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[Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]

Started by Textaris(txt*bot), March 25, 2007, 08:19:49 PM

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Textaris(txt*bot)

Quote[...] Ich möchte hier vor allem offenlegen, welchen Argumentationslinien Ressentimentbewegungen folgen und weshalb sie sich einer offenen und vor allem ergebnisoffenen Diskussion nicht stellen, und weshalb sie sich ihr auch nicht stellen können.



1.

Das erste und grundlegende Element einer jeden Ressentimentbewegung ist die Konstruktion einer Bedrohung für die Mehrheit durch eine kleine Gruppe, deren Einfluß auf die Gesellschaft, die öffentliche Meinung und die Gesetzgebung viel stärker sei, als es dieser Minderheit aufgrund ihrer Zahl eigentlich zustünde. Das können, um nur die häufigsten zu nennen, wahlweise die Juden, die katholische Kirche, die Homosexuellen, der Islam, die Ausländer, die Linken oder die Feministinnen sein. Auffällig, weil allen Ressentimentbewegungen gemein, ist in allererster Linie, daß sie die Rechte der Mehrheit gegen die vermeintliche Bedrohung durch eine Minderheit verteidigen wollen. Wie kann man auf eine solch absurde Idee kommen, und wieso wird ein derartig offenkundiger Blödsinn nicht sofort von jedem vernünftigen Menschen als solcher erkannt?

Ein naheliegendes und schlüssiges Argument sieht in der Wirksamkeit der Ressentimentbewegungen ein Symptom für eine tief verwurzelte und häufig unbewußte Verunsicherung, wie sie für moderne Gesellschaften und/oder Gesellschaften im Umbruch typisch ist. Diese Unsicherheit und die Angst vor Statusverlust führen in der Regel zu einer Sehnsucht nach – häufig vormodernen – überschaubaren Strukturen, wobei mittlerweile schon die Jahre vor der gesellschaftlichen Öffnung unter der Chiffre ,,1968" zu diesem Bild der überschaubaren vormodernen Idylle zählen.

Daß eine Rückkehr in die Vergangenheit nicht möglich ist, das ist allerdings auch den meisten Vertretern der Ressentimentbewegungen klar. Also führen sie – was in der Regel unbewußt geschieht – einen Stellvertreterkrieg, und nun wird auch klar, warum sie sich stets gegen Minderheiten richten. Es sind die vermeintlichen Profiteure einer gesellschaftlichen Entwicklung, die die Mehrheit verunsichern. Wer davon profitiert, so der kurze Schluß, der muß sie begrüßen, wahrscheinlich vorantreiben, und vielleicht sogar ursächlich für sie verantwortlich sein.

Zudem ist schlichter und simpler Neid eine Ursache für Ressentimentbewegungen: Denn wie kann jemand, der einer Minderheit angehört, die es am besten gar nicht geben sollte, die zumindest aber nicht stören oder auffallen darf und froh sein sollte, geduldet zu sein von der schweigenden Mehrheit, wie kann so jemand von einer Entwicklung profitieren, wenn die Mehrheit nicht von ihr profitiert? So sieht die Angst des Kleinbürgers aus. Daß eine lesbische jüdische schwarze Deutsche in der modernen Gesellschaft die gleiche Unsicherheit erfährt und in der gleichen Verunsicherung in Hinsicht auf Zukunft, Arbeit, Rentensicherheit usw. lebt wie eine jede andere deutsche Mittelstandsfamilie, wird bei dieser Sichtweise völlig ausgeblendet.

Zum einen werden also Gruppen verdächtigt, die in der Vormoderne überhaupt noch nicht in nennenswerter Zahl in der Gesellschaft existierten, wie etwa die eingewanderten Migranten. Zum anderen sind es gerne die Juden allein schon aus schlechter alter Tradition, und Katholiken werden stets immer nur da verdächtigt, wo sie in der Diaspora existieren und als von Rom regiert und daher als potentiell illoyal gegenüber dem Staat, in dem sie leben, gelten.

Linke, oder wie es in den USA heißt, Liberale, sind verdächtig, weil sie diese Sehnsucht nach einer überschaubaren Vormoderne nicht teilen und statt dessen eine weitere Öffnung der Gesellschaft begrüßen und fordern. Damit, mit der Ablehnung der Bunkermentalität, machen sie sich verdächtig. Denn wer in diesen unsicheren Zeiten nicht verunsichert ist, mit dem kann ja irgendetwas nicht stimmen, so das Bauchgefühl derer, deren ganze Verunsicherung auch nur so ein diffuses Bauchgefühl ist, die sich aber nicht aktiv und erkennend mit ihm auseinandersetzen wollen oder können.

Und was ist mit nun dem Antifeminismus, könnte man fragen? Denn Frauen sind keine gesellschaftliche Minderheit, und schon gar nicht sind sie in den letzten Jahren massenhaft nach Deutschland eingewandert. Aber die Rolle der Frau hat sich seit den letzten vierzig Jahren stark gewandelt, und das viel stärker als in den tausend Jahren zuvor, und ihre Rechte – das Wahlrecht, das Recht, einen Mann ihrer Wahl zu heiraten oder auch nur mit ihm zusammenzuleben, das Recht, sich scheiden zu lassen, und so weiter – werden auch noch immer weiter ausgeweitet. So ist beispielsweise die Vergewaltigung in der Ehe seit 1998 strafbar, und so lange der Anteil an weiblichen Führungskräften in der Politik, vor allem aber in der Wirtschaft, noch unter 50 % liegt und das durchschnittliche Gehalt für Frauen unter dem für Männer, wird es noch viele Veränderungen geben.

Das veränderte und sich auch weiterhin verändernde Frauenbild steigert ganz massiv die Verunsicherung von Männern, da es nicht nur Auswirkungen auf die Gesellschaft hat, sondern ganz konkret in das Leben eines jeden (heterosexuellen) Mannes hineinwirkt. Man kann sich zuhause, in seiner Wohnung und im Privatleben den gesellschaftlichen Einflüssen weitgehend entziehen und den modernen Entwicklungen und Zumutungen durchaus verweigern, das zeigen unter anderem Eichenfurnierschrankwand und Hirschgeweih in vielen deutschen Wohnzimmern ebenso wie der Gartenzwerg vor der Haustür, aber man kann sich kaum einem veränderten Rollenverständnis entziehen, will man in einer (,,normalen" heterosexuellen) Partnerschaft leben.

Das veränderte Rollenmodell und die erweiterten Handlungsmöglichkeiten für Frauen haben zudem zur Folge, daß auch männliche Rollen neu gedacht werden müssen, da sie sich ebenfalls nur als Geschlechterrolle, und damit in direktem Bezug zur Rolle der Frauen, definieren und konstruieren lassen.

Doch der Antifeminismus richtet sich, wie der Name schon sagt, nicht gegen Frauen allgemein, und schon gar nicht gegen alle Frauen, sondern gegen den Feminismus, der als existentielle Bedrohung für Männer, für die Familien und die ganze Gesellschaft dargestellt wird.

PS: Nach einer klugen Anmerkung von I.D.A. Liszt: Selbstverständlich ist dieser Versuch, Frauen in "Feministinnen", die eine angebliche Bedrohung darstellen, und in "gute, tatsächliche, unverdorbene und feminin gebliebene" Frauen zu unterscheiden, nichts anderes als eine Methode, die Frauenrechtsbewegung, die nichts anderes als das Menschenrecht auf eine freie Persönlichkeitsentfaltung auch und speziell für alle Frauen einfordert, gegen alle Frauen, und damit gegen alle Menschen, gerichtet.  Jede Behinderung einer Emanzipationsbewegung ist letztlich eine Menschenrechtsverletzung.

Doch der Kampf der Ressentimentbewegungen muß immer gegen vermeintlich Schwächere, gegen Minderheiten, geführt werden und er versteht sich gut darauf, eine vermeintliche Mehrheit zu konstruieren und in diesem Falle eine vermeintliche Mehrheit der "normalen" Frauen in ihr zu subsummieren und in sich zu intergrieren, d.h. dafür zu vereinnahmen, ohne sie nach ihrer Zustimmung gefragt zu haben.



2.

Im zweiten Schritt behaupten nun die Vertreter der Ressentimentbewegungen, heißen sie nun Thilo Sarrazin oder Sarah Palin, Holger Apfel, Pater Tadeusz Rydzyk oder wie auch immer, diesen zu großen und für die Mehrheit vermeintlich gefährlichen Einfluß einer gefährlichen Minderheit trotz deren Verschleierungstaktik erkannt zu haben und ihn, im Namen der ,,schweigenden Mehrheit", der ,,Wahrheit" oder der ,,Gerechtigkeit", aufzudecken, zu entlarven und zurückzudrängen. Das heißt, zum einen stilisieren sie sich nun als Verteidiger dieser ,,schweigenden" bedrohten Mehrheit gegen die als bedrohlich und gefährlich dargestellte Minderheit, die auf dem besten Wege sei, die Macht völlig an sich zu reißen und damit der Mehrheit ihren letzten Rest an Status, der ihr aufgrund ihrer Zahl zukomme, zu entreißen.

Zum anderen unterstellen sie ihren Gegnern eine perfide Doppelstrategie: Der Einfluß dieser kleinen Gruppe wird von ihnen erstens als sehr weitgehend und überproportional dargestellt. Die ganze Gesellschaft, der ,,Mainstream", wie es immer wieder heißt, sei von ihnen bereits völlig durchsetzt und sie stünden quasi kurz davor, die Macht völlig an sich zu reißen. Aber diese geschickten Gegner hätten es zweitens auch geschafft, daß kaum jemand diesen Einfluß überhaupt wahrnehme. Durch ,,eine Art Gehirnwäsche" der ,,gleichgeschaltete Mainstrem-Medien", wie es immer wieder heißt, ist jeder, der ihren Argumenten nicht folgen will, im besten Falle ein naiver Gutgläubiger, der keine Augen im Kopf hat, meist aber ein dogmatischer Dummkopf, der nur nachplappere, was er in der Zeitung läse oder ein nützlicher Idiot der Gegenseite, dem Dogmatismus des Mainstreams verfallen.

Daher ist ein Gespräch mit Vertretern von Ressentimentbewegungen auch nicht möglich. Entkräftet man ein einzelnes Argument mit Zahlen und Fakten, dann wird das entweder als ,,Ausnahme, die die Regel bestätigt" zugelassen und das nächste auf den Tisch gepackt, oder aber die Argumentationsweise als eine Folge der ,,Gehirnwäsche" betrachtet.

Dieser verschwörungstheoretische Aspekt bei Ressentimentbewegungen ist nicht zu unterschätzen, denn ohne ihn würde die ganze Argumentation nicht funktionieren und zusammenbrechen. Denn wenn diese kleine, aber äußerst bedrohliche Minderheit nicht schon beinahe alle Zeitungen, Fernsehkanäle und Köpfe beherrschen würde wie unterstellt, dann gäbe es ja auch keine Gehirnwäsche durch die Mainstream-Medien. Und dann könnte auch derjenige, der ihre Argumente ablehnt, auch kein Dogmatiker sein, der sie in eine verschwörungstheoretische Schublade stecke.



3.

Ein einzelnes Argument oder Beispiel zu widerlegen funktioniert nicht, wie eben gezeigt. Aber das kann auch nicht das Ziel einer Auseinandersetzung sein. Ob nun ein Beispiel stimmt oder nicht, ist vor allem deswegen nicht von Belang, weil alle Vertreter von Ressentimentbewegungen eine Unzahl von Beispielen parat haben, die man im Gespräch im Einzelnen gar nicht widerlegen kann, weil man sie oft nicht kennt. Aber auch das ist nicht weiter von Bedeutung, denn oft genug sind die Beispiele – wie Sarrazins Buch zeigt – zurechtgebogen, verfälscht oder auch erfunden. Denn sie sollen auch gar nicht eine Realität abbilden und zu einer Debatte beitragen, wie das in einer offenen Diskussion der Fall wäre. Sie haben allein die Funktion, die These, daß ,,die uns bedrohen", zu untermauern.

Nur hier kann man ansetzen, ansonsten verstrickt man sich in endlose Debatten darüber, wie viele Kopftuchträgerinnen in Berlin leben, wie viele Kinder im letzten Jahr von Homosexuellen mißbraucht wurden, und wie vielen Vätern pro Woche das Sorgerecht entzogen wird. Das ist mühselig und führt nur zu Verstimmung auf beiden Seiten.

...


[...] In seiner tieferen Bedeutung handelt es sich bei Ressentimentbewegungen um einen Kampf gegen eine innere Verunsicherung, gegen eine weitere Gefährdung des ohnehin geschwächten Selbstbildes. Zugeben, daß er verunsichert ist, wird ein Vertreter einer Ressentimentbewegung nicht. Im Gegenteil, dieses Argument wird er als gemeingefährliche ,,Psychologisierung", als ,,Pathologisierung" seines heroischen Kampfes um Gerechtigkeit betrachten. Mit solchen Argumenten kann man sich einen Feind fürs Leben schaffen. Was aber die Richtigkeit einer solchen Diagnose nur bestätigt. Doch der Vertreter einer Ressentimentbewegung wird in einem solchen Argument, das darauf zielt, daß es eigentlich egal ist, gegen welche Minderheit er gerade zu Felde zieht, und daß dieser Stellvertreterkrieg einzig dem Ziel dient, seine bröckelnde Identität vor einem weiteren Verfall zu bewahren, als eine Ablenkung vom eigentlichen Thema – obwohl es sein Grundthema ist – und einen unzulässigen hinterhältigen persönlichen Angriff verstehen.

Doch der Kampf gegen die eigene Verunsicherung kann nur erfolgreich sein, wenn man sich ihr stellt, sie zuläßt und sich immer wieder die Frage stellt, wie mit dieser Verunsicherung umzugehen ist. Doch das bedroht Selbstbilder, die auf überkommenen Weltbildern ruhen, und das ahnen die Anhänger von Ressentimentbewegungen – unbewußt – meist ganz genau.

Statt dessen bekämpfen sie einen imaginierten und personifizierten Feind, in der Hoffnung, den befürchteten Statusverlust wenigstens zu verzögern, wenn sie ihn schon nicht ganz aufhalten können. Denn noch wähnen sie sich ja einig mit einer schweigenden Mehrheit. Das wird deutlich darin, daß die Ressentimentbewegungen auch stets die Rechte der Mehrheit zu verteidigen vorgeben, und dadurch, daß sie auf eine Verunsicherung in der Mitte der Gesellschaft, verbunden mit dem Unwillen oder der Unfähigkeit, analytisch zu denken, zählen kann, wird sie mit immer wieder mit dem schönen Satz: ,,Das muß man doch noch mal sagen dürfen!" aufwarten und immer wieder hohe Zustimmung erfahren.

Gegenargumente oder Proteste gegen ihre manichäische Weltsicht und ihre Einteilung in Mitstreiter und Feinde dienen ihnen dann dazu, ihre These der gleichgeschalteten Mainstreamedien zu wiederholen, die nicht richtiger wird, wenn man sie wiederholt.

Sarrazins rassistischer Auswurf steht seit Monaten auf Platz 1 der Bestsellerliste, aber er beklagt sich darüber, daß ihn seine Gegner mundtot machen wollten. Woran man sofort einen lupenreinen Vertreter einer Ressentimentbewegung erkennen kann, denn er darf in einer offenen Gesellschaft selbstverständlich jeden Unfug zwischen zwei Buchdeckel schreiben, der ihm einfällt. Niemand hindert ihn daran.

Das wird man doch noch mal sagen dürfen...


Quote
Ernst schrieb am 11.11.2010 um 07:58

... Ressentiments haben ihre ursprüngliche Heimat nach nicht im Intellekt, sondern im Gefühl; von dort aus erobern sie klammheimlich den Intellekt. Sie lähmen ihn und sie mißbrauchen ihn. Wie ein Virus befallen sie den Verstand und machen sich auch die Sinne zu Untertanen.

...





Aus: ""Das wird man doch noch mal sagen dürfen!"" DanielW (10.11.2010)
Quelle: http://www.freitag.de/community/blogs/danielw/das-wird-man-doch-noch-mal-sagen-duerfen



Textaris(txt*bot)

#106
Quote[...] Güvercin: Sind Begriffe wie Multikulturalismus oder Integration längst überholte Begriffe, wie der Migrationsforscher Mark Terkessidis in seinem Buch "Interkultur" ausführt? Sie beispielsweise wurden zu Anfang Ihrer Schriftstellerlaufbahn der "Migrantenliteratur" zugeordnet.

Zaimoğlu: Es ist mir eine große Freude zu sehen, dass die Technokraten, die das Leben ideologisch verkrümmen, und die Populisten und Hysteriker der Wirklichkeit hinterher hecheln. Man kann es natürlich tun. Man kann in seiner warmen Stube hocken und auf eine bestimmte Klientel schielen, und dann anfangen zu fluchen. Man kann Menschen, die sich zunächst einmal nicht wehren können, denunzieren. Das ist eine Frage des Niveaus und sei jedem freigestellt. ... Man darf einen Fehler nicht begehen: Man darf nicht versuchen, mit den Begriffen aus dem Soziologie-Seminar und den Redaktionsstuben Phänomene der sogenannten Unterschicht begreifen zu wollen. Das ist ein großer Fehler, und ich sehe seit 20 Jahren, dass dieser Fehler bewusst oder unbewusst begangen wird, um zu bestimmten Schlüssen zu kommen. Was sind das für Schlüsse? Die Türken können nichts! Wenn man von Ausländern spricht, dann meint man eigentlich die Türken. In den vergangenen Jahren wurde das Fremde mit dem Begriff "Moslem" kodiert. Also man meint den Türken oder Moslem, wenn man Ausländer sagt. Dann sagt man, diese Leute sind nicht angekommen, diese Leute können nichts, sie seien dumm und wollten sich abschotten. In jeder Szene und Schicht der deutschen Gesellschaft, in jeder Klasse gibt es Menschen, die sich abschotten. Wenn man von Abschottungspolitik spricht, dann sollte man sich nicht an die fremdstämmigen Deutschen halten, sondern eher an die Großbürger, also an die Spitzen der Gesellschaft. Da lernt man, was Abschottungspolitik ist. Auf die einfachen Menschen, das einfache Volk einzudreschen, hat eine lange Tradition. Ich bin nicht willens darauf einzugehen. Tatsächlich sollte man auch nicht mehr versuchen, mit den alten Dickköpfen zu sprechen. Das langweilt mich, und das langweilt vor allem die Menschen da draußen. Es ist so oft gesagt worden: Es ist ein soziales Problem und kein kulturelles. Wenn man, statt auf die eigentlichen ökonomischen und sozialen Probleme Deutschlands hinzuweisen, die Diskussion kulturalisiert, dann ist das lumpig. Deutschland ist viel weiter.

...


Aus: ""Ich bestehe darauf!"" (23. November 2010)
Quelle: http://www.migazin.de/2010/11/23/ich-bestehe-darauf/


Textaris(txt*bot)

#107
Quote[...] Die Polizei gab Details zu dem Anschlag bekannt: Unbekannte versuchten demnach, die Eingangstür der Moschee anzuzünden. Ein Passant entdeckte gegen 1.45 Uhr das Feuer, alarmierte die Polizei und begann mit dem Löschen des Brandes. Polizisten gelang es, die Flammen mit Autofeuerlöschern zu ersticken. Am Tatort hinterließen die Täter eine Nachricht, wie es weiter heißt. Nähere Einzelheiten zu dieser Nachricht gibt es bisher offenbar nicht.

Die Ahmadiyya-Gemeinschaft ist eine besondere islamische Strömung, die pazifistisch ausgerichtet ist. Die Wilmersdorfer Moschee ist das älteste islamische Gebetshaus in Deutschland. Es wurde 1928 eröffnet.

Schon im vergangenen Jahr hatte eine Serie von Brandanschlägen auf islamische Einrichtungen in Berlin Empörung ausgelöst. Allein die Sehitlik-Moschee am Columbiadamm - Berlins größtes islamisches Gotteshaus - wurde vier Mal angegriffen. Wer hinter den Anschlägen steckt, wissen die Behörden noch nicht.

(sueddeutsche.de/dapd/dpa)

...


Aus: "Brandanschlag auf Berliner Moschee" (08.01.2011)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/politik/politik-kompakt-brandanschlag-auf-berliner-moschee-1.1043861

-.-

Berliner Polizei fasst mutmaßlichen Feuerteufel (22.01.2011)
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,741034,00.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Pünktlich zum Ende des Jahres erscheint Gazelle in einer ,,unisex" Sonderausgabe mit dem Thema ,,Muslime in Deutschland". Der Titel des Heftes im handlichen Pocketformat lautet ,,Der ewige Muslim". Kaum eine Gruppe in diesem Land steht derzeit so stark im Fokus der Diskussion. Ob in der Politik, im Kulturbetrieb oder Wissenschaft: alle haben eine wichtige Meinung über Muslime zu äußern. Profund muss sie dabei nicht immer sein. Denn schon der Gedanke, dass es DIE Muslime gibt und dass es sich um eine homogene Gruppe handelt, ist ein großer Trugschluss. Auch die verbreitete Meinung, dass ihre Zugehörigkeit zum Islam ein Integrationshindernis darstellt, entlarvt eine große Wissenslücke.

...


Aus: "Aktuelle Ausgabe - Eine Gazelle Sonderausgabe" (2011)
Quelle: http://www.gazelle-magazin.de/newsdetails/article/1/1293539084.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Ansgar Heveling, CDU-Berichterstatter für das Urheberrecht und Mitglied der Enquete-Kommission Digitale Gesellschaft des Bundestags, hat den auf der Musikmesse Midem in Cannes versammelten Vertretern der deutschen Musikindustrie Unterstützung im "Kulturkampf" rund um den dritten Korb der Urheberrechtsnovelle zugesagt. Der Politiker sagte zur Eröffnung des deutschen Midem-Gemeinschaftsstands, er habe zuweilen den Eindruck, die "Ideologen der Freiheit arbeiten kräftig daran, unsere Kultur und Wertschöpfungsketten zu zerstören". Eine Gesellschaft, die das geistige Eigentum nicht schütze, sei keine freie Gesellschaft, so Heveling unter Verweis auf den ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog.

...

(Monika Ermert) / (anw)

Quote24. Januar 2011 14:09
Jetzt bedrohen Raubmordkopierer schon die Freiheit der Gesellschaft ?
Volker Putt (mehr als 1000 Beiträge seit 26.04.07)

Warum tut denn der Staat nix, um uns zu beschützen ?
Unter Honecker hätts sowas nicht gegeben.


Quote24. Januar 2011 14:13
Meldung in kurz
exil (mehr als 1000 Beiträge seit 31.12.02)

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Quote24. Januar 2011 14:17
CDU-ideologisches Gefasel
mopsfidel, heise2010@verbloggt.de (mehr als 1000 Beiträge seit 01.06.07)

> Heveling habe zuweilen den Eindruck, die "Ideologen der Freiheit arbeiten
> kräftig daran, unsere Kultur und Wertschöpfungsketten zu zerstören".

Die Kultur wird kaum durch illegales Filesharing bedroht. Oder ist
uns Mozart, Bach, etc. gerade deshalb heute noch bekannt, weil für
deren Werke kein Entgeld bezahlt wurde?
Die Bedrohung der Wertschöpfungskette ist die eigentliche
Kernbotschaft. Aber die verpackt Herr Heveling geschickt mit der
Bedrohung der Kultur. Clever. So könnte man den Eindruck gewinnen,
Kultur gibt es nur mit Wertschöpfungskette. Das wiederum ist purer
Unsinn.

> Eine Gesellschaft, die das geistige Eigentum nicht schütze,
> sei keine freie Gesellschaft, sagte Heveling.

Puh! An dem Satz hat ein Referent bestimmt eine halbe Nacht
gearbeitet. ...


Quote24. Januar 2011 14:32
Was kostet so ein Statement?
FrogmasterL (mehr als 1000 Beiträge seit 02.11.05)

Bzw. was kostet ein Politiker, der so einen Schwachsinn mit dem
Brustton der Überzeugung von sich gibt?

...




Aus: "Midem: CDU-Politiker stärkt Musikindustrie den Rücken" (24.01.2011)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/Midem-CDU-Politiker-staerkt-Musikindustrie-den-Ruecken-1175793.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Der Islam gehöre nicht zu Deutschland, hatte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) kurz nach der Übergabe seiner Ernennungsurkunde durch Bundespräsident Christian Wulff gesagt. Kabinettskollegin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) reagiert nun: Der Islam gehöre "selbstverständlich zu Deutschland".

... Friedrichs Äußerungen seien ein eher schlechter Start ins Amt, sagte der FDP-Innenexperte Hartfrid Wolff. "Ich bin schon etwas überrascht, dass sich der neue Innenminister gleich mit einer Aussage zu Wort meldet, die ausgrenzt statt zu integrieren." Wolff forderte Friedrich auf, "schnell" von seiner geäußerten Position abzurücken und "im modernen Deutschland 2011" anzukommen.

Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt hatte Friedrich gesagt, die in der Bundesrepublik lebenden Menschen islamischen Glaubens gehörten zu Deutschland. "Aber dass der Islam zu Deutschland gehört, ist eine Tatsache, die sich auch aus der Historie nirgends belegen lässt."

Damit hatte er Bundespräsident Christian Wulff widersprochen. Wulff hatte am Tag der Deutschen Einheit vergangenen Oktober gesagt, "der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland".

Regierungssprecher Steffen Seibert sagte hingegen, er sehe keinen Gegensatz zwischen der Position von Wulff und der Friedrichs. Friedrich habe nicht in Abrede gestellt, dass der Islam Teil der Gegenwart sei. Der Kontrast zu Wulff werde überbewertet. Die Geschichte und Kultur des Landes sei aber tatsächlich vom Christentum, vom Judentum und von der Aufklärung geprägt. "Da kann man also von einer historischen Prägung Deutschlands durch den Islam nicht reden", sagte Seibert. Der Regierungssprecher mahnte, sich von "Definitionskämpfen" zu lösen und sich auf die Aufgabe zu konzentrieren, Menschen verschiedener Herkunft in diesem Land zu integrieren.

...

Quote* Alarcos
    * 04.03.2011 um 16:33 Uhr

geballter unsinn realitätsfern und von grund auf idiotisch. drastische fehlbesetzung.


Quote* michaelrenner
    * 04.03.2011 um 17:07 Uhr

Bayern gehört nicht zu Deutschland

Der Freistaat gibt sich viel Mühe nicht als Teil Deutschlands zu erscheinen. In nahezu allen Medien (ja selbst im Wetterbericht) wird zwischen Bayern und Deutschland streng getrennt (O-Ton B3: die Wolkenfront zieht über Franken nach Deutschland weiter .....). Viele Bayern sprechen kein Deutsch, zum Glück verstehen alle Bayern wenigsens Deutsch! In keinem anderen deutschen Bundesland dürfte es derart viele religiöse Eiferer geben wie in Bayern. Die bayrische Variante der Integrationsverweigerung wird seit 1871 konsequent von jeder Regierung in München mit Billigung der Bevölkerung betrieben. Aber vielleicht hat der CSU-Mann von seiner (rechts-) Aussenposition ja einen besonders guten Blick nach Deutschland und kann wagt deshalb zu beurteilen wer zu uns gehört und wer nicht.


Quote* ASasse
    * 04.03.2011 um 17:02 Uhr

Kopftuchträgerinnen, Bibel, Fundamentalisten?

In unserem Dorf gibt es auch jede Menge Kopftuchträgerinnen. Ich bin davon überzeugt, dass die zu unserem Dorf gehören. Das Kopftuch ist komisch, aber diese Diakonissen sind eigentlich ganz nett. Leben in unserem Dorf fast wie so eine Hippiekommune, nichts von bürgerlicher Familie und so...

Die Bibel wurde nicht in Deutschland geschrieben, sondern irgendwo anders. Allerdings scheint es an Weihnachten so zu sein, dass einige in christliche Kirchen gehen. Wenn deshalb das Christentum zu Deutschland gehören soll, dann habe ich nicht verstanden weshalb eine andere Religion zu deren Events auch Leute scharenweise hingehen nicht zu Deutschland gehören soll. Vielleicht verwechselt Herr Friedrich seine C-Partei mit Deutschland? Fundamentalisten...


Quote* drxt
    * 04.03.2011 um 16:25 Uhr

... Dass der Islam zu Deutschland gehört, ist ein unbestreitbarer Fakt - "In Deutschland leben rund vier Millionen Muslime, knapp die Hälfte besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit." Daher bedeutet "Der Islam gehört nicht zu Deutschland." eigentlich "Ich will nicht, dass der Islam zu Deutschland gehört." Darum geht es im Kern und nicht um die scheinheilige "Leitkulturdebatten"...


Quote* Wir
    * 04.03.2011 um 16:49 Uhr

Epidemie des Kulturkreis-Historismus

,,Ohne die Islamische Philosophie hätte es weder Scholastik noch Aufklärung geben können", Frieder Otto Wolf (Philosoph).
Auch Lutz Berger (Islamwissenschaftler) spricht von einem entscheidenden islam-wissenschaftlichen Einfluss auf die europäische Aufklärung.

Über die geschichtliche Rolle des Koran, dem Offenbarungsbuch der Muslime, schreibt Prof. Dr. Paul Schwarzenau einführend in seinem erhellenden Buch: Korankunde für Christen – Ein Zugang zum heiligen Buch der Moslems – (2001): ,,Der Koran ist zugleich das letzte antike und das erste moderne Buch. Im Zusammenhang damit ist an den mächtigen Geschichtsimpuls zu denken, den der auf dem Koran fußende Islam dem Abendland für die Bildung eines modernen Bewusstsein gegeben hat".
,,...Doch sind wir Europäer blind für die kulturelle Schuld, in der wir beim Islam stehen", schreibt einer der weltweit renommiertesten Islamwissenschaftler W. Montgomery Watt in seinem Meisterwerk: Der Einfluss des Islam auf das europäische Mittelalter, Berlin 1989, S. 13, 14.

Hans Küngs "Islam" sowie Karl-Josef Kuschels "Vom Streit zum Wettstreit der Religionen - Lessing und die Herausforderung des Islam" sind in diesem Zusammenhang auch sehr lesenswert.
Nicht zu vergessen ist Sigrid Hunkes "Allah´s Sonne über dem Abendland"!

...


Quote* Ida Tschichoflos
    * 04.03.2011 um 17:09 Uhr

Schizophrenie als Modewelle

Die liebe CDU/CSU kultiviert offenbar eine eifrige Vorliebe fürs Sich-Blamieren. Das verbale Aktionsprogramm der entsprechenden Regierungsmitglieder verwandelt sich dabei nachhaltig in potentielles Dissertationsmaterial zum Thema "Über den lebensnotwendigen Einsatz schizophrener Wahrnehmungsstrukturen zum politischen Machterhalt".
Erst spaltet Frau Merkel ihren Ex-Verteidigungsminister liebenswürdigerweise auf in eine losgelöste wissenschaftliche(sic!) Teilpersönlichkeit versus die heldisch-begabte Minister-Hauptpersönlichkeit, dann tritt Herr Friedrich baldmöglichst in ihre Fußstapfen, um zwischen zu Deutschland gehörenden Menschen islamischen Glaubens versus nicht zu Deutschland gehörendem islamischem Glauben strikt zu trennen.
Möglicherweise finden die Damen und Herren der CDU/CSU-Regierung ja mittlerweile keine Zeit mehr, um auch nur ansatzweise über die naheliegenden gedanklichen Konsequenzen ihrer eigenen postdoktoralen Aussagen nachzudenken. ...



Aus: "Friedrichs Islam-Äußerungen sorgen für Ärger in der Koalition" (4.3.2011)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/deutschland/2011-03/friedrich-islam-kritik


Textaris(txt*bot)

#111
Anders Behring Breivik (IPA: ['andəʂ 'beːriŋ 'bræɪviːk]; * 13. Februar 1979 in Oslo[1], nach anderen Quellen in London[2]) ist der Täter der Anschläge in Norwegen 2011, bei denen 77 Menschen ums Leben kamen, überwiegend Teilnehmer am Zeltlager einer sozialdemokratischen Jugendorganisation. Er wurde am 22. Juli 2011 festgenommen und gestand am nächsten Tag die Taten umfassend.[3] Als Motiv für die Anschläge gab der zum Tatzeitpunkt 32-jährige Mann an, Norwegen gegen den Islam und den ,,Kulturmarxismus" verteidigen zu wollen. Er habe die regierenden Sozialdemokraten ,,so hart wie möglich" treffen wollen, da sie zum ,,Massenimport von Moslems" nach Norwegen stark beigetragen hätten.[4][5] .... (6. Oktober 2011)

http://de.wikipedia.org/wiki/Anders_Behring_Breivik


-.-

Quote[...] Die mehr als 1.500 Seiten seines Manifestes offenbaren einen guten Einblick in die Weltanschauung des norwegischen Attentäters Anders Behring Breivik. Der Autor verortet sich selbst als Teil einer "Paneuropäischen Patriotischen Widerstandsbewegung". Er bedient sich dabei christlich-fundamentalistischer, rechtspopulistischer und extrem rechter Denkfiguren und Argumentationsmuster.

Neben der biografischen Inszenierung und den organisatorischen und militärischen Anleitungen zum Krieg ziehen sich besonders zwei Perspektiven durch das Manifest. Zum einen: ein apokalyptische Szenarien ausmalender antimuslimischer Rassismus, der sich ausgiebig am Rechtspopulismus bedient.

Zum anderen beschwört Breivik einen "Kulturmarxismus", den er für die Zerstörung traditioneller Familienmodelle und die Einwanderung nach Europa in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verantwortlich macht. Die Dämonisierung der Vertreter der Kritischen Theorie als Zerstörer traditioneller Werte reicht bei ihm so weit, dass er selbst die europäischen christdemokratischen Parteien als deren Apologeten ansieht und zu Feinden im bereits begonnen Krieg erklärt.

Breivik distanziert sich von Hitler und vom Antisemitismus. Seine Warnung an mögliche Sympathisanten vor der Verwendung biologistisch-rassistischer Argumentationsmuster ist auch taktisch motiviert, um eine Stigmatisierung als "Rassist" oder "Nazi" zu vermeiden. In Einklang mit gängigen rechtspopulistischen Denkfiguren bezeichnet er Kultur und Religion als überzeitlich gegebene gesellschaftliche Ordnungsmuster.

Ebenfalls gemäß der rechtspopulistischen Ideologie warnt Breivik vor der Zerstörung angestammter Gemeinschaften durch eine multikulturell globalisierte Gesellschaft. Er beschwört dabei das Szenario einer Fremdherrschaft durch einen als homogen und expansiv gedeuteten Islam. Dieser werde durch einen inneren Feind hofiert, nämlich eben: durch den linken Internationalismus und den Multikulturalismus.

Breivik sieht seine Attentate als Bestandteile eines jahrhundertealten Kampfes, bei dem sich das christliche Europa gegen die islamische Bedrohung und seine Helfer zu wehren habe.

Die historischen Anleihen von Breiviks terroristischem Kulturkampf werden auf dem Deckblatt des Traktats deutlich. Der Bezug auf Symbolik und Ideengut der Tempelritter transportiert nicht nur die Idee eines permanenten Kreuzzugs, sondern auch die Vision von der Aufstellung einer neuen elitären Miliz. Diese dient in seinen Plänen als Vorkämpferin einer elitären und explizit patriarchalen Form der Gemeinschaft, die nicht zuletzt durch eugenische Maßnahmen bevölkerungspolitisch kontrolliert wird.

Dieser Miliz weist Breivik im Rahmen eines auf Jahrzehnte prognostizierten Kampfes eine entscheidende Rolle zu. Durch rücksichtslose und spektakuläre Taten müsse, ganz im Sinne der faschistischen "Tatgemeinschaft", Aufmerksamkeit geschaffen werden: "Um die kulturmarxistische/multikulturelle Medienzensur erfolgreich zu durchbrechen, müssen wir erheblich brutalere und atemberaubende Operationen durchführen, die Opfer fordern werden. Damit der Angriff an Einfluss gewinnt, müssen Attentate und der Gebrauch von Massenvernichtungswaffen hinzugezogen werden", heißt es in Breiviks Traktat.

Breivik selbst sieht sich als Anhänger einer "Wiener Denkschule" – eine direkte Referenz auf den antimuslimischen Blog Gates of Vienna. Auch die Jahreszahl 2083 auf dem Titelblatt seines Manifests beschwört die Wiederkehr der Entscheidungsschlacht gegen den Islam. Entsprechend weist sein Text signifikante Schnittmengen zu Verschwörungstraktaten wie dem Minority Report oder dem Eurasia-Code des skandinavischen Bloggers Fjordman auf, die seit Längerem in der Blogger-Szene zirkulieren.

Breivik bezeichnet seine Weltsicht als "Kreuzzugsnationalismus" und als "Hybrid verschiedener rechter Ansätze", für den er auf die Unterstützung von etwa 35 Prozent der Europäer hofft.

Kaum etwas an Breiviks Botschaften ist neu; die weltanschauliche Rahmung für dieses Traktat stammt zu großen Teilen aus dem virtuell feilgebotenen Selbstbedienungsladen der rechtspopulistischen Bloggerszene und deren parteipolitischen Akteuren sowie von neonazistischen Internetseiten.

Bei Breivik verdichten sich auf ebenso extreme wie profane Weise unterschiedlich gelagerte Feindbilder und Verschwörungstheorien zu einem apokalyptischen und terroristischen Kulturkampf-Szenario.


Aus: "Breiviks profane Apokalypsen" Alexander Häusler | Fabian Virchow (26.7.2011)
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2011-07/norwegen-manifest-breivik

-.-

Quote[...] Rechtspopulisten in Europa verurteilen die Attentate von Oslo und Utøya als die eines psychopathischen Einzeltäters. Auch der Niederländer Geert Wilders sagt, weder seine Freiheitspartei noch er selbst seien ,,verantwortlich für einen einsamen Idioten". ...

QuoteNatürlich...
René Fitzmann

Unheimlich scheinheilig das Ganze. Wenn ich die Kommentare und die Artikel auf einschlägigen Seiten lese, dann kommt es mir so vor als könnte man die Zeit um 80 Jahre zurückdrehen, Muslime mit Juden ersetzen und es hätte den gleichen Sinn. Das ist rassistischer Extremismus in seiner reinsten Form und hat nichts mit einer sachlichen Islamkritik zu tun. Floskeln werden ständig wiederholt, beleidigende und hetzende Bezeichnungen kreiert und man lässt jeglichen Konstruktivismus vermissen.



Aus: ",,Schlag ins Gesicht der Anti-Islam-Bewegung"" (26. Juli 2011)
Quelle: http://www.faz.net/artikel/C32742/reaktionen-rechtspopulistischer-parteien-schlag-ins-gesicht-der-anti-islam-bewegung-30473716.html

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Quote[...] Das Massaker von Norwegen ruft Trauer und Bestürzung hervor, auch Tage später noch, begleitet von tiefer Ratlosigkeit. Wie konnte so etwas passieren? ...

... rechte Spinner [bringen] in Internetforen Verständnis für den Mörder auf. Sie gestehen ihm Notwehr zu gegen einen Mainstream, der Überfremdung und Islamisierung Tür und Tor öffne.

... Woher solche Täter kommen, welche Motive und Umfelder sie haben, ist Kern jeder professionellen Analyse.

... es eint [...] die extremistischen Ideologien, vom Kommunismus über den Faschismus bis zum Islamismus, dass sie besondere Umstände geltend machen, in denen auf dem Weg zur vermeintlichen Weltrettung Mord legitim wird. "Schrecklich, aber notwendig" sei der Anschlag, schrieb der mutmaßliche Täter in Norwegen. "Schrecklich, aber notwendig" waren auch die Gulags und ist jeder Anschlag von Bagdad bis Bali.

... Ebenso gefährlich wie die Relativierung ist der Reflex, dem jeweiligen politischen Gegner eine Mitschuld zu geben. Die Bluttat ist ein verführerisches Vehikel für die These, es gäbe eine direkte Linie vom Populisten Geert Wilders über das schwache Buch des Thilo Sarrazin bis nach Oslo - es gäbe gar eine mehrheitsfähige gesellschaftliche Stimmung in Europa, die diesen Massenmord begünstigte. Zugespitzt: Das rechtspopulistische Milieu, dem der irrsinnige Täter angehört, sei mindestens so gefährlich und einflussreich wie das islamistische - und wir sollten unsere Antennen entsprechend justieren. Diese These ist absurd. Denn es gibt keinen Vertreter irgendeiner Regierung in der westlichen Welt, der diese Tat eines Wahnsinnigen offen oder heimlich beklatscht oder relativiert. Aber es gibt Dutzende Beispiele in islamischen Staaten, vom Iran bis Malaysia, in denen Terror und Mord bejubelt und verharmlost wurde und wird.

Das Massaker von Norwegen eignet sich nicht für Rechthaberei und ideologische Triumphe. Es ergibt keinen Sinn.

...

QuoteBermerkenswerte These- leider aber falsch
26.07.2011, 13.15 Uhr, peterschmitz

Jemand, der wie Sarrazin, Wilders oder Broder Hass und Diskiminierung das Wort redet und solchen Gewalttätern den theoretischen Hintergrund liefert, soll also frei von jeder Schuld sein?

Komische Vorstellungen haben sie.


QuoteStimmt
26.07.2011, 12.43 Uhr, Bliesheimer

Der islamische Atttentäter hat offizielle Befürworter und auf der rechten Seite sind die Täter Spinner ohne Rückhalt. Sie bleiben ihrem Weltbild treu. Es gut zu wissen, dass kein Rechtspopulist heimlich Beifall klatscht. Tobias Kaufmann kennt sich aus.



Aus: "Keine Linie zu Wilders und Sarrazin" Tobias Kaufmann (26.07.2011)
Quelle: http://www.ksta.de/html/artikel/1311518161944.shtml

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Quote[...] 26. Juli 2011 2011-07-26 14:43:00 Den bevorstehenden Wahlkampf haben Norwegens Parteien nach den blutigen Attentaten am vergangenen Freitag verschoben. Die Entscheidung dazu fiel ihnen nicht schwer – welches Plakat, welche Kampagne wäre nach der Bombenexplosion in Oslo und dem Massaker auf der Insel Utøya auch angemessen?

Besonders nötig hat diesen Aufschub die rechtspopulistische Fortschrittspartei: Ihr hatte der Attentäter Anders Behring Breivik einige Jahre lang angehört, sie hat seit Ende der achtziger Jahre mit der Warnung vor einer Überfremdung Norwegens stetig Wähler hinzugewonnen. Doch am Dienstag hat ein streitbarer Professor die Schonfrist gebrochen. In einem Interview mit dem öffentlich-rechtlichen Radiosender NRK sagte Per Fugelli, der an der Osloer Universität den Lehrstuhl für Sozialmedizin innehat und in Norwegen ein häufiger Gast von Talkshows ist, die Fortschrittspartei trage ,,eine Mitverantwortung" für die grausamen Geschehnisse.

Siv Jensen, die Vorsitzende der Partei, kritisierte den Vorwurf umgehend als einen Verstoß gegen die politischen Sitten. Sie hatte schon am Wochenende alle Fortschrittsparteiler symbolisch zu Mitgliedern der Jungsozialisten erklärt, deren Sommerlager der Massenmörder heimgesucht hatte. Doch im sozialen Netzwerk Facebook schicken sich Gegner der Partei schon seit dem Wochenende Links zu den Texten, die nach ihrer Ansicht den wahren Geist der mit 41 Sitzen und knapp 23 Prozent der Stimmen zweitstärksten politischen Kraft im Storting ausmachen.

Sie müssen dazu in den Archiven nur ein knappes Jahr zurückblättern. Damals veröffentlichte Christian Tybring-Gjedde, der die Fortschrittspartei seit sechs Jahren im norwegischen Parlament vertritt, in der Zeitung ,,Aftenposten" einen geharnischten Gastbeitrag: Eine ungebremste Zuwanderung werde ,,Norwegen in Stücke reißen", heißt es darin; einige Stadtteile im Osten Oslos seien schon jetzt ,,Enklaven ohne ethnische Norweger". Weil sie diese Entwicklung befördere, sei die sozialdemokratische Arbeiterpartei ,,ein Dolch im Rücken der norwegischen Kultur".  ... Später verteidigte sich Tybring-Gjedde damit, seine Überzeugung entspreche der Mehrheitsmeinung, die auf Partys geäußert werde, aber nie in der öffentlichen Debatte.

,,Auf die Fortschrittspartei wartet eine deftige Rechnung", prophezeit nun der Politologe Magnus Marsdal, der mehrere kritische Bücher über den Aufstieg der Partei geschrieben hat. Die Partei vertrete seit einem Vierteljahrhundert die Theorie, dass eine von der Arbeiterpartei repräsentierte Elite die breite Bevölkerung verrate. Spätestens seit den Anschlägen vom 11. September 2001 sei eine Tendenz zur Stigmatisierung des Islam hinzugetreten. Im Wahlkampf vor den Parlamentswahlen 2009 hatte etwa Siv Jensen selbst, die im Gegensatz zu Tybring-Gjedde nicht dem rechten Flügel ihrer Partei zuzurechnen ist, vor einer schleichenden ,,Islamisierung" Norwegens gewarnt.

,,Verschwörungstheorie und Islamophobie, das ist das Grundgerüst im Weltbild des Terroristen", sagte Politologe Marsdal am Dienstag dieser Zeitung. ,,Man darf Handlung und Haltung zwar nicht gleichsetzen. Aber nicht jede Haltung ist unschuldig."


Aus: "Rechtspopulisten in Norwegen: Haltung, Handlung, Rechnung" Von Sebastian Balzter, Oslo (26. Juli 2011)
Quelle: http://www.faz.net/artikel/C32742/rechtspopulisten-in-norwegen-haltung-handlung-rechnung-30473439.html

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Quote[...] Moskau/Wien/Rom/Prag (dpa) - Der brutale Doppelanschlag von Oslo hat in vielen Ländern eine Diskussion über mögliche geistige Brandstifter ausgelöst. Die Menschen fragen sich, auf welchem Nährboden Hass entstehen kann, wie er sich in Anders Behring Breiviks Bluttat entladen hat. Andere sehen in ihm einen Psychopathen, der auch losgelöst vom politischen Umfeld gemordet hätte.

In RUSSLAND greifen Medien die Sicht des Attentäters auf, dass Europa von einer «islamistischen Eroberung» bedroht werde. Die Boulevardzeitung «Komsomolskaja Prawda» zieht Parallelen zu Adolf Hitler, dessen Rassenideologie in Russland heute viele Anhänger habe. «Breivik hat die geheimsten Wünsche einiger seiner russischen Gefolgsleute erfüllt», kommentiert die Zeitung.

Auch in ÖSTERREICH debattiert man über etwaige geistige Grundlagen des Massakers. Dabei gerät die FPÖ ins Visier, die mit Hetze gegen den Islam für Schlagzeilen sorgt. Denn eines ihrer Wahlkampfcomics zeigt Türken während der Belagerung Wiens mit aufgespießten Kinderköpfen, und eine Kommunalpolitikerin bezeichnet den Propheten Mohammed als «Kinderschänder». Breivik spricht in seinem «Manifest» unter anderm von «Brüdern und Schwestern» in dem Alpenland und nimmt Bezug auf die Belagerung Wiens durch die Türken 1683.

Auch andere Journalisten, Experten und Wissenschaftler werfen den Rechten verbale «Brandstiftung» vor: «Wenn man lange genug hetzt, dann findet man Leute, die zur Tat schreiten», sagt der Politikwissenschaftler Thomas Schmidinger der österreichischen Nachrichtenagentur APA. Die FPÖ reagiert entrüstet: Es sei unfassbar, dass man nun versuche, so ein grausames Verbrechen politisch zu missbrauchen, erregt sich FPÖ-Parteichef Heinz-Christian Strache.

In ITALIEN herrscht in der Presse eher die Idee vor, dass Breivik ein verrückter Einzeltäter sei. So meint etwa die linksliberale römische «La Repubblica»: «Es wäre absurd zu behaupten, dass der Mörder mit einer Bombe und dem Schnellfeuergewehr Ideen herausragender europäischer Politiker ausgedrückt hat.» Jedoch gebe es in Europa extremistische Ideen wie die von Breivik.

Bei der extremistischen Lega Nord stößt Breiviks Gedankengut nicht auf vollständige Ablehnung: Der für polemische Sprüche bekannte Europaparlamentarier Mario Borghezio erklärte im Radio: «100 Prozent der Ideen Breiviks sind richtig, manche sind sogar ausgezeichnet» - nicht ohne vorher das Massaker zu verurteilen.

In den NIEDERLANDEN kreist die Diskussion um die Partei für die Freiheit (PVV). Deren Vorsitzender und Islamkritiker Geert Wilders hat die Terroranschläge in Norwegen verurteilt und den Täter als «Wahnsinnigen» bezeichnet. Zugleich wies er am Dienstag jedwede potenzielle Mitschuld durch seine islamkritischen Reden zurück. Breivik hatte in seinem «Manifest» diese Reden zitiert. «Es erfüllt mich mit Abscheu, dass der Täter in seinem Manifest auf die PVV und mich verweist», erklärte Wilders.

In POLEN schreibt die «Gazeta Wyborcza»: «Das (Attentat) sollte vor allem eine Warnung an rechtsextreme Parteien und Organisationen sein, aus deren Ideologie Breivik mit vollen Händen geschöpft hat - Englische Liga der Verteidigung, niederländische Partei der Freiheit von Geert Wilders, Schwedische Demokraten oder die Partei der echten Finnen».

Die polnische Linke rief die Regierung in Warschau auf, den Kampf gegen rechtsextreme Gruppierungen im Internet zu verstärken. Internetseiten von «Redwatch Polska» oder «Blood and Honour» seien weiterhin zugänglich, obwohl sie längst geschlossen werden sollten.

In FRANKREICH rückt die Front National ins Zentrum der Debatte. Die Partei habe mit ihrer ausländerfeindlichen Politik dazu beigetragen, den Nährboden für den Terror von Oslo zu schaffen, kritisierte die Anti-Rassismus-Initiative Mrap. Eine Gruppe führender Sozialisten schrieb, das Attentat von Norwegen zeige, wohin die «Hassreden» der Rechtsextremen führten. Das linksgerichtete Nachrichtenmagazin «Nouvelle Observateur» sieht in dem Attentäter von Oslo gar die «Verkörperung eines neuen Gespenstes, das in Europa umgeht». Die Front National selbst wehrte sich hingegen vehement gegen alle Vorwürfe, mit ihrer Politik Terroristen Vorschub zu leisten.

Der Außenminister von TSCHECHIEN, Karel Schwarzenberg, hat die Terrorakte als Taten eines psychologisch gestörten Einzeltäters verurteilt. Er sehe aber die Verbreitung verschiedener extremistischer Gruppierungen in der ganzen Welt mit Sorge, sagte er dem Nachrichtenportal «aktualne.cz». Diese Aggressivität trete überall dort auf, wo es zu einer deutlichen Einwanderung aus einem anderen kulturellen Umfeld gekommen sei.

Die Wirtschaftszeitung «Hospodarske Noviny» sieht das anders: «Alles, was wir über Breivik erfahren, beweist, dass er morden würde, auch wenn es in ganz Europa keinen einzigen muslimischen Einwanderer gäbe.»


Aus: "Europa debattiert über geistige Brandstifter" (26. Juli 2011)
Quelle: http://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/infoline_nt/thema_nt/article13508668/Europa-debattiert-ueber-geistige-Brandstifter.html

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Quote[...] Die Tat des Norwegers ist dermaßen ungeheuerlich, so abseitig und unbegreiflich, dass man versucht ist, irgendeine Erklärung für sie zu finden, um nicht selber irre zu werden.

... Ja, hätte man Hitler damals an der Kunstakademie angenommen, wäre er nicht in die Politik gegangen, wäre der Zweite Weltkrieg ausgefallen, würde Wroclaw noch immer Breslau heißen.

Und hätte der blonde und blauäugige Norweger nicht Broder und Sarrazin gelesen, sondern Patrick Bahners und Roger Willemsen, wäre er nicht zum Massenmörder geworden.

Ich weiß, ich vereinfache, ich versuche nur, mit der Gegenseite Schritt zu halten, die mit einer Schamlosigkeit sondergleichen versucht, sich einen moralischen Vorsprung zu verschaffen, indem sie die Verantwortung für einen Massenmord ,,Islamkritikern" von Ates bis Sarrazin, von Broder bis Wilders in die Schuhe zu schieben versucht. Umgekehrt wird ein Schuh daraus.

Breivik ist ein Monster in Menschengestalt, dumm ist er nicht. Er hat seine Tat sorgfältig vorbereitet. Dazu gehört auch jenes ,,Manifest", in dem außer mir auch andere bekannte ,,Islamkritiker" wie Richard Rorty, Immanuel Kant und Franz Kafka erwähnt werden.

Breivik wusste, dass er seine Tat ,,rational" begründen muss. Und das hat er nicht bei mir und Thilo Sarrazin gelernt, sondern bei Mohammed Atta und Osama Bin Laden, bei den Attentätern von Madrid, London, Mumbai, Bali; bei Carlos, dem Schakal, und den ,,Märtyrern", die ein Video aufnehmen, bevor sie ins Paradies aufbrechen.

Und wann immer ein Terroranschlag passiert war oder im Ansatz vereitelt wurde, von den Semiprofis der Hamburger Zelle bis zu den Amateuren der Sauerland-Gruppe, eilten sofort Experten an den Tatort, das heißt in die nächste Ausgabe der ,,Tagesschau", um die Mutter aller Fragen in den Raum zu stellen: Wie verzweifelt müssen Menschen sein, die so etwas tun?

...  Nach dem Mord an Theo van Gogh mochte sich kein Kommentator den Hinweis verkneifen, der holländische Filmemacher habe viele Muslime ,,beleidigt"; wie später der dänische Zeichner Kurt Westergaard, der seinen Beinahe-Mörder mit einer Mohammed-Karikatur herausgefordert hatte.

Breivik hat das alles mitbekommen. Gut möglich, dass er sich gedacht hat: ,,Was die können, das kann ich auch." Und hätte er sich als Ziel nicht ein Ferienlager der Sozialistischen Jugend ausgesucht, sondern eine amerikanische Einrichtung oder eine israelische Sportlergruppe, wären die Differenzierer und Versteher wieder unterwegs: Schrecklich, diese Tat, aber...

Auf Wikipedia findet man eine Liste der ,,suicide bombings" im Irak im Jahre 2010. Es sind Dutzende von Anschlägen mit Hunderten von Toten. Ich kann mich an keinen einzigen Bericht erinnern, in dem die Frage gestellt worden wäre, was die Terroristen gelesen hatten, welche Art von Lektüre sie zu ihren Taten animiert hatte.


QuoteFDGO
vor 21 Stunden

Es ist doch gar nicht so schwer: Wer Broder für die Verbrechen in Norwegen verantwortlich macht, der muss auch den Grünen die Schuld an der RAF geben und Muslime für islamistischen Terror zur Verantwortung ziehen.
Gerade diese simplifizierten Denkstrukturen sind es, die unsere Gesellschaft zerstören.
Was ist eigentlich mit den Biobauern? Der Attentäter war Biobauer! Muss man jetzt den Staatsschutz auf die Biohöfe schicken? Wie ist das mit Patchwork- Familien. Der Attentäter wuchs in solchen Verhältnissen auf. Müssen wir nun Patchwork- Kinder unter Beobachtung stellen?


QuotePontius Pilatus

vor 21 Stunden
Auch ich wusch meine Hände in Unschuld!


QuoteMike
vor 21 Stunden

Er hat doch vollkommen Recht. Wieviele Menschen mussten eigentlich aufgrund des kommunisitischen Manifestes sterben ? Millionen und Abermillionen. Stalin, Mao , Pol Pot und Jim Kong Il sind nur einige Namen .....

QuoteGast 1 Kommentar eingeklappt Einklappen Ausklappen
vor 21 Stunden Antwort auf Mike
Sie haben natürlich recht. Dadurch, dass irgendwo anders auch Menschen umgebracht wurden, ist das ganze jetzt nicht mehr so schlimm...

Wie kann man nur so argumentieren? ...



QuoteBurschwoi
vor 21 Stunden

Ja Potzblitz Herr Broder, Sie differenzieren ja. Was Ihnen am eigenen Beispiel gelingt, das könnten Sie nun ja auch mal spaßeshalber an den anderen, den Moslems, erproben.



Aus: "Das Manifest des Anders Behring Breivik und ich" Henryk M. Broder (25.07.2011)
Quelle: http://www.welt.de/debatte/kommentare/article13506649/Das-Manifest-des-Anders-Behring-Breivik-und-ich.html

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Quote[...] Der norwegische Bombenbastler und Mörder Anders Behring Breivik bezeichnet sich in seinem 1.500 Seiten starken Internet-Manifest als ,,Kulturkonservativer", als christlicher Kämpfer (,,Tempelritter") gegen Marxismus und Multikulturalismus. Freilich wäre es ein unzulänglicher Kurzschluss, Breivik wegen seiner Nähe zur ,,Islamkritik" oder zum christlichen Fundamentalismus umstandslos als Produkt dieser beiden Ideologiefabriken zu bezeichnen. Die Geschichte anderer Terroristen und Terrorgruppen zeigt, dass es keine linearen Verbindungen gibt zwischen Gewissen, Ideologie und Tat. Mit anderen Worten, ,,islamkritisches" Talk-Show-Gerede von Broder-Kelek-Sarrazin und Konsorten ist so wenig eine Keimzelle von Terrorismus, wie die ,,klammheimliche Freude" über Terrorakte an linken Stammtischen die Wiege bildete für neue ,,Generationen" von Terroristen. ...

... Breivik wählte als Codewort den Namen des Kreuzfahrers Sigurd. Sein Manifest trägt den Titel 2083. Europäische Unabhängigkeitserklärung. Er spielt damit auf das Jahr 1683 an, als die Türken vor Wien standen. Das ganze Manifest Breiviks zeugt weniger von geistiger Verwirrung, Wahnsinn oder Irrsinn als von intellektueller Verhetzung. Breiviks Vorbild ist Theodore Kaczynski, genannt der Unabomber, der zwischen 1976 und 1995 16 Briefbomben verschickte und damit drei Menschen tötete. Er war ein brillanter Mathematiker, bevor er sich aus seiner Karriere in Berkeley zurückzog und in die Berge Montanas ging, wo er in einer kleinen Holzhütte hauste und ein Manifest mit dem Titel Die industrielle Gesellschaft und ihre Zukunft (1995) verfasste, das 2005 als Unabomber-Manifest in der Edition Nautilus auf Deutsch erschien.

Vom ersten bis zum 232. und letzten Satz ist das Manifest so wenig ein Dokument des Wahnsinns wie Breiviks Textcollage, in der er sich auf Churchill, Atatürk, Herzl, die Frankfurter Schule, Bismarck und viele andere bezieht. Gefährlich wird Breiviks Pamphlet erst durch seine hermetische Abdichtung und die Imprägnierung mit Parolen rechtskonservativer Parteipolitik zur ,,kulturellen marxistischen Vergewaltigung seit 1968", zur ,,marxistisch-islamischen Allianz" oder zum ,,Krieg für das europäische Christentum". Breivik sog sich förmlich voll mit derlei Gebräu und verdickte es – im rechtspopulistisch geprägten Klima – zum mörderischen Gemisch. Über den langen Weg von der Rede zur Tat kann man nur spekulieren, bevor das Gericht vielleicht Licht ins Dunkel von Breiviks Leben bringt.

Quotelebowski schrieb am 26.07.2011 um 15:18
"Vom ersten bis zum 232. und letzten Satz ist das Manifest so wenig ein Dokument des Wahnsinns wie Breiviks Textcollage, in der er sich auf Churchill, Atatürk, Herzl, die Frankfurter Schule, Bismarck und viele andere bezieht."

Ich hab das Manifest des Una-Bombers gelesen. Hochinteressant und intelligent. Aber für die Gesellschaft ist es bequemer, solche Leute als armselige Irre auszuweisen. Wenn Kaczynski schreibt, dass ihm die Morde leidtun, ihm aber keine andere Wahl geblieben ist, um die nötige Aufmerksamkeit für sein Pamphlet zu kriegen, so hat Kaczynski die Mechanik der Medien verstanden.
Die Medien urteilen diese Leute von oben herab, obwohl sie selbst nichts anderes als lächerliche Schachfiguren sind, die von Breivik und Co. übers Spielfeld geschoben werden.
Wenn ein Doofmann wie Andreas Rosenfeld auf WON schreibt, dass Breiviks Manifest "eine krude Mischung aus zusammenkopierter Theorie, kulturkritischen Aphorismen, romanhaften Tagebuchpassagen und technischen Anleitungen" ist, dann sollte ihn mal jemand darauf aufmerksam machen, dass das Blatt, für das er arbeitet, zu einem Großteil aus nichts anderem besteht.




Aus: "Codewort Sigurd" Rudolf Walther (26.07.2011)
Quelle: http://www.freitag.de/politik/1129-codewort-sigurd

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Quote[...] Als bekannt wurde, dass der Täter kein Islamist sondern ein weißer Norweger ist, redete plötzlich keiner mehr von einem terroristischen Angriff auf unseren Lebensstil.

... Der Terror, den Norwegen am 22. Juli erlebt hat, kam weder von islamischen Extremisten noch von gewaltbereiten Linken, obwohl beide Gruppen immer wieder als innere Bedrohung unseres ,,Lebensstils" diffamiert werden. Bis zu den schrecklichen Stunden am Nachmittag des 22. Juli – und diese eingeschlossen – kam das geringe Maß an Terror, das mein Land bis dahin erfahren musste, stets von der extremen Rechten. Jahrzehntelang war politische Gewalt in diesem Land allein Neo-Nazis und anderen rassistischen Gruppen vorbehalten. In den Siebzigern verübten sie Bombenanschläge auf linke Buchläden und Erste-Mai-Demonstrationen. In den achtziger Jahren wurden zwei Neo-Nazis wegen des Verdachts getötet, sie hätten ihre Gruppe verraten. Und seit 1990 wurden zwei nicht-weiße norwegische Jungen bei rassistischen Angriffen umgebracht. Keine ausländische Gruppe hat seit dem II. Weltkrieg auf norwegischem Territorium Menschen verletzt oder getötet. Einzige Ausnahme stellt die versehentliche Tötung eines Mannes durch den israelischen Geheimdienst Mossad 1973 in Lillehammer dar.

Selbst vor diesem Hintergrund haben wir nach dem ersten Anschlag sofort die islamische Welt verdächtigt. Die Jihadisten sind es gewesen. Sie mussten es sein. Sofort wurden die Anschläge als Angriffe auf Norwegen und auf unseren Lebensstil verurteilt. Auf den Straßen von Oslo wurden Hijab tragende Frauen und arabisch aussehende Männer angepöbelt, nachdem sich die Nachricht verbreitet hatte.

Das kann nicht weiter verwundern. Schließlich wird uns seit zehn Jahren erzählt, der Terror komme aus dem Osten und alle Araber seien verdächtig. Regelmäßig sehen wir, wie Menschen mit dunklerer Haut von den Sicherheitskräften am Flughafen in separaten Räumen durchsucht werden; wir haben endlose Debatten über die Grenzen ,,unserer" Toleranz geführt. Indem die islamische Welt zu ,,dem Anderen" geworden ist, haben wir damit begonnen zu glauben, das, was ,,die" von ,,uns" unterscheidet, sei die Fähigkeit, kaltblütig Zivilisten abzuschlachten. Es gibt natürlich noch einen anderen Grund, warum alle sofort an al-Qaida gedacht haben. Norwegen beteiligt sich seit zehn Jahren am Krieg in Afghanistan. Wir haben eine Zeitlang beim Irak-Krieg mitgemacht und werfen eifrig Bomben auf Tripolis. Man kann sich nur eine bestimmte Zeit lang an einem Krieg beteiligen, bis der Krieg einen selbst erreicht.

Obwohl wir alle dies wussten, wurde der Krieg nach dem Anschlag kaum erwähnt. Unsere erste Reaktion war irrational: ,,Sie" mussten es sein. Ich habe es selbst gespürt. Ich fürchtete, dass der Krieg, den wir im Ausland führen, nach Norwegen gekommen war. Und was dann? Was würde mit unserer Gesellschaft geschehen? Mit unserer Toleranz, der öffentlichen Debatte und mit all den Einwanderern, die sich hier niedergelassen haben, und deren Kindern?
Aber es war nicht so. Einmal mehr liegt das Herz der Finsternis tief in uns selbst begraben. Der Terrorist war ein weißer nordischer Mann – kein Muslim, sondern ein Muslim-Hasser. Sobald sich dies durchgesetzt hatte, wurde das Massaker als die Tat eines Verrückten diskutiert und galt nicht mehr länger in erster Linie als Angriff auf unsere Gesellschaft. Die Rhetorik veränderte sich, die Schlagzeilen bekamen einen anderen Fokus. Niemand spricht mehr vom Krieg. Wenn jetzt von ,,Terrorist" die Rede ist, wird das Wort meist im Singular benutzt, nicht im Plural – ein besonderes Individuum und nicht so sehr eine undefinierte Gruppe, der leicht auch Sympathisanten zugerechnet werden können. Die schreckliche Tat ist nun offiziell eine nationale Tragödie. Es stellt sich die Frage, ob sie dies auch gewesen wäre, sollte der Mörder ein Verrückter mit islamischem Hintergrund sein.

Ich glaube auch, dass der Mörder verrückt war. Um eine Stunde lang Jagd auf Teenager zu machen und sie regelrecht hinzurichten, dazu muss man wirklich von allen guten Geistern verlassen sein. Aber wie der 11. September 2001 und die Anschläge auf die Londoner U-Bahn hat dieser Wahnsinn sowohl eine klinische wie auch eine politische Seite.

Jeder, der schon einmal einen Blick auf die Internetseiten rassistischer Gruppen geworfen oder die Online-Debatten der norwegischen Zeitungen verfolgt hat, kennt den Furor, mit dem sich die Islamophobie verbreitet. Der vergiftete Hass, mit dem anonyme Schreiber antirassistische Liberale und Linke bedenken, ist nur zu offensichtlich. Der Terrorist vom 22. Juli hat sich an vielen derartigen Debatten beteiligt. Er war bis 2006 aktives Mitglied in einer der größten politischen Parteien Norwegens – der populistischen Fortschrittspartei. Dann trat er aus und verbreitete seine Ideologie stattdessen unter den anti-islamistischen Gruppen im Internet. Würde die Welt die Tat für ein Werk des internationalen islamischen Terrorismus halten, würden Staatsführer von Obama bis Cameron allesamt erklären, sie stehen Norwegen in diesem Kampf zur Seite.
Wie wird der Kampf aber jetzt aussehen? Alle Führer westlicher Staaten haben in ihren Ländern das gleiche Problem. Werden sie nun dem Rechtsextremismus den Krieg erklären und gegen Islamophobie und Rassismus zu Felde ziehen?

Ein paar Stunden nach der Explosion der Bombe sagt Norwegens Premier Stoltenberg, die Antwort auf diesen Angriff müsse in mehr Demokratie und mehr Offenheit bestehen. Wenn man dies mit Bushs Reaktion auf die Anschläge vom 11. September vergleicht, kann man darauf stolz sein. Ich würde aber nach der abscheulichsten Erfahrung, die Norwegen nach dem Zweiten Weltkrieg machen musste, weitergehen wollen. Wir müssen diesen Vorfall zum Anlass nehmen, um der Intoleranz, dem Rassismus und dem Hass, der nicht nur in Norwegen und Skandinavien, sondern in ganz Europa wächst, einen entscheidenden Schlag zu versetzen.


Aus: "Unser Herz der Finsternis" Aslak Sira Myhre (25.07.2011)
Quelle: http://www.freitag.de/politik/1129-unser-herz-der-finsternis

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Quote[...] Träfe man Peder Nøstvold Jensen zufällig in Oslo, man würde ihn kaum bemerken. Wie ein netter junger Mann wirkt er, mit seinen kastanienbraunen Locken, die ein rundes Gesicht umrahmen. Tagsüber arbeitet er in einem Behindertenheim. Doch abends, an seinem Computer, verwandelte er sich in "Fjordman", einen der bekanntesten rechtsradikalen Blogger Europas, Vorbild für Anders Behring Breivik, den Massenmörder von Utøya. Kaum einer ahnte es - weder Kollegen noch Familie hatte Jensen in sein Doppelleben eingeweiht.

Den Computer hat die Polizei inzwischen beschlagnahmt und Jensen mehrere Stunden lang verhört. Er trat die Flucht nach vorn an. "Ich verstehe, dass ich ein Hassobjekt geworden bin", sagt der 36-Jährige in einem am Freitag veröffentlichten Interview mit der Zeitung VG, bei dem er erstmals Fjordmans wahre Identität preisgibt. Er sei aber genauso schockiert wie alle anderen. Breivik habe er nie getroffen, obwohl dieser in E-Mails um ein Treffen gebeten hatte. "Ich fand ihn langweilig - wie einen Staubsaugervertreter." Er sei kein Extremist, so Jensen, sondern eine "stille Person", wenn auch "passioniert bei den Dingen, über die ich schreibe".

Wie Jensen seine Passion auslebt, konnten Leser der islamfeindlichen Webseite "Gates of Vienna" zum Beispiel am 22. Juli verfolgen. Fjordman bloggte live aus Oslo, wie viele andere vermutete er zunächst Islamisten hinter den Terroranschlägen. Man solle nicht vergessen, ermahnte Fjordman kurz nach der Attacke, dass die Bombe die "feigste und selbstmörderischste Regierung" getroffen habe, eine, die immer besonders lasch gewesen sei im Kampf gegen den Islam. Dieser erste Kommentar entsprach den Verschwörungstheorien, die Jensen seit 2005 als Fjordman verbreitet. In der Welt, wie er sie sieht, steht Europa kurz davor, von muslimischen Einwanderern übernommen zu werden. Schuld an der "Islamisierung" trügen Politiker und Medien, die ein friedliches Nebeneinander der Kulturen befürworteten.

Diese Gedankengänge hatte Breivik übernommen, um seinen Massenmord zu rechtfertigen. 111-mal zitiert er Fjordman in seinem Manifest. Der fühlt sich missverstanden. Er habe nie zu Gewalt aufgefordert, versichert Jensen. Doch das ist wohl Interpretationssache. Von ihm stammen Sätze wie: "Der Islam, und alle, die ihn praktizieren, müssen total und physisch aus der gesamten westlichen Welt entfernt werden."

Er verpackt solche Hassbotschaften meist in langen Essays, die akademisch anmuten. Jensen hat Medienwissenschaften in Oslo studiert und Arabisch an der American University in Kairo. Seine 2004 eingereichte Magisterarbeit handelt von der Blogger-Szene in Iran. Er hatte also Kontakt zu der ihm verhassten Kultur.

...


Aus: "Vorbild für einen Mörder" Von Gunnar Herrmann (06.08.2011)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/digital/blogger-fjordman-deckt-seine-identitaet-auf-vorbild-fuer-einen-moerder-1.1128759


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Quote[...] Die Welt: Die norwegisch-somalische Frau Kadra Yusuf ist eine von vielen, die beschrieben hat, wie norwegische Einwanderer in den Stunden nach dem Bombenanschlag im Regierungsviertel nach dem 22. Juli beschimpft worden sind. Wie denken Sie darüber?

Jens Stoltenberg: Ich habe viele Geschichten darüber gehört, wie Muslime sich verdächtigt und einige sogar verfolgt gefühlt haben an diesem Freitag. Das ist ein Warnzeichen. Das ist eine große Krux. Das zeugt von einem Gruppendenken, das wir bekämpfen müssen. Aber Taten werden nicht von Gruppen begangen, sondern von einzelnen Menschen.

Die Welt: Sind Sie sicher, dass Norwegen auf den Terror mit dieser Umarmung von Liebe und Vielfalt geantwortet hätte, wenn hinter den Anschlägen ein Muslim gestanden hätte?

Jens Stoltenberg: Ich hoffe es, aber ganz sicher bin ich nicht. Es gibt ein Gruppendenken, das gefährlich ist. Wie wichtig es ist, den einzelnen Menschen zu sehen, glaube ich, ist eine der Lehren aus dem 22. Juli.

Die Welt: Viele haben gesagt, dass Sie ein Gefühl der Erleichterung verspürten, dass der Täter ethnisch norwegisch ist. Haben Sie sich auch so gefühlt?

Jens Stoltenberg: Erleichterung ist wohl nicht das richtige Wort. Aber als wir erfuhren, dass es höchstwahrscheinlich ein ethnisch-norwegischer Täter war, wusste ich, dass etwas nicht eintritt, was sonst vielleicht der Fall gewesen wäre, nämlich, dass wir mehr Hass auf die muslimische Minorität in Norwegen bekommen würden.

Die Welt: Sie haben den Namen des Angeklagten Anders Behring Breivik bisher öffentlich nicht erwähnt. Warum nicht?

Jens Stoltenberg: Es ist nicht so, dass ich diesen Namen in allen möglichen Zusammenhängen öffentlich vermieden hätte ...

Die Welt: ...werden Sie den Namen jetzt in diesem Interview aussprechen?

Jens Stoltenberg: (Stoltenberg macht eine Pause) Ich habe mir kein absolutes Verbot auferlegt, seinen Namen zu verwenden. Ich kann sagen: Anders Behring Breivik. Es wäre zu anstrengend, das zu einem absoluten Verbot zu machen. Aber ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, ihm und das wofür er steht, nicht mehr Aufmerksamkeit als nötig zukommen zu lassen.

...

(Übersetzung aus dem Norwegischen von Per Hinrichs)


Aus: ""Es gibt nur einen, der Schuld hat"" Thomas Boe Hornburg (08/2011)
Quelle: http://www.welt.de/politik/ausland/article13555049/Es-gibt-nur-einen-der-Schuld-hat.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Richte nie über einen Menschen, solange du nicht zwei Monde lang in seinen Schuhen gelaufen bist, heißt es in einem indianischen Sprichwort. Dieser Satz kommt mir immer in den Sinn, wenn ich den "Integrationsdebatte" genannten täglichen Wahnsinn verfolge. Es fängt schon damit an, mit welcher Selbstverständlichkeit noch von "wir" und "ihr" gesprochen wird. Es sind bald 50 Jahre her, seit meine Mutter nach Deutschland aufbrach. Ich bin hier in Deutschland geboren und aufgewachsen. Ich träume auf Deutsch. Ich habe keine andere Heimat und möchte auch keine andere. Ich bin gerne Deutscher - eigentlich ...

Nicht alle Ur-Deutschen kennen einen echten Ausländer oder Deutschtürken oder einen Deutschen mit Migrationshintergrund - nennt es, wie ihr wollt, ihr wisst, was ich meine. Aber ich finde es problematisch, dass fast alle Ur-Deutschen eine feste, oft von Fakten unbeschwerte Meinung über Neu-Deutsche haben. Das wäre nicht weiter schlimm, wenn diese Meinung nicht zumeist brutal schlecht ausfallen würde. Früher, vor dem 11. September 2001, musste ich mich immer für die Türkei und ihre wirklichen oder vermeintlichen Missstände rechtfertigen. Was macht "ihr" mit den Kurden? Wieso wird bei "euch" gefoltert? Wieso hat "dein" Militär geputscht? Nach 9/11 wurde alles schlimmer. Anstatt "ihr Ausländer" heißt es jetzt "ihr Moslems". "Ihr" unterdrückt Frauen, "ihr" seid Terroristen, "ihr" seid demokratieunfähig. Zwei Monde lang in den Schuhen eines anderen laufen? Ich kann nur allen eingeborenen Deutschen sagen: Seid heilfroh, dass ihr nicht in unseren Schuhen laufen müsst. Wenn wir über euch so sprechen würden, wie ihr es über uns zu tun pflegt, würde es sich ungefähr so anhören:

Ich kann euer Integrationsgequatsche nicht mehr ertragen. Ihr wisst ja noch nicht einmal, was ihr damit meint. Wenn mit Integration gemeint wäre, Deutsch lernen zu müssen und die Werteordnung des Grundgesetzes halbwegs verinnerlicht zu haben, dann wäre es ja akzeptabel. Aber das reicht vielen von euch nicht. Wir sollen uns auch eurer Leitkultur anpassen. Was ist das denn überhaupt? Wie sieht die aus? Ich lehne es ja nicht grundsätzlich ab, am deutschen Wesen zu genesen. Kommt mir jetzt aber nicht mit dem christlich-jüdischen Erbe des Landes. Das wäre einfach nur schäbig! Erst Millionen Juden in die Gaskammern zu treiben und nur ein paar Jahrzehnte später die Überlebenden zu missbrauchen, um sich gegenüber einer anderen Minderheit abzugrenzen und sich selbst als gut zu definieren.

Solange ihr Ur-Deutschen nicht in der Lage seid, ein Gesellschafts- und Menschenbild zu beschreiben, an dem wir ahnungslosen Schwarzköpfe uns orientieren sollen, sage ich mal, worauf ich keine Lust habe. Der Umkehrschluss hilft vielleicht:

* Wenn Integration bedeutet, euer Familienleben zu übernehmen, sage ich: Nein danke! Bei uns steckt man nicht Oma und Opa bei der erstbesten Gelegenheit ins Altersheim.

* Bei uns sieht man sich nicht nur an den Feiertagen einmal im Jahr, besäuft sich und streitet sich dann unter dem Weihnachtsbaum wie die Kesselflicker.

* Wenn Integration bedeutet, eine durch und durch pornografierte Gesellschaft anzunehmen, in der noch nicht einmal für eine Tüte Milch geworben wird, ohne dass sich eine Frau ausziehen muss, dann sage ich: Nein.

* Wenn Integration bedeutet, dass Tausende und Zehntausende Kinder Opfer sexueller Gewalt durch Priester werden und die Gesellschaft so lange wie möglich die Augen davor verschließt, dann sage ich: Nein danke!

* Wenn Integration bedeutet, ein ungerechtes Bildungssystem zu akzeptieren, das zwar nach außen Chancengleichheit suggeriert, in Wirklichkeit aber genau das Gegenteil befördert, dann sage ich: Nein danke!

* Deutschland ist ein Land, in dem die Krankenkassen Abtreibungen bezahlen, aber kinderlose Paare die hohen Kosten für eine künstliche Befruchtung aus eigener Tasche finanzieren müssen. Im Jahr 2010 gaben die Deutschen dreimal soviel Geld für Haustierfutter aus als für Babynahrung.

* Mein Freund Ernst von Münchhausen und seine Frau sind Eltern von Drillingen geworden. Die einzigen Passanten auf den Straßen Berlins, die sich über den Anblick der drei Babys freuen würden, seien Türken. Die Deutschen würden immer gleich ausrufen: "Oh Gott! Drei auf einmal? Schrecklich!" Eine Gesellschaft, in der viele den Kindersegen als Fluch begreifen, kann kein Vorbild sein.

* Ständig höre ich von deutschen Politikern, Deutschland sei ein weltoffenes und tolerantes Land. Das nervt. Ihr attestiert euch Weltoffenheit und Toleranz, weil ihr einmal im Jahr nach Mallorca fliegt oder beim Italiener an der Ecke eure Pizza esst. Ich verrate euch ein Geheimnis: Es gehört mehr dazu als das. Ein türkischer Mandant führte einen Schnellimbiss in Rostock. Die gleichen Typen, die tagsüber nett und freundlich seine Döner kauften, spuckten ihm des Nachts besoffen ins Gesicht.

* Dass heute viele über Muslime sprechen und urteilen wie vor kurzer Zeit noch über Juden, spricht nicht gerade für eure Lernfähigkeit aus der Geschichte. Nach 60 Jahren Sendepause kategorisiert ihr ganz ungeniert nach "Deutschen" und "Deutschen mit Migrationshintergrund" - oder aber ihr nennt uns gleich Papierdeutsche. Nürnberg lässt grüßen.

* Ihr zeigt euch ganz besorgt über "Ehrenmorde", aber ihr schweigt schamlos über eure eigenen Ehrenmorde. Ja, die gibt es bei euch auch, sogar viel öfter als bei uns! Ihr nennt eure "Ehrenmorde" verniedlichend Familientragödie. Ein weiterer Unterschied: Eure Männer machen kurzen Prozess und knallen nicht nur die Frau, sondern gleich auch die Kinder ab."

Ich weiß, ihr denkt: Mein Urteil ist zu pauschal, ich übertreibe, ich konzentriere mich auf Negativbeispiele, ich ignoriere alles Gute, ich schere alle über einen Kamm, ich nehme es mit der Wahrheit nicht so genau, ich rede nicht mit, sondern nur über euch, ich will gar nicht aufklären, sondern hetzen, kurz: Ich habe tendenziell etwas gegen Deutsche und mir ist jedes Mittel recht, euch schlecht aussehen zu lassen. Was soll ich dazu sagen? Stimmt! Aber, ich sage auch: WILLKOMMEN IN MEINER WELT! Solche Vorurteile begleiten mich schon mein ganzes Leben.

Ich will nicht jammern. Ich hatte großes Glück im Leben, und wie gesagt, ich lebe ja sehr gern in Deutschland. Es ist aber trotzdem ein schlechtes Gefühl, sich ständig wehren zu müssen, immer auf der Hut zu sein. Und es ist auch nicht nur mein eigenes privates Dilemma, dass ich mich so fühle, denn so wie mir geht es vielen Einwanderern. Wenn sich ein Einzelner so fühlt wie ich, ist es persönliches Pech. Wenn sich aber Millionen so fühlen, dann ist das ein gesellschaftliches und sozialpolitisches Problem.

Dabei müsste es gar nicht so sein. Wir haben wesentlich mehr Gemeinsames als Unterschiedliches. Und unsere Differenzen müssen uns nicht zwangsläufig auf immer und ewig trennen. Im Gegenteil. Solange wir eine gemeinsame Basis haben und uns als Gemeinschaft verstehen, ist unsere Unterschiedlichkeit sogar ein Gewinn. Wer möchte schon in einem eintönigen Land leben? Ich vermute, die Nordkoreaner langweilen sich in Nordkorea zu Tode. Die Einwandererquote dort liegt bei null Prozent. Vielfalt ist keine Gefahr für Deutschland, sondern zwingende Voraussetzung für die erfolgreiche gesellschaftliche, politische, wirtschaftliche, kulturelle und soziale Entwicklung unseres Landes. Wir müssen uns zu ihr bekennen und aufhören, sie als Bedrohung für unsere Zukunft zu fürchten. Daran mangelt es leider. Die Integrationsdebatte ist eine Angstdebatte. Ich finde es fast schon müßig, Sarrazin-Anhänger von der Falschheit seiner Thesen überzeugen zu wollen. Seine Fans glauben ihm, weil sie ihm glauben wollen .

So kann es nicht weitergehen; so kommen wir keinen Schritt weiter. Die Welt dreht und entwickelt sich weiter, auch wenn wir auf der Stelle treten. Und ein weiterer banaler wie starker Fakt: Wir haben keine Alternative. Entweder bekennen wir uns zueinander oder wir sehen dabei zu, wie Deutschland sich abschafft. Es kommt nicht darauf an, woher man kommt und wie lange man schon hier gelebt hat, ob man Hans oder Ali heißt. Dieses Land ist unser gemeinsames Land.

Integration ist keine bloße Aufgabe der Politik. Integration ist die Aufgabe von uns allen. Natürlich müssen Einwanderer integrationsbereit sein. Aber das ist nur die eine Seite. Genauso muss die Mehrheitsgesellschaft integrationsbereit sein. Es ist wahnsinnig frustrierend, wenn man trotz aller Bemühungen vor verschlossenen Türen und vor verschlossenen Herzen stehen muss.

Ich bin immer wieder überrascht, wie wenig wir voneinander wissen. Ich selber war erst mit Mitte 20 zum ersten Mal auf einer Taufe und mit Ende 20 bei einer kirchlichen Trauung. Ich kenne einige türkischstämmige Landsleute im Rheinland, die noch nie im Kölner Dom waren.

Meine Meinung ist: Einwanderer, die keinen Kontakt zu Deutschen haben wollen, sollten umziehen. Zum Beispiel nach Saudi-Arabien. Ur-Deutsche, die in keiner modernen, vielfältigen Gesellschaft leben wollen, sollten umziehen. Zum Beispiel nach Nordkorea - siehe oben ...

Lasst uns stolz sein auf das gemeinsam Erreichte und nicht immer voller Inbrunst die Probleme wälzen. Probleme sind dazu da, gelöst zu werden, nicht um sich daran aufzugeilen.



Aus: "Ich bin gerne Deutscher, eigentlich" Mehmet Daimagüler (10/2011)
Quelle: http://www.welt.de/print/wams/vermischtes/article13675861/Ich-bin-gerne-Deutscher-eigentlich.html


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Quote[...] Berlin/Paris - Ein Feuer in der Redaktion, durch Hitze und Löschwasser zerstörte Computer, unbrauchbar gewordene Unterlagen: Das ist die vorläufige Bilanz des Brandanschlags, den Unbekannte in der Nacht zum Mittwoch mit Hilfe von Molotow-Cocktails auf das Pariser Satiremagazin "Charlie Hebdo" verübten. "Wir haben keine Zeitung mehr", fasste der Herausgeber mit dem Künstlernamen "Charb" das Geschehen zusammen - versprach aber zugleich, dass "Charlie Hebdo" weiter publizieren werde.

Der Hintergrund des Brandanschlags ist noch nicht geklärt, aber es wird vermutet, dass es einen Zusammenhang zur gerade erschienenen Ausgabe des Magazins gibt - in der befassten sich die Satiriker mit dem Wahlsieg der islamistischen Nahda-Partei im postrevolutionären Tunesien. Aus diesem Anlass ließ man den Propheten Mohammed als Gast-Herausgeber agieren.

Der Schabernack, den Charb und Co. mit dem Gottesgesandten trieben, umfasste beispielsweise eine Titelseite, in der eine Karikatur des Propheten sagt: "100 Peitschenhiebe, wenn ihr euch nicht totlacht." Im Heftinneren werden unter anderem Burka-Späße getrieben. Dem Propheten wird überdies ein Editorial zugeschrieben; ein Bild zeigt ihn außerdem mit Clownsnase.

Das Cover war bereits vor Veröffentlichung des Hefts online gestellt worden. Beim Magazin gingen daraufhin Beschimpfungen und Drohungen via Facebook und Twitter ein, wurde berichtet.

Bei dem Anschlag gab es keine Verletzten, und noch ist nicht gewiss, was die Motive der Angreifer waren. Doch die Tatsache, dass eine Redaktion mit Gewalt attackiert wird, weckt Erinnerungen an die Anschlagsversuche auf jene Karikaturisten, die 2005 für die dänische "Jyllands-Posten" aktiv geworden waren; einige leben seitdem unter permanentem Polizeischutz.

Die Nachricht von dem Brandanschlag in Paris wurde in extremistischen arabischsprachigen Internetforen, in denen sich Anhänger von al-Qaida und Co. austauschen, naturgemäß begrüßt. Am Mittwochmittag wurden aber andere Themen wesentlich stärker diskutiert: der Aufstand in Syrien oder die Lage in Libyen.

In Foren, in denen radikale Islamisten auf moderate Islamisten treffen, war das Bild differenzierter. Ein Hetzer rief dort zwar dazu auf, sofort "die Jungs in den Vororten zu mobilisieren" um Ausschreitungen "wie vor kurzem in London" herbeizuführen, andere User mahnten jedoch zur Besonnenheit: Das Magazin sei zu verurteilen, "aber dafür gibt es Gerichte". Es helfe niemandem, wenn mit Gewalt reagiert werde - im Gegenteil: Unkontrollierte Reaktionen der Radikalen würden dann wie immer den Muslimen insgesamt angerechnet werden.

Ähnlich gemischt waren die ersten Reaktionen auf Facebook-Seiten. Viele User versuchten, die Gemüter zu beruhigen. Doch einer schrieb: "Wir werden Frankreich in Brand setzen".

Bekannte dschihadistische Organisationen haben sich bisher nicht zu Wort gemeldet. Die dänischen Karikaturen sind für al-Qaida ein Dauerthema, das noch immer regelmäßig aufgegriffen wird. Den Terrororganisationen sind Provokationen dieser Art willkommen, denn sie lösen Empörung auch außerhalb des Lagers ihrer eingefleischten Anhänger aus. So war es auch im Fall der dänischen Karikaturen, eine zeigte damals, wie aus einem Turban eine Bombe wächst.

Dieses subtile In-Beziehung-Setzen von islamischem Glauben und terroristischer Tat hatte damals viele fromme Muslime empört. Den Radikalen reichte es schon, dass der Prophet überhaupt bildlich dargestellt wurde - was Muslimen verboten ist und radikale Islamisten als generelles Tabu durchsetzen wollen.

Im Fall der dänischen Karikaturen-Krise konnten damals viele Empörte nicht verstehen, wieso der Staat die Publikation nicht unterband und sich nicht für die Bilder entschuldigte. Anklänge an die Vorstellung, dass auch im Westen der Staat die Presse kontrolliere, fanden sich am Mittwoch in einem Posting auf einer islamischen Website, in dem die Nachricht unter der Überschrift "Frankreich veröffentlicht Mohammed-Zeichnungen - eilig und gefährlich!" verbreitet wurde.

"Charlie Hebdo" ist einer der wichtigsten Satiremagazine Frankreichs, laut Wikipedia beträgt die Auflage 140.000 Hefte wöchentlich. Das Magazin hatte vor Jahren die dänischen Karikaturen nachgedruckt; außerdem wurde in dem Blatt, ebenfalls laut Wikipedia, 2006 ein Aufruf gegen den Islamismus veröffentlicht, den unter anderem der Schriftsteller Salman Rushdie unterzeichnet hatte.




Aus: "Mohammed-Witze erzürnen Radikale" Von Yassin Musharbash (02.11.2011)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,795421,00.html


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Quote[...] Israels Präsident Schimon Peres hat seine Landsleute aufgerufen, religiöse Fanatiker in die Schranken zu weisen. Hintergrund ist der eskalierende Streit um die von ultra-orthodoxen Juden geforderte Geschlechtertrennung in der Öffentlichkeit. In der Stadt Beit Schemesch westlich von Jerusalem war es am Montag zu gewalttätigen Protesten ultra-orthodoxer Juden gekommen. ...



Aus: "Peres fordert Protest gegen religiöse Fanatiker" (27.12.2011)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/politik/kulturkampf-in-israel-peres-fordert-protest-gegen-religioese-fanatiker-1.1244772

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Quote[...] dieses Mal reichte es der jungen israelischen Soldatin. Sie war in der Nähe ihres Militärstützpunktes in den Linienbus gestiegen und schon fast an ihrem Ziel, als ein 45-Jähriger Mann sie anpöbelte, sie solle in den hinteren Busteil gehen. Matalon weigerte sich, wie sie in der Zeitung "Haaretz" sagte, aus Prinzip, und weil es dort stickig und eklig sei. Da begann der militant Religiöse die junge Frau als Hure zu beschimpfen, andere Männer stimmten mit ein. Der Bus wurde gestoppt, die Polizei gerufen.

Der Pöbler, ein Vater von elf Kindern, wurde festgenommen und vom Haftrichter gegen eine Kaution von umgerechnet 4000 Euro wieder auf freien Fuß gesetzt. Bis zu seinem Gerichtstermin darf er nicht mehr mit dem Bus fahren.

Der Vorfall zeigt den wachsenden Riss, der durch die israelische Gesellschaft geht: Ungefähr zehn Prozent der Sechs-Millionen-Bevölkerung sind ultraorthodox, ein Teil von ihnen ist extrem und militant. Den säkularen Israelis steht damit eine Minderheit ultrafrommer Juden gegenüber - klein, aber lautstark. Einzig vereint im Widerstand gegen die Palästinenser, könnten die Gruppen unterschiedlicher nicht sein: Während in Tel Aviv Körperkult und westliche Lebensweisen das Stadtbild bestimmen, wollen die Ultras an immer mehr Orten ihre Vorstellungen von Geschlechtertrennung in der Öffentlichkeit durchsetzen.

Am Donnerstag war zu diesem Zweck eine Kundgebung in Beit Schemesch geplant. Doch die Demo wurde abgesagt. Daraufhin randalierten die Ultrafrommen, zündeten Mülleimer an und warfen mit Steinen um sich. Die Stadt, 25 Autominuten von Jerusalem entfernt, war schon in den vergangenen Tagen zum Symbol für den Streit geworden. Nachdem dort der Schulweg für ein achtjähriges Mädchen, eine orthodoxe Jüdin, zu einem Spießrutenlauf wurde, weil sie aus Sicht der Radikalen nicht angemessen gekleidet war, demonstrierten am Dienstag Tausende Israelis. "Israel ist nicht Teheran", war auf ihren Schildern zu lesen.

... Experten erklären die jüngste Radikalisierung anhand zweier Ursachen. Der Rabbiner Uri Ayalon sieht die Ultraorthodoxie in einer Krise. "Internet, Arbeitsmarkt und Medien setzen die Jugend fremden Einflüssen aus, vor denen die Eltern sie abschirmen wollen. Ihre Schwäche macht sie militanter", so Ayalon. Mordechai Kremnitzer vom Israelischen Institut für Demokratie spricht hingegen vom Machtzuwachs der Orthodoxen, die im Durchschnitt dreimal so viele Kinder haben als andere Paare. Sie stellen zwar nur zehn Prozent der Bevölkerung, aber rund ein Viertel der Erstklässler. Dank dieser Demografie hätten sie in der Koalition von Netanjahu "so viel Einfluss wie noch nie", sagt Kremnitzer.

...


Aus: "Kulturkampf der Ultrafrommen" Von Lena Greiner und Gil Yaron, Hamburg und Jerusalem (29.12.2011)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,806246,00.html

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Quote[...] Nun droht dem Land ein Kulturkampf, den viele so nicht mehr für möglich hielten: Ultraorthodoxe - der Begriff findet auch in Israel selbst inzwischen Verwendung, obwohl man eigentlich nicht orthodoxer als orthodox sein kann - erheben immer stärker und aggressiver Forderungen, wie man sie bisher allenfalls aus Teheran, Afghanistan und anderen Zentren des Islamismus, eines fundamentalistischen Islams, kannte: Männer und Frauen sollen, nicht nur in der Synagoge, in der Öffentlichkeit wieder weitgehend getrennt werden, in Bussen etwa oder an Badestränden. Immer häufiger werden Plakate abgerissen, auf denen Frauen abgebildet sind, keineswegs nur in werblicher Absicht. Sollen Frauen überhaupt singen dürfen?, fragen diese Ultras der Religion.

Es erübrigt sich zu sagen, dass der oft libertäre Lebensstil den Frommen missfällt. Ihr Druck ist so stark geworden, dass sich die Säkularen mit Gegendemonstrationen zu Wort melden, Staatspräsident Peres eingeschlossen. Sie fürchten, die Offenheit der israelischen Gesellschaft könnte in Gefahr geraten, abgesehen davon, dass es in Israel auch Muslime, Drusen, Christen, Bahai und andere Religionsgemeinschaften gibt, die Religion des ,,neuen Atheismus" nicht zu vergessen.

Allzu lange hatte man dem Thema Fundamentalismus nur im Kontext mit dem Islam oder allenfalls den christlichen Evangelikalen Aufmerksamkeit gewidmet. Doch die ,,Rache Gottes" (so vor vielen Jahren Gilles Kepel) ist in fast allen Religionen zu beobachten. Selbst der religiös eigentlich tolerante Hinduismus hat im Zusammenstoß mit der modernen Welt hier und da wieder fanatische, politisch-radikale Züge entwickelt. War es nur eine Frage der Zeit, bis auch das stark vom Religionsgesetz geprägte, darin dem Islam nicht unähnliche Judentum solche Tendenzen zeigte?

Über die Gründe wird so schnell kein einheitliches Urteil zu finden sein. Sie dürften vom Einfluss politischer Krisen bis hin zu Fragen der Identität im Zeitalter der Globalisierung reichen. In Israel mit seiner engen Verflechtung von jüdischer Religion und Staatsverständnis hat auch die - religiös begründete - Duldung der Siedlungspolitik im biblischen ,,Judäa und Samaria" daran ihren Anteil.

QuoteKlaus Bloemker,  07.01.2012 19:53 Uhr

Judea und Samaria - the Westbank

Wolfgang Lerch trifft den Nagel fast auf den Kopf, wenn er von der "religiös begründeten Siedlungspolitik" in 'Judea und Samaria' (was wir 'Westjordanland' nennen) spricht. Hören wir, was Netanyahu dazu vor dem US Kongress im Sommer 2011 gesagt hat: "In Judea und Samaria ist das jüdische Volk kein fremder Besatzer. Dies ist das Land unserer Väter, das Land Israels, in das Abraham die Idee des einen Gottes brachte." - zitiert in The New Yorker, 6. 6. 2011

Natanyahu argumentiert nicht nur religiös sondern auch historisch stammesmäßig. - Für seine Rede vor dem Kongress bekam er mehrere standing ovations!

... Zvi Zohar, ein Professor für jüdische Studien an der Bar-Ilan Universität in Israel gibt folgende Definition:
"In der klassischen Sicht des Judaismus, sind Juden eine große, erweiterte Familie, die einen Bund mit Gott akzeptiert haben. Diejenigen, die den Glauben nicht praktizieren, bleiben Mitglieder der Familie, auch wenn sie traditionell als schwarze Schaafe betrachtet werden. Zum Judentum Konvertierte sind adoptierte Kinder des Clans." - New York Times, 2.3. 2008

In der traditionellen Sicht sind also die säkularen Juden 'die schwarzen Schaafe' - und nicht etwa die streng orthodoxen, so wie es bei uns heute dargestellt wird.


QuoteAxel Lüssow, 07.01.2012 11:51 Uhr

Obelix meint: Die spinnen, die Ultras – überall.

"Nun droht dem Land ein Kulturkampf, den viele so nicht mehr für möglich hielten.". Dem Autor sei ein Blick auf die Wikipedia-Guidelines empfohlen, Abschnitt "Weasel-Words": Wer sind denn die vielen?

Meine Wahrnehmung nach Aufenthalt in Israel und Gesprächen mit Israelis ist eher: Diese Eskalation haben "viele" schon lange kommen sehen. Genauso wie die Hamas sich als Sozialhilfe-Ersatz betätigt, arbeiten die Ultraorthodoxen seit Jahrzehnten an der Indoktrination vieler osteuropäischer Immigranten, die vom arroganten Establishment lange ignoriert wurden.

Eine Waffe gegen die Radikalisierung bleibt leider gänzlich ungenutzt: die der Komödie und der Glosse. Warum wird nicht öfter herausgestellt, dass radikale Glaubensauslegungen das Niveau von Ufo-Sekten erreichen? Eine solche Zurückhaltung nutzt denen am wenigsten, die man aus guten Gründen besonders schützt – den israelischen Bürgern und der israelischen Demokratie [...] .



Aus: "Kulturkampf in Israel" Von Wolfgang Günter Lerch (06.01.2012)
Quelle: http://www.faz.net/aktuell/politik/wer-ist-jude-kulturkampf-in-israel-11595266.html


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Quote[...] Das Verhältnis zwischen Säkularen und Orthodoxen ist von einer Asymmetrie geprägt. Die Säkularen erkennen an, dass die Orthodoxen einen Anspruch auf einen Platz am großen runden Tisch des Judentums haben. Vielleicht auch zwei oder drei, weil sie das ,,authentische", das historische Judentum vertreten. Die Säkularen zwingen niemand, am Schabbat auszugehen, aber sie möchten von niemand daran gehindert werden.

Den Orthodoxen sind solche Überlegungen fremd. Sie bekommen ihre Befehle direkt vom Allmächtigen, und der kann sich weder irren noch Ungehorsam zulassen. Ihre Haltung zur individuellen Freiheit kann man mit der christlicher und moslemischer Fundamentalisten vergleichen, die sich ebenfalls als Vollstrecker göttlichen Willens verstehen.

...


Aus: "Wie Ultraorthodoxe den Judenstaat zerstören" Von Henryk M. Broder (01/2012)
Quelle: http://www.welt.de/kultur/article13813401/Wie-Ultraorthodoxe-den-Judenstaat-zerstoeren.html


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Quote[...] Wieso führt die banale Tatsache, dass es auch nicht strenggläubige Muslime gibt, zu schockierten Gesichtern? "Verzerrte Bilder in den Medien", sagt Azra. Manuel räumt ein, dass das auch mit Muslimen zu tun habe, die sich schlicht nicht anpassen wollten. Allerdings gebe es auch Druck von Strenggläubigen, die ihren lockeren Umgang mit Religion nicht akzeptieren würden. Die Muslime seien untereinander weit weniger homogen und stimmig, als man das vielleicht glauben wolle.

Von außen, durch die Mehrheitsgesellschaft scheint etwas aufgetragen worden zu sein, das niemand von den DiskussionsteilnehmerInnen erfüllt. Die Selbst- und die Fremdwahrnehmung würden weit auseinanderklaffen. "Es gibt keinen Prototyp vom Moslem", betont S.K. Viele seien unterschiedlich, auch im Vergleich zueinander.
Azra fügt hinzu, dass es verschiedene "Grade" des Glaubens im Islam gebe. Die Strenggläubigen praktizierten den Islam so, wie dieser auch in der medialen Debatte gezeigt werde, dazwischen gebe es aber viele andere, die eher weniger medial behandelt würden - so entstehe ein Bild, das dann für alle Muslime gelte.

... Auf die Frage, ob sie sich durch die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) vertreten fühlen, gibt es ein deutliches Nein - keiner kennt auch nur den Namen des Präsidenten der IGGÖ. S.K. fühlt sich von ihr "absolut nicht vertreten", sie zweifelt an der Sinnhaftigkeit derartiger Organisationen. Sie unterstreicht, dass institutionalisierte Verbände wie die IGGÖ nicht den Anspruch erheben sollten, alle Muslime in Österreich - inklusive der weniger Gläubigen - zu vertreten. Bei Debatten würden dann "komplett falsche Bilder" über alle Muslime transportiert werden, die nur für eine sichtbare Gruppe gelten.

... S.K. sieht sich in der Integrationsdebatte weniger als "Muslimin", lieber als eine Vertreterin der zweiten Generation, "die schon längst in der österreichischen Gesellschaft angekommen ist - ob es die Mehrheitsgesellschaft will oder nicht". Und natürlich sei sie integriert! Sie verkehrt mehr in österreichischen Kreisen als in orientalischen. Die Lebensform, die der westlichen Welt oder den Österreichern zugeschrieben wird, ist für sie die Art von Lebensweise, die ihr am meisten zusagt. Viele Wiener würden das Multikulti-Thema nicht ernst nehmen, das würde seit Jahren so funktionieren, fährt S.K. fort "Die multikulturelle Welt ist schon längst Teil der österreichischen Gesellschaft."

Daran sei aber nicht nur die aggressive Politik der Rechten schuld, wirft Manuel ein: Bei Schwarzen, Türken oder Muslimen würde die Kriminalerichterstattung deutlich negativer ausfallen, als bei anderen Bevölkerungsgruppen was den 23-Jährigen besonders ärgert, weil er sich dann ausdrücklich als "Migrant" oder "Muslim" angesprochen fühlt. Azra stellt fest, dass das "Temperament" auch die Beziehungen zu autochthonen Österreichern beeinflusst: "Ich kann nicht so sein wie ein Roboter, ich gestikuliere viel mit den Händen, bin lauter", sagt die 29-Jährige.

Auf die Frage, ob sich das Bild der "Migranten" in Zukunft ändern wird, fallen die Meinungen nahezu einstimmig aus: Bis "Normalität" einkehrt, wird auch die kommende Generation viele Fremdzuschreibungen und Vorurteile hinnehmen müssen. Die Selbstwahrnehmung ist allerdings eine andere Geschichte: S.K. führt das Beispiel ihrer Neffen und Nichten an. Sie würden nur Deutsch sprechen und sich auch wenig für die Religion interessieren. "Ihre Identität ist größtenteils österreichisch." (Yilmaz Gülüm, Toumaj Khakpour, Olivera Stajić, daStandard.at, 1.2.2012)



Aus: "Muslime in Österreich - Untypisch muslimisch" (01. Februar 2012)
Quelle: http://dastandard.at/1326504363423/Muslime-in-Oesterreich-Untypisch-muslimisch


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Ist Kiezdeutsch eine Nachlässigkeit unserer Sprache oder wird es zu Unrecht stigmatisiert? Ein Gespräch mit dem in Griechenland geborenen Linguisten Jannis Androutsopoulos ...


Wieso kommen wir mit der Fremdheit von Anglizismen besser zurecht?

Anglizismen sind viel selbstverständlicher im Alltag. In allen gesellschaftlichen Schichten fließen englische und französische Wörter ein. Lehnwörter im Bereich der Technik sind Gang und Gäbe. Anglizismen sind völlig gesellschaftsfähig, aber bei arabischen und türkischen Lehnwörtern regen sich alle auf. Für mich ist das verlogen, denn man misst hier mit zweierlei Maß.


Aus: "Streitfall Kiezdeutsch: ,,Man misst hier mit zweierlei Maß"" (13.03.2012)
Quelle: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/streitfall-kiezdeutsch-man-misst-hier-mit-zweierlei-mass-11682110.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) hat vor dem Treffen der Islamkonferenz bekräftigt, der Islam sei kein Teil Deutschlands. "Der Islam ist nicht Teil unserer Tradition und Identität in Deutschland und gehört somit nicht zu Deutschland", sagte Kauder der Passauer Neuen Presse. "Muslime gehören aber sehr wohl zu Deutschland. Sie genießen selbstverständlich als Staatsbürger die vollen Rechte."

Damit widersprach Kauder erneut der Aussage des früheren Bundespräsidenten Christian Wulff, der Islam sei ein Teil Deutschlands.

...

QuoteHorizonte
    19.04.2012 um 8:19 Uhr

Kauderdeutsch
Für mich gehört Kauder nicht zu Deutschland.
Er ist für mich ein Vertreter der konservativen "Christlichen". Vertritt Meinungen und Ansichten, die in die heutige deutsche Zeit nicht mehr passen.
Er ist das wahre Gesicht der CDU und grenzt aus, was nicht seiner Meinung ist.


Quotepulviscinisnihil
    19.04.2012 um 8:28 Uhr

Kaugummi, CocaCola und MacDonalds sind nicht Teil unserer Tradition und Identität in Deutschland und gehören somit nicht zu Deutschland.


Quoteeklipz
    19.04.2012 um 8:29 Uhr

Kauder halt...
Im Ernst, in welch dichotomen Mustern denkt der Mensch denn bitte? Hier sind "wir" und dort sind die "anderen".


QuoteRegineH
    19.04.2012 um 8:31 Uhr

Wo immer verschiedene Bevölkerungsgruppen zusammen leben ist es für die Herrschenden ein Leichtes, diese gegeneinander auszuspielen. Schwarze gegen Weiße, Arme gegen Reiche etc. Und am besten funktioniert das mit verschiedenen Völkern. Kroaten gegen Serben, Sunniten gegen Paschtunen usw.


QuoteBlumenkohl
    19.04.2012 um 8:32 Uhr

Und, was bedeutet das jetzt praktisch für uns? Nix.
Der Satz taugt einzig um rechte, frustrierte Pöbler an die Urne holen. Stichwort: "Der Mann hat recht, gut das es mal jemand sagt. Hicks."


QuoteBoono
    19.04.2012 um 8:55 Uhr

36. Kauder's Mund-Diarrhoe

Es soll ja Parlamentarier geben, die sich gelegentlich auf Zeit Online umsehen...

Also Herr Kauder, was soll diese total überflüssige Spitzfindigkeit, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, die Muslime dagegen schon?
Gibt es in Deutschland jetzt eine Staatsreligion, oder was? Und wenn Sie das meinen, wäre das dann die römisch-katholische oder was? ...


...


Aus: "Islam gehört für Kauder nicht zu Deutschland" (19.04.2012)
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2012-04/islamkonferenz-kauder


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat zum Auftakt der Islamkonferenz die Aktivitäten radikaler Salafisten verurteilt. Es gehe prinzipiell nicht um die Verteilung des Koran, denn Religionsfreiheit sei ein hohes Gut, aber: "Die Salafisten wollen nicht für eine Religion werben, sondern für eine Ideologie."

Friedrich fügte hinzu: "Wir lassen es nicht zu, dass uns die Salafisten mit ihrer Propaganda die Tagesordnung aufzwingen." Dennoch müsse ein klares Zeichen gesetzt werden. Grundsätzlich ist der Bundesinnenminister jedoch der Meinung, radikale Salafisten seien unter Muslimen in Deutschland nicht mehrheitsfähig.

Salafisten hatten am Wochenende in deutschen Städten wieder kostenlose Koranexemplare verteilt und damit eine Debatte ausgelöst. Einige Politiker wie Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) forderten, das Thema auf die Tagesordnung der Islamkonferenz zu setzen.

Tuba Isik-Yigit, Theologin und Religionswissenschaftlerin, hatte zuvor gefordert, das Thema Salafisten nicht in den Vordergrund zu schieben. Sie nannte als persönliches Anliegen die Sicherheit und die Ängste von Migranten nach der Aufdeckung der rechtsextremistischen Mordserie mit zehn Toten. "Ich würde mir wünschen, dass mein Innenminister sich das zu Herzen nimmt", sagte sie.

...


Aus: "Friedrich verurteilt Aktivitäten radikal-islamischer Salafisten" (19.04.2012)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/politik/deutsche-islamkonferenz-friedrich-verurteilt-aktivitaeten-radikal-islamischer-salafisten-1.1336516

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Quote[...] Kenan Kolat, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD), muss seine Positionen zur Islamkonferenz an diesem Donnerstag in Berlin-Kreuzberg auf der Straße erklären. Der Innenminister wollte ihn nicht an seiner Seite haben bei seiner kurzen Erklärung in dritten Stock des alten Umspannwerkes am Landwehrkanal. Ihn nicht und auch sonst niemanden. Hans-Peter Friedrich pur.

Das habe er so entschieden, sagt der Innenminister auf Nachfrage. Ein Statement in der Kaffeepause der Islamkonferenz zu deren Beschlüssen müsse mal reichen. Deshalb gebe es auch keine gemeinsame Pressekonferenz, wie in den vergangenen Jahren üblich. Wer einen Eindruck bekommen möchte, welchen Stellenwert der Minister der Konferenz noch beimisst - jetzt hat er ihn bekommen.

Friedrich steht mit seiner Haltung nicht alleine. Politiker vor allem der Union scheinen zu glauben, es komme gut an im Vorfeld dieser Islamkonferenz, den Vertretern der islamischen Verbände Knüppel zwischen die Beine zu werfen.

So hat am Morgen erst Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann gefordert, die Konferenz möge doch bitte dem Salafismus abschwören (was die Konferenzteilnehmer schon im März 2009 getan haben). Und Union-Fraktionschef Volker Kauder meinte in bewährter Manier gegen die muslimischen Teilnehmer der Konferenz schießen zu müssen, in dem er ohne Not von sich gab: "Der Islam gehört nicht zu Deutschland."

Kolat und die anderen Teilnehmer kennen das Spiel schon. Der Vertreter der Türkischen Gemeinde Deutschlands sagt auf dem Bürgersteig zu Kauders Äußerung nur: "Jeder in diesem Land hat das Recht, Schwachsinn zu erzählen." Er verweist darauf, dass sowohl Christian Wulff als Bundespräsident als auch dessen Nachfolger Joachim Gauck dezidiert anderer Meinung sind. Vielleicht, empfiehlt Kolat, sollte Kauder bei denen noch mal nachlesen.

Innenminister Friedrich laviert herum, als er auf Kauder angesprochen wird. Das sei kein Thema gewesen, die Konferenz könne sich nicht von tagespolitischen Fragen leiten lassen, das Thema solle doch nicht immer wieder neu aufgewärmt werden. Ein klares Bekenntnis sieht anders aus. Das dürfte Friedrich jedoch auch schwer fallen, hat er sich doch schon bei seinem Amtsantritt vor gut einem Jahr fast wortgleich wie Kauder heute geäußert.

Ansonsten kommen von Friedrich zum Konferenzverlauf nur harmlos-freundliche Worte. Er lobt, es gebe jetzt erstmals eine von sehr vielen Muslimen getragene Erklärung gegen häusliche Gewalt und Zwangsverheiratungen. Allerdings muss er einräumen, dass das eher etwas mit überkommen Traditionen und patriarchalen Strukturen zu tun habe, als mit der Religion.

Das, so Friedrich weiter, gelte ebenfalls für die Probleme bei der Integration von Muslimen in den Arbeitsmarkt, das zweite wichtige Thema der Konferenz. Auch hier überwiege die Erkenntnis: Religiöse Gründe hat das nicht. Es seien eher Vorurteile in den Unternehmen, die Einstellungen verhinderten. Der Minister wirkt da bemüht, nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen. Kolat reagiert diplomatisch, der Innenminister habe "dazugelernt".

Das sehen andere Teilnehmer dann doch anders. Am Mittwoch erst hat die Bochumer Islamwissenschaftlerin Armina Omerika ihren Rückzug aus der Konferenz erklärt. Diese komme ihr "immer sinnloser" vor. Das liege vor allem an Innenminister Friedrich, dem sie unter anderem unterstellt, Studien zum Islam in Deutschland gerne zu missbrauchen, um "wieder einmal einen populistischen Diskurs" zu bedienen.

Friedrich hat zu dem Rückzug wenig zu sagen. Der sei "sehr konsequent", weil sich Omerika in den vergangen Monaten ohnehin nicht mehr beteiligt habe. Und wiegelt den erneuten Verlust eines Mitgliedes der Konferenz ab mit den Worten: "Insofern ist das halt so." Es gebe genügend Einzelpersonen", die sich an ihrer Stelle einbringen könnten. Solche Auftritte des Innenministers dürften mögliche Kandidaten allerdings kaum motivieren.


Aus: "Gerade wichtig genug für die Kaffeepause des Ministers" Von Thorsten Denkler, Berlin (19.04.2012)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/politik/islamkonferenz-in-berlin-gerade-wichtig-genug-fuer-die-kaffeepause-1.1336614


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Und bei den speziellen Themen, die aufgrund der Geschlechterfrage in den Fokus gerückt werden müssen, muss sich ein neuer Feminismus stärker für die Interessen der Frauen mit Zuwanderungsgeschichte öffnen. Nicht im Sinne von Alice Schwarzer, die doch einen starken paternalistischen Ansatz verfolgt.

... Vielleicht nehmen wir als Oberthema für unseren Kolumnenbeitrag doch einfach einen neuen Begriff – ich weiß nicht, ob es den schon gibt – Feminism of Colour?

Öptüm, Aziz


Aus: "Feminismus und Migration – mehr als die Summe der einzelnen Teile" VON Bozkurt/Altınışık
Quelle: http://www.migazin.de/2012/03/08/feminismus-und-migration-mehr-als-die-summe-der-einzelnen-teile/


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Der 33 Jahre alte Breivik hatte während eines Ferienlagers der Sozialdemokraten auf der Fjordinsel im vergangenen Sommer 69 Menschen getötet, viele davon Jugendliche. Den meisten schoss er gezielt und kaltblütig ins Gesicht. Bei einem Bombenanschlag im Osloer Regierungsviertel kurz zuvor riss er acht Menschen in den Tod.

So oft war von den Morden auf der Insel der norwegischen Jusos schon die Rede, so oft vom Leid der Opfer und Hinterbliebenen. Fast ist es so, als müssten die unbeschreiblichen Grausamkeiten wieder und wieder erzählt werden, eine reinigende Prozedur, ein Ritual: als ob die Dämonen dadurch vertrieben werden könnten. Die Anwältin der Hinterbliebenen fragt lieber noch mal nach: Weißt du, dass in ganz Norwegen etwa 1000 Hinterbliebene in 17 Sälen deine Aussage hören? "Ja. Was ich getan habe, war grausam." Kannst du darüber reflektieren? "Ich würde zusammenbrechen, wenn ich meinen Schutzpanzer fallen lassen würde."

Um ihn selbst sei es damals nicht gegangen und würde es heute nicht gehen, sagt Breivik. "Ich fühle, dass es mein Beitrag dazu war, dass unsere Kultur nicht verschwindet", sagt der Angeklagte.

"Der 22. Juli handelt nicht von den Angehörigen." Aber du hast geweint, als du deinen eigenen Film gesehen hast, sagt die Anwältin der Hinterbliebenen, "Ich war darauf nicht vorbereitet. Es steht für den Kampf und alles, was ich liebe", sagt Breivik. Dann kannst du Gefühle zeigen? Breivik: "Mein Emotionsregister kann man vergleichen mit einem japanischen Elitesoldaten im Zweiten Weltkrieg. Es handelte sich um einen Angriff auf ein legitimes Ziel."

...


Aus: "Beim Töten hörte Anders Behring Breivik Musik" Per Hinrichs (21.04.2012)
Quelle: http://www.abendblatt.de/politik/ausland/article2254137/Beim-Toeten-hoerte-Anders-Behring-Breivik-Musik.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Die Diskriminierung von Moslems in Europa prangert ein von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International verfasster Bericht an. Besonders in der Kritik stehen die Niederlande, Frankreich, die Schweiz, Belgien und Spanien.

... "Das Tragen religiöser und kultureller Symbole und Kleidung ist Teil des Rechts auf freie Meinungsäußerung. Es ist Teil des Rechts auf Freiheit der Religionsausübung oder Weltanschauung - und diese Rechte stehen allen Glaubensrichtungen gleichermaßen zu."

Diese Version des Menschenrechtsbegriffes dürfte allerdings auch innerhalb von Menschenrechtsorganisationen kontrovers diskutiert werden. Besonders in Ländern wie Frankreich wird seit den Tagen der Französischen Revolution das Prinzip hochgehalten, dass die Verbannung bestimmter religiöser Symbole aus der Öffentlichkeit gerade dazu beitragen soll, dass möglichst niemand diskriminiert wird. Auch im Menschenrechtsdiskurs in Deutschland wird die Frage gestellt, ob es der Durchsetzung von Menschenrechten in der Praxis dienlich ist, wenn diese als ethnische religiöse Kollektivrechte formuliert werden.

Diese Problematik wird bei der heute vorgestellten Amnesty-Studie deutlich. Schließlich hat der Amnesty-Vertreter ausdrücklich betont, dass "Islam-Hass" in Europa eher wenig verbreitet ist. Auch eine grundlegende Ablehnung des Islam sei nicht zu diagnostizieren. "In vielen Ländern ist die Meinung weit verbreitet, dass der Islam schon ok ist und die Muslime auch - solange nichts davon zu sehen ist", bringt Perolini die Stimmung auf dem Punkt.

Doch gerade in dieser Haltung sieht er die Ursachen für die in dem Report beschriebenen Menschenrechtsverletzungen. Diese Kritik ist sicher berechtigt, wenn wie in Deutschland Nonnen in religiöser Kleidung in Schulen unterrichten dürfen, moslemische Lehrerinnen aber kein Kopftuch tragen dürfen. Wenn aber in einer säkularen Gesellschaft konsequent sämtliche religiösen Insignien in bestimmten öffentlichen Räumen verbannt würden, dürfte es fraglich sein, ob dann noch von Menschenrechtsverletzungen gesprochen werden könnte.

Perolini betonte bei der Vorstellung des Berichts auch, dass natürlich niemand zum Tragen bestimmter religiöser Kleidung und Symbole gezwungen werden dürfe. Auch das würde eine Menschenrechtsverletzung darstellen. Allerdings geht er nicht auf begründete Einwände ein, die von einem faktischen Druck in religiösen Familien sprechen. Tatsächlich ist es leicht vorstellbar, dass beispielsweise liberal oder säkular eingestellte Familienmitglieder starken Pressionen ausgesetzt sind, wenn sie das Tragen religiöser Kleidung verweigern, obwohl es allgemeiner Brauch ist.

Ein solches Szenario ist durchaus in verschiednen religiösen Kulturen denkbar und macht deutlich, wie schnell religiöse Rechte mit individuellen Menschenrechten in Widerspruch geraten können. Der Amnesty-Bericht hat mit der Beschreibung gesellschaftlicher Diskriminierung in verschiedenen europäischen Ländern sicher Verdienste. So ist die Kritik an dem durch eine Volksabstimmung durchgesetztes Nein zum Bau von Minaretten nachvollziehbar. Die Debatte über den Menschenrechtsbegriff ist damit allerdings nicht beendet.

Quote25. April 2012 07:54
Salafisten vs. Piusbrüder
vollbio (mehr als 1000 Beiträge seit 20.02.07)

Eine Gesellschaft, aggressiv die gegen Salafisten vorgeht, macht sich
unglaubwürdig, wenn sie nicht genauso aggressiv gegen die Piusbrüder
oder extremistische Evangelikale, vorgeht, denn Piusbrüder und
extremistische Evangelikale sind um keinen deut besser oder weniger
gefährlich als Salafisten. Die einen träumen von einem Kalifat, die
anderen von einem neofaschistischen Ständestaat, für beide hört die
Freiheit des Menschen dort auf, wo ihre Interpretation ihrer heiligen
Texte etwas als Sünde deklariert.

Somit zeigt die Salafisten-Affäre der letzten Wochen, dass
moslemische Spinner vielfach nicht mit der gleichen Nachsicht
behandelt werden wie christliche Spinner und dass man insofern von
einer Diskriminierung sprechen kann. Wenn der Verfassungsschutz die
Salafisten überwacht, müsste er das auch mit den Piusbrüdern machen.
Tut er aber nicht
> http://pius.info/component/content/article/717-aktuell/4634-verfassungsschutz-beobachtet-piusbruderschaft-nicht

Auf der anderen Seite ist es unangemessen, vom Rest der Menschheit zu
verlangen, dass die Gesellschaft so eingerichtet zu werden hat, dass
sie ihre Rituale und ihre religiösen Regeln einhalten können. Konkret
halte ich es für unzumutbar, von jedem Arbeitgeber zu verlangen,
einen Arbeitnehmer zwei- bis viermal am Tag zu bestimmten, von den
Gurus der Religion festgelegten Zeiten zum Gebet freizustellen. Die
Frage ist nur, wo der Punkt beginnt, an dem der Arbeitgeber dem
Arbeitnehmer keine Vorschriften machen darf.

Bei Vorschriften über die Kleidung bzw. über das Erscheinungsbild
ganz allgemein ist dieser Punkt für mich noch lange nicht erreicht.
Vor allem bei Arbeitsplätzen mit Publikumsverkehr oder bei denen
besondere Arbeitskleidung erforderlich ist halte ich es aus
verschiedenen Gründen für absolut legitim, dem Arbeitgeber ein
gewisses Recht, dem Arbeitnehmer Vorschriften zu machen,
zuzugestehen.

Die Diskriminierungsvorwüfe von Amnesty sind deshalb zwar nicht
absurd, aber doch stark überzogen.

Quote25. April 2012 08:29
Re: Salafisten vs. Piusbrüder
vollbio (mehr als 1000 Beiträge seit 20.02.07)

steinbeiss schrieb am 25. April 2012 08:25

> Ach immer die gleichen Gebetsmühlen der Ablenkung vom Thema. Zeigen
> Sie doch mal ein paar Piusbruder-Predigten, die zum Hass im Namen
> Jesu aufrufen. Würde mich mal beiläufig interessieren.

Sie meinen sicher rechtsextremistische Äußerungen namhafter Vertreter
dieser Sekte. Damit kann ich dienen:

> http://de.wikipedia.org/wiki/Piusbruderschaft#Positionen_einzelner_Vertreter


Quote25. April 2012 08:40
Re: Salafisten vs. Piusbrüder
Zirkon (mehr als 1000 Beiträge seit 17.01.01)

Dann mach mal folgendes Experiment:

Stell Dich in eine Fussgängerzone einer großen Stadt, und beleidige
Jesus, den Papst und verbrenne eine Bibel.
Dann mach das gleiche mit Mohammed und dem Koran.

Danach schaun wir mal, wie es Dir danach jeweils geht. Das ist für
mich der entscheidende Unterschied bei den beiden Formen des
Extremismus.



Quote24. April 2012 21:22
Religionsfreiheit
khr (mehr als 1000 Beiträge seit 19.04.00)


Religionsfreiheit bedeutet nicht das sich andere welche nicht glauben
daran zu halten haben was "Gläubige" wollen.

Persönlich bekomme ich immer mehr den Eindruck das alle welche ihre
Religion offen austragen, andere versuchen zu missionieren ...

Es nervt das man als "Ungläubiger" sich ständig mit den Religionen
herumschlagen muss, nichts sagen kann was vielleicht jemanden
beleidigen könnte.

Wer seine Religion still und leise und für sich auslebt, bitte sehr,
keiner wird ein Problem damit haben.
Wer glaubt andere damit nerven zu müssen sorry da fehlt mir
inzwischen jedes Verständnis für.


Quote24. April 2012 19:02
Wenn ich in meinem Jedi-Bademantel zur Arbeit komme
DerWaechter

werde ich erst zu angemessener Kleidung aufgfordert, im
Wiederholungsfall abgemahnt und am Ende gefeuert.

Ich finde das als Anhänger der Jedi-Religion ziemlich
diskriminierend.

Quote24. April 2012 19:05
Re: Wenn ich in meinem Jedi-Bademantel zur Arbeit komme
Kai Lahmann

DerWaechter schrieb am 24. April 2012 19:02

> Ich finde das als Anhänger der Jedi-Religion ziemlich
> diskriminierend.

Ist es auch. Völlig egal, ob es sich dabei um eine ernsthafte
Religion handelt oder nicht.


Quote24. April 2012 19:21
Ich kenne keine ernsthaften Religionen
DerWaechter

Ich habe keinen unsichtbaren,allmächtigen Freund und ich halte nichts
von Ritualen und Regeln, die Leute mit Wahnvorstellungen im Altertum
verfasst haben.




Aus: "Werden Moslems in Europa diskriminiert?" Peter Nowak (24.04.2012)
Quelle: http://www.heise.de/tp/blogs/8/151867


Textaris(txt*bot)

Quote[...]  Es handelt von Kindern, die gemeinsam unter dem Regenbogen leben: Das Lied "Barn av regnbuen" lernen viele Norweger schon im Kindergarten. Doch vor Gericht verunglimpft es der Massenmörder Anders Breivik als marxistische "Gehirnwäsche". Zehntausende Menschen haben sich in Oslo versammelt, um dagegen anzusingen.

Die Aktion begann auf dem Youngs-Platz, gleicht hinter der Staatskanzlei, die Breivik am 22. Juli mit einer Autobombe zerstört hatte, und direkt neben dem Gebäude der Arbeiterpartei. Zunächst wandte sich Trond Blattmann an die Menge, um den Menschen im Namen der Angehörigen der Opfer für die Solidarität zu danken. Blattmann verlor im Massaker von Utøya einen Sohn.

Anschließend sang der Musiker Lillebjørn Nilsen gemeinsam mit dem vielstimmigen Chor der Demonstranten sein Lied "Barn av regnbuen" ("Kinder des Regenbogens"). Das ist nicht einfach irgendein Volkslied: Viele Norweger haben den Song, der vom verantwortungsvollen Umgang mit der Natur und globaler Harmonie handelt, schon im Kindergarten gelernt.

Für den Rechtsradikalen Breivik aber ist "Barn av regnbuen" ein Beispiel für "Indoktrination". Das sagte der Angeklagte am vergangenen Freitag vor Gericht. Songwriter Nilsen beschimpfte er als "Marxisten", der die Kulturszene infiltriert habe.

Diese Verunglimpfung wollten sich einige Osloer nicht gefallen lassen und riefen spontan über das Internet zu der Kundgebung auf. Sie erhielten breite Unterstützung: Von einer Sicherheitsfirma, die für die Veranstaltung kostenfrei Ordner zur Verfügung stellte. Von zahlreichen Unternehmen, die ihre Mitarbeiter freistellten, so dass diese an der Veranstaltung teilnehmen konnten.

Und von US-Folkmusiker Peter Seeger. Er hat das Lied 1973 in der Originalfassung "Rainbow Race" geschrieben. Inzwischen ist Seeger 92 Jahre alt. Er hatte es sich nicht nehmen lassen, seinen Kollegen Nilsen in Norwegen anzurufen, um ihm für den bevorstehenden Auftritt alles Gute zu wünschen.

Nach dem Lied marschierten die Demonstranten zum Gericht, um dort Rosen niederzulegen. Aus der roten Rose, dem traditionellen Symbol der Arbeiterpartei, wurde mit den Anschlägen von Oslo und Utøya auch zum Symbol landesweiter Trauer und Solidarität. Seit Tagen wächst vor dem Gebäude des Tinghus bereits ein Blumenmeer heran, während drinnen bei der Verhandlung jeden Tag neue, grausame Details über die Attentate bekannt werden. Derzeit sagen dort Zeugen des Bombenanschlags im Osloer Regierungsviertel aus, in der nächsten Woche sollen Überlebende des Massakers von Utøya zu Wort kommen.

Auch im vergangenen Sommer, unmittelbar nach den Anschlägen, hatten die Norweger dem Terror Blumen entgegengesetzt. Die Bilder vom Osloer "Rosenmarsch" am 25. Juli 2011, bei dem Hunderttausende ihre Solidarität mit den Opfern bekundeten, gingen damals um die Welt.


Aus: "Ansingen gegen Breiviks Terror" Von Gunnar Herrmann (26.04.2012)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/panorama/kundgebung-in-oslo-ansingen-gegen-breiviks-terror-1.1342763


Textaris(txt*bot)

Quote[...] "Einzelne Deutsche stören mich nicht, mich stört die Masse", sagte die 35-Jährige jetzt der Zeitung "Sonntags-Blick". Was wohl eine Art Relativierung ihrer kontroversen Aussage von letzter Woche sein sollte, dürfte die hitzig geführte Debatte um die deutsche Zuwanderung in die Schweiz nur befeuern. Vorigen Sonntag hatte Rickli in einer Fernsehsendung des Lokalsenders TeleZüri gesagt: "Wir haben zu viele Deutsche im Land."

Im aktuellen "Sonntags-Blick" benennt Rickli auch, wo genau das Problem mit den Dauergästen aus dem Norden ihrer Ansicht nach am Größten ist: Speziell im Kanton Zürich träten Deutsche in Massen auf. Gegen einzelne deutsche Ärzte oder Kellner habe sie zwar nichts. Aber: "Wenn es aber nur noch deutsche Serviertöchter (Kellnerinen) hat, deutsche Ärzte, ich in den Schweizer Bergen nur noch von Deutschen bedient werde, fühle ich mich nicht mehr daheim."

... Rickli selbst kann an ihren Aussagen nichts Verwerfliches finden: "Ich hetze nicht gegen Deutsche", sagte sie. "Ich spreche die Problematik an, dass zu viele hier sind." Nach den Angaben der in der SVP unter anderem mit Ausländerpolitik beschäftigten Abgeordneten leben 276.000 Deutsche in der Schweiz, die knapp acht Millionen Einwohner hat. Welche ungeheure Belastung das ihrer Ansicht nach offenbar bedeutet, versucht sie mit einem Zahlenspiel zu illustrieren: "Rechnen wir das auf Deutschland um, wären 2,7 Millionen Schweizer in Deutschland."

... Immerhin: Die Deutschen sind nicht die einzigen, die Frau Rickli Unbehagen bereiten. Die Schweiz habe generell ein Problem mit der Zuwanderung und der Personenfreizügigkeit. "Wir haben zu viel Kriminalität. In unseren Gefängnissen sind 70 Prozent Ausländer. Wir haben ein Asylchaos", sagte die SVP-Frau. Jeder könne in die Schweiz kommen, hier arbeiten und habe Zugang zu den Sozialleistungen.

Mit solchen Aussagen führt die SVP-Politikerin konsequent die Politik ihrer Partei fort, die - lange Zeit unter der Führung von Christoph Blocher - seit den neunziger Jahren mit ihrem Kampf gegen Europa, gegen Zuwanderung und für Marktliberalismus zur stärksten Partei des Landes aufgestiegen ist. Dabei hat sie wiederholt Ressentiments bedient und bewusst Tabubrüche begangen.

Die 35-jährige Rickli hat eine rasante politische Karriere hingelegt. Schon seit fünf Jahren sitzt sie im Schweizer Parlament. Die "Neue Zürcher Zeitung" nannte sie einmal "die gefährlichste Frau der SVP". Beobachter schildern sie als klug, fleißig und tough.

tdo/dpa


Aus: ""Mich stört die Masse der Deutschen"" (29.04.2012)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,830449,00.html


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Quote[...] Im Prozess um die Ermordung der jungen Kurdin Arzu Ö. aus Detmold haben die drei hauptangeklagten Geschwister weitgehende Geständnisse abgelegt. Zum Auftakt vor dem Landgericht gab der 22-jährige Osman Ö. zu, die Kontrolle verloren und seine Schwester Arzu erschossen zu haben.

Ebenso wie seine Schwester Sirin (27) und sein Bruder Kirer (25) gestand auch er, die 18-Jährige im November 2011 entführt zu haben. Die Anklage sieht das Tatmotiv darin, dass Arzus jesidische Familie deren Liebesbeziehung zu einem deutschen Bäckergesellen aus religiösen Gründen nicht dulden wollte.

Arzu war im November plötzlich spurlos aus Detmold in Nordrhein-Westfalen verschwunden. Zehn Wochen lang suchte die Polizei nach ihr, im Januar wurde ihre Leiche schließlich in Schleswig-Holstein entdeckt.

Eigentlich hätten sie ihrer jüngeren Schwester nur "den Kopf waschen wollen", um sie zur Vernunft zu bringen, sagte Sirin vor Gericht aus. Doch dann sei alles anders gekommen. Bei einer Rast in einem Waldstück bei Lübeck seien plötzlich zwei Schüsse gefallen, schilderte Sirin. Sie sei zu Osman gelaufen, habe ihn gerüttelt. Er habe etwas in der Hand gehalten, "auf dem Boden lag Arzu".

Zuvor hatte Sirin berichtet, dass Arzu getrunken und Drogen genommen und sich zunehmend von ihrer Familie entfernt habe. Dann sei sie von der Familie verprügelt worden und kurz darauf weggelaufen. Sirin sagte, sie habe ihre verstoßene Schwester mit aller Macht in die Familie zurückholen wollen.

Die Staatsanwaltschaft geht von einem religiösen Hintergrund der Tat aus. Anhänger der vorchristlichen Glaubensgemeinschaft der Jesiden dürfen nach strenger Auslegung nur untereinander heiraten. In der Anklageschrift ist von "ehrbezogenen Motiven" die Rede. Derartige niedrige Beweggründe seien nach den in Deutschland geltenden Maßstäben und den hier herrschenden sittlichen und rechtlichen Auffassungen besonders verachtenswert.

Zunächst sind fünf Verhandlungstage angesetzt. Das Gericht in Detmold hat 30 Zeugen geladen, der Vater des Opfers ist nicht darunter. Er gilt zwar als Beschuldigter, das Ermittlungsverfahren gegen ihn wurde aber abgetrennt. Vor dem Gerichtsgebäude demonstrierten Menschenrechtsvereine gegen sogenannte Ehrenmorde.


Aus: "Tod der jesidischen Kurdin Arzu - Geschwister gestehen Entführung und Mord" (30.04.2012)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/panorama/tod-der-jesidischen-kurdin-arzu-geschwister-gestehen-entfuehrung-und-mord-1.1345247

-.-

Quote[...] Vertreter von Terre des Femmes und Peri forderten gerechte Strafen. Es dürfe keinen ,,Kulturbonus" für die sogenannten "Ehrenmorde" geben, hieß es. (dpa, dapd)

...


Aus: "Geständnis: Bruder tötet eigene Schwester" (30.04.2012)
Quelle: http://www.fr-online.de/panorama/mord-an-arzu-oe--gestaendnis--bruder-toetet-eigene-schwester,1472782,15047426.html


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Quote[...] Über die Entwicklung der muslimischen Punkszene ...

Zitat aus dem Roman "Taqwacore":
"Obwohl Rabeya eine ebenso überzeugte Muslima war wie jeder andere hier, lebte sie den Islam, wie sie es für richtig hielt. Bei der gestrigen Party war sie es, die völlig verschleiert ans Mikrofon gesprungen war, um eine Coverversion von 'Nazi Girlfriend' von den Stooges zum Besten zu geben; durch ihren Niquab sang sie langsam und geisterhaft in Iggy Pops morbider Altmännerstimme: 'I want to fuck you on the floor, among my books of ancient lore'."

Eine Leseprobe aus dem Roman "Taqwacore" des Amerikaners Michael Muhammad Knight. Dass dieser Stoff die deutschen Medien geradezu magisch anzieht: kein Wunder. Die Kopftuchdebatte, der "Euro-Islam" oder auch das Thema "Ehrenmorde". Die Diskussion um den Islam in Deutschland erscheint so festgefahren wie verkrampft.

Und nun kommt Taqwacore daher. Ein Roman über eine WG von Punkmuslimen, die feuchtfröhliche Partys feiern, sich aber als vorbildliche Muslime sehen und schon mal einen Joint rauchen, während sie aus dem Koran rezitieren. Ein fiktiver Roman, aus dem sich in Amerika reale Punkbands entwickelt haben. Los ging das 2005. Damals bekam Kourosh Poursalehi, ein schmächtiger Student in Round Rocks, Texas, den Roman "Taqwacore" in die Hände:

"Am Anfang dachte ich wirklich, es sei eine reale Beschreibung. Sobald ich das Buch gelesen hatte, habe ich Michael Muhammad Knight kontaktiert. Ich fragte ihn: Wo kann ich diese Leute treffen? Da erklärte er mir, er habe sich alles nur ausgedacht. Trotzdem fühlten sich die Figuren aus dem Buch für mich immer noch real an. Da sagte ich mir: Warum soll ich sie nicht einfach in die Wirklichkeit holen? Das Gedicht 'Muhammad was a punk rocker', das am Anfang des Buches steht, schien mir geeignet für einen Song."

... Kourosh Poursalehi: "Das war der erste Song von Taqwacore, behauptet man heute."

Kourosh Poursalehi gründete eine Einmann-Band mit dem provokanten Namen: Vote Hezbollah. Weitere Bands entstehen in dieser Zeit, in Washington, Vancouver und Boston. Ihre Stücke haben Texte wie "Jagt den ganzen Mist in die Luft, wir wollen keine Assimilation". Taqwacore hatte einen Nerv getroffen. Der Grund liegt, paradoxerweise, begründet im Erfolg der amerikanischen Muslime.

Ein Großteil von ihnen sind Akademiker. Sie oder ihre Vorfahren wurden nicht wie in Europa als billige Arbeitskräfte angeworben. Der amerikanische Traum, der Plan von Karriere und Aufstieg, hat gut ausgebildete Muslime in die USA gelockt. Sie integrierten sich geräuschlos. Bis zum 11. September 2001 spielte es keine Rolle, dass sie Muslime waren. Doch dann gerieten sie unter Generalverdacht, auch die dritte Generation: Junge Erwachsene, die in Amerika mit Basketball, Skateboard und Popmusik aufgewachsen waren, wurden plötzlich angefeindet - als Muslime.

... Basim Usmani: "Viele Medien wollen, dass wir als Islampunks auftreten, als Stimme für wütende Muslime, die ihre eigene Kultur nicht mögen. Die Medien brauchen einen neuen Salman Rushdie. Sie hatten die Mohammed-Karikaturen. Das hat schon ziemlich gut funktioniert. Jetzt versuchen sie sich an mir. Sie wollen mich zu einer Mohammed-Karikatur machen. Das werde ich aber nicht sein."

Vor den Karren einer pauschalen Islamkritik wollen sich die Bands nicht spannen lassen. Es wäre auch ein Bruch mit dem ironisch-hintergründigen Ton des Romans.

Zitat aus dem Roman "Taqwacore":
"Bist du hier, um die Fatwa zu vollziehen?"
"Was?"
"Du weißt schon - ich bin eine Abtrünnige, theoretisch kannst du mich töten."
"Aha", sagte ich mit dem Anflug eines Lachens.
"Gib mir die Salman-Rushdie-Spezialbehandlung", sagte sie mit ausgestreckten Armen und geschlossenen Augen.

Basim bezeichnet sich als "atheistischen Muslim". Im Grunde denken viele nominelle Christen im Westen nicht anders. Aber es ist ein Bekenntnis, das für nominelle Muslime eben nicht so selbstverständlich ist - aufgrund einiger Koranverse, aber auch angesichts der aufgeladenen Islamdebatte. Basim sagt heute kritisch: Mit Taqwacore sei nicht wirklich etwas Neues erfunden worden:

"Einer der größten Dichter Pakistans, der muslimische Reformer Allama Iqbal, hat sich mit dem Kapital" von Karl Marx auseinandergesetzt, er war in Deutschland und hat Nietzsche gelesen. All solche Philosophen hat es schon gegeben, in den 30er- und 40er-Jahren. Und wir heute sind daher nicht die Muslime neuen Typs.

Das belastet mich schon sehr. Man baut Erwartungen auf, dass ich mein ganzes Leben dann genau so ein Muslim bleibe. Diese selbst erfundene Definition sollen sie mal schön für sich behalten. Wir versuchen einfach nur einen Raum zu finden, um neue Kunst zu schaffen."

Basim und seine Band, die Kominas, haben sich weiterentwickelt. Ihr erstes Album hieß noch, sehr plakativ, "Wild nights in Guantanamo Bay". Nun haben sie islamische Sufi-Texte vertont. Gesungen im indischen Punjabi-Dialekt. Wohl auch, um den Journalisten keine einfachen Vorlagen mehr zu liefern. Und tatsächlich: Die US-Medien haben das Interesse verloren. Die Aufbruchstimmung des Romans: Das scheint lange her.

Punkislam in Amerika ist heute in der Krise. Die kanadische Punkfrauen-Band "The Secret Trial Five", die sich einst zu Taqwacore bekannte, hat sich offiziell distanziert. Kouroush, der die erste Taqwacore-Band in Texas gegründet hatte, macht mittlerweile gar keinen Punk mehr, sondern elektronische Ambientrhythmen. Obwohl er sagt: Das mit dem Punk werde immer schnell so eng gesehen:

"Punkrock ist eine Ideologie, eine Haltung. Das lässt sich nicht an Äußerlichkeiten festmachen. Es geht nicht um Frisuren und Klamotten, oder welche Bands man hört. Es geht darum, wer du bist und was dich glücklich macht. Die eine oder andere Norm brechen, das könnte man zwar "Punkrock" nennen. Aber letztlich geht es nicht darum, anders zu sein, sondern darum, sich selbst treu zu bleiben - das ist Punkrock."


Aus: "Punkrock ist eine Haltung" Von Thilo Guschas (28.04.2012)
Quelle: http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/religionen/1742027/


Textaris(txt*bot)

#128
http://de.wikipedia.org/wiki/Salafismus

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http://www.sueddeutsche.de/politik/eskalation-zwischen-salafisten-und-rechten-pro-nrw-aktivisten-eine-explosion-der-gewalt-die-wir-lange-nicht-erlebt-haben-1.1349490

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Quote[...] Bonn (dpa) - Auseinandersetzungen über den Islam sind in Nordrhein-Westfalen erneut in schwerer Gewalt geendet: Nach einer Provokation der rechten Splitterpartei Pro NRW griffen Anhänger radikaler Salafisten in Bonn die zum Schutz der Veranstaltung aufgezogene Polizei an.

29 Polizisten wurden verletzt, zwei erlitten durch Messerstiche schwere Verletzungen. 109 Gewalttäter wurden nach Polizeiangaben festgenommen. Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) reagierte entsetzt.

Bereits am 1. Mai war es in Solingen am Rande eines Pro-NRW-Auftritts zu gewalttätigen Übergriffen mit drei verletzten Polizisten gekommen. Die Auseinandersetzungen haben an Schärfe zugenommen, seit Salafisten seit einigen Wochen bundesweit kostenlose Korane verteilen.

Die in Bonn schwer verletzten Beamten wurden im Krankenhaus operiert. Lebensgefahr bestehe jedoch nicht, hieß es. Gegen einen 25-Jährigen aus Hessen nahm die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen eines versuchten Tötungsdelikts auf.

Den weniger als 30 Pro-NRW-Leuten standen nach Polizeiangaben 500 bis 600 Gegendemonstranten gegenüber. Die Polizei parkte zwischen beiden Seiten Mannschaftswagen, um die Situation zu entschärfen, wie ein Sprecher berichtete. Die Situation eskalierte, als Anhänger von Pro NRW wieder islamfeindliche Karikaturen zeigten. Nach der massiven Attacken und Steinwürfen wurde die Veranstaltung nach rund 45 Minuten beendet. Bereits vor der Demonstration waren ein Schlagstock sowie Steine und eine Steinschleuder sichergestellt worden.

Landesinnenminister Jäger sagte am Sonntag in Düsseldorf: «Die systematischen Provokationen der Rechtsextremisten von Pro NRW mit islamfeindlichen Karikaturen rechtfertigen in keinster Weise diese Ausschreitungen.» Und: «Das waren keine spontanen Angriffe, denn die Salafisten hatten zuvor intensiv bundesweit für ihre Aktion mobilisiert.» Den Rechtsextremen von Pro NRW wiederum warf er vor, gezielt Hass gegen vier Millionen Muslime zu schüren, die friedlich in Deutschland lebten und die sich von Salafisten distanzierten. «Pro NRW ist gefährlich für unsere Demokratie.»

Auch in Berlin kam es zu Rangeleien zwischen Salafisten und Anhängern der rechtspopulistischen Partei Pro Deutschland, als die radikalen Muslime Korane verteilten. Die Polizei erteilte nach eigenen Angaben mehrere Platzverweise. Anders als zunächst mitgeteilt wurde, gab es aber keine Verletzten.

Karikaturen des Propheten Mohammed sind für Muslime eine besondere Provokation, weil jegliche bildliche Darstellung Mohammeds im Islam verboten ist. Die Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen in Dänemark hatte bereits 2005 zu teils gewalttätigen Protesten von Muslimen in aller Welt geführt.

Der Salafismus ist nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes ein Sammelbecken für gewaltbereite Islamisten. Er hat in Deutschland rund 2500 Anhänger. Salafisten vertreten einen rückwärtsgewandten Ur-Islam und lehnen jede theologische Modernisierung ab. Sie vertreten diskriminierende Positionen gegen Frauen und bestehen auf deren Vollverschleierung.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hält den Salafismus für eine Keimzelle des Islamisten-Terrors in Deutschland. «Von seinen fanatischen Anhängern geht eine besondere Gefährdung für die Sicherheit Deutschlands aus», sagte er der «Bild am Sonntag». «Die Salafisten liefern die ideologische Basis für viele, die dann gewalttätig werden.»


Aus: "Entsetzen über Salafisten-Gewalt nach Provokationen" (06.05.2012)
Quelle: http://www.zeit.de/news/2012-05/06/extremismus-entsetzen-ueber-salafisten-gewalt-nach-provokationen-06162202

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Quote[...] Nun ist es passiert. Der Terror, den die radikal islamischen Salafiten bislang nur innerhalb der muslimischen Communities verbreitet haben, hat sich gestern Nachmittag für alle sichtbar auf den Straßen von Bonn gewaltsam entladen. Anlass dafür bildete der Versuch von 29 Aktivisten der ausländerfeindlichen Partei Pro NRW, einige Karikaturen des ,,Propheten" Mohammed vor der König-Fahd-Akademie in Bonn zu präsentieren. ...

Die vorläufige Bilanz in Bonn: 109 festgenommene Islamisten, 29 verletzte Polizisten, davon mindestens zwei durch Messerstiche. Eine Mordkommission ermittelt.

... Was am 5. Mai in Bonn auch ausgetragen wurde, war ein sprichwörtlicher Wahlkampf zwischen der rechtsradikalen Pro NRW und der islamistischen BIG-Partei und ist womöglich eine neue Qualität der politischen Auseinandersetzungen zwischen muslimischen Funktionären und den vermeintlichen oder tatsächlichen Ungläubigen.

Pro NRW, bestehend aus Ex-Nazis und Lumpenbourgeoisie, ist dabei nur die andere Seite derselben kulturalistischen Medaille. Will die islamistische BIG-Partei dem kleinen muslimischen Mann zu einer Stimme verhelfen, inszeniert sich Pro NRW als bieder-bürgerliche Schutzmacht des christlichen Abendlandes. Während der Rat der Muslime bzw. die BIG-Partei gelegentlich einen wütenden Mob gegen dessen frommen Wunsch politisch instrumentalisiert, kann sich Pro NRW nur noch auf die Polizei verlassen, die sich pflichtschuldig anstelle der Rechtspopulisten verprügeln lässt.

Fakt ist: Die fremdenfeindliche Partei Pro NRW hat die Islamisten nicht damit provoziert, dass sie wie andere Landtagsparteien einer repressiven Ausländerpolitik anhängt, sondern einzig und allein durch die islamkritischen Karikaturen des Kurt Westergaard. Der salafitische Mob hätte genauso zugeschlagen, wenn die Karikaturen von Linken gezeigt worden wären, welche aber zur Islamkritik unfähig sind und trotzdem – wie am 1. Mai in Solingen – von Salafiten mit Holzlatten krankenhausreif geprügelt werden [6].

Die Absicht des nordrhein-westfälischen Innenministers Jäger (SPD), den Rechten das Zeigen der Mohammed-Karikaturen zu verbieten, um sich Ruhe vor dem islamischen Mob zu erkaufen, wäre ein Pyrrhussieg für den ,,öffentlichen Frieden". Tatsächlich hätten die Salafiten damit einen Etappensieg herbeigeprügelt, auf dem sie propagandistisch aufbauen könnten. Solch ein Erfolg könnte Muslime, die die Mohammed-Karikaturen für unerträglich halten, sie bislang aber nicht gewaltsam aus der Welt schaffen wollten, zu der Überzeugung bringen, dass Gewalt doch eine probate Lösung und der Salafismus der verlässlichste Verteidiger des Islams ist.

Auch wenn der von Pro NRW verbreitete Hass auf muslimische Migranten entschieden bekämpft werden muss, darf im Zuge dessen das ,,befreiende Gelächter über das Allerheiligste" (Redaktion Bahamas) [7] keinesfalls verboten werden.

Gruppe Georg Elser (Bonn), 6. Mai 2012


Aus: "Beim Barte des Propheten"
Gruppe Georg Elser 06.05.2012 21:37 Themen: Antirassismus Freiräume Kultur
Quelle: http://de.indymedia.org/2012/05/329621.shtml

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Quote
QuoteZu "Auch Rechte dürfen Mohammed-Karikaturen zeigen"

7. Mai 2012 19:31
Wenn Salafisten Humor hätten würden sie einfach mit Jesus-Karikaturen kontern. Damit lassen
sich die gutchristlichen Pro-Nasen wunderbar provozieren, das Geheule
bei PI kann ich mir jetzt schon vorstellen.

Aber da hat die Religiosität wohl mal wieder das Humorzentrum im Hirn
blockiert. Fanatiker haben halt nix zu lachen, da muß immer das Blut
kochen.



http://www.heise.de/tp/blogs/foren/S-Wenn-Salafisten-Humor-haetten/forum-228160/msg-21803487/read/

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Quote[...] Derweil hat die Essener Polizei einen Kommissar wegen angeblicher Verbindungen zu den radikalislamischen Salafisten vorläufig vom Dienst suspendiert. Der 31-Jährige habe inzwischen eingeräumt, dass er den Islamisten "zugetan" sei, sagte ein Polizeisprecher und bestätigte einen Bericht der WAZ-Mediengruppe. Gegen den Mann würden Vorermittlungen geführt. Wenn sich die Vorwürfe bestätigten, werde ein Verfahren "mit dem Ziel der Entlassung aus dem Beamtenverhältnis" eingeleitet.

Der 31-jährige Kommissar soll unter anderem privat Infostände angemeldet haben, an denen islamistisches Material verbreitet wurde. Zudem soll er Kontakt zu Hasspredigern wie dem Konvertiten Pierre Vogel gehabt haben.

Pro-NRW provoziert bereits seit Tagen mit Auftritten vor Moscheen und islamischen Einrichtungen. In Bonn wurden am Samstag 29 Polizisten verletzt, darunter zwei schwer. Ein 25-jähriger Mann aus Hessen sitzt inzwischen in Untersuchungshaft. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft räumte er ein, mit einem Messer auf zwei Beamte eingestochen zu haben. Eine Tötungsabsicht bestreitet er aber. Allein am Samstag waren 109 Personen vorübergehend festgenommen worden. Gegen viele von ihnen wurde nun ein Reiseverbot zur Kölner Gegendemonstration verhängt.

... Der dänische Karikaturist Kurt Westergaard wehrt sich gegen den Missbrauch seiner Karikatur durch Pro-NRW. Er habe den Dänischen Journalistenverband gebeten, gegen die missbräuchliche Nutzung seines Namens und seines Werks vorzugehen, sagte Westergaard dem "Kölner Stadt-Anzeiger". "Ich lehne es strikt ab, mit einer politischen Partei oder Bewegung in Verbindung gebracht zu werden."

Der 76-jährige Westergaard hatte 2005 in der dänischen Zeitung "Jyllands-Posten" eine Karikatur über den Propheten Mohammed veröffentlicht. Seither wird er bedroht und lebt wegen ständiger Todesdrohungen unter Polizeischutz.

Er hätte Pro-NRW die Genehmigung zum Zeigen der Karikatur niemals gegeben, sagte Westergaard. "Rechtsgewirkten Wirrköpfen" sei "so etwas wie Copyright vollständig gleichgültig". Auch in Dänemark sei ein Verfahren gegen eine islamfeindliche Gruppe anhängig, die die Karikatur für eine Demonstration missbraucht habe.

fab/dpa/dapd


Aus: "Platzverbot für gewaltbereite Salafisten" (08.05.2012)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/pro-nrw-demo-in-koeln-platzverbote-gegen-gewaltbereite-salafisten-a-832065.html

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Quote[...] Unions-Politiker wollen militante Islamisten ausweisen. Der CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl sagte der "Bild"-Zeitung: Jeder der in Deutschland lebe, müsse "unsere freiheitlich demokratische Grundordnung akzeptieren". Wer diese Werte ablehne, "der soll unser Land schnellstmöglich verlassen." Im Zweifelsfall müsse er "ausgewiesen werden".

Laut Uhl muss sich Deutschland "mit allen Mitteln gegen den Import eines steinzeitlichen Religionsverständnisses wehren". Für den Innenexperten heißt das auch, bei eingebürgerten Islamisten, den Entzug der Staatsbürgerschaft zu erwägen.

Teile der FDP unterstützen das Vorhaben. Hessens Justizminister Jörg-Uwe Hahn sagte dem Blatt, wer versuche, religiöse Ansichten über Straßenschlachten mit der Polizei und Andersdenkenden durchzusetzen, sei "eine Gefahr für das friedliche Zusammenleben". "Eine wehrhafte Demokratie darf sich deshalb nicht scheuen, alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen." Dazu gehörten "strafrechtliche Konsequenzen ebenso wie eine Abschiebung, ein Einreiseverbot oder das Verbot von Versammlungen."

...


Aus: "Union will Salafisten ausweisen" (09. Mai 2012)
Quelle: http://www.n-tv.de/politik/Union-will-Salafisten-ausweisen-article6215546.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Der integrationspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Memet Kilic, hat auf dem Pforzheimer Marktplatz kostenlose Exemplare der deutschen Verfassung verteilt. Kilic reagierte mit der Aktion auf die umstrittenen Koran-Verteilungen islamischer Fundamentalisten.

Rund 500 Exemplare des Grundgesetzes in verschiedenen Sprachen hatte der Bundestagsabgeordnete mitgebracht. Nach gut anderthalb Stunden hatte er nach eigenen Angaben rund 250 verteilt.

Er beobachte, dass sich derzeit islamische Fundamentalisten und Extremisten vom rechten Rand gegenseitig hochschaukelten, sagte Kilic. "Die vernünftige Mitte der Gesellschaft muss sich zu Wort melden und deutlich machen, dass wir eine wunderbare Grundlage haben, auf der wir gemeinsam leben können. Deshalb will ich für das Grundgesetz Werbung machen."


Aus: "Bundestagsabgeordneter verteilt Grundgesetze" (18. Mai 2012)
Quelle: http://www.stern.de/politik/deutschland/reaktion-auf-umstrittene-koranverteilung-der-salafisten-bundestagsabgeordneter-verteilt-grundgesetze-1829226.html


Textaris(txt*bot)


http://de.wikipedia.org/wiki/Shahin_Najafi


Quote[...]  Vor einigen Wochen wurde auf Shahin Najafi ein Kopfgeld ausgesetzt. Angeblich hatte der Rapper den Imam in einem Song beleidigt. Jetzt ist er in Köln untergetaucht. Von Solidarität keine Spur.


... Herr Najafi, am 8. Mai wurde eine Fatwa, die Großajatollah Lotfollah Safi Golpaygani zwei Wochen zuvor ausgesprochen hatte, direkt und persönlich gegen Sie gerichtet. Außerdem wurde von einer Website, die den iranischen Revolutionsgarden nahesteht, ein Kopfgeld von 100000 Dollar auf Sie ausgesetzt. Wie hat das Ihr Leben verändert?

Shahin Najafi: Alles ist anders. Ich kann mich nicht mehr frei bewegen und habe keine Kontakte mehr zu Freunden, außer zu meinem Manager - und zu Journalisten. Aber ich bin froh, dass ich Günter Wallraff kennen gelernt habe und er mich in dieser schwierigen Situation unterstützt. Ich hatte in den letzten Tage viel Zeit darüber nachzudenken, was ich richtig und was ich vielleicht falsch gemacht habe.

Sie meinen, ob es richtig war, das Lied ,,Naghi" zu veröffentlichen, in dem Sie den zehnten der zwölf schiitischen Imame, der im neunten Jahrhundert gelebt hat, anrufen, um im Iran die politische und gesellschaftliche Schieflage in Ordnung zu bringen, aber auch rappen: ,,Oh Naghi, ich flehe um Liebe und Viagra / um breit gemachte Beine und die Untertänigen"?

Dieses Lied ist die Quintessenz von allem, was ich bisher geschrieben habe. Vor einem Jahr hatte ich ein Lied verfasst, in dem ich mich an den zwölften Imam, an Mahdi, den islamischen Messias, wende, aber das war nicht ironisch oder satirisch, sondern eher melancholisch und traurig. Auf diesen Song hatte ich nur positive Reaktionen erhalten. Ich habe ein Jahr lang auf eine ,,Antwort" von Imam Mahdi gewartet, aber keine bekommen. Dann habe ich vor fünf, sechs Monaten dieses neue Lied geschrieben. Am 7. Mai habe es veröffentlicht, da war ich gerade in Paris. Ein paar Stunden später kursierten im Internet die ersten Meldungen über das angebliche Todesdekret gegen mich. Als ich dann im Internet das Kopfgeld sah, begriff ich, dass es todernst war. Es gibt das Sprichwort: ,,Du kannst an einen Stein glauben, solange Du mich nicht steinigst."

Wer steckt hinter dem Todesdekret?

Die Todesdekrete werden von Großayatollahs ausgesprochen und als Todesdrohungen von der Pasdaran, der iranischen Revolutionsgarde, verbreitet. Das Regime hat auf eine Gelegenheit gewartet, mich zu blockieren oder auszulöschen. Inzwischen sind es vier Großayatollahs, die diese Fatwa ausgesprochen haben.

An wen ist die Aufforderung, Sie zu töten, gerichtet?

Erstmal an die schiitische Gemeinschaft. ,,Fatwa" ist ja kein Ratschlag, sondern ein Befehl.

Wer stellt Ihre Songs auf die Provider?

Ich kenne die Leute nicht persönlich, aber glauben Sie mir, diese jungen Menschen im Iran sind mutiger, als ich es bin.

Aber als mutig gilt ja auch Ihr Lied, in dem sie den Imam anrufen, ,,denn wir sind alle in Leichentüchern angetreten", und ,,um die nicht vorhandene Ehre" flehen, ,,die uns abhanden kam".

Ich sage alles mit künstlerischen Mitteln. ,,Naghi" ist nicht mein stärkstes, poetischstes Lied. Aber keiner, auch kein Ajatollah, kann behaupten, dass es beleidigend ist, dazu ist es zu spielerisch, zu kunstvoll in der Kombination von realen und surrealen Ebenen.

Haben Sie, weil Sie sich aus dem Exil zu Wort melden, andere Möglichkeiten?

Das Exil ist vor allem ein großer Schmerz. Ich hatte schon, als ich siebzehn oder achtzehn war, gewusst, dass dieser Weg mein Schicksal ist, weil ich sage, was andere nicht zu sagen wagen. Ich habe in meinen Liedern schon immer die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse kritisiert. Für den Song ,,Ich habe einen Bart" wurde ich zu drei Jahren Haft und hundert Peitschenhieben verurteilt. Doch ich konnte fliehen, bevor das Urteil vollstreckt wurde.

Warum haben Sie sich für Deutschland entschieden, als sie ins Exil gingen.

Ich dachte, die iranische Community in London ist zu wirtschaftlich orientiert, in Skandinavien ist es viel zu kalt, Frankreich und Italien bieten keinen so guten Asylschutz wie Deutschland, wo die Menschenrechtsaktivisten sehr stark sind. Aber es gibt auch eine kulturelle Verbindung: Ich habe mit achtzehn, bevor ich Soziologie zu studieren begann, angefangen, deutsche Philosophen und Schriftsteller zu lesen, Nietzsche und Hegel, Heinrich Böll, Günter Grass, Thomas Mann.

... Die Fatwa gegen einen 31 Jahre alten Musiker ist etwas Neues und ein Angriff, der sich auch gegen das Zusammenleben in Deutschland richtet.

Wir brauchen Unterstützung, und zwar nicht nur für mich persönlich. Ich bin nur ein Beispiel. Aber es kann nicht sein, dass ein Künstler, der in Deutschland lebt, von irgendwelchen Ayatollahs für vogelfrei erklärt wird.

Günter Wallraff hat ihren Fall mit der Fatwa gegen Salman Rushdie verglichen.

Rushdie hatte die ganze islamische Welt gegen sich, ich ,,nur" die radikalen Schiitische Gemeinschaft. Rushdie konnte von zu Hause arbeiten und mehrere Bücher schreiben, ich bin Musiker und muss auftreten. Die Bühne ist mein Leben.

Wallraff hat gesagt: ,,Ich fordere die Künstler und Musiker dieses Landes auf, ihm zu helfen". Geschehen ist seitdem noch nichts. Wäre es nicht geboten, dass die Bundeskanzlerin den iranischen Botschafter in Berlin einbestellt?

Darüber denke ich nicht nach. Es steht mir nicht zu, Forderungen zu stellen. Aber selbst wenn die Fatwa aufgehoben wird, es genügt ja schon ein Fanatiker, der sich angesprochen fühlt und sie sich zu eigen macht. Denken Sie an den aserbaidschanischen Journalisten Rafik Tagi: 2006 hatte der Großajatollah Lankarani die Fatwa gegen ihn erlassen, 2011 wurde er in Baku niedergestochen.

Das Gespräch führten S. Mohammad Oreyzi und Andreas Rossmann.


QuoteGustav Mahler (GustavM...) - 23.05.2012 20:20 Uhr

Wo sind denn die Kommentare der deutschen Islam-Vertreter? Wo die Meinung der evang. und kath. Kirche? Nicht nur die Politik hier duckt sich weg.




Aus: "Rapper Shahin Najafi ,,Eine Fatwa ist ja kein Ratschlag"" (23.05.2012)
Quelle: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/rapper-shahin-najafi-eine-fatwa-ist-ja-kein-ratschlag-11761188.html


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Quote[...] US-Superstar Lady Gaga hat nach Protesten von Islamisten ihr Konzert in Indonesiens Hauptstadt Jakarta abgesagt. "Mit Bedauern teilen wir mit, dass das Konzert von Lady Gaga am 3. Juni nicht stattfinden kann", sagte die Sprecherin des Veranstalters, Minola Sebayang, am Sonntag.

Das Konzert im Bung Karno Stadium in Jakarta werde aus Sicherheitsgründen gestrichen. "Lady Gaga ist sehr besorgt", sagte die Sprecherin. Die Sängerin wolle nicht, dass ihre Fans verletzt werden. Für das Konzert waren bereits 50.000 Eintrittskarten verkauft worden. Das Geld für ihre Tickets sollen die enttäuschten Lady-Gaga-Fans zurückbekommen.

Bereits Mitte des Monats hatte die Polizei das Indonesien-Konzert der "The Born This Way Ball"-Welttournee wegen Protesten von Islamisten untersagt - und eine für das Konzert nötige Genehmigungen verweigert. Bis zuletzt hatte der Veranstalter mit der Polizei über eine Aufhebung des Verbots verhandelt. Nach Meinung der Islamisten sind die Auftritte der exzentrischen Sängerin "pornografisch" und verstoßen gegen die indonesische Kultur.

Die Islamistengruppe Verteidigerfront des Islam hatte vor einigen Wochen erklärt, falls das Konzert tatsächlich stattfinde, solle die Öffentlichkeit auf "Chaos in Jakarta" gefasst sein. Die Polizei hatte die Show daraufhin verboten, zuletzt wollte sich Big Daddy aber noch um einen Kompromiss mit den Behörden bemühen. Ein Sprecher der Gruppe, die auch für ihre gewalttätigen Proteste bekannt ist, nannte die Konzertabsage einen "Sieg Allahs". Die Gruppe lehne die von Lady Gaga geförderte "Kommerzialisierung von Frauenkörpern" ab.

Militante Islamisten in Indonesien hatten der Sängerin Gotteslästerung und Teufelsanbetung vorgeworfen. Zudem nehmen sie Anstoß an Lady Gagas Einsatz für die Rechte von Homosexuellen. Die für freizügige Kostüme und provokante Texte bekannte Musikerin will auf ihrer Welttournee in diesem Jahr insgesamt 110 Konzerte geben.

"Ich bin nicht enttäuscht, dass Lady Gaga ihr Konzert abgesagt hat. Ich bedauere, dass der Staat und einige in dieser Gesellschaft sich haben einschüchtern lassen", sagte ein Fan auf Twitter. Fans der 26-Jährigen hatten zuvor gegen das Konzertverbot demonstriert. Die aus einer italienisch-katholischen Familie stammende New Yorkerin, die eigentlich Stefani Germanotta heißt, provoziert immer wieder mit extravaganten Outfits und schrägen Bühnenshows.

Etwa 88 Prozent der rund 240 Millionen Einwohner Indonesiens sind Muslime, die Mehrheit von ihnen ist moderat. Doch kleine radikale Gruppen sind in den vergangenen Jahren immer präsenter geworden. Es ist nicht das erste Mal, dass Lady Gaga Proteste in Asien hinnehmen muss. Vor ihren Shows in Südkorea und auf den Philippinen hatten konservative Christen gegen die Konzerte demonstriert. Lady Gagas Auftritte in Seoul und Manila fanden aber wie geplant statt. Die mehrfache Grammy-Gewinnerin wird auch in Deutschland erwartet: Konzerte in Köln (4./5.9.), Berlin (20.9.) und Hannover (24.9.) sind geplant.


Aus: "Lady Gaga sagt Konzert in Indonesien ab" (27. Mai 2012)
Quelle: http://www.stern.de/lifestyle/leute/nach-drohung-von-islamisten-lady-gaga-sagt-konzert-in-indonesien-ab-1832967.html



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Quote[...] Livny, der in Jerusalem als Anwalt und Notar arbeitet, hatte Ende 2010 in Israel eine Wagner-Gesellschaft gegründet mit dem Ziel, den seit 1938 geltenden Boykott des Komponisten zu durchbrechen. Sein Anliegen ist es, "die Musik von der Politik zu trennen". Er beruft sich dabei auch auf seinen Vater, einen Holocaust-Überlebenden aus Hanau. Der habe gesagt, "Wagner war ein scheußlicher Mann und ein furchtbarer Antisemit, aber er hat die beste Musik geschrieben".

Für das nun geplante Konzert hatte Livny den israelischen Dirigenten Asher Fisch sowie ungefähr 100 Musiker aus allen großen israelischen Orchestern gewinnen können. In der israelischen Musikszene bröckelt der Boykott seit langem, immer wieder haben Musiker den verfemten Komponisten auch schon im Ausland gespielt.

Das Israelische Kammerorchester wagte es im vorigen Jahr sogar, Wagner in Bayreuth im Umfeld der Festspiele aufzuführen. Versuche von Dirigenten wie Zubin Mehta oder Daniel Barenboim, dies auch auf israelischem Boden zu machen, waren jedoch stets im Eklat geendet.

Nun wurde auch der jüngste Anlauf von Jonathan Livny mit dem Dirigenten Asher Fisch ausgebremst. Hunderte Karten seien bereits verkauft worden, sagt Livny und verweist auf einen Vertrag, den er mit der Universität zur Anmietung der Halle geschlossen habe. "Ich suche nun eine Möglichkeit, vor Gericht zu gehen und sie zu zwingen, das Konzert durchzuführen", kündigte er an. Angesichts der knappen Zeit sei dies allerdings ebenso schwierig wie eine andere Konzerthalle zu finden.

...


Aus: "Uni Tel Aviv sagt Wagner-Konzert ab" Von Peter Münch, Tel Aviv (05.06.2012)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/kultur/nach-protesten-von-holocaust-ueberlebenden-israel-sagt-wagner-konzert-ab-1.1374780


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Quote[...] Sozialpsychologisch, schreibt Schediwy, sei der Stolz auf die eigene Gruppe immer mit der Abwertung anderer Gruppen verknüpft.

Unterstützt wird diese These von der Langzeitstudie Deutsche Zustände des Instituts für Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld. Sie weist nach, dass die Befragten nach der WM 2006 nationalistischer eingestellt waren als frühere Befragte. Und: "Die Vermutung, dass es sich dabei um eine neue, offene und tolerantere Form der Identifikation mit dem eigenen Land handelt, lässt sich nicht bestätigen." Das habe sich nicht verändert, meint Schediwy. Und fragt, ob es Zufall sei, dass unmittelbar nach der WM 2010 Thilo Sarrazins Buch Deutschland schafft sich ab zum Bestseller wurde?

Von einem nur positiven Patriotismus kann also keine Rede sein. Vielmehr nimmt Schediwy die Theorien der Psychologie-Stars wie Sigmund Freud und Elias Canetti zur Hand, um zu zeigen: Gerade weil der Patriotismus negativ ist, also sich gegen andere richtet, werden die Deutschen so euphorisch, wenn Deutschland spielt.

Ein Wettkampfsport wie Fußball basiert auf der Abgrenzung zwischen Fremd- und Eigengruppen, auf dem Kampf um Sieg und Niederlage. Das allein schon verfestigt die kollektive Identität mit den jeweiligen Mannschaften. Bei Länderspielen aber, schreibt Schediwy, werde diese gemeinsame Identität zusätzlich durch die nationale Zugehörigkeit verstärkt. Die fuße ebenfalls auf der Konstruktion "Wir gegen euch".

Die verstärkte Identifikation mit der eigenen Mannschaft führe dann zu einer Steigerung des Selbstwerts der Fans. Und solange die Mannschaft erfolgreich ist, steigert sich der Selbstwert immer weiter. Die Deutschen sind also nicht nur stolz auf Schweinsteiger und Co., sondern vor allem auf sich selbst, auch wenn sie nicht eine Sekunde auf dem Rasen standen, manche noch nie in ihrem Leben gekickt haben. So sagt ein Fan auf die Frage, was ein möglicher WM-Sieg für ihn bedeuten würde: "Ja, ich fühle mich als Weltmeister. Wenn Deutschland Weltmeister wird, sind wir alle Weltmeister."

Ähnlich habe ich mich vor zwei Jahren auch gefühlt. Wenn Deutschland Argentinien schlägt, bin ich glücklich. Vermutlich bin ich deshalb ein verklemmter Nationalist. Ehrlich gesagt, möchte ich das nicht sein. Andererseits möchte ich weiterhin Fußball gucken, wegen der positiven Emotionen. Was also tun?

...

Quote
    sopome
    21.06.2012 um 11:24 Uhr

Typisch Deutsch: Wir können die EM nicht einfach geniessen, sondern lassen gleich Psychologen zu Wort kommen wieso wir uns denn alle freuen und wie gefährlich dieses gemeinschaftliche "Wir-Gefühl" doch ist..
Hier wird mal wieder völlig überzogen formuliert was wohl auch daran liegt das Psychologen gerne Kausalzusammenhänge erkennen die es oft genug so nicht gibt.
Wenn ich mich daran errinnere wie man bspw. nach dem deutschen Halbfinale der EM 2008 (gegen die Türkei) rot-weisse und schwarz-rot-goldene Autos gemeinsam im Autokorso bewundern konnte würde ich diese Gelegenheiten eher als Integrationsfördern sehen als da überspitzt nationalistische Gefühle hinein zu interpretieren.
Das man schonmal über die Gegner herzieht ist auch in der Bundesliga und sogar in der Kreisliga so.("Sch**ss Bayern"; "Sch**ss Lüdenscheid-Nord") Wenn jemand "Sch**ss Italien" sagt hat das in den allerseltensten Fällen nationalistische Hintergründe. Hier würde ich den Autoren raten: Wenn man keine Ahnung hat einfach mal den Mund halten!

http://www.zeit.de/sport/2012-06/fans-deutschland-nationalismus-stolz/?commentstart=33#cid-2136069


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    DMRosenauer
    21.06.2012 um 11:26 Uhr

Der Krieg ist tot - es lebe der Fußball

Fußball - vor allem, wenn es EM oder WM ist, ist die moderne Form des Krieges. Das Volk bejubelt seine Soldaten und fühlt sich gut dabei. Das Adrenalin (und der Alkohol) euphorisiert und lässt für zwei Stunden die eigene Malaise vergessen. Selbst wenn man niemand ist, ist man - wenn die eigene Mannschaft gewinnt - zumindest ein Deutscher, Italiener, Spanier und kann stolz darauf sein. Die Frage für mich ist nur: Worauf? Was habe ich dazu beigetragen, dass ich Deutscher, Spanier oder Italiener bin? Auf welche Leistung kann ich da stolz sein? Und warum bin ich besser, nur weil da 11 Leute öfter ins Netz getroffen haben?

Wer hinter Fußball nicht Nationalismus sieht, ist leider blind. Und diese besondere Form des Nationalismus ist doch etwas peinlich.

Worauf könnten Deutsche nicht stolz sein? Da gäbe es Vieles. Aber sicher nicht darauf, dass ein paar Männer sportlich sind ...

http://www.zeit.de/sport/2012-06/fans-deutschland-nationalismus-stolz/?commentstart=41#cid-2136077


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    Wywerick
    21.06.2012 um 11:27 Uhr

Was will uns der Artikel sagen?

Der totgeglaubte Nazi lebt in uns weiter? Alle zwei Jahre wird er samt Deutschlandfahne und -trikot aus der Kiste geholt? Der Deutsche legt die schwarz-rot-goldene Tarnfarbe auf und brüllt seine Fremdenfeindlichkeit heraus?
Wenn das so ist, sollten wir die deutsche Nationalmannschaft verbieten. Schließlich fördert sie ja die Fremdenfeindlichkeit, oder nicht? Es gibt anscheinend Leute die hinter jedem "Hurra Deutschland" schon wieder die Braunhemden marschieren sehen.

http://www.zeit.de/sport/2012-06/fans-deutschland-nationalismus-stolz/?commentstart=41#cid-2136081


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    mr. head
    21.06.2012 um 11:17 Uhr

Ganz furchtbar ist es das die deutschen ein winzig kleines Gefühl von Patriotismus bekommen. So ein Fitzelchen Patriotismus, welches zudem eigentlich nur bei WMs und EMs der Fußballnationalmannschaft zu sehen ist. Nicht auszudenken, wie der Autor, nebst Psychologen- und Soziologenkollegen austicken würde, wenn die Deutschen so Nationalistisch und Patriotisch wären wie..., ja wie eigentlich alle anderen EU-Nachbarländern.

In anderen Artikel auf Zeit darf ich lesen, man müsse Rücksicht auf die Gefühle der stolzen Griechen nehmen. Die sind ein stolzes Volk. Eine Aussage welches von den linkseingestellten Kommentatoren stets verteidigt wird. Wenn aber der Deutsche ein Monat alle vier Jahre in Schwarz-Rot-Gold rumhüpft und sich sonst wie früher zumeist seines Deutschseins schämt, dann ist das schon zuviel.

Es ist nun einmal so, dass die Zugehörigkeit zu einer Nation für die meisten Menschen identitässtiftend wirkt. Sagt der Fussballfan "die Spanier halten eh nichts aus", bezieht er sich wohl auf den Fussballstiel der Spanier, der auf schönes Spiel ausgelegt ist und weniger auf Härte. Viel schlimmer als dieses lächerlich Fitzelchen von Patriotismus, finde ich das geifernde aufgeregte Getue, was darum gemacht wird von Menschen die augenscheinlich von einem regelrechten Eigenhass und Schuldkomplex zerfressen sind und die Deutschen schon wieder mit Stahlhelmen gen Moskau und Paris maskieren sehen.

Wir schreiben 2012 und nicht 1939!

http://www.zeit.de/sport/2012-06/fans-deutschland-nationalismus-stolz/?commentstart=17#cid-2136029


Quote
    lernunfaehig
    21.06.2012 um 11:08 Uhr

Deutschlands Problem ist die notfalls unter Zwang Anerkennung von allen anderen seiner Fuehrungsrolle in Europa und wenn moeglich in der ganzen Welt.

Nirgendwo sonst in der Welt finden Worte wie ExportWeltmeister, ReiseWeltmeister, FussballWeltmeister, whateverWeltmeister Verwendung.

Dieses Geltungsbeduerfnis sollte evtl. genauer untersucht werden, am besten von Wissenschaftlern die zur WeltSpitze gehoeren...

http://www.zeit.de/sport/2012-06/fans-deutschland-nationalismus-stolz/?commentstart=9#cid-2136002


Quote
    Curitiba
    21.06.2012 um 11:16 Uhr

Ganz natürlich

Sport, im besonderen Fußball, ist natürlich auch Kriegsersatz. Da kommen Verhaltensweisen aus der Steinzeit an die Oberfläche, als man nur überleben konnte, wenn man zu einer Gruppe gehört und andere Gruppen bekämpft.
So lange das einigermaßen im Rahmen bleibt, finde ich das nicht schlimm. ...

http://www.zeit.de/sport/2012-06/fans-deutschland-nationalismus-stolz/?commentstart=9#cid-2136024


Quote
    dp80
    21.06.2012 um 11:19 Uhr

Nationalismus je nach Wirtschaftslage ... Es mag sein, dass Nationalgefühle 2006 positiv ausgelebt wurden. Und die meisten tun das auch heute bei der EM so. ... In wirtschaftlich schlechten Zeiten schlägt Nationalismus leicht ins Negative um, das ist das Problem bei der Sache.

http://www.zeit.de/sport/2012-06/fans-deutschland-nationalismus-stolz/?commentstart=17#cid-2136039


Quote
    Lesum
    21.06.2012 um 11:20 Uhr

... Nationalismus ist tendenziell auch immer rassistisch, denn der Begriff "Nation" - wenn er denn mehr bedeuten soll als "Staat" - läßt sich ohne einen genealogischen Bezug nicht definieren. Und wer ist dann Deutscher? Ich, der ich das zweifelhafte Vergnügen eines Ariernachweises habe? Oder eine Nachbarin, deren Großeltern vor Jahrzehnten aus Polen einwanderten? Oder ein hier geborenes Mädchen, die Tochter unserer Freunde, die aus dem Iran fliehen mußten und nun hier im Exil leben? - Äh, schon die Begriffe Nation und Patriotismus ekeln mich an. Ich denke manchmal: Die drei dämlichsten Ideologeme, die der Mensch je erfunden hat, sind Gott, Volk und Vaterland. Alle drei bezeichnen reine Phantasiegebilde, für die wir uns aber dennoch, nach entsprechender propagandistischer Bearbeitung, gerne die Köpfe einschlagen. Nein, ich brauche keine Nation; ich brauche einen funktionierenden demokratischen Bundesstaat.

http://www.zeit.de/sport/2012-06/fans-deutschland-nationalismus-stolz/?commentstart=25#cid-2136042


Quote
    Nick the Stripper
    21.06.2012 um 11:25 Uhr

... Gerade die Deutschen mißbrauchen diese begriffe. Sagen "Nationalstolz" und leben "Überheblichkeit".
" ich brauche einen funktionierenden demokratischen Bundesstaat." Den haben wir nicht. Wir haben eine Wirtschaftsdiktatur.

http://www.zeit.de/sport/2012-06/fans-deutschland-nationalismus-stolz/?commentstart=41#cid-2136073


Quote
    Gammelpreusse
    21.06.2012 um 11:31 Uhr

Man könnte natürlich auch argumentieren, dass Fußball als natürliches Ventil dient, um angestaute Agressionen im internationalen Bereich abzubauen, Beispiel England "2 Wars and a world Cup", wie es bei den Jungs von der Insel so schön heisst. Oder jetzt das morgige SPiel gegen Griechenland. Soll mir recht sein, jubelnde Menschenmassen sind mir allemal lieber als Gewehre und Granaten. Zumindest solange es sich nicht weiter aufschaukelt oder eine Niederlage im Turnier nicht plötzlich als sowas wie eine nationale Schande aufgefaßt wird.


Quote
    Clindamycin
    21.06.2012 um 11:35 Uhr

ich gröle auch-muss ich mich schämen?

hmmm keine ahnung, wir feiern die deutschland-spiele immer mit kumepsl, legen was auf den grill, bierchen, ne richtige fussballparty eben. wir grölen da auch mal ^^ aber ressentiments gegen ausländer? hätte ich den artikel nicht gelesen hätt ich mir darüber nicht mal gedanken gemacht, muss ich mich jetzt schämen, das wir so feiern in schwarz-rot-gold?

ps: beim letzten spiel haben wir latinos gesehen im supermarkt gesehen die waren auch in schwarz rot gold. und mein gott das war einfach geil^^

http://www.zeit.de/sport/2012-06/fans-deutschland-nationalismus-stolz/?commentstart=65#cid-2136114


Quote
    th
    21.06.2012 um 11:38 Uhr

Der Mensch ist nun mal ein Herdentier (sorry) 1.
und deshalb sucht er manchmal die Gemeinsamkeit in der Gruppe, und die Abgrenzung gegen andere Gruppen. Besonders bei männlichen Wesen (trotz Genderei) kommt dazu noch ein gehöriges Mass an Aggressivität. Das gehört zu unseren biologischen Grundlagen (sorry Sarrazin-Gegner, die sich aber auch nur aggressiv abgrenzen). Die Frage ist also, wie kann man diese tief verankerten Bedürfnisse befriedigen, ohne größeren Schaden anzurichten? Seit Freud wissen wir, das Unterdrückung nicht weiterhilft, und Aufstauen erst recht nicht (sorry, Herr Heitmeyer). Also muss man das spielerisch kanalisieren, z.B. in sportlichen Wettkämpfen, die stellvertretend für die vertretene Gruppe ausgetragen werden. Wie z.B. ein Fussballspiel. Die einen Kämpfen, die anderen feuern sie an durch wilde Schlachtgesänge, wie z.B. die Maori sie pflegen.

Und wenn es überschäumt, stehen Polizei, Feuerwehr und Krankenwagen bereit.

Im Vergleich zu den römischen Gladiatorenspielen und den rituellen Veranstaltungen der vorkolumbianischen Einwohner Mexikos ist das eigentlich ein zivilisatorischer Fortschritt, denn es wird niemand umgebracht.

http://www.zeit.de/sport/2012-06/fans-deutschland-nationalismus-stolz/?commentstart=73#cid-2136128


Quote
    Autopoietiker
    21.06.2012 um 11:40 Uhr

Gruppendynamik..

Die Antithese lautet doch, und klingt ub manchen Kommentaren durch, nur wer keinen vollständig ausgereiften Charakter hat, kein stabiles Ich, kein Selbstbewusstsein und kein Selbstwertgefühl, verfällt der Versuchung sich in gruppendynamischen Prozessen zu verlieren, und landet schließlich bei Nationalismus und Chauvinismus.

Hmm?

Wird dies dem Menschen gerecht?

Ich fürchte nein, es ist einfach zu reduziert.

Menschen sind soziale Wesen, die nur in Gruppen leben können. Der "autonome Mensch" ist eine reine Fiktion. Es gibt ihn nicht. Wir leben deshalb in einer sich überlappenden sozialen Umwelt, zu der eindeutig auch die Zugehörigkeit zu einer Nation gehört. Dieses zu leben und auch auszudrücken ist Teil des menschlichen Seins. Es ist also weder positiv noch negativ. Es gehört einfach dazu.

Entscheidend ist jedoch, wie man dieses Zusammengehörigkeits und Gruppen gefühl auslebt. Führt es zur Abwertung der Anderen, oder steigert es sogar die Akzeptanz der anderen Gruppe, weil man sich auch in ihr wiedererkennt. So wie es eine Charakterschulung auf der individuellen Ebene gibt, so gibt es auch eine Charakterschulung auf kollektiven Ebenen, Zum Beispiel hilft es ganz gut, sich der deutschen Geschichte zu erinnern, um die Gefahren eines übersteigerten Nationalismus zu sehen.
Was ich mir wünschen würde, wäre ein fröhlicher, reflektierter und auch leicht selbstironischer Umgang mit dem eigenen Nationalgefühl. Fußball kann da durchaus hilfreich sein.

http://www.zeit.de/sport/2012-06/fans-deutschland-nationalismus-stolz/?commentstart=73#cid-2136137


Quote
    T. Steffen
    21.06.2012 um 11:40 Uhr

Wir reden hier aber noch über Fußball, oder?

Wenn der Autor von seinen Zweifeln und Ängsten ganz zerrissen ist, dann soll er vielleicht besser bei einer Apfelschorle die Weltmeisterschaften in Tischtennis oder Sackhüpfen verfolgen. Immerhin soll es ja niemanden so wie Woody Allen (ersetze Wagner durch Fußball): I can't listen to that much Wagner. I start getting the urge to conquer Poland.




Aus: "Meine gefährliche Liebe zu Deutschland" Von Constantin Wißmann (21.06.2012)
Quelle: http://www.zeit.de/sport/2012-06/fans-deutschland-nationalismus-stolz/


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Geir Lippestad, der Pflichtverteidiger von Anders Breivik, sagte laut National Public Radio (NPR) ...

"Der 22. Juli war ein Inferno der Gewalt, aber wir müssen uns doch ansehen, ob es ihm um die Gewalt selbst oder aber um radikale Politik ging. Es war ihm bewusst, dass es falsch ist, zu töten, aber er entschied sich dafür. Der Zweck heiligt die Mittel. Man kann das nicht verstehen, wenn man nicht die Kultur der Rechtsextremisten versteht."
Geir Lippestad

... Während die Verteidigung die Islamophobie als natürliches Leitmotiv des Rechtsextremismus zumindest als politische Haltung einstuft, geht die Staatsanwaltschaft weiter: Die Vorstellung, Muslime könnten Norwegen unterwandern und zu einem islamischen Kalifat machen, ist derart unrealistisch, dass man an ihr Geisteskrankheit diagnostizieren muss. Breiviks Begründung ist eine als paranoide Zwangs- und Wahnvorstellung diagnostizierbare Psychopathologie. Der Blick fällt auf die Definition von Wahnvorstellungen :

Beim Wahn entwickelt der Betroffene krankhafte falsche Vorstellungen, die von der Realität abweichen, bzw. bei denen Dinge in der Umwelt falsch interpretiert werden, ihnen eine falsche Bedeutung beigemessen wird. Die Wahnvorstellungen sind dabei für ihn so wirklich, dass er unbeirrbar daran festhält, sie nicht anhand der Realität überprüft und sich auch nicht von anderen korrigieren lässt.

Ob sich die vorher erwähnten Regierungen bewusst sind, was es bedeuten würde, wenn Breiviks Tatmotive Basis der Diagnose zur unbefristeten Einweisung in die geschlossene Psychiatrie würden?

Es gibt Menschen, Gruppen und leider auch Staaten, für die die Vorstellung unerträglich ist, es könne irgendein Recht außer des eigenen, subjektiven Rechts des Stärkeren geben. Wir möchten hier bewusst, ganz norwegisch sozusagen, darauf verzichten, die Namen dieser Staaten zu erwähnen.

Aus gutem Grunde haben diese Staaten selbst einen konventionell strafrechtlich agierenden Internationalen Strafgerichtshof abgelehnt. Zumindest in einem norwegischen Gericht müssten die Strategen des "War on terror" nämlich befürchten, entweder von der eigenen Verteidigung nicht als Friedensdiener einer Demokratie, sondern als Kampfeinheit des internationalen Rechtsextremismus bezeichnet oder ersatzweise von Inga Bejer Engh für schuldunfähig erklärt werden. Der Realitätsgehalt der Behauptung der Existenz eines von nationalen Konflikten losgelösten "internationalen Terrorismus" ist nicht nämlich größer als der der These von einer Islamisierung Europas.

Beide Diagnosen, Rechtsextremismus und Wahnvorstellung, bieten keine guten Aussichten für die Fortsetzung des War on Terror

Quote25. Juni 2012 18:47
Ooops
Levski

"Ob sich die vorher erwähnten Regierungen bewusst sind, was es
bedeuten würde, wenn Breiviks Tatmotive Basis der Diagnose zur
unbefristeten Einweisung in die geschlossene Psychiatrie würden?"

Ooops, so eine deutliche Sprache in einer deutschen Zeitung? Aber
wahrscheinlich merkt es von den Betroffenen wieder mal kein Schwein.


Quote
Führt der War on Terror in die Psychiatrie?

25. Juni 2012 19:52
Da ist was dran
Artur_B (mehr als 1000 Beiträge seit 09.09.04)

... auch der War on Terror richtet sich gegen die Eigenen, indem dabei ihre
Rechte auf der Strecke bleiben. Der Patriot Act von 2001 setzt
schlicht und ergreifend die amerikanische Verfassung außer Kraft. Er
ist bis heute gültig.

Ob es uns passt oder nicht : Breivik ist einer groteske Inszenierung
des War on Terror gelungen, bei dem eben alles um den Faktor zwei
gestreckt wurde. In der Tat, wenn man den WOT zu Ende denkt, landet
man genau da. Richtig gesehen, Herr Dill.

Gruß Artur



Quote25. Juni 2012 19:25
Hat er jemals Alternativen erwägt?
Feuermelder (mehr als 1000 Beiträge seit 23.01.05)

... Da erschießt einer einfach 70 Kinder/Jugendliche mit der Begründung,
er müsse Norwegen vor eine islamischen Über-Wanderung schützen, die
stattfindet, weil die Regierung des Landes demokratisch und offen
ist! Was soll man dazu noch sagen?

... Meinen hohen Respekt vor den Norwegern, die danach sagten "jetzt
müssen wir noch demokratischer werden"...

Bob 



Aus: "Führt der War on Terror in die Psychiatrie?" Alexander Dill (25.06.2012)
Quelle: http://www.heise.de/tp/artikel/37/37146/1.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Türkische Rechtsextremisten wollten nach dem Mord an dem armenischstämmigen Journalisten Hrant Dink im Jahr 2007 einem Medienbericht zufolge auch Literaturnobelpreisträger Orhan Pamuk töten. Yasin Hayal, ein wegen des Dink-Mordes inhaftierter Rechtsradikaler, sagte der türkischen Zeitung Taraf, der Plan für den Mord an Pamuk sei wegen der internationalen Empörung nach dem Anschlag auf Dink aber aufgegeben worden. Hayal beschuldigte einen ehemaligen Polizeispitzel, die Ermordung des Schriftstellers vorbereitet zu haben.

Hayal sagte, Ex-Spitzel Tuncel habe ihm gegenüber Dink und Pamuk als "gefährlich für die türkische Nation" bezeichnet. Dink und Pamuk waren bei türkischen Rechtsextremisten wegen ihrer Forderung nach einer Aufarbeitung der türkischen Massaker an den Armeniern im Ersten Weltkrieg verhasst.

Hayal war im Januar wegen seiner Verwicklung in den Dink-Mord zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Dink war im Januar 2007 von dem damals minderjährigen Rechtsradikalen Ogün Samast erschossen wurden. Samast wurde zu 22 Jahren Haft verurteilt, Hayal und der ehemalige Polizei-V-Mann Erhan Tuncel kamen als mutmaßliche Anstifter ebenfalls vor Gericht. Während Hayal zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, erhielt Tuncel eine zehnjährige Haftstrafe und kam frei, weil das Gericht seine Strafe wegen der langen Untersuchungshaft als abgegolten ansah.

Bei einem Gerichtstermin kurz nach dem Dink-Mord hatte Hayal öffentlich eine Drohung gegen Pamuk ausgesprochen. Dazu sagte er in dem Interview, er bereue dies. Nach seiner Entlassung aus der Haft wolle er Pamuk besuchen und sich bei ihm entschuldigen.




Aus: "Dink-Mörder wollten auch Pamuk töten" (04.07.2012)
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2012-07/tuerkei-pamuk-morddrohung


Textaris(txt*bot)

#136
Quote[...] Kübra Gümüsay (16.07.2012):  Während manche die Universität als eine Oase der Freiheit und Vorurteilslosigkeit empfinden, berichten mir zahllose andere – Schwarze, Kopftuchtragende, Studenten mit Migrationshintergrund und Angehörige religiöser Minderheiten aus ganz Deutschland – von rassistischen Erfahrungen. Sie erzählen von Dozenten, die sie konsequent übersehen und nicht zu Wort kommen lassen. Sie berichten, wie sie an der Uni über die rassistischen Thesen von Thilo Sarrazin streiten und der Professor die Diskussion mit den Worten abschließt, Sarrazin habe zwar einige schwierige Sätze geschrieben, aber, tja, insgesamt habe er doch recht. Auch Gaststudenten aus dem Ausland erzählen mir, dass man sie nicht ernst nehme, weil sie ein Kopftuch trügen und kein akzentfreies Deutsch sprächen.

Ich hätte mich mit dieser Situation womöglich einfach abgefunden, hätte ich in meinen zwei Auslandssemestern in London nicht erlebt, dass es auch anders geht. Mein Professor stellte uns dort gleich in der ersten Politikvorlesung die Theorien von Edward Said vor, einem frühen Kritiker des akademischen Rassismus. Souverän stand dieser Professor vor uns Studenten und erklärte, dass es Rassismus auch an Universitäten gibt, denn Universitäten werden von Menschen bevölkert – meist von weißen, männlichen Menschen aus der Mittel- und Oberschicht –, und Menschen machen Fehler. Ich fand das mutig. Dabei ist das, was er sagte, eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Viel zu oft denken wir, Rassismus und andere Ausgrenzungsmechanismen seien Probleme der Unterschicht. Dabei sind sie ein Problem der gesamten Gesellschaft. Akademiker sind nur viel besser darin, ihre Gesinnung hinter komplizierten Definitionen und Thesen zu verstecken. Es ist der subtile Rassismus, der besonders wehtut. Der unausgesprochene, die Blicke, die uneindeutigen Aussagen. Das Ungreifbare.

Mich erstaunt, wie empfindlich viele Akademiker reagieren, wenn man sie darauf hinweist, dass sie sich rassistisch oder sexistisch verhalten. Diese Kritik kratzt offenbar an ihrem Ego. Und am Bild des abwägenden Wissenschaftlers, der völlig frei von Vorurteilen ist. Dabei ist kein Mensch frei von Vorurteilen und Fehlern – und gerade Studenten, Akademiker und Wissenschaftler sollten ihre Worte und Taten kritisch hinterfragen können. Wo, wenn nicht in der Universität, ist Raum für Selbstkritik und Vielfalt?

An meiner Uni in London funktionierte das: Dort war der Vorsitzende der Vereinigung für lesbische, schwule und transsexuelle Studenten ein Muslim. Die Leiterin der Palästinagruppe war Israeli. Einige der Sekretärinnen trugen indische Gewänder, manche Dozentinnen Kopftücher, ein Referent buddhistische Mönchskleidung. Zurück in Deutschland, erlebte ich dagegen gleich im ersten Monat Folgendes: Eine befreundete Medizinstudentin, kopftuchtragend, betrat in der Kölner Uni das Auditorium. Der Professor schaute sie mit gerunzelter Stirn an und sagte dann: »Die Putzkammer befindet sich am Ende des Flurs.«

...


Quoteclair11
   16.07.2012 um 13:58 Uhr

Naja, einer Nonnen würde man nicht sagen, dass sie keine Deutsche wäre.
Wenn man sie diskriminieren wollte, würde man eher sagen "Katholik!" oder "unmodern" oder so.


Quote
   arno.nym
   16.07.2012 um 11:01 Uhr

Warum...

Entfernt, da unsachlich. Die Redaktion/ag


Quote
   readers_delight
   16.07.2012 um 11:05 Uhr

Zugezogene, insbesondere aus dem muslimischen Kosmos, unterschätzen den Einfluss des 30jährigen Krieges auf die deutsche Seelenlage. Religion ist für uns, geschichtskundig oder unterbewusst, in vielen Schattierungen ein Synonym für Gewalt und Krieg. Auch war die Kirche in der Regel auf der Seite des, repressiven, Staates.

Es ist also nicht persönlich gemeint, es ist nur so dass wir hier Religion gegenüber skeptisch sind. Das Kopftuch wird in diesem Land in erster Linie als ein Sympol der Gewalt und Unterdrückung gesehen.

[...]

Gekürzt. Bitte bleiben Sie sachlich. Danke. Die Redaktion/ag




Quote
   jjulia83
   16.07.2012 um 11:16 Uhr

Auswirkung der Kleidung

Ich finde das ein sehr komplexes Thema,
denn selbst wenn ich das Kopftuch aus einem anderen kulturellen Kontext gewohnt bin (Milchbauerinnen gehen heute noch mit Kopftuch in den Stall, damit die Haare hinterher nicht riechen), so hat die Kleidung. ... doch Auswirkungen darauf wie wir einen Menschen wahrnehmen. Zum Beispiel hat diese 'Ganzkörperverhüllung' den Erfolg den sie haben soll, der Mensch wirkt verschlossen, abwehrend. Wo fängt jetzt die Grenze an zwischen 'echtem Rasismus' und eine 'Reaktion auf das was die Kleidung sagt'?


Quote
   thwe74
   16.07.2012 um 11:21 Uhr

... Es bleiben viele Fragen offen:

1) Wie bereits beschrieben, muss das Begriff "Rassismus" nicht immer für alles herhalten. Kritik an einer Religionsrichtung/-Ausübung derselben oder einen kritische bzw. ablehnende Haltung muss damit nicht beschrieben werden. Ebenso muss jemand, der eine bestimmte nach aussen sichtbare Anschauung vorzeigt, auch mit Ablehnung leben. Was anderes ist z.B. das Thema schwarze Studenten, sofern diese entsprechend gemobt werden.

2) Warum soll die Uni ein Hort der Selbstkritik und Vielfalt sein? Die freie Lehre hängt leider auch manchmal an den Tröpfen der Forschungsgelder! Und wie schnell auch an einer Uni die Fahne sich drehen kann wissen wir aus der Zeit 1933-45. Dort mutierten hochintellektuelle Forscher und Gelehrte zu Verfechtern der Rassenlehre und waren begeistert an der Entwicklung von Massenvernichtungswaffen beteiligt. Über die "Forschungsarbeiten" (man verzeihe mir bitte den zynischen Ausdruck) von Medizinern in den KZs brauchen wir nicht zu reden.

3) Was viele Menschen, liebe Frau Gümüsay, aber auch nicht verstehen können ist das intellektuelle und weitgereiste Menschen wie Sie zum Beispiel sich mit dem sichtbaren Zeichen einer aus Ihrer Sicht veralteten Religion bzw. einem sehr konservativen Kulturkreis schmücken.

...


Quote
   Pünktchen
   16.07.2012 um 11:25 Uhr

... Bestimmte Ursprungsdeutsche scheinen zu vergessen, daß noch in 50/60/70er Jahren von ihnen Kopftücher getragen wurden; von bestimmten Gegenden sagte man, die Mädchen würden mit Kopftüchern geboren: Des Windes/Sturmes wegen. - Es ist nicht das Kopftuch, sondern die religiöse Überzeugung, die damit ausgedrückt wird. Wenn es einmal notwendig war, daß Frauen sich besonders (mit einem Kopftuch pp.) kleideten, um sich vor Übergriffen zu schützen, dann ist dieser auslösende Punkt überholt. Es ist einfach zu durchdenken, ob eine Schöpferkraft (welchen Namen sie auch immer trägt) dieser Äußerlichkeiten bedarf. ...


Quote
   Thetis
   16.07.2012 um 11:26 Uhr

Wer seine Ideologie provokant auf dem Kopf demonstriert, muß es auch ertragen, daß ihm gesagt und gezeigt wird, was man von dieser diktatorischen und frauenunterdrückenden Ideologie hält.
Es gibt Millionen von Musliminnen, die kein Kopftuch nötig haben und ihren Glauben nicht ihrer Umwelt aufdrücken wollen.


Quote
   gruener salon
   16.07.2012 um 11:28 Uhr

Ein wichtiger Artikel. ... Ich bin auch immer wieder erstaunt bis entsetzt, wie sehr an deutschen Hochschulen wirklich nach Äußerlichkeiten vorsortiert wird, sei es in der Seminardiskussion oder im Gespräch außerhalb der Lehrveranstaltungen. Leute, denen man anhört, dass Deutsch nicht ihre Muttersprache ist, nimmt man erst gar nicht ernst, und wagt es gar einer von denen, einen Redebeitrag von mehr als ein paar Sekunden zu leisten, wird es bald unruhig im Seminar. Meine Erfahrung in anderen Ländern (Kanada, Schottland, Frankreich) ist da eine viel positivere.

Auch das Kopftuch ist da ein wichtiges Ausschlusskriterium - oft schwebt da ein allgemeines Misstrauen im Raum, wenn sich so ein "Kopftuchmädchen" zu Wort meldet, Sie ist ja nicht wirklich mündig, schließlich unterwirft sie sich einer Religion und dem Patriarchat, was soll man dann von dem halten, was sie da so von sich gibt?

Eine Folgerung des Artikels möchte ich allerdings relativieren. Die Autorin schreibt:

"Immer wieder erlebe ich, dass mir Kommilitonen in einer Seminardiskussion widersprechen, um gleich im nächsten Satz zu wiederholen, was ich zuvor gesagt habe."

Das liegt wohl in der Natur der Seminardiskussion. Wie oft habe ich mich (als Bio-Deutscher) schon in einer solchen Situation befunden.


Quote
   Ninnano
   16.07.2012 um 11:30 Uhr

Rücksichtnahme und verlangt gleichzeitig Rücksichtnahme auf ihre religiös-kulturellen Belange. Das ist eine m.E. leider häufig auftretende Doppelmoral rund um Religion. ... Für mich ist das Kopftuch einfach ein Zeichen antiquierter und dankbarerweise überholter Verhaltens-und Denkmuster und haben in unserer aufgeklärten, säkularen Gesellschaft keinen Platz mehr. Insbesondere nicht, wenn sie als politisches Statement benutzt werden.

Sich selbst als anders zu sehen und darzustellen ist nicht der Anspruch - sondern sich selbst als Teil von etwas zu sehen, das ist die Herausforderung. Das Kopftuch symbolisiert mir: Es ist mir egal wo ich bin, was ihr tut, was für Ansichten ihr habt, oder ob euch das missfällt - ich grenze mich von euch ab. Ich will nicht Teil von euch sein. Ich sehe mich als anders an. Na, wer unterscheidet denn hier und wer ist denn dann der Rassist?


Quote
   damals wars
   16.07.2012 um 11:34 Uhr

Rassismus "Was habt ihr gegen mein Kopftuch?"

Was hat ein Kopftuch mit Rasse zu tun? - Manchmal verstehe ich die Überschriften einfach nicht!


Quote
   fritz mueller
   16.07.2012 um 11:40 Uhr

... 'Was habt ihr gegen mein Kopftuch?' wurde doch schon tausend Mal beantwortet. Es ist ein Symbol.
Es ist das Symbol für den politischen Islam, der Frauen und Männer trennt, der Gläubige und Ungläubige trennt, der auch Frauen und Frauen trennt. Ein Symbol für Trennung von Menschen.

Und das stört mich ganz persönlich und viele andere auch.
So einfach ist das.


Quote
   coincidence
   16.07.2012 um 11:10 Uhr

Kopftuch

Welche kulturell historische Bedeutung hat das Kopftuch im Islam und in seinen archaischen Vorgängerkulturen. Es dient, wie andere Methoden der Körperverdeckung bei Frauen, dem Anzeigen der Zugehörigkeit zu einem Mann. Es ist ein Mittel zur Konfliktvermeidung. Bei unverheirateten Mädchen ist es der Vater oder Bruder, bei Verheirateten ist es der Mann. Es entstammt einer Kultur, die es noch nicht gelernt hat sexuelles Begehren so zu kanalisieren, dass damit keine Konflikte entstehen. Letztlich dient das Kopftuch der Frau dazu, dass das Begehren des "geilen Mannes" so begrenzt werden kann, dass es keine Konflikte in der Männergesellschaft gibt. Im Kern ist das Kopftuch bei Frauen deshalb eine Aussage über den psychischen Zustand des Mannes, und seine Fähigkeit seine Triebhaftigkeit unter Kontrolle zu halten. Über Jahrhunderte ist es diese Kernaussage über die Triebhaftigkeit des Mannes, welche hinter all den Kleidervorschriften steht. Drastisch ausgedrückt, sagt eine Frau, die ein Kopftuch trägt im Subtext zu mir: "Du geiler Bock! Mich kriegst du nicht" Das klingt drastisch, ist aber so. [...]

Gekürzt. Bitte verzichten Sie auf pauschale Unterstellungen. Danke. Die Redaktion/ag


Quote
   KaHe
   16.07.2012 um 11:35 Uhr

... Sexualität zu kanalisieren?!


Quote
   coincidence
   16.07.2012 um 11:44 Uhr

... Lesen sie mal von Norbert Elias: "Über den Prozess der Zivilisation."

Dann werden sie verstehen, welche Mechanismen in unserer Zivilisation dazu führten, dass wir eben nicht mehr unsere Triebhaftigkeit unmittelbar ausleben müssen, sondern sie [in] gesellschaftlich akzeptierten Bahnen leben können. Zumindest die meisten von uns.


Quote
   bayert
   16.07.2012 um 11:54 Uhr

Mit Frauen die sich mit einem Kopftuch vor lüsternen Männerblicken wehren müssen, möchte ich als Mann nichts zu tun haben.


Quote
   gruener salon
   16.07.2012 um 11:54 Uhr

Geile Böcke.

Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen, was Kommentator coincidence da schreibt.
"Drastisch ausgedrückt, sagt eine Frau, die ein Kopftuch trägt im Subtext zu mir: 'Du geiler Bock! Mich kriegst du nicht'" - Da fühlen Sie sich persönlich beleidigt und in Ihrer sexuellen Integrität angegriffen dadurch, dass eine Frau ein Stück Stoff auf dem Kopf trägt? Das spricht erstens Bände über ihr Selbstbewusstsein und zweitens noch mehr Bände über Ihre Einstellung Frauen gegenüber. ... Wissen Sie, die Welt dreht sich nicht nur um Sie; und auch wenn sie das kränken mag, so legen die Frauen das Kopftuch mit ziemlicher Sicherheit nicht wegen Ihnen an.


Quote
   Hackenmann
   16.07.2012 um 12:00 Uhr

Stimmt das also ?

Mit dem Kopftuch vor lüsternen Männern schützen? Ein Schritt rückwärts: Für die Frau (gilt als schwach und kann sich nicht wehren) und für den Mann (ist unfähig seine Triebe zu beherrschen).



Quote
    Sailor92
    16.07.2012 um 14:23 Uhr

Sie missverstehen die kulturelle Bedeutung!

Das Kopftuch dient, im religiös-kulturellen Kontext nicht dazu, eine Zugehörigkeit zu einer männlichen Person zu zeigen, wie in Deutschland beispielsweise der Ehering.
Noch viel weniger soll es dafür sorgen, die Frau, als sexuelles Wesen vor "lüsternen Blicken" der Männer zu schützen.
Die Soziologin Necla Kelek hat in einem ihrer Bücher über den wirklichen Sinn des Kopftuches aufgeklärt. Sie zitiert und deutet Koranstellen, in denen es heißt, dass der Mann vor der sexuellen Zügellosigkeit der Frau geschützt werden muss, um nicht Sünde zu begehen. Es heißt eben nicht "Du geiler Bock, mich kriegst du nicht!" sondern vielmehr "Ich bin zügelos und muss deshalb vor den Augen der Männer verdeckt werden, ich muss im wahrsten Sinne verschwinden." Das passt auch dazu, dass in der islamischen Kultur grundsätzlich Anstoß daran genommen wird, wenn die Frau sexuelle Lust verspürt.
Die westlich geprägten Kommentatoren missverstehen diesen Sachverhalt häufig, weil wir immer das Bild des Machomannes im Kopf haben, der immer will und vor dem man die Frauen zu schützen hat. Der Islam dreht dieses Bild um und macht die Frau zur biblischen Schlange, die verführt und den Mann in die Falle lockt - Bei Vergewaltigungen wird in islamisch geprägten Ländern die Frau häufig mit - oder sogar schlimmer verurteilt als ihr Vergewaltiger. (Sie hat ihn ja schließlich dazu getrieben)


Quotelabelleetlabete, 06.04.2012 um 3:27 Uhr
... Noch bis in die 70-er Jahre dieses Jahrhunderts war in Europa das Mädchen selbst schuld, vergewaltigt worden zu sein. Bei manchen Leuten hat sich diese Ansicht bis heute gehalten. ... | http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2012-04/marokko-zwangsehe-amina?commentstart=73#cid-1979129


Quote
   AllyAllison
   16.07.2012 um 11:46 Uhr

Kleider machen Leute. So abgedroschen und dämlich es klingt, aber ich denke, dass nicht nur "kopftuchtragende" Studentinnen blöd angeguckt werden, sondern auch andere "komisch gekleidete". Unter Studenten gibt es die "Körnerfresser", die "Alternativen" (punkig, gothic), die "elitären reichen Sprösslinge (Polohemd etc) und eben auch die "Kopftuchtragenden". Dass Kopftücher in Deutschland immer noch als "anders" angesehen werden ist nun einmal so. Das wird sich sehr langsam ändern. Gerade wenn es um ältere Menschen geht, denen ein Kopftuch aus religiösen Gründen einfach unerklärlich ist bzw. ein Zeichen der Unterdrückung. Wenn man sich "anders" kleidet muss man mit blöden Kommentaren/Blicken rechnen. ... Man muss überzeugen und nicht nur einfach verlangen.

...


Quote
   wieder_ich
   16.07.2012 um 11:52 Uhr

Stimmt

Es gibt Rassismus an der Uni wie überall in Deutschland. Die vorgetragenen Begründungen dafür sind interessant, zeigen sie doch wie wenig sich Menschen diesen Rassismus eingestehen möchten. Ich selbst möchte mich da gar nicht ausnehmen und muss sagen, dass es sehr anstrengend ist, jedem Menschen erneut vorurteilsfrei zu begegnen.

Die fragwürdige polisch-religöse Einstellung der Autorin ist unabhängig von ihrem Intellekt und nur auf dessen Grundlage sollte idealerweise an einer Universität geurteilt werden. Daneben sollte eine ständige Debatte über beiderseitige (!) Integration stattfinden. Das ist natürlich anstrengend aber für ein Zusammenleben nötig! So mag Herr Sarazin ein vewirrter Anhänger der eigentlich überwundenen Rassenlehre sein. Seinem Fazit, dass Integration in den letzten Jahren zu wenig thematisiert wurde, stimme ich vorbehaltlos zu. Dass die Autorin eine akademische Auseinandersetzung um das Buch als Rassismus wertet ist bedauerlich. Das zeigt mir aber, dass nicht nur ich die Mühen der Diskusion um Integration scheue.


Quote
   FSonntag
   16.07.2012 um 11:53 Uhr

Religion generell ist ggf. ein Problem einer ganzen Gesellschaft, weil es ein die da drüben und die hier schafft, weil es Menschen unterscheidet, weil es Frauen und Männern eine Rolle zuweist.

Sich davon einfach befreien.

Für mehr Liebe und Vernunft!

...

Quote
   Andrea Schüller
   16.07.2012 um 11:53 Uhr

Religiöse Zeichen sind geistige Zeichen

... Wir haben dank einer kämpferischen Frauenrechtsbewegung endlich so etwas wie Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau erreicht. Und dann kommen junge Frauen daher, die sich von einer männerdominierten Religion die Verhüllung des weiblichen Körpers vorschreiben lassen, die doch nur darauf zielt, dass die Männer, die diese Verbote erlassen, nicht in Versuchung gebracht werden. Ist schon einmal jemand auf die Idee gekommen, die Männer dazu aufzufordern, sich am Riehmen zu reißen? ...


Quote

   JanGoldbeck
   16.07.2012 um 12:00 Uhr

"Früher"

Hat man die Menschen nach ihrem Stand unterteilt.
Oder nach katholiken und evangelen.
Nach dies und das.

Das alles macht man heutzutage kaum noch. Viele dieser alteingessenen und jetzt nicht mehr relevanten Unterscheidungspunkte hatte man lange für bedeutsam gehalten.
Juckt es heutzutage noch wen ob er evangelisch oder katholisch ist? In Deutschland nicht, nein.
Warum nicht also hoffen (!), dass in "naher" Zukunft auch die Unterscheidung nach Herkunft und Nationen wegfallen wird. Wir sind nunmal schließlich alle Menschen. Daran lässt sich nichts rütteln.
Für unser Ursprungsland können wir nichts, das war reiner Zufall. Auf so etwas Wert zu geben erschließt sich mir einfach nicht, es macht wenig Sinn.
Dass ein Leben beinahe ohne Religionen toll ist sehen wir alltäglich in Deutschland, denn hier spielen Religionen fast keine Rolle mehr.
Schauen wir über den Ozean und sehen dass religiöse Fanatiker dort Präsident werden wollen/können und ihr Handeln dadurch begründen dass es in der Bibel stehe, dass GOtt es so wolle, dann kann ich feststellen, dass eine Welt ohne Religionen (oder zumindest sehr wenig) eine bessere wäre.
Dies muss ja nicht heissen dass wir Religionen VERBIETEN. Davon war keine Rede!
Aber wir leben jetzt auch größtenteils ohne Rassentrennung (theoretisch) und das hat auch kaum jemand für möglich gehalten.


Quote
   Stephan.S.
   16.07.2012 um 12:04 Uhr

Persepolis

Frau mit Kopftuch sollte sich den Film mal anschauen... Da gibts eine tolle Szene die wie folgt ist.

Die junge Iranerin läuft auf der Straße, in ihrer Burka, ihr Hintern wipt etwas. Sie wird angehlaten von einer Moral Polizei das sie nicht so schnell laufen soll weil es anstössig ist. Sie erwiedert frech:"Dann Glotz doch nicht." und geht weiter.

Jedes mal wenn ich eine Frau mit Kopftuch sehe muss ich an die Szene denken und an den Zwang es anderen recht zu machen. Warum manche Frauen in der heutigen Zeit, in Deutschland oder meinetwegen Europa, daß auf sich nehmen um "dazu" zugehören ist für mich unverständlich den es steht absolut im Wiederspruch damit sich frei zu enfalten.


Quote
   Robert_Muc
   16.07.2012 um 12:07 Uhr

Kopftücher repräsentiern und propagieren Rückschrittlichkeit. Was sich die Frauen bei uns in Jahrhunderten erkämpft haben, - sich Luft zu machen und die erzwungenen Verschnürungen endlch abzulegen, propagiern jetzt die Kopptuchträgerinnen (teilweise sicher auch unwissend) diese Rückschrittliclhkeit als Ideal.
Mir fehlt bei diesen bekopftuchten Frauen ein Mindestmass an Interesse für die Wirkung und Geschichtsbewusstsein für das Land in dem sie leben wollen. Meist beschweren sie sich nur über die Anderen.
Ich bin für eine offene tolerante Gessellschaft, ... die gerichtlichen Klagen einiger muslimischer Kreise fürs Kopftuchtragen, Schächten oder Gebetsräume in Schulen gehen aber alle in Richtung zurück.


Quote
   render
   16.07.2012 um 12:11 Uhr

Wirklich schade

Es ist wirklich schade, dass dieser Artikel sich (mal wieder) am Kopftuch zerreist. Dabei geht es doch viel mehr um Rassismus an der Universität und in den gebildeteren Sozialschichten.
Und da kann ich der Autorin nur Recht geben. Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass in acht von zehn Fällen klare rassistische Äußerungen gefallen sind, wenn das Gesprächsthema mal Ausländer/Ausland war. Seien es nun Muslime, Schwarze oder auch immer wieder gerne Juden.

Ich finde es wirklich erschreckend, wie viele Menschen den Satz "Ich bin ja nicht rassistisch, aber..." in einem Gespräch benutzen. Und das aber ist häufig sehr, sehr lang. Da kommt so viel Frust bei raus, der in den seltensten Fällen persönlicher direkt gelebter Natur ist, sondern es wird irgendwelches Hörensagen und angebliche Statistiken als Untermauerung der schwachen und ängstlichen Argumente genutzt. Und wenn man die Personen, dann darauf anspricht, wie fremdenfeindlich ihre Äußerungen sind, steht man plötzlich nicht nur noch einer Person gegenüber, sondern einer ganzen Gruppe, die diese Meinungen unterstützt.


Quote
   tagesschau
   16.07.2012 um 12:12 Uhr

Man darf sich in Deutschland so kleiden, wie man möchte! Und das ist gut so. Das ist demokratisch. Kleiderordnungen gab es im Mittelalter, in der ständischen Gesellschaft. Insofern sind Kleiderordnungen ein Symbol und rückschrittlich!


Quote
   Bashu
   16.07.2012 um 12:12 Uhr

Not your business!

Und warum eigentlich stören Sie sich an dem Lebensentwurf Anderer?

Ich finde dumm, wenn Menschen rauchen, aber solange sie mich nicht zu passiv rauchen zwingen werde ich nicht mit dem Finger auf sie zeigen. Ich finde es dumm, wenn Menschen Kopftuch tragen, aber solange sie mich nicht zu Missionieren versuchen (das ist mir bisher nur mit christlichen Sekten passiert), ist es ihre Sache.

Mich würde es dann stören, wenn Muslime anfangen würden, ihren Lebensentwurf auf die Gesellschaft übertragen zu wollen. Aber die überwiegende Mehrheit will lediglich ihrem Glauben nachgehen. Extremisten unter den Moslems, auch die christlichen, die ideologischen (zB NPD), müssen wir im Auge behalten. Sie nehmen ALLE Muslime in Sippenhaft und das ist intolerant und verbohrt.


Quote
   Ninnano
   16.07.2012 um 12:12 Uhr

Kommentar zu N° 70

""Bio-Deutsche" findet sie aber lustig, weil Özdemir, das im Spass gesagt hat. Ich finde das rassistisch."
Vielen Dank! Da hätte auch schon früher jemand drauf kommen können. Der Ausdruck "Bio-Deutsche" [...] Unfassbar. Aber natürlich, wenn der Herr Özdemir das sagt, da regt sich niemand drüber auf. Einmal mehr wird mit zweierlei Maß gemessen.

Gekürzt. Bitte verzichten Sie auf Äußerungen, die lediglich der Provokation dienen. Danke. Die Redaktion/ag


Quote
   JanGoldbeck
   16.07.2012 um 12:13 Uhr

Naja...

In jeder Gesellschaft gibt es unausgesprochene Kleiderordnungen.
Im Bikini in den Hörsaal? Versuchen sie das mal...


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   Metathron80
   16.07.2012 um 12:13 Uhr

Die Gute grenzt sich doch durch das Kopftuch gegenüber der Mehrheit bewusst ab. Meine italienische Oma tat das nach dem Tot meines Opas auch, nur schwarze Kleidung und außer Haus immer ein Kopftuch. Beides sind klare Signale die in nicht mehr so tief religiösen Gesellschaften automatisch Reaktionen hervor rufen. Wer sich dafür entscheidet muss auch mit den Konsequenzen leben. Übrigens hat das nichts mit Rassismus zu tun.


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   gruener salon
   16.07.2012 um 12:15 Uhr

Argumente und sowas.

Was soll ich bei solchen pathologischen Fällen denn groß argumentieren? Gibt es in dem von mir kommentierten Kommentar irgendwo Ansätze einer Argumentation. Da legt jemand seine Komplexe nahe, auf die man ihm eigentlich nur eine Therapie nahelegen kann; er ist offenbar tief gekränkt von Frauen, die ihn nicht kennen, die er nicht kennt und die nichts weiter tun, als ein Kopftuch zu tragen.

Andere Menschen fühlen sich persönlich angegriffen von besonders freizügig herumlaufenden Frauen. Gleiches Problem. Nur werden vom ach so liberalen ZEITonline-Bildungsbürgertum diese Frauen dann als selbstbewusst wahrgenommen und gegen solche prüden/gestrigen/engstirnigen Leute verteidigt, während auf Frauen mit Kopftuch fleißig eingedroschen wird - hier ist dann auf einmal der Träger der Kleidung verantwortlich, nicht derjenige, der ein Problem mit der Kleidung hat.

[...]

Gekürzt. Bitte bleiben Sie beim Artikelthema. Danke, die Redaktion/mk


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   gruener salon
   16.07.2012 um 12:17 Uhr

Zensur und so. ... Hurra, was sind wir alle liberal.



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   tagesschau
   16.07.2012 um 12:22 Uhr

Das Kopftuch einiger Frauen scheint ja eines der größten Probleme
n Deutschland zu sein.

- Woran das wohl liegt? ...


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   follower of a.s.
   16.07.2012 um 13:45 Uhr

Rassismus oder bloss gesunde Intoleranz?

Über die Herren mit Kurzhaarschnitt und schwarzen Lederjacken mit hiesiger Abstammung macht man sich an den Universitäten ebenfalls lustig und schreibt ihnen negative Eigenschaften zu.

Ist das dann Rassismus gegenüber Rassisten oder einfach nur gesunde Intoleranz gegenüber Intoleranten? Und das könnte man sich dann auch bei bekennenden Moslems, Christen und all den anderen Religiöslern fragen.


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   lxththf
   16.07.2012 um 14:04 Uhr

Kurz und knapp immer vor dem T-Shirt, für jeden Sichtbar, ca 5-10cm groß. Die Größe spielt dabei jedoch keine Rolle. Anderes Beispiel. Stört sich heute noch jemand an einen Irokesen? An Piercings? Gilt man noch als Knasti, wenn man ein Tattoo trägt? - Sorry, ich versteh es einfach nicht, was mich persönlich das Kleidungsstück oder der Kleidungsstil eines wildfremden Menschens angeht. Was hier betrieben wird könnte man auch als labeling-approach bezeichnen.


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   peanutpicker
   16.07.2012 um 14:14 Uhr

Jeder Punk, Spießer, Rocker oder übrig gebliebene Hippie kann sich kleiden wie er will und damit auch seine Geisteshaltung dokumentieren. Auch er muss ggf. damit leben, dass sein Outfit belächelt oder kritisiert wird. Das nennt man Freiheit Frau Gümüsay. Auch Sie müssen die Freiheit der Anderen akzeptieren, ihr Outfit und damit ihre Geisteshaltung ebenso abzulehen wie evtl. die der Blumenkinder oder der Bourgoisie.
Hier die Rassismus-Karte zu spielen ist schlichtweg billig.


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    sinair
    16.07.2012 um 14:15 Uhr

Kopftuch ist mehr als nur eine Kopfbedeckung! - Ich kenne viele Junge Frauen in Deutschland, die sich erst viel später als Religion es vorgibt dafür entscheiden einen Kopftuch zu tragen. Sie tun es sehr oft aus ihren eigenen Überzeugung und Glaube heraus und nicht nur weil der Freund oder der Vater das gern sehen würden.
Dabei fällt es mir auf, dass Viele gern ihr "Anderessein" betonen möchten. Sie bekennen sich zu ihren religiösen und kulturellen Herkunft und treten damit selbstbewusst in die Gesellschaft auf. Ganz nach dem Motto: "Sieht zu, ich bin Muslimin und ich bin stolz darauf!" Und mit diesem Bekenntnis geht man auf eine Konfrontationskurs mit der Mehrheit Gesellschaft. Das dabei Konflikte entstehen, liegt es doch auf der Hand!
Ich finde Kopftuch hat eine symbolische Charakter, nicht nur in Deutschland sondern weltweit. Das ist auch der Grund warum die Frauen im heutigen Iran Kopftuch tragen müssen und in der Türkei sie bis vor kurzem ohne Kopftuch nicht in die Universität gehen durften!


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   Lukan
   16.07.2012 um 13:51 Uhr

Mal einen hypothetischen Fall.

Peter ist mit einer aufgeklärten Deutsch-Türkin in einer Beziehung, die vorehelichem Koitus frönt, das Kopftuch aus Überzeugung heraus ablehnt, gelegentlich Alkohol trinkt, auf Schweinefleisch verzichtet und an ein höheres Wesen glaubt. Sie ist aufgeklärte, liberale Muslimin.

Peter hat auch zwei Deutsch-Araber als Kumpel und drei Damen türkischer Herkunft in seinem Freundeskreis, die aber allesamt kein Kopftuch tragen.

In einer Pause entbrennt in der Mensa jedoch eine kontroverse Diskussion, als Peter Asiye an den Kopf wirft, er sehe in ihr nicht die moderne multi-kulturelle Deutsche.

Asiye trägt weite schwarze Gewänder und Kopftuch, lehnt vorehelichen Koitus strikt ab, mit nicht-muslimen sowieso. Alkohol ist für sie widerwertig, Schweinefleisch würde sie nicht einmal mit einer Gabel berühren. Ihr Vater hat vor kurzem ausgehandelt, dass sie den Sohn seines Vetters heiraten wird.

Ist Peter ein Rassist?


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    Peip
    16.07.2012 um 14:16 Uhr

... Rassistisch ist religiös motivierte Diskriminierung natürlich nicht, hört sich aber wohl fetter an.



Aus: ""Was habt ihr gegen mein Kopftuch?"" Von Kübra Gümüsay (16.07.2012)
Quelle: http://www.zeit.de/campus/2012/04/meinung-rassismus

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Hasnain Kazim wurde 1974 im niedersächsischen Oldenburg geboren. Er ist der Sohn indisch-pakistanischer Einwanderer und wuchs in zwei Welten auf. Inzwischen ist er Südasien-Korrespondent für SPIEGEL ONLINE und SPIEGEL mit Sitz in Islamabad, Pakistan. In seiner Kolumne "Chai Time" berichtet er über den Alltag in seiner neuen Heimat.

Der demütigendste Moment meines Lebens - Hasnain Kazim, Islamabad ...

Der Text ist ein überarbeiteter Auszug aus dem inzwischen vergriffenen und nur als E-Book erhältlichen Buch "Grünkohl und Curry".

... Ich bin in Hollern-Twielenfleth aufgewachsen, einem Dorf im Alten Land in Norddeutschland. Beschneidungen von Jungen aus religiösen Gründen sind dort, nun ja, nicht wirklich üblich. Obwohl meine Eltern aus muslimischen Familien stammen, verschonten sie mich mit diesem Ritual.

Aber als ich acht Jahre alt war, kam eine Tante aus Pakistan zu Besuch. Sie ist sehr religiös, und leider erfuhr sie, dass ich nicht beschnitten war. Sie bestand darauf, dass das unbedingt nachgeholt werden müsse, wie es sich für einen muslimischen Jungen gehört - auch wenn das nirgends im Koran steht.

Ich bekam Angst. Ich war acht Jahre alt, kein Säugling! Man beschnitt doch keinen Achtjährigen! Da ich wusste, dass man in Pakistan und Indien auf ältere Personen hört und dass diese Tante die älteste Schwester meines Vaters und daher eine besondere Respektsperson war, befürchtete ich das Schlimmste.

Meine Eltern dachten über den Vorschlag nach. Ich hoffte, dass unser Hausarzt im Nachbardorf Grünendeich die Sache abbügeln würde. Aber der fiel mir zu allem Übel in den Rücken. Er sagte, eine Beschneidung sei überhaupt nicht schlimm und aus medizinischer Sicht sinnvoll, er empfehle sie daher sehr.

Zur Freude meiner Tante fanden meine Eltern im nahegelegenen Stade einen Chirurgen mit ägyptischem Namen - wer wäre besser geeignet, die Beschneidung vorzunehmen als dieser wahrscheinlich muslimische Arzt? Schon wurde ein Termin ausgemacht. Als ich davon erfuhr, geriet ich in Panik: In wenigen Tagen sollte es so weit sein - denn meine Tante wollte unbedingt bei der Operation dabei sein. Sie war ja selbst Medizinerin, Anästhesistin, und sehr daran interessiert zu sehen, wie in Deutschland operiert wird. Ihr Deutschlandurlaub war aber fast schon zu Ende.

Es war die Hölle. Vor allem die Tage danach. Meine Eltern, meine Tante und meine Schwester wollten am Tag nach der Operation zum Einkaufen nach Stade fahren. Unter keinen Umständen wollte ich mit meinen Schmerzen zu Hause allein gelassen werden. Meine Eltern holten den alten Buggy vom Dachboden und verfrachteten mich ins Auto. In der Stadt blieb mir nichts anderes übrig, als mich in dem Kinderwagen durch die Fußgängerzone schieben zu lassen.

Es war einer der demütigendsten Momente meines Lebens.

Meine Schwester kicherte ständig. Oh Gott, was, wenn mir jemand aus meiner Schule über den Weg lief? Meine Lehrerin womöglich? Oder, schlimmer noch, meine Freunde? Wie sollte ich bloß erklären, warum ich im Kinderwagen hockte?

Als wir wieder zu Hause waren, fiel eine riesige Anspannung von mir ab - ich war unendlich dankbar, niemandem in der Stadt begegnet zu sein, den ich kannte. Ich schwor mir, die Wohnung erst zu verlassen, wenn ich wieder gehen konnte.

"Wir haben es getan, weil der Arzt uns dazu aus medizinischen Gründen geraten hat", sagt meine Mutter heute. "Mit Religion hatte das nichts zu tun." Habe ich es damals als Angriff auf mein Recht auf körperliche Unversehrtheit empfunden? Aber hallo! Hat es mir geschadet? Nein.

Mittlerweile lache ich über diese denkwürdige Episode aus meiner Kindheit. Und dann fällt mir ein, dass nicht nur muslimische Männer, sondern auch jüdische beschnitten sind. Merkwürdige Vorstellung: Muslime und Juden sehen sich oft als Feinde, aber splitternackt lässt sich ein jüdischer Mann von einem muslimischen nicht unterscheiden. Selbst auf viele meiner mehr oder weniger christlichen Freunde trifft zu, dass sie beschnitten sind. Aus medizinischen Gründen eben.

Ich habe nichts gegen die Beschneidung von Jungen. Es ist der weltweit häufigste chirurgische Eingriff, außerdem eine Tradition, die Muslimen und Juden wichtig ist.

Aber bitte nur bei Säuglingen. Nicht bei Achtjährigen.


Aus: "Der demütigendste Moment meines Lebens" (16.07.2012)
Quelle: http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/beschneidung-die-erfahrung-als-achtjaehriger-operiert-worden-zu-sein-a-844367.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Für deutsch-türkische Akademiker sind die öffentlichen Integrationsdebatten wie Schläge ins Gesicht. ...  Wenn [ ] die nächste Integrationsdebattensau durch das Pressedorf Deutschland gejagt wird, können wir nur hoffen, dass sich dann der ein oder andere deutsch-türkische Akademiker hinstellt und die Sau in eine andere, bessere Richtung treibt.

...


Aus: "Der schwierige Weg aus der "mentalen Abwanderung"" Radolf H. Mussbach (13.08.2012)
Quelle: http://www.heise.de/tp/artikel/37/37428/1.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Da ist der Potsdamer Psychotherapeut Michael Froese, der in den Erzählungen seiner Patienten immer wieder auf eine historische Dimension stößt und überzeugt ist: ,,Mit ostdeutschen Patienten ist es wie mit Migranten. Es ist gut, wenn man etwas von ihrer Kultur und Geschichte versteht." ...



Aus: "Born in the GDR" Jana Hensel, Susanne Kailitz (27.09.2012)
Quelle: http://www.freitag.de/autoren/der-freitag/born-in-the-gdr