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[Wenn du zum Flüchtling wirst (Flucht, Migration, Notizen)... ]

Started by Textaris(txt*bot), June 13, 2006, 10:30:34 AM

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Textaris(txt*bot)

Quote[...] Weil die Bremer Raumfahrtindustrie der Grenzschutzagentur Frontex hilft, Boatpeople auf dem Mittelmeer aufzuspüren besuchten 150 DemonstrantInnen das italienische Konsulat im Viertel

Sie trugen ein Schiff den Sielwall hinauf: Mit einer symbolischen Aktion erinnerte das Bremer "Bündnis gegen Frontex" am vergangenen Samstag an die Mitverantwortlichkeit der Bremer Raumfahrtunternehmen EADS und OHB Technology bei der Flüchtlingsabwehr im Mittelmeerraum.

"Frontex" nennt sich die für Flüchtlingspolitik zuständige europäische Grenzschutzagentur, die zur verbesserten Überwachung durch Satellitensysteme mit jenen Bremer Unternehmen kooperiert. Etwa 150 Demonstrierende nahmen sich dieses Themas an und zogen vom Ziegenmarkt zum italienischen Konsulat am Sielwall.

Dort wurde ein kleines Holzschiff mit den Aufschriften "Frontex abschaffen" und "Boatpeople welcome" angekettet. Der italienische Honorarkonsul Marco-Romed Fuchs ist gleichzeitig Vorstandsvorsitzender bei OHB. Dem Bündnis zufolge vertrete er somit die aggressive Flüchtlingspolitik Berlusconis in doppelter Funktion. Seit Februar ist in Italien die direkte Abschiebung aus Lampedusa nach sechs Monaten Flüchtlingslager möglich. Die gesamte Protestaktion dauerte nur eine halbe Stunde; die Polizei beobachtete, griff aber nicht ein.

Bei OHB Technology ist die Stimmung derweil blendend: Dem allgemeinen konjunkturellen Trend entgegen vermeldete das Unternehmen blühende Raumfahrt-Landschaften. Der Umsatz lag für das vergangene Jahr bei 232 Millionen Euro und stieg damit um sechs Prozent. Die Tendenz sei weiterhin steigend, sagte Fuchs: "Für das laufende Geschäftsjahr erwarten wir eine Steigerung der Gesamtleistung um 15 Prozent." Der Unternehmensbereich Telematik und Satellitenbetrieb, der unter anderem die Systeme für Frontex entwickelt, hat dabei einen Anteil von etwa zehn Prozent.

Sowohl OHB als auch der in Bremen beheimatete "EADS Astrium"-Konzern sind für die Weiterentwicklung von Satellitenprogrammen zuständig, die Frontex bei der Organisation der EU-Grenzüberwachung als technisches Mittel dienen. Seit 2005 ist Frontex zuständig für den Schutz der Staatsgrenzen und kooperiert eng mit den nationalen Grenzbehörden, um Flüchtlingsbewegungen zu erfassen. Interesse ist es, die Technologien voranzutreiben, die beispielsweise die Überwachung des Mittelmeerraums optimieren. Und an dieser Stelle kommen die Bremer Unternehmen ins Spiel: Die so genannte "SAR-Lupe" ist ein Satellitensystem, das jederzeit Bilder in hoher Auflösung von bestimmten Punkten auf der Erde liefern kann. Sie wurde im Jahr 2006 von OHB Technology entwickelt und zunächst nur von der Bundeswehr genutzt.

Unter anderem arbeite die von der Europäischen Kommission und der Europäischen Raumfahrtbehörde ESA getragene Initiative "Global Monitoring for Environment and Security" (GMES) mit dieser Technologie, sagt Christoph Marischka von der Informationsstelle Militarisierung in Tübingen. Die GMES wurde 2006 gegründet, um Krisenmanagement bei Umweltkatastrophen zu vereinfachen.

Mittlerweile aber werde das vorhandene Instrumentarium auch für die EU-Sicherheitspolitik und Frontex genutzt, bestätigt Marischka. "Es gibt zwei nachgewiesene Fälle, in denen Frontex sich der Technologien der GMES-Projekte bedient hat", sagt er: "Testweise bei der Drogenbekämpfung der französischen Marine in der Karibik und für die Überwachung des EU-Lateinamerika-Gipfels in Lima."


Aus: "Globale Monitore aus Bremen" VON JENS UTHOFF (24.03.2009)
Quelle: http://www.taz.de/regional/nord/bremen/artikel/?dig=2009%2F03%2F24%2Fa0145&cHash=35f2d2d80b


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Es ist der zweite Aufstand in einem der geschlossenen Flüchtlingslager auf Malta innerhalb weniger Wochen. Heute morgen gegen 7 Uhr versuchten bis zu 600 Bootsflüchtlinge aus dem Haftlager Safi auszubrechen. Sie steckten zwei Gebäude in Brand, darunter einen größeren Aufenthaltstrakt, in dem viele Lagerinsassen schlafen. Die Schäden sollen erheblich sein.

Bei den Rebellierenden handelt es sich nach Angaben des maltesischen Innenministeriums um Asylbewerber, deren Anträge abgelehnt wurden. Spezialeinheiten der Polizei und des Militärs gelang es den Aufstand nach zwei Stunden niederzuschlagen. Dabei wurden zwei Beamte verletzt. Entgegen ersten Meldungen ist es jedoch keinem Lagerinsassen gelungen, zu fliehen.

Nach einem Aufstand auf der süditalienischen Insel Lampedusa war Mitte Februar ein großer Teil des dortigen Flüchtlingslagers niedergebrannt. Auf Malta gibt es mehrere geschlossene Haftlager für Bootsflüchtlinge. Diese werden dort bis zu 18 Monate eingesperrt. Die Zustände in den Lagern werden oft kritisiert. Erst vor kurzem hatte die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen ihre Arbeit dort aus Protest gegen die schlechten Bedingungen eingestellt.

...


Aus: "Insassen versuchen auszubrechen - Revolte in Flüchtlingslager auf Malta" Von Stefan Troendle, ARD-Hörfunkstudio Rom (23.03.2009)
Quelle: http://www.tagesschau.de/ausland/malta114.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Wer in Frankreich die Einreise, die Bewegungsfreiheit oder den illegalen Aufenthalt eines Ausländers zu erleichtern versucht, muss mit bis zu fünf Jahren Haft und einer Geldbuße von 30.000 Euro rechnen. In einem Nachtrag zum Haushaltsgesetz 2009 werden Quoten für die «Unterstützer» gesetzt: 5.000 im laufenden Jahr, 5.500 im Jahr 2011. Zwtl: Abschiebequote um 4.000 überschritten Das von Staatspräsident Nicolas Sarkozy bei seinem Amtsantritt geschaffene Einwanderungsministerium vermeldet jedes Jahr stolz die Abschiebungszahlen. Das Ziel für 2008 von 26.000 Ausweisungen wurde um knapp 4.000 übertroffen. Dass jetzt auch Sollwerte zur Verhaftung von Helfern erfüllt werden müssen, hält Einwanderungsminister Eric Besson für «unausweichlich» im Kampf gegen Menschenschmuggler.

[...] Jean-Claude Lenoir, Lehrer und Vizepräsident der Hilfsorganisation Salam, wurde im November verhaftet, als die Polizei mit Spürhunden und Helikoptern Einwanderer zusammentrieb. Im Februar musste er wegen Beleidigung von Polizisten vor Gericht erscheinen. Der Prozess wurde auf Juni vertagt. In der vergangenen Woche wurde eine Salam-Mitarbeiterin vier Stunden verhört, die zwei Immigranten in ein Krankenhaus fuhr. «Es gibt mehr und mehr Druck und Einschüchterung», sagt Lenoir. In der südfranzösischen Hafenstadt Marseille geriet die internationale Hilfsorganisation Emmaus in die Bredouille. Nachdem sie einem Ausländer ohne Papiere Unterkunft gewährt hatte, wurde ein Mitarbeiter sechs Stunden lang verhört. «Es gibt keine rechtliche Definition für jemanden, der Immigranten unterstützt», sagt Emmaus-Sprecher Teddy Roudaut. «Deswegen kann das Gesetz gegen jemanden angewendet werden, der Suppe ausschenkt.» Obwohl Emmaus keine Menschenschmuggler verteidige, werde das Gesetz gegen die Gruppe angewendet. «Jetzt fürchten wir, zum Reservoir für die Quoten des Innenministeriums zu werden. 


Aus: "Wenn das Austeilen von Suppe zum Risiko wird - Frankreich macht Jagd auf Helfer von Immigranten"
Von Elaine Ganley (29.03.2009)
Quelle: http://www.pr-inside.com/de/wenn-das-austeilen-von-suppe-zum-r1148301.htm


Textaris(txt*bot)

Quote[...] An den Küsten Italiens trafen im Vorjahr nach Angaben des Innenministeriums rund 36.500 Bootsflüchtlinge ein. Der Großteil von ihnen startete die gefährliche Reise über das Mittelmeer von Libyen aus. Oft geraten die überladenen Boote in Seenot und kentern.

Zehntausende Menschen aus Afrika wagen jährlich die lebensgefährliche Überfahrt nach Europa auf unzureichend ausgestatteten Booten. Die Flüchtlingslager in Italien und Spanien sind hoffnungslos überfüllt, die humanitäre Situation katastrophal.

pad/dpa


Aus: "DRAMA VOR LIBYENS KÜSTE - Boote mit knapp 600 Flüchtlingen an Bord gesunken" (31.03.2009)
Quelle: http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,616418,00.html


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Quote[...] Schulz: Herr Kopp, wenn künftig niemand mehr Schiffbrüchige an Bord nähme, ohne zynisch fragen zu wollen, wie viele Menschenleben würde eine solche neue Zurückhaltung kosten?

Kopp: Wir haben jetzt schon wirklich Tausende von Toten. Über 10.000 Tote wurden dokumentiert in den letzten zehn Jahren. Die Cap Anamur hat - niemand bestreitet das - 37 Menschen vor dem sicheren Tod bewahrt und es ist völlig unverständlich, dass heute versucht wird, politisch motiviert humanitäre Hilfe zu kriminalisieren. Und von daher: es geht heute genau um die gleichen Fragen wie vor fünf Jahren. Morgen diskutieren die Innenminister über diese Frage. Der EU-Kommissar sagt, ihr müsst euch endlich einigen: Wer ist zuständig bei Lebensrettung? Ihr dürft nicht tagelang wie vor kurzem darüber streiten, wer lässt die Leute anlanden und sie unter erbärmlichen Bedingungen beispielsweise auf dem türkischen Schiff Pinar warten lassen, vegetieren lassen. Das ist die Realität und eine andere Realität ist, dass praktisch die italienische Regierung wie kürzlich geschehen fünfhundertfach Menschenrechte, Flüchtlingsrechte verletzt und Bootsflüchtlinge nach Libyen zurück bringt in Haftlager des Herrn Gaddafi, und das ist kein Straftatbestand, der irgendwie angeklagt wird, das wird nicht mal in EU-Kreisen kritisiert. Es gibt ein Schweigen in Berlin, es gibt ein Schweigen in Brüssel zu diesem Thema.

Schulz: Herr Kopp, was ist also gewonnen durch die Aktion Elias Bierdels vor fünf Jahren?

Kopp: Die Lebensrettung hat den Finger in die Wunde Europas gehalten, nämlich den größten Menschenrechtsskandal ganz klar noch mal dokumentiert, dass vor unseren Toren jeden Tag Menschen sterben und dass diese Seefriedhöfe Tag für Tag größer werden. Aus dem Grund wurde dieses Exempel statuiert von Herrn Schily und damals von seinem Kollegen Pisano, dass man sagt, diesem Lebensretter machen wir den Prozess, wir schrecken ab. Die 37 Menschen, die gerettet wurden, hatten nie ein faires Asylverfahren. 36 von ihnen wurden nach einem kurzen Prozess abgeschoben. Es sollte abschrecken, dass in Zukunft so was nicht noch mal passiert.


...


Aus: "Bierdel-Prozess dokumentiert "den größten Menschenrechtsskandal"" (03.06.2009)
Pro Asyl: Anklage gegen ehemaligen Cap-Anamur-Chef dient der Abschreckung
Karl Kopp im Gespräch mit Sandra Schulz
Quelle: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/975397/


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Mit einem gemeinsamen Positionspapier fordert ein Bündnis bestehend aus Amnesty International, AWO, Caritas, Diakonie, Deutscher Anwaltsverein, Deutsches Rotes Kreuz, Neue Richtervereinigung, Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband und PRO ASYL eine grundlegende Wende in der europäischen Flüchtlingspolitik.

Die Organisationen werfen der EU Völkerrechtsverletzungen vor, wenn Schutzsuchende durch die europäische Grenzschutzagentur Frontex auf dem offenen Meer zurückgedrängt werden. Deutschland stelle dafür Hubschrauber zur Verfügung und leiste damit Beihilfe zum völkerrechtswidrigen Verhalten. ,,Die Europäische Menschenrechtskonvention gilt auch auf Hoher See", betont Rechtsanwalt Reinhard Marx, ,,Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat festgestellt, dass es den Vertragsstaaten nicht erlaubt ist, die Konventionen im eigenen Hoheitsgebiet oder außerhalb des eigenen Territoriums zu verletzen. Aufgegriffenen Asylsuchenden muss ein wirksamer Zugang zu einem Asylverfahren in der EU gewährt werden."

Die Organisationen fordern eine faire Teilung der Verantwortung bei der Verteilung von Flüchtlingen in den Mitgliedstaaten. In der Dublin II-Verordnung ist festgelegt, dass der Staat, über den Schutzsuchende die EU erreichen, für die Behandlung des Asylsuchenden zuständig ist. Dadurch werden insbesondere die Mitgliedstaaten an den Außengrenzen der EU wie Griechenland oder Malta mit einem hohen Zugang konfrontiert. Weil diese Staaten mit der Verantwortung allein gelassen werden, greifen sie zu einer rigiden Grenzpolitik und drastischen Abschottungsmaßnahmen. Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL: ,,Tausende von Toten an den EU-Außengrenzen, dramatische Defizite in der Qualität der Asylverfahren und in der Unterbringung von Asylbewerbern und die Inhaftierung von Schutzsuchenden sind ein Skandal – und mittelbare Folge des Dublin II-Systems."

Amnesty International und PRO ASYL wenden sich gegen die im derzeit auf EU-Ebene verhandelten ,,Stockholmer Programm" vorgesehene Ausweitung der europäischen Abschottungsmaßnahmen gegen Flüchtlinge in Transit- und Herkunftsstaaten und die Zusammenarbeit mit diesen Staaten unter Missachtung der Menschenrechte. ,,Die EU darf den ,,Türsteherjob" beim Zugang zur Festung Europa nicht auf Transitstaaten verlagern" sagte Wiebke Hennig, Flüchtlingsreferentin von Amnesty International. ,,Staaten wie Libyen oder Mauretanien sind kein Schutz-Raum für Flüchtlinge, sondern weisen ihrerseits eine hochproblematische Menschenrechtsbilanz auf." Zwar ist es grundsätzlich zu begrüßen, wenn die EU Transitländer dabei unterstützt, ein funktionierendes Schutzsystem zu errichten. Die fortbestehenden gravierenden Schutzdefizite in Drittländern dürfen jedoch nicht verschleiert und die Unterschiede in den nationalen Schutzkapazitäten und der Bedarf nach mehr Solidarität im internationalen Flüchtlingsschutz müssen anerkannt und berücksichtigt werden.

* Quelle: Website von pro asyl; www.proasyl.de


Aus: ""Tausende von Toten an den EU-Außengrenzen sind Folge des Dublin-II-Systems""
(Uni Kassel, AG Friedensforschung, 2009)
Quelle: http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/themen/Europa/fluechtlinge2.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Griechenland grenzt im Norden an Ablanien, die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonion (international FYROM), Bulgarien und zum Osten an die Türkei. Der Landweg von der Türkei nach Griechenland ist vermint. Regelmäßig sterben Menschen bei dem Versuch, das Minengebiet der Evros Region im Grenzgebiet zur Türkei zu durchqueren. Doch auch der Seeweg ist nicht sicher. Auf kleinen Booten versuchen Schieber im Schutz der Dunkelheit ihre menschliche Fracht von der Türkei aus auf eine griechische Insel zu bringen. Werden sie dabei behelligt, versuchen die Menschenhändler ihre Flucht zu erleichtern, indem sie die Flüchtlinge einfach im Wasser aussetzen. Die griechischen Grenzschützer sind machtlos. Sie sind zu schlecht ausgerüstet und unzureichend geschult (18).

Die meisten der Flüchtlinge hatten nach eigener Aussage ursprünglich gar nicht vor, in Griechenland zu bleiben. Ihr Ziel ist Westeuropa. Viele sammeln sich daher in und um die Hafenstädte Patras und Igoumenitsa. Rund um die Hafenstädte haben die Heimatlosen provisorische Lager errichtet, die an die Slums von Kalkutta erinnern (21). Auf abenteuerlichen Wegen versuchen sie, auf eine der Fähren zu kommen. Dass sie dabei meist Kopf und Kragen riskieren, nehmen die meisten in ihrer Verzweiflung in Kauf.

Von dort, so ihr Traum, können sie ins nächste Schengen-Land, Italien, gelangen. Die Durchgangsstation Griechenland bedeutet jedoch gemäß dem Dublin-II-Abkommen, dass Griechenland für die Asylverfahren und die Unterbringung der Flüchtlinge verantwortlich ist. Schnell verfangen sich die verzweifelten Asylsuchenden im neuen Aufnahmeland in der Tücke des Dublin-II-Rechts, das de facto die reicheren westlichen Staaten der EU abschottet und die humanitäre Katastrophe auf Länder wie Griechenland abwälzt. So schwer der Weg aus Griechenland heraus auch ist, die Abschiebung aus Deutschland, Italien oder Österreich zurück ins hellenische Chaos geht schnell.

Folgerichtig suchen viele der Flüchtlinge die Anonymität der Großstadt. In der Millionenstadt Athen sind bereits ganze Stadtviertel mehrheitlich von Asiaten und Afrikanern bewohnt. Das gilt besonders für die Straßen um den Omonia Platz, das Stadtviertel Kypseli und das [...] Viertel Agios Panteleimonas. Die sozialen Spannungen in diesen Vierteln sind groß.

Einerseits klagen die Immigranten über Diskriminierung, andererseits befürchten die Griechen angesichts von Schulen, die Klassen mit mehr als 50% Ausländeranteil haben, um die Chancen ihrer Sprösslinge beim einheitlichen Zentralabitur. Positiv ist, dass zumindest die Schulbildung für einige Flüchtlingskinder ermöglicht wurde.

Die Immigranten nutzen meist mangels Alternative minderwertigen Wohnraum in Kellerappartements. Mehr als 500 illegale Einwanderer leben in einem besetzten ehemaligem Gerichtsgebäude am Omoniaplatz, ohne sanitäre Einrichtungen und ohne Elektrizität.

Das griechische Gesundheitssystem leidet unter einem chronischen Defizit. Krankenhäuser, vor allem in abgelegenen Regionen, sind oftmals nicht in der Lage, mehr als die Grundversorgung sicher zu stellen. Griechen müssen oft tief in die Tasche greifen, um durch Bestechung einen Platz in einem Krankenhaus zu erhalten. Kein Wunder, dass sich HIV-positive Migranten über das Fehlen jeglicher Versorgung beschweren. Unregistrierte, chronisch kranke Flüchtlinge werden, so ergaben eigene Recherchen, oft von Krankenhäusern abgewiesen. Zu kostenintensiv sei deren Betreuung, so die in privaten Gesprächen erteilte Begründung. Hilfe erhalten Notleidende von nichtstaatlichen Hilfsorganisationen (22).

Unter den Heimatlosen grassieren Hepatitis B, ansteckende Hautkrankheiten, HIV und Tuberkulose. Weil viele, männlich oder weiblich, der illegalen Prostitution nachgehen und viele der Freier beim schnellen Sex auf den Verzicht von Kondomen bestehen, trägt diese Situation auch zu Griechenlands Status als AIDS-Exportnation bei (23). Es ist bezeichnend, dass Rassisten dies gern als Argument gegen den Flüchtlingsstrom verwenden, dabei aber übersehen, dass die Freier aus den eigenen Reihen stammen können. Dass besonders Freier von homosexuell agierenden Strichern ein gesellschaftliches Doppelleben führen, verschärft die Gefahr der Ausbreitung von Infektionen zusätzlich.

Angesichts der katastrophalen humanitären Situation, die sich mit starken fremdenfeindlichen Tendenzen in der wirtschaftlich gebeutelten Bevölkerung zu einem explosiven Gemisch vereint, sollte man entschlossene politische Maßnahmen zur Krisenbewältigung erwarten. Erforderlich sind Aufklärungsarbeit, humanitäre Sofortmaßnahmen aber vor allem eine Bewältigung des Problems an der Wurzel des Übels, der kafkaesken Bürokratie.

Regierungschef Kostas Karamanlis von der Nea Dimokratia hat versucht, innerhalb der EU Solidarität für das griechische Flüchtlingsdrama zur gewinnen. Beim EU-Gipfel im Juni 2009 versuchte der Grieche das Problem zum Tagesthema zu machen (30). Das Aufgabe sei für seine Regierung nicht mehr lösbar. Er hatte damit keinen Erfolg. In Zeiten der Wirtschaftskrise war kein Staatschef bereit, dem bedrängten Kollegen Hilfe zu leisten.

Stattdessen wird das Asylgesetz weiter verschärft. Am 18. Juni wurde von dem in Sommerbesetzung (100 statt 300 Abgeordnete) tagenden Parlament eine Novelle verabschiedet,

- nach der die maximale Dauer der Abschiebehaft von bisher drei auf sechs bis zwölf Monate verlängert wird. Damit, so die Gesetzgeber, solle dem Rassismus Einhalt geboten werden. Die verlängerte Haft solle verhindern, dass der abgelehnte Asylant kriminelle Straftaten begehen, somit eine Gefahr für die Gesellschaft darstellen würde. Als gefährlich wird der Asylsuchende bereits dann eingestuft, wenn gegen ihn wegen eines Vergehens, bei dem eine Haftstrafe von mehr als drei Monaten möglich ist, Anklage erhoben wird. Eine Verurteilung ist nicht erforderlich.

[...] Wer einem illegalen Immigranten Fluchthilfe leistet, kann mit einer Zuchthausstrafe bis zu 10 Jahren bestraft werden. Darüber hinaus muss eine Geldstrafe von mindestens 20.000 Euro bezahlt werden. Dieser Passus betrifft ausdrücklich auch jene, die aus Unwissen oder in humanitärer Absicht handeln. Denn gewerbsmäßige Fluchthilfe wird mit mindestens zehn Jahren Zuchthaus (bisher zwei) und mindestens 50.000 Euro Strafe bedroht. Als gewerbsmäßiger Fluchthelfer gilt bereits, wer zusammen mit einer weiteren Person den illegalen Grenzübertritt ermöglicht.

Selbst arglose Touristen oder LKW-Fahrer sind nun mit Zuchthaus bedroht. Regelmäßig springen in den Häfen von Patras und Igoumenitsa wagemutige Flüchtlinge auf LKWs oder PKW-Anhänger. Einzelne Touristen berichteten bereits vor Verabschiedung des Gesetzes über ihre eigene Festnahme. So wurde ein deutsches Freundespaar tagelang festgehalten und dem Schnellgericht überstellt, weil sich Palästinenser in einem unbeaufsichtigten Moment im Bootsanhänger versteckt hatten. Die Freunde hatten Glück, denn die Palästinenser sagten vor Gericht aus, dass sie das Boot ohne Einwilligung der Deutschen bestiegen hätten. Nach dem neuen Gesetz könnte allerdings sogar das PKW-Bootsanhänger-Gespann beschlagnahmt werden.

Die Tatsache, dass Menschenschiebern drakonische Strafen drohen, die bei Unfällen mit Todesfolge bis zu 700.000 Euro pro Flüchtling betragen können, trägt nach Aussage der Gesetzesväter auch zur Belebung der Staatsfinanzen bei. Die Novelle wurde gemeinsam vom Finanzminister Ioannis Papathanassiou, dem Justizminister Nikolaos Dendias und dem stellvertretenden Innenminister Christos Markogiannakis eingereicht.

Eine Vervierfachung der Haftdauer bedarf einer adäquaten Kapazität an Unterkunftsmöglichkeiten. Die Regierung plant deshalb die Errichtung spezieller Gefängnisse in stillgelegten Kasernen des Heeres und der Luftwaffe.

Bisher bestehen zwölf Abschiebehaftanstalten, die vom Innenministerium als ,,Zentren zur Aufnahme von illegalen Einwanderern" bezeichnet werden. Diese Lager haben eine Kapazität von 2.200 Personen. Innerhalb kürzester Zeit möchte das Ministerium landesweit Kasernen in ,,humanitäre Einrichtungen für die Beherbergung der Abschiebehäftlinge" umfunktionieren. Nach Angaben der Zeitung ,,To Vima" soll jeder Insasse den Staat täglich lediglich 5,70 Euro kosten (26). Zehn Lager sind in und um Athen herum geplant, der Rest soll im gesamten Land verteilt werden.

Die Mehrzahl der Bürgermeister, deren Gemeinden als Lagerstätten auserkoren sind, protestiert und kündigt scharfen Widerstand an. Die Kommunistische Partei bezeichnet die geplanten Zentren als ,,Konzentrationslager" (29). Die PASOK und das Linksbündnis SYRIZA werfen Karamanlis vollkommen planlose und verfehlte Politik vor. Oppositionsführer Georgos Papandreou von der PASOK warf der Regierung vor, sie hätte überhaupt kein Konzept für eine Migrationspolitik und würde keine Unterscheidung zwischen Asylanten und Wirtschaftsflüchtlingen treffen. Er stellte einen Acht-Punkte-Plan zur Integration von legalen Immigranten, Asylanten und Flüchtlingen der zweiten Generation vor. Die illegale Einwanderung möchte jedoch auch er mit schnellen Abschiebungen bekämpfen.

Die ,,Volkspartei der orthodoxen Sammlung" (LAOS) von Georgios Karatzaferis war die erste Partei, die vor einer ,,Überfremdung" warnte. LAOS verdoppelte bei den Europawahlen im Juni 2009 mit einem einfachen ,,Law and Order" Programm ihren Stimmanteil auf 7,15 Prozent. Somit zählte die Partei zu den Wahlsiegern. Die ursprünglich als Sammelbecken für Dissidenten des rechten Flügels der Nea Dimokratia gegründete Partei hatte in ihren ersten Jahren mit stramm rechtem Kurs der Nea Dimokratia Stimmen abgeworben und dadurch einen Sitz bei den Europawahlen 2004 errungen. Seit September 2007 ist Karatzaferis Bündnis auch im Athener Parlament vertreten. Karatzaferis, ehemaliger Stipendiat der Konrad-Adenauer-Stiftung, versucht seiner ehemaligen Partei, der Nea Dimokratia, Stimmen abzugewinnen. Er benutzt dabei sowohl rechtskonservative als auch soziale Themen (31). Er greift die Wirtschaftspolitik der Regierung an und forderte bereits vor den Europawahlen eine schärfere Politik gegen illegale Einwanderung.

In einem Interview, das vom staatlichen Radiosender NET am 15. Juni gesendet wurde, forderte er eine europaweite Quotenregelung für Asylanten. Es könne nicht sein, dass ,,wir 20 Prozent Asylsuchende in der Bevölkerung haben und das übrige Europa nur 2- 2,5 Prozent". Im Übrigen beruft sich der Politiker auf das Parteiprogramm der deutschen ,,Die Linke" von Oscar Lafontaine, dass er mit Begeisterung abgeschrieben habe. Gleichzeitig aber bietet er Karamanlis eine konstruktive Regierungsunterstützung an. Die Nea Dimokratia sei ,,sein Herzblut".

Es mag angesichts solcher politischen Äußerungen für Außenstehende schwer verständlich sein, aber LAOS erhält mit dieser Taktik steten Zulauf von prominenten, ehemaligen Unterstützern aller Parteien.

Die poppigen Sprüche und flotten Parolen der noch jungen und unverbrauchten Partei wirken schneller als komplizierte Parteiprogramme. Soziale Themen gemischt mit konservativen Forderungen verwischen die politische Einordnung. Die übrigen Oppositionsparteien geraten angesichts der öffentlichkeitswirksamen Auftritte von LAOS-Politikern in den Hintergrund.

Premier Karamanlis nutzt in diesem Zusammenhang die Gelegenheit, mit einer eigenen ,,Law and Order" Kampagne zu Lasten einer durchdachten Migrationspolitik politisch zu punkten. Seine Minister versuchen, Karatzaferis Parolen mit ihren Gesetzesnovellen zu übertreffen. Die Regierungspartei verspricht sich davon den Zulauf verlorener Protestwähler.

Die immensen wirtschaftlichen Probleme des Landes und massive Steuererhöhungen geraten damit kurzfristig aus dem Blickfeld der breiten Öffentlichkeit (32). Die Probleme der Flüchtlinge werden so allerdings nicht wirklich gelöst, sondern nur kurzfristig unter den Teppich gekehrt.


Literatur und Quellennachweise:

[...] 18. New York Times zum griechischen Migrationsproblem, Niki Kitsantonis, Oktober 2007, http://www.nytimes.com/2007/10/04/world/europe/04iht-migrate.4.7756077.html

19. Menschenrechtsbericht 2008 der US Regierung über Griechenland http://www.state.gov/g/drl/rls/hrrpt/2008/eur/119082.htm

20. Süddeutsche Zeitung ,,Patras ist die Hölle für Flüchtlingskinder", 17.06.2008: http://www.sueddeutsche.de/politik/204/445940/text/9/

21. Der Journalist Gerd Höhler zum Flüchtlingslager in Patras, http://www.derwesten.de/nachrichten/waz/welt/2009/4/26/news-118058660/detail.html

22. Humanitäre Organisation Praksis, Pressemitteilung zur medizinischen und sozialen Betreuung von Flüchtlingen, 17. Juni 2009, http://www.praksis.gr/default.asp?pid=16&la=1&did=85

23. Sybille Möckl in ,,Die Welt", 3.Juni 2009, Griechenland als AIDS-Exportnation, http://www.welt.de/die-welt/article3849103/Import-Export-Bilanz-bei-Aids.html

24. Novellierung des Gesetzes zum Asyl – Juni 2009 (griechisch): http://www.parliament.gr/ergasies/nomosxedia/Tropologies/656/M-NARKOT.600.pdf

25. Englische Analyse zum neuen Gesetz, "New Laws Being Rushed in Against Migrants", Apostolis Fotiadis: http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=47329

26. Neue Lager für Flüchtlinge - To Vima, 14.Juni.2009 (griechisch): http://www.tovima.gr/default.asp?pid=2&ct=32&artid=273519&dt=14/06/2009

27. Konzentrationslager statt Wohnheime, eu-digest, 12. Juni 2009, http://www.eu-digest.com/2009/06/setimescom-greece-moves-to-curb-illegal.html

28. Karamanlis bittet um EU-Hilfe für Flüchtlinge, Kathimerini, englische Ausgabe vom 16.Juni.2009, http://www.ekathimerini.com/4dcgi/_w_articles_politics_100002_16/06/2009_108103

29. Profil von Georgios Karatzaferis beim Europaparlament: http://www.europarl.europa.eu/members/expert/inOut/viewOutgoing.do?language=DE&id=28587

30. Englischer Wikipedia Eintrag zu Georgios Karatzaferis: http://en.wikipedia.org/wiki/Georgios_Karatzaferis

31. Abschrift eines Radiointerviews von Karatzaferis für den Staatssender NET 15. Juni, 2009 (griechisch): http://economics.soc.uoc.gr/EuropeanIntegration/print.php?sid=1066

32. Athen dreht an der Steuerschraube, Handelsblatt, 25. Juni 2009: http://www.handelsblatt.com/politik/international/athen-dreht-an-der-steuerschraube;2394152



Aus: "Griechenlands Immigranten - ein humanitäres Drama " Von WASSILIOS ASWESTOPOULOS (13. Juli 2009)
Quelle: http://www.hintergrund.de/20090713423/politik/eu/griechenlands-immigranten-ein-humanit%C3%A4res-drama.html


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Abbott hatte [ ] lediglich erklärt, die Kommission wünsche von Italien eine Erklärung zu Medienberichten, denen zufolge ein Boot voller Flüchtlinge nach Libyen zurückgeschickt worden sei. Die italienische Regierung hatte entgegnet, das Boot sei in internationalem Gewässer gewesen.

Berlusconi warf der Kommission vor, die italienischen Medien "manipuliert" zu haben. "Ich bitte darum, dass Kommissare und Kommissionssprecher, die diesen Trend schon jahrelang fortsetzen, gefeuert werden", sagte der Ministerpräsident.

...




Aus: "Streit um Flüchtlingspolitik:  Berlusconi fordert Maulkorb für EU-Kommissare" (1. September 2009)
Quelle: http://www.stern.de/politik/ausland/streit-um-fluechtlingspolitik-berlusconi-fordert-maulkorb-fuer-eu-kommissare-1506644.html


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Quote[...] Nach den Vorstellungen der EU-Kommission sollen die EU-Staaten künftig eine gemeinsame Prioritätenliste der Krisengebiete und der schutzbedürftigen Gruppen aufstellen, die am dringendsten Hilfe benötigen. Vorbild ist der im vergangenen Jahr auf deutsche Initiative gefasste Beschluss, insgesamt 10'000 Iraker aus Flüchtlingslagern in Jordanien oder Syrien in die EU umzusiedeln. Wie in diesem Fall soll aber auch künftig jeder Mitgliedstaat selbst entscheiden, ob er tatsächlich Flüchtlinge aufnehmen will oder nicht.

Der zuständige EU-Kommissar Jacques Barrot äusserte die Erwartung, die freiwillige Aufnahme von Asylbewerbern aus Krisengebieten könnte den Ansturm von Flüchtlingen auf die EU-Aussengrenzen verringern. Er glaube, «dass wir den Migrationsdruck verringern werden», weil durch eine Aufnahme bereits in den Krisengebieten erreicht werden könne, dass Flüchtlinge «nicht Menschenhändlern in die Fänge geraten, die sie dann in die EU bringen», erklärte Barrot.

Ein weiteres Thema im EU-Innenministerrat wird nebst den minderjährigen Flüchtlingen auch die Flüchtlingsproblematik im Mittelmeerraum sein. Frankreich wollte am Montag durchsetzen, dass illegale Einwanderer bereits im Mittelmeer abgefangen und zurückgeführt werden.


Aus: "EU-Innenminister diskutieren Flüchtlingsproblematik" (22. September 2009)
Quelle: http://www.nzz.ch/nachrichten/international/eu-neuansiedlungsprogramm_1.3620708.html


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Quote[...] Wie der Sprecher des Deutschen Historischen Museums gegenüber der ZEIT bestätigte, war eine große Texttafel, die sich mit der Situation von Migranten in Deutschland von 1989 bis heute beschäftigt, auf ausdrücklichen Wunsch des im Kanzleramt angesiedelten Kulturstaatsministers ausgetauscht worden. Das Ministerium hatte auch gleich die neue, genehme Formulierung geliefert.

Der ursprünglich vorgesehene Text hatte mit den Sätzen geendet: »Neue Gesetze über Staatsangehörigkeit und Zuwanderung schufen erst seit der Jahrtausendwende die neuen Rechtsgrundlagen. Während innerhalb Europas die Grenzen verschwinden, schottet sich die Gemeinschaft der EU zunehmend nach außen ab. Die ›Festung Europa‹ soll Flüchtlingen verschlossen bleiben.« In der nun ausgestellten Version fehlen die letzten beiden Sätze. Stattdessen steht da nun die staatliche Bekanntmachung: »Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge fördert seitdem staatlicherseits die Integration von Zuwanderern in Deutschland.«

»Selbstverständlich kümmert sich ein Integrationsbeauftragter um Integration«, sagt Dieter Gosewinkel, der viel zu Fragen von Staatsbürgerschaft und Migration im deutsch-französischen Vergleich geforscht hat: »Doch der Ausstellungstext hatte ursprünglich eine ganz andere Aussage. Eine Aussage, die nicht aus wissenschaftlichen Gründen korrigiert, sondern aus politischem Kalkül gestrichen wurde.«

Ist dieser Vorfall Ausdruck eines neuen Selbstbewusstseins beim Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien? Wird nach dem Wahlsieg von Schwarz-Gelb jetzt auch ideologisch durchregiert? (Der Staatsminister hat auf Fragen der ZEIT bis Redaktionsschluss nicht reagiert.)

Besonders skandalös ist der politische Eingriff in die Arbeit des Deutschen Historischen Museums (DHM) vor dem Hintergrund der Geschichte dieses Hauses. Das zu DDR-Zeiten im Zeughaus angesiedelte Museum für Deutsche Geschichte unterstand direkt dem ZK der SED. In der Gründungsphase des bundesrepublikanischen DHM hatten sich die beratenden Historiker – darunter Lothar Gall, Jürgen Kocka, Michael Stürmer und Richard Löwenthal – die Unabhängigkeit des neuen Nationalmuseums von den Einflüssen der Politik ausbedungen. Bisher hatte sich das Museum, soweit bekannt, diese Unabhängigkeit bewahren können. Nun scheint der Druck aus der Regierung zu stark gewesen zu sein. Das Bundesministerium hat mit dem Akt der Zensur nicht nur das Grundgesetz missachtet, es hat auch dem Museum geschadet. Ein Museum, dem ein Ministerium die Sicht auf die Dinge vorschreibt, kann man nicht ernst nehmen. Für Staatspropaganda, wenn man sie haben wollte, gibt es in dieser Republik das Bundespresseamt.

...

Quote* 13.11.2009 um 16:05 Uhr
    * Tom Riddle

Das ist eben das Wesen einer "gelenkten Demokratie", und mit kaum einer anderen Formulierung ist das bundesdeutsche Staatswesen besser zu beschreiben. Wenn man sich seitens der Austellungsmacher Schlussfolgerungen wie

"Während innerhalb Europas die Grenzen verschwinden, schottet sich die Gemeinschaft der EU zunehmend nach außen ab. Die ›Festung Europa‹ soll Flüchtlingen verschlossen bleiben.«"

aufstellt wäre es im übrigen nur fair gewesen, zu thematisieren was die Alternative wäre - aktuell etwa vor dem Hintergrund, dass Dänemark die Prämie für Rückkehrer, d.h. für nicht-EU-Ausländer die Dänemark freiwillig verlassen möchten, auf nunmehr 13.500 EUR verzehnfacht hat.


Quote* 13.11.2009 um 16:34 Uhr
    * Sveb Huhnerjager


Wenn die Chinesen Zensur ausüben...

verletzen sie sofort Menschenrechte und haben keine Meinungsfreiheit!

Wie soll man es nennen, wenn das gleiche von der deutschen Regierung kommt?


Quote* 13.11.2009 um 17:53 Uhr
    * Dominik F.


Alles klar?

Dass so etwas passiert liegt im Wesen der westlichen und auch anderer Staaten und ihrer Massenkommunikation. Auftrag der Medien sit es, Konsens unter den Beherrschten herzustellen. Divergierende Sichtweisen, Meinungen und Geschichtsschreibung über Strategie und Handlungsweisen der eigenen Regierung müssen demzufolge unterbunden werden, während die der Wettbewerber (andere Staaten) genau untersucht jede Verfehlung dieser mit großem Gejaule unters Volk gebracht wird. Wie sonst komt es, dass Amerikaner fragen "I cannot see why they hate us so much. We're doing so much good in the world!" Das Bild der Welt, das in Medien, Ausstellungen etc. propagiert wird, ist meist ein anderes als das, das man bei genauem Hinsehen und eigener Recherche bekommt.
Allerdings muss die Führung eines Bundes/Staates Konsens herstellen, will sie sich an der Macht halten und ihre Anerkennung behalten. Dazu zählt auch die Zensur und Steuerung der Medien. Dieser muss sihc der aufgeklärte Bürger mit aller Macht widersetzen. Meist reicht das Netz oder der Gang in die Bibliothek, um falsche Aussagen der Politiker und Wirtschaftslenker zu entlarven. Man sollte Kurse in geistiger Selbstverteidigung anbieten, um Menschen zu befähigen, sich der Staatspropaganda zu entziehen, die hier, in Europa, den USA und dem Rest der Welt mittels der Massenmedien betrieben wird. ...


Quote* 13.11.2009 um 21:15 Uhr
    * Scrutograph


...diese Stiftung ist nicht unabhängig.

Unabhängig? Die Stiftung "Deutsches Historisches Museum" erhält Bundesmittel!





Aus: "Zensur - Bundesbeauftragter für Propaganda" Von Tobias Timm (13.11.2009)
Quelle: http://www.zeit.de/2009/47/Zensur-Fremde


http://de.wikipedia.org/wiki/Bernd_Neumann

http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsches_Historisches_Museum


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Quote[...] Gestern wurden im sizilianischen Agrigento die tunesischen Fischer, die im August 2007 44 Bootsflüchtlinge aus Seenot gerettet hatten, von einem Gericht zu zwei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt.

Die Kapitäne der ,,Morthada" und der ,,Mohamed El Hedi" wurden zwar vom Vorwurf der Beihilfe zur illegalen Einreise freigesprochen, leisteten aber angeblich Widerstand gegen die Staatsgewalt und gegen ein Kriegsschiff. Sie hatten 44 Menschen, unter ihnen zwei schwangere Frauen und ein behindertes Kind in schlechtem gesundheitlichen Zustand, nach Lampedusa bringen wollen. Die Manöver, mit denen sie einer Kollision mit Marineschiffen auswichen, wurden ihnen nun zur Last gelegt. Die Verteidiger kündigten bereits an, in Berufung zu gehen.

...


Aus: "Lebensretter verurteilt" (18.11.2009)
Quelle: http://www.proasyl.de/de/news/detail/news/lebensretter_verurteilt/back/9/

-.-

Quote[...] Der Vorfall hatte sich am 8. August 2007 zugetragen. Damals waren die beiden tunesischen Schiffe "Morthada" und "Mohamed El Hedi" in der Straße von Sizilien unterwegs, als sie ein havariertes Boot mit Flüchtlingen aus Sudan, Eritrea, Äthiopien, Marokko kreuzten, etwa 40 Seemeilen vor Lampedusa.

Die Fischer setzten einen Notruf ab und nahmen die Schiffbrüchigen an Bord – erhielten aber von den italienischen Behörden umgehend das Verbot, einen italienischen Hafen anzulaufen.

Dennoch steuerten die beiden Schiffe Lampedusa als den nächstgelegenen Hafen an. Mehrfach versuchten Boote der italienischen Marine, sie mit Manövern am Anlaufen des Hafens zu hindern.

Und kaum waren die Fischkutter in Lampedusa, wurden alle sieben Besatzungsmitglieder verhaftet und kamen erst nach mehreren Wochen wieder auf freien Fuß. Der Vorwurf, der ihnen dann auch im Prozess gemacht wurde, lautete auf Schleuserei sowie auf Widerstand gegen die Staatsgewalt.

Doch in der Verhandlung ließ sich auch das Gericht überzeugen, dass da keine gewerbsmäßigen Schlepper vor ihm saßen, sondern Fischer, die - wie vom internationalen Seerecht vorgeschrieben – Menschen aus Seenot gerettet hatten.

Fünf Besatzungsmitglieder wurden deshalb freigesprochen. Den beiden Kapitänen aber wurde zum Verhängnis, dass sie gegen die Anweisungen der Behörden den Hafen Lampedusa angelaufen hatten.

[...] das Gericht legte die riskanten Manöver der italienischen Marine, deren Schiffe bei hohem Wellengang immer wieder die Kutter zu behindern suchten, nun als Widerstandshandlung der tunesischen Kapitäne aus.

Die argumentierten, dass sie die geschwächten Flüchtlinge so schnell wie möglich an Land bringen wollten. Unmittelbar nach der Ankunft im Hafen wurden denn auch zwei schwangere Frauen und ein Kind sofort mit dem Hubschrauber ins Krankenhaus nach Palermo ausgeflogen.

Quote

19.11.2009 08:12 Uhr:
Von johannes:

... können die Richter noch gut schlafen?


Quote19.11.2009 02:12 Uhr:
Von vic:

... Wir feiern in der BRD den Mauerfall?
In Wahrheit haben wir die Mauern nur verschoben.





Aus: "Gefängnis für Flüchtlingsretter - Die 44 aus den Wellen" (18.11.2009)
Quelle: http://www.taz.de/1/politik/europa/artikel/1/die-44-aus-den-wellen/


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Quote[..] Nach Ablauf der Verlängerung gelte: "Wer seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten kann, darf bleiben. Die anderen dürfen nicht weiter dem Steuerzahler zur Last fallen. Sie müssen unser Land verlassen." Die Innenminister befassen sich auf ihrer zweitägigen Herbstkonferenz in Bremen unter anderem mit dem Auslaufen der sogenannten Altfallregelung im Aufenthaltsgesetz. Laut taz hatten knapp 63.000 langjährig geduldete Flüchtlinge eine Aufenthaltserlaubnis bekommen, 31.000 von ihnen aber nur "auf Probe". Können sie zum Jahresende kein ausreichendes Einkommen nachweisen, fallen sie zurück in die Duldung.

Im Gegensatz zu Herrmann will dessen niedersächsischer Kollege Uwe Schünemann (CDU) der Zeitung zufolge die Regelung nur für diejenigen verlängern, bei denen "eine berechtigte Aussicht" besteht, dass sie eine Arbeit finden. Die SPD-Innenminister sind gegen eine Verlängerung: "Wir brauchen eine Dauerlösung", sagte der Berliner Innensenator Ehrhart Körting dem Blatt.

Nach Vorstellung der SPD-Innenminister sollen dem Bericht zufolge deshalb alle eine Aufenthaltserlaubnis bekommen, die sich nachweislich um Arbeit bemühen. Wer keine Arbeit habe, solle sich ehrenamtlich engagieren. "Das ist wichtig für die gesellschaftliche Akzeptanz", sagte Körting.

Die Linken-Innenexpertin Ulla Jelpke wandte sich gegen eine Verlängerung des "schlechten Kompromisses beim Bleiberecht". Mit entsprechenden Vorstößen hielten Unions-Innenminister an dem Prinzip fest, "dass, wer nicht arbeitet, auch nicht bleiben soll", kritisierte Jelpke in Berlin. Dabei hätten viele Flüchtlinge in strukturschwachen Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit bei einer solchen Regelung keine Chance. "Sie dürfen ihren Wohnort nicht wechseln, um die Aussichten ihrer Arbeitssuche zu verbessern."

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) appellierte derweil an die politisch Verantwortlichen, lange in Deutschland lebende Flüchtlingskinder zu schützen. Diese hier geborenen oder aufgewachsenen Kinder sprächen Deutsch als Muttersprache, oft mit regionalem Akzent, hieß es in einer in Göttingen veröffentlichten Erklärung. Oft beklagten die politischen Verantwortungsträger ein "kinderloses Deutschland". "Und trotzdem vertreiben Sie immer mehr dieser Flüchtlingskinder mit ihren Eltern gnadenlos aus unserem Land", kritisierte GfbV-Präsident Tilman Zülch in dem Appell.

Quote

30.11.2009 16:30:22

eulen|spiegel:

Herr Innenhermann, sie liegen dem Steuerzahler auf der Tasche. Verlassen Sie doch unser Land. Danke!



Quote

01.12.2009 08:56:42

da_Schorsch: Zitat Münti

Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen!

Wenn ein Sozi so etwas sagt, ist das anscheinend voll OK. Bei einem christlich sozialen ist es verwerflich. Aber das weiß ja eh jeder.


Quote

30.11.2009 16:46:52

Svensk: ûbrigens

Gilt das vorläufige Bleiberecht auch für Ausländer aus anderen Bundesländern. ZB. wenn ein Sachse nach Bayern zieht. Dort ist er ja Ausländer, da er ja kein waschechter Bajuvare ist. Muss der wenn er keine Arbeit mehr hat auch wieder umziehen?

haben wir uns doch schon genug blamiert. Gut integrierte Familien, deren Kinder oft ebenso gut in die Schulen integriert waren, wurden gegen alle Bürgerproteste ausgewiesen, weil z.B. Bosnien für sicher erklärt wurde. Ich frage mich, wenn das alles so ist, warum haben wir noch unsere Soldaten dort?



Aus: "Herrmann für Bleiberecht - unter Vorbehalt" (30.11.2009)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/bayern/771/496090/text/

-.-

Quote[...] Mit Blick auf die Entschließung des Europaparlaments vom 25. November 2009 und dem zweiten Entwurf der Schwedischen Präsidentschaft zum Stockholmer Programm mahnt PRO ASYL, Europa müsse sich entscheiden: Wer auf der einen Seite die Menschenrechte und den Flüchtlingsschutz stärken will, kann nicht ein paar Zeilen weiter mit dem libyschen Diktator Ghaddafi Kooperationen im Bereich der Migration- und Fluchtbekämpfung eingehen (siehe Auszüge im Anhang). ,,Diese doppelzüngige europäische Menschenrechtspolitik ist mitverantwortlich, dass auf Hoher See abgedrängte Bootsflüchtlinge aus Eritrea, dem Sudan und Somalia auf so beschämende Art erneut Opfer schwerster Menschenrechtsverletzungen in Libyen  werden, " so Kopp. Das Modell Italien – die völkerrechtswidrige Zurückweisung von Bootsflüchtlingen – darf nicht das Modell für die künftige europäische Flüchtlingspolitik werden.

Internationale Flüchtlingsschutzstandards werden täglich an den EU-Außengrenzen eklatant verletzt, Schutzsuchende werden in Transitländer wie Libyen, die Türkei, Mauretanien und die Ukraine zurücktransportiert - egal wie es dort um die Menschenrechte bestellt ist. Entlang der europäischen Küsten und Landgrenzen entstehen immer mehr Haftanstalten für die neuankommenden Flüchtlinge. Die Todesrate bei den Einreiseversuchen nach Europa ist unvermindert hoch. Über 500 Bootsflüchtlinge sind seit Beginn dieses Jahres allein im Kanal von Sizilien ums Leben gekommen. ,,Die EU und ihre Mitgliedsstaaten, die über alles Statistik führen, sind bezeichnenderweise nicht bereit, die Opferzahlen der Festung Europa zentral zu dokumentieren, geschweige denn eine humane Antwort zu finden, um dieses Massensterben zu beenden", so Karl Kopp.

Wenn die EU und ihre Mitgliedstaaten es ernst meinen mit dem ,,Europa des Asyls" und wenn derRaum der Freiheit, Sicherheit und des Rechts künftig ein ,,gemeinsamer Schutzraum für Flüchtlinge"sein soll, dann muss allen Kooperationen mit menschenrechtsverletzenden Regierungen eine Absage erteilt werden. Zurückweisungen von Schutzsuchenden an den Grenzen oder internationalen Gewässern durch Verbände der europäische Grenzschutzpolizei FRONTEX oder Mitgliedstaaten sind zu unterbinden.


Aus: "Das Stockholmer Programm und die traurige Realität an Europas Grenzen" (30. November 2009)
Quelle: =67577&tx_ttnews[backPid]=23&cHash=7827e0c2ed]http://www.greenpeace-magazin.de/index.php?id=55&tx_ttnews[tt_news]=67577&tx_ttnews[backPid]=23&cHash=7827e0c2ed


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Quote[...] Migrationskontrolle aus dem All

Matthias Monroy, Hanne Jobst 14.12.2009
Ab 2012 befördert die Europäische Union eine Reihe von Erdbeobachtungssatelliten ins All, die auch europäische Polizeibehörden mit Bilddaten versorgen

...


Quote15. Dezember 2009 07:34
Wichtiger Schritt zur Festung Europa.
cyclopel (114 Beiträge seit 08.07.09)

Bald ist Schluss mit den Flüchtlingsströmen.
Das ist für die Betroffenen sicher nicht schön, aber Europa erreicht
langsam seine Belastungsgrenzen
Wir haben hier auch viele Kriege für unsere Freiheit und Demokratie
führen müssen, die sollen das in ihren Ländern also auch mal unter
sich klären.
Wenn Europa seine Tore nicht schliesst, wird es uns mit
hinunterreissen.

Spätestens wenn noch das Bargeld aus dem Verkehr gezogen und Bezahlen
nur noch mit überwachten Geld- und Kreditkarten möglich ist, wird
sich kein Illegaler oder Krimineller mehr lange unentdeckt in Europa
aufhalten können.

Ja, es spricht sich einfach wenn man selbst aus der 1. Welt kommt -
das ist wahr. Aber man kann Menschen Härten zugestehen, wir müssen
nicht für jeden verantwortlich sein nur weil es uns etwas besser geht
als dem Rest der Welt.
Die ärmsten Länder produzieren die meisten Menschen und wundern sich,
dass nichts übrig ist - so geht es nicht.


...

Quote14. Dezember 2009 02:04
...global concentration camp !
Kollateralschaden-deluxe (39 Beiträge seit 29.11.06)

Der technokratische Wahn der globalen Macht-Eliten kennt keine
Grenzen.....

...was wird das für eine Welt werden ?

Ein globales Konzentrationslager bei dem eine akademische
Mittelschichts-Kaste die Wärtefunktion zur Beibehaltung des status
quo für die Mächtigen übernimmt während die Ausbeutung, ökonomische
Vernutzung und ideologische Zurichtung der großen Massen zunehmend
forciert wird....?

ausbrechen, flüchten, abtauchen, wiederstand leisten, anderer Meinung
sein

- KEINE CHANCE ?

Wenn all die finanziellen Mittel und das erforschte know-how aus den
Bereichen Militär, Rüstung, Intelligence und Security für das Wohl
der Menschen und der Natur aufgewendet werden würden hätten wir
wahrscheinlich eine fantstische Welt.......

aber wer von den Verantwortlichen würde das schon wollen.......

WAS FÜR EINE KRANKE SCHEISSE !!!





Aus: "Migrationskontrolle aus dem All" Matthias Monroy, Hanne Jobst (14.12.2009)
Quelle: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/31/31655/1.html



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Quote[...] Auslöser für die blutigen Gewaltexzesse war eine Demonstration von Hunderten Einwanderern, die überwiegend illegal als Saisonarbeiter in der Landwirtschaft eingesetzt werden. Die Einwanderer protestierten gegen gewaltsame Übergriffe, nachdem einige von ihnen von Unbekannten mit einem Luftgewehr beschossen worden waren. Die Demonstranten steckten Autos in Brand, schlugen Schaufenster ein und lieferten sich gewaltsame Auseinandersetzungen mit der Polizei.

Aufgebrachte Anwohner wollten sich dafür am Freitag offenbar rächen und attackierten die Einwanderer mit Schrotflinten und Eisenstangen. Sie fuhren mehrere Afrikaner absichtlich mit ihren Autos an, errichteten Barrikaden und besetzten vorübergehend das Rathaus. Wenige Kilometer vor der Stadt wurde am Samstag erneut ein Einwanderer durch Schüsse verletzt.

Ein Bürgerkomitee in Rosarno forderte, alle illegal eingewanderten Ausländer müssten aus der Stadt ausgewiesen werden. "Wir sind keine Rassisten, gegen legale Einwanderer haben wir gar nichts, wir wollen nur Sicherheit für die Bürger." Die Zeitung "Corriere della Sera" berichtete, die als Landarbeiter eingesetzten Afrikaner lebten in Rosarno unter unmenschlichen Bedingungen. Sie seien in einer verlassenen Fabrik untergebracht.

Der italienische Innenminister Roberto Maroni erklärte, die Vorfälle in Rosarno seien ein Beweis dafür, dass die illegale Einwanderung mit härteren Mitteln bekämpft werden müsse.

Viele Jahre lang sei eine illegale Einwanderung toleriert worden, "die einerseits die Kriminalität erhöht und andererseits zu extrem schwierigen Situationen geführt hat", so Maroni.

Der Oppositionschef Pierluigi Bersani konterte, in Rosarno herrsche "Mafia, Ausbeutung, Fremden- und Rassenhass". Die Revolte zeige, dass Wirtschaft in der Hand von organisierter Kriminalität Zuwanderer zu Sklaven mache.

Berichten zufolge werden jedes Jahr mindestens 4000 Einwanderer illegal in Rosarno für die Obsternte eingesetzt. Das Uno-Flüchtlingswerk (UNHCR) und eine italienische Gewerkschaft kritisieren ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen als unmenschlich.

jjc/AFP/DAPD


Aus: "Hunderte Afrikaner aus italienischer Stadt vertrieben" (09.01.2010)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,671035,00.html


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Quote[...] Die Zahl der Bootsflüchtlinge, die es bis an die spanische Küste geschafft haben, ist im vergangenen Jahr auf ein Zehnjahrestief gesunken. Auf den kanarischen Inseln kamen nur noch 2.242 Flüchtlinge und Migranten an, was weniger als einem Drittel der Ankömmlinge im Vorjahr entspricht und weit unter der bisherigen Höchstzahl von 31.600 im Jahr 2006 liegt.

Spaniens Premierminister Jose Luis Rodriguez Zapatero bezeichnete den starken Rückgang als Ergebnis der verschärften Grenzkontrollen und vermehrter Rückübernahmeabkommen mit afrikanischen Herkunfts- und Transitstaaten. Durch die rigiden Kontrollen unter anderem durch die europäische Grenzagentur FRONTEX sei die Zahl der ankommenden Flüchtlinge und Migranten in Spanien im Vergleich zu 2008 insgesamt um die Hälfte auf etwa 7.000 gesunken.

Was in Spanien als Erfolg im "Kampf gegen illegale Migration" gefeiert wird, ist vor allem ein Symptom der flüchtlingsfeindlichen Abschottungspolitik Europas. Unter Missachtung des Völkerrechts werden Flüchtlinge in Transitstaaten zurückgedrängt. Die Routen der Bootsflüchtlinge werden immer länger und dadurch gefährlicher. Wie viele Menschen auf ihrem Weg nach Europa verhungern, verdursten oder ertrinken, wird nicht erhoben.


Aus: "Immer weniger Flüchtlingen gelingt die Flucht nach Spanien" (05.01.2010)
Quelle: http://www.proasyl.de/de/themen/eu-politik/detail/news/immer_weniger_fluechtlingen_gelingt_die_flucht_nach_spanien-1/back/1308/


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Menschenrechtsberichte wecken den Pharisäer im Europäer. Wir stellen uns hin wie der Pharisäer im Lukas-Evangelium, Kapitel 18, Vers 11: »Gott, ich danke Dir, dass wir nicht so sind wie die bösen Diktatoren, ich danke Dir, dass wir die Menschenrechte achten, dass wir ganz und gar nicht so sind wie die dort in den Entwicklungsländern, die foltern und morden und selbst Frauen und Kinder nicht schonen.« Auch Pontius Pilatus ist eine große Nummer auf dem internationalen Parkett. Er wäscht sich die Hände in Unschuld, wenn Flüchtlinge auf ihrer Flucht zu Hunderten und Tausenden krepieren.

Staaten haben Botschafter mit Schlips und Kragen. Die Menschenrechte haben auch Botschafter, nur kommen sie meist nicht so elegant daher – es sind die Flüchtlinge und Asylbewerber. Sie sind die Botschafter des Hungers, der Verfolgung, des Leids. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte ist ihre Depesche. Indes: Europa mag diese Botschafter nicht empfangen, Europa mag sie nicht aufnehmen. Die europäischen Außengrenzen wurden so dicht gemacht, dass es dort auch für die Humanität kein Durchkommen mehr gibt. Manchmal werden tote, manchmal werden lebende Flüchtlinge an den Küsten Andalusiens angespült. Das Mittelmeer ist ein Gottesacker geworden für viele, die sich auf den Weg gemacht haben. Manchmal bleibt ein Stück Flüchtling an den Stacheldrahtzäunen hängen, mit denen Spanien in seinen Exklaven in Marokko den Weg versperrt.

18 Millionen Afrikaner sind seit Jahren auf der Flucht, von Land zu Land, nach Süden, nach Südafrika, oder nach Norden, nach Europa. Sie fliehen nicht nur vor Militär und Polizei, nicht nur vor Bürgerkrieg und Folter. Vielen Millionen drohen absolute Armut und Hunger; und es lockt die Sehnsucht nach einem Leben, das wenigstens ein wenig besser ist. Die Flüchtlinge gelten als Feinde des Wohlstands. Die Europäische Union schützt sich vor ihnen wie vor Terroristen: man fürchtet sie nicht wegen ihrer Waffen, sie haben keine; man fürchtet sie wegen ihres Triebes, sie wollen nicht krepieren, sie wollen überleben – sie werden also behandelt wie Triebtäter, und sie werden betrachtet wie Einbrecher, weil sie einbrechen wollen in das Paradies Europa; und man fürchtet sie wegen ihrer Zahl und sieht in ihnen so eine Art kriminelle Vereinigung. Deswegen wird aus dem »Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts«, wie sich Europa selbst nennt, die Festung Europa.

Die Flüchtlinge flüchten, weil sie nicht krepieren wollen. Sie sind jung, und das Fernsehen lockt noch in den dreckigsten Ecken der Elendsviertel mit Bildern aus der Welt des Überflusses. Die Leute, die sich in Guinea Bissau oder in Uganda auf den Weg machen und nach einer einjährigen Odyssee vor den spanischen Exklaven Ceuta oder Melilla ankommen, wollen nicht wieder zurück. Diese Ausgeschlossenen drängen nun an die Schaufenster, hinter denen die Reichen der Erde sitzen. Der Druck vor den Schaufenstern wird stärker werden. Ob uns diese Migration passt, ist nicht mehr die Frage. Die Frage ist, wie man damit umgeht, wie man sie gestaltet und bewältigt. Migration fragt nicht danach, ob die Deutschen ihr Grundgesetz geändert haben, sie fragt nicht danach, ob einige EU-Staaten sich aus der Genfer Flüchtlingskonvention hinausschleichen.

Bei der EU-Konferenz im finnischen Tampere im Oktober 1999 räumten die Staats- und Regierungschefs der EU erstmals ein, dass eine Politik des bloßen Einmauerns nicht funktionieren kann. Zwar wurde damals auch zum x-ten Mal beschlossen, die Außengrenzen noch besser zu sichern und Schlepperbanden noch besser zu bekämpfen (was sollen Flüchtlinge eigentlich anderes machen, als sich solcher Fluchthelfer zu bedie-nen, wenn es sonst keine Möglichkeit zur Flucht gibt?). Andererseits räumten sie ein, dass Verfolgte weiterhin Aufnahme finden müssten. Flüchtlinge sollen also wenigstens eine kleine Chance haben, Schutz in der EU zu finden. In Tampere wurde sozusagen das Europa-Modell einer Festung mit einigen Zugbrücken kreiert. Über die Zugbrücken sollten die politisch Verfolgten kommen dürfen. Diese Zugbrücken existieren aber bis heute nur auf dem Papier. Stattdessen gibt es vorgeschobene Auffanglinien in Nordafrika – in Libyen, Tunesien, Algerien, Marokko und Ägypten. Die Nordafrikaner sollen sich, irgendwie, um die Flüchtlinge kümmern. Wie? Da wird man dann nicht so genau hinschauen. Man spielt Pontius Pilatus und wäscht die Hände in Unschuld.

Ziel ist: Das Institut des Asyls soll ausgelagert werden. Die EU zahlt dafür, dass das Asyl dort hinkommt, wo der Flüchtling herkommt. Asyl in Europa wird so zu einer Fata Morgana werden: schön, aber unerreichbar. Schutz gibt es dann nicht mehr in Deutschland, Italien oder sonst wo in der EU, sondern allenfalls weit weg von der Kontrolle durch Justiz und Öffentlichkeit. Und wenn der Schutz dann kein Schutz ist, sondern Auslieferung an das Land, aus dem der Flüchtling geflohen ist – dann kräht kein Hahn danach. Aus den alten Kolonialländern werden nun also neue, sie werden eingespannt zur Flüchtlings-Entsorgung. Entsorgung ist teuer, das ist aus dem Umweltschutz bekannt. Dementsprechend wird den einschlägigen Ländern finanzielle und sonstige Hilfe angeboten. Die Europäer finanzieren, die anderen parieren. Libyen erhält Nachtsichtgeräte und Schnellboote, um zu verhindern, dass Flüchtlinge überhaupt nach Europa kommen. Staaten, die den Europäern auf diese Weise helfen, sich den völkerrechtlichen Verpflichtungen zu entziehen, erhalten dafür das Testat, dass sie sich nun auf dem Weg guter demokratischer und rechtsstaatlicher Entwicklung befänden.

Leistung soll sich wieder lohnen, sagen Politiker oft. Wenn das so ist, müsste man eigentlich den wenigen Flüchtlingen, die es noch nach Deutschland schaffen, schnell Asyl gewähren. Es ist eine große Leistung, nach Deutschland zu fliehen – weil das eigentlich gar nicht mehr geht, weil davor eine Vielzahl größter Hindernisse steht: Visasperren, scharfe Grenzkontrollen, strengste gesetzliche Abweisungsmechanismen. Wer es trotzdem schafft, hat seine gesetzlich angeordnete Illegalisierung faktisch durchbrochen und eine Belohnung verdient: seine Legalisierung.

EU-Entwicklungshilfe besteht neuerdings auch darin, in Afrika »Lager« einzurichten. Es ist sicherlich richtig, dass bei Konflikten von kürzerer Dauer heimatnahe Lager sinnvoll sind. Die EU-Politik aber verfolgt eine andere Linie. Diese heißt: Aus den Augen aus dem Sinn. So kann man sich der Illusion hingeben, das Welt-Armutsproblem mit administrativen und abschreckenden Maßnahmen im Griff zu behalten: Wohlstand bleibt drinnen, Elend draußen. Indes wird eine Mauer aus Paragrafen und Lagern so wenig halten, wie alle anderen Mauern der Geschichte gehalten haben. Sie fördert nur den Irrglauben, Reichtum nicht teilen zu müssen. Der Kaiser, der in Max Frischs gleichnamigem Stück »Die chinesische Mauer« bauen lässt, tut dies »um die Zukunft zu verhindern« – um also sein Weltbild nicht in Frage stellen zu müssen. Dieser chinesische Kaiser hat noch heute Minister.


Aus: "Die Politik spielt Pontius Pilatus" (13.05.2009)
Wie Europa mit den Flüchtlingen umgeht
von Dr. Heribert Prantl
Quelle: http://www.proasyl.de/de/themen/eu-politik/detail/news/die_politik_spielt_pontius_pilatus/back/1308/


Textaris(txt*bot)

#86
Quote[...] Die italienische Flüchtlingspolitik verstößt gegen humanitäre Grundsätze. Diese von Flüchtlingsgruppen schon lange vertretene Meinung wurde nun vom Europäischen Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe  (CPT) bekräftigt. In seinem gerade veröffentlichten Landesbericht zu Italien befasste sich die Delegation mit der italienischen Praxis, illegale Migranten, die sich der italienischen südlichen Mittelmeerküste nähern, bereits auf See abzufangen und nach Libyen zurückzuschicken. Mehrere dieser Deportationen auf hoher See sind in dem Bericht dokumentiert.

Der Delegationsleiter des Antifolterkomitees Jean-Pierre Restellini fand bei der Vorstellung des Berichts deutliche Worte gegen diese Praxis: "Halbverhungerte Bootsflüchtlinge in dieses Land zu schicken, wo ihnen Folter und schwere Misshandlungen drohen, ist eine Missachtung aller internationalen Regeln."

Zumal bekannt ist, dass in den lybischen Abschiebezentren katastrophale Zustände herrschen, was ein Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch nachgewiesen hat. Das Antifolterkomitee forderte die italienische Regierung zum Überdenken ihrer Flüchtlingspolitik, besonders der Abschiebungen nach Lybien, auf. Es wies darauf hin, dass Italien selber lange ein Auswandererland war und es daher besonders unverständlich ist, dass sich die Regierung so inhuman gegen Migranten verhält.

Die italienische Flüchtlingspolitik wird die europäischen Gremien weiter beschäftigten. 24 Flüchtlinge aus Eritrea und Somalia, die von Italien nach Lybien abgeschoben wurden, haben eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingereicht. Italien ist allerdings nicht das einzige EU-Land, das wegen der Flüchtlingspolitik kritisiert wird. So monieren Menschenrechtsgruppen die Behandlung von Flüchtlingen in Griechenland und auch Deutschland steht vor allem wegen der Residenzpflicht für Flüchtlinge und ihrer Abschiebepolitik immer wieder in der Kritik.

Quote29. April 2010 08:26
Die Flüchtlinge hatten halt das Pech im Mittelmeer zu ersaufen
lurchwurch (mehr als 1000 Beiträge seit 21.04.04)

Ausser, dass die BRD nicht am Mittelmeer liegt unterscheidet sie sich
in Sachen Flüchtlingspolitiksoi gut wie gar nicht von Italien. Wären
die Flüchtlinge an der ehemals innerdeutschen Grenze umgekommen,
hätte man ihnen auf jeden Fall die Gnade der medialen Teilnahme
zuerkannt. Nicht nur in Deutschland. Ja, wirklich. Mauertote kamemn
nicht nur in deutschen Nachrichten. Bei ersaufenden Afrikanern reicht
es leider nur zur medialen Teilnahmslosigkeit. Ach das kann man nicht
miteinander vergleichen? Komisch und ich hatte immer gedacht
Menschenrechte heißen vor allem deswegen so, weil sie zuerst einmal
universell sind.



Aus: "EU-Behörde nennt italienische Flüchtlingspolitik inhuman" Peter Nowak (29.04.2010)
Quelle: http://www.heise.de/tp/blogs/8/147524


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Nötig sind jedoch kluge Köpfe und nicht bildungsferne Ausländer, die auf dem hiesigen Arbeitsmarkt nicht unterzubringen sind. Klassische Einwanderungsländer wie Kanada oder Australien haben seit Jahrzehnten überhaupt kein Problem damit, Zuwanderung ausschließlich nach nationalen Eigeninteressen zu lenken. Ohne Ansehen der Rasse oder Religion sind die Fremden willkommen – jedoch nur, wenn es sich um qualifizierte Arbeitskräfte handelt. Für andere Menschen sind die Grenzen dicht.

[...] In der Debatte wird oft übersehen, dass die verschiedenen Ausländergruppen hierzulande sehr unterschiedlich integriert sind. Während Türken und Araber häufiger als andere auch in der dritten Generation noch nicht in der hiesigen Gesellschaft angekommen sind, gelangen die Kinder mit russischen, iranischen oder vietnamesischen Wurzeln sogar überdurchschnittlich oft zum Abitur. Und auch unter den Türken sind diejenigen, die schon in ihrer Heimat eine gute Bildung genossen haben, in Deutschland erfolgreich.

Diese Arrivierten unter den Zugewanderten leiden darunter, dass die Deutschen sie oft mit den Hartz-IV-Ausländern in einen Topf werfen und sie entweder als Störenfriede oder als Opfer behandeln. Den internationalen Wettbewerb um Talente werden wir grandios verlieren, wenn wir nicht die Hochgebildeten im eigenen Land – gleich welcher Herkunft – mit guten Bedingungen zum Hierbleiben veranlassen.

Gleichzeitig muss Deutschland aktiv in Ländern wie Indien, Polen oder China um die Klugen werben und umgekehrt die Hürden für Unqualifizierte erhöhen. Richtig gesteuert, ist Zuwanderung kein Problem, sondern ein Teil der Lösung unserer Zukunftsprobleme.

...

WELT ONLINE hat den Kommentarbereich dieses Artikels geschlossen.


Aus: "Deutschland muss Zuwanderung endlich steuern" von Dorothea Siems (30.06.10)
Quelle: http://www.welt.de/channels-extern/ipad/debatte_ipad/article8232744/Deutschland-muss-Zuwanderung-endlich-steuern.html

-.-

Assoziation/Kontext:

Quote[...] Der Ausdruck ,,Theory of Mind" bezeichnet in der Psychologie und in den Kognitionswissenschaften ein Modell der Empathiefähigkeit. Gegenstand dieses Modells ist die Fähigkeit, sich einerseits vorstellen zu können, dass andere Menschen eigene Vorstellungen, Gedanken und Gefühle haben und andererseits die Fähigkeit, diese auch nachzuempfinden. Neurophysiologisch scheint die Theory of Mind mit verschiedenen Hirnarealen wie dem medialen präfrontalen Cortex, der Amygdala  und der Fusiform face area im Temporallappen zu korrelieren. Auch das Spiegelneuronen-System scheint für das Empathievermögen eine Rolle zu spielen. Dass Kinder mit Asperger-Syndrom Defizite in Bezug auf diese neuronalen Funktionen haben, konnte bereits nachgewiesen werden. So haben sie z. B. Schwierigkeiten, den emotionalen Ausdruck von Gesichtern zu verstehen und zu differenzieren; sie betrachten das menschliche Gesicht und dessen Ausdruck wie ein Objekt.  Im englischen Sprachraum bezeichnet man diese Einschränkung der Fähigkeit, sich in andere Menschen hineinzuversetzen, auch als Mindblindness.

...


http://de.wikipedia.org/wiki/Asperger-Syndrom (25. Juni 2010)


Textaris(txt*bot)

Quote[...] Beim Versuch der illegalen Einreise in die EU sind 16 Afrikaner im türkisch-griechischen Grenzfluss Evros ertrunken. Nach drei Vermissten werde noch gesucht, teilten die griechischen Behörden mit. Überlebende berichteten, ihr Boot sei im Evros gekentert. - Jedes Jahr versuchen Zehntausende, auf dieser Route in die EU zu gelangen.


Aus: "16 illegale Einwanderer in griechischem Grenzfluss ertrunken" (30. Juni 2010)
Quelle: http://www.dradio.de/nachrichten/201006301700/5

http://www.sueddeutsche.de/panorama/fluechtlingsdrama-in-griechenland-leichen-in-eu-grenzfluss-1.967922

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#89
Quote[...] Frankreich rechtfertigt den Rücktransport der Roma bisher mit einer EU-Richtlinie aus dem Jahr 2004. Sie sieht vor, dass Unionsbürger nur dann das Recht auf einen mehr als dreimonatigen Aufenthalt in einem anderen EU-Staat haben, wenn sie eine Arbeit nachweisen können oder für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügen. Zudem müssen alle Betroffenen einen umfassenden Krankenversicherungsschutz haben. Diese Voraussetzungen sind für die meisten nichtfranzösischen Roma nicht zu erfüllen.

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Aus: "Roma-Massenabschiebung: EU knöpft sich Sarkozy vor" (02.09.2010)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,715258,00.html

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Quote[...] Bereits im Juli hatte Staatspräsident Nicolas Sarkozy nach Ausschreitungen zwischen gens du voyage und der Polizei im zentralfranzösischen Dorf Saint-Aignan behauptet, das Verhalten mancher Angehöriger der Roma und des fahrenden Volkes sei »problematisch«. 50 Jahre »schlecht geregelter Einwanderung« trügen Schuld an der Kriminalität in vielen französischen Städten (Jungle World, 30/10). Sarkozy hatte außerdem konkrete Maßnahmen gegen die »Ausländerkriminalität« angekündigt: Er werde illegale Roma-Camps auflösen und die Betroffenen abschieben lassen.

Gesagt, getan. In den vergangenen Wochen wurden nach Angaben von Innenminister Brice Hortefeux bereits 51 Camps geräumt, in denen sich Roma aus Rumänien und Bulgarien ohne Aufenthaltstitel niedergelassen hatten. Bis Ende des Monats sollen rund 700 Roma »in ihre Heimat« zurückgebracht werden, kündigte Hortefeux an. Die ersten Rückflüge fanden bereits in der vergangenen Woche statt. Am Donnerstag wurden 86 Roma nach Bukarest ausgeflogen, am Freitag brachte ein von den französischen Behörden gechartertes Flugzeug 130 weitere Personen ins westrumänische Temesvar. Am Freitagabend landete eine Air-France-Maschine mit 13 bulgarischen Roma an Bord in Sofia. Laut Regierungsangaben hätten alle Frankreich »auf freiwilliger Basis« verlassen. Jedem Ausreisenden wurden 300 Euro pro Person sowie 100 Euro für jedes minderjährige Kind gezahlt. Es habe sich nicht um eine kollektive Abschiebung gehandelt, prä­zisierte Immigrationsminister Eric Besson, sondern um »individuelle Rückführungen«. Seit Anfang des Jahres habe sein Ministerium gemeinsam mit dem Französischen Amt für Immigration und Integration bereits 24 Flüge dieser Art nach Rumänien und Bulgarien organisiert. Weitere Rückführungen seien für Ende dieser Woche geplant.

Frankreich fordert von Rumänien die Rücknahme der unerwünschten Roma, die jedoch als EU-Bürger seit 2007 Freizügigkeit genießen. Die französische Regierung möchte hingegen gesetzlich verhindern, dass einmal Abgeschobene wieder einreisen. Unerwünschte Migrationskandidaten sollen in einer Fingerabdruckdatei erfasst werden. Rumänien kritisierte dieses Vorhaben jedoch und forderte Frankreich auf, finanzielle Hilfe für die Betroffenen zu leisten. Allerdings hat das Land, unter massivem Druck aus Paris, am 30. Juli den seit Februar versprochenen Posten eines Ministers »für die Wiedereingliederung der Roma« geschaffen.

Sarkozys Rede über »kriminelle Ausländer« und die Maßnahmen der französischen Regierungen wurden nicht nur von internationalen Institutionen kritisiert. Die britische Tageszeitung Daily Mail warf dem französischen Staatspräsidenten »Rassismus« und die Planung einer »ethnischen Säuberung« vor. Anfang August schrieb die New York Times in einem auch in Frankreich viel beachteten Kommentar unter dem Titel »Xenophobia: Casting Out the Un-French«, Sarkozy nähre »feindselige Gefühle gegen Einwanderer« und tue dies aus einem »kurzfristigen politischen Kalkül« heraus.

Noch im August wird Innenminister Brice Hortefeux an den konkreten gesetzlichen Bestimmungen arbeiten, die bereits im September im Parlament debattiert und verabschiedet werden sollen. Sie sind Teil des Entwurfes für ein verschärftes Einwanderungsgesetz.

Noch ist unklar, was die neuen Bestimmungen genau beinhalten werden. Diskutiert wird etwa die Erweiterung der bereits bestehenden Möglichkeit, die französischen Staatsbürgerschaft zu entziehen. Bislang ist dies juristisch nur während der ersten zehn Jahre nach dem freiwilligen Erwerb der Staatsangehörigkeit möglich und im Falle von »terroristischen Straftaten« sowie »Hochverrat«. Möglich wäre, diese Regelung auf die anvisierten Anwendungsfälle auszudehnen – vom Polizistenmord, den Sarkozy in seiner Rede nannte, bis zur Polygamie. Das ginge sogar noch weit über das Programm des neofaschistischen Front National hinaus.

Die rechtsextreme Partei hatte in ihrem Wahlprogramm für das Jahr 2007 gefordert, innerhalb der zehnjährigen Frist nach Erwerb der französischen Staatsbürgerschaft diese wieder entziehen zu können. Und zwar für den Fall, dass der oder die Betreffende wegen eines »schweren Vergehens« oder Verbrechens zu einer mindestens sechsmonatigen Haftstrafe verurteilt wird. Ferner ist die rechtsextreme Partei für die Abschaffung des automatischen Erwerbs der Staatsbürgerschaft durch das ius soli (»Recht des Bodens«) für in Frankreich geborene Kinder im Alter von 18. Stattdessen soll allein durch das ius sanguinis (»Recht der Abstammung«) die Staatsbürgerschaft vererbt werden; danach sollen in Frankreich geborene Kinder ausländischer Eltern nur auf eigenen Antrag hin Franzosen werden können – und wenn sie es »verdient« haben, was unter anderem »Unbescholtenheit« voraussetzt. Die aktuellen Vorschläge der französischen Regierung gehen zum Teil darüber hinaus, würde auch hier die zehnjährige »Verwirkungsfrist« nach Erwerb der Staatsbürgerschaft beibehalten.

Im Gespräch ist auch eine zweijährige »Probezeit« für neu eingebürgerte Franzosen, innerhalb derer sie die Staatsangehörigkeit wieder verlieren können – ähnlich wie bei einem Führerschein auf Probe.

Diese Pläne sind angeblich populär, behauptete jedenfalls die konservative Tageszeitung Le Figaro, die sich in Propaganda übt. Die Zeitung gab eine Umfrage in Auftrag, der zufolge eine deutliche Mehrheit der Franzosen all diese Vorschläge unterstützen. 80 Prozent der Befragten seien beispielsweise für einen Staatsbürgerschaftsentzug bei bestimmten Straftaten. Diese Befragung, die mittels Online-Fragebögen durchgeführt wurde, bleibt jedoch methodisch umstritten. So ist strittig, ob in Frankreich während der Sommerpause überhaupt eine »repräsentative« Befragung stattfinden kann. Eine spätere Umfrage des linksnationalistischen Wochenmagazins Marianne kam jedenfalls zu einem anderen Schluss. Demnach überwiegt mit 51 Prozent knapp die Ablehnung einer Entziehung der Staatsbürgerschaft. Diese Umfrage wurde von dem Magazin in seiner Ausgabe vom 14. August veröffentlicht. Die Fragestellung lautete, ob in den Augen des Publikums »Sarkozys Sicherheitspolitik ein Erfolg« sei. Diese Frage hatten 69 Prozent mit einem klaren »Nein« beantwortet.

Was mit den Roma passieren soll, die nicht bereit sind, Frankreich »freiwillig« zu verlassen, ist unklar. In Saint-Étienne, in der Nähe von Lyon, campieren die aus ihrem Zelt- und Barackenlager vertriebenen Roma inzwischen seit Wochen vor dem Rathaus. In Saint-Denis nördlich von Paris hingegen kehrten sie zum Teil an den Ausgangsort, von dem sie vertrieben worden waren, zurück. Dagegen verbesserte sich vorübergehend die Lage für Roma, die südöstlich von Paris aus einem Camp unterhalb der Autobahn A86 vertrieben worden waren: Der Bürgermeister der Pariser Vorstadt Choisy-le-Roi öffnete für sie eine städtische Turnhalle. Wie lange sie dort bleiben können, steht jedoch noch nicht fest.


Aus: "Bon Voyage" Von Bernhard Schmid (Jungle World v. 26. August 2010)
Quelle: http://www.hagalil.com/archiv/2010/09/01/roma-3/

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Quote[...] PARIS taz | "Wir alle sind Roma" war auf einem Schild einer Demonstrantin an der Kundgebung in Paris zu lesen. Andere trugen aus Solidarität ein Dreieck mit der Aufschrift "Roma" oder "Zigeuner" auf der Brust, das wie ein Judenstern an die finstersten Zeiten der Rassenverfolgung erinnern sollte.

Nein, übertrieben oder dramatisierend finde sie diesen Vergleich überhaupt nicht, denn es gelte, den Anfängen zu wehren, sagt Chantal, die außer dem Etikett "Roma" auch mehrere Aufkleber mit Slogans gegen die Abschiebungen und gegen die Repression auf ihrem T-Shirt hat: "In den 30er Jahren haben die Leute nicht geahnt, wie das enden würde!" Unter den Prominenten, die in Paris gegen die Politik der heutigen Staatsführung protestierten, befand sich auch Danielle Mitterrand, die 85-jährige Gattin des früheren sozialistischen Präsidenten. Auch sie meint: "In meinem Alter hat man Perioden der Geschichte miterlebt, die es notwendig erscheinen lassen, wachsam zu sein." Heute sind es die Roma, die von einer repressiven Sicherheitspolitik zum Inbegriff einer angeblichen Gefahr für die Ordnung und damit zu den Sündenböcken einer verängstigten Gesellschaft erklärt werden.
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Neben Danielle Mitterrand marschierte der Philosoph Edgar Morin mit: "Dass dieses seit so vielen Jahren herumirrende und wie die Juden verfolgte Volk der Roma öffentlich zum Feind erklärt wird, fordert mich in ultimativster Weise heraus." Der Schriftsteller Patrick Chamoiseau habe zu Recht von einem "ethischen Kollaps" der jetzigen Staatsführung gesprochen. In 140 Städten in ganz Frankreich folgten am Samstag mehr als hunderttausend Menschen dem Appell von Antirassismus- und Menschenrechtsorganisationen, Linksparteien und Gewerkschaften gegen Nicolas Sarkozys "Politik der Anprangerung". Rund fünfzig Organisationen hatten zu der Aktion aufgerufen.

Sie wollen die laufende Verschärfung der Sicherheitspolitik nicht unwidersprochen lassen, die derzeit in einem Projekt der Aberkennung der Nationalität für eingebürgerte Straftäter und vor allem in Polizeiaktionen gegen Roma-Familien und deren Abschiebung nach Rumänien und Bulgarien gipfelt. "Nein, nein, nein! Nicht in unserem Namen", riefen die Kundgebungsteilnehmer darum immer wieder in Sprechchören.

Der Ausländerfeindlichkeit stellen sie die Grundrechte und die Devise der französischen Republik entgegen: "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit". In Paris nahmen rund 50.000 an der Demonstration teil.

Bemerkenswert war dabei auch die Präsenz von Organisationen wie Amnesty International oder Médecins du Monde sowie von Schwulen- und Lesbengruppen. Mehrere farbenprächtige Gruppen von Roma und Vertretern anderer Fahrender sorgten mit ihrer Musik dafür, dass der Umzug nicht nur gravierend ernst aussah.

Am Vormittag hatte Jane Birkin, begleitet von anderen Prominenten, vor dem Ministerium für Immigration, Integration und nationale Identität aus Protest gegen die zunehmend ausländerfeindliche Politik das Chanson "Les Petits Papiers" ihres verstorbene Gatten Serge Gainsbourg gesungen.

Der für Sicherheitsfragen zuständige Sprecher der Regierungspartei UMP, Eric Ciotti, verurteilte die Kundgebungen als "sträfliche Sympathie für Leute, die die Gesetze der Republik mit Füßen treten." Unbeeindruckt von Protesten meinte Innenminister Brice Hortefeux, die Beteiligung müsse "eine Enttäuschung sein für die Organisatoren". Er werde jedenfalls seinen "Kampf gegen die Delinquenz" im Rahmen der vom Präsidenten in Grenoble Ende Juli definierten Politik entschlossen fortsetzen.

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Aus: "Franzosen gegen Roma-Abschiebung: Solidarität mit den "Sündenböcken"" VON RUDOLF BALMER (05.09.2010)
Quelle: http://www.taz.de/1/politik/europa/artikel/1/solidaritaet-mit-den-suendenboecken/


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#90
Quote[...] Sarkozy und Merkel versöhnen sich nach Streit um Roma-Äusserung (sda/afp) Nach dem Treffen von Sarkozy und Merkel in New York teilte der Elysée-Palast mit, die beiden Staatschefs hätten sich «überrascht» gezeigt von der «polemischen Berichterstattung» zu den Äusserungen des französischen Präsidenten auf dem EU-Gipfel von letzter Woche. Diese sei «lächerlich und haltlos» gewesen.

[...] Der Streit um Sarkozys Äusserungen habe nur «eine Minute» des Gesprächs in Anspruch genommen. «Dann war das erledigt», sagte ein Sprecher Merkels.

Sarkozy hatte vergangene Woche am EU-Gipfel in Brüssel gesagt, Merkel habe ihm «ihre Absicht signalisiert, in den nächsten Wochen (Roma-)Lager räumen zu lassen». Die Bundesregierung dementierte umgehend.


Aus: "Sarkozy und Merkel legen Streit um Roma-Äusserung bei - Versöhnung bei einem Treffen am Rande des Uno-Gipfels in New York" (20. September 2010, NZZ Online)
Quelle: http://www.nzz.ch/nachrichten/international/sarkozy_und_merkel_legen_streit_um_roma-aeusserung_bei_1.7626696.html

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Quote[...] Rund 10.000 Roma sollen aus der Bundesrepublik in das Kosovo abgeschoben werden. Sie gehören zu den insgesamt 14.000 in Deutschland geduldeten Kosovaren, die in den Balkanstaat zurückkehren sollen. Einige wurden bereits in die von Serbien abgespaltene Republik gebracht, die anderen sollen in den kommenden Jahren folgen.

Grundlage dafür ist ein im April von Bundesinnenminister Thomas de Maizière und seinem kosovarischen Kollege Bajram Rexhepi unterzeichnetes Rückführungsabkommen für "ausreisepflichtige Personen". De Maizière betonte: "Deutschland plant keine Massenabschiebungen." Vielmehr solle es eine "schrittweise Rückführung" von jährlich bis zu 2500 Menschen geben.

Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma hatte an Bund und Länder appelliert, keine ethnischen Minderheiten in das Kosovo abzuschieben. Es gebe dort nach wie vor Gewalt gegen Roma. Das Bundesinnenministerium erklärte dagegen, das Rückführungsabkommen entspreche internationalen Standards, wie sie auch in den von der Europäischen Union mit Drittstaaten geschlossenen Abkommen festgelegt werden. Ausländer, denen im Herkunftsland politische Verfolgung oder Folter drohe, erhielten in Deutschland Asyl oder Flüchtlingsschutz. Die anderen seien ausreisepflichtig.

Berlins Innensenator Ehrhart Körting hält das Abkommen über die Rückführung von Bürgerkriegsflüchtlingen, für unpraktikabel. "Es besteht die Gefahr, dass Abschiebungen in nicht gesicherte Gebiete erfolgen". Für solche Minderheiten sei eine Einzelfallprüfung nötig. Zwar sind laut dem Bericht seit dem deutsch-kosovarischen Vertrag rund 12.000 Flüchtlinge der Volksgruppe der Roma von einer Abschiebung grundsätzlich bedroht. Im ersten Halbjahr seien bundesweit jedoch lediglich 87 Roma in die Republik Kosovo überstellt worden.

Dass es in Zukunft sehr viel mehr werden, wie Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy vorige Woche behauptete, sei auch nicht zu erwarten: "Massenabschiebung wird es nicht geben", sagt etwa Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger in dessen Bundesland rund 3700 "ausreisepflichtige" Roma leben. "Wir werden unter Ausschöpfung der landesrechtlichen Möglichkeiten darauf achten, dass es zu keinen individuellen oder familiären Härten bei Rückführungen in den Kosovo kommt."
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Im Übrigen, betont Berlins Innensenator Körting, "gehen viele der Bürgerkriegsflüchtlinge hier zur Arbeit, verdienen Geld und ihre Kinder sind hier sozialisiert". Das eigentliche Problem sieht Körting in den aus den EU-Ländern Rumänien und Bulgarien nach Deutschland einreisenden Roma. Sie heuern auf Baustellen oder in Restaurants schwarz an, putzen Autoscheiben, musizieren in öffentlichen Verkehrsmitteln oder schicken ihre Kinder zum Betteln. Im Berliner Bezirk Neukölln wurde eigens eine "Task Force" aus Sozialarbeitern, Behörden und Polizei gebildet, um die Konflikte mit und unter den Roma zu schlichten.

dpa/mac


Aus: "Deutschland will 10.000 Roma ins Kosovo abschieben" (18.09.10)
Quelle: http://www.welt.de/politik/deutschland/article9721993/Deutschland-will-10-000-Roma-ins-Kosovo-abschieben.html

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Quote[...] Nach Frankreich gerät nun auch Belgien wegen seiner Politik gegenüber den Roma in die internationale Kritik. Die Internationale Föderation der Menschenrechts-Ligen (FIDH) wolle beim Europarat eine Beschwerde über die Behandlung der Minderheit in Belgien einbringen, kündigte die Frankophone Belgische Menschenrechts-Liga (LDH) in der Zeitung "Le Soir" vom Montag an. Der belgische Staat "verletzt klar die Europäische Sozialcharta", sagte LDH-Vizepräsidentin Véronique Van Der Plancke. Die LDH gehört der FIDH an.

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Aus: "Auch Belgien wegen Roma-Politik in der Kritik " (20. September 2010)
Quelle: http://www.stern.de/news2/aktuell/auch-belgien-wegen-roma-politik-in-der-kritik-1605419.html

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Quote[...] PARIS. Frankreich hat seit Jahresbeginn mehr als 8500 Roma ausgewiesen. Dafür wurde Staatspräsident Sarkozy scharf kritisiert. ,,Wir tun nichts Schlimmeres als unsere europäischen Nachbarländer", ätzt dieser nun zurück. Ganz unrecht hat er dabei nicht.

Auch Deutschland will in den kommenden Jahren mehr als 8500 Roma abschieben. Sie gehören zu den 13.000 in Deutschland geduldeten Kosovaren, die nun in ihre Heimat zurückkehren sollen. Ein entsprechendes Rücknahmeabkommen wurde im April in Berlin mit der kosovarischen Regierung unterzeichnet. ,,Deutschland plant keine Massenabschiebungen", versuchte Innenminister de Maizière zu beschwichtigen. Vielmehr solle es eine ,,schrittweise Rückführung" von jährlich bis zu 2500 Menschen geben.

An vorderster Front bei der Abschiebung von Roma ist auch Italien engagiert. Nach der tödlichen Attacke auf eine 47-jährige Italienerin im Jahr 2007 wurden Dutzende angeblich kriminelle Roma im Eilverfahren abgeschoben. Italiens Regierung musste sich damals – so wie Paris jetzt – den Vorwurf gefallen lassen, die Personenfreizügigkeit in der EU zu missachten. Zugleich ging Italien mit Vehemenz gegen Roma-Siedlungen vor. Erst im September wurden 100 Roma-Unterkünfte in Mailand abgerissen. In Rom will Bürgermeister Alemanno 200 illegale Roma-Siedlungen schleifen lassen. Dort leben etwa 2000 Menschen.

Gegen ungeliebte Roma-Einwanderer machen derzeit auch die als tolerant geltenden skandinavischen Staaten mobil. Schweden hat beispielsweise mit dem Abschieben begonnen. Betteln sei ,,keine ehrliche Weise", sein Leben zu verdienen, begründete Migrationsminister Billström die Maßnahme.

Auch Österreich hat zuletzt vermehrt Roma abgeschoben. Und zwar vor allem Bürger Mazedoniens und Serbiens, die um Asyl angesucht hatten. Laut Innenministerium ist das zulässig, wenn sie zu wenig Geld haben.

In anderen mittel- und osteuropäischen Ländern müssen die Roma buchstäblich um ihr Leben fürchten. So erschütterte im Vorjahr eine Serie gewaltsamer Anschläge die Roma in Ungarn; acht Menschen starben. Hunderte Roma wanderten aus.

In der Slowakei nahmen die Spannungen zuletzt ebenfalls zu. In einem Vorort der ostslowakischen Stadt Michalovce errichteten die Bürger eine 500 Meter lange Mauer zur Abgrenzung von einer Roma-Siedlung. 2004 führte die Kürzung der Sozialhilfe zu wochenlangen Roma-Unruhen.

Den tschechischen Roma geht es ebenfalls nicht gut: Kanada führte jüngst eine Visapflicht für Tschechen ein, weil hunderte tschechische Roma dort Asyl wollten.


Aus: "Nicht nur Frankreich hat ein Roma-Problem" Von Heidi Riepl (21. September 2010)
Quelle: http://www.nachrichten.at/nachrichten/politik/aussenpolitik/art391,467015

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Quote[...] "Frankreich tut nichts Schlimmeres als seine Nachbarn", schrieb beispielsweise das "Journal du Dimanche". Die deutsche Regierung mache mit der Abschiebung der Roma Teenager zu Heimatlosen, und die EU bleibe als selbstzufriedener Zirkel tatenlos, weil die Roma aus dem Kosovo keine EU-Bürger seien. "Diese Heuchelei hätte ein schönes Thema für Frankreich sein können, wenn die politische Führung nicht aus wahltaktischen Gründen begonnen hätte, die Roma zu schikanieren."

Der deutsch-französische Grünen-Politiker Daniel Cohn-Bendit sieht gewisse Parallelen. Merkels Regierung begehe mit den Abschiebungen der Roma vielleicht keinen juristischen Fehler, aber einen moralischen, sagte er der Zeitung "Le Parisien". "Unter diesen Roma sind rund 5000 Kinder, von denen 3000 bereits in Deutschland eingeschult sind. Wenn sie diese Kinder in den Kosovo abschieben, ob legal oder nicht, ist das dramatisch."
Als großer Unterschied bleibt, dass die Bundesregierung mit den Abschiebungen keine Politik macht. "Die Mehrheit der Franzosen sorgt sich um das Bild Frankreichs im Ausland", sagte der Politikwissenschaftler und Meinungsforscher Jean-Luc Parodi. Sie sei beunruhigt angesichts der Verallgemeinerungen. Mehrmals hatten Regierungsmitglieder beispielsweise aus Kriminalitätsstatistiken zitiert. Nach denen hat die Zahl der Straftaten, die von Rumänen verübt wurde, im vergangenen Jahr um 138 Prozent zugenommen. Aus diesem Land kommen die meisten Roma in Frankreich, die jetzt zurückgeschickt werden.


Aus: "Deutschland schiebt Roma ins Kosovo ab" (19.09.2010)
Quelle: http://www.ftd.de/politik/europa/:umstrittenes-vorgehen-deutschland-schiebt-roma-ins-kosovo-ab/50171661.html

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Quote[...] Heute demonstrierten in Bremen bei strahlendem Sonnenschein 500 - 700 Menschen gegen die geplante Deportation von bis zu 12000 Roma aus Deutschland in den Kosovo.
"1 - 2 - 3 - 4 - Alle Roma bleiben hier!" war wohl die meistgerufene Parole auf der Demonstration, die gegen 14.30 Uhr vom Bremer HBF in Richtung Innenstadt startete. Die Route verlief über das Herdentor, die Knochenhauerstrasse, am Brill, durch die Obernstrasse, über die Domsheide, Violenstrasse und endete auf dem Domshof. Die Demonstration wurde von einem mäßigen Polizeiaufgebot begleitet, die BeamtInnen beschränkten sich aber, nach meinen Beobachtungen, auf Maßnahmen zur Verkehrssicherheit.

Die DemonstrationsteilnehmerInnen kamen aus einem breiten gesellschaftlichen Spektrum, von engagierten BürgerInnen, über linksalternativen SzeneanhängerInnen, antifaschistischen und antirassistischen Gruppen und erfreulich vielen MigrantInnen mit ihren Kindern. Der Demonstrationszug bot so ein friedliches, buntes Bild, was zu einer positiven Außenwirkung beitrug. Am Rande der Demonstration wurden viele Flugblätter verteilt und Aufkleber verklebt, sodass die interessierten PassantInnen mit Hintergrundinformationen über den Sinn der Aktion aufgeklärt wurden.

Während der Demonstration kam es zu zwei kleineren Zwischenfällen. So mussten zu Beginn der Auftaktkundgebung zwei provozierende, alkoholisierte und wahrscheinlich "verirrte" Typen, einer trug ein "Eisernes Kreuz" Tattoo, aus der Demonstration gebeten werden. Diese kamen der freundlichen, aber bestimmten, Aufforderung die Kundgebung zu verlassen nach kurzer Diskussion nach. An der Domsheide provozierten dann am Rande der Demonstration drei ebenfalls alkoholisierte Fußballfans mit 'Schland-Rufen und dem Zeigen des Hitlergrußes. Sie verließen den Schauplatz aber mit den Beinen in der Hand, als sich einige junge AntifaschistInnen näherten.

Insgesamt war es heute eine erfolgreiche Demonstration, die bei schönem Wetter mitten in der Innenstadt ihre Wirkung entfalten konnte.

Weitere Informationen zur Thematik finden sich unter:

www.alle-bleiben.info

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QuoteInhalte und Forderungen der Demo
rom 21.08.2010 - 23:46
Ca. 340 akut ausreisepflichtige Roma aus dem Kosovo leben im Land Bremen. Ein großer Teil von ihnen im Bremer Stadtteil Blumenthal.

Seit die Bundesregierung im April ein Rückübernahmeabkommen mit Kosovo geschlossen hat, finden in vielen Bundesländern gewaltsame Abschiebungen von Roma Familien nach Pristina statt. Insbesondere Niedersachsen nimmt hierbei eine Vorreiterrolle ein.

Im Juli stellte eine UNICEF-Studie fest, dass die 5.000 Roma-Kinder, die aus Deutschland ins Kosovo abgeschoben werden sollen, kaum Aussicht auf Schulbildung, medizinische Versorgung und gesellschaftliche Integration haben. Stattdessen drohe den meist in "Nacht-und-Nebel- Aktionen" abgeschobenen Familien "Perspektivlosigkeit, extreme Armut, Heimat und Identitätslosigkeit".
Siehe:  http://www.unicef.de/download.php?f=content_media/presse/Roma-Studie_2010/UNICEF-Studie_Roma_2010neu.pdf

Bremens Innensenator Meurer (SPD) ließ verlauten, man beabsichtige nicht Familien mit minderjährigen Kindern in den Kosovo abzuschieben. Aber die Behördliche Praxis Bremens vermittelt den Betroffenen anderes: Zwar fanden die besagten ,,Nacht und Nebel Aktionen" im Stadtstaat noch nicht statt, auf der Ausländerbehörde werden die Familien aber massiven Druck ausgesetzt, Formulare zu ,,freiwilligen Ausreise" zu unterzeichnen. Die Duldungen werden nur für kurze Zeitdauer verlängert, und in manchen Fällen werden nur noch sogenannte Grenzübertrittsbescheinigungen ausgestellt. Das sind Formulare in denen die Betroffenen aufgefordert werden, bis zu einem festgelegten Datum das Bundesgebiet zu verlassen.

Angesichts dieser Behördenpraxis und wegen der Weigerung die Kettenduldungen der Betroffenen Familien in gefestigte Aufenthaltstitel zu überführen, bleiben erhebliche Zweifel, ob Meurers Aussage, die Familien mit minderjährigen Kindern nicht abschieben zu wollen, dauerhaft Bestand haben wird.

Deshalb demonstrieren die betroffenen Roma gemeinsam mit der Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen, dem Bündnis Roma Solidarität Bremen, dem Bremer Flüchtlingsrat, dem Bremer Friedensforum und vielen weiteren solidarischen Menschen am Samstag durch Bremens Innenstadt.

Die Forderungen der Demo werden ab sofort im Zuge einer Postkartenaktion an den Innensenator Meurer gerichtet.

Folgende Forderungen werden darin gestellt:

- die Ausländerbehörde anzuweisen, Roma-Familien nicht mehr zur "freiwilligen Ausreise" zu drängen
- das "Rückführungsabkommen" zwischen der Bundesregierung und dem Kosovo zu boykottieren
- die Verlängerung der Bleiberechtsregelung (§ 104a u. a.) ohne weitere Bedingungen umzusetzen
- Roma humanitären Aufenthalt zu gewähren
- gesundheitliche Abschiebehindernisse anzuerkennen
- Kriegsflüchtlingen aus Ex-Jugoslawien statt Duldungen ein sicheres Bleiberecht zu gewähren
- bereits abgeschobenen Familien und Einzelpersonen ohne bürokratische Hürden zu gestatten nach Deutschland zurückzukehren


QuoteRoma in Freiburg
Kasimir 22.08.2010 - 01:15
http://www.swp.de/ulm/nachrichten/politik/art4306,493933
http://www.badische-zeitung.de/freiburg/viele-roma-verlassen-freiburg-wieder--33078917.html


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Vorurteile der Medien gegenüber Roma
Kim 23.08.2010 - 10:41

Fäkalien auf Gemüsefeldern
http://gestern.nordbayern.de/artikel.asp?art=955246&kat=11
Betteln, stehlen, prostituieren: NEWS über das Schicksal der verkauften Roma-Kinder
http://www.news.at/articles/0720/10/173438/betteln-news-schicksal-roma-kinder
Landfahrer sorgen für Ärger
http://www.rundschau-online.de/html/artikel/1260204521302.shtml
Sinti und Roma campieren am Volkspark
http://www.pnn.de/potsdam/7710/
Schotterparkplätze würden schleichend zu Dauerparkplätzen
http://www.salzburg.com/salzburgerfenster/artikel/l2604.html
Ein Höhenbalken sperrt künftig Roma und Sinti vom Parkplatz aus
http://www.nachrichten.at/oberoesterreich/salzkammergut/art71,435035
Dritte Welt mitten in Europa
http://www.stern.de/politik/ausland/roma-siedlungen-dritte-welt-mitten-in-europa-522441.html




Aus: "[HB] "Alle Roma bleiben hier!"" captnX  (21.08.2010)
Quelle: http://de.indymedia.org/2010/08/288159.shtml

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Quote[...]  Chronologie der Causa Zogaj

Die Familie Zogaj beschäftigt die Öffentlichkeit seit September 2007, als das Mädchen für zwei Wochen untertauchte, um der Abschiebung zu entgehen.

Mai 2001: Arigonas Vater reist illegal mit Hilfe von Schleppern nach Österreich ein und stellt einen Asylantrag.

Mai 2002: Sein Asylantrag wird abgelehnt.

September 2002: Frau Zogaj und die fünf Kinder reisen illegal ein und stellen Asylerstreckungsanträge.

November 2002: Das Asylverfahren wird für die ganze Familie in zweiter Instanz negativ entschieden. Herr Zogaj stellt einen zweiten Asylantrag.

Februar 2003: Der Asylantrag des Vaters wird abgelehnt, er erhält den Ausweisungsbescheid. Frau Zogaj stellt für sich und die Kinder einen zweiten Asylantrag.

Dezember 2003: Der Verfassungsgerichtshof lehnt eine Asylbeschwerde ab.

Mai 2004: Die Sicherheitsdirektion Oberösterreich bestätigt die Ausweisung. Eine Beschwerde der Familie beim Verwaltungsgerichtshof hat aber aufschiebende Wirkung.

März 2005: Der Verwaltungsgerichtshof lehnt die Beschwerde ab.

April 2005: Die Bezirkshauptmannschaft (BH) Vöcklabruck fordert die Familie zur Ausreise bis zum 10. Mai 2005 auf.

Mai 2005: Die Familie stellt bei der BH einen Antrag auf Erstniederlassungsbewilligung aus humanitären Gründen.

September 2005: Das Innenministerium lehnt den humanitären Aufenthaltstitel ab.

Mai 2007: Das Innenministerium weist auch die Berufung der Familie hinsichtlich einer Niederlassungsbewilligung ab.

Juni 2007: Gemeinde und Schulkollegen von Arigona starten eine Unterschriftenaktion. Der Gemeinderat Frankenburg beschließt einstimmig sich für den Verbleib der Familie einzusetzen.

Juli 2007: Die Zogajs legen beim Verfassungsgerichtshof Beschwerde gegen die Ablehnung der Erstniederlassungsbewilligung ein.

26. September 2007: Die Familie Zogaj wird von der Polizei abgeholt, um abgeschoben zu werden. Die 15-jährige Arigona verschwindet spurlos.

27. September 2007: Arigonas Mutter darf in Österreich bleiben, um nach ihrer Tochter zu suchen. Der Vater und die anderen vier Kinder der Familie werden in den Kosovo geflogen.

30. September 2007: Ein Brief von Arigona taucht auf. Darin schreibt sie, dass sie sich nicht lebend der Polizei stellen werde, wenn ihre Familie nicht nach Österreich zurückkommen darf.

1. Oktober 2007: Vizekanzler Wilhelm Molterer (V) vereinbart mit Innenminister Günther Platter (V), das Urteil des Verfassungsgerichtshofes abzuwarten. Arigona und ihre Mutter dürfen vorerst bleiben.

10. Oktober 2007: Arigonas Aufenthalt bei Pfarrer Josef Friedl wird bekannt.

16. Oktober 2007: Arigona geht wieder in die Schule.

30. Oktober 2007: Der VfGH legt unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte einen Kriterienkatalog zum Bleiberecht vor.

14. Dezember 2007: Der VfGH weist die Beschwerde der Familie Zogaj gegen die Verweigerung der Erstniederlassungsbewilligung ab - stellt aber klar, dass dies nicht bedeute, dass Arigona und ihre Mutter abgeschoben werden müssen. Der Innenminister erklärt aber postwendend, dass er kein humanitäres Aufenthaltsrecht gewährt. Arigona und ihre Mutter dürften aber bis Schulschluss im Sommer 2008 in Österreich bleiben.

Mai 2008: Mutter Nurie Zogaj unternimmt einen Selbstmordversuch, nachdem sie erfährt, dass sich der Vater der Kinder im Kosovo abgesetzt hat und nicht auffindbar ist.

Juni 2008: Arigona und Nurie Zogaj werde schriftlich dazu aufgefordert, zu Ferienbeginn Anfang Juli das Land zu verlassen. Maria Fekter (V) ist mittlerweile neue Innenministerin.

27. Juni 2008: Der VfGH fordert beim humanitären Bleiberecht ein Antragsrecht für Betroffene und setzt eine Reparaturfrist von neun Monaten.

Juli 2008: Ein psychiatrisches Gutachten attestiert Mutter und Tochter, Behandlung zu benötigen, sie dürfen daher vorerst im Land bleiben.

Oktober 2008: Der Antrag auf Schülervisa für die jüngeren Geschwister Albin und Albona Zogaj wird abgelehnt.

10. Dezember 2008: Fekter legt ihren Entwurf für eine Neuregelung des humanitären Bleiberechts vor.

23. Dezember 2008: Einen Tag vor Weihnachten wird bekannt, dass die vier Geschwister Zogaj versucht haben, aus dem Kosovo nach Österreich illegal einzureisen, aber in Ungarn aufgegriffen wurden. Dort haben sie Asyl beantragt. Nurie und Arigona stellen in Österreich neue Asylanträge. Begründung: Die weiland abgelehnten Anträge seien alle über den Vater gelaufen.

12. Jänner 2009: Drei der vier Geschwister sind illegal nach in Österreich eingereist, der vierte Bruder kommt am Tag danach an.

13. Jänner 2009: Innenministerin Fekter sieht Ungarn zuständig und ist unter Verweis auf das Dublin-Abkommen der Ansicht, dass sämtliche Anträge der Familie dort abgewickelt werden sollten.

22. Jänner 2009: Die Landeshauptleutekonferenz lehnt Fekters Plan, dass in Altfällen die Landeshauptleute darüber entscheiden sollen, ob humanitäres Bleiberecht erteilt wird, ab.

2. Februar 2009: Die beiden ältesten Brüder Zogaj kündigen an, in den Kosovo zurückzukehren.

12. März 2009: Der Nationalrat beschließt mit den Stimmen der Koalitionsparteien das neue humanitäre Bleiberecht, sogenannte Altfälle können nun einen entsprechenden Antrag stellen.

4. April 2009: Die ungarischen Behörden sehen sich für die Zogajs nicht zuständig: Die Verfahren sollten zur Gänze in Österreich abgewickelt werden, teilt man mit.

18. September 2009: Die zwei älteren Brüder Arigonas, Alfred und Alban, kehren freiwillig in den Kosovo zurück, nachdem sie zuvor über Ungarn nach Österreich eingereist und in Schubhaft gekommen waren. Die beiden minderjährigen Geschwister bleiben in Österreich.

21. Oktober 2009: Die Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP beschließen im Nationalrat die Verschärfung des Fremdenrechtspakets. Dieses enthält unter anderem eine Ausweitung der Schubhaft-Möglichkeiten.

12. November 2009: Das Innenministerium verhängt aufgrund eines negativen Asylbescheids die Abschiebung von Arigona, ihrer Mutter und ihrer beiden jüngeren Geschwister. Zogaj-Anwalt Herbert Blum kündigt eine Berufung beim Asylgerichtshof an.

13. November 2009: Kardinal Christoph Schönborn hielte ein humanitäres Bleiberecht für angebracht: "Es würde dem Land keinen Schaden zufügen, wenn diese Familie bleiben könnte."

17. November 2009: Das Innenministerium betont: Ministerin Fekter könne im Fall Zogaj keinen humanitären Aufenthalt gewähre. Denn Voraussetzung dafür wäre, dass die Familie mehr als die Hälfte der Zeit rechtsmäßig im Land war.

24. Dezember 2009: Zu Weihnachten wiederholt Schönborn seinen Appell für ein humanitäres Bleiberecht, auch Bundespräsident Heinz Fischer spricht sich dafür aus.

18. März 2010: Der Asylgerichtshof lehnt die Beschwerden gegen den abgelehnten Asylantrag ab; Anwalt Blum kündigt einen Beschwerde beim VfGH an.

9. April 2010: Der VfGH gibt dem Antrag auf aufschiebende Wirkung statt. Die Ausweisung Arigonas, ihrer Mutter und ihrer beiden Geschwister wird bis zum Ende des Verfahrens ausgesetzt.

11. April 2010: Bundespräsident Fischer spricht sich neuerlich für ein humanitäres Bleiberecht aus.

14. Juni 2010: Der VfGH lehnt die Beschwerden ab. Der Ausweisungsentscheid des Asylgerichtshofs sei nicht verfassungswidrig.

22. Juni 2010: Die Zogajs erhalten eine schriftliche Aufforderung der BH, Österreich unverzüglich zu verlassen. Einen Tag später betont der Leiter der BH, dass die Familie aber noch Zeit habe, ihre Angelegenheiten zu regeln. Einige Tage später wird bekannt, dass mit der BH ohne fixes Datum vereinbart wurde, dass die freiwillige Ausreise nach Schulschluss erfolgen wird.

8./9. Juli 2010: Schulschluss für Arigona und ihre Geschwister - sie bekommen ihre Zeugnisse.

15. Juli 2010: Die Familie reist in den Kosovo aus. Um den am Flughafen Wien erwarteten Medienrummel zu umgehen, beginnen die Zogajs ihren Rückflug in Salzburg.


Aus: "Chronologie der Causa Zogaj" (15.07.2010)
Quelle: http://www.kleinezeitung.at/nachrichten/chronik/2107036/causa-zogaj-chronologie.story

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Quote[...] Die Lage der Roma in Europa ist weiterhin prekär. Sie werden diskriminiert und stehen wirtschaftlich wie sozial am Rande der Gesellschaft. Um das zu ändern, sollen die Mitgliedsstaaten gezielt Mittel aus dem milliardenschweren Strukturfonds einsetzen, fordert die EU-Kommission in ihrem heute vorgelegten Bericht zur Lage der Roma.

Die Kommission fordert von den EU-Mitgliedsstaaten, die Gelder aus dem europäischen Strukturfonds besser für die Eingliederung der Roma zu nutzen. Noch immer werden die Roma von der Mehrheitsgesellschaft segregiert, also abgetrennt und als Außenstehende behandelt. "Die Roma brauchen keinen eigenen Arbeitsmarkt, sie brauchen keine Schulen, die die Segregation von Roma-Kindern verlängern, und sie wollen keine renovierten Roma-Ghettos", kritisierte László Andor, EU-Kommissar für Beschäftigung, Soziales und Integration.

Noch lebt ein großer Teil der zehn bis zwölf Millionen Roma in Europa "extrem marginalisiert und unter sehr schlechten sozioökonomischen Bedingungen", heißt es in dem Bericht der Kommission. Allein in den neuen Mitgliedstaaten Slowakei, Ungarn, Rumänien und Bulgarien leben insgesamt drei bis vier Millionen Roma.

"Diskriminierung, soziale Ausgrenzung und Segregation, denen die Roma ausgesetzt sind, verstärken sich gegenseitig. Die Roma verfügen über eingeschränkten Zugang zu hochwertiger Bildung und haben Schwierigkeiten, sich in den Arbeitsmarkt zu integrieren; daraus resultieren ein niedriges Einkommensniveau und ein schlechter Gesundheitszustand, was wiederum eine höhere Sterblichkeit und eine geringere Lebenserwartung im Vergleich zu anderen Bevölkerungsgruppen zur Folge hat", heißt es weiter in dem Bericht.

Nach Angaben der EU-Agentur für Menschenrechte gehören die Roma zu den am meisten von Armut, Arbeitslosigkeit und Analphabetismus betroffenen ethnischen Gruppen in Europa.

...


Aus: "EU-Gelder für bessere Integration der Roma" Daniel Tost (Aktuell - Mittwoch 7 April 2010 - Soziales Europa)
Quelle: http://www.euractiv.de/soziales-europa/artikel/eu-gelder-fr-bessere-integration-der-roma-002921


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Quote[...] Europa hat angeblich ein Problem. Es ist nicht die Krise, es sind nicht die fehlenden Arbeitsplätze, es ist nicht die Umweltkatastrophe. Es sind die Angehörigen einer Minderheit.

Zwecks Ablenkung von den desaströsen Folgen des Abzockerkapitalismus rufen Sicherheitspolitiker vieler Länder ­eine neu-alte Gefahr aus: die Roma. Bedrängt durch die Affäre seiner Gönnerin Liliane Bettencourt, die Millionen steuerfrei in der Schweiz versteckte, startete der französische Präsident, Träger des auch unter ungarischen Roma weitverbreiteten Namens Sarkozy, eine Kampagne zur Roma-Vertreibung.

Das Muster ist uralt. Seit Jahrhunderten wird in Zentral- und Westeuropa versucht, diese ZuwanderInnen erst gar nicht einzulassen oder sofort wieder loszuwerden. Roma, Sinti, Gitanos und die Angehörigen all der anderen Stämme, ob fahrend oder sesshaft, unterlagen einer jahrhundertelangen Verfolgung und dienten unter dem Begriff "Zigeuner" sowohl als Objekte romantischer Projektionen als auch als solche des Neids auf die angebliche Freiheit ihres unsicheren Lebens. Die obrigkeitliche Hetzjagd auf diese Menschen gipfelte in der "Endlösung" des "Zigeunerproblems", der Ermordung von 500.000 Roma durch die Nazis.

In einer ersten Phase der Reisefreiheit in Europa, zwischen 1860 und 1914, waren viele Roma in den Westen gezogen, vor allem aus Rumänien, wo sie in den Erzgruben und auf den Landgütern des dortigen Adels als Sklaven geschuftet hatten.

Nur der Berner Polizeiabteilung gelang damals, wovon Sicherheitsapparate anderer europäischer Länder träumten: Durch rigorose Registrierung und Ausweisung, seit dem Ersten Weltkrieg auch durch Familientrennung und Kindswegnahmen, wurde die Schweiz «zigeunerfrei». Im Zweiten Weltkrieg wurden deutsche Sinti, die sich vor dem Holocaust in die Schweiz retten wollten, ins Nazireich zurückgeschafft. Die «Lösung» des verbleibenden «Problems» der einheimischen Fahrenden in der Schweiz, der Jenischen, oblag dann der Stiftung Pro Juventute. An sie delegierten Bund und Kantone zwischen 1926 und 1973 die systematische Zerstörung der jenischen Familien und der jenischen Kultur mittels 600 weiterer Kindswegnahmen.

Die rund acht bis zehn Millionen osteuropäischer Roma hielt von 1945 bis 1989 der Eiserne Vorhang von Westeuro­pa fern. Die über sie verhängten Reiseverbote fielen jedoch nicht gleich 1989. Erst der EU-Beitritt von Ländern wie Ungarn, der Slowakei, Rumänien und Bulgarien sowie die Verträge von Schengen gaben auch den Roma das Recht, überallhin zu reisen. In Osteuropa erzeugten die Jahre seit 1989 zwar eine neue Elite von Superreichen – oft wendige Mitglieder der vorherigen sozialistischen Parteielite. Doch der Verlust garantierter Arbeitsplätze und der Abbau von Sozialleistungen wie Altersrenten und Kinderzulagen warfen neben den Roma auch breite Teile der Mehrheitsbevölkerung in krasse Armut. Und wer waren die Sündenböcke? Die Roma.

Pogrome äscherten Roma-Siedlungen ein, vorher verbotene rassis­tische Ideologien wurden Programme neuer Parteien, die Verfolgungen durch den Mob haben sich ausgeweitet und bleiben meistens unbestraft. Das ist die aktuelle Lage in Ungarn, zuvor brannte es in Rumänien und im Kosovo. Kein Wunder, dass in den letzten Jahren viele Roma nach Frankreich oder Italien zogen. Geprägt von den osteuropäischen Roma-Ghettos mit rudimentärer Infrastruktur, sahen sie Baracken- und Containersiedlungen am Rand von Städten wie Paris, Rom oder Mailand als bessere Wohnlagen mit besseren Verdienstmöglichkeiten. Diese Siedlungen werden nun mit Baggern geräumt, die BewohnerInnen – wie in Rom – in abgelegene, eingezäunte Lager gesperrt oder – wie in Frankreich – mit 300 Euro Abschiebe­geld ausgeschafft.

Auch in der Schweiz und in Deutschland werden vermehrt Roma in den angeblich für sie so sicheren Kosovo abgeschoben. Roma aus Rumänien oder Bulgarien, als TouristInnen eingereist und mangels Geld unter Brücken, in Autos oder in Obdachlosenasylen nächtigend, werden in der Schweiz immer rigoroser daran gehindert, mit Strassenmusik, Blumenhandel, Betteln oder Prostitution das Geld einzunehmen, das ihren Familien in den Ghettos wieder einige Monate über die Runden helfen würde. Beliebt ist auch in der Schweiz die rassistische Hetze gegen die ganze Gruppe, wenn einzelne Mitglieder in ein übles Licht geraten. Gerne wird vergessen, dass in den letzten Jahrzehnten rund 40 000 Roma einwanderten, hier seither sesshaft leben, in vielen Berufen ihre Arbeit verrichten und ihre Kinder aufziehen, vorsichtigerweise ohne ihre ethnische Zugehörigkeit laut zu verkünden. Viele kamen als Saisonniers und haben inzwischen das Schweizer Bürgerrecht.

Die Schweiz und die EU könnten endlich damit beginnen, die Roma mit ihrer reichen Kultur, ihrem Familiensinn und ihrem Stolz nicht mehr als Bedrohung zu sehen, sondern als Bereicherung zu schätzen. Politische Tricks ältesten Strickmusters von Politikern wie Nicolas Sarkozy verhindern das.

WOZ vom 26.08.2010


Aus: "Vertreibung der Roma - Wohlfeile Sündenböcke" Von Thomas Huonker (26.08.2010)
Quelle: http://www.woz.ch/artikel/2010/nr34/international/19682.html


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#92
Quote[...] Griechenland sieht sich mit der zunehmenden Zahl illegaler Einwanderer aus Afrika überfordert. Athen hat daher Teams des EU-Grenzschutzes Frontex angefordert.

Die EU-Kommission spricht von einer "dramatischen" Situation, auch die Vereinten Nationen sind besorgt: Angesichts des wachsenden Stroms illegaler Flüchtlinge bahnt sich ihrer Ansicht nach eine humanitäre Krise an der griechisch-türkischen Grenze an. Griechenland sieht sich außerstande, der Lage selbst Herr zu werden. Die Regierung in Athen habe daher Eingreifteams der EU-Grenzschutzagentur Frontex angefordert, teilte EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström in Brüssel mit. Es sei das erste Mal, dass ein Mitgliedsland die seit 2007 bestehende Truppe in Anspruch nehme.

Die Grenzschützer sollen Griechenland bei der Überwachung der Landgrenze zur Türkei unterstützen. Im Nordosten des Landes versuchen immer mehr Flüchtlinge – zumeist aus Afrika oder Afghanistan – die Europäische Union zu erreichen. In den ersten acht Monaten des Jahres 2010 stieg die Zahl der illegalen Einwanderer, die an der Landgrenze zur Türkei abgefangen wurden, auf 23.000. Vergangenes Jahr hatte die Zahl im Vergleichszeitraum noch bei 5600 gelegen.

Den Vereinten Nationen zufolge sind die Aufnahmelager für Immigranten und Asylsuchende entlang der griechisch-türkischen Grenze zur Türkei völlig überfüllt. Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl beschuldigte Griechenland, die Menschenrechte der Flüchtlinge massiv zu verletzen. Diese würden systematisch zurückgewiesen und auf dem Landweg über den Grenzfluss in die Türkei zurückgetrieben, kritisierte Pro Asyl in einem Bericht, der auf gemeinsamen Recherchen mit einer griechischen Anwaltsorganisation für Flüchtlingshilfe beruht. Immer wieder würden Menschen ertrinken, wenn sie schwimmend versuchten, das griechische Ufer des Flusses zu erreichen.

... EU-Kommissarin Malmström ging indirekt auf diesen Vorwurf ein. "Ich vertraue darauf, dass allen Flüchtlingen, die über die Grenze kommen, angemessen geholfen wird und dass die Bitte um internationalen Schutz in voller Übereinstimmung mit internationalen und europäischen Standards berücksichtigt wird", schrieb sie in einer Mitteilung.


... Offenbar hat die EU jene Notlage aber zum Teil selbst zu verantworten: Den Behörden zufolge ist der Andrang an der griechisch-türkischen Grenze die unmittelbare Folge der verstärkten EU-Marinepatrouillen in der Ägäis, die zuvor eine Hauptroute war, um illegale Immigranten in die EU zu schleusen. Dort wurden dieses Jahr nur noch knapp 4000 statt zuvor 15.000 Menschen abgefangen. Inzwischen jedoch kommen der EU-Kommission zufolge 90 Prozent der illegalen Einwanderer über Griechenland.

...


Aus: "Griechenland fordert Hilfe zum Schutz der Grenze an" ZEIT ONLINE, dpa, Reuters, AFP (25.10.2010)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/ausland/2010-10/griechenland-fluechtlinge-frontex


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Quote[...] Libyen modernisiert seine Grenzüberwachung. Trotz Kritik des Parlaments schließt die EU mit Präsident Gaddafi eine "Vereinbarung über technische Hilfe und Kooperation". Ein Freihandelsabkommen soll folgen

[...] Seit November 2008 verhandelt die EU über ein generelles Rahmenabkommen zu Außenpolitik und Sicherheitsfragen, einer Freihandelszone und weiteren Schritten in der Migrationsabwehr.

...

Quote26. Oktober 2010 02:17
Die abgebaute DDR-Grenze läuft jetzt um die ganze EU herum
adiosamigos

Nach dem sozialistischen gibt es nun den Neo-Kapitalilstischen
Schutzwall. Und was dann schlussendlich mit den nach Lybien
zurückgeführten Flüchtlingen in der Wüste passiert, will später
niemand gewusst haben.

DR3CKsP4CK



Aus: "Lizenz zum Töten?" Matthias Monroy 26.10.2010
Quelle: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/33/33538/1.html


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Quote[...] BERLIN (Eigener Bericht) - Am morgigen Dienstag beginnen EU-Polizeitrupps unter deutscher Beteiligung mit der Jagd auf Flüchtlinge an der griechisch-türkischen Grenze. Der erste Einsatz der sogenannten Schnellen Grenz-Eingreifgruppen (Rapid Border Intervention Teams, RABITs) wird eingeleitet, nachdem das Asylsystem Griechenlands praktisch kollabiert ist: Die Regularien der EU übertragen die Aufnahme von Flüchtlingen de facto den Staaten an der europäischen Außengrenze; Athen ist damit inzwischen völlig überlastet. Dabei führen die Abschottung des Mittelmeers sowie die italienischen Massenabschiebungen nach Libyen dazu, dass die Zahl der Flüchtlinge, die auf dem Landweg über Griechenland in die EU einzureisen suchen, deutlich zunimmt. Zur weiteren Abschottung errichtet Libyen jetzt an seiner Seegrenze mit EU-Mitteln ein Radarsystem, das selbst kleinste Flüchtlingsboote penibel aufspüren kann. Die Proteste von Menschenrechtsorganisationen gegen die deutsch-europäische Flüchtlingsabwehr dauern an: Berlin und Brüssel handelten nicht nach Erfordernissen des Flüchtlingsschutzes, sondern nach dem Motto "abschotten, abwälzen, abschieben", urteilt etwa Amnesty International. Auch die UNO erhebt Beschwerde.

RABITs
Wie die EU-Flüchtlingsabwehrbehörde Frontex mitteilt, wird sie am morgigen Dienstag mit der Entsendung von "Schnellen Grenz-Eingreifgruppen" (Rapid Border Intervention Teams, RABITs) an die griechisch-türkische Grenze beginnen. Insgesamt werden 175 Grenzkontrollspezialisten im Einsatz sein, um gemeinsam mit dem zuständigen griechischen Personal Flüchtlinge aufzugreifen und sie an der Einreise in die EU zu hindern. Neben dem für das Aufspüren und den Abtransport der Flüchtlinge nötigen Gerät, darunter Busse, Patrouillenfahrzeuge und ein Hubschrauber, sorgt Frontex unter anderem für Experten zur Identifizierung gefälschter Papiere, für Hundeführer und für Interviewspezialisten, die geschult sind, die Herkunftsländer von Flüchtlingen zu überprüfen. Bei dem Einsatz handelt es sich um die erste Entsendung von RABITs überhaupt. Diese wurden schon vor einiger Zeit aufgestellt, um an den Außengrenzen der EU einzugreifen, sobald die nationale Flüchtlingsabwehr nicht die gewünschten Erfolge erzielt. Rein formell unterstehen die entsandten Beamten dem Einsatzland; tatsächlich halten sie aber auch Kontakt zu den jeweiligen nationalen Entsendebehörden. Deutschland beteiligt sich mit Personal und mit Material an der aktuellen Intervention.[1]


...

[1] Frontex to Deploy 175 Specialist Border Personnel to Greece; www.frontex.europa.eu 29.10.2010


Aus: "Abschotten, abwälzen, abschieben" (01.11.2010)
Quelle: http://german-foreign-policy.com/de/fulltext/57935?PHPSESSID=8d0ns02hc83ch8qam4kl3bvrh7



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Quote[...] Jetzt, da der Vorsitzende der Christlich Sozialen Union noch einmal und ein für allemal in Granit gemeißelt hat, dass Deutschland kein Einwanderungsland sei, ist die logische Konsequenz: Sollen doch die anderen schauen, wie sie zurechtkommen. Griechenland ist gemeint, das kürzlich nach Frontex gerufen hat oder Italien, alle die Länder und deren Menschen, die an einer leicht erreichbaren EU-Außengrenze leben; wo der physische Zugang zur Europäischen Union geographisch bedingt schwer kontrollierbar ist.

... Eine Nuance ist jedoch hinzuzufügen: Erst die Restriktion des Asylrechts unter den Ausschlussbegriff der ,,Wirtschaftsflüchtlinge" hat es in den vergangenen Jahrzehnten erlaubt, den erlauchten Kreis derer, die deutschen Boden betreten sollen dürfen, noch enger zu fassen. Die politische Diskussion, die in den 1990ern zur Veränderung im Grundgesetz geführt hat, hat die Wahrnehmung für Menschen, die von außerhalb nach Deutschland kommen wollen, blank und frei auf ihren Nutzwert reduziert: Nur was Deutschland frommt, darf auch herein. An der Qualität dieser Aussage ist seit Seehofers Exploit nicht zu zweifeln. Unter solchen Präjudizien lässt es sich sodann fein gegen ,,Gemüseverkäufer", ,,Kopftuchmädchen" und sogar deren genetische oder religiöse Befindlichkeiten streiten. Das Versprechen einer Großherzigkeit, die eigener Erfahrung geschuldet war, ist so zu seinem Gegenteil pervertiert worden, zur unbarmherzigen Selektion.

... Die Toten im Mittelmeer sind keine Heiligen, sie sind auch keine Märtyrer. Aber es lohnt sich, ihrer zu gedenken, denn sie sind Opfer von Politik, die sich simpelster Wurzeln ihrer eigenen, hoch gelobten Kultur nicht entsinnen will: Pietas et Caritas.

...

Quote
dame.von.welt schrieb am 01.11.2010 um 11:52

Zur Einführung des Artikels 16a sollte auch nicht vergessen werden, was genau dazu führte. Nämlich die Brandanschläge gegen Einwanderer in Mölln und Solingen, gipfelnd in den Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen. Zum Nachlesen darüber wie über die hahnebüchene juristische Aufarbeitung 'Das Sonnenblumenhaus'
http://www.christoph-koch.net/2007/10/26/das-sonnenblumen-haus/

und

'Ich war Teil der Meute'
http://www.zeit.de/2002/25/Ich_war_Teil_der_Meute?page=all

Beim Zusammenhang zwischen dem CDU/CSU-Gehetze von 'Das Boot ist voll' und dem nachträglichen Versuch von ebenda, das geänderte Asylgesetz als Maßnahme gegen künftige Pogrome zu verkaufen (vom feigen Einknicken der SPD zu schweigen), kräuseln sich mir bis heute die Magenschleimhäute.



Quote
Querdenker schrieb am 02.11.2010 um 09:36

Nirgends offenbart sich die Verlogenheit einiger Linker hierzulande mehr als im Umgang mit Ausländern. Da wird eine regelrechte Klientelpolitik unter dem Banner der Menschlichkeit betrieben: Politische Flüchtlinge, Wirtschaftsflüchtlinge, Kriegsflüchtlinge, Importbräute, Kriminelle Banden, Terroristen - Hauptsache, es kommen viele. Hauptsache, das Wohlstands- und Demokratiegefälle bleibt zementiert. Hauptsache, man hat überhaupt noch ein Thema, mit dem man in die Schlagzeilen kommt. Über ein Szenario, in welchem die Grenzen nach Europa tatsächlich offen wären, möchte man lieber nicht nachdenken. Braucht man auch nicht, wenn man keine politische Verantwortung zu tragen hat.


Quote

Fritz Teich schrieb am 03.11.2010 um 01:34

Mal wieder alles zusammengeruehrt was nicht zusammengehoert. Ist es christlich, nach einem Asylgrund zu fragen? Ist es unchristlich, einen Auslaender abzuschieben? ...




Aus: "Recht auf Asyl, die verlorene Unschuld" ed2murrow (31.10.2010)
asylrecht bundesverfassungsgericht zuwanderung ausländerpolitik allerheiligen
Quelle: http://www.freitag.de/community/blogs/ed2murrow/recht-auf-asyl-die-verlorene-unschuld


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Quote[...] Auslöser für den großen Flüchtlingsansturm ist der Sturz des tunesischen Präsidenten Zine el Abidine Ben Ali. Wegen der politischen Umwälzung ist der Grenzschutz vernachlässigt worden. Diese Chance haben Tausende von Tunesiern genutzt, um nach Europa zu kommen.

Zwischen Italien und Tunesien herrscht derweil noch kein Konsens, wie man mit der Lage umgehen sollte. Tunesien lehnte den Vorschlag Italiens ab, an der nordafrikanischen Küste italieniche Einsatzkräfte zur Eindämmung der Migrantenbewegung einzusetzen.

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Aus: "Flüchtlingsdrama auf Lampedusa hält an" (14.02.2011)
Quelle: http://www.augsburger-allgemeine.de/Home/Nachrichten/Politik/Artikel,-Fluechtlingsdrama-auf-Lampedusa-_arid,2368384_regid,2_puid,2_pageid,4290.html

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Quote[...] Die genaue Zahl der Ankömmlinge auf Lampedusa ist umstritten; etwa 5000 sollen es sein, Tendenz steigend. Allein seit Samstagnacht seien es 1600 Menschen gewesen, berichten italienische Zeitungen. Am Montag wurden neue Boote gesichtet. Die Flüchtlinge campierten zunächst auf der Hafenmole, auf Parkplätzen und einem umzäunten Fußballplatz, weil sich die italienische Regierung zunächst weigerte, das Flüchtlingslager wieder zu eröffnen - sie fürchtete einen "erhöhten Anziehungseffekt".

... Nachrichtenagenturen berichten, die Behörden hätten begonnen, die Menschen mit Fähren und Flugzeugen nach Sizilien zu bringen - aus Sorge darüber, dass sich Terroristen oder gewöhnliche Kriminelle unter den Flüchtlingen befinden können. Auf Sizilien befindet sich ein Abschiebelager - den Menschen dort droht die unfreiwillige Rückreise nach Tunesien. Italien habe keine Hemmungen, warnt der Menschenrechtler Karl Kopp vom Flüchtlingsrat: "Sie schicken Flüchtlinge sehenden Auges in die libyschen Haftlager Gaddafis zurück. In dieser Hinsicht ist Italien die Speerspitze der Schändlichkeit."




Aus: "Italien: Flüchtlingswelle auf Lampedusa - Exodus der Revolutionäre" Von Michael König (14.02.2011)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/politik/fluechtlingswelle-auf-lampedusa-exodus-der-revolutionaere-1.1059837


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Quote[...] Der Frontex-Chef seinerseits stellt klar, Europa werde keine Abwehrschlacht gegen Menschen in Not führen. "Wenn es in der Mittelmeerregion eine humanitäre Krise geben sollte und die Menschen um ihr Leben fliehen, dann werden wir sie nicht zurückweisen. Das würde gegen internationales Recht verstoßen."

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Aus: "Mission Abschiebung" Von Ulrich Krökel (28.2.2011)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/ausland/2011-02/frontex-fluechtinge-libyen?page=2


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Quote[...] Maher hat umgerechnet 1000 Euro an Schlepper bezahlt, ein Vermögen für ihn, er hat in der Kajüte ausgeharrt, im Maschinenraum, an Deck, er hat sein Leben riskiert und versteht die Europäer nicht. »Warum sagt ihr Nein zu uns?« Mit welchem Recht verwehrt ihr uns, die wir einen Diktator verjagt haben, unsere neue Freiheit zu nutzen?

Maher ist 30 Jahre alt, die Boote sind voll mit jungen Männern. Er hat sein bisheriges Leben unter dem Regime von Ben Ali gelebt, er erzählt von Demütigungen durch die Polizei, von Schlägen, Beleidigungen, Einschränkungen. Von seinem Job als Automechaniker in Tunis, für den er über Jahre nicht bezahlt wurde. Maher arbeitete nebenbei als Kunsthandwerker, er beschlug Kupferplatten in seinem Laden drei Kilometer vom Präsidentenpalast entfernt, das brachte 100 Euro im Monat ein. Man kann seine Geschichte nicht überprüfen. Aber man kann Maher verstehen, wenn er sagt, er wolle nicht mehr warten, bis das neue, das richtige Leben für ihn irgendwann beginne. »Ich möchte eine Frau finden, heiraten, Kinder bekommen«, sagt er. Dafür braucht er Geld, das er sich verdienen will. Daheim wartet auf ihn das Chaos der nachrevolutionären Zeit. Maher will jetzt leben. Wie die anderen auch.

Auf die ersten Flüchtlinge aus Tunesien reagierten die Europäer im altbekannten Abwehrreflex. Einen »Massenexodus biblischem Ausmaßes« hatte der italienische Innenminister Roberto Maroni prophezeit, Hunderttausende Flüchtlinge. Maroni forderte Europas Hilfe. Ungewohnt kalt entgegnete ihm sein deutscher Kollege Thomas de Maizière, da noch Innenminister: »Italien ist gefordert, aber nicht überfordert.« Die europäische Grenzschutz-Agentur Frontex kündigte zwar Unterstützung an für Italien, Beamte, Helikopter, Flugzeuge. Aber die sind noch nicht auf Lampedusa eingetroffen. Weil auch die biblische Flut bislang ausblieb?

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Aus: "Flüchtlinge - Nur das eine Leben" Von Christian Denso (11.3.2011)
Quelle: http://www.zeit.de/2011/11/Italien-Lampedusa-Fluechtlinge


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Quote[...] Der Europarat hat angesichts der jüngsten Flüchtlingsdramen im Mittelmeer die europäischen Staaten zu mehr Solidarität aufgerufen. Regierung und Institutionen würden ihrer Verantwortung nicht gerecht, kritisierte der Menschenrechtsbeauftragte der Länderorganisation, Thomas Hammarberg, am Mittwoch in Straßburg. "Ihr Schweigen und ihre Passivität sind schwer zu akzeptieren".

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Aus: "Europarat ruft Europa zur Hilfe für Flüchtlinge auf" (8. Juni 2011)
Quelle: http://www.stern.de/news2/aktuell/europarat-ruft-europa-zur-hilfe-fuer-fluechtlinge-auf-1693577.html

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Quote[...] Lampedusa (dpa) - Erneute Flüchtlingstragödie mit Dutzenden von Toten im Mittelmeer: Überlebende eines vor der libyschen Küste havarierten Bootes berichten von dem grauenvollen Tod von Frauen und Kindern, die auf See an Hunger, Durst und Entkräftung gestorben seien.

Die Männer an Bord seien gezwungen gewesen, «die Leichen, 100 an der Zahl, während der Fahrt über Bord zu werfen», sagte einer der Geretteten italienischen Beamten auf die Insel Lampedusa.

Das weitere Flüchtlingsdrama könnte diplomatische Folgen haben, wie italienische Medien am Freitag berichteten. Denn italienische Behörden hätten ein Nato-Schiff in der Nähe erfolglos aufgefordert, dem Boot zu helfen. Das römische Außenministerium hat von der Nato eine Erklärung zu dem Vorfall verlangt.

«Wie Säcke ins Meer geworfen, gestorben an Hunger und Durst und von der Sonne verzehrt», beschreibt die Turiner Tageszeitung «La Stampa» am Freitag das Los der afrikanischen Flüchtlinge auf dem Schiff. Die italienische Küstenwache hat mehr als 300 Überlebende des Unglücksbootes aus den libyschen Gewässern zur nahe gelegenen Insel Lampedusa gebracht. Viele von ihnen sollen medizinische Behandlung benötigen. Tagelang hätten sie vergebens auf Hilfe gehofft.

Die Küstenwache erreichte das Flüchtlingsboot etwa 90 Seemeilen (knapp 170 Kilometer) von Lampedusa entfernt auf See. Mit vier Schiffen wurden die Überlebenden dann in Sicherheit gebracht. Über die aussichtslose Lage des manövrierunfähigen Bootes hatte ein zyprischer Schlepper als erstes ein SOS-Signal gegeben. Das Boot war am vergangenen Freitag östlich von Tripolis aufgebrochen, um den anhaltenden Wirren in dem Bürgerkriegsland entkommen zu können.

Erst am vergangenen Montag hatten die Italiener unter Deck eines in Lampedusa angekommenen Bootes aus Libyen 25 Leichen junger Männer gefunden, die dort erstickt waren. Gegen sechs Schleuser wird in der Sache ermittelt. Auf der verzweifelten Überfahrt mit oftmals kaum seetauglichen Booten von nordafrikanischen Küsten nach Europa kommt es immer wieder zu Flüchtlingsdramen.

Im Mai sollen Hunderte von Menschen nach dem Schiffbruch ihres Bootes vor der Küste von Tripolis nicht mehr das Land erreicht haben. Anfang Juni kamen den Berichten zufolge 270 Migranten eines mit 700 Menschen überfüllten Bootes aus Libyen im Mittelmeer um. Seit Beginn des Nato-Einsatzes gegen das Regime von Diktator Muammar al-Gaddafi erreichten mehr als 20 000 Flüchtlinge von dort Italien, die meisten von ihnen über Lampedusa.


Aus: "Flüchtlingsdrama: 100 Leichen über Bord geworfen" (5.8.2011, dpa)
Quelle: http://www.zeit.de/news-082011/5/fluechtlingsdrama100leichenueberbordgeworfen


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#101
Quote[...] Gaddafi wurde für die Flüchtlingsbekämpfung von europäischen Staaten hofiert und aufgerüstet. Europa und auch die Bundesregierung tragen die Mitverantwortung an den Verstößen gegen die Menschenrechtskonventionen.

... Noch vor wenigen Tagen war Diktator Gaddafi der wichtigste Bündnispartner Europas im Kampf gegen Flüchtlinge und Migranten. Er wurde hofiert und umgarnt.

Allein seit Mai 2009 hat die italienische Küstenwache über 2000 Bootsflüchtlinge aus Eritrea, Somalia und anderen Verfolgerstaaten in Haftlager Gaddafis zurückgeschickt. Sie wurden dort misshandelt, gefoltert, Flüchtlingsfrauen vergewaltigt. Europa, und auch die Bundesregierung, tragen Mitverantwortung an diesen Menschenrechtsverletzungen. Sie haben geschwiegen zu den Völkerrechtsbrüchen der Regierung Berlusconi. Anstatt die Regierung in Rom zu sanktionieren, versuchte die EU das ,,italienische Modell" zu kopieren.

Erst am 22. Februar 2011 verkündete die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton, dass die Verhandlungen mit Libyen über ein sogenanntes Rahmenabkommen ausgesetzt werden, das eine noch engere Kooperation bei der Flüchtlingsabwehr umfassen sollte. Die Einsicht, dass man mit dem Diktator Gaddafi keine schmutzigen Deals machen kann, kommt viel zu spät. Es war bereits ein menschenrechtlicher Tabubruch, dass diese Verhandlungen seit 2008 mit Hochdruck geführt wurden. Gaddafi wurde von europäischen Staaten wie Italien und der EU – im wahrsten Sinne des Wortes – für die Flüchtlingsbekämpfung aufgerüstet.

Die EU muss den Nachbarstaaten Ägypten und Tunesien jede erdenkliche Hilfe auch im Zusammenhang mit neu ankommenden Flüchtlingen aus Libyen zukommen lassen. Es wird auch zu Fluchtversuchen kommen von Transitflüchtlingen aus Eritrea, Somalia und anderen afrikanischen Staaten, die in Libyen gestrandet sind. Diese waren bereits vor der exzessiven Gewaltanwendung des Regimes gegen die Oppositionsbewegung ,,Freiwild" in Libyen. Eine umfassende Unterstützung – finanzieller und logistischer Art – der Nachbarstaaten ist eine Voraussetzung, dass Fluchtkorridore geöffnet werden.

... Europa kann nur dann Glaubwürdigkeit in Menschenrechtsfragen zurückgewinnen, wenn die jetzt erhobenen Forderungen nach Regimewechsel und Demokratisierung einhergehen mit einer grundlegenden Revision der europäischen Kooperationspolitik mit diktatorischen Regimes und einer veränderten Flüchtlingspolitik. Der erste Lackmustest wird sein, inwieweit Europa eine menschenwürdige, solidarische Aufnahme von Bootsflüchtlingen gewährleistet.


Aus: "Ein Pakt mit dem Teufel" von Karl Kopp (02.03.2011)
Quelle: http://www.theeuropean.de/karl-kopp/5842-fluechtlingsdrama-im-mittelmeer

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Quote[...] Insgesamt 2000 tote Flüchtlinge an den europäischen Außengrenzen, keine Solidarität bei der Flüchtlingsaufnahme, Dauerblockade bei der Schaffung gemeinsamer Asylrechtsstandards und populistische Debatten, die selbst die innereuropäische Freizügigkeit infrage stellen - das waren die zentralen Merkmale der EU-Flüchtlingspolitik im Jahr 2011.

2011 war bislang das tödlichste Jahr in der Geschichte der europäischen Flüchtlingspolitik: Die Fluchtroute mit den meisten Toten war der Kanal von Sizilien, wo knapp 1600 Bootsflüchtlinge starben. Die EU-Innenminister tragen Mitverantwortung an diesem Massensterben. Sie verweigerten schnelle Rettungsmaßnahmen für gestrandete Flüchtlinge und sie waren nicht willens, eine effektive Seenotrettung zu organisieren. Wären diese Bootsflüchtlinge Touristen oder EU-Bürger gewesen, die meisten von ihnen wären rechtzeitig gerettet worden. Bei Flüchtlingen schaut Europa zu und lässt sie sterben.

Angesichts einer Politik der unterlassenen Hilfeleistung für Schutzsuchende in Not ist es nur als zynisch zu bewerten, wenn die EU-Kommission im Dezember 2011 das Grenzüberwachungssystem EUROSUR der Öffentlichkeit als Beitrag verkauft, das Sterben an den Außengrenzen zu reduzieren. High-Tech-Überwachung, Drohneneinsatz und der Export von Grenzüberwachungstechnologie in Drittstaaten sind kein Beitrag, um das Leiden vor den Toren Europas zu beenden, sondern eine neue Stufe der Abschottung. EUROSUR sorgt allein dafür, dass sich Menschenrechtsverletzungen und Flücht-lingssterben an anderen Orten abspielen.

Fehlende Solidarität und ein Mangel an Menschlichkeit sind auch die Merkmale bei der Aufnahme von Asylsuchenden im Innern der EU: »Wir sind nicht zuständig für die Asylprüfung«, ist mittlerweile das Schlüsselelement der deutschen Asylpolitik. Schutzsuchende, die es bis nach Deutschland schaffen, werden inhaftiert und zurückverfrachtet in ein anderes europäisches Land, weil sie über dieses nach Europa eingereist sind. Insgesamt 2213 Abschiebungen fanden allein in den ersten neun Monaten 2011 statt - nach Malta, Italien, Polen, Ungarn und anderswohin. Rücküberstellungen von Asylsuchenden nach Griechenland mussten bereits im Januar 2011 europaweit gestoppt werden. Der Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg hatte in einem Grundsatzurteil Abschiebungen dorthin für menschenrechtswidrig erklärt.

Der europäische Anteil an der Flüchtlingsmisere in Griechenland wird jedoch von der Bundesregierung ausgeblendet. Die unfaire Asylzuständigkeitsregelung lässt dem kleinen Land keine Chance. Griechenland ist aufgrund seiner geografischen Lage für einen großen Anteil der Schutzsuchenden in Europa zuständig. Flüchtlinge aus Afghanistan, aus Irak, Iran, aus Syrien und aus Somalia fliehen über die Türkei nach Griechenland.

Aus Sicht von PRO ASYL zeigt das Kollabieren des griechischen Asylsystems, dass die gesamte europäische Asylpolitik in einer Systemkrise steckt. Europa braucht eine völlig andere Verantwortungsteilung bei der Aufnahme von Schutzsuchenden. Es muss Schluss sein damit, dass Staaten im Innern die maßgebliche Verantwortung für den Flüchtlingsschutz an die Außengrenzstaaten abschieben. Notwendig ist ein humanitärer Verteilungsmechanismus, der die Bedürfnisse und familiären Bindungen der Schutzsuchenden in den Mittelpunkt stellt. Europa braucht ein gemeinsames Asylrecht, das Schutzsuchenden einen gefahrenfreien Zugang eröffnet und faire Asylverfahren europaweit durchsetzt.


Aus: "Ein tödliches Jahr" Von Karl Kopp (30.12.2011)
Karl Kopp ist Sozialwissenschaftler und Europareferent im Frankfurter Zentralbüro von Pro Asyl e.V.; er ist Mitglied in mehreren internationalen Gremien auf NGO-Ebene.
Quelle: http://www.neues-deutschland.de/artikel/214340.ein-toedliches-jahr.html


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Quote[...] (sda/afp) Der Europarat hat sich entsetzt über die Zustände in griechischen Flüchtlingslagern geäussert. Praktisch alle Lager seien hoffnungslos überfüllt und die hygienischen Bedingungen verheerend, erklärte das Anti-Folter-Komitee des Rates in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht.

Sechs Experten des Komitees hatten im Januar vergangen Jahres zahlreiche Flüchtlingslager, Haftzellen auf Kommissariaten und dem Athener Flughafen sowie Gefängnisse inspiziert. Es war die fünfte Inspektion in Griechenland seit 2005.

Seit 2005 habe sich die Lage der Flüchtlinge und illegalen Einwanderer nicht verbessert, sondern sogar noch weiter verschlechtert, heisst es im Bericht. In zahlreichen Einrichtungen seien die Menschen «wie Käfig-Tiere» untergebracht – viele von ihnen für mehrere Monate.

An einem Posten der Grenzpolizei in der Evros-Region nahe der türkischen Grenze etwa seien zum Zeitpunkt der Visite 146 Männer in einem 110 Quadratmeter grossen Bereich eingepfercht gewesen. Für alle Häftlinge habe es nur eine Dusche und eine Toilette gegeben.

An einem nahegelegenen Grenzposten fanden die Experten des Europarats rund hundert Flüchtlinge vor, die sich einen 35 Quadratmeter grossen, völlig verdreckten Raum teilen mussten. Die Einwanderer klagten gemäss Angaben über Kälte, mangelnde Nahrung, schlechte Belüftung, verdreckte oder verstopfte Toiletten. Da den Flüchtlingen bei ihrer Festnahme die gesamte Habe weggenommen wurde, konnten sie ihre Kleider nicht wechseln.

In einem anderen Lager trafen die Mitglieder des Anti-Folter-Komitees auf 110 Minderjährige, ein Drittel davon Kinder zwischen zwölf und 14 Jahren. Die meisten von ihnen waren laut Bericht ohne Begleitung Erwachsener.

Die drei Toiletten in diesem Lager waren demnach verstopft, der Boden der Schlafsäle überschwemmt, der Gestank «unerträglich». Die meisten der so Inhaftierten hätten nie oder sehr selten Gelegenheit zu einem Hofgang. Die griechischen Behörden verteidigten diese Zustände mit dem Verweis auf fehlendes Aufsichtspersonal und Geldnot.

Vertreter des Anti-Folter-Komitees – Strafvollzugsexperten, Juristen und Ärzte – besuchen in regelmässigen Abständen Gefängnisse und andere Orte, an denen Menschen gegen ihren Willen festgehalten werden.

Das Gremium hat die Aufgabe, die Einhaltung des Anti-Folter-Abkommens durch die Europaratsländer zu überwachen. Die Berichte können erst veröffentlicht werden, wenn die betroffene Regierung dem zustimmt.




Aus: "Verheerende Zustände in Griechenland" (10. Januar 2012, 15:26, NZZ Online)
Quelle: http://www.nzz.ch/nachrichten/politik/international/verheerende_zustaende_in_griechenland_1.14257123.html


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Quote[..] BERLIN afp/dapd | Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat die EU-Mitgliedsstaaten aufgefordert, mehr zum Schutz von Flüchtlingen zu tun. Mindestens 1500 Männer, Frauen und Kinder seien im vergangenen Jahr auf ihrer Flucht nach Europa im Mittelmeer ertrunken, erklärte die Organisation in einem am Mittwoch in Berlin veröffentlichten Bericht zum Flüchtlingsschutz. ,,Etliche dieser Todesfälle wären vermeidbar gewesen", hieß es weiter.

,,Europa muss seiner Verantwortung für Flüchtlinge in Seenot endlich gerecht werden", forderte die Amnesty-Asylpolitikexpertin Franziska Vilmar. Die Mitgliedsstaaten und EU-Institutionen müssten ,,alle nötigen Maßnahmen bei der Seenotrettung" treffen, ,,um dem Sterben im Mittelmeer ein Ende zu bereiten".

Doch bisher sei den Regierungen der Europäischen Union wichtiger, ihre Grenzkontrollen zu verstärken, als Menschenleben zu retten, heißt es in dem Bericht. ,,Heute versagt Europa dabei, die Rechte von Migranten, Asylbewerbern und Flüchtlingen zu fördern und zu respektieren", so die Autoren weiter. ,,Feindseligkeit ist weitverbreitet und Misshandlungen werden nicht gemeldet."

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Aus: "EU-Flüchtlingspolitik - Etliche vermeidbare Todesfälle"  (13.06.2012)
Quelle: https://www.taz.de/EU-Fluechtlingspolitik/!95251/


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Quote[...] Man hat sich auch in Deutschland daran gewöhnt, dass Flüchtlinge in Abschiebehaft kommen - auch wenn sie nichts verbrochen, sondern nur Zuflucht gesucht haben. Nun soll man sich hierzulande auch noch daran gewöhnen, dass Flüchtlinge sogleich in Aufnahmehaft kommen, so bald sie hier ankommen. Es wird dann so sein, dass die Aufnahmehaft nahtlos in die Abschiebehaft übergeht. Flüchtlinge, die der Unfreiheit entfliehen wollten, landen auf diese Weise genau dort. Aus ganz Europa soll ein Malta für Flüchtlinge werden. Ankommende Bootsflüchtlinge werden in Malta nämlich schon heute sofort und ohne Ausnahme inhaftiert.

Bis Dezember dieses Jahres soll das gemeinsame Asylsystem für Europa fertig verhandelt sein. Ein Eckstein dieses Asylsystems ist die Aufnahmerichtlinie, über die die nun seit Dezember 2008 beraten wird. Kern der Aufnahmerichtlinie wiederum ist die geplante Inhaftierung von Asylbewerbern in ganz Europa. Gestritten wird zwischen Parlament, Rat und Kommission gar nicht mehr darüber, ob man Flüchtlinge einfach einsperren darf, sondern wie hurtig und wie lang das geschehen darf - ob man dazu einen Richter braucht (das Parlament sagt ja, der Rat sagt nein), und wie lange die Haft dauern darf. Die derzeitigen Formulierungen sagen: solange es notwendig ist.

Diese Formulierung ist so umfassend,  wie es auch die geplanten Haftgründe sind: Flüchtlinge sollen künftig überall in Europa eingesperrt werden dürfen. Zur Überprüfung ihrer Identität, ihrer Staatsangehörigkeit und ihrer Angaben im Asylantrag, aber auch einfach dann, wenn die nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung das erfordern. Mit der Genfer Flüchtlingskonvention lässt sich das nicht vereinbaren; dort steht nämlich, dass ein Flüchtling, das liegt in der Natur der Sache, "irregulär" einreisen darf, und dass das kein Grund für eine Bestrafung sein darf. Aber die Flüchtlingskonvention ist ja schon über 60 Jahre alt und Europa hat andere Sorgen als Flüchtlinge. Europa schützt seine Grenzen, aber nicht die Flüchtlinge.


Asylrecht Flüchtlingsgefängnisse statt Asylschutz

18.06.2012, 08:28

Europa ächzt nicht unter der Last der Flüchtlinge. 1992 kamen fast doppelt so viele Asylbewerber in Deutschland an wie heute in allen 27 EU-Ländern zusammen. Aber das deutsche Asylabwehrsystem, das die Politik damals etabliert hat, wurde mittlerweile europäisiert. Kern dieser Europäisierung ist das Dublin-System: Flüchtlinge, die trotz aller Grenzkontrollen noch nach Europa kommen, sehen sich einem technokratischen Asylzuständigkeitssystem ausgeliefert. Zuständig ist immer das EU-Land, das die Flüchtlinge als erstes betreten haben, es sind zumeist die Südstaaten, also Griechenland, Italien, Malta. Asylschutz gibt es dort nicht, dafür Flüchtlingsgefängnisse. Wenn mittels der Fingerabdruck-kartei "Eurodac" festgestellt wird, dass der Flüchtling, der sich irgendwie nach Kerneuropa durchgeschlagen hat, schon in einem europäischen Erstland gewesen ist, wird er ohne Umstände und Prüfung wieder dorthin abgeschoben. Es sei denn, es findet sich ein gnädiger Richter, der das verhindert.

Das deutsche Recht sieht das eigentlich nicht vor. Dort steht ausdrücklich, dass es keine Eilanträge gibt, dass also ein Gericht den Vollzug der Abschiebung nicht aussetzen kann. Nun verlangt zwar das Grundgesetz, dass "jemand", der durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wird, der Rechtsweg offen steht. Der Flüchtling aber gilt nicht als Jemand, sondern als Nichts. Darum darf man ihn auch künftig jederzeit einsperren.

Jüngst haben die EU-Länder, angeführt von Deutschland, das Asylproblem in die EU-Randstaaten im Süden exportiert, in dem sie diese für das Gros aller Asylverfahren für zuständig erklärten. Diese Randstaaten wehrten sich dadurch, dass sie Flüchtlinge nicht schützten, sondern einsperrten. Jetzt importieren die EU-Staaten die von diesen Staaten entwickelten rabiaten Einsperr-Methoden. Europa nennt sich selbst "Raum des Rechts, der Sicherheit und der Freiheit". Für Flüchtlinge gilt das Gegenteil.


Aus: "Flüchtlinge als Verbrecher" Ein Kommentar von Heribert Prantl (18.06.2012)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/politik/asylrecht-der-fluechtling-als-verbrecher-1.1385214