• Welcome to COMMUNICATIONS LASER #17. Please log in.

[Notizen zur Überwachung... ]

Started by Textaris(txt*bot), June 09, 2005, 02:40:14 PM

Previous topic - Next topic

0 Members and 1 Guest are viewing this topic.

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Amazon überwacht Mitarbeiter in Echtzeit auf Schritt und Tritt - Auf diese Weise wird die Leistung der Belegschaft erörtert, belegen NDR-Recherchen – und entschieden, wer bleiben darf

Kaum ein Unternehmen hat von der Coronakrise so viel profitiert wie Amazon. Seit März ist die Aktie des US-Konzerns auf dem Höhenflug, gerade im Online-Versand punktet der Händler im Vergleich zur Konkurrenz massiv. Doch wie in der Vergangenheit immer wieder berichtet, geht das häufig auf Kosten der Belegschaft. Einem Bericht des Norddeutschen Rundfunk (NDR) zufolge werden Mitarbeiter in Echtzeit kontrolliert, um die Leistung zu messen und auf diese Weise zu kontrollieren, ob sie produktiv genug sind.

Hierfür müssen Mitarbeiter ihre Arbeitsschritte parallel scannen – das wird auch aufgezeichnet, sodass Vorgesetzte sofort einen Zugriff auf die Information hat und auch einsehen können, ob der jeweilige Lagerbeschäftigte eine bestimmte Durchschnittsgeschwindigkeit erreicht. Ist jemand mehrere Minuten lang nicht im Dienst, wird das ebenso angezeigt. In solchen Fällen greifen dann Vorgesetzte ein – ein Vorarbeiter erzählte dem ARD etwa anonym, dass Mitarbeiter dann vor Ort konfrontiert werden, um zu prüfen, ob sie beispielsweise zu viel plaudern oder zu oft am Klo waren. Amazon erklärte gegenüber der "Tagesschau", dass man Mitarbeitern auf dieser Weise helfe, neue Prozesse anzulernen, bei Bedarf gebe es "Hilfestellungen".

Dadurch erfolgt wohl aber auch ein automatisierter Vergleich der Mitarbeiter und ihrer Leistungen – wer zu wenig bzw. weniger als die Kollegen leistet, muss mit einer Kündigung rechnen. Entschieden wird das durch eine Software. Schnelle Mitarbeiter würden bleiben, langsame müssten gehen – wodurch der Druck, rasch zu sein, immer mehr steigt, weil die Durchschnittsrate immer größer wird. Eine ehemalige Mitarbeiterin eines Versandlagers erzählte der "Tagesschau", dass sie ermahnt wurde, als ihre Rate fiel – und gefragt, wo sie sich zu bestimmten Zeiten befunden hatte. Später führte die sinkende Leistung zur Kündigung.

Anfang des Monats brachten EU-Abgeordnete in einem offenen Brief ihre Bedenken bezüglich der Überwachungsmaßnahmen des Konzerns zum Ausdruck. Dabei ging es vor allem um das mögliche Ausspähen von Gewerkschaftern, Mitarbeitern und Politikern. Auslöser war eine Jobausschreibung des Unternehmens, mit der es nach "Analysten" suchte, die Gefahren für Amazon überwachen sollen, darunter eben die Bildung von Gewerkschaften oder aber auch "feindselige Politiker". Gewerkschaften und Politiker wurden in dem Ausschreiben in denselben Kategorien gehandhabt wie ähnliche Jobangebote für Analysten zu Risiken wie Hassgruppierungen und Terrorismus.

Parallel wurde ein internes Papier des Unternehmens geleakt, dass Pläne beschreibt, hunderttausende Dollar auszugeben, um Versuche, sich zusammenzuschließen, und andere "Gefahren" für das Unternehmen, so die Wortwahl, weltweit mithilfe von algorithmengesteuerter Software zu analysieren und zu visualisieren. Im April wurde hingegen bekannt, dass das Unternehmen in den USA bei seiner Lebensmittelkette Whole Foods für jedes Geschäft Risikoanalyse erstellt – und zwar in Bezug auf die "Gefahr" einer gewerkschaftlichen Organisierung. Einer der Faktoren ist etwa die Diversität der Mitarbeiter. Und bereits in der Vergangenheit wurde die automatisierte Überwachung mit Handscannern und Computern, die die Leistung mitverfolgen, massiv kritisiert. (red, 25.10.2020)


Aus: "Amazon überwacht Mitarbeiter in Echtzeit auf Schritt und Tritt" (25. Oktober 2020)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000121191251/amazon-ueberwacht-mitarbeiter-in-echtzeit-auf-schritt-und-tritt

Quote
Mr.URNs

Hey, ich jab da eine super Idee: Alle Leistungsgesellschafts-Gläubingen (zB die komplette ÖVP, NEOS, deren sämtliche Wähler_innen) sollten ein Jahr lang so arbeiten müssen.
Ich glaub da würde sich dann danach ideologisch so einiges erledigt haben. :-)


Quote
H. K.

Schon vor 40 Jahren sind z.B. in einer österr. Textilwerkstatt ,,Trainerinnen" mit der Stopuhr neben den Näherinnen gestanden und das hat damals schon keinen wirklich aufgeregt ....leider


Quote
Uwe Härtel

Amazon ist schon ziemlich extrem - aber es ist allgemein bekannt und niemand wird gezwungen, dort zu arbeiten. Wer schon mal in einem Callcenter gearbeitet hat, weiß, dass es dort sehr ähnlich abläuft und das dort täglich direkt und indirekt großer Druck auf die Mitarbeiter ausgeübt wird. In der Regel bleiben die Leute dort 2-3 Jahre, länger halt man das einfach nicht durch.


Quote
Karnahkarnanz

War eh klar! Wie immer wird die Technik dazu benutzt, um das beste für den Menschen zu erreichen. Auch wenns ein bissl faschistoid ist.


Quote
gabi1966

Alles egal. Die paar wenigen die (wie ich) auf Amazon verzichten, tun denen nicht weh.
Man ist empört, ein paar Tage, in diesem Fall wahrscheinlich nur ein paar Stunden oder Minuten, und dann darf Alexa wieder Putzmittel bestellen.
Dieses System wird in vielen Betrieben kommen, und niemanden interessiert es.

Traurig.


Quote
DevilsKitty

freie wirtschaft... will doch angeblich jeder..


Quote
barefootinthesnow

Besser als eine Kolchose


Quote
Daft Wullie

Und wo ist da jetzt der Unterschied zB zu A1? Die hatten schon vor knapp 20 Jahren in ihren Call-Centern Software, die pro Team dem sogenannten "Workforce-Manager" anzeigte ob der Untergebene grad telefonierte (inbound oder outbound), aufgelegt hatte aber noch nicht auf Status "bereit" zurückgegangen ist oder aber grad um 10 Sekunden zu lang auf Bildschirmarbeitsplatz-Pause war. Da hat dann auch sofort das Telefon geläutet mit der Frage warum man nicht weiterarbeitet. Is mir schon klar, in letzter Zeit basht man gerne Amazon, hat auch sicher in vielen Fällen seine Berechtigung aber diese Überwachung auf "Schritt und Tritt" gabs schon unterm Nemsic....


Quote
Thomas Müller

Mark-Uwe Kling "Quality Land"


Quote
Aus dem Norden

Es ist die Aufgabe der Politik, Gesetze zu machen, die solche Zustaende verhindern.
Es ist die Aufgabe der Medien, solche Zustaende aufzuzeigen.
Es ist die Aufgabe der Behoerden, solche Firmen zu ueberwachen und wenn noetig, vor Gericht zu bringen.

...


Quote
BonFinger

Wie hätten Sie entschieden?
Ich habe mir unlängst ein Tempur Kissen bei Möbel Leiner gekauft.
Kostenpunkt € 129,-.
Amazon das haargenau selbe wäre um € 89,- zu haben gewesen.


Quote
UpGoerFive

Als Unternehmen bevorzuge ich natürlich die produktivsten Mitarbeiter. Wo ist das denn nicht so?


Quote
Sukram's Panopticum

ª¯\_(^·^)_/¯º

Dann lassen sie doch Roboter bauen, die sind kein Organismus. Ich weiß nicht, warum Menschen als Unternehmer glauben, dass andere Menschen nur Ressourcen darstellen... Das läuft was grob falsch im Schädel.


Quote
jm2c

"... hunderttausende Dollar auszugeben, um Versuche, sich zusammenzuschließen..."
In einem Unternehmen dieser Größe sollte ein Betriebsrat schlicht und ergreifend gesetzlich verpflichtend gemacht werden. Dann würde man sich solche Auswüchse von offensichtlichen Soziopathen weitgehend ersparen.


Quote
Lang Tsu

Kundenservice vs Versklavung

Früher haben wir 3 bis 4 Wochen auf unser Kastner & Öhler Paket gewartet. Und siehe da, wir haben es überlebt und uns riesig gefreut, als es dann endlich ankam. Jetzt möchte die Masse das in Früh bestellte Paket schon am liebsten am Abend auspacken. Nur dass dahinter Menschen stecken, die das einpacken und kontrollieren müssen, an das denkt keiner (ist nicht sichtbar). Wir sind einfach verzogen und fördern diese Versklavung.


Quote
Steffen55

Ich kenne jemand der für eine höher Management Position bei amazon in Deutschland im Recruiting Prozesse war. Nach der 7-8 Runde hat er dann selbst abgesagt. Er meinte sowas von Brainwash und Scientology Style hat er noch nie erlebt. Das sagt alles über die Unternhemenskultur.


Quote
Paf#

Staats- bzw Gesellschaftsversagen
Amazon ist ja nur ein Symptom. Wann immer es geht wird Mitarbeiterleistung gemessen, und die schwächeren gefeuert. Es gibt halt nur wenige Tätigkeiten die sich derart gut messen lassen, und wenige Konzerne die sich die dafür notwnedige Technik leisten.
In früheren fliessbandzeiten bzw bei Akkordarbeit war das ja auch nicht anders, nur wegen schlechterer (Überwachungs-)Technik weniger gnadenlos. ...


...

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Amazon.com treibt hohen Aufwand, um eigene Mitarbeiter, Gewerkschaftler und andere soziale Bewegungen zu überwachen. Auch Vertragspartner, Diebe, Drogendealer und Umweltschützer sind im Visier, selbst wenn sie gar nichts mit Amazon zu tun haben. Laut Amazon geschieht das alles legal und mit Wissen der örtlichen Behörden: "Jeder Versuch, diese Aktivitäten aufzubauschen, oder zu unterstellen, dass wir etwas Ungewöhnliches oder Falsches tun, ist unverantwortlich und falsch."

Das hat eine Konzernsprecherin zu Motherboard [https://www.vice.com/en/article/5dp3yn/amazon-leaked-reports-expose-spying-warehouse-workers-labor-union-environmental-groups-social-movements] gesagt. Die US-Webseite hatte mehr als zwei Dutzende interne Berichte Amazon zugespielt erhalten, deren Echtheit Amazon nicht bestreitet. Laut Motherboard verzeichnet Amazon nicht nur öffentliche Aktionen, vom Verteilen von Flugblättern bis zum Streik, genau mit Zeitpunkt, Ort, und Zahl der Teilnehmer, sondern auch nicht-öffentliche Treffen von Arbeitnehmern mit Gewerkschaftern.

Wichtige Informationsquelle sind zudem Äußerungen in Sozialen Netzwerken, sei es von Mitarbeitern oder Außenstehenden. Dabei bedient sich Amazon der Dienstleistungen Dritter, die sich Zutritt zu geschlossene Foren verschaffen. Die Betroffenen werden darüber freilich nicht informiert, vielmehr war Amazon daran gelegen, diese Schnüffelei geheimzuhalten, wie Motherboard im September berichtet hat. [https://www.vice.com/en/article/3azegw/amazon-is-spying-on-its-workers-in-closed-facebook-groups-internal-reports-show]

Immerhin werden auch Beschwerden von Mitarbeitern erfasst, sowie natürlich Diebstähle. Zusätzlich wird die Kriminalität in der Region untersucht. Motherboard nennt als Beispiel den Drogenhandel. Amazon möchte wissen, ob der den eigenen Betrieb stören könnte und ob Amazon-Mitarbeiter selbst Drogen nehmen könnten.

Unter dem Punkt "Betriebsumgebung" werden unter anderem politische Ereignisse analysiert, wie zum Beispiel die Gelbwesten-Bewegung in Frankreich oder eine Demonstration in Wien, die gegen die Politik der Regierung des Iran gerichtet war. Gleichzeitig hat Amazon besonderes Interesse an Umweltschützern. So wird der Erfolg Amazon-kritischer Greenpeace-Videos an Likes und Weiterverbreitungsstatistiken gemessen.

Amazon nimmt auch die von Greta Thunberg geführte Bewegung Friday For Future als Bedrohung wahr. Sie gewinnt "an Einfluss insbesondere auf junge Menschen und Studenten" und "zieht immer mehr Menschen schnell an", wie es in einem der Dokumente heißt.

Detektive werden ebenfalls eingesetzt, nach Angaben Amazons zum Schutz von Werttransporten. Aus den Dokumenten geht hervor, dass Detektive in ein polnisches Lager eines Amazon-Dienstleisters eingeschleust wurden. Sie sollten Vorwürfen unpassender Einstellungsverfahren nachgehen, konnte diese aber nicht erhärten.


Aus: "Amazon überwacht Gewerkschaftler, Greenpeace und Greta-Fans" Daniel AJ Sokolov (25.11.2020)
Quelle: https://www.heise.de/news/Amazon-ueberwacht-Gewerkschaftler-Greenpeace-und-Greta-Fans-4970229.html

Textaris(txt*bot)

"Smartphone-Tracking - Wie Daten von kommerziellen Apps an den Staat gelangen"
Der norwegische Journalist Martin Gundersen zeichnet in einer großen Recherche nach, wie seine Daten von genutzten Apps über Umwege in die Hände eines Datenbrokers kamen, der mit US-Polizeibehörden zusammenarbeitet. Datenschützer halten diese Form der Überwachung für neu und beispiellos.
04.12.2020 um 20:40 Uhr - Markus Reuter - in Überwachung
https://netzpolitik.org/2020/smartphone-tracking-wie-daten-von-kommerziellen-apps-an-den-staat-gelangen/

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Deutsche Strafverfolgungsbehörden überwachen Mobiltelefon-Nutzer erneut verstärkt mit verdeckten Mitteln. Allein die Bundespolizei hat im vorigen Jahr in 50 Ermittlungsverfahren 101.117 "stille SMS" verschickt, um Personen zu orten. Das sind mehr als doppelte so viele "Stealth Pings" als 2019, als der einstige Bundesgrenzschutz 48.000 entsprechende geheime Kurznachrichten aussandte. Dies ist einer heise online vorliegenden Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag zu entnehmen.

Die Bundespolizei setzt das umstrittene Instrument damit in etwa wieder genauso oft ein wie 2018. Die zwischenzeitliche Delle erklärt sich vermutlich durch ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH). Dieser forderte im Februar 2018, dass Strafverfolger eine stille SMS nur mit richterlichem Beschluss versenden dürfen. Der linke Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko konstatiert: "Die BGH-Entscheidung konnte die ausufernde Überwachung bei der Bundespolizei offenbar nur kurze Zeit eindämmen."

Auch beim Bundeskriminalamt (BKA) erfreut sich das Werkzeug wieder größerer Beliebtheit. Es hat voriges Jahr in 82 Verfahren 44.444 entsprechende heimliche Kurzmitteilungen verschickt, 2019 waren es 41.300. Wie viele Betroffene der Maßnahmen der Polizeibehörden des Bundes nachträglich darüber informiert wurden, ist der Regierung nicht bekannt: Dieser Schritt obliege den jeweils zuständigen Staatsanwaltschaften.

Beim Zoll behandelt das federführende Bundesinnenministerium (BMI) die Zahlen zur stillen SMS seit 2012 als Verschlusssache. Beim Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) verfährt das Ressort seit Anfang 2019 genauso. Zuvor hatte der Inlandsgeheimdienst Werte von bis zu 180.000 entsprechenden Abfragen pro Jahr erreicht. Das BMI weigert sich nun auch, Informationen über entsprechende BfV-Aktivitäten in "abstrahierter Form" zu veröffentlichen. Zu späteren Benachrichtigungen erfolge hier zudem "keine maßnahmenbezogene Erhebung". Angaben zum Bundesnachrichtendienst gelten ebenfalls als geheim.

"Stille SMS" gehen an die anvisierten Mobiltelefone, werden dort aber nicht angezeigt. Sie bleiben für die Empfänger unsichtbar. Ihr Gerät meldet sich aber bei der eingebuchten Funkzelle zurück, erzeugt so auswertbare Verbindungsdaten und verrät Ermittlern einen ungefähren Standort der Betroffenen.

Nicht mehr öffentlich verraten will die Regierung nun erstmals auch, wie viele Funkzellenabfragen die Zollfahnder durchführten. 2019 nutzten diese das Verfahren, bei dem Verbindungsdaten aller in eine bestimmte Funkzelle zu einem bestimmten Zeitpunkt eingeloggter Handy-Nutzer gespeichert und gerastert werden, in 44 Fällen. Hunko kritisiert diese erweiterte Heimlichtuerei "aufs Schärfste". Weil damit das parlamentarische Fragerecht ausgehöhlt werde, habe er beim BMI Beschwerde eingereicht. Handys seien generell zum Telefonieren da, "nicht um sie zunehmend als Ortungswanzen zu missbrauchen".

Die Bundespolizei fragte 2020 in 77 Fällen Providerdaten mithilfe von Funkzellenauswertungen ab. Im Vorjahr hatte sie davon 96-mal Gebrauch gemacht, um nachträglich alle Mobiltelefone in der Umgebung von Tatorten festzustellen. Das BKA gebrauchte das Instrument im vorigen Jahr in einem Fall, 2019 waren es drei Fälle gewesen. Der Generalbundesanwalt führte in vier Fällen insgesamt fünf Funkzellenauswertungen durch, wobei er sich der Amtshilfe von Landeskriminalämtern in Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen bediente. Maßnahmen benennen, "die wesentlich zur Aufklärung der jeweiligen Straftat beigetragen haben", kann das BMI nicht.

IMSI-Catcher brachte die Bundespolizei in 28, das BKA in vier Fällen in Stellung, um den Standort eines aktiv geschalteten Mobiltelefons und die Geräte- oder Kartennummer zu ermitteln. In Verfahren des Generalbundesanwalts wurden im ersten Halbjahr 2020 in 14 sowie im zweiten in 13 Fällen derlei Anlagen eingesetzt. IMSI-Catcher senden mit einem stärkeren Signal als Basisstationen der offiziellen Netzbetreiber, sodass sich Handys dort einwählen und überwacht werden können.

Das Werkzeug liefert dem BMI zufolge wesentliche Ausgangspunkte für weitere Ermittlungsmaßnahmen, durch die Sachverhalte inhaltlich aufgeklärt werden können. Die Bundesregierung habe 2020 auch eine Ausfuhrgenehmigung für einen IMSI-Catcher erteilt und zwar nach Ungarn. Über das belieferte Unternehmen könne man keine Angaben machen, um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu wahren. Keine öffentliche Auskunft gibt die Exekutive darüber, wie viele solcher Abhöranlagen Bundesbehörden im Regierungsviertel aufgespürt haben.

Jenseits der Handy-Überwachung befassen sich mit der "Internetaufklärung" beim BfV "alle Fachabteilungen". Nähere Auskünfte zur Aufgabenverteilung und zu Personalstärken könnten zum Schutz der Arbeitsweise des Geheimdienstes nicht gegeben werden. Innerhalb des BKAs seien die Abteilungen Polizeilicher Staatsschutz und Islamistisch motivierter Terrorismus/Extremismus damit beschäftigt, Online-Inhalte koordiniert auszuwerten. Das Bundesverteidigungsministerium unternehme in den Abteilungen Strategie und Einsatz offene Recherchen (Open Source Intelligence) zu "Nachrichten, gemeldeten Vorgängen und Ereignissen".

(tiw)


Aus: "Überwachung: Bundespolizei verschickte 2020 über 100.000 stille SMS" Stefan Krempl (06.02.2021)
Quelle: https://www.heise.de/news/Ueberwachung-Bundespolizei-verschickte-2020-ueber-100-000-stille-SMS-5047855.html

QuotePeter Zippo, 06.02.2021 12:28

Erfolgsquote unbekannt...

Natürlich geben die verschiedenen Behörden keine Erfolgsquote bekannt. Wenn die Telefonbespitzelung wesentlich zur Täterermittlung beitragen würde, bekämen wir auch Zahlen dazu geliefert.
Ist ja nicht so, als müsse sich dieser Staat vor seinen Bürgern für Überwachung rechtfertigen. Alles Terroristen und Kinderschänder, da darf man sowas. ...



Quotesou, 06.02.2021 18:20


Der Polizeistaat rüstet auf.
Funkzellenabfragen beim Zoll bleiben erstmals geheim
Korrektur: Der Polizei- und Geheimstaat rüstet auf.

Kranke Entwicklung.


...

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Dem Essenslieferanten Lieferando wird vorgeworfen, seine Angestellten während der Schichten großflächig überwacht zu haben. Dies berichtet der Bayerische Rundfunk (BR). Demnach sollen über eine App, mit der jeder Fahrer seine Aufträge erhält, jährlich bis zu 100.000 Datenpunkte gesammelt worden sein. Das Unternehmen widersprach den Vorwürfen.

Mit der App Scoober soll es dem Bericht zufolge möglich sein, den Standort der Fahrerinnen und Fahrer sekundengenau zu erfassen. Pro Lieferung entstünden so 39 Datenpunkte: Lieferando erfasst personalisiert, wann ein Fahrer eine Bestellung zugeteilt bekommt, diese abholt und ausliefert. "Aus unserer Sicht liegt hier totale Überwachung vor. Wir halten es für völlig unverhältnismäßig", kritisierte Lieferando-Betriebsratschef Semih Yalcin.

Lieferando entgegnete, die ermittelten Daten wie Zeiten und Orte seien unerlässlich für einen funktionierenden Lieferservice. Fahrerinnen und Fahrer müssten Bestellungen zugewiesen bekommen, Restaurants und Konsumenten wollten über den Status ihrer Bestellung Bescheid wissen. "Es wird mit den Daten keine unerlaubte Leistungskontrolle oder auch kein Profil der Fahrer erstellt", sagte Lieferando-Sprecher Oliver Klug. Die Speicherung der Daten sei aus arbeitsrechtlichen Gründen für sechs Jahre verpflichtend. Außerdem dienten die App-Daten Lieferando zufolge der Berechnung von Prämien wie etwa Bestellboni oder Kilometerpauschalen.

Der Datenschutzbeauftragte des Landes Baden-Württemberg, Stefan Brink, untersuchte die Scoober-App nach der Beschwerde eines Fahrers. Die Verfolgung des Standorts führe zu einer "dauerhaften Überwachung der Arbeitsleistung", die überdies "klar rechtswidrig" sei. "Sofern die Vorwürfe stimmen, ist das ein handfester Skandal", sagte SPD-Fraktionsvize Katja Mast.

Lieferando ist eine Tochter des niederländischen Konzerns Just Eat Takeaway. Brinks Untersuchungen wurden daher an die dortige Datenschutzbehörde weitergeleitet, heißt es im BR-Bericht. Wenn seine Kollegen zu einer ähnlichen Entscheidung kommen, droht Lieferando dem Datenschutzbeauftragten zufolge eine Strafe in "zweistelliger Millionenhöhe".


Aus: "Lieferando soll Fahrer systematisch überwacht haben" (21. Mai 2021)
Quelle: https://www.zeit.de/arbeit/2021-05/lieferando-fahrerueberwachung-scoober-tracking-daten-dsgvo

QuoteTitule #16

Keine Leistungskontrolle, aber die App dient zur "Berechnung von Prämien wie etwa Bestellboni oder Kilometerpauschalen."

ja nee, is klar.


QuoteTraxxq #23

Ich finde auch ganz toll das man jetzt Paketboten überwachen kann.


...

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Von Volkmar Kabisch, Antonius Kempmann, Georg Mascolo und Reiko Pinkert, NDR/WDR

Dass der US-Geheimdienst NSA jahrelang deutsche Spitzenpolitiker wie Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier ins Visier genommen hat, ist seit Jahren bekannt. Nun aber kommen neue Details der Ausspähaktion ans Licht: Ausgerechnet Deutschlands Nachbarland und enger Partner Dänemark half der NSA offenbar bei der groß angelegten Bespitzelung der Politiker.

Neu ist ebenso, dass auch der damalige SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück ins Fadenkreuz der Geheimdienste rückte. Das haben Geheimdienstquellen einem Team des Dänischen Rundfunks (DR) erklärt, das zusammen mit europäischen Medien, darunter NDR, WDR und die "Süddeutsche Zeitung" (SZ) die Sache recherchiert hat.

Der dänische Auslands -und Militärgeheimdienst Forsvarets Efterretningstjeneste (FE) ermöglichte demnach der NSA die Nutzung der geheimen Abhörstation Sandagergårdan in der Nähe von Kopenhagen. Hier befindet sich ein wichtiger Internetknotenpunkt verschiedener Unterseekabel, den die Nachrichtendienste anzapften.

Die dänische Regierung wusste von der Überwachung europäischer Nachbarländer wohl spätestens seit 2015. Damals entstand der so genannte Dunhammer-Report. In dem geheim gehaltenen Papier hatten dänische Geheimdienst- und IT-Spezialisten in Reaktion auf die Snowden-Enthüllungen zusammengetragen, inwieweit der dänische Nachrichtendienst mit der NSA kooperierte.

Dabei erfuhr die dänische Regierung offenbar auch, dass Dänemark dabei half, führende Politikerinnen und Politiker aus Schweden, Norwegen, den Niederlanden, Frankreich und auch Deutschland abzuhören. Hierzulande waren das neben Kanzlerin Angela Merkel und dem heutigen Bundespräsidenten Frank Walter Steinmeier, so zeigen es die Recherchen, auch der damalige SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück.

Im Interview mit NDR, WDR und SZ sagte Steinbrück, er habe erst durch diese Recherche vom Abhören seiner Person erfahren. "Politisch halte ich das für einen Skandal", so Steinbrück. Zwar glaube er, dass auch westliche Staaten funktionsfähige und tüchtige Nachrichtendienste benötigten. Doch zeige diese Art des Abhörens unter Partnern, "dass sie doch ein ziemliches Eigenleben führen."

Auch die Bundesregierung hatte von der Bespitzelung führender Regierungsmitglieder aus Dänemark keine Ahnung. Ein Regierungssprecher sagte auf Anfrage: "Der Gegenstand Ihrer Recherche ist der Bundeskanzlerin durch Ihre Anfrage bekannt geworden." Darüber hinaus wolle man sich nicht äußern. Auch Steinmeier erklärte, "keine Kenntnisse" zu einer möglichen Überwachung durch den dänischen Geheimdienst zu haben.

Laut Geheimdienstquellen des dänischen Senders DR nutzten die NSA und der dänische FE für die Überwachung die Spionage-Software "XKeyscore". Dieses Programm wurde in der Vergangenheit von der NSA und befreundeten Geheimdiensten benutzt, darunter der Bundesnachrichtendienst (BND), um bestimmte Suchbegriffe wie Mailadressen oder Telefonnummern aus großen Datenströmen zu filtern und zu analysieren.

Laut dem bis heute geheim gehaltenen Dunhammer-Report, der die Zusammenarbeit zwischen NSA und FE in den Jahren 2012 und 2014 untersuchte, zielte die Überwachung auch auf Dänemark selbst. So waren Ziele im dänischen Außen- und Finanzministerium sowie in einer dänischen Rüstungsfirma ausspioniert worden.

Der dänische Auslandsgeheimdienst half demnach den Amerikanern, die eigene Regierung zu überwachen. Das ist nach dänischem Recht verboten und führte nach Bekanntwerden im Jahr 2020 zu einer Welle der Entrüstung. Im Zuge der Aufklärung des Skandals musste bereits die gesamte Führung des FE zurücktreten, darunter auch der ehemalige Geheimdienstchef Thomas Ahrenkiel, der Botschafter in Deutschland hätte werden sollen. Noch nicht bekannt wurde damals, dass auch Merkel, Steinmeier und Steinbrück offenbar Ziele der Spionage aus Dänemark wurden.


Auch der BND überwachte Politiker - Seit 2007 benutzte auch der BND die Spionagesoftware "XKeyscore". Diese hatte der Geheimdienst von der NSA erhalten. Er verwendeten das Programm vor allem zur Überwachung und Auswertung von Satellitenkommunikation. Dabei bespitzelte der BND ebenfalls nicht nur Terroristen, sondern auch US-amerikanische und europäische Politiker, Ministerien und Regierungsstellen, Interpol, die OSZE, Unternehmen sowie verschiedene Nichtregierungsorganisationen.

Die Dänen hätten damals vor der Wahl gestanden, entweder mit den Amerikanern zu arbeiten oder mit den europäischen Partnern, erklärt Thomas Wegener Friis, ein dänischer Experte für die Arbeit von Geheimdiensten. "Da haben sie sich eindeutig für die Amerikaner entschlossen und gegen ihre europäischen Partner."

Überrascht von den neuerlichen Enthüllungen ist auch Patrick Sensburg nicht. Der CDU-Politiker leitete im Bundestag den NSA-Untersuchungsausschuss. Man müsse das System von Nachrichtendiensten verstehen, sagt Sensburg. "Es geht hier nicht um Freundschaften. Es geht hier nicht um moralisch-ethische Ansprüche. Es geht darum, Interessen durchzusetzen."

Die NSA, der dänische Geheimdienst FE und das dänische Verteidigungsministerium wollten die Recherchen auf Anfrage nicht kommentieren. Die dänische Verteidigungsministerin teilte allgemein mit, "ein systematisches Abhören enger Verbündeter ist inakzeptabel."

Die Recherchen erfolgten in Zusammenarbeit zwischen dem dänischen Fernsehsender DR, dem schwedischen SVT, dem norwegischen NRK, der französischen Le Monde sowie NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung.


Aus: "Spionage-Affäre Wenn Partner Partner abhören" (Stand: 30.05.2021)
Quelle: https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/nsa-bespitzelung-politiker-101.html


Textaris(txt*bot)

QuoteSabine Leutheusser-Schnarrenberger @sls_fdp

Der präventive #Staatstrojaner für die Bundespolizei erlaubt ein Durchsuchen des Computers von vermeintlich Verdächtigen, ohne dass der Verdacht auf eine Straftat  konkret vorliegt. Um es abzurunden, bekommen alle Geheimdienste in D auch noch dieses Instrument an die Hand.

10:34 vorm. · 9. Juni 2021


https://twitter.com/sls_fdp/status/1402544590066962433

-

Quote[...] Am kommenden Donnerstag, den 10. Juni 2021 wird die Regierungskoalition voraussichtlich das ,,Gesetz zur Anpassung des Verfassungsschutzrechts" im Bundestag verabschieden. Die Digitale Gesellschaft hat dazu eine Stellungnahme veröffentlicht, in der sie insbesondere den Einsatz von Staatstrojanern in der erweiterten Quellen-TKÜ durch sämtliche Geheimdienste sowie die Erweiterung der Überwachungsbefugnisse durch das Bundesamt für Verfassungsschutz kritisiert.

Das geplante Gesetz erweitert die Überwachungsbefugnisse der deutschen Geheimdienste erheblich. Trotz nahezu einhelliger Kritik der Sachverständigen und erheblichen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit scheint die Koalition fest entschlossen das Gesetz zu verabschieden. Im sehr kurzfristig anberaumten Gesetzgebungsverfahren hat sich bereits eine breite Koalition, die von Facebook und Google bis zum Chaos Computer Club reicht in einem offenen Brief an den Bundestag gewandt um das Gesetz doch noch zu verhindern.

Im Fokus der Kritik steht die Befugnis zum Einsatz von Staatstrojanern zum Zweck der Quellen-Telekommunikationsüberwachung, mit der insbesondere auch gespeicherte verschlüsselte Kommunikation direkt auf dem Endgeräten der Nutzerinnen und Nutzer ausgeleitet und überwacht werden soll. Dabei soll nicht nur laufende Kommunikation überwacht werden, sondern teilweise auch rückwirkend auf gespeicherte Nachrichten zurückgegriffen werden. Dies stellt nicht nur einen erheblichen Eingriff in die Grundrechte der Betroffenen dar, sondern höhlt die Sicherheit der Kommunikation insgesamt aus, da die Behörden die Geräte hacken und Sicherheitslücken ausnutzen statt diese zu schließen.

Für das leichtere Aufspielen von Staatstrojanern sollen zukünftig auch Anbieter von Telekommunikationsdiensten verpflichtet werden, Daten (etwa Updates) über die Verfassungsschutzämter zu leiten, so dass diese Zugriff auf die Geräte der Nutzerinnen und Nutzer erlangen. Eine so weitreichende Kooperationsverpflichtung, mit der die Anbieter zu Erfüllungsgehilfen beim Infiltrieren von staatlicher Schadsoftware gemacht werden, schädigt nicht nur das Vertrauensverhältnis zwischen Anbietern und Nutzerinnen und Nutzern.

Tom Jennissen von der Digitalen Gesellschaft: ,,Wenn die Geheimdienste künftig ausgerechnet Sicherheitsupdates dazu nutzen wollen Schadsoftware zu installieren, untergräbt dies alle Bemühungen sichere und bewusste Kommunikation im Internet zu etablieren."

Darüber hinaus sollen die Befugnisse zur Überwachung von Einzelpersonen massiv ausgeweitet werden und den Geheimdiensten ein weites Ermessen eingeräumt werden, tätig zu werden. Dies wird insbesondere mit Aktivitäten im Internet begründet. Tom Jennissen: ,,Mit einem derartigen Ermessen wird den Verfassungsschutzämtern eine noch weitergehende Deutungshoheit über die politische Meinungsäußerung im Netz zugesprochen. Statt präziser Regeln für Geheimdienste zu formulieren, wird ihnen weitgehend freie Hand gegeben."

Zweifel am neuen Gesetz bestehen aus Sicht der Digitalen Gesellschaft auch an der Zuständigkeit des Bundes. Zudem höhlt das Gesetz das historisch bedingte Trennungsgebot zwischen Geheimdiensten und Polizei noch weiter aus.

Die Digitale Gesellschaft lehnt das Gesetz daher entschieden ab. Sie fordert den Gesetzgeber auf, statt kurz vor der Wahl übereilt den Geheimdiensten immer neue Befugnisse zu geben, in der kommenden Legislatur das gesamte System der inneren Sicherheit auf einen kritischen Prüfstand zu stellen. Angesichts der Personalie des bis vor kurzem amtierenden Bundesverfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen und der Ereignisse um seine Versetzung in den einstweiligen Ruhestand erklärt Tom Jennissen: ,,Statt dem leider etablierten Grundsatz zu Folgen, dass die Geheimdienste noch aus jedem Skandal mit erweiterten Befugnissen hervorgehen, sollte die Politik endlich die Freiheitsrechte und die Sicherheit der Bevölkerung über die Interessen der Sicherheitsbehörden stellen."

...


Aus: "Pressemitteilung: Digitale Gesellschaft veröffentlicht Stellungnahme zum Verfassungsschutzrecht" Tom Jennissen (08.06.2021)
Quelle: https://digitalegesellschaft.de/2021/06/pressemitteilung-digitale-gesellschaft-veroeffentlicht-stellungnahme-zum-verfassungsschutzrecht/

Berlin, Juni 2021- Stellungnahme zum Gesetz zur Anpassung des Verfassungsschutzrechts
https://digitalegesellschaft.de/wp-content/uploads/2021/06/SN-VerfSchR-DigiGes.pdf

-

"Bundespolizeigesetz: Große Koalition einigt sich auf Staatstrojaner-Einsatz schon vor Straftaten"
Die Bundespolizei soll Staatstrojaner gegen Personen einsetzen, die noch gar keine Straftat begangen haben. Darauf haben sich SPD und Union im Bundestag geeinigt, übermorgen wollen sie das Gesetz beschließen. Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken hatte eigentlich angekündigt, das ,,auf keinen Fall" mitzutragen.
08.06.2021 um 18:43 Uhr - Andre Meister
https://netzpolitik.org/2021/bundespolizeigesetz-grosse-koalition-einigt-sich-auf-staatstrojaner-einsatz-schon-vor-straftaten/

-

Quotenetzpolitik @netzpolitik

Die Große Koalition beschließt heute Mittag den Staatstrojaner-Einsatz für alle 19 Geheimdienste und die Bundespolizei (sogar ohne begründeten Tatverdacht).

Das Zustimmen der SPD war entgegen aller Beteuerungen leider zu erwarten.
9:50 vorm. · 10. Juni 2021


Quelle: https://twitter.com/netzpolitik/status/1402896019432562691

-

Quote[...] Unser Brief an die SPD-Bundestagsfraktion: Stoppt den Staatstrojaner!

Liebe Genossinnen und Genossen,

mit Entsetzen haben wir zur Kenntnis genommen, dass gestern Abend und heute Vormittag sehr plötzlich und ohne Not eine Einigung mit der Union bezüglich der Reform des Bundespolizeigesetzes und des Verfassungsschutzrechts zustande gekommen ist. Dies beinhaltet ausweislich der bisherigen Berichterstattung die massive Ausweitung staatlicher Überwachungsmöglichkeiten auch im Vorfeld von Strafverfolgung. So soll wohl die Möglichkeit geschaffen werden, dass nunmehr auch unterhalb der Schwelle eines konkreten Tatverdachts die ,,Quellen TKÜplus" und der Staatstrojaner durch Bundespolizei und Geheimdienste eingesetzt werden kann.

Diese Einigung lehnen wir ab. Wir fordern euch auf, sie morgen bei der Abstimmung zu stoppen. Zum einen ist dies Reform politisch falsch: so ist das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht bezüglich der "Quellen TKÜplus" im Rahmen der Strafprozessordnung noch nicht einmal abgeschlossen und die SPD Bundestagsfraktion läuft Gefahr, verfassungswidriges Recht mitzutragen. Darüber hinaus ist auch nicht ersichtlich, aus welchen Gründen ein so weitreichender Eingriff in die Freiheit der Menschen in Deutschland notwendig sein soll.

Wir möchten euch erinnern, dass insbesondere die Arbeit der Verfassungsschutzämter in den letzten Jahren vor allem durch Skandale geprägt war. Diesen Behörden mehr Möglichkeiten einzuräumen ist nicht klug. Darüber hinaus erschließt sich uns nicht, warum man sich in dieser politischen Phase kurz vor Ende der Legislatur noch auf einen Kompromiss mit der Unionsfraktion einlassen soll, der unserer Partei massiven Schaden und den Verlust von Glaubwürdigkeit bei Bürgerrechtler*innen, Journalist*innen und Netzaktivist*innen zufügt. Während die CDU/CSU-Bundestagsfraktion die Einführung von Kinderrechten im Grundgesetz, ebenso wie die Streichung des Begriffs "Rasse" aus Art. 3 GG oder die Einführung eines sinnvollen Demokratiefördergesetzes sowie die Reform des Transsexuellengesetzes blockiert und uns qua Koalitionsfrieden dafür mit in Haftung nimmt.

Angesichts dieser – noch nicht mal vollständigen – Liste ist nicht zu erkennen, warum wir diese fatale Einigung mittragen sollten. Eher im Gegenteil: wir möchten einmal daran erinnern, wie sehr die SPD gerade bei jungen und linken Wähler*innen Vertrauen verloren hat, indem die Chance, die Reform der Urheberrechtsrichtlinie zu stoppen, nicht genutzt wurde. Für uns steht fest, dass sich die Union vollkommen destruktiv in der momentanen Zusammenarbeit
verhält. Das sollten wir klarmachen und daher selbst Grenzen aufzeigen, die bei dieser Reform definitiv überschritten sind.

Besonders in den Landesverbänden und Bezirken ist es unsere Aufgabe im kommenden Wahlkampf, jungen Menschen, die sich eine linke Gesellschaft und eine bessere Zukunft wünschen, die Politik der SPD zu erklären und für diese zu werben. Mit der Zustimmung zu dieser Reform würde die Bundestagsfraktion jedoch jene Grenze überschreiten, nach der dies schlechthin nicht mehr möglich wäre. Wir schreiben euch, um eine solche für die gesamte Partei fatale Situation zu verhindern.

Wir sind in den letzten Monaten zusammen mit der Parteispitze, der Bundestagsfraktion und unserem Spitzenkandidaten solidarisch in den Wahlkampf ausgezogen. An dieser Stelle liegt es nun bei euch, diesen gemeinsamen Weg nicht zu verlassen. Wir fordern euch auf, dieser Reform nicht zuzustimmen.

Mit sozialdemokratischen Grüßen

Jessica Rosenthal, Juso-Bundesvorsitzende
Julie Rothe, Juso-Bundesgeschäftsführerin
Antonia Hemberger, stellv. Bundesvorsitzende
Matthias Glomb, stellv. Bundesvorsitzender
Almut Großmann, stellv. Bundesvorsitzende
Manon Luther, stellv. Bundesvorsitzende
Seppi Parzinger, stellv. Bundesvorsitzender
Anna Rasehorn, stellv. Bundesvorsitzende
Hanna Reichhardt, stellv. Bundesvorsitzende
Stephan Schumann, stellv. Bundesvorsitzende
Ferike Thom, stellv. Bundesvorsitzende
Philipp Türmer, stellv. Bundesvorsitzender
Michelle Rauschkolb, Yes Vice-President
Lasse Rebbin, koop. Mitglied im Juso-Bundesvorstand
Michelle Reißmann, koop. Mitglied im Juso-Bundesvorstand
Patricia Seelig, koop. Mitglied im Juso-Bundesvorstand
Mia Thiel, IUSY Vice-President
Benjamin Weiss, koop. Mitglied im Juso-Bundesvorstand, Juso-HSGen

Jusos Baden-Württemberg
Jusos Bayern
Jusos Berlin
Jusos Brandenburg
Jusos Braunschweig
Jusos Bremen
Jusos Hamburg
Jusos Hannover
Jusos Hessen-Nord
Jusos Hessen-Süd
Jusos Mecklenburg-Vorpommern
Jusos Nord-Niedersachsen
NRW Jusos
Jusos Rheinland-Pfalz
Jusos Saar
Jusos Sachsen
Jusos Sachsen-Anhalt
Jusos Schleswig-Holstein
Jusos Thüringen
Jusos Weser-Ems


Quelle: https://www.jusos.de/inhalte/unser-brief-an-die-spd-bundestagsfraktion-stoppt-den-staatstrojaner/ (2021)

https://twitter.com/jusos/status/1403055276828377096

-

QuoteLorenz Meyer
@shengfui

Liebe #SPD, die Ihr gegen einhelligen Expertenrat und gegen vorherige Versprechen den Einsatz von #Staatstrojaner​n erlauben wollt: Was treibt Euch an? Ist es eine morbide Todessehnsucht? Ist es der Wunsch, möglichst viel zu zerstören, bevor man sich bei den Wahlen verabschiedet?

1:37 nachm. · 9. Juni 2021


Quelle: https://twitter.com/shengfui/status/1402590662395052037

-

QuoteNicht Chevy Chase @DrWaumiau

Die SPD macht den Weg frei für #Staatstrojaner in der Hand von Inlandsgeheimdiensten, obwohl sie mehrfach versprochen hat, dies nicht mitzutragen. Woher dieser Vertrauens- und Glaubwürdigkeitsverlust bei den Sozialdemokraten immer herkommt? Keine Ahnung!

8:12 vorm. · 9. Juni 2021


https://twitter.com/DrWaumiau/status/1402508853497974787

-

QuoteSaskia Esken @EskenSaskia

Ich halte die Entscheidung für den Einsatz von #Staatstrojaner'n auch weiterhin für falsch, insbesondere in den Händen von Geheimdiensten. Diese Form der Überwachung ist ein fundamentaler Eingriff in unsere Freiheitsrechte und dazu ein Sicherheitsrisiko für unsere Wirtschaft.


https://twitter.com/EskenSaskia/status/1402577211882979335

QuoteReinald Kirchner @reinaldkirchner
·
9. Juni Antwort an @EskenSaskia

Und WARUM stimmt ihr dann nicht ensprechend ab? WARUM beschließt ihr ein Gesetz, wenn ihr es angeblich nicht wollt?
Das sind doch nur Krokodilstränen fürs Publikum, die Nummer habt ihr schon zu oft abgeliefert! ...


Quotebauchig-nagetier @BauchigN
·
9. Juni

Die "Wir mussten unter Bauchschmerzen wegen Koalistionsvertrag oder so ähnlich zustimmen" Partei.


QuoteChrrr @SchlChr
Antwort an @EskenSaskia

Wähle ich zur Bundestagswahl eigentlich diese "alte" SPD, die ich mit Olaf Scholz, Hartz IV, GroKo und Staatstrojaner verbinde, oder die "neue" SPD die ich mit sowas ähnlichen wie Grundeinkommen, Steuergerechtigkeit, Klimapolitik und Esken-Borjans-Kühnert verbinde?


QuoteThomas Stadler @RAStadler

Die namentliche Abstimmungen ist ganz aufschlussreich. Auch der ⁦@larsklingbeil
⁩ hat beispielsweise für den #Staatstrojaner gestimmt. Die #SPD ist einfach eine rechtsstaatlich unzuverlässige Partei.

Deutscher Bundestag - Namentliche Abstimmungen
https://www.bundestag.de/parlament/plenum/abstimmung/abstimmung?id=742

7:10 nachm. · 10. Juni 2021


https://twitter.com/RAStadler/status/1403036771269722121

...

"Bundestag erlaubt auch Bundespolizei den Staatstrojaner"
Die Bundespolizei darf künftig in Smartphones von Personen eindringen, die noch gar keiner Straftat verdächtigt werden.
Artikel veröffentlicht am 10. Juni 2021, 15:28 Uhr, Friedhelm Greis
Die Bundespolizei erhält neue Befugnisse zur Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) von Verdächtigen. Der Bundestag beschloss dazu am Donnerstag mit den Stimmen von Union und SPD eine Reform des Bundespolizeigesetzes. Alle Oppositionsparteien stimmten geschlossen dagegen. Das Gesetz erlaubt künftig den Einsatz von Staatstrojanern zur sogenannten Quellen-TKÜ nicht nur gegen eine Person, die einer konkreten Straftat verdächtigt wird. Der Einsatz ist auch dann möglich, "wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie innerhalb eines übersehbaren Zeitraums auf eine zumindest ihrer Art nach konkretisierte Weise eine Straftat begehen wird". ...
Darüber hinaus wird der Bundespolizei laut Gesetzesentwurf (PDF: https://dserver.bundestag.de/btd/19/265/1926541.pdf) erlaubt, nicht nur Daten zu Verurteilten, Beschuldigten und Verdächtigen zu verarbeiten, sondern auch zu "Anlasspersonen", bei denen "tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die betroffenen Personen in naher Zukunft Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werden". Darüber hinaus darf die Bundespolizei Daten von Personen speichern, die als Zeugen oder als Opfer einer künftigen Straftat in Betracht kommen. Eine Einwilligung der Personen zur Datenspeicherung und Verarbeitung ist nicht vorgesehen. ...
https://www.golem.de/news/praeventive-quellen-tkue-bundestag-erlaubt-auch-bundespolizei-den-staatstrojaner-2106-157204.html

Quote
Verstehe ich das richtig?
Autor: Slythra 11.06.21 - 09:48

,,Darüber hinaus darf die Bundespolizei Daten von Personen speichern, die als Zeugen oder als Opfer einer künftigen Straftat in Betracht kommen. Eine Einwilligung der Personen zur Datenspeicherung und Verarbeitung ist nicht vorgesehen."

Das ist doch ein Freifahrtschein, dass die Daten von ALLEN grundsätzlich gespeichert werden dürfen, weil jeder ein potenzielles Opfer einer Straftat sein kann, oder verstehe ich das falsch?


QuoteKann man nur seine Stasi-Akte oder auch die von QTKÜ sehen?
Autor: mimimi123 10.06.21 - 18:45

Kann man nur seine Stasi-Akte oder auch die von der Quellen-TKÜ einsehen? Oh man echt, bin mal auf den ersten Skandal gespannt. "Huch Abgeordnete wurden überwacht","Huch der neue BRD-Trojaner verschlüsselt jetzt deine Handy-Bilder","Huch, jedes x-tes Handy wird ausgespannt"

...


QuoteSicherheit
Autor: sda0 10.06.21 - 15:43

Dient alles einzig und allein unserer Sicherheit. Wird garantiert nicht von z.B. Rechtsextremen, innerhalb dieser Kreise, die darauf Zugriff bekommen, ausgenutzt. ...


-

Quote[...] Das sächsische Landesamt für Verfassungsschutz hat illegal Daten des stellvertretenden Ministerpräsidenten und SPD-Chefs Martin Dulig sowie weiterer Landtagsabgeordneter gesammelt. Laut einem Bericht der für die Geheimdienstaufsicht zuständigen Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK) des Landtags vom Dienstag, der der Deutschen Presse-Agentur vorlag, speicherte der Geheimdienst kritische Äußerungen Duligs zum Umgang der sächsischen CDU mit dem Thema Rechtsextremismus. Der Bericht (PDF) ist inzwischen auch vom sächsischen Landtag veröffentlicht worden. ...

https://www.landtag.sachsen.de/dokumente/210607_PKK_Nachbericht_Abgeordnetendaten.pdf


Aus: "Verfassungsschutz Sachsen sammelt Daten von Abgeordneten" (8. Juni 2021)
Quelle: https://www.golem.de/news/geheimdienst-verfassungsschutz-sachsen-sammelt-daten-von-abgeordneten-2106-157138.html

...

Quote[...]  PKK-Nachbericht "Ungeheuerlicher Vorgang" - Verfassungsschutz sammelte Daten zu nahezu allen Abgeordneten

von Uta Deckow, MDR SACHSEN

Stand: 08. Juni 2021, 16:59 Uhr

Der Verfassungsschutz Sachsen hat über den Wirtschaftsminister und SPD-Vorsitzenden Martin Dulig illegal Daten gesammelt. Das geht aus einem Bericht der Parlamentarischen Kontrollkommission des Landtages (PKK) hervor, der heute vorgelegt wurde. Gesammelt wurden beispielsweise Aussagen, in denen er sich kritisch zum Umgang der sächsischen CDU mit Rechtsextremismus geäußert hatte. Damit nicht genug: Nun teilt das Landesamt mit, von der illegalen Datensammlung seien nahezu alle Abgeordneten des Landtages betroffen. ...


Aus: "PKK-Nachbericht "Ungeheuerlicher Vorgang" - Verfassungsschutz sammelte Daten zu nahezu allen Abgeordneten" Uta Deckow (08. Juni 2021)
Quelle: https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/dresden/verfassungsschutz-sachsen-beobachtet-spd-minister-linke-abgeordnete-100.html

-

"Abhör-Affäre in Sachsen : ,,Gravierende Grenzüberschreitung"" Stefan Locke, Dresden (08.06.2021)
Sachsens Verfassungsschutz hat illegal Daten von Abgeordneten gespeichert – darunter auch von Vize-Ministerpräsident Martin Dulig. Der SPD-Politiker reagiert empört. ... ,,Das ist ein ungeheuerlicher Vorgang. Mir fehlen dafür die Worte", sagte der SPD-Politiker dem ,,Tagesspiegel". Er habe ein Auskunftsersuchen gestellt und daraufhin sechs Seiten mit Informationen, etwa über Teilnahmen an Demonstrationen und Facebook-Einträge, erhalten. Die Informationen, die über ihn gesammelt wurden, seien überwiegend belanglos – und ,,eher peinlich für die Agenten", zitierte die Zeitung den SPD-Landeschef....
Quelle: https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/sachsen-verfassungsschutz-speichert-illegal-daten-von-abgeordneten-17378934.html

...

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Julia Reda arbeitet bei der Gesellschaft für Freiheitsrechte, die in mehreren laufenden Verfahren Verfassungsbeschwerde gegen den Einsatz von Staatstrojanern eingelegt hat

Wer künftig neue Software aus dem Internet herunterlädt, etwa um sich vor Sicherheitslücken auf Computer und Smartphone zu schützen, könnte sich stattdessen unbemerkt einen Staatstrojaner einfangen. Das neue Gesetzespaket zu Verfassungsschutz und Bundespolizei hat gegen die Stimmen aller Oppositionsfraktionen gerade den Bundestag passiert. Mit krassen Folgen: Künftig können zahlreiche Behörden die Kommunikation von unbescholtenen Privatpersonen direkt auf deren Endgeräten mitlesen – auch ohne Anfangsverdacht.

Bereits 2008 hat das Bundesverfassungsgericht die Vorgabe gemacht, dass Online-Durchsuchungen nur bei einer konkret drohenden Gefahr für Leib und Leben möglich sein sollen. Die Bundesregierung hat das ignoriert. Stattdessen beruft sie sich darauf, dass es sich bei den beschlossenen Staatstrojanern nicht um eine verdachtsunabhängige Online-Durchsuchung, sondern bloß um eine Form der Telekommunikationsüberwachung handle. Aber das ist Etikettenschwindel: Denn das Gesetz erlaubt auch das Auslesen von vergangener Kommunikation, die auf dem Endgerät gespeichert ist. Mit dem Abhören von Telefongesprächen ist das nicht vergleichbar.

Es laufen bereits mehrere Verfassungsbeschwerden gegen Bundesgesetze und Landespolizeigesetze, die Staatstrojaner vorsehen. Denn der Einsatz ist nicht nur ein Verstoß gegen die Verfassung. Staatstrojaner schaffen außerdem einen direkten Anreiz für Behörden, einmal entdeckte Sicherheitslücken bei Computern oder Smartphones nicht bei den Herstellern zu melden – dies schwächt digitale Systeme nachhaltig. Auch dieser Fall wird von Richter:innen zu prüfen sein.

Wenn der Bundestag härtere Überwachungsgesetze verabschiedet, dann geschieht dies oft im Windschatten von Anschlägen oder Skandalen. Sie werden häufig als Rechtfertigung für die Notwendigkeit massiverer Überwachung herangezogen. Das funktioniert dieses Mal nicht, im Gegenteil. Die jüngsten Verfassungschutz-Skandale müssten eigentlich Anlass genug sein, die Befugnisse der Behörden zu beschneiden.

Erst kürzlich wurde bekannt, dass der sächsische Verfassungsschutz illegal Daten über Landtagsabgeordnete gespeichert hat. Es lagen sogar Informationen über Vize-Ministerpräsident Martin Dulig (SPD) vor, weil dieser der CDU die Verharmlosung von Rassismus vorgeworfen hatte. Gleichzeitig stellt die Thüringer CDU den Ex-Chef des Bundesverfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen, als Wahlkreiskandidaten auf, der selbst so weit am rechten Rand steht, dass er diesen nie wirklich überwachen wollte.

Erstaunlich ist dabei der Masochismus der SPD: Obwohl Sozialdemokraten selbst Opfer von exzessiver Überwachung geworden sind, haben sie trotzdem dem Einsatz von Staatstrojanern zugestimmt. Und das bedeutet: Ohne richterlichen Beschluss oder effektive demokratische Kontrolle dürfen Bundes- und Landesverfassungsschutzämter künftig Sicherheitslücken ausnutzen, um private Computer und Smartphones auszuspähen. Wer angesichts der vielen Skandale immer noch glaubt, dass die Behörden künftig verantwortungsbewusst mit ihrer neuen Macht umgehen werden, dem ist nicht zu helfen. Dieses sogenannte Sicherheitsgesetz macht uns alle unsicherer.


Aus: "Künftig wird alles kontrolliert" (Julia Reda | Ausgabe 24/2021)
Quelle: https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/kuenftig-wird-alles-kontrolliert

Quote
Hareimue | Community

"Liebes-SMS, Dienstgeheimnisse oder die Einkaufsliste: Der Staatstrojaner hat alles im Blick. Die GroKo sieht da kein Problem"

Die meisten Menschen auch nicht, leider.


...

Textaris(txt*bot)

"'I will not be silenced': Women targeted in hack-and-leak attacks speak out about spyware" By Olivia Solon (Aug. 1, 2021)
Female journalists and activists say they had their private photos shared on social media by governments seeking to intimidate and silence them. ... The United Arab Emirates' government press office did not respond to repeated requests for comment. But the Ministry of Foreign Affairs and International Cooperation issued a statement denying that it surveilled journalists. ... "If a woman tries to express their opinion about unjust laws or says something that doesn't please the government, they will leak your private pictures to intimidate you," Lina al-Hathloul said. "It's effective in the short term, but in the long term it won't work. Women will realize they are being shamed and oppressed, and they will gather to unite against it." ...
https://www.nbcnews.com/tech/social-media/i-will-not-be-silenced-women-targeted-hack-leak-attacks-n1275540

Textaris(txt*bot)

"Pegasus: Auch Bundesnachrichtendienst spitzelt angeblich mit NSO-Trojaner" Andreas Wilkens (08.10.2021)
Neben dem Bundeskriminalamt soll auch der BND die Spyware einsetzen, heißt es in Medienberichten.  ... Nicht nur das Bundeskriminalamt, auch der Bundesnachrichtendienst setzt Spyware des isreaelischen Unternehmens NSO Group ein. Das berichten NDR, WDR, Süddeutsche Zeitung und die Zeit, die mit an Recherchen der Non-Profit-Organisation "Forbidden Stories" beteiligt sind.
Die Bundesregierung soll demnach dem Parlamentarischen Kontrollgremium verschwiegen haben, dass auch der deutsche Auslandsgeheimdienst die Software wohl längst einsetzt. Wo genau der BND Pegasus einsetzt, sei nicht bekannt, schreibt der NDR. Im September dieses Jahres hatte das Recherche-Netzwerk bekannt gemacht, dass das BKA eine modifizierte Pegasus-Version angeschafft hatte. Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte daraufhin dazu, die Bundesregierung handle "auf der Basis von Recht und Gesetz". ...
https://www.heise.de/news/Pegasus-Auch-Bundesnachrichtendienst-spitzelt-angeblich-mit-NSO-Trojaner-6212879.html

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Auf Twitter machte eine Nachricht die Runde, dass bei der FinFisher GmbH ein Insolvenzverfahren eingeleitet und ein Insolvenzverwalter eingesetzt wird. FinFisher ist als Hersteller einer Reihe von Spyware-Programmen bekannt, die nach einer neueren Marktübersicht in 33 Ländern eingesetzt wird, unter anderem in Kasachstan und Saudi-Arabien.

Als "Marktführer" im unübersichtlichen Markt der Schnüffelsoftware entpuppt sich das Insolvenzverfahren als eine einfache Umstrukturierung. Die Firma wird unter dem Namen Vilicius Holding GmbH fortgeführt.

Auf dem Spyware-Markt ist FinFisher eine Hausnummer mit einer langjährigen Vorgeschichte. Zuletzt wurde gemeldet, dass die Software möglicherweise zum Ausspionieren türkische Oppositionsgruppen genutzt wurde. Die Staatsanwaltschaft München nahm Ermittlungen auf.

Insofern freute man sich auf Twitter über diese weihnachtliche Nachricht. Doch die Geschichte entpuppt sich bei genauerer Sicht als Namenskosmetik. Die Geschäfte laufen jedenfalls unverändert gut. Nach dem Global Spyware Index vom Juli 2021 wird FinFisher in 33 Ländern eingesetzt, von denen nur 6 Prozent nach Ansicht der Marktbeobachter echte Demokratien sind.

(bme)


Aus: "Spyware Finfisher nach Namenswechsel bei neuer Holding Vilicius" Detlef Borchers (10.12.2021)
Quelle: https://www.heise.de/news/Spyware-Finfisher-nach-Namenswechsel-bei-neuer-Holding-Vilicius-6292281.html

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Nach teils abstrusen Reaktionen hat der Chef von Polens Regierungspartei zugegeben, dass sein Land die Spyware Pegasus der israelischen NSO Group gekauft hat. Jarosław Kaczyński sagte in einem Interview, "es wäre schlecht, wenn Polens Sicherheitsbehörden nicht über dieses Werkzeug verfügen würden", zitiert die Nachrichtenagentur AP. Die Spyware sei technisch fortschrittlicher und erlaube auch den Einblick in Krypto-Messenger.

Gleichzeitig habe Kaczyński den Vorwurf erneut zurückgewiesen, dass das Werkzeug gegen politische Widersacher und Widersacherinnen eingesetzt worden sei. Dabei hatte erst am Donnerstag die Menschenrechtsorganisation Amnesty unabhängig bestätigt, dass der Oppositionspolitiker Krzysztof Brejza mit Pegasus ausspioniert wurde.

Der bereits auf "Polens Watergate" getaufte Skandal war kurz vor Weihnachten ins Rollen gekommen. Damals gab es die ersten Berichte, denen zufolge ein prominenter Oppositionsanwalt, eine regierungskritische Staatsanwältin und der Senatsabgeordnete Krzysztof Brejza mit der Spyware Pegasus angegriffen worden waren. Brejza hatte 2019 den Wahlkampf der Opposition verantwortet, die Wahlen hatte die Regierungspartei PiS ("Recht und Gerechtigkeit") für sich entschieden.

Aus der war sich nun zuerst über die Spionagevorwürfe lustig gemacht worden, so hatten mehrere Vertreter und Vertreterinnen erklärt, dass es sich bei Pegasus wohl um eine gleichnamige Spielkonsole aus den frühen 1990er-Jahren handeln müsse. Doch angesichts der immer neuen Enthüllungen konnte das wohl nicht mehr beibehalten werden.

Polnische Medien hatten in den vergangenen Tagen unter anderem öffentlich gemacht, dass die Entscheidung zum Kauf der Spyware im Sommer 2017 getroffen wurde. Damals hätten sich die damalige Premierministerin Beata Szydło (PiS) und Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban mit Israels Premier Benjamin Netanjahu getroffen und den Kauf vereinbart.

Die für den Kauf nötigen als 5,5 Millionen Euro seien aus Finanzmitteln entnommen worden, die eigentlich an Opfer von Verbrechen gehen sollen, hatte die Zeitung Gazeta Wyborcza berichtet. Trotzdem verweigert sich die Regierungspartei weiter einer parlamentarischen Untersuchung, was nun auch Kaczyński noch einmal bestätigt hat. Laut AP sieht er dafür keinen Grund: "Es gibt hier nichts außer der Hysterie der Opposition", sagte er.

Der Skandal wirft derweil ein weiteres Schlaglicht auf die Arbeit der NSO Group und Israels Umgang mit dem Unternehmen. Vergangenen Sommer war enthüllt worden, dass die Spyware von NSO auf Dutzenden Smartphones von Journalisten und Journalistinnen, Menschenrechtlern und Menschenrechtlerinnen, deren Familienangehörigen und Geschäftsleuten gefunden worden war. Die Liste ist danach immer länger geworden und auch die Zahl der Staaten, die die Spyware gekauft haben sollen, wurde länger und länger.

Die NSO Group hatte versucht, sich möglichst wenig zu äußern und lediglich versichert, nur mit legitimen, vom israelischen Verteidigungsministerium überprüften Regierungsstellen zusammenzuarbeiten. Im November haben die USA Sanktionen gegen die NSO Group verhängt.

(mho)


Aus: ""Polens Watergate": Kauf von Pegasus-Spyware zugegeben, Amnesty bezeugt Vorwurf" Martin Holland (01.07.2022)
Quelle: https://www.heise.de/news/Polens-Watergate-Kauf-von-Pegasus-Spyware-zugegeben-Amnesty-bezeugt-Vorwurf-6320271.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Stellen Sie sich vor, Ihr Arbeitgeber weiß zu jeder Zeit, wo Sie sich aufhalten. Er registriert, wie schnell oder langsam Sie Ihre Arbeit erledigen, Ob Sie Pausen machen oder wie genau Sie die Vorgaben einhalten. Und all diese Daten sammelt er – für unbestimmte Zeit.

Keine Dystopie. Sondern Alltag in der schönen neuen Arbeitswelt der Lieferdienste.

Der BigBrotherAward 2022 in der Kategorie Arbeitswelt geht deshalb an Lieferando und an die hinter diesem Firmennamen stehenden Unternehmen yd.yourdelivery GmbH und Takeway Express GmbH, beide ansässig in Berlin. Der Einfachheit halber werde ich im Folgenden von ,,Lieferando" sprechen.

Lieferando erhält den BigBrotherAward 2022 für den Einsatz der Scoober-App, die eine umfassende Überwachung der für den Lieferdienst tätigen Fahrerinnen und Fahrer ermöglicht und die zugleich personenbezogene Daten an eine Reihe von Internet-Tracker weiterleitet.

Lieferando ist aus unserer Sicht nur die Spitze eines Eisbergs von Firmen aus der ,,Plattform-" oder ,,Gig-Economy", die eine Tätigkeit davon abhängig machen, dass Beschäftigte ihnen vielfältige persönliche Daten zur Verfügung stellen. In Deutschland beziehen inzwischen fast sechs Prozent der Erwerbstätigen zumindest einen Teil ihres Einkommens aus sogenannter Plattformarbeit. Beschäftigte, die nicht aus Spaß für Firmen wie Lieferando arbeiten, sondern weil sie ihren Lebensunterhalt verdienen müssen.

Die hinter Lieferando stehenden Unternehmen gehören zum börsennotierten holländischen Konzern Just Eat Takeaway.com N.V in Amsterdam. Die holländische Muttergesellschaft besitzt auch den Markennamen ,,Takeaway.com", der in den App-Stores von Android und Apple als ,,Entwickler" der Scoober-App genannt wird.

Die Verwendung dieser App ist Voraussetzung für eine Liefertätigkeit für Lieferando. Über diese App melden sich die Fahrerinnen und Fahrer ,,dienstbereit". Ist dies geschehen, weist ihnen die Scoober-App über das Smartphone – ausgehend vom aktuellen Standort – automatisch Restaurants zu, bei denen Ware abzuholen ist. Sie zeigt die Adressen der Kundinnen und Kunden sowie den geplanten Lieferzeitpunkt an und registriert die erfolgte Übergabe der Bestellung. Diese Informationen sind für den Lieferprozess erforderlich – und nicht der Grund für den BigBrotherAward.

Mit der Auszeichnung würdigen wir vielmehr die Verarbeitung von weiteren personenbezogenen Daten über die Scoober-App, die für die Abwicklung einer Lieferung nicht erforderlich sind: Nach einer Recherche des Bayerischen Rundfunks aus dem vergangenen Jahr werden pro Lieferung 39 Einzeldaten erhoben und verarbeitet.2 Dazu gehört neben Hinweisen zur verspäteten Ankunft in Restaurants oder bei Kunden insbesondere die permanente Erfassung der aktuellen Standorte der Fahrerinnen und Fahrer mittels GPS-Tracking. Sie erfolgt alle 15 bis 20 Sekunden. Die persönlichen Standortdaten erhält Lieferando.

Anhand dieser GPS-Daten lässt sich ein umfassendes Bild des individuellen Arbeitsverhaltens gewinnen: Wer zu schnell oder zu langsam für Lieferando unterwegs ist, wer von vorgegebenen Routen abweicht (vielleicht, weil sie oder er einen besseren oder schlicht sichereren Weg kennt, der vielleicht einen Umweg bedeutet), wer verkehrt durch Einbahnstraßen fährt – oder scheinbar grundlos Pausen einlegt. Die übermittelten GPS-Daten werden auch nach der Übergabe der Bestellung weiter aufbewahrt, ohne dass dafür eine Notwendigkeit bestünde. Es gibt Hinweise darauf, dass Lieferando innerhalb eines Jahres für Vollzeitkräfte mehr als 100.000 Einzeldaten gesammelt hat.3

Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationssicherheit in Baden-Württemberg, der eine Kurzprüfung der Scoober-App durchgeführt hat, stellt dazu kurz und bündig fest: ,,Die äußerst engmaschige Überwachung des Nutzers (Übermittlung des GPS-Standorts ca. alle 15 bis 20 Sekunden an Scoober) ist eine nicht erforderliche und damit rechtswidrige Beschäftigtenüberwachung (nach § 26 Abs. 1 BDSG und Art. 88 DS-GVO)".

Diese unzulässige GPS-Totalkontrolle der Fahrerinnen und Fahrer wäre schon Grund genug für den BigBrotherAward 2022 in der Kategorie Arbeitswelt. Wir verleihen den Preis an Lieferando aber auch deshalb, weil diese Software eine Reihe von Internet-Tracker mit personenbezogenen Daten versorgt. Dazu zählen:

    Google Analytics

    Google CrashLytics

    Google Firebase Analytics

    Google Tag Manager

    Instabug und

    Optimizely

Warum diese Weiterleitungen für die Durchführung einer Essenslieferung erforderlich sein sollen, wird den Beschäftigten nicht mitgeteilt. Der Datenschutzbeauftragte des Landes Baden-Württemberg hält dazu fest: ,,Das Nutzer-Tracking stellt sich mangels wirksamer Einwilligung und hinreichender Nutzerinformationen als rechtswidrig dar."

Dem ist nichts hinzuzufügen.

...



Aus: "Arbeitswelt: Lieferando | BigBrotherAwards" (2022)
Quelle: https://bigbrotherawards.de/2022/arbeitswelt-lieferando

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Ein Pferd, das fliegen kann - über diese Fähigkeit verfügt das Fabeltier Pegasus in der griechischen Mythologie. Außergewöhnlich talentiert ist auch das gleichnamige Produkt des israelischen Unternehmens NSO. Sein Überwachungstool Pegasus ist weltweit ein Bestseller, weil man damit Smartphones und Computer live ausspionieren kann. Über die Dimension der weltweiten Ausspähung berichtete ein internationales Investigativ-Team erstmals am 18. Juli 2021. [https://www.dw.com/de/pegasus-welche-l%C3%A4nder-sind-am-st%C3%A4rksten-betroffen/a-58601961]

Pünktlich zum Jahrestag berichten die Nichtregierungsorganisationen DigitalReach und iLaw sowie das kanadische Citizen Lab, man habe auf Handys von Aktivisten und Akademikern in Thailand Spuren von Pegasus gefunden. Der Hersteller NSO spricht von "nicht nachprüfbaren Behauptungen" politisch motivierter Organisationen. Zu den Kunden in Deutschland sollen staatliche Stellen gehören, die mit der Spähsoftware mutmaßlichen Terroristen und anderen Verbrechern auf die Schliche kommen wollen. Ob das Bundeskriminalamt (BKA) oder der für das Ausland zuständige Bundesnachrichtendienst (BND) Pegasus als sogenannten Staatstrojaner nutzen, dafür gibt es auch ein Jahr nach den Enthüllungen weder eine offizielle Bestätigung noch ein Dementi.

Auch der Bundestagsabgeordneten Martina Renner (Linke) und ihrer Fraktion verweigert die Bundesregierung seit einem Jahr eine konkrete Auskunft. Stattdessen liest die Politikerin immer wieder gleichlautende Text-Bausteine: Die Antworten zu bestimmten Fragen sind als "VS - Nur für den Dienstgebrauch" eingestuft. "VS" ist die Abkürzung für "Verschlusssache". Deshalb seien die erbetenen Auskünfte" geheimhaltungsbedürftig". Als Begründung wird oft hinzugefügt, die Informationen berührten "in weiten Teilen in besonders hohem Maße das Staatswohl". [https://dserver.bundestag.de/btd/19/322/1932246.pdf]

Martina Renner ist darüber im DW-Interview empört. "Transparenz wird immer noch nicht hergestellt und ich habe die Sorge, dass die Software weiter im Einsatz ist." Mit Pegasus lasse sich unter anderem die Kamera eines Notebooks steuern oder das Handy-Mikrofon einschalten, beschreibt die Parlamentarierin wichtige Eigenschaften der Spionage-Software. Dass sie von deutschen Sicherheitsbehörden genutzt wird, davon ist die Linke überzeugt.

Auch die Organisation Reporter ohne Grenzen hat angesichts zahlreicher Medienberichte keinen Grund daran zu zweifeln, dass Pegasus in Deutschland erworben wurde. Helene Hahn, Expertin für Internetfreiheit bei der Menschenrechtsorganisation, hält das Verhalten der jetzigen Bundesregierung im DW-Gespräch für "wenig demokratisch". Das Parlament könne seiner Kontrollfunktion nicht nachkommen, wenn das Bundesinnenministerium keine Auskunft dazu geben wolle, "ob und inwieweit Polizei und Geheimdienste Pegasus und andere Überwachungssoftware nutzen".

Von der seit Dezember 2021 amtierenden Koalition aus FDP, SPD und Grüne hatte sich Reporter ohne Grenzen mehr Transparenz erhofft. Denn ihr gehören mit den Freien Demokraten (FDP) und den Grünen zwei Parteien an, "die sich in der Opposition stark gegen Spähsoftware und Überwachung eingesetzt haben".

Helene Hahn erinnert daran, dass die Grünen Pegasus als "Albtraum für den Rechtsstaat" bezeichnet hätten. Auch die FDP habe den Stopp des sogenannten Staatstrojaners gefordert. Deshalb erwarte man, dass sich die deutsche Regierung "öffentlich und unmissverständlich" von der Zusammenarbeit mit Firmen wie NSO distanziere und sich für eine strenge Regulierung des Sektors einsetze.

Trotz aller Enttäuschung über den Umgang Deutschlands mit Überwachungssoftware à la Pegasus hofft man bei Reporter ohne Grenzen aber unter Verweis auf den Koalitionsvertrag weiter auf einen Kurswechsel. Demnach sollen Sicherheitsgesetze auf ihre Effektivität und rechtlichen Auswirkungen hin überprüft werden. Außerdem sei geplant, dass bei künftigen Gesetzen eine Experten-Kommission die Politik berate.

Und es gebe das Versprechen einer wissenschaftlichen Evaluation der Gesetze. "Das klingt erst einmal gut, aber Konkretes liegt noch nicht vor", bedauert die für Internetfreiheit zuständige Expertin Helene Hahn. Insgesamt aber seien die Erwartungen an die neue Regierung "deutlich höher gewesen als das, was wir bislang sehen".

Die Zwischenbilanz hält Reporter ohne Grenzen auch deshalb für problematisch, weil es Deutschlands Glaubwürdigkeit gegenüber anderen Ländern untergrabe. Die Enthüllungen hätten gezeigt, "dass eine solche Überwachungssoftware nachweislich gegen Menschenrechte verstößt und weltweit dafür sorgt, Betroffene in Lebensgefahr zu bringen".

Extremstes Beispiel ist der Mord an dem saudi-arabischen Journalisten Jamal Khashoggi 2018. Viele Indizien sprechen dafür, dass bei der Planung der Tat Pegasus eingesetzt wurde, um das Umfeld des Opfers auszuspähen. Helene Hahn erwähnt darüber hinaus die mutmaßliche Nutzung der Spähsoftware in Ländern der Europäischen Union (EU). Ungarn und Polen wird vorgeworfen, mit Hilfe dieses Überwachungstools Journalisten und Oppositionelle ausspioniert zu haben.

[https://www.dw.com/de/jamal-khashoggi/t-45812626]

[https://www.dw.com/de/pegasus-abh%C3%B6raff%C3%A4re-erste-klagen-gegen-den-ungarischen-staat/a-60582035]

Auch angesichts der internationalen Dimension ist man bei der Menschrechtsorganisation ein Jahr nach der Enthüllung des Pegasus-Skandals ziemlich ernüchtert über die daraus gezogenen Konsequenzen. Man habe gehofft, dass in der Öffentlichkeit und Politik ein größeres Bewusstsein geweckt werde für das "Ausmaß des staatlichen Missbrauchs des Trojaners in der Welt".

Die Linken-Politikerin Martina Renner und ihre Fraktion haben inzwischen weit mehr als zehn Anfragen an die Bundesregierung gestellt - ohne einen entscheidenden Schritt weitergekommen zu sein. Besonders bedenklich fände es die Abgeordnete, wenn deutsche Sicherheitsbehörden darauf verzichtet haben sollten, den Quellcode des Schadprogramms zu bekommen. Wenn dem so wäre, wüssten BKA oder BND am Ende gar nicht, was dieses Tool mache, weil die Informationen beim Hersteller geblieben seien. "Es ist eine Blackbox", sagt die Innenpolitik-Expertin über Pegasus.

Dass Geheimdienste im Kampf gegen Terrorismus und Kriminalität Überwachungsprogramme einsetzen, findet Martina Renner nachvollziehbar: "Natürlich muss das möglich sein." Aber zur Gefahrenabwehr lehnt sie solche Maßnahmen grundsätzlich ab. "Also dort, wo es nur einen Verdacht gibt und wenn es nicht um die Verfolgung konkreter Straftaten geht."

Am problematischsten findet sie den Einsatz von Pegasus und vergleichbaren Spionagetools bei Geheimdiensten, weil dort Missbrauch und Willkür "Tor und Tür geöffnet ist". Denn niemand kontrolliere und prüfe, wann und wie lange sie eingesetzt würden und was mit den Daten passiere. Unabhängig von rechtlichen Aspekten fände es Martina Renner sinnvoll, in Deutschland die eigene Produktion von Überwachungstools voranzutreiben und das Parlament einzubeziehen.

Auch auf der juristischen Ebene ist der Pegasus-Skandal längst angekommen. "Mittlerweile sind hunderte Überwachungsfälle bekannt geworden", sagt Helene Hahn von Reporter ohne Grenzen. Die Menschenrechtsorganisation unterstützt Betroffene schon seit Oktober 2021 vor Gericht in Paris und vor Verwaltungsgerichten in Deutschland. Auf eine Entscheidung warten die Betroffenen aber noch immer.

[https://www.dw.com/de/journalisten-wehren-sich-gegen-%C3%BCberwachung/a-59654065]

Pünktlich zum Jahrestag der Pegasus-Enthüllungen startet Reporter ohne Grenzen sein Digital Security Lab, mit dessen Hilfe Gefahren der Online-Überwachung besser abgewehrt werden können. Zielgruppe: Journalistinnen und Journalisten, die befürchten, dass ihr Telefon oder ihr Computer digital ausgespäht werden, mit einem Virus infiziert sind oder dass einer ihrer Accounts übernommen wurde.

Dieser Artikel wurde erstmals am 17.07.2022 veröffentlicht und am 19.07.2022 aktualisiert.


Aus: "Pegasus: Spionage-Skandal ohne Ende" Marcel Fürstenau  (19.07.2022)
Quelle: https://www.dw.com/de/pegasus-spionage-skandal-ohne-ende/a-62476414

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Der Chef des israelischen Technologieunternehmens NSO, das die umstrittene Spionagesoftware Pegasus herstellt, tritt zurück. NSO-Mitbegründer Shalev Hulio verlasse im Rahmen einer Umstrukturierung seinen Posten, teilte ein Unternehmenssprecher am Sonntag mit.

An seine Stelle rücke der bisherige Vorstand für das operative Geschäft, Yaron Shohat, der auch den Reorganisationsprozess leiten werde. Das verschuldete Unternehmen will sich demnach künftig auf die Nato-Mitgliedsstaaten als Kunden konzentrieren.

Die Pegasus-Software des israelischen Herstellers NSO ist in der Lage, sämtliche Daten von damit angegriffenen Mobiltelefonen auszulesen. Außerdem kann Pegasus unbemerkt Kamera und Mikrofon des jeweiligen Gerätes anschalten. Nach Unternehmensangaben wird die Software nur an Regierungsbehörden verkauft, um Verbrecher und Terroristen aufzuspüren, und der Verkauf muss von der israelischen Regierung genehmigt werden.

Eine Recherche von 17 internationalen Medien hatte jedoch im vergangenen Jahr ergeben, dass mit Hilfe von Pegasus die Telefone von hunderten Journalisten, Politikern und Menschenrechtsaktivisten in verschiedenen Ländern überwacht worden waren, darunter auch in autoritär regierten Ländern wie etwa Saudi-Arabien. Als Reaktion auf den Pegasus-Skandal setzte die US-Regierung die NSO Group im vergangenen Jahr auf eine schwarze Liste.

Laut NSO-Mitbegründer Hulio soll die Umstrukturierung die ,,nächste Wachstumsphase" des Unternehmens vorbereiten. Er versicherte, die Technologien von NSO würden ,,weiterhin helfen, weltweit Leben zu retten". Sein Nachfolger Shohat erklärte, NSO werde sicherstellen, dass die Technologien des Unternehmens ,,für rechtmäßige und angemessene Zwecke eingesetzt werden". (AFP)


Aus: "Chef von Spähsoftware-Hersteller NSO-Group tritt zurück" (21.08.2022)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/umstrittenes-spionage-programm-pegasus-chef-von-spaehsoftware-hersteller-nso-group-tritt-zurueck/28615794.html

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Während die größte Protestwelle seit Jahren durch den Iran rollt, haben staatliche Behörden womöglich so viel Einblick in die Protestbewegung wie noch nie zuvor. Über ein Programm namens SIAM hat die iranische Telekommunikationsbehörde (CRA) offenbar umfassenden Zugriff auf das Mobilfunknetz des Landes und dessen Nutzer:innen. Das legen Recherchen von The Intercept auf der Grundlage von geleakten Dokumenten des iranischen Telekommunikationsanbieters Ariantel nahe.

... Seit dem Tod der 22-jährigen Mahsa Amini nach ihrer Festnahme durch die Sittenpolizei am 13. September gehen täglich Tausende Menschen auf die Straße, um gegen das islamische Regime im Iran und für Frauenrechte zu protestieren. Schätzungen zufolge wurden bereits mehr als 250 Demonstrierende getötet und tausende ins Gefängnis verschleppt.

...


Aus: "Geleakte Dokumente zeigen Ausmaß der Überwachung" (31.10.2022)
Quelle: https://netzpolitik.org/2022/proteste-im-iran-geleakte-dokumente-zeigen-ausmass-der-ueberwachung

"Hacked Documents: How Iran Can Track and Control Protesters' Phones" Sam Biddle, Murtaza Hussain (October 28 2022)
The documents provide an inside look at an Iranian government program that lets authorities monitor and manipulate people's phones. ... According to these internal documents, SIAM is a computer system that works behind the scenes of Iranian cellular networks, providing its operators a broad menu of remote commands to alter, disrupt, and monitor how customers use their phones. The tools can slow their data connections to a crawl, break the encryption of phone calls, track the movements of individuals or large groups, and produce detailed metadata summaries of who spoke to whom, when, and where. Such a system could help the government invisibly quash the ongoing protests — or those of tomorrow — an expert who reviewed the SIAM documents told The Intercept....
https://theintercept.com/2022/10/28/iran-protests-phone-surveillance/

-

Im September 2022 begannen Proteste im Iran nach dem durch Polizeigewalt herbeigeführten Tod von Mahsa Amini in Teheran. Sie war von der islamischen Sittenpolizei festgenommen und misshandelt worden, weil angeblich ihr Kopftuch nicht richtig saß. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Proteste_im_Iran_seit_September_2022


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Die Münchner Staatsanwaltschaft hat vier Manager des Spähsoftware-Herstellers FinFisher wegen illegalen Exports angeklagt. Sie sollen den Trojaner FinSpy an den türkischen Geheimdienst MIT verkauft und dabei EU-Exportkontrollen vorsätzlich umgangen haben. Nun muss das Landgericht München I über die Zulassung der Anklage entscheiden.

FinFisher habe seine Spionagesoftware an den türkischen Geheimdienst MIT verkauft, ohne die dafür nötige Genehmigung des Bundeswirtschaftsministeriums einzuholen, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Um das Geschäft zu verschleiern, sei eine Gesellschaft in Bulgarien genutzt worden. Die Spionagesoftware FinSpy ermögliche es, die volle Kontrolle über Computer und Smartphones zu erlangen und dabei auch die laufende Kommunikation zu überwachen. Der Preis für den illegalen Verkauf an den türkischen Geheimdienst soll laut Staatsanwaltschaft fünf Millionen Euro betragen haben.

Die Organisationen Reporter ohne Grenzen, Netzpolitik.org, Gesellschaft für Freiheitsrechte und das European Center for Constitutional and Human Rights hatten 2019 Anzeige gegen das Unternehmen erstattet. Dabei hatten sie darauf verwiesen, dass die Software 2017 dazu genutzt werden sollte, die Handys von Oppositionellen auszuspähen. Auch in Bahrain soll die Software gegen Oppositionelle eingesetzt worden sein. Zu den europäischen Kunden zählte einst auch das Bundeskriminalamt. 2020 gab es Razzien gegen die Unternehmensgruppe in Deutschland und Rumänien. Seit etwa einem Jahr ist FinFisher insolvent.



Aus: "Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen FinFisher" (22. Mai 2023)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2023-05/finfisher-spionagesoftware-anklage-muenchen


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Kritikern ist die praktisch unkontrollierte Überwachung von weltweiter Kommunikation durch US-Geheimdienste schon lange ein Dorn im Auge. Nun räumen Berater der US-Regierung ein, dass es zu Gesetzesverstößen kam. Sie warnen jedoch eindringlich vor einer Beendigung des Programms.

Berater von US-Präsident Joe Biden haben Verstöße im Zusammenhang mit umstrittenen Überwachungsbefugnissen eingeräumt, die US-Behörden erlauben, Menschen auf der ganzen Welt auszuspionieren. "Gleichgültigkeit, ein Mangel an geeigneten Verfahren sowie die schiere Masse" an Überwachung habe zum "unangemessenen Einsatz" der sogenannten Section 702 im Foreign Intelligence Surveillance Act durch die US-Bundespolizei FBI geführt, erklärte das Gremium aus unabhängigen Beratern.

Die Berater befanden allerdings, es gebe "keine Beweise für den bewussten Missbrauch" durch das FBI für "politische Zwecke". Eine Beendigung des Programms könne später als "einer der schlimmsten Geheimdienstfehler unserer Zeit" in die Geschichte eingehen, schlussfolgerte das Gremium.

Section 702 erlaubt Geheimdienstbehörden wie dem FBI oder der NSA die Überwachung elektronischer Kommunikation, etwa E-Mails, von Nicht-US-Bürgern im Ausland, ohne gerichtliche Veranlassung. Die Regelung steht allerdings auch in den USA in der Kritik, weil unter ihr auch US-Bürger ausspioniert wurden.

Der vom Weißen Haus eingesetzte Ausschuss plädiert daher für Reformen und ein "aufgefrischtes System", um das aktuelle Verfahren zu verbessern. Die Befugnisse seien "entscheidend für die nationale Sicherheit". Insbesondere die Demokratische Partei und Bürgerrechtsaktivisten sind gegen die Section 702, deren Verlängerung im Dezember im US-Kongress ansteht.

Quelle: ntv.de, mbo/AFP


Aus: "Weltweite Überwachung US-Regierung räumt "unangemessene" Spionage ein" (01.08.2023)
Quelle: https://www.n-tv.de/politik/US-Regierung-raeumt-unangemessene-Spionage-ein-article24297073.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Technologie zur Gesichtserkennung ist in China ein lukrativer Markt. Etwa 8000 Firmen sind in den vergangenen zehn Jahren gegründet worden. Der Kuchen war bislang ausreichend groß genug, um alle Wettbewerber zu versorgen. Drei Millionen öffentliche Aufträge waren im gleichen Zeitraum ausgeschrieben. Die Nachfrage wird in naher Zukunft weiter steigen. Chinas Überwachungsnetz wird immer enger, der Kontrollwahn der Partei immer größer.

Die Covid-19-Pandemie hat Peking konsequent dazu genutzt, immer schärfere Maßnahmen mit Verweis auf gesundheitspolitische Dringlichkeit zu rechtfertigen. Gesichtserkennung zählt zu den zentralen Elementen der staatlichen chinesischen Überwachung. Mit Hilfe Künstlicher Intelligenz (KI) wird sie immer ausgeklügelter und präziser.

Wie raffiniert die Software inzwischen ist, die chinesische Behörden zur Überwachung einsetzen, macht die Technologie ,,one person, one file" deutlich. Sie ist eine Weiterentwicklung herkömmlicher Software-Systeme und ist in der Lage, Personen mit einem Minimum an biometrischen Daten zu identifizieren und sie in Echtzeit mit anderen Datensätzen zu verknüpfen. Selbst Masken über Mund und Nase reichen nicht mehr aus, um sich der Identifikation durch die Technik zu entziehen.

Aber auch sie ist nur eine Komponente eines technologischen Ökosystems, das der autokratischen Regierung in Peking dabei helfen soll, ihre autoritäre Politik langfristig durchzusetzen. Peking behauptet, die Überwachung sei für die Verbrechensbekämpfung von entscheidender Bedeutung. Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch behaupten dagegen, das Land baue einen Überwachungsstaat auf, der tief in die Privatsphäre der Bürger eindringe und beispielsweise ethnische Gruppen wie die Uiguren engmaschig überwachen soll.

Big Data ist der Schlüssel. Nirgendwo sonst auf der Welt fallen so große Mengen an Daten und Informationen über Bürger in die Hände einer Regierung wie in China. Menschen werden zu komplett gläsernen Akteuren, deren Verhalten nicht nur in gewissem Umfang vorhergesagt, sondern auch manipuliert werden kann.

Das erinnert an Science Fiction, ist aber schon verblüffend real. ,,Durch Vorhersagen darüber, wie Personen auf Anreize reagieren könnten, können Autokraten die KI-Technologie zur Verhaltensmanipulation einsetzen", sagte David Yang von der Harvard Universität bei einer Podiumsdiskussion in Washington. Yang ist einer der Autoren der Studie AI-tocracy, die sich mit der Nutzung von KI durch autokratische Systeme beschäftigt.

Politischer Dissens, soziale Unruheherde oder die Entwicklung bürgerlicher Bewegungen sollen bereits im Frühstadium ermittelt und eliminiert werden. All das hilft einer Elite, ihr Machtmonopol über mehr als eine Milliarde Menschen zu verteidigen. Beispiel: Proteste. Kamerasysteme der Firma Dahua Technology namens ,,Jinn" sind jetzt in der Lage, die Behörden zu alarmieren, wenn eine Person beim Entrollen eines Transparents entdeckt wird. Seit Mai ist die Software verfügbar. Und sie trifft einen Nerv, nachdem es im Vorjahr einem Mann gelungen war, ein Banner an einer Pekinger Autobahnbrücke zu befestigt, auf dem er das Ende der Diktatur gefordert hatte.




Aus: "Wie Künstliche Intelligenz in China der Überwachung dient – und zum Exportschlager wird" Marcel Grzanna (13.08.2023)
Quelle: https://www.fr.de/politik/ki-kuenstliche-intelligenz-china-ueberwachung-manipulation-gesichtserkennung-uiguren-tbl-zr-92457977.html

Quotezerberus

Wer Netzpolitik liest für den sind solche Zeitungsmeldungen keine Überraschung mehr. Derartige Entwicklungen im Bereich der Überwachung werden dort seit geraumer Zeit publiziert.


...

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Die CDU in Hessen sieht nach zehnjähriger Koalition mit den Grünen großen Nachholbedarf an Überwachungsmaßnahmen. Der konservative Ministerpräsident Boris Rhein hat am Freitag zusammen mit dem neuen Wunschpartner SPD in Wiesbaden den Verhandlungsstart für eine "christlich-soziale Hessenkoalition der Verantwortung" angekündigt. In den Sondierungsgesprächen haben sich Christ- und Sozialdemokraten bereits auf Eckpunkte für einen Koalitionsvertrag geeinigt, die ein umfangreiches Überwachungspaket mit Rufen etwa nach einer erneuten Vorratsdatenspeicherung, Staatstrojanern für den Verfassungsschutz und einem verstärkten Einsatz von Big-Data-Software des umstrittenen US-Unternehmens Palantir enthalten. Das sind alles Punkte, bei denen sich die Grünen quergelegt hatten.

"Wir schaffen verbesserte Rahmenbedingungen für Videoüberwachung sowie ausreichend geschultes Personal", schreiben CDU und SPD in ihrer Grundsatzerklärung.
https://www.cduhessen.de/aktuelles/verhandlungsstart-fuer-christlich-soziale-hessenkoalition

Dabei gehe es etwa um eine vereinfachte Zulassung, eine Erweiterung der elektronischen Augen "um Akustik" – also eine Art öffentlichen großen Lauschangriff – , Mustererkennung und die "zielgerichtete Fahndung" mithilfe automatisierter Gesichtserkennung. Das EU-Parlament kämpft derweil in zähen Verhandlungen über die geplante Verordnung für Künstliche Intelligenz (KI) mit dem Ministerrat für ein Verbot solcher biometrischer Massenüberwachung im Bereich der Strafverfolgung.
https://www.heise.de/news/KI-Verordnung-EU-Parlament-stimmt-gegen-Echtzeit-Gesichtserkennung-9187478.html

"Die Fahndungsmöglichkeiten werden wir ausweiten und in besonderen Fällen und auf richterlichen Beschluss den Zugang zu audiovisuellen Systemen ermöglichen", heißt es in den Eckpunkten weiter. Eine Definition solcher Technologien liefert die potenzielle große Koalition nicht mit. Darunter könnten etwa Systeme zur Videoaufzeichnung und -konferenzen fallen, wie sie seit der Corona-Pandemie in Wirtschaft und Verwaltung verstärkt im Einsatz sind. Unklar bleibt auch, ob es sich um den Zugriff auf Programme im öffentlichen Dienst oder auch im privaten Umfeld handeln soll.

Schwarz-Rot in spe will zudem die Quellen-Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) auch für das Landesamt für Verfassungsschutz einführen.
https://www.heise.de/news/Justiz-hat-Zahl-der-Staatstrojaner-Einsaetze-auch-2020-zu-hoch-angegeben-7237606.html

Dabei wird die Kommunikation direkt auf einem Endgerät vor einer Ver- beziehungsweise nach einer Entschlüsselung in der Regel über Staatstrojaner und Hacking abgegriffen. "Im Bundesrat werden wir einen Gesetzesentwurf zur IP-Adressspeicherung einbringen", lautet eine weitere Ansage. Im Bund kämpft Innenministerin Nancy Faeser (SPD), die als Spitzenkandidatin in Hessen gescheitert ist, bereits für eine solche anlasslose Speicherung von IP-Adressen und Portnummern unter Verweis auf die Online-Verbreitung von Darstellungen sexuellen Kindesmissbrauchs.
https://www.heise.de/news/Nancy-Faeser-will-Vorratsdatenspeicherung-und-mehr-Behoerden-Befugnisse-7256037.html
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) ist dagegen für das Einfrieren von Verkehrsdaten im Verdachtsfall (Quick Freeze).

Generell planen CDU und SPD, die Nutzung von IP-, Maut- und Verkehrsüberwachungsdaten zu ermöglichen und einen verbesserten Informationsaustausch zwischen Sicherheitsbehörden und anderen Ämtern zu gewährleisten. Auch den Einsatz von KI zur automatisierten Auswertung großer Datenmengen und zur Erkennung von Hass und Hetze im Netz wollen sie zulassen. Das seit Jahren umkämpfte Projekt Hessendata, das auf der Palantir-Software "Gotham" basiert, soll breiter verwendet werden, "indem wir den Straftatenkatalog erweitern". Eingeführt wurde es als Anti-Terror-Software.
https://www.heise.de/news/Palantir-Mitgruender-Wir-arbeiten-mit-fast-jeder-Demokratie-im-Westen-4313226.html

2019 brachte die SPD in der Opposition noch massive Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beschaffung und am Funktionsumfang von Hessendata vor.
https://www.heise.de/news/Antiterror-Software-Hessische-Opposition-hat-Zweifel-an-Hessendata-4285526.html

Festschreiben will Schwarz-Rot ferner etwa, dass in Behörden, Schulen und im Rundfunk "auf das Gendern mit Sonderzeichen verzichtet wird".

(bme)


Aus: "Große Koalition in Hessen will Vorratsdatenspeicherung und Gesichtserkennung" Stefan Krempl (11.11.2023)
Quelle: https://www.heise.de/news/Grosse-Koalition-in-Hessen-will-Vorratsdatenspeicherung-und-Gesichtserkennung-9384039.html

QuoteAnubiz, 11.11.2023 15:10

Direkt wieder Verfassungsbrüche versuchen?

Nice ...



...

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Die geplante schwarz-rote Koalition in Hessen hat sich auf ein umfassendes Überwachungspaket verständigt. Sie will damit unter anderem Sicherheitsbehörden wie Polizei und Geheimdiensten "in engen Grenzen und mit richterlicher Anordnung" den "Zugang zu bestehenden privaten audiovisuellen Systemen" gestatten. Fahnder und Agenten sollen so im Rahmen der bestehenden rechtlichen Befugnisse "beispielsweise die Wohnraumüberwachung durchführen" können, heißt es im Koalitionsvertrag, den CDU und SPD am Montag unterzeichneten. Das Vorhaben erinnert an die umstrittene Initiative der Innenministerkonferenz 2019, intelligente Sprachassistenten wie Amazon Alexa, Google Home oder Apple Siri genauso anzuzapfen wie "intelligente" Fernseher, Kühlschränke oder Türklingeln.

https://www.heise.de/select/ct/2019/14/1562070448279089

Der Vorstoß findet sich unter dem Stichwort "smarte Polizei" im Kapitel zu innerer Sicherheit durch einen starken Staat in der Koalitionsvereinbarung. Ernst machen will Schwarz-Rot auch mit der bereits nach den Sondierungsgesprächen im November angekündigten Ausweitung der Videoüberwachung. Sie soll eine "zielgerichtete Fahndung" mithilfe von "Akustik, Mustererkennung" und "intelligenter Technik" für die biometrische Gesichtserkennung ermöglichen. Die neue europäische KI-Verordnung sieht dafür aber vergleichsweise enge Grenzen vor. Die große Koalition will zudem die Möglichkeit eines polizeilichen Lichtbildabrufs aus einem zentralen "Landes-Spiegelregister" schaffen. Damit soll die Polizei auf Fotos aus dem Pass- und Personalausweisregister zugreifen können.

https://www.hessenschau.de/politik/hier-ist-der-koalitionsvertrag-von-cdu-und-spd-v1,koalitionsvertrag-cdu-spd-entwurf-100.html

https://www.heise.de/news/Grosse-Koalition-in-Hessen-will-Vorratsdatenspeicherung-und-Gesichtserkennung-9384039.html

Starten wollen die Koalitionäre zudem einen Angriff auf Verschlüsselung: Die "vielfach kryptierte Kommunikation von Verfassungsfeinden" macht es ihnen zufolge "zwingend erforderlich, moderne technische Maßnahmen" – wie eine Server- oder Quellen-Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) – auch für die nachrichtendienstliche Arbeit einzusetzen. Dabei wird die Kommunikation direkt auf einem Endgerät vor einer Verschlüsselung, nach einer Entschlüsselung oder direkt auf dem Server in der Regel über Staatstrojaner abgegriffen. Da extremistische Bestrebungen immer klandestiner agierten und die Vernetzung vorwiegend im digitalen Raum vorantrieben, brauche das Landesamt für Verfassungsschutz – unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und auf Basis einer richterlichen Anordnung – eine Befugnis zu heimlichen Online-Durchsuchungen.

https://www.heise.de/news/Justiz-hat-Zahl-der-Staatstrojaner-Einsaetze-auch-2020-zu-hoch-angegeben-7237606.html

Geprüft wird auch die Einrichtung einer zentralen "Servicestelle zur Entsperrung beweisrelevanter Datenträger und IT-Systeme", um die gewonnenen Erkenntnisse in die Polizei-Cloud einzustellen. Im Kampf vor allem gegen organisierte Kriminalität und Online-Hetze soll die Polizei zeitgerecht und automatisiert – auch mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) – große Datenmengen auswerten dürfen. Dafür soll das seit Jahren umkämpfte Projekt Hessendata, das auf der Palantir-Software "Gotham" basiert, oder ein "vergleichbares Analysewerkzeug" zum Einsatz kommen. Die Rechtsgrundlage für solche Instrumente soll ferner erweitert werden, um "vorhandene IP-, Maut- und sonstige Verkehrsüberwachungsdaten zur Verbrechensverfolgung" nutzen zu können. Für eine Vorratsdatenspeicherung von IP-Adressen will sich die Koalition auf Bundesebene starkmachen.

https://www.heise.de/news/Palantir-Mitgruender-Wir-arbeiten-mit-fast-jeder-Demokratie-im-Westen-4313226.html

https://www.heise.de/news/Nancy-Faeser-will-Vorratsdatenspeicherung-und-mehr-Behoerden-Befugnisse-7256037.html

Zudem möchte die Regierung dem Vertrag zufolge auf eine "bundeseinheitliche Strategie zum Datenschutz in Schulen" hinwirken, damit dieser "nicht zur Digitalisierungsbremse wird". So soll etwa "eine Positivliste für Software bereitgestellt werden". Zugleich leitet die Koalition die "gemeinsame Überzeugung, dass digitaler Distanzunterricht den Präsenzunterricht und Computer die Lehrkraft nicht ersetzen können". Sie will sich ferner über den Bundesrat dafür einsetzen, dass Unternehmen, Behörden und Vereine weiterhin "unentbehrliche Angebote" von Social-Media-Plattformen, Standardsoftware oder Konferenzsystemen nutzen können. Erik Tuchtfeld, Co-Vorsitzender des SPD-nahen netzpolitischen Vereins D64, kritisiert: "Der Koalitionsvertrag liest sich wie ein Wunschzettel konservativer Überwachungsfantasien." Grundrechte müssten auch im Internet gelten. Die hessische CDU regierte zuvor zehn Jahre mit den Grünen. Diese hatten sich bei vielen der nun vorgesehenen Überwachungsmaßnahmen quergelegt.

(tiw)



Aus: "Polizeibefugnis: CDU und SPD in Hessen wollen digitale Wanzen im Wohnzimmer" Stefan Krempl (18.12.2023)
Quelle: https://www.heise.de/news/Polizeibefugnis-CDU-und-SPD-in-Hessen-wollen-digitale-Wanzen-im-Wohnzimmer-9577621.html

QuoteMario68, 19.12.2023 10:58

Grundgesetz?

Mein lieber Scholli, also langsam zweifle ich am Verstand von so manchen Politiker. Da werden mit Begrifflichkeiten herumgeworfen die jedes geltende Recht scheinbar in die Tonne treten will. Ich frage mich die ganze Zeit, welche Erfolge konnten die Staatsanwaltschaften der Bundesländer in den vergangenen Jahren erzielen , damit man das ganze Volk unter Gerneralverdacht stellen will? Mal ne ganz andere Frage, glaubt ihr ernsthaft, jemand der wirklich etwas plant oder sonstige Fähigkeiten besitzt, stellt sich eine Alexa oder eine Siri oder irgendwelchen Wanzen selbst in die Wohnung? Unbegreiflich was hier in Deutschland sich Politiker erlauben! Wieso werden solche Menschen nicht belangt, wenn sie zum x-ten Mal gegen das Grundgesetz sind und dann noch vom EuGH das Urteil um die Ohren geschlagen bekommen? Diese Menschen schädigen das Grundgesetz und wie war das noch beim Amtseid? Bestimmt schon vergessen! Hier nochmal für die verfassungswidrigen Politiker:" ,,Ich schwöre, daß ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe."

Und das ganze über Weihnachten 100 mal ins Heft! (In schönschrift)


QuoteAltBorusseMG, 18.12.2023 18:24

Ist Hessen nicht das NSU 2.0 Land?

Wo man bis heute angeblich nicht eindeutig herausfinden konnte, welche Polizisten von ihren Accounts die Abrufe im Polizeicomputer gemacht haben? Und denen soll man bei einer Überwachung ... trauen?


QuoteDenis Renft, 18.12.2023 16:21

Die Fortsetzung von "Das Leben der Anderen" ...


...

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Am Freitagnachmittag einigten sich die Unterhändler des Europäischen Parlaments, des Ministerrats und der Kommission auf ein Medienfreiheitsgesetz. Es enthält eine Anti-Spyware-Klausel, mit der die Gesetzgeber auf die Skandale um Spionagesoftware wie Pegasus und Predator in vielen Mitgliedsstaaten reagieren. Doch das Gesetz ist löchrig. So dürfen Sicherheitsbehörden zur Bekämpfung "schwerer Straftaten" Staatstrojaner gegen Mediendiensteanbieter sowie deren Beschäftigte und Angehörige einsetzen. In diesem Fall wäre eine Genehmigung und Überprüfung der Überwachungsmaßnahmen durch Richter in regelmäßigen Abständen erforderlich.

https://www.heise.de/news/Pegasus-Spaehsoftware-Ein-Monstrum-das-ausser-Kontrolle-geraten-ist-6291255.html

https://www.heise.de/news/Finale-im-Pegasus-Ausschuss-Missbrauch-von-Spyware-untergraebt-die-Demokratie-8990712.html

Der Begriff der schweren Straftaten ist weit gefasst. Das Parlament hat ihn nach eigenen Angaben auf solche begrenzt, "die in dem jeweiligen Mitgliedsstaat mit einer Freiheitsstrafe geahndet werden". Auch dieser Zusatz bleibt sehr vage. Frühere Entwürfe sahen vor, den Einsatz von Spionagesoftware bei Ermittlungen wegen Straftaten zuzulassen, die mit einer Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens drei Jahren bedroht sind. Presse- und Bürgerrechtsorganisationen kritisierten im Juni, dass darunter auch Brandstiftung oder Produktpiraterie fallen würden. Dies sei grundrechtlich problematisch. Laut einem Bericht soll sich der nun vereinbarte Straftatenkatalog vor allem auf Verbrechen wie Terrorismus und Mord konzentrieren. Der konkrete Gesetzestext liegt allerdings noch nicht vor.

https://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20231207IPR15742/deal-on-the-eu-media-freedom-act

https://www.euractiv.com/section/media/news/eu-institutions-agree-new-rules-for-media-sector

Für Aufregung im Vorfeld sorgte auch die Forderung des EU-Rates, dass die Sicherheitsbehörden aus Gründen der "nationalen Sicherheit" auch Medienvertreter mit Spionagesoftware ausspionieren dürfen. Diese Klausel haben die Unterhändler, wie von den Volksvertretern gefordert, komplett aus dem Gesetzestext gestrichen. Stattdessen enthält dieser jetzt die Formulierung, dass der Europäische Medienfreiheitsakt (EMFA) die in den EU-Verträgen festgelegten nationalen Zuständigkeiten "respektiert". In der Praxis dürfte dies wenig ändern: Die EU-Länder sind generell für Maßnahmen im Bereich der nationalen Sicherheit zuständig. Sie können also weiterhin eigenständig Regeln für den Einsatz von Staatstrojanern auch gegen Journalisten festlegen.

https://www.heise.de/news/Staatstrojaner-EU-Laender-wollen-Blankoscheck-zum-Ausspionieren-von-Journalisten-9190794.html

https://www.heise.de/news/EU-Staaten-schraenken-Pressefreiheit-im-Namen-der-nationalen-Sicherheit-ein-9194309.html

Immerhin konnten die Abgeordneten eine Klarstellung durchsetzen: Setzen Ermittler komplexe Überwachungssoftware gegen Medienvertreter ein, gilt das Recht der Betroffenen, "über die laufende Überwachung informiert zu werden und gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen". Verleger und Journalisten könnten gegen solche Maßnahmen also klagen. Darüber hinaus können Journalisten und Redakteure grundsätzlich nicht gezwungen werden, ihre Quellen preiszugeben, etwa durch Verhaftung oder andere Sanktionen – etwa ihre Büros zu durchsuchen. Solche Eingriffe sind im Einzelfall jedoch "aus zwingenden Gründen des öffentlichen Interesses" und mit Genehmigung einer Justizbehörde zulässig.

Verlegerverbände hatten im Vorfeld auf eine weitergehende "Medienausnahme" gedrängt. Danach hätten etwa Facebook, X und YouTube Inhalte von Medienhäusern in jedem Fall anzeigen müssen. Betreiber sehr großer Online-Plattformen mit mehr als 45 Millionen Nutzern in der EU müssen laut der Einigung nun unabhängige Medien von nicht unabhängigen Quellen unterscheiden. Privilegierte Presseorgane müssen informiert werden, wenn ein soziales Netzwerk ihre Inhalte löschen oder beschränken will. Sie haben dann in der Regel 24 Stunden Zeit, darauf zu reagieren.

https://www.heise.de/news/Digital-Services-Act-Goldstandard-oder-massiver-Schaden-fuer-die-Wirtschaft-6334005.html

Ist die Plattform nach der Antwort oder bei Nichtäußerung weiterhin der Ansicht, dass der Medieninhalt nicht ihren Bedingungen entspricht, kann sie weiterhin löschen oder einschränken. Hält die Gegenseite die Entscheidung für unzureichend begründet und für einen Verstoß gegen die Medienfreiheit, kann sie zunächst eine außergerichtliche Schiedsstelle anrufen und eine Stellungnahme des geplanten Europäischen Ausschusses für Mediendienste einholen. Diese soll das bisherige EU-Gremium der nationalen Regulierungsbehörden für audiovisuelle Dienste ersetzen.

Mit der Verordnung will die EU vor allem das Problem der direkten Medienbeeinflussung durch Regierungen von Mitgliedsstaaten wie Griechenland, Bulgarien, Ungarn, Polen, Rumänien und Zypern angehen, die in der Rangliste für Pressefreiheit der Reporter ohne Grenzen auf den hinteren Rängen landen. Deutschland ist dort in diesem Jahr um fünf Plätze auf Rang 21 abgerutscht.

https://www.reporter-ohne-grenzen.de/rangliste/rangliste-2023

Die Länder müssen künftig sicherstellen, dass die Bürger Zugang zu einem breiten Spektrum redaktionell unabhängiger Medieninhalte haben. Sie müssen die redaktionelle und funktionelle Unabhängigkeit der öffentlich-rechtlichen Medien gewährleisten, indem sie die Leiter und Mitglieder der Verwaltungsräte in transparenten und diskriminierungsfreien Verfahren ernennen, die Finanzierungsquellen transparent machen und dauerhaft sichern, die Unabhängigkeit der Medien überwachen und dies in öffentlichen Berichten nachweisen.

Alle Medien sollen Informationen über ihre direkten und indirekten Eigentümer in einer nationalen Datenbank veröffentlichen. Sie sind verpflichtet, über Einnahmen aus staatlicher Werbung und über staatliche Subventionen zu berichten. Dazu gehören auch Gelder aus Drittstaaten. Um sicherzustellen, dass Medienunternehmen nicht von staatlicher Werbung abhängig werden, müssen öffentliche Mittel für Mediendiensteanbieter oder Online-Plattformen in offenen und diskriminierungsfreien Verfahren auf der Grundlage öffentlicher Kriterien vergeben werden. Die Mitgliedstaaten sind zudem verpflichtet, die staatlichen Werbeausgaben auf eine breite Medienvielfalt zu verteilen.

"Die Einigung markiert einen bedeutenden Meilenstein für die Medienfreiheit und einen großartigen Moment für die Wahrung der Rechte von Journalisten in der EU", betonte die Verhandlungsführerin des Parlaments, Sabine Verheyen (CDU). "Zum ersten Mal wird es im EU-Recht Schutzmaßnahmen geben, um Journalisten und die Medien vor dem missbräuchlichen Einsatz von 'Spyware' zu schützen."

Regulierung habe noch nie zu mehr Medienfreiheit geführt, kritisieren hingegen der Bundesverband Digitaler Publizisten und Zeitungsverleger (BDZV) und der Medienverband der freien Presse (MVFP): "Während die Presse mit wirtschaftlichen, regulativen und wettbewerblichen Herausforderungen zu kämpfen hat, schnürt die EU ein Korsett, das keines der Probleme angeht und stattdessen die Pressefreiheit gefährdet." Es werde eine behördliche Überwachung etabliert und "die Zensur legaler Presseveröffentlichungen durch die digitalen Torwächter gesetzlich gebilligt". Rat und Parlament müssen dem Kompromiss noch formell zustimmen.

(hag)



Aus: "EU erlaubt Ausspähung von Journalisten unter Auflagen" Stefan Krempl (17.12.2023)
Quelle: https://www.heise.de/news/Ausspaehung-von-Journalisten-unter-Auflagen-vom-EU-Parlament-gebilligt-9576642.html

Quotedl3led,17.12.2023 12:00

Das nächste Mal wird Rudolf Augstein nicht nach 103 Tagen wieder freigelassen

https://www.planet-wissen.de/geschichte/deutsche_geschichte/politische_skandale/pwiespiegelaffaere100.html


Quotesilava, 17.12.2023 13:39

Terrorismus - LOL!

Heutzutage ist der Begriff "Terrorismus" doch schon fast komplett wertlos geworden. Selbst friedlich protestierende Menschen werden schnell mal als Terroristen bezeichnet, wenn sie der Staatsführung nicht passen. Und das greift auch innerhalb der EU schon um sich. Insofern kann jeder (möchtegern) Autokrat sehr gut mit der Einschränkung auf "Terroristen" leben, weil sie ja einfach selbst bestimmen wer ein Terrorist ist und wer nicht.


...

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) wird gegen die Novelle des Gesetzes für den Einsatz von Big-Data-Software durch die Polizei in Hessen Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht einreichen. Dies kündigte Simone Ruf von der Bürgerrechtsorganisation am Donnerstag auf dem 37. Chaos Communication Congress (37C3) in Hamburg an.

https://events.ccc.de/congress/2023/infos/startpage.html

Die Karlsruher Richter hatten den ursprünglichen einschlägigen Passus im hessischen Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) im Februar für verfassungswidrig erklärt. Sie gaben dem Landesgesetzgeber bis September Zeit zum Nachbessern. Doch die GFF geht davon aus, dass auch der zweite Anlauf nicht mit den höchstrichterlichen Vorgaben vereinbar ist.

https://www.golem.de/news/hessendata-polizei-setzt-analysesoftware-verfassungswidrig-ein-2302-171959.html

Die hessische Polizei arbeitet auf Basis der Gesetzesklausel vor allem mit dem System Hessendata, das auf der Analysesoftware Gotham der umstrittenen US-Firma Palantir basiert. Die Befugnisse für die Ermittler in Hessen ließen – genauso wie die gleichzeitig für nichtig erklärten einschlägigen Vorschriften in Hamburg – die automatisierte Verarbeitung unbegrenzter Datenbestände mithilfe rechtlich unbegrenzter Methoden zu, rügte das Verfassungsgericht.

"Sie erlauben der Polizei so, mit einem Klick umfassende Profile von Personen, Gruppen und Milieus zu erstellen und auch zahlreiche rechtlich unbeteiligte Personen weiteren polizeilichen Maßnahmen zu unterziehen, die in irgendeinem Zusammenhang Daten hinterlassen haben, deren automatisierte Auswertung die Polizei auf die falsche Spur zu ihnen gebracht hat."

Mit Systemen wie denen von Palantir werde der "heilige Gral" der auch im Datenschutzrecht für die Polizei verankerten Zweckbindung "voll umgangen", führte der GFF-Anwalt Jürgen Bering die in dem Urteil dargelegten Bedenken der Karlsruher Richter auf der Hackerkonferenz aus.

Eigentlich dürften etwa Daten, die Ermittler bei einer Telekommunikationsüberwachung zur Verfolgung einer schweren Straftat erhoben haben, nicht für ein Verfahren wegen Sachbeschädigung gegen den gleichen Verdächtigen verwendet werden.

Bei Hessendata & Co. flössen aber selbst Informationen aus den sehr breit angelegten Systemen zur Vorgangsbearbeitung meist ohne Kennzeichnung und ungeschwärzt in große Datentöpfe ein, sagte Bering. Eingeschlossen würden so neben Zeugen und anderen indirekten Verfahrensbeteiligten etwa auch Personen, die Auskunft über gespeicherte Informationen begehren, bei einer Verkehrskontrolle erfasst werden oder etwa eine Diebstahlsanzeige stellen.

Das Verfassungsgericht fordere hier zumindest ausreichende Vorschriften zur Kennzeichnung der Daten, weiß Bering. Die Polizei solle nicht für jede Sachbeschädigung auf Informationen zugreifen dürfen, die etwa bei einer Wohnraumdurchsuchung gefunden worden seien. Nur so werde auch die als nötig erachtete effektive Kontrolle möglich. Die gesetzlichen Auflagen müssten zudem normenklar ohne undurchsichtige Verweise auf andere Regeln und bestimmt sein.

Trotz der deutlichen, von der GFF erstrittenen Hinweise erfüllt das reformierte hessische Polizeigesetz die Anforderungen aus Karlsruhe Bering zufolge teils nicht. Kennzeichnungs- und Kontrollpflichten etwa blieben schwammig, die Grundrechte nicht ausreichend geschützt und zu viel der Eigenverantwortung der Behörden überlassen.

Die Vorgangsdaten seien zwar raus, trotzdem würden Informationen über Unbeteiligte weiter erfasst, brachte Ruf ein weiteres Beispiel. Die Verwertung von Daten aus Funkzellenabfragen, die zahlreiche Handy-Nutzer erfassen, werde nur für einen von drei Straftatbeständen ausgeschlossen.

Die neue hessische Klausel greife zudem sogar bei "Vorfeld-Straftaten" wie der potenziellen Bildung einer kriminellen Vereinigung oder Drogendelikten, auch wenn noch niemand verletzt worden sei, kritisiert Ruf. So lasse sich Hessendata vermutlich schon einsetzen, "wenn sich eine Person Klebstoff kauft" und so in den Verdacht von Klimaaktivismus geraten könnte.

"Riesige Datenmengen" inklusive Informationen aus Social Media und Registern dürften weiter einbezogen werden. Abgleichschritte habe der Gesetzgeber nicht begrenzt, obwohl er hier eigentlich einer Diskriminierung vorgreifen müsste.

Dies gehe stark auch in Richtung Künstliche Intelligenz (KI) und voraussagende Polizeiarbeit ("Predictive Policing"). Zumindest werde eine "Vorprogrammierung durch selbstlernende Systeme nicht ausgeschlossen".

Mit Gotham habe sich die Polizei einen Panzer gekauft, um zum Bäcker zu fahren, monierte Bering grundsätzlich. Oft werde solche Software nur als einfache Suchfunktion genutzt. Hessen habe dafür zwar nur einen symbolischen Cent bezahlt, Nordrhein-Westfalen (NRW) aber schon eine Million Euro. Die Implementierungskosten für die dortige Polizei sind zudem drastisch angestiegen. Die Verfassungsbeschwerde der GFF gegen die Gotham-Gesetzesgrundlage in NRW ist noch anhängig.

Die neue hessische Koalition aus CDU und SPD wolle künftig Hessendata sogar mit "IP-, Maut- und sonstigen Verkehrsüberwachungsdaten" füttern, empörte sich Constanze Kurz vom Chaos Computer Club (CCC), die vom Bundesverfassungsgericht in dem Fall als Sachverständige gehört worden war. Dies sei dreist, da gerade die Mautdaten lange für "sakrosankt" erklärt worden seien.

Generell fliege die "schattig" gebliebene Multi-Millionen-Firma Palantir mit ihrer "gebrauchsfertigen Analyseplattform" mit hoher Grundrechtsrelevanz im Gegensatz etwa zu Microsoft oder Apple noch weitgehend unter dem Radar der öffentlichen Aufmerksamkeit. Das Problem betreffe letztlich aber auch andere Polizeiausrüster.

Das Bayerische Landeskriminalamt erteilte Palantir 2022 in einem europaweiten Vergabeverfahren den Zuschlag für eine ''verfahrensübergreifende Recherche- und Analyseplattform'' (VeRA), die ebenfalls auf Gotham beruht. Die Bundesregierung will von der Option, sich an dem abgeschlossenen Mantelvertrag zu beteiligen, vorerst keinen Gebrauch machen.

Die schwarz-rote Regierung im Land Berlin wolle VeRA dagegen einführen, berichtete Kurz auf Basis einer Umfrage. Hamburg habe noch keine Entscheidung über ein dafür benötigtes neues Gesetz getroffen. Baden-Württemberg und Thüringen hätten gleichlautend ein allgemeines Interesse an einschlägigen Formen digitaler Datenverarbeitung geäußert, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen keine derzeitigen Vorhaben benannt.

Kurz appellierte an die Politik und die Verwaltung, die derzeit oft geübte Praxis zu beenden, polizeiliche Datenanalysen an kommerzielle Anbieter auszulagern. Behörden begäben sich sonst in "krasse Abhängigkeit" von Firmen wie Palantir, die auch vor Klagen gegen eigene Kunden nicht zurückschreckten.

Eine höhere Transparenz solcher Systeme sei zudem die Minimalbedingung für die nötige Aufsicht und Evaluation. Anwender müssten sich ferner fragen, was die Anbieter sonst noch machten. Amnesty International etwa habe bei Palantir vielfach zu bedenken gegeben, dass das Unternehmen menschenrechtliche Standards nicht einhalte.


Aus: "Hessen hält höchstgerichtliche Vorgaben wohl nicht ein" Ein Bericht von Stefan Krempl (29. Dezember 2023)
Quelle: https://www.golem.de/news/palantir-polizeisoftware-hessen-haelt-hoechstgerichtliche-vorgaben-wohl-nicht-ein-2312-180685.html

Der Begriff Big Data meint ursprünglich sehr große Datenmengen, wobei sich die Größe auf die Dimensionen Volumen, also den Umfang der Daten, die Geschwindigkeit der Datenverarbeitung und die Bandbreite der Datentypen oder Datenquellen bezieht. Manchmal wird zusätzlich noch von einer Dimension des unternehmerischen Mehrwerts und einer Qualitätsdimension gesprochen. Häufig wird Big Data aber auch als Sammelbegriff für sämtliche Technologien benutzt, die eine moderne, vernetzte Verarbeitung und Analyse von Datensätzen zum Zweck haben. Hier finden Sie alle Artikel von Golem.de zu Big Data.
https://www.golem.de/specials/big-data/

...

Textaris(txt*bot)

#443
QuoteVor der Abstimmung zum Nachrichten­dienst­gesetz versprach der Bundesrat: Eine flächen­deckende Überwachung der Bevölkerung wird es nicht geben. Doch heute ist die Kabel­aufklärung genau das: ein Programm zur Massen­überwachung. Die Serie zum Schweizer Überwachungs­staat, Folge 1.
Die umstrittenste Änderung betraf die sogenannte «Kabel­aufklärung». Es ist genau jene Methode, die Snowden bei der NSA publik gemacht hatte: die Überwachung der Kommunikation über Internet-Kabelnetze im Auftrag des Nachrichten­diensts. Dabei wird die Kommunikation standard­mässig nach bestimmten Suchbegriffen – oder sogenannten «Selektoren» – durchsucht: Das können etwa spezifische Informationen zu ausländischen Personen oder Firmen sein, Telefon­nummern beispielsweise, es können auch Bezeichnungen für Waffen­systeme oder Technologien sein. Wird ein Begriff gefunden, wird die entsprechende Nachricht an das ZEO weitergeleitet, das Zentrum elektronische Operationen des Verteidigungs­departements, das in der Berner Gemeinde Zimmerwald beheimatet ist.
Die Analysten des ZEO wandeln diese Signale, die auf unterschiedliche Weise verschlüsselt sein können, nach Möglichkeit in lesbare Kommunikations­daten um – und leiten diese dann je nach Ergebnis an den Nachrichten­dienst weiter. Das Ziel: Informations­beschaffung, etwa für die Spionage- und Terrorismus­abwehr, Schutz der Landes- und Sicherheits­interessen, aber auch Austausch von Informationen mit befreundeten Geheim­diensten. ...

Aus: "Der Bund überwacht uns alle" Adrienne Fichter (09.01.2024) [Folge 1]
Quelle: https://www.republik.ch/2024/01/09/der-bund-ueberwacht-uns-alle


"Schweizer Geheimdienst räumt verdachtsunabhängige Massenüberwachung ein" Stefan Krempl (09.01.2024)
In der Schweiz sollte die geheimdienstliche Fernmeldeaufklärung die Grundrechte der Bürger besser wahren als etwa in den USA. Das gilt jetzt als widerlegt.​ ... Ein weiteres Eingeständnis ist die Möglichkeit sogenannter Retrosuchen. Datenströme aus dem Internet werden also nicht nur in Echtzeit nach vordefinierten Stichwörtern und anderen Suchbegriffen wie Nummern oder E-Mails (Selektoren) durchsucht, sondern auch in einer Datenbank aufbewahrt. Die Digitale Gesellschaft spricht von Vorratsdatenspeicherung durch den Geheimdienst, sodass dieser etwa Chats, Mails und Suchanfragen nachträglich durchsuchen könne. ...
https://www.heise.de/news/Schweizer-Geheimdienst-raeumt-verdachtsunabhaengige-Massenueberwachung-ein-9592420.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Wegen der Überwachung seiner Arbeitnehmer hat die französische Datenschutzbehörde den Logistiksparten des Onlinehändlers Amazon eine Geldbuße von 32 Millionen Euro auferlegt. Amazon habe die Aktivität seiner Lagerarbeiter teils »bis auf die Sekunde« überwacht, erklärte die Nationale Kommission für Informatik und Freiheiten (CNIL). Die Arbeitnehmer hätten unter ständigem Druck gestanden, sogar die Zeit zwischen dem Betreten des Lagers und dem Beginn der Arbeit sei überwacht worden.

Demnach nutzte das Unternehmen dafür vor allem die Daten der Scangeräte, welche die Mitarbeiter zur Bearbeitung von Paketen verwenden. Dies habe dazu geführt, dass die Beschäftigten jede Unterbrechung der Tätigkeit ihres Scanners, auch wenn es nur wenige Minuten waren, rechtfertigen mussten, wodurch »ein ständiger Druck auf ihnen lastete«, erklärte die CNIL. Tausende Menschen seien betroffen.

Die Geldbuße entspricht drei Prozent des Umsatzes der französischen Amazon-Tochter. Unter der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung können Datenschutzbehörden Unternehmen Strafen von bis zu vier Prozent des Umsatzes auferlegen. Die CNIL hatte 2019 eine Untersuchung bei Amazon angeordnet, nachdem es wiederholt Berichte über Missstände in den Lagern des Konzerns gegeben hatte.

Amazon kritisierte die Strafe und kündigte rechtliche Schritte an. »Wir sind mit den Schlussfolgerungen der CNIL, die sachlich nicht korrekt sind, überhaupt nicht einverstanden und behalten uns das Recht vor, Berufung einzulegen«, erklärte ein Konzernsprecher.

Amazon gilt als einer der größten Arbeitgeber der Welt. In der Vergangenheit gab es auch in Deutschland Kritik an den dortigen Arbeitsbedingungen. Bereits 2020 befand Niedersachsens Landesdatenschutzbeauftragte Amazon greife mit seiner Überwachung auf »schwerwiegende Art und Weise in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung« seiner Beschäftigten ein.

lph/AFP



Aus: "Amazon muss wegen Arbeitnehmerüberwachung Millionenstrafe zahlen" (23.01.2024)
Quelle: https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/datenschutz-in-frankreich-amazon-muss-wegen-arbeitnehmerueberwachung-millionenstrafe-zahlen-a-fc06fbd2-f326-440b-8c00-2dd6876c3a32

Textaris(txt*bot)

#445
Quote[...] Die Umwelt- und Anti-Akw-Aktivistin Cécile Lecomte ist zwar auf einen Rollstuhl angewiesen, braucht aber keinen, wenn sie für ihren Protest auf Bäume klettert. Ihr Aktivismus hat ihr nicht zuletzt in Polizeikreisen Bekanntheit eingebracht. So wurde sie eine Zeit lang zum Zweck der Personenkontrolle zur Fahndung ausgeschrieben, ihre Daten landeten im Informationssystem ,,Inpol". Rechtswidrig, wie das Verwaltungsgericht Hannover im vergangenen Herbst entschied (Az. 10 A 5471/21 und 10 A 602/22).

Etwas unheimlich, was Lecomte im Dezember 2020 widerfuhr. Damals gab es Proteste im Dannenröder Forst rund 80 Kilometer nördlich von Frankfurt am Main. Bäume sollten einer Autobahn weichen. Lecomte unterstützte die Proteste, beteiligte sich aber nicht. Sie saß im ICE, erzählt sie, unterwegs zu einem privaten Termin, bei dem sie Kletterunterricht geben wollte. Deshalb hatte sie ihre Utensilien dabei.

Ausweislich ihres Fahrtverlaufs war sie auch nicht auf dem Weg zum Forst. Bei einem Halt am Frankfurter Bahnhof bestiegen trotzdem Bundespolizisten den Zug, kontrollierten sie – nur sie – und nahmen ihr das Kletterwerkzeug ab. Woher wussten sie, dass die Aktivistin im Zug saß? Lecomte berichtet, sie habe die Fahrt wegen ihres Rollstuhls online anmelden müssen.

Sie hätte es gern genauer gewusst, wollte klagen – aber bekam keine Prozesskostenhilfe. Die Gerichte sahen keine Aussicht auf Erfolg. Dagegen zog sie – allein und ohne Anwalt – bis vor das Bundesverfassungsgericht, das ihr jetzt Recht gab. (Az: 1 BvR 687/22).

Nur weil Lecomte eine ,,polizeibekannte Aktivistin" sei, heiße das nicht, dass man sie jederzeit durchsuchen dürfe, meint das Gericht. Stütze sich die Polizei dabei auf ihre Datenbestände, dürfe nicht automatisch unterstellt werden, dass Speichern und Verwenden der Daten rechtmäßig sei. Schon gar nicht, wenn sie ,,Grundlage für ein gezieltes Herausgreifen" gewesen seien.

Woher wusste die Bundespolizei, dass Frau Lecomte im Zug saß? Was rechtfertigte die Annahme, dass sie sich an Protesten beteiligen würde? Die Fragen führen in die Tiefen der polizeilichen Datensysteme. Sie vor Gericht zu klären, daran sollte nicht nur die Betroffene ein Interesse haben. Geld darf da kein Hindernis sein.


Aus: "Überwachung von Aktivisten: Wenn Polizisten plötzlich zu viel wissen"
Eine Kolumne von Jost Müller-Neuhof (21.01.2024)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/uberwachung-von-aktivisten-wenn-polizisten-plotzlich-zu-viel-wissen-11080927.html

QuotePolizeiphilosoph
21.01.24 18:10

Schon spannend.

Die Aktivisten mißachten das Recht Dritter, begehren über den sogenannten "Zivilen Ungehorsam" das Recht, die Regeln nach einem eigenen Gut/Böse-Raster beugen zu dürfen. Aber wenn dann der Rechtsstaat ab einem bestimmten Punkt beginnt, Interesse an der Person zu bekommen und aufgrund derer Verhaltensweisen dann ggf. auch sagt: "Das gucke ich mir an", dann gibts Katzenjammer.

Menschen, die sich rechtskonform verhalten, obige Aktivistenschiene nicht bedienen, haben das Problem nicht.


Quotetizian2011
30.01.24 16:52
@Polizeiphilosoph am 21.01.24 18:10

    Schon spannend.

    Die Aktivisten mißachten das Recht Dritter, begehren über den sogenannten "Zivilen Ungehorsam" das Recht, die Regeln nach einem eigenen Gut/Böse-Raster beugen zu dürfen. Aber wenn dann der Rechtsstaat ab einem bestimmten Punkt beginnt, Interesse an der Person zu bekommen und aufgrund derer Verhaltensweisen dann ggf. auch sagt: "Das gucke ich mir an", dann gibts Katzenjammer.

    Menschen, die sich rechtskonform verhalten, obige Aktivistenschiene nicht bedienen, haben das Problem nicht.



Hat sie sich nicht rechtskonform verhalten, als sie im Zug saß und nachweislich gar nicht zu dem Forst fuhr? Und es geht hier nicht um "das gucke ich mir an", sondern hier wurde ihr persönliches Eigentum ohne Rechtsgrund abgenommen, von der Kontrolle mal zu schweigen.

Schon spannend.


QuoteMartin_Kniffke
22.01.24 09:35
@Polizeiphilosoph am 21.01.24 18:10

Ich bin immer wieder erstaunt über das pubertäre Niveau, auf dem die Rechte, auf dem die vermeintlichen Law&Order-Verteidiger argumentieren.

Das bestätigt alle Kritik, berechtigt grundlegend jeden Zweifel, solches Milieu könne selbstverständlich im Staatsbürger-Anerkennungs-Antragsverfahren die deutsche Staatsbürgerschaft erlangen.

Es fehlt ja an den grundlegendsten Begriffen von Rechtsstaat, Demokratie, Bürgerrechten. Hier scheint Großteil Integrationsverweigerung vorzuliegen. Und die Gesetzesgrundlage, auf der Polizei, Behörden, Staat nicht als Obrigkeitsstaat in einem demokratischen Gemeinwesen handeln kann und darf, ist nicht mal im Ansatz geläufig.

Stattdessen argumentieren Reaktionäre wie Pubertierende am elterlichen Abendbrottisch gegen Rechte, Pflichten, Regeln.
Weil er ja nachweisen kann, dass die mächtigen Eltern auch nicht einfach deshalb die Macht haben, weil sie immer unbescholten sind, recht haben oder gar das richtige tun.
Stattdessen versucht er jetzt auch einfach nur die Macht zu haben. Mit den unsinnigsten Argumentationsspiralen, schiefen Vergleichen, rabulistischen Vergleichen und Erzählungen.

Und nun mal zu Ihrer Information: Meine Vorfahren verhielten sich brav rechtskonform, als sie mindestens zu Massenmord nichts sagten.

Frauen mussten Gesetzesverstösse begehen, um neulich, kürzlich erst - in geschichtlichen Dimensionen betrachtet - das Wahlrecht zu erhalten.

Was Sie hier also in Wahrheit vertreten ist: Demokratie wäre schön, wenn sie nicht jeden Tag aufs neue nachweisen muss, auch im Alltag Demokratie zu sein. Dieser Prozess findet in der Regel in Kräfteverhältnissen statt, in der eine Mehrheit glaubt, bereits Eigentümer der Demokratie zu sein. Es gibt aber kein Eigentum an der Demokratie. Sie ist ein dynamischer, konfliktreicher, widersprüchlicher Prozess.
An dessen Ende in dessen Verlauf jene Minderheiten im Recht waren, die eine Mehrheit bis dahin zu Kriminellen erklärt hatte.


QuoteZeitungsleser74
21.01.24 14:41

Sicherheit hat manchmal ihren Preis. Ich gehe davon aus, dass es sich hier um einen bedauerlichen Einzelfall handelt, der juristisch entsprechend Bewertung findet, aber nicht repräsentativ ist.
Im Übrigen dürfte anzunehmen sein, dass man sicherlich nicht polizeilich überwacht wird, wenn man sich nichts zu Schulden kommen lassen hat.


QuoteBaBerlin
21.01.24 12:01

Sicher ... es ist uns lieber, wenn ein Bombenleger durchgewunken wird und hinterher man sich bestürzt zeigt.


Quotealltimehigh
21.01.24 13:16
@BaBerlin am 21.01.24 12:01

Es ging hier aber nicht um einen "Bombenleger".


QuoteBob_der_Baumeister66
20.01.24 10:27

Auf Inpol landet erstmal niemand grundlos. Insoweit hat sie ihren Teil dazu beigtragen. In Zeiten, wo sich Kriminelle gerne weinerlich als Aktivisten tarnen, kann sowas schonmal passieren. Sollte nicht aber acuh Grund die Verfahrensweise grundsätzlich in Frage zu stellen. Hierzu taugt ein Einzelfall nicht.


QuoteMaVo
20.01.24 17:54
@Bob_der_Baumeister66 am 20.01.24 10:27

Ist das Urteil des Gerichts nicht deutlich genug für sie? Rechtswidrig - wie in: verbotener Maßen, ohne Grundlage oder eben ohne guten Grund!

Aber immer wieder bezeichnend, dass diejenigen, die auf die Einhaltung von Recht und Gesetz achten sollen, bei sich selbst vollständig versagen und sich das dann auch noch schön reden!


QuoteJeanLuc7
19.01.24 21:19

Und das alles ohne die angeblich lebensnotwendige Vorratsdatenspeicherung...


...

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Es ist nichts Neues für Silvia Gingold, dass sie mit dem Staat über Kreuz liegt, der einst ein Berufsverbot gegen sie verhängte, und dessen Verfassungsschutz sie bis heute beobachtet. Im Gegenteil. ,,Es ist die Fortsetzung dessen, was sich wie ein roter Faden seit Jahrzehnten durch meine Familiengeschichte zieht", sagt die 77-jährige Antifaschistin. Sie wirkt munter und kampfeslustig.

Gingold hält das Grundgesetz und die hessische Verfassung in Ehren, zwei Dokumente, in denen Deutschland Konsequenzen aus dem Grauen der Nazizeit ziehen wollte. Umso unverständlicher findet sie es, dass ausgerechnet ihr vorgehalten wird, verfassungsfeindliche Aktivitäten zu unterstützen. Der Vorwurf: Sie sei für die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA) aktiv – einer Organisation, die von ihrem Vater Peter Gingold mitbegründet wurde, einem Kommunisten, und die aus Sicht des Verfassungsschutzes linksextremistisch ist.

Auch Lesungen aus den Memoiren ihres Vaters, des 2006 verstorbenen Frankfurter Widerstandskämpfers, sind ein Grund für ihre Beobachtung. Als ,,Magnet" wirke sie dadurch bei Veranstaltungen linksextremer Organisationen. Absurd, findet seine Tochter.

Am Montag will Gingolds Wiesbadener Anwalt Otto Jäckel eine Verfassungsbeschwerde auf den Weg bringen. Jäckel moniert Verstöße gegen die Grundrechte auf Meinungsfreiheit, auf informationelle Selbstbestimmung und – wegen der ,,überlangen Verfahrensdauer" – auch gegen das Recht auf ein faires Verfahren.

Ihr Ziel hatte die frühere Lehrerin bereits in einem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden im Jahr 2017 formuliert: ,,Ich erhoffe mir von diesem Verfahren, dass das Gericht die Rechtswidrigkeit der Beobachtung und Bespitzelung meiner Person durch den ,Verfassungsschutz' feststellt und die Löschung aller über mich gesammelten Daten anordnet", schrieb sie in einer persönlichen Erklärung.

Seit mehr als einem Jahrzehnt dringt Gingold darauf, nicht mehr vom Verfassungsschutz beobachtet zu werden – zumal die Behörde mitgeteilt habe, dass Material gegen sie teilweise ,,aus persönlichen Gesprächen gewonnen" worden sei und ein Offenlegen dieser Quellen ,,zu Gefahren für Leib und Leben von Personen führen" könnten. ,,Können Sie sich vorstellen, wie es sich für mich anfühlt, wenn sich die Beobachtung meiner Person nicht nur auf öffentlich zugängliche Quellen stützt, sondern die Bespitzelung auch in persönlichen Gesprächen meines Umfelds bis hin zum Ausspähen meiner Email-Korrespondenzen stattfindet, wie dies ebenfalls in der Sperrerklärung eingeräumt wird?", fragt Gingold.

Doch von mehreren Gerichten wurde ihr Ansinnen abgewiesen. Jetzt wurde die vorerst letzte derartige Entscheidung bekannt. Ende 2023 wies der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel Gingolds Klage ab, mit der sie eine Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel erreichen wollte, das ihre Bespitzelung gebilligt hatte. Der VGH hatte sich mehr als sechs Jahre Zeit genommen für die Überprüfung, ehe er kurz nach Weihnachten die Entscheidung verkündete. Klägerin Gingold habe ,,ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung" nicht dargelegt, heißt es in dem Urteil. Sie habe auch ,,keine konkreten und substantiierten Einwände" gegen die Darstellung des Verfassungsschutzes vorgebracht, die sich das Verwaltungsgericht ,,zu eigen gemacht" habe.

So sieht der Geheimdienst einen Anlass zur Beobachtung darin, dass Gingold einen Vortrag zum Thema ,,40 Jahre Berufsverbote in der Bundesrepublik Deutschland" gehalten hatte – und zwar nicht allein wegen des Inhalts, sondern auch wegen des ,,Umfelds". Zu der Veranstaltung hätten 15 Organisationen aufgerufen, darunter die Partei Die Linke und das Netzwerk Frankfurter Antifaschistinnen, von denen zwölf ,,linksextremistischen bzw. linksextremistisch beeinflussten Organisationen zuzuordnen seien". Dabei komme es gar nicht darauf an, ,,ob und inwieweit sich die Klägerin (Silvia Gingold, Red.) mit den Zielen der Veranstalter der Kundgebung identifiziert, oder ob sie lediglich diese Kundgebung als Plattform habe nutzen wollen".

Ein Vorwurf empört Gingold besonders: der Hinweis auf ihren von den Nazis verfolgten Vater. Sie habe ,,wegen der relativen Bekanntheit ihres Namens als Tochter eines Widerstandskämpfers gegen den Nationalsozialismus quasi als Magnet für Personen gewirkt, die den Zielen der Veranstalter bislang eher ferngestanden hätten", fasste das Gericht die Argumentation des Verfassungsschutzes zusammen, die es teilte. Es sei ,,skandalös", dass die Bekanntheit ihres Vaters nun quasi gegen sie gerichtet werde, findet Silvia Gingold.

Sie war zeitweise selbst Vorstandsmitglied des VVN-BdA Hessen. Diese Organisation taucht nicht im aktuellen hessischen Verfassungsschutzbericht auf, aber das muss nichts bedeuten. ,,Die Übersicht über Beobachtungsobjekte im jeweiligen Jahresbericht ist nicht abschließend", sagt der Sprecher des hessischen Verfassungsschutzes, Christian Scheh, auf Anfrage. Ob eine Organisation erwähnt werde, hänge unter anderem davon ab, wie intensiv sie extremistisch in Erscheinung trete, und auch von weiteren ,,nachrichtendienstlichen und datenschutzrechtlichen Erwägungen".

Aus Gingolds Sicht ist ihre Beobachtung, die nach Angaben der Behörden seit 2009 wieder aufgenommen wurde, eine Fortsetzung früherer Schikanen. Gingold war 1975 aus dem Schuldienst entlassen worden, weil sie der kommunistischen DKP angehörte.

Im Rahmen des ,,Radikalenerlasses" wurden in den 1970er Jahren Tausende von Verfahren geführt, mehr als 1200 Bewerberinnen und Bewerber abgelehnt und 260 Mitarbeiter:innen des öffentlichen Dienstes entlassen. Gingold setzte jedoch durch, dass sie ab 1976 wieder unterrichten durfte, und blieb 30 Jahre unbeanstandet im Lehrdienst. Sie wurde aber nie verbeamtet, sondern war als Angestellte an der Gesamtschule Spangenberg im Schwalm-Eder-Kreis tätig. Das wirke sich bis heute auf ihre Ruhestandsbezüge aus, sagt sie. ,,Ich bekomme viel weniger als meine verbeamteten Kolleginnen und Kollegen."

Unbeirrt führt sie ihren Kampf weiter und bekommt Rückendeckung von der VVN-BdA. ,,Menschen sollten ermutigt werden, sich wie Silvia Gingold antifaschistisch zu engagieren, statt ihnen zu unterstellen, sie wären eine Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung", sagt der Sprecher der Organisation in Hessen, Norbert Birkwald.

In diesen Tagen, da Tausende auf der Straße gegen Rechtsextremismus demonstrieren, ist Silvia Gingold ,,natürlich mittendrin". Manche Äußerungen von Politikern und Politikerinnen gegen die Gefahr von rechts allerdings empfindet sie als ,,Doppelzüngigkeit und Doppelmoral".


Aus: "Sie kämpft gegen die Bespitzelung" Pitt von Bebenburg (01.02.2024)
Quelle: https://www.fr.de/rhein-main/sie-kaempft-gegen-die-bespitzelung-92809146.html

Jahrelang klagte Silvia - erfolglos - gegen den hessischen ,,Verfassungsschutz" auf Unterlassung der fortgesetzten Bespitzelung und Vernichtung der diesbezüglichen Akten. Am 28.12.2023 - nach sechs Jahren! - wurde der Antrag auf Zulassung der Berufung vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof endgültig abgelehnt ...
http://www.berufsverbote.de/index.php/fall-gingold.html

http://berufsverbote.de/tl_files/Berlin/10_BV-S_Gingold-LOGO.pdf