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[Armut, Hunger, ... (Notizen)]

Started by Textaris(txt*bot), August 13, 2006, 10:03:26 PM

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Textaris(txt*bot)

Quote[...] In Deutschland wollen oder müssen viele Rentner arbeiten – auch noch im hohen Alter. Seit dem Jahr 2000 ist die Zahl der Ruheständler mit einem Minijob um knapp 60 Prozent also gut um 280.000 auf etwa 761.000 gestiegen. Das geht aus Antworten der Bundesregierung auf Anfragen der Linken-Bundestagsfraktion hervor, die der Süddeutschen Zeitung vorliegen. 120.000 der Minijobber waren im Jahr 2011 demnach 75 Jahre und älter.

Wer einen Minijob hat, also einer geringfügigen Beschäftigung bis zu 400 Euro monatlich nachgeht, muss dafür keine Steuern oder Sozialabgaben zahlen. Inzwischen gibt es aber zunehmend Rentner, die mehr als 400 Euro dazuverdienen.

Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit hatten Ende vergangenen Jahres gut 154.000 Menschen im Rentenalter eine sozialversicherungspflichtige Stelle. Damit hat sich ihre Zahl seit Ende 1999 knapp verdoppelt.

...

Quote
    rugero
    28.08.2012 um 7:58 Uhr

Das ist erst der Anfang Seit 1993 stagniert der Reallohn für einen großen Teil der Arbeitnehmer, Dumpinglöhne und Minijobs nehmen unter jüngeren Menschen zu. Die Altersarmut für viele Deutsche ist vorprogrammiert und wird in 10 bis 20 Jahren ein großes Problemdarstellen.

Die Politiker, die das angerichtet haben sind dann wohlversorgt im Ruhestand müssen das Desaster nicht selber ausbaden.

http://www.zeit.de/wirtschaft/2012-08/rentner-minijob-verdienst?commentstart=1#cid-2277568


Quote
    Berghuhn
    28.08.2012 um 8:00 Uhr

Ehre und Armut

Eine der Putzfrauen die an meinem Arbeitsplatz putzt geht demnächst mit 65 Jahren in den Ruhestand... über 45 Jahre eingezahlt... immer geputzt... zu offiziellen Hungerlöhnen...
Und obwohl sie körperlich ausgelaugt ist, wird sie auf Minijobbasis weiterarbeiten (müssen). Sie will keine zusätzliche Grundsicherung... sie fühlt sich in ihrer Ehre und ihrem Stolz verletzt, dass ein Leben lang harte Arbeit (und Schikanen von Vorgesetzten) nicht für einen (einfachen) Lebensabend reichen und der Staat eingreifen würde... - so wird sie weitermachen... solange es irgendwie geht...

Wieviele solcher Biografien mag es geben...

http://www.zeit.de/wirtschaft/2012-08/rentner-minijob-verdienst?commentstart=1#cid-2277572


Quote
    vvmetro
    28.08.2012 um 8:02 Uhr

Wen wunderts

Der Idealbürger arbeitet, setzt Kinder in die Welt, ermöglicht ihnen eine gute Schul- und Berufsausbildung, erarbeitet sich eine Altersvorsorge und pflegt im selbstfinanzierten Haus die eigenen gebrechlichen Eltern. Ist das nicht schön?

Die Realität sieht anders aus. Immer mehr Bürger arbeiten als H4 Aufstocker, in Teilzeit, Nebenverdiener zu H4 oder überhaupt in prekären Jobs. Nicht einmal der eigene Lebensunterhalt ist gesichert. Von Altersvorsorge und ohne staatliche Hilfe die Kinder ernähren und die eigenen Eltern pflegen ist schon gar nicht mehr die Rede. Die einzigen die von diesem System profitieren, sind Unternehmer, die Arbeitnehmer zu Hungerlöhnen beschäftigen können, weil Vater Staat das Verhungern über H4 verhindert. Nicht umsonst ist der Haushaltstitel Arbeit und Soziales der größte im Bundeshaushalt. Und machen wir uns doch nichts vor:

Dies alles wird über Verschuldung des Bundes finanziert. Dieser Unsinn muss endlich aufhören. Es müssen Mindestlöhne her, die den Menschen ernähren und ihnen außerdem das Bewusstsein geben, dass sie zum Gemeinwohl beitragen und nicht vom Staat getragen werden, damit andere sie ausbeuten können.

http://www.zeit.de/wirtschaft/2012-08/rentner-minijob-verdienst?commentstart=1#cid-2277574





Aus: "Zahl der Rentner in Minijobs drastisch gestiegen" (28.08.2012)
Quelle: http://www.zeit.de/wirtschaft/2012-08/rentner-minijob-verdienst


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Ablaufdatum - Zerbröselter Zwieback. Er begutachtete den Inhalt der durchsichtigen Tüte von allen Seiten...


Aus: "Ablaufdatum" (2012?)
Quelle: http://meykosoft.jimdo.com/unterwegs/abgelaufen/


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Nur ein Drittel aller Kinder aus bildungsfernem Elternhaus macht überhaupt Abi oder Fachabi. Wenn ihre Eltern selbst die Hochschulreife haben, schaffen das gut zwei Drittel der Schüler.

... Nach dem Schulabschluss verschärft sich die soziale Selektivität noch einmal, so das Ergebnis der Studie: 80 Prozent aller Akademikerkinder mit Abitur studieren – vor vierzig Jahren war der Anteil fast genauso hoch. Bei den Abiturienten aus bildungsfernem Milieu dagegen entscheidet sich nur jeder Zweite für ein Studium. Mitte der Siebziger waren es noch 30 Prozent mehr.

...

Quotevon svenskan
    12.09.2012 12:03 Uhr

Ist ja interessant!
In dem Artikel wird immer nur von Akademikern und Bildungsfernen gesprochen. Wenn man also kein Akademiker ist, dann ist man Bildungsfern? Wenn also Kinder von Krankenschwestern, Handwerkern, Busfahrern usw. studieren, haben sie das trotz ihrer bildungsfernen (weil nur Hauptschulabschluss) Eltern geschafft? Welche Arroganz in dieser Aussage steckt ...


Quotevon Sperber59
    11.09.2012 07:59 Uhr
Falsche Bezeichnung
Ich halte den Begriff "bildungsferne Eltern" für die falsche Klassifizierung. Normale Einkommen von Mittelständlern reichen nicht mehr aus um Studenten zu unterstützen. ...


...


Aus: "Abiturienten mit bildungsfernen Eltern studieren seltener als früher" Ann-Kathrin Nezik (11.09.2012)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/wissen/bildungsstudie-abiturienten-mit-bildungsfernen-eltern-studieren-seltener-als-frueher/7116320.html

-.-

Quote[...] Sie weigern sich partout arm zu sagen. Das sind die Schliche, wie man systematisch, das meint: innerhalb des Systems, vor der Realität flüchtet. Wie die letzthin in den Medien durchgenommene Schulstudie ebendort sprachlich abgehandelt wurde, verrät genug über den Charakter eines Systems, das sich weigert die Armut als gegeben und als abwürgende Kraft für eine gesamte Gesellschaftsschicht anzuerkennen.

Man konnte letzte Woche verfolgen, wie in Radio-Nachrichten und Teletexten, wie im Fernsehen und auf Webportalen, die genannte Schulstudie zu einer der Hauptgegenstände der Berichterstattung inszeniert wurde. Der Tenor und die verwendeten Phrasen waren überall beinahe identisch. Zentrale Erkenntnis der Studie war demnach, dass wohlhabende Grundschüler besser abschnitten als bildungsferne - das ist tatsächlich Orginalton gewesen. Es gab zwar auch andere Einsichten, aber schieben wir die jetzt mal beiseite, denn letztlich laufen sie auf dasselbe hinaus. Dass man nämlich wohlhabend und bildungsfern sozusagen als Antonyme konfrontierte, das erlaubte doch schon tiefe Einblicke. Das Gegenteil von wohlhabend ist nicht bildungsfern - besitzlos oder finanzschwach wären treffliche Worte gewesen; Synonyme für arm. Keines davon fiel jedoch.

Das darf als die sture Haltung der Studien- und Wahrheitsmacher und ihrer Berichterstatter angesehen werden, die tunlichst darauf achten, die Armut nicht zu sehr zu strapazieren. Sie soll nicht genannt werden, damit sie nicht zu sehr ins Blickfeld rutscht, damit sie inexistent bleibt. Arme Kinder sind daher als bildungsfern zu kennzeichnen, das vernebelt die Realität und tut so, als habe diese Gesellschaft keine massiven Probleme mit verstärkter Herausbildung von Schichten, die verarmen.

Natürlich stimmt auch, dass man die Armut hin und wieder kolportiert. Immer dann, wenn Studien zu Reichtum und Armut bemüht werden, nennt man die Armut auch. Aber dort bleibt sie abstrakt, als Zahlenspiel bestehen, als Durchschnittseinkommen und als durchschnittlich nicht erzieltes Einkommen. Dort sind Leute auch nicht arm, sie leben in Armut - das klingt wiederum ein Stückchen abstrakter und auch so, als hätte man die Wahl gehabt. Sprachlich kann man so gesehen nämlich in Armut oder in Miami leben - in etwas zu leben riecht nach Alternative, die derjenige, der in Armut lebt, ganz sicher nicht hat.

Dort aber, wo das Armsein als Auslöser diverser Benachteiligungen figurativ wird, vermeidet man die Nennung der Armut, weicht man ihr begrifflich aus. Als abstrakte Messgröße bei Armutsberichten bekommt sie zwar einen Namen, jedoch erhält sie kein Gesicht. Entwerfen aber konkrete Studien zu konkreten Themengebieten ein Bild davon, wie Armut anschaulich und greifbar wirkt, wie sie hineinstrahlt in den Alltag, wie sie benachteiligt, diskriminiert und schädigt, wie sie frustriert und Resignation begünstigt, wie sie Wege abschneidet und theoretischen Gleichheiten Hohn spottet - wenn also die Konkretion dinglich darlegt, dass Armut in allen Lebenslagen ein Begleiter ist, der die Gleichheitsansprüche unterwandert und Partizipation einschränkt, dann tauft man sie um, macht sie unverdächtig. Dann ist Armut nicht mehr das Gegenteil von Wohlhabenheit, dann wird Bildungsferne gesagt, wenngleich letztere eher ein Symptom der Armut ist als der Gegenspieler.

Denn Schulstudien, so viel man sie auch wegen ihrer Erhebungskriterien tadeln kann, konkretisieren jene Armut, die in Armutsberichten relativ vage bleiben. Sie zeigen die Auswirkungen von Armut, die fehlenden Mittel für Nachhilfe, die fehlende Zeit von working poor-Eltern, die nicht selten an zwei Arbeitsplätzen arbeiten, die mangelnde Kraft von Alleinerziehenden, das Gefühl von Alleingelassenheit arbeitsloser Familien. All das hat die Studie nachgezeichnet, man nannte es nur Bildungsferne, damit die Armut nicht zu sehr ins Blickfeld rutscht.

Man kann auch im Mainstream von Armut sprechen - das ist schon wahr. Nur da darf sie als Begriff, nicht aber als Auswirkung dienen. Das würde brüskieren, beunruhigen, müsste ja geradezu zum Umdenken anstimmen. Oder anders gesagt: Es würde die zum Denken anregen, die sich sonst darüber wenig Gedanken machen.

Daher beschreibt man die Schulstudie wie dargelegt, daher sind neben Bildungsferne auch Migrationshintergründe wesentlich zu machen. Aber in letzter Instanz, wenn man all diese Begrifflichkeiten auf ihren letzten Nenner herunterbricht, dann bleibt da die Armut als Faktor ungleicher Schülerleistungen. Denn ein Zufall, dass wohlhabende Eltern bessere Schüler hervorbringen, ist es nicht - und eine Auslegung nach Prädestinationsart, wonach Geld und Klugheit übereinstimmen, mag etwas für calvinistische Sektierer sein, kein Erklärungsansatz aber, der sich soziologischer Ansprüche verpflichtet. Nein, das ist kein Zufall, dass Geld besser abschneidet - und es ist noch weniger Zufall, dass man die Armut hier nicht beim Namen nennen will.


Aus: "Nur abstrakte Armut zugelassen" Mittwoch, 10. Oktober 2012
Quelle: http://ad-sinistram.blogspot.de/2012/10/nur-abstrakte-armut-zugelassen.html

Textaris(txt*bot)

#178
QuoteDie Zahl der Deutschen, die als armutsgefährdet gelten, ist leicht gestiegen. Wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte, waren es im Jahr 2010 rund 12,8 Millionen Menschen. Das ist eine Quote von 15,8 Prozent. In den Jahren zuvor lag die Zahl leicht darunter. Eine Person gilt als armutsgefährdet, wenn sie im Monat weniger als 952 Euro zum Leben hat.


Aus: "Statistisches Bundesamt: Zahl der armutsgefährdeten Menschen in Deutschland leicht gestiegen"
Mittwoch, 17. Oktober 2012
Quelle: http://www.dradio.de/nachrichten/201210170900/2

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Quote[...] Das Armutsrisiko in Deutschland steigt, langsam aber stetig. Schon jetzt gilt jeder Sechste als armutsgefährdet, insgesamt fast 13 Millionen Menschen. Besonders betroffen sind Alleinerziehende und deren Kinder. Im EU-Vergleich stehen auch deutsche Arbeitslose besonders schlecht da.

Wiesbaden - Das Armutsrisiko in Deutschland steigt seit Beginn der Statistik immer weiter. 15,8 Prozent der Einwohner, insgesamt rund 12,8 Millionen Menschen, waren im Jahr 2010 armutsgefährdet. Das sind die neuesten Zahlen, die das Statistische Bundesamt am Mittwoch veröffentlichte. Besonders betroffen sind demnach Alleinerziehende und deren Kinder: In dieser Gruppe war mit 37,1 Prozent mehr als ein Drittel armutsgefährdet.

Als armutsgefährdet galt 2010, wer inklusive staatlicher Leistungen weniger als 60 Prozent des nationalen Durchschnitts (Median) verdient - in Deutschland sind das bei Singles 952 Euro oder weniger im Monat. Die Daten werden aufgrund eines EU-Gesetzes seit 2005 erhoben. Damals lag die Quote der Armutsgefährdeten erst bei 12,2 Prozent, 2009 erreichte sie 15,6 Prozent.

Frauen sind der Statistik zufolge mit 16,8 Prozent häufiger von Armut betroffen als Männer (14,9 Prozent). Die Armutsquote von Minderjährigen lag 2010 mit 15,6 Prozent leicht unter dem Bundesdurchschnitt. Niedriger lag der Wert mit 14,2 Prozent bei älteren Menschen ab 65 Jahren. Bei Alleinlebenden unter 65 Jahren waren 36,1 Prozent armutsgefährdet. In Haushalten von zwei Erwachsenen unter 65 Jahren traf dies auf 11,3 Prozent zu.

Der Bundesvorsitzende der Arbeiterwohlfahrt, Wolfgang Stadler, kritisierte angesichts der Zahlen die Politik: "Die Bundesregierung muss sich fragen lassen, wie es möglich ist, dass in wirtschaftlich erfolgreichen Zeiten immer mehr Bürger arm werden." Damit der Negativtrend sich nicht fortsetzt, fordert Stadler "die Abschaffung der Minijobs, Beibehaltung der Rentenquote von 51 Prozent und ausreichend gute Kinderbetreuungsmöglichkeiten".

Die von den Statistikern veröffentlichten Zahlen sind ein zentrales Ergebnis der Erhebung "Leben in Europa 2011". Dazu wurden mehr als 13.500 Haushalte und 24.220 Personen befragt.

Ebenfalls am Mittwoch wurden Zahlen der EU-Statistikbehörde Eurostat zur Armutsgefährdung von Arbeitslosen in Europa veröffentlicht. Mit einem Anteil von 67,8 Prozent, die in Armut abrutschen könnten, stehen Erwerbslose in Deutschland deutlich schlechter da als im Rest der Europäischen Union. Deutschland führt die europaweite Statistik seit Jahren an: In Frankreich waren demnach 33 Prozent der Arbeitslosen von Armut bedroht, in Großbritannien 47,4 Prozent und in Spanien 39,1 Prozent.

nck/dpa/Reuters


Aus: "Jeder sechste Deutsche ist armutsgefährdet" (17.10.2012)
Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/jeder-sechste-in-deutschland-ist-von-armut-bedroht-a-861803.html

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Quotedeus-Lo-vult heute, 15:05 Uhr
... Dafür kommt Deutschland aber doch prima durch die Krise! Unsere Firmen schreiben noch immer Rekordgewinne. Da muss man etwas Armut schon hinnehmen.


http://forum.spiegel.de/f22/rekordwert-jeder-sechste-deutsche-ist-armutsgefaehrdet-73288-2.html#post11161943


Quotebauklotzstauner heute, 14:15 Uhr

[Zitat von sysop:
Das Armutsrisiko in Deutschland steigt, langsam aber stetig. Schon jetzt gilt jeder Sechste als armutsgefährdet, insgesamt fast 13 Millionen Menschen. Besonders betroffen sind Alleinerziehende und deren Kinder. Im EU-Vergleich stehen auch deutsche Arbeitslose besonders schlecht da. Jeder sechste in Deutschland ist von Armut bedroht - SPIEGEL ONLINE (http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/jeder-sechste-in-deutschland-ist-von-armut-bedroht-a-861803.html)]

Falsche Überschrift! Richtig müßte sie lauten: "Jeder sechste Deutsche IST ARM! Es sollte zum Handwerkszeug eines Journalisten gehören, manipulative Umbenennung von Begriffen a) nicht mitzumachen und b) zu thematisieren. Die Definition der im Artikel genannten "Armutsgefährdung" war nämlich vor wenigen Jahren noch ganz offiziell die der "relativen Armut". Darunter gibts dann nur noch eine Definition der "absoluten Armut", die sich wohl bei einem Dollar pro Tag weltweit bewegt. Es sollte klar sein, was eine solche Definition in einem entwickelten Land bedeutet, und daß man schon lange vor Erreichen dieser Grenze definitiv arm ist. Ist man aber im Wortgebrauch heute nicht mehr! Denn tatsächlich ist man mit nur einem Euro über den 30 Dollar/Tag nicht arm, sondern nur "armutsgefährdet". Da sollte auch dem Dümmsten ein Licht aufgehen, wie verrückt dieser Begriff ist. Wie wäre es, wenn man beim Spiegel endlich wieder elementarste REgeln der "Vierten Kraft" befolgen würde, statt Regierungspropaganda inklusive manipulativ verzerrender Begriffe nachzuplappern?


http://forum.spiegel.de/f22/rekordwert-jeder-sechste-deutsche-ist-armutsgefaehrdet-73288.html#post11161434

QuoteTja...
liptovskykarl heute, 14:32 Uhr

Das sind eben die Auswirkungen von Harz4, Minijobs, Niedriglohnsektor, 1-Euro Sklavenjobs und aehnliche Auswuechse in Deutschland! Aber dafuer ist D ja Export(vize)weltmeister! Nur dafuer kann sich niemand von den 13 Mill. betroffenen in Deutschland etwas kaufen! Aber diese Politik ist ja "Alternativlos" und wird von unserer Einheitspartei aus CDSUFDPSPDGRUENE als Allheilmittel angesehen! ... Was ist nur aus der so erfolgreichen sozialen Marktwirtschaft geworden, die es bis 1989/1990 in D gab?? Aber anstatt das man das Modell der nordischen Laender zum Vorbild genommen hat, hat man in D das Neoliberale Modell der USA oder Von GB versucht zu uebernehmen! Und nun sieht man das Ergebnis. Und nicht das ich jetzt wieder als linker Spinner hingestellt werde, ich weiss wovon ich spreche. Ich bin durch einen Arbeitsunfall Voll Erwerbsunfähig geworden und bekomme nach 34 Jahren in der ich in Vollzeit und teilweise in 3-Schicht-System gearbeitet habe, im Monat gerade einmal 631,-Euro an IV-Rente ausbezahlt! Wie sagt man so, zum Leben zu wenig, zum Sterben zuviel!


http://forum.spiegel.de/f22/rekordwert-jeder-sechste-deutsche-ist-armutsgefaehrdet-73288.html#post11161599

QuoteTrotz Vollzeitjob arm!
tomrobert heute, 14:34 Uhr
Das ist das eigentliche Problem und stellt die Frage , ob das System der sozialen Marktwirtschaft überhaupt noch funktioniert, denn immer mehr Menschen werden trotz Vollzeitarbeit arm. Eine dünne Oberschicht etabliert sich , welche die Vorteile technologischen Vortschrittes mit Hilfe der politischen Akteure abschöpft , der breiten Masse ein paar Gadgets gönnt , aber auch immer mehr Macht auf sich vereint.


http://forum.spiegel.de/f22/rekordwert-jeder-sechste-deutsche-ist-armutsgefaehrdet-73288.html#post11161623

QuoteAbsurde Rechnung :-(
quark@mailinator.com heute, 14:40 Uhr
Der Skandal ist doch, daß der Begriff "Armut" absurd gerechnet wird. ... Jemand sollte mal systematisch erfassen, wie viele Menschen weniger als 20% über Hartz IV haben. DIE Zahl würde wohl für Horror sorgen.


http://forum.spiegel.de/f22/rekordwert-jeder-sechste-deutsche-ist-armutsgefaehrdet-73288.html#post11161690

QuoteArmutsbericht
Pandora0611 heute, 14:52 Uhr

13 Millionen Deutsche drohen in Armut zu fallen. Die Renten sollen auf 43% gekürzt werden. Und was sind die Ursachen? Als da wären: ■ Agenda 2010 ■ Hartz IV ■ 1-Euro-Jobs ■ Niedriglohn ■ prekäre Beschäftigung ■ Rente mit 67 ■ Absenkung des Rentenniveaus ■ steigende Energiepreise ■ etc. pp. ...


http://forum.spiegel.de/f22/rekordwert-jeder-sechste-deutsche-ist-armutsgefaehrdet-73288-2.html#post11161804

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Quote[...] Die Finanz- und Wirtschaftskrise wird nach Schätzung von Experten der Vereinten Nationen im kommenden Jahr sieben Millionen weitere Arbeitsplätze vernichten. Damit werde die Zahl der arbeitslosen Menschen auf weltweit 207 Millionen anwachsen, wenn die Staaten nicht entschlossene Gegenmaßnahmen ergreifen. Das geht aus jüngsten Erhebungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) hervor, die Generaldirektor Guy Ryder an diesem Samstag bei der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Tokyo offiziell vorstellt.

Bislang war die ILO für 2013 von einem Verlust weiterer vier Millionen Jobs ausgegangen. Seit dem Ausbruch der Finanzkrise vor vier Jahren sind nach Angaben der UN-Arbeitsorganisation weltweit rund 30 Millionen Arbeitsplätze verloren gegangen.

Der ILO-Direktor warnt in dem vorab zur Verfügung gestellten Text, dass "anhaltend unterdurchschnittliches Wachstum und weit verbreitete Arbeitslosigkeit katastrophale Folgen für Milliarden von Menschen und ganze Nationen haben". Besorgniserregend sei, dass etwa ein Drittel aller Arbeitslosen jünger als 25 Jahre sei. Nach ILO-Zahlen trifft das nicht nur auf viele Dritte-Welt-Staaten, sondern auch auf Euro-Länder wie Spanien und Griechenland zu. Experten sprechen von einer "ganzen verlorenen Generation".

...

Quote
   Morein
   12.10.2012 um 19:49 Uhr

1. Echt Krank

"Alarmierend ist Ryder zufolge auch, dass etwa 900 Millionen Frauen und Männer trotz eines Arbeitsplatzes im Elend leben. Sie verdienten so wenig, dass sie und ihre Familien nicht über die Armutsgrenze von zwei Dollar pro Person und Tag kommen könnten."
(Meistens dann auch noch Bauern, jene, ohne deren Arbeit niemand existieren kann, welch Hohn !)
Besser kann man dieses kranke System,das wir jetzt im Endstadium zucken sehen, nicht beschreiben.

Was läuft nur falsch? An dem Arbeitseifer der Menschen kann es nicht liegen.

Lügen & Seifenblasen. Die Seifenblasen platzen grade alle nach einander und wir sehen das nur sehr sehr wenige am Ende zu den Gewinnern gehören.

... ich freue mich jeden Tag darüber das bei mir warmes Wasser aus der Wand fließt und das ich diesen Luxus eigentlich gar nicht verdient habe. Ehrlich. Was braucht der Mensch zum Leben? Derjenige, der über ein Stück Land & ein paar Kühe verfügt ist ein reicher Mensch. Das ist Reale Marktwirtschaft.
Und genau die gilt es wieder aufzubauen.

...

http://www.zeit.de/wirtschaft/2012-10/arbeitslosigkeit-krise-weltweit-krise?commentstart=1#cid-2368041





Aus: "Krise vernichtet deutlich mehr Jobs als befürchtet" (12.10.2012)
Quelle: http://www.zeit.de/wirtschaft/2012-10/arbeitslosigkeit-krise-weltweit-krise

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Quote[...]  wirft man einen Blick darauf, wie arbeitslose Menschen in den verschiedenen EU-Ländern behandelt werden, ist man verwundert: Knapp 68 Prozent der Erwerbslosen in Deutschland waren nach neuen Zahlen der europäischen Statistikbehörde Eurostat im Jahr 2010 armutsgefährdet. Arbeitslosigkeit, das bedeutet für die meisten Armutsgefahr.

In Spanien, Portugal oder Italien wird mit arbeitslosen Menschen dagegen behutsamer umgegangen. In Spanien waren demnach knapp 41 Prozent armutsgefährdet und in Portugal 36 Prozent. Für Italien haben die Statistiker im Jahr 2009 eine Armutsgefährdungsquote von rund 44 Prozent erhoben. Und auch in Frankreich (33 Prozent) und dem Vereinigten Königreich (48 Prozent) sieht die Lage besser aus.

Armutsgefährdung ist ein relativer Begriff. Er erfasst, inwieweit es Menschen möglich ist, mit ihren Einkünften am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben, wie ihre ökonomische Situation im Vergleich zu ihrem sozialen Umfeld ist. Beträgt das verfügbare Einkommen weniger als 60 Prozent des mittleren nationalen Einkommens, gelten Menschen als armutsgefährdet. Zuletzt lag die Schwelle in Deutschland bei einem Single bei 848 Euro im Monat.

In Deutschland verlieren also deutlich mehr Arbeitslose den Anschluss an ihr soziales Umfeld als in anderen Ländern. Nach Angaben des Wissenschaftlers Eric Seils von der Hans-Böckler-Stiftung hat das zwei Ursachen: Die Leistungen, die Jobsuchende in Deutschland zu Beginn ihrer Arbeitslosigkeit erhalten, sind im Vergleich zum Ausland niedrig. Und sie haben nur kurz Anspruch auf Arbeitslosengeld I. In Frankreich und den Niederlanden erhalten Erwerbslose fast doppelt so lange Arbeitslosengeld, in Dänemark sogar fast viermal so lang.

Die Hartz-IV-Sätze liegen für die meisten Bezieher unter dem Niveau der Armutsgrenze. Wer in den vergangenen Jahren keinen Job gefunden und auch jetzt vom Aufschwung des Arbeitsmarktes nicht profitiert hat, entkommt der Armut kaum. Weil die prekäre Beschäftigung mit geringen Löhnen in Deutschland auf dem Vormarsch ist, fällt auch das Arbeitslosengeld immer geringer aus.

Nun zeichnet sich in den Krisenländern eine ähnliche Entwicklung ab: Unter dem Druck der Rezession beschneidet die Politik Arbeitnehmerrechte: In Griechenland hat die Regierung Mindestlohn und Arbeitslosenhilfe gekappt und das Rentenalter hochgesetzt. In Portugal, Italien und Spanien dürfen die Löhne gesenkt werden. Um nur einige Beispiele zu nennen. Bei den Reformen gilt dabei als Vorbild: Die Agenda 2010.

...


Aus: "Armutsrisiko in Deutschland am größten" Daniel Baumann (16. Oktober 2012)
Quelle: http://www.fr-online.de/arbeit---soziales/arbeitslosen-droht-armut-armutsrisiko-in-deutschland-am-groessten,1473632,20611576

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Quote[...] Bremen. 48 Prozent der Ausländer und 40 Prozent der Menschen mit familiärem Migrationshintergrund leben in Bremen mit dem Risiko der Einkommensarmut. Überdurchschnittlich viele von ihnen sind im Niedriglohnsektor und in sogenannten Mini-Jobs beschäftigt. Das geht aus dem diesjährigen Bericht zur sozialen Lage der Arbeitnehmerkammer hervor.

Jedes Jahr setzt die Einrichtung bei ihrem Bericht einen Schwerpunkt, 2012 richtet sie ihr Augenmerk auf die Situation von Menschen mit Migrationshintergrund. Mehr als 170 Seiten stark ist der Bericht mit Statistiken, Befunden und Analysen rund um das Thema Migration.

,,Dabei sind Migranten keine Problemgruppe, sondern eine Bereicherung für unsere Gesellschaft", betonte Ingo Schierenbeck, Hauptgeschäftsführer der Arbeitnehmerkammer, bei der Vorstellung des Berichts. Auch sind es nicht grundsätzlich ein niedrigerer Bildungsabschluss oder eine fehlende Qualifikation, die Menschen mit Migrationshintergrund den Zugang zum Arbeitsmarkt erschweren. In anderen Ländern erworbene Bildungs- und Berufsabschlüsse müssten hierzulande leichter und schneller anerkannt werden, so Schierenbeck.

Deshalb hat die Arbeitnehmerkammer in Zusammenarbeit mit dem Senator für Arbeit und der Handelskammer Beratungsstellen für Migranten als Anlaufstellen auf den Weg gebracht. In der Kammer können Interessierte sich bereits über Anerkennungsverfahren beraten lassen. Ein Großteil der Arbeitsplätze – auch das hat die Studie der Kammer ergeben – werde zudem über Kontakte vermittelt. ,,Dazu fehlt Migranten meistens der Zugang", sagte Schierenbeck.

Insgesamt  bleibt die Armutsgefährdung in Bremen hoch. Laut Thomas Schwarzer, Referent für kommunale Sozialpolitik, ,,ist die Armutsentwicklung in Bremen negativ". So hat Bremen vor Mecklenburg-Vorpommern in der Statistik den ersten Platz inne. Die Kinderarmut, ebenfalls ein großes Thema in Bremen, stabilisiere sich ,,auf hohem Niveau".


Aus: "Hohes Armutsrisiko für Migranten" (15.10.2012)
Quelle: http://www.weser-kurier.de/bremen/wirtschaft2_artikel,-Hohes-Armutsrisiko-fuer-Migranten-_arid,398251.html

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Quote[...] Süddeutsche.de: Wie stehen die Chancen für Studenten, die derzeit eine Wohnung in München suchen?

Sigrid Meyer: Der private Wohnungsmarkt ist mittlerweile für Studenten unbezahlbar. Bei den wenigsten ist im Elternhaus so viel Geld da, dass den Kindern ein Zimmer in München bezahlt werden kann. Da heißt es für die Studenten: Arbeiten gehen. Das geht auf Kosten des Studiums, die Abschlüsse verzögern sich.

Wie ist die Situation bei Ihnen im Maßmann-Wohnheim?

Ich war eine Woche im Urlaub und habe in der Zeit 200 Anfragen bekommen. Durchschnittlich sind es dieses Jahr 30 Anfragen pro Woche mehr als noch im Vorjahr. Ich habe aber kein einziges Zimmer mehr frei. Die Münchner Unis boomen. Dadurch bekommen die Hochschulen natürlich auch mehr Studiengebühren. Dann müssten sie sich aber auch darum kümmern, dass die jungen Leute untergebracht werden. Ich weiß wirklich nicht, was die sich dabei denken.

Was hat sich im Vergleich zum Vorjahr verändert?

Nicht einmal letztes Jahr, als es den doppelten Abitur-Jahrgang gab, war die Situation so schlimm wie jetzt. Die Universitäten in München holen immer mehr Erasmus-Studenten beispielsweise aus Portugal, aus der Türkei oder aus Spanien und die bekommen oft erst auf den letzten Drücker ihre Zusagen. Dann gibt es hier natürlich keine freien Zimmer mehr. Oft kommen die Studenten direkt ins Maßmann-Wohnheim und es bricht mir fast das Herz, weil die völlig fassungslos sind. Die bekommen dann ganz feuchte Augen. Ich finde das fürchterlich.

Welchen Marathon haben die Studenten hinter sich?

Viele wohnen seit Wochen bei Freunden oder Bekannten auf dem Fußboden. Es gibt ja nicht einmal mehr freie Notunterkünfte. Die Studenten, die bisher persönlich ins Maßmann-Wohnheim gekommen sind, haben wirklich alles Erdenkliche probiert. Wir sind oft ihre letzte Hoffnung - und müssen sie leider enttäuschen.

Welche Studenten haben es besonders schwer?

Die ausländischen Studenten, vor allem die aus muslimischen Ländern. Sie werden bei der Vermietung von Privatzimmern schon gleich gar nicht genommen, sie kämpfen mit Vorurteilen. Deren Familien haben außerdem nicht die finanziellen Möglichkeiten wie deutsche Eltern. Wenn sie in München im Hotel wohnen müssen, dann ist das Geld, das sie von Zuhause mitbekommen, ganz schnell aufgebraucht. Wenn sie dann immer noch nichts finden, dann müssen sie wieder nach Hause fahren.

Was raten Sie den Studenten, die zu Ihnen kommen?

Das Studentenwerk hat ja überhaupt keine Unterkünfte mehr, ich schicke die deshalb schon zu den evangelischen und katholischen Hochschulgemeinden und hoffe, dass sie da Hilfe bekommen. Aber ich fürchte, dass das auch nichts bringt. Ich weiß gar nicht mehr, was ich den Studenten sagen soll. Ich habe selbst schon Informationen gesammelt und Stellen ausfindig gemacht, an denen sie es noch versuchen können, beispielsweise Privatadressen. Aber auch das nützt jetzt nichts mehr. Es ist alles belegt.

Was müssten die Stadt und die Universitäten tun, um die Situation der Studenten zu entschärfen?

Mehr private Wohnungseigentümer sollen ihre Wohnungen zu vernünftigen Preisen auch an Studenten vermieten. Und dann sollten die Zusagen der Unis an ausländische Studenten viel früher verschickt werden. Das wirft doch sonst ein ganz schlechtes Licht auf München. Stadt und Uni müssen kreativ sein und Studenten beispielsweise in ehemaligen Kasernen unterbringen - wenigstens vorübergehend.

Quoteraly, 17.10.2012

Da koennen die Leute froh sein, dass sie nicht in London studieren...



Aus: "Wohnungsnot der Studenten "Seit Wochen auf dem Fußboden"" Interview: Deniz Aykanat (17.10.2012)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/muenchen/wohnungsnot-der-studenten-seit-wochen-auf-dem-fussboden-1.1497711


Textaris(txt*bot)

#179
Quote[...] Ist Deutschland ein reiches Land? Gemessen an der Wirtschaftsleistung stimmt das sicher. Doch neue Zahlen des Statistischen Bundesamtes lassen Zweifel aufkommen, ob der Begriff überhaupt noch angemessen ist: Danach ist jeder fünfte Deutsche (19,9 Prozent) von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen. Das sind immerhin 16 Millionen Menschen. Diese Daten aus der Erhebung ,,Leben in Europa 2011" veröffentlichten die Wiesbadener Statistiker am Dienstag. Gegenüber 2010 stieg die Zahl der armen Menschen damit leicht an. Damals betrug der Anteil 19,7 Prozent.

...


Aus: "Gefühlte Armut trifft jeden Fünften" Von Timot Szent-Ivanyi (23.10.2012)
Quelle: http://www.berliner-zeitung.de/politik/eu-bericht-gefuehlte-armut-trifft-jeden-fuenften,10808018,20694870.html

-.-

Quote[...] Etwa jeder fünfte Deutsche war im vergangenen Jahr von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen. Das geht aus der Erhebung Leben in Europa 2011 hervor, die das Statistische Bundesamt in Wiesbaden veröffentlichte. Demnach waren 19,9 Prozent der Bevölkerung oder 16 Millionen Menschen in Deutschland aus finanziellen Gründen nicht in der Lage, ihre laufenden Rechnungen zu begleichen, mindestens jeden zweiten Tag eine vollwertige Mahlzeit einzunehmen, in den Urlaub zu fahren oder sich einen Pkw leisten.

Frauen waren mit einer Quote von 21,3 Prozent im Jahr 2011 häufiger von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen als Männer (18,5 Prozent). Während die unter 18-Jährigen mit einer Quote von 19,9 Prozent dem Bundesdurchschnitt entsprachen, waren ältere Menschen ab 65 Jahren seltener (15,3 Prozent) und Personen zwischen 18 und 64 Jahren häufiger (21,3 Prozent) betroffen.

Nach einer Definition der EU ist Armut oder soziale Ausgrenzung gegeben, wenn bei den befragten Haushalten eines oder mehrere der drei Kriterien "Armutsgefährdung", "erhebliche materielle Entbehrung" oder "Haushalt mit sehr geringer Erwerbsbeteiligung" vorliegen.

Quote
   deutscherinparis
   23.10.2012 um 12:15 Uhr

Lebensnotwendiger PKW?

"jeden zweiten Tag eine vollwertige Mahlzeit einzunehmen...oder sich einen Pkw leisten"
Ich finde es erstaunlich, dass der PKW auf eine Stufe mit der vollwertigen Mahlzeit gestellt wird.


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   r.schewietzek
   23.10.2012 um 13:21 Uhr

... Sehr viele Menschen sind nun einmal aufs Auto angewiesen, um zur Arbeit zu fahren; nicht jeder wohnt an einer Bahnstrecke.
Ich selber habe auch kein Auto, wohne aber in einer Stadt mit sehr gutem öffentlichen Nahverkehr, rund um meine Wohnung sind 4 Bushaltestellen. Das ist aber nicht bei jedem so, vor allem dann nicht, wenn man vielleicht das Pech hat, auf dem flachen Land zu leben, wo die Bahnstrecke stillgelegt wurde und der Busverkehr auf 3x täglich eingeschränkt wurde (und das gibt es öfters, als Sie denken). Da ist dann ein Auto unverzichtbar - und wir reden ja hier nicht von Rolls-Royce, sondern von einem ganz normalen, fahrtüchtigen Auto (Golf oder Kleinwagen).


Quote
   Suryo
   23.10.2012 um 12:07 Uhr

Bitte um Erklärung

"...mindestens jeden zweiten Tag eine vollwertige Mahlzeit einzunehmen"

Ich verstehe das einfach nicht. Ich habe als Student zuletzt 550 Euro im Monat von den Eltern gehabt, keinen Job dazu. Damit habe ich Miete bezahlt, warm 300 Euro. Mit den dann noch bleibenden 250 Euro konnte ich mir jeden Tag eine vollwertige Mahlzeit leisten - außerdem Handy, Internet und auch mal das eine oder andere Bier.

Bevor es jetzt wieder losgeht: ja, ich weiß, daß das Studentendasein nicht recht mit Langzeitarbeitslosigkeit und Altersarmut vergleichbar ist - aber eben nur rein psychologisch.

Auf dem Kassenzettel sind 15 Euro nun mal 15 Euro, egal, ob ich Student mit guten Berufsaussichten bin oder seit 10 Jahren arbeitslos.

Wie also kann es sein, daß angebliche 16 Millionen Menschen sich "keine tägliche vollwertige Mahlzeit" leisten können? Wie? Das ist nicht mal eine rhetorische Frage, ich verstehe es tatsächlich nicht.


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   namevergeben
   23.10.2012 um 12:42 Uhr

37. Lebenskosten

"Wie also kann es sein, daß angebliche 16 Millionen Menschen sich "keine tägliche vollwertige Mahlzeit" leisten können? Wie? Das ist nicht mal eine rhetorische Frage, ich verstehe es tatsächlich nicht." Suryo

Weil sie vieleicht nicht in einer Billigwohngegend leben
Weil sie vieleicht krank sind und Medikamente zahlen müssen
Weil sie vieleicht Kinder haben
Weil sie vieleicht Versicherungen zahlen und nicht mehr bei Papa mitversichert sind
Weil sie vieleicht Schulden haben (Eigenschuld oder nicht)
Weil sie vieleicht ausgebeutet werden
Weil sie vieleicht vom AA in die Selbständigkeit getrieben wurden
Weil sie vieleicht das benötigte Auto(Arbeit) finanzieren müssen
Weil sie vieleicht kein Student sind, der sich von seinen Eltern aushalten lassen kann

Als Student sollte man genug Fantasie haben, um Gründe zu finden.


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   MrWho
   23.10.2012 um 12:14 Uhr

Bei solchem Armutsbegriff gehts uns zu gut

"aus finanziellen Gründen nicht in der Lage, ihre laufenden Rechnungen zu begleichen, mindestens jeden zweiten Tag eine vollwertige Mahlzeit einzunehmen, in den Urlaub zu fahren oder sich einen Pkw leisten"

Armut und fehlende Liquidität sind nicht ganz dasselbe.

In Deutschland kann jeder vom Sozialstaat Abhängige sich täglich eine vollwertige Mahlzeit kaufen (lassen im Falle von Kindern). Ob er das tut, ist eine andere Frage. Gesunde Ernährung ist nicht teuer, und wer Geld bekommt, muss es auch richtig einsetzen. Also nicht für Zigaretten.

Arm sind eher jene, die nicht zum Amt gehen können (z.B. illegale Einwanderer) und die deshalb die Jobs annehmen müssen, für welche sich das Opfer von Sozialstaat und eigenen Ansprüchen zu schade ist.

Ob Urlaub oder PKW wirklich zum Armutsbegriff oder sozialer Ausgrenzung zählen? Ich fühle mich ohne PKW weder arm noch irgendwie nicht dazugehörig. Erholen kann man sich auch gut in Balkonien, oder an den Rhein setzen mit einem Bierchen.


Quote
   siar
   23.10.2012 um 12:51 Uhr

Sie haben vergessen zu erwähnen, dass Sie natürlich auch noch mindestens 20 € monatlich sparen.
Und wenn Sie am Wochenende zu Mami und Papi fahren, wird Ihnen sicherlich die Wäsche gewaschen und ein Fresspaket gepackt. Von Geldgeschenken zu Weihnachten und zum Geburtstag oder von der Omi mal was zugesteckt bekommen, wollen wir nicht anfangen. So kenne ich das von meinem Sohn.
Die Armen haben aber niemanden der denen mal so eben einen Fünfziger zusteckt und wehe man hat eine chronische Krankheit.
Machen sie sich doch mal nützlich und nehmen ein Ehrenamt an, vielleicht lernen Sie dann die bittere Realität kennen.
Ich betreue ehemalige Obdachlose, was manchmal an die eigene Sustanz geht.


Quote
   Student_1
   23.10.2012 um 12:51 Uhr

"Erhebliche materielle Entbehrung" im globalen Kontext

Klar gibt es in Deutschland einen sehr krassen Unterschied zwischen Arm und Reich, was ich nicht bestreiten mag.
Dennoch ist das Leben als "Armer" in Deutschland zum Glueck noch nicht so drastisch, wie in anderen Laendern.

Die Frage ist doch, was stellt fuer einen Deutschen eine erhebliche materielle Entbehrung im Vergleich zu einer Person aus einem Land der dritten Welt dar...


Quote
   siar
   23.10.2012 um 12:56 Uhr

Es ist so vorhersehbar, dass immer das Argument der Armen aus der 3.Welt kommen.
Sind die Mittelständler denn auch bereit für die Hungerlöhne in Bangladesh oder Somalia zu arbeiten?
Es ist schwer in einem armen Land arm zu sein, aber in einem reichen Land arm zu sein ist ungleich schwerer, denn hier wird Armut fast immer mit völliger Unfähigkeit gleichgesetzt.


Quote
   Ad Absurdum
   23.10.2012 um 12:50 Uhr

deutschland ist eines der reichsten industrieländer, deswegen finde ich diese art der argumentation entbehrlich. reich sind in deutschland wohl hauptsächlich eine handvoll leute - die sind dafür richtig reich.


Quote
   Suryo
   23.10.2012 um 12:56 Uhr

Mag sein, aber ich ahbe 900 Kilometer von zu Hause entfernt studiert, mit Wäsche bei Mama war da nix. Und auf Geldgeschenke kann man sich nicht verlassen. Wie gesagt, ich bin mir der Tatsache bewußt, daß es zwischen Studenten und ALG-II-Empfängern Unterschiede gibt.

Aber, zum wiederholten Male: es geht mir schlicht um die angeblich nicht zu bewerkstelligende vollwertige Mahlzeit, um gar nichts anderes. Auto konnte ich mir natürlich auch nicht leisten, Reisen auch nicht. Ich glaube einfach nicht, daß in Deutschland Menschen durch ihre Einkommensverhältnisse GEZWUNGEN sind, zu HUNGERN, Obdachlose vielleicht ausgenommen.


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   lxththf
   23.10.2012 um 13:03 Uhr

Weil Sie ein familiäres Sicherungsnetz nutzen konnten, welches anderen Menschen nicht zur Verfügung steht.
Armut hat viele Gesichter. Ich unterstützte eine Aktion in einer ostdeutschen Großstadt, welche ähnlich wie die Tafel funktionierte und sah da Menschen, die es halt leider einfach im Leben aus verschiedensten Gründen nicht hinbekommen haben und wenn man die Armut in diesem Maße direkt gesehen hat, dann verkneift man sich das leichte "von oben" herab Gerede.
Es geht doch damit weiter, dass die Bildungschancen geringer sind, so dass soziale Benachteiligung schon im Kindesalter entsteht, wenn z.B. die Eltern nicht bei den Hausaufgaben helfen können, Kinder sozial isoliert werden, weil sie als arm gelten.
Armut ist ein reales Problem und wenn man ein bisschen die Augen offen hält und durch die Straßen der Stadt geht, findet man sie an vielen Ecken.
Hier sei mal auf ein Projekt hingewiesen: http://www.restaurant-des-herzens.de/


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   digit.a.
   23.10.2012 um 13:09 Uhr

Und das Hinvegetieren...

.. bedeutet übrigens, dass zukünftigen Studenten/Auszubildenden von Mami und Papi keine finanzielle Unterstützung mehr bekommen werden.

Also, allein "vollwertige Mahlzeiten" taugen nicht als finanzieller Lebensentwurf für ganze Familien. Und schon gar nicht über Jahrzehnte hinweg betrachtet.

Die "absolute Armutdefinition" (1 US Dollar/Tag) ist für ein Erste-Welt-Land schlicht und ergreifend nicht angebracht.

(Off topic: Und hoffentlich wird es einmal eine Zeit geben, in der diese absolute Definition auch in anderen Teieln der Welt überflüssig und durch eine "relative" Begrifflichkeit ersetzt werden kann.)


Quote
   Suryo
   23.10.2012 um 13:10 Uhr

Nochmal: es geht mir nur um das Essen

Daß es in Wien teurer ist als "in irgendeinem Kaff", weiß man vorher, das ist eine eigenverantwortliche Entscheidung. Dann muß man eben auf das Leben in der teuren Großstadt verzichten. Gerade kleinere Unistädte bieten extrem viel.

Ach ja: auch ich habe teure Lernmittel anschaffen müssen. Auch das wußte ich vorher.

Bisher hat mir immer noch niemand erklären können, warum einige mit 15 Euro pro Woche jeden Tag eine vollwertige Mahlzeit essen können, und Menschen, die theoretisch 32 Euro pro Woche dafür haben, das angeblich partout nicht können.


Quote

   siar
   23.10.2012 um 13:06 Uhr

Zum wiederholten Male - Sie haben von der Realität außerhalb Ihres sozialen Umfeldes keine Ahnung.
Wenn Sie glauben wollen, gehen Sie in die Kirche. Wenn Sie die Realität sehen wollen, gehen Sie zu den Tafeln, reden Sie mal mit Betroffenen und bilden Sie sich Ihre Meinung nicht nur aus der Distanz Ihres Zimmerchen im Elfenbeinturm.


Quote
   nina_glyndwr
   23.10.2012 um 13:13 Uhr

Ein paar Punkte.

1. Was ist so schlecht am einfachen Kost wie Linsensuppe? Habe ich letzte Woche für mich gemacht. Spottbillig, gesund, und ich hatte Essen für 4 Tage. Mir macht es nichts aus, das gleiche über 3 oder 4 Tage zu essen. Diese Woche gibt es Hackbraten.

2. Das Problem ist, dass Leute oft nicht kochen und Mahlzeiten planen können.

3. Alleinstehende Leute sollten ernst darüber nachdenken, ob sie nicht zusammenziehen sollten. Nur ein Badezimmer oder ein Wohnzimmer muss man dann heizen. Nur einmal für einen Fernseher GEZ beazahlen. Dann ist man natürlich auch nicht so einsam.


Quote
   Suryo
   23.10.2012 um 13:14 Uhr

Tafeln

Höhöhö, ich arbeite ehrenamtlich bei einer Tafel. Die ist gleich neben einem Sozialkaufhaus. Soviel zu Ihrem Kampfbild vom verwöhnten Studentchen, das keine Ahnung von der Wirklichkeit hat.

Und wenn sie mal bei einer Tafel arbeiten würden, dann würde Ihr sozialromantisches Bild von den hungernden Kindern sofort zusammenbrechen. Die, die wirklich mal Nahrungsmittelspenden nötig hätten, gehen nämlich aus Stolz nicht hin: alte, alleinstehende Frauen, die nie gearbeitet haben, und Obdachlose. Das sind zwei Gruppen, denen ich "Armut" wirklich zugestehen will. Stattdessen sehen wir hier aber wöchentlich dieselben Familien, die hier ihren "Wocheneinkauf" machen, Stiegen voller Mangos (im Laden 1,50 Euro pro Stück) draußen wegwerfen, und sich aufregen, wenn es keinen eingeschweißten Kuchen oder keinen Schinken unter den Spenden gibt.


Quote
   lxththf
   23.10.2012 um 13:17 Uhr

Wenn Sie einen Partner hätten und mit diesem ein Kind und das während des Studiums ...
Ich glaub wir reden aneinander vorbei. Sie haben Recht, dass das Amt sicher vieles übernimmt, aber der Knackpunkt ist für mich, dass es leider auch viele Studenten gibt, die weit unter dem Existenzminimum leben und es keinen Sinn macht, Armut mit Armut zu vergleichen, zumal wenn das private soziale Sicherungsnetz wegfällt.
Sie haben 550€ bekommen. Es gibt genügend, die mit 400€ auskommen müssen und dann? Dann wird es eben manchmal eng mit einer warmen Mahlzeit. Ich kenne genügend Menschen die sich Monatelang von Dosensuppen ernähren mussten und täglich Leitungswasser trinken mussten, weil sie sonst die Rechnungen nicht bezahlen konnten (Semesterbeiträge kommen ja noch mit dazu).
Und dennoch sollte man eben nicht den Fehler machen und die Augen vor Armut verschließen, denn gerade Familien, die z.B. vorher etwas gebaut hatten, oder ein Auto auf Raten gekauft hatten und dann ihren Job verloren haben, rutschten oft in die Armut ab, denn dann muss von dem Geld vom Amt auch noch Kredite getilgt werden.
Die Beispiele sind vielfältig und es macht keinen Sinn, diese gegeneinander aufzurechnen und zu fragen, wer schlimmer dran ist.
Wir sind uns doch am Ende sicher einig, dass zum Beispiel mit dem Ausbau des Niedriglohnsektors definitv kein individueller Wohlstand geschaffen wird, sondern nur Arbeitslosenzahlen beschönigt werden.


Quote
   faltanhuchs
   23.10.2012 um 13:18 Uhr

Ich verstehe es nicht...

Eine vierköpfige Familie mit zwei Kindern unter 14 Jahren gilt demnach als arm, wenn sie ca 2000€ oder weniger Netto im Monat haben....
(Quelle: http://www.amtliche-sozia... da und und durchklicken...1. Erwachsener ca 950, 2. über 14 0,5*950, 2 Kinder macht 0,6*950)

Wir (Familie, 2 Erw., 2Kleinkinder) leben jetzt kurz nach dem Studium von im Moment weniger als 1700€ netto alle zusammen. Wir essen gut, gesund (und oft auch bio, aber anderes Thema), kaufen uns ab und zu neue Sachen (Bücher, Klamotten - Kinder wachsen nunmal..., hier mal ne neue Lampe, da mal Stoff (zum nähen), da dies...), Essen gehen wir auch ab und zu, Konzerte ebenso und sind ca. einmal im Monat mind. für ein Wochenende unterwegs. Und trotzdem kommen wir im Jahr gerechnet eher mit nem kleinen Plus heraus. Was wir nicht haben: Smartphones und überteuerte Tarife, überdimensionierter Flachbildfernseher, den neusten Laptop, die neuste Spielkonsole für unterwegs. Nunja, auf große Reisen müssen wir verzichten, aber mich stört das nicht, meine Frau da schon eher.
Zwei Aussagen möchte ich damit begründen:

Wir wissen, viel Geld haben wir nicht. Aber: Arm sind wir nicht.

Viele sollten ihre Anspruchshaltung mal überdenken.

...


Quote
   Vote Saxon
   23.10.2012 um 13:19 Uhr

Jedes Jahr...

... so hab ich das Gefühl, kommen die Einschläge näher. Jahr für Jahr gibt es solche Berichte und Statistiken, und mehr und mehr betreffen sie auch mich. Nicht dass ich arm wäre - so arm wie ein Bauer in Afrika schon mal gar nicht - ich gehöre zum Mittelstand. Aber es fühlt sich so an, als würde dieser langsam aufgelöst. Jahr für Jahr arbeite ich mehr, um letztendlich weniger zu haben. Die vollwertige Mahlzeit ist davon nicht betroffen und noch steht das, für die Arbeit wichtige, Auto vor der Tür. Aber wenn eines meiner Kinder wieder auf Klassenfahrt will, oder einfach ein paar neue Sportschuhe braucht, muss ich schon überlegen, wie ich das schaffe. Noch sind das alles Luxusprobleme im Vergleich zu einer Hartz4 Familie, ich hoffe nur, dass das wenigstens noch so lange hält, bis die Kinder ihre eigenen Wege gehen.


Quote
   LaSilas
   23.10.2012 um 13:27 Uhr

Armutsromantik in der Konsumwelt

Überschwemmt von Werbung über Überflüssiges, das sich alle kaufen sollen, gewinnt die Vorstellung des asketischen Lebens wieder an Romantik. Es ist wohl auch Abneigung gegen den Konsumwahn.

Man hat die Welt bereist und fand auch die Armut irgendwie beschaulich, und meint, "bei uns" sollen die Armen doch dankbar sein, dass sie nicht verhungern. Sie sollen sich mit obdachlosen Indern vergleichen, die sie zwar mangels Geld nicht selbst besichtigen können, um sich besser zu fühlen - doch dafür ist das Fernsehen zuständig.

Die Kapitalisten freuen sich über Armut, denn sonst wären sie ja nichts Besonderes. So verlangen sie immer mehr Opfer von der Allgemeinheit, denn es gibt ja immer viel Ärmere im Ausland. Wenn es die nicht gäbe, könnte man auch die Arbeiter dort nicht ausnutzen. Das Spiel mit der Globalisierung, die nur Erpressung bedeutet, käme ans Ende.

Es brauchte keinen Krieg für die Masse der neuen Armen ohne Zukunftsaussichten. Wie Franziskaner sind nun viele stolz, mit wenig sie auskommen. Jeden Tag Kartoffeln, und aus den Schalen kann man noch Suppe machen. Die Armen müssen sich gegenseitig kontrollieren, dass sie auch bescheiden sind.

Georg Simmel schrieb über die geldfixierte Gesellschaft, in der sich Geiz und Verschwendung sich gegenseitig bedingen:

"Die Verschwendung ist nach mehr als einer Richtung dem Geize verwandter, als die Entgegengesetztheit ihrer Erscheinungen zu verraten scheint."

Georg Simmel: Über Geiz, Verschwendung und Armut
ex: Ethische Kultur. Wochenschrift für sozial-ethische Reformen. 7.Jg. 1899; Heft 42 (21.10.) , S. 332-335; Heft 43 (28.10.) S. 340-341. | http://socio.ch/sim/verschiedenes/1899/geiz.htm


Quote
   perlenqwien
   23.10.2012 um 13:44 Uhr

Ich schätze mal, dass die Diskutanten hier nicht wirklich Not verspüren.
Dennoch bin ich (w.,53) ganz froh, dass ich in einer kinderreichen Familie nie Luxus gewöhnt war. Mit 17 Jahren habe ich das Nest verlassen und mit SEHR wenig Geld ausgestattet, habe ich wahrlich gelernt, mit wenig aus zu kommen. Im heutigen Leben muss ich nicht mehr extrem sparen, aber einmal für 4-6 Wochen/Jahr mache ich die Probe auf`s Exempel und versuche mit dem Hartz IV Satz zu leben. Resultat: Es geht, aber..........................
.............ich weiß eben genau, dass ich nicht muss!
Und das ist der Knackpunkt. Kino, Theater, Kneipe, Auto, Reparaturen, Reinigung, Schneiderei, Friseur etc.
=> alles gestrichen.
Als genügsamen Menschen macht mir das nix aus, aber es ist und bleibt freiwillig!
Und das macht den Qualitätsunterschied zu all jenen, die behaupten, es sei doch SO einfach.

...


Quote
   Waldi1966
   23.10.2012 um 13:37 Uhr

Zu undifferenziert
In meiner Nachbarschaft wohnt ein Ehepaar: sie war früher in einer Putzkolonne beschäftigt und kann jetzt krankheitshalber nicht mehr arbeiten; er hat - seit ich ihn kenne (18Jahre) - noch nie gearbeitet. Beide investieren massiv in die Tabakbranche - für die Zigaretten reicht das Geld auch immer. Gehört dieser Personenkreis dann auch zu denen, die sich arm fühlen ???
Solche Statistiken sollten, um echte Aussagekraft zu haben, doch etwas mehr differenziert werden.


Quote
   Moringa
   23.10.2012 um 13:47 Uhr

Bräsige Selbstgerechtigkeit
Unglaublich, welch bräsige Selbstgerechtigkeit und Selbstgefälligkeit sich hier austobt. Schier zu leugnen versucht, was doch offentsichtlich ist, wenn man mit geöffneten Augen durch die Städte läuft. Dazu braucht es keinen Armutsbericht.
Schön auch die Tipps und Weisheiten für ein noch günstigeres Dasein von denen, die nicht auf jeden Euro achten müssen.

Diese Gesellschaft fällt auseinander, wenn ein großer Teil der Bevölkerung an den Rand gedrängt wird und nur noch irgendwie 'überleben' kann.



Quotejenna
   23.10.2012 um 14:40 Uhr

166. Kriterien der EU-Definition für Armut

Nachdem sehr viele in den Kommentaren über einzelnen Aspekte (v.a. Urlaubsreise, Auto) diskutieren, noch mal folgendes zur Studie:

"Erhebliche materielle Entbehrung liegt nach der EU-Definition für EU-SILC dann vor, wenn aufgrund der Selbsteinschätzung des Haushalts mindestens vier der folgenden neun Kriterien erfüllt sind:
1. Finanzielles Problem, die Miete oder Rechnungen für Versorgungsleistungen rechtzeitig zu bezahlen.
2. Finanzielles Problem, die Wohnung angemessen heizen zu können.
3. Finanzielles Problem, unerwartete Ausgaben in einer bestimmten Höhe aus eigenen finanziellen Mitteln bestreiten zu können.
4. Finanzielles Problem, jeden zweiten Tag Fleisch, Fisch oder eine gleichwertige vegetarische Mahlzeit einnehmen zu können.
5. Finanzielles Problem, jährlich eine Woche Urlaub woanders als zu Hause zu verbringen.
6. Fehlen eines Pkw im Haushalt aus finanziellen Gründen.
7. Fehlen einer Waschmaschine im Haushalt aus finanziellen Gründen.
8. Fehlen eines Farbfernsehgeräts im Haushalt aus finanziellen Gründen.
9. Fehlen eines Telefons im Haushalt aus finanziellen Gründen."

Das bedeutet, dass es für die Studie nicht gereicht hat, das ein Kriterium erfüllt ist, sondern es müssen vier erfüllt sein.


Quote
   bonner
   23.10.2012 um 12:48 Uhr

... Wenn riesige Portionen gekocht werden und unmengen Zutaten bestellt werden, wird alles viel billiger. Das sollten Sie auch berechnen "Klüger" - Merkwürdigerweise haben die armrn, armen Kinder, die nie richtig was zu essen bekommen, weil kein Geld da ist, immer das neueste Handy und eine flat rate vom feinsten.

Noch etwas. Wenn manche Leute die Zeit, die sie mit Klagen verbringen, mit Weiterbildung verbringen würden, gäbe es auch bald keinen Grund zum klagen mehr.


Quote

   Klüger
   23.10.2012 um 15:01 Uhr

194. Ich wünschte ...

... Sie würden hier nicht einfach Ihre Vorurteile öffentlich Gassi führen.
Haben Sie keine Augen im Kopf, um zu sehen, was um Sie herum passiert?
Die armen alten Menschen, die im Müll wühlen - im reichen Deutschland?
Die vielen prekär Beschäftigten und gut ausgebildeten Menschen?
Die zunehmende Entsolidarisierung in Teilen der Gesellschaft?


Quote
   Demetrios I. Poliorketes
   23.10.2012 um 12:08 Uhr

Die Ergebnisse werden mal wieder völlig falsch dargestellt:

1. Die Presseerklärung von destatis spricht von "beispielsweise":

"Die Möglichkeiten der sozialen Teilhabe sind bei den Betroffenen sehr eingeschränkt: Sie können aus finanziellen Gründen heraus beispielsweise ihre laufenden Rechnungen nicht begleichen, nicht mindestens jeden zweiten Tag eine vollwertige Mahlzeit einnehmen, keine notwendigen Anschaffungen tätigen, sich keine Urlaubsreise oder keinen Pkw leisten (siehe methodische Erläuterungen)."

Wenn man das Wörtchen weglässt, entsteht ein falsches Bild.

2. Es werden Dinge als "Fakten" dargestellt, die aber auf einer ungeprüften Selbsteinschätzung beruhen:

"Erhebliche materielle Entbehrung liegt nach der EU-Definition für EU-SILC dann vor, wenn aufgrund der Selbsteinschätzung des Haushalts mindestens vier der folgenden neun Kriterien erfüllt sind:"

Da sind Untertreibungen oder Übertreibungen vorprogrammiert, vor allem wenn Transferlseitungen in Anspruch genommen werden.

...


QuoteRe: Die Ergebnisse werden mal wieder völlig falsch dargestellt:

Lieber Demetrios I. Poliorketes, danke für den Hinweis. Sie haben recht, da ist uns ein Fehler unterlaufen. Wir haben das korrigiert.

Schöne Grüße aus der Redaktion



Quote
   r.schewietzek
   23.10.2012 um 16:56 Uhr

275. Ich bin Jahrgang 55

und wir waren 'arm' - aber nicht so arm, daß wir hungern oder hätten frieren müssen. Wir hatten eine Sozialwohnung und mein Vater war Baggerführer - mit seinem Einkommen hat er fünf Menschen ernährt. Kleidung wurde selbstverständlich in der ganzen Nachbarschaft weitergegeben - da aber alle davon partizipierten und wir nichts anderes kannten, störte uns das nicht; ich habe mich immer schon zwei Jahre im voraus auf die Kleider der Nachbarstochter freuen können.
Wir hatten (trotz des Alleinverdienstes meines Vaters) ein Auto und wir haben mehrere Male Urlaub an der Nordsee machen können. Gastfreundschaft war bei uns ebenfalls groß angeschrieben - und die Gäste mit Bier und Wein zu bewirten, war normal. Es wurde auch öfters zum Essen eingeladen, bei Geburtstagen und Feiertagen war das selbstverständlich. Leitungswasser haben wir m.W. nie getrunken, aber Tee war üblich - und natürlich haben wir auf Klassenausflüge Stullen mitbekommen.
Klavierstunden waren nicht drin, aber die Mitgliedschaft im Sportverein durchaus.
Vergleiche ich die damalige Situation mit der heutigen, so zweifle ich, daß ein Niedriglöhner und Alleinverdiener das alles seiner Familie heute noch bieten könnte. Wie Sie schreiben, fehlt auch die Perspektive, das irgendwann zu können - und das macht den großen Unterschied zur damaligen Zeit aus. Alternativlose Armut als Lebensperspektive ist tatsächlich grausam; vermutlich können das jüngere Menschen nicht sehen, weil sie andere Zeiten nie gekannt haben.


...


Aus: "Jeder Fünfte Deutsche lebt in Armut" ZEIT ONLINE, dapd, tok (23.10.2012)
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2012-10/armut-deutschland

-.-


http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/16-millionen-deutsche-fuehlen-sich-arm-a-862815.html

Quote#12 Heute 09:20 von
denkpanzer
optional

   Das Geld ist da, es ist ein Verteilungsproblem. Und das muß die Gesellschaft lösen. Wenn wir das nicht schaffen können wir uns auf US Zustände einstellen; Menschen in Zeltstädten und Superreiche die Wahlkampf machen. ...

http://forum.spiegel.de/f22/statistik-16-millionen-deutsche-fuehlen-sich-arm-73755-2.html#post11195749


QuoteHeute 09:24 von
j.vantast
Differenzieren

   Es kommt ja nicht nur auf das Einkommen an. Heute kann man selbst mit einem bescheidenen Einkommen nicht mehr gut leben.
   Die exorbitant gestiegenen Lebenshaltungskosten machen es einem schwer. Mieten steigen, die Nebenkosten wachsen ins Uferlose, Benzin ist teuer wie nie.
   Wer vor ein paar Jahren noch von seinem Gehalt ganz gut leben konnte kann es heute einfach nicht mehr.
   Man kommt gerade noch so klar. Aber eine Reparatur vom Auto oder eine neue Waschmaschine? Da wird es verdammt brenzlig.
   Und dann soll man noch fürs Alter vorsorgen? Ja wovon denn?

   Obwohl ich einen guten Job habe, aber meine Lebensgefährtin krankheitsbedingt nun nur eine geringe Erwerbslosenrente bekommt, wird es einfach eng. Und es gibt jede Menge im Bekanntenkreis, denen es noch deutlich schlechter geht.
   Die hohen Ausgaben sind das Problem. Bei bereinigten Zahlen hätte ich vor einigen Jahren noch sehr gut leben können. ...

http://forum.spiegel.de/f22/statistik-16-millionen-deutsche-fuehlen-sich-arm-73755-2.html#post11195780


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Quote[...]  Ausgerechnet eines der reichsten Industrieländer der Welt und das wirtschaftliche Vorzeigeland Europas versagt in der Bekämpfung der Armut auf ganzer Linie.

Politiker der Regierungskoalition protestieren vehement gegen diese Schlussfolgerung. Der sozialpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Karl Schiewerling, verweist auf die Erfolge auf dem Arbeitsmarkt und bezweifelt, dass die Statistik die Armut in Deutschland angemessen erfasst: "Sie gibt ein Zerrbild der Realität wieder." Schiewerlings Kollege Heinrich Kolb (FDP) attestiert: "Es ist fraglich, ob man mit den Kriterien verschiedene Lebenswirklichkeiten in Deutschland wirklich abbildet."

Wird Deutschland von den Statistikern also regelrecht arm gerechnet? Erstaunlicherweise lässt eine genauere Betrachtung der Zahlen exakt diesen Schluss zu. Verantwortlich dafür ist eine Definition der EU. In allen Mitgliedstaaten wird die Statistik nach diesen einheitlichen Kriterien durchgeführt. Demnach gilt als von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen, auf den mindestens einer der drei folgenden Punkte zutrifft:

   Armutsgefährdungsquote: 15,8 Prozent der Deutschen verfügen über weniger als 60 Prozent des Netto-Durchschnittseinkommens und gelten damit als von Armut bedroht. In Deutschland liegt diese Grenze konkret bei 952 Euro im Monat für einen Single und bei 2000 Euro für eine Familie mit zwei Kindern unter 14 Jahren. Für die Armutsberichte etwa der Bundesregierung ist das der maßgebliche Faktor.
   Erhebliche materielle Entbehrung: 5,3 Prozent der Deutschen leben in Haushalten, in denen das Geld für grundlegende Dinge fehlt - konkret für mindestens vier der folgenden neun: Miete, Heizung, unerwartete Ausgaben, mindestens jeden zweiten Tag eine angemessene Mahlzeit, mindestens eine Woche Urlaub im Jahr außerhalb der eigenen vier Wände, Auto, Waschmaschine, Farbfernseher oder Telefon.
   Sehr geringe Erwerbsbeteiligung: Diese liegt vor, wenn die erwachsenen Mitglieder (bis 59 Jahre) eines Haushaltes zusammengerechnet weniger als 20 Prozent der möglichen Zeit einen Job haben. Bei einem Single ohne Kinder wäre dieses Kriterium erfüllt, wenn er weniger als 2,4 Monate im Jahr arbeitet. Bei einer Alleinverdienerin mit nichtberufstätigem Partner und zwei studierenden Kindern im Haushalt dagegen schon, wenn sie weniger als 9,6 Monate im Jahr beschäftigt ist.

Die Statistik nach EU-Kriterien krankt an einem entscheidenden Fehler: Sie betrachtet jeden Menschen als von Armut betroffen oder sozial ausgegrenzt, auf den auch nur einer der drei Indikatoren zutrifft. Das führt zu bizarren Verzerrungen ...

Quotesuboptimal
mockingbird85 heute, 18:01 Uhr
Wäre schön, wenn die offizielle Arbeitslosen-Statistik der BA genau so auseinander genommen würde - dann stellte sich heraus, dass wir in D doppelt so viele Arbeitslose haben als Monat für Monat "verkündet" wird. Jede Statistik ist eben nur so gut wie die Medien, die kritiklos übernehmen oder sich an Schwachpunkte heran machen ...

http://forum.spiegel.de/f22/zweifel-eu-statistik-so-wird-deutschland-arm-gerechnet-73807.html#post11199735


Quote1948-2008 heute, 18:10 Uhr
Die EU-Statistik mag nicht perfekt sein (welche Statistik wäre das schon ?), aber natürlich gibt es Armut in Deutschland, und nicht gerade wenig. Bei Deutschen genauso wie bei Ausländern. Die Zahl der tafeln spricht Bände: 1993 gab es gerade einmal eine Tafel, an der Essen an Bedürftige verteilt wurde, heute sind es fast 1.000 !

http://forum.spiegel.de/f22/zweifel-eu-statistik-so-wird-deutschland-arm-gerechnet-73807-2.html#post11199809


http://forum.spiegel.de/f22/zweifel-eu-statistik-so-wird-deutschland-arm-gerechnet-73807.html


Aus: "Zweifel an EU-Statistik - So wird Deutschland arm gerechnet" Von Florian Diekmann und Alexander Demling (23.10.2012)
http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/statistik-zu-armut-und-sozialer-ausgrenzung-verzerrt-die-wirklichkeit-a-862962.html

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Quote[...] Eigentlich hatte die Europäische Union vor, mit erweiterten Kriterien zur Bestimmung von Armut und sozialer Ausgrenzung die Fortschritte in den Mitgliedsstaaten zu messen. Daraus ist allerdings nichts geworden. Vor allem im Falle Deutschlands können nun nämlich die Rückschritte besichtigt werden. Galten 2005 noch 18,4 Prozent der Bevölkerung als arm, sind es mittlerweile fast 20 Prozent. Die Armen werden ärmer, die Reichen immer reicher. So platt das klingt, es stimmt leider. Das zeigen auch die jüngsten Zahlen der Statistiker.

Dabei sind die nun veröffentlichten Zahlen sehr glaubwürdig. Denn die EU verwendet einen relativ umfassenden Armutsbegriff, der nicht nur das Einkommen betrachtet, sondern zum Beispiel auch die Beschäftigungssituation berücksichtigt. Und zusätzlich werden die Betroffenen gefragt, ob sie sich zum Beispiel wenigstens einmal im Jahr für eine Woche einen Urlaub woanders als zu Hause leisten oder ihre Wohnung richtig heizen können. Keine Frage, wer dafür nicht genügend Geld hat, ist arm.

Deutschland gilt wegen seiner hohen Wirtschaftsleistung als reich. Doch der Reichtum eines Landes darf nicht allein daran gemessen werden. Es muss vor allem darum gehen, ob die Chancen zur Teilhabe an diesem Reichtum gerecht verteilt sind. Wenn jedoch 16 Millionen Menschen davon ausgeschlossen sind, dann ist das für Deutschland ein Armutszeugnis.


Aus: "Armutszeugnis für ein reiches Land" Von Timot Szent-Ivanyi (23.10.2012)
Quelle: http://www.berliner-zeitung.de/meinung/kommentar-armutszeugnis--fuer-ein-reiches-land,10808020,20694258.html

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Pressemitteilung Nr. 369 vom 23.10.2012: Jede/r Fünfte in Deutsch­land von Ar­mut oder sozi­aler Aus­gren­zung betrof­fen
WIESBADEN – Etwa jede/r Fünfte (19,9 %) in Deutschland – das sind rund 16 Millionen Menschen – war 2011 von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen (2010: 19,7 %).Dieser Indikator ist neben der Armutsgefährdungsquote ein weiteres wichtiges Ergebnis der Erhebung LEBEN IN EUROPA 2011, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt. ...
https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2012/10/PD12_369_634.html;jsessionid=218DF908B99D4862EC7B2EDDFF819B3D.cae1


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Sie träumen von einem besseren Leben, von einer Zukunft für ihre Kinder: Zehntausende Roma sind in den vergangenen Jahren nach Deutschland gekommen, weil sie Armut und Ausgrenzung in ihren Heimatländern entrinnen wollen. Doch der Flüchtlingsstrom sorgt für erhebliche Probleme. ...

... Als EU-Bürger dürfen sich Rumänen und Bulgaren zwar ganz legal in der Bundesrepublik aufhalten, doch normal zu arbeiten ist ihnen verboten. Übrig bleiben meist Jobs als Tagelöhner, für drei, vier Euro die Stunde bieten sich die Männer am Straßenrand als selbständige Bauhelfer an, viele Frauen müssen sich prostituieren. Allerdings bekommen die Familien Kindergeld, Radu und Ilena kassieren demnächst für ihre Nachkommen 773 Euro im Monat, als Kranführer in Rumänien verdiente der 39-Jährige im selben Zeitraum etwa 110 Euro.

Es ist das Wohlstandsgefälle in der Europäischen Union, das diejenigen in die Ferne treibt, die in ihren Heimatländern ohnehin kaum noch etwas zu verlieren haben. Viele der Zuwanderer sind Analphabeten, auf dem deutschen Arbeitsmarkt werden sie kaum eine Chance haben, dennoch träumen sie von einem besseren Leben in der neuen Heimat. Ein Bekannter habe ihn angerufen, sagt Radu, und ihm erzählt, dass es in Deutschland viele Jobs gebe, "gute Arbeit". Seine Kinder könnten zur Schule gehen und hätten vielleicht eine Zukunft.

Von "Armutswanderung" spricht daher der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD). "Gerade die Roma in Rumänien und Bulgarien leben in ihren Heimatländern in derart erbärmlichen Zuständen, dass sie den Weg nach Deutschland suchen", sagte Jäger SPIEGEL ONLINE. Der Bund und die Europäische Union müssten endlich dafür sorgen, dass sich die Lebensverhältnisse der Roma in ihren Herkunftsländern verbesserten. Es müsse Druck gemacht werden, "damit die Diskriminierung von Minderheiten aufhört".

Zugleich sorgt aber auch eine gestiegene Zahl von Asylbewerbern für überfüllte Aufnahmestellen in Nordrhein-Westfalen. Vor allem Roma aus Serbien und Mazedonien kommen nun verstärkt nach Deutschland, was einige konservative Politiker mit den kürzlich erhöhten Leistungen für Flüchtlinge erklären wollen. Allerdings haben diese Menschen im Unterschied zu den EU-Bürgern aus Rumänen und Bulgarien wenig Aussicht, langfristig in der Bundesrepublik bleiben zu können. Ihnen droht die baldige Abschiebung.

Doch mit den Zuwanderern - denjenigen, die zwar bleiben, aber absurderweise nicht arbeiten dürfen - wächst offenbar auch die Kriminalität. Die Duisburger Polizei kennt ein Haus in der Charlottenstraße, in dem ganze Banden von Kindern hausen, die tagtäglich zum Stehlen ausgeschickt werden. Laut Innenministerium ist auch die Zahl von Wohnungseinbrüchen und Diebstählen an Geldautomaten zuletzt stark gestiegen, was die Behörde vor allem auf südosteuropäische Banden zurückführt. "Wir nehmen das sehr ernst", sagt Minister Jäger, "aber es ist ein Irrtum zu glauben, dass dieses Problem alleine mit der Polizei zu lösen ist."

...


Aus: "Zuwanderung in NRW Der Roma-Treck" Von Jörg Diehl, Duisburg (23.10.2012)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/roma-in-duisburg-zuwanderer-aus-rumaenien-in-nrw-a-862059.html


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Quote[...] Für immer weniger Arbeitnehmer in Deutschland gelten Tarifverträge. Viele Arbeitgeber haben sich aus der Tarifbindung verabschiedet und auch der gewerkschaftliche Organisationsgrad in den Betrieben geht seit langem zurück. Zugleich wird von der Allgemeinverbindlichkeitserklärung (AVE), mit der geltende Tarifverträge auf ganze Branchen ausgeweitet werden können, immer seltener Gebrauch gemacht.

Insofern könne von einer allgemeinen Erosion des deutschen Tarifsystems gesprochen werden, befindet das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung in einer Studie, die am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde

Die WSI-Tarifexperten Reinhard Bispink und Thorsten Schulten schildern darin den Niedergang der Tarifbindung in den vergangenen 15 Jahren: In den westlichen Bundesländern wurden 2011 nur mehr 54 Prozent der Arbeitnehmer nach einem Flächen- oder Branchentarifvertrage entlohnt, im Osten waren es gerade noch 37 Prozent. Damit lagen beide Werte um je 15 Prozentpunkte unter denen von 1998, als sich noch 69 und 52 Prozent der abhängig Beschäftigten einer Tarifvertragsbindung erfreuten.

Besonders Mitarbeiter kleiner und mittlerer Betriebe, Erwerbstätige im privaten Dienstleistungssektor und Personen mit geringen Entgelten würden häufig nicht nach Tarif bezahlt. Dies sei problematisch, da ,,gerade im unteren Einkommensbereich die soziale Schutzfunktion des Tarifvertrags von besonderer Bedeutung" sei, schreiben die Wissenschaftler. Manche Branchen seien mittlerweile als ,,weitgehend tariffreie Zonen" zu betrachten.

...


Aus: "Tarifbindung in Deutschland Löhne ohne Untergrenze"  Von Stefan Sauer (25. Oktober 2012)
Quelle: http://www.fr-online.de/wirtschaft/tarifbindung-in-deutschland-loehne-ohne-untergrenze,1472780,20706404.html


Textaris(txt*bot)

#182
Quote[...] Berlin - Der Anteil der Menschen in Deutschland, deren Arbeitseinkommen nicht zum Leben reicht, ist weiter gesunken. Zum Jahresende erhielten laut Statistischem Bundesamt 8,9 Prozent der Bevölkerung Sozialleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, das sind rund 7,3 Millionen Menschen. Das ist der niedrigste Wert seit der erstmaligen Berechnung im Jahr 2006.

In der Statistik sind alle Leistungen erfasst, die zur Sicherung des grundlegenden Lebensunterhalts dienen. Dazu zählen neben dem Arbeitslosengeld II (Hartz IV) die Sozialhilfe, die Grundsicherung im Alter, Regelleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sowie Leistungen der Kriegsopferfürsorge.

Der Rückgang liegt vor allem an der stark sinkenden Zahl von Hartz-IV-Beziehern. Zum Jahresende 2011 waren das rund 6,1 Millionen Menschen - 16 Prozent weniger als 2006. Zwar ist das ein bundesweiter Trend, die Statistik weist aber deutliche Unterschiede auf: So ist der Rückgang der Hartz-IV-Bezieher in Mecklenburg-Vorpommern am stärksten. Während dort im Jahr 2006 noch fast 18 Prozent der Bevölkerung auf soziale Mindestsicherungsleistungen angewiesen waren, lag die Zahl 2011 bei nur noch unter 14 Prozent. Wie in den Vorjahren war die Quote zum Jahresende 2011 mit knapp 19 Prozent in Berlin am höchsten und in Bayern mit nur 4,3 Prozent am niedrigsten.

Gleichzeitig stieg den Statistikern zufolge die Zahl der Personen, die auf Sozialhilfe und Grundsicherung im Alter angewiesen waren, besonders stark: Seit 2006 wuchs diese Gruppe um fast 25 Prozent auf mehr als 950.000 Menschen.

nck


Quote
Heute 12:33 von
juergenwolfgang
Die Menschen sind schlicht und ergreifend von HartzIV in die Altersarmut gewandert.
Daher der Anstieg auf 25% bei den Altersrentenbeziehern und bei gleichzeitiger Verringerung der HartzIV Empfänger!
http://forum.spiegel.de/f22/statistik-zahl-der-hartz-iv-empfaenger-sinkt-deutlich-74968.html#post11297020


QuoteHeute 12:34 von
autocrator
... es wäre bedeutend interessanter geworden, parallel zu dieser statistik etwas über die entwicklung der verteilung von einkommen und vermögen zu lesen. Hier wurde wieder mal nur die hälfte der wahrheit, die glänzende seite der medaille gezeigt.
http://forum.spiegel.de/f22/statistik-zahl-der-hartz-iv-empfaenger-sinkt-deutlich-74968.html#post11297027


QuoteHeute 14:07 von
JaguarCat
Die Zahlen gehen auch insgesamt zurück

   Zitat von unixv
   Gestern noch H4 ler, wird den Damen und Herren nahe gelegt, das sie sich Krank melden sollen, möglichst lang, damit sie verrentet werden, von wegen kein Stress mehr mit dem Amt!
   Dann haben sie das Gleiche in Grün, kleine Rente, aber sind aus allen Statistiken raus, genau so läuft der Hase!


   Wer von Hartz IV auf Frühverrentung "umsteigt", bekommt i.d.R. nicht genug Rente, damit es reicht, so dass er dann Grundsicherung beantragen muss, damit die Rente auf Hartz-IV-Niveau aufgestockt wird. In beiden Fällen - also egal, ob schon Grundsicherung oder noch Hartz IV - wird der Mann/die Frau aber bei den "Transferleistungsempfängern" mitgezählt. Und deren Zahl ist laut Statistik insgesamt zurückgegangen!

   Natürlich ist es bedauerlich, dass die Zahl der Empfänger von Grundsicherung um 25% auf über 950 Tausend gestiegen ist. Anderseits ist in diesem Zeitraum auch die Zahl der Rentenbezieher allgemein um 5% gestiegen, und unter den Leuten hat sich die Möglichkeit, die Rente per Grundsicherung aufzustocken, stärker herumgesprochen, so das etliche, die 2006 schon hätten Grundsicherung kriegen können, sie eben erst später beantragt haben.
   Dass trotz solcher Aufholeffekte die Zahl der Bezieher von Transferleistungen sinkt, ist ein gutes Zeichen.

http://forum.spiegel.de/f22/statistik-zahl-der-hartz-iv-empfaenger-sinkt-deutlich-74968-3.html#post11297784


...


Aus: "Zahl der Hartz-IV-Empfänger sinkt deutlich" (07.11.2012)
Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/zahl-der-hartz-iv-empfaenger-von-2006-bis-2011-deutlich-gesunken-a-865853.html

-.-

Quote[...]

Rund 6,1 Millionen Personen waren in Deutschland Ende 2011 auf Hartz IV angewiesen. Das ist gegenüber 2006, als die ersten Berechnungen angestellt wurden, ein Rückgang von 16 Prozent, wie das Statistische Bundesamt heute berichtet.

Auch die Gesamtzahl derjenigen, die Geld vom Staat benötigen, um ihren Lebensunterhalt zu sichern, zum Beispiel über Sozialhilfe, weil sie erwerbsunfähig sind oder weil die Rente nicht reicht, ist von 2006 bis Ende letzten Jahres gesunken. Insgesamt zählt das Amt 2011 7,3 Millionen Empfänger solcher "sozialen Mindestsicherungsleistungen", wozu neben Hartz IV und den Sozialhilfeleistungen auch Regelleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und Leistungen der Kriegsopferfürsorge zählen. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung wird mit 7,9 Prozent angegeben, was als der niedrigster Wert seit 2006 vermerkt wird.

Die gute Nachricht basiert hauptsächlich darauf, dass die große Masse der Empfänger von staatlichen Transferzahlungen, die Bezieher von ALG II bzw. Hartz IV, weniger geworden sind. Denn der Anteil derjenigen, die staatliche Zuschüsse im Rahmen der "Hilfe zum Lebensunterhalt" (Sozialhilfe) und der "Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung" (ebenfalls Sozialhilfe) benötigen, ist von 2006 bis 2011 gestiegen. Um beachtliche 24,7 Prozent. Insgesamt sind es 952.000 Personen.

Obwohl sich in allen Bundesländern zeigte, dass die Zahl der Empfänger sozialer Mindestsicherung sank, bleiben große regionale Unterschiede bestehen. Die Quote der Bezieher staatlicher Leistungen ist nach wie vor am höchsten in Berlin (18,9 %) und am niedrigsten in Bayern (4,3 %). Den stärksten Rückgang verzeichnete Mecklenburg-Vorpommern von 17,8 Prozent im Jahr 2006 auf 13,7 Ende 2011.

Der genannte Trend des statistischen Bundesamts bietet nur einen Ausschnitt aus der Wirklichkeit. Laut Nordkurier waren an den vier Sozialgerichten Brandenburgs im zweiten Quartal dieses Jahres rund 32 800 (!) unerledigte Klagen anhängig, mehr als die Hälfte der Verfahren hatte mit Hartz IV zu tun.

Quote7. November 2012 15:33
Bestätigung
Trascher (89 Beiträge seit 20.01.10)

Kann den Artikel nur bestätigen.
Saubere Leistung von den Landratsämtern bzw. der jewalig zuständigen
Ämter.
Allein in der Familie/Verwandschaft sind 2 Leute nach jahrelangen
Bemühungen der zuständigen Mitarbeiter aus dem Hartz4-System
herausgefallen und aufgrund von Depressionen erwerbsuntätig. Also
keine ALGII-Bezieher mehr.

Auch der Punkt mit den unbearbeiten Verfahren vor den Soziagerichten
ist nachvollziehbar, in meinem Umfeld sind es allein 5 Stück mit
einer sehr hohen Erfolgsaussicht. Schaden ohne die Belastung der
Beteiligten mehrere tausend Euro. Für Personen, die am/unter dem
Existnezminimum leben natürlich ohne Probleme ausgleichbar.

Das ist effektive Arbeit, da sag doch mal einer, Beschäftigte in
Ämtern seien faul.

Quote7. November 2012 16:44
Luschen
Merkur59 (247 Beiträge seit 28.11.08)

Trascher schrieb am 7. November 2012 15:33

> Allein in der Familie/Verwandschaft sind 2 Leute nach jahrelangen
> Bemühungen der zuständigen Mitarbeiter aus dem Hartz4-System
> herausgefallen und aufgrund von Depressionen erwerbsuntätig. Also
> keine ALGII-Bezieher mehr.

> Das ist effektive Arbeit, da sag doch mal einer, Beschäftigte in
> Ämtern seien faul.

Bei euch arbeiten Luschen im Jobcenter. Bei mir im Freundeskreis gibt
es einen Selbstmord wegen H4, im größeren Bekanntenkreis einen
weiteren. So sieht ein vorzeigbares Ergebnis bei der Eindämmung des
Scharotzertums aus.


Quote7. November 2012 17:32
Re: Bestätigung
Beardie (104 Beiträge seit 11.04.12)

Komischen Bekanntenkreis, den du da hast....



...


Aus: "Zahl der Hartz IV-Empfänger seit 2006 zurückgegangen" Thomas Pany (07.11.2012)
Quelle: http://www.heise.de/tp/blogs/8/153138


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Die Zahl der Menschen, die ihre Zahlungsverpflichtungen nicht mehr erfüllen können, ist im Vergleich zum Jahr 2011 um rund 190.000 auf bundesweit 6,6 Millionen gestiegen, wie aus dem "Schuldneratlas 2012" hervorgeht, den die Wirtschaftsauskunftei Creditreform an diesem Donnerstag veröffentlicht hat. Das entspricht einem Anteil von 9,7 Prozent der Erwachsenen in Deutschland.

...


Aus: "Atlas der Privat-Pleiten - Wo Deutsche in der Schuldenfalle sitzen" (08.11.2012)
Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/service/schuldneratlas-zeigt-wieder-anstieg-der-ueberschuldeten-in-deutschland-a-866036.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Düsseldorf - Die Armutsquote wächst in ganz Deutschland, besonders hart trifft es die Menschen in den größten deutschen Städten. In Leipzig, Dortmund, Duisburg, Hannover, Bremen und Berlin lebt zwischen einem Fünftel und einem Viertel der Bevölkerung unter der Armutsgrenze. Nur vier Städte lagen 2011 im oder unter dem Bundesdurchschnitt von 15,1 Prozent. Das zeigt eine neue Untersuchung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, das Daten für die 15 größten deutschen Städte ausgewertet hat, in denen knapp 14 Millionen Menschen leben.

Trotz der guten wirtschaftlichen Entwicklung ist die Armutsquote im vergangenen Jahr wieder gestiegen. 2011 hatten nach den neuesten Daten des Statistischen Bundesamts aus dem Mikrozensus 15,1 Prozent (2010: 14,5 Prozent) der Menschen in Deutschland weniger als 60 Prozent des bedarfsgewichteten mittleren Einkommens zur Verfügung. Das ist der Wert, der nach gängiger wissenschaftlicher Definition die Armutschwelle markiert und den die Wissenschaftler vom WSI als Basis für ihre Berechnungen annehmen. In absoluten Zahlen entspricht der Wert einem monatlichen Nettoeinkommen von 848 Euro bei einem Alleinstehenden.

Die Autoren der WSI-Studie haben die Daten des Mikrozensus ausgewertet und parallel dazu mit den Zahlen für Hartz-IV-Empfänger abgeglichen. So sollen auch Menschen in verdeckter Armut erfasst werden, "die aus Scham oder Unwissenheit auf Sozialtransfers verzichten", wie die Autoren schreiben.

Das Ergebnis zeigt, dass zwar in den meisten Großstädten - wie im gesamten Bundesgebiet - der Anteil der Menschen sinkt, die Hartz IV beziehen. Gleichzeitig aber ist die Armutsquote in den untersuchten Städten zwischen 2005 und 2011 deutlich gestiegen; von 17,5 auf 19,6 Prozent - sie liegt damit deutlich über dem Bundesdurchschnitt. In einigen Städten sind die Zahlen noch erschreckender: In sechs Städten lebt sogar zwischen einem Fünftel und einem Viertel der Bevölkerung unter der Armutsgrenze.

Zwar scheine die Armut aufgrund der sinkenden Hartz-IV-Quoten weniger "tief" zu sein, schreiben die Autoren vom WSI, "aber zumindest einige unserer größten Städte befinden sich auf einem abschüssigen Pfad". Besonders irritierend sei, dass die Armut weiter gestiegen ist, obwohl die Arbeitslosigkeit zurückging. Als ein möglicher Grund wird der gewachsene Niedriglohnsektor genannt. Denkbar sei, dass bei einer wachsenden Gruppe von Beschäftigten das Einkommen gerade über der Hartz-IV-Grenze liegt.

Besonders hoch ist der Anteil armer Einwohner in den Städten, die hohe Arbeitslosenquoten haben. An der Spitze steht die ostdeutsche Stadt Leipzig, in der ein Viertel der Bewohner als arm gilt - allerdings ist die Quote von 27 Prozent im Jahr 2009 auf 25 Prozent im Jahr 2011 gesunken.

Ähnlich dramatisch sieht es in den Ruhrgebietstädten Dortmund und Duisburg aus: Die beiden Ruhrgebietstädte nähern sich mit Armutsquoten von gut 24 und 23,5 Prozent dem Niveau von Leipzig. Besorgniserregend ist hier der Trend: Von 2005 bis 2011 stieg die Armutsquote jeweils um etwa ein Drittel. Dabei beobachten die Forscher insbesondere in Duisburg weniger eine soziale Polarisierung, bei der Ärmere von der Einkommensentwicklung abgehängt werden, vielmehr verarme die "Stadt als Ganzes".

Auf der anderen Seite der Tabelle stehen Hamburg und die süddeutschen Großstädte Frankfurt am Main, Stuttgart und vor allem München. In der bayerischen Landeshauptstadt ist die Armutsquote zwar zuletzt ebenfalls leicht gestiegen, sie liegt aber mit rund 12 Prozent noch klar unter dem Bundesdurchschnitt. ...

QuoteDie Armut ist nicht vom
fwittkopf heute, 11:12 Uhr
Himmel gefallen. Die Politik hat modernisiert, privatisiert, globalisiert, europäisiert, oder wer nicht arbeitet, soll nicht essen (Müntefering, SPD) ...

http://forum.spiegel.de/f22/sozialstudie-deutschlands-staedten-waechst-die-armut-75492.html#post11342839


Quoteeisfach heute, 11:34 Uhr
Das ist nicht irritierend, das ist die logische Konsequenz der Hartz-IV-Gesetzgebung. Das ist erst recht nicht irritierend, da es politisch nicht nur gewollt, sondern dieser Wille auch kommuniziert wurde: ---Zitat--- ...wir haben unseren Arbeitsmarkt liberalisiert. Wir haben einen der besten Niedriglohnsektoren aufgebaut, den es in Europa gibt. (...) und wir haben bei der Unterstützungszahlung Anreize dafür, Arbeit aufzunehmen, sehr stark in den Vordergrund gestellt. ---Zitatende--- (Gerhard Schröder, World Economic Forum Davos, 28.01.2005)

http://forum.spiegel.de/f22/sozialstudie-deutschlands-staedten-waechst-die-armut-75492-3.html#post11343069


QuoteKTRoadkill heute, 11:37 Uhr
"Besonders irritierend sei, dass die Armut weiter gestiegen ist, obwohl die Arbeitslosigkeit zurückging." Irritierend? Irritierend. Wenn Arbeitnehmer von einer Vollzeitstelle nicht mehr leben können und gemäß o. a. Definition als "arm" gelten, dann sch... was auf deren Produktivität, dann ist das einfach nur eine Schande für eine Gesellschaft, die nach wie vor den Anspruch an sich selbst stellt, "sozial" zu sein. Ich persönlich fühle mich in einer "sozialen" Gesellschaft wohl, aber das Deckmäntelchen "Niedriglohnsektor" wärmt eben nicht. Chance gehabt, Chance vertan. Und ich hab kein Lust mehr, mir von den Apologeten der Leistungsgesellschaft täglich deren "lohnendes" Dummgeschwätz anzuhören. Im Kapitalismus wird es immer Verlierer geben, die unverschuldet in eine Situationn geraten sind, obwohl sie nicht rechtzeitig den neuesten Trend erkannt haben. Ich habe z. B. keine Lust mehr, ausgebildeten Facharbeitern vorzuwerfen, dass sie vor 20 Jahren nicht erkannt haben, dass in 20 Jahren ihre Facharbeit nichts mehr wert sein wird. Dass sie dann vielleicht umschulen müssen und nach ihrer Umschulung nicht mehr ihr Facharbeitergehalt von zuvor erreichen werden, weil ihre Expertise nicht hoch genug ist und wegen ihres Alters auch nie mehr hoch genug sein wird. Genug ist genug. Wenn wir wieder "sozial" werden wollen als bundesrepublikanische Gesellschaft, brauchen wir Ideen. Die Märkte "von der Leine" zu lassen, weil die Arbeit in Deutschland zu teuer geworden war, hat zu wenigen zu viel gebracht. Umverteilung vom allermiesesten. Turbo-Kapitalismus, Markt-Radikalisierung, Wirtschaftsliberalismus: tolle Resultate für wenige. Das ist asozial. Natürlich ist nicht jeder Hartz-IV-Empfner unverschuldet in seine Situation geraten. Natürlich verdient nicht jeder, der im öffentlichen Dienst beschäftigt ist, sein Gehalt. Nicht alle Beschäftigten sind angemessen und eindeutig nachweisbar produtkiv und holen ihre Lohnkosten wieder rein. Schwarze Schafe, Laumänner und Mitlaufende wird es immer geben. Wovon wir als Gesellschaft aber im Moment zuviel haben, sind rücksichtslose Egoisten, für die "Banker" und "Manager" noch ein viel zu harmloses Schimpfwort ist. ....

http://forum.spiegel.de/f22/sozialstudie-deutschlands-staedten-waechst-die-armut-75492-3.html#post11343097


QuoteHeute morgen in einem öffentl. WC in Köln...
unangepasst heute, 12:00 Uhr

[Zitat von lordofaiur] Verdammt nervt dieser Mist. Es gibt keine Armut in Deutschland! Hier muss keiner verhungern und nur weil sich einer kein IPhone leisten kann ist er noch nicht arm.

...fiel mir eine deutsche Frau auf, welche sich dort sehr gründlich wusch und ihre Zähne putzte. Ihre Habseligkeiten verstaute sie in 2 Plastiktüten. Darauf angesprochen klärte sie mich auf, daß sie z.Zt. obdach- und arbeitslos wäre und sie sich keine Unterkunft mit Waschgelgenheit leisten könne. Die Benutzung dieser beheizten WC Anlage kostet 50 Cent. sprich 15,-€ im Monat! Das ist Armut!


Quotespon-facebook-10000283853 heute, 12:04 Uhr

[Zitat von fwittkopf] .... Die Politik hat modernisiert, privatisiert, globalisiert, europäisiert, oder wer nicht arbeitet, soll nicht essen (Müntefering, SPD)...

Es ist ein Rätsel der modernen Zeit, dass Leute so etwas nach den sozialistischen Versuchen der Vergangenheit immer noch im Brustton der Überzeugung verbreiten. Vor allem, da deutlich ist, dass die Globalisierung nachweislich mehr Vorteile als Nachteile hat - die Preise des täglichen Bedarfs sind so gesunken, dass sie zumindest noch ein Gegengewicht zur Inflation bieten. Wenn die großen Arbeitgeber nicht nach China oder in andere Länder verkaufen könnten, wären Deutschland mit den vielen Transferleistungsbeziehern längst platt. Aber man wünscht sich die gleichmäßige Verteilung der Armut, weil man dann zumindest nicht auf den Nachbar neidisch sein müsste.

http://forum.spiegel.de/f22/sozialstudie-deutschlands-staedten-waechst-die-armut-75492-5.html#post11343459


Quotesaxae heute, 12:07 Uhr
Liebe SpiegelOnline Redaktion: Gibt es eine Absprache mit wem auch immer, dass mindestens einmal pro Woche eine "Armutsstatistik" für Deutschland herausgegeben wird? Mal sinds Kinder, mal Städte, mal Regionen, mal Bildung.... Das nervt unendlich!!!! Und bitte grenzt endlich den allgemeingültigen Begriff "Armut" zu dieser Statistikarmut ab. Wir hier in Deutschland schwelgen in purem Luxus. Schon soweit, dass man das nicht mal mehr mitbekommt. Und nein, beim Großteil der Weltbevölkerung gehören Dinge wie Computer, Fernseher, Auto, Microwelle....und dergleichen mehr nicht zur Grundausstattung. Wer nur eines davon in Deutschland nicht hat, fühlt sich sicher arm und wird mit diesen verqueren Statistiken gestützt.

http://forum.spiegel.de/f22/sozialstudie-deutschlands-staedten-waechst-die-armut-75492-5.html#post11343489


QuoteJohn2k heute, 12:08 Uhr

[Zitat von unangepasst]...fiel mir eine deutsche Frau auf, welche sich dort sehr gründlich wusch und ihre Zähne putzte. Ihre Habseligkeiten verstaute sie in 2 Plastiktüten. Darauf angesprochen klärte sie mich auf, daß sie z.Zt. obdach- und arbeitslos wäre und sie sich keine Unterkunft mit Waschgelgenheit leisten könne. Die Benutzung dieser beheizten WC Anlage kostet 50 Cent. sprich 15,-€ im Monat! Das ist Armut!

Die Politiker würden sagen, dass da noch Sparpotential drin ist. Die Leute sollen sich doch nicht so haben und bloß jeden zweiten Tag einen Luxus wie einen Toilettenbesuch leisten. Dann kommt man locker mit 7,50€ aus. Früher gabs das schließlich auch nicht und in Afrika gibts nicht mal beheizte Toiletten :-)

http://forum.spiegel.de/f22/sozialstudie-deutschlands-staedten-waechst-die-armut-75492-6.html#post11343507


QuoteArm? Arm!
Sharoun heute, 12:09 Uhr

[Zitat von caledonian2010]Im Rest Europas greift dieses Deutschlandbild: der Wohlstands-Fels in der Brandung tatsächlich noch, aber neuerdings bekommt man Statements von ehemals Deutschland bewundernden Europa-Reisenden, Nichtdeutschen, zu lesen wie: "Dieses Land ist nicht das Land, für das es gehalten wird. Wir haben in keinem anderen europäischen Großstädten so viele Bettler etc. pp. auf der Strasse gesehen." Von der Realität in DE, von der sie (dank positiver Projektionen) nichts ahnten, sind viele Europäer mittlerweile entsetzt. Das glorifizierte Bild, das das deutsche Machtkartell dank Medienmacht, in Europa über DE kommuniziert hat, bricht auch dort allmählich zusammen.

Nun: jenseits der sehr materiell geführten Armutsdebatte hier bleibt festzustellen, daß die Deutschen zunehmend verzweifelt um die Aufrechterhaltung eines normalen, bürgerlichen Lebens bemüht sind. Dazu ist es in bestimmten Gegenden (die sich ausweiten) nötig, alles, was nicht zum Überleben gebraucht wird, einzustellen. Und so kommt es eben, daß selbst in mittelgroßen Städten die Restaurants und Kneipen leer bleiben (und irgendwann dichtmachen), Kinos und Theater mangels Besucher in Schieflage geraten; ja generell immer weniger Menschen noch in ihrer Freizeit irgendetwas anstellen außer zu Hause zu bleiben und vor der Glotze SOZIAL zu VERARMEN. Speziell in Ostdeutschland - wo früher jede Bar und jede Kneipe rammelvoll war - ist das ganz extrem zu beobachten. Ganze Landstriche werden zu Altersheimen, in denen man keine Menschen mehr auf den Straßen sieht - sofern sie dort nicht sein müssen. Deutschland ist seit über 2 Jahrzehnten im Winterschlaf; und es wird immer schlimmer!

http://forum.spiegel.de/f22/sozialstudie-deutschlands-staedten-waechst-die-armut-75492-6.html#post11343522





Aus: "In Deutschlands Städten wächst die Armut" (14.11.2012)
Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/wsi-studie-in-deutschlands-staedten-steigt-die-armutsquote-a-867074.html

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Die Bundesregierung hat nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung kritische Passagen zum Auseinanderdriften der Einkommen aus dem Entwurf ihres Armutsberichts gestrichen. Während in einer ersten Fassung des Arbeitsministeriums noch die Formulierung "die Privatvermögen in Deutschland sind sehr ungleich verteilt" aufzufinden war, fehlt die Passage in dem überarbeiteten Entwurf vom 21. November.

Auch Aussagen zur Lohnentwicklung wurden offenbar gestrichen. Getilgt wurde etwa diese Passage: "Während die Lohnentwicklung im oberen Bereich positiv steigend war, sind die unteren Löhne in den vergangenen zehn Jahren preisbereinigt gesunken. Die Einkommensspreizung hat zugenommen." Diese verletze "das Gerechtigkeitsempfinden der Bevölkerung" und könne "den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährden". Stattdessen heißt es nun lediglich, es sei "kritisch zu sehen", dass für manche Alleinstehende ein Vollzeitjob nicht für die Sicherung ihres Lebensunterhalts reicht. Gleichzeitig wird darauf verwiesen, dass im unteren Lohnbereich viele Vollzeitjobs entstanden seien.

Auch die Information, dass im Jahr 2010 in Deutschland knapp mehr als vier Millionen Menschen für weniger als sieben Euro brutto die Stunde arbeiteten, wurde aus dem Bericht gestrichen.

Die erste Fassung war im Arbeitsministerium von Ursula von der Leyen (CDU) geschrieben und dann im September den anderen Ressorts vorgelegt worden. Bereits zu dem Zeitpunkt hatte es wegen des Textes in der Koalition Streit gegeben, weil ein Satz als Plädoyer für eine Vermögenssteuer verstanden worden war.

Die Süddeutsche Zeitung zitiert den FDP-Vorsitzenden und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler, der Bericht habe nicht "der Meinung der Bundesregierung" entsprochen. Ein Ministeriumssprecher sagte, es habe bei der Ressortabstimmung Veränderungswünsche gegeben. Dies sei "ein ganz normaler Vorgang".

Quote
    omnibus
    28.11.2012 um 8:36 Uhr

Sprache war schon immer ein Machtmittel.
Die Aussage, der Armutsbericht entspreche nicht "der Meinung der Bundesregierung" ist unfreiwillig komisch.
Ich freue mich schon auf die nächsten Kabarettsendungen, das war wirklich eine Steilvorlage für jeden Kabarettisten!



Aus: "Bundesregierung schönt Armutsbericht" (28.11.2012)
Quelle: http://www.zeit.de/wirtschaft/2012-11/armutsbericht-bundesregierung-aenderungen


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Die Armut in Deutschland pendelt sich nicht nur auf hohem Niveau ein. Sie wird auch schöngerechnet von der Regierung und ist politisch gewollt – so lautet die Kritik der Nationalen Armutskonferenz (nak) in ihrem Schattenbericht [http://nationalearmutskonferenz.de/index.php/77-ueber-die-nak/242-14122012-die-im-schatten-sieht-man-nicht-der-4-armuts-und-reichtumsbericht-der-bundesregierung].

Der Bericht soll einen Gegenentwurf zum offiziellen Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung darstellen. Die nak kritisiert, dass die Armutsquote seit Jahren zwischen 14 und 16 Prozent liegt. Wer in Deutschland arm ist, bekomme laut dem Bericht immer weniger Chancen, der Armut zu entfliehen. Vizesprecherin Michaela Hofmann spricht von einem Skandal. Nach ihrer Einschätzung ist "Armut politisch gewollt".

Abzulesen sei das aus Hofmanns Sicht an den unzureichenden Hartz-IV-Sätzen und dem ausufernden Niedriglohn-Bereich. Kinder hätten auch nach der letzten Hartz-IV-Reform und dem damit verbundenen Bildungs- und Teilhabepaket "keine Chance, aus dem Armutskreislauf herauszukommen", sagte Hofmann.

Inzwischen arbeitet laut dem Bericht jeder Vierte im Niedriglohnsektor. Etwa 7,6 Millionen Menschen – 9,3 Prozent der Bevölkerung – erhalten staatliche Leistungen zur Sicherung ihres Existenzminimums.

Die nak ist ein Zusammenschluss von Sozial- und Wohlfahrtsverbänden sowie Gewerkschaften. Sie fordert unter anderem gesetzliche Mindestlöhne, höhere Regelsätze und Förderprogramme gegen Wohnungsnot.

Der Wissenschaftliche Beirat beim Wirtschaftsministerium hat sich am Dienstag zum Thema Altersarmut geäußert: Altersarmut sei derzeit kein drängendes Problem, heißt es in dem Gutachten, das dem NDR vorliegt. Wenn es zum Problem werden sollte, sei das in erster Linie auf die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt zurückzuführen. Dann könnten Geringqualifizierte und Menschen mit Migrationshintergrund betroffen sein. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte Altersarmut in der jüngsten Zeit häufig zum Thema gemacht. Sie schlägt zur Lösung des Problems eine Zuschussrente vor.

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    cafedelsur
    18.12.2012 um 14:52 Uhr

9. Der Abstieg

"Die Aufstiegschancen für Arme sind gering"

Die Abstiegschancen sind da ungleich höher:

,,Die Mittelschicht in der Bundesrepublik ist in den vergangenen Jahren um mehr als fünf Millionen Menschen kleiner geworden. Laut einer DIW-Studie profitiert nur noch eine kleine Elite vom wachsenden Wohlstand."

Einkommensverteilung Deutschlands Mittelschicht schrumpft dramatisch (13.12.2012)
http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/diw-studie-mittelschicht-schrumpft-ungleichheit-nimmt-zu-a-872641.html


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    Hadraniel
    18.12.2012 um 14:55 Uhr

Moderner Feudalismus

Ohne Armut gibt es keinen Reichtum. Wenn alle Bürger (zumindest mehr oder weniger) über einen gewissen Wohlstand verfügen, gibt es keine Existenzängste mehr. Ohne stetige, wenigstens latente Existenzängste ist es aber schwierig, Macht über Menschen auszuüben.

8000 Jahre nach den ersten Anzeichen von "Zivilisation" beim homo sapiens geht es damals wie heute nur um eines: Macht.

Anders ist es nicht zu erklären, daß trotz inzwischen 100.000fach erhöhter Produktivität, auch heute noch Menschen 35 bis 80 Stunden die Woche arbeiten müssen, und ein nicht unsignifikanter Teil dabei nichtmal ohne Transferleistungen auskommt, oder gar in Sklavenhaltung dahinvegetiert.

Nie waren Sklaven so billig wie heute, nie so ersetzbar, im Überfluss vorhanden.

Das Finanzsystem ist dabei mit Absicht so konstruiert, daß es diese Zustände manifestiert, und die Reichen und Mächtigen unangetastet bleiben.

Die Decke der Zivilisation ist dünn.

,,Die Wenigen, die das System verstehen, werden so sehr an seinen Profiten interessiert oder so abhängig sein von der Gunst des Systems, dass aus deren Reihen nie eine Opposition hervorgehen wird. Die grosse Masse der Leute aber, mental unfähig zu begreifen, wird seine Last ohne Murren tragen, vielleicht sogar ohne zu mutmassen, dass das System ihren Interessen feindlich ist." Baron Rothschild


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    Patrick_Bateman
    18.12.2012 um 15:00 Uhr

Langsam aber sicher habe ich das Gefühl, dass die ZEIT-Redaktion gelinde gesagt, ein bisschen am Rad dreht. Jeden Tag ein neuer Beitrag zum Thema Armut in Deutschland. Als Aufmacher ein Obdachloser unter seiner Decke oder mit Einkaufswagen. Um Obdachlose geht es in den Armutsberichten noch nicht einmal.

Wem wollen Sie denn das als Realität verkaufen? Ich lebe zufällig auch in Deutschland und meine und die der anderen Menschen ist ein komplett andere.


Quote

    Karl63
    18.12.2012 um 15:22 Uhr

Alles eine Frage der Wahrnehmung

selbstverständlich gibt es in der Bundesrepublik immer noch eine Mehrheit, die in relativem Wohlstand lebt. Der Punkt ist aber, dieser Wohlstand ist inzwischen (messbar) deutlich ungerechter Verteilt als noch vor 25 Jahren.
Dieses Problem schwelt nicht erst seit den nach P. Hartz benannten "Arbeitsmarktreformen" vor sich hin, die stetige Expansion des Niedriglohnsektors ist schon seit der Wiedervereinigung im Gange - auch darüber gibt es Statistiken und es ist die Aufgabe von Medien wie der ZEIT, solches zu publizieren.
Eine kurze Suche im Web führt ganz direkt zur Statistik der "Leistungsempfänger von Arbeitslosengeld II im Jahresdurchschnitt von 2005 bis 2012"
http://de.statista.com/statistik/daten/studie/1396/umfrage/leistungsempfaenger-von-arbeitslosengeld-ii-jahresdurchschnittswerte/
Dort lässt sich ganz direkt ablesen, die Anzahl der Betroffenen hat sich seit 2005 in sehr viel geringerem Maße verringert, als die Anzahl der kurzfristig Arbeitslosen. Dies ist nur ein Indikator von vielen, der zeigt wie sehr sich Armut in dieser Gesellschaft verfestigt hat.
Wie gesagt, alles eine Frage des Blickwinkels und wer genau genug hinsieht, kann durchaus nachvollziehen worauf der Artikel abzielt.


Quote

    ffes
    18.12.2012 um 15:58 Uhr

Kampagnefähigkeit
Hier geht es nicht um die Armut oder die Armen sondern um die Mobilisierung des buntlinken Milieus.



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QuoteTangens alpha
    18.12.2012 um 16:11 Uhr

Auch ich lebe in Deutschland und erlebe um mich herum nur Wohlstand und gut organisierten Wohlfahrtstaat.
Gerade der 4. ARB zeigt die positive Entwicklung, vorausgesetzt man lässt die linken Scheuklappen im Karl Liebknecht Haus oder in der Wilhelm-Leuschner-Str. und schaut die Zahlen unvoreingenommen an.

Es ist allerdings schon eine Frechheit hier "politischen Willen" zur Armut zu unterstellen, nur um die üble Forderung nach ungerechter Umverteilung zu reklamieren (O-Ton "Armut ist falsch verteilter Reichtum"). Alleine die vielen (falschen) Forderungen, die identisch mit denen der politischen Linken sind, disqualifizieren NAK für den problemorientierten Dialog

Wir haben unseren Reichtum verdient und nicht, wie hier suggeriert wird, von jemandem "verteilt" bekommen und schon gar nicht durch Erzeugung von Armut bei anderen erhalten. Solche Aussagen sind beleidigend und wir sehen in der Umkehr diese Formulierung als Aufforderung zum Diebstahl.

Unsere Konsequenz - Keine der dort unterzeichnenden Organisationen wird dieses Jahr und fürderhin von uns eine Spende erhalten und wir werben auch für entsprechendes Verhalten bei allen unseren Geschäftskontakten.

Wir würden uns natürlich über Unterstützer freuen - bitte folgen Sie unserem Beispiel

Da wir uns und unsere Partner nicht zur Gruppe der Armen zählen, hoffen wir, das der Wegfall der Spenden tüchtig schmerzt und Anlass zur Nachdenklichkeit gibt, wer eigentlich Geldgeber ist. Vielleicht gibt das Anlass zur Ein- und Umkehr.


Quote
    cafedelsur
    18.12.2012 um 15:02 Uhr

Wachsender Wohlstand bei gleichzeitiger Verarmung breiter Bevölkerungsschichten

,,Die Deutschen werden reicher: Das Nettovermögen der privaten Haushalte hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten mehr als verdoppelt - auf 10 Billionen Euro. Doch der Armutsbericht der Bundesregierung zeigt auch, wie ungleichmäßig der Wohlstand verteilt ist. Die reichsten zehn Prozent der Deutschen verfügen über mehr als die Hälfte des Gesamtvermögens, der unteren Hälfte der Haushalte bleibt gerade mal ein Prozent. Und auch der Staat wird immer ärmer."

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/neuer-armuts-und-reichtumsbericht-der-bundesregierung-reiche-trotz-finanzkrise-immer-reicher-1.1470673


Quote
    ibsche
    18.12.2012 um 15:02 Uhr

Ja wenn nur Geringqualifiziert betroffen sind...

"Dann könnten Geringqualifizierte und Menschen mit Migrationshintergrund betroffen sein"

Diese Lüge wird auch nicht besser, desto häufiger sie wiedergegeben wird.
Im Niedriglohnsektor arbeiten mittlerweile sehr viele, sehr gut ausgebildete Leute, weil sie entweder keinen
anderen Job finden oder über 50 Jahre alt sind. Davon mal abgesehen, frage ich mich was man mit dieser Aussage suggerieren will?
Soll es uns etwas umformuliert sagen: Wer dumm ist, hat halt Pech gehabt und wird nicht mehr länger in unserem sozialdarwinistischen System
mit durchgefüttert!? Das System muss sich den unterschiedlichen Eigenschaften der Menschen anpassen und nicht umgekehrt. Es wird immer
gering qualifizierte Menschen geben und ich möchte weiterhin, dass diese Leute in diesem Land anständig leben können. Diesen Luxus konnten und können wir uns
nach wie vor sehr gut leisten, man schaue sich das steigende BIP und die steigende Produktivität an. Es muss nur wieder ein politischer Wille dahinterstehen, die Verteilung des vorhandenen Geldes gerechter zu gestalten. Aber ich glaube die armen Menschen müssen weiterhin als Drohpotenzial für die Mittelschicht herhalten, damit diese aufgrund ihrer Angst selbst arm zu werden, nicht aufmüpfig wird.


Quote
    at engel
    18.12.2012 um 15:51 Uhr

Armut ist Standortfaktor

Natürlich ist Armut politisch gewollt. Würde zwar keiner so sagen, weil der Begriff moralisch besetzt ist, aber arme Menschen drücken natürlich auf Dauer die Löhne, weil sie praktisch jede Arbeit unter egal welchen Bedingungen annehmen. So gesehen ist Armut - Arbeitslosigkeit und der Niedriglohnbereich für Technokraten - ein entscheidender Standortfaktor. ...


Quote
    Dr. Michael Neunmüller
    18.12.2012 um 15:55 Uhr

Politisch geförderte Armut ist die - für die nicht Betroffenen - billigste Form der Inflationsbremse.


Quote
    Dottie
    18.12.2012 um 16:27 Uhr

Natürlich ist die Armut gewollt, weil es letztendlich die Politik selbst war, die dem Niedriglohnsektor Tür und Tor öffnete und die Rechte der Arbeitnehmer kontinuierlich abgebaut hat. Ohne Lohndumping gäbe es keinen Wettbewerbsvorteil für die deutsche Exportwirtschaft. Menschen gehen heute für 7 Euro brutto die Stunde arbeiten und wissen nicht, ob sie morgen noch einen Arbeitsplatz haben, oder bei der nächsten Leiharbeitsfirma vorstellig werden müssen. Nebenher sollen sie auch noch Kinder kriegen, für die Rente vorsorgen und die Rechnung für die Energiewende bezahlen. Das eigentlich Perverse an der ganzen Sache ist, dass die Medien noch die Mittelschicht gegen die Unterschicht und Friseuse gegen Hartz-IV-Empfänger ausspielen und diesen Menschen das Märchen vom Leistungsprinzip vorgaukeln, um die Spirale immer weiter nach unten zu drehen. Als ob ein Niedriglöhner jemals aus der Misere herauskommt. Das ist Sozialdarwinismus pur und genauso ein Luftschloss wie die Geschichte vom amerikanische Traum.


...


Aus: "Nationale Armutskonferenz - "Armut ist politisch gewollt"" (18.12.2012)
Quelle: http://www.zeit.de/wirtschaft/2012-12/nationale-armutskonferenz-bericht


Textaris(txt*bot)

#187
Quote[...]  "Für einen Norddeutschen etwas pathetisch formuliert: Es geht um die Bändigung von Fliehkräften in unserer Gesellschaft. Oder banaler gesagt: Es geht darum, wie halten wir diesen Laden zusammen", sagte Steinbrück bei der Vorstellung des SPD-Regierungsprogramms. "Vieles in Wirtschaft und Gesellschaft ist aus dem Lot geraten."

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Quote
   KaffeeAusToGo
   11.03.2013 um 16:15 Uhr

Die Fliehkräfte, die ich rief ....

Es ist bei der SPD inzwischen wie bei der Linken. Solange sie nicht ehrlich und kompromisslos die Fehler ihrer Vergangenheit eingesteht und bereut, bleibt sie unglaubwürdig und verdient kein echtes Vertrauen.

Wer ständig in Fettnäpfchen tritt, dem fallen offensichtlich auch die Widersprüche nicht auf, die sich daraus ergeben, die Agenda 2010 nach wie zu begrüßen und gleichzeitig soziale Gerechtigkeit herstellen zu wollen.

Nochmal, solange die SPD sich nicht dazu bekennt, eben jene Fliehkräfte, welche die Gesellschaft allmählich auseinander zu reissen drohen, selbst mit verursacht zu haben, solange wird sie ihre Machtfantasien [...] nicht ausleben können. ...


Quote
   titanicus
   11.03.2013 um 16:54 Uhr

Anknüpfungspunkt an soziale Interessen verloren

Wie will Peer Steinbrück einen Gerechtigkeitswahlkampf führen? Die SPD steckt in einem Dilemma, in das sie im Juni 1999 mit dem Schröder/Blair-Papier, der theoretischen Vorwegnahme der Agenda-Politik, gestürzt wurde. Mit der Imitation von New Labour durch Gerhard Schröder kehrte die SPD ihrer Stammklientel, der Arbeitnehmerschaft und damit auch den Gewerkschaften, den Rücken. Seit jenem Bruch hat die Partei jeden Anknüpfungspunkt an soziale Interessen verloren. Das war keine Richtungsänderung, da wurde der SPD-Zug auf ein völlig neues Gleis gesetzt.
Seither büßte die SPD ein Drittel ihrer Mitglieder ein (jetzt noch 488000). Der Altersdurchschnitt liegt mittlerweile bei 58 Jahren. Die intellektuelle Auszehrung ist unausweichlich, da jeder, der sich dem New-SPD-Kurs nicht fügt, in dieser Partei keine Aussichten hat.
So ist es kein Wunder, dass mit Steinbrück nur ein Kandidat dieses Kurses übrig blieb. Er mag es mit seinen Aussagen zum Thema ,,soziale Gerechtigkeit" sogar ernst meinen, er steckt aber in der Glaubwürdigkeitsfalle. Eine Partei, die in der Regierungsverantwortung die Grundlagen für die Zunahme der Armut legte, kann nicht den geschönten Armutsbericht einer nachfolgenden Regierung kritisieren.
Es unwahrscheinlich, dass Steinbrück enttäuschte Stammwähler zurückholt oder neue dazugewinnt. Die Aussichten für die alte Tante SPD sind schlecht, Besserung ist nicht in Sicht. Vor allem, wenn jetzt auch noch Altzkanzler Schröder gefeiert wird.



Aus: "Steinbrück will Gerechtigkeitswahlkampf führen" (11.03.2013)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/deutschland/2013-03/spd-wahlprogramm-steinbrueck

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Quote[...]  ,,Wir werden Leistungen des Staates kürzen, Eigenverantwortung fördern und mehr Eigenleistung von jedem Einzelnen abfordern müssen", verkündete er damals.

Zehn Jahre später gelten die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und die Reform der sozialen Sicherungssysteme als ein Erfolg, der Deutschlands Wirtschaftsboom erst möglich machte.

Doch Schröders eigene Partei bezahlte einen hohen Preis für seine Entschiedenheit. Die Gewerkschaften gingen ebenso auf Distanz zur SPD wie viele Stammwähler und lang gediente Funktionäre. Die sozialdemokratische Abspaltung ,,Wahlalternative für soziale Gerechtigkeit" fusionierte mit der PDS zur Linkspartei, mit der Ex-SPD-Chef Oskar Lafontaine seinen alten Genossen das Leben schwer machte. Die Erosion seiner Machtbasis in der SPD war der wesentliche Grund dafür, dass Schröder 2005 die Flucht nach vorne antreten musste und nach der Wahl das Kanzleramt verlor.

... Gabriel und Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hatten gemeinsam entschieden, den Ex-Kanzler einzuladen. Besonders über den Besuch freuen dürfte sich Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, der seine Partei früher vehement vor Korrekturen der Agenda gewarnt hatte. Der Ex-Finanzminister würdigt Schröders Mut auch heute noch regelmäßig in SPD-Veranstaltungen – und erhält dann auch Applaus, der allerdings nie frenetisch ausfällt.

...


QuoteSchröders Erbe: Hartz IV
Mit seiner "Agenda2010" hat er Hartz IV eingeführt.

   ,,Wir werden Leistungen des Staates kürzen, Eigenverantwortung fördern und mehr Eigenleistung von jedem Einzelnen abfordern müssen", verkündete er damals.

Das Ergebnis kennen wir!
■ Das Arbeitslosengeld wurde von 36mon auf 12mon gekürzt
■ Die Arbeitslosenhilfe wurde mit der Sozialhilfe zusammen gelegt
■ Hartz IV gibt es erst, wenn der Bürger sein Vermögen (LV, Eigenheim, Erspartes, etc.) aufgebraucht hat.
■ Rentenkürzung
■ Rente mit 67
■ Praxisgebühr und Zusatzbeiträge
■ Einladung der "Heuschrecken"
■ Deregulierung der Finanzmärkte
■ 1€-Jobs
■ Ich-AG (Scheinselbstständige)
■ Niedriglohnsektor

...



Aus: "Schröders Erbe" Hans Monath (Montag, 11. März 2013)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/politik/schroeders-erbe/7905934.html

-.-

Quote[...] "Der Umbau des Sozialstaates und seine Erneuerung sind unabweisbar geworden. Dabei geht es nicht darum, ihm den Todesstoß zu geben, sondern ausschließlich darum, die Substanz des Sozialstaates zu erhalten." Gerhard Schröder hat das gesagt, als er in seiner Regierungserklärung am 14. März 2003 die "Agenda 2010" verkündete.

Zehn Jahre später ist klar: Das Ziel wurde verfehlt. Der Sozialstaat ist ausgehöhlt. Deutschland ist auf dem Weg zur Klassengesellschaft. Wir sollten uns an den Begriff wieder gewöhnen. Die Zeiten, in denen ein sozialpolitisch eingehegter Kapitalismus "Wohlstand für alle" (Ludwig Erhard) zumindest möglich erscheinen ließ, sind vorbei. Die Ära der sozialen Marktwirtschaft ist beendet.

Eine große Enteignung hat stattgefunden. Aber in Deutschland sind nicht die Reichen enteignet worden. Sondern das Volk.

Der "Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung", der in der vergangenen Woche vorgelegt wurde , legt davon Zeugnis ab. Man muss genau hinsehen, um die traurige Botschaft des Berichts zu entziffern. Die Regierung hat sich in den vergangenen Monaten viel Mühe gegeben, die Lage zu schönen und zu manipulieren.

Aber an der Wahrheit konnte sie nichts ändern: Deutschland ist ein ungerechtes Land. 1970 besaß das oberste Zehntel der (West)-Deutschen 44 Prozent des gesamten Nettogeldvermögens. 2011 waren es 66 Prozent. ...

... Was sind schon Zahlen im Vergleich zu Interessen? Und was ist schon die Wirklichkeit im Vergleich zu den Strukturen der Macht? Die Industrie, die regierenden Parteien, große Teile der Medien, willfährige Forscher und Institute - sie alle helfen, die Tatsachen zu leugnen, zu relativieren, zu ignorieren. Das Kartell der Profiteure ist so stark, dass es auf die Wirklichkeit keine Rücksicht mehr nehmen muss. Es schafft sich seine eigene Wirklichkeit.

...  Die Ideologen des Neoliberalismus reden gerne von Leistung, die sich lohnen soll. Aber wir leben nicht in einer Leistungsgesellschaft, sondern in einem Ständestaat. In seiner Agenda-Rede hatte Schröder vor zehn Jahren gesagt: "Es darf nicht so bleiben, dass in Deutschland die Chance des Gymnasialbesuchs für einen Jugendlichen aus der Oberschicht sechs- bis zehnmal so hoch ist wie für einen Jugendlichen aus einem Arbeiterhaushalt." Und heute sagt Sigmar Gabriel im Bundestag immer noch: "Dieser Sozialstaat muss alles dafür tun, damit ererbter Status nicht zum Schicksal wird. Wir wollen nicht, dass die Frage der Herkunft das Schicksal der Menschen bestimmt."

Die sozialpolitischen Ziele wurden verfehlt. Die wirtschaftspolitischen wurden erreicht. Die Agenda-Politik, die Schröder erfunden hat und die Merkel fortsetzt, hat Deutschlands Wirtschaft gestärkt, aber die Deutschen geschwächt.

An seiner erschütternsten Stelle zeigt der Armutsbericht, wie wenig Illusionen sich die Menschen über die deutsche Wirklichkeit machen. Wenn man sie nach den Gründen für Reichtum in der Gesellschaft fragt, nennt gerade mal ein Viertel besondere Fähigkeiten oder harte Arbeit. Eine viel größere Anzahl dagegen führt die Herkunft an (46 Prozent) oder das soziale Netzwerk (39 Prozent). Die ganz Enttäuschten halten gleich Unehrlichkeit (30 Prozent) oder die Ungerechtigkeit des Wirtschaftssystems (25 Prozent) für die Wurzeln des Wohlstands.

Was ist erschreckender: der Realismus der Menschen oder ihre Passivität?


Aus: "Sozialpolitik: Armutszeugnis für Deutschland"
Eine Kolumne von Jakob Augstei (11.03.2013)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/jakob-augstein-der-armutsbericht-ist-ein-armutszeugnis-a-888000.html

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Quote[...] Die umstrittene Callcenter-Branche wächst - auch dank großzügiger Subventionen der Bundesregierung: 2011 flossen rund 36 Millionen Euro in den Sektor. Der Großteil waren Hartz-IV-Leistungen an Beschäftigte, deren Lohn nicht zum Leben reicht.

... Der größte Anteil der staatlichen Gelder fließt Regierungsangaben zufolge an Callcenter-Beschäftigte, deren Lohn nicht zum Leben reicht. So stockte die Bundesregierung 2011 den Lohn von Mitarbeitern der Branche mit 32,7 Millionen Euro Hartz-IV-Leistungen auf. Zwar arbeiten in Callcentern viele in Teilzeit oder als Minijobber. Aber selbst Vollzeitbeschäftigte erhielten den Angaben zufolge durchschnittlich 461 Euro pro Monat, weil sie sonst unter das Hartz-IV-Niveau gefallen wären.

Die Daten überraschen kaum, wenn man sich den Anteil der Callcenter-Beschäftigten anschaut, die ein Entgelt unterhalb der offiziellen Niedriglohnschwelle von 10,36 Euro brutto in der Stunde beziehen. Im Jahr 2010 - aktuellere Daten liegen nicht vor - waren es mehr als 68 Prozent. Der Niedriglohnanteil in Callcentern war damit dreimal so hoch wie in der Gesamtwirtschaft.

Neben den Hartz-IV-Leistungen bezuschusst der Staat die Callcenter zusätzlich. So gingen in den Jahren 2011/2012 noch mal rund fünf Millionen Euro als Fördermittel an die Branche, davon allein 3,4 Millionen Euro im Jahr 2011. In der Summe subventionierte der Staat die Firmen also in einem Jahr mit 36,1 Millionen Euro.

Die Fördergelder stammen aus Töpfen von Bund und Ländern zur "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur". Größte Profiteure waren die Länder Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Zu den geförderten Unternehmen zählen auch Callcenter großer deutscher Konzerne.

...


Aus: "Aufstocker: Callcenter kosten den Staat jährlich 36 Millionen Euro"
Von Yasmin El-Sharif (11.03.2013)
Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/callcenter-kosten-den-staat-jaehrlich-36-millionen-euro-a-888076.html

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Quote[...] Peer Steinbrück will sich als Partner der Wirtschaft positionieren. Bei einem vertraulichen Treffen mit einem Dutzend Wirtschaftsgrößen am Mittwochabend hat er seine industriepolitischen Vorstellungen erläutert.
... Steinbrücks Botschaft, so berichten Teilnehmer, sei gewesen: Die Wirtschaft brauche keine Sorge vor einer SPD-Regierung zu haben, auch in der Steuerpolitik werde es keine Wende nach links geben. In der SPD-Zentrale hieß es zu dem Treffen, dass sich Steinbrück jetzt intensiver als ,,wirtschaftsnah" positionieren wolle. ...


Aus: "Steinbrück umgarnt die Wirtschaft bei Geheimtreffen" (21.02.2013)
Quelle: http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/wahlkampfvorbereitung-steinbrueck-umgarnt-die-wirtschaft-bei-geheimtreffen/7821436.html

Textaris(txt*bot)

Quote[...] Was haben der Genfer See, Castrop-Rauxel, ein Sammellager für Asylbewerber in Bayern, eine Suppenküche in Thüringen und ein Sozialkaufhaus an der belgischen Grenze gemeinsam? Es sind Stationen innerhalb der Entstehungsgeschichte des Buches Schamland – Die Armut mitten unter uns, das am 12. April erscheint.

Für viele ist Hartz-IV die existentielle Entlassungsurkunde aus der Mehrheitsgesellschaft. Früher oder später überschreiten sie eine magische Grenze, hinter der sich die Tafeln als vermeintlich letzte Lösung aufdrängen. Gerne werden deshalb Hartz-IV-Empfänger von Behörden auf die Tafeln verwiesen. Doch allein beim Gedanken an eine Tafel legen die meisten einen inneren Schalter um. Das eigene Leben rattert durch die imaginäre Rechenmaschine des sozialen Vergleichs. Am Ende wird ein tristes Ergebnis ausgespuckt: versagt!

Die Tafeln mögen ein logistisches Erfolgsmodell sein, weil sie es schaffen, Lebensmittel von A nach B zu transportieren und auszugeben. Aber trotz all dieser Bemühungen wird konsequent übersehen, dass Tafeln zu einem Symbol des sozialen Abstiegs geworden sind, das den gesellschaftlichen Misserfolg derjenigen schonungslos offenlegt, die bei Tafeln euphemistisch "Kunden" genannt werden. Und diese Menschen überlegen sich dann, was eigentlich mit ihnen passiert ist. Immer wieder hörte ich diese Klage: Wir stehen vor der Tafel, aber wir stehen auch vor dem Abgrund unseres eigenen Lebens.

So haben Tafeln für viele einen bitteren Beigeschmack, denn das dort Erlebte wiegt das Erhaltene nicht auf. Bei Tafeln haben viele das Gefühl, nicht im Mittelpunkt zu stehen, sondern eher im Weg. Tafeln sind schambesetzte Stressräume, in denen um kleinste Gaben konkurriert wird. Sozial ist das alles nicht. Sozial ist etwas, auf das ein Anspruch besteht. Almosen sind, auch bei aller Freundlichkeit und Nettigkeit, gerade nicht sozial. Letztlich sind Tafeln eine wirtschaftliche und politische, aber keine soziale Lösung. Tafeln sind nichts anderes als gesellschaftlich arrangierte Bedürftigkeit. Sie sind Verharmlosungsagenturen, die nicht für Gerechtigkeit sorgen, sondern das Bedürfnis nach Verdrängung bedienen.

... Schamland ist ein exemplarischer Blick in den unverstellten Rückspiegel der eigenen Gesellschaft. Es zeigt die Hinterbühne eines reichen Landes aus der Sicht der Menschen, die arm sind inmitten von Reichtum. Die Kernthese des Buches ist, dass Tafeln die Ersatzprogrammatik im sich schleichend auflösenden Sozialstaat sind, das moralische Nadelöhr der Gegenwartsgesellschaft.

... Die Tafeln geraten immer stärker in den Fokus von Menschenrechtsorganisationen. Die Menschenwürde wird durch zahlreiche Erfahrungen bei Tafeln beschädigt – dieses Bild zeigte ich mir auf meiner Reise eindrücklich. Das Menschenrecht auf soziale und kulturelle Teilhabe ist offensichtlich in Deutschland ebenso beschädigt, wenn Bürgerinnen und Bürger mit Sachleistungen abgespeist werden. Almosen sind keine angemessene Kompensation für Rechte.

Im März 2013 hatte ich Gelegenheit auf einem "Side Event" bei der UNO in Genf zu Tafeln und Menschenrechten zu sprechen. Nimmt man eine globale Perspektive ein, so wird die Paradoxie von Armut im Reichtum schlagartig evident. Vertreter der Länder des Südens können nicht verstehen, welche Rückentwicklung in ein vormodernes Almosensystem in den letzten 20 Jahren in Deutschland vor sich ging, während im Süden Armut bekämpft und Teilhabe verbessert wurde. Die Welt steht Kopf.

... Ein Ende der Tafelbewegung durch geplante Selbstauflösung ist nicht in Sicht. Die immer wieder bemühte Rhetorik von der eigenen "Überflüssigkeit" erweist sich lediglich als Ritual. Praktisch ist vielmehr ein hoher Verstetigungs- und Institutionalisierungsgrad ersichtlich – die Tafeln sind zu einem System geworden. Sie sind weder eine soziale noch eine ökologische Bewegung, auch wenn sie dies auf ihrer Pressekonferenz in Berlin am 23. April verkünden werden. Sie haben kein Ziel, dass auf Veränderung und Transformation zielt, sie setzen lediglich immerzu das Gleiche fort. Sie "retten" Lebensmittel, aber sie bekämpfen keine Armut.

...


Aus: "Die Würde des Menschen ist unauffindbar" Stefan Selke (11.04.2013)
Quelle: http://www.heise.de/tp/artikel/38/38915/1.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Jedes vierte Kind im Alter von unter fünf Jahren auf der Welt leidet nach einem neuen Bericht des UN-Kinderhilfswerkes Unicef an Unterernährung. 165 Millionen Kinder seien aufgrund von Mangelernährung bereits im Mutterleib oder während ihrer ersten Lebensjahre in ihrer Entwicklung beeinträchtigt, heißt es in einem Bericht, der auf einer Konferenz zu Ernährungs- und Klimagerechtigkeit im Rahmen der irischen EU-Ratspräsidentschaft am Montag in Dublin vorgestellt wurde.

... Die Konferenz in Dublin, an der mehr als 100 Vertreter armer Regionen in der Welt teilnehmen, beschäftigt sich vor allem mit dem Zusammenhang von Unterernährung und Klimawandel. "Durch die schnellere Abfolge von Flutkatastrophen und Dürren, wird es schwieriger, Nahrung zu produzieren", sagte der irische Außenminister Eamon Gilmore, einer der Gastgeber. "Wir brauchen innovative Lösungen um die Bevölkerung in der ersten Reihe zu schützen", sagte er.

...


Aus: "165 Millionen Kinder leiden an Unterernährung" (15. April 2013)
Quelle: http://www.stern.de/gesundheit/schaeden-durch-mangelernaehrung-165-millionen-kinder-leiden-an-unterernaehrung-1997634.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Bei der schweren Hungerkatastrophe in Somalia zwischen Oktober 2010 und April 2012 sind mehr als eine Viertelmillion Menschen gestorben. Laut einem aktuellen Bericht der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) sowie der US-Organisation Hunger-Frühwarnsystem-Netzwerk (FEWS NET) starben in dieser Zeit 258.000 Menschen.

Dies sind weit mehr Menschen als bislang angenommen. Dem Hunger und der schweren Ernährungsunsicherheit seien 133.000 Kinder unter fünf Jahren zum Opfer gefallen, heisst es in dem Bericht.

Die UNO hatte im Juli 2011 die Krise in mehreren Regionen Somalias offiziell zur Hungersnot erklärt. Wie andere Staaten am Horn von Afrika litt das Land unter einer extremen Dürre, von der insgesamt mehr als 13 Millionen Menschen betroffen waren.

In Somalia starben Zehntausende Menschen, Hunderttausende flohen in die Nachbarländer. Im Februar erklärte die Uno die Hungersnot offiziell für beendet; Hunger und Dürre dauerten aber an.



Aus: "Mehr als 250.000 Tote durch Hungersnot in Somalia" (2. Mai 2013)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/panorama/un-bericht-mehr-als-tote-durch-hungersnot-in-somalia-1.1663218


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Schuldgefängnisse - und ihre mittelalterlichen Vorläufer, die Schuldtürme - sind seit dem 19. Jahrhundert passé. In den USA ist diese Praxis seit 1833 illegal, 1983 erklärte sie der Supreme Court für verfassungswidrig: Es sei "unfair", eine "mittellose Person wegen Zahlungsunfähigkeit zu inhaftieren".

Die Realität sieht anders aus. ... In 18 US-Staaten stecken die Gerichte Schuldner heute wieder gerne ins Gefängnis. Viele dieser Gerichte finden sich im Süden (Alabama, Arkansas, Florida, Tennessee) oder im Mittleren Westen (Illinois, Indiana, Minnesota, Missouri). ...

... Seit sich die ACLU und das Brennan Center hinter das Thema klemmen, horcht die Justiz auf. In Ohio traf sich Maureen O'Connor, die Vorsitzende des dortigen Obersten Gerichts, mit den Aktivisten und versprach nach Angaben Brickners, Merkkärtchen an die Richter zu verteilen, um sie an die Rechtslage zu erinnern ...


Aus: "Schuldnerhaft in den USA: Aus Armut in den Knast" Marc Pitzke, New York (12.06.2013)
Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/schuldgefaengnisse-in-den-usa-treffen-die-armen-a-904042.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] In Deutschland leben 3,1 bis 4,9 Millionen Menschen in verdeckter Armut. Das heißt, dass sie kein Hartz IV beantragen, obwohl sie wegen geringen Einkommens oder Vermögens Anspruch darauf hätten. Zu diesem Ergebnis kommt das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in aktuellen Simulationsrechnungen für das Arbeitsministerium. Umgerechnet verzichten zwischen 34 und 44 Prozent der Berechtigten auf staatliche Unterstützung, mehr als jeder dritte. Als mögliche Gründe, warum kein Leistungsantrag gestellt wird, nennen die IAB-Forscher in der 247-seitigen Studie Unwissenheit, Scham oder eine nur sehr geringe zu erwartende Leistungshöhe oder –dauer.

Politisch bedeutsam sind diese Zahlen für die Höhe der Hartz-IV-Regelsätze. Denn die richtet sich nach den Konsumausgaben der unteren 20 Prozent der Einkommensbezieher – Hartz-IV-Empfänger werden dabei ausgenommen, um keine Verarmungsspirale in Gang zu setzen. Die Regelsatzberechnung war 2011 nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts geändert worden. Die Richter hatten damals auch festgestellt, dass die Einbeziehung von verdeckt armen Haushalten in die Referenzgruppe "die Datenbasis verfälschen" würde. Bei der Auswertung künftiger Einkommens- und Verbrauchsstichproben solle der Gesetzgeber darauf achten, diese zu entfernen.

Dann müssten aber auch die Regelsätze steigen. Rechnet man die verdeckt Armen heraus, so steigen die Konsumausgaben bei Alleinstehenden laut IAB im Schnitt um bis zu 2,4 Prozent, bei Paaren mit einem Kind um bis zu 5,5 Prozent. Das Bundesarbeitsministerium bezeichnet die Zahl der verdeckt Armen als "beträchtlich", will aber die Berechnung nicht ändern. Würde diese Personengruppe herausgerechnet, "käme es durch die an deren Stelle nachrückenden Haushalte mit höherem Einkommen tendenziell zu einer Verlagerung der Referenzgruppe in den mittleren Einkommensbereich", heißt es dazu im aktuellen Regelbedarfsbericht, der am Mittwoch im Sozialausschuss beraten wurde.

...


Aus: "Mehr als jeder Dritte verzichtet auf Hartz IV"  Cordula Eubel (01.07.2013)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/2013-06/verdeckte-armut-hartz-iv


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Quote[...]  Es war ein bedeutender Moment in der Geschichte der Vereinten Nationen: Die 55. Vollversammlung im September 2000 in New York wurde zum "Millennium-Gipfel". Auf der bisher größten Zusammenkunft von Staats- und Regierungschefs wurden erstmals konkrete, auf einen bestimmten Zeitrahmen bezogene Ziele zur Bekämpfung der größten Probleme der Menschheit formuliert. Im Zentrum stand die Bekämpfung von extremer Armut und Hunger. Die damals 189 Mitgliedstaaten unterzeichneten acht Ziele mit 21 Unterpunkten. Als Basisjahr wurde 1990 festgelegt, als Zieljahr 2015.

Seither zieht die UNO jährlich Bilanz, jeweils aus Anlass ihrer Vollversammlung, die am Dienstag in New York zu Ende geht. Der Zwischenstand: In fast allen Bereichen der sogenannten Millenniumsziele wurden im Vergleich zu 1990 Fortschritte erzielt. Bei genauerem Hinsehen stellt man aber fest: Konkret werden bis 2015 wohl nur drei der 21 Unterpunkte erreicht. Und die Zahlen des UN-Millenniumsberichts zeigen: Vor allem im südlichen Afrika ist die Lage weiter dramatisch.

Das erste und wohl wichtigste Millenniumsziel war die Halbierung der extremen Armut und des Hungers. Die Vereinten Nationen setzten sich das Ziel, zwischen 1990 und 2015 den Anteil der Menschen zu halbieren, deren Einkommen weniger als 1 Dollar pro Tag beträgt - heute rechnet man aufgrund der Preisentwicklungen mit 1,25 Dollar. Dieses Ziel ist erreicht worden. Heute leben etwa 700 Millionen Menschen weniger in extremer Armut als 1990.

Dazu beigetragen hat vor allem die positive Entwicklung in Südostasien und China. In China wurde der Anteil von 60 Prozent auf 12 Prozent (2010) verringert. Ein Erfolg - allerdings leben immer noch 162 Millionen Chinesen in extremer Armut.

Große Sorge bereitet der südlich der Sahara gelegene Teil Afrikas. Noch immer leben dort 48 Prozent der Bevölkerung in extremer Armut. Der Rückgang beträgt hier nur acht Prozent. Zudem ist die absolute Zahl extrem armer Menschen in der Region aufgrund des enormen Bevölkerungswachstums stark angestiegen: Von 290 Millionen auf 414 Millionen Menschen.

Extreme Armut entsteht oft durch einen Teufelskreis: Wer arm ist, findet durch fehlende Bildung und schlechte Gesundheit keinen Zugang zu produktiver Beschäftigung. Auch mit fehlenden Umweltressourcen, Krieg, Korruption oder schlechter Regierungsführung haben die Menschen in den Entwicklungsländern zu kämpfen.

Ebenfalls erreicht wurde das Ziel, den Anteil der Menschen zu halbieren, die keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben. Noch immer müssen aber etwa eine Milliarde Menschen schmutziges Wasser trinken. Auch das Vorhaben, die Lebensbedingungen von mindestens 100 Millionen Slumbewohnern erheblich zu verbessern, konnte bereits lange vor 2015 umgesetzt werden - wobei die absolute Zahl der Slumbewohner wächst, auch wegen der zunehmenden Verstädterung.

Drei Erfolgsmeldungen also, doch wenn der derzeitige Trend beibehalten wird, werden die übrigen Ziele in den verbleibenden zwei Jahren nicht mehr erreicht. Unter anderem sollte allen Kindern der Welt der Abschluss einer Grundschulausbildung ermöglicht werden. Dies wird bis 2015 nicht der Fall sein. Allerdings gibt es hier deutliche Fortschritte, gerade auch in der Gleichstellung von Mädchen und Jungen. In Entwicklungsländern verlassen heute zehn Prozent der Kinder die Schule vor dem Ende der Grundschule, 1990 waren es noch zwanzig Prozent.

Die Sterblichkeitsrate von Kindern unter fünf Jahren und von Müttern konnte nicht so stark gesenkt werden wie erhofft. In Afrika stirbt immer noch jedes neunte Kind unter fünf Jahren, zumeist an vermeidbaren Krankheiten. Im Vergleich zu 1990 sind es weltweit aber 41 Prozent weniger. Die Zahl der Todesfälle von Müttern bei der Geburt ist fast halbiert worden, Ziel war allerdings ein Rückgang um drei Viertel. Klar verfehlt wird auch das Ziel, die Ausbreitung von HIV zum Stillstand zu bringen. Im südlichen Afrika infiziert sich jährlich jeder hundertste Mensch neu mit HIV, eine Behandlung erhalten in Entwicklungsländern nur 55 Prozent der Infizierten.

Auch ökologische Nachhaltigkeit war eines der Millenniumsziele. Davon kann momentan keine Rede sein. Der CO2-Ausstoß ist seit 1990 weltweit um mehr als 46 Prozent gestiegen. Fast ein Drittel der Meere ist überfischt und in Südamerika und Afrika werden jährlich Millionen Hektar Wald zerstört. Das Artensterben hält an. Immerhin stehen heute etwas mehr Land- und Meeresflächen unter Schutz als noch 1990.

Vereinbart wurde auf dem Millenniumsgipfel auch der Aufbau einer weltweiten Entwicklungspartnerschaft. Der Erfolg ist schwierig zu messen. Die öffentliche Entwicklungshilfe belief sich 2012 auf knapp 126 Milliarden Dollar - mehr als im Jahr 2000, aber weniger als noch 2011. Deutschland war 2012 mit 13,1 Milliarden Dollar nach den USA und Großbritannien das drittgrößte Geberland. Der Anteil der Entwicklungshilfe an der Wirtschaftsleistung der Geberländer ist im Vergleich zu 1990 nicht gestiegen, zwischenzeitlich lag er sogar deutlich unter dem damaligen Wert.

...


Aus: "Bilanz zu Millenniumszielen: Extreme Armut sinkt weltweit um die Hälfte" Jan Wittenbrink (01.10.2013)
Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/un-vollversammlung-in-new-york-zwischenbilanz-zu-millenniumszielen-a-924976.html


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#194
Quote[...] Hamburg - In Großbritannien sind offenbar immer mehr Menschen auf fremde Hilfe zum Überleben angewiesen. Laut einem Bericht der Zeitung "Independent" will das Rote Kreuz in diesem Winter erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg wieder Lebensmittel sammeln und verteilen. Dazu würden freiwillige Helfer in Supermärkten um Essen und Trinken bitten. Die Wohltätigkeitsorganisation FareShare solle die Hilfspakete dann an Armenküchen im ganzen Land verteilen.

Auch in anderen Staaten Europas hat sich die Lage laut einer Studie der Internationalen Föderation von Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften (IFRC) drastisch verschlechtert. So sei die Zahl der Menschen, die von den nationalen Hilforganisationen in 22 Ländern mit Lebensmitteln versorgt würden, in den vergangenen drei Jahren um 75 Prozent gestiegen - von zwei auf 3,5 Millionen. Insgesamt könnten sich 43 Millionen Bürger in Europa nicht genug zu essen leisten.

"Europa ist mit der schlimmsten humanitären Krise seit sechs Jahrzehnten konfrontiert", ließ IFRC-Generalsekretär Bekele Geleta mitteilen. Die Hilfsorganisationen machen vor allem den drastischen Sparkurs vieler Staaten für den Notstand verantwortlich. "Wir verstehen zwar, dass die Regierungen sparen müssen", sagte Geleta, "aber wir raten dringend von willkürlichen Einschnitten in die Gesundheits- und Sozialsysteme ab."

Der Trend zu mehr Hunger und Armut sei in ganz Europa zu spüren, sagte Geleta, nicht nur in den eigentlichen Krisenländern. Laut der Studie ist die Zahl der Menschen, die unter der Armutsgrenze leben, auch in Staaten wie Frankreich oder Deutschland gestiegen. Selbst Menschen mit einer Arbeitsstelle müssten immer häufiger um zusätzliche Unterstützung bitten.

Noch besorgniserregender sei die Situation aber in Ländern wie Griechenland, Italien oder Spanien. Allein in der italienischen Wirtschaftsmetropole Mailand seien mehr als 50.000 Menschen auf Lebensmittelhilfe angewiesen.

Wie ernst die Lage in Spanien ist, zeigt auch ein am Donnerstag veröffentlichter Bericht der Caritas. Demnach habe sich die Zahl der extrem armen Menschen in dem Land seit Beginn der Wirtschaftskrise 2008 verdoppelt. Mehr als sechs Prozent der spanischen Bevölkerung, etwa drei Millionen Menschen, hätten im vergangenen Jahr mit 307 Euro oder weniger im Monat auskommen müssen.

stk/dpa

QuoteRotes Kreuz verteilt Lebensmittel
wurzelbär heute, 12:36 Uhr
in England ! Um dem Ansehen nicht zu schaden, sagt man in Deutschland man geht zum Tafeln. Ist doch nichts anderes, hört sich aber besser an!

http://forum.spiegel.de/f22/erstmals-seit-zweitem-weltkrieg-rotes-kreuz-verteilt-lebensmittel-grossbritannien-102965-5.html#post13959730

Quote
52.
jueze71 heute, 12:42 Uhr
[Zitat von bombi_22]die große Verirrung der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts namens Sozial-/Wohlfartsstaat hinter uns zu lassen. Merke: Erst wenn man selbst vor Hunger kaum denken kann oder sich die hungrigen Kinder in den Schlaf weinen, erblühen wieder Unternehmergeist, Eigeninitiative und Eigenverantwortung.....
Ich verstehe: Alle auf Dauer Hungernden sind faul, dumm und verantwortungslos.

Sie sind etwas ganz besonderes. Sie kamen ohne Hirn auf die Welt und haben dennoch schreiben gelernt.

http://forum.spiegel.de/f22/erstmals-seit-zweitem-weltkrieg-rotes-kreuz-verteilt-lebensmittel-grossbritannien-102965-6.html#post13959832

Quote
58.
james-100 heute, 12:53 Uhr
[Zitat von bombi_22]die große Verirrung der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts namens Sozial-/Wohlfartsstaat hinter uns zu lassen. Merke: Erst wenn man selbst vor Hunger kaum denken kann oder sich die hungrigen Kinder in den Schlaf weinen, erblühen wieder Unternehmergeist, Eigeninitiative und Eigenverantwortung.....

Stimmt, soviel Eigenverantwortung wie die Zockerbankster, die Aktionäre, die Anleger und Investoren maroder Banken gezeigt haben. Die haben ja allesamt mit ihren Vermögen, Einlagen und Eigenkapital gehaftet.
http://forum.spiegel.de/f22/erstmals-seit-zweitem-weltkrieg-rotes-kreuz-verteilt-lebensmittel-grossbritannien-102965-6.html#post13960019

Quote. In den siebziger/achtziger Jahren ...
naseweiser heute, 13:03 Uhr
hatten wir in der EG/EU Getreide- und Fleischberge , Milch- und Weinseeen , die mit Milliardenaufwand verwaltet und schließlich teilweise exportiert bzw. verscherbelt werden mußten. Wie schafft es der homo sapiens sapiens eigentlich, durch eine Überproduktionskrise kombiniert mit Kaufkraftverlust von Millionen Menschen auf eine allgemeine Notstandssituation hin zuzusteuern ? Und das nicht zum ersten Mal . Müßte er nicht endlich drauf kommen , dass es am "System" liegen könnte? ...

http://forum.spiegel.de/f22/erstmals-seit-zweitem-weltkrieg-rotes-kreuz-verteilt-lebensmittel-grossbritannien-102965-8.html#post13960159


Aus: "Erstmals seit Zweitem Weltkrieg: Rotes Kreuz verteilt Lebensmittel in Großbritannien" (11.10.2013)
Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/rotes-kreuz-in-grossbritannien-verteilt-lebensmittel-a-927283.html

http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/rotes-kreuz-43-millionen-europaeer-koennen-sich-kein-essen-leisten-a-927251.html

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Quote[...] Der deutsche Durchschnittsstudent verfügt laut der Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks über 864 Euro im Monat - und gilt damit nach den Kriterien des Bundes genauso als "armutsgefährdet" wie viele Hartz-IV-Empfänger oder ältere Menschen mit Mini-Renten. Die Grenze ist für einen alleinlebenden Menschen momentan dann unterschritten, wenn er mit weniger als 980 Euro pro Monat auskommen muss.

Viele Ausgabestellen der Deutschen Tafel versorgen daher nun auch verstärkt Studenten mit kostenlosen oder stark verbilligten Lebensmitteln und Körperpflegeprodukten. "Die Zahl der Studenten, die zu uns kommen, ist in den vergangenen Monaten sehr stark gewachsen", sagt Manfred Baasner, Vorsitzender der Wattenscheider Tafel, die sich auch um Menschen im benachbarten Bochum kümmert. Dort studieren etwa 40.000 junge Männer und Frauen. Studentische Kundschaft vermelden unter anderem auch Tafel-Ehrenamtliche aus den Uni-Städten Berlin, Leipzig und Paderborn.

In Münster wird sogar darüber nachgedacht, eine Ausgabestelle direkt an der Uni zu eröffnen: Damit wäre die Hemmschwelle deutlich niedriger, das Angebot von Gratis-Lebensmitteln anzunehmen, glaubt der Vorstand des münsterschen Tafel-Vereins.


Aus: "Lebensmittel für lau: Wenn Studenten günstig tafeln" (21.01.2014)
Quelle: http://www.spiegel.de/unispiegel/wunderbar/armut-tafel-wattenscheid-hat-studenten-als-kunden-a-939006.html


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Quote[...] Noch 50 Dollar im Geldbeutel, für eine Woche. Das könnte knapp werden. Dieses mulmige Gefühl kennt Paul Vaughn, Student an der George Mason University im US-Staat Virginia. Es gab Zeiten, da hatte er parallel zwei Nebenjobs - und selbst damit reichte das Geld kaum für das Allernötigste, erinnert er sich. "Fast so schlimm wie der Hunger selbst ist der Stress, dass man hungrig sein wird", erzählte Vaughn kürzlich der "Washington Post".

"Es gibt tatsächlich Studenten, die hungrig ins Bett gehen oder nicht wissen, was sie morgen essen sollen", sagt Nate Smith-Tyge. Er ist Leiter der Studententafel an der MSU-Universität im Staat Michigan. 30 bis 40 ehrenamtlich engagierte Studenten verteilen hier alle zwei Wochen Essenspakete an bedürftige Kommilitonen. Über die Theke gehen dann unter anderem Brot, Nudeln und Früchte - alles finanziert durch Spenden. "Wir bitten die Leute darum, alles mitzunehmen, was sie brauchen - aber nicht mehr als sie brauchen", sagt Smith-Tyge. Das funktioniere in der Regel auch gut. Er hofft dennoch, dass diese Form der sozialen Hilfe keine Dauerlösung wird.

Mehr als 4000 Studenten versorgt die Tafel so jährlich, bis zu 300 allein bei einer einzelnen Essensausgabe - und sie ist mittlerweile nicht mehr allein. "Langsam realisieren auch andere Universitäten, dass immer mehr Studenten nicht wissen, wo sie ihre nächste Mahlzeit herbekommen", sagt Smith-Tyge. An mehr als 120 US-Hochschulen gebe es mittlerweile Studententafeln, zum Beispiel an der University of Missouri im Mittleren Westen der USA oder an der Oregon State University an der Westküste - noch vor fünf Jahren habe es bundesweit gerade einmal neun Studententafeln gegeben.

Wie verbreitet existentielle Sorgen unter US-Studenten sind, zeigen Umfragen: So gaben an der City University New York im Jahr 2011 knapp 23 Prozent der Studenten an, aus finanziellen Gründen manchmal hungrig zu sein. An der ländlich gelegenen Western Oregon University an der US-Westküste teilten laut einer aktuellen Umfrage sogar fast 60 Prozent der Studenten die Sorge, nicht genügend Geld für Lebensmittel zu haben.

Der große Ansturm auf die Studententafeln mag nicht zuletzt an den hohen Studiengebühren in den USA liegen. Dem Verband College Board zufolge stiegen sie in den vergangenen zehn Jahren an Privatuniversitäten um 25 Prozent, an staatlichen Hochschulen um 51 Prozent. So kostet ein Studium in den USA zwischen 3000 bis mehr als 40.000 Dollar im Jahr. Wer keine wohlhabende Familie oder ein Stipendium hat, muss sich dafür extrem verschulden: Rund 70 Prozent der US-Absolventen studiertem im Jahr 2013 auf Kredit, zeigt eine Umfrage des Finanzunternehmens Fidelity; sie verließen die Universität im Schnitt mit 35.000 Dollar Schulden (etwa 25.000 Euro).

... Auch in Deutschland versorgen immer mehr Ausgabestellen der Deutschen Tafel mittlerweile auch Studenten. "Die Zahl der Studenten, die zu uns kommen, ist in den vergangenen Monaten sehr stark gewachsen", sagt Manfred Baasner, Vorsitzender der Wattenscheider Tafel, die sich auch um Menschen im benachbarten Bochumkümmert. Dort studieren etwa 40.000 junge Männer und Frauen. Studentische Kundschaft vermelden unter anderem auch Tafel-Ehrenamtliche aus den Unistädten Berlin, Leipzig und Paderborn.

...


Aus: "Tafeln an US-Unis: "Es gibt Studenten, die hungrig ins Bett gehen"" (11.05.2014)
Quelle: http://www.spiegel.de/unispiegel/wunderbar/studienfinanzierung-in-den-usa-tafeln-fuer-arme-studenten-a-968548.html


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#197
Quote[...] Derzeit erhalten gerade einmal 2,7 Prozent der 65 oder mehr Jahre alten Menschen die staatliche Grundsicherung im Alter, sozusagen das Hartz IV für Senioren.

Bundesweit waren das 2012 knapp 465 000. Hinzu kommen 435 000 jüngere Personen, die zu krank sind, um noch arbeiten zu können. Ihre Erwerbsminderungsrente ist so niedrig, dass sie ebenfalls diese Grundsicherung vom Staat zum Überleben brauchen.

In Zukunft dürften deutlich mehr Ruheständler die Hilfe vom Steuerzahler benötigen. Der Paritätische Wohlfahrtsverband rechnet damit, dass 2025 bereits jeder zehnte Rentner auf die Grundsicherung im Alter angewiesen sein wird. Der Rentenpräsident selbst nennt lieber keine Zahlen, aber auch er befürchtet eine wachsende Altersarmut, ob bei Solo-Selbständigen mit einem geringen Einkommen, Langzeitarbeitslosen oder Arbeitnehmern mit dauerhaft geringen Löhnen.

Nun hat die Bundesregierung Zahlen vorgelegt, die neuen Stoff für die Diskussion um die Altersarmut liefern. Demnach erwartet das Bundesarbeitsministerium in den nächsten vier Jahren weiter kräftig steigende Kosten für die Sicherung der Existenz von armen alten Menschen. Dies ergibt sich aus der Aufstellung des Haushalts für 2014 und Antworten des Ministeriums auf Fragen der Linken-Bundestagsfraktion, die der SZ vorliegen.

... Im laufenden Jahr 2014 muss der Bund voraussichtlich 5,493 Milliarden Euro lockermachen, um die Existenz von 65-Jährigen und Älteren sowie von Erwerbsgeminderten zu sichern. 2018 werden es nach den Planungen des Arbeitsministeriums bereits 7,154 Milliarden Euro sein - etwa 1,7 Milliarden Euro zusätzlich. Nimmt also die Altersarmut schon in den nächsten Jahren rasant zu?

... Ein Hauptgrund für die höheren Ausgaben ist für das Ministerium die demografische Entwicklung. "In den kommenden Jahren wird die Anzahl der 65-Jährigen und Älteren an der Gesamtbevölkerung weiter ansteigen und damit auch die Anzahl der Anspruchsberechtigten", sagt der Sprecher. Außerdem könnten sich die Kosten auch vergrößern, ohne dass die Anzahl der armen Alten entsprechend zunimmt, etwa weil wegen steigender Mietpreise Unterkünfte teuer werden.

2013 belief sich die Grundsicherung im Alter im Durchschnitt auf 707 Euro im Monat. Die Höhe hängt aber stark von den Kosten fürs Wohnen und damit vom Wohnort ab sowie vom anrechenbaren eigenen Einkommen. Trotzdem hält der rentenpolitische Sprecher der Linken, Matthias Birkwald, die Haushaltszahlen für alarmierend: "Das Rentenpaket ändert nichts an der deutlich hörbar heranrauschenden Welle neuer Altersarmut", sagt der Bundestagsabgeordnete. Das allgemeine Rentenniveau werde durch das Rentenpaket, für das alle Ruheständler durch geringere Rentenerhöhungen zahlen müssten, sogar "noch tiefer sinken".

Quotepob11 vor 3 Stunden

Ja sicher, was soll denn sonst das Ergebnis von Minilöhnen, H4, Kettenverträgen, Zeitarbeit, usw. zusammen mit dem abgesenkten Rentenniveau sein ?

Die Arbeitsmarkt"reformen" der Ära Schröder waren eben nicht der Garant für Wohlstand, sondern mitten in der Gesellschaft deponierte Zeitbomben. Das ist nun wirklich keine neue Erkenntnis.


QuoteJP255 In der letzten Stunde

Nierdiglöhne, Löhne die seit 20 Jahren stagnieren, Zerstörung der gesetzlichen Rente und vieles mehr. Alles Faktoren, die Armut im Alter hervorrufen. Das ist gewollt und ein Ergebnis dieser neoliberaler Politik. Kohl, Schröder und Merkel wollten und wollen das so und sie wurden und werden gewählt. ...


...


Aus: "Bundesregierung erwartet steigende Kosten für arme Alte" Thomas Öchsner, Berlin (24. Juni 2014)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/diskussion-um-altersarmut-bundesregierung-erwartet-steigende-kosten-fuer-arme-alte-1.2012109

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#198
Quote[...] Hamburg - Die Zahl der Stromsperren hat sich im vergangenen Jahr erneut erhöht. 344.798 Haushaltskunden in der Grundversorgung wurde 2013 zeitweise der Strom abgeklemmt, heißt es im Monitoringbericht der Bundesnetzagentur (BNetzA), der offiziell Anfang Dezember vorgestellt werden soll und der SPIEGEL ONLINE vorab vorliegt. Das waren gut 23.000 Sperrungen mehr als 2012 und rund 33.000 mehr als 2011.

Noch weit mehr Haushalte haben Probleme mit ihrer Stromrechnung. Fast sieben Millionen Mahnverfahren seien 2013 so weit gegangen, dass die Lieferanten ankündigten, den Strom zu kappen, heißt es sinngemäß im Monitoringbericht. 2011 hatte es rund sechs Millionen solcher Drohungen gegeben.

Stromversorger können die Belieferung von Haushalten mit elektrischer Energie einstellen, wenn Rechnungen trotz Mahnverfahren über längere Zeit nicht bezahlt werden. Allerdings muss die Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis zur ausstehenden Summe stehen und darf nicht die Gesundheit zum Beispiel von kranken Menschen oder Kindern gefährden. Daneben kann eine Stromsperre auch mit dem Verstoß gegen Sicherheitsvorschriften oder Stromdiebstahl durch das Umgehen von Zählern begründet werden.

Hauptgrund für die wachsenden sozialen Probleme sind die stark steigenden Strompreise. Seit 2002 haben sich die Kosten für die Verbraucher fast verdoppelt. Auch 2013 und 2014 zogen die Strompreise kräftig an, einerseits weil die Umlage für erneuerbare Energien stieg, andererseits weil die großen Stromversorger sinkende Kosten nicht an die Verbraucher weitergaben.

...

QuoteBei 39 Mio Haushalten
kalim.karemi heute, 14:17 Uhr
Sind das weniger als 1%, dieser Quote wurde der Strom sicher auch in der Vergangenheit abgedreht. Wem die Packung Kippen wichtiger ist als Licht im Wohnzimmer, der muss halt die Konsequenz tragen.

Quote7 Millionen Haushalte betroffen
Poco Loco heute, 15:04 Uhr

Ich weiss nicht wie Sie auf 1 % kommen, wenn 7 Millionen Haushalte zumindest angemahnt werden müssen? Das zeigt doch, dass deutlich mehr Haushalte Probleme damit haben den Strom zu bezahlen, nach meiner Rechnung sind das fast 18 % der Haushalte.

http://www.spiegel.de/forum/wirtschaft/bundesnetzagentur-rund-345000-haushalten-wurde-der-strom-gesperrt-thread-192732-3.html#postbit_20891389




Aus: "Bundesnetzagentur: Rund 345.000 Haushalten wurde der Strom gesperrt" Stefan Schultz (22.11.2014)
Quelle:  http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/strom-laut-bundesnetzagentur-waren-345-000-haushalte-mit-stromsperre-a-1004435.html#js-article-comments-box-pager


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#199
Quote[...] Nicht nur Bruttoinlandsprodukt und Einkommen steigen – sondern auch die Armutsquote, mahnt jetzt ein Bericht des Paritätischen Gesamtverbands. Mit 12,5 Millionen Menschen hierzulande gelten so viele als arm wie noch nie. Es sind 15,5 Prozent der Bevölkerung, die laut Bericht unterhalb der Armutsgrenze leben; und das im viertreichsten Land der Welt, das mit 5,4 Prozent zudem die niedrigste Arbeitslosenquote in ganz Europa hat. Nur im angeschlagenen Griechenland, in Bulgarien, Italien und Portugal leben noch mehr arme Menschen als hier.

Wie passt das zusammen? Eine erste Erklärung ergibt sich aus der Statistik selbst: Als "arm" gelten per Definition all diejenigen, die weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung haben. In Deutschland ist das der Fall, so schlüsselt der Bericht des Paritätischen Gesamtverbandes auf, wenn Alleinlebende weniger als 979 Euro im Monat zum Leben haben und ein Vier-Personenhaushalt weniger als 1.873 Euro.

Manche Ökonomen und Journalisten kritisieren diese "relative Armutsdefinition", wie sie im Jargon der Statistiker genannt wird. Die Berechnungsmethode sei Quatsch, denn sie bilde die wirtschaftliche Dynamik hierzulande nicht ab, weil sie bedeute: Wenn die Wirtschaft wächst und alle Beschäftigten mehr verdienen, dann steigt auch das Einkommen aller – und damit natürlich auch die 60-Prozent-Schwelle.

Und plötzlich finden sich ganz automatisch mehr Leute unter der entscheidenden Einkommensgrenze, obwohl sie finanziell gar nicht schlechter gestellt sind als zuvor. Statt wirklich Armut zu messen, gebe der Bericht des Paritätischen Verbandes deshalb höchstens Aufschluss über die bestehenden Einkommensunterschiede.

Ist die gestiegene Armut also nichts anderes als ein Statistiktrick? Ganz so einfach ist es offenbar nicht. Denn wenn die Einkommensunterschiede zunehmen, dann bedeutet das wohl, dass nicht alle Menschen dieses Landes gleichermaßen vom Wirtschaftswachstum profitieren. Nur ein gewisser Teil gewinnt.

Genau so ist es, sagt Armutsforscher Ernst-Ulrich Huster, Professor für Politikwissenschaft der Universität Gießen: "In den letzten Jahren haben nur die oberen zehn Prozent der Einkommensbezieher satte Zuwächse erzielt." Die unteren 20 Prozent hingegen hätten Einbußen hinnehmen müssen – und am stärksten gelitten hätten die ärmsten zehn Prozent.

... Die radikalere These ist: Es gibt nicht trotz des Booms mehr Arme in diesem Land. Vielmehr war der Boom nur möglich, weil die Wirtschaft mehr Menschen in die Armut gedrängt habe. Es gibt einige Forscher, die diese Meinung vertreten und mit Zahlen belegen. Zum Beispiel die Juristin Helga Spindler, Professorin für Sozial- und Arbeitsrecht an der Universität Duisburg-Essen, sie sagt: "Die Armutsentwicklung hat nicht automatisch etwas mit Konjunktur, steigenden Gewinnen und Erträgen zu tun, sondern hängt natürlich davon ab, ob das Geld auch an Arbeitnehmer und Dienstleister weitergegeben wird."

Das sei aber nicht der Fall. Laut Armutsbericht der Bundesregierung verdienten in den 1990er Jahren 17 Prozent der Beschäftigten Niedriglöhne. Heute seien es bereits 23 Prozent, die weniger als 9,15 Euro pro Stunde erhalten. Über zwei Millionen Erwerbstätige bekämen sogar weniger als sechs Euro die Stunde, mahnt die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di.

Das durchschnittliche Monatsbrutto eines Vollzeitbeschäftigten beträgt 2.575 Euro, das sind rund 1.650 Euro netto. In einigen Branchen aber liegt es noch weit darunter: Im Handel und Bau sind eher 1.500 Euro die Regel – brutto wohlgemerkt. Und im Gastgewerbe sind 1.094 Euro der Schnitt. Dazu kommen noch knapp eine halbe Million Kleinselbständige, die oft sogar für nur fünf Euro die Stunde schuften.

Das führt dazu, dass hierzulande etwa drei Millionen Menschen "arm trotz Arbeit" sind, sagt Armutsforscher Huster. Das sind 25 Prozent mehr als noch 2008, bestätigen Daten des Statistischen Bundesamts.

Es gibt 1,3 Millionen Aufstocker, die trotz sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung Hartz-IV in Anspruch nehmen müssen, um über die Runden zu kommen – und wie hoch die Dunkelziffer derer ist, die aus Stolz oder Unwissenheit keine Stütze beantragen, erfasst keine Statistik. Weitere 2,6 Millionen Beschäftigte gehen nebenbei einem Minijob nach, weil das Geld andernfalls nicht reicht, beziffert die Bundesagentur für Arbeit.

Den extremen Wenigverdienern könnte der neu eingeführte Mindestlohn nun wohl helfen, ein Einkommen oberhalb der Sicherungsgrenze von 979 Euro zu verdienen, so sagt Huster, vorausgesetzt er wird auch tatsächlich gezahlt. Die Frage, ob das dann für alle Mitbewohner im Haushalt reicht, sei jedoch eine andere.

Hat Deutschland sein Beschäftigungswunder also nur erreicht, weil zwar mehr Menschen arbeiten, aber in immer prekäreren Arbeitsverhältnissen, wie Kritiker längst sagen? "Unumwunden: so ist es", findet Huster: Es gebe sieben Millionen prekär Beschäftigte hierzulande, ebenfalls sieben Millionen im Mindestlohnsektor, wobei Überschneidungen zwischen beiden möglich sind. Problematisch sei vor allem die Zunahme an Minijobs, schlechter bezahlter Leiharbeit, Werk- und Honorarverträgen und befristeten Verträgen, sagen die Forscher. Die Hälfte aller neu Eingestellten bekommt nur noch befristete Verträge. "Und unter allen Erwerbstätigen tragen die befristet Beschäftigten das größte Armutsrisiko", warnt Juristin Spindler.

Auch die OECD stellt fest, dass sich der deutsche Arbeitsmarkt zwiegespalten hat: in einen sicheren Sektor mit kündigungsgeschützten Stellen ohne Befristung, in dem die Beschäftigten gutes Gehalt verdienen und von regelmäßigen Lohnsteigerungen profitieren. Und in einen ungeschützten Bereich mit Befristungen, wenig Schutz und kleinem Lohn. Gerade der letztere wächst.

Deshalb warnt die Sozialrechtlerin Spindler: "Die bloßen Erwerbstätigenzahlen sagen zu dem Problem der Armut überhaupt nichts aus. Man muss auch sehen, dass trotz mehr Erwerbspersonen und weniger Arbeitslosen in der Summe nicht mehr verdient wird, weil das Arbeitsvolumen nicht steigt." Das ist heute genauso hoch wie im Jahr 1993, obwohl die Arbeitskräfteschar seither um fast fünf Millionen stieg. Das bedeutet: Obwohl viel mehr Deutsche arbeiten, verdienen alle zusammen nicht mehr als vor 20 Jahren, weil das Geld auf viel mehr Köpfe verteilt wird.

Das liegt am Heer der Teilzeitarbeitenden, deren Zahl sich seitdem verdoppelt hat. Nun sind es auch nicht, wie man hoffen könnte, viele 80-Prozent-Stellen, die da entstanden sind und mit denen sich Männer und Frauen nun den Arbeitsmarkt teilen. Größtenteils geht es um Halbtagsjobs oder Stellen mit noch weniger Stunden – die zudem größtenteils weiblich besetzt sind. Wenn man es auf alle Erwerbstätigen hochrechnet, arbeiten 45 Prozent aller Frauen nur halbtags.

Oft seien das eben nicht diejenigen aus Gutverdienerfamilien, sagt Armutsforscher Huster, sondern Frauen, deren Männer prekär beschäftigt seien und im Niedriglohnsektor arbeiteten. "Wenn dann auch die Frau nur eine Halbzeitstelle hat, reicht es oft trotzdem nicht, um sich aus der Armutsgrenze hinauszuarbeiten."

Was tun? Vollbeschäftigung bringt wenig, wenn sie die bestehende Arbeit bloß umverteilt. Die Grundsicherung anzuheben, wie der Paritätische Gesamtverband es fordert, könnte helfen. Einige Arbeitgeber müssten ihre Niedriglöhne dann wohl erhöhen, weil sonst Hartz-IV plötzlich lukrativer würde als die Erwerbsarbeit.

Andererseits sind nicht nur die Arbeitslosen diejenigen, die den Armutsforschern Sorgen machen. Denn sie sind längst nicht die größte Gruppe derer, die armutsgefährdet sind: Es sind vor allem auch 1,6 Millionen Alleinerziehende, die bessere Betreuungsplätze für ihre Kinder bräuchten, um wieder mehr Stunden zu arbeiten; Ausländer, die mehr von Eingliederungshilfen hätten; und zehn Millionen Geringqualifizierte, die erst einmal Hilfe bei der Berufsausbildung bräuchten. Sie bleiben oft arm, selbst wenn sie arbeiten.

Quote
   Huysmans
   27. Februar 2015 23:04 Uhr

Endlich wagt es eine gute Zeitung die Realitäten anzusprechen!
Es wurde seit Schröder und seiner verdammten Agenda allerhöchste Zeit, daß die Enteignung, die Verarmung und die Plünderung und Zerstörung der Sozialsysteme thematisiert wird.

Die Bettler in den Städten, die Millionen (!) Menschen, die sich ohne die Tafel nicht mehr ausreichend ernähren können, die Hunderttausende denen der Strom und Gas abgestellt wird, die Kinder, die sich mit ihren Eltern nur noch schämen ihre Armut merken zu lassen und so vieles Anderes, was 30 Jahre lang gut funktionierte und danach aus Deutschland eine Attrappe gemacht wurde, die den 20% hinter den Kulissen ein opulentes Leben ermöglichte. ...


Quote
   Activman
   27. Februar 2015 22:28 Uhr

Der Arbeitsmarkt hat sich radikal verändert
Die neue Armut ist politisch gewollt und wurde durch die damalige Regierung unter "S"PD-Schröder besiegelt. Es sollte ja ein Niedriglohnsektor geschaffen werden, um die Unternehmensprofite zu erhöhen und somit Investoren ins Land zu locken.
Man sollte aber auch Phänomene wie die Globalisierung, die Rationalisierung der Arbeitsprozesse durch industrielle Roboter, den Verteilungskampf innerhalb der westlichen Gesellschaften usw. (die Liste ist lang) beachten, die den Arbeitsmarkt radikal verändert haben. Leider geht man das Problem der Arbeitslosigkeit und der unverschuldeten Armut mit "antiken" Methoden an, die heute nicht mehr greifen. Daher werden uns die Massenarbeitslosigkeit und diverse Armut noch lange begleiten - ein politischer Wille das zu ändern ist nicht in Sicht. ...


Quotebromfiets
   27. Februar 2015 22:34 Uhr

... Seit 1980 ist die Lohnquote gefallen, Sozialleistungen wurden zurückgefahren, der Spitzensatz bei der Einkommensteuer wurde massiv gesenkt und 1997 die Vermögensteuer ausgesetzt. Im gleichen Jahr wurde übrigens mit dem "Rentenreformgesetz 1999" [Entwurf eines Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/13/080/1308011.pdf] eine der größten Sozialkürzungen des Jahrhunderts eingeläutet, die Rot-Grün dann vollendet hat. ...


Quote
   Tateus
   27. Februar 2015 21:54 Uhr

Oh mein Gott,
"Beschäftigungsforscher sagen: Der Boom war nur möglich, weil so viele in die Armut getrieben wurden."
was für eine Feststellung. Unglaublich, dass sogenannte "Beschäftigungsforscher" mit solchen Feststellungen auch noch Geld verdienen. Deutschland profitiert seit 10 Jahren von Sozialabbau, Lohndumping und Leiharbeit. All das schaft am laufenden Band Armut und sichert Gewinne von Konzernen. Sorry, aber um da drauf zu kommen braucht man sicher keine Forscher!


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   RealMagnum
   27. Februar 2015 22:05 Uhr

... arme Leute wählen im Regelfall nicht mehr, da egal ob CDU/SPD/GRÜNE/FDP dran kommen. Ich wähl Kleinstparteien ohne jede Chance auf Regierungsbeteiligung.

Witzig immer, wie sich über Definitionen gestritten wird, ob armer Sack oder nicht. Kommt mal in den Block, man begreift schnell, dass solche Art von Diskussionen nirgends hinführen. In den letzten Jahren hat sich hier richtig ne eigene kleine Welt, losgelöst von der Gesamtgesellschaft entwickelt. Hier haben 15 jährige inzwischen das Berufsziel Drogendealer, da sie doch noch clever genug sind zu begreifen, dass sie in der bürgerlichen Welt eh nix reißen werden (siehe Aufwärtsmobilität BRD). Sollte euch schon ein bisschen Sorgen machen, weil es in einigen Jahrzehnten sonst US-Verhältnisse geben wird, inklusive Gewaltkriminalität an jedermann.

Gab hier erst diesen Mittwoch eine clanbezogene Schießerei Mittwoch abend um 22 Uhr, schön mitten in der Innenstadt. Ich hoffe Sören und Laura wurden nicht beim Lernen gestört.

Mir persönlich ist die ehrliche Abscheu der Bürgerlichen ehrlich gesagt lieber als das "wir sind da für die kleinen Leute da" unserer Genossen und Grünen (höchste Energiepreise, Sprit unfassbar teuer, Verelendung als Staatsdoktrin), da weiß ich wenigstens woran ich bin und werde nicht hinterrücks gef... Ist deutlich ehrlicher als die Heuchelei der deutschen "Linken".


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   plötzlich linksextrem
   27. Februar 2015 21:33 Uhr

Ohne Arme macht das Reich sein keinen Spass.
Marktkonforme Demokratie ...


QuoteJan Reiter
   27. Februar 2015 21:34 Uhr

Es gibt keine materielle Armut in Deutschland

Soziologen haben die Formel "arm ist , wer weniger als 60% des Durchschnittseinkommens hat" erfunden. Wohl aus politischen Gründen.
Jeder ALG II Empfänger genießt heute höheren Wohlstand als ein Durchschnittsarbeiter 1960. Die gesundheitsversorgung ist sowieso besser.
Ich schäme mich, wenn deutsche Soziologen von "Armut" in Deutschland sprechen und ich die wirklich armen Menschen in Entwicklungsländern sehe.

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   hairy
   gestern 8:37 Uhr

Herr Reiter sagt also

zum Kleinrentner mit seiner 700 Euro pro Monat und zum Geringverdiener mit seinen 7 Euro netto die Stunde: "Was wollen Sie? Den Leuten in Afrika gehts noch viel schlechter!"


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   Grails_Knight
   27. Februar 2015 21:53 Uhr

Aufklärung

Die UN unterscheidet relative von absoluter Armut.

Der begriff der absoluten Armut beschreibt, das Menschen keinen Zugang zu ausreichender Ernährung, Kleidung und Unterkunft haben. Diese Armut ist akut und gefährlich, sie tötet Menschen und ist ein zeichen für Gesellschaftliches versagen und extreme wirtschaftliche Probleme. Diese Armut war in Europa lange Zeit ausgerottet und kehrte während der Krise wieder zurück. Mittlerweile ist der Hunger wieder in Südeuropa angekommen. Und nein, sowas wie einen "relativen Hunger" gibt es nicht, Hunger ist nach der Definition eine akute gefährdung durch bleibende Schäden durch eine mangelnde Kalorienversorgung.

Der begriff der relativen Armut hingegen beschreibt die Gerechtigkeit innerhalb einer Gesellschaft, die Möglichkeit an der Gesellschaft teilzuhaben. Relative Armut besagt, das der davon betroffene nicht in der Lage ist, ein leben zu führen, das ihn als Vollwertiges Mitglied der Gesellschaft, in der er lebt, kennzeichnet. Relative Armut ist ein Zeichen sozialer und ökonomischer Ausgrenzung und vor allem ein Problem der Industrienationen. Ein hoher Grad an relativer Armut zeigt an, das eine Gesellschaft zerrissen und ungerecht organisiert ist.

Dabei ist es unerheblich, ob der betroffene überleben kann, sondern es geht darum, ob er sich als Teil der gesellschaft wahrnehmen und an ihr Teilnehmen kann. Viele in Deutschland können das nicht. Soziale spannungen und die bildung von Parallelgesellschaften sind die Folge.



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   Palivec
   27. Februar 2015 21:37 Uhr

Hartz & Co.

Die Erkenntnis kam mir schon 2004, als ich mir die Wirkungsweise von Hartz und den Arbeitsmarktreformen der Schröder-Regierung durch den Kopf gehen ließ. Seltsamerweise waren die Medien damals die Cheerleader dieser Reformen und verunglimpften lieber Arbeitslose statt aufzuklären. Das schließt dieses Blatt größtenteils ein.


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   Grails_Knight
   27. Februar 2015 21:39 Uhr

14. Der relative Armutsbegriff macht Sinn!

Der Realtive Armutsbegriff macht durchaus Sinn.

Er zeigt an, wieviele Menschen vom Wirtschaftlichen Aufschwung profitieren und wieviele abgehängt werden.

Natürlich steigt bei steigenden Einkommen auch der Wert, ab dem man als Arm gilt. Wenn aber alle Einkommen anstiegen, würde es dadurch eben NICHT mehr Arme geben, sondern bestenfalls gleichviele. Und wenn - Gott bewahre - der Anstieg der Löhne tatsächlich bei den unteren Einkommen am stärksten wäre, so könnte man tatsächlich die relative Armut beseitigen.

Relative Armut besagt übrigens einiges. Der Begriff zeigt, das Menschen nicht am gesellschaftlichen leben Teilhaben können, wie es der durchschnitt kann. Da komtm am Schuljahresanfang schonmal ein Problem auf, wenn man plötzlich ein paar hundert Euro für neues Schulmaterial aufbringen soll - aber mit dem nötigsten um Teilhabe zu ermöglichen schon an seine Grenzen kommt. Da kann eine kaputte Waschmaschine schonmal zum echten problem werden, weil man eben nicht mal eben eine neue kaufen kann - aber trotzdem saubere Kleidung braucht. Die relative Armut ist also keinesfalles "kein problem". Sie ist ein indikator für gerechtigkeit innerhalb der Gesellschaft und den sozialen Frieden.

Die erfassung absoluter Armut macht im übrigen in Deutschland kaum Sinn, denn der besagt, das man nicht in der Lage ist, sich zu ernähren und keine Unterkunft hat. Das trifft in Deutschland tatsächlich kaum jemanden.

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   wolfgang.schmidt
   27. Februar 2015 21:47 Uhr

Der Realtive Armutsbegriff ist schwach-sinn

Er hat nichts mit Armut zu tun, denn er zeigt nur auf, dass die Reichen in Deutschland schneller reich werden.
Das diese Ungleichverteilung nicht gut ist, ist ein anderes Thema, sie hat aber nichts mit Armut zu tun.
Der Armutsbegriff müsste sich an der Inflationsrate und den Lebenshaltungskosten orientieren, nicht am Gehalt der Anderen.


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   S.Politis
   27. Februar 2015 23:20 Uhr

Wohnungslose Menschen gibt es kaum in Deutschland?
Spiegel Online 2013 ["Drastischer Anstieg: Fast 300.000 Bundesbürger haben keine Wohnung", http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/zahl-der-wohnungslosen-ist-in-deutschland-drastisch-gestiegen-a-914380.html]
Immer mehr Menschen in Deutschland verlieren ihr eigenes Dach über dem Kopf. Seit 2010 ist ihre Zahl um 15 Prozent auf 284.000 gewachsen. Mehr als 30.000 Kinder sind betroffen.

Und die Situation könnte sich in den kommenden drei Jahren sogar noch erheblich verschärfen, befürchtet der 1954 gegründete Hilfsverband, in dem etwa 1200 soziale Dienste und Einrichtungen zusammengeschlossen sind. Demnach könnte die Zahl der Wohnungslosen bis zum Jahr 2016 auf 380.000 anwachsen.


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   Zahlen und Zeit
   27. Februar 2015 23:42 Uhr

Ja, freilich ist der relative Armutsbegriff sinnvoll in dem Sinn, dass er Erkenntnis über den Zustand von Staat und Gesellschaft bringt. Er ist aber nicht so sinnvoll, dass er alleine ausreicht.

Und der relative Armutsbegriff ist keinesfalls deckungsgleich mit der Alltagsvorstellung von Armut. Wenn eingangs dieses Artikels nicht etwas fehlt, gibt es nämlich in Rumänien und Bulgarien gemäß des relativen Armutsbegriffs weniger Armut als in Deutschland. Und das würde kaum jemand als korrekte Lagebeschreibung erachten. Die Aussage "die Einkommensungleichheit ist in Deutschland größer als in Rumänien und Bulgarien" ist allerdings keineswegs absurd.

Man muss bei aller Sinnhaftigkeit des relativen Armutsbegriffs also vor allem aufpassen mit welchen Worten und Sätzen man die Zahlen (bzw. letztlich ist es ja nur eine: die Zahl) kommuniziert. Man kann die Aussagekraft deutlich überdehnen, auch wenn es zweifellos eine AUssagekraft gibt.



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   JaguarCat
   27. Februar 2015 21:53 Uhr

Fehler im Artikel!

Zeit online schreibt: "Nur ein gewisser Teil gewinnt.". Doch wenn zum Beispiel nur die oberen 20% gewinnen würden, dann würde sich das "mittlere Einkommen" (genau gesagt das Median-Einkommen) überhaupt nicht ändern! Denn das ist das Einkommen, dass die oberen 50% und die unteren 50% trennt. Fazit: Es gewinnt also mehr als die Hälfte.

UND: Jeder neu hinzugekommene Billig-Job würde das Median-Einkommen sogar drücken. Es sind also viele, sehr viele Einkommen, die in den letzten Jahren gewachsen sind. Die Spreizung ist größer geworden, zweifellos, aber die immer wieder implizierte Behauptung, die Strukturstärke Deutschlands würde nicht auch bei der Mittelschicht ankommen, ist falsch!

QuoteGrails_Knight
   27. Februar 2015 22:00 Uhr

Es kommt vor allem....

kaum etwas bei der Unterschicht an.

Die Mittelschicht hat lange Zeit ebenfalls verluste hinnehmen müssen, das Einkommen dort wieder ansteigen gleicht das allerdings immernoch nicht wieder aus, es ist aber durchaus positiv zu bemerken.

Dennoch wird durch das permanente abhängen der Unterschicht im ökonomischen und sozialen zusammenhalt der Gesellschaft ein Problem geschaffen, das zur Bildung von Parallelgesellschaften führt und den sozialen Frieden gefährdet.

Verstärkt wird das ganze noch durch unsere "selbst dran Schuld" Mentalität, durch Hartz-IV Hetze und durch die immer stärker werdende druckausübung auf die unteren schichten, ohne das sich wirklich etwas verbessern würde.

Man spielt mit den leuten Reise nach jerusalem und erzählt ihnen, sie bekämen eher einen (guten) Job, wenn sie schneller um die Stühle rennen. Dabei rennen sie sich allerdings nur selbst über den haufen, denn die Zahl der Stühle sinkt, die Zahl derer die drumherumrennen steigt aber.

Es ist wie im Lotto. Jeder kann gewinnen, aber nicht alle. Und die verlierer werden vergessen und missachtet. Das ist unser Problem. Die Mittel- und Oberschicht akzeptiert Arme Menschen nicht, blickt verächtlich auf sie herab und entwürdigt sie, weil sie nicht so sind wie sie selbst.

Selbst die akzeptanz alternativer Lebensentwürde ist in den letzten jahren in diesem Land extrem abgesunken. Wer nicht mitmacht, wird ausgegrenzt. Ökonomisch und sozial. Das ist vor allem unser Prolbem.



Quoteyurina
   27. Februar 2015 22:42 Uhr

Hier spricht ein Gutmensch.
Ich ahne schon, was ich für höhnische Kommentare damit kassiere. Aber ich sags trotzdem: Unsere Gesellschaft entsolidarisiert sich seit mehreren Jahrzehnten (die ich miterlebt habe und daher aus Erfahrung spreche). Wir glauben fleißig an den Mythos: "wer will, der schaffts - man muss eben was leisten". Und wer das nicht kann, hat es nicht besser verdient. Ja. Viele schaffen's - allen Widerständen zum Trotz (aber manchmal auf Kosten von... Familie, Gesundheit und aufrechtem Gang). Schön für sie. Viele eben nicht. Und unser Land kann nun mal nicht nur aus lauter zielstrebigen Superhirnen bestehen. Die - aus welchen Gründen immer, und oft auch nur durch einen Jobverlust - nach unten durchgereicht werden bis aufs Hartz IV Level, werden mit dem absoluten Minimum und gerne auch weniger (genannt "Anreiz") abgefunden. Ich wünsche mir eine Gesellschaft, die das schlimm findet und Empathie empfindet, statt Verachtung. Sonst hört doch auf mit dem Geschwafel von der "jüdisch-christlichen Wertegemeinschaft"! Können wir uns nicht leisten ? Müssen wir uns leisten können - sonst ist das Ende Krieg und Extremismus. Schon an vielen Orten zu besichtigen. Wollen wir das ?

QuoteIgnatius J Reilly
   27. Februar 2015 22:50 Uhr

Waren wir zivilisatorisch schon mal weiter?
In Afrika wurde vor einigen Jahrzehnten ein prähistorisches Skelett ausgegraben, das man zunächst für ein Affenskelett hielt. Bei näherer Betrachtung bemerkte man jedoch, dass dieser Primat in jungen Jahren einen schwerwiegengen Knochenbruch erlitten hatte, welcher ihn, auch nach der Ausheilung, so behinderte, dass er (der Primat) unmöglich für sich selbst hätte sorgen können. Trotzdem ist dieser Primat alt geworden. Das heißt, dass andere für ihn gesorgt haben müssen. Dies wertete man als Anzeichen von Zivilisation und stufte das Skelett als "frühmenschlich" ein.
Dieser Sachverhalt lehrt uns, dass die Sorge für Schwächere nicht nur das Fundament, sondern auch das Erkennungsmerkmal für Zivilisation ist.


QuoteReader55
   vor 12 Stunden 24 Minuten

Trotz Aufschwung steigt Armut. Das ist ja nun wieder mal ganz was Neues. Gut, das das mal aufgefallen ist.


Quote
   Für die Überwindung der Unmenschlichkeit
   gestern 22:38 Uhr

Brecht

"Armer Mann und reicher Mann
standen da und sahn sich an
und der Arme sagte bleich:
"Wär ich nicht arm, wärst Du nicht reich".



Aus: "Trotz Aufschwungs steigt die Armut" Nadine Oberhuber (27. Februar 2015)
Quelle: http://www.zeit.de/wirtschaft/2015-02/armut-einkommen-mindestlohn-vermoegen

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Kontext: "Hartz IV und die Folgen" (Published on Nov 17, 2014)
"Deutsche Zurichtungen" - Christoph Butterwegge zu seinem Buch "Hartz IV und die Folgen" ...
https://www.youtube.com/watch?v=2xLNctsDN0k

Christoph Butterwegge (* 26. Januar 1951 in Albersloh) ist ein deutscher Politikwissenschaftler. Er ist Professor für Politikwissenschaft am Institut für vergleichende Bildungsforschung und Sozialwissenschaften an der Humanwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln. Butterwegge ist Armutsforscher und Mitglied der Forschungsstelle für interkulturelle Studien (FiSt). Er war von 1970 bis 1975 sowie von 1987 bis 2005 Mitglied der SPD ...
http://de.wikipedia.org/wiki/Christoph_Butterwegge




Textaris(txt*bot)

Quote[...] Deutschlandradio Kultur: Über meinen heutigen Gast schrieb kürzlich die Frankfurter Allgemeine Zeitung: "Für die einen ist er der Mann, der den Finger in die Wunde legt. Anderen geht er nur auf die Nerven." Die Rede ist von Ulrich Schneider, dem Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands. ... Herr Schneider, nicht jeder kennt den Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, der jüngst erschienen ist, ein Bericht, der eine Kontroverse ausgelöst hat, die bis heute nachwirkt und über die wir natürlich auch in dieser Sendung sprechen werden. - Zunächst aber einmal die Frage: Was sagt der Armutsbericht Ihres Verbands, wie groß ist die denn, die Armut in Deutschland?

Ulrich Schneider: Wenn wir der Definition folgen, die die EU vorgibt, dann sind alle arm oder armutsgefährdet, die weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens haben. Dann sind es 15,5 Prozent heute. Das sind 12,5 Millionen Menschen, die dann in der Tat so wenig Einkommen haben, dass sie unter die Armutsgrenze fallen. Aber natürlich muss man diese Zahl auch interpretieren.
Darunter sind beispielsweise viele Studenten, wenn nicht sogar alle Studenten, von denen wir wissen, die haben eine gute Ausbildung, die werden es schon zu was bringen. Dazwischen sind Menschen, die nur ganz kurzzeitig unter die Armutsgrenze fallen, aber Perspektiven haben. Und deswegen muss man auch immer die einzelne Lebenssituation sich anschauen.
Aber wenn wir sehen, dass in Deutschland die Zahl derer, die von Fürsorgeleistungen leben müssen, mittlerweile bei über acht Millionen liegt, also zehn Prozent auch ausmacht, dann zeigt das, dass diese Zahlen schon in einem Zusammenhang stehen, bei dem man von Armut sprechen muss.

Deutschlandradio Kultur: Welche Menschen beziehungsweise Gruppen von Menschen sind besonders armutsgefährdet?

Ulrich Schneider: In Deutschland sind es vor allen Dingen, und die stechen heraus, einmal die Erwerbslosen. Das sind weit über die Hälfte, die unter der Armutsschwelle leben, deshalb auch, weil viele auf Hartz IV angewiesen sind. Hartz IV aus unserer Sicht Armut ist. Das ist nicht ausreichend, was da gezahlt wird. Auch weil wir die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I zusammengekürzt haben mit der Agenda 2010. Die Menschen fallen schneller ins Loch, schneller in Hartz IV.
Und daneben sind es aber vor allen Dingen - und das ist erschütternd, glaube ich - die Alleinerziehenden in Deutschland. Wenn wir anschauen, dass mittlerweile 39 Prozent der Alleinerziehenden in Hartz IV sind, ist das irre; eine irre Zahl, dass fast die Hälfte unter der Armutsschwelle lebt, dann ist mittlerweile Armut für Alleinerziehende fast so was wie die Regel geworden für viele. Und das ist schon sehr schwierig, zumal das Problem seit Jahren bekannt ist und offensichtlich sehr wenig dran getan wird.

Deutschlandradio Kultur: In welcher Risikogruppe nimmt denn die Zahl der Armen besonders zu?

Ulrich Schneider: Es sind die Rentnerinnen und Rentner. Wir haben – zum Glück, muss man sagen – heute noch bei den Rentnerinnen und Rentnern eine unterdurchschnittliche Armutsquote. Das heißt, denen geht's im Durchschnitt noch ganz gut, besser als dem Rest der Bevölkerung. Das ist so. Und deswegen wird das Thema auch immer runter gespielt: "Es gibt keine Altersarmut". Aber, das muss man sehen, es ist die Gruppe mit den allerhöchsten Zuwächsen. In den letzten Jahren hat sie galoppierend zugenommen, die Armut unter den Rentnerhaushalten, dass wir davon ausgehen müssen, dass bereits im Laufe dieses Jahres Rentner ebenfalls zu den Gruppen gehören werden, die überdurchschnittlich Armutsquoten aufweisen – mit wachsender Dynamik. Wir gehen davon aus, dass wir in etwa zehn, 15 Jahren fast eine Verdopplung der Altersarmut bei den Rentnern zur Kenntnis nehmen müssen.

Deutschlandradio Kultur: Wo gibt es auffällig viel und wo besonders wenig Armut? Wo sind die regionalen Unterschiede festzumachen? Können Sie da Beispiele nennen?

Ulrich Schneider: Wir haben ein Süd-Nord-Gefälle.

Deutschlandradio Kultur: Also nicht mehr Ost-West?

Ulrich Schneider: Ost-West ist in der Tendenz auch noch da, aber eigentlich ist Deutschland, was Armutsrisiken anbelangt, regional ein Flickenteppich geworden. Wenn man sich eine Karte mal vor seinem geistigen Auge vorstellt und rote Punkte überall einfügt, wo die Armut besonders hoch ist, da ist das Ruhrgebiet beispielsweise mit deutlich höheren Armutsquoten über 19 Prozent besonders betroffen und hat mehr Arme als beispielsweise Thüringen oder Teile von Brandenburgs, etwa im Süden Brandenburgs. Und wir haben eine unheimlich starke Armutsquote in Bremen. Bremen hat die Rote Laterne in Deutschland.

Deutschlandradio Kultur: Und Bremerhaven noch mal schlimmer.

Ulrich Schneider: Bremerhaven ist noch schlimmer. Also, wenn in Deutschland immer etwa von Neukölln gesprochen wird durch die Literatur von Herrn Buschkowsky: Neukölln hat im Vergleich zu Bremerhaven tatsächlich noch eine bessere Armutsquote. Bremerhaven ist da ganz schlimm. Da sieht man auch, Ost-West allein trägt nicht mehr.
Die Länder, die positiv herausragen, die soll man erwähnen. Das ist Bayern, Baden-Württemberg, auch Teile von Hessen, die wirklich relativ wenig Armut zeigen. Und da, wo es also wirklich schlimm aussieht nach wie vor: Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, auch Sachsen. Das heißt, wir haben auch Osten, aber nicht mehr nur Osten.

Deutschlandradio Kultur: Herr Schneider, Sie haben schon eingangs gesagt, nach welchem Kriterium Sie Armut oder relative Armut bemessen. Und an dieser Definition von Armut hat sich ja eine Kontroverse entzündet, die teilweise recht heftig geführt wurde und auch noch wird. Vergleichsweise moderat, aber eben doch gewichtig war die Einlassung von Bundessozialministerin Andrea Nahles. Wie auch andere stellte die Sozialdemokratin die Aussagekraft der Messmethode in Frage. Begründung: Diese führe in die Irre. Wenn der Wohlstand hierzulande explodieren würde, dann bliebe – getreulich der Definition – das Ausmaß an Armut trotzdem gleich, nur eben auf viel höherem Niveau.
Ist diese Messmethode wirklich ein geeigneter Indikator? Oder anders gefragt: Ist sie nicht zu simpel für solch ein komplexes Problem?

Ulrich Schneider: Man hat um diese Messmethode jahrelang gestritten auf der EU-Ebene. Ist sie tauglich, ist sie es nicht? Ob sie tauglich ist oder nicht, ob diese Ungleichheit, die sie ja eigentlich nur misst, noch keine Armut ist, ob die tatsächlich was über Armut aussagt, das muss dann jeweils bewertet werden anhand der konkreten Beträge in Euro, die da ausgewiesen werden.
Man muss sich also genau anschauen: 60 Prozent, was ist das überhaupt? Wo liegt die Armutsgefährdungsgrenze? Und wenn man sich das anschaut, dann sind das immer Werte, ich kann sie auch mal nennen: Das ist beispielsweise für einen Singlehaushalt 892 Euro oder für einen Paar-Haushalt mit zwei Kindern sind das 1.873 Euro. Das sind Werte, die immer um Hartz IV liegen. Also, je nach Mietkosten, die können sehr unterschiedlich sein je Region, ist man mal unter Hartz IV, mal nicht: Man würde mit diesen Beträgen noch Hartz IV beziehen. Oder man ist sogar dann tatsächlich knapp über Hartz IV. Wir haben es mal durchgerechnet. In der Tat, man ist mit diesen Beträgen nie weit weg, häufig aber auch unter Hartz IV.
Deswegen sagen wir in diesem konkreten Fall, und die Prüfung muss man allerdings schon machen, in diesem konkreten Fall sagt diese 60-Prozent-Schwelle etwas über Einkommensarmut aus, wenn man der Überzeugung ist, und das sind wir als Paritätischer Wohlfahrtsverband, dass Hartz IV nicht geeignet ist in der Höhe, Armut auszuschließen.
Und darum geht der eigentliche Streit auch mit der Arbeitsministerin. ...

...

Deutschlandradio Kultur: ... Wachsender Wohlstand und wachsende Armut, wie passt das zusammen?

Ulrich Schneider: Das passt zusammen, wie es der Statistiker ausdrücken würde: Wenn jemand mit dem Kopf im Ofen liegt und mit den Füßen im Eisschrank, ist es trotzdem angenehm warm im Durchschnitt. Das ist genau der Punkt, um den es geht.
Wir haben einen von Jahr zu Jahr wachsenden volkswirtschaftlichen Reichtum in dieser Gesellschaft. Nur er verteilt sich sehr ungleich. Es ist mittlerweile kein Geheimnis mehr, dass die Zuwächse vor allen Dingen bei den ohnehin schon sehr Vermögenden landen. Wir wissen, dass zehn Prozent der Vermögendsten in Deutschland mittlerweile auch über die Hälfte des Gesamtvermögens Deutschlands auf sich vereinen. Und die Tendenz dieser Spaltung steigt. Das heißt, es kommt prozentual betrachtet, relativ betrachtet immer weniger bei denen, die es bräuchten, an.
Das wird bei den Löhnen gerade zum Teil korrigiert. Aber auch hier muss man sehen, mit Ausnahme des Mindestlohnes, der eine gewisse Wirkung hat zweifellos, ist es so, dass insbesondere gut qualifizierte Berufe gute Lohnzuwächse haben, während schlecht qualifizierte nach wie vor rumdümpeln und im Zweifelsfall Reallohnverluste nach wie vor hinzunehmen haben.

...

Deutschlandradio Kultur: In Ihrem jüngsten Buch mit dem Titel "Mehr Mensch! Gegen die Ökonomisierung des Sozialen" steht die Widmung gleich vorne, wo eine ja auch Widmung hingehört: "Für alle Gutmenschen, Bedenkenträger und Sozialromantiker." ...

Ulrich Schneider: Das ist praktisch das Umdrehen des Spießes. Also, ich bin es wirklich leid, den Neoliberalen die gesamte Rhetorik zu überlassen. Es ist eine hohe Kunst, wie Begriffe einfach immer gedreht werden. Die Menschen, die tatsächlich Güte haben, eigentlich eine Tugend, werden plötzlich als "Gutmenschen" diskreditiert, nämlich Phantasten, die sowieso nicht mehr alle Tassen im Schrank haben. Die Menschen, die nachdenklich sind, die vom Ende her denken, die auch möglicherweise auf Fehlentwicklungen hinweisen, werden plötzlich als "Bedenkenträger" diskreditiert, Menschen, die nicht mehr in die Zeit passen. Man denkt heute nicht mehr nach. Und die Menschen, die Gerechtigkeit einklagen, weil die Ungerechtigkeit einen schon anschreit, sind plötzlich Menschen, die eine Neiddebatte führen – so werden Begriffe einfach gedreht. ...



Aus: "Ulrich Schneider vom Paritätischen Wohlfahrtsverband "Wir haben Umverteilung zum Tabu erklärt"
Moderation: Martin Steinhage (18.04.2015)
Quelle: http://www.deutschlandradiokultur.de/ulrich-schneider-vom-paritaetischen-wohlfahrtsverband-wir.990.de.html?dram%3Aarticle_id=317207


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Wer Armut in Amerika erleben will, muss meist nicht sehr weit fahren. In die Außenbezirke von St. Louis, Missouri, zum Beispiel, in den Rust Belt rund um die Auto-Stadt Detroit – oder in die Kleinstadt Syracus. Gerade mal 150.000 Einwohner leben in dem Ort rund 400 Kilometer nördlich von Manhattan. Kaum irgendwo ist die Spaltung in Arm und Reich und Schwarz und Weiß so eindeutig wie hier. 65 Prozent der afroamerikanischen Einwohner leben inzwischen in den ärmsten Gebieten der Stadt. Noch vor 15 Jahren waren es 43 Prozent.

Es hätten sich regelrechte Slums gebildet, warnen Experten angesichts der Zahlen. 13,8 Millionen Amerikaner leben derzeit in Gegenden mit extremer Armut, im Jahr 2000 waren es 7,2 Millionen. Zwischen 2000 und 2013 hat sich die Zahl fast verdoppelt. Noch nie, schreibt Paul Jargowsky, Politik-Professor an der Rutgers Universität, in einer aktuellen Analyse, sei die Zahl so hoch gewesen.

Die Gründe dafür sind vielfältig. Als Millionen von Menschen im Zuge der Rezession überall im Land ihren Job verloren, zogen diejenigen weg, die es sich leisten konnten – und ließen Arbeiterfamilien zurück, deren Jobs in der Automobilindustrie gestrichen oder nach Übersee verlagert wurden. Wer eine neue Stelle finden konnte, blieb häufig weit unter dem bisherigen Einkommen und konnte sich das alte Leben nicht mehr leisten. Übrig blieben moderne Industrie-Wüsten wie Detroit, aus denen mit den wohlhabenderen Bewohnern auch die Steuergelder verschwanden. Den hoch verschuldeten öffentlichen Haushalten fehlte es an Ressourcen für öffentliche Sozialprogramme, die neue Chancen ermöglicht hätten.

Doch die Ghettoisierung der Armen, sagt Myron Orfield, Direktor des Institute on Metropolitan Opportunity an der Universität von Minnesota, sei vor allem das Ergebnis eines Zusammenspiels von wirtschaftlichen Interessen, Diskriminierung und lokaler Politik. Viele wohlhabendere Gegenden erlauben den Bau von Sozialwohnungen von vornherein nicht oder machen es zur Auflage, dass ein Haus freistehend oder eine bestimmte Grundfläche haben muss. Eine schwarze Familie bekommt meist seltener einen Kredit, selbst dann, wenn sie mehr verdient als eine weiße. Und Gutscheine, die auf die Miete angerechnet werden und Familien mit niedrigen Einkommen mehr Wahlmöglichkeiten geben sollen, werden von vielen Vermietern nicht akzeptiert. All das ließe vielen keine andere Wahl, als sich in Gegenden mit niedrigem Durchschnittseinkommen zurückzuziehen – und lasse Ghettos auf beiden Seiten des Einkommensspektrums entstehen.

Die Verantwortlichen in der Politik und die großen Spieler der poverty housing industry – der Milliardenindustrie, die sich um die Entwicklung und den Bau von Sozialwohnungen entwickelt hat – haben das Problem über die Jahre verschärft. Dominiert wird der Markt von wenigen Unternehmen, die mit lokalen Politikern, Behörden und Organisationen um Aufträge und Steueranreize feilschen. LISC (Local Initiatives Support Corporation), einer der größten Anbieter am Markt, investierte seit 1980 landesweit rund 14,7 Milliarden Dollar in den Bau neuer Sozialwohnungen. Enterprise Community Partners, ein weiteres steuerbefreites Non-Profit-Unternehmen, steckte allein 2013 2,7 Milliarden Dollar in fast 17.000 neue Sozialwohnungen.

Weil die Chancen auf staatliche Gelder größer und der Widerstand von Anwohnern und Behörden geringer ist, wenn neue Billig-Bauten in Gegenden mit ohnehin niedrigem Durchschnittseinkommen gebaut werden, entstehen bis heute kaum Sozialwohnungen in durchmischteren Vororten. Anders gesagt: Steuervergünstigte Sozialwohnungen entstehen dort, wo die Ärmsten der Armen ohnehin schon leben. Die Branche habe gemeinsam mit lokalen Behörden und Politikern dafür gesorgt, den Status quo zu sichern, meint Orfield. Unternehmen und Politiker argumentieren, Investitionen in die Gegenden erhöhten die Chance, dort neues Wachstum zu schaffen und die Viertel neu zu beleben. Die Unternehmen verweisen darauf, nicht nur die Gebäude zu errichten, sondern auch in Ausbildung, Sicherheit und Kultur zu investieren.

Kritiker fürchten allerdings, die neuen Slums Amerikas würden zu Armutsfallen für ihre Bewohner. Kinder, die in die Gegenden hineingeboren werden, schaffen es nur selten hinaus. Die Schulen sind schlecht ausgestattet, die Kriminalitätsrate ist deutlich höher als im Landesdurchschnitt. Würden Kinder und Jugendliche Gewalt und Stress in den Ghettos ausgesetzt, heißt es in einer Studie des Furman Center der New York University, beeinträchtige das die kognitive Entwicklung, die schulischen Leistungen und die psychische und physische Gesundheit. Neue Sozialwohnungen in bestehenden Krisen-Gegenden zu bauen, sagt auch Orfield, sei in etwa so, als behandle man einen Krebspatienten ausschließlich mit Palliativmedizin, anstatt die Krankheit tatsächlich zu bekämpfen.

Der Wirtschaftsboom Anfang des Jahrtausends entschärfte das Problem kurzzeitig. Damals war die Zahl der Amerikaner in den Armutsghettos von 9,2 auf 7,2 Millionen gefallen, weil die Arbeitslosigkeit zurückging. Lohnsubventionen ließen die Einkommen steigen, der Mindestlohn wurde erstmals seit Jahren angehoben. Viele Familien zogen aus den ärmeren Gegenden erstmals um in wohlhabendere Vororte, die Sozial-Ghettos in Chicago und Detroit wurden aufgebrochen. Doch trotz all der vorübergehenden Effekte, sagt Orfield, seien die alten Strukturen bestehen geblieben.  

Gegen neue Vorschläge aus der Politik, den Bau in andere Gegenden auszudehnen, wehrt sich die Branche hartnäckig. Als der Bundesstaat Connectitut Anfang des Jahres einen Gesetzesentwurf einbrachte, der vorsah, 75 Prozent der neuen Sozialwohnungen in wohlhabenderen, ländlicheren Gegenden entstehen zu lassen, protestierten nicht etwa die Anwohner vor Ort – sondern Unternehmen wie LISC. Es sei wichtig, schrieb die Firma in einer Stellungnahme, dass die Menschen in ihrer gewohnten Umgebung blieben und die städtische Infrastruktur zur Verfügung hätten. Der Widerstand zeigte Wirkung, das Gesetz wurde gekippt.

Doch jetzt scheint sich erneut etwas zu tun. Am 25. Juni entschied der oberste Gerichtshof in einem Fall aus Texas – trotz des geballten Widerstands der Industrie –, dass die bisherige Vergabe von Steuernachlässen für den Bau von Sozialwohnungen diskriminierend ist. Nur zwei Wochen später präsentierte das Department of Housing and Urban Development eine neue Regulierung, die die Behörden vor Ort zwingt, offenzulegen, wie sie Bundesmittel nutzen, um Rassentrennung aktiv zu bekämpfen. Können sie das nicht, verlieren sie die Unterstützung. "Dies sind positive Entwicklungen", sagt Myron Orfield. Ob sie ausreichten, die alten Ghettos aufbrechen, bleibe abzuwarten.

Quote12stellae, gestern 17:19 Uhr

Vor zehn Jahren nannten CDU Politiker das, "den Niedriglohnsektor ausbauen". Die Verarmung breiter Schichten auf der welt steht auf der politischen Agenda, denn nur so kann man die Macht der mächtigen zementieren und ihren Reichtum weiter merhen. Es ist eben ein Verteilungsproblem, wenn die mächtigen mehr Geld haben wollen müssen die Armen ärmer werden. Das war das eigentliche Ziel der Agenda 2010 und ist das eigentliche Ziel der "Sparpolitik" in Europa, durchgedrückt durch CDU/FDP/AfD/ALFA wasauch immer.

Für die Agenda 2010 war SPD verantwortlich, aber die wirtschaftliche Inkompetenz spricht in dem Fall für die Sozen. Viele wußten nicht was sie tun und auch nicht für wen...

Quoteasdf0816, gestern 19:31 Uhr

Geschichtsklitterung

"Vor zehn Jahren nannten CDU Politiker das, "den Niedriglohnsektor ausbauen"" [...]
"Für die Agenda 2010 war SPD verantwortlich, aber die wirtschaftliche Inkompetenz spricht in dem Fall für die Sozen. Viele wußten nicht was sie tun und auch nicht für wen..."

Für den Niedriglohnsektor war Rot-Grün verantwortlich und nicht die CDU. Merke: Auch Inkompetenz schützt nicht vor politischer Verantwortung...

[ 03.02.2005: "Arbeitslosigkeits-Schock: Rot-Grün will den Niedriglohn-Sektor ausbauen"
Berlin - Der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Wirtschaft und Arbeit, Rainer Wend (SPD), sagte der "Berliner Zeitung", über die Erleichterung von Zuverdiensten für Arbeitlose könne möglicherweise schon in diesem Sommer entschieden werden. "Einen Aufschwung auf dem ersten Arbeitsmarkt wird es nur geben, wenn man den Niedriglohn-Sektor attraktiver macht", sagte er zur Begründung. Für die Hilfsempfänger sei dies ein Anreiz, auch schlecht bezahlte Jobs anzunehmen. Die Unternehmen erhielten mehr Spielraum, niedrig qualifizierte Tätigkeiten in Deutschland zu halten.

Auch die Arbeitsmarkt-Expertin der Grünen, Thea Dückert, sprach sich für eine entsprechende Nachbesserung der Hartz-Gesetzgebung aus. "Das sollten wir so schnell wie möglich machen", sagte sie. Bei Zuverdiensten von bis zu 400 Euro sollten Hilfsempfänger künftig jeden zweiten Euro behalten dürfen.

Unterdessen lehnte die IG Metall die von den Arbeitgebern verlangte Senkung des Arbeitslosenbeitrags auf 5,5 Prozent ab. IG-Metall-Vize Berthold Huber sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung": "Das ist mir zu kurzsichtig." Stattdessen müsse man weiter denken. ...

http://www.spiegel.de/wirtschaft/arbeitslosigkeits-schock-rot-gruen-will-den-niedriglohn-sektor-ausbauen-a-339913.html]



QuoteKonjunkturbanause
   gestern 17:53 Uhr

16. [empty]

Im Grund stimme ich Ihnen zu, aber...

"Die Gründe & Ursachen sind überall die Gleichen, eine immer ungerechtere Verteilung des Wohlstandes und mangelnde Bildung."

Leider schützt -- auch hohe -- Bildung heute nicht mehr vor Armut.

Akademiker (vor allem auch junge Hochschulabsolventen) sind heute vielfach von Armut bedroht. Schließlich sind viele arbeitslos, weshalb auch sie den "Maßnahmen" von Jobcentern und Arbeitsagenturen ausgeliefert sind.

Viele Akademiker arbeiten nach dem Abschluss in Praktika, Volontariaten, 450-Euro-Jobs, Teilzeitstellen (wie etwa an der Uni). Um -- als billige, aber qualifizierte Arbeitskraft -- einen Jobeinstieg zu erhalten, werden viele Hochschulabsolventen zudem von ihren Eltern alimentiert. Diese Subvention nutzen viele Arbeitgeber natürlich gern...

Auch werden Akademiker von den Behörden dazu gezwungen, sich bei Zeit- und Leiharbeitsfirmen zu bewerben. Sie werden sogar dazu gezwungen, ihr Qualifikationsniveau und ihren Abschluss zu verschweigen, damit die "Überqualifikation" nicht zum "Vermittlungshemmnis" wird.

Dass Bildung auch in den USA kein (hohes) Einkommen garantiert, wird auch daran erkennbar, dass viele Studienkredite (Gesamtvolumen: 1 Billion Dollar) nicht mehr bedient werden können:

The student loan bubble is starting to burst
John Carney, Thursday, 5 Sep 2013 | 2:06 PM ET
Quelle: http://www.cnbc.com/id/101012270



Aus: "Armut: In den USA kehren die Slums zurück" Thorsten Schröder, New York (13. August 2015)
Quelle: http://www.zeit.de/wirtschaft/2015-08/slum-armut-diskriminierung-usa

http://www.zeit.de/2015/19/usa-rassismus-armut-baltimore-ferguson-new-york


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Quote[...] Was haben mehr als sechs Jahre Krise in Griechenland angerichtet? Die Befunde der OECD sind dramatisch: Die Kinderarmut ist stark gestiegen. Weite Teile der Bevölkerung können sich die Wohnung kaum leisten. Die Jugendarbeitslosigkeit ist seit Jahren enorm hoch. Wer arbeitslos wird, der bleibt es meist für lange Zeit. Und gleichzeitig gewähren Staat und Sozialsysteme weiterhin jenen Privilegien, die nur selten darauf angewiesen sind. ... Die Armut habe zugenommen, ebenso die Ungleichheit bei den Einkommen, heißt es im Bericht. Nehme man das Niveau von 2005 als Maßstab, seien inzwischen ein Drittel der Haushalte arm - sie verfügen über weniger als 50 Prozent des damaligen mittleren Einkommens. ... Die Reformen der vergangenen Jahre hätten vor allem die Schwachen belastet. ...

...


Aus: "OECD-Bericht: So muss die Armut in Griechenland bekämpft werden - jetzt" Florian Diekmann (10.03.2016)
Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/griechenland-oecd-fordert-kampf-gegen-armut-und-ungleichheit-a-1081580.html


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Quote[...]  Die Zahl der Empfänger von Grundsicherung im Alter und bei geminderter Erwerbsfähigkeit ist auf einen Rekord gestiegen. 1,038 Millionen Menschen in Deutschland bezogen Ende vergangenen Jahres diese Form der Sozialhilfe, so viele wie nie zuvor seit der Einführung 2003. ... Etwas mehr als die Hälfte dieser Bezieher (51,6 Prozent oder rund 536.000 Menschen) erhielt 2015 Grundsicherung im Alter. Diese Grenze liegt für Menschen, die vor 1947 geboren sind, bei 65 Jahren. Ab dem Geburtsjahrgang 1947 wird sie schrittweise auf 67 Jahre angehoben. Ende vergangenen Jahres lag sie bei 65 Jahren und vier Monaten. Ein Jahr zuvor, als die Altersgrenze noch einen Monat früher erreicht war, bekamen etwa 512.200 Menschen Grundsicherung im Alter. ... Der Hauptgeschäftsführer des Paritätische Wohlfahrtsverbands, Ulrich Schneider, nannte die Zahlen alarmierend.  "Ein System, das es zulässt, dass alte Menschen massenhaft zum Sozialamt geschickt werden, und wegen zu niedriger Leistungen schließlich bei Lebensmitteltafeln auftauchen, ist eines Sozialstaats nicht würdig", so Schneider, "eine Stabilisierung der gesetzlichen
Rentenversicherung ist ebenso unumgänglich wie eine Reform der Grundsicherung selbst."


Aus: "Rente : Ältere immer öfter auf Grundsicherung angewiesen" (19. April 2016)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/deutschland/2016-04/grundsicherung-alter-rente-sozialleistung-unterstuetzung


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#204
Quote[...] Da wird es selbst Sozialministerin Barbara Klepsch (CDU) kalt den Rücken runtergelaufen sein, als sie die Kleine Anfrage des Landtagsabgeordneten Alexander Krauß auf den Tisch bekam. Der Mann ist in der CDU-Fraktion eigentlich arbeitsmarktpolitischer Sprecher. Beim Sozialen scheint er sich nicht so auszukennen. Denn sonst würde er nicht unverfroren von ,,Rabenvätern und –müttern" sprechen.

Sozial heißt nun einmal in Sachsen immer auch: Wer hat das Geld? Wer kommt – weil er nicht genug verdient – in Zahlungsprobleme? Und dazu gehört nun einmal nicht nur Schuldendienst, Wohnungsmiete und Energie. Dazu gehören oft genug auch die Alimente, die Väter oder Mütter für ihre Kinder an die geschiedenen Ehepartner zahlen müssen. Und dass das mit ,,Rabenvätern" eher nichts zu tun hat, sondern mit der simplen sozialen Fähigkeit, den Unterhalt für die Kinder auch leisten zu können, macht die Ministerin dem CDU-Abgeordnete bei seinem Fehltritt ins Soziale auch deutlich: ,,Der Bezug von Unterhaltsvorschuss ist nicht gleichzusetzen mit der Verletzung der gesetzlichen Unterhaltspflicht. Diese ist deshalb nicht Gegenstand der UVG-Geschäftsstatistik."

Denn ,,Rabenväter und –mütter" hatte der Abgeordnete nur in den Titel seiner Anfrage geschrieben, als wollte er jemanden da draußen mit seiner Fähigkeit für starke Biertisch-Parolen beeindrucken. Tatsächlich gefragt aber hat er nach dem Unterhaltsvorschuss. Und den zahlt Väterchen Staat nun einmal, wenn die Unterhaltspflichtigen nicht zahlen – oft genug eben auch nicht zahlen können.

Das wird wieder einmal an der Statistik deutlich. Denn wie bei allen Statistiken, wo es um die ganzen Folgeeffekte von Armut und niedrigen Einkommen geht, ist Leipzig ganz vornedran mit 5.007 Kindern, für die Land, Bund und Kommune in die Unterhaltszahlung einspringen mussten.

Diese Zahlungen erfolgen immer nur unter dem Vorbehalt, dass sich die zuständigen Behörden das Geld dann bei den zahlungspflichtigen Elternteilen wiederholen. Aber auch die sogenannte Rückholquote erzählt davon, dass bei den meisten der Elternteile, die Unterhalt zahlen sollten, eigentlich nichts zu holen ist. Nur rund 19 Prozent der ausgelegten Unterhaltsgelder konnten 2015 wieder zurückgeholt werden. In Leipzig lag der Anteil mit 10 Prozent noch deutlich niedriger.

Tatsächlich sind die Kommunen hochgradig daran interessiert, die Gelder wieder einzutreiben, denn während sie bei den Ausgaben ein Drittel der Summe tragen, bekommen sie von den Einnahmen aus der ,,Rückholquote" 59 Prozent. Für Leipzig bedeutet das, dass die Stadt 2015 zwar 9,1 Millionen Euro an Unterhaltsvorschüssen gezahlt hat, aber nur etwas über 900.000 wieder einholen konnte.

Was eben nicht bedeutet, dass in Leipzig besonders viele ,,Rabenväter" wohnen, sondern dass hier besonders viele Menschen (und eben auch Eltern) mit ihrem Geld nicht über die Runden kommen. In Dresden zum Beispiel war die Belastung der öffentlichen Kasse mit 6,8 Millionen Euro etwas geringer, betraf auch nur 3.784 Kinder.

Der kleine Lichtstreif am Horizont: Auch in Leipzig ist die Zahl der betroffenen Kinder gefallen – von 5.275 auf die erwähnten 5.007. Ein Zeichen dafür, dass viele junge Eltern ihre Einkommenssituation verbessern konnten.

Was übrigens solche Statistiken nie verraten, ist, wie sehr diese pekuniären Nöte erst dazu führen, dass Familien und Partnerschaften zerbrechen und das Thema Unterhaltszahlung erst eines wird.

Auf die Idee, hier von ,,Rabeneltern" zu schwadronieren, kann nur ein Abgeordneter kommen, der sich mit dem Thema noch nie beschäftigt hat.

Die Anfrage von Alexander Krauß. Drs. 4863


Aus: "Wenn ein CDU-Mann nach ,,Rabenvätern" fragt: Auch 2015 musste Leipzig für über 5.000 Kinder Unterhaltsvorschuss zahlen" Ralf Julke (29. Mai 2016)
Quelle: http://www.l-iz.de/leben/familie-und-kinder/2016/05/auch-2015-musste-leipzig-fuer-ueber-5-000-kinder-unterhaltsvorschuss-zahlen-139527

http://www.l-iz.de/leben/familie-und-kinder/2015/08/zahl-der-auf-unterhaltsvorschuss-angewiesenen-kinder-in-sachsen-sank-2014-erstmals-leicht-102627

http://www.l-iz.de/leben/familie-und-kinder/2014/08/Fast-34000-Kinder-in-Sachsen-mit-Unterhaltsvorschuss-56657-63407


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Quote[...] Jeder fünfte Deutsche ist von Armut bedroht. Nicht irgendein Forschungsinstitut hat diese Feststellung herausgegeben, sondern das Statistische Bundesamt. Die Daten sind ein Alarmzeichen für den im Grundgesetz garantierten Sozialstaat. 20,6 Prozent oder 16,5 Millionen Menschen sind demnach von Armut bedroht. Die Skandalzahlen, die das Leistungsversprechen des Sozialstaates dementieren.

Die Beschäftigung mit dem Thema Armut ist stets ein Kampf um die Interpretationshoheit. Wird mit den Zahlen und Ziffern übertrieben, um Aufmerksamkeit zu erzeugen oder Stimmung zu machen? Wird verharmlost – und so das tabuisierte ,,Skandalthema" eingehegt?

Der dauernde Interpretationskampf spiegelt sich in der gesamten Medienberichterstattung wider. Denn die dokumentierte Armutsbilanz in Deutschland ist eine permanente Imageverletzung der Postulate der sozialen Marktwirtschaft. Gezielte Verharmlosung und perfide Ablenkung treffen heute auf alarmierende Statistiken und meist anonyme Schicksale. Bezogen auf die sachliche Auseinandersetzung fehlt es Journalisten meist an der notwendigen Klärungsenergie: Was stimmt, welche Positionen und Interpretationen der Daten sind valide? Welche Befunde sind interessengeleitet oder gezielt verwirrend?

Unbestritten ist, dass die Kluft zwischen Reichen und Armen in Deutschland immer größer wird; die Schlüsselbegriffe ,,zunehmende soziale Ungleichheit" und der drohende ,,Abstieg der Mitte der Gesellschaft" haben Konjunktur. Die Kinderarmut steigt, auch weil die Zukunftschancen von jedem fünften Kind düster aussehen. Immerhin: Zumindest beim Thema der verstärkten Unterstützung für von Armut betroffenen Kinder gibt es so etwas wie einen parteiübergreifenden Konsens. Selbst wirtschaftsnahe Wissenschaftler und Unternehmensvertreter haben das Problem inzwischen identifiziert. Nicht zuletzt, weil damit das Versprechen des sozialen Aufstiegs für alle sichtbar zur leeren Hülle wird. Das kommunikative Ritual ist auf allen Kanälen gleich: Hier müsse der Staat handeln, um mehr Chancengerechtigkeit für ,,arme" Kinder und damit bessere Aufstiegschancen zu schaffen. Aber konkrete Schritte zur Bekämpfung der (Kinder-)Armut oder gar bessere Bildungschancen für alle sind nicht erkennbar. Was sind Gründe für die Polarität zwischen dem Faktenstand zur Armut – und der Inkonsequenz bei der Veränderung von Strukturen?

Armut ist in den meisten Fällen gesichtslos, die Scham der Betroffenen spielt dabei eine große Rolle. Kaum jemand möchte sein Leben vor der Kamera ausbreiten oder in der Lokalzeitung präsentieren. Gelegentlich tauchen Fälle in den Sonderspalten oder populären ,,Ombuds-Formaten" auf, wo auf die traurigen Einzelschicksale aufmerksam gemacht wird. Nach dem Motto: Die Redaktion interessiert sich für die Menschen ,,ganz unten". Zu oft werden diese Einzelfälle aber von den Redaktionen funktionalisiert für die Eigenwerbung: ,,Schaut her, wir kümmern uns."

Der direkte Kontakt zum abgehängten Fünftel wird weder von Politikern noch vorn Bürgern und schon gar nicht von den Medien gesucht. Auch weil Armut oft mit sozialer Ausgrenzung und Rückzug in ausgelagerte Quartiere verbunden ist, mit denen sich die Mehrheitsgesellschaft lieber nicht konfrontiert sehen möchte.

82 Prozent der Deutschen halten die Ungleichheit in Deutschland für zu groß: Dies ist der Befund einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung, die kürzlich vorgestellt wurde. Die Studie ist ein Plädoyer für einen stabilen Sozialstaat. Aber offenbar mit geringem Nachrichtenwert. Kaum eine Zeitung griff das Thema auf. Schade: Die Auswertung der Ergebnisse wäre ein Argumente-Fundus gewesen, um die Debatte über die ,,soziale Ungleichheit" zu illustrieren.

Ein anderes Beispiel: Die Anhebung des Rentenniveaus soll Thema im Wahlkampf 2017 werden; die SPD denkt wieder an die Einführung einer Vermögenssteuer. Beim linken Flügel der Grünen scheint klar, dass die Frage der sozialen Umverteilung aus einem Steuerkonzept 2017 nicht ausgeklammert werden darf. Sprecherin Simone Peter ist überzeugt: ,,Die Vermögenssteuer wirkt viel zielgenauer als die Erbschaftssteuer und bringt jährlich zehn Milliarden Euro für Investitionen." Ganz anders sieht das freilich der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Er warnt vor ,,Standortverlagerungen" und Belastungen des Mittelstandes. Der Verzicht auf eine stärkere Belastung von Vermögen über eine Million gehört für ihn zu den ,,Lockerungsübungen", die auf dem Weg zu der von ihm angestrebten schwarz-grünen Koalition im Bund nötig seien.

Der noch ungeklärte Streit zeigt: Die Vernachlässigung des Armutsthemas und die Tabuisierung einer ausgleichenden Steuerpolitik sind zwei Seiten einer Medaille. Die ,,Not leidende" mediale Resonanz des Themas ,,Armut" hat aber auch hausgemachte Gründe: Arme organisieren sich nicht, sind von Beteiligung weitgehend ausgegrenzt. Kollektive Zivilcourage ist offenbar von jenen besonders schwer zu bekommen, die sie so bitter nötig hätten. Zu Armut und Sozialpolitik gibt es zudem viel zu wenig Expertise und Einordnung, die wirklich verständlich ist. Zahlen, Daten und Fakten sind oft kompliziert. Weil die Forscher sich unangreifbar machen wollen, verstecken sie ihr Skandalon allzu häufig im komplizierten Detail.

Daraus folgt, dass Armut kaum Übersetzer hat: Wer entziffert etwa die vollständigen Arbeitslosenzahlen, mit allen Datenquellen und ,,bereinigten" Sonderfaktoren? Armut hat zu wenige Advokaten, auch weil Engagierte in diesem Feld rasch ein Verlierer-Image verpasst bekommen.

Wo sind heute die prominenten Sozialpolitiker, deren Stimme Gewicht hat? In den vergangenen Jahren sind Sozialpolitiker kaum noch aufgefallen, sieht man einmal von früheren Arbeitsminister Norbert Blüm oder dem 2013 verstorbenen Ottmar Schreiner (SPD) ab. Offenbar folgt die Sozialpolitik keinem erfolgversprechenden Karrieremuster mehr. Im Politikbetrieb gehören diese Experten zu den letzten Mohikanern. Das hat Folgen: Nicht nur die Politik, auch die Medien schreiben dem Thema nur einen geringen Nachrichtenwert zu.

... Das Thema Armut hat zu wenig Raum in den Medien. Jeden Abend werden die wenigen Aktienbesitzer in der Börse vor acht – und anderen Hauptnachrichtensendungen – über die Entwicklung der Kapitalmärkte informiert. Aber warum gibt es in Zeiten der größten gesellschaftlichen Spaltung seit einem Vierteljahrhundert nicht ein vergleichbar besetztes Forum der Arbeitnehmer, Sozialpolitiker, der Sprecher der Tafeln oder von engagierten Initiativen?

Erst wenn wir Armut im Fernsehen für alle sichtbar machen, wird sie in unser Bewusstsein dringen.

QuoteSigismundRuestig 13.09.2016 | 09:26

Dass die Ungleichheit bzw. soziale Spaltung auch in Deutschland seit Jahren zunimmt, und mittlerweile auf einem inakzeptablen Niveau angelangt ist, dürfte wohl unstrittig sein. Lediglich dort, wo dieses Ergebnis politisch nicht gewünscht wird, wird versucht, dagegen zu argumentieren, indem i.d.R. die Zahlenbasis bestritten wird. U.a. auch von "namhaften" Wirtschaftswissenschaftlern (nicht nur von IW und IFO) - wird immer wieder versucht, die Zahlenbasis anzugreifen bzw. zu relativieren! Erst kürzlich hat Herr Hüther vom arbeitgebernahen IW diese Zahlentrickserei wieder eindrucksvoll in der Zeit demonstriert (http://www.zeit.de/wirtschaft/2016-09/ungleichheit-einkommen-schere-deutschland-verteilung-studie ), indem er einfach mal den Zeitraum 2009-2013 willkürlich herausgegriffen hat! Aber auch die Welt, die ja kürzlich die wachsende Ungleichheit noch als Märchen abgetan hatte, reiht sich ein in diese Riege der Zahlenakrobaten, jüngst mit dem Artikel "Der wahre Spaltpilz der amerikanischen Gesellschaft": http://www.welt.de/wirtschaft/article157451200/Der-wahre-Spaltpilz-der-amerikanischen-Gesellschaft.html Dort werden willkürlich die Jahre 2007 und 2015 herausgegriffen und für diesen Zeitraum eine weitere Vergrößerung der Einkommensungleichheit zwischen den obersten 1% der Einkommenspyramide und den restlichen 99% in den USA bestritten. Übrigens eine Methode, der sich auch die Klimawandel-Leugner bedienen!Bei einer weiter zurückreichenden Langfristbetrachtung kommt man jedoch zu ganz anderen Ergebnissen:US real income growth 1993-2015: +94.5% for top 1%; +14.3% for the rest. Top 1% captured 52% of income growth, rest 48% (Quelle: http://eml.berkeley.edu/~saez/saez-UStopincomes-2015.pdf [triking it Richer: The Evolution of Top Incomes in the United States (Updated with 2015 preliminary estimates) Emmanuel Saez, UC Berkeley June 30,2016]) Noch extremer wird die Entwicklung der Ungleichheit, wenn man nicht das Einkommen, sondern das Vermögen betrachtet bzw. wenn man nicht die top 1% sondern die top 0,1% der Einkommenspyramide zum Vergleich heranzieht. Und ähnlich sieht es auch in Deutschland aus.Aber das hören die Leugner der Einkommens- bzw. Vermögensungleichheit nicht so gerne!Was ist zu tun? 1. Die Politik überzeugen, dass die Themen Ungleichheit und soziale Gerechtigkeit endlich umfassend anzugehen sind. Nur so gewinnt man auch die "Abgehängten" wieder zurück, die, mangels politisch überzeugendem Angebot, möglicherweise auf die rechten Populisten hereinfallen. Rufe nach Burka-Verboten und ähnlichen Symbolhandlungen, wie sie derzeit u.a. auch in der Union verbreitet sind, lenken nur ab. 2. Diejenigen in die Ecke stellen, die die Thematik mit Floskeln wie "den anderen Leuten in die Taschen greifen" aushebeln wollen. Die "anderen Leute" sind die Superreichen, häufig auch durch "unverdiente" Erbschaften reich geworden, die sich angemessene Beiträge zur sozialen Gerechtigkeit locker leisten können - und manche von ihnen auch gerne leisten wollen! Genaugenommen sind diese das Ergebnis einer permanenten Umverteilung, wie sie in unseren Steuer- und Abgabensystemen seit Jahrzehnten verankert sind! Warum eigentlich? ...


Quotegelse 13.09.2016 | 10:25

>>Nicht zuletzt, weil damit das Versprechen des sozialen Aufstiegs für alle sichtbar zur leeren Hülle wird.<<
Das ist in hierarchisch organisierten Gesellschaften nichts Neues: Es können unmöglich alle aufsteigen: je höher die Hierarchieebene, um so geringer die Zahl der Pöstchen, die dort zu vergeben ist.
Umkehrung der Hierachiepyramide wäre die Revolution. Und die ist doch die schlimmste Todsünde, oder?


...


Aus: "Die im Dunkeln sieht man nicht" Thomas Leif (12.09.2016)
Quelle: https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/die-im-dunkeln-sieht-man-nicht-1

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#206
Quote[...] In Bremen ist das Armutsrisiko besonders hoch. Das geht aus Berechnungen des Statistischen Bundesamtes hervor. Nahezu jeder vierte Einwohner Bremens galt demnach als arm (24,8 Prozent), gefolgt von Berlin (22,4 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (21,7 Prozent).

Insgesamt waren in Deutschland 15,7 Prozent der Bevölkerung von monetärer Armut bedroht, das waren 0,3 Prozentpunkte mehr als 2014 und ein Prozentpunkt mehr als 2005, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Donnerstag mitteilte. Die Armutsquote liegt damit so hoch wie niemals zuvor seit der Wiedervereinigung.

Die Entwicklung weist große regionale Unterschiede auf. Im Westen Deutschlands sind mehr Menschen von Armut bedroht als vor zehn Jahren. Im Osten ist die Entwicklung dagegen rückläufig - mit Ausnahme von Berlin. In den alten Bundesländern ohne Berlin waren es 14,7 Prozent (plus 1,5 Punkte), in den neuen 19,7 Prozent (minus 0,7 Punkte). Den stärksten Anstieg im Zehn-Jahres-Vergleich verzeichnete Nordrhein-Westfalen: um 3,1 Prozentpunkte auf 17,5 Prozent.

Als armutsgefährdet gelten Menschen, die weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung haben.




Aus: "Alarmierende Statistik: Jeder vierte Bremer gilt als arm" (22.09.2016)
Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/armutsrisiko-waechst-in-bremen-gilt-jeder-vierte-als-arm-a-1113424.html

http://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-stadtreport_artikel,-Klares-Ziel-umstrittener-Weg-_arid,1462031.html

https://weserreport.de/2016/09/politik/trauriger-rekord-bremen-ganz-vorn-bei-kinderarmut/



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Quote[...] Die Tafeln haben in den vergangenen zwei Jahren Aufnahmestopps verhängt, Wartelisten an die Wände geklebt, Bedürftige weggeschickt. Der Grund: Immer mehr Menschen reihen sich in die Schlangen vor den Tafeln ein, um kostenlose Lebensmittel zu kriegen. Momentan kommen 1,5 Millionen regelmäßig. Das sind doppelt so viele wie vor zehn Jahren. Es scheint, als würden sehr viele Menschen in Deutschland nicht von der guten wirtschaftlichen Lage und sinkenden Arbeitslosenquote profitieren.

Seit der Wiedervereinigung war das Risiko, hierzulande arm zu werden, noch nie so hoch wie im vergangenen Jahr, sagt die Hans-Böckler-Stiftung. Jeder Sechste war gefährdet. Und weil die Zahl der Tafelnutzer im Vergleich zu 2014 um 18 Prozent zunahm, der Spendenzuwachs aber nur um zehn Prozent, sagte Jochen Brühl, Vorsitzender des Bundesverbands Deutsche Tafel, am Dienstag: ,,Trotz angestiegener Spendenmenge bekommt jeder Einzelne im Durchschnitt etwas weniger Lebensmittel."

Eine weitere Entwicklung: Rund 220 000 Flüchtlinge kamen im vergangenen Jahr zu den Ausgabestellen. Vor allem am Anfang habe es wegen kultureller Unterschiede und Sprachproblemen Schwierigkeiten gegeben. So hätten syrische Männer Probleme damit gehabt, Hilfe von Frauen anzunehmen. Manche hätten Lebensmittel aus religiösen oder kulturellen Gründen nicht angenommen. Altkunden befürchteten, die Flüchtlinge nähmen ihnen etwas weg. Außerdem hätten viele Tafeln ihren neuen Kunden zunächst klarmachen müssen, dass Tafeln keine staatlichen Einrichtungen seien und sie keinen Anspruch auf Lebensmittel hätten. ,,Unser Problem sind aber nicht die Flüchtlinge, sondern es ist die Armut", sagte Brühl mit Blick auf die Gesamtbevölkerung.

Schon vor drei, vier Jahren habe Brühl die Regierung darauf hingewiesen, dass immer mehr Flüchtlinge kämen. Ohne irgendeine Reaktion. Dass die Menschen aus Syrien und Afghanistan Tafeln nutzen, erklärte Brühl mit einer ,,mangelhaften Versorgung" in den Unterkünften und dem Wunsch, mal rauszukommen, mit anderen zu sprechen. Bei Flüchtlingen, die in Wohnungen untergebracht seien, reiche die staatliche Unterstützung oft nicht aus – wie das bei Hartz-IV-Empfängern der Fall sei. Mittlerweile habe sich die Situation entspannt. Es gebe Dolmetscher und mehrsprachiges Informationsmaterial. Die Vorurteile langjähriger Kunden seien einem größeren Verständnis gewichen. Und: In 40 Prozent der Tafeln packen Flüchtlinge mit an und arbeiten als Ehrenamtliche. Tendenz steigend.

Statt der Verteilungsdebatte beobachte Brühl allerdings immer mehr ,,Versuche von außen, einen Keil zwischen die Ärmsten in diesem Land zu treiben." Vor Ort hätten Mitarbeiter NPD-Ortsgruppen weggeschickt, nach den Ausschreitungen in der Kölner Silvesternacht eine Bürgerwehr. Bei Facebook gebe es immer mehr rassistische Kommentare, wie ,,deutsche Lebensmittel für deutsche Arme". Das Redaktionsteam reagiere darauf, nehme zum User Kontakt auf oder lösche den Post. In E-Mails kündigten Spender an, wegen der Flüchtlinge nicht mehr zu helfen. Wieder betonte Brühl: ,,Bereits vor der sogenannten Flüchtlingskrise sind immer mehr Menschen zu den Tafeln gekommen." Allein der Anteil der Rentner ist von 2007 bis 2014 von zwölf auf 24 Prozent gestiegen.

Die Idee der Tafeln stammt aus den USA. In Deutschland wurde die erste Tafel 1993 von der Initiativgruppe Berliner Frauen gegründet. Waren es 2002 gut 300 Tafeln, gibt es heute bundesweit etwa 900 mit rund 2100 Läden und Ausgabestellen. Die Nachfrage ist da. Und wird mehr. Neben Rentnern und Geringverdienern kommen vor allem Langzeitarbeitslose. Wobei es sich sehr oft um alleinerziehende Frauen und Migranten handelt. Knapp ein Viertel der Nutzer sind Kinder und Jugendliche. Jedes siebte Kind lebt hierzulande von Hartz IV.

Damit sich die Situation jener Menschen, die von ihrem Geld nicht leben können, verbessert, fordert der Verband einen Bundesbeauftragten zur Bekämpfung von Armut, eine bedarfsgerechte Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze und eine kostenloses Mittagsverpflegung für alle Kinder. Im Kontext der Flüchtlingsintegration wirbt der Verband außerdem für Antirassismusprojekte und möchte eine sachlichere Debatte. Die Organisation mahnt die Politik, die Angebote der Tafeln nicht überzustrapazieren ,,Verliert die Regierung die Ärmsten weiter aus ihrem Blickfeld, droht der gesellschaftliche Unfriede", sagte Brühl.

Die Tafeln finanzieren sich ausschließlich durch Spenden und Mitgliedsbeiträge. Hin und wieder gibt es Kleidung und Bücher. Einige Stellen bieten warme Mahlzeiten an. Hauptsächlich bekommen die Tafeln aber Obst, Gemüse, Backwaren und Konserven. Von Discountern, dem Handel und Restaurants. Mal haben sie zu viel im Lager und wollen etwas loswerden, mal haben ihre Produkte ein bald endendes Mindesthaltbarkeitsdatum oder kleine Schönheitsfehler. 2015 verteilten die Tafeln 215 000 Tonnen. Die Hälfte von ihnen klagte, die Mengen reichten nicht aus. Im gleichen Jahr warf jeder einzelne Bürger 80 Kilogramm an Lebensmitteln in den Müll.

Quote2010ff 28.09.2016, 21:57 Uhr

    Trotz sinkender Arbeitslosenquote kommen immer mehr Menschen zu den Tafeln.

Woran mag das wohl liegen? Ich komm nicht drauf, ich komm nicht drauf...

...


QuotePsychosis 28.09.2016, 19:34 Uhr
Antwort auf den Beitrag von Karl-Heinz123 28.09.2016, 18:18 Uhr
Ach ja............

Gerade in den Nachrichten gehört:
"Die deutsche Wirtschaft brummt, noch nie gab es so viele offene Stellen."


Quotenochnefrage 28.09.2016, 17:08 Uhr
Gibt es ein Angebot, entsteht eine Nachfrage. Das gilt für ein neues Smartphone, das gilt auch für Hilfseinrichtungen wie die Tafeln.

Wer obdachlos ist, kann sich in das Sozialsystem eingliedern, monatliche Sozialhilfe und eine Unterkunft erhalten. Wer das nicht möchte oder meint, sich nicht einpassen zu können, muss die Konsequenzen tragen. Es gibt Menschen, die den Menschen ausserhalb des Systems helfen - gut, das ist ihre freiwillige Entscheidung, eine objektive Notwendigkeit ist es nicht. Aber auch der Helfende hat ja einen Gewinn für sein Tun.

Dass auch Migranten zu den Tafeln kommen, obwohl sie mit staatlichen Zahlungen und anderes versorgt sind, ist verständlich - schliesslich möchten viele sparen und mit dem zu ihrem Unterhalt gegebenem Geld ihre Angehörigen zuhause unterstützen. Das ist zwar nicht im Sinne der öff. Zahlungen - aber ok.

Aus der gesteigerten Nachfrage nach den Hilfsangeboten kann man nicht auf eine erhöhte Not schliessen. Wie oben gesagt: Wenn  ein Angebot geschaffen wird, stellt sich die Nachfrage ein.


QuoteAnwarziel 28.09.2016, 13:12 Uhr
Man kann es noch so schönreden. Es gibt bereits Verteilungskämpfe.
Dass diese die ärmsten unseres Landes am stärksten treffen war voraussehbar.
Die Politik scheint demgegenüber aber völlig gleichgültig zu sein. ...



Quotetizian2011 28.09.2016, 13:05 Uhr

    Es scheint, als würden sehr viele Menschen in Deutschland nicht von der guten wirtschaftlichen Lage und sinkenden Arbeitslosenquote profitieren.

Scheint nicht so, ist so.


...


Aus: "Weniger für die Ärmsten: Essen bei den Tafeln reicht nicht für alle" Marie Rövekamp (28.09.2016)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/weniger-fuer-die-aermsten-essen-bei-den-tafeln-reicht-nicht-fuer-alle/14609554.html


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Quote[...] Deutschlandweit ist die Überschuldung nach Angaben von Creditreform zum dritten Mal in Folge angestiegen. Im Bundesschnitt war zum Stichtag am 1. Oktober 2016 jeder Zehnte Bundesbürger über 18 Jahre überschuldet. ... Besonders hohe Werte errechneten die Statistiker von Creditreform erneut für das Ruhrgebiet. Blickt man auf die Städte zwischen Duisburg und Dortmund ergibt sich eine durchschnittliche Schuldnerquote von 14,65 Prozent. ... Für die nahe Zukunft rechnen die Creditreform-Experten nicht mit einer nachhaltigen Entspannung der privaten Überschuldungslage in Deutschland. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass die Überschuldungszahlen weiter ansteigen werden. Das ist auch die Einschätzung von Christoph Zerhusen, dem vor allem die steigende Altersarmut und das Abschneiden vieler Bevölkerungsteile von gesellschaftlicher Teilhabe Sorge machen. ...


Aus: "Im Ruhrgebiet ist jeder Siebte überschuldet" Peter Schneider (10.11.2016)
Quelle: http://www1.wdr.de/nachrichten/schuldneratlas-nrw-100.html

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Quote[...] Mehr als jeder zehnte Erwachsene in Deutschland ist überschuldet. Damit könnten über 6,8 Millionen Menschen im Alter von über 18 Jahren ihre Rechnungen derzeit nicht mehr begleichen, berichtete die Wirtschaftsauskunftei Creditreform am Donnerstag in Düsseldorf. Die Zahl der Überschuldeten sei im Vergleich zum Vorjahr um 131.000 oder 1,9 Prozent weiter angestiegen.

Besonders deutlich habe dabei mit einem Plus um 5,6 Prozent die Zahl der harten Fälle mit hoher Überschuldung zugenommen. Weiter ansteigend sei auch die Altersüberschuldung. Derzeit seien in Deutschland 174.000 Menschen ab 70 Jahren davon betroffen - dies entspricht einer Zunahme von 25.000 Fällen oder 16 Prozent. Mit einer Überschuldungsquote von 1,34 Prozent liege diese Altersgruppe jedoch immer noch deutlich unter den Werten der jüngeren Altersjahrgänge.

Die Überschuldung von Verbrauchern in Deutschland nimmt trotz der guten Konjunktur seit Jahren zu. Im vergangenen Jahr bereits konnte fast jeder Zehnte seine Rechnungen nicht mehr bezahlen. Besonders schwerwiegend sind die Probleme im Ruhrgebiet. In vielen Städten steigt die Zahl der Überschuldungsfälle überdurchschnittlich schnell an.

Negativer Spitzenreiter im Vergleich der Bundesländer war im vergangenen Jahr Bremen mit einer Schuldnerquote von 14,08 Prozent. Am günstigsten war die Verschuldungslage in Bayern (7,12 Prozent) und Baden-Württemberg (8,09 Prozent). Nordrhein-Westfalen lag mit einer Quote von 11,52 Prozent im unteren Mittelfeld der Bundesländer.

mik/dpa-AFX


Aus: "Konsum: Mehr als jeder Zehnte ist überschuldet" (10.11.2016)
Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/experten-warnen-vor-zunehmender-privatverschuldung-a-1120598.html


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Quote[...] Obdachlose verspeisten Schwäne im Tiergarten, das meldeten Berliner Medien kürzlich und machten auf eine dramatische Verelendung aufmerksam: Immer mehr Obdachlose, darunter auch Kinder, leben auf der Straße, trotz eines umfassenden Hilfesystems für wohnungs- und obdachlose Personen mit etwa 7000 Heimplätzen.

Zuständig und verantwortlich für die Unterbringung sind die Bezirke, nicht der Senat. Von November bis März gibt es zusätzliche Plätze im Rahmen der Berliner Kältehilfe. Für diesen Winter wurde deren Zahl gerade auf 800 Plätze erhöht, der neue Senat will die Zahl auf 1000 ausweiten. Das ist gut gedacht. Doch inzwischen macht sich eine Obdachlosenrealität breit, der die Stadt nicht mehr gewachsen ist.

Die Gründe sind vielfältig. Aus vielen osteuropäischen EU- Staaten, wie Polen, Bulgarien, Ungarn, der Slowakei, kommen Arbeitssuchende nach Berlin, oft mit ihren Familien. Sie halten sich hier legal auf, sind aber nicht berechtigt, soziale Leistungen zu erhalten. Was die Ämter ihnen anbieten, ist eine Rückfahrkarte für den Reisebus. Doch viele bleiben, denn mit Kleiderkammern, Suppenküchen, medizinischen Hilfen lässt sich in Parks oder auf der Straße überleben. Auch im Winter?

Für die anspruchsberechtigten Berliner Obdachlosen sind inzwischen auch anerkannte Flüchtlinge ungewollt zur Konkurrenz geworden. Wenn die ihre Notunterkünfte verlassen müssen und keine Wohnung finden, bringt man sie in Obdachlosenwohnheimen unter. Jeder vierte Platz soll so besetzt sein.

Alle wissen, dass keine Stadt, erst recht keine Metropole, Obdachlosigkeit verhindern oder beseitigen kann. Darum geht es nicht. Aber das Berliner Hilfesystem ist nicht auf der Höhe der Zeit. Seit Langem schon hält es nicht mehr Schritt mit neuen Problemen wie wachsender Wohnungsnot, dem starken Zuzug von EU-Ausländern, der Unterbringung von Flüchtlingen. Noch nie wurden überhaupt verlässliche Zahlen über die Gruppe der Wohnungslosen erhoben. Und die zuständigen Bezirke sind alleine nicht in der Lage, es besser zu machen. Sie können die Campierenden verscheuchen, den Müll einsammeln und die Schwäne umsiedeln. Aber ist das eine wirksame Strategie gegen Obdachlosigkeit?

QuoteDoppelemm 20.11.2016, 12:45 Uhr
Was mit dem etwas unglücklichen Wort "Obdachlosenrealität" beschreiben wird offenbart doch am Ende eines:

Daß diese Obdachlosenrealität- die seit den 250 Jahren des existierenden Kaitalismus seitdem weltweit dazugehört wie alle anderen Folgen dieses Wirtschaftssystems - komplett von politischer Seite ignoriert wurde und wird.

Was man nicht untersucht oder als Problem ansieht muß man dann auch nicht anpacken:

es wird - wie die neue Armut ganzer Bevölkerungsgruppen heutzutage oder die schon vor zehn Jahren in Berlin absehbare Wohnungsknappheit - wegdefiniert.
Einfach ausgeblendet, regelrecht geleugnet. Gibt es nicht, basta.

Aber es gibt keinen Erkenntnismangel:

Wenn es im viktorianischen England(!) möglich war, eine umfassende öffentliche Struktur aus Obdachlosenasylen, Suppenküchen und Badeanstalten zu schaffen ebenso wie in den USA der Jahrhundertwende, die die verelendeten Massen aus Ost(!) Europa und der ganzen Welt über Einwandungswellen und Generationen hinweg aufnahmen und wenigstens Obdachlosen-Unterkünfte und eine Versorgung in den Städten einplanten und bauten, dann darf man doch laut fragen, wen diese jahrzehntelange(!) Realität hier in D so sehr störte, daß man einfach die Augen davor verschloß - und einfach nichts tat oder so wenig, daß es eher eine Verhöhnung ist als Hilfe.

Von den viel beschworenen Werten unserer westlichen Welt, gar christlichen oder solchen der Nächstenliebe vermag ich gar nichts, aber null komma gar nichts zu erkennen.

Es ist unmenschlich, nicht humanistisch und unchristliches Verhalten auf allen Ebenen.
Wenn jemand neben dir strauchelt oder hinfällt, wenn dessen Kräfte nicht mehr reichen, nicht einmal für das eigene Leben, dann hilft man diesem Menschen auf - aber das kalte politische Herz dieser Gesellschaft schlägt nicht in diesem Takt.

Mir soll niemand mehr etwas von der "Überlegenheit" unserer Werte erzählen, es widert mich nur noch an ... da haben wir über Welt-Frieden, den neuen Feind, noch gar nicht gesprochen.


QuoteSchland 20.11.2016, 14:41 Uhr

"Den Deutschen geht es so gut wie nie" ...

... Die Gesetze sind so gestaltet, dass der Profit der Superreichen immer steigt, das erzeugt natürlich mehr und mehr Verlierer.

Das Problem der Obdachlosigkeit gibt es extrem auch in den USA und anderen europäischen Ländern. Ob in Spanien, Italien, Griechenland, Deutschland, England. Die als reich geltenden Länder haben heute eine große Ungleichheit.

Eine Ursache ist die so genannte "Personenfreizügigkeit". Diese bedeutet, dass Arbeitsnehmer wie Kartoffeln aus Ausland billiger gekauft werden. Arbeitgeber dürfen die "Fachkräfte" aus den billigsten und ärmsten Ländern Europas importieren, müssen sie aber nicht gut unterbringen. Es geht nur um die Profitmaximierung, die pure Ausbeutung. Um das Wohl der Menschen geht es nicht. Darum wurde trotz bereits sehr hoher Migration in Deutschland der "Fachkräftemangel" ausgerufen. Die Sklaven schienen auszugehen, die für ganz billig arbeiten und keine Ansprüche stellen. Jahrzehnte lang haben die Regierungen die Armut einfach ignoriert.

In England gibt es ähnliche Schwierigkeiten, so wird der Brexit verständlich:

Die fünfjährige Brooke Blair aus Großbritannien liest Premierministerin Theresa May in einer kurzen Videobotschaft "die Leviten": Es gebe viel zu viele Obdachlose und Arme in Großbritannien. May solle endlich etwas tun, um die Armut zu verringern. "Ich bin wütend!" schließt Brooke ihren Appell...

Informationen der Europäischen Kommission und des europäischen Statistikamtes EUROSTAT zufolge sind 120 Millionen Menschen akut von Armut bedroht, etwas mehr als jedes vierte Kind ist betroffen – nicht irgendwo, sondern mitten in Europa...

Doch nicht nur in Europa, auch in anderen, wirtschaftlich prosperierenden Regionen herrscht nach wie vor Armut. So wenden sich jährlich rund 46 Millionen US-Bürger an die Organisationen des Anti-Hunger-Netzwerk "Feeding America", das sind rund 14,3% der US-Gesamtbevölkerung.


"Ich bin wütend!"
Von Gregor J. Mayer, mit Material der EU-Kommission, Feeding America, EUROSTAT (2016)
https://www.phoenix.de/content//1160884


...


Aus: "Obdachlosigkeit: Berlin bekommt das Elend nicht in den Griff" Barbara John (19.11.2016)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/berlin/obdachlosigkeit-berlin-bekommt-das-elend-nicht-in-den-griff/14866152.html