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[Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]

Started by Textaris(txt*bot), March 25, 2007, 08:19:49 PM

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Textaris(txt*bot)

Quote[...] Die deutsche Linke und der Islam, das ist eine monströse Geschichte. Denn es ist die Begegnung zweier Seelenlagen, jede von ihnen voller Schuldgefühle. Das linke Schuldgefühl kommt aus der Hölle der deutschen Vergangenheit. Das islamische Schuldgefühl kommt aus dem allmächtigen Himmel, in dessen Dienst die muslimische Welt ihre Zukunft verpasst. Das linke Schuldgefühl entlastet sich durch maximale Toleranz. Das islamische Schuldgefühl besänftigt sich durch maximale Intoleranz. Beide Schuldgefühle erzeugen ein Monstrum an Irrationalität auf deutschem Boden. Die maximale Toleranz aber befreit die Linke keineswegs von ihrem Schuldgefühl. Deshalb tendiert ihre Toleranz zur Grenzenlosigkeit, sie toleriert alles, es sei denn, es komme von "rechts", aus der Hölle. Für alles andere, und sei es noch so übel, wird sie zur Blanko-Toleranz. Die islamische Intoleranz hingegen toleriert nichts, es sei denn, es komme aus dem Himmel. Auch sie ist in ihrem Schuldgefühl steckengeblieben. Deshalb verbaut sie der muslimischen Welt weiterhin die Zukunft. Beide Schuldgefühle versuchen sich durch jeweilige Hypermoralität zu entschulden. Das produziert den Überlinken einerseits und den Übermuslim andererseits. Beide müssen zur Vernunft gebracht werden. Aber wie und von wem?

Zunächst die triste Bilanz aus der Begegnung irrationaler Toleranz mit irrationaler Intoleranz: Die deutsche Linke hat den linken Verstand verloren, denn ihre Toleranz dem Islam gegenüber duldet alles, was der aufgeklärten deutschen Gesellschaft und was freiheitsbewussten Musliminnen und Muslimen in Deutschland und in der islamischen Welt schadet.

Es gibt einen neuen Orientalismus, den die Linke nun von den Muslimen selbst einfordert, schreibt die algerische Feministin und langjährige Unesco-Mitarbeiterin Wassyla Tamzali: "Muss ich ab jetzt verschleiert sein, um Gehör zu finden?" Der neue, linke Orientalismus grenzt den muslimischen Menschen aus der Aufklärung aus, wie früher der alte, eurozentrische Orientalismus es tat. Markenzeichen des linken Neo-Orientalismus ist das "Kopftuch". Es gehört in Anführungszeichen gesetzt, denn es ist kein Kopftuch. Es ist ein den Frauenkörper bis über die Fußknöchel abdeckender Hidschab, Nikab, eine Burka oder ein Burkini. Deshalb werde ich ab jetzt das Wort "Kopftuch" immer in Anführungszeichen setzen. Denn das Kopftuch ohne Anführungszeichen verharmlost, was das "Kopftuch" der Frau und dem Bild von der Frau in der heutigen Welt antut. Der linke Neo-Orientalismus behauptet, das "Kopftuch" werde "freiwillig" getragen. "Harvey Weinstein und seine Anwälte verteidigten sich gegen den von einer Frau erhobenen Vorwurf sexuellen Übergriffs mit dem Argument, die Frau habe den Handlungen des amerikanischen Produzenten freiwillig zugestimmt. Das hört man jetzt auch, wenn es um die verschleierten Frauen geht", so Wassyla Tamzali. Missionarisch, militant, inhuman ebnet die deutsche Linke dem "freiwilligen" Fundamentalismus in Deutschland den Weg. Der "freiwillige" Fundamentalismus ist gefährlicher als der offen erzwungene. Denn der offen erzwungene lässt den Widerstandswillen intakt, der "freiwillige" löscht ihn als "unislamisch" aus.

Ich hatte nie etwas gegen den Islam, bis ich plötzlich merkte, dass der Islam etwas gegen mich und meine muslimischen Freunde hatte. Ich habe mit dem heutigen Islam nicht mehr Schwierigkeiten, als ich mit jedem reaktionären Deutschen, Franzosen oder Chinesen habe. Mit jedem Amerikaner, Türken, Buddhisten, Christen, Hindu, Nord- oder Schwarzafrikaner, Dunkelhäutigen oder Hellhäutigen, der gegen die Gleichberechtigung von Mann und Frau ist, gegen die Gewissensfreiheit, gegen die Gleichheit aller Menschen, ob "gläubig" oder "ungläubig", der gegen die Trennung von Religion und Staat ist, der gegen die Vermischung von Menschen unterschiedlicher kultureller Prägung ist, der gegen Homosexuelle ist, gegen die sexuelle Selbstbestimmung der Frau, gegen die Gedankenfreiheit. Leider ist der gegenwärtige Islam gegen all dieses. Anders als der einzelne reaktionäre Deutsche, Amerikaner, Chinese, dem ich aus dem Weg gehen kann, hat der Islam mehr Macht als diese alle zusammen. Er ist vielerorts Staatsmacht. Er ist Staatsreligion. Er beherrscht einen großen Teil der Welt. Er steckt in international vernetzten Terrororganisationen. Er verfügt über zivile Organisationen, die "friedlich" und "tolerant" die westlichen Freiheiten für ihre antifreiheitlichen Zielsetzungen nutzen, an erster Stelle die westliche Religionsfreiheit, die der Islam bei sich nicht duldet. Dieser Islam ist militant und missionarisch wie die linke Islam-Toleranz, die ihm militant und missionarisch entgegenkommt. Seit dem 11. September 2001.

Ich habe keine Schwierigkeiten mit einer Linken, die links ist. Die "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" für alle gelten lässt. Die muslimische Aufklärer nicht als "Rassisten" diffamiert, weil sie Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit auch für Muslime wollen. Was wäre die Welt ohne die Linke? Ohne jene Linke, die sich für die gesellschaftliche Emanzipation auf sozialem und kulturellem Gebiet eingesetzt hat seit den Zeiten Voltaires? Die den Kolonialismus bekämpft hat? Die die Befreiungsbewegungen inspiriert und unterstützt hat? Die den katholischen Fanatismus besiegt hat? Die die Kirche gezwungen hat, Gleichberechtigung und sexuelle Selbstbestimmung anzuerkennen? Ich habe nur Schwierigkeiten mit einer Linken, die alles dies aufgibt, sobald das Wort "Islam" fällt. Die so tut, als wäre der Islam Teil einer Befreiungsbewegung gegen die (angebliche) politische und kulturelle Hegemonie des Westens. Die nicht zugibt, dass der Islam selbst zum grausamen Unterdrücker in weiten Teilen der einstigen "Dritten Welt" geworden ist. Die einverstanden ist, dass der Islam dort alles Aufgeklärte und Demokratiefreundliche als "westlich", "verwestlicht", "unislamisch" ablehnt und verfolgt. Die einen Islam unterstützt, der auch in Deutschland die Abschottung von allem "Westlichen" fordert und die Frau für "unrein" hält.

Mit einer Linken, die im Namen der Toleranz all dieses akzeptiert, will ich nichts zu tun haben. Sie missachtet die Menschenrechte. Sie toleriert, dass ein Teil unserer Gesellschaft, der Teil mit muslimischem "Migrationshintergrund", im Namen Gottes hinter die Menschenrechte für alle Menschen zurückfallen konnte. Ich will keine Linke, die Religionskritik für "rassistisch" hält, sobald sie den Islam betrifft. Religion ist keine Rasse, was soll der Unsinn? Es wird höchste Zeit für eine Linke, die wieder links wird. Die endlich kapiert, dass die bedrohte Minderheit in der Welt von heute nicht der Islam, sondern die Aufklärung ist. Deutschland braucht eine Linke, die mit der muslimischen Aufklärung zusammenarbeitet. Ihr sollte die linke Toleranz gelten, nicht – wie seit 20 Jahren – ihren Feinden. Es kann doch nicht sein, dass diese Selbstverständlichkeit aufgegeben wird, weil Kritik am Islam angeblich "Wasser auf die Mühlen der Rechten" liefert. Was wiegt denn diese Rechte gegen die Menschenrechte? Mit der Aufgabe linker Selbstverständlichkeiten ist es doch die Linke selbst, die seit Jahren Wasser auf jene rechten Mühlen liefert, die sie trockenlegen möchte. Die Linke ist es, die immer mehr Bürger nach "rechts" treibt, weil sie bei der Linken nicht mehr finden, was einst zum linken Selbstverständnis gehörte: Kritik an Dogmen, an Fanatismus, an Frauenverachtung, an gesellschaftlicher Rückständigkeit und an einer Aufteilung der Menschheit in "Gläubige" und "Ungläubige", also in Gut und Böse. So dreht die Linke die Republik nach rechts.

Um wieder links zu werden, muss die Linke erst einmal rechts anfangen, wo sich inzwischen alle Probleme zur Behandlung eingefunden haben, die die Linke seit zwei Jahrzehnten verdrängt: vom aufklärungsresistenten Islam über den vom Islam ruinierten Multikulturalismus und die gegen "Ungläubige" abgeschotteten Parallelgesellschaften bis hin zur Penetranz des Islam im staatlich neutralen Raum via "Kopftuch" für Lehrerinnen, dem Mobbing nichtislamischer Schüler und dem muslimischen Antisemitismus. Ganz zu schweigen vom Terror im Namen des Islam, der nach Rotgrünlinks mit dem Islam "nichts zu tun" hat. Dabei berichten algerische und marokkanische Zeitungen – muslimische (!) Zeitungen – ausführlich, warum genau das Gegenteil der Fall ist: "Der traditionelle religiöse Diskurs rechtfertigt in der Tat diese Gewalt. Es fordert uns viel Mut ab, das anzuerkennen, aber dennoch ist es die Realität. Wir müssen die religiösen Texte und archaischen Interpretationen angreifen, die immer noch Terrorismus hervorbringen und ihn rechtfertigen", war in der algerischen Zeitung "El Watan" nach dem Massaker an der "Charlie Hebdo"-Redaktion zu lesen.

(Samuel Schirmbeck, 15.9.2018) Samuel Schirmbeck (Jg. 1941) ist Soziologe, Autor und Filmemacher. Er hat ab 1991 das ARD-Büro Nordafrika in Algier aufgebaut und berichtete als Korrespondent über Algerien. Dieser Text ist ein Auszug aus seinem neuen Buch "Gefährliche Toleranz – Der fatale Umgang der Linken mit dem Islam". Es erscheint am 21. September im Orel-Füssli-Verlag.



Aus: "Der fatale Umgang der Linken mit dem Islam Kommentar der anderen" Samuel Schirmbeck (14. September 2018)
Quelle: https://derstandard.at/2000087380082/Der-fatale-Umgang-der-Linken-mit-dem-Islam

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dampfplaudern

Das Problem der sog. "Linken"
1. es gibt keine Zertifizierungsstelle für "Geprüfter und für gut befundener Linker".
Jeder, der glaubt irgendwie gegn das Establishment zu sein, kann sich "Linker" nennen. Derweil habe ich Zwifel, dass nur 1/10 von denen weiß, was "Linkssein" wirklich meint ("Ich bin kein Marxist!" cr. Karl Marx)
2. der limtieirende Fakter ALLER Linken, egal ob Avantgarde- oder Vulgärlinker, ist dennoch der Wahn, dass Gewalt NUR eine Folge ungleicher Verteilung ist, somit ist für denen islamistische Gewalt und islam. Unterdrückung nicht deren Versagen sondern unseren zuzurrechnen.
In dieser selbstgesteckten FAlle sitzen die Linken und werden wohl nie dort herasukommen


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madame schmeckenwasser

Als Linke (ich spreche für mich und möchte nicht wie der Autor hier pauschal von "den Linken" sprechen) lehne ich jede Form von Extremismus, antidemokratische und unsoziale Tendenzen ab.
Als Atheistin lehne ich jede Form von religiösen Chauvinismus und Fanatismus ab.
Als Feministin lehne ich jede Form von Sexismus, Misogynie und Antifeminismus ab.
Aber:
Als Freundin von frommen Christen, Moslems und Juden lehne ich die Beschränkung der Religionsfreiheit ab.
Ich lehne es ab jeden Moslem als Fanatiker, Sexist, Extremist zu diffamieren.
Ich lehne es ab Musliminnen die Selbstbestimmung noch einmal abzusprechen.
Ich lehne es ab, dass ein alter Mann es sich erlaubt, über "die Linken" und "die Moslems" pauschal einen Stab zu brechen.


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Liberaler Atheist

Genau so Linke wie Sie sind das Problem.


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Labsal

Exhibit A zum Artikelinhalt: madame schmeckenwasser
am besten gefällt mir die Vorliebe für ("fromme" :-) Muslime und Religionsfreiheit gleichzeitig. Gibt es irgendeine Ideologie auf der Welt, die Religionsfreiheit stärker ablehnt als der Islam?


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lokin

Hier wurde kein Stab gebrochen, sondern sehr schlüssig erklärt, wie unter dem Etikett "links" eine falsche Toleranz gepflegt wird. Die Moslems wurden nicht pauschaliert, sondern es wurde dargelegt, warum Toleranz von linker Seite v.a. gegenüber salafistischen Strömungen ein Verrat an genuin linken Ideen unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit ist, da dadurch die Rückendeckung für einen aufgeklärten Islam fehlt. Ich habe sehr wohl gläubige Moslems als Freunde, diese pflegen jedoch eine aufgeklärte Haltung, ich unterstütze meinen Freund im Ramadan, aber Kopftuch und Exklusion Andersgläubiger gibt es in dessen Familie nicht. Ich habe nach 34 Jahren als treuer Wähler aufgehört SPÖ zu wählen, weil mir eine klare Position zu diesem Thema fehlt.


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madame schmeckenwasser

Nein, der Autor hat das wiedergegeben, was Rechte über Linke sagen. Ich kenne wirklich sehr viele Sozialdemokraten, Grüne und Pilzwähler und auch Kommunisten, Politiker, Aktivisten und Sympathisanten, aber niemand deckt oder sympathisiert mit extremistischen Strömungen! Diese Behauptung wird nur von Rechten getätigt.


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lokin

Nein, der Autor hat das wiedergegeben, was frustrierte Linke über Linke im Toleranzwahn sagen. Das Frustrierendste ist, dass sich Leute wie Sie gleichzeitig für schlau und für links halten, dabei aber auf zumindest einem Auge blind sind, während sie sich an der eigenen Selbstgerechtigkeit erfreuen, obwohl sie die Ideale des Sozialismus verraten. Schauen Sie sich linke Wahlkampfplakate und Karikaturen aus den 50ern an, wie dort mit dem damals noch vorhandenen christlichen klerikalen Politagitatismus umgegangen worden ist. ...


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madame schmeckenwasser

"Frustrierte Linke" ... Sie meinen wohl eher jene Opportunisten, die sämtliche Errungenschaften der Sozialdemokratie ausnutzen und nun FPÖ wählen, weil FPÖVP ihnen einredet, dass die Flüchtlinge daran schuld sind, dass Österteich ein Failed State ist und im völlig abgesandelten Wien ein Bürgerkrieg tobt?
Ja, die Meinung dieser "frustrierten Linken" sind natürlich ganz ausschlaggebend für mich, wenn es darum geht, wie wir mit Minderheiten umzugehen haben.
Und zu den Wahlplakaten: Religiosität lässt sich nicht verbieten. Sämtliche Versuche (von der UdSSR bis Ägypten) zeigten, dass sich dadurch im Untergrund fundamentalistische Strömungen bilden und Extremismus entsteht.
Der Katholizismus wurde ja auch nicht verboten.


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wundertsichnurmehr

Ich KANNS schon nicht mehr hören... Die Muslime sind Terroristen und die linken Islamliebhaber... Also ALLE linken, die ich in meinem Leben kennengelernt habe, sind gegen jede Art von Unterdrückung und Bevormundung. Nur weil man gegen Assimilierung durch Verbote ist, heisst das nicht, dass man etwas gut findet. Ich habe in den letzten 20 Jahren mit so vielen fundamentalistischen Moslems diskutiert, dass ich ihre Zahl nicht einmal mehr ansatzweise nachvollziehen könnte. Ein einziges mal gelang es mir sogar, dessen Ansichten aufzuweichen. Wenn man solcher pauschalisierung dann von linken kritisiert wird (z.B. Sarazzin, der auch die ganze Zeit von "dem Islam" spricht, heisst es wieder man wäre für den totalitären Islam. Beginnt mal mit zuhören


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Chvojsik Roman

Die Frage ist einfach wie sie fundamentalistisch definieren. zb 76% der Afghanen halten Ehrenmorde für rechtfertigbar. Eher fundamentalistisch.

99% der brit. Muslime hält Homosexualität für unmoralisch. Da könnte man sagen das ist zwar rückständig aber nicht extrem und irgendwo Privatsache.
52% aber würden Homosexualität verbieten, das ist dann schon wieder recht radikal und auch nicht mehr Privatsache.

Natürlich gibt es aber auch moderate Muslime.

Ein Unterschied jedoch ist wesentlich und findet sich sich in muslim. Communities im Westen genauso wie in mehrh. muslimischen Ländern.

Radikale Ansichten finden, anders als bei westlichen Gesellschaften, bis weit in die Mitte der Gesellschaft Unterstützung (Antisemitismus, Frauenrechte, Rechtf. von Gewalt, ...).

Und das ist problematisch.


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TheBeast72

Da ich mich selbst recht eindeutig zur Linken zähle, kann ich über den Beitrag oben nur ein Urteil fällen: Komplett hirnbefreiter Unsinn.

Nachdem das gesagt ist: Kann mir irgendwer erklären, wo denn genau der Islam als der Freund der Linken definiert wird, und vor allem von wem? Es sind doch eigentlich die Rechten, die den eigenen Zugang zu den Futtertrögen einzementieren will, indem sie der Linken Kooperation mit den Asylbetrügern (wisse: alle Moslems sind solche!) unterstellen und impluieren, dass wer links wählt auch gleichzeitig die Mullahs in Afghanistan unterstützt.

Religionskritik ist eine urlinke Idee (siehe Marx), das heißt aber nicht, dass automatisch alle Anhänger einer(!) Religion böse sind, wie das die Rechte so gerne sieht.


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Sk3ptiker

Genau so sehe ich die politische Linke inzwischen auch. Früher waren andere Themen im Vordergrund, Themen, die den Leuten wirklich wichtig waren. Heute geht es anscheinend nur noch um den Kampf gegen Rechts und da die Rechten gegen den Islam sind, sind die Linken halt dafür. So kommt es einem zumindest vor. Warum sonst sollte gerade ein links orientierter Mensch eine Ideologie verteidigen, die für all das steht, was er einst so radikal bekämpft hat?

Also, aufwachen liebe Linken, der Islam ist nicht euer Freund! Wenn ihr das endlich lernt, klappts ja vielleicht auch wieder mit der nächsten Wahl...


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Vorstadtneurotiker

Dieser Artikel gehört den grünen Träumern ins Stammbuch geschrieben! Großartige und ins Schwarze treffende Analyse


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Partagas

Was "die Linken" nicht verstehen: je toleranter man ist desto mehr öffnet man den Intoleranten Tür und Tor.


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Igel im Gras

MUTIGER Artikel?
Ich finds spannend, dass dieser Artikel von so vielen "mutig" genannt wird. Dabei tönt doch seit Jahren jedes Revolverblatt, dass die Linke den Islam verharmlost. Und unsere lieben FPÖler und ÖVPler predigen das ebenfalls seit geraumer Zeit.
Ich würd eher sagen - willkommen im populistischen Mainstream.


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madame schmeckenwasser

Der Autor will den politischen Kreis schließen?
"Um wieder links zu werden, muss die Linke erst einmal rechts anfangen..."
Herr Schirmbeck, wo wären wir denn dann?
Da der Autor außer pauschalen Unterstellungen keinerlei Lösungsvorschläge anzubieten hat, aber "rechts anfangen" möchte, wird ihm der Vorschlag des österr. Innenministers, Menschen konzentriert zu halten, vielleicht gefallen.

Linke sind der Aufkläung und der Vernunft verpflichtet, beides lässt sich weder mit religiösem, noch mit politischem Extremismus vereinbaren. Dem Autor verschwimmen d. Grenzen zwischen Frömmigkeit und Fanatismus ebenso wie zw. Verfolgung und Toleranz.
Ich empfehle zur Linderung des übertriebenen Verkündens der "Wahheit" die Lektüre von Amos Oz "Liebe Fanatiker".

[Amos Oz entwirft das Profil des Fanatikers unabhängig von Religion oder politischer Anschauung. Er betrachtet Fanatismus als "schlechtes Gen", als Bestandteil der menschlichen Natur, aber auch als "ansteckende Krankheit". Deren Charakteristikum sei der Unwille zu diskutieren, völlige Humorlosigkeit, die Unfähigkeit, Unterschiede auszuhalten, Abscheu gegenüber Diskursen, die als "hegemonial" empfunden werden, Mangel an Toleranz gegenüber Andersdenkenden, Selbstmitleid, fehlendes Ego. Hingegen macht der Autor Neugier, Fantasie und Humor als "Teilimmunisierung" gegen Fanatismus aus. Die Vielzahl moralischer Argumente gegen Fanatismus reduziert Oz auf einen Satz: "Du sollst niemandem Schmerz zufügen." In der Auseinandersetzung mit ultraorthodoxen und nationalistischen Kräften in Israel positioniert sich Oz als selbstbewusster Israeli, der eine Kultur des Abwägens und Überzeugens, des miteinander Redens starkmacht gegenüber einer des Gehorsams. .... Quelle: https://www.deutschlandfunkkultur.de/essaysammlung-liebe-fanatiker-amos-oz-ueber-die-ansteckende.950.de.html?dram:article_id=412592 ...]



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Textaris(txt*bot)

#316
Quote[...] Meine Mutter ist eine Zeitreisende. Bisher hat sie ihren Heimatort nur ein einziges Mal und zwar für die Pilgerfahrt nach Mekka verlassen. Nun ist sie für zehn Tage in Europa und fühlt sich wie in einer Science-Fiction.

In ihren Augen ist hier alles aufregend und viel schöner als zu Hause: Die Bäume sind grüner, die Straßen sind sauberer, die Menschen sind sportlicher. Sie guckt sich die Welt mit dem Blick einer Abenteuerreisenden an und lässt sich nicht mal davon verschrecken, dass sie plötzlich einen halbentblößten Hintern vor der Nase hat, weil die Frau, die in der S-Bahn vom Flughafen vor ihr steht, einen so kurzen Minirock trägt.

Bevor wir in die Regionalbahn umsteigen, gehen wir am Hauptbahnhof essen. Ich wähle ein syrisches Restaurant. Da bin ich sicher, dass die Mahlzeit halal ist. Der Tee ist gut, befindet meine Mutter. Das Essen kann mit ihrem eignen aber nicht mithalten. Dafür interessiert sie das Publikum. Neben uns sitzt ein schwules Paar. Als wir auf dem Weg aus dem Restaurant darüber sprechen, hört sie gar nicht mehr auf zu kichern. Sie kann sich einfach nicht vorstellen, dass Männer Männer lieben können. Aber sie ist nicht verärgert, sie lacht nur. Wenn das so weitergeht, reißt sie sich morgen das Kopftuch runter und geht in die Disco.

Mein Vater sieht die Sache anders, in der Heimat ist fast alles schöner, größer und besser. Er ist als junger Mann etwas umhergereist und gibt sich weltmännisch. Nur an der ganz neuen Jeans und den ungetragenen sportlichen Schuhen erkennt man, dass er sich eigens für diese Reise europäisch verkleidet hat. Es soll keiner denken, dass er vom Mond kommt. Er hat mich schließlich schon mal besucht und wirft lässig mit seinen drei deutschen Worten um sich.

Es ist schön, die beiden hier zu haben. Und zeitgleich aufwühlend. Meine Mutter sieht abgekämpft aus. Nach der Bahnfahrt in meiner Wohnung angekommen, legt sie den langen alten Mantel und das Kopftuch ab. Sie hat sich auch schön gemacht für die Reise. Ihre grauen Haare sind gefärbt und die Haare modern geschnitten. Trotzdem sieht sie alt aus und bewegt sich beschwerlich. Ihr Körper ist kaputt. Sie hat immer arbeiten müssen, als älteste Tochter, als junge Ehefrau, als Mutter und nun als Oma. Sie kann sie sich gar nicht daran erinnern, dass sie mal einen Tag nicht geputzt und gekocht hat. Und vor der Reise hat sie tagelang Essen vorbereitet und eingefroren, damit die Familie nicht verhungert, während sie weg ist.

Kein Wunder, dass mein Vater von der Heimat schwärmt. Für Männer ist der Alltag in Irakisch-Kurdistan bequem. Doch für die meisten Frauen ist die Zeit dort stehen geblieben. Was würde passieren, wenn meine Eltern hier leben sollten. Würde mein Vater seine Frau zu Hause einsperren, aus Angst davor, dass sie sonst ein neues Leben beginnt?

"... ich soll doch endlich mit den Provokationen aufhören und meinen Atheismus im Leisen ausleben."

Ich kriege in diesen Tagen viele freundliche Nachrichten. Selbst Leute, die sich sonst an meiner Islamkritik stören, freuen sich über meinen Familienbesuch. Aber ich soll doch endlich mit den Provokationen aufhören und meinen Atheismus im Leisen ausleben, bitten sie mich. Ich soll Muslime nicht in ein schlechtes Licht rücken in diesen rassistischen Zeiten.

Natürlich gibt es auch in anderen Gesellschaften ähnliche Probleme. Aber ich erlebe nirgends sonst, dass die Ungerechtigkeit so breit mitgetragen wird. Ich kenne muslimische Väter, die ihren Töchtern den Schwimmunterricht verbieten. Ich habe muslimische Freunde, die ihre Schwestern überwachen. Ich erlebe muslimische Eltern, die ihre homosexuellen Kinder verstoßen. Und ich lese in der Zeitung von Muslimen, die sich und andere in die Luft sprengen. Weil Allah es angeblich so will? Und wo bleibt der Protest und der Aufschrei der aufrechten Muslime? Ich muss Muslime nicht negativ darstellen, das schaffen sie schon ganz für sich alleine – durch ihr Schweigen.

Meine Mutter hat ihren Mantel kaum abgelegt, da deckt sie den Tisch schon mit leckeren Speisen. Der ganze Koffer ist mit Leckereien gefüllt. Sie will meine Freunde bekochen, wir sollen alle einladen. Ich habe das vermisst, diese selbstverständliche Offenheit und Freundlichkeit. Meine Mutter ist kein böser Mensch. Auch mein Vater meint es gut. Sie haben mir nie schaden wollen, die Religion macht sie krank.

Glaube ist ein bisschen wie eine Droge. Wenn du selber entscheidest, wann und wie viel du davon genießt, dann kannst du viel Spaß damit haben. Aber wenn es dein Leben bestimmt, dann wird es zu einer Krankheit. Wenn du keinen Spaß verstehst und glaubst, dass es das einzig Wahre ist, dann hast du ein Problem. Und wenn du dir und anderen damit das Leben zur Hölle machst, dann brauchst du eine Therapie.

Ich nasche an den Keksen meiner Mutter, sehe meine glücklichen Eltern vor mir auf dem Sofa sitzen und werde leicht nervös bei dem Gedanken, dass ich heute vor dem Einschlafen nicht kiffen kann.

Diese Tage werden mir vielleicht ganz guttun, meinen Eltern hoffentlich auch.



Aus: "Familienbesuch aus Irakisch-Kurdistan - "Meine Mutter ist eine Zeitreisende"" Amed Sherwan (19. Sep 2018)
Quelle: https://hpd.de/artikel/meine-mutter-zeitreisende-15963#comments

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Kay Krause am 19. September 2018 - 18:33

Das erinnert alles sehr an einen Besuch meiner Schwiegermutter (einer liebenswerten Frau!) die - aus einem kleine bayerischen Dorf stammend, welches sie bis dato ebenfalls nie verlassen hatte, uns um 1968 in Hamburg b
esuchte und bei einem Innenstadt-Bummel sich partout weigerte, die Rolltreppe im Kaufhaus "Alsterhaus" zu betreten. Für sie war das ein teufelswerk!
Da sind wir nun heute mehr oder weniger alle mit einander weltweit vernetzt, und leben trotzdem immer noch in extrem unterschiedlichen Welten! ...


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Quote[...] Ourghi sprach sich dagegen aus, dass Mädchen vor der Pubertät ein Kopftuch tragen, denn diese könnten noch nicht selbst darüber entscheiden. Teils würden sie von ihren Familien emotional erpresst. So solle "die Sehnsucht nach der Freiheit und der Selbstbestimmung vor der Pubertät eliminiert werden", sagte Ourghi. Weiter sagte er: "Freiheit darf nicht erfahren werden. Wir sehen hier, dass das Kopftuch ein Instrument wird zu der Unterdrückung der Mädchen, schon früh. Ein Instrument, dessen Ziel die Unterwerfung der Frauen ist."

Abdel-Hakim Ourghi: "Ihr müsst kein Kopftuch tragen: Aufklären statt Verschleiern"
Claudius Verlag, München, 144 Seiten



Aus: "Kopftuch"Instrument der Unterdrückung"" (26.09.2018)
Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/kopftuch-instrument-der-unterdrueckung.886.de.html?dram:article_id=429010

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Sie, die gute Freundin Höckes, ist zum Gesicht für den AfD-Erfolg in Bayern geworden. Bei diesem Erfolg spielt Protest eine Rolle, Unzufriedenheit, aber eben auch die Person Katrin Ebner-Steiner selbst. Wenn die blonde, blauäugige AfD-Politikerin im Dirndl am Rednerpult steht und mit niederbayerischem Dialekt Sätze ruft wie ,,Die AfD ist die Strafe Gottes für die CSU", dann tobt das Parteivolk. Und so mancher CSUler dürfte zustimmen. ...

...  Das Folkloristische, die Leidenschaft für die Familie, die regelmäßigen Kirchenbesuche – an Ebner-Steiner spricht eigentlich alles für die CSU. Doch Ebner-Steiner sagt: ,,Ich verkörpere das Wahlprogramm der AfD." Sie ist eine, die in einer Videobotschaft am Muttertag selig lächelnd davon spricht, wie schön es ist, wenn die Kinder abends im Bett liegen ,,und schlafen wie die kleinen Engelchen". Und die dann auf Parteiveranstaltungen wettert, der Islam strebe ,,nach der Weltherrschaft", Deutschland sei der ,,Anker für diesen Eroberungszug". Die von der Kanzlerin als ,,Deutschlandabschafferin" spricht und von ,,täglichen Vergewaltigungen, Messerstechereien und Morden". Davon, dass sie nachts manchmal nicht schlafen könne aus Angst um ihre vier Kinder.

Ebner-Steiner ist keine besonders begabte Rednerin, aber sie weiß, was die Partei hören will. Sie verbindet Mutterglück mit Islamhass, Bodenständigkeit mit einer Prise Verschwörungstheorie – und das kommt in der AfD ziemlich gut an.

Am Donnerstagvormittag vor zwei Wochen steht Ebner-Steiner wie jeden Donnerstag und Samstag auf dem Deggendorfer Marktplatz. Der Stand ist groß, an den Seitenwänden steht ,,Festung Europa" und ,,Unser Geld für unsere Leut". Drei Parteikollegen unterstützen sie, Rentner mit viel Zeit. Einer sagt: ,,Die Katrin reibt sich für die Partei auf."

... Ebner-Steiner selbst glaubt, dass sich ihr Erfolg in der Bürgernähe begründet, sich die Infostände auszahlen. ... Wie ist Ebner-Steiner von der naturschutzliebenden Mountainbikerin zur harten AfD-Vorzeigefrau geworden? Begonnen hat wohl alles vor 13 Jahren, als sich Ebner-Steiner gerade von ihrem ersten Mann getrennt hatte. Da wohnte sie eine Weile über einer türkischen Familie in einem Mehrfamilienhaus. ,,Katastrophal", sagt Ebner-Steiner. ,,Ständig die Familienbesuche, dann der Knoblauchgeruch im ganzen Haus und die Zigarettenqualmerei." Ebner-Steiner verdreht die Augen. ,,Das war meine erste negative Erfahrung. Vorher hab ich ja in Wolkenkuckucksheim gewohnt."

... Die Politik, sagt Ebner-Steiner, habe sie verändert, konsequenter gemacht, härter. ... Einerseits sagt sie Sätze wie ,,Emanzipation hat uns ja nicht viel gebracht" – weil sich Frauen zusätzlich zum Arbeiten immer noch um Haushalt und Kinderbetreuung kümmern müssten. Andererseits macht sie ja in der AfD Karriere.

Sie erzählt, wie sie in einer Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Passau Tränen in den Augen hatte, als sie die Frauen und Kinder dort sah. Da habe sie an die Reden gedacht, die sie gehalten habe, und sich ein wenig schlecht gefühlt. Dann sagt sie: ,,Aber man muss das große Ganze sehen, auch wenn einem der Einzelne leidtut."

Ebner-Steiner fordert eine Ausgangssperre für Flüchtlinge nach Einbruch der Dunkelheit, geschlossene Grenzen und konsequente Abschiebungen. Kurz vor Weihnachten vergangenen Jahres protestierten 175 Flüchtlinge aus Sierra Leone im Schnee gegen die Umstände ihrer Unterbringung im Deggendorfer Flüchtlingsheim. ,,Wir sind Flüchtlinge, nicht Feinde", stand auf einem ihrer Plakate.

... Der Stammtisch findet in einem Wirtshaus im Grünen statt, zehn Autominuten von Deggendorf entfernt. In einem kleinen Raum, getäfelt in hellem Holz und mit einem Kruzifix in der Ecke, sitzen schon etwa 20 Mitglieder und warten.

...  Dann stellt sich Dieter Will in die Mitte des Raumes, ein gebrechlich wirkender älterer Mann im khakifarbenen Rollkragenpulli. Seine angebliche Islamexpertise zieht er aus zwölf verschiedenen Koranen, die er zu Hause hat, alles unterschiedliche Übersetzungen. Der Titel seines Vortrages ist: ,,Sind wir Deutschen verrückt geworden?" Vor 2015 hätten die Deutschen ,,ein relativ schönes Leben" gehabt. Aber die Muslime hätten in Deutschland alles Mögliche eingeschleppt: Vielehe, Kinderehe, Zwangsehe. Er spricht von lügenden, von gewalttätigen Muslimen. Eine blonde Frau meldet sich: ,,Sie sind so kompetent, Sie müssten Hallen füllen!"

Dann kommt Will zum ganz düsteren Teil seines Vortrages. Demnächst hätten die Muslime die Mehrheit in Deutschland, bereits in fünf Jahren würden wir unser Land ,,nicht mehr wiedererkennen". Da wird es unruhig unter den Zuhörenden. Einer ruft: ,,Die Umvolkung ist nicht mehr zu stoppen!" Die blonde Frau sagt: ,,Wir sind verloren." Und ein anderer brummelt: ,,Es ist alles zu spät." Ebner-Steiner, die am Rand sitzt und bislang sehr still war, ruft: ,,Immer einer nach dem andern, sonst hört man nix!"

Als der Stammtisch vorbei ist und die Sonne untergegangen, fährt Ebner-Steiner zurück nach Deggendorf. Sie ist jetzt sehr müde. Im Auto sagt sie kurz vorm Abschied, manchmal zögen sie die vielen negativen Themen runter, die in der AfD diskutiert würden. Sie würde sich wünschen, dass die Partei mehr positive Botschaften setze. Manche in der Partei schlagen ihr vielleicht auch wegen dieser Haltung vor, sie solle doch lieber in die CSU wechseln. ,,Politik ist immer gefährlich", sagt Ebner-Steiner. Da hat man keine Freunde.


Aus: "Katrin Ebner-Steiner: Populistin im Dirndl" Maria Fiedler (20.09.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/themen/reportage/katrin-ebner-steiner-populistin-im-dirndl/23082642-all.html

Textaris(txt*bot)

#318
Quote[...] Die bedeutendsten Forschungsprojekte zur Frage, was Menschen radikalisiert, zeigen, dass Menschen meist aus kultureller Verunsicherung, und nicht aus finanzieller Not heraus, zu Extrempositionen und Gewalt neigen.

Alle Klagen, die liberale Ordnung liege im Sterben, haben sicherlich einen wahren Kern. Immer mehr Menschen fühlen sich in der Realität nicht mehr zu Hause. Dieses Unbehagen drückt sich aus in der Wahl von Parteien, die einfache und «klare» Antworten auf hochkomplexe Fragen zu Wirtschaft, Immigration und Klimaveränderung haben, und von Politikern, die in «bodenständiger» Sprache («Die Mexikaner stehlen eure Jobs!») sprechen und nicht den Jargon von linksliberalen Intellektuellen pflegen.

Einer der wichtigsten zeitgenössischen Politikwissenschafter, Francis Fukuyama, ist seit Jahren sehr über die Erosion liberal-demokratischer Institutionen besorgt – auch wenn er vor fast dreissig Jahren Hegels Terminus vom «Ende der Geschichte» neu geprägt hat. Fukuyama glaubte nicht, dass keine geschichtlichen Ereignisse mehr stattfinden würden, sondern, dass ein System aus liberaler Demokratie und Marktwirtschaft nicht mehr von einer attraktiven Alternative überholt werden könne. Fukuyama hat bei vielen Gelegenheiten betont, er denke nicht, dass jemand in Russlands autokratischem Regime oder in Chinas Einparteisystem eine ernsthafte Alternative zur liberalen Demokratie sehen könne. Dies heisst nicht, dass liberale Demokratien nicht zusammenbrechen können, sondern, dass die liberale Demokratie als Ideal keine wirkliche Konkurrenz hat.

In seinem neuesten, eben erschienenen Buch «Identity: the Demand for Dignity and the Politics of Resentment», zusammengefasst in Fukuyamas Aufsatz «Die Gefahr der Identitätspolitik», argumentiert er, die ständige Beschäftigung der Linken mit immer kleineren Gruppen wie Transgendern oder Transsexuellen und das Verbot, nichtwestliche Kulturen zu kritisieren – die sogenannte politische Korrektheit –, hätten der demokratischen Kultur sehr geschadet. Der vielleicht wichtigste Schaden sei, dass die politische Rechte sich die «Tricks» der politisch korrekten Linken angeeignet habe und jetzt behaupte, auch die christliche Rechte habe das Recht, dass ihre Glaubenssätze nicht kritisiert würden.

Damit deutet Fukuyama auf eine permanente Schwäche der politischen Linken hin, die sich in ihrer gesamteuropäischen Schwächung ausdrückt. Immer wieder behaupten Sozialdemokraten, Radikalisierung – ob rechtsextrem oder islamistisch – sei allein auf mangelnde sozioökonomische Integration zurückzuführen. Doch die bedeutendsten Forschungen zur Frage, was Menschen radikalisiert, zeigen, dass Menschen meist aus kultureller Verunsicherung, und nicht aus finanzieller Not heraus, zu Extrempositionen und Gewalt neigen.

Fukuyamas neues Buch verbindet das mit Hegels Begriff des Bedürfnisses nach Anerkennung. Wie viel jemand in absoluten Zahlen verdient, sei für das Selbstbewusstsein weniger wichtig als der Vergleich mit dem Einkommen der anderen. Das Gefühl, die eigene Religion sei in der Mehrheitsbevölkerung nicht respektiert, habe auf das Selbstwertgefühl grösseren Einfluss als die Chancen auf wirtschaftlichen Erfolg.

Fukuyama behauptet seit dreissig Jahren, die liberale Demokratie biete die meisten Möglichkeiten zur Sicherung des Selbstwertgefühls, von Politik über Geschäftsleben bis Sport und Showbusiness. Aber derzeit scheint dies nicht zu reichen: Allzu viele Menschen, von der weissen Unterschicht in den USA bis zu Muslimen in Frankreich, fühlen sich «unsichtbar». Ihre wirtschaftlichen Nöte wahrzunehmen, ist wichtig, aber solange wir keine Wege finden, ihre Erfahrung mangelnden Respekts innerhalb eines liberal-demokratischen Systems zu mindern, müssen wir weiterhin mit Radikalisierungen von Weissen in den USA, Frankreich oder Italien, aber auch in islamischen Kreisen rechnen.



Aus: "Kolumne: Wenn Politik nur noch Identitätskampf ist" Carlo Strenger (20.9.2018)
Quelle: https://www.nzz.ch/meinung/kolumnen/wenn-politik-nur-noch-identitaetskampf-ist-ld.1421498

QuoteLaura Benedetti

... Die Linken haben in Europa den Fehler gemacht, zur Verschlechterung der Lebensbedingungen ihrer traditionellen Wähler beizutragen (z. B. Agenda 2010 und ungehemmte Immigration plus einhergehende Verknappung des Zugangs zu Bildung, Arbeit, Wohnraum und Wohlfahrt).
Die Linken haben dazu noch in Europa ihre eigene "kulturell gleichförmige Blase" selbst viel zu klein gemacht, so dass fast keiner darin noch Platz findet. Übertrieben formuliert, kann man kein Linker sein, wenn man nicht eine atheistische, vegane Lesbe ist, nicht mindestens drei Kindern von drei verschiedenen Vätern (darunter mindestens ein Asylant) hat und nicht als geisteswissenschaftliche Akademikerin verbeamtet ist und nicht in einem Minergiehaus wohnt.
In einem Punkt irrt Fukuyama. Die liberale Demokratie funktioniert bestens. Die Menschen der Unterschicht können sich auch dank der liberalen Demokratie sichtbar machen, auf der Strasse in Demonstrationszügen. Und sie machen sich sichtbar, als Verschiebungen in den Wähleranteilen der Parteien. Und nicht zuletzt machen sie sich sichtbar in der Entstehung und dem Aufblühen neuer Parteien oder in komplett überraschenden Präsidentschaftswahlen. Das sind Zeichen einer funktionierenden, liberalen Demokratie.


...

Textaris(txt*bot)

#319
Quote... Es liegt was in der Luft: Junge Frauen suchen nach Sinn und flüchten in die Natur. Chakrenbalance, Kristalltherapie und Korbflechten sind .... hip. ... Chloe gehört einer Bewegung junger Frauen an, die mitten im Leben stehen, aber nach mehr suchen. Sie treffen sich regelmäßig in den Wäldern rund um London. Die Zusammenkünfte der sogenannten Sisterhood werden durch schamanische Praktiken, vedische Meditation, Tanz und Gesang begleitet. Dabei werden Lebensmittel fermentiert, Körbe geflochten, Stoffe gefärbt, Kräutermedizin hergestellt, Gedichte geschrieben, Yoga praktiziert, gemeinsam gekocht und vieles mehr. "Wir können nicht länger in einer zusammenhanglosen Welt existieren. Unser Überleben hängt davon ab, sich zu erinnern, wer wir sind und woher wir kommen", erklärt Charlotte Hall. Charlotte ist im gleichen Alter wie Chloe, lebt ebenfalls in London und arbeitet als PR-Beraterin in der Modeindustrie. Sie kam schon als Kind mit alternativen Lebensformen in Kontakt, besuchte regelmäßig New-Age-Gemeinschaften auf dem Land, die temporär zusammen lebten, Hütten nach altertümlichen Methoden bauten und ihr Essen am offenen Feuer zubereiteten. Als Teenager wandte sie sich von diesem Lebensstil ab, um wie die anderen zu sein. Erst mit der Schwangerschaft und Geburt ihrer Tochter öffnete sie sich wieder für ein anderes Leben und nimmt seither regelmäßig an Women's Gatherings teil.  ...

Aus: "Schamanismus: Finde die Weisheit der Gebärmutter" Lilli Heinemann (2. August 2017)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/2017-07/schamanismus-spiritualitaet-rituale-grossstadtleben-10nach8/komplettansicht

QuoteMag is back #1

Nur meine persönliche Meinung. Die oben genannten Rituale und Praktiken sehen für mich stark nach Wohlstandsdekadenz aus.



Quotecommandantina #13

Endlich mal ein angenehm nüchterner, nicht von vornherein ablehnender, aber doch kritisch hinterfragender Artikel zum Esoterik-Trend unserer Zeit, danke! Ich persönlich kann dieses Gewäsch "Verbinde dich mit deinen Körperteilen und heilige sie!" nicht ausstehen - dazu kenne ich (beruflich bedingt) viel zu viele Frauen im besten Alter, die erst aufgeblüht sind, als sie ihre Gebärmutter los waren. Auch die Behauptung, "göttliche Weiblichkeit" sei gleichbedeutend mit einem unbedingt zu akzeptierenden Empfangsprinzip (Zitat: "Bei der zelebrierten göttlichen Weiblichkeit ginge es hingegen um das Empfangen, darum, es den Dingen zu erlauben, zu einem zu kommen.") halte ich psychologisch für gefährlichen Unsinn: Es sind die Fesseln der Verzweiflung, die eine Frau der anderen anzulegen versucht, damit sie die Einsamkeit echter Erkenntnis nicht alleine ertragen muss.


QuoteJuliusU995 #16

"Chloe erklärt, dass die weibliche Kraft und Weisheit in der Gebärmutter "

Ok ZON ich versuche es sachlich. Gibt es nicht auch den Brauch das Mütter nach der Entbindung ein Teil der Plazenta zubreiten und essen ?
Es tut mir leid, ich kann mir nicht helfen. Aber ich weiß nicht wie man auf sowas reagieren soll ?
Humor ? Wut ? Gleichgültigkeit ? Schreiend zur Tür hinaus laufen? Und kommt es mir nur so vor oder geht es bei den ganzen Eso-Kram eigentlich nur um Sex ? Ich mein wenn ein paar Verpeielte gerne Geld ausgeben, bitte schön. Nur bei diesen ganzen EsoZeugs gibt es eine Menge Menschen die ernsthafte Probleme haben und verzweifelt sind. Kommt mir zu kurz in dem Artikel.


Quotetwigalo #16.1  —  3. August 2017, 11:50 Uhr 3

Lesen Sie weiter unten den Kommentar, der auf den Zusammenhang mit vorher erlebtem sexuellen Mißbrauch hinweist, und auf die konkret erlebte und nachhaltige Verbesserung und Entkrampfung im Beckenbereich durch praktisch geübte Entspannung. Das ist plausibel. Vielleicht müssen Sie dann nicht mehr schreien. Auch wenn das Ganze in etwas zu mystische Terminologie gepackt ist - wenn es hilft, hilft' s.


QuoteSomething_is_rotten #17  —  2. August 2017, 22:29 Uhr 5

Chakrenbalance statt Klassenkampf...vorübergehend...


QuoteKybernetik #18  —  2. August 2017, 22:54 Uhr 7

"Im Zentrum dieser Spiritualität steht auch der Holismus, der besagt, dass ein System als Ganzes funktioniert und nicht aus Einzelteilen zusammengesetzt ist – es geht um die Verbundenheit von allem mit allem."

Eigentlich ist es sogar wissenschaftlicher Konsens, das ein System anders funktioniert, als seine Einzelteile. Das es Systemgesetzte gibt, Regelkreise etc. Schaut man sich die Biosphäre an, so ist tatsächlich alles miteinander vernetzt und bilden verschiedene Organisationsformen aus, die wiederum mit anderen in Verbindung stehen.

Manche Menschen, die eine Psychose durchlebt haben, haben öfters auch spirituelle Erfahrungen gemacht. In diesen berichten sie immer wieder von dem wunderbaren Gefühl des Einseins mit der Natur und das alles mit allem verbunden ist.

Der Mensch wird wohl erst dann verstehen, dass er nicht außerhalb der Natur steht sondern mitten drin, wenn er es endlich geschafft hat sich selbst den Ast abzusägen, auf dem er sitzt.

Ich denke auch, das Spritualität durchaus etwas ist, wozu ein Mensch fähig ist und das dies auch einen Sinn erfüllt, gerade, wenn der Sinn nicht mehr im größer, schneller, mehr, gesehen wird, sondern in der Entschleunigung, der Rückbesinnung, der Erdung und letztlich wieder in einer zugewandten Gemeinschaft.


Quote
Googlefix #19  —  2. August 2017, 23:21 Uhr 5

Früher ging es eben etwas prosaischer zu. Bekannt wurden in den 70er Jahren die Selbstuntersuchungsgruppen, in denen sich Frauen gegenseitig mit gynäkologischem Besteck selbst untersuchten, alternative Verhütungsmittel erprobten und versuchten, sich Wissen und Kompetenz um und über den eigenen Körper anzueignen. Die sprirituellen Aspekte waren damals Thema in den Hexenseminaren.

Ziel war damals das Kennenlernen und Wertschätzen des eigenen Geschlechts, das ja heute vielfach noch als minderwertig begriffen wird. Analog dazu gibt es eben für die Männer die Schwitzhüttenrituale, denen auch Putin und Schröder frönten.


QuoteLaubfall #21  —  2. August 2017, 23:30 Uhr 5

Die Damen leben oder lebten in der City in ihrem Kokon aus Materialismus, Äußerlichkeiten, Beliebigkeit und mehr.

Würden Sie auf dem Land leben, mit eigenem Garten, Natur, im Einklang mit den Jahreszeiten, geerdet und weit weg von jedem Jet-Set, so hätten sie alles gehabt, was sie jetzt verzweifelt suchen.


QuoteFrau. Huber #21.1  —  3. August 2017, 7:27 Uhr

Ich glaube nicht, dass man das pauschal so sagen kann. Ich kenne z. B. eine Frau, die einen eigenen Garten hat, ein Kind hat, wenig Geld hat und alles andere als ein Jet Set Typ ist. Aber sie ist von so schamanischem Klimbim ziemlich angetan, was evtl auch damit zu tun hat, dass sie als Teenager vergewaltigt wurde und darüber nie wirklich hinweg gekommen ist und Probleme mit ihrem Körper und ihrer Weiblichkeit hat.


Quotetwigalo #21.2  —  3. August 2017, 11:03 Uhr 2

Ich glaube nicht, dass sie etwas ' verzweifelt' suchen. Vielleicht ein paar wenige, aber die meisten scheinen schon ganz zufrieden zu sein mit ihren Aktivitäten, haben Spaß dabei, und stören tun sie damit ja niemanden. Und wer weiss, was dann in ein paar Jahren sein wird. Der Weg ist das Ziel. Bis dahin viel Zeit in der Natur verbracht zu haben, ist jedenfalls für Körper und Geist schon mal nicht verkehrt. Komisch wird es dann, wenn sie teure Seminare machen.


QuoteTeilzeitberliner #23  —  2. August 2017, 23:45 Uhr 3

Die dürfen alle wählen gehen!

Das macht mir Angst.


Quote
X #23.2  —  3. August 2017, 2:26 Uhr 4

Angst und so ist normal für einen Städter, der in entfremdeter Umgebung einer entfremdeten Arbeit nachgeht.
Machen Sie mal was Anderes, bevor Sie sich dann im September selbst in der Wahlkabine einfinden.



QuoteMerowinger II #23.3  —  3. August 2017, 5:33 Uhr 6

Wer Menschen, die die Spiritualität für sich entdecken, für eine grosse Gefahr hält, dem ist nun wirklich nicht mehr zu helfen. Als ob es nicht genug echte Probleme gäbe, vor denen man Angst haben sollte.


Quotetwigalo #23.4  —  3. August 2017, 11:08 Uhr 1

Genauso wie die aggressiven Automachos, Deutsche Islamisten, Nazis, egoistische bullies usw. Und die sind übrigens keinen Deut rationaler.


QuoteYvolat #27  —  3. August 2017, 1:18 Uhr 5

Anscheinend macht die Autorin dieses Artikels sich lieber über etwas lustig, das ihr suspekt ist, als dass sie sich auch nur bemüht, es zu verstehen. Den Ton des Artikels finde ich unerträglich, die Verachtung für Frauen, die einen anderen, tieferen Sinn im Leben suchen, ist in jeder Zeile spürbar.
Zur "Weisheit der Gebärmutter" - als jemand, die als Kind sexuell missbraucht wurde, weiß ich, wie sehr diese Erfahrung sich im Becken als Störfaktor festsetzt, und das betrifft die Geschlechtsorgane (u.a. Gebärmutter), aber auch das Tan Tien, ein "Reservoir" unserer Lebensenergie. Blockaden der Lebensenergie im Beckenbereich haben sehr viele Frauen, nicht nur aufgrund persönlicher sexueller Mb-Erfahrungen (die natürlich nicht jede hat oder in der gleichen Weise hat), sondern auch aufgrund von religiös/kulturell verankerter Beschmutzung der weiblichen Sexualität, und der Tatsache, dass man als Frau immer wieder aufs Sexuelle reduziert/bezogen wird und es sehr schwer hat, einfach nur als Mensch wahrgenommen zu werden (nicht alle Frauen profitieren davon oder genießen es, sich sexuell/erotisch in Szene zu setzen) - all das hinterlässt Narben, und diese Narben haben im Sinne der Lebensenergie einen Ort, das Becken.
Ich bin übrigens ganz und gar keine Anhängerin von Esoterik, die für mich deutliche Gefahren hat, aber die spirituelle Sehnsucht der Frauen kann ich gut verstehen und teile sie. Schade, dass die Autorin den beschriebenen Trend nur benutzt, um sich einen abzulachen.


Quoteikonist #33  —  3. August 2017, 5:09 Uhr

es wird mit Hexenverbrennungen enden


Quotetwigalo #33.1  —  3. August 2017, 11:21 Uhr 1

Hä?


Quoteikonist #33.2  —  3. August 2017, 13:58 Uhr

der >(schwarze)humorlevel< ist nicht sehr hoch!?


QuoteGerhard Mall #34  —  3. August 2017, 5:14 Uhr 1

Mich erinnern die beschriebenen Praktiken an Rituale der NS-Zeit, die auf die Wandervogelbewegung und die Reformbewegung zurückgingen. Die Suche nach "Sinn" ist ungebrochen. Sehr interessanter Artikel!


QuoteKabeljau #38  —  3. August 2017, 9:23 Uhr 3

Als ich die Überschrift las musste ich spontan lachen. Es erinnerte mich sofort an meine Zeit als Student. Damals gab es an der Uni eine Menstruationsgruppe, die sich bei Mondschein treffen und gemeinsam menstruieren wollte.

Kommt irgendwie alles wieder.


Quotebiermännchen #42  —  3. August 2017, 11:44 Uhr 2

"Wenn Menschen aufhören, an Gott zu glauben, dann glauben sie nicht an nichts, sondern an alles Mögliche. Das ist die Chance der Propheten – und sie kommen in Scharen." G.K. Chesterton


QuoteFarmhouse #43  —  3. August 2017, 11:44 Uhr 1

So lange die Zunft der Seelenquacksalber jeden Morgen einen Dummen und eine Dumme findet, der für ihr Auskommen sorgt, werden Lichtwesen, Auren und Energiezentren die Regale der Buchläden und die Konten der Feen und Schamanen füllen.


QuotePyntanell #45  —  3. August 2017, 13:14 Uhr 3

Ich finde es immer wieder interessant, dass Schamanismus mit der üblichen Esogeldmacherei verbunden wird. Dabei ist gerade Schamanismus eine Erfahrung, für die man eigentlich keinen Tinnef braucht. Keine Ritualgegenstände, keine Kristalle,keine Altäre. Man braucht nur die Welt um sich herum und die Bereitschaft, ihr zuzuhöhren.


Quotederneuekarl #53  —  3. August 2017, 19:19 Uhr 2

Ein typisches Weiberding und einer der ersten Problempunkte, die ein Mann abchecken sollte. Vor allem eine potenzielle Geldvernichtungsmaschine im Haushalt, denn wer wird wohl in erster Linie von Astro-TV/Questico abgezockt? Für den Preis eines Fläschchens Schwingungswasser vom professionellen Channel-Medium kann der männliche Spinner viel Freie Energie aus einem alten Plattenspielermotor schöpfen...

Also Vorsicht, Männer, denn es fängt in jungen Jahren ganz harmlos mit Horoskopelesen, Homöopathie und Feng Shui an, und kann sich bei nicht beständigem Contra zu einem veritablen Schamanismus auswachsen. ...


QuoteMerowinger II #53.1  —  3. August 2017, 20:00 Uhr 2

Das erste, was man "abchecken" sollte, ist solche Arroganz und Ignoranz wie in Ihrem Beitrag. Nein, Spiritualität ist kein "typisches Weiberding". Und es gibt viele Männer, die sich eine spirituelle Parterin wünschen. Hören Sie also bitte auf, von sich aus auf andere zu schließen.


QuoteFarmhouse #54  —  4. August 2017, 22:39 Uhr

Für zahlreiche dieser Sinnsuche-Angebote gilt:

Skrupellose Scharlatane bringen Menschen in schwierigen Lebenssituationen (seien diese psychisch, physisch, materiell,....), von denen manch eine und einer profesioneller wie auch immer geartete Hilfe oder Unterstützung bedarf, um ihr Geld und manchmal um ihre ganze Existenz.


Quoteichweissdassichnichtsweiss2 #56  —  vor 21 Stunden

Dieser Quatsch ist doch inzwischen schon schon bei Trainings für Führungskräfte eingezogen. Solange man ein Haufen Geld damit verdienen kann ist alles recht. Willkommen im post-faktischen Zeitalter.


Quotecalifex #61

Die einen fangen dann philosophische Grundsatzdebatten an, die zweiten verteidigen die katholische und evangelische Kirche, dritte bekunden Sympathie gegenüber Spiritualität, distanzieren sich aber von Abzocke; vierte berichten dann von persönlichen Missbrauchserfahrungen (ja, das ist schon schlecht) – das führt doch alles zu nichts! ...


...

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Mit einer Einwohnerfrage in der BVV wollte Thomas Stange aus Charlottenburg-Wilmersdorf erfahren, ob das Bezirksamt seine Idee einer Umbenennung der Bismarckstraße nach der sozialistischen Politikerin, Friedensaktivistin und Frauenrechtlerin Clara Zetkin (1857 bis 1933) unterstütze. In diesem Jahr werde ja das 100. Jubiläum der Novemberrevolution gefeiert, die Frauen ,,zum ersten Mal das aktive und passive Wahlrecht" verschafft habe.

Als Herausgeberin der Frauenzeitschrift ,,Die Gleichheit" sei Zetkin in die Geschichte eingegangen, findet Stange. Bismarck hingegen müsse heute ,,als Nationalist, Kriegstreiber und Feind des Sozialismus" gelten. Mit ,,einigen Unterstützern" plant Stange nach eigenen Angaben einen Volksentscheid zur Straßenumbenennung.

Baustadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne) ging nicht auf diese politischen Einschätzungen ein, sondern antwortete pragmatisch. Über Straßennamen debattiere üblicherweise die BVV, das Bezirksamt folge dann den Beschlüssen. Einerseits wäre eine Umbenennung der 1867 nach dem preußischen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck betitelten Straße ,,prinzipiell möglich", weil Berlin vier weitere Bismarckstraßen habe. Das Straßengesetz erlaube die ,,Beseitigung von Mehrfachbenennungen". Trotzdem sei eine Umwidmung zur Ehrung Zetkins ,,ausgeschlossen". Denn in Hellersdorf gebe es bereits den Clara-Zetkin-Weg und den Clara-Zetkin-Platz.


Aus: "Keine Chance für Clara-Zetkin-Straße" Cay Dobberke (21.09.2018)
Quelle: https://leute.tagesspiegel.de/charlottenburg-wilmersdorf/macher/2018/09/21/58147/keine-chance-fuer-clara-zetkin-strasse/


Textaris(txt*bot)

"Aktion "Deutschland spricht": "Wir holen uns einen Haufen Sorgen ins Land""
https://www.zeit.de/gesellschaft/2018-09/deutschland-spricht-diskussion-dresden-taxifahrt-meinungsverschiedenheit/

QuoteCarlLeonhardGeuler #5

Was mich an diesen Berichten immer besonders erfreut, ist, dass die Menschen vis a vis wieder zu einem vernünftigen Umgang finden. Der Ton im Netz und auch hier im ZONforum ist häufig von einer Aggressivität begleitet, die wirklich erschreckend ist (und das von nahezu allen Seiten) in Realität besinnen sich 99% der Menschen dann aber anscheinend doch wieder. Wir sollten uns mehr darüber im klaren werden, dass wir möglicherweise unterschiedliche Meinungen bzgl. mancher Themen haben aber das macht die einen nicht gleich zu Nazis und die anderen nicht gleich zu Steinewerfern. Mehr Ruhe und Sachlichkeit und auch ein wenig Höflichkeit und Offenheit(in der Diskussion) sollte unsere Maxime im Forum sein. In diesem Sinne: Danke für den Artikel


Quote
letzter Mensch #5.10

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Leser eines Posts sehr häufig kein Textverständnis mitbringen und genau deshalb sehr schnell aggressiv werden.
Ein 'einige' wird dann zu 'alle', ein 'auch' zu 'nur', ein 'häufig' zu 'immer'.
Ganz besonders schlimm sind Menschen die nur zu entweder/oder Logik fähig sind, bzw. überhaupt nicht wissen, dass es ein einschließendes und ausschließendes oder gibt.
Andere denken sich schlicht einen Ton, der überhaupt nicht da ist.


Quotemaverick76 #8

Ich halte die Aktion für extrem sinnlos - zu diesem Zeitpunkt. Das Kind ist schon in den runne gefallen. 2014 hätte man diskutieren können. Jetzt gilt es zu handeln.  ... Eine mögliche Disussion ist Zeitverschwendung, denn sie hat keinerlei Einfluss auf die Politik. Ausserdem lasse ich Ihnen gerne Ihre Meinung und behalte meine. Ich für meinen Teil benutze meine Stimme bei der Wahl für den einzige kleine Einfluss, den ich habe.


QuoteAlfons Wedelmann #17

Nach der Schilderung haben die Beiden das Gespräch mit Anstand bewältigt. Trotz unterschiedlicher Meinung will man in Kontakt bleiben. Das finde ich gut. Ein ermutigendes Beispiel ...


Quoteratzeputz le Grand #19

Hier treffen exemplarisch zwei Menschen aus zwei unterschiedlichen Wohnvierteln aufeinander - und genau darum geht es, um die Wohngegend!

Frau Thiel bekommt in ihrem gutbürgerlichen Wohnviertel praktisch nichts von den Problemen mit, die andere in einkommenschwachen Gegenden haben. Es verändert eine ganze Atmosphäre wie jeder weiß und kann einen prägen.

ich [habe manchmal] das Gefühl, dass es auch manch einem Medienmacher sehr gut tun würde sich viel öfter einer solchen Situation mit einem ganz anders denkenden Menschen (nicht aus dem klassischen Altbauviertel) direkt zu stellen.


QuoteHamburgerin2.0 #21

... Was man lernen kann: Den Migrationsskeptiker wird man mit noch so glühenden Schilderungen eines positiven multikulturellen Lebensgefühls nicht überzeugen. Die Migrationsbefürworterin mit der 799.en Geschichte über irgendeinen Messermord in irgendeinernicht unmittelbar naheliegenden Gegend ebenso wenig.

Ich glaube, dass es weniger um Zahlen und Fakten geht. Interessant ist ja, dass beide in die islamische Welt gereist sind und daraus ganz unterschiedliche Schlüsse gezogen haben, dass beide in derselben Stadt wohnen und daraus ganz unterschiedliche Schlüsse ziehen, dass die eine fremde Sprachen in der Stadt als Bereicherung empfindet und der andere eher als Belastung. Ich denke, dass hat viel mehr mit Emotion zu tun als mit Fakten, denn die Fakten sind ja durchaus vergleichbar, wenn auch nicht gleich (durchaus unterschiedliche ökonomische Ausgangslagen, unterscheidliches Geschlecht, unterschiedliches Lebensalter). Wie so Vieles hat das mit einer Art Haltung zum Leben zu tun, d.h. Glas halb voll oder leer. Es ist eine Frage der persönlichen Lebenskultur.

Wenn sich alle Bürger so respektvoll begegnen würden, wie diese beiden hier, müsste man sich um Deutschland keine Sorgen machen.


Textaris(txt*bot)

Als Künstlerinnen und Künstler, Kulturschaffende, Kulturvermittlerinnen und -vermittler sind wir entsetzt darüber, ...
http://www.seehofermussgehen.de/ (09/2018)

Quote[...] Zahlreiche Kulturschaffende fordern den Rücktritt von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). "Als Künstlerinnen und Künstler, Kulturschaffende, Kulturvermittlerinnen und  -vermittler sind wir entsetzt darüber, dass der Bundesinnenminister fortwährend die Arbeitsfähigkeit der Bundesregierung sabotiert und dem internationalen Ansehen des Landes schadet", heißt es in dem Aufruf vom Freitag, zu dessen Initiatoren der Dramatiker Moritz Rinke gehört. 

Die Unterzeichner, zu denen unter vielen anderen die Schauspieler Burghart Klaußner und Jochen Busse, die Schauspielerin Meret Becker, Berlinale-Direktor Dieter Kosslick, die Schriftstellerinnen Antje Ravic Strubel, Terezia Mora, Kathrin Röggla und Judith Schalansky gehören, ebenso DT-Intendant Ulrich Khuon und der Schriftsteller Günther Wallraff sind außerdem entsetzt darüber, dass Seehofer, "dass er die Migrationsfrage zur ,,Mutter aller politischen Probleme" erklärt . Damit nehme er "18,6 Millionen, die mit migrantischen Wurzeln in Deutschland leben, in Geiselhaft" und stelle sie als Ursache dieser,Probleme' hin.

Im Wortlaut heißt es weiter: "Wir sind entsetzt darüber, dass der Bundesinnenminister die hohe Anzahl von 69 Abschiebungen nach Afghanistan mit seinem 69. Geburtstag in Verbindung bringt;dass er als Bundesinnenminister in einem oberbayerischen Bierzelt ausruft: ,Und ich bin auch froh über jeden, der bei uns in Deutschland straftätig wird, straffällig, und aus dem Ausland stammt'; dass er die rassistischen und kriminellen Übergriffe bei der Chemnitzer Demonstration durch die Aussage bagatellisiert, er wäre am liebsten ,auch auf die Straße gegangen'."

Seehofer verschweige dabei die zahlreichen Aktivitäten eines rechtsradikalen Mobs und lasse sich "in seiner fatalen Fehleinschätzung überdies flankieren von dem ihm unterstellten Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz, der von Amts wegen die Verfassung schützen und nicht politisch agieren sollte". Zur Causa Maaßen heißt es des weiteren, man sei entsetzt darüer, "dass Seehofer nun diesen Verfassungsschutzpräsidenten zum Staatssekretär in seinem Bundesinnenministerium befördert, dabei den Koalitionsfrieden als Druckmittel benutzt und als Bundesminister die politischen Kräfte stärkt, die sich nicht eindeutig von den Chemnitzer Ereignissen abgrenzen".

Zu den Unterstützern der Petition unter dem Titel "Würde, Verantwortung, Demokratie" gehören aus dem Filmbereich unter anderem die Regisseurinnen und Regisseure Emily Atef, Andres Veiel und Dietrich Brüggemann. Die Unterzeichner des offenen Briefs kommen zu dem Schluss, es sei nicht mehr erkennbar, "dass sich Horst Seehofer seiner politischen Verantwortung für die Bundesrepublik Deutschland bewusst ist. Seine enthemmten Bierzeltreden und unschlüssigen Pressekonferenzen tragen maßgeblich dazu bei, dass sich der Ton der politischen Auseinandersetzung  in diesem Land öffentlich verschärft – und dass dadurch auch die AfD ihre rechtspopulistische und rechtsradikale Entgleisungsrhetorik immer weitertreibt".

Man wolle eine stabile demokratische Gesellschaft, "in der alle Bürgerinnen und Bürger ihren Platz finden und Schutzbedürftigen nach Kräften geholfen wird". Deutschland brauche eine Bundesinnenpolitik, "die sich humanitärer Werte bewusst ist". Seehofer beschädige dagegen die Werte unserer Verfassung. Sein Verhalten sei "provozierend, rückwärtsgewandt und würdelos gegenüber den Menschen". Der Innenminister verstelle den Weg in eine zukunftsfähige deutsche Gesellschaft. "Er einigt das Land nicht, er spaltet es." Deshalb sollte Horst Seehofer vom Amt des Bundesinnenministers zurücktreten, noch vor der Landtagswahl in Bayern am 14. Oktober.

Initiatoren des Aufrufs sind neben Moritz Rinke die Autoren Jan Böttcher und Mathias Schönsee, der Filmregisseur Matthias Luthardt und die Künstlerin Rebecca Raue. Die Liste der Unterzeichner ist vollständig auf der Website www.seehofermussgehen.de nachzulesen, sie offen für weitere Unterstützer. Tsp


Aus: "Offener Brief: Kulturschaffende fordern Seehofers Rücktritt" (21.09.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/kultur/offener-brief-kulturschaffende-fordern-seehofers-ruecktritt/23097794.html

QuoteKasparHauser 21.09.2018, 14:20 Uhr
Ist ja sicherlich gut gemeint, vor allem aber auch ein wenig eitel. Es ist ja leider ein anscheinend sehr weiterverbreiteter Irrtum, dass Künstler und neuerdings auch "Kulturschaffende und Kulturvermittler" quasi qua Amt eine höhere Kompetenz in der Beurteilung politischer und gerne auch moralischer Fragen haben, als Otto und Erna Normalverbraucher. Andernfalls wäre es wohl nicht zu erklären, warum es Aufrufe, Appelle und offene Briefe dieser Berufsgruppen immer wieder in die Medien schaffen.  Wo kommt das bloß her? Wer kann mir das erklären? ...


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Quote[...] Viele Wörter haben ihre Zeit, verschwinden dann wieder und schaffen es mit Glück auf die Listen der Spracharchäologen. Mummenschanz! Pönale! Ratzefummel! Andere vergessene Wörter brauchen diese Hilfestellung nicht, sie tauchen einfach von allein auf, wieder und wieder: Kulturschaffende! ,,Kulturschaffende" von Günter Wallraff bis Hugo Egon Balder haben jetzt den Rücktritt Horst Seehofers gefordert.

Das ist seltsam, nicht die Forderung, sondern das Wort. Denn schon 1934 erschien im ,,Völkischen Beobachter" der ,,Aufruf der Kulturschaffenden", in dem die Unterzeichner Treue zum Führer gelobten; einigen wie Emil Nolde half das wenig, und der Begriff landete zu Recht in Süskinds ,,Wörterbuch des Unmenschen". 1976 kam er wieder hoch. Das ,,Neue Deutschland" titelte nach der Ausbürgerung Wolf Biermanns: ,,Überwältigende Zustimmung der Kulturschaffenden der DDR zu Politik von Partei und Regierung".

Der Begriff ist also kontaminiert. Menschen mit Sprachgefühl benutzen ihn allenfalls ironisch, denn er steht für die mehr oder weniger erzwungene Anbiederung an Unrechtsregime. Im Westen Deutschlands wurde das Wort bis zur Wende deshalb kaum benutzt. Davon abgesehen: Was genau sind eigentlich Kulturschaffende? Und was unterscheidet sie von Künstlern? Schaffen sie persönlich Kultur (an?) oder sind sie nur an ihrer Ermöglichung beteiligt? Reicht der eigene Blog zu irgendeinem kulturnahen Thema oder womöglich schon der Besitz eines Kulturbeutels? (Auch so ein aussterbendes Wort.)

Die banale Wahrheit ist vermutlich: Das Wort ist praktisch. Das Partizip, auf dem es beruht, umschifft den Gender- Stern in ,,Künstler*innen" oder das sprachlich noch schwerer zu handhabende ,,Künstlerinnen und Künstler" – es ist wie bei den Studierenden und den Radfahrenden, denen in allen denkbaren identitätspolitischen Schattierungen eben nur noch diese Form gerecht zu werden vermag. Mit anderen Worten: Die Umsetzung des Gender-Prinzips wird unter vielen Kulturbewussten höher eingestuft als die historische Belastung eines Wortes.

Nur eine Vermutung. Es kann natürlich auch sein, dass ein paar führende Unterzeichner das Wort einfach arglos von damals angeschleppt haben. Aber wie auch immer: Horst Seehofer hat sich von der scharf formulierten Forderung offenbar nicht beeindrucken lassen. Alles andere wäre allerdings auch eine große Überraschung gewesen.


Aus: "Ist "Kulturschaffende" ein Nazi-Wort?" Eine Glosse. Bernd Matthies (24.09.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/matthies-meint-ist-kulturschaffende-ein-nazi-wort/23108802.html

Textaris(txt*bot)

#323
QuoteTerry Gilliam: ... Es gibt einen großen Unterschied zwischen Humor und Hass. Wenn Leute beides nicht unterscheiden können, begeben wir uns auf gefährliches Terrain. Die beste Comedy basiert auf Ehrlichkeit und Wahrheit, politische Korrektheit tut es zu oft nicht. ... Einmal wurde mir ein Vertrag vorgelegt, der eine sehr weit gefasste "Moralklausel" enthielt: Sie sollte mich dazu verpflichten, nichts zu sagen oder zu tun, was irgendjemanden beleidigen könnte. Es hatte nichts mit kreativen Fragen zu tun; es ging nur darum, dass die Produktionsfirma per Vertrag sicherstellen wollte, dass ich "politisch korrekt" bleibe.

Haben Sie unterschrieben?

Gilliam: Natürlich nicht! Zumindest nicht die Fassung, die mir und meinen Mitarbeitern gezeigt wurde. Im Grunde hatte diese gesagt: Wenn Sie mit uns arbeiten, stimmen Sie zu, Ihre Meinungsfreiheit auf die Dinge zu beschränken, die dem Mainstream genehm sind und weder als kontrovers noch beleidigend aufgefasst werden könnten. Wenn Sie kontroverse Dinge sagen, die die Befindlichkeiten von anderen verletzen könnten, dürfen wir Sie feuern. Es handelt sich dabei um eine sehr erfolgreiche Firma, die sehr erfolgreiche Shows fürs Fernsehen produziert, doch sie hat sich von der öffentlichen Meinung einschüchtern lassen in der Frage, welche Ansichten in der heutigen Welt akzeptabel sind. Ich nehme an, dass es Leute gibt, die dort arbeiten wollen und dieses Statement unterschrieben haben. Das macht mir Angst.

ZEIT ONLNE: Wie gehen Sie damit um, wenn Sie von anderen beleidigt werden?

Gilliam: Wissen Sie, ich bin die ganze Zeit beleidigt. Wegen dem, wie sich Leute verhalten, wegen dem, was sie sagen ... Aber was soll ich tun? Entweder ich starte eine Organisation, um das zu bekämpfen – oder ich drehe einen Film oder schreibe etwas Witziges. Manchmal sage ich etwas, das kein anderer sagt, um die Debatte zu eröffnen. Unsere Gesellschaft ist zu sehr von Gruppendenken geprägt: Jeder will sich nur mit Leuten umgeben, die so denken wie er selbst.

ZEIT ONLNE: Sie finden, dass man die gesellschaftliche Polarisierung nur durchbrechen kann, wenn man ab und zu etwas Provokantes sagt?

Gilliam: Das denke ich. Natürlich wird man angegriffen werden, wenn man sich nach vorne wagt. Aber so ist das halt. Während der #MeToo-Debatte habe ich gesagt, dass einige Frauen davon profitiert haben, mit Harvey Weinstein auf sein Hotelzimmer gegangen zu sein. Das habe ich nicht getan, um seine Opfer zu beleidigen, sondern weil es stimmte. Viele fanden meine Aussagen jedoch widerlich. Gleichzeitig habe ich auf Facebook sehr viele positive Kommentare von Frauen bekommen, die auch fanden, dass #MeToo zu weit gegangen ist und viel zu rachsüchtig bei kleinen Vergehen war. Eine Schauspielerin hat mir in einer Email geschrieben, dass sie die Dinge so sieht wie ich. Sie selbst war mit Weinstein in einem Hotelzimmer gewesen, hatte sich im Gegensatz zu anderen aber wieder herausgequatscht. Ich habe ihr gesagt: Du musst das laut sagen! Ich als Mann kann das nicht tun. Aber sie hatte Angst, dass sie dann auch angegriffen wird.


Aus: ""Die Menschen werden immer dünnhäutiger"" Interview: Khuê Phạm (25. September 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/film/2018-09/terry-gilliam-interview-comedian-satire-politische-korrektheit


Quote
Islay #5

Ich befürchte, Terry Gilliam beschreibt eine Welt, die Leuten wie dem interviewenden Journalisten inzwischen total fremd und merkwürdig vorkommt: Provokant sein, politische Korrektheit in den Wind schlagen, Querdenken, gegen den Strom schwimmen, nicht immer mit Angtschweiß auf der Stirn nach Rechts schielen ...


QuoteDr. J #11

Monty Phyton haben in das Leben des Brian auf satirische Weise Zustände beschrieben, die noch heute eine Region prägen (Seid ihr die judäische Volksfront? Nein, wir sind die Volksfront von Judäa!). Zudem haben sie mit Eric Idle als Loretta quasi die heutige Genderdebatte vorweggenommen. Man sollte Menschen, die so vorausschauend waren, ernster nehmen.


QuoteMiasto #12

Wie erfrischend.

Wir tragen ja schon alle die "Zensur-Schere" im Kopf. Bloß nicht anecken. Es könnte sich ja jemand diskriminiert fühlen. Zum Glück habe ich gerade eine geschlechtsneutrale Formulierung gewählt. Ufff. Nochmal Glück gehabt.


Quoteconwa #12.1

Man muss aber auch nicht jeden Windhauch der Kritik als Faulen-Eier-Furz empfinden. Auch die, die "Neger" sagen, sind verdammt dünnhäutig geworden.


QuoteFür-den-Erhalt-des-echten-Asylrechts #16

Die Political Correctness ist ein Gewissens-Substitut.
Im Gegensatz zum Gewissen ist die PC aber von außen veränderbar und genau das ist das ganz große Problem, meiner Meinung nach!
Ich leiste mir weiterhin den Luxus einer eigenen Meinung und eines eigenen Gewissens.


QuoteVernünftiger Kommentarschreiber #16.1

Polanski sagte etwa (sinngemäß): der einzige Sinn vom PC ist die Hoffnung, sich Ärger mit den Minderheiten vom Leib zu halten.


Quotewoherwohinwarum #19

Schönes Interview. Satire, dass es auf ZON steht.


QuoteSchreckhafte Tapete #19.1

Hehe, sehr gut! :)


QuoteKantsKind #23

Heute darf man noch nicht mal mehr Jehova sagen....


Quote
Miniwahr #27

Was, frage ich euch, haben weiße Männer je für uns getan?


QuoteKantsKind #27.1

den Aquädukt?


QuoteAdam Kowalski #30

Man stelle sich nur vor, heute würde jemand einen Film drehen, in dem Burgen mit Kühen beschossen oder Kaninchen von heiligen Handgranaten in die Luft gejagt werden.


John Cleese - Political Correctness Can Lead to an Orwellian Nightmare
(Gervasio Chiazzo, Am 31.01.2016 veröffentlicht):
https://youtu.be/ukisoucFIk4

Quoteraflix #39

Beschwert sich über political correctness und jammert gleichzeitig, er würde als weißer Mann für alles verantwortlich gemacht. Wer ist hier dünnhäutig?


QuoteNightrider #39.2

Sie haben die Ironie nicht verstanden. Eben das beklagt er.


QuoteBetta-Splendens #42

"Das Leben des Brian" ist vielleicht der beste politische Film ever. Zu meiner Studentenzeit wurden die Zitate daraus bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit verwendet. Setz dich, nimm dir nen Keks.

Die politischen Diskussionen in der Widerstandsgruppe sind zeitlos und funktionieren heute noch genauso.

Inklusive der Szene in der Stan erklärt künftig Loretta zu sein und Babys bekommen zu wollen. Die Steinigungszene, die Volksfront von Judäa versus judäische Volksfront versus populäre Front -> Spalter Szene ect. ect.

Das ist alles zeitlos...


Quotemrami #42.1

Ich lese viel Zeitung und denke, dass "Das Leben des Brian" die meistzitierte Quelle nach den offiziellen Klassikern wie Adorno und Habermas ist - nach wie vor. Gerade wieder sehr beliebt: "er hat Jehova gesagt".


Quote
Shenia #46

"Sie selbst war mit Weinstein in einem Hotelzimmer gewesen, hatte sich im Gegensatz zu anderen aber wieder herausgequatscht."

Nicht jede Frau, die mit Weistein in einem Hotelzimmer war konnte sie sich herausquatschen. Deswegen fühlen manche vergewaltigte und/oder genötigte Frauen nicht ernst genommen. Und das ist schlimm, weil Gewalt ist immer Gewalt, egal ob sie in einem Hotelzimmer passiert oder irgendwo in Bosnien, wo Frauen systematisch vergewaltigt wurden. Das sollte man nicht bagatellisieren.

Bei den Männern habe ich oft Solidarität vermisst bei der Kampf der Frauen gegen Gewalt. Obwohl diesen Männern kein Gewalt angetan wurde, gab es ein Aufschrei wegen der Männer-Bashing. Arme Männer! Oder ging es bei #MeToo nicht um die Gewalt die den Männern angetan wurde, die haben es einfach verwechselt?


Quotegrüne Insel #47

Der Mann spricht mir aus der Seele , ich kann dem Inhalt des Interviews auch als Frau nur zustimmen. Und ja , man kann es auch mit der political correctness übertreiben , im Grunde erschwert sie die Debatte bzw. Auseinandersetzung zwischen Menschen mit unterschiedlichen Ansichten und Standpunkten. ...


QuoteG300Marker #49

Bleibe ich in meinem kulturkreis und beschäftige mich mit der gesellschaft um mich rum oder nehme ich andere gesellschaften in weiter ferne aufs korn?
Beim letzteren könnte man "jud süss" mit farbe und backgroudgelächter aufarbeiten und es als satire verkaufen.
Sind uns grenzen gesetzt?


QuotePaul Freiburger #49.2

Terry Gilliam hat den Unterschied doch klar gemacht: "Es gibt einen großen Unterschied zwischen Humor und Hass. Wenn Leute beides nicht unterscheiden können, begeben wir uns auf gefährliches Terrain."


QuoteBastet88 #49.3

Dneken Sie doch mal an Lubitsch "Sein oder Nichtsein" oder an den "Großen Dikator". Meinetwegen auch an "Frühling für Hitler".
Vor vielen Jahren kam im Anschluss der Ausstrahlung des Lubitsch-Films eine Dokumentation mit Diskussion. Lachen über Hilter- darf das sein? Leider wurde dies nie mehr ausgestrahlt.


Quotecnlzeitonline #54

"Die Menschen werden immer dünnhäutiger"

...leider wahr.


Quotemagnalogger #54.1

Das empfinde ich als eine Mikro-Agression.

Im Ernst: Die Zeiten werden immer autoritärer , dem PC-Imperativ ist bedingungslos zu folgen. ...


QuoteDohlenmann #56

Ich muss Terry Gilliam zustimmen. Er mit seinen Punkten einfach recht. Besonders wichtig finde ich zwei Dinge:

1)
Tatsächlich sollte man von PC sprechen, selbst wenn es ein Begriff der Rechten ist. Es ändert ja nichts daran, dass die Beschreibungen einfach in manchen Teilen zutrifft - die Dosis macht es freilich. Der Unterschied zu den rechten Wirrköpfen oder Hetzern ist, dass diese PC als Kampfbegriff gebrauchen und wirklich hinter ALLEM, was gegen sie argumentiert, PC wittert.
Die PC, um der es Leuten wie Gilliam geht ist wiederum diejenige, die aus Angst vor dem offenen Kurs alles zensiert und alles angreift, was nicht einer ganz vagen Linie des Sagbaren entspricht, die viele Verfechter nicht einmal selbst definieren können.

2)
Linke und Mitte-Leute sollten tatsächlich mehr Humor lernen. Wenn man dort etwas selbstironischer auftreten könnte, wäre man weniger verkrampft und würde auch mehr Leute ansprechen. Heutzutage - und das großteilig zurecht - will man sich nicht andauernd belehren lassen. Wir leben ja freilich auch nicht in einer so schlimmen Zeit (wirklich nicht). Durch ständiges Schuld-einreden kriegt man niemanden ernsthaft überzeugt.


Quotepatrick rozina #58

...

"Die Siechen, ich hab's schon immer gewusst, die Siechen."
"Gepriesen sei die Winterindustrie."
"Jeder nur ein Kreuz,..."
"Ist Weibsvolk anwesend?"
"Rübennase!"


QuoteZeitabzuhauen #63

Terry, ich hab dich lieb. Echt. Dieser Mann hat mir mit TIME BANDITS, BRAZIL, 12 MONKEYS und anderen noch viel schrägeren Filmen früh die Augen geöffnet, wo diese bekloppte Menschheit mal hingehen könnte. Und siehe da: Hier sind wir jetzt!


Quote
Levi Krongold #65

Aus der Seele gesprochen!
Wir leben offenbar in einer Zeit der masochistischen Selbstzensur und devoter, eilfertiger Unterordnung. Das könnte kein autoritärer Staat besser hinbekommen. ...


QuoteVic Dorn #65.1

Hat schon jemand Brahms 'Zigeunerlieder' umgetextet? Oder gibt's dafuer in Deutschland bereits ein Auffuehrungsverbot? ...


QuotePeter Wimsey #65.2

Ich stelle mir gerade vor, wie es wäre, wenn "Cindy und Bert", zwei Stars aus Dieter Thomas Hecks 'Hitparade' meiner Kindheit, heute auftreten würden. Ihr bekannter Schlager hieße wahrscheinlich "Aber, am Abend, da spielt der Angehörige einer nicht sesshaften Minderheit" ...


Quote0tttt0 #68

Bitte formulieren Sie Kritik sachlich und differenziert. Danke, die Redaktion/mf]Entfernt. Bitte formulieren Sie Kritik sachlich und differenziert. Danke, die Redaktion/mf


Quote0tttt0 #68.1

Soll das ein Witz sein Herr Adler?



Textaris(txt*bot)

Quote[...] Als Donald Trump Ende Juni in Fargo, North Dakota, eine Rede hielt, kam er auf eines seiner Lieblingsthemen zu sprechen: die Kritik an den Eliten. Seiner gewohnten Tirade gegenüber ,,diesen Leuten", die ,,Elite genannt werden", fügte er eine erstaunlich dialektische Pointe an: ,,Warum sind sie die Elite?", fragte er mit Blick auf linksliberale Führungsriegen, und setzte nach: ,,Ich habe ein viel besseres Apartment als sie. Ich bin klüger als sie. Ich bin reicher als sie. Ich wurde Präsident und sie nicht." Dann bezog er seine Anhänger direkt mit ein: ,,Ihr arbeitet härter, und ihr seid klüger als sie. Bezeichnen wir uns also von jetzt an als Superelite."

Diese Einlassungen Trumps sind in zweierlei Hinsicht symptomatisch für den politischen Gegenwartsdiskurs. Zum einen, weil hier exemplarisch deutlich wird, dass Elitenkritik nicht mehr nur von links, sondern einem politischen Paradigmenwechsel gleich auch von rechts kommt: Das Verdammen von ,,denen da oben" avanciert zunehmend zum Kerngeschäft rechter Populisten, und viele Linke verteidigen jene Institutionen und Personen, die bis vor Kurzem noch zu ihren bevorzugten Gegnern gehörten. Sei es das internationale Freihandelssystem, die ,,bürgerliche Presse", Bundeskanzlerin Angela Merkel oder Ex-FBI-Chef James Comey.

Zum Zweiten offenbart die Rede des US-Präsidenten ein Paradox, das sich auch bei anderen Rechtspopulisten zeigt: Die Eliten werden nicht aus antielitärer, sondern aus ,,superelitärer" Perspektive kritisiert. Ob Multimillionär Trump, Schlossbesitzerin Marine Le Pen oder die Ex-Investmentbanker Alice Weidel und Nigel Farage: Die Führungsfiguren von US-Republikanern, Rassemblement National, AfD oder Ukip gehören biografisch und ökonomisch zu den Privilegiertesten.

Das unterscheidet sie historisch gesehen nicht grundsätzlich von linken Elitenkritikern – siehe Robespierre, Marx, Che Guevara oder Gudrun Ensslin, alles Adels- oder Bürgerkinder –, doch lässt sich ein zentraler Unterschied ausmachen: Während linke Elitenkritiker ihre eigene Privilegiertheit entweder verschwiegen, kritisch hinterfragten oder in Arbeiter- und Guerillero-Kostümen versteckten, stellen reaktionäre Populisten ihren Elitismus geradezu aus: Trump protzt mit seinem Vermögen, Nigel Farage kleidet sich wie das Klischee eines britischen Landlords und auch die AfD-Führungsriege um Alexander Gauland und Alice Weidel könnte mit ihrem großbürgerlichen Habitus kaum privilegierter wirken.

Den rechten Elitenkritikern erwächst daraus zumindest in der Binnenperspektive kein Glaubwürdigkeitsproblem, denn rechte Elitenkritik folgt einer anderen Logik als linke. Erstere richtet sich gar nicht gegen Eliten an sich. Im Gegenteil: Reaktionäres Denken war immer schon mit der Idee einer starken Anführerschaft verbunden.

Ausgangspunkt einer rechten Elitenkritik ist vielmehr die Behauptung einer verloren gegangenen Harmonie zwischen Herrschenden und Beherrschten. Demnach gab es in einer vormaligen Zeit eine durch Religion, Tradition und Staat eingehegte Ordnung, in der soziale Rollen und Autoritäten klar verteilt waren und jeder seinen Platz hatte. ,,Plötzlich aber", schreibt der US-Ideenhistoriker Mark Lilla in seinem Buch ,,Der Glanz der Vergangenheit", ,,kommen von außen Ideen auf, deren Vertreter Intellektuelle – Schriftsteller, Journalisten und Professoren – sind. Sie stellen die Harmonie infrage, und der Wille der Herrschenden, die Ordnung aufrechtzuerhalten, wird geschwächt." Lilla folgert: ,,Im Zentrum jeder reaktionären Geschichte steht der Verrat der Eliten."

Der reaktionäre Populismus der Gegenwart, dessen Slogans bezeichnenderweise ,,Make America Great again", ,,Take back control" oder ,,Wir holen uns Deutschland zurück" lauten, offenbart sich deshalb zunächst als eine Politisierung von Nostalgie, oft sogar als eine Form der Retrofiktion. Denn jene Vergangenheit, die wiederhergestellt werden soll, ist eine idealisierte oder gänzlich erfundene.

Dennoch führt sie im reaktionären Denken zu einer Aufspaltung des Elitenbegriffs: hier die funktionalen, ,,volksfernen" Verwalter eines degenerierten Systems, die durch Multikulturalismus, Werterelativismus und Pluralisierung die Interessen der Nation verraten, dort die plebiszitären, ,,wahren" Eliten, die die vermeintlich harmonische Vergangenheit in die Zukunft zurückzuholen. Dass Trump ein Multimillionär ist, tut seiner Elitenkritik binnenlogisch keinen Abbruch, weil nicht Geld oder Status im reaktionären Elitendiskurs entscheidend sind, sondern das nostalgische Verhältnis zur Vergangenheit.

... Ideologisch funktioniert die reaktionäre Elitenkritik wie eine eierlegende Wollmilchsau: In einer paradoxen Selbstbeschreibung als überlegenes Opfer denkt man sich in einen aggressiven Protestmodus, während benachteiligte Minderheiten in die Rolle der zu bekämpfenden Herrschenden fantasiert werden.

Der entscheidende Vorteil dieser Selbstinszenierung: Im Unterschied zu linken Eliten können rechte Eliten die eigene Privilegiertheit offen zur Schau stellen. Müssen linke Elitenkritiker gemäß ihrem Gerechtigkeitsideal einer der vielen werden, können rechte Elitenkritiker mit dem Versprechen punkten, dass ihren Anhängern durch den Ausschluss von vermeintlichen Schmarotzern (Flüchtlingen etc.) bald ein Stück von jenem Reichtum zukommt, den die Trumps dieser Welt bereits genießen. Diese rechte Verheißung verfängt heute immer mehr. ,,Die Reaktionäre unserer Zeit haben entdeckt", schreibt Mark Lilla, ,,dass Nostalgie eine machtvolle politische Motivation ist, vielleicht noch stärker als die Hoffnung. Hoffnungen können enttäuscht werden, Nostalgie aber ist unwiderlegbar."

...

Dieser Artikel erschien zuerst im Dossier ,,Brauchen wir Eliten?" des aktuellen ,,Philosophie Magazin" (Nr. 06/2018, erschienen am 20. September).


Aus: "Warum rechte Elitenkritik erfolgreich ist" Nils Markwardt (30.09.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/populismus-warum-rechte-elitenkritik-erfolgreich-ist/23128788.html

QuoteTobias_Johst 29.09.2018, 18:40 Uhr
Guter Essay von Herrn Markwardt zur Frage, weshalb gerade ökonomische Eliten von "rechts" den Eindruck vermitteln können, für das "Volk" zu sprechen. Danke an den TS.

Beispiel Alice Weidel: Einst Stipendiatin der CDU nahen KAS, BWL-Studentin, Promotion mit summa cum laude, arbeitete u.a. für Goldmann Sachs, Allianz Global Investors, Rocket Internet, lebt und zahlt Steuern in der Schweiz. Lebt mit einer aus Sri Lanka stammenden Frau zusammen. Und ist zugleich eine der Führungsfiguren der "AfD", deren Zuspruch - nicht nur - aber überproportional von Menschen kommt, die weder Abitur noch Studienabschluss haben. Das wirft Fragen auf.

Wenn der "Habitus" ins Feld geführt wird, lohnt ein Blick auf Bourdieus "Feine Unterschiede"; Bildung, Kultur, Weltoffenheit, Selbstwirksamkeit stehen den Gefühlen der Abgehängtheit, des ständigen Wettbewerbs, dem Misstrauen und der gesellschaftlich-politischen Indifferenz gegenüber.
Das "Oben" und das "Unten" ist nicht in erster Linie an ökonomischen Faktoren auszumachen, sondern an der Kultur eines Menschen. Und der Kulturerwerb benötigt Generationen (und oft Reichtum), während Reichtum in Einzelfällen ohne Kultur erworben werden kann. Beispiel: "Volksvorbilder" Dieter Bohlen, Felix Blume, Carsten Maschmeyer, Donald Trump.

Der Begriff der "Gutmenschlichkeit" kritisiert daher Jene "Elitären", die befähigt sind, selbstbewusst und angstfrei zu handeln. Während die anderen (wie viele Millionen Menschen waren seit 1990 eigentlich für "Finanzdienstleister" zuständig?) von ihren Vorbildern lediglich gelernt hatten, an Konkurrenz und Härte zu glauben. Das hat aber nichts mit Konservatismus zu tun, sondern eher mit dem seitens Marx definiertem "Lumpenproletariat".


QuoteBenthebrave 30.09.2018, 17:32 Uhr
Im Wesentlichen geht um diversitätstrunkene, kosmopolitische Globalisierungsgewinnler, die von No-go areas und den Schattenseiten der von ihnen propagierten und protegierten Einwanderung aus Afrika und Nahost nicht betroffen sind.

Die eigenen Kinder auf Privatschulen, oder in kirchliche Einrichtungen, später auf teure Eliteunis oder Internate, die ,,Integrationsarbeit" überläßt man dann doch lieber dem einheimischen Präkariat, und sonnt sich selber in höherer Moral.

Der Kampf dieser kosmopolitisch verdrehten Kreise richtet sich in erster Line gegen bodenständige, heimatbewußte und patriotisch gesinnte Europäer. Diese wurden zum Feindbild auserkoren. Sie sind wahlweise die Dummen, die Rückständigen, die Abgehängten, die Rassisten, welche die Segnungen von Multikulti extrem einfach nicht begreifen wollen.

Und dagegen formiert sich entsprechende Gegenwehr, was sich in den europaweiten Wahlergebnissen niederschlägt.


Quotealleachtung 30.09.2018, 17:05 Uhr
Eliten zu kritisieren, die sich verselbständigt haben und daher auch zu Machtmissbrauch neigen können, ist durchaus etwas, was immer wieder mal in Angriff genommen werden sollte.
Das, was die AfD und andere Nazi-Vereinigungen, das was Trump oder die Lega in Italien, die rechtsradikale FPÖ in Österreich treiben, für Elitenkritik zu halten, grenzt schon an Blindheit. ...


Quotecivis42 30.09.2018, 16:59 Uhr
Fragwürdig ist die Definition der "Eliten".  Zu mindestens was die Wählerschaft angeht, hat der "FOCUS" gerade in seinem Faktenreport aufgezeigt, dass vor allem ungelernte Arbeiter überproportional AfD wählen und Menschen mit Abitur unterproportional.
Das deckt sich mit Studien in den USA und dem Zulauf zu Trump ...


Quoteatzebrauner 30.09.2018, 19:30 Uhr
Schaut nach Österreich! Hart erkämpfte Arbeitnehmerrechte werden zerstört und FPÖ Politiker reden über ausländische Hunde als Problem! Rassismus ist ein menschenverachtendes Herrschaftinstrument! ...


QuoteRalfM. 30.09.2018, 16:51 Uhr
Vielleicht liegt der mangelnde Erfolg linker Elitenkritik aber schlicht und ergreifend daran, dass im Informationszeitalter die Bigotterie von Wasser predigen und Wein saufen einfach nicht mehr funktioniert?!


QuoteSchalottenburger 30.09.2018, 13:37 Uhr
Ich glaube, der Elitenvorwurf nährt sich daraus, dass sich der neoliberale, "alternativlose" Konsens einer marktgerechten Durchformung von Mensch und Gesellschaft seit Anfang der 90er tief in das Bewusstsein der Gesellschaft gefressen hat und nun eine bewusste oder unbewusste Revolte dagegen stattfindet. Nachdem das marktkonforme Denken, an dem heute auch die meisten "linken" Parteien teilnehmen, in die letzten Kapillaren der Menschen eingedrungen ist, frisst sich der Kapitalismus von selbst auf.

Die neue Führungsschicht gibt sich bescheiden-administrativ und als bloß ausführendes Organ einer angeblich unausweichlichen, ewigen Wahrheit. Die blasse Angela Merkel ist die perfekte Repräsentantin dieses stählernen Gehäuses, aus dem es angeblich keinen Ausweg gibt. Dabei ist diese ganze Konstruktion in Wirklichkeit eine menschengemachte und ideologische insofern, als sie eben fast ausschließlich den obersten Schichten ihrer Verfechter dient. Wie durch Wunder vermehrt sich deren Macht und Besitz trotz  Krise und Systemerschütterung wie von selbst. Die Technik der politischen Korrektheit dient dabei dem Ziel, die Beherrschten gegeneinander aufzubringen, sich in immer kleinere Grüppchen zu zerstreiten und darüber das große Ganze zu vergessen, dem sie unterworfen sind. -- Immer mehr Menschen sehen dies, oft auf einer eher intuitiven Ebene, und rebellieren dagegen.

Der klügste Kritiker der heutigen Verhältnisse ist derzeit Bernd Stegemann, der die herrschende Ideologie kürzlich als liberalen Populismus bezeichnet hat, mit Fug und Recht. Dieser Populismus der wohlmeinenden Gewinnler und der liberal-bürgerlichen Oberschicht ist der eigentliche Feind und muss durch einen echten linken Populismus durchbrochen werden, um überhaupt erst einmal wieder frei denken und sprechen zu können. Man muss die Verhältnisse einfach wieder deutlich beim Namen nennen und sich dabei nicht beirren lassen.

So gesehen ist z.B. "Merkel muss weg" eine völlig legitime und korrekte Aussage.


Quotefluechter 30.09.2018, 14:07 Uhr
Antwort auf den Beitrag von Babsack 30.09.2018, 13:44 Uhr
Korrekt oder auch nicht korrekt, die "Eliten" arbeiten stetig und emsig an ihren Zielstellungen und sind damit derzeit recht erfolgreich.

Zum Thema "Eliten" kommt mir zum Fall Kavanaugh [https://www.tagesspiegel.de/politik/der-fall-kavanaugh-drama-vor-gericht/23129828.html] ein
Brief ins Gedächtnis, den Absolventen und Mistudenten Kavanaughs schon am 09. Juli 2018 an den US-amerikanischen Senat für Justiz versendet haben, um die Qualitäten Kavanaughs zu unterstreichen.

Ich habe die Liste noch nicht wirklich ausgewertet, aber es fällt schnell auf, dass die Fürsprecher Kavanaughs ganz überwiegend aus der Wirtschaft, aus dem Unternehmertum kommen und nur in ganz geringem Umfang überhaupt der Juristerei nahe stehen.

Ich kenne mich jetzt mit der Stellenpolitik für höchste Richterämter in den USA nicht aus, finde aber schon, dass da ein gewisses Selbstverständnis mitspielt, wenn ehemalige Kameraden mithilfe eines solchen"Referenzschreibens", welches die Tätigkeit, um die es schließlich gehen soll, gar nicht anreisst, hier meinen, etwas Gutes für "ihren Mann" tun zu können.

Darauf muss man erst einmal kommen - dazu gehört ein diffuses Verständnis der Zugehörigkeit zu einer Elite, so kommt mir das vor.

Auch interessant, nach Geisteswissenschaftlern und "Kulturschaffenden" sucht man hier vergebens, auch sind viele Unterzeichner aus Maryland, obwohl es ja um einen Posten für die ganzen USA geht.

Vielleicht ist so etwas ja üblich.... Ich bin erstaunt und gleichzeitig dankbar, dass so ein Brief bei Social Media auch zu finden ist.


QuoteBabsack 30.09.2018, 15:23 Uhr
Antwort auf den Beitrag von fluechter 30.09.2018, 14:07 Uhr
Trump hat gerade den kleinen Leuten,die sich dieser Unterschiede zwischen "Eliten" und "Supereliten" keinesfalls bewußt sind,eine bösen Streich gespielt.
Aber da der Hass in Richtung der "Eliten" von links,nenne ich es jetzt einmal,traditionell bei diesen Leuten aufgrund von Bildungsdünkel und mangelnder Weltgewandheit,verhaftet ist,kann Trump ihn eine zeitlang nutzen,bis den Leuten klar wird,dass sie mit den "Supereliten" vom Regen in die Traufe gekommen sind.


Quotefluechter 30.09.2018, 13:14 Uhr
"Ich habe ein viel besseres Appartment als sie, ich bin klüger als sie, ich bin reicher als sie, ich wurde Präsident und sie nicht."

Noch vor wenigen Jahren hätte ich mir nicht vorstellen können, dass ein Mensch, der die größte Machtfülle, die er haben kann, auf sich vereinigt - Präsident der Vereinigten Staaten von Armerika - so einen Stuss reden könnte und ich hätte noch weniger geglaubt, dass dieser Stuss auch noch Bestand haben könnte, dass nicht Wähler den Irrtum spätestens nach einem Jahr erkennen und sagen: Ich habe mich vertan - den wollte ich doch nicht als Präsidenten, der ist ja wie ein trotziger Vierjähriger

"Wir haben ein viel größeres Haus als sie, ich kann schon bis 100 zählen, sie nicht, ich habe ein Quad für Kinder, sie haben das nicht, ich bin Schützenkönig geworden beim Kinderschützenfest und sie nicht."

Dann würde er eine Tüte Süsses auspacken und es nur an die "Bro"-Gemeinde verteilen und die anderen kriegten nichts ab - Ätsch, selbst Schuld.

...


Quotemelaina 29.09.2018, 21:37 Uhr
Zu den Wählern dieses "möchtegern-elitären-Haufens" fällt mir nur ein: "Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Schlächter selber". B. Brecht



Textaris(txt*bot)

Quote[...] Zwei Kämpfe haben sich in den letzten Wochen überlagert, gegenseitig verstärkt und kulminierten am Donnerstag in der Kavanaugh-Anhörung: das Ringen um das Erbe der #MeToo-Bewegung, deren Beginn sich in diesen Tagen jährt, und der lähmende politische Lagerkampf zwischen Demokraten und Republikanern. Es ist das Ringen der Vereinigten Staaten mit sich selbst und um die politische und gesellschaftliche Realität: Wie zivilisiert oder wie anarchisch sind die USA?

Beides, der politische Lagerkampf und die daraus resultierende Trump-Präsidentschaft sowie die feministische Bewegung #MeToo stehen für die Erkenntnis, dass sicher geglaubte zivilisatorische Fortschritte nur Scheinsiege waren. Die massive sexuelle Gewalt, von der im vergangenen Jahr so viele Frauen erzählt haben, fand in einem Land statt, das wie kein anderes auf politisch korrekte Sprache achtet, in dem ein Heer von Anwälten jederzeit bereit ist, Frauen in Zivilklagen zu vertreten. Gleichzeitig regiert plötzlich ein stammelnder Narzisst ohne Affektkontrolle. Seine Berater halten ihn nur mühsam von seinen wahnsinnigsten Ideen ab, folgt man der Recherche des Journalisten Bob Woodward.

Donald Trump ist ein misogyner Präsident, der sich wie wohl kaum ein anderer öffentlich abfällig über Frauen geäußert hat. Die zivilisatorische Schicht über dem Brodeln von Gewalt, Irrationalität und politischen Extremen scheint plötzlich dünn, brüchig, ja durchlässig.

Die Anhörung am Donnerstagabend geriet zu einem Symbol für dieses Gefühl. Sie war auf seltsame Weise quälend, ja nahezu unerträglich. Alle Beteiligten rangen um ihre Haltung: Christine Blasey Ford unterdrückte Tränen. Brett Kavanaughs Gesicht zuckte und arbeitete. Der republikanische Senator Lindsey Graham ließ seiner Wut freien Lauf. Immer wieder traten Wut und Tränen kurz an die Oberfläche. Es waren acht Stunden des andauernden Nahezu-Berstens.

Der Hass in den Mundwinkeln stand dabei in krassem Kontrast zum Setting: ein enger, fensterloser Raum, in dem sich alle an Redezeiten und Protokollgepflogenheiten hielten. Etwas ungeheuer Ursprüngliches wurde nur mühsam durch die Zwänge institutioneller und gesellschaftlicher Gepflogenheiten zusammengehalten. Gleichzeitig ließ gerade der Zwang der Institution die Konflikte grell und explosiv erscheinen und weckte eine in sich widersprüchliche klaustrophobe Angst vor dem Kontrollverlust.

Auch die Erzählung Blasey Fords selbst steht für den Zweifel an der Realität des Zivilisierten. Die Szenen, die sie beschreibt, tragen sich in den wohlhabenden Vororten Washingtons zu, an teuren Privatschulen, an denen die zukünftige Elite des Landes ausgebildet wird. Es ist eine Welt, in der Häuser von großen, perfekt gepflegten Rasenflächen umgeben sind. Hinter dieser bürgerlichen Fassaden lässt die Anhörung nun entgrenzte Partys und bierdunstige Gewaltszenen aufscheinen – und eine männliche Elite, die sich im High-School-Jahrbuch gegenseitig prahlerisch daran erinnert, zu den ,,Alumnen" eines bestimmten Mädchens gehört zu haben.

Nach dieser Anhörung fragen sich nun viele: Hat sich seither etwas geändert? Wie viel kann #MeToo verändern? Kann überhaupt eine faire Auseinandersetzung gelingen in diesem polarisierten Land? ,,Sie wollen einen fairen Prozess?", fragte der Senator Lindsey Graham Brett Kavanaugh sarkastisch. ,,Dann sind Sie zum falschen Zeitpunkt in die falsche Stadt gekommen." Auch progressive Stimmen sind nach der Anhörung verbittert. Im ,,New Yorker" schrieb die Journalistin Doreen St. Félix: Auch das nächste Jahr werde ,,ein Jahr der Männer".

Tatsächlich zeigt Brett Kavanaugh, wie tief das Gefühl der Immunität mancher weißen Männer wurzelt. Über weite Strecken unterdrückte Kavanaugh nur mühsam die Wut eines privilegierten Mannes, dessen Lebenswerk unter seinen Fingern zerbröckelt, eine überraschte, erstaunlich hilflose und erstaunlich unkontrollierte Wut. Wiederholt berief er sich auf seinen ,,guten Namen", seine ,,Arbeit im Dienst der Allgemeinheit, auf den höchsten Ebenen der Regierung" – als befreie ihn das von der Pflicht, sich mit den Anschuldigungen auseinanderzusetzen. ,,Wenn du ein Star bist", sagt Donald Trump in einer Tonaufzeichnung aus dem Jahr 2005, die im Wahlkampf öffentlich wurde, ,,lassen sie es dich machen. Du kannst alles machen. Grab' em by the pussy." Er wurde bekanntlich gewählt.

Und dennoch zeigt die Anhörung auch, wie viel #MeToo bereits verändert hat. Es reicht ein Blick auf jenen vergleichbaren Fall von 1991, der im Vorfeld der Kavanaugh-Anhörung immer wieder zitiert wurde. Es ging um die Bestätigung des republikanischen Richterkandidaten Clarence Thomas. Seine damalige Mitarbeiterin Anita Hill sagte aus, er habe sie gefragt, ob sie mit ihm ausgehen wolle, was sie ablehnte, danach dennoch Gespräche immer wieder auf Sex gelenkt. Er habe etwa Szenen aus pornografischen Filmen geschildert. In der Anhörung fragte der Senator Howell Heflin Anita Hill: ,,Are you a scorned woman – sind Sie eine verschmähte Frau?" Noch 1991 war es möglich, eine Frau, die den Vorwurf der sexuellen Belästigung erhob, als prüde abzutun.

Das ist heute anders. Die republikanischen Senatoren ließen aus Angst vor der Erinnerung an Anita Hill eine Staatsanwältin die Fragen stellen. Nur der republikanische Senator Lindsey Graham machte die Wut der weißen Männer sichtbar: ,,Ich bin ein alleinstehender weißer Mann aus North Carolina", wütete er. ,,Mir wurde gesagt, ich soll die Klappe halten. Aber ich werde die Klappe nicht halten."

Dieses amerikanische Ringen mit sich selbst ist ein offenes. Das Momentum der Kavanaugh-Anhörung ist deprimierend und gleichzeitig voller Hoffnung. Noch am Freitag verkündete der republikanische Senator Jeff Flake, er werde für Kavanaugh stimmen. Flake galt als mögliche Nein-Stimme in seinem Lager, er ist ein gemäßigter Republikaner, der seinen Senatssitz unter dem Druck der Trumpisten in der eigenen Partei aufgeben wird.

Dann aber stellten ihn zwei Aktivistinnen, Opfer sexueller Gewalt, im Fahrstuhl. In einem von CNN aufgezeichneten Spontantribunal forderten sie Jeff Flake auf, sich zu erklären. Wenige Stunden später erklärte der Senator, er werde doch nur unter der Bedingung zustimmen, dass das FBI ermittelt.


Aus: "Die Immunität des weißen Mannes" Anna Sauerbrey (30.09.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/kultur/streit-um-kavanaugh-berufung-die-immunitaet-des-weissen-mannes/23130864.html

QuoteMcSchreck 29.09.2018, 20:39 Uhr

    ...fand in einem Land statt, das wie kein anderes auf politisch korrekte Sprache achtet, in dem ein Heer von Anwälten jederzeit bereit ist, Frauen in Zivilklagen zu vertreten. Gleichzeitig regiert plötzlich ein stammelnder Narzisst ohne Affektkontrolle.

Ich bleibe ja dabei, dass beides extrem miteinander zusammen hängt. Dass die "Tugendwächter" sich so sehr auf die "saubere Sprache" konzentriert haben, dass Menschen sich von ihnen mehr drangsaliert als geschützt fühlen.

Bzw. Schwarze und andere Minderheiten, die zur arbeitenden Bevölkerung gehören, gut mit anderen auskommen und vor allem daran interessiert sind, dass die Wirtschaft am Laufen bleibt und sie nicht arbeitslos werden, sie fühlten sich von solchen "Vertretern" nicht repräsentiert, deren Prioritäten so anders liegen.

Dazu gab es inzwischen genügend Analysen, wie die Demokraten es "verbockt haben".


Quotemogberlin 30.09.2018, 12:00 Uhr
Antwort auf den Beitrag von McSchreck 30.09.2018, 11:50 Uhr
Ihre "Sachargumente" beschränken sich auf Schuldzuweisungen an Demokraten und andere Ihnen missliebige Personen, lieber McSchreck, von Selbstkritik keine Spur, was aber angebracht wäre, schließlich entstammen der erbärmlichste US-Präsident aller Zeiten und seine Anhänger Ihrem Spektrum, und auch von tatsächlichen Sachargumenten, solchen nämlich, die sich mit der Causa Kavanaugh beschäftigen, ist nicht viel zu sehen.

mog


Quotebmkt 30.09.2018, 12:11 Uhr

... wer sich moralisch im Recht wähnt und dadurch unantastbar gibt, während er sich diametral unmoralisch verhält, generiert eine politische Sehnsucht nach dem sichtbarem anderen.
Aus Basis solcher moralischen Arroganz wurde Trump gewählt, fand der Brexit statt, legte die AfD bei uns zu, wandeln sich die Gesellschaften.
Ich denke ja nach wie vor: so wie bestimmte Forumsteilnehmer hier auftreten, muss sich die AfD nur noch zurück lehnen bzw.  sollte ihnen fairer Weise monatlich Geld überweisen.


Quotemogberlin 30.09.2018, 13:18 Uhr
Antwort auf den Beitrag von McSchreck 30.09.2018, 13:05 Uhr
Hier geht es vornehmlich um die geplante Berufung des charakterlich und fachlich ungeeigneten Kandidaten Kavanaugh zum Richter am Supreme Court; da es sich erstens um ein lebenslanges Amt handelt und seine Kritiker zweitens wohl auch an einer gesellschaftspolitischen Signalwirkung interessiert sind, geht es bei seiner Verhinderung um ein längerfristiges und höheres Ziel und um eine gerechtere Welt, lieber McSchreck.

Die Prüfung seiner Tauglichkeit ist darum das geeignete Mittel der Wahl, daran ist nichts auszusetzen. Es sei denn, man hat ein grundsätzliches Problem damit, wenn die Gewissheit der weißen Männer, Macht nach Belieben unter sich aufteilen und sich ansonsten erlauben zu können, was ihnen beliebt, explizit auch zum Nachteil von Frauen und Minderheiten, "kaputt gemacht" wird.

mog


Quotepatatasbravas 30.09.2018, 16:03 Uhr
Antwort auf den Beitrag von mogberlin 30.09.2018, 14:08 Uhr

Es geht immer um Macht.

Glauben Sie, die Sprösslinge der Eliten in afrikanischen oder anderen nichteuropäischen Ländern verhalten sich anders? Auch nicht gegenüber Frauen. Da ist kein großer Unterschied. Der einzige Unterschied ist, das die Opfer heute  meistens schweigen. Noch, aber nicht mehr lange.
Diese high school kostet derzeit 55000  $ pro Studienjahr und gehört damit zur Ivy League der high schools.
Zu seiner Schulzeit war es weniger, aber auch damals konnten sich das nicht viele Eltern leisten. Viele bekannte Alumni kann die Georgetown Prep trotzdem nicht vorweisen.
Es geht vor allem um das Netzwerk der Schüler der eigenen Schule und der durch die Sportligen verbundenenen high schools.
Mit einem Netzwerk kommt man zwar voran, aber ein Netzwerk kann persönliche Leistung nicht ersetzen.


Quotemogberlin 30.09.2018, 16:29 Uhr
Antwort auf den Beitrag von patatasbravas 30.09.2018, 16:03 Uhr

Es geht immer um Macht.

Korrekt, lieber patatasbravas. Und solche Machtstrukturen sind zu brechen.

Glauben Sie, die Sprösslinge der Eliten in afrikanischen oder anderen nichteuropäischen Ländern verhalten sich anders?

Nein. Aber hier geht es um die "Eliten" der "Eliten", nämlich um den männlich-weißen Machtanspruch, der gegenüber anderen Kulturen seit Jahrhunderten/-tausenden und gegenüber Frauen seit Anbeginn der Zeiten erhoben wird, ihn gilt es zu brechen, nur dann sind auch andere Formen des Rassismus und der strukturellen Diskriminierung im Rahmen einer globalen (Bestrebung nach) Gerechtigkeit wirksam zu bekämpfen.

Der einzige Unterschied ist, das die Opfer heute  meistens schweigen. Noch, aber nicht mehr lange.

Eben. Diese Opfer sind zu bestärken, ihnen ist mit Solidarität zu begegnen, es ist also genau das zu tun, was die frauen- und minoritätsfeindlichen Kampagneros zu konterkarieren versuchen, auch hier im Forum.

Diese high school kostet derzeit 55000  $ pro Studienjahr und gehört damit zur Ivy League der high schools.

Das ist ein Aspekt der besprochenen Problematik, auch hier sind politische und gesellschaftliche Gegenmaßnahmen erforderlich; derlei Einrichtungen, deren struktureller Aufbau inklusive Preisgestaltung nicht (nur) der bestmöglichen Bildungsvermittlung dient, sondern vorrangig dem Ziel, unerwünschte Gesellschaftsschichten systematisch fernzuhalten und somit die eigene, angemaßte Zugehörigkeit zu einer selbsternannten Elite zu manifestieren, sind zivilisations- und menschenfeindlich, auch hier braucht es eine Demokratisierung.

mog


QuoteMcSchreck 11:11 Uhr
Antwort auf den Beitrag von mogberlin 08:33 Uhr

... Wenn man glaubt, im Besitz einer "unumstößlichen Wahrheit" zu sein, die erst seit 100 Jahren in Teilen der Welt anerkannt ist, im Rest noch durchaus umstritten (und ich fürchte, in der dt. Gesellschaft ist die Gleichwertigkeit aller Menschen, egal welcher Herkunft, welchen Alters, welcher Intelligenz und körperlichen Fähigkeiten, welchen Geschlechts, welcher Religion, welcher politischen Ausrichtung auch noch nicht Konsens), wer das also glaubt, der sagt damit mehr als genug über sich aus.


Quotemogberlin 11:22 Uhr
Antwort auf den Beitrag von McSchreck 11:11 Uhr

Sie streiten die universelle Gültigkeit der Gleichheit (Gleichwertigkeit) aller Menschen und anderer Menschenrechte ab, lieber McSchreck? Das ist bemerkenswert, aber nicht überraschend. Wer das tut, der sagt damit mehr als genug über sich aus.

mog


QuoteMcSchreck 11:34 Uhr
Antwort auf den Beitrag von mogberlin 11:22 Uhr

Ich streite es nicht ab, das habe ich auch zuvor geschrieben.

Aber es ist keine "unumstößliche Wahrheit", wenn es nur eine Minderheit der Erdbevölkerung so sieht. Ich gehe sogar noch weiter: bei allen "Wertungsfragen" kann es überhaupt keine unumstößliche Wahrheit geben, weil Wertungen vom Zeitgeist, der Region, wo man lebt und vielem anderen abhängen. Wertungen sind immer subjektiv.


Quotemogberlin 11:39 Uhr
Antwort auf den Beitrag von McSchreck 11:34 Uhr
Selbstverständlich haben alle Menschen grundsätzlich den gleichen Wert, lieber McSchreck, ob diese Wahrheit mehrheitlich anerkannt wird, ist für die Feststellung dieser Tatsache nachrangig. Aber ich verstehe natürlich, dass es für Sie und Ihre Ideologie von Bedeutung ist, die Achtung der Gleichwertigkeit aller Menschen als "subjektive Zeitgeistfrage" darzustellen.

mog


QuoteSonnenblumenfeld 30.09.2018, 09:48 Uhr
Zitat: "Tatsächlich zeigt Brett Kavanaugh, wie tief das Gefühl der Immunität mancher weißen Männer wurzelt. "

Und wieder eine volle Breitseite gegen den verhassten weißen Mann. Dass das Verhalten von Kavanough nicht typisch für weiße Männer, sondern typisch für Beschuldigte seines Standes, ganz gleich welcher Hautfarbe und welchen Geschlechts, sein könnte, kommt der Autorin offenbar nicht in den Sinn. Testfrage: Wie ist Winnie Mandela mit den gegen sie erhobenen Vorwürfen umgegangen?


QuoteRuedigerKK 30.09.2018, 10:02 Uhr

    Die Immunität des weißen Mannes

falsch, richtig müsste es lauten: Die Immunität des reichen Mannes.
Kavanaugh ist aufgeschmissen, weil er das Problem - wie sonst üblich - eben nicht mit Geld aus der Welt schaffen kann.


Quotecarolina 30.09.2018, 13:45 Uhr
Antwort auf den Beitrag von RuedigerKK 30.09.2018, 10:02 Uhr

Mich stört diese pauschalisierende, sexistisch-rassistische Sicht- und Ausdrucksweise "(alte) weiße Männer".
In anderen, nicht-"weißen" Gesellschaften mit patriarchalischen Strukturen gibt es diese "Immunität" der Männer ebenfalls, siehe Indien,
Es geht um Privilegien von Männern, vorwiegend Männern der Oberschicht, aber je nach Land nicht ausschließlich aus der Oberschicht..
Wer die Bezeichnung "(alte) weiße Männer" so benutzt wie dies (auch) hier in diesem Artikel geschieht, diskriminiert Männer. Das sollten wir Frauen nicht tun ...


QuoteW.Wang 30.09.2018, 14:01 Uhr
Sehr geehrte Frau Sauerbrey,

Ihr Beitrag wurde unter der Rubrik Kultur veröffentlicht. Die Überschrift lädt zum Nachdenken ein, aber andere, besonders wichtige Teile Ihres Beitrags sind eine reine faktische Zusammenfassung der Abläufe. Warum? Wieso schreiben Sie nicht eindeutiger Ihre Bewertung des Geschehenen?

Die Heldinnen des Freitages waren Ana Maria Archiles und Maria Maria Gallagher, die mit ihren aufgebrachten Anschluldigungen Senator Jeff Flake zum Nachdenken bewegten. Der Held des Freitages war Jeff Flake, der Frau Prof. Dr. Ford mit seiner salomonischen, bedingten Abstimmung nicht nur Glaubwürdigkeit schenkte, sondern ihr damit auch als einziger unter den Republikanern im Ausschuss mit Würde begegnete.

Jeff Flake ist ein Beispiel der alten, aussterbenden Schule der privilegierten weißen Männer.

Der ganze Prozess des Ausschusses aber offenbarte den tief verwurzelten, selbstHERRlichen Paternalismus bei den Republikanern.

Und die Wahl, die Beförderung, dieses Richters, Kavanaugh, zum lebenslänglichen Mitglied des obersten Gerichts muss jedem, der an diesen Tagen diese Person im Fernsehen erleben konnte und musste, und der nur ein kleines bisschen Menschenverstand hat, zum Schaudern bringen.



Textaris(txt*bot)

#326
Quote[...] Wilke hat nicht nur eine juristische Frage aufgeworfen, sondern auch eine politisch grundsätzliche. Denn was tut ein Land, dessen Strafrecht ganz auf Resozialisierung ausgelegt ist, eigentlich mit traumatisierten und gewaltaffinen Flüchtlingen, die offenkundig keine Integrationsperspektive haben? Sinnvolle Debatten darüber sind zurzeit kaum möglich. Die einen wittern überall rassistische Verallgemeinerungen über Flüchtlinge, während andere der Hysterie vor pathologisch gewaltbereiten Arabern verfallen sind.

... Einige Tage nach dem Überfall auf den Frosch sind drei der mutmaßlichen Täter in U-Haft.

... Was ihn wirklich beunruhige, sagte Wilke, dass in der Flüchtlingsfrage inzwischen auch Leute schwankten, die immer gegen den Rassismus gekämpft hätten. Sogar ein Pfarrer sei darunter, der Flüchtlingen Kirchenasyl gewähre. "Was ich gesagt habe, ist ein Befreiungsschlag für die, die genauso gefühlt und gedacht haben, aber sich selbst gezwungen haben, es nicht zu sagen." Und dann: "Ist es nicht besser, wenn ich es bin, der ihnen diese Befreiung verschafft, als wenn es Alexander Gauland tut?"

Am Ende holt er aus seinem Bücherregal ein Buch über Bart Somers, den Bürgermeister des belgischen Mechelen. Somers führt die Stadt seit 2001 mit einer Mischung aus Multikulti- und Law-and-Order-Politik und wurde dafür von der city mayors foundation im Jahr 2017 zum besten Bürgermeister der Welt gewählt. Wilke lobt auch Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD), die in Berlin-Neukölln mit ihrer Nulltoleranzpolitik gegenüber Straßengangs und Clans populär wurde. "Multikulti und Law-and-Order", sagt er. "Das ist es, was ich tue."

...



Aus: "Die Grenze" Eine Reportage von Christian Bangel, Frankfurt (Oder) (4. Oktober 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-10/frankfurt-oder-fluechtlinge-ausweisungsbeschluss-gefahr-rechtsextremismus

Quoteah-jun #14

"Denn was tut ein Land, dessen Strafrecht ganz auf Resozialisierung ausgelegt ist, eigentlich mit traumatisierten und gewaltaffinen Flüchtlingen, die offenkundig keine Integrationsperspektive haben? Sinnvolle Debatten darüber sind zurzeit kaum möglich. Die einen wittern überall rassistische Verallgemeinerungen über Flüchtlinge, während andere der Hysterie vor pathologisch gewaltbereiten Arabern verfallen sind"

Das beschreibt das Problem exakt. Die Konsequenz wäre das Strafrecht an Menschen anzupassen, die nicht resozialisierbar sind. Dann würden wir vielleicht das Problem der Clans in den Griff bekommen.

Die Debatte über dieses Probleme scheuen die die etablierten Parteien wie der Teufel das Weihwasser. ...


Textaris(txt*bot)

#327
Quote[...] Caroline Sommerfeld-Lethen (geb. Sommerfeld; * 1975 in Mölln)[1] ist eine deutsche Köchin, Philosophin, Autorin und Aktivistin der Neuen Rechten und der Identitären Bewegung. ... Die Süddeutsche Zeitung schrieb über die Wandlung von Sommerfeld von Positionen der 68er-Bewegung hin zu neurechten Ideologien, dass sie eine viel gelobte philosophische Dissertation über Immanuel Kant unter dem Titel ,,Wie moralisch werden?" geschrieben habe und früher ,,ein gern gesehener Gast auf geisteswissenschaftlichen Tagungen" gewesen sei. Nun marschiere sie ,,bei Fackelzügen der Wiener Identitären zum Gedenken an die Schlacht gegen die Türken von 1683 mit". Sommerfeld erklärte hierzu, dass jeder Kritiker dieser Entwicklung ein ,,Individuum auf Gemeinschaftszerstörungsdroge" sein müsse und somit ,,asozial im Wortsinne". ... In einem Gespräch mit Hasnaim Kazim verneinte sie die Frage, ob auch Nichtweiße Deutsche sein könnten. Zwar sei dies für sie nicht allein unter dem Gesichtspunkt der ,,Rasse" zu bewerten, ,,aber es hat auf jeden Fall ganz elementar eine ethnische Komponente. Mit der Staatsbürgerschaft allein ist es nicht getan." Was ,,deutsch" sei, sei ,,augenscheinlich" und bedürfe keiner komplexen Definition. Es reiche, in eine typische deutsche Kleinstadt zu fahren und zu registrieren, ,,wie die Leute dort denken, wie sie sprechen, wie sie aussehen". Sie sei aber nicht ,,gegen Fremde ganz pauschal, das ist Quatsch". ...


https://de.wikipedia.org/wiki/Caroline_Sommerfeld-Lethen (8. Oktober 2018)



Quote[...] Lebten wir in anderen Zeiten, würde es diese Kolumne nicht geben. Denn die handelt vom ,,Deutsch sein" beziehungsweise davon, wer angeblich in diesen illustren Kreis gehört, und wer nicht.

Der in Oldenburg geborene ,,Spiegel"-Journalist Hasnain Kazim ist beispielsweise ein ,,Fremdkörper", zumindest, wenn man der Philosophin und neurechten ,,Ikone" (,,Spiegel") Caroline Sommerfeld folgt. Die hatte Kazim auf einem Podium als ,,Fremdkörper" bezeichnet und ihre Erklärung des ,,richtigen Deutschen" auf dem rechten Blog ,,Sezession" weiter ausgerollt. Sommerfeld verrührt mit ganz vielen Buchstaben eine völkische Suppe, die zwar als kompliziert behauptet wird, herunter gebrochen aber recht wässrig daherkommt.

Am Anfang steht der alles bedingende ,,Abstammungsdeutsche". Der muss gar nicht ,,reinrassig" im Blut- und schon gar nicht Grenzen-Sinne sein, vielmehr reiche die Fortpflanzung des ,,charakterlich und atmosphärisch Typischem". Der Kniff ist clever. Damit mogelt sie all jene in den völkischen Baukasten, die in ihren identitären Kram passen, und der definiert sich nicht nach 2018, sondern eher nach 1942.

,,Phänotyp des Deutschen" sind entsprechend ,,preußisch gewordene Hugenotten, ...Österreicher samt in der Donaumonarchie weiland beheimateter Tschechen und Ungarn". Dunkelhäutige Menschen können es nach Sommerfeldscher Logik ,,augenscheinlich" nicht sein, im Gegenteil dürfe nichts ,,Physisches verloren gehen, dessen das zukünftige Deutschtum bedarf, um sich hieraus kontinuierlich weiter entfalten zu können."

Wir haben verstanden. Wer deutsch ist, wird anhand völkischer Merkmale bestimmt, und wer die konstruiert, sind die rechtsextremen Identitären und ihre Vordenkerin. Die spricht von ,,Prototypenkategorisierung" und liefert selbst ein hübsches Beispiel: von der Amsel und dem Pinguin.

Die Amsel sei ,,ein prototypischer Vogel", der Pinguin hingegen nicht – ,,aber beide sind Vögel". Übersetzt ist die Amsel ,,der prototypische Deutsche", sie kann fliegen, hat also das Merkmal, was einen Vogel gemeinhin als solchen auszeichnet. Dem Pinguin, auch fedrig, aber flugunfähig, fehlt die als qualitativ wichtig markierte Vogelfähigkeit. Genauso wie dem Schwarzen, der natürlich Mensch ist, aber eben, sorry, optisch kein richtiger Deutscher, maximal ein ,,Passdeutscher" sein kann, lebten seine Vorfahren einfach auf dem falschen Kontinent. Und da hilft es auch nichts, ,,für Deutschland einzustehen", zum Volkskörper – weil nicht prototypisch – gehören Schwarze laut Abstammungslogik trotzdem nicht. Bei den Urenkeln könnte es klappen, vorausgesetzt, sie bedienen die Volksseele.

Es ist nicht zu fassen, welchen Rassismus Sommerfeld als Philosophie verkauft. Ihr geht es um die von den Rechtsextremen behauptete ,,Umvolkung", nur weitet sie diese auf Menschen mit sogenanntem Migrationshintergrund aus, die auf dem schwarz-weißen Klassenfoto mehr auffallen, als auf einem bunten. Mitgemeint sind all jene, die sich in den Grenzen von 1990 noch nicht dem kulturell-völkischen Heimatkitsch angepasst haben.

Genau darauf wollen sie hinaus, die Sommerfelds, Gaulands und Höckes. Auf eine Hierarchie in einer als besonders wertig mystifizierten deutschen Gesellschaft, in der zur Elite gehört, wer über vordefinierte Merkmale verfügt, und sich parallel dem kulturellen Diktat einer völkischen Rechten unterordnet. ...


Aus: "Identitäre Bewegung Wie man den Deutschen vom ,,Fremdkörper" unterscheidet" Katja Thorwarth (27.09.2018)
Quelle: http://www.fr.de/politik/meinung/kolumnen/identitaere-bewegung-wie-man-den-deutschen-vom-fremdkoerper-unterscheidet-a-1590351

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QuoteBierchen mit Biss

Liebe Frau Thorwarth, Ihre Beschreibung bezüglich der Zugehörigkeit zum ,,illustren Kreis" der Deutschen kann man direkt auf das Thema Gläubiger und Ungläubiger aus Sicht vieler Moslems übertragen. Das wird so in D auch teilweise recht offen kommuniziert und gelebt.

...


QuoteRaven Nofolk

Der Hammer ist ja , dass diese völkischen Spinner die eigentlichen Feinde Deutschlands sind.
Das haben sie in der Vergangenheit eindrucksvoll bewiesen und das wird ihnen auch wieder gelingen, wenn man sie lässt.
Es ist eigentlich unglaublich, dass immer noch Menschen auf diesen Unsinn hereinfallen und das im Jahre 2018.
Ähnlich wie diese "Kreationisten" in den USA. ...



QuoteKommentatorKlug

Bei solchem Quatsch fällt mir immer ein, was Carl Zuckmayer in "Des Teufels General" den Titelhelden Harras zum Leutnant Hartmann sagen läßt:

    " ... Denken Sie doch - was kann da nicht alles vorgekommen sein in einer alten Familie. Vom Rhein - noch dazu. Vom Rhein. Von der großen Völkermühle. Von der Kelter Europas!

    Und jetzt stellen Sie sich doch mal Ihre Ahnenreihe vor - seit Christi Geburt.

    Da war ein römischer Feldhauptmann, ein schwarzer Kerl, braun wie ne reife Olive, der hat einem blonden Mädchen Latein beigebracht. Und dann kam ein jüdischer Gewürzhändler in die Familie, das war ein ernster Mensch, der ist noch vor der Heirat Christ geworden und hat die katholische Haustradition begründet. - Und dann kam ein griechischer Arzt dazu, oder ein keltischer Legionär, ein Graubündner Landsknecht, ein schwedischer Reiter, ein Soldat Napoleons, ein desertierter Kosak, ein Schwarzwälder Flözer, ein wandernder Müllerbursch vom Elsaß, ein dicker Schiffer aus Holland, ein Magyar, ein Pandur, ein Offizier aus Wien, ein französischer Schauspieler, ein böhmischer Musikant - das hat alles am Rhein gelebt, gerauft, gesoffen und gesungen und Kinder gezeugt - und - und der Goethe, der kam aus demselben Topf, und der Beethoven, und der Gutenberg, und der Matthias Grünewald, und - auch was, schau im Lexikon nach.

    Es waren die Besten, mein Lieber! Die Besten der Welt! Und warum? Weil sich die Völker dort vermischt haben. Vermischt - wie die Wasser aus Quellen und Bächen und Flüssen, damit sie zu einem, großen, lebendigen Strom zusammenrinnen. Vom Rhein - das heißt: vom Abendland. Das ist natürlicher Adel. Das ist Rasse. ..."


QuoteSocrates

Deutsche – kauft deutsche Bananen, wahlweise Zitronen!


QuoteJörg Steinhäuser

Diese "Dame" entspricht nicht dem Herrenvolk. Sie sollte sich schnellstens zurück ziehen. Frauen der arisch einwandfreien Rasse sind blond, haben blaue Augen und einen gesunden Körper. Mens sana in corpore sano, das kann eigentlich nur für den Body herhalten. Sie ist brünett, hat wahrscheinlich dunkle Augen, kein Typ aus dem Lebensborn. Da muss ich aber an Höcke und Co. zweifeln, dass sie eine derart undeutsche Frau neben sich stehen lassen. Diese Partei ist nicht mehr wählbar. Sie akzeptiert Rassen-Unreinheit. ...


QuoteNewBambus --> Jörg Steinhäuser

Es fällt auf, dass die, die von Phänotypen schwadronieren eigentlich zu den Auszusortierenden gehören. Die Dame wäre problemlos selbst als fremdvölkischer Eindringling zu qualifizieren und ohne Ausweisdokumente sofort an der bayerischen Grenze als osteuropäischer Wirtschaftsflüchtling zurückzuweisen. ...


QuoteKommentatorKlug --> Jörg Steinhäuser

Hitler, Göring und Goebbels waren doch auch nicht diese blond-blauäugigen Recken als die sie ihren Herrenmenschen verkauft haben.


QuoteMargot Benetti

Sie scheinen offenbar kein einziges Wort aus dem Sommerfeld-Text verstanden zu haben. Auch Begriffe (und die Konzepte dahinter) wie Phänotyp und Prototypensemantik kontern Sie ausschließlich mit dem altbekannten Ressentiment, dass jedwede Differenzierung schon Rassismus sei. Please try harder.


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Quote[...]  Das sieht dann doch nach einer veritablen Verhaltenslehre der Kälte aus, was dem Professor Helmut Lethen da unter der Betreff-Zeile ,,Aufkündigung Ausbildungsvertrag" von der Waldorfschule Wien-West per Einschreiben mitgeteilt wurde: ,,Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Lethen, hiermit kündigen wir den Ausbildungsvertrag für Ihre Söhne \[eingefügt sind deren Namen\] zum nächstmöglichen Termin, sohin am 31.08.2018. Mit der Bitte um Kenntnisnahme verbleiben wir mit freundlichen Grüßen \[gezeichnet vom Vorstand der Schule\]".

Nach Diktat verreist. Die Söhne des Kulturwissenschaftlers Lethen, eines der profiliertesten seiner Generation, der Generation der Achtundsechziger, ein Exponent der kulturellen Linken – dessen acht und zwölf Jahre alte Söhne hatten also Knall auf Fall die Waldorfschule zu verlassen, wurden am letzten Schultag vor den Sommerferien jäh aus ihrem Klassenverband herausgerissen, viele Kinder der noch anwesenden 6. Klasse begannen zu weinen, als der Rausschmiss der Lethen-Söhne feststand, auch die Lehrerinnen kämpften mit den Tränen; aber es half nichts: Der Vorstand hatte so entschieden. Gerade noch rechtzeitig zum neuen Schuljahr fanden die beiden Jungen ein Gymnasium, auf dem sie ihre Schulzeit nun fortsetzen können.

Was war geschehen? Was hatten sich die Brüder zuschulden kommen lassen? Die Antwort lautet: Sie haben die falsche Mutter. Genauer: eine Mutter mit gefährlichen politischen Ansichten. So hat es der Schulvorstand gesprächsweise denn auch unverhohlen zum Ausdruck gebracht. Die Mutter, um die es geht, heißt Caroline Sommerfeld-Lethen, ist promovierte Philosophin und seit einigen Jahren publizistisch bei den Neuen Rechten unterwegs, ohne dass sie auf der Waldorfschule mit ihrem identitären Ideenwust Propaganda betrieben hätte und ohne dass ihre Söhne auf irgendeine Weise als indoktrinierte Störer im Unterricht auffällig geworden wären; im Gegenteil, sie waren beliebt, wie die herzzerreißenden Szenen am letzten Schultag noch einmal zeigten.

So was kommt eben vor, könnte man sagen. So was kommt vor, wo sich ein Begriff von demokratischer Öffentlichkeit durchsetzt, der politische Konflikte auf Freund-Feind-Verhältnisse verengt. Es geht dann um maximalen Beschuss, um ein Ausschlussdenken statt um Auseinandersetzung, um Erkennung und Ortung anhand von Signalbegriffen, um Abstandsmessungen noch in die nachwachsende Generation hinein. Um ein Orientierungsverhalten mithin, wie es der ,,Radartyp" in den ,,Verhaltensweisen der Kälte" an den Tag legt, Lethens Bestseller über Lebensweisen zwischen den Weltkriegen, der gerade eine ungeahnte Aktualität erfährt. In diesem Sinne ist der Rausschmiss der beiden Söhne ein besonders prägnantes, nahegehendes Beispiel dafür, wie selbst hinter der Deklaration, empathisch zu sein, Mitgefühl zu üben, die Kälte hochkriecht; wie auf beiden Seiten des Kulturkampfes der Gegenwart ein Reinheitswahn grassiert, in welchem Menschen als verstrahlte Körper behandelt werden, die noch als Minderjährige in Mithaft zu nehmen sind, will man sich vor Infizierung schützen.

Der Vater vermag das, was die Waldorfschule Wien-West mit seinen Söhnen machte, nicht zu fassen: Lethen, Autor von Studien zur Charakterkunde des politischen Extremismus, der mit Caroline Sommerfeld in politisch gemischter Ehe lebt, gibt im Interview mit der österreichischen Zeitschrift ,,Profil" zu Protokoll: ,,Meine Kinder wurden von der Waldorf-Schule Wien-West geworfen aufgrund einer Sippenhaftung, weil sich meine Frau im Umfeld der Neuen Rechten betätigt. Es ist mir unbegreiflich, dass ein weltanschaulicher Konflikt von Eltern mit der Schulleitung auf dem Rücken der Kinder ausgetragen wird. Die Neuen Rechten könnten sich freuen – jetzt haben sie wieder ein Argument."

Bei der neurechten Mutter kommt solche Freude naturgemäß nicht auf. Caroline Sommerfeld, der zuvor schon als Köchin der Schule gekündigt worden war (,,als Köchin, nicht als Schulleiterin oder Geschichtslehrerin", Sommerfeld), hatte sich seinerzeit an die Gleichbehandlungsstelle im österreichischen Frauenministerium gewandt. In dem daraufhin eingeleiteten außergerichtlichen Schlichtungsverfahren wegen Jobkündigung aus politischen Gründen war der Schulvorstand hart geblieben. Für Sommerfeld ein klarer, noch nicht einmal bemäntelter Fall von Diskriminierung im Zeichen der Antidiskriminierung.

Am Schultor gab es neulich zum Schuljahrsbeginn noch eine Mahnwache für die geschassten Lethen-Söhne und für ein paar andere Kinder, die man wegen politisch unbotmäßiger Elternteile gleich mit entsorgt hatte. Nun ist die Waldorfschule Wien-West wieder blitzblank, und die Schüler essen von politisch sauberen Tellerlein.


Aus: "Waldorfschule in Wien: Die falsche Mutter" Christian Geyer (07.09.2018)
Quelle: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/waldorfschule-wien-schulverweis-wegen-neurechter-mutter-15775010.html

QuoteBarbara Noyer (noyer),     07.09.2018 - 18:36

Was mich an den Kommentaren erstaunt: dass die Waldorfschulen für links gehalten werden. Bei anderer Gelegenheit wird ihnen aufgrund ihres Gründers dann wieder das Gegenteil vorgeworfen.


QuoteHans Bauernfeind (H.Bauernfeind), 07.09.2018 - 15:38

Keine Demokraten

Rechtsextreme stören sich am Äußeren und Linksextreme am Inneren. Wer es da wagt eine andere Meinung zu haben, ist schlecht gelitten. So wie es in einer Demokratie selbstverständlich sein sollte, Menschen mit einem Aussehen, was einem vielleicht nicht so zusagt, zu bedienen, sollte man auch deren Meinung ausklammern. Solange Frau Sommerfeld durch igendwelche Aktionen den Schulfrieden nicht gestört hat, hätten Demokraten auch solch eine Aktion nicht gestartet. Die Bühne für eine politische Auseinandersetzung ist woanders. ...


QuoteBernhard Keim (KeimB), 07.09.2018 - 14:37

Ärgerlich, denn so entzieht man jeder Diskussion die Grundlage

Der Tribalismus greift um sich. Politische Zugehörigkeit bestimmt, wo man sich noch blicken lassen darf und wo nicht. Das ärgerliche: man versucht erst gar nicht mehr zu verstehen. Jeder wird in seine Filterblase verbannt.


QuoteChristian Karl Marx (deprofundis), 07.09.2018 - 13:29

So bedauernswert dieser Vorfall für die Kinder auch ist,

letztlich kündigt (offenbar auch fristgerecht) nur ein privates Institut einen Vertrag mit unliebsamen Kunden. Kommt in der Tat vor. Ich möchte zum Beispiel auch keine Vertragspartnerin, welche das Anerkennen der historischen Verantwortung für den Holocaust als "Schuldkult" oder "Nationalmasochismus" bezeichnen, hier endet die Toleranz.


QuoteImmanuel Kratzer (sojetztja), 07.09.2018 - 13:26

Das ist nichts Neues

Ist das jetzt neu? Waldorfschulen suchen sich ihre Schülerschaft schon immer nach Gutdünken aus. Sie schwadronieren zwar von ihrer toller Pädagogik, überlassen die echten Problemfälle oder auch Kinder, die nicht in ihr Raster passen, aber traditionell sehr gerne den öffentlichen Schulen. Man will als Waldi ja unter seinesgleichen bleiben...


QuoteWolfgang Käflein (wokaef), 07.09.2018 - 12:01

Kinder werden auch nicht gefragt, wenn Erwachsene Krieg beschließen

oder die Umwelt zerstören. Die "falsche Mutter", die falsche Nationalität, die falschen Eltern, wenn diese ggf. zu Gewalt und Missbrauch neigen. Schlecht abzuschätzen ist bei dem Beitrag leider, wer die Kinder zu erst instrumentalisiert hat. Das hier begründete Opfer-Täter Verhältniss ob das wirklich stimmt? Was nicht heißt, dass sich nicht alles genau so zugetragen hat. Die Frage ist was sich vielleicht noch dazu, zusätzlich (dem Redakteur unzugänglich) zugetragen hat.


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Quote[...] Hat mal jemand ein Auge drauf?

Nein, nicht auf den Hüter der Verfassungsschutzbehörde, der offenbar eine ganz eigene Agenda pflegt, die einem intellektuell raffinierten Selbstschuss- Mechanismus ähnelt, und der offenbar in Kauf genommenen Destabilisierung des Ansehens der politischen Führungsschicht dient, aber auch den demokratischen Institutionen. Hat jemand ein Auge auf Seehofer? Dem alten Mann aus Bayern, der es wider Erwarten und ohne Befähigung doch ins Ministeramt nach Berlin geschafft hat, getrieben eigentlich vor allem von seinem verhassten Nachfolger als Ministerpräsident des krachledernen Landes. Hat jemand ein Auge auf Bundeskanzlerin Merkel? Hat sie nicht bislang jeden über- ehrgeizigen politischen Opponenten geschickt aus dem Feld geschossen, vor allem wenn es Männer waren, die das - die Selbsterledigung- eigentlich verlässlich selber schafften? Was ist mit Merkels Strategien der Macht? Haben sie nicht vielleicht etwas Rost angesetzt, hängen nicht Spinnweben in den Mechanismen?

Hat jemand ein Auge auf die Anthroposophen? Ja, die erledigen sich ja nun wirklich zuverlässig selbst. Was die Intrigen, Machtspielchen, Sandkasten- Randale und Selbstzerstörungs- Mechanismen betrifft, so ist auf diesen Verein stets Verlass. Man muss nur mal anschauen, wie sich die vormals vorbildlich erscheinende englische Schule Kings Langley durch autoritären Führungsstil, Arroganz gegenüber kritischen Eltern und Schulaufsichtsbehörden, Vernachlässigung von simplen Aufsichtspflichten, innere Querelen bis zur Selbstzerstörung, und völlig inakzeptable Methoden der Beeinflussung (Drohbriefe an Eltern) (1) es zur eigenen dauerhaften Schließung geschafft hat. Wen es im Detail interessiert, kann das im Blog von Jeremy Smith (2) nachlesen, der auch die Geschichte des Geländes selbst, das auf frühe englische Könige im 13. Jahrhundert zurückgeht, darlegt, aber auch die inneren Mechanismen der Selbstzerstörung. Smith hat selbst mal in dieser Schule gearbeitet. Er schildert auch die Geschichte der zähen, sturen, alt- Steinerschen Leiterin der Schule, Margaret Cross, die diese Schule als ihr Lebenswerk bis 1955 etabliert, aber wegen anhaltender Konflikte mit sämtlichen Kollegen (3) im Grunde auch fast zugrunde gerichtet hatte. Es ist dann, nach einer so umfassenden Tradition und Verwurzelung doch erstaunlich, dass ein heutiges Kollegium mitsamt der typischen charismatischen Führungspersönlichkeit und den üblichen internen Konflikten nicht in der Lage ist, ein vernünftiges Arrangement mit der Schulaufsicht zu finden. Offenbar handelt es sich um die Art von Verblendung, die den nahenden Abgrund über Jahre zu ignorieren, schön zu reden und mit Phrasen zuzuschütten bemüht ist. Jedenfalls sind inzwischen auch die letzten Versuche, die Schule unter anderem Namen neu zu gründen, gescheitert- schon weil selbst die Versicherungen Zweifel an der Integrität des Unternehmens hatten.

Eine andere Schule, die nicht nur an den offenbar üblichen finanziellen Abgründen balanciert, sondern auch an ideologischen, ist geschlagen mit der identitären Rechten Caroline Sommerfeld-Lethen, die ihre Gegner gern direkt in der ,,Sezession" von Ellen Kositza auseinander nehmen lässt. In diesem Fall handelt es sich nach identitärer Analyse eindeutig um ,,Repression" und bei Frau Sommerfeld, die an dieser Wiener Schule vorher schon als ideologisierte Schulköchin unangenehm aufgefallen war, in ihrer Selbstsicht um eine Dissidentin. In ihrer Sicht ist aber die ganze Waldorfbewegung unterwandert von den Globalisten und Linken, die den eigentlich völkischen Rudolf Steiner so ,,verraten" haben, dass er heute - so wie sie mit ihren Kindern selbst- aus Rudolf- Steiner - Schulen hinaus komplimentiert werden würde: ,,Sie haben, das weiß ich jetzt, Steiners Grundideen verraten und verkauft. Natürlich nicht nur diese fünf Hanseln im Vorstand von Waldorf Wien West, sondern in der ganzen institutionalisierten Anthroposophie ist seit etwa 10 Jahren etwas im Gange: derselbe Kurzschluß zwischen Kulturmarxismus und Globalisierung wie in der ganzen Linken, mit derselben Rhetorik für ,,Toleranz", ,,Vielfalt" und die ,,offene Gesellschaft". Diese hat aber eine sinistre (Anthroposophen würden sagen: eine ,,ahrimanische") Kehrseite, nämlich ideologisch motivierte Verfolgung von allem, was sich dieser Weltordnungsphantasie in den Weg stellt. Selbst die Linken in den 70er und 80er Jahren, von denen ja auch viele ihre Kinder auf Alternativschulen schickten und da als Eltern mitmischten, hatten keinen solchen Furor gegen Andersdenkende, keine Agenda ,,gegen Rechts", so wie gegenwärtig. Rudolf Steiner würde heute, las ich mal in einer schönen Glosse in einem abtrünnigen Anthroposophenmagazin, aus der Anthroposophischen Gesellschaft ausgeschlossen werden wegen rechter Gedanken." (4)

Dass es nun die Kinder von Frau Sommerfeld- Lethen ausbaden müssen, ist zu bedauern. Man muss aber auch nicht gleich ein so wehleidiges Gesamtkonzert vom verfolgten, benachteiligten armen Rechten anstimmen wie Christian Geyer-Hindemith in der FAZ: ,,Was war geschehen? Was hatten sich die Brüder zuschulden kommen lassen? Die Antwort lautet: Sie haben die falsche Mutter. Genauer: eine Mutter mit gefährlichen politischen Ansichten. So hat es der Schulvorstand gesprächsweise denn auch unverhohlen zum Ausdruck gebracht. Die Mutter, um die es geht, heißt Caroline Sommerfeld-Lethen, ist promovierte Philosophin und seit einigen Jahren publizistisch bei den Neuen Rechten unterwegs, ohne dass sie auf der Waldorfschule mit ihrem identitären Ideenwust Propaganda betrieben hätte und ohne dass ihre Söhne auf irgendeine Weise als indoktrinierte Störer im Unterricht auffällig geworden wären; im Gegenteil, sie waren beliebt, wie die herzzerreißenden Szenen am letzten Schultag noch einmal zeigten." (5)

Gewiss, herzzerreißend. Zudem ist der Vater auch noch ein übrig gebliebener Alt-68er, der mit Sommerfeld in einer oft und gern, auch in ihrem Buch (6) ,,Mit Linken leben" thematisierten politisch spannungsreichen Ehe lebt und die Entlassung von Frau und Kindern als ,,Sippenhaft" anprangert. Die Legende, die Sommerfeld-Lethen selbst spinnt (,,ideologisch motivierte Verfolgung von allem, was sich dieser Weltordnungsphantasie in den Weg stellt"), scheint durch den Herauswurf bestätigt. Allerdings benutzt Sommerfeld-Lethen die sich entfaltende Agenda, um - wie im oben genannten Sezession- Interview - die gesamte Wendung der Waldorfbewegung gegen Rassismus zu attackieren- also die so mühsam, über Jahrzehnte aufgebaute anthroposophische Aufklärung - auch in Abgrenzung zu mindestens kultur- chauvinistischen Äußerungen Rudolf Steiners. Diese Aufarbeitung hat die anthroposophische Bewegung, die selbst 1968 nie so recht internalisiert hatte und eng an der wortwörtlichen Auslegung der Worte ihres Gurus klebte, Kraft und Mühen gekostet, die womöglich jetzt von einer Schulköchin weggefegt werden?

Hat mal jemand ein Auge drauf? Immerhin sind wir mit der ,,Sezession" in der ideologischen Schaltzentrale der ,,Neuen Rechten" (was neu daran sein soll, erschliesst sich freilich nicht), wo sich Kubitschek mit dem seltsamen Björn Höcke trifft. Vielleicht möchte ja die Philosophin Sommerfeld einen entglobalisierten Rudolf Steiner als ideologischen Background dieser Rechten etablieren, einer völkisch interpretierten Anthroposophie mit klarer Orientierung auf den mitteleuropäischen weißen Menschen als Krone der Schöpfung? Mit Russland als Träger der nächsten Kulturepoche? Mit einem Steiner, der Schwangeren keine Negermusik zumuten wollte und geheime Logen hinter dem Weltgeschehen sieht, die bemerkenswert den angeblichen Plänen der ,,Weltelite" und George Soros ähneln, die die alternde mitteleuropäische Bevölkerung mit ,,Flüchtlingen" ersetzen will? Man lese das mal bei Compact nach (7) und hat schnell einen rechts interpretierten anthroposophischen Scherenschnitt des geheimen Weltgeschehens an der Backe kleben. Volksaustausch! Da werden bei Björn Höcke die Wangen rot und aufgeplustert.

Hat jemand ein Auge drauf? Wird der oberste Verfassungsschützer Hans- Georg Maaßen durch neue Enthüllungen Frau Sommerfelds Bemühungen unterstützen? Wird bald die nächste Waldorfschule in Selbstzerfleischung den Gang alles Irdischen gehen? Fragen über Fragen.

1 https://www.telegraph.co.uk/education/2018/06/24/rotten-core-flagship-steiner-school-close-emerges-concerned/
2 https://anthropopper.wordpress.com/2018/07/29/death-of-a-steiner-school/
3 https://anthropopper.wordpress.com/2018/07/21/margaret-cross-rudolf-steiner-and-the-school-at-kings-langley/
4 https://sezession.de/59361/repression-im-gespraech-mit-caroline-sommerfeld
5 http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/waldorfschule-wien-schulverweis-wegen-neurechter-mutter-15775010.html?GEPC=s2
6 https://antaios.de/gesamtverzeichnis-antaios/einzeltitel/45278/mit-linken-leben
7 https://www.compact-online.de/george-soros-und-sein-7-punkte-plan-fuer-den-volksaustausch/



Aus: "Caroline Sommerfeld, die Neue Rechte und die Selbstzerfleischung der Waldorfschulen" Michael Eggert (September 13, 2018)
Quelle: https://egoistenblog.blogspot.com/2018/09/caroline-sommerfeld-die-neue-rechte-und.html

QuoteIngrid_H Mod

Der Bund der Freien Waldorfschulen veröffentlichte ein Interview mit Wilfried Bialik, Geschäftsführer und Lehrer an der Freien Waldorfschule Gladbeck, und Manfred Schulze, Oberstufenlehrer an der Freien Waldorfschule Köln:
Wo stehen Waldorfschulen politisch: rechts, links oder in der Mitte? (September 2018 )
https://www.erziehungskunst.de/artikel/zeichen-der-zeit/wo-stehen-waldorfschulen-politisch-rechts-links-oder-in-der-mitte/


QuoteMichael Eggert Mod --> Ingrid_H

Da gibt es noch zu ergänzen, dass diverse Berichte über den Herauswurf in diversen neurechten Blogs zeitgleich, manchmal unterschiedlich im Text nur durch Zwischenüberschriften gepostet worden sind- um nach dem FAZ Beitrag eine gewisse Stimmung zu verbreiten und eine Kampagne gegen die "globalisierten" Anthroposophen loszutreten und die Legende von Frau Sommerfeld als rechtes Opfer weiter zu verstreuen. Man kann das schlicht und einfach googeln. Man darf wohl annehmen, dass diese Legende, die ja von Frau Sommerfeld ausgeht, von ihrem Netzwerk in ihrem Dienst als Kampfmethode gegen die liberalen Rudolf- Steinerschulen geschürt wird. Jede Schule schliesst individuelle Verträge mit den Eltern, die vertrauensvolle Zusammenarbeit bedingen. Letztere ist durch diesen politisch agitativen Aktivismus Frau Sommerfeld nicht gegeben. Man kann nicht agitierten und zugleich Vertrauensbildung erwarten. Im übrigen werde solche Verträge immer wieder gekündigt. Es ist auch eine Grundlage des freien Geisteslebens.


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Textaris(txt*bot)

Quote[...] Positive Aussagen zur Homosexualität und zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare haben eine weitere Amtszeit des Rektors der Theologisch-Philosophischen Hochschule Sankt Georgen, Ansgar Wucherpfennig, verhindert. Wie der ,,Kölner Stadt-Anzeiger" und die ,,Frankfurter Rundschau" (Montag) berichten, verweigert die Bildungskongregation im Vatikan dem Jesuitenpater Wucherpfennig das ,,Nihil Obstat" (Unbedenklichkeitserklärung) und verlangt einen öffentlichen Widerruf seiner Positionen. Im Februar sei Wucherpfennig für eine dritte zweijährige Amtszeit mit großer Mehrheit wiedergewählt worden.

Der 52-Jährige bestätigte auf Anfrage, dass er Ende September die Hochschulkonferenz über den Vorgang unterrichtet habe. Sein direkter Vorgesetzter, Provinzial Johannes Siebner SJ, sagte den Zeitungen, er stehe uneingeschränkt hinter Wucherpfennig. In einem Antwortschreiben habe er sich ,,befremdet" über das römische Vorgehen gezeigt. ,,An Pater Wucherpfennigs Expertise, seiner Loyalität und damit auch an seiner Eignung für das Rektorenamt bestehen für mich nicht die geringsten Zweifel."

2016 hatte Wucherpfennig, Professor für Neues Testament, die biblischen Verurteilungen der Homosexualität in einem Interview als ,,tiefsitzende, zum Teil missverständlich formulierte Stellen" bezeichnet, wie die Zeitungen berichten. Wucherpfennig, der im katholischen Stadtdekanat Frankfurt auch als Homosexuellen-Seelsorger wirkt, sprach sich demnach für eine stärkere kirchliche Anerkennung von gleichgeschlechtlich Liebenden aus.

Der für Sankt Georgen in Frankfurt zuständige Bischof von Limburg, Georg Bätzing, stellte sich vor Wucherpfennig. Er habe der Wiederwahl ,,uneingeschränkt" zugestimmt, sagte ein Bistumssprecher. Bätzing habe auch in Rom deutlich gemacht, dass ,,Bistum und Jesuitenorden gut beraten sind, an der bewährten Hochschul-Leitung festzuhalten". Der Bischof gehe daher weiter von einer gütlichen Lösung aus.

Erst vor kurzem hatte der Papst für Empörung gesorgt, als er sagte, homosexuelle Jugendliche sollten psychiatrisch behandelt werden.


Aus: "Wegen positiver Aussagen zu Homosexualität: Vatikan verweigert Jesuitenpater das Rektorenamt" (KNA, 08.10.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/queerspiegel/wegen-positiver-aussagen-zu-homosexualitaet-vatikan-verweigert-jesuitenpater-das-rektorenamt/23158516.html

Quotemelaina 08.10.2018, 19:25 Uhr
Das bestätigt mich mal wieder in meiner Entscheidung aus der Kirche ausgetreten zu sein.

Vor ca. 30 Jahren war ich bei einer Taufe. Der Pfarrer der evangelischen Kirche hat angefangen über AIDS und die Strafe Gottes zu palavern. Ich hätte damals aufstehen sollen und dagegen halten sollen, wollte ich auf Rücksicht der Eltern aber nicht. Hätte ich mal...

Die Katholiken hängen ja immer "etwas" hinterher, aber sie haben kein humanes Weltbild. Es wird von übelsten Doktrin geprägt.


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Quote[...] Der Zölibat war sicher ein Thema, das am Ende noch in der Waagschale gelandet ist. Es war frustrierend, sich mit diesem Verzicht zu beschäftigen, während meine Altersgenossen ihre Jugendlichkeit ausleben konnten. Damit meine ich nicht direkt oder ausschließlich sexuelle Betätigung, sondern den Tatendrang und die positive Energie, mit denen das Testosteron einen in jungen Jahren ausstattet. Mein Eindruck war, dass die meisten meiner Mitbrüder nicht zwingend heiß waren auf ein Leben in Enthaltsamkeit. Es wurde als Bedingung betrachtet, um Priester werden zu können. Sexualität, so sagte es auch einer unserer geistlichen Leiter, lässt sich nicht ausschalten, sondern nur verdrängen um eines größeren Ziels willen.

Die späten Neunzigerjahre waren nicht sorgenfrei für die Kirche. In der katholischen Stadt am Rhein jedoch schienen die Uhren stehen geblieben zu sein: Auch hier wurde für die Fronleichnamsprozession die ganze Altstadt geschmückt und die Musik der Orgel und die Gesänge des Chors über Lautsprecher nach draußen übertragen. Den Mainzer Domchor hatte Anfang der Achtzigerjahre ein heftiger Missbrauchsskandal erschüttert. Der Kapellmeister, ein Geistlicher, wurde des Missbrauchs von jungen Sängern beschuldigt. Dieses dunkle Kapitel hatte man in den Neunzigerjahren weitgehend vergessen.

Dann kam der Missbrauchsskandal in Boston: Ich war damals aus der Nachrichtenredaktion des ZDF, wo ich nach meinem Ausscheiden aus dem Seminar zu arbeiten begann, für zwei Monate als Hospitant in das Studio New York geschickt worden. Udo van Kampen, der Korrespondent mit dem Klang meiner rheinhessischen Heimat in der Stimme, schickte mich nach Boston, um Interviews zu führen. Ich traf dort ein Missbrauchsopfer und den Opferanwalt Mitchell Garabedian. In Big Apple folgten weitere Gespräche unter anderem mit einem Aktivisten der Gruppe SNAP. Diese Selbsthilfegruppe tritt für die Missbrauchten, die sich selbst "Überlebende" nennen, ein. Boston erschien damals wie ein Einzelfall. Und Father John Geoghan, ein Priester der Erzdiözese Boston, der 130 Jungen missbraucht haben soll, kam am Ende ins Gefängnis. Das ganze Ausmaß des Missbrauchs in der katholischen Weltkirche war da noch nicht zu erahnen.

Heute gibt es kein Land in der christlichen Welt, in dem nicht Fälle von Missbrauch bekannt geworden wären. Das Verbrechen hat Methode: Verschleierung, Versetzung, Vertuschung. Joseph Ratzinger hat, als Kardinal und später als Papst, versucht, mit Härte gegen dieses System in der Kirche vorzugehen. Unter seinem Vorgänger, dem heilig gesprochenen Johannes Paul II., ging noch der Gründer der Legionäre Christi, Marcial Maciel, im Vatikan ein und aus. Der Fromme wurde hernach entlarvt: Er hatte unzählige Buben und junge Männer missbraucht. Der aktuelle Statthalter Christi, Papst Franziskus, soll im Jahr 2013 erzwungen haben, innerkirchliche Ermittlungen gegen den britischen Bischof und seinen engen Freund, Cormac Murphy-O'Connor, abzubrechen, der angeblich heftig für Franziskus im Konklave getrommelt haben soll.

Von diesen drei Päpsten war der erste nicht interessiert und der zweite zu alt, um dem Treiben ein Ende zu setzen. Noch heute hält sich in der Ewigen Stadt, die wahrlich keine heilige unter den Städten des Erdkreises ist, das Gerücht, Benedikt XVI. habe abgedankt, weil ein homosexuelles Netzwerk im Vatikan selbst einem Papst die Hände binde. Und der dritte, gegenwärtige Pontifex scheint selbst korrumpiert zu sein. Zumindest wenn man den Aussagen und Anschuldigungen seiner geweihten Rivalen vertraut.

Die aktuelle Studie zum Thema Missbrauch, die die Deutsche Bischofskonferenz bei ihrer Herbstvollversammlung in Fulda präsentiert hat, legt nahe: Die Kirche sollte ihre Haltung zum Zölibat und ihre Kompromisslosigkeit beim Thema Homosexualität überdenken. Das ist notwendig, wenn man an die Stelle der gelebten Doppelmoral im Katholizismus eine neue Ehrlichkeit setzen will. Die Doppelmoral ist mir vor allem in Rom des Öfteren begegnet. Als ich an der Päpstlichen Universität Gregoriana studierte, gab es etwa auf dem Männer-WC im Erdgeschoss neben dem Café ein Loch in der Holzwand zur Nachbartoilette, auf idealer Höhe, um auf der einen Seite ein Glied einzuführen, welches dann auf der anderen Seite verwöhnt werden konnte.

In meiner Zeit im Seminar gab es meiner Einschätzung nach ein Drittel Hetero-, ein Drittel Homo- und ein Drittel Asexuelle. Es gab solche, die sich dem Zölibat verschreiben wollten, und solche, denen die vorgeschriebene Keuschheit recht egal war. Was möglich ist, kommt vor, lautete die Haltung vieler. Aber das, was vorkommt, wird allzuoft nicht an- und ausgesprochen, weil es ja eigentlich noch nicht einmal gedacht werden darf.

Heute steckt die katholische Kirche in der schwersten Krise seit der Reformation: Auch in einst frommen Winkeln wie in Wiesoppenheim bleiben die Katholiken der Messe fern. Es gibt nur noch alle paar Jahre eine Fronleichnamsprozession im Dorf, da wir jetzt in einem Pfarrverband sind, der sich den Priester teilt. Die Kinder bekommen auch nicht mehr schulfrei, um bei Beerdigungen zu dienen, angeblich wegen fehlenden Versicherungsschutzes. Und die wertvolle Figur des heiligen Martin wurde den Wiesoppenheimern abgeluchst und fristet nun ihr Dasein im Diözesanmuseum. Es ist fast so, als wolle man zusammenraffen, was noch geht. In unserer Kirche steht jetzt eine Attrappe. Die Volkskirche hat aufgehört zu existieren. In ihr war der Missbrauch mächtig, weil die Kirche mächtig war. Angesichts der unfassbaren Gräuel, die durch die von der Bischofskonferenz in Auftrag gegebene Studie ans Tageslicht kamen, erscheint es fast wie eine gute Nachricht, dass das Priesterseminar in Mainz mittlerweile nahezu verwaist ist. Der Klerikerstand in der Kirche hört auf zu existieren.

"Zermalmt die Infamie!", möchte man mit dem französischen Aufklärer Voltaire angesichts des Missbrauchsskandals rufen. Der Furor ist berechtigt. Jedoch fällt mir dann wieder unser Pfarrer Gottfried Bell ein, der mit seinem priesterlichen Dienst vielen Wiesoppenheimern ein Seelsorger war. Gilt nicht um dieser guten Geistlichen willen das Wort des Herrn, dass das Unkraut ausgerissen werden muss, damit es nicht den guten Weizen befallen kann? Die Kirche hat bislang leider nicht erkennen lassen, dass sie das Problem an der Wurzel anpacken will.


Aus: "Hauptsache, die Fassade steht" Alexander Görlach (5. Oktober 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/2018/41/homosexualitaet-priestertum-moral-verdraengung-kirche/komplettansicht

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Quote[...] Später sei Schmidt von Personen mit "Quarzsand-Handschuhen" verfolgt worden. Schmidt bestätigt die Verfolgung, er sei dann aber durch Mitglieder der eigentlich kritischen Gruppe geschützt worden. "Die Szene war in dieser Situation gespalten", sagte er. Juristische Schritte will er nicht einleiten, es habe sich um eine "Schulhof-Mentalität" gehandelt. Eigentlich hatte Schmidt mit den Anwohnern über Strategien gegen Mietsteigerung und Gentrifizierungen sprechen wollen. Ein Thema, das im Samariterkiez, wo unter anderem die CG-Gruppe mehrere Neubauprojekte trotz Bürgerproteste durchgesetzt hat, immer wieder für Ärger sorgt. In einigen Häusern wohnen seit Jahren Mitglieder der linksautonomen Szene. Trotz der Brisanz des Themas waren Schmidt zufolge am Montag nur rund 35 Personen erschienen, weil die Veranstaltung nur mit Plakaten beworben worden sei, die aber abgerissen wurden. ...


Aus: "Baustadtrat wird bei Veranstaltung in Rigaer Straße bedroht" Felix Hackenbruch (09.10.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/friedrichshain-kreuzberg-baustadtrat-wird-bei-veranstaltung-in-rigaer-strasse-bedroht/23164850.html

QuotePat7 09.10.2018, 18:20 Uhr
Quarzhandschuhe und derartige Drohungen haben nichts mit "Schulhofmentalität" zu tun.  ... Meinungsfreiheit existiert bei denen nur für die eigene Meinung und wo Brüllen nicht reicht, wird es dann heftiger. Es ist an der Zeit die nicht mehr mit Samthandschuhen anzufassen. Den Typen wie die bringen jeden zivilen gewaltlosen Widerstand gegen Spekulationen mit Wohnraum in Verruf.


QuoteSpandau-Loewe 09.10.2018, 18:49 Uhr
Antwort auf den Beitrag von Pat7 09.10.2018, 18:20 Uhr

Wir sind hier in Friedrichshain-Kreuzberg und dazu in einer Umgebung, die dem Baustadtrat doch gefällt. Also ist das "Schulhofmentalität". Und fertig.


QuoteHenrik1970 09.10.2018, 18:17 Uhr
Das hätte nicht mal ich mir vorstellen können, dass Baustadtrat Schmidt von Linken angegriffen wird.
Schmidt macht doch fast alles, was diese Menschen wollen und verhindert jeglichen Neubau, soweit er das kann.


QuoteMcSchreck 09.10.2018, 21:51 Uhr
Antwort auf den Beitrag von Epaminaidos 09.10.2018, 20:54 Uhr
wenn man sehr sehr weit links steht, ist jeder rechts. Und wer ein Amt hat, ist schon mal immer der Feind, egal wie er es ausübt. Er hat sich ja mit den Verhältnissen arragiert.

Da sind sich die Extremisten sehr nah.


...

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Jan-Werner Müller, Real Citizens: "The only important thing is the unification of the people, because the other people don't mean anything." This is Trump's populism, plain and simple, and its defining feature is not anti-elitism but anti-pluralism.


From: "Technocrats, Populists, and Citizens" (Boston Review, November 10, 2016)
Source: https://bostonreview.net/reading-lists/technocrats-populists-citizens

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Quote[...] Nehmen wir Mesut Özil. Er sei Deutscher, wenn die Mannschaft gewinne, aber ein Immigrant, wenn sie verliere, schrieb er in seinem viel zitierten offenen Brief. Hier formulierte eine Person mit Migrationshintergrund, wie es so schön heißt, eine Abfuhr an den deutschen Integrationszirkus. Özil ,,desintegrierte" sich mit viel Aplomb und nur folgerichtig in englischer Sprache. Ein Gestus, der Max Czollek, Autor der Streitschrift Desintegriert euch!, gefallen muss. Czolleks Text, der zwischen feinem Humor und bitterer Polemik schwankt, attackiert das bundesdeutsche Integrationsparadigma, in dem Migranten eine ,,Bringschuld" wie einen Bauchladen vor sich herschleppen, in den die guten Deutschen greifen, wann immer es passt. Die Bringschuld besteht nicht nur darin, die schlecht bezahlten Jobs anzunehmen. Sie besteht auch in der Anpassung an die Dominanzkultur. Zur Integration in den deutschen Volks-, äh, Gesellschaftskörper gehören Reinlichkeitsrituale (Einhaltung der Kehrwoche) ebenso wie das Beherrschen der deutschen Sprache. Gute Migranten sind für die deutsche Gesellschaft Human Resources. Ein leuchtendes Beispiel und Beweis, dass man es in der deutschen Gesellschaft zu etwas bringen kann, wenn man nur hart genug arbeitet.

Max Czollek besuchte die Jüdische Oberschule in Berlin bis 2006, studierte Politologie und promovierte am Zentrum für Antisemitismusforschung an der Technischen Universität. Zusammen mit Sasha Salzmann veranstaltete er 2016 am Berliner Gorki-Theater einen Kongress über ,,zeitgenössische jüdische Positionen". Besonders angewidert zeigt sich der 1987 geborene Lyriker und Essayist von der Instrumentalisierung der Juden durch die deutsche Nachkriegsgesellschaft. Reinstes ,,Gedächtnistheater" sei das. Die seit den 80er Jahren lauter werdenden Rufe nach einem Schlussstrich unter den deutschen Schuldkomplex – lange vor der Existenz der AfD geäußert – entsprechen dem Ruf nach einer Endabrechnung: Okay, wir waren böse, aber wir haben uns wirklich Mühe gegeben in den letzten Jahrzehnten. Schuld beglichen. Reich mir noch ein paar gefilte Fisch.

... Der Umgang mit jüdischer Kultur sei folkloristisch – lecker Essen hier, bisschen Kitschklezmer da, dazu das Bild vom melancholischen Juden. Pianist Igor Levit zum Beispiel. Als problematisch würden dagegen Maxim Biller oder Henryk M. Broder wahrgenommen. Die unbequemen Zeitgenossen würden nur geduldet, weil auch das zum deutschen Gedächtnistheater gehöre: Haha, wir ertragen die giftigen Äußerungen der Juden. Wir sind geläutert! Die Läuterung endet aber, wo mancher Michel meint, der Umgang der Israelis mit den Palästinensern sei den Naziverbrechen so unähnlich nicht.

Czollek geht es auch um Identitätspolitik. Juden oder Migranten dürften da ihre Erfahrung äußern, wo sie das bunte Antlitz Deutschlands bereichern, bleiben aber in Nischen gefangen. Der deutsche Jude steht für traurige Shoah-Geschichten, nicht für deutsche oder gar allgemein menschliche Erfahrungen. Der Migrant ist ein Spiegel der deutschen aufnehmenden Kultur, aber alles, was er macht, wird mit dem Adjektiv ,,migrantisch" versehen. Es gelte aber, radikale Diversität zu fördern, statt Integration zu fordern. Etwas außer Acht lässt der Autor in seinem Furor, dass die Stimmen junger MigrantInnen seit Jahren lauter werden und auch gehört werden. ,,Max Czollek ist dreißig, jüdisch und wütend", heißt es im Klappentext.

...


Aus: "Brav, Migrant! Sei hübsch bunt" Marlen Hobrack (Ausgabe 37/2018)
Quelle: https://www.freitag.de/autoren/marlen-hobrack/brav-migrant-sei-huebsch-bunt

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Quote[...] Max Czollek: In den Diskussionen und Ereignissen der letzten Zeit ist eine Radikalisierung des Integrationsdenkens zu beobachten. Das Wort selbst beruht auf der Vorstellung, dass die verschiedenen Minderheiten sich in die Mitte zu bewegen haben. Und in der Mitte ist etwas, was unsichtbar bleibt, nicht näher beschrieben werden muss. Diese Dominanzposition nenne ich deutsch. Deutsch bezeichnet diesen Ort, der bestimmt, wo Integration hinführen soll, wer integriert ist und wer nicht. Das Gerede von deutscher Leitkultur oder jüdisch-christlichem Abendland zielt letztlich auf die Bestimmung von Zugehörigkeit. Mit ,,Desintegriert Euch!" schlage ich eine Strategie vor, sich dieser Bestimmung zu verweigern. Es gibt kein dominantes Zentrum, das die ganze Gesellschaft anleitet, sondern ganz viele Zentren und Orte, an denen entsteht, was deutsche Gegenwart, deutsche Kultur ist.

Was stört Sie am Bild von kultureller Einheitlichkeit?


Max Czollek: Harmoniedenken spielt eine große Rolle in Deutschland. Subkulturen, die nebeneinander existieren, kann man sich nur als Parallelgesellschaften vorstellen. Nicht als etwas, das auf Dauer funktionieren könnte. Das ist eine spezifisch deutsche Denktradition, eine deutsche Angst. In anderen Ländern denkt man anders über Vielfalt. Das Motto von Kanada lautet: Unity in Diversity. Einheit in der Vielfalt. In der Leitkulturdebatte hingegen wird verteidigt, was Konservative als ,,das Deutsche" apostrophieren. Dabei blenden sie aus, dass Homogenität historisch niemals die Realität war.

Nicht einmal nach 1933?

Da gab es das Ideal der Volksgemeinschaft, einer ethnisch und politisch gereinigten Gesellschaft, die auf eine andere Art dann in den fünfziger Jahren in Westdeutschland weitgehend realisiert war. Dabei ist die Wiedereingliederung alter Nazis vielleicht die größte Integrationsleistung der deutschen Nachkriegsgeschichte. Da sind wir heute natürlich drüber hinaus, aber das ist der Zustand, zu dem die AfD scheinbar zurückmöchte. Wir erleben derzeit eine Rückkehr völkischen und rassistischen Denkens, und von der linken Gegenseite kommen konzeptionell kaum Angebote.

Wie könnte ein Angebot aussehen?

Es müsste mit der richtigen Problemanalyse beginnen. Für mich kann sie nicht lauten, dass AfD-Wähler und Pegida-Anhänger frustrierte, ausgeschlossene, sozusagen verlorene Deutsche seien, die man zurückgewinnen muss. Aber das scheint die herrschende Strategie zu sein. Stattdessen sollten wir lieber der Frage nachgehen, welche Vorstellungen von Zugehörigkeit das neue völkisch- rechte Denken möglich gemacht haben. Und auch in den politischen Programmen Konsequenzen daraus ziehen, dass ein Viertel dieser Gesellschaft laut Statistischem Bundesamt einen sogenannten Migrationshintergrund hat. Zählt man religiöse, sexuelle, kulturelle Minderheiten dazu, spricht einiges dafür, andere Modelle für das zu finden, was wir als Zugehörigkeit zu Deutschland definieren.

Warum spielen solche Überlegungen kaum eine Rolle in der Debatte?

Möglicherweise liegt das an der Trägheit politischer Gedanken. Man denkt gerne in den gewohnten Zugehörigkeitskonzepten weiter, selbst wenn die Realität bereits anderswo angekommen ist. Ich denke, es ist an der Zeit, auch mit den Konzepten hinterherzukommen. Die MeTwo-Debatte hat gezeigt, dass Menschen, die in der dritten Generation in Deutschland leben, nur weil sie dunkle Haare haben, Mohammed oder Ayse heißen, immer noch auf ihre Integrationsleistung befragt werden. In der Konsequenz haben sie nicht den Eindruck, als politische Subjekte zur Teilhabe an diesem Land aufgefordert zu werden. Dabei sprechen wir von einem Viertel der Gesellschaft, die Hälfte davon besitzt den deutschen Pass, eine riesige Wählergruppe also, die systematisch ausgeschlossen wird. Stattdessen wird das Achtel, das die AfD wählt, umworben. Man hat den Eindruck, dass alle Parteien ihre Angeln in den rechten Teich auswerfen, als wäre es die völlig überfischte Nordsee.

Juden, die ihren Glauben abgelegt hatten, wurden im Nationalsozialismus trotzdem ermordet. Hat Ihre Skepsis gegenüber der Assimilierung durch Integration mit dieser historischen Lektion zu tun?

Man sollte von jüdischer Seite nicht den Fehler machen zu glauben, nicht gemeint zu sein, nur weil die Aus- und Abgrenzung sich gerade vor allem auf Muslime konzentriert. Überhaupt, viele Freunde von mir, die jetzt als Muslime ausgegrenzt werden, sind gar keine. Und auch die Nazis haben viele Menschen zu Juden gemacht, die sich selber gar nicht mehr als Juden sahen. Daraus folgt doch, dass die Frage, wie du dich selber wahrnimmst, gar nicht entscheidend ist für die Art und Weise, in der du politisch positioniert wirst in der Gesellschaft.

Die Deutschen träumen von einem unverkrampften, ,,normalen" Verhältnis zu Juden. Ist das Illusion oder Zumutung?

Beides. Ich verstehe schon, warum sich die andere Seite Normalisierung und Entlastung wünscht, Richard von Weizsäcker sprach von ,,Erlösung durch Erinnerung". Aber von jüdischer Seite gibt es dieses Begehren nicht. Die Idee der deutsch-jüdischen Symbiose hat sich mit dem Nationalsozialismus erledigt, die wird es nicht mehr geben. Ich möchte darauf beharren, dass es nicht wieder gut wird. Aber das ist vielleicht gar nicht so schlimm, wie es klingt, denn dieser unheilbare Bruch ist doch auch eine Aufforderung, Deutschland als Gesellschaft mit unterschiedlichen Perspektiven und Konflikten zu denken. In diesem Sinne garantiert die jüdische Perspektive das Ende traditioneller Harmonie- und Homogenitätsvorstellungen in diesem Land.

Die Fußball-WM 2006 gilt heute als Sommermärchen. Sie sehen einen ,,schwarz-rotgoldenen Exzess". Warum so missmutig?

Vor 2006 war in meinem Umfeld klar: Ein Produkt, auf dem eine deutsche Fahne prangt, wird nicht gekauft. Bei Wettbewerben sangen deutsche Sportler die Hymne nicht mit. Das war kein Problem, sondern eine Lehre, die man aus der Geschichte gezogen hat. Und ich fand das gut so. 2006 war plötzlich alles anders, die Sehnsucht nach nationalen Symbolen, nach Nationalstolz brach förmlich aus den Leuten heraus. Es zeigte sich ein Kollektiv derjenigen, die sich gerierten, als wären sie vorher dazu gezwungen worden, ihre Nationalgefühle zu unterdrücken. 2006 war diese Haltung fast unwidersprochen, die Menschen empfanden das wie eine Befreiung, eine Wiedervereinigung 2.0. Zehn Jahre später haben wir die AfD im Bundestag. Diese beiden Dinge hängen für mich zusammen.

Sie übertreiben. Schwarz-Rot-Gold, das sind die Farben der deutschen Demokratie, der gescheiterten Revolution von 1848.

Das kann man vielleicht so herleiten, aber de facto ist das nicht, was auf der Straße passiert. Da hängt niemand die Fahne raus und sagt ,,1848". Probieren Sie es gerne einmal aus! Kaum einer von denen, die jetzt die Fahne schwenken, könnte erklären, was 1848 passiert ist. Die Frage ist doch, was man erreichen möchte mit einem Diskurs der Nationalliebe, die bis ins Lager der Grünen reicht, zur Sommerreise von Robert Habeck und Annalena Baerbock unter der Devise ,,Des Glückes Unterpfand". Woher der Optimismus, dass das diesmal gut geht? Inzwischen sind zwar die alten Nazis fast alle tot, aber wir leben in einer postnationalsozialistischen Gesellschaft. Mehr als jeden zweiten Tag findet ein Übergriff auf eine Flüchtlingsunterkunft statt. Eine neovölkische Partei sitzt im Parlament und hat immer weiter Zulauf. Das ist alles noch nicht so lange her in diesem Land.

Halten Sie die AfD für antisemitisch?

Das Problem ist doch, dass in Deutschland die Leute immer KZ hören, wenn man Antisemitismus sagt. Bei anderen Formen von Diskriminierung ist das differenzierter. Wer Sexismus sagt, muss nicht Vergewaltigung meinen, Belästigung gehört auch dazu. Auch Antisemitismus hat in den meisten Fällen nicht Schoah bedeutet, sondern Ghetto, Ausschluss, Entrechtung und Marginalisierung. In diesem Sinne finden sich antisemitische Tendenzen in der AfD. Aber mich interessiert diese Partei vor allem als Auslöser, als Trigger für das, was jetzt in den großen Parteien und der Gesellschaft passiert. Denn aus Umfragen wissen wir ja, dass ein Fünftel der Gesellschaft stabil antisemitische Einstellungen hat. Die Frage lautet: Was ist mit den anderen 80 Prozent, warum gelingt es ihnen nicht, sich stabil abzugrenzen?

Ihre Parole lautet: ,,Wir werden diese Gesellschaft nicht aufgeben". Wie wollen Sie kämpfen?

Nach der Bundestagswahl gab es bei meinen Freunden und mir zwei Impulse: Wir suchen uns ein Exil – oder wir fangen jetzt an, uns zu wehren. ,,Desintegriert Euch!" ist der Versuch, sich zu wehren.

Was heißt das konkret?

Wir müssen aus den Orten, die Laboratorien für neue gesellschaftliche Zusammenhänge sind, hinausgehen in die Gesellschaft. Wir müssen mehr intervenieren. Dabei funktioniert etwa das Berliner Gorki-Theater als eine Art Durchlauferhitzer für politische Innovationsmodelle. Viel mehr, als das in Universitäten oder im Feuilleton der Fall ist.

Sind Sie optimistisch, dass Deutschland eine offene Gesellschaft bleibt?

Ich bin extrem irritiert von vielen politische Entwicklungen der letzten Monate. Nicht auf der Seite der AfD, da weiß ich, dass es nicht meine Freunde sind. Sondern auf der anderen Seite, bei den Leuten, die ich für Verbündete halten möchte. In der Linken gibt es viel Ignoranz, viel Unwissen und Nicht-wissen- Mögen über die Zuschreibungen, die Migranten, Muslime und Juden gleichermaßen erleben. Mein Lieblingsschriftsteller Umberto Eco hat einmal vom tragischen Optimismus gesprochen, der weiß, dass es schlecht aussieht, und es trotzdem versucht. Damit möchte ich es halten. ...


Aus: "Max Czollek über Nationalismus und Minderheiten ,,Der rechte Teich wird überfischt"" Christian Schröder (22.09.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/kultur/max-czollek-ueber-nationalismus-und-minderheiten-der-rechte-teich-wird-ueberfischt/23099400.html

Textaris(txt*bot)

#332
Quote[...] Heinz Helle, geboren 1978, Studium der Philosophie in München und New York, Arbeit als Texter in Werbeagenturen, Absolvent des Schweizerischen Literaturinstituts in Biel, wohnhaft ebendort, verheiratet, eine Tochter. ...

Ich frage es mich jedes Mal, wenn ich diese Bilder sehe von wütenden Leuten mit schwarz-rot-goldenen Fahnen oder mit schwarz-weiß-roten, wenn ich in Videos sehe, wie sie ihre Fäuste recken und ihre Ärsche zeigen, wenn ich sie schreien höre, wenn ich sie auf die Straße springen sehe, zu dritt, um einem Mann hinterherzujagen, der etwas dunklere Haut hat als sie.

Ich frage es mich, wenn ich lese und höre, was gewisse Politiker so sagen zu diesen Bildern oder einfach so, weil ja Wahlkampf ist oder Donnerstag oder Herbst.Ich frage es mich, wenn ich an der Supermarktkasse mein Portemonnaie öffne, um zu bezahlen, und neben der EC-Karte und dem Führerschein blitzt plötzlich ein schmaler Streifen Personalausweis auf und da steht neben dem Wort Bundesrepublik das Wort Deutschland, einfach so, als wäre nichts gewesen.

Ich frage mich dann, ob einer der vielen Empörten, die sich neuerdings vorgenommen haben, dieses Land zu lieben und zu verteidigen bis zum Ende, gegen Linke und Grüne, den Islam und die Medien, gegen Umvolkung, Merkel und Altparteien, ob jemand von diesen Leute zufällig einmal versucht hat, sich vorzustellen, wie das ist, wie viel Mühe es kostet, wie viel Zeit, Kraft und Geduld, einen Menschen großzuziehen, ihm Laufen, Reden und Lesen beizubringen, und dann wird er angeschrien, geschubst und geschlagen und irgendwann sogar erschossen, nur weil etwas an ihm anders ist, der Name zum Beispiel, die Sprache oder die Uniform?

Ich frage mich, ob all diejenigen, die jetzt endgültig keine Lust mehr haben, die deutsche Vergangenheit zu bewältigen, wirklich einmal versucht haben, sich bildlich vorzustellen, wie viele Menschen im Dreck lagen in Europa im Mai 1945, geliebt und vermisst und verzweifelt erwartet, während sie langsam von Maden gefressen wurden, von Würmern und von Bakterien? Ich frage mich, ob sie es schaffen, den Schritt zu denken von 1 zu 50? Und dann den zu 50 Millionen?

Ich frage mich, ob Alexander Gauland, ehe er von Stolz sprach, von Pflicht und Soldaten, zufällig einmal Walter Kempowski gelesen hat, Das Echolot, den Teil über Barbarossa, und darin vielleicht den Tagebucheintrag des jungen russischen Offiziersanwärters, der mit seinen Kameraden im Wald liegt und voller Freude von Lagerfeuern schreibt, von den Sternen am Himmel der Sommernacht, als Sturzkampfbomber ohne Kriegserklärung über die Verbündeten herfallen, brave deutsche Soldaten, die nur Befehle befolgen, und eine Gruppe Heranwachsender bis auf wenige Ausnahmen in dampfende Fleischfetzen verwandeln?

Ich frage mich, ob Björn Höcke, als er Worte wie ,,Schuldkult" schrieb für seine Reden oder ,,Denkmal der Schande,,, kurz davor oder danach vielleicht auch der Name Babyn Jar durch den Kopf ging, und ob er dabei vielleicht die Stimmen seiner spielenden Kinder hörte, unten im Haus, und wenn ja, ob er sich dann vielleicht ganz kurz gefragt hat, was eine Frau ihrem Kind wohl sagt, während sie sich vor deutschen Wachen nackt ausziehen muss und dann ihr Kind, und dann legen sie ihre Kleider auf einen riesigen Haufen und sich selbst in eine Grube, auf noch warme nackte Körper? Keine Angst, alles wird gut?

Ich frage mich, wie lange Alice Weidel wohl nachgedacht hat, ob sie es sich wirklich genau überlegt hat, ehe sie sagte, dass die Faschisten von gestern die Antifaschisten und Gutmenschen von heute seien, und ob sie sich wohl zufällig gefragt hat, wie es ihr und ihrer Lebensgefährtin ergangen wäre unter jenen echten Faschisten von gestern, deren Fahnen und Gesten heute wieder offen auf der Straße gezeigt werden, neben und vor und hinter Transparenten mit dem Schriftzug ihrer Partei?

Und dann frage ich mich, ob diese Leute eigentlich irgendetwas über Deutschland wissen. Ob sie irgendetwas an Deutschland schätzen. Ob sie irgendetwas an Deutschland interessiert.

Ich denke nicht.

Denn wenn sie etwas über Deutschland wüssten, müssten sie die historische Chance nutzen und helfen, die Werte, denen sich dieses Land nach unvorstellbaren Verbrechen und großen Opfern verpflichtet hat, gemeinsam mit einem geeinten Europa zu verteidigen gegen religiösen und wirtschaftlichen Fanatismus.

Wenn sie etwas an Deutschland schätzen würden, wären sie stolz auf sein Grundgesetz und sie würden alles tun, um dessen erstem Artikel zu mehr Geltung zu verhelfen, jeden Tag in Wort und Tat und Gedanken: Die Würde des Menschen ist unantastbar.

Wenn sie sich wirklich für Deutschland interessieren würden, würden sie echte Lösungen vorschlagen für echte Probleme wie soziale Ungleichheit, Klimawandel oder Steuerbetrug, statt ein neoliberales Wirtschaftsprogramm hinter nationalen Rauchbomben zu verstecken.

Wenn sie sich die Mühe gemacht hätten, sich einmal gründlich zu beschäftigen mit diesem Land, mit seiner Geschichte, seiner Gegenwart und seiner Zukunft, würden sie wissen, dass deutsch sein heute vieles bedeutet, aber vor allem eins:

Niemals zu vergessen, wozu Menschen fähig sind, die sich für überlegen halten.

Aber ganz offenbar denken die neuen, selbst ernannten Verteidiger Deutschlands nicht so gerne nach, ehe sie sprechen. Sie schreien lieber gleich los. Sie meckern und jammern und heulen, wirres, zusammenhangloses Zeug, in einer Sprache ohne Maß, ohne Vernunft.

Ich verstehe nicht, was sie sagen oder warum.

Aber ich weiß eins: Es geht ihnen nicht um Deutschland.


Aus: "Es geht ihnen nicht um Deutschland" Heinz Helle (11. Oktober 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/freitext/2018/10/11/es-geht-ihnen-nicht-um-deutschland/

QuoteErikH   #33

Politisch Andersdenkende werden hier mal wieder herabgewürdigt. Ich sehe mein Land bedroht, durch grenzenlose und unkontrollierte Migration. Es gibt keine andere Partei, die dagegen etwas unternimmt. Deshalb stehe ich zur AfD.

Seit 2015 erlebe ich, wie selbst meine Kleinstadt plötzlich massiven Anstieg an Kriminalität hat und ich will, dass dagegen etwas getan wird. Ich empfinde es als peinlich, hier mit Nazivergleichen zu kommen. Genauso gut kann ich die Eroberung Konstantinopels als Gegenbeispiel anbringen oder die Belagerung Wiens, um die möglichen negativen Folgen für die Zukunft aufzuzeigen. Mache ich aber nicht, weil es sinnlos ist.

Sie werden keine Einheit finden, wenn sie die Wähler der AfD weiter in dieser Art herab würdigen. Sie werden lernen müssen, dass es auch andere politische Einstellungen gibt. Dass nicht jeder ,,Open Border" will und dass auch dies eine legitime Einstellung ist.

Im übrigen erzeugen solche moralinsauren Beiträge nichts als Ekel. Sie werden damit niemanden beeindrucken können, der die AfD wählt. Versuchen Sie es mal damit auf die Leute zuzuhegen und machen Sie Vorschläge, wie man die verschiedenen Standpunkte zusammen bringen kann.

Ich bin ein junger Mann und hatte 2015 das erste mal in meinem Leben Angst vor der Zukunft. Mein Vertrauen in den Staat wurde massiv zerstört. Und glauben Sie mir, mit Anschuldigungen, Nazivergleichen oder Beleidigungen, werden Sie mein Vertrauen nicht wieder gewinnen.


QuoteterrestrischeLebensform   #26

Die Aussicht ein Regime nach eigenen, kranken Vorstellungen zu errichten, die Aussicht auf Macht und Einfluss, die Aussicht es allen ungestraft heimzahlen zu können, die man schon immer hasste – das ist der Antrieb oder besser die Droge dieser Leute. Sie wollen nichts verstehen, schon gar nicht geschichtliche Zusammenhänge, es ist ihnen schlicht unnütz. Es geht ihnen nicht um die Menschen, ohnehin nur Mittel zum Zweck, es geht ihnen ausschließlich um sich selbst. Endlich sehen sie die Chance aus der Bedeutungslosigkeit zu treten, bejubelt zu werden, zu Herrschen und zu Richten. In bunten Farben malen sich sich aus wie es sein wird, wenn der Tag X hereinbricht, Wut und Hass legitimiert sein werden.


QuoteHansifritz    #10

Natürlich gehts nicht um Deutschland. Nachdem die Rechten aber keine Lösungen parat haben, suchen sie sich einen Sündenbock. Das ist aber nichts neues in der Politik, ob Arbeitslose, Superreiche oder SUV-Fahrer, oder Migranten. Die Ursache ist aber eine ganz andere: Die Unzufriedenheit mancher Menschen.



QuoteZerdenker    #4

,,All die Neuen Rechten, was wollen sie eigentlich verteidigen?"
... Was hier als Neue Rechte bezeichnet wird, sind einfach nur konservativ eingestellte Wähler, ein großer Teil über 50 und CDU/CSUler , welche sich nicht mehr repräsentiert fühlen und daher eine gesinnungsnahe Partei wählen, die einfache Lösungen für die derzeitigen Probleme verspricht.



Quotetitanicus   #3

>>Aber ich weiß eins: Es geht ihnen nicht um Deutschland.<<

Nein, um Deutschland geht es ihnen nicht. Die AfD-Parteigänger sind vielmehr die wahren Deutschlandhasser. Nationalisten, Faschisten und Militaristen, die sich allesamt für Patrioten hielten, waren es, die das Territorium des ersten deutschen Nationalstaates von circa 540 000 Quadratkilometern anno 1871 um ein Drittel auf die rund 357 000 Quadratkilometer von heute verkleinerten. Das in Deutschland stets vom Zertrampeln durch Militärstiefel bedrohte zarte Pflänzchen des freisinnigen Liberalismus (nicht zu verwechseln mit der FDP) und auch die demokratische Linke sind dafür nicht in Haftung zu nehmen.

Bleibt man im Jargon des AfD-Rechtsextremismus, sind die Deutschlandhasser also unter jenen zu finden, die ihr Vaterland angeblich abgöttisch lieben. Dass sie ihr Vaterland, und nicht nur dieses, in regelmäßigen Abständen in Schutt und Asche legten, weisen sie weit von sich. Schuld sind stets andere. Deutscher Nationalismus und Militarismus aber ruinierten zuverlässig das, was sie vorgaben zu achten: die Nation. Der Extremfall Nationalsozialismus ist unter zivilisierten Nationen beispiellos.

Die wahren Deutschlandhasser standen und stehen rechts. Das wusste schon der Zentrumspolitiker und Reichskanzler Joseph Wirth. Die Chauvinisten machen sich selbst letztlich – und paradoxerweise – nach vollendetem Zerstörungswerk immer zu ,,vaterlandslosen Gesellen". Niemals hinterlassen etwas anderes als Gräber und Ruinen.


QuoteHeikoausOffenbach   #17

Diese empathiebefreiten Menschen, kaltherzig, auf Revision der deutschen Geschichte bedacht, nicht über den eigenen Tellerrand schauend und somit lernunfähig, gab es schon immer.Sie trauen sich heute jedoch öffentlich, vor Jahren noch unsagbares zu sagen, und leider finden das mehr Leute gut, als Ich annahm. ...


QuoteKalkulator   #40

Darum geht's...

,,Gut jeder Vierte wünscht sich laut der Umfrage eine ,,starke Partei", die die ,,Volksgemeinschaft insgesamt verkörpert". Mehr als jeder Zehnte sehnt sich nach einem ,,Führer", der ,,Deutschland zum Wohle aller mit harter Hand regiert" und hält eine Diktatur für ,,die bessere Staatsform"."

https://www.welt.de/politik/deutschland/article10264372/Jeder-zehnte-Deutsche-sehnt-sich-nach-einem-Fuehrer.html

Über 10 Prozent Verfassungsfeinde, die die FDGO ablehnen, hassen und/oder bekämpfen.


QuoteOmnipotenz    #47

Natürlich gibt es genug Dumpfbacken die jetzt auf den Zug aufspringen, aber es gibt auch viele die den Zug gestartet haben, weil Toleranz und grenzenlose Solidarität auf Dauer keine Lösung sind.
Auf der Welt sind 800 Millionen Menschen auf der Flucht. Das wird bestimmt nicht weniger. Die können nicht alle nach Deutschland. ...


QuoteWestern gold rush   #66

Als AfD-Symphatisantin kann ich nur sagen, um was es mir im Zusammenhang mit Deutschland geht:
Deutschland hatte einen weltweit einmaligen Sozialstaat, ein tolles Schulsystem mit Bildungsfreiheit. Es war ein sehr sicheres Land.
Mit all diesen Errungenschaft geht es durch die Zuwanderung den Bach runter... – aber gewaltig.
Da die AfD die einzige Partei ist, die daran ansetzt, sympathisiere ich mit ihr.


QuoteFreundschafter   #68

Ein mitreißender Text, geschrieben von einem Kosmopoliten (München, New York) der im reichsten Land der Erde mit den rigidesten Zuwanderungs- und Asylgesetzen lebt. Keine Gefahr für die eigene Existenz! Solche Texte bedienen nur die eigene gutsituierte studierte Klientel, hilft aber in keiner Weise die Spaltung in Deutschland zu überwinden!


QuotedeDude   #69

,,Wenn sie sich die Mühe gemacht hätten, sich einmal gründlich zu beschäftigen mit diesem Land, mit seiner Geschichte, seiner Gegenwart und seiner Zukunft, würden sie wissen, dass deutsch sein heute vieles bedeutet, aber vor allem eins: Niemals zu vergessen, wozu Menschen fähig sind, die sich für überlegen halten."

Danke.


QuoteMischa Strogow   #74

Ein guter Text, der auf einige sonst gern unterschlagene Umstände aufmerksam macht: die schwarzgekleideten Hooligans in Chemnitz mögen ihren Hitler grüßen, die echten gefährlichen Nazis sind eben die in der Politik, den Behörden, bei Polizei und Armee. Denn Faschismus bedeutet vor allem Krieg und Zerstörung.

Und was soll man davon halten, wenn mal wieder die Rüstungsausgaben verdoppelt werden oder wenn die Bundesregierung kleinlaut erklärt, ihr lägen zwar keinerlei Hinweise auf eine Bedrohung des Baltikums und Polens durch Russland vor und trotzdem rotzfrech Heer und Luftwaffe dorthin verlegt.


QuoteSimonPhoenix   #91

,,Heinz Helle, geboren 1978, Studium der Philosophie in München und New York, Arbeit als Texter in Werbeagenturen, Absolvent des Schweizerischen Literaturinstituts in Biel, wohnhaft ebendort,.."

Nicht gerade jemand, der besonders mit Deutschland verwurzelt ist, bzw. der ,,das Schätzenswerte" dieses Landes in den von ihm benannten Personen, nicht erkannt haben will!
Oder irre ich mich da?


Quotekeine zensur   #111

es geht sicher vielen Rechten auch um die deutsche Kultur.
Und die lässt sich nun nicht einfach wegwischen.
Schiller,Goethe,Fichte,Schelling,Hölderlin sind nun mal deutsch und nicht afrikanisch oder asiatisch.
Und wenn sie sich wieder auf die deutschen Klassiker besinnen,dann finde ich das aller Ehren wert.
Der Tradition treu zu sein heisst,der Flamme treu zu sein,nicht der Asche.(Jean Jaurais) ...


QuoteBrunoFranz   #112

Wer Ihnen nicht zustimmt ist ein Gegner unserer Verfassung und ein Feind dessen, was Deutschlands Identität ausmacht. Dies als " Vogelschiss" zu bezeichnen ist selbsterklärend. Ich glaube man kann nicht Deutschland als Land, sondern nur die Menschen, die in diesem Land leben, lieben. Wer sagt, dass er Deutschland liebt muss alle Menschen dieses Landes lieben, ohne Ausnahme. Auch die 25% mit Migrationshintergrund. ...


Quoteeilbekermicha   #118

Egoismus ist das Stichwort. Die Rechten wollen, dass ihr Horizont, der oft sehr begrenzt scheint, zum Maßstab erhoben wird. Es geht darum, Recht zu haben mit der eigenen Sicht auf die Gesellschaft.
Die Unzufriedenheit wird genährt von der zunehmenden materiellen Ungerechtigkeit, der Schere zwischen Arm und Reich, in Deutschland und auch weltweit. Die Ortung der eigenen Position in der Gesellschaft wird immer schwieriger, da die bisher bekannten Strukturen und Klassen verschwimmen.
Diese neue Kompromisslosigkeit wird zu einem guten Teil genährt durch das Internet, namentlich der Kommunikation in Filterblasen. Der Umgang mit Meinungen, die von der eigenen abweichen, wird in diesen Räumen verlernt.


...

Textaris(txt*bot)

#333
Quote[...] jene, die noch einige Jahre zuvor eine virale Gegenkultur euphorisch prognostiziert hatten, verstummten plötzlich. Denn diese neue Bewegung ließ den Frosch Pepe in Witzbildchen bevorzugt spotten über "ungefickte Feministinnen mit behaarten Beinen" und "pädophile Mexikaner". Gleichzeitig beschworen diese Netzkämpfer Donald Trump als neuen Messias. Wer sich auf die verwinkelten Unterseiten von Reddit begibt, kann ihre Fantasien mitlesen, welcher Feministin dringend mal welches Werkzeug in welche Körperöffnungen gezwängt gehöre.

Früher rebellierten die Punks, die Situationisten, die 68er gegen die Regeln der Mächtigen, der Spießer. Doch was ist, wenn die Regeln nun von Linksliberalen gemacht werden? Sind dann Vergewaltigungswitze der neue Punk?

Die 34-jährige Autorin Angela Nagle geht dieser Frage nach in ihrem Buch Die digitale Gegenrevolution, das letztes Jahr in den USA für Furore sorgte und nun auf Deutsch erscheint. Nagle, die als Autorin der marxistischen Hipster-Zeitschrift Jacobin bekannt wurde, ist sich sicher: Der Erfolg von Trump wurzelt in ebenjener neuen, dynamischen Internet-Subkultur, in der sich Nerds und organisierte Rechte der Alt-Right-Bewegung zusammengefunden haben – zusammengeschweißt durch die Ablehnung eines angeblich linksliberalen Mainstreams.

Diesem Mainstream will auch Nagle auf den 145 Seiten ihres kurzweiligen Büchleins ans Leder. Dem linksliberale Lager um Hillary Clinton wirft sie vor, durch eine Amour fou mit dem Neoliberalismus die universelle Idee der Emanzipation verraten zu haben. In Tumblr-Blogs und Sonntagsreden predige man eine selbstgerechte Identitätspolitik, in der noch jede bis ins Kleinste parzellierte Minderheit zu ihrem Ausdruck komme. Aber eben nicht: zu ihrem Recht. McDonald's etwa drucke am Weltfrauentag sein Logo, das goldene M, verkehrt herum auf seine Colabecher, weil das W für woman steht – aber, so fragt Nagle, wieso tut ihr Liberalen nichts gegen den Hungerlohn der Burgerbraterin?

Stattdessen vergrätze man andere lieber und trete auf als "sauertöpfische Identitäre", die, "getrieben von der Sehnsucht eines Priesters, zu exkommunizieren", jeden diffamierten, der in Diskussionen ein falsches, politisch nicht opportunes Wort benutze – womit man "massenhaft" Menschen in die Arme der Rechten scheuche.

Nachdem die alten Konservativen durch ihre moralinsaure Verbotspolitik in vergangenen Kulturkämpfen als träge Besitzstandswahrer diskreditiert seien, habe die neue Rechte ihre Taktik geändert und die ursprünglich linke Idee einer subversiven Gegenkultur gekapert: "Erst die auf Satire-Bildern beruhende Kultur mit ihrer Grenzüberschreitung und ihren Hacker-Taktiken verlieh der Alt-Right ihre jugendliche Energie."

Nagle zeichnet ausführlich Genese und Entwicklung dieser virtuellen Schattenwelten nach. Teilweise jagt sie dabei den Details mit einer Akribie nach, die an Obsession erinnert, und doch lohnt sich die Lektüre. Denn so unermesslich der Einfluss der rechten Online-Subkultur auf die US-amerikanische Politik, so unbekannt ist sie für all jene, die sich nicht stundenlang auf Internetseiten rumtreiben, die sich lesen wie die Wand einer Schultoilette.

Und jetzt, wo die Neue Rechte im Weißen Haus sitzt, verliert sie da nicht ihren Nimbus als tapferer David, der sich unerschrocken mit den Mächtigen anlegt? Nagle glaubt: Ja, das Bündnis aus Reddit-Trollen, Stahlarbeitern und konservativen Republikanern wird zerbrechen. In Umfragen betont mittlerweile die Mehrheit der jungen Amerikaner, der sogenannten Millennials (auch so eine identitätspolitische Kategorie), dass sie Sozialismus für eine gute Sache halten. Landesweit bringen linke Jungpolitiker aus dem Umfeld von Bernie Sanders die als "neoliberal" geschmähte Führung der Demokratischen Partei in Bedrängnis.

Folgt man Nagle, ist die Steppe also staubtrocken, und für den Flächenbrand bedarf es nur noch eines Funkens. Doch, und das will man ihr entgegnen: Wenn die USA unter Trump für eines als Beispiel dienen, dann dafür, dass Vorhersagen und Wahrscheinlichkeiten keine harte Währung mehr sind, mit der sich krisensicher investieren lässt.

Angela Nagle: Die digitale Gegenrevolution. Online-Kulturkämpfe der Neuen Rechten von 4chan und Tumblr bis zur Alt-Right und Trump. A. d. Engl. v. D. Niehaus; transcript Verlag, Bielefeld 2018; 148 S


Aus: "Ist Sexismus der neue Punk?"  Eine Rezension von Martin Eimermacher (3. Oktober 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/2018/41/digitale-gegenrevolution-angela-nagle-sexismus-kulturkaempfe

Quotedaxer #1

Wenn dieses Buch sich tatsächlich wie in dieser Rezension dargestellt auf die Durchforstung von 4chan oder bestimmten Reddit-Foren beschränkt, dann ist die Analyse für deutsche Verhältnisse relativ wertlos. Das sind die extremen hard-core Ränder eines weltweiten sozialen Phänomens, die aber nach meinem Eindruck nur die häßliche Spitze eines Eisbergs sind. Darunter liegt ein bis weit in die Mitte der Gesellschaft reichender Eindruck, daß "die Linke" (was immer das genau ist) mit ihrer Identitätspolitik erheblich zur Spaltung der Gesellschaft und zum Erstarken der Extreme beigetragen hat.

Ferner habe ich starke Zweifel, ob eine Analyse, die sich so stark auf Nordamerika bezieht, irgendwelche Erkenntnisse für D. liefert. Dieses Buch bezieht sich sowohl bei den politischen Bewegungen wie den alt right wie auch bei den Internetauftritten, die stark von dort dominiert werden, offenbar fast nur auf Nordamerika. Man kann sich gerne für die USA interessieren, aber wir haben hier in D. vollkommen andere Verhältnisse.


Quote
White_Chocobo #1.10

Was bitte ist 'die Linke' mit 'ihrer Identitätspolitik'? Es gibt sowohl Links wie Rechts 'Identitätspolitik' und die ist sicherlich kein 'linkes' Markenzeichen. Vielmehr sehe ich in Teilen der Linke eher den Versuch, sich gegen starre Identitätskonstruktionen und -zuschreibungen zu positionieren, während die neue Rechte mit bspw. der Identitären Bewegung ganz klar auf eine rassistisch-völkische Identität setzt.

Etliche soziologische Studien zeigen aber dennoch, dass das asymmetrische Geschlechterverhältnis auch dann noch erhalten bleibt, wenn wir bspw. das Beispiel von McDonalds ansehen. Auch dort stehen häufig Männer über Frauen. Bei Reinigungsunternehmen sind es i.d.R. die Männer, die entsprechende Trupps leiten, während Frauen putzen und die Mülleimer leeren. Strukturen wiederholen sich, nur eben in kleinerem Maßstab.

Sicher bin ich auch dafür, dass man negative Entwicklungen auch für Männer in den Blick nimmt, aber sowohl weltweit als auch lokal sind es nach wie vor in aller Regel nicht Männer, die auf der Seite der Verlierer stehen, wenngleich es natürlich auch solche gibt. Insofern sollte man dies definitiv im Blick haben, bevor man entsprechende Probleme versucht damit zu relativieren, dass ja 'auch' Männer betroffen sind - oder wird das Problem erst für Sie relevant WENN Männer betroffen sind? Ich hoffe nicht.


QuoteDanke für dieses Geräusch #1.14

"Es gibt sowohl Links wie Rechts 'Identitätspolitik' und die ist sicherlich kein 'linkes' Markenzeichen."
Die rechte Identitätspolitik ist völkisch-ethnisch und ziemlich offensichtlich Käse.
Hongkong z.B. hat über 40% Ausländeranteil, darunter ein zweistelliger Anteil Muslime. Und diese Mischung bringt keine Probleme. Die Probleme stammen aus Sozialisierungen, nicht Ethnien.
Die linke Identitätspolitik betrifft Gruppenidentitäten (Schwule, Frauen, People of Color usw.) und deren gemutmaßte relative Unterdrückung. Was bei den Linken früher Klassenunterschiede waren, sind heute solche Gruppenidentitäten.
Dass diese Betrachtungsweise Teil des Mainstreams ist, kann man sich an ganz einfachen Beispiel veranschaulichen. Wichtig ist demnach nicht, was jemand sagt, sondern wer es sagt. Wenn z.B. ein Mann einen kritischen Artikel über den Feminismus schreibt, hat es ganz andere Folgen als wenn eine Frau den identischen Artikel verfasst.
Diese Art zu denken ist also bereits Mainstream.
Die Probleme, die damit einhergehen, sind aber weniger offensichtlich als im Fall der rechten Identitätspolitik.


Quotebabasikander #16.1

Ich erinnere mich an die Sparkassenwerbung mit den Hippie-Eltern, die vor einigen Jahren lief. Der Revolutionär war der Spießersohn im Anzug.
Das Pendel. Es schwingt hin. Und her...


QuoteGraf Porno von Geilenkirchen #17

Normies raus!


QuotePausenbrot #18

Natürlich sind die Linksgrünversifften heute die arrivierten Spießer, die die Macht besitzen. Nur dass die Punks heute nicht mehr so wie Sid Vicious ein Hakenkreuz-T-Shirt tragen...


QuoteSpätzleundSauerbraten #21

Guten Morgen liebe Gemeinde. Ich poste heute zum ersten mal. Love & Peace.

Ich finde, dass dieser Artikel sehr wichtig ist und fast schon zu spät kommt. Die meisten Schreiber im Kommentarbereich sind halt schon recht alt (Ü40) und verstehen die Vernetzungen der jungen Konservativen nicht. Wie auch, wenn man dem gedrucken Medium aus Altersgründern noch näher steht als dem "Neuland."

Für viele hier ist der klassische Nationalkonservative oder auch der Rechte, der grölende Schlapphut mit Deutschlandflagge past 50y, also der klassische besorgte Bürger. Das ist aber schon lange nicht mehr so. Im digitalen Underground wächst eine sehr große Gemeinschaft heran die sehr stark ist. Hauptsächlich wächst die neue Generation-Z zu konservativ, patriotischen Jugendlichen heran.

Sie rufen sich als Erkennungszeichen "Reeee" zu, singen die Punkversion von "Shadilay" und setzen mit Aktionen über 4chan sogar Prominente unter Druck. Beispiel Shia LaBeouf mit seinem #HWNDU wurde so unter Druck gesetzt, dass er fast verzweifelte und sich in Behandlung geben musste. Die Jugendlichen um die 17-22y alt, College Degree, kopieren Aktionen der Linken und setzten sie gekonnt ein. Sie sehen auch so aus. ...
Und nein, dies ist nicht nur auf die USA beschränkt, auch hierzulande vernetzen sich diese Jugendlichen untereinander. Der Haschtag #wirsindmehr, kann man eigentlich so nicht mehr stehen lassen. Diese Ignoranz ist gefährlich.


QuoteKognitiveDissonanz #23

"Im Internet haben die Rechten die alten linken Formen des Widerstands gekapert. Ihre Provokationen halfen Trump ins Amt."

Können wir uns darauf einigen, daß es die amerikanischen Wähler waren, die Trump ins Amt geholfen haben?


QuoteNantiane #30

Mich ekeln rechte Trolle an aber ich sehne mich auch nicht danach durch linke Manipulationen (Vogelsterben, Glyphosat, Ökobilanz von E-Autos, Migration der "Fachkräfte" usw) ganz sanft in Richtung glorreiche sozialistisch-marxistische Zukunft geschubst zu werden.
Die Autorin des Buches hat es schon richtig erkannt. Die Rechten haben die Werkzeuge der Manipulation von den Linken übernommen und solange man für die bessere Sache Statistiken frisiert und Stimmung macht gegen alle wissenschaftlichen Erkenntnisse ist es ja ok. Oder?


QuoteBalduin-das-Schloß #31

Marxistische Hipsters gegen Alt-Right Tricksters ...

...

Textaris(txt*bot)

#334
Quote[...] Polen hat als einziges EU-Land die sogenannten Schlussfolgerungen zur EU-Grundrechtecharta blockiert. Die polnische Regierung argumentierte, dass sie eine Diskriminierung von Christen und Juden in die gemeinsame Grundrechte-Erklärung aufnehmen wolle, statt nur allgemein von religiösen Gruppen zu sprechen.

Dafür aber fand Polen keine Mehrheit im Kreise der EU-Justizminister - und entschloss sich, im Alleingang das ganze Dokument zu blockieren. Denn für die sogenannten Schlussfolgerungen der EU-Grundrechtecharta braucht es Einstimmigkeit. EU-Diplomaten sprachen von einem präzedenzlosen Vorgang.

In einer noch am Abend verbreiteten Erklärung verwies das zuständige polnische Justizministerium auf religiös motivierte Attentate wie auf dem Berliner Weihnachtsmarkt oder die Ermordung eines Priesters in der Normandie. In der Erklärung ist aber auch von Übergriffen auf gläubige Polen im Westen die Rede und von Spott und Hetze, der praktizierende Christen ausgesetzt seien.

Vizejustizminister Lukas Piebiak bedauerte gegenüber polnischen Medien, dass vor allem westeuropäische Staaten nicht bereit gewesen seien, Diskriminierung von Christen auf eine Stufe mit der von Schwulen oder Lesben zu stellen. Menschen würden ermordet, weil sie Christen seien. Ein Dokument, dass das nicht widerspiegle, sei nicht wert, unterzeichnet zu werden, so der Minister.

Im Kommuniqué seines Ministeriums hieß es außerdem, Polen habe sein Veto im Geiste grundlegender Rechte ausgesprochen, die alle seine Bürger gleichermaßen genössen. Die Wahrung bürgerlicher Freiheiten und Rechte habe in Polen eine lange Tradition, betont das Ministerium, die weit über Verordnungen hinausginge: Schon im 16. Jahrhundert sei Polen das gelobte Land für im Westen verfolgte Juden gewesen. Frauen hätte wählen dürfen, lange bevor dies in Frankreich der Fall gewesen sei. Und während in Deutschland Homosexuelle noch bis in die 1960er-Jahre hinein strafrechtlich verfolgt wurden, hätte ihnen das in Polen nicht gedroht.

Tatsächlich werfen derzeit EU-Kommission und einige westliche EU-Staaten der aktuellen polnischen Regierung vor, gegen EU-Grundwerte zu verstoßen, etwa durch den umstrittenen Umbau der Justiz. Gleichgeschlechtliche Partnerschaften erkennt Polen bislang nicht an.

Allerdings veröffentlichte das Oberverwaltungsgericht in Warschau gestern ein in dieser Frage möglicherweise wegweisenden Urteil: Es verpflichtet eine polnische Behörde, das Kind eines in England lebenden lesbischen Paares auch in Polen anzuerkennen.

Im ostpolnischen Lublin hob zudem ein Berufungsgericht das Verbot einer sogenannten Gleichheitsparade dauf. Der Lubliner Stadtpräsident hatte die sogenannte LGBT-Parade wie auch eine Gegenveranstaltung untersagen wollen und dabei Sicherheitsgründe genannt. Der Lubliner Bürgermeister gehört indes gar nicht zur nationalkonservativen PIS, sondern zur oppositionellen "Bürgerplattform".


Aus: "Deshalb blockiert Polen" Jan Pallokat, ARD-Studio Warschau (12.10.2018)
Quelle: https://www.tagesschau.de/ausland/eu-polen-eklat-103.html

Quote
Am 12. Oktober 2018 um 13:56 von frosthorn
interessante Argumentation

Man möchte also die Rechte von Christen und Juden auf die selbe Stufe stellen wie die von Schwulen und Lesben. Klingt ja erst mal ganz gut, jedenfalls, wenn man nichts dabei findet, Äpfeln mit Birnen zu vergleichen. Gleichzeitig will man aber andere Religionen von dieser Gleichstellung ausnehmen? Und zwar deshalb, weil Nicht-Christen Blutbäder veranstaltet haben (wie alle anderen auch)? Sollten dann nicht die Christen sowie die Europäer und vor allem die Arier ebenfalls ausgenommen werden wegen eines Anders Brejvik?
Es ist ein Glück für die Polen, dass eine Verweigerungshaltung nicht mit Vernuft begründet werden muss, sondern dass man sich irgendeinen Schwachsinn als Rechtfertigung einfallen lassen kann.


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Am 12. Oktober 2018 um 14:00 von to be stupid - first
Nach dieer Argumentationsweise

müßten nach den poln. Vertretern die Muslime, und natürlich alle anderen, außer der christlichen Religion, aus dieser Schlußfolgerung ausgeschlossen werden. Wie ist das dann mit Christen, denen ja schon nach ihrem Glauben verboten ist, zu töten, die in andere Länder, wie z. B. den Irak, Afghanistan, Lybien, und wenn man die Dronenangriffe dazu nimmt, werden es noch mehr Staaten, in denen die Mehrheit muslimisch geprägt ist, fliegen, und dort Menschen muslimischen Glaubens töten? Werden dann für alle die Grundrechte abgeschafft, so, wie es die PIS in Polen, oder Orban in Ungarn, macht.


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Am 12. Oktober 2018 um 15:18 von dermulla
Hm, Polen will also

Hm, Polen will also ausdrücklich, daß auch Juden und Christen in der Erklärung erwähnt werden. Was ist denn dann mit anderen Religionen? Buddhisten, Hindus, Muslime, Pagane, Satanisten, Gläubige des Spagghettimonsters? Und vor allem die wohl größte Minderheit Europas, die Atheisten? Schließlich werden die ja auch (zumindest in Deutschland) diskriminiert durch Kirchensteuer bei Alg oder Tanzverbot an Karfreitag.
Da Religionsfreiheit bereits Bestandteil der Grundrechtecharta ist besteht keine Notwendigkeit der Erwähnung von einzelnen Gruppen.
Falls es zu Benachteiligungen bestimmter Gruppen kommt, steht jedem Betroffenen der Gang nach Strasbourg offen.


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Am 12. Oktober 2018 um 15:00 von Dieter Schmidthuber

Die Macht der katholischen Kirche in Polen.


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Quote[...] ,,Ein Frauenarzt ist kein Zahnarzt, du musst nicht regelmäßig hingehen." - ,,Das beste Mittel für die Verhütung ist dein Kalender." - ,,Wenn du einen Minirock anziehst, ist es deine Schuld, wenn du belästigt wirst." Sätze wie diese lesen polnische Schüler in ihren Schulbüchern, wenn Sexualerziehung auf dem Lehrplan steht. Dabei ist Sexualerziehung eigentlich der falsche Begriff. Das Fach heißt stattdessen ,,Vorbereitung auf das Familienleben". Oft unterrichten Priester oder Nonnen. Nun bekommen sie Konkurrenz: Das Topmodel Anja Rubik will mit ihrem neuen Buch die Aufklärung in Polen revolutionieren. Ihr Ziel ist, Sex als Thema in der streng katholischen Gesellschaft zu enttabuisieren.

Dabei soll Rubik ihre Prominenz helfen. Sie zählt zu den bekanntesten Models der Welt und stand schon für Yves Saint-Laurent, Chanel und Victoria's Secret auf dem Laufsteg. Die 33-Jährige war außerdem Gastjurorin der polnischen Version von ,,Germany's Next Topmodel", auf Instagram folgen ihr mehr als eine Million Menschen.

Wenn sie nicht vor der Kamera steht, setzt sich Rubik für Frauenrechte ein. Als die rechtskonservative Regierungspartei PiS im Jahr 2016 verkündet, das ohnehin schon sehr restriktive Abtreibungsgesetz noch weiter zu verschärfen, demonstriert Rubik mit tausenden Polinnen dagegen und hält Reden bei den Protesten. Nebenbei liest sie wissenschaftliche Studien zum Thema Abtreibung und vergleicht Polen mit anderen europäischen Ländern. Sie findet heraus, dass in Ländern, in denen Abtreibung legal ist, die Sexualerziehung viel gründlicher ist. Dort gebe es auch geringere Abtreibungszahlen.

Rubik versucht, sich an ihre eigene Aufklärung zu erinnern. Nur: Es gab keine. ,,Ich selbst hatte nie Sexualunterricht in der Schule und obwohl meine Eltern Ärzte und sehr offen und tolerant sind, haben wir zu Hause nie über Sex gesprochen", erzählt Rubik. ,,Das Problem in Polen ist, dass die Eltern auch keine Sexualerziehung hatten und nicht wissen, wie sie eine solche Konversation mit ihren Kindern beginnen sollen. Und um ehrlich zu sein: Sie haben wahrscheinlich auch keine Ahnung." Rubik untersucht, ob sich mittlerweile etwas geändert hat, liest in Schulbüchern, spricht mit Psychologen und Lehrern. Doch alles sei noch wie früher. ,,Ich war geschockt!", sagt sie. So werde zum Beispiel Homosexualität noch immer als Krankheit dargestellt.

Dass die Informationen aus den polnischen Schulbüchern problematisch sind, bestätigt auch eine Studie der Wissenschaftlerin Maria Wozniak, die an der Universität Warschau zum Thema Sexualerziehung promoviert hat. Die Schulbücher, die das polnische Bildungsministerium den Lehrern empfiehlt, sind wissenschaftlich nicht auf dem aktuellen Stand, schreibt Wozniak. Außerdem würden vor allem natürliche Verhütungsmethoden vorgestellt. Gesundheitsvorsorge sei nur ein marginalisiertes Randthema.

Rubik beschließt, etwas zu tun. Ihr hören die Menschen in Polen zu, vor allem junge Frauen. Ende 2017 startet sie eine kleine Kampagne und veröffentlicht Videos, in denen Freunde von ihr eine Minute lang über Sex reden. ,,So wollte ich Sex überhaupt einmal in der Gesellschaft thematisieren", sagt sie. Die Videos werden ein Erfolg und erreichen mehr als zehn Millionen Klicks.

Viele Jugendliche melden sich bei Rubik: ,,Ich bekam Briefe von Menschen aus allen Altersstufen, vor allem von Teenagern, die mir sagten, wie diese Kampagne ihr Leben beeinflusst hat, dass sie mit ihren Eltern vor dem Bildschirm saßen, die Videos geguckt haben und nun über Sex sprechen können." Angetrieben von den positiven Rückmeldungen und dem Ärger über die Bildungspolitik der Regierung macht das Model weiter. Sie will eine Alternative zu den polnischen Schulbüchern. Ihre Idee: Ein eigenes Aufklärungsbuch.

Zusammen mit einer Psychologin reist sie durch Polen und führt Interviews mit verschiedenen Experten, Virologen, Sexualwissenschaftlern und Gynäkologen. Rubik überarbeitet die Texte in Zusammenarbeit mit Jugendlichen. ,,Mir war wichtig, dass es in einer einfachen Sprache geschrieben und interessant für Teenager ist", erklärt Rubik. Dabei richte sich ihr Buch ,,#sexedpl" gar nicht nur an Jugendliche: ,,Es ist ein Buch für jeden. Die Leute denken, sie wissen über Sex Bescheid, nur weil sie Sex haben. Das ist aber nicht wahr. Allein während der acht Monate, in denen ich das Buch gemacht habe, habe ich so viel gelernt, über mich, über Sexualität und über andere Menschen."

Ihr Modelberuf hat mit ihrem Engagement nichts zu tun, sagt Rubik, ,,denn Sexualerziehung geht alle etwas an, egal ob du ein Model, eine Anwältin oder eine Journalistin bist". Doch das Buch gefällt erwartungsgemäß nicht allen: Vor allem vom sehr katholischen Teil der Gesellschaft wird sie attackiert, berichtet Rubik. ,,Sie haben das Buch noch nicht mal gesehen und sagen, ich würde Kinder sexualisieren. Das ist absurd."

Sie fand einen Verlag, der das Buch für umgerechnet fünf Euro als Non-Profit-Projekt herausgibt. Es soll für Jugendliche bezahlbar sein. Ihre Suche nach Sponsoren für die Videokampagne und das Buch verlief aber erfolglos. ,,Sexualerziehung ist in Polen ein sehr politisches Thema. Jeder hat Angst, sich zu äußern", sagt Rubik.

Deshalb plant sie schon die nächsten Schritte. Im Dezember will Rubik einen Song veröffentlichen und für das nächste Jahr plant sie, mit einem Bus durch Polen zu fahren und Workshops für Jugendliche anzubieten. Sie träumt davon, eine große Bewegung zu starten: ,,Ich will, dass Sex kein Tabu mehr ist. Und wenn ich mir etwas vornehme, dann ziehe ich das auch durch."




Aus: "Ein Topmodel will Polen aufklären" (14.10.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/sexualerziehung-ein-topmodel-will-polen-aufklaeren/23185216.html

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Quote[...]  Auf besonders ... grenzgängerische Art und Weise versuchen "Die Blitzmädchen" seit ein paar Monaten in sozialen Medien die Rolle der Frau in der Wehrmacht im Nazischick als schöne, heile und perfekte Welt nachzuzeichnen. Mit ihrem bewussten Spiel an der Grenze zur NS-Verherrlichung erreichen sie tausende "Fans".

"Da ich mich schon seit einiger Zeit mit dem Zweiten Weltkrieg beschäftige und mich insbesondere auch für die Aufgaben der deutschen Frau in dieser Zeit interessiere, habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, diese so authentisch wie möglich darzustellen", stellt sich etwa Margarete aus dem Norden Deutschlands auf der Facebook-Seite vor.

Als "Reenactmentgruppe" bezeichnen sich die drei jungen deutschen Frauen, die für ihren Onlineauftritt Nachrichtenhelferinnen des deutschen Heeres darstellen und für ihr hauptsächlich männliches Publikum posieren. Das englische Wort reenactment bezeichnet dabei die Neuinszenierung konkreter geschichtlicher Ereignisse in möglichst authentischer Weise. Vor allem in den USA erfreuen sich etwa Wiederaufführungen von Bürgerkriegsschlachten großer Beliebtheit.

Von einer "möglichst authentischen" Darstellung der Rolle der Frau in der deutschen Wehrmacht sind "Die Blitzmädchen" jedoch weit entfernt. Viel eher verherrlichen und romantisieren sie die Rolle zahlreicher zwangsrekrutierter, aber auch freiwillig zum Dienst gemeldeter Frauen während des Zweiten Weltkrieges. Rund 500.000 Wehrmachthelferinnen waren ab 1939 als Nachrichten-, Stabs-, Flak- und Luftwaffenhelferinnen aktiv. Aufgrund des Blitzabzeichens in Runenoptik wurden die Frauen meist abschätzig "Blitzmädchen" genannt. Mindestens 20.000 von ihnen sollen laut Schätzungen in Kriegsgefangenschaft oder durch Tieffliegerangriffe, Bombardments und Partisanenüberfälle gestorben sein.

Das treibende Argument hinter der Rekrutierung der Frauen, so wurde es ihnen zumindest beigebracht, war stets, "Männer für die Front freizumachen", schreibt die deutsche Historikerin Rosemarie Killius. Dass seitens der jungen Mädchen nun die Rolle der Wehrmachthelferin schöngeredet wird und die grausamen Verbrechen der diktatorischen Naziherrschaft sowie der Holocaust keinerlei Erwähnung in den Postings der "Blitzmädchen" finden, empfindet Killius im STANDARD-Gespräch als "oberflächlich und dumm", wenn man sich die Reaktionen in den sozialen Medien darauf anschaue, sogar als "gefährlich". Killius, die im Rahmen eines Buchprojektes einst selbst zahlreiche Wehrdiensthelferinnen interviewt hat, stören dabei weniger die "faktischen Ungenauigkeiten", sondern vor allem die Schönfärbung einer grausamen Zeit der deutschen Geschichte.

"Für die meisten Frauen im Dienste der Wehrmacht war es eine grausame Zeit", sagt Killius. Rund ein Drittel der Frauen habe sich damals freiwillig zum Dienst gemeldet, vor allem, weil man ihnen einen Auslandseinsatz in Paris versprach und zu Hause oft ein weit tristerer Arbeitsalltag drohte. Es wurde letztendlich meist ein körperlich und seelisch äußerst anstrengender Posten im Osten Europas, wo vor allem beim Rückzug nach der absehbaren Niederlage Nazideutschlands viele der Frauen in Gefangenschaft gerieten oder starben. In den Jahren nach dem Krieg wurde die Rolle der Wehrmachthelferin kaum thematisiert. In Killius' Buch sprachen erstmals einige einerseits vom Stolz, ihren Dienst für das Vaterland geleistet zu haben, aber auch von der großen Kameradschaft unter den Frauen. Mit zunehmendem Alter habe sie aber zusehends die Scham ergriffen, einem verbrecherischen Regime gedient und zu wenig zu dessen Unterdrückung unternommen zu haben. Dass nun junge Mädchen für ein wenig Aufmerksamkeit diese Zeit verherrlichen, empört auch eine 98-jährige ehemalige Wehrmachthelferin gewaltig, wie diese dem STANDARD bestätigt.

"Die Blitzmädchen" jedoch zeigen weder Scham noch Verständnis für die Gräueltaten der Nazis. Zwar streiten sie diese nicht offen ab und verleugnen sie auch nicht, auch zeigen sie keinerlei verbotene Zeichen wie etwa die doppelte Siegrune der SS oder das Hakenkreuz, dennoch spielen sie ganz bewusst mit jener Optik und lassen alle Grausamkeiten der Nationalsozialisten bei ihren Bildern einfach außen vor. Zudem erklären sie unwissenden ausländischen Website-Besuchern gerne einmal im freundlichen Ton, dass aufgrund des Verbotsgesetzes viele Abzeichen nun einmal nicht hergezeigt werden dürften. STANDARD-Anfragen wollte man nicht beantworten, es bestehe "kein Interesse", hieß es. Neben dem einschlägigen Publikum mit teils rassistischen, sexistischen und hetzerischen privaten Profilen, das auch auf zahlreichen ähnlichen Plattformen fleißig kommentiert, fällt bei der Durchschau der öffentlichen Social-Media-Profile der "Blitzmädchen" vor allem die Besinnung auf deutsche Werte und deutsche Dichter auf. Dort finden sich neben äußerst streitbaren Persönlichkeiten mit antisemitischen Tendenzen wie Ernst Moritz Arndt auch immer wieder Gedichte von Johann Wolfgang Goethe. Auch die zahlreichen angeblichen Freizeitaktivitäten (Kerzen gießen, in der "Wehrmacht"-Zeitung über das Weltgeschehen informieren, Frühlingsspaziergänge) sind laut Historikerin Killius reine Schönfärberei einer verbrecherischen Zeit. (Fabian Sommavilla, 15.10.2018)


Aus: ""Die Blitzmädchen": Auf Like-Suche im Nazischick" Fabian Sommavilla (15. Oktober 2018)
Quelle: https://derstandard.at/2000088908198/Die-Blitzmaedchen-Auf-Like-Suche-im-Nazi-Schick

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peter schmidt

... das erinnert mich an gerhard polt "im biergarten" "dann sitz ich da und denke an was schönes zum beispiel die schlacht von verdun!"


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Jerry Fletcher

wer nichts weiß und wer nichts kann, schnappt sich einen nazi mann!


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Kernel Decker

Diese "tollen" Blusen und Röcke gibts sicher bald bei "Heimatmode" zu kaufen.
Made in Bangladesh ....


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T-m-s-i-d-R-Schnapper

Der Daseinszweck von Reenactment und Living History ist es Bestandteil der Geschichtsvermittlung zu sein um ein möglichst umfassendes Geschichtsbild zu vermitteln. Sich an Uniformen aufzugeilen ist keine Wissensvermittlungsmethode, das als Reenactment zu titulieren eine Lüge.


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el campesino

dem kickl wird's gefallen.


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Sehr geehrte Herrinnen und Damische! Mit großer ...

N(S)ostalgie nach 50 shades of brown
Diesmal: Fashion-Tipps aus den 1930er bis Mitte der 1940er, für die "deutsche Frau", die ihr "Deutschtum" aber sowas von eindeutig zeigen will (ohne verbotene Zeichen)


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B. Enzo di Azepin

Die Rolle der Frauen während des NS
Zunächst haushaltschupfende Gebährkuh. Traditionelles Familienbild. Als die Männer an der Front wegstarben dann Frau für Arbeit gut genug und die Frau als Schlüssel zum Endsieg stilisiert Diesen Werdegang dokumentieren auch gut Plakate von damals.


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Mathias Steinlaus

STANDARD-Anfragen wollte man nicht beantworten, es bestehe "kein Interesse", hieß es.
Wen überrascht das auch? In den Kreisen wird der Standard sicher als "linkes Propagandamaterial" angesehen ... der Falter dürfte da wohl auch Probleme haben, oder die Süddeutsche, NZZ, FAZ usw...


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TheBirdOfHermes

Es gibt native weibliche Österreicher die FREIWILLIG zum Islam konvertierten und dann mit Burka rumlaufen.
Aber mit Vollschutz und Handschuhen und wenn sie dann telefonieren, hören sie sich wie Steirer & Co an (Mundart bis zum geht nicht mehr).
Wie sehen solche Frauen ihren "Stellenwert"?


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Blunschli

whataboutism


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Quote[...] Schon an den ersten drei Tagen haben in Polen 935.357 Menschen den Kinofilm "Kleriker" (polnisch: Kler) gesehen. Ein Zuschauerrekord. Kein anderer Film lockte in den vergangenen 30 Jahren so viele Polen ins Kino. Die fiktive Handlung dreht sich um drei befreundete katholische Priester. Einer misshandelt Kinder sexuell; ein anderer führt eine Liebesbeziehung zu einer Frau. Hinzu kommt ein im Luxus lebender Bischof, der eng mit der Regierungspartei verbunden ist und Einfluss auf die große Politik nimmt.

Der Skandalfilm könne zu einem der größten Publikumserfolge der polnischen Kinogeschichte werden, schreibt die Warschauer Zeitung "Rzeczpospolita" (Dienstag). "Klerus" sei keine romantische Komödie, sondern ein "ernster und schmerzhafter Film über die polnische Wirklichkeit, die bereits ein wesentliches Phänomen der Gesellschaft geworden ist", so das liberal-konservative Blatt.

Der regierungsnahe Online-Dienst "wPolityce.pl" protestierte dagegen. Der Film erinnere "viele Beobachter an die Propaganda der Nazis gegen die Juden". Denn er hetze gegen eine ganze Bevölkerungsgruppe: die Geistlichen. Er sei der "Beweis für eine Verrohung eines Teils des kulturellen Milieus sowie für den barbarischen Hass eines Teils des medialen Establishments".

Der bekannte Regisseur Wojtek Smarzowski (55) gewann mit dem Film bereits den Publikumspreis beim landesweit wichtigsten Filmfestival in der Ostseestadt Gdynia (Gdingen). Wie angespannt die Stimmung ist, zeigte der staatliche Sender TVP Kultura. Er zensierte die zeitlich verzögerte Übertragung der Preisverleihung an Smarzowski, weil dieser in seiner Ansprache über den TVP-Intendanten Jacek Kurski scherzte. Kurski hatte die TVP-Programme auf Linie der nationalkonservativen Regierungspartei PiS gebracht - die wiederum sehr gute Kontakte zur Kirche unterhält.

Die Kirche reagierte ruhiger auf den umstrittenen Film als die Regierungspartei. Sie schweigt fast. Einen offiziellen Kommentar zu "Klerus" wollte Polens Bischofskonferenz bislang nicht abgeben. Manche Bischöfe sagten, dass sie den Film gar nicht anschauen werden. Auch Journalisten katholischer Medien erklärten, dass sie ihn nicht sehen wollen. Einige Kinos boykottieren ihn sogar - offiziell aus Rücksicht auf die Kirche und die Gläubigen.

Polens Bischöfe betonen schon lange, dass sie keinerlei sexuelle Übergriffe duldeten. Wie ihre Amtsbrüder in anderen Ländern erarbeiteten sie auch Leitlinien zur Prävention. Diese seien "viel restriktiver als das geltende polnische Recht", so der Kinderschutzbeauftragte der Bischofskonferenz, Pater Adam Zak. Der Schutz von Minderjährigen sei eine der "vorrangigsten Tätigkeiten der Kirche". Er verweist auf das 2013 eröffnete katholische Kinderschutzzentrum, das bereits mehr als 2.000 Menschen geschult habe. "Null Toleranz für Pädophilie - das ist die Haltung der gesamten Kirche in Polen, sowohl der Geistlichen als auch der katholischen Laien", so Zak.

Die Kirche könne allerdings durchaus noch mehr tun, meint etwa die liberale katholische Zeitschrift "Tygodnik Powszechny". Fast die Hälfte der Bistümer nenne auf ihren Internetseiten nicht die Telefonnummer ihres zuständigen Beauftragten, an den sich Missbrauchsopfer und ihre Angehörigen wenden sollen. Das hindere Opfer daran, sich zu melden, kritisiert das Blatt.

Im November will die Bischofskonferenz landesweite Zahlen zum Ausmaß von Kindesmissbrauch durch Kirchenvertreter veröffentlichen. Einen so umfangreichen Untersuchungsbericht wie in Deutschland wird es in Polen jedoch vorerst nicht geben. Ein weiterer Unterschied zu Deutschland: Polens Bischöfe lehnen bislang Schadenersatzzahlungen an Missbrauchsopfer ab, die über eine Übernahme von Therapiekosten hinausgehen.

Von Oliver Hinz (KNA)


Aus: "Rekordstart für Kinofilm "Kleriker" in Polen" Oliver Hinz (KNA) (Warschau - 04.10.2018)
Quelle: https://www.katholisch.de/aktuelles/aktuelle-artikel/rekordstart-fur-kinofilm-kleriker-in-polen

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Quote[...] Sie steht für "außergewöhnliche Reize" und eine "besondere Optik": Dazu zählt neben der pechschwarzen Mähne, dem prallen Dekolleté und den sinnlichen Lippen mittlerweile auch ein Hakenkreuz-Tattoo auf dem Oberschenkel. Und das soll sich Domina Charlize jetzt entfernen lassen.

Ihre XXL-Tätowierung am Oberschenkel hat in den vergangenen Tagen nicht nur bei Venus-Besuchern für mächtiges Aufsehen gesorgt. Auch die Veranstalter der weltweit größten Erotikmesse zeigten sich überrascht und vor allem entsetzt von der Körperkunst der Domina. Denn Lady Charlize ist das Werbegesicht der "Kinky-Venus", dem Paradies für BDSM-Fans.

... Mit dieser Tätowierung wollte Domina Charlize nach eigenen Angaben ein  Zeichen setzen. "Ich bin Perserin und absolut nicht rechts. Ich habe versucht, dieses Tattoo so darzustellen, dass ich gegen Rechts bin und nicht dafür", erklärt sie das Bild auf ihrem Bein im Gespräch mit t-online.de.

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Aus: "Venus-Domina muss Nazi-Tattoo entfernen lassen" Ricarda Heil, Nicole Faßbender (15.10.2018)
Quelle: https://www.t-online.de/unterhaltung/stars/id_84612658/hakenkreuz-eklat-bei-der-venus-domina-muss-nazi-tattoo-entfernen-lassen.html#utm_source=websuche&utm_medium=t-online-ergebnisse&utm_campaign=link1


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Bereits seit Monaten streiten sich die Patriarchate von Moskau und Istanbul über die Zuständigkeit für die Ukraine. Istanbul unterstützt die Gründung einer von Moskau unabhängigen Kirche in der Ukraine. Dadurch droht die russisch-orthodoxe Kirche in der Ukraine viele Gläubige und Gotteshäuser zu verlieren. Moskau will die Oberhoheit über die Ukraine behalten und wirft dem ökumenischen Patriarchat in Istanbul eine "Invasion" in das Territorium der russischen Kirche vor.

Auf Drängen des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko leitete der Istanbuler Patriarch Bartholomäus I. die Bildung einer eigenständigen orthodoxen Kirche in der Ukraine ein und entsandte zwei Bischöfe in das Land. Zudem lehnt er zukünftig nicht mehr die Oberhäupter abgespaltener orthodoxer Kirchen in der Ukraine ab. Als Reaktion verbot die russische Kirche ihren Bischöfen die Konzelebration – also gemeinsame liturgische Feier – mit Bischöfen von Konstantinopel. Auch setzte sie die Mitarbeit in kirchlichen Gremien, die von Konstantinopel geleitet werden, aus.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow verurteilte die Entscheidung der ukrainischen Kirche, sich von Russland zu lösen. Die Entscheidung des Ökumenischen Patriarchats zur Zulassung einer eigenständigen ukrainisch-orthodoxen Kirche sei eine "Provokation", die "mit direkter öffentlicher Unterstützung aus Washington" geschehen sei, sagte er. Lawrow warf den USA eine "Einmischung in Kirchenangelegenheiten" vor. Die mögliche Loslösung der Ukraine von der russisch-orthodoxen Kirche beschäftigte am Freitagabend auch den von Staatspräsident Wladimir Putin geleiteten russischen Sicherheitsrat.

Die russisch-orthodoxe Kirche ist die größte Nationalkirche und seit jeher eng mit der politischen Führung Russlands verbunden. Moskau werde die Entscheidungen aus Konstantinopel nicht anerkennen, sagte der russisch-orthodoxe Metropolit Hilarion. Er warf Bartholomäus I. vor, die Kirche zu spalten. 1996 hatte das Moskauer Patriarchat im Streit um die Kirche in Estland schon einmal den Kontakt zu Konstantinopel ausgesetzt.

Das Verhältnis zwischen der Ukraine und Russland ist wegen der Annexion der Halbinsel Krim durch Russland und des russischen Militäreinsatzes in der Ostukraine angespannt. Zwar ist die Ukraine laut Verfassung ein säkularer Staat, doch ist der Einsatz für die kirchliche Unabhängigkeit auch Teil der geplanten Wiederwahl von Petro Poroschenko 2019. Dementsprechend will der Präsident im Konflikt mit Russland den Einfluss der als feindlich empfundenen russischen Kirche zurückdrängen. In dem Land gibt es drei orthodoxe Kirchen, von denen eine mit Moskau verbunden ist. 70 Prozent der Ukrainer sind orthodoxe Christen.


Aus: "Moskauer Patriarchat trennt sich von Istanbul" (15. Oktober 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-10/orthodoxe-kirche-moskau-istanbul-ukraine-bartholomaeus-i-hilarion

QuotePaul Freiburger #3

Christliche Brüder unter sich. Kirchenspaltungen gibt es, seit es die Kirche gibt, das ist quasi frühchristliche Tradition ;-)

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QuoteMichel Angelo #7

... Es geht um Einfluss und natürlich auch Besitz. ...


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Textaris(txt*bot)

#336
Quote[...] In der Märchenstadt Hanau werde die Wahrheit ans Licht kommen, etwa darüber, dass sich ,,bis zu 300 Millionen Einwanderer aus Afrika" in den nächsten Jahren ,,zu uns auf den Weg machen". Das wird auf Bannern und in Videos im Internet behauptet, mit denen rechte sowie rechtsextreme Akteure derzeit für eine ,,Demo gegen den globalen Pakt zur Migration" werben. Sie soll am Samstag um 16 Uhr auf dem Marktplatz beginnen.

Als ,,Gastgeber" der Veranstaltung werden zwei Vereinigungen angegeben, die sich ,,Wir schaffen das 2.0" (auf dem Logo steht ,,die hier schon länger leben" unter ,,wir") und ,,Abendland Deutschland" nennen. Sie bezeichnen sich als unabhängige politische Organisationen, die der Wahrheit und dem Wohl des Landes verpflichtet seien, aufdecken und Widerstand leisten würden.

Immer wieder wird auf den Seiten gegen Geflüchtete und Migranten gehetzt, werden Ängste und Vorurteile geschürt. Es gibt offenbar Verbindungen zu Gruppen, die mit Aufmärschen in Kandel, Wiesbaden und Mainz versucht haben, die Tötung von Mia V. beziehungsweise Susanna F. zu instrumentalisieren.

Zudem werden Verschwörungstheorien aufgestellt, etwa zum Migrationspakt. Es geht um den Pakt der UNO, der am 11. Dezember final unterzeichnet werden soll: ein Abkommen für eine globale Migrationspolitik. Eines der Ziele: Migration durch mehr Kommunikation zwischen den Staaten besser zu koordinieren. Gegen die Pläne mobilisiert besonders die rechtsextreme ,,Identitäre Bewegung". Doch von der angeblichen ,,Migrantenflut" oder einem ,,Bevölkerungsaustausch" kann keine Rede sein, unter anderem, weil konkrete Zahlen zur Aufnahme von Geflüchteten nicht vereinbart werden und der Pakt rechtlich nicht bindend ist.

Kurz vor der Landtagswahl soll die Demo vermutlich Parteien wie der NPD und der AfD helfen, auf Twitter wird sie auch unter dem Hashtag ,,AfD" verbreitet.

Die Stadt Hanau bestätigt auf Anfrage der FR, dass die Kundgebung angemeldet wurde. Da dabei ein Grundrecht wahrgenommen werde, ,,müssen wir als zuständige Versammlungsbehörde dieser Veranstaltung neutral gegenüberstehen". Sicherheitslage und Vorkehrungen würden noch erörtert, zuvor träfen sich der Versammlungsleiter, die Polizei und das Ordnungsamt zu einem Kooperationsgespräch. Die Polizei teilt  mit, sie wisse von der Demonstration und sei vorbereitet. Weitere Angaben mache sie aus taktischen Gründen nicht.

Nach FR-Informationen formiert sich bereits Widerstand, unter dem Motto ,,Mietenwahnsinn stoppen! Nazis zum Mars!" bereiten Hanauer Aktivisten eine Gegendemo vor, die ebenfalls bereits angemeldet ist. Daran beteiligen wollen sich unter anderem Unterstützer des Bündnisses ,,Solidarität statt Spaltung".

Der Landesverfassungsschutz hat die ,,Demo gegen den globalen Pakt für Migration" im Blick und weist darauf hin, dass auch ein Funktionär der rechtsextremistischen NPD zur Teilnahme aufruft.


Aus: "Rechtsextreme mobilisieren in Hanau" Gregor Haschnik (16.10.2018)
Quelle: http://www.fr.de/rhein-main/alle-gemeinden/main-kinzig-kreis/marktplatz-rechtsextreme-mobilisieren-in-hanau-a-1602262

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Quote[...] ,,Unteilbar" ist ein schönes Motto für eine Demonstration, die gegen Aus- und Abgrenzung protestiert, von der sozialen Spaltung über die Abschottung Europas bis hin zum bornierten Denken in nationalen Grenzen. Es ist ein Motto, unter dem sich die zersplitterte Linke geeint versammeln und ein starkes Zeichen setzen könnte: Die Idee, Freiheit und Gerechtigkeit miteinander zu versöhnen, ist noch lange nicht tot. Zur nationalen Engstirnigkeit wie zur globalen Gerechtigkeitsblindheit gibt es Alternativen.

Etwa so ist die Demonstration gemeint, zu der ein breites Bündnis für den nächsten Samstag aufruft. Und doch zeigt sich auch hier, wie gespalten diejenigen untereinander sind, die sich als links verstehen. Sahra Wagenknecht hat der Demo eine Absage erteilt, weil die Forderung nach ,,offenen Grenzen" ihr ,,irreal" erscheint. Eine Forderung, die so im Demonstrationsaufruf gar nicht auftaucht. Die von Wagenknecht initiierte ,,Aufstehen"-Bewegung macht offiziell nicht mit.

Unteilbar ist die Linke offensichtlich nicht. Dabei müsste es doch möglich sein, in der Migrationsfrage zwischen totaler Offenheit und rigider Abgrenzung Mittelwege zu finden. Die Notwendigkeit, diesem Land wieder viel stärker ein humanes und soziales Gesicht zu geben, ist zu groß für Rechthabereien.


Aus: "Linke Rechthaber" Stephan Hebel (10.10.2018)
Quelle: http://www.fr.de/politik/meinung/kommentare/unteilbar-linke-rechthaber-a-1599307

Quotedaxoop

Wagenknecht hat der Demo auch deswegen eine Absage erteilt, weil die dort vertretene linke Wohlfühlpolitik in ihrem Absolutheitsanspruch der AfD noch weitere Wähler zuschustert. Man kann ja gerne versuchen, mit sperrangelweit offenen Grenzen und LGBTIQ*-Gedöns denjenigen Menschen in Deutschland, die unter der Erosion ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse leiden, eine ganz tolle linke Zukunft vorzugaukeln. DAS ist irreal.

Und ja, Herr Hebel, die offenen Grenzen stehen im Gründungsaufruf - man muss nur lesen können. Oder wollen. Ebenso wie die bewusste Abgrenzung zu "Aufstehen". Seltsam, dass Sie dies nicht erwähnen.


Quotehansundsophie --> daxoop

Nur leider sind "Abgehängte" wie Sie sie beschreiben nicht auf Grund offener Grenzen arm dran, sondern auf Grund der Wirtschaftspolitik unseres Landes, pardon auf Grund der Lobbypolitik von VW und Konsorten, denn wir wissen doch alle:
Wächst die Wirtschaft geht es uns gut und die Wirtschaft ist in den letzten Jahren gewachsen, Rekordgewinne für Unternehmen und Vorstände... Wie erklären Sie das in Ihrer einfache-Antworten-Welt? ...


QuoteChristian Will

Man sieht aber, das dieses Thema eben höchst komplex ist. ... TAZ: ,,Wir sind nicht formal dabei, es wird sicherlich Leute von uns geben, die da hingehen", sagte Wagenknecht auf einer Podiumsdiskussion in Berlin Lichtenberg. Sie fände es zwar richtig, dass viele Menschen gegen Rassismus und die Rechtsentwicklung auf die Straße gingen, gleichzeitig kritisierte Wagenknecht aber den Aufruf des Bündnisses: Weil in der Tendenz die Position ,,Offene Grenzen für alle" als die bestimmende Position dargestellt werde. ,,Wenn wir über offene Grenzen für alle reden, dann ist das eine Forderung, die die meisten Menschen als irreal und völlig weltfremd empfinden, und sie haben recht damit"

Hier wird ja nur versucht, eine andere Form der Abspaltung zu verhindern. Insofern könnte man auch die Frage stellen ,wer spaltet hier mehr ... Eine Unteilbar Bewegung die radikal linke Ziele vertritt, oder eine Aufstehen Bewegung, die eher moderate linke Ziele vertritt? Wie gesagt, ich halte die Frage für überflüssig, da beides besser ist als so vieles andere.


QuoteFritz Grimm

Wenn Seehofers Lieblingsthema in diese Bewegung getragen wird, kann sie keinen Erfolg haben. Es ist der Dreh von Seehofer und vor allem auch der AfD, dieses Randthema in den Mittelpunkt zu stellen, um darüber sämtliche sozialen Probleme, deren wir in Deutschland reichlich haben, auszublenden.


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Quote[...] Es ist, als ob ich wieder eine Heimat verloren habe". Magdalena Williams sitzt an ihrem Wohnzimmertisch, knetet ihre Finger und versucht ein Lächeln, das ihr nicht gelingt. Ihre Heimat, das ist zur Zeit noch das Städtchen St. Mary Cray im Südosten Londons. Ihre alte Heimat, das war vor über sechzig Jahren das kommunistische Ungarn, aus dem ihre Familie 1956 flüchtete. Da war sie noch ein Kind. Jetzt steht wieder eine Flucht an.

Williams, eingebürgerte Britin, will ihr Land wegen des bevorstehenden Brexit verlassen. Sie bemüht sich um die deutsche Staatsbürgerschaft. Noch bevor der Brexit Ende März nächsten Jahres erfolgt, soll es losgehen. ,,Nach Passau vielleicht", sagt die 70-Jährige, ,,das ist nahe Österreich, wo mein Bruder wohnt."

Der ,,Brexodus" von Briten, die ihrem Land den Rücken kehren, hat begonnen. Enttäuscht und besorgt über den Austritt ihres Landes aus der EU, wandern viele auf den Kontinent aus, und nicht wenige wollen sich in Deutschland niederlassen. Die Zahl der Einbürgerungen von britischen Staatsbürgern, so ein Sprecher des deutschen Innenministeriums, sei massiv angestiegen. Die Statistik zeigt, dass im Jahr 2015, vor dem Brexit-Referendum, nur 622 Briten die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben. 2017 waren es dagegen 7493 Insulaner, so viele wie nie zuvor.

Und das sind nur die Briten, die heute schon in Deutschland wohnhaft sind. Noch im Königreich befinden sich laut einer Umfrage der Online-Jobplattform ,,StepStone" rund 600.000 auswanderungswillige Briten. 44 Prozent von ihnen, also rund 264.000 Insulaner, benennen Deutschland als ihre erste Wahl.

Für Williams ist die Emigration der ultimative Protest. Bis zum Referendum hatte sie sich als Britin gefühlt. ,,Ich bewunderte diese offene, tolerante Gesellschaft. Ich wurde angenommen, das ist für mich sehr wichtig als Flüchtling." Aber im Referendums-Wahlkampf hat sie Erfahrungen gemacht, die ihr die Augen geöffnet haben. Sie hat Anfeindungen, sie hat Rassismus erlebt. ,,Es ist nicht mehr das Land, in das ich mich verliebt habe." Ein Neuanfang in Deutschland würde schwer. ,,Es ist ein Riesenschritt in meinem Alter. Aber hier will ich nicht bleiben."

...


Aus: "Der Brexit wird zum Brexodus" Jochen Wittmann (16.10.2018)
Quelle: http://www.fr.de/politik/grossbritannien-der-brexit-wird-zum-brexodus-a-1601979,0#artpager-1601979-1

Quotehansundsophie

Der gute weisse Brite, der Wirtschaftsflüchtling, der unseren
Sozialstaat aber nicht ausnimmt ist gerngesehen, obwohl er uns ja gute
Jobs wegnimmt, die dreckigen Muselmanen, die vor einem Krieg flüchten
und kaum Deutsch sprechen belasten uns nur....
Deutsche Doppelmoral...
oder ist das noch Hitler´s Heimholprogramm für Reichsdeutsche oder artverwandte Germanen...?


QuoteMinando

Fremdenfeindliche Erlebnisse in GB, und die Leute glauben, in Deutschland wäre es besser?
Also DAS nenne ich mal Optimismus.


QuoteHark Luders

Was passiert eigentlich mit den Briten, die er nicht schaffen, sich bis zum Brexit eine nach-wie-vor-EU-Staatsangehörigkeit zuzulegen?
Kommen die dann alle in Abschiebehaft???
Oder sind sie auch dann noch gleicher als andere?


QuoteZugezogi Hark Luders

Man kann auch ganz legal als Ausländer in anderen Ländern leben wenn man eine privilegierte Nationalität besitzt. Und GB wird definitiv auch in Zukunft dazugehören. Es leben doch auch deutsche Staatsbürger in der ganzen Welt mit Aufenthaltsrecht ohne abgeschoben zu werden.


QuoteNewBambus Hark Luders

Interessante Frage, müßte man sich als Brite also dann ein Visum oder einen dauerhaften Aufenthaltstitel zulegen. Sonst heisst es: zurück auf die Insel.


QuoteJohn Smith NewBambus

Jepp, bei einem harten Brexit wäre das der Fall...wenn die EU nicht irgenwelche Sonderregeln aufstellt(frei nach dem Motto: Die Auslandsbriten können ja nicht dafür, die waren auch sicher nicht für den Brexit.).


Quoteanteater

"Die Statistik zeigt, dass im Jahr 2015, vor dem Brexit-Referendum, nur
622 Briten die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben. 2017 waren
es dagegen 7493 Insulaner, so viele wie nie zuvor."

Angeln, Sachsen und Kelten holen sich also ihr Land zurück. ^^

"Aber im Referendums-Wahlkampf hat sie Erfahrungen gemacht, die ihr die
Augen geöffnet haben. Sie hat Anfeindungen, sie hat Rassismus erlebt."

Diese Anfeindungen und dieser Rassismus waren vorher auch schon da. Wie in anderen Staaten traut sich dieser Rassismus aber neuerdings ziemlich das Maul aufzureißen. Toleranz ist nicht mehr.

"Anne Graham und ihr Mann Tony gehören zu den rund hunderttausend Briten,
die nach Schätzung der britischen Statistikbehörde ONS heute schon in
Deutschland leben."

Ich kenne auch solche Menschen. Seit 50 Jahren in Deutschland, nie arbeitslos gewesen, sondern wirklich besserverdienend. Selbstständig, deshalb mehrere Immobilien als Altersvorsorge. Fließendes Deutsch natürlich, mit Akzent. Und was macht man hierzulande? Man lädt sie vor, stellt dann fest, dass der Sprachnachweis wohl nicht mehr erfolgen muss, wohl aber, ob diese Personen sich selbst finanzieren können. Menschen, die über Jahrzehnte mit ihren Steuern und Sozialabgaben hier alles mitfinanziert haben. Das ist schon bitter. Und selbst wenn man es ihnen anbietet wollen halt nicht alle die deutsche Staatsbürgerschaft annehmen.


QuoteWolf Kreide

Die Briten sind doch gerne gesehen, Integration ist unproblematisch, nicht mal die Rechten werden sich gegen deren Aufnahme sträuben, denn diese Rolle ist schon vergeben,...


QuoteNewBambus Wolf Kreide

Wie, und was ist mit unserer Identität? Bald werden die ersten um 5 Uhr Tea Time fordern, das Gedrängel an den Eingängen wird von nervig ordentlichen Schlangen abgelöst, Brot und Bier werden schlechter. Und zum Steak wird Minze serviert. :)

Da werden sie brav daheimbleiben, die ach so großen Bewahrer von IB und PEGIDA. Aber nicht jammern, wenn irgendwann in der Kneipe Bier bestellt und lauwarmes London Ale serviert wird. :)


...

Textaris(txt*bot)

#337
Quote[...] Es ist ein Foto aus dem Jahr 2014. Sawsan Chebli spiegelt sich in einer Scheibe. Ihre Hände verschränkt sie unter der Brust und blickt selbstbewusst in die Kamera. ,,Die neue stellvertretende Sprecherin des Außenministeriums, Sawsan Chebli. Die Deutsch-Palästinenserin kommt aus dem Berliner Innensenat, wo sie bislang Referentin für interkulturelle Angelegenheiten war", heißt es im Text zu dem Pressefoto vor vier Jahren.

Bisher hat sich niemand groß für die teure Uhr an ihrem Arm interessiert. Bis am vergangenen Freitag ein Facebook-User dieses Bild hervorholte, eine Fotomontage daraus machte und mit den Worten ,,Alles was man zum Zustand der deutschen Sozialdemokratie 2018 wissen muss^^" veröffentlichte. Seither tobt in den sozialen Medien ein Shitstorm gegen Chebli.

Sie selbst reagierte auf Twitter so: ,,Wer von Euch Hatern hat mit 12 Geschwistern in 2 Zimmern gewohnt, auf dem Boden geschlafen&gegessen, am Wochenende Holz gehackt, weil Kohle zu teuer war? Wer musste Monate für Holzbuntstifte warten? Mir sagt keiner, was Armut ist. #Rolex"

Beobachtet man die Diskussion im Netz, wird schnell klar, dass sie all die Kritik und den Hass nicht wegen ihrer Uhr bekommt. Sondern weil sie eine Frau und Muslima ist, weil sie Migrationshintergrund hat und weil sie verdammt selbstbewusst ist. Das passt so einigen gar nicht und darum muss nun – vier Jahre später – ihre Rolex herhalten, um sie angreifbar zu machen. Die derzeitige Diskussion rund um die Frage, ob Chebli nun eine Rolex tragen darf oder nicht, ist sinnlos und könnte abgekürzt werden: Ja, natürlich darf sie!

Schließlich sitzen die Männer der Politik auch in teuren Sportwagen, rauchen Zigarren oder tragen Designer-Anzüge. Man erinnere sich nur mal kurz an einen Parteikollegen Cheblis: Gerhard Schröder, der sich 1999 frisch im Amt in teurer Mode ablichten ließ. Auch Schröder wurde damals kritisiert, als ,,Kaschmir-Kanzler" verspottet. Geschadet hat es ihm nicht und bei vielen anderen bleibt die Diskussion meist ganz aus. Nur selten werden Politiker für Statussymbole kritisiert.

Und an diesem Punkt angekommen, könnte die Diskussion rund um Cheblis Rolex tatsächlich spannend werden. Denn die Frage, ob gerade SPD-Politiker*innen, die sich für Chancengleichheit und Gerechtigkeit in der Gesellschaft einsetzen, Statussymbole tragen, fahren, besitzen, rauchen oder trinken sollten, ist eine Diskussion wert.

...


Quelle: https://ze.tt/sollten-politikerinnen-auf-statussymbole-wie-eine-rolex-uhr-verzichten-sawsan-chebli/

QuoteJonas Schmiddunser
"Beobachtet man die Diskussion im Netz, wird schnell klar, dass sie all die Kritik und den Hass nicht wegen ihrer Uhr bekommt. Sondern weil sie eine Frau und Muslima ist, weil sie Migrationshintergrund hat und weil sie verdammt selbstbewusst ist."

"Auch Schröder wurde damals kritisiert, als ,,Kaschmir-Kanzler" verspottet."

Etwas widersprüchlich, meinen Sie nicht?


QuoteStephan Huber

In Österreich wurde der neue SPÖ-Bundesgeschäftsführer, Mann, kein Muslim, ebenfalls selbstbewusst, mit einem vergleichbaren Shitstorm überzogen...


QuoteAlexis Weimer
Rolexuhren und teuren Goldschmuck so zu präsentieren, machen eigentlich nur Ganster Rapper und richtige Ganster.


QuoteHansa Plast
Das heißt Gankster, Bruda


QuotePatrick Santer

Diese Debatte ist absurd und zeigt wieder, wie tumb und dumm und voller Neidkomnplexe der deutsche Michel ist... In Frankreich wäre solch eine Diskussion gar nicht möglich.


QuoteJochen Rieseberg

Was haben all die Leute bloss geschluckt, woher kommt all diese negative Energie?


...

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Quote[...] Patrick Wildermann: Herr Stegemann, über Ihr politisches Engagement in der linken Bewegung ,,Aufstehen" ist viel berichtet worden. Es wirkt, als seien Sie überrascht, in welchen Trubel Sie da geraten sind. Bereuen Sie es schon?

Bernd Stegemann: Bereuen auf gar keinen Fall. Überrascht bin ich allerdings, und zwar über den Wind, der im sogenannten politischen Diskurs weht. Man hat das Gefühl, viele warten nur darauf, Äußerungen falsch zu verstehen, um sie gegen einen verwenden zu können. Das ist im Theater so nicht der Fall. Da dürfen Sätze durchaus doppeldeutig, ironisch, uneigentlich gemeint sein – sowohl auf der Bühne als auch hinter den Kulissen. Ästhetik hat ja ihrem Wesen gemäß eine fast fundamentalistische Uneindeutigkeit. Dieser Gestus wird in der politischen Kommunikation überhaupt nicht akzeptiert, sondern als Einladung genommen, dir in die Fresse zu hauen.

Theaterleute sind gern politisch, grenzen sich aber von der Tagespolitik ab. Gilt dieser Unterschied für Sie nicht?

Es sind zwei verschiedene Sphären, das Politische und die Politik. Ich kann im Prinzip jeden Raum zu einem politischen machen, indem ich Widersprüche öffentlich zur Verhandlung stelle. Das ist natürlich noch nicht Politik. Die ist tatsächlich gekoppelt an Macht. Wer hat das Amt, wer die Mehrheit, wer darf das Gesetz erlassen? Je mehr ich mich mit Politik befasse, desto mehr verstehe ich die Scheu derer, die lieber im Raum des Politischen bleiben möchten. Er ist viel freier und viel schöner – in einem ästhetischen Sinne.

Und obendrein verantwortungsloser.

Verantwortungslos im Sinne von machtlos, ja. Die Machtlosigkeit ist womöglich die Bedingung für Kunst. Wenn die Kunst anfängt, nach Macht zu schielen, wird sie tendenziös. ... Unser Ziel ist eine Befreiung aus der rechten Geiselhaft, indem wir eine linke Alternative so stark machen, dass die Leute sie der AfD vorziehen. Wenn ich mich auf das Spiel des Ressentiments einlasse, bin ich gezwungen, selbst ins moralisierende Ressentiment zu gehen. Da kann man nichts gewinnen.

... Sahra Wagenknecht richtet sich doch auch gegen ,,offene Grenzen". Wegen der angeblichen Forderung danach hat sich ,,Aufstehen" schließlich nicht an der großen #Unteilbar-Demo in Berlin beteiligt.

Mitglieder von ,,Aufstehen" haben sich an der Demo beteiligt. ... . Dass man sie [Sahra Wagenknecht] verkürzt und missverständlich interpretieren will, ist bedauerlich. Und außerdem können diejenigen, die ,,Aufstehen" diffamieren wollen, die Frage, wie sie den Sozialstaat in einer grenzenlosen Welt erhalten wollen, nicht beantworten.

... Es gab ja immer schon ideologische Überschneidungen zwischen dem rechten und dem linken Rand. Wie lässt sich verhindern, in so einer Sammelbewegung die Falschen einzusammeln?

In unserem Programm steht klar, dass wir für eine soziale Frage stehen und gegen alle Arten von Diskriminierung sind. Jeder, der gerade die hegemoniale Zusammenarbeit von Moral und Kapitalismus kritisiert, muss sich in einer bestimmten Weise aus einem grobianischen Vokabular bedienen, auf den Putz hauen, um Gehör zu finden. Dass da manchmal ähnlich klingende Dinge gerufen werden – das ist dann so. Trotzdem ist sehr Unterschiedliches damit gemeint. Der entscheidende Punkt, warum ich mich bei ,,Aufstehen" engagiere, ist der Versuch, linke Politik wieder als Sozialpolitik zu machen.


Aus: ""Aufstehen"-Sammlungsbewegung ,,Die Angst war vorher da"" Patrick Wildermann (16.10.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/kultur/aufstehen-sammlungsbewegung-die-angst-war-vorher-da/23194296.html

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Quote[...] Auf der Homepage des Kreisverbands schreibt sie, dass sie 34 Jahre alt sowie Mutter von drei Kindern sei und eine Ausbildung zur  Automobilkauffrau absolviert habe. Sie gehört dem Bezirksvorstand als Beisitzerin an. Laut ihrem Facebook-Profil arbeitet Bießmann bei einer Security-Firma. Ihre Posts lassen erkennen, dass sie Angela Merkel als Kanzlerin und die Vollverschleierung ablehnt. Zudem hegt sie offenbar die Befürchtung, dass die deutsche Bevölkerung vergessen wird – auch wenn unklar ist, von wem. Bießmann wird eine von drei Frauen in der AfD-Fraktion sein. Als thematische Interessen nennt sie Gesundheit, Soziales und Bildung.

...


Aus: "Berlin-Wahl Diese fünf AfD-Politiker ziehen direkt ins Abgeordnetenhaus ein" Frederik Bombosch (19.09.2016)
Quelle: https://www.berliner-zeitung.de/berlin/wahl/berlin-wahl-diese-fuenf-afd-politiker-ziehen-direkt-ins-abgeordnetenhaus-ein-24770272-seite2

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Quote[...] Myspace – ein Portal aus den Anfangsjahren der sozialen Netzwerke im Internet – kann Politikerkarrieren beschädigen: Womöglich stolpert die in Marzahn direkt gewählte AfD-Abgeordnete Jessica Bießmann über Fotos, die sie vor Jahren in dem längst veralteten Netzwerk hochgeladen hatte. Darauf ist Bießmann zu sehen, wie sie sich in wechselnden Outfits und in verschiedenen Posen auf einem Küchentresen räkelt – im Hintergrund stehen Weinflaschen mit Hitler-Etikett. Der Wein darf in der Bundesrepublik nicht öffentlich gezeigt werden, der gewerbliche Handel mit den Flaschen sei verboten, hieß es. Doch im heimischen Regal dürfen die Flaschen durchaus stehen.

Ein Twitter-Nutzer hatte in der vergangenen Woche auf die intimen Fotos hingewiesen. In der ,,B.Z." versuchte sich Bießmann an einer Erklärung: Die Fotos seien zehn Jahre alt und in der Wohnung eines Freundes in Chemnitz entstanden. Zu diesem habe sie auch keinen Kontakt mehr. Die Flaschen im Hintergrund mit Hitler-Konterfei habe sie gar nicht bemerkt. ,,Ich bedaure, dass es diese Fotos gibt", sagte Bießmann.

... der Berliner AfD-Vorstand beschloss am Montagabend einstimmig, ein Parteiausschlussverfahren gegen Bießmann einzuleiten, wie Sprecher Ronald Gläser am Dienstag mitteilte.

... Bei Hitler ist für die Partei also eine Grenze überschritten – dass Bießmann auch sonst zu den Radikalen in der Landespartei gehört, hat bisher niemanden gestört. Nicht zehn Jahre, sondern nur wenige Tage alt sind Facebook-Botschaften wie: ,,Das Abschlachten muss endlich ein Ende haben!", Warnungen vor ,,Islamisierung" und die antisemitisch konnotierte Forderung ,,Soros raus aus Deutschland!" Die 37-jährige Bießmann gehört zum völkischen Flügel der Partei, sehnt sich nach einer ,,echten Nationalmannschaft" und teilt bevorzugt Posts von Björn Höcke, etwa zum ,,Tabu-Thema Aids-Import".

Neben Ausflugsfotos vom Burschenschaftsdenkmal bei Eisenach zeigt sie Bilder von ihrer Teilnahme an einer Pegida-Demonstration im Mai. Die Bundespartei wünscht das offiziell nicht, auch der Landesverband ist mit seinem moderaten ,,Berliner Kurs" dagegen. ...


Aus: "Berliner AfD-Abgeordneter droht Parteiausschluss" (17.10.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/raekelei-vor-hitlerwein-berliner-afd-abgeordneter-droht-parteiausschluss/23194832.html

Quoteebookowski 08:40 Uhr
Au weia, ich habe noch drei Flaschen mit dem Bild von Stalin und einer stilisierten Fahne inclusive angeklebtem Hölzchen im Keller, bin ich jetzt etwa ein Stalinist ?

PS: Der wein schmeckt leider nicht besonders gut, die Flasche ist als Mitbringsel aber immer mit viel Humor aufgenommen worden.


QuoteDragonfighter 08:46 Uhr
Antwort auf den Beitrag von ebookowski 08:40 Uhr

Ein Stalinbild versteckt im Keller ist also das Gleiche wie ein Hitlerbild für alle sichtbar in der Küche?
Mir würde ja der Appetit vergehen. Aber die Geschmäcker sind bekanntlich verschieden.


QuoteBabsack 08:04 Uhr

Ja,wer hätte auch vor 10 Jahren damit gerechnet,dass "die Bewegung" noch einmal so weit kommen würde? Seitdem haben die meisten Kameraden ihre Privaträume auch auf Vordermann gebracht,es kann ja sonstwas passieren,wer weiß ob nicht irgendwelche linksgrünversifften Handwerker, die man im Hause hat, ein Foto schießen und so weiter und so fort.
Ja,eine Reichskriegsflagge wäre ihr bestimmt auch aufgefallen,aber dass so ein kleiner Hitler mal solche Wellen schlägt,wer hätte denn damit gerechnet.
Vor allem,wo man in ihren Kreisen ständig von solchem Zeug umgeben ist.
Ach nee, das ist echt ärgerlich. Da hat man die ganze Zeit so aufgepasst und sogar die schöne SS-Bettwäche extra aussortiert. ...


Quoteford_perfect 07:49 Uhr

... Interessant an diesem Fall ist dass nicht Jessica Bießmanns offen rassistische Positionen Grund für den Beschluss sie auszuschließen sind, sondern die Weinflaschen mit den Hitler-Portraits. Da aber die Bilder nicht in ihrer Wohnung aufgenommen wurden und die Flaschen nur im Hintergrund zu sehen sind wird die Frau sich wohl erfolgreich auf den Standpunkt zurückziehen dass sie die Abbildungen des "Führers" gar nicht wahrgenommen habe.


QuoteBerlinPilot 07:37 Uhr
Antwort auf den Beitrag von db0815 16.10.2018, 20:44 Uhr

    Die Bilder sind absolut keine Pressemeldung oder auch nur Aufregung wert. Sie "räkelt" sich ja auch nicht vor den Weinflaschen, sondern auf
    dem Küchentresen.


Überpingelig bin ich da auch nicht. Aber dass jemand solche Flaschen erwirbt und sich in die Küche stellt, finde ich dann schon merkwürdig. Würden Sie sich so etwas hinstellen? ...


QuoteBabsack 07:53 Uhr
Antwort auf den Beitrag von db0815 16.10.2018, 20:44 Uhr

... Ich wünsche der AFD viele Mitglieder wie Sie und ihre blonde Kameradin, dann läuft das schon.
Also, Augen geradeaus ! Ein Lied !


Quoteford_perfect 07:55 Uhr

... Öffentlich wird sie sich auf den Standpunkt zurück ziehen dass sie die Flaschen gar nicht wahrgenommen habe. Das ganze natürlich mit einem Augenzwinkern für die "Eingeweihten" garniert.


Quotedb0815 08:55 Uhr
Antwort auf den Beitrag von ford_perfect 07:55 Uhr

Das Umfeld vieler AFD Mitglieder sollte inzwischen jedem in diesem Land aufgefallen sein. Aktuelle politische Äußerungen von Frau Bießmann zeigen ziemlich offen die politische Ausrichtung. Aber das ist den Leuten vermutlich zu kompliziert. Ein altes Foto jedoch, wo man rechte Motive irgendwo undeutlich im Hintergrund erahnen kann, die taugen plötzlich als Aufreger. Vermutlich weil die Leute viel besser auf ein Foto anspringen als sich mit geschriebenen Wörtern zu befassen.
Die meisten hier, die dieses Foto ohne Kontext irgendwo gesehen hätten, hätten nicht einmal ansatzweise A.H. auf den Flaschen entdeckt. Es sei denn, man hat solche Flaschen selbst im Regal stehen.


Quote
dudi 09:33 Uhr
Antwort auf den Beitrag von mcgyver 16.10.2018, 22:50 Uhr

    Was genau wirft man der Frau genau vor?

Nichts, absolut nichts. Aber ich denke, dass wir uns einig sind, dass sie kein politisches oder öffentliches Amt mehr bekleiden kann.


...

Textaris(txt*bot)

#338
Quote[...] Die muslimische Religionslehre fungiert im Westen als Projektionsfläche für Ängste und dadurch als Ersatz für Antisemitismus und Antikommunismus, wie Petra Wild in ihrem neuen Buch ,,Lieblingsfeind Islam" schreibt. In ihrer Hauptthese bestreitet sie, dass sich Kulturen separat voneinander entwickeln: Die ,,Reinheit" einer Kultur gebe es nicht. ...

Um ihre Hauptthese vom neuen Feindbild Islam zu untermauern, zitiert die Autorin einen Beitrag der ,,Washington Post", wonach das US-Verteidigungsministerium nach dem Ende des Kalten Krieges aktiv auf der Suche nach einem neuen Feind gewesen sei. Petra Wild zitiert den damaligen Oberbefehlshaber der NATO, John Calvin, der 1988 in seiner Abschiedsrede angesichts des bevorstehenden Zusammenbruchs der Sowjetunion erklärte:

    ,,Den Kalten krieg haben wir gewonnen. Nach einer siebzigjährigen Verirrung kommen wir nun zur eigentlichen Konfliktachse der letzten 1300 Jahre zurück: das ist die große Auseinandersetzung mit dem Islam."

Tatsächlich steht der amerikanische General Calvin und mit ihm vor allem Europa in der Tradition eines Konzeptes, wonach die westliche Welt so, wie sie sich seit Renaissance, Aufklärung und dem von diesen Strömungen inspiriertem Kolonialismus entwickelt habe, den meisten anderen Kulturen überlegen sei. (Diese These hat Samuel Huntington in seinem Werk ,,Kampf der Kulturen" in den Dienst der amerikanischen Expansionspolitik in der islamischen Welt gestellt).

Die auf diesem Konzept beruhende Expansion des Westens entspricht einem Weltbild, dass der palästinensische, einst in den USA lehrende, inzwischen verstorbene Wissenschaftler Edward Said (1935 – 2003) mit ,,Orientalismus" beschrieben hat. Petra Wild schreibt:

    ,,Der Orientalismus bestimmt die Wahrnehmung der westlichen Welt bis heute. Dessen wohl hartnäckigstes Erbe ist die Angewohnheit, alles, was die muslimische Welt betrifft, durch den Islam erklären zu wollen, wohingegen keiner auf die Idee käme, den Vietnamkrieg durch das Christentum ... erklären zu wollen."

Und weiter:

    ,,Die islamische Welt wird außerhalb der Geschichte gestellt und Muslime .... werden zu einer besonderen Spezies gemacht. Das nutzte und nutzt den imperialistischen Mächten, deren Politik die Entwicklungen in der arabischen Welt entscheidend geprägt haben. Daß nach dem 11.September 2001 versucht wurde, die Erklärung für die Angriffe auf das Pentagon und das World Trade Center im Koran zu suchen statt in der US-Außenpolitik, ist beredtes Zeichen für das Fortleben des Orientalismus."

...


Aus: "Der Islam als willkommenes Feindbild" Heiko Flottau (17. Oktober 2018)
Quelle: https://www.nachdenkseiten.de/?p=46528

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Quote[....] Im Salafismus muss eine Frau tun was ihr Mann will um in das Paradis zu gelangen. Feministische Frauen in Algerien erleben oft andere, salafistische Frauen als ihre Feindinnen. Einige sagen, immer öfter, der größte Feind der Frau ist die Frau. Sicherlich passt dieser Spruch zum Patriarchat. Das Patriarchat fokussiert sich weniger auf den Mann als Ausbeuter, sondern immer auf die Frau. Trotzdem thematisiert es die fehlende gegenseitige Unterstützung, sogar im Fall von tätlichen Übergriffen.

Durch zunehmende salafistische Strukturen wird Solidarität unter Frauen kaum möglich sein; die salafistischen Gegenspielerinnen sind gut organisiert und werden unterstützt. Frauen gegen Frauen-eine Entwicklung, die ablenkt von der eigentlichen Ideologie und dem gemeinsamen Feind, dem salafistisch geprägtem Patriarchat.

Auch in Deutschland sind viele Frauen die der salafistischen Szene zuzurechnen sind sehr aktiv mit Aktionen, wie zum Beispiel Informationsständen zum Kopftuch mit dem Tenor, ,,Wieso spricht man über uns statt mit uns.." oder Hijabi Kreiseln mit Vorträgen über die Frau im Islam. Es wird die gegenseitige Stärkung und Unterstützung betont.  Es geht beim Tragen des Kopftuches um das ,,Wohlgefallen" Allahs und nicht um das ,,Wohlgefallen der Gesellschaft", und das kompromisslose und standhafte Festhalten an die ,,islamische" Kleiderordnung ist deshalb das Ziel, egal wie die ,,weltlichen" Konsequenzen aussehen mögen. Der Lohn Gottes wird als größer angesehen wie die Integration. Diese Auslegung des Islam folgt dem Wahabismus-es gibt nur eine Kleiderordnung und eine Interpretation des Korans.

Die Unterwerfung vor Gott ist etwas, was auch das ,,christliche Abendland" kennt. Es ist nicht Teil eines neuen ,,Kulturkampfes" der immer wieder neu beschworen wird. In Europa waren es Nonnen (und Mönche) die einen ähnlichen Lebensweg wählten. Auch sie verabschiedeten sich vom ,,weltlichen Leben". Frauen haben nur im Unterschied zum Christentum Kinder zu bekommen. Nonnen ist dies untersagt, aber beide ordnen sich der ,,weltlichen Ordnung" unter.

Bevor ,,das Andere" in der Sichtweise auf diese Entwicklung und die Mitwirkung von Frauen konstruiert wird, wie es gerne in Bezug auf den Islam und den Orient getan wird, sollten wir salafistische Frauen als ,,rechte Frauen" definieren. Ihre Strategien unterscheiden sich in keiner Weise von den Strategien von anderen Frauen in der westlichen Welt, die rechten, konservativen Strukturen zuzuordnen sind. ...

Die Spaltung Algeriens insgesamt hat sich verstärkt. Immer mehr Frauen versuchen im salafistischen Patriarchat zu überleben und wählen den Weg der Anpassung. Die Perspektive ist nicht rosig. Tatsächlich gibt es eine kleine Gegenbewegung.  ...


Aus: "Angriff auf die Weiblichkeit: Salafismus in Algerien" Ariane Panther (24. September 2018)
Quelle: https://diestoerenfriedas.de/angriff-auf-die-weiblichkeit-salafismus-in-algerien/


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Montreal - In Ländern, in denen die körperliche Bestrafung von Kindern verboten ist, prügeln auch die Jugendlichen weniger. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie mit Daten aus 88 Ländern, die im ,,British Medical Journal Open" veröffentlicht ist. Die Forscher um Frank Elgar von der McGill University in Montreal (Kanada) hatten Studien zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen ausgewertet, in denen auch nach der Häufigkeit von Prügeleien gefragt worden war.

Einer Untersuchung des Kinderhilfswerks Unicef zufolge hatten etwa 17 Prozent der Jugendlichen weltweit körperliche Bestrafung innerhalb des Vormonats erfahren, entweder in der Schule oder zu Hause. Inzwischen gibt es jedoch mehrere Untersuchungen, die die negativen Folgen der Prügelstrafe belegten, schreiben die Wissenschaftler um Elgar. Auswirkungen seien beispielsweise aggressives und antisoziales Verhalten, psychische Probleme, geistige Defizite, geringes Selbstwertgefühl und körperliche Misshandlungen.

Elgar und seine Mitarbeiter nutzten für ihre Untersuchung nun Daten von zwei großen internationalen Studien aus den vergangenen Jahren und ergänzten diese um einige landesweite Erhebungen. Angaben zu den gesetzlichen Regelungen in den 88 untersuchten Ländern liefert eine globale Initiative zur Beendigung der körperlichen Bestrafung von Kindern. Als gewalttätig stuften die Wissenschaftler diejenigen Jugendlichen ein, die angaben, in den vergangenen zwölf Monaten an vier oder mehr körperlichen Auseinandersetzungen beteiligt gewesen zu sein.

Im Durchschnitt aller Länder waren 9,92 Prozent der männlichen und 2,81 Prozent der weiblichen Jugendlichen regelmäßig in Prügeleien verwickelt. Allerdings gibt es sehr große Unterschiede zwischen den Ländern: von 0,86 Prozent der Mädchen in Costa Rica bis 34,78 Prozent der Jungen in Samoa. Nimmt man solche Gewalt aus Ländern ohne Verbot der Prügelstrafe als 100 Prozent, dann lag der Anteil der gewalttätigen männlichen Jugendlichen in Ländern mit Verbot bei 69 Prozent. Bei weiblichen Jugendlichen sind es sogar nur 42 Prozent.

Andere Faktoren, wie Waffengesetze, Mordrate, Elternerziehungsprogramme oder Wohlstand wurden als mögliche Ursachen für die Unterschiede untersucht. Sie hatten jedoch wenig bis gar keinen Einfluss auf die Anzahl der prügelnden Jugendlichen, teilweise zur Überraschung der Wissenschaftler: ,,Wir gingen davon aus, dass wir in wohlhabenderen Ländern weniger Prügeleien finden würden", schreiben sie, ,,aber in Kambodscha, Myanmar und Malawi fanden wir die geringste Häufigkeit von Prügeleien bei männlichen Personen und an beiden Enden des Spektrums eine Mischung aus einkommensschwachen und einkommensstarken Ländern."

Mit Ausnahme von Ghana und Sambia sind männliche Jugendliche stets häufiger in Prügeleien involviert als weibliche, zeigte die Analyse weiter. Teilweise sei der Unterschied erheblich. Weshalb das so ist, ist unbekannt, schreiben die Forscher. ,,Es könnte sein, dass männliche Personen, im Vergleich zu weiblichen, außerhalb der Schule mehr körperlicher Gewalt ausgesetzt sind oder durch körperliche Bestrafung von Lehrern anders betroffen sind." Dies müsse jedoch noch untersucht werden.

Die Forscher betonen auch, dass die Studie nur eine statistische Beziehung zwischen Verbot der Prügelstrafe und Prügeleien unter Jugendlichen aufzeigt. Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge sind damit noch nicht geklärt. In Deutschland ist eine körperliche Bestrafung von Heranwachsenden seit dem Jahr 2000 nicht mehr erlaubt.

Von dpa/RND


Aus: "In Ländern ohne Prügelstrafe gibt es weniger Gewalt unter Jugendlichen" (16.10.2018)
Quelle: http://www.kn-online.de/Nachrichten/Wissen/In-Laendern-ohne-Pruegelstrafe-gibt-es-weniger-Gewalt-unter-Jugendlichen

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Hannover - Peter Tauber hat mit einem Tweet über Erwin Rommel die Debatte über die Rolle des Wehrmachtsgenerals befeuert. Schon am Sonntag schrieb der CDU-Bundestagsabgeordnete auf dem Kurznachrichtendienst: ,,Heute vor 74 Jahren starb Erwin Rommel, von den Nazis zum Selbstmord gezwungen."

Unter seinem Tweet entwickelte sich schnell ein Streit darüber, wie sehr Rommel in die Verbrechen des Nazi-Regimes verstrickt war. Die Linken-Politikerin Petra Pau etwa schrieb: ,,Rommel war an Kriegsverbrechen beteiligt (vorsichtig gesagt)." Eine Soldatin entgegnete sogleich, dass auch heute noch Kasernen nach Rommel benannt sind.

In der Tat ist Rommel eine umstrittene Person. Zum einen diente er Hitler und dem NS-Regime als General. In der Propaganda der Nazis spielten der ,,Wüstenfuchs" und seine militärischen Erfolge etwa in Nordafrika eine große Rolle.

Wegen angeblicher Kontakte zu den Widerstandskämpfern um Claus Schenk Graf von Stauffenberg geriet er aber in den Verdacht, Hitler stürzen zu wollen. Um einem Prozess zu entgehen, nahm sich Rommel das Leben. Rommels tatsächliche Einstellung zum Regime ist aber bis heute ungeklärt.

Taubers Tweet fällt in eine Zeit, in der die Bundeswehr wie eh und je über die Rolle der Wehrmacht diskutiert. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat in ihrem ,,Traditionserlass" vorgegeben, dass die Wehrmacht als Ganzes nicht als Vorbild dienen dürfe. Auf einzelne Soldaten und Offiziere der Wehrmacht könne sich die Bundeswehr aber durchaus berufen.

Tauber, selbst Reserveoffizier, traut Rommel diese Rolle offenbar zu. Doch die Debatte darüber ist längst nicht zu Ende.

Von pach/RND


Aus: ",,Wüstenfuchs": Peter Tauber irritiert mit Rommel-Tweet" (17.10.2018)
Quelle: http://www.kn-online.de/Nachrichten/Politik/Wuestenfuchs-Peter-Tauber-irritiert-mit-Rommel-Tweet

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Quote[...] Damir Skenderovic ist Professor für Zeit­geschichte an der Uni­versi­tät Fri­bourg. Er forscht zu Rechts­popu­lismus, Migrations­geschichte, 68er Bewegung und Gegen­kulturen

In den 1960er Jahren wehte ein Wind des Aufbruchs und Wandels durch die euro­päi­schen Gesell­schaften. Insbe­son­dere die Nach­kriegs­ge­nera­tion glaubte an die Form­bar­keit von Gesell­schaft und Zukunft, an die Wirkungs­kraft poli­ti­schen Handelns. Für sie gehörte die Kluft zwischen Wunsch und Realität, zwischen Verspro­chenem und Mach­barem zu den biogra­fisch prägenden Erfah­rungen. Mit 1968 öffnete sich ein neuer Reso­nanz­raum für Kritik und Alli­anzen gegen die als erstarrt wahr­ge­nom­mene Politik und Gesell­schaft. Doch nicht nur auf der linken Seite rich­tete sich die genera­tio­nelle Dynamik gegen die konfor­mis­ti­schen Haltungen der gesell­schaft­li­chen Mitte und die tradi­tio­nellen Ordnungs­mo­delle der Alten Linken. Auch die Rechte nutzte die dama­lige Aufbruchs­stim­mung, und an ihren Rändern mehrten sich die Stimmen vor allem der jüngeren Genera­tion, die nach Verän­de­rung und Neuan­fang riefen. Beide Seiten sahen sich als Ausdruck von Nonkon­for­mismus und Subver­sion, Revolte und Protest und stritten auf den glei­chen poli­ti­schen und gesell­schaft­li­chen Schau­plätzen um Deutungen und Begriff­lich­keiten. So ist 1968 keines­wegs nur als grad­li­nige, bruch­lose Erzäh­lung eines von links einge­lei­teten Wandels unter eman­zi­pa­to­ri­schen und progres­siven Vorzei­chen zu lesen, wie es im laufenden Jubi­lä­ums­jahr vieler­orts weiss­ge­macht wird.


... Wenn in den laufenden Erin­ne­rungs­ar­beiten die ,,Verwalter der Erzäh­lung von 1968" (Axel Schildt) den Kampf für eine parti­zi­pa­tive, egali­täre und soli­da­ri­sche Gesell­schaft mit Lang­zeit­wir­kungen ins Zentrum stellen, wird vergessen, dass diese Gesell­schafts­ideale eine neue Genera­tion von rechten Intel­lek­tu­ellen und Akti­visten beson­ders heraus­ge­for­dert und ange­sta­chelt haben. Seit ihren Anfängen hat die Neue Rechte nicht nur die Öffnung des Sagbaren und Einfor­der­baren durch die 68er Bewe­gung dazu genutzt, um ihre eigenen gesell­schafts­po­li­ti­schen Posi­tionen zu schärfen, sondern auch von den 68ern gelernt, wie stra­te­gi­sche und seman­ti­sche Arbeit aussieht. Inzwi­schen ist die Neue Rechte von der meta­po­li­ti­schen zur real­po­li­ti­schen Stra­tegie über­ge­gangen und greift offen­kundig nach der Definitions- und Deutungs­macht. Ihre Leser- und Anhän­ger­schaft weitet sich stark aus, ihre Vertreter walten als Stich­wort­geber und Poli­tik­be­rater im globalen Aufstieg der Rechts­po­pu­lismus. Eine Erzäh­lung, die diese konflik­tu­ellen und konkur­ren­ti­ellen Dimen­sionen und Brüche von 1968 ausblendet, vernach­läs­sigt die Vorge­schichte für die gegen­wärtig statt­fin­denden Verschie­bungen und Ausein­an­der­set­zungen zwischen rechts und links.

...


Aus: "1968 von rechts. Das verges­sene Jubi­läum" Damir Skenderovic (2018)
Quelle: https://geschichtedergegenwart.ch/1968-von-rechts-das-vergessene-jubilaeum/

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#342
Quote[...] Saudi-Arabien ist ein autoritär geführtes Königreich, in dem es schon ein epochaler Fortschritt ist, wenn sich Frauen hinters Steuer setzen dürfen. Das ist dann aber auch genug der Freiheit – Kritik am Führungsstil und am Umgang mit Minderheiten duldet die Führung in Riad nicht.

Der vermutliche Mord an dem unbequemen Journalisten Jamal Khashoggi, für den wohl niemals jemand gerichtsfest verantwortlich gemacht werden kann, sollte das auch dem letzten deutschen Wirtschaftsvertreter vor Augen führen. Es ist ein Armutszeugnis, dass bislang kein namhafter Konzernvertreter ein Zeichen setzt und zumindest die Teilnahme an dem anstehenden Wirtschaftsgipfel in Riad absagt. Gerade der Siemens-Vorstandsvorsitzende Joe Kaeser, der sich gerne als AfD-Gegner zur moralischen Instanz aufspielt, sollte sich anders verhalten, wenn er seine Glaubwürdigkeit nicht aufs Spiel setzen will.

Mutig ist es nicht, eine von Medien beklatschte, populäre Position zu beziehen. Mutig ist es, auch dann Haltung zu zeigen, wenn das kurzfristig Geld kosten kann. Doch davon ist die deutsche Wirtschaft leider weit entfernt – egal, ob es um Geschäfte mit den Saudis, der Türkei oder Iran geht. ...


Aus: "Armutszeugnis von Konzernchefs" Johannes Pennekamp (15.10.2018)
Quelle: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/saudi-arabien-kommentar-armutszeugnis-von-konzernchefs-15839382.html

QuoteMoney rules ...

    Karl Fuchs (fuka60), 15.10.2018 - 20:15

Ab einem gewissen Geschäftsvolumen ist das Verhalten des Geschäftspartners hinsichtlich ethischer Maßstäbe sehr zweitrangig - eigentlich müssten dies die Kommentatoren einer konservativen und wirtschaftsnahen Zeitung wissen. ...


Quote

Im Ernst: Hat sich "die deutsche Wirtschaft" je, von welcher ...

    Ralf Finger (R.Finger), 15.10.2018 - 18:31

Sauerei auch immer, davon abhalten lassen, mit den entsprechenden Ländern und Regimen Geschäftchen zu machen? Ohne staatliche Verbote oder massive öffentliche Empörung ist in der Hinsicht, so wie ich dies sehe, NIE etwas (Substanielles) geschehen.
Gerne würde ich mich eines Besseren belehren lassen. Vielen Dank für Gegenbeispiele!


Textaris(txt*bot)

Quote[...] In Kanada sind die Joints seit heute legal. In Uruguay, den US-Staaten Colorado, Washington, Alaska, Oregon und Kalifornien schon seit längerem. Die Coffeeshops von Amsterdam locken Kiffer aus aller Welt. In Spanien und Belgien werden ,,Social Cannabis Clubs" geduldet, in Tschechien der Besitz von bis zu 15 Gramm Marihuana. In der Schweiz gibt es (leichte) Hanfblüten und -zigaretten am Kiosk.

In Deutschland dagegen wird die Drogenbeauftragte an diesem Donnerstag bei der Vorstellung ihres Drogenberichts wieder energisch vor Legalisierung und Verharmlosung des Cannabis-Konsums warnen. Marlene Mortler wird erklären, dass das Kiffen wegen des gestiegenen Wirkstoffgehalts viel gefährlicher geworden ist, als noch vor zwei Jahrzehnten. Die CSU-Politikerin wird vermelden, dass die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung an einem gesamtdeutschen Präventionsprojekt bastelt, für das sie aus dem Haushalt einen Millionenbetrag loseisen konnte. Und sie wird dennoch einräumen müssen, dass die Zahl der Cannabis-Konsumenten trotz Strafandrohung steigt.

7,3 Prozent der 12- bis 17-Jährigen und 15,3 Prozent der 18-bis 25-Jährigen hierzulande hatten in den vorausgegangenen zwölf Monaten Cannabis konsumiert, resümierte der Drogenbericht 2017. Bei jungen Männern war es sogar mehr als jeder Fünfte. Die Cannabis-Prohibition bindet Polizei und Justiz stärker denn je, scheint aber wenig zu fruchten. Und Mortler steht mit ihrem rigiden Kurs politisch zunehmend im Abseits. Außer der Union und der AfD wünschen sich inzwischen Experten aller Bundestagsfraktionen die Entkriminalisierung sogenannter weicher Drogen.

Bei den Jamaika-Verhandlungen waren sich FDP und Grüne schon weitgehend einig – und die Linkspartei wäre auch mit dabei. Alle drei Fraktionen legten Anfang des Jahres detaillierte Legalisierungskonzepte vor. Am weitesten gingen dabei die Grünen, die auf 69 Seiten gleich einen kompletten Gesetzentwurf zur kontrollierten Cannabis-Freigabe präsentierten – ein Entwurf übrigens, der den jetzt in Kraft getretenen Regelungen in Kanada bis in die Details der erlaubten Abgabemengen entspricht.

Die Linke verlangte erst mal nur den Verzicht auf Strafverfolgung für geringe Cannabismengen, die FDP will mit Modellprojekten in den Ländern beginnen. Und die SPD? Bewegt sich nun ebenfalls. Es werde ,,Zeit, endlich auch in Deutschland zu einer neuen Drogenpolitik zu kommen", verkündeten vor kurzem ihre Experten Sabine Dittmar und Dirk Heidenblut. Die Entkriminalisierung der Cannabis-Konsumenten sei ,,da der zentrale Schlüssel".

Die schwarz-rote Verbotspolitik sei ,,krachend gescheitert", sagte der frühere Grünen-Chef Cem Özdemir dem Tagesspiegel. ,,Der Schwarzmarkt blüht, es gibt weder einen funktionierenden Jugend- noch Gesundheitsschutz." Kanada zeige, dass die Legalisierung von Cannabis-Konsum für Erwachsene der richtige Weg sei. Die Regierungskoalition müsse die "Bevormundung der Bürger" beenden und endlich für effektiven Jugendschutz sorgen.

Nur die Union bleibt hart. Der CDU-Politiker Alexander Krauß etwa sprach von ,,verheerenden Folgen" des Freigabe-Experiments in einigen US-Staaten. ,,Solch katastrophale Zustände mit abertausenden Drogenabhängigen, wie zum Beispiel in San Francisco, möchte ich in Deutschland nicht erleben." Es brauche keine Menschenversuche, um herauszubekommen, dass Drogen schädlich seien.

Allerdings gibt es unter den Christdemokraten dazu auch Querdenker. Vor drei Jahren bereits drängte der wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Joachim Pfeiffer, auf einen legalen und staatlich regulierten Cannabis-Markt. Nur so lasse sich organisierte Kriminalität wirksam bekämpfen, befand er gemeinsam mit seinem damaligen Kollegen Dieter Janecek (Grüne). Vorrangig ging es den beiden aber um etwas anderes. Eine Liberalisierung, rechneten sie vor, brächte Steuereinnahmen von bis zu zwei Milliarden Euro im Jahr. Und weitere ein bis zwei Milliarden durch die wegfallende Strafverfolgung von Cannabis-Konsumenten.

Pfeiffer wurde sofort zurückgepfiffen. Es handle sich um eine Einzelmeinung, teilte die Unionsfraktion mit, man sei natürlich gegen die Legalisierung von Cannabis. Interessant war damals übrigens auch der Einwurf eines gewissen Jens Spahn, der inzwischen Gesundheitsminister ist. Mit dem Argument, auf diese Weise den Schwarzmarkt zu bekämpfen und zusätzliche Steuern einnehmen zu können, so der CDU-Politiker, lasse sich auch die Legalisierung von Heroin begründen. Wobei man über den straffreien Besitz geringer Cannabis-Mengen reden könne.

Vor einem Monat preschte aber noch ein weiterer Unionspolitiker vor: Erwin Rüddel, der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Bundestag. Überraschend tat der CDU-Mann kund, dass er offen sei für die von der FDP vorgeschlagenen Cannabis-Modellprojekte. Zwar gebe es bereits viele Erfahrungen anderer Länder mit der Legalisierung von Cannabis. Sie ließen sich jedoch nicht eins zu eins auf Deutschland übertragen.

Eine Frage etwa sei, ob sich der Drogenkonsum durch Entkriminalisierung erhöhe oder ob sich dadurch nicht womöglich auch manche Drogenkarriere verhindern lasse. Die FDP reagierte hocherfreut und bekräftigte ihre Forderung nach Modellprojekten. Niemand könne schließlich ,,dagegen sein, dass wir klüger werden", so ihr drogenpolitischer Sprecher Wieland Schinnenburg.


Aus: "Kiffen kommt der Koalition nicht in die Tüte" Rainer Woratschka (18.10.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/legalisierung-von-cannabis-kiffen-kommt-der-koalition-nicht-in-die-tuete/23198624.html

Quoteschoenfeldp 10:45 Uhr
Ich war bisher gegen die Legalisierung von Cannabis, auch weil ich seit Jahrzehnten nikotinabhängig bin und das für mich als schlimm genug empfinde. Aber..allein die Schadenfreude, wenn Jungs vom Görli sich ein andere Arbeit suchen müssen und zukünftig nicht mehr Scharen von Hipstern und verpeilten Jugendlichen irgendwelches Gras andrehen können, macht mich zum glühenden Verfechter der Legalisierung.


Quotepanicstar 10:54 Uhr
Antwort auf den Beitrag von schoenfeldp 10:45 Uhr

Rauchen ist deutlich schädlicher als kiffen Im Übrigen stehen sie Jungs vom Görli nur dort, weil Leute wie Sie bisher gegen die Legalisierung waren. Ich hoffe Ihre Schadenfreude beinhaltet das Lachen über Ihre eigene Anmaßung.


QuoteiGELig 10:12 Uhr
Ich behaupte nicht, dass Kiffen ungefährlich ist. Genau wie bei anderen Drogen incl. Alkohol gibt es da eine Menge Probleme.

Aber die Verbote haben in der Vergangenheit nichts bewirkt! Im Gegenteil, da man Kanabis legal nicht kaufen kann, blüht der illegale Handel. Ein Besuch im Görli reicht eigentlich als Beweis. Und Dealer achten auch nicht auf den Jugendschutz, Zigaretten sind für Jugendliche schwerer zu beschaffen als Kanabis! ...


QuoteChamster 09:43 Uhr
ich danke dem nicht-süchtigen Teil der Gesellschaft, dass zumindest versucht wird, unsere Kinder vor diesem Dreck zu bewahren. Mit Kiffern braucht man darüber nicht zu diskutieren.


Quotemargin_call 10:05 Uhr
Antwort auf den Beitrag von Chamster 09:43 Uhr

Nach meiner Erfahrung ( Vater von 2 Kindern ) finde Kinder immer einen Weg sich illegales Zeugs zu besorgen.
Deswegen wäre es für das Kindeswohl besser, sie könnten sich ihr Gras legal kaufen als bei dubiosen Dealern in Parks und Bahnhöfen.
Zudem verschwindet da der Reiz des Verbotenen, was auf so manche Kinder eine magische Anziehungskraft ausübt.


QuoteTagtraeumer 08:47 Uhr

Solange Politiker in großen Nachrichtensendungen das Bier ins Bild halten, halte ich sämtliche Aussagen zu Einstiegsdrogen unglaubwürdig.


Quotetca 09:58 Uhr
Antwort auf den Beitrag von Tagtraeumer 08:47 Uhr

Das nennt man Heuchelei.


QuoteSabella 08:38 Uhr
Kaum sind wir seit ein paar Jahren den ekligen Zigarettenqualm in Clubs uns Restaurants los, schon kommt die nächste Idee die Luft legal mit Cannabisdampf zu verpesten.
Ich hoffe das in dieser Frage die Union ausnahmsweise mal Haltung bewahrt und das Zeug verboten bleibt.


QuoteMisterSoGehtsRichtig 09:24 Uhr
Antwort auf den Beitrag von Sabella 08:38 Uhr

Na das ist ja mal eine messerscharfe Analyse.


Quotexberger 07:50 Uhr

Die wirkliche Einstiegsdroge ist der KAFFEE!!! Er war lange verboten. Nun haben wir den Salat und der ist nichtmal veggy!
Selbst in Krankenhäusern wird Kaffee angeboten .... wo sind wir nur hingekommen?


QuoteAl.Dente 10:14 Uhr
Antwort auf den Beitrag von Garzauer 09:14 Uhr

Die wirkliche Einstiegsdroge ist die Muttermilch. Damit fängt es an. Dann Kuhmilch, Cola, Bier, Schnaps... Und da wundern wir uns, dass wir am Ende alle sterben!



Textaris(txt*bot)

#344
QuoteMS-Bielefeld #22

Ex-Soldat erschießt in Kalifornien mindestens zwölf Menschen

... und Präsident Trump versichert den Hinterbliebenen sein aufrichtiges Mitgefühl und Anteilnahme und verspricht umgehend Abhilfe zu schaffen, in dem er Türsteher, Discjockey's und Barkeeper bewaffnen wird.


QuoteDemvolkedienen #20

Trump wird jetzt erneut sagen...."wären die bewaffnet gewesen".......ich stell mir das lustig vor, ich tanze mit einem hübschen Mädchen, ein Killer kommt rein, ich natürlich geistesanwesend und auf alles vorbereitet, ziehe meine Waffe und erschieße ihn bevor er mich erschließt. Danach tanze ich entspannt weiter. ...


Quoteelfotografo #16

Laut Zahlen des Human Development Index aus dem Jahr 2012 stellten die Amerikaner rund vier Prozent der Weltbevölkerung.
Aber 42 Prozent aller Schusswaffen in Privatbesitz lagerten in amerikanischen Schränken.

In den USA kommen auf eine Million Einwohner 29,7 Morde (mit Schusswaffen).
In der Schweiz waren es 7,7, in Deutschland 1,9.

Quelle: FAZ, 18.2.2018


Quote
Ginger_Collins #16.1

Was ist denn in der Schweiz los?


QuoteMajorDanger #16.2

Soweit Ich mich erinnere schließt dies auch Selbstmorde mit ein.


QuoteKelAdo #16.3

Auch in der Schweiz sind die Waffengesetze relativ liberal und es gibt mehr privaten Waffenbesitz als in Deutschland. Bis auf ganz wenige Ausnahmen gilt weltweit der Grundsatz : Je mehr Schusswaffen, desto mehr Tote durch Schusswaffen (Mord und Selbstmord).


QuoteDD84-2 #16.4

Richtig in der Statistik der Waffentoten der Schweiz sind Suizide mit drin. Wenn ich mich richtig erinnere eine unglaublich hohe Zahl, so 80-90% aller Schusswaffentoten.


QuoteHugo Henner #4

Wenn das so weitergeht, wird derartiges in den USA bald zum Alltag. ...


Quotesi-ar #4.2

2017 gab es insgesamt 345 mass shootings. Anhand dieser Zahl, würde ich es als alltäglich bezeichnen.


QuoteCryptocurrency #3.12

... Die meisten Leute hier waren nie in den Staaten, kennen die Kultur nicht, kennen das Land nicht, kennen die Menschen nicht, aber wissen natürlich alles besser. Typisch Deutsch halt, alle so wie wir bitte, alles Andere ist falsch. Wie weit wir damit kommen sieht man ja immer wieder. Es gibt in den Staaten übrigens auch Wildtiere, Bären, Pumas, und co. da können Sie auch 10 Hunde halten, die haben keine Chance.

Waffen sind in einigen Teilen der Staaten unverzichtbar, ob der Deutsche Sofaexperte das verstehen möchte oder nicht.


QuoteKarasing Gargir #3.14 

> Die meisten Leute hier waren nie in den Staaten, kennen die Kultur nicht, kennen das Land nicht, kennen die Menschen nicht, aber wissen natürlich alles besser.

Ich war dort, habe dort gearbeitet, habe Verwandschaft und Freunde dort und kenne also die Menschen.
Seit den mass-shootings der letzten Jahre geht die Zustimmung zu Waffen in der breiten Bevölkerung deutlich zurück. Die Leute fühlen sich auch angesichts der offen getragenen Waffen, wie es in manchen Bundesstaaten erlaubt ist, immer unsicherer. In manchen Gegenden werden Kinder mit schusssicherer Kleidung zur Schule geschickt. In Florida war ich in einem Computershop, da wurde ich am Eingang sehr genau nach Waffen untersucht (mit Abtasten, Beine spreizen usw., wie im Krimi bei den Verbrechern) und im Laden selbst saßen auf hohen Gestellen, ähnlich den Schiedsrichterstühlen beim Tennis, Männer mit entsicherten Waffen und kontrollierten den Laden von oben.
Ein entspanntes Shoppen will sich da nicht so recht einstellen.
Solche Verhältnisse möchte ich in Deutschland auf keine Fall haben.


QuoteRicochet #3.7

Konservative Hardliner verteidigen legale Schusswaffen für den Privatgebrauch häufig mit der Wirkungslosigkeit von Verboten.
Bei der Legalisierung von Drogen sehen sie allerdings das Abendland untergehen, wenn es keine Verbote mehr gibt. ...


Quotecontradore #3.8

"Bitte verzichten Sie auf polemische Behauptungen "

äußerst schwierig auf polemik zu verzichten - angesichts der ständigen behauptungen trumps, noch mehr waffen würden solche amokläufe verhindern.


Kommentar zu: "Ex-Soldat erschießt in Kalifornien mindestens zwölf Menschen" (8. November 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-11/thousand-oaks-kalifornien-schuesse-schiesserei-bar-tote?cid=22850484#cid-22850484

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Ofir: Neulich habe ich etwas sehr Deutsches gemacht: Ich habe jemanden darauf hingewiesen, dass er etwas Verbotenes tut. Ich war in einer Berliner Bar, in der ein Typ andauernd Fotos gemacht hat. Dabei hingen überall diese Verbotssymbole. Ich habe ihm dann gesagt, dass er das Fotografieren lieber lassen sollte, weil die Betreiber da streng sind. Da dachte ich: Jetzt lebe ich wirklich in Deutschland.


Aus: ""Ich bekam das Gefühl, als Jüdin nicht normal zu sein"" (8. November 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/campus/2018-10/antisemitismus-juden-deutschland-berlin-israel-traditionen-herkunft


Textaris(txt*bot)

Quote[..] Neumünster - Ein 34-Jähriger ist am Dienstagabend gegen 20.15 Uhr in Neumünster festgenommen worden, nachdem er seine Nachbarn in einem Mehrfamilienhaus in der Christianstraße mit einer Schreckschusspistole bedroht hatte. Dem vorausgegangen waren Streitigkeiten.

Ein 34-jähriger Hausbewohner hörte lautstark Musik und wurde von seinen Nachbarn angesprochen, die Lautstärke zu reduzieren. Daraufhin zog der Mann eine, wie sich später herausstellte, Schreckschusspistole aus dem Hosenbund. Er lud diese durch, richtete sie auf einen der Mieter und forderte sie auf zu verschwinden. Danach schloss er seine Wohnungstür wieder.

... In seiner Wohnung wurde die Schreckschusspistole aufgefunden und beschlagnahmt. Er selbst machte zur Sache keine Angaben.

Der Mann stand erheblich unter Alkoholeinfluss und wurde bis zum Mittwochmorgen im Polizeigewahrsam untergebracht. Da er sich diesen Maßnahmen widersetzen wollte, wird gegen ihn nun außer wegen Beleidigung und Bedrohung auch noch wegen Widerstand gegen und Tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte ermittelt. Ein entsprechendes Strafverfahren wurde eingeleitet.


Aus: "Mieter bedroht Nachbarn mit Pistole" (14.11.2018)
Quelle: http://www.kn-online.de/Lokales/Neumuenster/Polizeieinsatz-Ruhestoerung-in-Neumuenster-Strafverfahren-eingeleitet

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Was, wenn alle nur noch Minderheit sein wollen? Tristan Garcias Buch "Wir" bilanziert 200 Jahre Politik und zeigt, warum Geschlecht und Herkunft bloß Strategien sind.

Im Mittelpunkt von Wir steht die Frage, wer dieses "Wir" eigentlich sein soll. Die nervige Frage der Identität (ersetzbar durch "Heimat", "Leitkultur", "Mehrheitsgesellschaft" oder "Integration") wird von Garcia nicht einfach beantwortet, sondern auf ihre Voraussetzungen geprüft. Alle wesentlichen Protagonisten haben in diesem Buch ihren Auftritt: die Linken, die gemerkt haben, dass sie die Sache mit der Identität nicht länger den Rechten überlassen können; die Rechten, die begriffen haben, dass ihre Begründung der Identität mit Vaterland, Arbeitskraft und Kernfamilie inzwischen nicht mal mehr den Lebensrealitäten der eigenen Wähler entspricht.

... Zwischen Männern und Frauen, Armen und Reichen, Alten und Jungen, Schwarzen und Weißen, Cholerikern und Melancholikern gibt es zweifellos erkennbare Unterschiede. Sie sind aber weder natürlich noch absolut gesetzt, sondern entsprechen einer Einteilung, die von Menschen, oft mit großem wissenschaftlichen Aufwand, erstellt wurde. Dahinter steckt nicht einfach ein vulgärer soziologischer Konstruktivismus, wie Gegner der postmodernen Linken es gerne behauptet haben. Dahinter stecken die gigantischen Beobachtungsapparate der Wissenschaften und der kulturellen Tradition, durch die wir zu wissen glauben, was ein Mensch, was das biologische Alter, was ein Deutscher ist.

Die Grenzgänger zwischen den Kategorien, die Cyborgs und Binationalen, die Klassenwechsler und Transpersonen, die Altklugen und Berufsjugendlichen fordern diese Einteilungen heraus, weil sie zeigen, dass sie überwindbar sind.

... Welche "Bildschicht" des kleinen persönlichen Kollektivs im Vordergrund steht und wie stark dieser Vordergrund die anderen Identitätsschichten überdeckt, hängt immer davon ab, wer mit welcher Absicht auf wen schaut.

... Der politische Kampf von heute basiert überwiegend auf solchen strategischen Absichten und selektiven Wahrnehmungen. Das könnte damit zu tun haben, dass die Entgründung der Kategorien, von der Garcia spricht, inzwischen sehr weit fortgeschritten ist. Keine Identität ist mehr selbstverständlich. Es könnte auch mit der Art zusammenhängen, wie das Internet Kollektive organisiert und sichtbar macht. Nirgendwo ist es leichter, Teil einer Gruppe oder sogar Bewegung zu sein als in den Sozialen Netzwerken. Es gibt allerdings auch kaum einen Ort, an dem weniger klar ist, was aus einer solchen Zugehörigkeit noch folgt.

Zu sehen war das gerade wieder am Hashtag #unten. Da schrieben Menschen von sozialer Benachteiligung, die es insofern nach oben geschafft haben, als sie Zeit und Muße zum Twittern und auf Twitter auch einige Follower haben. Sind sie die Proletarier von heute? Wahrscheinlich nicht. Haben sie mit den Proletariern von heute vielleicht doch etwas gemeinsam? Wahrscheinlich schon.

Niemand geht in einer Identität vollständig auf. Man ist nie ganz und ausschließlich Kind-ehemaliger-Geringverdiener oder Vom-Patriarchat-benachteiligte-Frau. Wahrscheinlich legt man solche Identitätskomponenten aber auch nie ganz ab. Man kann sich in das Meinungsbürgertum hochgearbeitet haben und trotzdem noch das latente Unterlegenheitsgefühl derjenigen in sich tragen, die früher belächelt wurden, weil ihre Eltern sich keinen Urlaub leisten konnten. Folgt aus einer solchen Biografie, dass man heute automatisch die Linkspartei wählt? Wahrscheinlich nicht. Folgt aus ihr, dass man soziale Benachteiligung noch immer für ein wichtiges Thema hält? Wahrscheinlich schon.

...


Aus: "Die Mehrheitsgesellschaft ist vorbei"  Tobias Haberkorn (16. November 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/2018-11/tristan-garcia-wir-sachbuch-buchkritik-kollektive-identitaet/komplettansicht

Quote
Zeitleserwissenmehr #5

"Die Geschichte zeigt, dass Minderheiten ein strategisches Identitätskalkül unbedingt brauchen. "
Identität ist nur eine andere Form der Kundenbindung - egal ob es um Macht, Politik oder Konsumartikel geht.
"Ethnnomarketing" ist eine etablierte Praxis. Kosmetik für Afro-Amerikaner? Haarconditionier für "nordisches Blond"? Bier nach Reinheitsgebot?
Wer eine starke Identität hat zahlt halt gerne mehr für seine identitätsunterstützenden Produkte.

Ist man erst mal Mitglied in einer Identitätsgruppe dann ist man leichte Beute.


...

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Bei strahlend blauem Himmel tuckerte das Dampfschiff durchs Wasser, auf den Deichen standen Tausende Menschen, die Kinder winkten fröhlich, die Flügel der Mühlen drehten sich im Wind.

Das niederländische Städtchen Zaandam bot am Wochenende eine Bilderbuch-Kulisse für die traditionelle Ankunft des Nikolauses. Doch längst ist dieses Fest kein unschuldiges Vergnügen mehr. Um den Nikolaus und seine schwarzen Helfer ist ein erbitterter Kampf entbrannt. Die schwarz geschminkten ,,Zwarten Pieten" sind für viele ein rassistisches Symbol.

In diesem Jahr wurde der Nikolaus im rot-weißen Bischofsgewand und mit langem weißen Bart auch von Dutzenden Demonstranten empfangen - sowohl Gegnern von Zwarte Piet (,,Schwarzer Peter") als auch Anhängern. Mehrere Hundert Polizisten waren ausgerückt. Der nationale Nikolaus-Einzug in dem Städtchen im Norden von Amsterdam war besser geschützt als ein Risikospiel der Profi-Fußballliga.

In Zaandam blieb es friedlich. Doch nicht so an anderen Orten im Lande. In Groningen, Eindhoven oder Rotterdam war die Stimmung mehr als grimmig. Es kam zu Rangeleien zwischen Demonstranten und Fußball-Hooligans. Die Polizei nahm mehrere Personen fest.

Der Rassismus-Streit wird jedes Jahr heftiger. Sogar Ministerpräsident Mark Rutte sah sich im Vorfeld gezwungen, das Volk zur Ruhe zu ermahnen. Man solle ,,ruhig, würdig und respektvoll" miteinander umgehen. Es sei schließlich ein Kinderfest.

Nach der Legende kommt Sinterklaas im November mit dem Boot aus Spanien an - mit Pieten und Geschenken. Drei Wochen lang ziehen Sint und seine Helfer nun durchs Land bis zur großen Bescherung am 5. Dezember.

Eigentlich liebt jeder die Pieten - wenn da nicht das Outfit wäre. Sie sind meist rabenschwarz geschminkt und tragen bunte Pumphosen, einen passenden Wams mit Spitzenkragen und ein Käppi mit großer Feder. Vor allem aus Sicht schwarzer Niederländer ist dies purer Rassismus: Schwarze würden als dümmliche oder lustige Knechte dargestellt.

,,Die Figur Zwarte Piet ist Rassismus", sagte einer der führenden Gegner, Jerry Afriyie, von der Aktionsgruppe ,,Kick Out Zwarte Piet". ,,Doch die Leute, die das Fest feiern, sind keine Rassisten." In diesem Jahr protestierte die Gruppe in 18 Städten. ,,Blackface ist kein Kinderfest", schrieben sie auf Transparente. Blackface - damit ist die Maskerade gemeint, wenn sich weiße Darsteller das Gesicht schwarz anmalen.

Für die Mehrheit der Niederländer ist Zwarte Piet eine unschuldige Figur. ,,Es ist ein Kinderfest", sagt die Aktionsgruppe Pro-Zwarte-Piet. Für sie gehört die Figur zur niederländischen Identität wie Tulpen und Käse.

Doch so alt ist die Tradition überhaupt nicht. Der Helfer des Nikolauses wurde erst im 19. Jahrhundert zum Schwarzen. In den Jahrhunderten zuvor trat der Sinterklaas entweder alleine auf oder hatte eine Art ungehobelten Knecht Ruprecht bei sich wie seine übrigen europäischen Kollegen.

Auch in anderen Ländern ist das Blackfacing umstritten. Erst kürzlich war eine US-Moderatorin vom TV-Sender NBC nach einer Kontroverse um Blackface-Kommentare entlassen worden. Megyn Kelly hatte über Halloween-Kostüme gesprochen und dabei gesagt, dass es in ihrer Jugend in Ordnung für weiße Menschen gewesen sei, sich das Gesicht schwarz anzumalen, solange man sich als bestimmte Person verkleidet.

In Deutschland gab es Streit beim Karneval: Der Verein ,,Frechener Negerköpp" aus der Nähe von Köln hat nun nach 40 Jahren seinen Namen geändert. Grund waren zunehmende Anfeindungen. Auch ein Karnevalsverein aus Fulda sah sich Rassismusvorwürfen ausgesetzt, weil Mitglieder Kolonialuniformen trugen oder sich als schwarze Menschen geschminkt hatten. In Frankreich musste sich Star-Fußballer Antoine Griezmann 2017 entschuldigen, weil er geschminkt und mit Afro-Perücke als Basketballspieler posiert hatte.

In den Niederlanden nimmt der Streit an Schärfe zu. Eine radikale Gruppe hatte nun sogar versucht, eine einstweilige Verfügung gegen den Nikolaus zu erwirken.

Doch Richter Antoon Schotman in Haarlem wies die Klage ab. ,,Schwarzer Piet ändert sich bereits", sagte er in seinem ungewöhnlichen Schlusswort und sprach vielen aus der Seele. Für die einen gehe das zu schnell, für die anderen zu langsam. ,,Es ist aber wichtig, dass das Gespräch weiter geführt wird."

Den Kindern sei die Hautfarbe total egal, stellte die Amsterdamerin Merel fest. ,,Meine Kinder sehen das gar nicht. Für sie ist nur das Kostüm wichtig." In Amsterdam wurde Piet bereits abgeschminkt und hat nur noch ein paar braune Flecken im Gesicht. Merels kleiner Sohn Wiebe (7) weiß auch genau, warum das so ist. ,,Das kommt vom Ruß", sagt er. ,,Die Pieten klettern durch die Schornsteine und bringen die Geschenke - ist doch klar."


Aus: "Niederlande streiten erbittert um Nikolaus und ,,Zwarte Piet"" Annette Birschel, dpa (18.11.2018)
Quelle: https://www.donaukurier.de/nachrichten/panorama/Brauchtum-Gesellschaft-Rassismus-Nikolaus-Weihnachten-Zwarte-Piet-Niederlande-Niederlande-streiten-erbittert-um-Nikolaus-und-Zwarte-Piet;art154670,3987952

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Den Körper einsetzen für die Karriere? ... Über Bedeutung und Verlust einer Kulturtechnik. ... Sex ersetzt alles, ist mächtiger als die Macht, wussten Homer, Shakespeare und Philip Roth. Frauen (und Männer) schliefen sich nicht selten nach oben, setzten für berufliche oder private Ziele nicht nur geistiges, sondern auch erotisches Kapital ein. ...


Aus: "Gleichberechtigung im Beruf: Stürzen statt Hochschlafen" Ein Essay von Sarah Pines (21. November 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/2018/48/gleichberechtigung-beruf-metoo-frauen-benachteiligung-hochschlafen-unterwerfung