Gewalt aus. Darunter befanden sich auch Leute, die eigentlich nur friedlich einkaufen wollten.

Das Verbot der geplanten Demo gegen staatliche Repression und Sozialabbau wurde unter anderem damit begründet, daß die Besucher des Bremer Weihnachtsmarkts vor Gewalttätigkeiten zu schützen seien. Klingt das für Sie schlüssig?

[Cornelia Barth]: Ganz und gar nicht. Am Wochenende war es bundesweit in mehreren Städten zu Protesten gegen Repression gekommen. Meines Wissens wurden diese nirgendwo sonst außer in Bremen verboten. Es ist ein Unding, eine Demonstration mit der vagen Unterstellung zu untersagen, daß womöglich Ausschreitungen zu erwarten sind. Damit ließe sich praktisch jede politische Manifestation vorab verbieten. Das Versammlungsrecht wird damit jedenfalls mit Füßen getreten.

Immerhin können die Verantwortlichen jetzt im nachhinein behaupten, Recht behalten zu haben?

[Cornelia Barth]: Und genau das macht es so wichtig, die Ereignisse richtig aufzuarbeiten. Ich hatte den Eindruck, daß sich die Polizei verbal und körperlich sehr aggressiv verhalten hat. Ich selbst habe mehrmals versucht, Einsatzkräfte zu beruhigen, während dagegen auf seiten der Demonstranten niemand beruhigt werden mußte. Möglicherweise ging es ja auch darum, durch Provokationen eine Eskalation herbeizuführen und damit eine nachträgliche Rechtfertigung für das Demoverbot zu erzeugen.

Gerne wird legitimer Protest auch dadurch diskreditiert, daß man ihn in die Nähe von »Autonomen« und »Chaoten« rückt.

[Cornelia Barth]: Die verbotene Demonstration sollte sich gegen überhand nehmende staatliche Repressionen richten, im speziellen gegen den »Terrorparagraphen« 129 a, gegen Gewalt und Rassismus bei der Polizei. Eine Rolle spielten auch die Todesfälle von Oury Jalloh in einer Dessauer und von Laye Conde in einer Bremer Polizeiwache. Das alles sind Themen, die immer mehr Bürger auf die Straße treiben, und nicht etwa nur Autonome.

Wie soll das von Ihnen angekündigte parlamentarische Nachspiel aussehen?

[Cornelia Barth]: Wie genau, ist noch nicht geklärt. Auf jeden Fall wollen wir zur Sprache bringen, daß bei den Bremer Polizeieinsätzen offenbar eine neue, härtere Gangart verfolgt wird. Gegen mich wurde zum Beispiel ein mündlicher Platzverweis mit Androhung einer Festnahme ausgesprochen, nur weil ich mich nach den Umständen zweier Festnahmen außerhalb des Kessels erkundigt habe. Wir richten uns zwar im speziellen gegen die Bremer Verhältnisse, sehen solche Maßnahmen aber auch im Zusammenhang mit der bundesweiten Verschärfung des Versammlungsrechts, wie es in Bayern schon vollzogen wurde und in Baden-Württemberg durchgesetzt werden soll.


Aus: "»Keine Gewalt von seiten der Eingekesselten«"
In Bremen ging die Polizei willkürlich gegen eine friedliche Antirepressionsdemo vor. Ein Gespräch mit Cornelia Barth
Interview: Ralf Wurzbacher (16.12.2008 / Inland / Seite 2)
Quelle: http://www.jungewelt.de/2008/12-16/018.php

---

"Oury Jalloh: Gutachter stellen Urteil im Fall Jalloh infrage" (27. Oktober 2015, ZEIT ONLINE, dpa, AFP, mbr)
Anfang 2005 verbrannte ein Asylbewerber in einer Dessauer Polizeizelle – er soll sich selbst angezündet haben. Ein neues Gutachten hält das für unwahrscheinlich. ...
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-10/oury-jalloh-dessau-gutachten


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Quote[...] "Es sind keine Lehren gezogen worden aus dem Drama", sagt Bülent Ciftlik, SPD-Bürgerschaftsabgeordneter. Er erinnert daran, dass Morsals Tod kein Einzelfall ist: Wenige Wochen zuvor war in Hamburg eine türkische Frau von ihrem Lebensgefährten erschossen worden. "Wenn Gefahr besteht, muss der Staat den Mut aufbringen und ein Kind aus der Familie entfernen", fordert der SPD-Politiker. Und gegenüber jungen Männern, die sich "über die Polizei schlapp lachen", müsse staatliche Gewalt "unnachgiebig" sein.

...


Aus: ""Ehrenmord" - Wenn der Bruder zusticht" VON BERNHARD HONNIGFORT (15.12.2008)
Quelle: http://www.fr-online.de/top_news/1646209_Wenn-der-Bruder-zusticht.html


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Quote[...] Christian Selz analysierte für seine Abschlussarbeit an der [extern] Hochschule Bremen insgesamt 476 Berichte und Meldungen der Agenturen dpa, AP, AFP und ddp zu den Protesten gegen den G-8-Gipfel in Heiligendamm. Dabei fand er heraus, dass das "Verhältnis der Agenturen zur Polizei [...] deutlich weniger distanziert [war] als [...] zur Partei der Demonstranten."

Herr Selz - wie kamen Sie zu dem Ergebnis?

Christian Selz: Dieser Unterschied war nach der Analyse des Agenturmaterials offensichtlich. Ich habe die Agenturtexte zum Thema empirisch daraufhin untersucht, wie die beiden Konfliktparteien, also Polizei und Demonstranten, darin zu Wort kamen. In drei abgestuften Kategorien habe ich die Distanz der jeweiligen Aussage je nachdem, wie sie in den Text eingebracht wurde, eingeteilt.

Ein Beispiel: Wenn eine Konfliktpartei in dem Agenturtext 'behauptete, etwas sei geschehen' ist das natürlich eine deutlich größere Distanz, als wenn jemand 'feststellte, dass etwas passiert ist'. Mit diesen sprachlichen Mitteln drücken sich Distanz und Nähe in Texten aus.

Die Kategorien und Schlagwörter waren dabei übrigens für Polizei und Demonstranten vollkommen gleich. Beim Auszählen fiel dann auf, dass Aussagen der Polizei beispielsweise viel häufiger im Indikativ, also als Tatsachen, dargestellt wurden und das für die Demonstranten häufig nur der Konjunktiv blieb. Einfach gesagt las es sich meist so: 'Was die Polizei sagt, stimmt so, was die Demonstranten sagen, könnte so gewesen sein.' Das lässt sich aus den nüchternen Zahlen eindeutig ablesen.


Wie sahen die Zahlenverhältnisse genau aus?

Christian Selz: Demonstranten: 506 Aussagen, davon 5 große Distanz, 431 mittlere und 70 Geringe.

Polizei: 500 Aussagen, davon 0 große Distanz, 306 mittlere und 194 geringe.

Die Kategorie große Distanz war dabei von vorneherein so angelegt, dass sie ein eindeutig abwertendes Eingreifen des Verfassers beim Wiedergeben einer Aussage beschreibt. Dazu die Codebuchdefinition der Kategorie:

Diese Kategorie wird gezählt, wenn direkte oder indirekte Zitate mit stark distanzierenden Verben wie beispielsweise 'behaupten' verknüpft werden, sowie wenn Aussagen mit Attributen wie 'angeblich' oder stark distanzierenden Wendungen wie 'nach Darstellung von' versehen werden und gleichzeitig im Konjunktiv formuliert sind. Auch Aussagen, deren Inhalt durch das Textumfeld konterkariert wird, werden hier codiert.

Interessant ist in Hinblick auf die Aussagen übrigens auch, in welchen Genres wer zu Wort kam: In Korrespondentenberichten, die nur 7,6 Prozent der Texte ausmachten, fanden sich fast ein Viertel (24,1 Prozent) der gesamten Aussagen der Demonstranten. Die Polizei verbucht hier nur 5,8 Prozent ihrer Aussagen - sie ist dafür in den anderen Genres, also denen, die am Redaktionsschreibtisch entstehen und von der Pressearbeit der Konfliktparteien leben, stärker vertreten.

[...] In meiner Analyse waren die Ergebnisse gerade in Bezug auf die Korrespondentenberichte zwischen den verschiedenen Agenturen sehr verschieden. So waren bei dpa in diesen Berichten nur fünf Prozent der Aussagen über die Demonstranten positiv, aber 45 Prozent negativ, während sich positive und negative Beschreibungen bei AFP, AP und ddp auf einem Level von jeweils 15 bis 20 Prozent ungefähr die Waage hielten. (Alle anderen Erwähnungen der Demonstranten waren neutral oder nicht zuzuordnen.) Der Fakt, selbst Quelle zu sein, ist also für eine Konfliktpartei meist hilfreich, jedoch nicht zwingend immer.

Zurück zu den Pressemitteilungen. Ergaben sich bei der Auswertung Anhaltspunkte dafür, warum jene der Polizei weniger distanziert wiedergegeben wurden?


Christian Selz:  Man kann da viel spekulieren. Zeitdruck, ausgedünnte Redaktionen, der Nachrichtenfaktor Gewalt, den die Polizei in ihren Berichten über die Demonstranten, die ja vor mit Rasierklingen gespickten Kartoffeln und vermummten Krawallmachern nur so strotzten - wahrscheinlich spielte da alles eine Rolle. Darüber hinaus ist die Polizei ja auch in Zukunft noch ein wichtiger Ansprechpartner für die Kollegen, den man eventuell ungern verprellt. Alles möglich, aber ohne eine persönliche Befragung bleibt es für mich im Reich der Vermutung, empirisch belegen lassen sich Motivationen nicht.

Könnte es nicht auch zu einem guten Teil daran liegen, dass die Pressemitteilungen der Polizei etwas - sagen wir mal - weniger ambitioniert formuliert waren, während sich diejenigen verschiedener politischer Gruppen häufig lasen wie unfreiwillige Parodien?

Christian Selz:  Der Ticker, den beispielsweise Indymedia recht zeitnah herausgab, schien mir zumeist auch relativ nüchtern gehalten. Und was unfreiwillige Parodien angeht, möchte ich nur an den Kavalla-Sprecher Claassen erinnern, der laut Spiegel Online zum zunächst abgestrittenen, einen Tag später jedoch bewiesenen und gezwungener Maßen zugegebenen Einsatz von Zivilbeamten sagte: 'Was ich gestern gesagt habe, war gestern zutreffend. Was ich heute sage, ist heute zutreffend.' Es scheint mir daher nicht ausschließlich ein Problem der Professionalität der Pressearbeit zu sein, auch wenn das sicherlich ebenfalls eine Rolle spielt.

Wo Sie Indymedia erwähnen: Neben schlechtem Deutsch und Binnen-I fanden sich dort zu einem [local] anderen Ereignis beispielsweise Prahlereien, wie man Zeitungen mit Schwarzer Propaganda irreführte. Müssen Gruppen, die derart offen eine der-Zweck-heiligt-die-Mittel-Ideologie propagieren, nicht damit rechnen, dass Nachrichtenagenturen ihre Meldungen entsprechend skeptischer handhaben?

Christian Selz:  Indymedia an sich ist ja keine homogene Gruppe, sondern eher eine Plattform, die unter anderem auch von den Demonstranten gegen den G8-Gipfel genutzt wurde. Das ein solches Medium inhaltlich angreifbar ist, ist immer klar - auch wenn die von Ihnen angesprochene Irreführung von Medien ja nicht durch Publikationen auf der Indymedia-Seite geschah. Vielmehr haben die Irreführer dort von ihrer Aktion berichtet.

Aber es geht mir hier auch gar nicht darum, Indymedia in den Himmel zu heben. Ich habe auch nichts gegen die kritische Beurteilung von Nachrichten - gerade wenn es Nachrichten sind, die von in einen Konflikt involvierten Parteien kommen. Im Gegenteil, meiner Meinung nach müssen Journalisten solche Verlautbarungen immer hinterfragen. Blindes Vertrauen in die seriöser aufgemachte Quelle kann - wie in Rostock geschehen - zu Falschmeldungen und im Endeffekt zu einer verzerrten Darstellung des Geschehens führen.

Quote15. Januar 2009 08:47
Die Polizei ist vielleicht etwas seriöser?!?
Kanickel (158 Beiträge seit 17.09.08)

Immerhin handelt es sich bei den "Demonstranten" (auch das ist eine
sehr, sehr heterogene Gruppe) um einerseits Gruppen und Menschen mit
politischen Anliegen, die sehr weit gestreut sein können und
andererseits um "Krawallmacher", vergleichbar mit den Hooligans bei
Fußballspielen. Und dann gibt es noch eine Menge Leute bei denen sich
sogar beide Seiten vermischen. Die den "Kampf" mit der Polizei als
politisches Anliegen betrachten.

Bei den "Krawallmachern" brauche ich gar nicht mit der Seriösität
anzufangen. Die geben aber auch selten Pressemitteilungen heraus. Die
sind ja nur zum "Spaß" da. Aber auch diese werden zuweilen von
Reportern (vor Ort) angesprochen und äußern sich dann möglicherweise
zu prügelnden Polizisten.

Die Gruppen mit den politischen Anliegen versuchen diese dann auch
häufig über ihre Pressemitteilungen zu fördern. Häufig sind das
Gruppen die die Polizei pauschal als "Repressionsorgan" bezeichnen.
Diese dann in ein möglichst schlechtes Licht zu rücken gehört
natürlich dazu. Die (Mainstream-)Presse zu "verarschen" gehört in der
linken Szene fast schon dazu. Bei uns gab es zur Uni-Politik mal
einen Spiegel-Artikel. Da wurden dann jede Menge falsche
Tatsachenbehauptungen abgedruckt. Anonym haben sich danach einige
extrem Linke aus der Uni auf Indymedia damit gebrüstet den
Spiegel-Autor verarscht zu haben.

Die Polizei auf der anderen Seite sieht sich möglicherweise gar nicht
als Konfliktpartei. Schließlich richten sich die Demonstrationen
gegen die G8 und nicht gegen die Polizei selbst. Gerade was die
Anzahl von Teilnehmern einer Demonstration angeht würde ich immer
eher den Polizeischätzungen vertrauen. Die Veranstalter haben ein
Interesse an einer Überschätzung, weil das mehr Interesse für die
eigene Sache vorgaukelt. Die Polizei hingegen muss relativ gute
Schätzungen in der Planung haben damit genug eigene Kräfte vor Ort
sind. Besonders krass fand ich das bei der Love Parade früher in
Berlin, bei der die Veranstalter immer größere Superlativen
aufstellten. Von 2 Millionen war zum Schluß die Rede. Jedes Jahr gab
es einen kräftigen Zuwachs. Die Polizei hingegen, die über
Hubschrauber verfügt sprach von 300.000 Menschen in einem Jahr in dem
die Veranstalter 1,5 Millionen angaben. Bei der letzten Love Parade
in Berlin gab es dann gar keine Zahlen von der Polizei mehr in der
Presse zu lesen. Da hat die Presse auch ein Eigeninteresse.
Superlative verkaufen mehr Zeitungen. Wer will schon über ein paar
tausend Tanzende lesen. Ein paar Millionen sind schon interessanter.

Aber natürlich hat die Polizei ein Eigeninteresse. Zum Beispiel die
Kollegen in Zivil schützen. Wenn verbreitet wird, dass sich
Polizisten in Zivil unter die Menge gemischt haben ist die Gefahr
größer, dass sie verletzt werden. Generell ist es aber so, dass eine
Polizeisprecher eine längere Beziehung zur Presse aufbaut. Wenn er
dann Quark erzählt der sich hinterher als Lüge entpuppt, dann setzt
er diese Beziehung aufs Spiel. Eine völlig austauschbare Spontigruppe
mit Studenten, die nächstes Jahr schon arbeiten und überhaupt nicht
mehr zu Demos gehen, hat diese Beziehung nicht und kann deshalb auch
mal Lügen ohne das Risiko einzugehen diese Beziehung aufs Spiel zu
setzen.

Was mich wenig wundert ist das Vertrauen der Agenturen in die
Meldungen der Polizei. Viel mehr wundert mich, dass den Mitteilungen
der Demonstranten so viel Glauben geschenkt wurde. 70 Mal geringe
Distanz. Das sind vielleicht junge Kollegen, die noch nicht so häufig
verarscht wurden, oder ein paar Altlinke. Davon gibt es in den
Redaktionen eine Menge. Ich bin immer wieder überrascht.

Quote15. Januar 2009 09:23
Anmerkung
jozi59 (mehr als 1000 Beiträge seit 16.01.04)

Kanickel schrieb am 15. Januar 2009 08:47

>Und dann gibt es noch eine Menge Leute bei denen sich
> sogar beide Seiten vermischen. Die den "Kampf" mit der Polizei als
> politisches Anliegen betrachten.
Krawallmacher hast Du auch auf Seiten der Polizei.

> Bei den "Krawallmachern" brauche ich gar nicht mit der Seriösität
> anzufangen. Die geben aber auch selten Pressemitteilungen heraus. Die
> sind ja nur zum "Spaß" da. Aber auch diese werden zuweilen von
> Reportern (vor Ort) angesprochen und äußern sich dann möglicherweise
> zu prügelnden Polizisten.
Ich kann mich auch noch gut an eine Demonstration erinnern, die ein
Mensch vom LKA mittels Mollys und Schlaggeräten eskalieren lassen
wollte.

Sicherlich hat die Polizei es leichter ihre Ansichten zu verbreiten.
Das sie korrekte Schätzungen über die Anzahl der Demonstranten
abgibt, halte ich aber für ein Gerücht. Die Polizei ist auch nur
ausführendes Organ einer politischen Interessensgruppe und ist damit
eben auch nicht objektiv. Und von einer gewissen Obrigkeitshörigkeit
können sich auch Reporter nicht frei machen.

Und als letzten Punkt könnte man auch noch die häufig sehr
hemdsärmlige Pressearbeit der Demonstranten anführen.


Quote15. Januar 2009 11:35
Woher hast du deine Informationen?
Europa2010 (693 Beiträge seit 07.09.07)

Aus den Polizei-Presseerklärungen? Stand da drin, daß Polizei gut und
Demonstranten böse sind? Oder hast du es aus einer "seriösen
Zeitung"? Dann hast du wohl den Artikel nicht verstanden!


Quote15. Januar 2009 10:48
Re:
firedancer, woolishub@gmx.de (mehr als 1000 Beiträge seit 26.01.01)


> Immerhin handelt es sich bei den "Demonstranten" (auch das ist eine
> sehr, sehr heterogene Gruppe) um einerseits Gruppen und Menschen mit
> politischen Anliegen, die sehr weit gestreut sein können und
> andererseits um "Krawallmacher", vergleichbar mit den Hooligans bei
> Fußballspielen.

Übertragen auf Fußballspiele bedeutet das also, wenn ein Reporter
einen Fußballfan nach seiner Meinung über das Spiel fragt und die
Antwort "echt geil ey" erhält, dann bedeutet das automatisch, daß
eine Massenschlägerei stattgefunden hat, schließlich kann man ja alle
in einen Topf werfen.

> Bei den "Krawallmachern" brauche ich gar nicht mit der Seriösität
> anzufangen. Die geben aber auch selten Pressemitteilungen heraus. Die
> sind ja nur zum "Spaß" da. Aber auch diese werden zuweilen von
> Reportern (vor Ort) angesprochen und äußern sich dann möglicherweise
> zu prügelnden Polizisten.

Oder es stellt sich heraus, daß die Krawallmacher selbst verkleidete
Polizisten sind, wie am G8-Gipfel ja bekanntlich festgestellt werden
mußte.

Mit anderen Worten: Du machst es dir viel zu einfach.

> Die Gruppen mit den politischen Anliegen versuchen diese dann auch
> häufig über ihre Pressemitteilungen zu fördern.

In der Tat. Aber schon klar: Die Polizei hat natürlich nicht diese
Motivation, denn schließlich untersteht sie auch nicht dem
Innenministerium und ist daher in keinster Weise an politische
Zielvorgaben gebunden. Schon klar.

> Häufig sind das
> Gruppen die die Polizei pauschal als "Repressionsorgan" bezeichnen.

Einseitige Polemik deinerseits: Gerade beim G8-Gipfel war eine solche
Bezeichnung sachlich völlig zutreffend.

> Was mich wenig wundert ist das Vertrauen der Agenturen in die
> Meldungen der Polizei. Viel mehr wundert mich, dass den Mitteilungen
> der Demonstranten so viel Glauben geschenkt wurde. 70 Mal geringe
> Distanz. Das sind vielleicht junge Kollegen, die noch nicht so häufig
> verarscht wurden, oder ein paar Altlinke.

Vielleicht sind es auch Meldungen von Reportern, die sich vor Ort
selbst ein Bild gemacht haben anstelle abseits jeglicher Bannmeilen
und hausdurchsuchten Straßenzügen Pressekonferenzen zu lauschen.

Ich wiederhole mich: Deine Auffassung ist äußerst einseitig und
voreingenommen.





Quote15. Januar 2009 08:57
Literatur-Tip:
Bone (mehr als 1000 Beiträge seit 01.03.00)

Literatur-Tip: 'Flat Earth News' von Nick Davies; sehr lesenswert zum
Thema






Aus: "Stein im Schwarzen Brett" (TP, 15.01.2009)
Peter Mühlbauer - Wie Pressemitteilungen zu Nachrichten werden
Quelle: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/29/29549/1.html


Textaris(txt*bot)

#25
Quote[...] Markelow, der als unerschrockener Kritiker des russischen Justizsystems galt, wurde kurz nach einer Pressekonferenz in Kremlnähe von einem Unbekannten mit einem Kopfschuss getötet. Das teilte die Staatsanwaltschaft in Moskau nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur Interfax mit. Die Journalistin Anastasja Baburowa, die für die kremlkritische Zeitung Nowaja Gaseta arbeitete und Markelow begleitet hatte, wurde durch Schüsse schwer verletzt und starb später im Krankenhaus. Dutzende Passanten wurden Zeuge des Mordes im Zentrum der russischen Hauptstadt.

Markelow hatte zuvor bei einer Pressekonferenz rechtliche Schritte gegen die Begnadigung des russischen Offiziers und Tschetschenien-Kämpfers Juri Budanow angekündigt. Budanow war nach der Tötung eines tschetschenischen Mädchens zu zehn Jahren Lagerhaft verurteilt und Mitte Januar vorzeitig entlassen worden. Bekannte Markelows berichteten, dass der Jurist seit einigen Tagen Morddrohungen erhalten habe. Budanow ist bis heute der ranghöchste russische Militärangehörige, der für Verbrechen an der Zivilbevölkerung während der Kriege in der Teilrepublik Tschetschenien verurteilt wurde.

"Stanislaw Markelow ist ein weiteres Opfer, das sehr wahrscheinlich wegen seines Berufes und seiner mutigen Arbeit im Dienste der Menschenrechte getötet wurde", sagte die für Russland zuständige Direktorin der Organisation Amnesty International, Nicola Duckworth. Markelow vertrat viele Mandanten, die sich als Opfer staatlich geduldeter Gewalt sehen. Er brachte viele Fälle vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg.

Die Zeitung Nowaja Gaseta berichtete am Montag erneut über den Fall Budanow unter Nutzung von Recherchen der Journalistin Anna Politkowskaja aus dem Jahr 2004. Die für ihre Reportagen aus Tschetschenien berühmte Politkowskaja war im Oktober 2006 vor ihrer Wohnung ermordet worden. Ihr Mörder ist weiter auf der Flucht. Der Mordfall wird derzeit vor Gericht in Moskau aufgearbeitet. Politkowskaja lobte Markelow einmal als "ersten Anwalt, der in Tschetschenien arbeitet und dort die Rechte der Einwohner schützt".

Der 34-Jährige war Gründer der Nichtregierungsorganisation Institut für die Vorherrschaft des Rechts. Markelow war im Verfahren gegen Budanow Anwalt der Opfer-Familie. Er vertrat aber zuletzt auch die Interessen des russischen Journalisten Michail Beketow, der im vergangen Jahr nur knapp einen Mordanschlag überlebt hatte und seither im Krankenhaus ist.


Aus: "Russland - Menschenrechtsanwalt und Reporterin in Moskau ermordet" (ZEIT ONLINE, dpa  20.1.2009)
Quelle: http://www.zeit.de/online/2009/04/mordanschlag-markelow-baburowa

-.-


Quote
QuoteLupenreine Demokratie..
Michael Meier (never1)

..da ist es halt zufällig tödlich, gegen einen Angehörigen der Armee zu agitieren. Das wird auch gelten für Polizei und sämtliche Geheimdienste.


...


Kommentar zu: "Moskau - Menschenrechtsanwalt und Reporterin erschossen" (20. Januar 2009)
Quelle: http://www.faz.net/s/RubDDBDABB9457A437BAA85A49C26FB23A0/Doc~E9F2E469372BE4E789BD0192779559126~ATpl~Ekom~SKom~Ak~E.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Die Freiburger Polizei muss sich korrigieren. Vier Tage nach der Demonstration gegen Studiengebühren am Montag bestätigte sie nun Angaben von Freiburger Autonomen und Studierendenvertretern der Pädagogischen Hochschule: Drei Demo-Teilnehmer seien tatsächlich nach ihrer Festnahme auf dem Polizeirevier Nord "vollständig durchsucht" worden und hätten sich dafür ausziehen müssen, heißt es in einer Pressemitteilung von Freitagnachmittag. Noch am Donnerstag hatte die Polizei versichert, das sei nicht der Fall gewesen.

Das Vorgehen entspreche aber der Rechtsgrundlage, heißt es weiter. Seit kürzlich "ein auf der Haut getragenes Feuerzeug" in eine Arrestzelle geschmuggelt worden sei, würden Festgenommene "entsprechend intensiv" durchsucht. Die Männer hätten sich einzeln vor einem Beamten ausziehen müssen. Dass sie ihre Angaben erst jetzt korrigiert, erklärt die Polizei damit, dass der Beamte im Schichtdienst arbeite und in seiner freien Zeit bisher nicht erreichbar gewesen sei. Hinweise auf ebenfalls behauptete sexistische Beleidigungen gebe es nicht.

Ähnlich hatte einer der Festgenommenen die Situation der BZ geschildert. Auf die Frage, ob es ihm Spaß mache, einen nackten Mann zu sehen, habe der Beamte allerdings geantwortet: "Vielleicht würde es mir Spaß machen, wenn Du die Maße 90-60-90 hättest."



Aus: "Drei nackte Demonstranten" Autor: thg (31. Januar 2009)
Quelle: http://www.badische-zeitung.de/freiburg/drei-nackte-demonstranten--10990487.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Kairo. Der ägyptische Inlandsgeheimdienst hat nach der Festnahme des deutsch-ägyptischen Studenten Philip Rizk dessen Wohnung und die Wohnung seiner Eltern durchsucht. Wie seine Familie der FR berichtete, erschienen nachts gegen 1 Uhr 30 Polizisten an der Haustür und verlangten Zutritt, ohne sich auszuweisen und ohne einen Durchsuchungsbefehl vorlegen zu können. In einer weiteren nächtlichen Aktion beschlagnahmten Sicherheitskräfte in der Wohnung des Festgenommenen Kameras, Computer, Festplatten und persönliche Aufzeichnungen.

Rizk war am Freitagabend nach einer Solidaritätskundgebung für die Menschen im Gazastreifen von Geheimpolizisten in ein Auto ohne Nummernschilder gezogen und verschleppt worden. Seit vier Tagen haben die Eltern keine Informationen darüber, wo ihr Sohn festgehalten wird.

[...] In Ägypten herrscht rechtlich nach wie vor der Ausnahmezustand. Aus diesem Grunde kann der Inlandsgeheimdienst politisch missliebige Personen ohne Angabe von Gründen beliebig lange festhalten. Nach Einschätzung politischer Beobachter könnten die ägyptischen Sicherheitsbehörden die Absicht haben, an dem jungen Mann wegen dessen öffentlicher Kritik an der Gazapolitik und seinen Aktivitäten als Blogger ein Exempel zu statuieren.

Aus Sicherheitskreisen in Kairo verlautete am Dienstag, außer Rizk sei ein weiterer Blogger festgenommen worden, der im Internet Solidarität mit den Palästinensern gefordert und die ägyptische Nahost-Politik kritisiert hatte.

...


Aus: "Deutsch-Ägypter: Kairos Geheimdienst verhaftet Blogger" (10.02.2009)
Quelle: http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/1673234_Kairos-Geheimdienst-verhaftet-Blogger.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Als Röhm-Putsch bezeichnete die Propaganda der Nationalsozialisten die Ereignisse um die Ermordung Ernst Röhms, Stabschef der SA, im Juni / Juli 1934. Ermordet wurden außer SA-Funktionären auch Gegner des Nationalsozialismus wie der ehemalige Reichskanzler General Kurt von Schleicher.

Hintergrund der Morde waren die Versuche der SA, mehr Macht innerhalb des NS-Staates zu erlangen. Obwohl es keinerlei Putsch-Pläne gab, hat sich der Begriff ,,Röhm-Putsch" für die Ereignisse um den 30. Juni 1934 in der deutschen Geschichtswissenschaft eingebürgert.

[...] In der offiziellen Berichterstattung wurde Hitler als das Opfer eines hinterhältigen Putsches dargestellt. Am 3. Juli wurden diese Maßnahmen durch ein von Hitler (nach den Bestimmungen des Ermächtigungsgesetzes) erlassenes Gesetz, das Gesetz über Maßnahmen der Staatsnotwehr vom 3. Juli 1934 (Reichsgesetzblatt I S. 529) nachträglich legalisiert. Der einzige Artikel des Gesetzes lautete: Die zur Niederschlagung hoch- und landesverräterischer Angriffe am 30. Juni, 1. und 2. Juli 1934 vollzogenen Maßnahmen sind als Staatsnotwehr rechtens. Deutschland war damit zu einem Staat mit Willkürherrschaft geworden, in dem die Meinung des Führers Gesetz war. Hitler machte sich durch die Erschießung ohne Gerichtsurteil zum Richter über Leben und Tod und, wie er es selbst ausdrückte, zum ,,obersten Gerichtsherren", wodurch die Justiz offen erkennbar gleichgeschaltet war.

Hitler selbst trat erst etwa zwei Wochen nach dem Massaker an die Öffentlichkeit, die bis dahin auf zusammenhanglose und teils widersprüchliche Meldungen aus Radio und Zeitungen angewiesen war. Die im Rundfunk übertragene Reichstagsrede vom 13. Juli 1934[5] stieß daher trotz ihrer Länge und Zähigkeit auf große Aufmerksamkeit. Gegen Ende der Rede spricht Hitler die markanten Worte:

    ,,Wenn mir jemand den Vorwurf entgegenhält, weshalb wir nicht die ordentlichen Gerichte zur Aburteilung herangezogen hätten, dann kann ich ihm nur sagen: in dieser Stunde war ich verantwortlich für das Schicksal der deutschen Nation und damit des deutschen Volkes oberster Gerichtsherr. Meuternde Divisionen hat man zu allen Zeiten durch Dezimierung wieder zur Ordnung gerufen. [...] Ich habe den Befehl gegeben, die Hauptschuldigen an diesem Verrat zu erschießen, und ich gab weiter den Befehl, die Geschwüre unserer inneren Brunnenvergiftung und der Vergiftung des Auslandes auszubrennen bis auf das rohe Fleisch. [...] Die Nation muss wissen, dass ihre Existenz [...] von niemandem ungestraft bedroht wird. Und es soll jeder für alle Zukunft wissen, dass, wenn er die Hand zum Schlag gegen den Staat erhebt, der sichere Tod sein Los ist." [6]

[...] Der prominente Staatsrechtler Carl Schmitt lieferte kurze Zeit später die formaljuristische Rechtfertigung der Vorgänge in einer Schrift unter dem Titel Der Führer schützt das Recht nach.[7]

...

Quelle:

...

[5]# ↑ Reichstagsrede vom 13. Juli 1934 im Audioformat mp3 [3].
[6]# ↑ Adolf Hitler, Rede vor dem Reichstag am 13.07.1934, zitiert nach: Norbert Frei, Der Führerstaat, 7. Aufl. 2002, S. 37, ISBN 3-423-30785-4
[7]# ↑ Carl Schmitt: Der Führer schützt das Recht, Deutsche Juristen-Zeitung (39) 1934, S. 945-950.

...


Aus: "Röhm-Putsch" (21. Juni 2009)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/R%C3%B6hm-Putsch

-.-

Quote[...][ Die noch immer fragile Basis seiner Macht ließ es dem "Führer" geraten erscheinen, sein Handeln wenigstens im Nachhinein zu legitimieren. Am 3. Juli, einen tag nach den letzten Morden, trat das Reichskabinett zusammen, das nach dem Ermächtigungsgesetz auch für die Gesetzgebung zuständig war. Über zwanzig neue Gesetze wurden verabschiedet, die Themen reichten von der Gewerbeordnung bis zur Zuckersteuer. Das kürzeste Gesetz bestand nur aus einem einzigen Satz: "Die zur Niederschlagung hoch- und landesverräterischer Angriffe am 30. Juni, 1. und 2. Juli 1934 vollzogenen Maßnahmen sind als Staatsnotwehr rechtens."


Aus: "75 Jahre Röhm-Putsch" (Redaktion einestages, 29.6.2009 )
Quelle: http://einestages.spiegel.de/static/topicalbumbackground/4437/nazis_gegen_nazis.html


Textaris(txt*bot)

#29
Quote[...] Im Rahmen der Demonstration "Freiheit statt Angst" kam es zu Übergriffen der Polizei auf Teilnehmer der Demonstration und unbeteiligte Passanten. Ein Video eines besonders brutalen Übergriffs wurde von einem Mitglied des Chaos Computer Clubs (CCC) in hochauflösender Qualität gefilmt und im Internet verbreitet. Der CCC verurteilt die Angriffe aufs Schärfste und fordert die Durchsetzung der Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte auf Demonstrationen sowie regelmäßige psychologische Überprüfung von Polizisten, die in direkten körperlichen Kontakt mit Demonstranten kommen.

Der gefilmte Übergriff [1] fand nach Beendigung des Demonstrationszuges abseits der Kundgebung statt. Nach Angaben der Polizei [2] behinderte der im Video geschlagene und dann festgenommene Fahrradfahrer polizeiliche Maßnahmen. Er wollte sich jedoch seinerseits nur nach der Dienstnummer der Beamten erkundigen, um eine Anzeige gegen eine vorher erfolgte Festnahme zu erstatten. [3]

Wenn die Identifikation von gewalttätigen Polizisten durch die Beamten selbst so unterlaufen wird, bleibt als einzige nicht die polizeilichen Maßnahmen störende Option das Anbringen von gut sichtbaren auf der Veranstaltung eindeutigen Identifikationsnummern an den eingesetzen Kräften. Die zur Kennzeichnung von Kraftfahrzeugen eingesetzte Schriftart eignet sich dabei gut für eine Erkennung von Straftätern in der Polizei auch auf unscharfen und verwackelten Bildern.

Auch bei anderen öffentlichen Veranstaltungen wie Fußballspielen und politischen Demonstrationen gab es zuletzt immer häufiger Berichte von unverhältnismäßiger Gewalt der Polizei gegen Zuschauer und Demonstranten. Offensichtlich kann man die Übergriffe – wie sie nun zum ersten Mal in HD-Qualität dokumentiert wurden – nicht als bedauerliche Einzelfälle abtun. Innerhalb der Polizeitruppe gibt es einzelne Beamte, die – auch unter Deckung ihrer Kollegen – Veranstaltungen zum Aggressionsabbau benutzen. Andy Müller-Maguhn, Sprecher des CCC sagte, "Polizeieinsätze dürfen kein rechtsfreier Raum sein, die im Schutz der Anonymität zu Entgleisungen einladen."

Während bisherige Berichte über Polizeiübergriffe zu leichtfertig als übertrieben abgetan wurden, gibt es nach Erscheinen dieses Videos keinen Zweifel mehr. Wir fordern daher weiter, Polizisten regelmäßig Kontrollen zu unterziehen, ob sie die charakterliche Festigkeit besitzen, der teils aufgeheizten Stimmung in großen Menschenmengen gelassen und unter verhältnismäßigem Einsatz des ihnen vom Souverän eingeräumten Gewaltmonopols zu begegnen.

Werden von Polizisten begangene Straftaten nicht mit der selben Härte verfolgt wie die ebenfalls verabscheuenswürdigen Angriffe von Demonstranten auf die Beamten, und wenn falsch verstandener Korpsgeist die Strafverfolgung behindert, besteht die Gefahr, dass das Internet als öffentlicher Pranger mißbraucht wird. Der Achtung vor unserem Staat und seinen Organen wird durch Vertuschung dieser Vorkommnisse ein Bärendienst erwiesen.
Links

    * [1] [Externer Link]http://www.mininova.org/tor/2947142
    * [2] [Externer Link]http://www.berlin.de/polizei/presse-fahndung/archiv/138631/index.html
    * [3] [Externer Link]http://blog.adrianlang.de/?p=670


Aus: "Chaos Computer Club fordert bundeseinheitliche Nummernschilder für Polizisten" (13. September 2009)
Quelle: http://www.ccc.de/updates/2009/pm-identifikationsnummer?language=de

-.-

Quote[...] Berlins Polizeipräsident Dieter Glietsch hat Konsequenzen für die Polizisten angekündigt, die an einem Übergriff auf einen 37-jährigen Radfahrer auf der Datenschutz-Demonstration "Freiheit statt Angst – Stoppt den Überwachungswahn" beteiligt gewesen sein sollen. Gegen sie sei ein Verfahren wegen Körperverletzung im Amt eingeleitet worden, sagte Glietsch am heutigen Montag im Inforadio des RBB. Die Übergriffe sind heute auch Thema im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses.

Videos im Internet zeigen, wie auf einer Datenschutz-Demonstration am 12. September ein Polizist einen Radfahrer am Hemd zurückzerrt, ein anderer Polizist ihm ins Gesicht schlägt und der Mann dann zu Boden gedrückt wird. Glietsch muss heute gemeinsam mit Innensenator Ehrhart Körting im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses zu dem Vorfall Stellung beziehen. Im Radiointerview sagte der Polizeipräsident, es lasse sich nicht ausschließen, dass die Polizisten überreagiert hätten, der Anschein spreche dafür.

Glietsch wies darauf hin, dass die Vorgeschichte der Ereignisse in dem Video im Internet nicht erfasst wurde. Es gebe unterschiedliche Darstellungen dazu. Er wolle den Sachverhalt nicht bewerten, da dies Gegenstand der laufenden Ermittlungen sei. Polizisten seien starken Belastungen ausgesetzt, sie würden oft gerade bei derartigen Großdemonstrationen angefeindet, beleidigt, angegriffen. Vor diesem Hintergrund könnten einem Polizisten im Einzelfall die Nerven durchgehen.

Der Berliner Polizeipräsident kündigte an, dass die Polizisten künftig im täglichen Dienst und bei Demonstrationen Namensschilder tragen. Dabei gehe es nicht darum, dass Übergriffe besser geahndet werden sollten, sondern um mehr Bürgernähe. Die Beteiligten der Vorfälle vor einer Woche seien auch ohne Namens- oder Nummernschild identifiziert worden.

(anw/c't) 

...


Aus: "Übergriffe auf Datenschutz-Demo: Polizeipräsident kündigt Verfahren gegen Polizisten an" (21.09.2009)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/Uebergriffe-auf-Datenschutz-Demo-Polizeipraesident-kuendigt-Verfahren-gegen-Polizisten-an--/meldung/145591

Quote21. September 2009 09:44
Namenschilder
rainer_d (mehr als 1000 Beiträge seit 04.02.00)

Mir persönlich würde es genügen, wenn eine eindeutig zuordenbare
Nummer getragen würde.
Auch Polizisten haben ein Recht auf Privatsphäre.
Das sind sowieso die Fussabtreter der Nation.

Quote21. September 2009 10:11
er *hatte* die Nummer verlangt - Re: Namenschilder
etch (295 Beiträge seit 14.09.04)

Jürgen Wahlmann schrieb am 21. September 2009 09:47

> rainer_d schrieb am 21. September 2009 09:44
> Sehe ich genauso. Name muss nicht sein, aber eine eindeutige Nummer,
> die man bei Beschwerden angeben kann.

Der Radfahrer wollte die Nummer von einem Polizist haben und wurde
mit abfälligem "ja, ja"-Kommentar abserviert. Er hat das noch notiert
und wollte weggehen, dabei wurde er zurückgezerrt und bekam mehrere
gezielte Schläge in die Fresse. Sein Notizzettel mit den bereits
notierten Nummern ist bei der Festnahme "abhanden gekommen" und die
Polizei kann es unter den Beweismiteln nicht wiederfinden.

Das sind alles Fakten, noch fragen?

Quote21. September 2009 10:24
Re: er *hatte* die Nummer verlangt - Re: Namenschilder
Jürgen Wahlmann, Jürgen Wahlmann (990 Beiträge seit 06.01.00)

etch schrieb am 21. September 2009 10:11

> Jürgen Wahlmann schrieb am 21. September 2009 09:47
>
> Der Radfahrer wollte die Nummer von einem Polizist haben und wurde
> mit abfälligem "ja, ja"-Kommentar abserviert. Er hat das noch notiert
> und wollte weggehen, dabei wurde er zurückgezerrt und bekam mehrere
> gezielte Schläge in die Fresse. Sein Notizzettel mit den bereits
> notierten Nummern ist bei der Festnahme "abhanden gekommen" und die
> Polizei kann es unter den Beweismiteln nicht wiederfinden.
>
> Das sind alles Fakten, noch fragen?

Was macht Dich glauben, dass ein Zettel mit Namen nicht verschwunden
wäre?

Fakt ist, dass nur der Radfahrer die Nummern der beteiligten
Polizisten hatte, aber niemand der Umstehenden und auch nix auf Film.
Hätten die Polizisten Nummern getragen, wären sie nicht nur von dem
Frager identifizierbar gewesen, sondern auch von Zeugen. Für eine
Nachverfolgung von solchen Übergriffen reicht das vollkommen aus.

...




Quote21. September 2009 09:52
Einem Polizisten dürfen...
996TT (mehr als 1000 Beiträge seit 28.02.01)

...die Nerven nicht "durchgehen", verbale Beleidigungen und verbale
Provokationen muss ein Beamter während einer Großdemo einfach
aushalten, so frustrierend das sein mag.
Wenn ein Polizist allerdings physisch angegriffen wird, dazu zählt
auch das Bewerfen mit Gegenständen, sei es eine Bierflasche oder auch
"nur" eine leere Getränkedose", dann müssen die Beamten einschreiten
dürfen.

Demokratie und Meinungsfreiheit hin oder her aber bei Gewalt, sei sie
auch nur im "kleinen" Maße, hört der Spaß auf. Für BEIDE Seiten.

Gerade friedliche Demonstranten sollten in ihrem direkten Umfeld
darauf achten, dass Gewalt nicht eskaliert oder überhaupt erst zum
Tragen kommt. Ein einfaches "hör auf" oder "wir sind friedliche
Demonstranten und keine Rabauken" an "Kollegen" kann manchmal Wunder
wirken aber wenn die Gewaltspirale einfach losgetreten ist, dann kann
man wohl beide Seiten dafür verantwortlich machen.

Mir tun die Polizisten bei solchen Einsätzen leid aber das ist kein
Grund aufgrund einer verbalen Attacke gegen einen Demonstraten
physisch aktiv zu werden. Was im Gespräch mit einem Polizeibeamten
auf dem Revier oder bei einer Autokontrolle als Beleidigung gewertet
werden kann, sollte bei einer Großdemo einfach als verbale
Überreaktio der Emotionen abgetan werden, damit eine mögliche
Gewaltspirale schon im Ansatz erstickt wird. Polizisten werden für
solche Einsätze relativ gut vorbereitet, eine emotionale Überreaktion
seitens der Beamten ist unverständlich und auch aus menschlicher
Sicht absolut unsinnig. Schließlich (er)kennen die Demonstranten die
Polizisten nicht einmal, da diese oft einen Helm tragen. Als Polizist
würde ich eine verbale Attacke eines Demonstranten nie im Leben ernst
nehmen, das ist lächerlich. Bei Gewalt hört der Spaß allerdings auf.


Quote21. September 2009 10:13
Die Vorgeschichte ist doch bekannt
realspace (mehr als 1000 Beiträge seit 09.02.00)

Die Vorgeschichte ist doch bekannt, man sieht auf dem Video, der
Radfahrer notiert sich Angaben zum Polizisten auf einen Zettel.

Wahrscheinlich wollte der Radfahrer am nächsten Tag seinen
Rechtsanwalt aufsuchen und rechtlich gegen den Polizisten vorgehen.

Das gilt es natürlich zu verhindern. Wo kämen wir dahin, wenn sich
Bürger rechtlich gegen polizeiliche Maßnahmen wehren. Da darf die
Polizei auch mal mit der Faust mitten ins Gesicht schlagen.
Schließlich wollte der Radfahrer die Notizen auf seinen Zettel
tatsächlich mitnehmen. Das geht schon mal gar nicht.

Und bitte: Etwas mehr Verständnis für die armen Polizisten. Die
stehen da in einer Gruppe mit weit über 10 Kollegen, ausgerüstet mit
Schlagstöcken, Waffen und Uniform, und dann kommt da so ein
Radfahrer, relativ klein, mit T-Shirt und in Shorts und zückt
Bleistift und Notizblock. Da können so einem ausgewachsenem Polizist
in dieser Situation schon mal die Nerven durchgehen.

Denkt doch mal an die armenen Polizisten: Denen tut bestimmt die Hand
weh vom Faustschlag ins Gesicht. Und andere haben sich bestimmt die
Knie gestoßen am Radfahrer. Vielleicht hat sich ein Polizist sogar
den kleinen Zeh verstaucht, als er auf den Radfahrer mit seinen
Stiefeln eingetreten hat.

Quote21. September 2009 10:49
Re: Die Vorgeschichte ist doch bekannt
Thomas Arens, Thomas Arens (398 Beiträge seit 21.02.01)

realspace schrieb am 21. September 2009 10:13

> Denkt doch mal an die armenen Polizisten: Denen tut bestimmt die Hand
> weh vom Faustschlag ins Gesicht.

Zum Glück gibt es dafür die Quarzhandschuhe, die einige Polizisten ja
bereits erfolgreich einsetzen. :-)



Quote21. September 2009 10:26
Ohne Videobeweis
Freak2002 (345 Beiträge seit 13.07.06)

wäre die Sache im Sand verlaufen und es wäre nichts mehr passiert um
die Sache aufzuklären , da wette ich drauf.

Die Vorgeschichte ist völlig unrelevant weil egal was der Radfahrer
gesagt oder getan hatte , es rechtfertigt einfach keine
Prügelattacken von jungen Polizeischlägern auf Demonstranten und
Passanten, die Polizei ist kein rechtsfreier Raum.
Die Polizei ist immerhin ausgebildet und geschult jemanden nach
Vorschrift festzunehmen.


Quote21. September 2009 10:46
Das beunruhigende
Desiatox (mehr als 1000 Beiträge seit 20.06.00)

...ist nicht dass einem Polizisten die Nerven durchgehen. Das wäre
eine relativ einfach nachzuvollziehende menschliche Verfehlung.

Das beunruhigende ist, dass er von Kollegen umringt ist, die ihn
nicht etwa abhalten, sondern ihn decken.


...

Textaris(txt*bot)

Quote[...] "Wir nennen ihn Transformer", sagt ein junger Polizist. Und wirklich: Würde sich das blaue Ungetüm vor ihm nun aufrichten und in einen riesigen Roboter verwandeln, der auf seine Gegner Wasser speit - es würde passen. Wie ein Besucher aus der Zukunft steht er da, der neue Wasserwerfer der deutschen Polizei: fast zehn Meter lang, mit einem Tank für 10.000 Liter Wasser, offizielle Bezeichnung: "Wasserwerfer 10.000". Es ist die Zukunft dessen, was Demonstranten auf deutschen Straßen und Plätzen erwartet.

[...] Mit großen Augen klettern Polizisten in dem blauen Ungetüm herum, hauen sich vor Freude gegenseitig auf die Schulterklappen und machen Fotos mit ihren Digitalkameras - von außen, von innen, von sich vor dem Wasserwerfer und vor allem für die Kollegen zu Hause. "Lass uns doch mal reinsetzen", sagt ein Polizist zum seinem Nebenmann - "vielleicht bin ich schon in Rente, wenn er zum Einsatz kommt." Damit hat er sich mit Gewissheit verschätzt, 2010 soll der neue Wasserwerfer bereits einsatzbereit sein.

[...] Nun sind 50 neue "Wasserwerfer 10.000" hat die Polizei bereits bestellt, 78 Fahrzeuge sollen es insgesamt werden. Die Flotte soll also reduziert werden - jedoch "bei gleicher Leistungsfähigkeit", wie Referatsleiter Friedl betont. Gebaut wird das Gerät von der Firma Rosenbauer aus Österreich, die eigentlich auf Feuerwehr- und Katastrophenschutz-Fahrzeuge spezialisiert ist. Rund 900.000 Euro wird ein Exemplar kosten.

Nicht nur Friedl wirkt stolz, wenn er über den "Wawe 10" spricht. Auch Karl-Heinz Meyer, sein Kollege aus dem Bundespolizeipräsidium, verfällt bei der Präsentation in einen schwärmerischen Tonfall: "Das einzige, das übrig geblieben ist: Es ist ein Fahrzeug, das mit Wasser gefüllt ist und spritzen kann. Alles andere ist neu."

In der Tat: Der bis zu 31 Tonnen schwere Koloss ist vollgestopft mit Technik: mit modernstem Digitalfunk, mit drei Kameras, mit einer Kopierstation für Audio- und Videomaterial; neu auch das Außenmikrofon, mit dem die Insassen die die Verständlichkeit ihrer eigenen polizeilichen Durchsagen überprüfen können. "Wenn die draußen anfangen zu johlen, kann niemand sagen, da drinnen wurde genuschelt bei einem Platzverweis", sagt Projektgruppenleiter Guido Koch von der Bundespolizei und grinst.

Die da drinnen: Das sind fünf Beamte, die im Cockpit so angeordnet sind wie die Punkte einer eine "Fünf" auf dem Spielwürfel. Einer fährt, einer kümmert sich um die Dokumentation des Einsatzes, und aus der Mitte heraus gibt ein Kommandant Befehle an zwei Beamte hinter ihm, die per Joystick drei Hohlstrahlrohre bedienen - zwei vorne, eins hinten. Radius: 115 Meter, Entfernungsmesser ab Werk, maximaler Druck: 3300 Liter Wasser in der Minute. Das sind 1100 Liter mehr als das derzeitige Modell. "Das neue Fahrzeug hat auch ein ganz neues Auftreten als das alte", sagt Achim Friedl, "auf solche psychologischen Effekte haben wir beim Design sehr geachtet."

[...] Jedes Detail soll beeindrucken: die martialische, fast haushohe Front, die nach vorne geneigte Windschutzscheibe, die so hoch angebracht ist, dass sie erst über den Köpfen der Demonstranten beginnt, die sich nach hinten verjüngenden Linien der Karosserie. An den glatten Wänden soll niemand hochklettern können.

[...] "In den vergangenen Jahren hat die Gewaltbereitschaft gegenüber Polizeibeamten bei Demonstrationen enorm zugenommen", sagt Achim Friedl, "gerade bei links- oder rechtsradikalen Szenarien." Natürlich könne er auch kritische Stimmen verstehen. Solche, die bei Wasserwerfern sofort an Günther Sare denken, der 1985 in Frankfurt von einem solchen Gefährt überrollt wurde. Die in einem Wasserwerfer also eher ein aggressives Werkzeug staatlicher Gewalt sehen als ein "geschütztes Tankfahrzeug", wie das Gerät beim Bundesinnenministerium offiziell heißt. "Aber man muss sich auch ansehen, was in Hamburg passiert oder regelmäßig am 1. Mai in Berlin", sagt Friedl. 440 Polizisten sind dort nach offiziellen Angaben verletzt worden, im Vorjahr seien es 112 gewesen. "Was sollen wir da machen?", fragt Friedl: "Gummigeschosse einsetzen oder sogar scharf schießen? Das brauchen wir nicht, wenn wir mit Wasser zum Erfolg kommen können."

Beim neuen Typ könnten die Bediener außerdem den Wasserdruck genauer regeln. "Bei Sitzblockaden beispielsweise müssen wir nun nicht mehr gleich mit dem heftigsten Wasserstrahl rangehen", sagt Karl-Heinz Meyer, "da können wir nun erst einmal einen weichen Wasserstrahl nutzen", eine Art Wasserglocke, "die Respekt einflößt." Doch egal, wie man es nennt: Am Ende bleibt ein Wasserwerfer ein Wasserwerfer.

Draußen, vor dem Hubschrauberhangar fahren Polizeiwagen vor. Die Vorstellung in St. Augustin ist zu Ende, einige Beamte posieren noch vor dem "Transformer" für Fotos. Bald wird sich der "Wasserwerfer 10.000" auf den Weg nach Hamburg machen - auf eigenen Rädern, über die Autobahn, zwischen Last- und Privatwagen. In Hamburg und in Berlin soll der Prototyp dann drei Monate lang unter der Leitung der Bundespolizei getestet werden. In der zweiten Jahreshälfte soll das erste Serienfahrzeug in Dienst gehen - in welchem Bundesland, wird noch entschieden. "Da, wo das erste gebraucht wird", sagt Karl-Heinz Meyer von der Bundespolizei und lächelt - "und so wie es derzeit aussieht, wird das wahrscheinlich nicht das Saarland sein."


Aus: "Die Angstmaschine" Von Sven Stillich (02.12.2009)
Quelle: http://www.fr-online.de/top_news/2117305_Wasserwerfer-der-Polizei-Die-Angstmaschine.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Laut AStA ging die Polizei bei der Räumung mit Schlagstöcken gegen Studenten vor. Ein Student sei mit einer Kopfverletzung, ein weiterer mit einem Handbruch ins Krankenhaus gebracht worden, sagte AStA-Vorsitzender Jonas Erkel. Draußen vor der Tür steht auch der 23-jährige Uli. Er findet den Polizeieinsatz "traurig".

...


Aus: "Polizei räumt besetztes Casino" Von Astrid Ludwig (02.12.2009)
Quelle: http://www.fr-online.de/top_news/2118041_Uni-Frankfurt-Polizei-raeumt-besetztes-Casino.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Nach Demonstrationen kommt es zwischen Polizei und Demonstrierenden nicht selten zu gegenseitigen Gewaltvorwürfen – wie am vergangenen Samstag in Essen. Im aktuellen Fall erklärte die Linken-Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen, sie sei »beleidigt und verletzt« worden. Eine Aufklärung solcher Vorwürfe wird durch das Problem, die beteiligten Polizisten im Nachgang identifizieren zu können, oftmals verhindert.

Für die Piratenpartei NRW bestätigt dies die Notwendigkeit einer individuellen Kennzeichnungspflicht für Polizisten. Die Einführung einer solchen jederzeit deutlich erkennbaren, individuellen und für die Ermittlungsbehörde nachvollziehbaren Identifikationsnummer für jeden Polizeibeamten haben die Piraten in ihrem Programm zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 9. Mai 2010 verankert.

Dirk Schatz, selbst Polizeibeamter und Spitzenkandidat der Piratenpartei NRW, spricht sich für die Einführung einer solchen Kennzeichnung aus: »Eine Identifikationsnummer stellt auf der einen Seite den Informationsanspruch des Bürgers sicher. Sie wahrt aber gleichzeitig auch das Persönlichkeitsrecht des Beamten, da auf direktem Wege keine Rückschlüsse auf seine Person möglich sind.«

Die Piraten sehen in der Kennzeichnungspflicht einen Vorteil für beide Seiten. So ist es einerseits dem Bürger möglich, tatsächliche Übergriffe besser verfolgen zu können. Es ist aber auch andererseits für die betroffenen Beamten besser möglich, sich gegen ungerechtfertigte Anschuldigungen zur Wehr zu setzen.


Aus: "Piraten fordern Identifikationsnummer für Polizeibeamte" Daniel Flachshaar (24/03/2010)
Pressemitteilung Landesverband Nordrhein-Westfalen - Veröffentlicht am 24. März 2010
Quelle: http://www.piratenpartei.de/Pressemitteilung-100324-Piraten-fordern-Identifikationsnummer-fuer-Polizeibeamte


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Als politische Immunität bezeichnet man den Schutz eines politischen Amtsträgers vor Strafverfolgung aufgrund seines Amtes.

...


Politische Immunität
http://de.wikipedia.org/wiki/Politische_Immunit%C3%A4t



-.-

Quote[...] Es werden wieder Zehntausende am Ostersonntag ins Ausland schlendern: Wer als Pilger den päpstlichen Segen "Urbi et Orbi" empfangen will, muss eine Grenze passieren. Man erkennt sie, indem man den Blick zu Boden senkt. Zwischen den Kolonnaden des Petersplatzes prangt auf den gusseisernen Kanaldeckeln nicht mehr das römische SPQR, sondern SCV - die Initialen des Stato della Città del Vaticano. Die Vatikanstadt, der kleinste Staat der Welt.

Hier hat der Heilige Stuhl seinen Sitz. Er unterhält Beziehungen zu mehr als 170 Staaten und gehört gar der Uno-Behörde zum Verbot von Nuklearwaffentests CTBTO an. Der Papst herrscht über Kurie und Vatikanstadt gleichermaßen.
Bislang macht der Vatikan wenig Tamtam um die Eigenstaatlichkeit. Ob der Papst Vatikanbürger ist oder Deutscher, ob er als Monarch die Belange des Vatikans lenkt oder sich als Papst um religiöse Fragen kümmert, war stets zweitrangig. Pilger kommen, um einen Papst zu sehen, nicht einen Staatschef.

Nun wird die Tatsache, dass es sich beim Vatikan um ein Völkerrechtssubjekt handelt, doch noch wichtig. Schuld sind Vorwürfe wegen Kindesmissbrauch durch katholische Priester. Opfer, die vor Gericht ziehen, wenden sich meist gegen Diozösen und Einzelpersonen. Im US-Bundesstaat Kentucky hingegen greifen Kläger den Vatikan direkt an: Sie werfen der katholischen Kirche vor, sie habe Missbrauchsfälle toleriert.
Dabei berufen sie sich auf ein Dokument aus dem Jahr 1962, mit dem der Vatikan die Vertuschungstaktik befohlen haben soll. Die Klage ist seit 2004 anhängig, doch sie gewinnt durch die vielen neuen Missbrauchsfälle an Dynamik. Vergangene Woche stellte der Klägeranwalt den wiederholten Antrag, Papst Benedikt XVI. vorzuladen.

Die päpstlichen Advokaten sind alarmiert. Sie wollen eine Vorladung ebenso wie die Auslieferung von Dokumenten verhindern. Sie wissen: Weitere Klagen könnten folgen. Und deswegen scheuen sie auch keine weltliche Argumentation. Der Papst sei ein Staatsoberhaupt, heißt es in einer Verteidigungsschrift, die der Vatikan vor einem Monat an das Gericht schickte und aus der die Nachrichtenagentur AP zitiert. Deshalb könne er nicht ohne Weiteres vorgeladen werden. Ohnehin sei der Vatikan der falsche Adressat der Klage: Bischöfe und Priester seien nicht direkt angestellt.

Folgt das US-Gericht dieser Einschätzung, dann ist das Problem rein weltlich zumindest gelöst. Das ist wahrscheinlich. Schon 2007 wurde ein Antrag auf Vorladung des Papstes abgelehnt. Als Kirchenoberhaupt wird sich Joseph Ratzinger aber weiterhin mit der Affäre beschäftigen müssen: Am Osterwochende werden viele Pilger genau hinhören, ob sich der Papst zu den Missbrauchsfällen äußert. Gelegenheit dazu hat er.




Aus: "Kindesmissbrauch - Immunität soll Benedikt XVI. vor US-Sammelklage schützen" (31.03.2010)
Quelle: http://www.ftd.de/politik/international/:kindesmissbrauch-immunitaet-soll-benedikt-xvi-vor-us-sammelklage-schuetzen/50095739.html


Textaris(txt*bot)

#34
Quote[...] Die italienische Polizei griff gegen die Globalisierungskritiker insgesamt äußerst hart durch, ließ eine große Zahl festnehmen, verletzte viele zum Teil schwer und brachte viele Demonstranten ins Bolzaneto-Gefängnis.

Am Mittag des 20. Juli eskalierte die Situation in Genua. Ein Demonstrationszug der Disobbedienti und anderer linker Gruppen wurde von der Polizei mit Tränengas attackiert. Viele der 20.000 in einer schmalen Straße eingeschlossenen Menschen versuchten zu flüchten, zahlreiche andere antworteten auf die Angriffe der Carabinieri mit Steinwürfen. Bei den anschließenden Auseinandersetzungen in den Seitenstraßen wurde der 23jährige Carlo Giuliani von dem 20-jährigen Carabiniere Mario Placanica durch einen Kopfschuss getötet. Giuliani soll sich zuvor mit einem Feuerlöscher auf die Heckscheibe des Carabinierifahrzeuges zubewegt haben.

Der Tod von Carlo Giuliani wird in Teilen der globalisierungskritikischen Bewegungen als Mord angesehen. Der Polizist, ein erst 20-jähriger Wehrpflichtiger, berief sich dagegen auf Notwehr und wurde in einem umstrittenen Prozess freigesprochen. Bis heute sind viele Fragen zum genauen Ablauf der Ereignisse offen. So wurde das Projektil, mit dem Giuliani erschossen wurde, nie gefunden bzw. untersucht. Dennoch behauptet die Staatsanwaltschaft, die tödliche Kugel sei von einem fliegenden Stein in der Luft abgeprallt und habe so Giuliani getroffen. Auch bleiben nach Auswertung des umfangreichen Bildmaterials Zweifel an der offiziellen Darstellung.

...

Wiederholt wurde der Verdacht geäußert, die Polizei habe verkleidete Beamte in den Schwarzen Block als Provokateure eingeschleust.[9][10]  Verschiedene Augenzeugen behaupten, die Polizei sei mit großer Härte gegen friedliche Demonstranten vorgegangen, habe sich aber gegenüber dem Schwarzen Block in auffälliger Weise zurückgehalten.[10]

...

  10. ↑ a b Italienische Aufklärung auf den Seiten des Tagesspiegels
          http://www.tagesspiegel.de/medien/archiv/24.07.2002/141966.asp
 
  11. ↑ taz.de: Verhandeln bis zur Verjährung der Tat, 13. Oktober 2005
          http://www.taz.de/index.php?id=archivseite&dig=2005/10/13/a0142


http://de.wikipedia.org/wiki/G8-Gipfel_in_Genua_2001#Eskalation (28. März 2010)


-.-

Quote[...] Im sogenannten Bolzaneto-Prozess werden mutmaßliche Misshandlungen an Demonstranten durch Polizisten und Wachpersonal im Rahmen des G8-Gipfels in Genua (Italien) in der Polizeikaserne Bolzaneto verhandelt.

Während der Demonstrationen, die 2001 in Genua gegen den G8-Gipfel stattfanden, kam es zu zahlreichen Zusammenstößen zwischen Globalisierungskritikern und den italienischen Sicherheitskräften. Viele Demonstranten wurden verhaftet, ca. 300 von ihnen in der Kaserne Bolzaneto, die als provisorische Gefangenensammelstelle diente, für wenige Tage festgehalten. Hier soll es zu gewalttätigen Übergriffen, Misshandlungen und Folterungen gegen die Insassen gekommen sein. Im einzelnen gibt es Schilderungen von erzwungenem stundenlangen Stehen, Schlafentzug, Verweigerung des Toilettenbesuchs, Androhung sexueller Gewalt, Erniedrigung insbesondere in Verbindung mit dem Zwang, sich ausziehen zu müssen und im allgemeinen über massive Gewaltanwendung. Insassen berichten, dass sie gezwungen wurden faschistische Lieder zu singen. Ärzten und Pflegepersonal wird mangelnde Versorgung der vielen Verletzten unter den Inhaftierten vorgeworfen, anderen unterlassene Hilfeleistung oder schlichte Duldung der Vorgänge. Insgesamt müssen sich 45 Angeklagte für Körperverletzungen und Verletzung der Amtspflicht verantworten. Im Oktober 2005 wurde die Hauptverhandlung eröffnet. Besonders die zahlreichen Zeugenvernehmungen ziehen das Verfahren in die Länge. Die Anklage befürchtet, dass der Prozess nicht zu Ende geführt werden kann, weil die Taten nach 7,5 Jahren verjähren und da in Italien die Verjährungsfristen, anders als in Deutschland, auch während laufender Prozesse nicht gestoppt sind.

Die 45 zum Großteil hochrangig leitenden Polizisten sind wegen Beweisfälschung, Körperverletzung und Folterung von Demonstranten angeklagt worden.[1] Am 14. Juli 2008 sind 15 davon wegen brutalen Vorgehens gegen Demonstranten zu Gefängnisstrafen von fünf Monaten bis fünf Jahren verurteilt worden, während 30 Angeklagte freigesprochen worden.[2] Die Höchststrafe erhielt dabei der für die Sicherheit in dem Gefängnis verantwortliche Beamte Antonio Biagio Gugliotta.

Es gibt noch mehrere andere Verfahren, die sich mit Vorwürfen über Polizeiwillkür im Umfeld des G8-Gipfels befassen, z. B. mit der Klärung der Vorkommnisse an der Scuola Diaz[3].

Weblinks:
    ...
    * WDR - "Die Story - Die blutigen Tage von Genua" (Google-Video)
    * Telepolis: Urteil im Bolzaneto-Verfahren

Einzelnachweise:

   1. ↑ taz.de: Verhandeln bis zur Verjährung der Tat, 13. Oktober 2005
   2. ↑ reuters: Haftstrafen für Polizisten wegen Gewalt bei G8-Gipfel in Genua, 15. Juli 2008
   3. ↑ http://www.tagesanzeiger.ch/ausland/europa/G8Skandal-von-Genau-Viele-Freisprueche/story/20641979



http://de.wikipedia.org/wiki/Bolzaneto-Prozess (12. Dezember 2009)

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Quote[...] Haftstrafen von drei bis fünf Jahren für 25 der 27 angeklagten Polizisten: Mit diesem Urteil endete in Genua das Berufungsverfahren rund um den nächtlichen Sturm auf die von Globalisierungskritikern als Schlafstätte genutzte Scuola Diaz während des G-8-Gipfels von 2001.

Mit einem überaus brutalen Einsatz hatten am 21. Juli 2001 etwa 150 Ordnungshüter den Schlussstrich unter die mehrtägige Gewaltorgie der Polizei in Genua gezogen. Nachdem einen Tag vorher am Rand der Demonstrationen der 23-jährige Carlo Giuliani von einem Carabiniere erschossen worden war, drang ein großes Polizeiaufgebot in der Nacht in die Schule ein und knüppelte die meisten der dort Schlafenden zusammen. 93 Personen wurden als angebliche Angehörige des "Schwarzen Blocks" verhaftet; 82 von ihnen waren teilweise schwer verletzt, mit Knochenbrüchen, ausgeschlagenen Zähnen, Lungenperforationen und Schädeltraumata.

Die Polizei legitimierte seinerzeit den Einsatz mit gefälschten Beweismitteln. So wurden im Eingangsbereich der Schule zwei Molotowcocktails "gefunden"; ein Video zeigte später, dass die Polizisten sie praktischerweise selbst mitgebracht hatten. Und so schilderte ein Beamter in dramatischen Tönen, wie er von einem der Protestierer im Schultreppenhaus mit einem Messer attackiert worden sei. Die Untersuchung seiner Uniformjacke ergab jedoch, dass jemand recht ungeschickt versucht hatte, jenen Messerstich vorzutäuschen.

Dennoch waren die meisten Polizisten in erster Instanz glimpflich davongekommen, ihre Vorgesetzten erst gar nicht angeklagt worden. Im November 2008 hatte die zuständige Kammer in Genua bloß untergeordnete Chargen verurteilt; sie gehörten zu jener Bereitschaftspolizei-Einheit, die den Prügeleinsatz direkt durchgeführt hatte. Dagegen waren sämtliche Einsatzleiter vom Vorwurf der Beweismittelfälschung freigesprochen worden.

Das Berufungsgericht kehrte nun mit dem am späten Dienstagabend verkündeten Spruch das Urteil um. Es sah als erwiesen an, dass hinter der Fälschung System steckte. Deshalb wurde nicht nur jener Beamte verurteilt, der die Molotowcocktails in die Schule schmuggelte, und nicht nur jener Polizist, der sich zum Opfer der Messerattacke stilisiert hatte, sondern auch all jene vor der Schule anwesenden Polizeikommandanten, die die Festnahmeprotokolle mit den falschen Behauptungen abgezeichnet hatten.

Viele dieser Kommandanten haben in den Jahren seit Genua weitere Stufen auf der Karriereleiter erklommen und durften sich der konstanten Deckung durch die Regierung sicher sein. "Man muss begreifen, wie viel Kraft und Mut die Richter aufgebracht haben", kommentierte denn auch der Staatsanwalt Enrico Zucca nach der Urteilsverkündung. Und Giuliano Giuliani, Vater Carlo Giulianis, erklärte, "es gibt noch Richter in Genua". Rechtskräftig ist das Urteil allerdings noch nicht; alle Verurteilten werden mit Sicherheit in die dritte Instanz beim Kassationsgericht in Rom gehen.


Aus: "Polizisten müssen in den Knast" VON MICHAEL BRAUN (19.05.2010)
Quelle: http://www.taz.de/1/politik/europa/artikel/1/polizisten-muessen-in-den-knast/