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#31
Quote[...] Junge Frauen sollten ältere Männer kennenlernen, wohlhabende Männer. Das stärkere Geschlecht müsse Geld haben, sonst seien sie zu vernachlässigende "Staubkörner", mit denen man nicht seine Zeit verschwenden solle.

Auf Social Media macht sich gerade eine starke Bewegung breit: Jungen Frauen werden Ratschläge geben, wie man heute als Frau am besten leben könne. Als "Tradwife", also "traditionell wife", solle man es sich zu Hause gutgehen lassen. DIe "Housewife" der 1950er-Jahre sei "aus der Mode", wie es beispielsweise die Influencerin und selbsternannte "Finanzberaterin" SheraSeven beschreibt. Küche putzen und andere Haushaltstätigkeiten – dafür sei Personal anzustellen. Wenn es der Mann ernst meine, dann würde er dafür zahlen.

... Immer wieder betont die Influencerin, dass es ihr nicht um Tipps für "echte Beziehungen, die nicht auf Geld basieren", gehe. Jede Beziehung würde auf Macht beruhen. Man müsse sich aussuchen, auf welcher Seite dieser Macht man als Frau stehen möchte.

... Eine der bekanntesten im deutschsprachigen Bereich ist Malischka. Die Deutsch-Ukrainerin lebt mit ihrem Mann auf Mallorca und lässt regelmäßig in ihren Alltag blicken. Mit Blick aufs Meer bereitet sie ihm meist das Frühstück vor, bevor sie sich dem Haushalt widmet. Dann ist "meist schon Mittagszeit". Nach dem Kochen trinkt sie selbst einen Kaffee, während sie auf das Meer blickt und überlegt, ob sie nicht noch etwas "backen soll". Eine Million Likes hat Malischka mit solchen Videos bereits sammeln können. (red, 14.8.2023)

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Aus: "Männer ohne Geld sind vernachlässigbare "Staubkörner"" (14. August 2023)
Quelle: https://www.derstandard.de/story/3000000182864/maenner-ohne-geld-sind-staubkoerner

QuoteFrau Bärt

Diese Frauen finde ich genauso verachtenswert wie die Männer, für die eine Frau eine Trophäe sein muss. Damit tun sie jungen Frauen, die erst ihren Platz im Leben suchen, keinen Gefallen.


QuoteAdrian -S

Tja, ich frag mich nur, was diese geldgeilen jungen Ladies machen, wenn sie selbst mal in die Jahre kommen und mit der jüngeren Konkurrenz nimmer mithalten können und keinen Sugar-Daddy mehr abbekommen. Aber bis dahin haben sie finanziell wohl eh schon ausgesorgt und können sich dann einen jungen Toy-Boy leisten, der sie für Geld bumst! ;-)


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Quote[...] Die inoffizielle Anführerin [des ...] neuen [Sugar-Daddy] Kults heißt Leticia Padua. Die sogenannte sprinkle sprinkle lady beendet ihre Ratschläge stets mit ebendiesem Ausspruch. Unter dem Künstlernamen Shera Seven veröffentlicht die 45-jährige ehemalige Bestatterin seit rund zehn Jahren auf YouTube Videos zur "Finanzberatung" junger Frauen. Sie bewirbt das Konzept des Mannes als Versorger, aus dem Frauen herausholen sollten, was sie können, um sich selbst voranzubringen. Zulässige Mittel, um seine "finanzielle Großzügigkeit" zu steigern, seien das Vortäuschen von Zuneigung, umgekehrte Psychologie und Manipulation. Männer, die nicht zu zahlen bereit sind oder Frauen anderweitig schlecht behandeln, nennt Padua "Dusty", also "Staubiger". Sie seien aus Gründen des Selbstwertes unverzüglich zu verlassen.

Das alles hätte ebenso gut und genau wie die Jahre zuvor unbeachtetes Gerede im Internet bleiben können, wären da nicht Ausschnitte der stundenlangen Livestreams von der sprinkle sprinkle lady zuletzt auf TikTok geteilt worden. Seither gilt Padua als weibliches Pendant zu Andrew Tate, dem Online-Guru, der mit Frauenverachtung bekannt wurde. Paduas Gefolgschaft wäre dann die Antwort auf die mit Tate assoziierte Manosphere, eine lose Online-Gemeinschaft, die den Feminismus verachtet und hegemoniale Männlichkeit predigt.

Die von Padua angeleitete Gegenbewegung fügt sich in eine größere, vom Pop-Feminismus seit einiger Zeit bemühte Erzählung ein, die es als anerkannten und erstrebenswerten Lebensentwurf zelebriert, sich von einem Mann aushalten zu lassen. Genau so soll der vom Kapitalismus gleichermaßen erschöpfte und verblendete Traum dieser Frauen aussehen: ein schönes kleines Spiel, das mittlerweile, weil Einflusshaben zum Berufsbild des Influencers gehört, auch in die Gegenwartskultur eingesickert ist. Insbesondere Künstlerinnen erzählten zuletzt die Geschichten junger Frauen, die sich mit einem reichen Mann auch einen luxuriösen Lebensstil besorgten: Emma Seligman in ihrem Film Shiva Baby oder Coco Mellors und Emma Cline in ihren Romanen Cleopatra und Frankenstein und Die Einladung. Sie alle wurden von der jungen, weiblichen Internetgeneration gefeiert.

[...] Bei [ ] Frauen hat sich [ ] ein anderes Selbstverständnis entwickelt: Sie verharren nicht mehr aus Angst vor sozialem Abstieg in unglücklichen Partnerschaften, sondern sie empowern sich, jeden Mann, der ihrer persönlichen Entwicklung nicht dienlich ist, "wegzuwerfen". Dieser sogenannte Dump-him-Feminismus (namensgebend waren die Paparazzi-Bilder von Britney Spears, die 2002 nach ihrer Trennung von Justin Timberlake ein T-Shirt mit der Aufschrift "Dump him" trug) fordert Frauen auf, ihre Standards zu heben, ihre sexuelle Macht zum eigenen Vorteil zu nutzen und sich für ihr Leiden im Patriarchat finanziell entschädigen zu lassen.

Das ist die Abkehr vom neoliberalen Feminismus, der die Glasdecken durch immer härtere Arbeit durchbrechen wollte, um bei den Männern "mitzuspielen", und der auf diese Weise patriarchale Herrschaftsstrukturen anerkannte. Solche Phantasmen der Gleichberechtigung wurden in den vergangenen Jahrzehnten hinlänglich erprobt. Nun haben die sprinkle sprinkle-Frauen die für sie darin vorgesehene Vielfachbelastung als Zumutung erkannt und verweigern sich ihr. Was regressiv anmutet, ist die Emanzipation von einem männlichen Ideal: Bislang richteten sich alle Bemühungen der "Frauenbefreiung" auf die bestehenden Lebensrealitäten und auf die Rechte der Männer. Doch nun wird die Tatsache, dass Frauen sich männliche Pflichten auferlegten – Lohnarbeit im Spätkapitalismus –, hinterfragt und abgelehnt. Und so wird der Umstand, dass Männer bereit sind, für den Zugang zu weiblichen Körpern oder auch nur für die Illusion ihrer Gesellschaft zu bezahlen, mit zynischer Geringschätzung und in anarchokapitalistischer Manier ausgebeutet. Zwischenmenschliche Beziehungen existieren dabei nur noch als Verfallsform. In einem unfreien System ist die einzig wahre Freiheit der freiwillige Ausstieg. Und die einzig wahre Liebe ist die Selbstliebe.


Aus: "Himmel, was ist Sugardating?" Berit Dießelkämper (23. März 2024)
Quelle: https://www.zeit.de/2024/13/dating-geld-sugardating-feminismus-kapitalismus-liebe
#32
Quote[...] Es waren schreckliche Bilder, die am Freitagabend durch die Sozialen Medien gingen: sie zeigten Männer, die mit gezückten Sturmgewehren durch die Moskauer Konzerthalle Crocus City Hall schritten. Man hört Schüsse und Schreie, und sieht leblose Körper und lodernde Flammen.

Am Morgen nach dem tödlichsten Anschlag in Russland seit 20 Jahren ist noch einiges offen. Alle paar Stunden werden die Opferzahlen nach oben korrigiert – zuletzt auf 115 Tote, darunter drei Kinder, und auf mehr als 100 Verletzte. Unklar ist auch noch, wer genau die inzwischen festgenommenen Angreifer sind. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat den Angriff für sich reklamiert. Der STANDARD hat die wichtigsten Fakten zur Horrornacht zusammengetragen:

Der Schrecken begann am Haupteingang, am Freitagabend kurz vor Konzertbeginn der russischen Rockgruppe Piknik. Wie Augenzeugen berichten, fuhr gegen 20 Uhr lokaler Zeit vor der am Moskauer Stadtrand gelegenen Crocus City Hall in Krasnogorsk ein weißer Van vor. Berichten zufolge stiegen bis zu fünf Männer aus, die tatsächliche Zahl ist noch nicht offiziell bestätigt, und eröffneten sogleich das Feuer auf wartende Menschen vor dem Haupteingang. Dann stürmten sie das Gebäude und schossen weiter um sich.

Zu diesem Zeitpunkt dürften sich bis zu 6.200 Personen in der ausverkauften Crocus City Hall aufgehalten haben. Videos zeigten volle Zuschauerränge auf der aus rotgepolsterten Sitzreihen bestehenden Tribüne. Nach Augenzeugenberichten war die Situation zunächst unübersichtlich, erst allmählich breitete sich die Information über bewaffnete Angreifer wie ein Lauffeuer aus. Videos zeigen, wie Menschen schließlich in alle Richtungen um ihr Leben rannten. Einigen gelang der Ausweg über den Hintereingang hinter der Bühne, wie eine sichtlich geschockte Frau einem russischen Staatssender erzählte.

Im Anschluss legten die Angreifer einen Brand, wie Augenzeugen berichteten. Bald darauf standen große Teile des Gebäudes in Flammen. Gegen 20.45 Uhr (Ortszeit) zeigten unzählige Bilder in den Presseagenturen, eine riesige Rauchsäule aufsteigen. Unbestätigten Berichten zufolge verzögerte sich der Löscheinsatz wegen des verspäteten Eintreffens der Spezialkräfte. Russischen Medienberichten zufolge waren unzählige Menschen in dem Gebäude ohne Fluchtweg gefangen. Erst kurz nach Mitternacht war das Feuer eingedämmt, zuvor waren Teile des Dachs eingestürzt. Auch Löschhubschrauber waren im Einsatz.

Über den Verbleib der Angreifer und ihre Identität war zunächst wenig bekannt. Gegen 22 Uhr (Ortszeit) hatten diverse russische Medien berichtet, dass die Angreifer in einem weißen Fahrzeug entkommen seien. Am Samstagvormittag informierte der russische Geheimdienst FSB den russischen Präsidenten Wladimir Putin, der sich bisher nicht an die Öffentlichkeit gewandt hat, darüber, dass vier "Terroristen" und sieben weitere Personen festgenommen wurden. Derzeit versuche man, ihre Komplizen auszumachen.

Zuvor hatte der Abgeordnete Alexander Khinshtein "vorläufige Informationen" zitiert, wonach die festgenommenen Angreifer in einem Renault-Fahrzeug saßen, das von der Polizei in der Region Brjansk, etwa 340 Kilometer südwestlich von Moskau, am Freitagabend entdeckt wurde und im Zuge einer wilden Verfolgungsjagd gestoppt werden konnte. Zwei der Angreifer seien in den Wald geflüchtet. Sie dürften laut den Kreml-Angaben nun in Gewahrsam sein.

In dem Fahrzeug wurden laut Khinshtein außerdem Waffen sichergestellt, und auch tadschikische Pässe. Tadschikistan hatte zuvor Meldungen, wonach die Angreifer Tadschiken sein, jedoch als "fake" zurückgewiesen. Später hieß es aus der Hauptstadt Dushanbe, dass man mit Moskau in Verbindung stehe.

Zu dem Anschlag bekannte sich noch am Freitagabend die Terrormiliz Islamischer Staat (IS), wie das IS-Sprachrohr Amak am Freitag im Internet unter Berufung auf nicht näher genannte Quellen meldete. Experten gehen davon aus, dass das Bekennerschreiben echt ist. US-Geheimdienste sollen nach Angaben von US-Beamten ebenfalls Informationen dafür haben, dass der IS für den Anschlag verantwortlich ist.

Die USA und unzählige Länder haben den Angriff verurteilt. Die US-Botschaft hatte Anfang März vor Terroranschlägen in Moskau gewarnt. Man verfolge Berichte über Extremisten, die "unmittelbar bevorstehende Pläne" für Angriffe auf große Versammlungen in Moskau hätten - "darunter auch Konzerte", hieß es. Stunden zuvor hatte der russische Inlandsgeheimdienst erklärt, man habe einen Anschlag der mit dem IS verbündeten Miliz "Islamischer Staat Provinz Khorasan" (kurz IS-K) auf eine Synagoge in Moskau vereitelt. Nach Angaben des Experten Colin Clarke von der Denkfabrik Soufan Center hat sich der IS-K in den letzten Jahren "in seiner Propaganda stark auf Russland eingeschossen, und Putin häufig kritisiert".

Trotz IS-Bekennerschreiben wurden am Freitagabend im Internet dennoch zahlreiche wilde Spekulationen und auch antisemitische Verschwörungstheorien verbreitet, die unter anderem eine Verwicklung der Ukraine sahen. Das ukrainische Außenministerium wies das sofort entschieden zurück. Auch die USA mahnten in einer ersten Reaktion, keinen Zusammenhang mit der Ukraine herzustellen. "Es gibt keine Hinweise darauf, dass die Ukraine oder Ukrainer mit den Schüssen zu tun hatten", sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, in Washington.

Auch vom russischen Geheimdienst wird die Theorie einer Verwicklung der Ukraine verbreitet: Die Verdächtigen, die in der Region Brjansk festgenommen wurden, hätten die Absicht gehabt, in die Ukraine "überzutreten" und würden über "Kontakte auf ukrainischer Seite" verfügen, hieß es.

Infolge des Anschlags bleiben am Wochenende alle Theater und Museen in Moskau geschlossen. Im ganzen Land sagten die Behörden Massenveranstaltungen ab.

Am Samstag herrschte in Russland tiefe Betroffenheit. Zahlreiche Menschen folgten Aufrufen, Blut für die Verletzten zu spenden. Reklamebildschirme in diversen Regionen Russlands verbreiteten Trauermeldungen – auch vor der Crocus City Hall, wo die Band Piknik am Vorabend eigentlich ihren neuen Song "Afraid of Nothing" darbieten wollte. (Flora Mory, 23.3.2024)


Aus: "Was wir über den blutigen Anschlag bei Moskau wissen" Flora Mory (23. März 2024)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/3000000212985/was-wir-ueber-den-blutigen-anschlag-bei-moskau-wissen

#33
Quote[...] Der Blick auf den Landwehrkanal führt am Schöneberger Ufer Anfang März über die hässlichen Reste eines Lagers: leere Koffer und umherfliegende Planen. Verlassene Zelte, die wohl einst als Sachspende bei einer Hilfsorganisation an Obdachlose verteilt wurden, lange im Regen standen und nur noch entsorgt werden können.
Nicht ungewöhnlich für Kreuzberg im Frühjahr, wenn das Gestrüpp der Böschungen die Sicht auf heimlich abgeladenen Sperrmüll und Übernachtungsplätze von Wohnungslosen noch nicht überdeckt. Doch haben sich diese Elendsorte ausgedehnt im Vergleich zu früheren Jahren? Wie gehen Berliner Bezirke damit um, wenn sich Armut so sichtbar an zentralen Orten wie hier, in Nähe der Bürotürme des Potsdamer Platzes zeigt?   

,,Obdachlosencamps finden wir überall", schreibt das zuständige Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg. Obwohl keine konkreten Zahlen vorliegen, sei deutlich zu beobachten, dass die Zahl von auf der Straße lebenden Menschen in den vergangenen Monaten und Jahren zugenommen habe. Gestiegene Einsatzzeiten des Ordnungsamtes zur Auflösung von illegalen Zeltlagern sprächen für diese Annahme. Gleichzeitig bemerkt das Amt eine ,,gestiegene Sensibilität der Bevölkerung", was wohl nichts anderes heißt als: Man beschwert sich über Müll, Lärm, Belästigungen oder Gerüche. Wie viel Abfall diese Lager in Böschungen und Grünanlagen hinterlassen, kann der Bezirk nicht beziffern.
Nach Einschätzung des Berliner Caritasverbandes kommen viele Obdachlose in Berlin aus Osteuropa –  darunter Bulgaren, Rumänen und Polen: ,,Im Winter stehen viele Zelte leer, weil eine Übernachtung dort zu kalt ist", schreibt Sprecher Thomas Gleißner. Im Frühjahr füllten sich die Zelte erfahrungsgemäß. Die Caritas ist seit 30 Jahren mit einem breiten Angebotsspektrum in der Berliner Obdachlosenhilfe aktiv. Die Hilfsorganisation beteiligt sich unter anderem an der Kältehilfe, bietet Wärmestuben, medizinische Hilfen und aufsuchende Sozialarbeit.

Barbara Breuer von der Berliner Stadtmission nennt mehrere Gründe, warum Obdachlose Zelte an Fluss- oder Kanalufern aufschlagen und angebotene Notunterkünfte ablehnen. Es gebe Menschen, die abtauchen wollten und Behördenkontakte vermieden. Andere wollten mit ihrem Hund allein bleiben. Psychische Erkrankungen hätten seit Corona unter Obdachlosen zugenommen. ,,Immer häufiger sind Trennungsgeschichten der Grund für Obdachlosigkeit", sagt Breuer. Aus ein paar Wochen Couchsurfing im Sommer finden Menschen wegen der Wohnungsnot nicht mehr zurück in ein neues Zuhause. Mehr als die Hälfte der Gäste in den Notunterkünften der Stadtmission stammten in der Kältesaison 2022-2023 aus Osteuropa.
Entlang der Hochbahn, an Verkehrsknotenpunkten und am Landwehrkanal werden besonders häufig Zelte entdeckt. Bei einem von mehreren Bränden starb im vergangenen Jahr ein Mann in seinem Zelt am Tempelhofer Ufer. Man wärmt sich an offenen Feuern, kocht Dosensuppe auf. Müll und Fäkalien verdrecken die Uferzone.

Ein Blick über die Meldungen der Ordnungsämter bestätigt die Beobachtungen. ,,Es geht so nicht", heißt es im Februar in einer Beschwerde aus der Anwohnerschaft des Waterloo-Ufers. Nach mehreren Beschwerden wegen zurückgelassener Zelte sei nun erneut ein Lager gegründet worden. ,,Dies führt bei uns im Hof zu Vermüllung, wir haben Ratten und werden lärmbelästigt." Die Behörde reagierte wieder anders als erhofft: ,,Status: Erledigt", steht an der Meldung. Wohl wegen der Ratten schob man das Problem zum Gesundheitsamt. Ähnliche Meldungen finden sich auch über das Spreeufer, teilweise wurden offenbar Zelte bis auf Gehwege gestellt.
Wenn Müll länger in den Uferbereichen liegen bleibt, könnte das auch mit komplizierten Zuständigkeiten zu tun haben. Vom Grundsatz her, so erklärt die für Friedrichshain-Kreuzberg zuständige Stadträtin Annika Gerold (Grüne), verantworte das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt die Reinigung dieser Bereiche. In Gerolds Antwort auf eine Anfrage der CDU-Bezirksverordneten Hoda Alwan heißt es einschränkend: Nur ,,wenn die Fläche nicht öffentlich zugänglich ist, das heißt eingezäunt ist", erkläre sich das Schifffahrtsamt für zuständig. Andernfalls stehe die Umweltverwaltung in der Verantwortung.

Müll, Obdachlose, Zelte und offene Feuer. Hoda Alwan, die ihre ganze Kindheit am Landwehrkanal verbracht hat, kennt die Situation dort kaum anders, wie sie sagt. Ihrem Eindruck zufolge sind die Probleme dort mit den Jahren größer geworden. Die wachsenden Beschwerden aus der Anwohnerschaft gelangen auch in ihr Postfach. Wegen der wechselnden Zuständigkeiten sei das Bezirksamt in vielen Fällen machtlos.
In Neukölln spricht das Bezirksamt von einer Verschärfung der Lage. Obdachlose Menschen und Ansammlungen von Zelten seien zunehmend sichtbar, an einigen Orten ,,vergleichsweise dauerhaft". Das Maybachufer zwischen Weichselplatz und Thielenbrücke gilt als einer dieser Bereiche, ähnlich wie der Fußgängersteg Britzer Tor. Für Kurzaufenthalte nutzen Zeltende auch immer wieder die Parks des Bezirks.

Zelte in Grünanlagen oder unter Brücken muss man auch in Mitte nicht lange suchen. Die Streifen des Ordnungsamts verteilen zunächst Infoflyer an Wohnungslose, sofern man diese in ihren Lagern überhaupt antrifft. Zumeist seien die Behausungen verlassen, schreibt die Pressestelle, wenn der Außendienst zweimal wöchentlich an üblichen Orten vorbeischaut. Mitarbeitende der Sozialen Wohnhilfe und Sozialarbeiterinnen oder Sozialarbeiter des Trägers Gangway e.V. sollen sich anschließend verstärkt um Menschen an den Zeltstandorten kümmern, sie von alternativen Unterbringungsmöglichkeiten überzeugen. Auch anstehende Räumungen werden auf diese Weise kommuniziert.

Ähnlich verfährt man in Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln. Räumungen im letztgenannten Bezirk müssen in der Regel eine ,,erhebliche Beschwerdelage" und erfolglose Versuche vorausgehen, die Zeltenden in Hilfseinrichtungen zu vermitteln. Rechtlich stützt sich die Räumung von Camps auf Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder Gefahren für die Allgemeinheit wie Brand, Belästigungen, Müll und Ungeziefer.
Trotz der Räumungen wissen auch die Ämter, dass viele Betroffene wieder an dieselben Orte zurückkehren. Ein Platzverweis ist nur 24 Stunden wirksam. Mit ordnungsbehördlichen Mitteln sei das stadtweite Problem der Obdachlosigkeit nicht zu lösen, heißt es aus Friedrichshain-Kreuzberg. Stattdessen will der Bezirk mehr ganzjährige Notübernachtungsangebote wie das ,,Ohlauer 365" am Standort der ehemaligen Gerhart-Hauptmann-Schule schaffen und mehr Mittel für aufsuchende Sozialarbeit bereitstellen.

Im Modellprojekt ,,Safe Places" werden Obdachlose vorübergehend in ,,Tiny Houses" hinter dem Ostbahnhof untergebracht und betreut. Ziel des niedrigschwelligen Angebots ist, Obdachlosen eine Perspektive auf eigenen Wohnraum zu geben. Auch Neukölln hat ein vergleichbares Projekt.
Mit einem ,,Leitfaden zum Umgang mit Obdachlosigkeit im öffentlichen Raum" versucht Neukölln, mehr Transparenz in das wachsende Problem zu bringen. An besonders schützenswerten Orten wie Friedhöfen, Spielplätzen, Kitas und Schulen sollen campierende Wohnungslose schnellstmöglich geräumt werden, heißt es darin. Bis 9 Uhr morgens, damit sich die Betroffenen eine andere Bleibe suchen können.


Aus: "Leere Koffer, Müll und verlassene Zelte: Das Elend wird in Berlin immer sichtbarer" Henning Onken (22.03.2024)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/leere-koffer-mull-und-verlassene-zelte-berliner-bezirke-klagen-uber-immer-mehr-obachlosenlager-11325655.html
#34
Quote[...] Ein deutscher Staatsbürger hatte bei der Stadt Wiesbaden einen neuen Personalausweis beantragt. Seit mehr als zwei Jahren ist dabei in Deutschland jeder verpflichtet, seine Fingerabdrücke abzugeben (§ 5 Abs. 5 und Abs. 9, § 9 Abs. 3 Personalausweisgesetz). Deutschland entspricht damit einer Verordnung der EU. Mit der Abgabe seiner Fingerabdrücke war der Mann aber nicht einverstanden. Ihm einen Personalausweis ohne Aufnahme seiner Fingerabdrücke auszustellen, verweigerte die Stadt Wiesbaden jedoch. Dagegen wehrte sich der Deutsche vor dem Verwaltungsgericht (VG) Wiesbaden.

Das VG war sich selbst nicht ganz sicher und legte den Fall nach Art. 267 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) vor. Der sollte insbesondere klären, ob die Verpflichtung zur Aufnahme und Speicherung von Fingerabdrücken in Personalausweisen gemäß Art. 3 Abs. 5 der Verordnung zur Erhöhung der Sicherheit der Personalausweise (Verordnung 2019/1157 vom 20. Juni 2019) gegen das Grundrecht auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten verstößt.

Das verneinte der EuGH am Donnerstag (Urt. v. 21.03.2024, Az. C-61/22). Die Verpflichtung zur Aufnahme von zwei Fingerabdrücken in Personalausweisen sei mit den Grundrechten auf Achtung des Privatlebens (Art. 7 EU-Grundrechtecharta (GRCh)) und auf Schutz personenbezogener Daten (Art. 8 GRCh) vereinbar.

Die Verpflichtung zur Abgabe der Fingerabdrücke stelle zwar eine Einschränkung der durch die GRCh garantierten Grundrechte dar. Diese Einschränkung sei jedoch durch die dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen gerechtfertigt, so der EuGH. Die zusätzlich genommenen Fingerabdrücke sollten die Herstellung gefälschter Personalausweise und den Identitätsdiebstahl bekämpfen sowie die Interoperabilität der staatlichen Überprüfungssysteme etwa bei Reisen im EU-Inland gewährleisten, so der EuGH.

Davon profitierten die EU-Bürger sogar, findet der EuGH. Weil die Fingerabdrücke die Herstellung gefälschter Personalausweise und den Identitätsdiebstahl verhinderten, leiste die Verpflichtung zur Abgabe der Fingerabdrücke sogar einen Beitrag zum Schutz des Privatlebens der betroffenen Personen als auch im weiteren Sinne zur Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus, befand das Gericht. Außerdem könnten Unionsbürger sich dadurch auf zuverlässige Weise identifizieren, sodass die Verpflichtung zudem die Ausübung ihres Rechts auf Freizügigkeit und Aufenthalt in der Europäischen Union erleichtere.

Das luxemburgische Gericht war zudem überzeugt, die Aufnahme allein eines Gesichtsbilds sei ein weniger wirksames Identifizierungsmittel als die zusätzlich zu diesem Bild erfolgende Aufnahme von zwei Fingerabdrücken. Alterung, Lebensweise, Erkrankung oder ein chirurgischer Eingriff könnten nämlich die anatomischen Merkmale des Gesichts verändern.

Der EuGH erklärte die Verordnung, die die Pflicht zur Abgabe von Fingerabdrücken vorsieht, allerdings trotzdem für ungültig. Der Grund: Die in Rede stehende Verordnung (EU) 2019/1157 wurde auf die falsche Rechtsgrundlage gestützt und infolgedessen nach dem falschen, d. h. nach dem ordentlichen statt nach einem besonderen Gesetzgebungsverfahren erlassen. Das Europäische Parlament und der Rat hatten die Verordnung nämlich auf der Grundlage von Art. 21 Abs. 2 AEUV erlassen. Die richtige Rechtsgrundlage sei jedoch die spezifischere Bestimmung des Art. 77 Abs. 3 AEUV. Diese Bestimmung sieht ein besonderes Gesetzgebungsverfahren und insbesondere die Einstimmigkeit im Rat vor.

Die Ungültigerklärung der Verordnung mit sofortiger Wirkung könnte nach Auffassung des EuGH aber "schwerwiegende negative Folgen für eine erhebliche Zahl von Unionsbürgern und für ihre Sicherheit haben". Daher hält der Gerichtshof die Wirkungen der Verordnung bis zum Inkrafttreten einer neuen, auf die richtige Rechtsgrundlage gestützten Verordnung innerhalb einer angemessenen Frist, längstens bis zum 31. Dezember 2026, aufrecht.

Jetzt ist wieder das VG Wiesbaden an der Reihe und muss über den konkreten Fall entscheiden und dabei die Vorgaben des EuGH vom Donnerstag berücksichtigen.

cho/LTO-Redaktion


Aus: "EU-Bürger müssen Fingerabdrücke nehmen lassen" (21.03.2024)
Quelle: https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/eugh-c6122-personalausweis-fingerabdruck-pflicht-rechtmaessig/
#35
Quote[...] Das Deutsche Studierendenwerk (DSW) fordert angesichts gestiegener Mietpreise, die Wohnkosten-Pauschale im Bafög für Studierende zu erhöhen. "Die Frage, an welcher Hochschule ich studieren kann, hängt mehr und mehr davon ab, ob ich mir die Miete in der Stadt überhaupt leisten kann", teilte das DSW mit. Nach einer Studie des Moses Mendelssohn Instituts reicht in 73 der 90 untersuchten Städte der Bafög-Satz nicht mehr für ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft.

Der Studie zufolge müssen Studenten aktuell im Durchschnitt 479 Euro Warmmiete im Monat für ein WG-Zimmer bezahlen. Dies entspricht etwa sieben Euro mehr als zu Beginn des Wintersemesters und fast fünf Prozent mehr im Vergleich zum Sommersemester 2023. Die Bafög-Wohnungspauschale beträgt 360 Euro für Studierende, die nicht bei den Eltern wohnen. Eine Erhöhung seitens des Bundesbildungsministeriums ist nicht geplant. "Das Parlament muss hier das untätige Ministerium beherzt korrigieren", forderte das DSW.

Die Studie zeigt auch, wie die Wohnkosten im Zeitraum von Sommersemester 2023 bis zum bevorstehenden Start des Sommersemesters 2024 in den größten Universitätsstädten angestiegen sind: in München von 740 Euro auf 760 Euro, in Berlin von 640 Euro auf 650 Euro und in Frankfurt am Main von 580 Euro auf 670 Euro.

Die SPD-Bundestagsfraktion machte angesichts der Zahlen Druck für die im Koalitionsvertrag vereinbarte Verlängerung der Mietpreisbremse. "Wenn Studierende jeden Monat 760 Euro und mehr für ein WG-Zimmer bezahlen müssen, ist ein Studium für viele schlichtweg unbezahlbar", sagte die SPD-Mietrechtsexpertin Zanda Martens. "Hier muss mit einem sozialen Mietrecht lenkend eingegriffen werden: Der Bundesjustizminister muss deshalb dringend tätig werden."

Das Moses Mendelssohn Institut wertet in Zusammenarbeit mit dem Onlineportal WG-gesucht.de Inserate mit Angeboten und Suchanfragen für Wohngemeinschaften aus. Die Auswertung umfasst nach eigenen Angaben alle Hochschulstandorte Deutschlands mit mindestens 5.000 Studierenden ohne Fern- und Verwaltungshochschulen. Die Studie geht davon aus, dass die Preise sich nach deutlichen Anstiegen in den vergangenen Jahren nun stabilisieren.


Aus: "Bafög reicht meist nicht mehr für WG-Zimmer" (20. März 2024)
Quelle: https://www.zeit.de/campus/2024-03/bafoeg-wohngeld-wg-zimmer-miete-deutsches-studierendenwerk

Quotehansi55

Das sind gute Nachrichten. So werden die ärmeren Schulabgänger vom Studieren weiter abgehalten und die Privilegierten bleiben in den Unis schön unter sich. Wer soll denn die ganzen doofen Jobs machen, wenn Krethi und Plethi auf einmal anfangen Juristen usw zu werden?


QuoteWeidels Ex

Wir brauchen Handwerker viel dringender als noch mehr Philosophen und Politikwissenschaftler.


Quoteein_zimmer_ohne_balkon

... Das schönste an dem System ist, dass man aus BAföG fliegt, wenn man zu langsam studiert, weil man nebenbei arbeiten muss. ...


QuoteMitteWähler

Dann müssen die Studenten eben wieder nahe des Elternhauses studieren oder anstatt nach dem Abi erstmal 1 Jahr im Ausland zur Selbstfindung verbringen eben mal 1 Jahr arbeiten und sich Ersparnisse zulegen.


QuoteMegatrønder

Hab ich damals (2010/11) gemacht. Macht mein kleiner Bruder jetzt. Ein Jahr Ersparnisse sind quasi sofort weg, und dann steht man da.


Quotesryke

So ganz verstehe ich die Aufregung nicht. Bin Unterschichtenkind und musste neben dem Studium arbeiten. Gewohnt habe ich einem Zimmer, was heute vermutlich nicht mal mehr als Loch bezeichnet würde. Kannte viele, bei denen es ohne Arbeit nebenbei nicht anders gegangen wäre. Immerhin haben wir keine Studiengebühren in Deutschland, könnte also noch schlimmer sein.

Nein, bin für Boomer zu jung.


QuoteJ.P._Merz

Ich hatte kein Bafög bekommen und von meinen Arbeiter-Eltern auch nichts. Daher musste ich im Studium arbeiten gehen und mich zudem finanziell einschränken. Manchmal habe ich das Gefühl, dass heute jeder erwartet ein relativ angenehmes Durchschnittsleben finanziert zu bekommen. Naja, aus eigener Erfahrung bin ich für ein elternunabhängiges Bafög - dieses aber auf niedrigem Niveau. Um meine Mutter zu zitieren (damals Vollzeit Putzfrau und nebenberuflich Putzfrau, 50h/Woche): "Wenn du Geld brauchst, geh arbeiten."


QuoteWorld-Traveller

War ja klar, dass bei WG-Zimmern genauso Profit gemacht wird, wie ganz allgemein auf dem Wohnungs- und Mietmarkt. Die rasanten Preissteigerungen haben ja auch Bestandsmieten betroffen, obwohl die Investitionen ja längst abgeschrieben waren. Mit Index Mieten, Möblierungen und Mietspiegeln steigen die Mieten von ganz alleine. Immobilien sind eben Spekulationsobjekte und Spekulanten wollen Gewinne machen.


QuotePeggy Bundy

Also zu meiner Zeit hat ein WG Zimmer 500-600€ gekostet, die Pauschale vom Bafög waren 150€ oder so. Der Bafög-Höchstsatz waren 550€. Man hatte neben dem Studium noch einen Nebenjob (oder reiche Eltern...).


...
#36
Quote[...] Ein neuer Bericht der Vereinten Nationen (UN) warnt vor der weltweit zunehmenden Menge an Elektroschrott. Demnach entweichen aus den weggeworfenen Geräten "Schwermetalle, Kunststoffe und giftige Chemikalien". Dies sei eine "große Katastrophe" für die Umwelt, sagte der Hauptautor der Studie, Kees Baldé.

Außerdem stellt der Elektroschrott laut dem Bericht ein Gesundheitsrisiko dar – insbesondere in ärmeren Ländern, wohin der Schrott aus reicheren Ländern häufig geschickt wird.

Mit insgesamt 62 Millionen Tonnen Schrott im Jahr 2022 ist dem Bericht zufolge eine Rekordmenge an Smartphones, Fernsehern und anderen Elektrogeräten weggeworfen worden. Davon sei nur ein Viertel wiederverwertet worden.

In dem Bericht wird der Wert der im Schrott enthaltenen Metalle auf 91 Milliarden Dollar (rund 84 Milliarden Euro) geschätzt. Davon sei jedoch nur ein Drittel verwertet worden, die meisten Geräte würden verbrannt.

Seit 2010 hat sich der Elektroschrott im Jahr 2022 in etwa verdoppelt, heißt es in dem Bericht. Mit der steigenden Nachfrage an elektrischen Geräten, darunter Solaranlagen und E-Autos, werde auch die Menge des Mülls weiter wachsen.


Aus: "UN beklagen Gesundheitsrisiken durch Rekordmenge an Elektroschrott" (20. März 2024)
Quelle: https://www.zeit.de/wissen/umwelt/2024-03/un-elektroschrott-gesundheitsrisiko-umweltzerstoerung

Quotephisad

Wäre vielleicht mal eine gute Idee, dass die Produzenten auch die Rückgabe und Wiederverwertung sicher stellen müssen. Aber das ist ja nur eine Kurzmeldung hier...


QuoteSeebergers Kalle

Recycling von Elektrogeräten ist maschinell und auch chemisch schwierig. Daher ist viel Handarbeit gefragt. Beim Lohnniveau in z.B. der EU nicht rentabel. Bleibt also nur verbrennen oder verschicken. ...


QuoteTill Varo

Freie Marktwirtschaft bedeutet: Jeder darf jeden Unsinn (mit ordentlich programmierter Obsolezenz) herstellen, verkaufen und kaufen, wie er möchte.

Angebotsorientierte Wirtschaftspolitik läuft darauf hinaus, dass das Endprodukt (im doppelten Wortsinn) billig sein muss!

Wer regulieren möchte, dass ein kompletter Drucker signifikant mehr kosten sollte, als ein Set neuer Tintenpatronen, setzt sich dem Verdacht planwirtschaftlichen Stalinismus' aus.

...


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#37
Quote[...] ,,Du musst vernünftig sein." Mit diesen Worten bringen die Söhne ihre Mutter an einen Ort, an dem sie nicht sein möchte, zu dem es aber keine Alternative zu geben scheint. Während die Mutter erst weint und sich dann ins Unvermeidliche fügt, räumt der eine Sohn bereits ihre Sachen in die Schränke; der andere notiert: Das Altenheim am Rand eines Neubaugebiets im nordostfranzösischen Fismes sei ,,eine kalte, unmenschliche Kulisse" – kein Wunder, dass sie da nicht hinwolle.

,,Mein Herz zog sich zusammen. Was taten wir ihr an?", fragt er sich. Bis zum späten Nachmittag bleibt dieser zweite Sohn noch bei ihr, dann nimmt auch er den letzten Bus in die Stadt.

Mit dieser brutalen Szene beginnt Didier Eribons neues Buch über den Abschied von seiner Mutter. Genau genommen sind es viele verpasste Abschiede: Nur einmal noch besucht der Autor sie im Einzelzimmer im zweiten Stock, sieben Wochen nach ihrem Einzug ins Altenheim stirbt sie. ,,Eine Arbeiterin. Leben, Alter und Sterben" – der betont nüchterne Buchtitel weist darauf hin, dass der französische Soziologe weit mehr als die persönliche Trauer eines Sohnes verhandelt.

Wie schon in seinem Bestseller ,,Rückkehr nach Reims" (2009) gelingt es Eribon auch hier wieder, die individuelle Beziehung einzubetten in eine Analyse der sozialen Verhältnisse, die diese Beziehung rahmen.

Nach dem eigenen Klassenaufstieg, vom Aufwachsen als Kind einer Putzfrau und eines Hilfsarbeiters in der Provinz bis zum offen schwul lebenden Pariser Intellektuellen, stellt Eribon diesmal seine Mutter in den Mittelpunkt seiner literarisch-soziologischen Auseinandersetzung.

Neu ist weder die von Eribon selbst mitgeprägte und an Bourdieu geschulte Gattung der ,,Autosoziografie" noch das Sujet: Mit der verstorbenen Mutter haben sich vor ihm im französischsprachigen Raum bereits Annie Ernaux (,,Eine Frau", 1987) und Eribons Ziehsohn Édouard Louis (,,Die Freiheit einer Frau", 2021) auseinandergesetzt.

Didier Eribons besondere Gabe aber ist die Verschränkung von kühler Analyse mit großer Empathie. Etwa wenn er die Situation der betagten Frau beschreibt: ,,Die Krankheit meiner Mutter war das hohe Alter, das Pflegeheim würde ihr ,Gefängnis' sein, und sie musste sich von dem Wunsch nach Gesundheit und Freiheit verabschieden, denn sie war nicht mehr gesund und würde sich nie wieder frei bewegen, würde nie mehr frei entscheiden können."

Für alle alten Menschen sind Altenheime ,,Einöden der Einsamkeit" (Norbert Elias), die sie in der letzten Lebensphase von der Gemeinschaft isolieren. Für eine Arbeiterin wie Eribons Mutter kommen noch die ,,Gefängnisse" Geschlecht und Klasse obendrauf. Eribon umreißt kurz die Lebensstationen dieser Frau, die als ungewolltes, uneheliches Kind im Waisenhaus aufwuchs, sich bereits mit 14 Jahren als Dienstmädchen verdingen musste, später als Putzfrau und in einer Fischfabrik arbeitete und, in einer Zweckehe mit einem cholerischen Hilfsarbeiter lebend, vier Söhne großzog.

Das Ehpad (Établissement pour l'hébergement des personnes âgées dépendantes, Einrichtung zur Unterbringung hilfsbedürftiger alter Menschen), wie die staatlichen Altenheime in Frankreich heißen, schildert Eribon als letzte Station eines von Zwängen und Begrenzungen geprägten Frauenlebens.

Architektonisch ähnelt das Zimmer im Ehpad den Sozialwohnungen, in denen seine Mutter zuvor lebte; auch im Heim bleiben die Angehörigen der Arbeiterschicht unter sich. Die zumeist am Stadtrand oder in Gewerbegebieten angesiedelten Einrichtungen ähneln nicht nur äußerlich Gefängnissen, sondern auch der von Personal-, Geld- und Zeitknappheit geprägte Alltag der Bewohner*innen.

Eribon spricht, einen Bericht der Bürgerrechtsbeauftragten Frankreichs über die Pflege in den �Ehpads zitierend, von ,,institutioneller Gewalt", die Grundrechte alter Menschen verletze, und stellt fest: ,,Man kann es gar nicht oft und laut genug sagen: Das System ist unmoralisch".

Er schildert, wie seine Mutter sich am Telefon darüber beschwert, dass sie nicht mehr täglich aufstehen dürfe, das Zimmer nicht verlassen, dass man sie zwinge, Windeln zu tragen, dass sie nur einmal pro Woche geduscht werde. Ihre Klagen, manchmal unter Schluchzen vorgetragen, erreichen oft nur den Anrufbeantworter – die Söhne sind mit ihren eigenen Leben beschäftigt oder fühlen sich machtlos angesichts der Zustände, die vielfach skandalisiert wurden und an denen sich doch nichts ändert.

Überrascht stellt Eribon fest, dass die Situation in privaten Pflegeheimen noch schlimmer sei: Diese seien als Renditeobjekte einem noch gnadenloseren Sparzwang unterworfen; das führe zur absurden Situation, dass den Be�woh�ne�r*in�nen vermeintlicher ,,Premiumresidenzen" das Essen rationiert werde. Ein schwacher Trost für den Sohn, der sich mit Schuldgefühlen quält, der Mutter kein ,,besseres" Heim bieten zu können.

Das Sterben sei für seine Mutter das letzte Aufbegehren gewesen, das ihr noch blieb. Eribon überlegt: ,,Der Beschluss zu sterben erfordert sicher viel Mut und Entschlossenheit [...]." Auf anrührende Weise beschreibt er, wie seine Mutter als 80-jährige Witwe zum ersten Mal die Liebe kennenlernte; als auch diese späte Beziehung zu Ende geht, ist ihr Lebenswille dahin.

Zuvor aber erlebte sie, wie die ,,Unwürdige Greisin" bei Bertolt Brecht, ,,kurze Jahre der Freiheit nach langen Jahren der Knechtschaft". Wie in Brechts Kurzgeschichte stößt ihre Liebe an die Grenzen gesellschaftlicher Konventionen, der Mann ist jünger und zudem verheiratet. Die Kinder missbilligen diese Beziehung (für seine heterosexuellen, mackerhaften Brüder hat �Didier �Eribon nur Verachtung übrig) – nur der schwule Sohn solidarisiert sich mit ihrem ,,unstatthaften" Begehren.

Diese Solidarität endet jedoch an einem Punkt: am vehementen Rassismus der Mutter. Den Hass auf ,,die da oben" sowie ,,die Nordafrikaner", ,,die Schwarzen" und ,,die Chinesen" ließ Didier Eribon als junger Mann zurück, als er sein Herkunftsmilieu verließ. Schon in ,,Rückkehr nach Reims" arbeitete er sich öffentlich an der Frage ab, wie nämlich aus einer stolzen kommunistischen Arbeiterklasse schließlich Front-National-Wähler*innen werden konnten.

Nun fragt er sich, warum diese Frau, die selbst von einem spanischen Gitano abstammt, sich in der obsessiven Abwertung anderer Marginalisierter gefällt. Eribon stellt fest, dass seine Mutter kein Einzelfall ist: ,,In der weißen Arbeiterschaft schien der Rassismus ein verbindendes Element zu sein, schien er die Menschen in ihrer Beziehung zur Welt und zu anderen zu bestärken."

Nein, ein verklärendes Mutterbuch ist ,,Eine Arbeiterin" nicht geworden, überhaupt ist es ein Buch, das einfache Analysen vermeidet und gerade deshalb zum Nachdenken anregt. Bei aller Empathie für ihre Klasse und Lage, bei aller in der Tradition Simone de Beauvoirs vorgebrachten Anklage einer Gesellschaft, welche die Alten aus ihrer Mitte verbannt: Eribon zeichnet seine Mutter nicht nur als Opfer der Verhältnisse, er zeigt sie auch als engstirnige, erratische, wenig sympathische Person.

Auch sich selbst schont er nicht, wenn er erzählt, dass er die Mutter nicht zur Theaterpremiere von ,,Rückkehr nach Reims" in Berlin einladen will, weil er sich für sie schämt. Aus der schmerzvollen Feststellung, ,,Ich war ein Sohn, jetzt bin ich keiner mehr", spricht auch eine gewisse Erleichterung des ,,Klassenflüchtlings", mit dem Tod der Mutter das letzte Band zu seinem Herkunftsmilieu gelöst zu sehen.


Aus: "Leben einer französischen Arbeiterin: Nach der Fischfabrik" Nina Apin (20.3.2024)
Quelle: https://taz.de/Leben-einer-franzoesischen-Arbeiterin/!5996416/
#38
Quote[...] Der verurteilte Millionenbetrüger Jürgen Harksen, der in den Achtziger- und Neunzigerjahren prominenten Investoren Geld abgenommen hatte, ist tot. Harksen sei am Dienstag mit 63 Jahren an seinem langjährigen Wohnort Palma de Mallorca gestorben, sagte sein Anwalt Gerhard Strate der Nachrichtenagentur dpa. Er bestätigte damit entsprechende Berichte des Hamburger Abendblatts und der Bild.

In dem im Jahr 2010 ausgestrahlten ARD-Zweiteiler Gier hatte sich Regisseur Dieter Wedel von Harksens Lebensgeschichte inspirieren lassen, Ulrich Tukur verkörperte Harksen darin.

Der gebürtige Flensburger Harksen hatte Anleger mit viel Geschick zu Investments überredet, hinter denen nach Auffassung der Justiz aber keine echte Geschäftsidee steckte, sondern eine Art Schneeballsystem. Er galt als schillernde Figur mit Hang zum Luxus, auf den sowohl Größen aus dem Showgeschäft als auch Ärzte und Rechtsanwälte hereinfielen.

Im Jahr 2003 wurde Harksen in Hamburg wegen Betrugs zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Zuvor hatte er sich nach Südafrika abgesetzt und so dem Zugriff der deutschen Justiz jahrelang entzogen.


Aus: "Jürgen Harksen ist tot" (20. März 2024)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/2024-03/juergen-harksen-betrueger-autor-tod-mit-63

QuoteKondolenzbuch: Liebe Leserinnen und Leser, im Kommentarbereich dieses Artikels wollen wir Ihnen mit einem Kondolenzbuch die Möglichkeit geben, Ihre Erinnerungen und Gedanken zu teilen. Die Wahrung der Pietät ist uns bei Todesfällen wichtig, weswegen alle Kommentare vor der Veröffentlichung geprüft werden.

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Jürgen Smith (1960 - 2024) war ein deutscher verurteilter Finanzbetrüger und Autor. ... Er hatte zwei ältere Brüder und eine jüngere Schwester. Sein Vater war Alkoholiker und seine Mutter psychisch krank. Harksen machte die mittlere Reife in einem dänischen Internat. Sein Vater starb, als er 17 Jahre alt war; die Mutter starb sechs Jahre später. ... Laut Urteil des Landgerichts Hamburg vom 11. April 2003 hat Harksen durch Vorspiegelung tatsächlich nicht bestehender Investmentanlagen von etwa dreihundert Geschädigten in den Jahren 1987 bis 1992 insgesamt mindestens 150 Millionen DM betrügerisch erlangt und bis auf Rückzahlungen in einer Größenordnung bis zu 50 Millionen DM überwiegend für seinen äußerst luxuriösen Lebensstil verbraucht. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/J%C3%BCrgen_Harksen
#39
Quote[...] Der verurteilte Millionenbetrüger Jürgen Harksen, der in den Achtziger- und Neunzigerjahren prominenten Investoren Geld abgenommen hatte, ist tot. Harksen sei am Dienstag mit 63 Jahren an seinem langjährigen Wohnort Palma de Mallorca gestorben, sagte sein Anwalt Gerhard Strate der Nachrichtenagentur dpa. Er bestätigte damit entsprechende Berichte des Hamburger Abendblatts und der Bild.

In dem im Jahr 2010 ausgestrahlten ARD-Zweiteiler Gier hatte sich Regisseur Dieter Wedel von Harksens Lebensgeschichte inspirieren lassen, Ulrich Tukur verkörperte Harksen darin.

Der gebürtige Flensburger Harksen hatte Anleger mit viel Geschick zu Investments überredet, hinter denen nach Auffassung der Justiz aber keine echte Geschäftsidee steckte, sondern eine Art Schneeballsystem. Er galt als schillernde Figur mit Hang zum Luxus, auf den sowohl Größen aus dem Showgeschäft als auch Ärzte und Rechtsanwälte hereinfielen.

Im Jahr 2003 wurde Harksen in Hamburg wegen Betrugs zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Zuvor hatte er sich nach Südafrika abgesetzt und so dem Zugriff der deutschen Justiz jahrelang entzogen.


Aus: "Jürgen Harksen ist tot" (20. März 2024)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/2024-03/juergen-harksen-betrueger-autor-tod-mit-63

QuoteKondolenzbuch: Liebe Leserinnen und Leser, im Kommentarbereich dieses Artikels wollen wir Ihnen mit einem Kondolenzbuch die Möglichkeit geben, Ihre Erinnerungen und Gedanken zu teilen. Die Wahrung der Pietät ist uns bei Todesfällen wichtig, weswegen alle Kommentare vor der Veröffentlichung geprüft werden.

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#40
Quote[...] Ein Rückgang der Demokratien unter Entwicklungs- und Schwellenländern hat einer Analyse zufolge auch Auswirkungen auf wirtschaftliche Entwicklung, Ungleichheit und Armut. Der ,,Transformationsindex" der Bertelsmann Stiftung kommt mit Blick auf 137 Staaten von Algerien bis zur Zentralafrikanischen Republik zu dem Schluss: ,,Zu keinem Zeitpunkt wurden in den vergangenen zwanzig Jahren so wenige Staaten demokratisch regiert wie heute."

Zugleich attestierten die Autoren vielen Staaten ökonomische Ungleichheit und eine verfehlte Wirtschaftspolitik. In 83 der 137 Länder herrsche eine massive soziale Ausgrenzung. Die Untersuchung der Entwicklungs- und Schwellenländer ergab, dass nur noch 63 Demokratien mit einer Bevölkerung von insgesamt rund drei Milliarden Menschen inzwischen 74 Autokratien mit etwa vier Milliarden Menschen gegenüberstehen.

[...] Die ausgewerteten Ländergutachten und Daten haben bei Demokratiequalität, Regierungsleistungen und Wirtschaftsentwicklung ,,neue Tiefststände" ergeben. ,,In einer steigenden Zahl von Ländern sind es die Gegner demokratischer und marktwirtschaftlicher Reformen, die an den Schaltstellen der Macht sitzen." Regierungen in der überwältigenden Mehrheit der Länder sehen sich demnach ,,nicht als Treiber gesamtgesellschaftlicher Entwicklung, sondern als Vertreter von Partikularinteressen in einem bewusst unfair gestalteten Wirtschaftssystem".

Bemühungen seien nicht selten darauf ausgerichtet, ein korruptes System zu erhalten, das keinen freien und fairen wirtschaftlichen Wettbewerb erlaube, heißt es in der Studie. ,,Machtkonzentration oder Machterhalt einer kleinen Elite hat häufig Vorrang gegenüber der Ausgestaltung einer offeneren und inklusiveren Wirtschaftsordnung." Das habe negative Folgen für das Ausmaß von Ungleichheit und Armut.

In den 74 autokratischen Ländern lasse eine autoritäre Führung politische Beteiligung nur sehr begrenzt oder gar nicht zu, betont die Studie. Repression, Machtkonzentration, Ausschaltung verbliebener Kontrollinstanzen und Entscheidungen in engen Führungszirkeln seien kennzeichnend.

Zu den 25 ,,moderaten" Autokratien zählen demnach die Türkei, Algerien, der Irak, Uganda, Nigeria oder auch Jordanien und Singapur mit laut Stiftung autoritärer Herrschaft. Zudem auch Tunesien, Benin oder El Salvador, die 2022 noch als Demokratien eingestuft worden waren.

Hinzu kommen 49 ,,Hardliner-Autokratien", zu denen der Analyse zufolge auch das gegen die Ukraine einen Angriffskrieg führende Russland gehört. Kremlchef Wladimir Putin hatte sich am Sonntag nach einer als Farce kritisierten Präsidentenwahl erneut zum Sieger erklärt. Und zur Volksrepublik China schreiben die Studienautoren: ,,Das chinesische Regime mutiert unter Xi Jinping in zunehmendem Maße von einer Einparteienherrschaft zu einer absolutistischen Monokratie."

Ähnlich sei es mit Regimes in Putsch-Staaten wie Burkina Faso, Mali und Myanmar. Und in arabischen Staaten wie Ägypten, Sudan oder Syrien habe die Repression höchste Ausmaße erreicht, werde jegliche politische Opposition im Keim erstickt. Ähnlich drastisch sei die Lage auch in Afghanistan, Nicaragua, Tadschikistan, im Iran oder im Tschad.

Auch in als ,,defekt" oder ,,stark defekt" eingestuften Demokratien schrumpfen Freiräume für politische Beteiligung, ist laut Untersuchung die Fairness von Wahlen - etwa in Ungarn - beeinträchtigt, werden kritische Medien drangsaliert - Beispiel Indien - oder wird die Tätigkeit regierungskritischer Organisationen behindert - so wie in Serbien.

In die Gruppe der Demokratien mit Defekten ordnet die Analyse auch Albanien, Rumänien, die Ukraine oder Südafrika ein. Dabei geben Beispiele wie jüngst in Polen laut Stiftung Grund zur Hoffnung - dort hatte die Bevölkerung autoritäre Kräfte abgewählt.

Die Auswertung sieht ein besonders hohes Demokratieniveau bei den EU-Mitgliedern Estland, Kroatien, Lettland, Litauen, Slowakei, Slowenien und Tschechien, aber auch in Jamaika, Chile, Uruguay, Costa Rica oder Südkorea und Taiwan. Gute Politik ist demnach langfristig geplant, transparent und am Gemeinwohl ausgerichtet.

Die Stabilität demokratischer Ordnungen hänge maßgeblich von rechtsstaatlich verankerten, funktionierenden und akzeptierten demokratischen Institutionen ab. Und Demokratie lebe von einer starken und lebendigen Gesellschaft, hieß es weiter. ,,Eine wichtige, manchmal die letzte Bastion zur Verteidigung von Demokratie ist die Widerstandskraft der demokratischen Zivilgesellschaft." (dpa)


Aus: "So wenig Demokratien wie seit 20 Jahren nicht mehr: Analyse sieht autokratische Regierungen auf dem Vormarsch" (19.03.2024)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/internationales/so-wenig-demokratien-wie-seit-20-jahren-nicht-mehr-analyse-sieht-autokratische-regierungen-auf-dem-vormarsch-11386696.html