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#1
Quote[...] In der Technischen Universität Berlin begann am 27. Januar 1978 der dreitägige TUNIX-Kongress mit etwa 15.000 TeilnehmerInnen. Dies war der Versuch verschiedener Basisinitiativen und unorganisierter Linken, die zerstreute neue Generation nach der 68er-Bewegung zu versammeln, die einen Gegenpol zum Politikverständnis der maoistischen K-Gruppen und der DDR-orientierten Organisationen bildeten.

Thematisch war der Kongress breit gefächert, so wie die Initiativen, die daran teilnahmen. So ging es nicht nur um die damals schon angesagte Themen wie Ökologie. Stadtzerstörung oder Neonazis, sondern auch um welche, für die es außerhalb der Linken kaum ein Bewusstsein gab. Themen wie Missbrauch der Psychiatrie, Aufbau einer eigenen Nahrungsmittelkette, alternative Energiegewinnung, Feminismus, der Kampf von Schwulen für ihre Rechte oder die Geschichte als Grundlage zur Einschätzung der eigenen Situation im Land.

In der Folge des Treffens begann bundesweit eine alternative Gründungswelle von Projekte, Gruppen und Kollektiven. Anders als bei der dogmatischen Linken ging es nicht mehr darum, die bestehende Gesellschaft umzustürzen oder sich nur auf den Widerstand gegen die Staatsmacht zu konzentrieren, sondern Alternativen zu schaffen.

Im Rahmen des TUNIX-Kongresses wurden auch zahlreiche Projekte vorgestellt, die es teilweise heute noch gibt. Zu nennen sind da vor allem die TAZ (die acht Monate später erstmals erschien) sowie das Konzept einer ökologischen Partei, aus der dann die Grünen wurden. Und auch die Frauen- sowie die Schwulenbewegung fanden hier den entscheidenden Aufschwung.


Aus: "Der TUNIX-Kongress" Aro Kuhrt (19. März 2024)
Quelle: https://www.berlinstreet.de/18858

Das Treffen in TUNIX fand vom 27. bis 29. Januar 1978 in der Technischen Universität (TU) in West-Berlin statt und war der kurzfristige Versuch einiger Initiativen von ,,Unorganisierten", die noch zerstreute neue Generation nach der 68er-Bewegung zu versammeln, die einen Gegenpol zum Politikverständnis der maoistischen K-Gruppen und der DDR-orientierten Organisationen wie der SEW bildeten. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Treffen_in_Tunix

#2
Quote[...] Nichts wird verschont. Krankenhäuser, Schulen, Moscheen, antike Denkmäler, Universitäten, Kirchen, Archive und Bibliotheken sind zerstört. Das kulturelle Gedächtnis, das angehäufte Wissen, die Träger:innen einer eigenständigen, selbstbestimmten Zukunft – alles zerbombt. Und jetzt droht die Bevölkerung in Gaza vor unser aller Augen dem Hungertod ausgeliefert zu werden. Die Menschen in Gaza, auch die überlebenden israelischen Geiseln, sind ohne Rettung, ohne Schutz. Und ein Ende ist nicht absehbar.

Seit kurzem fallen neben den Bomben auch Lebensmittelpakete vom Himmel, jetzt soll Hilfe auch auf dem Seeweg den abgeriegelten Streifen erreichen. Ein Hoffnungsschimmer? Kaum. Der Abwurf von Hilfe aus der Luft ist nicht nur aufwendig, teuer und ungenau. Unten angekommen, lässt sich ohne Strukturen zur Verteilung der Hilfe nicht sicherstellen, dass die Bedürftigsten etwas von den überlebensnotwendigen Gütern abbekommen. Im Gegenteil: Wer zu den Bedürftigsten gehört, zählt in der Regel nicht zu den Schnellen und Starken, die die Hilfe untereinander aufteilen. Etablierten humanitären Mindeststandards, die mühsam nach der Beschäftigung mit Fehlern in der humanitären Hilfe erarbeitet wurden, wird der Abwurf aus der Luft deshalb nicht annähernd gerecht. Hier wird nicht nach Bedürftigkeit verteilt, sondern nach der Macht des Stärkeren.

Diese Form der Hilfe ist nicht nur ziellos, sie ist entwürdigend und entmenschlichend. Die schrecklichen Szenen, wie ausgehungerte Menschen um die abgeworfenen Güter kämpfen, gehen um die Welt, und die Rollen sind klar verteilt: hier die braune, unzivilisierte Masse, dort die edlen Helfer und Herren modernster Technik. Auch die Bundeswehr beteiligt sich. Angesichts der Verzehnfachung der Rüstungsexporte aus Deutschland ist diese in den Krieg eingebettete Hilfe, die mehr schadet, als nützt, nichts anderes als eine Form der Legitimierung des Kriegs.

Während sich die Lastwagen mit lebensnotwendigen Gütern an den Grenzübergängen kilometerlang stauen und während die vorhandenen, wenn auch schwer beschädigten Strukturen noch immer in der Lage wären, die existentiell gefährdeten zwei Millionen Menschen im Gazastreifen zu versorgen, baut Israel mit seinen engsten Verbündeten Deutschland und USA ein neues System auf, das keine Rettung darstellt. Die vorhandenen internationalen und UN-Hilfsstrukturen werden gezielt umgangen, Hilfe wird nun von Militärs geleistet. Das unterstützt auch das israelische Ziel, die UN-Hilfsorganisation UNRWA mit ihren rund 13.000 palästinensischen Mitarbeiter:innen auszuschalten.

Für die Errichtung der Infrastruktur der Hilfe über den Seeweg von Zypern nach Gaza veranschlagen die USA 60 Tage. Bis dahin könnten Tausende Menschen verhungert sein. Und auch diese Hilfe soll nicht über die UNRWA laufen, die als einzige über die entsprechende Infrastruktur verfügt, um eine halbwegs gerechte und angemessene Verteilung gewährleisten zu können.

Die humanitäre Hilfe über den Seekorridor und aus der Luft ist auch deshalb im Interesse der israelischen Regierung, weil sie der lang angekündigten israelischen Offensive auf das vollkommen überfüllte Rafah im äußersten Süden des Gazastreifens den Boden bereiten könnte. Bombardiert wird dort schon seit Monaten, jetzt werden die Hilfesuchenden wieder ein paar Kilometer in Richtung Norden gelenkt. Fast müßig zu sagen, dass im Falle einer Bodenoffensive auch in Rafah noch mehr Tod und Verwüstung zu erwarten ist als ohnehin schon.

Palästinensisches Leben soll im Gazastreifen nur noch als nacktes, bloßes Leben existieren. In diese Hölle will die israelische Regierung sogar Kranke und Mütter mit kleinen Kindern zurückschicken, die zu medizinischen Behandlungen im besetzten Ost-Jerusalem und teilweise in Israel waren. Die israelischen medico-Partnerorganisationen Hamoked und Physicians for Human Rights konnten diesen Plan mit einem Eilantrag beim Obersten Gerichtshof in Israel zumindest vorläufig verhindern.

Der Gazastreifen, sagte EU-Außenbeauftragte Josep Borrell, sei auch der Friedhof des humanitären Rechts. Die militärisch eingebettete Hilfe, wie sie jetzt in Gaza eingeübt wird, schafft die Unabhängigkeit der Hilfe ab. Bomben und Brot gleichzeitig abzuwerfen, ist Zynismus und eine Form der Kriegspropaganda.

Geschieht nichts, werden wir in den nächsten Tagen und Wochen eine drastische Verschärfung der rein menschengemachten humanitären Katastrophe in Gaza erleben, die noch weit über das hinausgeht, was bereits geschehen ist. Den Vereinten Nationen zufolge erlebt der Norden von Gaza bereits eine akute Hungersnot. Dass sich dies unter unseren Augen ereignet, macht uns zu Zuschauern, zu Mitwissern. Die schweigende Akzeptanz äußert sich nicht nur im ausbleibenden Protest angesichts einer inhumanen Kriegsführung, wie er im Fall der Ukraine selbstverständlich ist. Einmal zugelassen, ist das überall in der Welt wiederholbar. Damit ist die Selbsterzählung des Westens, im Schlechten immerhin die bessere, weil humanere Wahl zu sein, am Ende. Die israelische Regierung glaubt auf diese Weise, den umfassenden Sieg zu erlangen. Doch nach dem 7. Oktober markiert dieser Krieg eine weitere Zäsur in der israelischen Verfasstheit. Die Folgen für Israel selbst sind nicht zu ermessen. Ein Taumel in den Abgrund.

Ohne gleiche Rechte für alle, wird es keine Lösung geben, sagte der Philosoph Omri Boehm Mitte März 2024 in seiner Preisträgerrede auf der Leipziger Buchmesse. Dies zu verstehen, verlangt eine sofortige Umkehr, ein Ende des Kriegs, ein Ende der Idee vom Sieg einer Seite, die allein für sich Sicherheit beansprucht. Einzig Zeichen der Menschlichkeit können den Ausweg weisen.

medico international am 25. März 2024


Aus: "Gaza-Krieg: Taumel in den Abgrund" (25. März 2024)
Quelle: https://www.medico.de/taumel-in-den-abgrund-19436
#3
Quote[...] Ratten, Müllberge, Schimmel: Wenn Vermieter ihre Pflichten ignorieren, leiden die Mieter. Die Möglichkeiten, den Betroffenen zu helfen, sind nicht in allen Bundesländern gleich.

 Dass Niedersachsen ein Gesetz hat, das Mieter schützen soll, wenn ihr Vermieter sich aus der Verantwortung stiehlt, klingt erst einmal gut. Und doch scheitert auch das beste Gesetz, wenn es nicht zum Einsatz kommt.

So wie in Oldenburg, wo Mieterinnen und Mieter monatelang froren, sich der Müll stapelte und Ratten anlockte. Der Vermieter verlangte die volle Miete, aber zahlte Rechnungen zum Beispiel für Strom und Wasser nicht mehr. Es sind Häuser des inzwischen insolventen Münchner Immobilienkonzerns Omega AG, unter dem Mieter in ganz Deutschland leiden.

NDR und "Süddeutsche Zeitung" haben berichtet, wie sich die Verantwortlichen verspekulierten und wieso das Elend ihrer Mieter so groß werden konnte.

"Mieter in Not" (19.03.2024)
Marode Wohnungen, ausbleibende Reparaturen und ein Vermieter, der sich nicht kümmert: In ganz Deutschland leiden Mieter unter der Insolvenz der Immobilienfirma Omega AG. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf Immobilien-Spekulanten.

https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr/immobilienpleite-omega-ag-100.html

 Der Fall Omega ist groß, aber kein Einzelfall. "Man glaubt es kaum, wie oft das vorkommt", sagt Beatrix Zurek von der SPD. Sie ist Vizepräsidentin des Deutschen Mieterschutzbundes. Sie wünscht sich Wohnungsaufsichtsgesetze in allen Bundesländern, die Kommunen verpflichten könnten, einzugreifen. "Damit die Kommunen wirkungsvoll und zielgerichtet einschreiten können", sagt Zurek.

Die Kommunen könnten dann beispielsweise Hauseigentümern unter Androhung von Zwangsgeldern vorschreiben, dass sie heruntergekommene Unterkünfte in Ordnung bringen müssen.

 Solche Wohnungsaufsichtsgesetze gibt es in acht Bundesländern: Hamburg, Berlin und Niedersachsen haben eines, außerdem Bremen, Hessen, das Saarland, Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen. Schleswig-Holstein plant eines, die restlichen Bundesländer offenbar nicht. Der Staat stehle sich damit aus der Verantwortung statt seiner Fürsorgepflicht nachzukommen, findet Zurek.

Wie auch in Zureks Heimat. Denn Bayern hatte bis 2004 ein Wohnungsaufsichtsgesetz, das "im Wege der Deregulierung und Entbürokratisierung" aufgehoben wurde, wie es das bayerische Bauministerium auf Anfrage mitteilt. Eine Wiedereinführung sei "nicht notwendig".

Die Kommunen hätten genügend Rechte, um gegen Wohnungsmissstände vorzugehen, zudem sei das Mietrecht deutlich verbessert worden. Ähnlich sieht das die Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD). Ihr Ministerium teilt mit, dass betroffene Mieter ihre Rechte gegebenenfalls gerichtlich durchsetzen könnten.

 Mieterschützerin Zurek macht das wütend. Wenn Wohnraum verkomme, dann treffe das doch vor allem jene, "die sich am wenigsten wehren können", sagt sie. Also Familien mit wenig Einkommen, Alleinerziehende oder Arbeitskräfte, die aus dem Ausland kämen, "um nur einige zu nennen". Menschen, die sich keine andere Wohnung leisten könnten.

Und das sind auch meist die, die Sorge haben, gegen den Vermieter vorzugehen. Oder die sich fragen, wie man gegen einen Vermieter vorgehen soll, den man schlicht nicht mehr erreicht. Wie in Oldenburg. Mieterin Kathi A. hat dort wochenlang versucht, jemanden aus dem Omega-Unternehmen zu finden, der zuständig ist. Der endlich die seit November ausgefallene Heizung repariert.

"Wir wissen nach wie vor nicht, wer gerade wirklich für uns zuständig ist", erzählt sie bei einem Besuch Ende Januar. Draußen elf Grad, drinnen ist es kaum wärmer, trotz zwei Heizlüftern. Sie habe sogar einen Aufsichtsrat der Omega AG angerufen, erinnert sich Kathi A. - vergeblich.

 Die Stadt Oldenburg will nicht gewusst haben, wie schlimm es wirklich in den Omega-Häusern aussah, trotz Berichterstattung in der Lokalpresse über die Zustände. Im September habe die zuständige Abfallbehörde sich bemüht, die Omega zum Entsorgen des Mülls zu bringen, teilt ein Sprecher auf Anfrage von NDR und SZ mit. Im Dezember habe man dann den Müll auf eigene Kosten entsorgen lassen, per sogenannter Ersatzvornahme. Dass die Stadt das Geld dafür jemals wiedersehen wird, ist unwahrscheinlich.

Auch in anderen Orten in Niedersachsen wird das Wohnraumschutzgesetz nur schleppend eingesetzt, wie eine Befragung des niedersächsischen Wirtschaftsministeriums ergab. Von 138 befragten Kommunen haben bisher zehn das Gesetz angewendet, bei insgesamt 161 Objekten.

Diese zehn hätten sich aber zufrieden gezeigt, so das Ministerium. Oft hätte es schon gereicht, mit Verweis auf das Gesetz zur Beseitigung von Missständen aufzufordern.

 Wie gut ein Wohnungsaufsichtsgesetz helfen kann, zeigt Nordrhein-Westfalen. Bereits in den ersten zwei Jahren nach Einführung des Gesetzes 2014 seien die Behörden 6.200 Mal eingeschritten, berichtete das Bauministerium damals stolz. Es hat einen 152-seitigen Leitfaden vorgelegt, der alle möglichen Szenarien im Detail beschreibt, inklusive Musterverfügungen. Das macht es den Kommunen leicht, gegen Eigentümer vorzugehen.

Und doch stößt selbst das beste Gesetz an Grenzen, wie ein Bürgermeister aus Hessen zeigt. Claus Steinmetz kämpft im nordhessischen Wabern seit Jahren gegen Firmen aus einem Unternehmensgeflecht, das offenbar Wohnungen in einem halben Dutzend Städten und Gemeinden verkommen lässt.

 Seit er 2015 gewählt wurde, habe er ständig Ärger mit etwa 80 bis 90 Wohnungen, erzählt er NDR und SZ. "Das ist wirklich schlimm und da leiden die Menschen natürlich ganz extrem drunter, teilweise auch Familien mit Kindern."

Einigen konnte er helfen, ordnete schon mehrmals die Sanierung von Wohnungen an, erklärte andere für gänzlich unbewohnbar. Trotzdem sagt er: "Unsere Möglichkeiten sind so langsam ausgeschöpft." Steinmetz wünscht sich schärfere Gesetze. "Es kann nicht sein, dass Immobilien in Deutschland zu Spekulationsobjekten werden und dann einfach vergammeln."

 In Oldenburg kommt die Rettung schließlich von überraschender Seite: einer kleinen Volksbank. Die hatte einen Kredit für den Kauf der Häuser gegeben. Und offenbar keine Lust mehr, auf die ausstehenden Tilgungen zu warten: Während Kathi A. noch fror, beantragte die Bank eine Zwangsverwaltung beim Oldenburger Amtsgericht.

Anfang Februar begann der Zwangsverwalter die Arbeit und ließ als erstes die Heizung in Kathi A.s Haus ersetzen. Kathi A. war da aber schon ausgezogen. Sie hatte das ständige Frieren nicht mehr ausgehalten.


Aus: "Immobilienspekulation Warum Mieter oft lange auf Hilfe warten müssen" Katrin Kampling, NDR (26.03.2024)
Quelle: https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/immobilien-spekulation-wohnungsaufsichtsgesetz-100.html

#4
Quote[...] Fast 17 Prozent der Bevölkerung in Deutschland lebte 2022 in Armut. Das ist das Ergebnis des Paritätischen Armutsberichts. Demnach gelten mehr als 14 Millionen Menschen nach den jüngsten Daten als arm. Die Zahl stagniert damit seit Jahren erstmals – nur die Kinderarmut steigt weiter. Besonders betroffen seien zudem Alleinerziehende, kinderreiche Familien und Menschen mit schlechten Bildungsabschlüssen oder ohne deutsche Staatsangehörigkeit.

Mehr als jedes fünfte Kind in Deutschland ist dem Bericht zufolge von Armut betroffen. Der Wert von fast 22 Prozent ist demnach ein Allzeithoch. Unter Alleinerziehenden habe die Armutsquote zudem bei 43,2 Prozent gelegen, heißt es in dem Bericht.

"Die Armut in Deutschland ist auch in 2022 auf sehr hohem Niveau verblieben", sagte Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Der Trend stetig wachsender Armut sei auf Bundesebene zwar auf den ersten Blick gestoppt, aber noch lange nicht gedreht. 2022 habe es fast eine halbe Million mehr Menschen geben, die von Armut betroffen sind, als noch 2019. Dabei führt Schneider auch die Corona-Pandemie, die Energiekrise und die hohe Inflation als mögliche Ursachen auf. Im Vergleich zu 2006 habe sich die Zahl der von Armut betroffenen Menschen in Deutschland sogar um 2,7 Millionen Menschen erhöht.

Die regionalen Unterschiede sind dem Bericht zufolge groß. In Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen und Hamburg sei jeder fünfte Mensch von Armut betroffen, in Bremen gar jeder dritte. In Bayern hingegen lebe jeder achte in Armut. Verschlechtert hat sich die Situation demnach in Hamburg, Schleswig-Holstein und im Saarland. In Berlin ist die Armut im Vergleich zum Vorjahr hingegen von 20,1 auf 17,4 Prozent gesunken.

Während die auch in den vergangenen Jahren bestplatzierten Länder Bayern, Baden-Württemberg und Brandenburg Armut weiter abbauen konnten, hätten die Länder am unteren Ende der Skala zugelegt. Die stärkste Zunahme habe es demnach in Nordrhein-Westfalen gegeben, sagte Schneider. Hier sei die Armutsquote seit 2006 doppelt so stark gewachsen wie in ganz Deutschland. 2022 betrug sie 42 Prozent.

"Ein Fünftel der Armen sind Kinder und Jugendliche. Fast zwei Drittel aller erwachsenen Armen gehen entweder einer Arbeit nach oder sind in Rente oder Pension", teilte Schneider mit. 70 Prozent von ihnen besitzen dem Bericht zufolge einen deutschen Pass, 60 Prozent zumal über mittlere oder höhere Bildungsabschlüsse. Zudem seien nur sechs Prozent der erwachsenen Armutsbevölkerung arbeitslos. 34 Prozent seien erwerbstätig – 30 Prozent Rentnerinnen und Rentner.

Der Verband fordert die Bundesregierung in seinem Bericht zu "einer entschlossenen Armutspolitik" auf. Dazu gehöre, den Mindestlohn auf 15 Euro anzuheben, Kinderbetreuung auszubauen sowie eine Kindergrundsicherung. Zudem solle es eine "solidarische Pflegeversicherung als Vollversicherung geben".

Der Bericht des Gesamtverbands Der Paritätische basiert auf dem Mikrozensus des Statistischen Bundesamts.


Aus: "17 Prozent der Bevölkerung in Deutschland von Armut betroffen" David Rech (26. März 2024)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/2024-03/armut-deutschland-paritaetischer-armutsbericht-kinderarmut

#5
Quote[...] Fast 17 Prozent der Bevölkerung in Deutschland lebte 2022 in Armut. Das ist das Ergebnis des Paritätischen Armutsberichts. Demnach gelten mehr als 14 Millionen Menschen nach den jüngsten Daten als arm. Die Zahl stagniert damit seit Jahren erstmals – nur die Kinderarmut steigt weiter. Besonders betroffen seien zudem Alleinerziehende, kinderreiche Familien und Menschen mit schlechten Bildungsabschlüssen oder ohne deutsche Staatsangehörigkeit.

Mehr als jedes fünfte Kind in Deutschland ist dem Bericht zufolge von Armut betroffen. Der Wert von fast 22 Prozent ist demnach ein Allzeithoch. Unter Alleinerziehenden habe die Armutsquote zudem bei 43,2 Prozent gelegen, heißt es in dem Bericht.

"Die Armut in Deutschland ist auch in 2022 auf sehr hohem Niveau verblieben", sagte Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Der Trend stetig wachsender Armut sei auf Bundesebene zwar auf den ersten Blick gestoppt, aber noch lange nicht gedreht. 2022 habe es fast eine halbe Million mehr Menschen geben, die von Armut betroffen sind, als noch 2019. Dabei führt Schneider auch die Corona-Pandemie, die Energiekrise und die hohe Inflation als mögliche Ursachen auf. Im Vergleich zu 2006 habe sich die Zahl der von Armut betroffenen Menschen in Deutschland sogar um 2,7 Millionen Menschen erhöht.

Die regionalen Unterschiede sind dem Bericht zufolge groß. In Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen und Hamburg sei jeder fünfte Mensch von Armut betroffen, in Bremen gar jeder dritte. In Bayern hingegen lebe jeder achte in Armut. Verschlechtert hat sich die Situation demnach in Hamburg, Schleswig-Holstein und im Saarland. In Berlin ist die Armut im Vergleich zum Vorjahr hingegen von 20,1 auf 17,4 Prozent gesunken.

Während die auch in den vergangenen Jahren bestplatzierten Länder Bayern, Baden-Württemberg und Brandenburg Armut weiter abbauen konnten, hätten die Länder am unteren Ende der Skala zugelegt. Die stärkste Zunahme habe es demnach in Nordrhein-Westfalen gegeben, sagte Schneider. Hier sei die Armutsquote seit 2006 doppelt so stark gewachsen wie in ganz Deutschland. 2022 betrug sie 42 Prozent.

"Ein Fünftel der Armen sind Kinder und Jugendliche. Fast zwei Drittel aller erwachsenen Armen gehen entweder einer Arbeit nach oder sind in Rente oder Pension", teilte Schneider mit. 70 Prozent von ihnen besitzen dem Bericht zufolge einen deutschen Pass, 60 Prozent zumal über mittlere oder höhere Bildungsabschlüsse. Zudem seien nur sechs Prozent der erwachsenen Armutsbevölkerung arbeitslos. 34 Prozent seien erwerbstätig – 30 Prozent Rentnerinnen und Rentner.

Der Verband fordert die Bundesregierung in seinem Bericht zu "einer entschlossenen Armutspolitik" auf. Dazu gehöre, den Mindestlohn auf 15 Euro anzuheben, Kinderbetreuung auszubauen sowie eine Kindergrundsicherung. Zudem solle es eine "solidarische Pflegeversicherung als Vollversicherung geben".

Der Bericht des Gesamtverbands Der Paritätische basiert auf dem Mikrozensus des Statistischen Bundesamts.


Aus: "17 Prozent der Bevölkerung in Deutschland von Armut betroffen" David Rech (26. März 2024)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/2024-03/armut-deutschland-paritaetischer-armutsbericht-kinderarmut

#6
Quote[...] Junge Frauen sollten ältere Männer kennenlernen, wohlhabende Männer. Das stärkere Geschlecht müsse Geld haben, sonst seien sie zu vernachlässigende "Staubkörner", mit denen man nicht seine Zeit verschwenden solle.

Auf Social Media macht sich gerade eine starke Bewegung breit: Jungen Frauen werden Ratschläge geben, wie man heute als Frau am besten leben könne. Als "Tradwife", also "traditionell wife", solle man es sich zu Hause gutgehen lassen. DIe "Housewife" der 1950er-Jahre sei "aus der Mode", wie es beispielsweise die Influencerin und selbsternannte "Finanzberaterin" SheraSeven beschreibt. Küche putzen und andere Haushaltstätigkeiten – dafür sei Personal anzustellen. Wenn es der Mann ernst meine, dann würde er dafür zahlen.

... Immer wieder betont die Influencerin, dass es ihr nicht um Tipps für "echte Beziehungen, die nicht auf Geld basieren", gehe. Jede Beziehung würde auf Macht beruhen. Man müsse sich aussuchen, auf welcher Seite dieser Macht man als Frau stehen möchte.

... Eine der bekanntesten im deutschsprachigen Bereich ist Malischka. Die Deutsch-Ukrainerin lebt mit ihrem Mann auf Mallorca und lässt regelmäßig in ihren Alltag blicken. Mit Blick aufs Meer bereitet sie ihm meist das Frühstück vor, bevor sie sich dem Haushalt widmet. Dann ist "meist schon Mittagszeit". Nach dem Kochen trinkt sie selbst einen Kaffee, während sie auf das Meer blickt und überlegt, ob sie nicht noch etwas "backen soll". Eine Million Likes hat Malischka mit solchen Videos bereits sammeln können. (red, 14.8.2023)

...


Aus: "Männer ohne Geld sind vernachlässigbare "Staubkörner"" (14. August 2023)
Quelle: https://www.derstandard.de/story/3000000182864/maenner-ohne-geld-sind-staubkoerner

QuoteFrau Bärt

Diese Frauen finde ich genauso verachtenswert wie die Männer, für die eine Frau eine Trophäe sein muss. Damit tun sie jungen Frauen, die erst ihren Platz im Leben suchen, keinen Gefallen.


QuoteAdrian -S

Tja, ich frag mich nur, was diese geldgeilen jungen Ladies machen, wenn sie selbst mal in die Jahre kommen und mit der jüngeren Konkurrenz nimmer mithalten können und keinen Sugar-Daddy mehr abbekommen. Aber bis dahin haben sie finanziell wohl eh schon ausgesorgt und können sich dann einen jungen Toy-Boy leisten, der sie für Geld bumst! ;-)


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Quote[...] Die inoffizielle Anführerin [des ...] neuen [Sugar-Daddy] Kults heißt Leticia Padua. Die sogenannte sprinkle sprinkle lady beendet ihre Ratschläge stets mit ebendiesem Ausspruch. Unter dem Künstlernamen Shera Seven veröffentlicht die 45-jährige ehemalige Bestatterin seit rund zehn Jahren auf YouTube Videos zur "Finanzberatung" junger Frauen. Sie bewirbt das Konzept des Mannes als Versorger, aus dem Frauen herausholen sollten, was sie können, um sich selbst voranzubringen. Zulässige Mittel, um seine "finanzielle Großzügigkeit" zu steigern, seien das Vortäuschen von Zuneigung, umgekehrte Psychologie und Manipulation. Männer, die nicht zu zahlen bereit sind oder Frauen anderweitig schlecht behandeln, nennt Padua "Dusty", also "Staubiger". Sie seien aus Gründen des Selbstwertes unverzüglich zu verlassen.

Das alles hätte ebenso gut und genau wie die Jahre zuvor unbeachtetes Gerede im Internet bleiben können, wären da nicht Ausschnitte der stundenlangen Livestreams von der sprinkle sprinkle lady zuletzt auf TikTok geteilt worden. Seither gilt Padua als weibliches Pendant zu Andrew Tate, dem Online-Guru, der mit Frauenverachtung bekannt wurde. Paduas Gefolgschaft wäre dann die Antwort auf die mit Tate assoziierte Manosphere, eine lose Online-Gemeinschaft, die den Feminismus verachtet und hegemoniale Männlichkeit predigt.

Die von Padua angeleitete Gegenbewegung fügt sich in eine größere, vom Pop-Feminismus seit einiger Zeit bemühte Erzählung ein, die es als anerkannten und erstrebenswerten Lebensentwurf zelebriert, sich von einem Mann aushalten zu lassen. Genau so soll der vom Kapitalismus gleichermaßen erschöpfte und verblendete Traum dieser Frauen aussehen: ein schönes kleines Spiel, das mittlerweile, weil Einflusshaben zum Berufsbild des Influencers gehört, auch in die Gegenwartskultur eingesickert ist. Insbesondere Künstlerinnen erzählten zuletzt die Geschichten junger Frauen, die sich mit einem reichen Mann auch einen luxuriösen Lebensstil besorgten: Emma Seligman in ihrem Film Shiva Baby oder Coco Mellors und Emma Cline in ihren Romanen Cleopatra und Frankenstein und Die Einladung. Sie alle wurden von der jungen, weiblichen Internetgeneration gefeiert.

[...] Bei [ ] Frauen hat sich [ ] ein anderes Selbstverständnis entwickelt: Sie verharren nicht mehr aus Angst vor sozialem Abstieg in unglücklichen Partnerschaften, sondern sie empowern sich, jeden Mann, der ihrer persönlichen Entwicklung nicht dienlich ist, "wegzuwerfen". Dieser sogenannte Dump-him-Feminismus (namensgebend waren die Paparazzi-Bilder von Britney Spears, die 2002 nach ihrer Trennung von Justin Timberlake ein T-Shirt mit der Aufschrift "Dump him" trug) fordert Frauen auf, ihre Standards zu heben, ihre sexuelle Macht zum eigenen Vorteil zu nutzen und sich für ihr Leiden im Patriarchat finanziell entschädigen zu lassen.

Das ist die Abkehr vom neoliberalen Feminismus, der die Glasdecken durch immer härtere Arbeit durchbrechen wollte, um bei den Männern "mitzuspielen", und der auf diese Weise patriarchale Herrschaftsstrukturen anerkannte. Solche Phantasmen der Gleichberechtigung wurden in den vergangenen Jahrzehnten hinlänglich erprobt. Nun haben die sprinkle sprinkle-Frauen die für sie darin vorgesehene Vielfachbelastung als Zumutung erkannt und verweigern sich ihr. Was regressiv anmutet, ist die Emanzipation von einem männlichen Ideal: Bislang richteten sich alle Bemühungen der "Frauenbefreiung" auf die bestehenden Lebensrealitäten und auf die Rechte der Männer. Doch nun wird die Tatsache, dass Frauen sich männliche Pflichten auferlegten – Lohnarbeit im Spätkapitalismus –, hinterfragt und abgelehnt. Und so wird der Umstand, dass Männer bereit sind, für den Zugang zu weiblichen Körpern oder auch nur für die Illusion ihrer Gesellschaft zu bezahlen, mit zynischer Geringschätzung und in anarchokapitalistischer Manier ausgebeutet. Zwischenmenschliche Beziehungen existieren dabei nur noch als Verfallsform. In einem unfreien System ist die einzig wahre Freiheit der freiwillige Ausstieg. Und die einzig wahre Liebe ist die Selbstliebe.


Aus: "Himmel, was ist Sugardating?" Berit Dießelkämper (23. März 2024)
Quelle: https://www.zeit.de/2024/13/dating-geld-sugardating-feminismus-kapitalismus-liebe
#7
Quote[...] Es waren schreckliche Bilder, die am Freitagabend durch die Sozialen Medien gingen: sie zeigten Männer, die mit gezückten Sturmgewehren durch die Moskauer Konzerthalle Crocus City Hall schritten. Man hört Schüsse und Schreie, und sieht leblose Körper und lodernde Flammen.

Am Morgen nach dem tödlichsten Anschlag in Russland seit 20 Jahren ist noch einiges offen. Alle paar Stunden werden die Opferzahlen nach oben korrigiert – zuletzt auf 115 Tote, darunter drei Kinder, und auf mehr als 100 Verletzte. Unklar ist auch noch, wer genau die inzwischen festgenommenen Angreifer sind. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat den Angriff für sich reklamiert. Der STANDARD hat die wichtigsten Fakten zur Horrornacht zusammengetragen:

Der Schrecken begann am Haupteingang, am Freitagabend kurz vor Konzertbeginn der russischen Rockgruppe Piknik. Wie Augenzeugen berichten, fuhr gegen 20 Uhr lokaler Zeit vor der am Moskauer Stadtrand gelegenen Crocus City Hall in Krasnogorsk ein weißer Van vor. Berichten zufolge stiegen bis zu fünf Männer aus, die tatsächliche Zahl ist noch nicht offiziell bestätigt, und eröffneten sogleich das Feuer auf wartende Menschen vor dem Haupteingang. Dann stürmten sie das Gebäude und schossen weiter um sich.

Zu diesem Zeitpunkt dürften sich bis zu 6.200 Personen in der ausverkauften Crocus City Hall aufgehalten haben. Videos zeigten volle Zuschauerränge auf der aus rotgepolsterten Sitzreihen bestehenden Tribüne. Nach Augenzeugenberichten war die Situation zunächst unübersichtlich, erst allmählich breitete sich die Information über bewaffnete Angreifer wie ein Lauffeuer aus. Videos zeigen, wie Menschen schließlich in alle Richtungen um ihr Leben rannten. Einigen gelang der Ausweg über den Hintereingang hinter der Bühne, wie eine sichtlich geschockte Frau einem russischen Staatssender erzählte.

Im Anschluss legten die Angreifer einen Brand, wie Augenzeugen berichteten. Bald darauf standen große Teile des Gebäudes in Flammen. Gegen 20.45 Uhr (Ortszeit) zeigten unzählige Bilder in den Presseagenturen, eine riesige Rauchsäule aufsteigen. Unbestätigten Berichten zufolge verzögerte sich der Löscheinsatz wegen des verspäteten Eintreffens der Spezialkräfte. Russischen Medienberichten zufolge waren unzählige Menschen in dem Gebäude ohne Fluchtweg gefangen. Erst kurz nach Mitternacht war das Feuer eingedämmt, zuvor waren Teile des Dachs eingestürzt. Auch Löschhubschrauber waren im Einsatz.

Über den Verbleib der Angreifer und ihre Identität war zunächst wenig bekannt. Gegen 22 Uhr (Ortszeit) hatten diverse russische Medien berichtet, dass die Angreifer in einem weißen Fahrzeug entkommen seien. Am Samstagvormittag informierte der russische Geheimdienst FSB den russischen Präsidenten Wladimir Putin, der sich bisher nicht an die Öffentlichkeit gewandt hat, darüber, dass vier "Terroristen" und sieben weitere Personen festgenommen wurden. Derzeit versuche man, ihre Komplizen auszumachen.

Zuvor hatte der Abgeordnete Alexander Khinshtein "vorläufige Informationen" zitiert, wonach die festgenommenen Angreifer in einem Renault-Fahrzeug saßen, das von der Polizei in der Region Brjansk, etwa 340 Kilometer südwestlich von Moskau, am Freitagabend entdeckt wurde und im Zuge einer wilden Verfolgungsjagd gestoppt werden konnte. Zwei der Angreifer seien in den Wald geflüchtet. Sie dürften laut den Kreml-Angaben nun in Gewahrsam sein.

In dem Fahrzeug wurden laut Khinshtein außerdem Waffen sichergestellt, und auch tadschikische Pässe. Tadschikistan hatte zuvor Meldungen, wonach die Angreifer Tadschiken sein, jedoch als "fake" zurückgewiesen. Später hieß es aus der Hauptstadt Dushanbe, dass man mit Moskau in Verbindung stehe.

Zu dem Anschlag bekannte sich noch am Freitagabend die Terrormiliz Islamischer Staat (IS), wie das IS-Sprachrohr Amak am Freitag im Internet unter Berufung auf nicht näher genannte Quellen meldete. Experten gehen davon aus, dass das Bekennerschreiben echt ist. US-Geheimdienste sollen nach Angaben von US-Beamten ebenfalls Informationen dafür haben, dass der IS für den Anschlag verantwortlich ist.

Die USA und unzählige Länder haben den Angriff verurteilt. Die US-Botschaft hatte Anfang März vor Terroranschlägen in Moskau gewarnt. Man verfolge Berichte über Extremisten, die "unmittelbar bevorstehende Pläne" für Angriffe auf große Versammlungen in Moskau hätten - "darunter auch Konzerte", hieß es. Stunden zuvor hatte der russische Inlandsgeheimdienst erklärt, man habe einen Anschlag der mit dem IS verbündeten Miliz "Islamischer Staat Provinz Khorasan" (kurz IS-K) auf eine Synagoge in Moskau vereitelt. Nach Angaben des Experten Colin Clarke von der Denkfabrik Soufan Center hat sich der IS-K in den letzten Jahren "in seiner Propaganda stark auf Russland eingeschossen, und Putin häufig kritisiert".

Trotz IS-Bekennerschreiben wurden am Freitagabend im Internet dennoch zahlreiche wilde Spekulationen und auch antisemitische Verschwörungstheorien verbreitet, die unter anderem eine Verwicklung der Ukraine sahen. Das ukrainische Außenministerium wies das sofort entschieden zurück. Auch die USA mahnten in einer ersten Reaktion, keinen Zusammenhang mit der Ukraine herzustellen. "Es gibt keine Hinweise darauf, dass die Ukraine oder Ukrainer mit den Schüssen zu tun hatten", sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, in Washington.

Auch vom russischen Geheimdienst wird die Theorie einer Verwicklung der Ukraine verbreitet: Die Verdächtigen, die in der Region Brjansk festgenommen wurden, hätten die Absicht gehabt, in die Ukraine "überzutreten" und würden über "Kontakte auf ukrainischer Seite" verfügen, hieß es.

Infolge des Anschlags bleiben am Wochenende alle Theater und Museen in Moskau geschlossen. Im ganzen Land sagten die Behörden Massenveranstaltungen ab.

Am Samstag herrschte in Russland tiefe Betroffenheit. Zahlreiche Menschen folgten Aufrufen, Blut für die Verletzten zu spenden. Reklamebildschirme in diversen Regionen Russlands verbreiteten Trauermeldungen – auch vor der Crocus City Hall, wo die Band Piknik am Vorabend eigentlich ihren neuen Song "Afraid of Nothing" darbieten wollte. (Flora Mory, 23.3.2024)


Aus: "Was wir über den blutigen Anschlag bei Moskau wissen" Flora Mory (23. März 2024)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/3000000212985/was-wir-ueber-den-blutigen-anschlag-bei-moskau-wissen

#8
Quote[...] Der Blick auf den Landwehrkanal führt am Schöneberger Ufer Anfang März über die hässlichen Reste eines Lagers: leere Koffer und umherfliegende Planen. Verlassene Zelte, die wohl einst als Sachspende bei einer Hilfsorganisation an Obdachlose verteilt wurden, lange im Regen standen und nur noch entsorgt werden können.
Nicht ungewöhnlich für Kreuzberg im Frühjahr, wenn das Gestrüpp der Böschungen die Sicht auf heimlich abgeladenen Sperrmüll und Übernachtungsplätze von Wohnungslosen noch nicht überdeckt. Doch haben sich diese Elendsorte ausgedehnt im Vergleich zu früheren Jahren? Wie gehen Berliner Bezirke damit um, wenn sich Armut so sichtbar an zentralen Orten wie hier, in Nähe der Bürotürme des Potsdamer Platzes zeigt?   

,,Obdachlosencamps finden wir überall", schreibt das zuständige Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg. Obwohl keine konkreten Zahlen vorliegen, sei deutlich zu beobachten, dass die Zahl von auf der Straße lebenden Menschen in den vergangenen Monaten und Jahren zugenommen habe. Gestiegene Einsatzzeiten des Ordnungsamtes zur Auflösung von illegalen Zeltlagern sprächen für diese Annahme. Gleichzeitig bemerkt das Amt eine ,,gestiegene Sensibilität der Bevölkerung", was wohl nichts anderes heißt als: Man beschwert sich über Müll, Lärm, Belästigungen oder Gerüche. Wie viel Abfall diese Lager in Böschungen und Grünanlagen hinterlassen, kann der Bezirk nicht beziffern.
Nach Einschätzung des Berliner Caritasverbandes kommen viele Obdachlose in Berlin aus Osteuropa –  darunter Bulgaren, Rumänen und Polen: ,,Im Winter stehen viele Zelte leer, weil eine Übernachtung dort zu kalt ist", schreibt Sprecher Thomas Gleißner. Im Frühjahr füllten sich die Zelte erfahrungsgemäß. Die Caritas ist seit 30 Jahren mit einem breiten Angebotsspektrum in der Berliner Obdachlosenhilfe aktiv. Die Hilfsorganisation beteiligt sich unter anderem an der Kältehilfe, bietet Wärmestuben, medizinische Hilfen und aufsuchende Sozialarbeit.

Barbara Breuer von der Berliner Stadtmission nennt mehrere Gründe, warum Obdachlose Zelte an Fluss- oder Kanalufern aufschlagen und angebotene Notunterkünfte ablehnen. Es gebe Menschen, die abtauchen wollten und Behördenkontakte vermieden. Andere wollten mit ihrem Hund allein bleiben. Psychische Erkrankungen hätten seit Corona unter Obdachlosen zugenommen. ,,Immer häufiger sind Trennungsgeschichten der Grund für Obdachlosigkeit", sagt Breuer. Aus ein paar Wochen Couchsurfing im Sommer finden Menschen wegen der Wohnungsnot nicht mehr zurück in ein neues Zuhause. Mehr als die Hälfte der Gäste in den Notunterkünften der Stadtmission stammten in der Kältesaison 2022-2023 aus Osteuropa.
Entlang der Hochbahn, an Verkehrsknotenpunkten und am Landwehrkanal werden besonders häufig Zelte entdeckt. Bei einem von mehreren Bränden starb im vergangenen Jahr ein Mann in seinem Zelt am Tempelhofer Ufer. Man wärmt sich an offenen Feuern, kocht Dosensuppe auf. Müll und Fäkalien verdrecken die Uferzone.

Ein Blick über die Meldungen der Ordnungsämter bestätigt die Beobachtungen. ,,Es geht so nicht", heißt es im Februar in einer Beschwerde aus der Anwohnerschaft des Waterloo-Ufers. Nach mehreren Beschwerden wegen zurückgelassener Zelte sei nun erneut ein Lager gegründet worden. ,,Dies führt bei uns im Hof zu Vermüllung, wir haben Ratten und werden lärmbelästigt." Die Behörde reagierte wieder anders als erhofft: ,,Status: Erledigt", steht an der Meldung. Wohl wegen der Ratten schob man das Problem zum Gesundheitsamt. Ähnliche Meldungen finden sich auch über das Spreeufer, teilweise wurden offenbar Zelte bis auf Gehwege gestellt.
Wenn Müll länger in den Uferbereichen liegen bleibt, könnte das auch mit komplizierten Zuständigkeiten zu tun haben. Vom Grundsatz her, so erklärt die für Friedrichshain-Kreuzberg zuständige Stadträtin Annika Gerold (Grüne), verantworte das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt die Reinigung dieser Bereiche. In Gerolds Antwort auf eine Anfrage der CDU-Bezirksverordneten Hoda Alwan heißt es einschränkend: Nur ,,wenn die Fläche nicht öffentlich zugänglich ist, das heißt eingezäunt ist", erkläre sich das Schifffahrtsamt für zuständig. Andernfalls stehe die Umweltverwaltung in der Verantwortung.

Müll, Obdachlose, Zelte und offene Feuer. Hoda Alwan, die ihre ganze Kindheit am Landwehrkanal verbracht hat, kennt die Situation dort kaum anders, wie sie sagt. Ihrem Eindruck zufolge sind die Probleme dort mit den Jahren größer geworden. Die wachsenden Beschwerden aus der Anwohnerschaft gelangen auch in ihr Postfach. Wegen der wechselnden Zuständigkeiten sei das Bezirksamt in vielen Fällen machtlos.
In Neukölln spricht das Bezirksamt von einer Verschärfung der Lage. Obdachlose Menschen und Ansammlungen von Zelten seien zunehmend sichtbar, an einigen Orten ,,vergleichsweise dauerhaft". Das Maybachufer zwischen Weichselplatz und Thielenbrücke gilt als einer dieser Bereiche, ähnlich wie der Fußgängersteg Britzer Tor. Für Kurzaufenthalte nutzen Zeltende auch immer wieder die Parks des Bezirks.

Zelte in Grünanlagen oder unter Brücken muss man auch in Mitte nicht lange suchen. Die Streifen des Ordnungsamts verteilen zunächst Infoflyer an Wohnungslose, sofern man diese in ihren Lagern überhaupt antrifft. Zumeist seien die Behausungen verlassen, schreibt die Pressestelle, wenn der Außendienst zweimal wöchentlich an üblichen Orten vorbeischaut. Mitarbeitende der Sozialen Wohnhilfe und Sozialarbeiterinnen oder Sozialarbeiter des Trägers Gangway e.V. sollen sich anschließend verstärkt um Menschen an den Zeltstandorten kümmern, sie von alternativen Unterbringungsmöglichkeiten überzeugen. Auch anstehende Räumungen werden auf diese Weise kommuniziert.

Ähnlich verfährt man in Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln. Räumungen im letztgenannten Bezirk müssen in der Regel eine ,,erhebliche Beschwerdelage" und erfolglose Versuche vorausgehen, die Zeltenden in Hilfseinrichtungen zu vermitteln. Rechtlich stützt sich die Räumung von Camps auf Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder Gefahren für die Allgemeinheit wie Brand, Belästigungen, Müll und Ungeziefer.
Trotz der Räumungen wissen auch die Ämter, dass viele Betroffene wieder an dieselben Orte zurückkehren. Ein Platzverweis ist nur 24 Stunden wirksam. Mit ordnungsbehördlichen Mitteln sei das stadtweite Problem der Obdachlosigkeit nicht zu lösen, heißt es aus Friedrichshain-Kreuzberg. Stattdessen will der Bezirk mehr ganzjährige Notübernachtungsangebote wie das ,,Ohlauer 365" am Standort der ehemaligen Gerhart-Hauptmann-Schule schaffen und mehr Mittel für aufsuchende Sozialarbeit bereitstellen.

Im Modellprojekt ,,Safe Places" werden Obdachlose vorübergehend in ,,Tiny Houses" hinter dem Ostbahnhof untergebracht und betreut. Ziel des niedrigschwelligen Angebots ist, Obdachlosen eine Perspektive auf eigenen Wohnraum zu geben. Auch Neukölln hat ein vergleichbares Projekt.
Mit einem ,,Leitfaden zum Umgang mit Obdachlosigkeit im öffentlichen Raum" versucht Neukölln, mehr Transparenz in das wachsende Problem zu bringen. An besonders schützenswerten Orten wie Friedhöfen, Spielplätzen, Kitas und Schulen sollen campierende Wohnungslose schnellstmöglich geräumt werden, heißt es darin. Bis 9 Uhr morgens, damit sich die Betroffenen eine andere Bleibe suchen können.


Aus: "Leere Koffer, Müll und verlassene Zelte: Das Elend wird in Berlin immer sichtbarer" Henning Onken (22.03.2024)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/leere-koffer-mull-und-verlassene-zelte-berliner-bezirke-klagen-uber-immer-mehr-obachlosenlager-11325655.html
#9
Quote[...] Ein deutscher Staatsbürger hatte bei der Stadt Wiesbaden einen neuen Personalausweis beantragt. Seit mehr als zwei Jahren ist dabei in Deutschland jeder verpflichtet, seine Fingerabdrücke abzugeben (§ 5 Abs. 5 und Abs. 9, § 9 Abs. 3 Personalausweisgesetz). Deutschland entspricht damit einer Verordnung der EU. Mit der Abgabe seiner Fingerabdrücke war der Mann aber nicht einverstanden. Ihm einen Personalausweis ohne Aufnahme seiner Fingerabdrücke auszustellen, verweigerte die Stadt Wiesbaden jedoch. Dagegen wehrte sich der Deutsche vor dem Verwaltungsgericht (VG) Wiesbaden.

Das VG war sich selbst nicht ganz sicher und legte den Fall nach Art. 267 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) vor. Der sollte insbesondere klären, ob die Verpflichtung zur Aufnahme und Speicherung von Fingerabdrücken in Personalausweisen gemäß Art. 3 Abs. 5 der Verordnung zur Erhöhung der Sicherheit der Personalausweise (Verordnung 2019/1157 vom 20. Juni 2019) gegen das Grundrecht auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten verstößt.

Das verneinte der EuGH am Donnerstag (Urt. v. 21.03.2024, Az. C-61/22). Die Verpflichtung zur Aufnahme von zwei Fingerabdrücken in Personalausweisen sei mit den Grundrechten auf Achtung des Privatlebens (Art. 7 EU-Grundrechtecharta (GRCh)) und auf Schutz personenbezogener Daten (Art. 8 GRCh) vereinbar.

Die Verpflichtung zur Abgabe der Fingerabdrücke stelle zwar eine Einschränkung der durch die GRCh garantierten Grundrechte dar. Diese Einschränkung sei jedoch durch die dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen gerechtfertigt, so der EuGH. Die zusätzlich genommenen Fingerabdrücke sollten die Herstellung gefälschter Personalausweise und den Identitätsdiebstahl bekämpfen sowie die Interoperabilität der staatlichen Überprüfungssysteme etwa bei Reisen im EU-Inland gewährleisten, so der EuGH.

Davon profitierten die EU-Bürger sogar, findet der EuGH. Weil die Fingerabdrücke die Herstellung gefälschter Personalausweise und den Identitätsdiebstahl verhinderten, leiste die Verpflichtung zur Abgabe der Fingerabdrücke sogar einen Beitrag zum Schutz des Privatlebens der betroffenen Personen als auch im weiteren Sinne zur Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus, befand das Gericht. Außerdem könnten Unionsbürger sich dadurch auf zuverlässige Weise identifizieren, sodass die Verpflichtung zudem die Ausübung ihres Rechts auf Freizügigkeit und Aufenthalt in der Europäischen Union erleichtere.

Das luxemburgische Gericht war zudem überzeugt, die Aufnahme allein eines Gesichtsbilds sei ein weniger wirksames Identifizierungsmittel als die zusätzlich zu diesem Bild erfolgende Aufnahme von zwei Fingerabdrücken. Alterung, Lebensweise, Erkrankung oder ein chirurgischer Eingriff könnten nämlich die anatomischen Merkmale des Gesichts verändern.

Der EuGH erklärte die Verordnung, die die Pflicht zur Abgabe von Fingerabdrücken vorsieht, allerdings trotzdem für ungültig. Der Grund: Die in Rede stehende Verordnung (EU) 2019/1157 wurde auf die falsche Rechtsgrundlage gestützt und infolgedessen nach dem falschen, d. h. nach dem ordentlichen statt nach einem besonderen Gesetzgebungsverfahren erlassen. Das Europäische Parlament und der Rat hatten die Verordnung nämlich auf der Grundlage von Art. 21 Abs. 2 AEUV erlassen. Die richtige Rechtsgrundlage sei jedoch die spezifischere Bestimmung des Art. 77 Abs. 3 AEUV. Diese Bestimmung sieht ein besonderes Gesetzgebungsverfahren und insbesondere die Einstimmigkeit im Rat vor.

Die Ungültigerklärung der Verordnung mit sofortiger Wirkung könnte nach Auffassung des EuGH aber "schwerwiegende negative Folgen für eine erhebliche Zahl von Unionsbürgern und für ihre Sicherheit haben". Daher hält der Gerichtshof die Wirkungen der Verordnung bis zum Inkrafttreten einer neuen, auf die richtige Rechtsgrundlage gestützten Verordnung innerhalb einer angemessenen Frist, längstens bis zum 31. Dezember 2026, aufrecht.

Jetzt ist wieder das VG Wiesbaden an der Reihe und muss über den konkreten Fall entscheiden und dabei die Vorgaben des EuGH vom Donnerstag berücksichtigen.

cho/LTO-Redaktion


Aus: "EU-Bürger müssen Fin�ger�ab�drücke nehmen lassen" (21.03.2024)
Quelle: https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/eugh-c6122-personalausweis-fingerabdruck-pflicht-rechtmaessig/
#10
Quote[...] Das Deutsche Studierendenwerk (DSW) fordert angesichts gestiegener Mietpreise, die Wohnkosten-Pauschale im Bafög für Studierende zu erhöhen. "Die Frage, an welcher Hochschule ich studieren kann, hängt mehr und mehr davon ab, ob ich mir die Miete in der Stadt überhaupt leisten kann", teilte das DSW mit. Nach einer Studie des Moses Mendelssohn Instituts reicht in 73 der 90 untersuchten Städte der Bafög-Satz nicht mehr für ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft.

Der Studie zufolge müssen Studenten aktuell im Durchschnitt 479 Euro Warmmiete im Monat für ein WG-Zimmer bezahlen. Dies entspricht etwa sieben Euro mehr als zu Beginn des Wintersemesters und fast fünf Prozent mehr im Vergleich zum Sommersemester 2023. Die Bafög-Wohnungspauschale beträgt 360 Euro für Studierende, die nicht bei den Eltern wohnen. Eine Erhöhung seitens des Bundesbildungsministeriums ist nicht geplant. "Das Parlament muss hier das untätige Ministerium beherzt korrigieren", forderte das DSW.

Die Studie zeigt auch, wie die Wohnkosten im Zeitraum von Sommersemester 2023 bis zum bevorstehenden Start des Sommersemesters 2024 in den größten Universitätsstädten angestiegen sind: in München von 740 Euro auf 760 Euro, in Berlin von 640 Euro auf 650 Euro und in Frankfurt am Main von 580 Euro auf 670 Euro.

Die SPD-Bundestagsfraktion machte angesichts der Zahlen Druck für die im Koalitionsvertrag vereinbarte Verlängerung der Mietpreisbremse. "Wenn Studierende jeden Monat 760 Euro und mehr für ein WG-Zimmer bezahlen müssen, ist ein Studium für viele schlichtweg unbezahlbar", sagte die SPD-Mietrechtsexpertin Zanda Martens. "Hier muss mit einem sozialen Mietrecht lenkend eingegriffen werden: Der Bundesjustizminister muss deshalb dringend tätig werden."

Das Moses Mendelssohn Institut wertet in Zusammenarbeit mit dem Onlineportal WG-gesucht.de Inserate mit Angeboten und Suchanfragen für Wohngemeinschaften aus. Die Auswertung umfasst nach eigenen Angaben alle Hochschulstandorte Deutschlands mit mindestens 5.000 Studierenden ohne Fern- und Verwaltungshochschulen. Die Studie geht davon aus, dass die Preise sich nach deutlichen Anstiegen in den vergangenen Jahren nun stabilisieren.


Aus: "Bafög reicht meist nicht mehr für WG-Zimmer" (20. März 2024)
Quelle: https://www.zeit.de/campus/2024-03/bafoeg-wohngeld-wg-zimmer-miete-deutsches-studierendenwerk

Quotehansi55

Das sind gute Nachrichten. So werden die ärmeren Schulabgänger vom Studieren weiter abgehalten und die Privilegierten bleiben in den Unis schön unter sich. Wer soll denn die ganzen doofen Jobs machen, wenn Krethi und Plethi auf einmal anfangen Juristen usw zu werden?


QuoteWeidels Ex

Wir brauchen Handwerker viel dringender als noch mehr Philosophen und Politikwissenschaftler.


Quoteein_zimmer_ohne_balkon

... Das schönste an dem System ist, dass man aus BAföG fliegt, wenn man zu langsam studiert, weil man nebenbei arbeiten muss. ...


QuoteMitteWähler

Dann müssen die Studenten eben wieder nahe des Elternhauses studieren oder anstatt nach dem Abi erstmal 1 Jahr im Ausland zur Selbstfindung verbringen eben mal 1 Jahr arbeiten und sich Ersparnisse zulegen.


QuoteMegatrønder

Hab ich damals (2010/11) gemacht. Macht mein kleiner Bruder jetzt. Ein Jahr Ersparnisse sind quasi sofort weg, und dann steht man da.


Quotesryke

So ganz verstehe ich die Aufregung nicht. Bin Unterschichtenkind und musste neben dem Studium arbeiten. Gewohnt habe ich einem Zimmer, was heute vermutlich nicht mal mehr als Loch bezeichnet würde. Kannte viele, bei denen es ohne Arbeit nebenbei nicht anders gegangen wäre. Immerhin haben wir keine Studiengebühren in Deutschland, könnte also noch schlimmer sein.

Nein, bin für Boomer zu jung.


QuoteJ.P._Merz

Ich hatte kein Bafög bekommen und von meinen Arbeiter-Eltern auch nichts. Daher musste ich im Studium arbeiten gehen und mich zudem finanziell einschränken. Manchmal habe ich das Gefühl, dass heute jeder erwartet ein relativ angenehmes Durchschnittsleben finanziert zu bekommen. Naja, aus eigener Erfahrung bin ich für ein elternunabhängiges Bafög - dieses aber auf niedrigem Niveau. Um meine Mutter zu zitieren (damals Vollzeit Putzfrau und nebenberuflich Putzfrau, 50h/Woche): "Wenn du Geld brauchst, geh arbeiten."


QuoteWorld-Traveller

War ja klar, dass bei WG-Zimmern genauso Profit gemacht wird, wie ganz allgemein auf dem Wohnungs- und Mietmarkt. Die rasanten Preissteigerungen haben ja auch Bestandsmieten betroffen, obwohl die Investitionen ja längst abgeschrieben waren. Mit Index Mieten, Möblierungen und Mietspiegeln steigen die Mieten von ganz alleine. Immobilien sind eben Spekulationsobjekte und Spekulanten wollen Gewinne machen.


QuotePeggy Bundy

Also zu meiner Zeit hat ein WG Zimmer 500-600€ gekostet, die Pauschale vom Bafög waren 150€ oder so. Der Bafög-Höchstsatz waren 550€. Man hatte neben dem Studium noch einen Nebenjob (oder reiche Eltern...).


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