COMMUNICATIONS LASER #17

Laser#17 - Fraktal Text Akkumulation => Global-Politix und Micro-Welt, Randnotizen und Fussnoten => Topic started by: Textaris(txt*bot) on March 19, 2008, 10:15:30 AM

Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 19, 2008, 10:15:30 AM
Quote" ... Die Würde des Menschen stellt den obersten Verfassungsgrundsatz dar, an dem folglich alle staatliche Gewalt ihr Handeln auszurichten hat. Sie ist daher Maßstab für Legislative, Exekutive und Judikative. Der Staat hat alles zu unterlassen, was die Menschenwürde beeinträchtigen könnte. ..."

Aus: "Artikel 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland" (24. April 2012)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Artikel_1_des_Grundgesetzes_f%C3%BCr_die_Bundesrepublik_Deutschland (http://de.wikipedia.org/wiki/Artikel_1_des_Grundgesetzes_f%C3%BCr_die_Bundesrepublik_Deutschland)

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QuoteDass Regime und Bevölkerung eins seien, das ist die Schutzbehauptung jedes totalitären Regimes.

(Heinrich August Winkler)

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Quote,,Ich weiß .. nicht, ob die Menschenwürde verliert, wer von Polizeileuten geprügelt wird. Doch bin ich sicher, dass er schon mit dem ersten Schlag, der auf ihn niedergeht, etwas einbüßt, was wir ...vorläufig das ,Weltvertrauen' nennen wollen."

Jean Améry, gestorben am 17.10.1978


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Quote[...] Am 3. März 1902 wurde Rudolf Mandrella in Auschwitz/Oberschlesien geboren. Die Nazis richteten ihn am 3. September 1943 im Zuchthaus Brandenburg-Görden hin. 1936 hatte Mandrella geheiratet und zog seine drei Kinder in der Königswinterstraße 24 in Karlshorst groß.

Er war am Amtsgericht in Köpenick angestellt und wurde am 1. September 1939 Amtsgerichtsrat ernannt. ,,Durch seinen Glauben geriet Mandrella zunehmend in Widerspruch mit der Naziideologie, besonders durch das Verbot und die Zwangsauflösung der katholischen Jugendreformbewegung Quickborn im Jahr 1939", wie das Museum Lichtenberg in einer Biografie schreibt.

Um einer Einberufung zur Wehrmacht zu entgehen, meldete sich Mandrella 1941 freiwillig zu Marine. Nach einer kurzen Ausbildung in Kiel wurde er im Juli 1941 nach Stettin versetzt. In einem kleinen Kreis von Soldaten äußerte er sich kritisch über den Nationalsozialismus, was durch einen Spitzel auffiel. Mandrella wurde verhaftet und später hingerichtet.

In der Urteilsbegründung stand unter anderem, der Angeklagte sei ein ,,ausgesprochener Gegner der nationalsozialistischen Weltanschauung und Staatsführung" und habe ,,in schärfster Weise Maßnahmen der Führung auf politischem und militärischem Gebiet" kritisiert.

In Folge davon seien Soldaten in ihrem ,,Glauben an den Sieg schwankend" geworden. Mandrella wurde mit der Feststellung zitiert, es habe ,,in der Geschichte keine ähnliche Barbarei wie die jetzige deutsche Judenverfolgung" gegeben. Dies alles sei bei Zusammenkünften katholischer Wehrmachtangehöriger geäußert worden.

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Aus: "Gedenken an Rudolf Mandrella" Robert Klages (24.08.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/bezirke/antifaschist-wurde-von-den-nazis-hingerichtet-gedenken-an-rudolf-mandrella-10357330.html (https://www.tagesspiegel.de/berlin/bezirke/antifaschist-wurde-von-den-nazis-hingerichtet-gedenken-an-rudolf-mandrella-10357330.html)

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QuoteBestimmte Herrschaftsbeziehungen blieben im kollektiven Unterbewusstsein.

(Dr. Claudio Guimaraes dos Santos)

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Quote26. Oktober 2011 15:37
"Es ist gefährlich, Recht zu haben, wenn die Regierung Unrecht hat." OFi

Original franz.: Il est dangereux d'avoir raison dans des choses où
des hommes accrédités ont tort.

Wörtlich übersetzt: Es ist gefährlich in Dingen recht zu haben, in denen die etablierten Autoritäten
unrecht haben. Voltaire (http://de.wikiquote.org/wiki/Voltaire)


Kommentar zu: "CCC kritisiert neue Staatstrojaner-Version"
http://www.heise.de/security/news/foren/S-Es-ist-gefaehrlich-Recht-zu-haben-wenn-die-Regierung-Unrecht-hat/forum-214474/msg-20982350/read/ (http://www.heise.de/security/news/foren/S-Es-ist-gefaehrlich-Recht-zu-haben-wenn-die-Regierung-Unrecht-hat/forum-214474/msg-20982350/read/)

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Quote[....] Offiziell wird der 34-Jährige des "Aufrufs zur Untergrabung der Staatsgewalt" bezichtigt. [...] Nach Angaben seines Anwalts sind die Vorwürfe gegen Hu Jia nicht gerechtfertigt. "Obwohl die Kritik scharf war, glauben wir nicht, dass sie darauf ausgerichtet war, zur Untergrabung der Staatsgewalt aufzurufen", sagte Li Fangping. Zur rund dreieinhalbstündigen Verhandlung am Dienstag sei lediglich Hu Jias Mutter zugelassen gewesen. Seine Frau Zeng Jinyan, mit der Hu Jia eine wenige Monate alte Tochter hat, durfte demnach nicht teilnehmen.

Die EU-Präsidentschaft und Menschenrechtsorganisationen hatten den Prozess am Montag kritisiert und China aufgefordert, alle Autoren und Journalisten freizulassen, die "wegen ihrer Berichterstattung über Menschenrechtsverletzungen" verhaftet wurden. Hu Jia, der sich auch für die Rechte von HIV-Infizierten eingesetzt hatte, war nach langem Hausarrest im Dezember festgenommen worden. Zuvor hatte er über das Internet an einer Anhörung des EU-Parlaments über Chinas Menschenrechte teilgenommen. (dpa) / (anw/c't)


Aus: "Prozess gegen Bürgerrechtler Hu Jia hat begonnen" (18.03.2008)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/Prozess-gegen-Buergerrechtler-Hu-Jia-hat-begonnen--/meldung/105208 (http://www.heise.de/newsticker/Prozess-gegen-Buergerrechtler-Hu-Jia-hat-begonnen--/meldung/105208)

Quote[...] China hat im vergangenen Jahr in mehr als 20 Millionen Fällen Menschen verboten, mit dem Zug oder Flugzeug zu reisen, wie jüngst die Tagesschau berichtete. Der Grund: Die Betroffenen hatten ein zu schlechtes Sozialpunkte-Konto (Was es heißt, auf die Blacklist des chinesischen Sozialkreditsystems zu kommen: https://www.heise.de/tp/features/Was-es-heisst-auf-die-Blacklist-des-chinesischen-Sozialkreditsystems-zu-kommen-4315364.html (https://www.heise.de/tp/features/Was-es-heisst-auf-die-Blacklist-des-chinesischen-Sozialkreditsystems-zu-kommen-4315364.html)).


Aus: "Orwell lässt grüßen: China vor dem Nationalen Volkskongress" Arno Kleinebeckel (05. März 2019)
Quelle: https://www.heise.de/tp/features/Orwell-laesst-gruessen-China-vor-dem-Nationalen-Volkskongress-4326212.html (https://www.heise.de/tp/features/Orwell-laesst-gruessen-China-vor-dem-Nationalen-Volkskongress-4326212.html)

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Quote[...] "We do not have a police state here, despite some of the ridiculous headlines," Straw told BBC radio.


From: "'Police state' fears absurd, insists Straw" (gulf-times.com, 2/12/2008)
Quelle: http://www.gulf-times.com/site/topics/article.asp?cu_no=2&item_no=258088&version=1&template_id=38&parent_id=20 (http://www.gulf-times.com/site/topics/article.asp?cu_no=2&item_no=258088&version=1&template_id=38&parent_id=20)

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Quote[...] Zwölf Jahre dauerte die Untersuchung, und ihre Arbeit verschlang knapp 200 Millionen Pfund. Doch das Ergebnis, zu dem der Saville-Ausschuss über den "Bloody Sunday", den Blutsonntag von Londonderry kam, hätte deutlicher und unzweideutiger nicht ausfallen können: Es waren Soldaten der britischen Armee, die am 30. Januar 1972 in dieser nordirischen Stadt den ersten Schuss abfeuerten, und sie waren von Demonstranten weder bedroht noch gefährdet gewesen. Dreizehn Menschen waren an jenem Tag erschossen worden, 14 weitere wurden verletzt. Sie alle waren unbewaffnete Zivilisten.

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Quotetomwaits4u schreibt

38 Jahre?

Na ja. Besser als nie. ...



Aus: "Entschuldigung für den "Bloody Sunday"" Von Wolfgang Koydl (15.06.2010)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/politik/bericht-zu-massaker-in-nordirland-entschuldiung-fuer-den-bloody-sunday-1.959951 (http://www.sueddeutsche.de/politik/bericht-zu-massaker-in-nordirland-entschuldiung-fuer-den-bloody-sunday-1.959951)

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Quote[...] Premier David Cameron hatte sich im Unterhaus für die ,,ungerechtfertigte und nicht zu rechtfertigende" Aktion der Staatsorgane entschuldigt.


Aus: "Nordirland: Mehr als nur eine Wahrheit" Von Matthias Thibaut (17.06.2010)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/politik/nordirland-mehr-als-nur-eine-wahrheit/1861878.html (http://www.tagesspiegel.de/politik/nordirland-mehr-als-nur-eine-wahrheit/1861878.html)

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Quote[...] Nach Angaben der Armee wurde im Katholikenviertel Bogside aus den Reihen der Demonstranten das Feuer auf die Soldaten eröffnet, welches diese erwiderten. Allerdings steht dies in deutlichem Widerspruch zu Aussagen von Teilnehmern des Protestzuges sowie zu der Tatsache, dass kein Soldat verletzt, fünf Demonstranten aber von hinten getroffen wurden. Unklar ist bis heute, welche militärische Rolle den rund 30 beteiligten Fallschirmjägern, die für eine polizeiliche Absicherung des Zuges nicht ausgebildet waren, an diesem Tage zugedacht war. Gesichert ist, dass nach dem Befehl zur Feuereinstellung noch etwa 100 Schüsse abgegeben wurden.

[...] Eine erste Untersuchung des Vorfalls durch Lord Widgery drei Monate später entlastete die Armeeführung und die beteiligten Soldaten. Da allerdings starke Zweifel an der Neutralität der Untersuchungskommission bestanden, wurde dieses Ergebnis von den meisten irischen Beobachtern abgelehnt. Der Name Widgery sowie der Ort Coleraine, an dem die Untersuchung stattfand, sind daher in Nordirland zu Synonymen für Behauptungen der britischen Armee geworden, die mit den Beobachtungen vieler Zeugen offensichtlich nicht übereinstimmten.
The Guildhall in Derry, Ort der 2. Untersuchung (1998–2010) durch Lord Saville

Im Januar 1998 kündigte der damalige Premierminister Tony Blair angesichts andauernden Protests von Angehörigen gegen die ersten Untersuchungen eine Revision unter Lord Saville an. Der Untersuchungsbericht, der sogenannte Saville-Report, wurde am 15. Juni 2010 veröffentlicht und belegt, dass die britischen Soldaten zuerst geschossen haben und nicht zuvor beschossen worden sind. Anlässlich der Vorstellung des 5000 Seiten umfassenden Berichtes bat Premierminister David Cameron im Namen der britischen Regierung um Verzeihung für die tödlichen Schüsse. Er bedauerte die Gewaltanwendung der britischen Armee zutiefst und bezeichnete das Handeln der Soldaten als ungerechtfertigt und unvertretbar.

[...] In Folge des Blutsonntags verschärfte sich der Nordirlandkonflikt deutlich, die IRA verübte mehrere Anschläge als Racheakte. Nach Bekanntwerden der Ereignisse stürmte eine wütende Menge die britische Botschaft in Dublin und brannte sie bis auf die Grundmauern nieder. 1972 wurde zum blutigsten Jahr des Nordirlandkonflikts.

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Die Opfer: Denkmal für die Opfer in Derry - Die einzelnen Toten und ihr Schicksal:

    * Jackie Duddy (17 Jahre alt) wurde auf dem Parkplatz des Rossville-Wohnblocks durch einen Schuss in die Brust getötet. Vier Zeugen sagten später aus, dass er unbewaffnet war und vor den Soldaten wegrannte. Drei von ihnen sahen einen Soldaten, der bewusst auf ihn zielte.

    * Patrick Doherty (31 Jahre alt) wurde von hinten erschossen, als er versuchte, sich kriechend auf dem Vorplatz des Rossville-Wohnblocks in Sicherheit zu bringen. Sekunden bevor er starb, wurde er von dem französischen Fotografen Gilles Peress fotografiert. Die Fotografien zeigen, dass er unbewaffnet war.

    * Bernard McGuigan (41 Jahre alt) wurde von hinten in den Kopf geschossen, als er versuchte, Patrick Doherty zu helfen. Er winkte mit einem weißen Taschentuch, um den Soldaten zu zeigen, dass er friedvolle Absichten hatte.

    * Hugh Gilmour (17 Jahre alt) wurde in die Brust geschossen, während er auf der Rossville Street von den Soldaten weglief. Er wurde Sekunden, nachdem er getroffen wurde, fotografiert. Zeugen sagten aus, dass er unbewaffnet war.

    * Kevin McElhinney (17 Jahre alt) wurde von hinten erschossen, während er versuchte, sich im Vordereingang des Rossville-Wohnblocks in Sicherheit zu bringen. Zwei Zeugen sagten aus, dass er unbewaffnet war.

    * Michael Kelly (17 Jahre alt) stand nahe der Trümmer-Barrikade vor dem Rossville-Wohnblock, als man ihm in den Bauch schoss. Er war unbewaffnet.

    * John Young (17 Jahre alt) wurde in den Kopf geschossen, als er nahe der Trümmer-Barrikade vor dem Rossville-Wohnblock stand. Zwei Zeugen sagten aus, dass er unbewaffnet war.

    * William Nash (19 Jahre alt) stand in der Nähe der Barrikade, als man ihm in die Brust schoss. Zeugen sagten aus, dass er unbewaffnet war und anderen helfen wollte, als er erschossen wurde.

    * Michael McDaid (20 Jahre alt) wurde ins Gesicht geschossen, als er sich von den Soldaten wegbewegte. Die Flugbahn der Kugel, welche ihn traf, deutet an, dass er von Soldaten, die auf den Derry Walls positioniert waren, erschossen wurde.

    * James Wray (22 Jahre alt) wurde zunächst nur verwundet und anschließend aus kurzer Entfernung erschossen, als er auf dem Boden lag. Augenzeugen sagten aus, dass er nicht mehr in der Lage war, seine Beine zu bewegen, als man auf ihn schoss.

    * Gerald Donaghy (17 Jahre alt) wurde in den Bauch geschossen, als er versuchte, sich zwischen Glenfada Park und Abbey Park in Sicherheit zu bringen. Er wurde in ein nahe gelegenes Haus gebracht, wo ihn ein Arzt untersuchte. Seine Taschen wurden nach außen gewendet, als man versuchte, ihn zu identifizieren. Ein späteres Foto der Polizei von seiner Leiche zeigte Nagelbomben in seinen Taschen. Weder die, die seine Taschen durchsucht hatten, noch der britische Armee-Arzt, welcher seinen Tod feststellte, konnten sich an diese Bomben erinnern. Gerald Donaghy war Mitglied der IRA-nahen Fianna Éireann, einer republikanischen Jugendbewegung.

    * Gerald McKinney (35 Jahre alt) wurde kurz nach Gerald Donaghy erschossen. Zeugen sagten aus, dass er hinter Donaghy rannte. Er riss seine Arme hoch und schrie ,,Don't shoot!" [Nicht schießen], als er sah, wie Donaghy zu Boden ging. Darauf wurde ihm in die Brust geschossen.

    * William McKinney (26 Jahre alt, nicht mit Gerald McKinney verwandt) wurde in den Rücken geschossen, als er versuchte, Gerald McKinney zu helfen.

John Johnston (59 Jahre alt) wird von manchen Quellen zu den Opfern dieses Tages gezählt. Er wurde bereits 15 Minuten, bevor das Feuer auf die Demonstranten eröffnet wurde, in der William Street angeschossen. Johnston erlag vier Monate später einem Hirntumor. Manche Quellen brachten seinen Tod mit den Verletzungen in Verbindung, die er sich an diesem Tag zuzog. Die Saville-Kommission vermutete, dass kein Zusammenhang bestand.

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Blutiger Sonntag (Nordirland 1972)
http://de.wikipedia.org/wiki/Blutsonntag_%28Nordirland_1972%29 (http://de.wikipedia.org/wiki/Blutsonntag_%28Nordirland_1972%29)


Bloody Sunday: "Er rief: 'Michael wurde getroffen'"
Schüsse auf Schutzlose: Vor 40 Jahren demonstrierten im nordirischen Derry Tausende Menschen für Bürgerrechte. Was als friedlicher Protest begann, endete in einem Blutbad. Bei einestages erinnert sich John Kelly an die Hetzjagd durch britische Soldaten - und den Kugelhagel, in dem sein Bruder starb. Von Christian Gödecke (27.1.2012)
http://einestages.spiegel.de/static/authoralbumbackground/24274/_er_rief_michael_wurde_getroffen.html

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Quote[...] Majestätsbeleidigung (lat. crimen laesae maiestatis) ist in einer Monarchie die vorsätzliche Beleidigung oder Tätlichkeit, die gegen einen regierenden Monarchen verübt wird. Im weiteren Sinn kann darunter modern auch die Beleidigung eines Staatsoberhauptes begriffen werden. Wenn etwa in Deutschland die Verunglimpfung des Bundespräsidenten nach § 90 StGB strafbar ist, so ist das Vorbild in der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Majestätsbeleidigung zu suchen.

... Im Zeitalter des Absolutismus, als der von Gottes Gnaden herrschende Monarch oft das Symbol des Staates selbst war, war die Majestätsbeleidigung, die dann der Aberkennung der vom Gesetz und Gott gegebenen Regierung gleichstand, ein Staatsverbrechen, das häufig mit der Todesstrafe geahndet wurde.

Im Deutschen Reich wurde nach dem Strafgesetzbuch von 1871 die Tat mit lebenslänglichem Zuchthaus oder lebenslänglicher Festungshaft, in minder schweren Fällen mit zeitlicher Zuchthaus- oder Festungsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft, die einfache Beleidigung mit Gefängnis von zwei Monaten bis zu fünf Jahren oder mit Festungshaft bis zu fünf Jahren.

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Aus: "Majestätsbeleidigung" (23. Februar 2011)
http://de.wikipedia.org/wiki/Majest%C3%A4tsbeleidigung (http://de.wikipedia.org/wiki/Majest%C3%A4tsbeleidigung)


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Quote[...] ab 1963 sammelten die Ermittler Informationen über rund 7000 ehemalige Mitarbeiter des Reichssicherheitshauptamts. 16 Karten ragen aus der Wand hervor, sie stehen für diejenigen Beamten aus der Terrorzentrale der Nazis, die sich in einem Strafverfahren verantworten mussten. Drei Karten heben sich noch ein Stück weiter ab: Das sind die, die ein Urteil bekamen - 3 von 7000.

... 1933 bezog die Geheime Staatspolizei die Kunstgewerbeschule in der Prinz-Albrecht-Straße 8. Das benachbarte Hotel Prinz Albrecht diente ab 1934 als SS-Zentrale, im selben Jahr nahm der Sicherheitsdienst (SD) der SS das Prinz-Albrecht-Palais an der Wilhelmstraße in Beschlag. Hier verwalteten die Beamten die Konzentrations- und Vernichtungslager, steuerten die tödlichen Feldzüge der Einsatzgruppen und führten Buch über die zu bespitzelnden Regimegegner.

Auch das Wannsee-Protokoll zur "Endlösung der Judenfrage" vom 20. Januar 1942 wurde in der SS-Zentrale angefertigt...

[...] Umfassende Antworten zu liefern, sei nie das Vorhaben der "Topographie des Terrors" gewesen, räumt Direktor Nachama ein. "Wir sind zufrieden, wenn uns der Besucher mit mehr Fragen verlässt, als er zu Anfang hatte."

Der Besucher steht etwa staunend vor dem Foto von Karl Wolff, Leiter des persönlichen Stabes von Himmler, wie er nach dem Krieg fröhlich vor seinem Haus am Starnberger See mit einem Schlauch die Pflanzen gießt.

Ein Farbfoto jüngeren Datums zeigt den ehemaligen Chef des SS-Sicherheitsdiensts von Genua, Friedrich Engel, 2002 vor dem Landgericht Hamburg. Die Verurteilung hob der Bundesgerichtshof wieder auf - auch Engel starb als freier Mann.

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Aus: ""Topographie des Terrors"" Jan Friedmann  (5.5.2010 )
Quelle: http://einestages.spiegel.de/static/topicalbumbackground/8501/jungmanager_des_massenmords.html (http://einestages.spiegel.de/static/topicalbumbackground/8501/jungmanager_des_massenmords.html)

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Quote[...] Ohsers ,,Vater & Sohn" ist ungeachtet dessen, dass er von 1934 bis 1937 erschien, also im nationalsozialistischen Deutschland, der Inbegriff eines humanistischen Comics. Der allerdings den Nazis durchaus gefiel, so gut, dass Goebbels persönlich den Künstler im Jahr 1940 als Karikaturisten in sein Renommierblatt ,,Das Reich" holte, nachdem er es dem 1903 geborenen Ohser schon 1934 ermöglicht hatte, überhaupt wieder als humoristischer Zeichner zu arbeiten, obwohl der in der Weimarer Republik als scharfer Gegner des Nationalsozialismus  aufgefallen war. 1944 jedoch war der künstlerische Kredit beim Propagandaminister  aufgebraucht: Als Ohser vor dem Volksgerichtshof in Berlin der Wehrkraftzersetzung angeklagt wurde, weil er angeblich die NS-Führung geschmäht hatte, setzte Goebbels persönlich den Blutrichter Roland Freisler für die Verhandlung an und stimmte sich vorab mit diesem über das Todesurteil ab. Der verzweifelte Ohser brachte sich in der letzten Nacht der Untersuchungshaft in der Zelle um. ...


Aus: "Als man den Vater von ,,Vater & Sohn" in den Tod trieb" Andreas Platthaus (5. Januar 2015)
Quelle: http://blogs.faz.net/comic/2015/01/05/als-man-den-vater-von-vater-sohn-den-tod-trieb-598/ (http://blogs.faz.net/comic/2015/01/05/als-man-den-vater-von-vater-sohn-den-tod-trieb-598/)

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Quotejozi59, 5. Juni 2009 12:39
Re: Staatsgefährdend vs. machtgefährdend
firedancer schrieb am 5. Juni 2009 09:35

> Dieses ganze Gerede über "staatsgefährdend" ist doch ein völliger
> Witz. Um "staatsgefährdend" geht es doch gar nicht. Es geht um die
> Gefährdung bzw. drohende Veränderung bestehender Machtstrukturen.

Stimmt. Darum ist "staatsgefährdend" auch ein Gummibegriff.

...


http://www.heise.de/tp/foren/S-Re-Staatsgefaehrdend-vs-machtgefaehrdend/forum-160084/msg-16837413/read/ (http://www.heise.de/tp/foren/S-Re-Staatsgefaehrdend-vs-machtgefaehrdend/forum-160084/msg-16837413/read/)

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Quote[...] Moody, 8. Juli 2008 09:05
Es gab und gibt immer gute Gruende...

...fuer den Staat...

...die Rechte von Angeklagten zu suspendieren
...die eigene Bevoelkerung zu ueberwachen
...Geheimdienstaktivitaeten zu legitimieren und auszuweiten
...Polizei und Geheimdienst schlagkraeftig zu verbinden
...staatlichen Stellen Amnestie vor den eigenen Gesetzen zu gewaehren
...Pressefreiheit und Kommunikationsfreiheit zu kontrollieren und
ggf. einzuschraenken
... (...)


Aus einem Kommentar zu: "EU: Kompromissvorschlag soll Internetüberwachung verhindern" (8. Juli 2008)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/foren/S-Es-gab-und-gibt-immer-gute-Gruende/forum-140238/msg-15186679/read/ (http://www.heise.de/newsticker/foren/S-Es-gab-und-gibt-immer-gute-Gruende/forum-140238/msg-15186679/read/)

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Quote[...] Als im März 1933 das dem [Deutschen Freidenker-] Verband gehörende Haus in der Kreuzberger Gneisenaustraße, in dem sich die Zentrale befand, von der SA in einer wilden Aktion besetzt wurde, bedeutete dies faktisch das Ende einer 28jährigen Aufbauarbeit zur bedeutendesten Weltanschauungsgemeinschaft in Deutschland. Der Deutsche Freidenker-Verband wurde als staatsfeindlich eingestuft und verboten, Vermögen und Immobilien beschlagnahmt. Die Angestellten wurden auf die Straße gesetzt, Verbandsfunktionäre eingesperrt oder in die Emigration getrieben.[...]
Quelle: http://www.humanismus.de/downloads/zukunftlesen.pdf (http://www.humanismus.de/downloads/zukunftlesen.pdf)
Aus: "Wer in der Zukunft lesen will, muss in der Vergangenheit blättern" von Manfred Isemeyer (2005)

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Quote[...] Max Sievers (* 11. Juni 1887 in Berlin; † 17. Januar 1944 in Brandenburg an der Havel) war Vorsitzender des Deutschen Freidenker-Verbandes.

Er wurde am 3. Juni 1943 durch die Gestapo verhaftet, am 17. November 1943 am Volksgerichtshof unter dem Vorsitz von Roland Freisler wegen "Vorbereitung zum Hochverrat mit Feindbegünstigung" zum Tode verurteilt und am 17. Januar 1944 im Zuchthaus Brandenburg-Görden durch das Fallbeil hingerichtet.

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Max_Sievers (http://de.wikipedia.org/wiki/Max_Sievers)

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Quote[...] So kann Alf Lüdtke zeigen, wie der volkspolizeilich erlassene Schießbefehl im Erfurt des Jahres 1953 als administrativ-rechtsförmige Anordnung eine Ermächtigung darstellt und als solche gleichermaßen der Eingrenzung von Gewalt dienen soll wie die Entgrenzung der Gewalt ermöglicht und rechtfertigt - ohne dass indes in diesem konkreten Fall das eine oder das andere so tatsächlich eingetreten wäre. Das gleiche Thema einer Entgrenzung staatlich verordneter Gewalt greift Michael Wildt am Beispiel des Nationalsozialismus auf, der bekanntlich auf der Basis des Ausnahmezustands im doppelten Sinne regierte: als Gewaltherrschaft von oben und als Ermächtigung einer Gewalt von unten. Doch fehl geht wiederum, wer hieraus eine Zwangsläufigkeit ableiten will.

[...] Im Widerspruch sowohl zu Carl Schmitt als auch zu Giorgio Agamben, die von einem Fortbestehen des Staates bzw. der Norm (ohne Geltung) im Ausnahmezustand ausgehen, zeigt Stefan Plaggenborg in seiner Analyse der gesellschaftlichen Umbrüche der (späteren) Sowjetunion, wie der neue Staat aus einem Zustand der Rechtlosigkeit heraus entsteht und sich als solcher selbst ein Recht der Gewalt verschafft.

William Scheuerman problematisiert die Idiosynkrasien der US-amerikanischen Präsidialdemokratie am Beispiel der post 9/11-Politik der Bush-Regierung. Die institutionalisierte Personalisierung der Politik, die sich in der Figur des Präsidenten eher als ein Relikt königlicher Macht darstellt, steht demokratisch-rechtsstaatlichen Kontrollprinzipien tendenziell entgegen, eine Tendenz, die sich in Krisenzeiten sogar noch verstärkt. Die stets nachgelagerten parlamentarischen und judikativen Kontrollinterventionen hinken der institutionell abgesegneten Machtüberschreitung notorisch hinterher. Ob die Ausnahme allerdings rechtlich gezähmt werden kann, wie der Autor in einem Stufenmodell zeitlicher Befristung des Ausnahmezustand und der parlamentarischen Kontrolle vorschlägt, bleibt weiter zu erörtern. Hat das Recht, das zukünftiges Handeln immer nur konditionell bestimmen, nicht aber vorhersehen und determinieren kann, gegenüber präemptiven politischen Ambitionen im Namen der Sicherheit nicht prinzipiell das Nachsehen?

Wenn kritische Sozial- und Geschichtswissenschaft sich darin zeigt, die Widersprüchlichkeit und Vielfältigkeit sozialer Wirklichkeit sichtbar zu machen, die sich politisch und rechtlich nicht einfach steuern, aber auch nicht einfach dominieren lässt, dann ist dieser interdisziplinär angelegte und empirisch gesättigte Band [Staats-Gewalt: Ausnahmezustand und Sicherheitsregimes] ein gelungener Beitrag zur Diskussion und Problematik der Staatsgewalt, die sich im Namen von Krisenbewältigungen und Sicherheit immer wieder überbordende Handlungsbefugnisse zu verschaffen sucht. ...

Susanne Krasmann, Hamburg (ARCHIV FÜR SOZIALGESCHICHTE 17. Februar 2009)
Über: Alf Lüdtke/Michael Wildt (Hrsg.), Staats-Gewalt: Ausnahmezustand und Sicherheitsregimes. Historische Perspektiven (Göttinger Gespräche zur Geschichtswissenschaft, Bd. 27), Wallstein Verlag, Göttingen, 2008, 352 S.
Quelle: http://library.fes.de/fulltext/afs/htmrez/81004.htm (http://library.fes.de/fulltext/afs/htmrez/81004.htm)

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Quote[...] Staatsgewalt bezeichnet die Ausübung hoheitlicher Macht innerhalb des Staatsgebietes eines Staates durch dessen Organe und Institutionen wie z.B. Staatsoberhaupt und Regierung (Verwaltung, Beamte, Polizei, Armee), Parlament und Gerichte in Form von Hoheitsakten.

[...] Im Kompositum "Staatsgewalt" besitzt das Wort "Gewalt" zwei Bedeutungen: In einem abstrakten Sinne meint Gewalt, "die Macht, über jemanden zu herrschen", also "Herrschafts-Macht". In der Wendung "Gewaltmonopol des Staates" ist Gewalt im konkreten Sinne des Wortes gemeint, nämlich als "Ausübung von unmittelbarem physischen Zwang".

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Aus: "Staatsgewalt" (9. März 2008)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Staatsgewalt (http://de.wikipedia.org/wiki/Staatsgewalt)

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Quote[...] Das Gottesgnadentum beinhaltet die Legitimation des Herrschers durch den Willen Gottes ("Stellvertreter Christi auf Erden"). Der Absolutismus vertritt davon ausgehend die Position, dass der König weder absetzbar noch in einer anderen Weise an der Ausübung seiner Regentschaft zu hindern sei. Prominente Beispiele dafür sind: Ludwig XIV. von Frankreich, Friedrich Wilhelm IV. von Preußen, das Erzhaus Habsburg oder die russischen Zaren.

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Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Gottesgnadentum (http://de.wikipedia.org/wiki/Gottesgnadentum)
(14. November 2008)

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Quote[...] Ein Gericht in Minsk befand Sannikow für schuldig, nach der Abstimmung "massive Unruhen" geschürt zu haben. ...


Aus: "Lukaschenkos Justiz schickt Oppositionsführer ins Straflager" (15.5.2011)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/ausland/2011-05/urteil-haft-weissrussland (http://www.zeit.de/politik/ausland/2011-05/urteil-haft-weissrussland)
Title: [Wohin das führen würde... (Aspekte zur Staatsgewalt)]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 19, 2008, 02:26:24 PM
Quote[...] Geschäftsmann Beresowskij, [gab] dem Spiegel ein Interview und wies nicht ohne Genugtuung auf die "unkonstruktive Opposition" der Most-Medien hin: "Was immer von Putin kam: Alles wurde heruntergemacht. Gusinskij musste sich darüber im Klaren sein, wohin das führen würde."


Aus: "Putins Freude an der Staatsgewalt" Jens Deppe (DIE ZEIT, 2000)
Quelle: http://www.zeit.de/2000/28/200028.m-russische_medi.xml (http://www.zeit.de/2000/28/200028.m-russische_medi.xml)

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Quote[...] Er verachtete die Politik und das Autoritäre, das Nationalistische, das Paternalistische des Staates. "Unsere Demokratie kam von oben", sagt er, "Atatürk hat sie verordnet und die Türken haben nur gesagt: ja meinetwegen, wenn er das so will." Dafür habe er die türkische Gesellschaft gehasst, ihre Hörigkeit, ihre Sehnsucht nach einem Staat als strengen Vater.

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Aus: "Ali, der Straßenkämpfer von Ankara" Lenz Jacobsen (08.06.2013)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-06/ankara-tuerkei-protest (http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-06/ankara-tuerkei-protest)

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Quote[...] Die Beamte seien zu 120 Stunden langen Dauereinsätzen auf den Straßen gezwungen worden. Die Gewalt gegen Demonstranten resultiere auch aus der Gewalt, die die Polizisten selbst erführen, sagte Sezer. ...


Aus: "Sechs türkische Polizisten sollen sich umgebracht haben" (09.06.2013)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-06/polizisten-tuerkei-selbstmord (http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-06/polizisten-tuerkei-selbstmord)

Title: [Gefesselt auf nackten Betonboden... (BRD, G8-Gipfel, GeSa Käfige)]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 19, 2008, 03:28:44 PM
Quote[...] Nach den Rostocker Krawallen zum G-8-Gipfel in Heiligendamm dringen Politiker der Koalition auf ein schärferes Vorgehen gegen gewalttätige Demonstranten. Abgeordnete von CDU und CSU bringen den Einsatz der GSG 9 ins Gespräch.


Aus: "Und jetzt die GSG 9?" (05.06.2007)
Quelle: http://www.zeit.de/news/artikel/2007/06/05/104938.xml (http://www.zeit.de/news/artikel/2007/06/05/104938.xml)

-.-

Quote[...] Wie viele G8-Kritiker in der Industriestraße zurzeit in Gewahrsam sind, ist unklar. Die Anwälte des Notdienstes, die seit Stunden vor dem Haupteingang darauf warten, zu den Gefangenen gelassen zu werden, wissen es auch nicht genau. "150" schätzt einer. Die Polizisten hier sagen nichts. Und die Polizei-Pressestelle nennt auf Anfrage wiederum nur die Gesamtzahl der in Gewahrsam genommenen Personen. Am Nachmittag waren es 196 - verteilt auf mehrere GeSas.

[...] "Es sind 20 bis 30 Quadratmeter große Käfige, nach oben offen und mit einem Netz abgedeckt", berichtet Lemke. Zum Schlafen gebe es Matratzen. In manchen "Käfigen" seien bis zu 20 Personen, in anderen weniger. Das Licht sei 24 Stunden an, per Videokameras werde permanent überwacht.

"Das stört meinen Mandanten am meisten", sagt der Notdienstanwalt - und seinen Angaben nach auch Amnesty International (ai). Die Menschenrechtsorganisation habe im Vorfeld die "Käfige" der Gefangenensammelstelle gesehen - und für ok befunden. "Doch dass nun 24 Stunden lang das Licht brennt und permanent per Video überwacht wird, ist ein Zustand, mit dem ai nicht einverstanden ist", so Lemke.


Aus: "Reportage aus der Gefangenensammelstelle Rostock - 20 in einem Käfig, 24 Stunden Licht" (09.06.2007)
Von Britta Scholtys, tagesschau.de, Rostock
Quelle: http://www.tagesschau.de/inland/meldung23744.html (http://www.tagesschau.de/inland/meldung23744.html)

-.-

Quote[...] Martin erzählt: "Es war gegen 14 Uhr. Wir saßen oder lagen alle gefesselt auf dem nackten Betonboden. Innerhalb von einer Stunde füllte sich der Käfig immer mehr. Ab der 30. Person beschwerten wir uns, dass es zu voll sei und versuchten, uns vor den Eingang zu stellen. Doch die Polizisten drückten immer noch mehr Männer in den Käfig, bis wir schließlich genau 50 Personen waren. 'Da passt noch einer rein' war immer die Antwort. Wir kauerten wie die Tiere in dem viel zu vollen Käfig. Auch bei Toilettengängen wurden die Fesseln nicht gelöst. Erst um 18 Uhr kam eine neue Schicht, die die Fesseln entfernte. Schon zu Beginn der Festnahme und noch einmal bei der Aufnahme in der Gesa habe ich darum gebeten, telefonieren zu können und einen Rechtsanwalt sehen zu dürfen. Beides wurde mir versagt."

[...] Es sind Geschichten, wie diese, die die Anwälte des Republikanischen Anwaltsvereins (RAV) entrüsten. Noch sei die Bundesrepublik ein Rechtsstaat, in dem auch mutmaßlichen Tätern gesetzlich garantierte Rechte zustehen. Während des G8 seien diese Prinzipien unzählige Male ignoriert worden. Oftmals seien Menschen sogar ohne jede Rechtsgrundlage festgehalten worden.

1147 Verhaftungen und Ingewahrsamnahmen hat der Anwaltliche Notdienst in der Zeit vom 2. bis 7. Juni registriert. Davon sind 140 Personen nach Richterbeschluss in sogenannten Langzeitgewahrsam gekommen. In der Kritik der Verteidiger, Linker- und Menschenrechtsgruppen stehen vor allem die beiden Gefangenensammelstellen in Rostock. Bis zu sechs Tage seien Menschen in den jeweils etwa 25 Quadratmeter großen Käfigen unter zum Teil völlig inakzeptablen Bedingungen festgehalten worden.

[...] Die Liste der Vorwürfe gegen die Polizei und einzelne Richter ist lang und soll nach dem Willen des RAV in einem Untersuchungsausschuss aufgearbeitet werden. So seien Festgenommenen beispielsweise Medikamente, Asthmasprays und Brillen abgenommen worden, mindestens drei Betroffene seien nach der Festnahme geschlagen, in hilflose Lage versetzt und mit dem Tod bedroht worden. Mehrere Frauen hätten sich bei Kontrollen vor männlichen Beamten ausziehen müssen.

[...] Juristische Folgen könnte in etlichen Fällen auch die Behinderung der anwaltlichen Tätigkeit selbst haben. Der Berliner Anwalt Dietmar Sasse etwa berichtet, er sei von Polizeibeamten 75 Meter über eine Straße geschubbst und geschlagen worden, als er zu einem Mandanten wollte, der in Hinterbollhagen festgehalten wurde. "Als ich mich als Anwalt ausweisen wollte, haben die einfach gesagt, halts Maul und mir einen Platzverweis erteilt." Sasse will Anzeige gegen die Beamten erstatten. Große Hoffnungen auf einen Erfolg macht er sich allerdings nicht, denn sein Vertrauen in den Rechtsstaat sei nach den Erlebnissen beim G8-Gipfel "gründlich erschüttert".

...


Aus: "G8-Gegner: Haft ohne Wasser und Essen" (24. August 2007)
Quelle: http://www.stern.de/politik/panorama/:G8-Gegner-Haft-Wasser-Essen/596026.html (http://www.stern.de/politik/panorama/:G8-Gegner-Haft-Wasser-Essen/596026.html)

QuoteZwei Monate nach dem G8-Gipfel in Heiligendamm rollt eine Prozesslawine auf die Justiz in Mecklenburg-Vorpommern zu. Nach Angaben der Rostocker Staatsanwaltschaft sind etwa 1100 Verfahren bei der Polizei und der Staatsanwaltschaft in Bearbeitung. Die meisten richten sich gegen G8-Kritiker. Hauptvorwürfe sind neben Landfriedensbruch und Körperverletzung auch der Verstoß gegen das Versammlungsgesetz, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Beleidigung. 43 Verfahren richten sich gegen Beamte. Dabei geht es nach Angaben des Sprechers der Rostocker Staatsanwaltschaft, Peter Lückemann, hauptsächlich um Freiheitsberaubung im Zusammenhang mit der Unterbringung in den Gefangenensammelstellen und Körperverletzung im Amt, wegen des "Enterns" eines Greenpeace-Bootes vor Kühlungsborn.

Wie viele der laufenden Verfahren letztlich vor Gericht landen werden, sei unklar, sagt Lückemann. An der Behörde sind acht Staatsanwälte nur mit der Bearbeitung der "G8-Fälle" beauftragt. Parallel dazu ermitteln Polizeibeamte seit dem 1. August in einer Sonderarbeitsgruppe "Folgemaßnahmen". Deren Aufgabe ist es, das während der Demonstrationen aufgenommene Video- und Bildmaterial auszuwerten. Mit dem Abschluss dieser Auswertung werde, so Lückemann, nicht vor November 2007 gerechnet. Danach könne es noch einmal bis zu neue 2000 Verfahren geben.

Bei der Rostocker Staatsanwaltschaft waren bis zum 9. August insgesamt 718 Verfahren registriert. Davon 67 gegen Unbekannt. Von den 718 Verfahren seien inzwischen 514 erledigt. In 91 Verfahren habe es einen Strafbefehl oder eine Anklage gegeben. In 173 Fällen wurden Bußgelder verhängt. Im Fall des Bremer Zivilpolizisten, der am 7. Juni bei einer Demo an der Doberaner Rennbahn als sogenannter "Agent Provocateur" enttarnt wurde, seien die Ermittlungen inzwischen wieder eingestellt worden. Es habe keinen hinreichenden Tatverdacht gegeben, so Lückemann. Demonstranten hatten behauptet, der Zivilpolizist habe zu Steinewürfen aufgerufen.


Quotex-cube (24.8.2007, 17:25 Uhr)

Sicherheitskonzept

Um das übertriebene Sicherheitskonzept zu rechtfertigen braucht man eben Sündenböcke und Schuldige die man vorweisen kann. Die Polizisten sind aber auch nur Befehlsempfänger, die auch mit schlechter Versorgung zu kämpfen hatten und sicherlich auch überfordert waren. Sie pauschal abzuurteilen ist nicht in Ordnung. Das gibt trotzdem keinem Polizist oder Befehlsgeber das Recht gegen Gesetze zu verstossen. Das Problem ist, dass unser "freiheitlicher" Staat immer mehr politisch gewollt zum Überwachungs- und Repressionsstaat mutiert. Jede Bruch des Gesetzes durch die Staatsgewalt ist ein kleiner Riss im Gemäuer unserer Demokratie und wird diese mehr und mehr beschädigen. Viele Bürger haben mittlerweile mehr Angst vor Ihrem eigenen Staat als vor irgendwelchen Imaginären Agressoren oder den viel beschworenen Terroristen. Ich glaube kaum, das der G8 Gipfel eine Nachspiel haben wird weil alles im Sumpf der Verschwiegenheit, Verwirrung und Verkomplizierung versinken wird.


Quoteatride (24.8.2007, 17:02 Uhr)

hier hat unser "rechtsstaat" mal sein wahres gesicht gezeigt... tornados? spürpanzer? - gegen demonstanten...?


Quotechriswoj (24.8.2007, 16:42 Uhr)

schlecht....

Einseitige Berichterstattung! Wo ist die Sicht der Polizisten?


...
Title: [Ein nützliches und unverzichtbares Mittel... (Aspekte zur Staatsgewalt)]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 19, 2008, 04:09:01 PM
Quote[...] Die Bush-Regierung behauptet, sie sei ein nützliches und unverzichtbares allerletztes Mittel. Angeblich habe Khalid Scheich Mohammed, der ,,Architekt" des Terrorangriffs auf die USA am 11. September 2001, erst unter Waterboarding weitere Anschlagspläne gestanden. CIA-Direktor Michael Hayden untersagte das Waterboarding kurz nach seiner Ernennung 2006. Nach jetziger Rechtslage müssten die Verhörer die Zustimmung des Präsidenten und des Justizministers einholen, wenn sie die Methode anwenden wollen.


Aus: "USA: Folter per Gesetz" (Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 13.03.2008)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/politik/international/USA-Folter-Waterboarding;art123,2493636 (http://www.tagesspiegel.de/politik/international/USA-Folter-Waterboarding;art123,2493636)

-.-

Quote[...]  China verweigere seinen Bürgern «unvermindert grundsätzliche Menschenrechte und fundamentale Freiheiten», heisst es in dem 190 Seiten langen Menschenrechtsbericht der US-Regierung. Er verweist auf verstärkte Unterdrückung religiöser und ethnischer Minderheiten, vor allem der Tibeter und Uiguren.

Peking halte auch «weiter daran fest, Journalisten, Schriftsteller, Aktivisten, Verteidigungsanwälte und deren Familien zu überwachen, zu belästigen, festzunehmen, zu verhaften und einzusperren», stellt Washington fest. Doch in der schwarzen Liste der zehn schlimmsten Länder taucht China nun erstmals nicht mehr auf. Nordkorea, Burma, der Iran, Syrien, Zimbabwe, Kuba, Weissrussland, Usbekistan, Eritrea und der Sudan stehen auf der Liste.

[...] Ebenfalls zeitgleich mit der Nachricht aus Washington wurde bekannt, dass China seinen derzeit berühmtesten Gewissensgefangenen, den Menschenrechtsanwalt Hu Jia, offiziell der «Untergrabung der Staatsgewalt» angeklagt hat. Dem 34-jährigen Olympiakritiker, der vor allem HIV-Positiven und anderen diskriminierten Randgruppen in China half, droht nun eine langjährige Haftstrafe.


Aus: "Schwarze Liste jetzt ohne China" (12. März 2008)
http://www.tagesanzeiger.ch/dyn/news/ausland/850904.html (http://www.tagesanzeiger.ch/dyn/news/ausland/850904.html)

-.-

Quote[...] Peking verbietet ausländischen Journalisten nach wie vor, nach Tibet zu reisen. Bei den Ausschreitungen in Lhasa sind nach Darstellung der chinesischen Regierung 13 Menschen ums Leben gekommen. Die tibetische Exil-Regierung spricht dagegen von mehreren Hundert Toten.

[...] Der chinesische Ministerpräsident Wen warnte davor, eine politische Debatte um die Olympischen Spiele zu beginnen. Die Spiele dürften nicht politisiert werden. Dies sei ein Grundsatz der Olympischen Charta, der zu respektieren sei. Er warf Aktivisten für die Unabhängigkeit Tibets vor, die Olympischen Spiele stören zu wollen.


Aus: "Tibet: Peking rechtfertigt Gewalt" (18. März 2008)
Quelle: http://www.mdr.de/mdr-info/hintergrund/5355399.html (http://www.mdr.de/mdr-info/hintergrund/5355399.html)
Title: [Territorialansprüche im Internet... (Chinesische Regierung)]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 27, 2008, 09:16:16 AM
Quote[...] Die wegen der bedingungslosen Niederschlagung von Demonstrationen in Tibet und der Nachbarprovinz Sichuan stark unter internationalen Druck geratene chinesische Regierung will die Unantastbarkeit chinesischer Territorialansprüche künftig verstärkt im Internet propagieren. Wie die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua bereits am gestrigen Dienstag verlauten ließ, sollen die Behörden dazu unter anderem gegen Betreiber von einheimischen Websites vorgehen, die Landkarten vorhalten, auf denen Taiwan als "eigenständiges Land" dargestellt ist.

Im Visier haben die Politikstrategen zudem Karten mit "falsch verlaufenden Landesgrenzen". So erhebt China etwa Anspruch auf die Diaoyu-Inseln, eine unbewohnte Inselgruppe im ostchinesischen Meer, die zwischen der japanischen Insel Okinawa und Taiwan liegt. Gleiches gilt für die Chiwei-Insel (ebenfalls ostchinesisches Meer) sowie die rund 250 kleinen Nanhai-Inseln (südchinesisches Meer), die auch von Vietnam, Taiwan, Malaysia und den Philippinen reklamiert werden. Wer nicht-staatskonforme Karten veröffentlicht, soll bestraft werden.

Insgesamt acht Ministerien – darunter das Amt für Vermessung und Kartierung, das Außenministerium und das Ministerium für öffentliche Sicherheit – sollen zudem überwachen, dass im Internet keine vertraulichen geografischen Informationen über China veröffentlicht werden. Offiziellen Angaben zufolge gibt es in China nahezu 10.000 Online-Kartendienste. Viele davon würden Kartenmaterial bereitstellen, ohne eine Erlaubnis dafür zu haben, heißt es in Peking. Einige würden sogar geografische Informationen verbreiten, die Staatsgeheimnisse betreffen und die nationale Sicherheit gefährden.

Die Bevölkerung wurde aufgerufen, illegale Online-Kartendienste zu melden, damit diese vom Netz genommen werden können. Außerdem warnt die Regierung ausländische Personen und Organisationen davor, sich in China an der Erstellung und Veröffentlichung von Internet-Kartenmaterial zu beteiligen. Verwiesen wird auf eine Anordnung aus dem vergangenen Jahr, nach der Ausländer chinesisches Hoheitsgebiet nur mit ausdrücklicher staatlicher Genehmigung vermessen und kartografieren dürfen. (pmz/c't)


Aus: "China geht gegen einheimische Online-Kartendienste vor" (26.03.2008)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/China-geht-gegen-einheimische-Online-Kartendienste-vor--/meldung/105576 (http://www.heise.de/newsticker/China-geht-gegen-einheimische-Online-Kartendienste-vor--/meldung/105576)


Quote26. März 2008 19:55
Webarchive.org
singing_flea (256 Beiträge seit 21.08.02)

hoffentlich sind manche Seiten dort schon erfasst und abgespeichert.
Dann nämlich dürfte die Chinesische Regierung an ihre Grenzen stoßen.
Es sei denn, sie schickt Hacker aus...

Title: [Schließlich übt die Polizei das Gewalltmonopol des Staates aus... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 08, 2008, 04:32:32 PM
Quote[...] Vor vier Jahren legte die Menschenrechtsorganisation amnesty international einen umfassenden Bericht über Misshandlungen durch deutsche Polizisten vor und dokumentierte das immer gleiche Schicksal einer Strafanzeige gegen die Täter: Gegenanzeigen, interne Untersuchungen, die diese Bezeichnung nicht verdienen, Staatsanwälte, die kaum ermitteln und schon gar nicht anklagen.

»Meistens ist es der große öffentliche Druck, der ein Verfahren schließlich beschleunigt«, sagt Wolfgang Grenz, der Experte von amnesty.

[...] Kommt es doch einmal zu einem Prozess, dann mutet das Gerichtsverfahren nicht selten wie absurdes Theater an. Vor dem Berliner Gericht durften die SEK-Beamten wegen ihres gefährlichen Berufes in Verkleidung erscheinen. Während der Verhandlung blieben sie stumm und reglos und ließen ihre Anwälte für sie sprechen. Die als Zeugen geladenen Polizisten wiederholten wie ein Opernchor immer wieder den Refrain der ganzen Verhandlung: »Das habe ich vergessen.« – »Daran kann ich mich nicht mehr erinnern.« – »Das ist schon so lange her.« Und über allem thronten hilflos Richter Mülders und seine Schöffen.

In Hagen ermittelt derzeit die Staatsanwaltschaft, nachdem ein junger Deutschtürke auf einer Polizeiwache starb – möglicherweise am »lagebedingten Erstickungstod«. Er war bäuchlings liegend an Händen und Füßen zusammengebunden worden, eine Fesselungstechnik, die in den USA seit 20 Jahren verboten ist. Doch erst nachdem politischer Druck aus Deutschland und der Türkei ausgeübt wurde, ging die Staatsanwaltschaft den Vorwürfen nach. Und vor dem Landgericht Dessau schleppt sich seit Monaten der Prozess gegen die Polizisten hin, in deren Gewahrsam der abgelehnte Asylbewerber Oury Jalloh aus Sierra Leone unter mysteriösen Umständen verbrannt war. Auch dort war das Gericht mit den Aussagen der Polizei nicht zufrieden. »Sie sind Beamter des Landes Sachsen-Anhalt«, ermahnte der Richter einen Polizisten im Zeugenstand. »Wir leben hier nicht in einer Bananenrepublik.«

Oder doch? Vier Jahre ist der kritische Bericht von amnesty international inzwischen alt. »Gebessert hat sich nichts«, sagt Wolfgang Grenz. »Bei der Polizei stößt jede Kritik auf pauschale Zurückweisung.« Auch Richter Mülders' Vorwürfe werden an den Berliner Verhältnissen wohl wenig ändern. »Kein Kommentar«, heißt es beim Polizeipräsidenten und beim Innensenator.


Aus: "Im Zweifel für den Polizisten" Von Christina Brüning (DIE ZEIT, 01.05.2008 Nr. 19)
Quelle: http://www.zeit.de/2008/19/LS-SEK?page=1 (http://www.zeit.de/2008/19/LS-SEK?page=1)


Quote
    * globalworx
    * 06.05.2008 um 18:47 Uhr


1. Weil es so richtig ist !
Warum werden gewalttätige Beamte so selten verurteilt?...lautet die Frage des Titels. Antwort : weil der Staat das Gewaltmonopol innehat; weil Polizeibeamte im Einsatz um Leib und Leben fürchten müssen und 1. das Recht auf Selbstverteidigung und 2. das Recht auf verhältnismäßige Anwendung von Gewalt in Anspruch nehmen müssen, um das Wohl, Eigentum und die körperliche Unversehrtheit Dritter zu schützen; weil Polizeibeamte überwiegend in Extremsituationen handeln; weil Polizeibeamte überwiegend mit Menschen konfrontiert werden, die sich ihrer Schuld bewusst sind und trotzdem versuchen mit allen Mitteln einer Strafe zu entgehen; usw, usw.

Ungerechtfertigte Anwendung von Gewalt gehört bestraft, keine Frage. Allerdings überzeugt der Artikel keineswegs, daß deutsche Polizeibeamte oft gewalttätig sind; schon gar nicht öfter als Zivilisten.
Im Gegenteil : wenn die 3 Beispiele im Artikel von zwei Deutschtürken und einem abgelehnten Asylbewerber handeln, dann fragt sich der gesunde Menschenverstand, warum die Autorin nicht einen stichhaltigen, mitleiderregenden Fall eines deutschen Rentners oder einer deutschen schwangeren Frau finden konnte.

Daß vorbestrafte Wiederholungstäter, insbesondere ausländischer Herkunft, durch Mißachtung der Autorität deutscher Polizisten besonders gefährdet sind, Opfer von Gewaltanwendung zu werden, und daß diese Gewaltanwendung in den allermeisten Fällen gerechtfertigt ist - diese These halte ich für nicht gewagt, sondern für sehr realistisch. Daher kann ich dem Artikel nicht glauben schenken.


Quote* AUSWEISER
    * 06.05.2008 um 18:49 Uhr

2. 40 jugendliche Angreifer bedrohen Polizisten

Fragt sich warum Frau Brüning nicht über diesen gestrigen Vorfall in Berlin in diesem Zusammenhang auch berichtet?

Nachdem Beamte einen minderjährigen Intensivtäter verhaftet hatten, versuchten Jugendliche ihren Freund aus einem Polizeiwagen zu befreien.

http://www.morgenpost.de/desk/1964314.html (http://www.morgenpost.de/desk/1964314.html)


Quote* rabin
    * 06.05.2008 um 18:58 Uhr


3. Der Artikel ist von voriger Woche
Dies ist eine Antwort auf Kommentar Nr. 2

Deswegen konnte sie keinen aktuellen Fälle einbeziehen.

Ich hatte  auf diesen Artikel an die ZEIT geschrieben:

Ein wenig Analyse gefällig ?

Die Autorin fragt, warum so wenig
Polizisten verurteilt werden. Aber sie nennt kaum Gründe, auch
keine Zahlen, aus denen sich ergibt, dass schlimme Vorfälle
keine Einfälle sind, sondern tatsächlich eine Struktur der
Bevorzugung von Polizisten erkennen lassen. Auch die Berichte von
amnesty müssten sich darauf befragen lassen, ob die genannten
Fälle repräsentativ sind.

Im Artikel wird der Fakt beschrieben,
dass sich Kollegen nicht erinnern. Aber warum ? Sie decken
wahrscheinlich den Kollegen, aber warum ? Sicher,Korpsgeist, aber
warum, bei Polizisten ist ein solches Verhalten immerhin eine
Straftat- Strafvereitelung im Amt.

Eine Krähe hackt der anderen kein
Auge aus, diese Volksmundweisheit gilt im Operationssaal ebenso wie
im Polizeieinsatz und an vielen anderen Orten.

Warum dieser Zusammenhalt ? Man könnte
umgekehrt fragen, was wäre denn in einer Organisation, in der
dieser Zusammenhalt nicht existiert ? Gegenseitiges Misstrauen,
gegenseitige Bespitzelung ? Wie können Kollegen
zusammenarbeiten, die einander angezeigt haben ?

Dies ist überhaupt keine
Rechtfertigung irgendeines Verhaltens, sondern eine Frage. Wir wissen
inzwischen, dass ,je grösser die Gefahr von aussen, desto
intensiver der Zusammenhalt innerhalb der Gemeinschaft- erwiesen in
Befragungen von Vietnamveteranen. Menschen waren Zeugen eines
Massakers, und griffen nicht ein, weil sie sich ,, mit dem Kollegen
nicht anlegen wollten". Ein solches Sich-Anlegen konnte gefährlich
sein. Man wird leicht zum Opfer- das ,, Kameradenschwein", wenn
man sich exponiert. In Kriegszeiten ist es vielleicht
lebenserhaltend, im normalen Dienst immerhin die Vermeidung des
sozialen Tods.

In jedem Fall sind die
innerpolizeilichen Codes eine Führungsaufgabe. Was tut die
Führung dafür, dass Kollegialität um Legalität in
einen Ausgleich gebracht werden oder betrachtet sie Übergriffe
nur als Kollateralschäden des alltäglichen Dienstes ?


Quote* evel
    * 06.05.2008 um 19:21 Uhr


4. Wo gehobelt wird...?
Dies ist eine Antwort auf Kommentar Nr. 1

Es ist schlichweg ein schlechtes Argument, darauf zu beharren, dass das Verhalten der Polzisten meist angebracht ist, ganz davon zu schweigen, dass auch ein Täter, der zu Recht überführt wurde, nicht misshandelt werden darf. Ich habe diesen Artikel sehr begrüßt, da es meiner Meinung nach jeder Gesellschaft gut tut, auch ein kritisches Auge auf sein ausführendes Organ zu haben. In der allgemeinen Berichterstattung wird die Polizei zu häufig als der arme Prügelknabe dargestellt, der es mit Fussballrowdies und Autonomen zu tun bekommt.
Sicherlich haben die Polizisten einen schwierigen Job, der Anerkennung verdient. Das befreit sie nicht davon, auch ihr eigenes Verhalten kritisch zu hinterfragen. Wie soll Glaubwürdigkeit entstehen, wenn gerade Polizisten mitunter gewaltbereit, ja sogar gewalttätig auftreten und dafür keinerlei Konsequenzen tragen müssen.

Dass die angeführten Beispiele als weniger glaubwürdig und mitleiderregend angesehen werden als z.B. solche eines Rentners finde ich im Übrigen ganz einfach traurig.


Quote# marcusmaedl
# 06.05.2008 um 20:22 Uh


6. Weit ist es gekommen

Ich lebe seit einigen jahren in den USA und wenn ich mir vorstelle wie Polizisten mit Anarchos und Radikalen hier umspringen wuerde....

Es ist fast sicher zu sagen, dass wer hier einen Stein auf Polizisten wirft innerhalb von Sekunden im Kugelhagel sterben wuerde. Ist zwar nicht wuenschenswert, hat aber den Vorteil, dass weniger oeffentliche Randale stattfinden und die Polizei hier wirklich als Authoritaet gesehen wird.

Wenn ich dann lese, dass am 1 Mai hunderte von Idioten sich jedes Jahr aus Prinzip und Freude mit den Bullen pruegeln, dann kann ich nur sagen "drauf auf die Koepp..."es trifft keinen Falschen. Mir tun die Beamten leid, die vielleicht den 1. Mai lieber im Kreis der Famile verbracht haetten anstatt sich mit Chaoten zu pruegeln....

Dass es statistisch gesehen natuerlich auch zu ungerechtfertigter Gewalt kommen muss ist klar. Bei tausenden von Beamten gibt es das eine oder andere schwarze Schaf. Es bleibt zu hoffen, dass dessen Kammeraden auch in Zukunft schlimmeres verhindern und in solchen Augenblicken einschreiten.


Quote* inkorekt
    * 06.05.2008 um 21:00 Uhr

7. wer schon mal das

wer schon mal das zweifelhafte vergnügen hatte, mit einem trupp polizisten in einem mannschaftswagen zu landen und unter nazistischen beschimpfungen vermöbelt zu werden, der weiß, wie sicher sich diese leute vor strafverfolgung fühlen. und wer einmal erlebt hat, mit welch lausig konstruierten 'hergangsschilderungen' sie vor gericht durchkommen, der weiß auch warum.
auch in der polizei gibt es gewaltgeile hooligans - mit dem unterschied, dass sie
faktisch strafrechtliche immunität genießen.
und wem "die Beamten leid(tun), die vielleicht den 1. Mai lieber im Kreis der Famile verbracht haetten anstatt sich mit Chaoten zu pruegeln....", der hätte mal in die - angesichts der (trotz permanenter polizeiprovokationen) ausgebliebenen ausschreitungen - enttäuschten augen der uniformierten in xberg blicken sollen (von denen sich nicht wenige um den einsatz
gerissen haben - warum wohl?)
polizeibrutalität und -willkür und ihre bagatellisierung haben in einer demokratie nichts zu suchen!


Quote* Gafra
    * 06.05.2008 um 21:16 Uhr

9. Ach, wie einfach

ist es doch mit einem Schwarz-Weiß-Weltbild: Hie böse linke Randalierer oder ausländische Kriminelle, da arme verheizte Polizisten, denen halt mal der Gaul durchgeht, was man ja so gut verstehen kann.

Dieser Richter hat wohl nicht gestöhnt, weil ihm das zum ersten Male passierte und vielleicht ist in vielen Fällen das Motiv der Berufswahl gar nicht so lauter, wie es gerne dargestellt wird. Da kann man doch einiges ausleben unter dem weiten Mantel des Gesetzes, wofür Andere hart bestraft würden als Gesetzesbrecher.Die Wirklichkeit ist nun einmal komplex.


Quote* maharadscha
    * 06.05.2008 um 21:38 Uhr

10. @dotzmeier

"Polizeibeamte vor Ort müssen sich überwiegend mit dem Abschaum der Menschheit herumschlagen"

sie sollten vielleicht mal erläutern, welche Personengruppe(n) sie unter unter "Abschaum der Menschheit" verstehen.


Quote* zork50mg
    * 06.05.2008 um 22:07 Uhr

11. Unfassbar

Da werden Unschuldige von der Polizei zu Brei
geprügelt und bei einigen hier kommt dabei Freude auf. Die da krankenhausreif
geschlagen wurden, sind  ja keine
Deutschen oder Linke. Ich hätte nie gedacht, dass in unserem Land jemals wieder
Zeiten anbrechen, in denen dass Zusammenschlagen von nicht Deutschstämmigen
oder politisch anders denkenden, Beifall vom Mob findet, der auch noch denkt,
er vertrete das gesunde Volksempfinden.
Ekel erregend!


Quote* Klaus Schmidt
    * 06.05.2008 um 22:12 Uhr

12.

[...] Es geht nicht darum, daß es zu Fehleinschätzungen o.ä. durch die Polizei kommt, sondern darum daß die Aufklärung solcher Fälle nahezu unmöglich ist. Es geht darum daß in dem geschilderten Fall ein Prozeß erst langjährig erzwungen werden musste.

In den beiden anderen erwähnten Fällen sind Menschen in Polizeigewahrsein gestorben, und keiner kann sich erklären warum.

Das ist etwas anderes als wenn jemandem in Uniform mal die Hand ausrutscht.

Ich denke, daß man an das Verhalten eines Polizisten ungleich höhere Maßstäbe anlegen muß als an das Verhalten eines anderen Bürgers, schließlich übt die Polizei das Gewalltmonopol des Staates aus.


Quote* Leonas3
    * 06.05.2008 um 22:19 Uhr

13. Verlogenheit.

Ich habe genau die gleiche Beobachtung wie Kommentator "lef" gemacht.
Zunächst wurden eindeutig Linksextreme und Sympathisanten als Verantwortliche für die 1.Mai Randale benannt - nicht nur ausdrücklich von Einsatzleitern sondern auch von Zeugen.
Einen Tag später - nachdem ich gerade auf Youtube Amateuraufnahmen von Mitgliedern des "Schwarzen Block" gesehen habe, die Autos in Brand steckten - hieß es, die Rechte hätte die Randale zu verantworten.
Jetzt beteiligt sich auch die Zeit an der Verdrehung der Realität, in dem Polizisten als Provokateure und "Rambos" dargestellt werden.
Die "Rechten" werden im Laufe des Jahres schon genug anstellen, wogegen mutige Zeit-Redakteure "Gesicht zeigen" können - da muss man doch nun wirklich nicht Verantwortliche dreist "umetikettieren" ...


Quote* ttob
    * 06.05.2008 um 22:20 Uhr

14. Auch Polizisten...

... müssen sich an Gesetze halten. Auch bei Polizisten muss das gelegentlich kontrolliert werden, auch bei Polizisten muss die Staatsanwaltschaft ernsthafte Untersuchungen anstrengen wenn es ernste Verdachtsfälle gibt.

Es schockiert mich, dass dem offenbar oft nicht so ist, auch wenn es mich nicht wirklich überrascht. Es dürfte ähnlich sein wie bei Streit mit dem Amt, der Bürger kämpft nicht selten auf verlorenem Posten gegen ein steuerfinanziertes Schweige/Abwehrkonglomerat, oft chancenlos.

Wohin unkontrollierte Staatsgewalt führt, kann man überall in der Welt sehen. Ob in Russland (wo Korruption, Gewalt und Schwarzhandel boomen) oder in der Türkei (die ihr Folterproblem nicht in den Griff bekommt) oder in den USA (wo unkontrolliert abgehorcht wird und im Ausland gefoltert). Sitten wie im Mittelalter. Lassen wir es in Deutschland nicht soweit kommen!

All den Hardlinern im Forum wünsche ich mal eine handfeste Verwechslung, so richtig klassisch, mit Tür eintreten und Gummiknüppel-Prügelei mit anschliessendem jahrelangen sinnlosen und teuren Rechtsstreit um wenigstens eine Entschuldigung zu bekommen...
Solche Erlebnisse sind idR sehr heilsam gegen Dummheit, zumindest wenn es einen selbst erwischt.


Quote* ttob
    * 06.05.2008 um 22:25 Uhr

15. @Leonas3

"Jetzt beteiligt sich auch die Zeit an der Verdrehung der Realität, in dem Polizisten als Provokateure und "Rambos" dargestellt werden."

Du hast den Artikel gelesen und verstanden?

Oder bist du auf dem dünnen Brett, Polizisten dürfen ruhig alles tun was ihnen in den Sinn kommt, weil sie schliesslich gegen "den schwarzen Block" kämpfen müssen. Was das willkürliche Zusammenschlagen von Verdächtigen natürlich vollkommen rechtfertigt?


Quote* dotzmeier
    * 06.05.2008 um 22:27 Uhr

16. maharadscha
Dies ist eine Antwort auf Kommentar Nr. 10

normalerweise pflege ich nicht auf Beiträge anderer Forenteilnehmer zu antworten, weil ich nur meine persönliche Meinung kund tun will. Aber gut, in diesem Fall mache ich das gerne. Mir ist nicht bekannt, in welcher Stadt Sie wohnen, aber egal. In jeder Großstadt gibt es sogeannnte Problemviertel. Man denke an Kreuzberg oder Charlottenburg in Berlin, Garath oder Hellerhof  hier in Düsseldorf, Chorweiler in Köln etc. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie in diesen Vierteln Polizist sein mögen und sich von diesen "Leuten" bei Ausübung ihres Dienstes ständig beleidigen, änpöbeln oder Gewalt antun lassen wollen. Diese Leute sind jenseits von Gut und Böse und  haben keinen Respekt mehr vor der allgemeinen Ordnung, denen ist schlicht alles egal. Polizisten sind für diese Art von Leuten nur noch dreckige Bullen.
Um es klarzustellen, ich bin kein Polizist oder im  Jargon des Abschaums zu bleiben, kein Scheiß-Bulle. Aber es ist ja so einfach auf die Polizei zu schimpfen, wenn man sie bisher nicht gebraucht hat. Aber wehe, wenn!

[Anmerkung: Bitte achten Sie auf Ihre Wortwahl./ Die Redaktion; ew]


Quote* revm
    * 06.05.2008 um 23:47 Uhr

20. Charlottenburg
Dies ist eine Antwort auf Kommentar Nr. 16

Wusste gar nicht, dass Charlottenburg ein "Problemviertel" ist!? Woher haben Sie das denn? Haben sie schonmal hier gewohnt? Ich wohne seit zehn Jahren hier und hier ist noch nie etwas vorgefallen, jedenfalls nichts, was die Bezeichnung "Problemviertel" rechtfertigen würde.


Quote* KHJ
    * 07.05.2008 um 0:01 Uhr

21. Polizei - bleibt auf der Wache!

Ansonsten wird so berichtet wie in der "Zeit" Damit das Image der Polizei wieder auf gewertet wird , empfehle ich: Bleibt lieber auf der Wache! Was auf den Straßen von Berlin passiert ist völlig egal, denn Schuld sind ja sowieso die Anderen! Und jetzt gute Nacht!


Quote* rabin
    * 07.05.2008 um 5:52 Uhr

25. Ordnen ?
Dies ist eine Antwort auf Kommentar Nr. 24


a) Polizisten müssen viel ertragen,mehr als Bürger wissen,mehr ,als sie selbst oft verarbeiten können

...


Quote* a k d
    * 07.05.2008 um 8:15 Uhr

27. menschen welche aus sozial

menschen welche aus sozial prekären situationen und aus existenzangst heraus handeln, rechtfertigen bei weitem keine ueberzogene polizeigewalt. bei diesen leuten hat die gesellschaft versagt und weil es schwer ist eigenes verschulden anzuerkennen, werden diese als "abschaum" weggesperrt. es sind und bleiben dennoch menschen, welche rechte besitzen! wenn polizisten in der oeffentlichkeit bereits wahllos auf menschen einpruegeln duerfen, kann man sich ein bild darueber machen, welche kranken machtspielchen, verschlossen vor dem blick der oeffentlichkeit, in den knaesten abgehen.

desweiteren: menschen, welche auf demos die willkuer des staates einmal kennen und fuerchten gelernt haben, werden dadurch nicht gefuegsamer oder gar nachhaltig belehrt! sie werden sich wege erarbeiten, bei denen sie ihre wuensche und politischen sehnsuechte geschuetzter vor den uebergriffen selbsterteilter und kaum - wie dieser artikel schoen zeigt - zu kontrollierender staatlicher gewalt kund tun koennen.

die gewaltspirale zwischen staat und buergern wird in zukunft bei weitem nicht besser werden. die machtlosigkeit gegenueber den staatlichen mitteln wird auch zu immer gewaltbereiteren aktionsformen fuehren.

ist das das stadium, wo die sich selbstlegitimierende macht alle politischen sehnsuechte hinsperren moechte - in "terroristische" grauzonen?

seit 99 definiert die europaeische union europa als raum der sicherheit, freiheit und des rechts. wie kann es aber sein, dass in spanien z. bsp. die kriminilasierung von parteien und die verhaftung via schnellverfahren mit astronomischen haftstrafen bislang ungeahndet bleiben?

spanische amnesty int. mitglieder, welche auf diese zustaende hinwiesen - es liegen sogar klagen beim menschenrechtsgerichtshof vor - bekommen ebenso via schnellverfahren haftstrafen zwischen 10-20 jahren.

diese art umgang mit dem buerger schafft trauer, wut und vor allem ohnmacht und wird immer radikalere aktionsformen hervorbringen. ob der vom system assimilierte mensch dies als straftat sieht oder ob es eine form von notwehr ist, weil menschen um ihr menschsein ringen, sollte sich jeder zumindest einmal fragen.

das staatliche system legitimiert voellig unzulaenglich ausgebildete - menschlich wie technisch -, halbwuechsige dazu, auf zivilisten in sogenannten "bananenrepubliken" - welche arroganz - zu schießen und verurteilt aber jene als absolut unmenschlich, welche es aus notsituationen heraus als einzigen weg zum ueberleben waehlen.

und nein, vor dem gesetz ist eben NICHT jeder gleich - auch hier behaelt sich das system sein monopol vor.

wer bitte kontrolliert den staat und seine exekutive? wir, indem wir waehlen gehen? welch romantisch behaftete vorstellung im kalten industriealltag..


Quote* jona kompa
    * 07.05.2008 um 9:18 Uhr

31. Beide Seiten brauchen rechtlichen Schutz

Jede Gewalt und Agression gegen Polizisten muss rechtlich hart geahndet werden, da die Polizisten zu den ernannten Representanten einer Zivilgesellschaft gehoeren. Es darf nicht sein dass Polizisten die Pruegel von jedem dummen Gewalttaeter und Strassenbanditen einstecken.

Genauso haben Opfer von Polizeigewalt einen vollen Anspruch auf Aufklaerung und rechtlichen Schutz. Es gibt aber oft Grauzonen, etwa wenn ein paar aufgebrachte Jugendliche ihre inhaftierten Freunde "befreien" wollen, Mob-Justiz eben.
Wer den offiziellen Rechtsweg nicht akzeptieren kann soll sich nicht beschweren wenn er dann Polizeigewalt provoziert und auch bekommt. Sorry.

Wenn auf der anderen Seite Polizisten sich vergehen mussen sie strafrechtlich diszipliniert werden. Teil der Berufsbeschreibung ist es ja  gerade in gefaehrlichen und stressintensiven Situation nicht die Kontrolle zu verlieren.

Wer Steine wirft oder mit gewalttaetigen Demonstranten sympatisiert ist selber schuld.


Quote* etiam
    * 07.05.2008 um 9:21 Uhr

32. Scheinheilig und anmaßend

Man muss sich die Frage nach den Gründen der wohl unstreitigen Strafvereitelung im Amt durch Behinderung und Verzögerung der Ermittlung gegen Polizeibeamte, die vermeintlich unnötig Gewalt angewendet haben, stellen. Sowohl die Presse als auch die Gerichte, allesamt Leute, die Extremsituationen nur aus der Perspektive eines unbeteiligten Dritten kennen, sind mir (Pauschal)-verurteilungen,  WIE IN DIESEM ARTIKEL, schnell bei der Hand. Wer aber selber schon einmal in den Bereichen der Nothilfe, hierzu zähle ich neben Polizei auch medizinische Notfallversorgung bzw. Feuerwehren, der weiss dass der Nothilfeexzess ein realer und unvermeidbarer psychologischer Prozess ist, der im Nachhinein für sich selbst, erst recht aber für Außenstehende unverständlich wird.
Ich bin selber in der Ausübung einer solchen Tätigkeit schon mit dem Messer angegriffen worden und war der anwesenden Polizei für den Gebrauch der Schusswaffe sehr dankbar - auch wenn der Polizist, hätte er nicht so gut getroffen, damit das Leben des Angreifers riskierte. Eine solche Situation vom sicheren Hocker eines Journalisten zu beurteilen, grenzt an Anmaßung!
Der Preis den wir bezahlen, wenn wir Personen, die mit körperlicher Unversehrtheit anderer (z.B. Polizisten, Ärzte) umgehen nicht auch einen gewissen Spielraum für sanktionsarme oder gar -freie Fehler einräumen, ist Übervorsicht bis hin zur Untätigkeit dieser Personen. Wenn ich in den USA von einem Tankstellenräuber mit der Waffe bedroht werde und die Polizei ist zugegen, kann ich mit einer schnellen Lösung in meinem Sinne rechnen, in D(außer BY) werde ich erschossen - wenn ich einen Hirntumor habe, der nur mit hohem Risiko operiert werden kann, finde ich keinen US-Neurochirurgen der das Risiko auf sich nimmt und versterbe dann eben - in D werde ich noch operiert. Das ist ein Spiegel der Verurteilungspraxis ärztlicher Kunstfehler versus polizeilichen Fehlhandelns in USA bzw D - dieser Konsequenz sollte man sich bewusst sein!


Quote* QUOTE
    * 07.05.2008 um 10:50 Uhr

36. Wer kann es den Staatsanwaltschaften verdenken...

...daß sie glauben, die Polizisten schützen zu müssen - und zu dürfen?

Es wird ihnen doch AN HÖCHSTER STELLE VORGEMACHT!

Erinnert sich noch jemand an Murat Kurnaz, die "bärtige Gestalt", die vor ein paar Jahren unter - mutmaßlicher - Beteiligung deutscher Einsatzkräfte VERSCHLEPPT und unseren US-Verbündeten zu - rechtsstaatlicher und demokratischer! -  FOLTER ausgeliefert wurde?

("mutmaßlich" muß ich leider schreiben, denn:)

Erinnert sich noch jemand daran, daß es selbst einem Untersuchungsausschuß des Bundestages nicht gelang, die damaligen Vorgänge aufzuklären - weil das Bundesverteidigungsministerium ZUFÄLLIG genau die betreffenden Einsatzdaten VERLOREN hatte?

[...] "Warum soll also ein Polizist angeklagt werden, wo der KSK-Mann frei ausgeht", fragen sich die Staatsanwaltschaften nicht zu unrecht, oder? Und wieder ist die Regel bestätigt: Wenn in einem Staat gegenüber irgendeinem Menschen Unrecht GEDULDET wird, ist das eine Bedrohung für das RECHT ALLER ANDEREN!

@die braven Staatsbürger hier, die sich sicher fühlen, weil sie ja keine Türken, Linken, Antifas oder sonstiger "Abschaum" sind: Inzwischen sind die Tatbestände, die zu einer Hausdurchsuchung führen können bis zur Absurdität aufgeweicht worden.


Quote* BelaOxmyx
    * 07.05.2008 um 11:58 Uhr

38. Hier wird so getan, als sei

Hier wird so getan, als sei Gewalt durch staatliche Organe ein individuelles Problem einzelner Polizisten. Dies ist nicht der Fall. Tatsache ist, Polizeibeamte sind nicht gewalttätiger als der Rest der Gesellschaft. Allerdings müssen an einen Polizisten diesbezüglich ganz andere Anforderungen gestellt werden als an den Rest der Gesellschaft. Der Polizist vertritt den Staat und seine Ordnung. Wenn ein Polizist ein Verbrechen begeht, ungerechtfertigte Gewalt ausübt, richtet sich diese Handlung nicht nur gegen das unmittelbare Opfer, sondern gegen die gesamte Gesellschaft. Dieser Verantwortung, dieses staatsbürgerlichen Wertes, sind sich leider die wenigsten Polizeibeamten, noch sonstige staatliche Organe bewusst.

Hinzu kommt: Der Geist in Polizeikreisen ist geprägt von einem ausgesprochenen Corpsgeist. Man hält einfach zusammen und macht keine Aussage gegen einen Kollegen. Der nichtuniformierte Bürger (aber abgeschwächt auch der Träger anderer Uniformen) wird schnell zum "Pappenheimer", den man ja kenne und der hart anzufassen sei. Da wird schnell mal übergangen, was verhältnismäßig ist, weil alles verhältnismäßig ist, da die Gesellschaft vor allem aus Tätern besteht. Die Justiz als solche wird in Polizeikreisen als Gegner betrachtet, der vermeintlich die Täter schütze und der Rechtsstaat insgesamt wird zum unangemessenen Hinderniss für die polizeiliche Arbeit. Daher gilt es unter Polizisten nicht nur als gerechtfertigt, sondern sogar als angebracht, vor Gericht zu lügen wie gedruckt und im Zweifelsfall das meiste zu "vergessen".


Quote* KaterKarloPauloPinkel
    * 07.05.2008 um 13:43 Uhr

40. Gummigeschosse

ich schließe mich der Fraktion "wo gehobelt wird..." an. Ich denke die Polizei macht einen guten Job. Was mir nicht gefällt sind die politischen Stolpersteine, die der Polizei in den Weg gelegt werden. Warum haben wir in Deutschland noch keine Gummi-Geschossgewehre? Nur so können Steinewerfer gezielt markiert und später festgenommen werden. Aber nein, man könnte den Steinewerfer ja verletzten! Selbst schuld. [...]


...

-.-

Quote[...] Eine Abgeordnete wird wegen Beamtenbeleidigung angezeigt und verurteilt. 25 Jahre später gesteht ein Polizist: "Wir haben gelogen". Er und der Anwalt erinnern sich.

Der Polizist

"Es war der letzte Höhepunkt des Kalten Krieges. Am 23. November 1983 beschloss die Bundesregierung, die Pershing-II-Rakete für die Amerikaner aufzustellen. Die Debatte im Bundestag tobte bis tief in die Nacht, während draußen die Friedensbewegung demonstrierte. Um Störungen zu verhindern, waren mehrere tausend Polizisten aus dem gesamten Bundesgebiet in Bonn zusammengezogen worden.

Ich war 18 und gehörte zu einer Polizeieinheit aus Nordrhein-Westfalen. Wir hatten die Aufgabe, die eingezäunte Bannmeile zu bewachen. Nur Personen, die einen Bundestagsausweis hatten, sollten wir einlassen.

Es war dunkel und furchtbar kalt. Politisch hat mich diese ganze Pershing-Debatte überhaupt nicht interessiert. Hauptsache, die Russen kommen nicht, war die Haltung im Kollegenkreis. Bei Minus zehn Grad konnten wir uns was Besseres vorstellen, als uns vor dem Parlament die Beine in den Bauch zu stehen. ,Ausgerechnet jetzt muss diese linke Brut demonstrieren', schimpften meine Vorgesetzten. Die Grünen waren damals gerade in den Bundestag eingezogen. So, wie sie sich aufführten, mochte sie keiner von uns. Denen haben wir diesen verdammten Einsatz zu verdanken, stand für uns fest.

Zusammen mit einem Kollegen, der auch noch sehr jung war, war ich an einem Seiteneingang eingesetzt. Wir waren gereizt. Nicht mal aufwärmen konnten wir uns. Da kam die grüne Bundestagsabgeordnete Gabriele Gottwald mit einem Begleiter. Frau Gottwald hatte einen Bundestagsausweis, der Mann nicht. ,Sie dürfen rein, er nicht', habe ich zu Frau Gottwald gesagt. Mein Kollege war ein stiller Typ. Ich war der Wortführer. Der Mann gehöre auch zur Fraktion, hat Frau Gottwald argumentiert. Wir sollten sie gefälligst passieren lassen. Das Gespräch wurde lauter. ,Ich mache mich hier zum Affen. Ich muss mich doch nicht von solchen Leuten verscheißern lassen', rief sie schließlich empört. Aber mein Kollege und ich haben uns so aufgebaut, dass der Mann nicht durch konnte. Irgendwann habe ich über Funk Verstärkung angefordert. Die traf in Person des Zugführers und des Hundertschaftsführers ein. Da sind Frau Gottwald und der Mann wutentbrannt abgehauen.

Auf Frage des Zugführers, wer das war, habe ich gesagt: ,Das war die Abgeordnete Gottwald. Sie hat geschimpft wie ein Rohrspatz.' Wir haben die Namen notiert. Damit war die Sache für mich erst mal erledigt.

Drei Tage später rief mich mein Vorgesetzter, der Hundertschaftsführer, ins Büro. Er habe in meinem Namen gegen die grüne Bundestagsabgeordnete Gottwald Anzeige erstattet. ,Wir müssen uns nicht von solchen Leuten als Idioten, Affen und Scheißer beschimpfen lassen', erklärte er mir. Daraufhin ich: ,Das hat sie doch gar nicht gesagt.' Er: ,Egal. Wir ziehen das jetzt durch. Ich habe es gehört, ihr Kollege und der Zugführer auch.' Das sind ja Machenschaften, hab ich mir gedacht. Der Zugführer und der Hundertschaftsführer waren bei dem Streit doch gar nicht vor Ort. Aber ich habe nicht widersprochen. Ich war ja erst 18 und mitten in der Ausbildung. Wenn man das Maul aufreißt, ist man schnell weg vom Fenster. Ich hatte den Eindruck, der Hundertschaftsführer wollte mal was erleben. In einer großen Kaserne, wie es die unsere war, kann man sich mit so was profilieren. Sonst wurden wir eher zu Einsätzen wegen Parken in der dritten Reihe gerufen.

Um ehrlich zu sein: Die Geschichte hat mir gefallen. Ich bin aus der Masse der Auszubildenden rausgetreten. Das erfüllt einen mit Stolz. Die meisten von uns waren politisch Mitte bis rechts eingestellt. Von überall habe ich Schulterklopfen bekommen. Bald war ich bekannt wie ein bunter Hund.

Der Prozess fand in Bonn statt. Die Anklage lautete auf Beleidigung. Der Zuschauerraum war voll mit Polizisten. Wir waren vier Zeugen. Ich, der Azubi, war der Hauptzeuge. Mir ging ein bisschen die Muffe, weil ich gehört hatte, dass der Ströbele der Verteidiger von Frau Gottwald ist. ,Bei dem müssen Sie aufpassen. Der hat die Baader-Meinhof-Geschichte mit vertreten', hatte mich mein Hundertschaftsführer gewarnt. Aber für den Staatsanwalt und das Gericht war der Fall von Anfang an klar. Ihre Antipathie gegen Frau Gottwald und Herrn Ströbele war deutlich zu spüren. Wenn man dann noch die Kollegen im Publikum flüstern hört: ,Gib Gas!', ,Mach weiter!', wird man, so jung wie ich war, als Zeuge richtig keck. Es war ein abgekartetes Spiel, obwohl der Ströbele sehr eloquent war. Wir vier Zeugen waren uns einig. Frau Gottwald hatte keine Chance.

Auch die Berufungsverhandlung endete mit einer Verurteilung. Der Polizei als Staatsgewalt wird grundsätzlich geglaubt. Ein Polizist, so die gängige Auffassung, lügt nicht. Schließlich ist er auf das Grundgesetz vereidigt.

Zum Zeitpunkt des Berufungsprozesses hatte ich eigentlich die Schnauze voll. Aber wenn man einmal eine Falschaussage gemacht hat, kommt man nicht mehr raus - zumal, wenn vier Leute drinhängen. Es herrscht Gruppenzwang. Außerdem war ich kurz zuvor wegen Alkohols am Steuer vom Dienst suspendiert worden. Nach einer Party hatte ich den Fehler begangen, mit 1,35 Promille intus ins Auto zu steigen. Die Trunkenheitsfahrt hat mich den Polizeiberuf gekostet, weil ich noch in der Ausbildung war. Mein Hundertschaftsführer hatte richtig Angst, dass ich vor Gericht auspacken würde. Ich hatte ja nichts mehr zu verlieren. Ich bekam Anrufe. ,Machen Sie jetzt jetzt bitte keinen Ärger. Das ziehen wir durch wie beim ersten Mal. Sie sitzen genauso mit im Boot.' Man hat mir sogar Hoffnung gemacht, dass ich vielleicht doch bei der Polizei bleiben kann. Das war natürlich ein Irrtum.

Ich war dreieinhalb Jahre Polizist. Danach habe ich mich beruflich umorientiert. Durch Erzählungen von Kollegen weiß ich, dass solche Geschichten öfter vorkommen. Ich will nicht sagen, dass das die Regel ist. Aber einige haben sich damit regelrecht gebrüstet.

Das ist heute nicht anders. Ich habe noch Verbindung zur Polizei und höre, dass nach wie vor gemauschelt wird. Man kann im Einsatz immer so oder so entscheiden. Man braucht nur eine einfache Verkehrskontrolle anzugucken. Bürgern, die frech Paroli bieten oder politisch unliebsam sind, wischt man gern mal eins aus.

Was ins Beuteschema passt, wird ausgenutzt. Ich war dabei, wie ein Obdachloser, der Kinder angebaggert hat, auf der Wache getreten worden ist. Immer in den Arsch. Selbst da hatte ich das Gefühl, dass hat er verdient. Wieso packt der Kinder an? Wir haben Obdachlose - Penner, wie wir sagten - mit dem Streifenwagen 30 Kilometer außerhalb der Stadt bei Wind und Wetter ausgesetzt.

Warum ich das alles nach 25 Jahren offenbare? Ich bin selbst Opfer eines Lügenkomplotts geworden. Es ist eine extrem demütigende Erfahrung. Ich schäme mich, dass ich mich an so etwas beteiligt habe. Ist doch klar, wem der Richter glaubt, wenn Aussage gegen Aussage steht. Die Polizei hat die Macht."

*Dieter Lehmann (Name geändert) ist 44 Jahre alt und selbstständig.

Der Anwalt

"Ein echter ehemaliger Polizist schickt mir ein Lügengeständnis. Ich habe meinen Augen nicht getraut, als ich die Mail in meiner Abgeordnetenpost entdeckte. Als Strafverteidiger in politischen Prozessen hatte ich oft den Eindruck, dass Polizisten falsch aussagen. In weit schlimmeren Fällen als dem vorliegenden, in dem es ,nur' um eine Beleidigung ging. Aber an ein konkretes Geständnis eines Lügenkomplotts aus Gewissensbissen kann ich mich nicht erinnern.

In den Achtzigerjahren habe ich viele Leute verteidigt, die bei Demonstrationen und Aktionen gegen Raketenstationierung oder den Bau von Atomkraftwerken festgenommen wurden.

Es war die Zeit der unerbittlichen Konfrontationen der Polizei mit den Demonstranten der großen sozialen Bewegungen. Da wurden Straßen und Stationierungsorte blockiert, Bauplätze und Häuser besetzt. Die Polizei riegelte Stadtteile und ganze Regionen ab, kesselte Demonstranten ein und ging mit großer Härte häufig nach militärischen Einsatzregeln vor.

In den folgenden Strafprozessen gegen Demonstranten mussten zur Abschreckung Verurteilungen her. Immer wieder waren wir dabei mit Aussagen von Polizisten konfrontiert, die nicht stimmen konnten.

In trauriger Erinnerung ist mir eine besondere Gemeinheit. Ein Mandant berichtete, wie es ihm nach seiner Festnahme erging: Ein Polizist hielt ihn rechts, der andere links, während ein dritter sich Handschuhe anzog und ihm mehrfach mit der Faust ins Gesicht schlug. Vor der Festnahme war der Mann unversehrt, danach schwer verletzt. Vor Gericht sagten die Polizisten, der Festgenommene sei auf dem Weg zur Wache absichtlich mit dem Kopf gegen eine Eisentür gelaufen. Verurteilt wurde der Verletzte - wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt.

Die Gerichte haben Polizeibeamten in der Regel geglaubt, obwohl die Aussagen aus den geschlossenen Einheiten häufig offensichtlich von Corpsgeist und Kameradschaft geprägt waren. Uns Anwälten blieb nur, Widersprüche aufzuzeigen, Falschaussagen konnten wir nicht beweisen. Es gab Richter, die dann nicht verurteilten. Aber das war die absolute Ausnahme.

,Sei vorsichtig', habe ich Mandaten gewarnt, wenn sie gegen Polizisten vorgehen wollten. ,Hast du Zeugen? Gibt es Fotos?' Wenn nicht, habe ich von Strafanzeigen abgeraten, um die übliche Reaktion mit Gegenanzeigen zu vermeiden.

Seither fordern wir mit Bürgerrechtlern die individuelle Kennzeichnung der Polizisten in geschlossenen Einsätzen. Die amtliche Vermummung mit Uniform, Helm und Gesichtsschutz verhindert die Identifizierung eines Straftäters aus den Reihen der Polizei. Aber kein Bundesland traut sich bisher, diese Forderung umzusetzen.

Heute bemüht man sich, harten Konfrontationen von Polizei und Demonstranten entgegenzuwirken - und es gibt viel mehr Beweismittel, wie Fotos und Videos.

Aber zu Falschbeschuldigungen durch Sicherheitskräfte kommt es immer noch. In meinem letzten Fall als Strafverteidiger habe ich es erlebt. Für einen Angeklagten gibt es kaum etwas Gemeineres, als zuerst zusammengeschlagen und dann aufgrund einer Falschaussage auch noch zu Unrecht verurteilt zu werden. Kein Wunder, wenn ein Justizopfer nach so einer Erfahrung mit dem Rechtsstaat fertig ist."

Christian Ströbele, 69, ist seit 1967 Rechtsanwalt. Im Bundestag, wo er seit 1998 für die Grünen sitzt, ist er unter anderem für Polizei und Sicherheitsdienste zuständig.

PROTOKOLLE VON PLUTONIA PLARRE



Aus: "Falschaussage in den 80ern - Spätes Geständnis eines Polizisten" (21.11.2008)
Quelle: http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/spaetes-gestaendnis-eines-polizisten/ (http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/spaetes-gestaendnis-eines-polizisten/)

Title: [...dass Amerikaner die anonyme deutsche Polizei gruselig finden]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 08, 2008, 04:45:03 PM
Quote[...] Korpsgeist bedeutet, dass sich Mitglieder mit einem Gruppenverband identifizieren (Gruppengefühl). Hierdurch sollen die Angehörigen vor allem dazu motiviert werden, gemeinsame Ziele zu erreichen. Der Begriff steht auch für Standesbewusstsein und mit negativer Bedeutung auch für Standeshochmut und Dünkel.

Dies wird erreicht durch das uniforme Auftreten mit eigenen Symbolen, Maximen, Mottos (bei den Marines z. B. "The Few. The Proud."), Ehrungen, Maskottchen, Sprüche, Lieder u. ä. Bei vielen Streitkräften sind Schlachtrufe und Marschgesänge üblich.

Besonders im Militärwesen, in Studentenverbindungen und z. T. bei Polizeien ist der Korpsgeist stark verbreitet.

Aus den Vereinigten Staaten von Amerika ist der Korpsgeist auch in die europäische Wirtschaft eingezogen; beispielsweise bei dem Unternehmen Wal Mart, wo die Beschäftigten zu Beginn jedes Tages Parolen rufen müssen und dies durch Gestiken wie den sog. Squiggly unterstützen.


Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Korpsgeist (http://de.wikipedia.org/wiki/Korpsgeist) (31. Januar 2008)



-.-

Quote[...] Ein Video [http://www.youtube.com/watch?v=FOcAsMdEBb4 (http://www.youtube.com/watch?v=FOcAsMdEBb4)], das 15 Polizisten zeigt, die drei Verdächtige zusammenschlagen (in der Überschrift des YouTube-Videos heißt es ,,Unschuldige", hier gibt es inzwischen ein paar Hintergrund-Infos: http://www.myfoxny.com/myfox/pages/Home/Detail;?contentId=6484912&version=3&locale=EN-US&layoutCode=TSTY&pageId=1.1.1&sflg=1 (http://www.myfoxny.com/myfox/pages/Home/Detail;?contentId=6484912&version=3&locale=EN-US&layoutCode=TSTY&pageId=1.1.1&sflg=1)), geht zur Zeit durch die Blogs. Die Brutalität amerikanischer Polizisten gehört längst zur Popkultur (Copland, Bad Lieutenant), im HipHop gelten sie als eine Gang unter vielen, vielleicht nicht die am besten bewaffnete, aber gut vernetzt.

In der deutschen Unterhaltungsindustrie kommen Polizisten dagegen recht gut weg. Sie brechen zwar hin und wieder das Gesetz, aber das hat schon seine Richtigkeit, schließlich kümmern sich nur sesselpupsende Bürokraten um Quatsch wie die Unverletzlichkeit der Wohnung. Ich erinnere mich allerdings dunkel an einen Fernsehfilm aus den 80ern, in dem ein Polizist, der gegen einen Kollegen ausgesagt hat, massiv gemobbt wurde.

Bis heute scheint der Korpsgeist der Polizei ungebrochen. Christina Brüning schreibt in der ZEIT:

QuoteVor vier Jahren legte die Menschenrechtsorganisation amnesty international einen umfassenden Bericht über Misshandlungen durch deutsche Polizisten vor und dokumentierte das immer gleiche Schicksal einer Strafanzeige gegen die Täter: Gegenanzeigen, interne Untersuchungen, die diese Bezeichnung nicht verdienen, Staatsanwälte, die kaum ermitteln und schon gar nicht anklagen.
[http://www.zeit.de/2008/19/LS-SEK?page=1 (http://www.zeit.de/2008/19/LS-SEK?page=1)]

[...] Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Es geht hier nicht um Polizistenbashing, dazu ist die gesellschaftliche Aufgabe der Polizei zu wichtig. Interessant wäre vielmehr, den Ursachen für den Korpsgeist und die Brutalität auf die Spur zu kommen. Eine dürfte in der ständigen Überarbeitung liegen. Das Gefährliche der Arbeit, das Sisyphos-Gefühl, der Schicht-Dienst – das sind berufsbedingte Probleme. Die schlechte Bezahlung, die schlechte Ausstattung, die unzähligen Überstunden – das sind lösbare Probleme.

Denn schließlich sind Polizisten auch nur ganz normale Arbeitnehmer, die unter so schlechten Bedingungen arbeiten, dass man das Gefühl bekommt, man könne auch Lidl-Mitarbeitern Pistolen in die Hand drücken. Und die schlechtesten Arbeitsbedingungen haben sie oft da, wo im Wahlkampf am lautesten nach mehr Sicherheit gerufen wurde. Denn konservative Freunde der Sicherheit haben meist in ihrer Partei auch neoliberale Sparfüchse sitzen.

via http://www.reelpopblog.com/2008/05/philadelphia-po.html (http://www.reelpopblog.com/2008/05/philadelphia-po.html)

Quote#
01
herr_m:

ursachen für corpsgeist? ich tue mich schwer, den pauschal zu verdammen. loyalität und kameradschaft möchte ich in meinem persönlichen umfeld nicht missen, wenngleich es lediglich sekundärtugenden bleiben.

und nein. ich bin kein zeitsoldat...
08.05.2008 um 12:24 | Antworten


Quote06
Frau Schmidt:

"Denn schließlich sind Polizisten auch nur ganz normale Arbeitnehmer, die unter so schlechten Bedingungen arbeiten ..."

Puh, das ist aber mal oldschool. Prügeln für die Lohnerhöhung und noch nicht mal gegen die eigenen Chefs? Außerdem warum immer die amerikanischen Bullen? Man muss doch nur eine x-beliebige Demo der letzten Jahre in Europa besucht haben, um sich ein Bild zu machen. Die Cops sehen nicht nur aus wie Roboter, sie verhalten sich auch so. Und dabei ist das kollektive Bewusstsein (Corpsgeist) von Einsatzhundertschaften ja lediglich die konsequenteste Darstellung einer Exekutive, die zunehmend und unverhohlen Repression und Abschreckung als Grundlage ihres Gesellschaftsauftrages sieht.
Ich meine die haben ja nicht mal ihren eigenen Namen zur Identifikation (und somit: Verantwortung) übrig.
08.05.2008 um 13:32


Quote08
Jan(TM):

Irgendwie kann ich die Polizisten schon verstehen wenn ich das so lese. "The beating happened two days after the fatal shooting of a Philadelphia policeman, the third city officer slain on duty in two years."
08.05.2008


Quote10
Marco:

> aber jeder polizist (zumindest bei kontrollen) nennt dir doch seinen namen.

Schönens Beispiel, denn er muss nicht. Die meisten Polizeidienstvorschriften legen zwar fest, daß sich ein Polizist identifizieren muss. Diese Identifizierung gilt aber in der Regel (je nach Bundesland verschieden) schon z.B. durch die Dienstkleidung als vorgenommen, d.h. es gibt nur eine Pflicht sich als Polizist kenntlich zu machen - prekär wenn man sich die Geschichte mit den falschen Polizisten noch mal vor Augen führt. Bei Demos oder anderen geschlossenen Einsätzen muß der einzelne Polizist konsequenterweise auch gar nichts.

Und jetzt vergleiche man das mal mit der Situation in den USA:

http://usaerklaert.wordpress.com/2008/02/18/einige-bemerkungen-zu-den-anti-und-pro-millitar-demonstrationen-in-berkeley/
08.05.2008 um 15:02



Aus: "Staatsgewalt" Malte Welding (08.05.2008)
Quelle: http://www.spreeblick.com/2008/05/08/staatsgewalt/ (http://www.spreeblick.com/2008/05/08/staatsgewalt/)


-.-

"USA Erklärt: Der faktische Hintergrund, freundlich erklärt": [...] Kein Land dominiert unsere Nachrichten und Blogs wie die USA. Ob in Politik oder Wirtschaft, ob mit Hass oder Liebe, Amerika, Amerikaner und Americana sind jeden Tag ein Thema. Gemessen daran ist allerdings das Basiswissen über die USA - wie ein Gesetz entsteht oder ein Urteil zu Stande kommt, wo die Macht des Präsidenten oder das Recht auf Meinungsfreiheit endet, aber auch was für Partyspiele am Halloween gefragt sind oder wie man die besten Chocolate Chip Cookies backt - bestenfalls lückenhaft. Was in den Medien und Blogs über die USA zu lesen ist, ist oft genug Halbwissen oder Vorurteil und hin und wieder wohl auch bewusste Desinformation. Unkritisches zitieren führt dazu, dass diese Fehler weitergegeben und verstärkt werden, bis jeder es "einfach weiß". Als Amerikaner erkennt man dann schon mal sein eigenes Land nicht mehr wieder.

[...] Neutralität und Objektivität - oder auch nur Fairness - sind Ideale, die natürlich nie erreicht werden. Als Hilfestellung gibt es hier zwei Regeln:

Regel 1: Dieses Blog ist kein Meinungsblog. In den Einträgen sollte sich keine Meinung finden, also insbesondere nicht meine, auch wenn ich natürlich Recht hätte (räusper). Es kann sein, dass ich andere Dinge hier fallen lasse, die nichts mit dem eigentlichen Thema zu tun haben - dass ich nicht gerne Fisch esse, weil sie ihr eigenes Pippi trinken, zum Beispiel. Aber zu den USA selbst bleibt es faktisch, oder auf jeden Fall so faktisch wie nur irgendwie möglich.

Regel 2: Dieses Blog ist kein Pranger. Auch wenn täglich Dinge in Medien und Blogs über die USA behauptet werden, die nicht nur falsch, sondern hart an der Grenze zur Volksverdummung sind, wird hier nicht mit dem Finger auf die Urheber gezeigt. Das heißt nicht, dass ich Dinge nicht ansprechen werde, aber es soll immer so sein, dass man nicht sofort sieht, woher es kommt.

[...] Danke für's lesen,
Euer Scot W. Stevenson

Aus: http://usaerklaert.wordpress.com/uber-dieses-blog/ (http://usaerklaert.wordpress.com/uber-dieses-blog/) (Stand 05/2008)


Quote[...] Einige Bemerkungen zu den Anti- und Pro-Militär-Demonstrationen in Berkeley (Februar 18, 2008)

In Berkeley in Kalifornien ist es vor einigen Tage zu zeitgleichen Demonstrationen gegen und für das Militär gekommen. Dieser Autor hatte eigentlich vor, die Sache kurz im nächsten ZEUGS-Eintrag abzuhandeln, aber Zombietime hat eine längere Bilderserie http://www.zombietime.com/berkeley_marines_2-12-2008/ (http://www.zombietime.com/berkeley_marines_2-12-2008/) [diesen Link bitte merken] zu den Protesten ins Netz gestellt. Sie bietet Beispiele für mehrere Dinge, die wir in diesem Blog besprochen haben oder ohnehin besprechen wollten.

Der Hintergrund:

Seit September 2007 belagert die feministische Pazifisten-Gruppe Code Pink ein Rekrutierungsbüro der Marines in Berkeley. Das ist an sich nicht wirklich originell. Aber am 29. Januar beschloss der Stadtrat, die Marines aufzufordern, das Büro zu schließen. Anderenfalls sollten sie offiziell als uninvited und unwelcome intruders klassifiziert werden [PDF]:
http://www.ci.berkeley.ca.us/uploadedFiles/Clerk/2008-01-29_Item_12_Marine_Recruiting_Office_in_Berkeley.pdf (http://www.ci.berkeley.ca.us/uploadedFiles/Clerk/2008-01-29_Item_12_Marine_Recruiting_Office_in_Berkeley.pdf)

   
QuoteThe United States Marine Corps is being used as one of the means of perpetrating and prolonging illegal, unconstitutional and unnecessary wars of the United States.

Der Aufschrei ließ nicht lange auf sich warten. Neben den üblichen Protestbriefen und YouTube-Schnitten [YouTube]: http://www.youtube.com/watch?v=dCXqYvJ0DaA (http://www.youtube.com/watch?v=dCXqYvJ0DaA)

der Ratssitzung wurden handfeste Konsequenzen angedroht: Mehrere Senatoren und 71 Abgeordnete des Repräsentantenhauses wollen 2,1 Millionen Dollar an Bundesmitteln für die Stadt streichen, Abgeordnete im Parlament von Kalifornien 3,3 Millionen Dollar an Landesmitteln für Verkehrsprojekte stoppen (wir erinnern uns: Der Bund hat als Druckmittel nicht die Peitsche des Gesetzes, sondern nur das Zuckerbrot des Geldes).

Bürgermeister Tom Bates - selbst ein ehemaliger Hauptmann - versuchte schnell klarzustellen, dass die Stadt nicht gegen Militärangehörige sei, sondern nur gegen den Irak-Krieg. Das besänftigte niemand. Als Folge der Proteste kam der Stadtrat am 12. Februar zusammen, um seine Erklärung zu überdenken. Gleichzeitig fanden sich Tausende Befürworter und Gegner zu Demonstrationen vor dem Rathaus ein.

Der tiefere Hintergrund:

Berkeley ist eine Universitätsstadt, die im Vietnam-Krieg ein Zentrum der Anti-Kriegs-Bewegung war. Bis heute ist sie der wohl linkeste Ort in den USA - hier klettern Aktivisten schon mal aus Protest nackt auf die Bäume. Konservative Amerikaner sehen Berkeley als einen Hort von Irren, die das Land in den Abgrund stürzen wollen. Die Bürger sehen sich selbst als progressiv und aufgeklärt.

Bei der Serie muss man weiter im Hinterkopf behalten, dass Zombietime eine konservative Website ist, was sich in der Bildauswahl und den Kommentaren niederschlägt.

Zu den Bildern selbst:
Flaggen - Wir hatten besprochen, dass auch Regierungsgegner die Stars and Stripes zu ihren Demos mitnehmen. Hier sehen wir das vergleichsweise wenig, und wenn, ist die Flagge meist verkehrt herum oder es werden mit einer Zigarette Löcher hineingebrannt.

Sprache - Wir haben dafür aber ein schönes Beispiel für "Nazi" als generische Beleidigung in "Fuck conservative neo-Nazis" (wohl im Gegensatz zu den liberalen Neo-Nazis). In einer Bildunterschrift wird von wingnuts and moonbats gesprochen.

To play hookey - Blaumachen von der Schule.

Städtische Polizei - Auf den Schulterabzeichen der Polizisten ist der Schriftzug Berkeley Police zu sehen: Wie besprochen gehören die Beamten zur Stadt, nicht zum Bundesstaat oder gar zum Bund.

Namensschilder - Eigentlich sollte das Folgende in einem eigenen Eintrag erklärt werden, aber wenn wir schon mal dabei sind -

Auf mehreren Bildern ist zu erkennen, dass die Polizisten Namensschilder tragen. Ein Foto etwas unterhalb der Mitte der ersten Seite zeigt zum Beispiel einen vermummten Demonstranten, der seinen Mittelfinger in die Kamera streckt; mit dem Rücken zu ihm steht eine Beamtin mit dem name tag "Speelman 79″. Die Zahl ist die badge number, auch shield number genannt, die ebenfalls zur Identifizierung dient. In größeren Städten sind diese Nummern natürlich auch etwas größer.

Mit Hilfe von Google lernen wir: Bei unserer Beamtin handelt es sich mit großer Sicherheit um die Streifenpolizistin Samantha Speelman. Sie wurde 2006 wegen unrechtmäßiger Verhaftung angeklagt - da sie im Dienst ist, gehen wir von einem Freispruch aus. Im Jahr zuvor fing sie einen Kunstdieb. Und so weiter.

Namenschilder und Dienstnummern bei Polizisten sind in den USA (und Teilen von Kanada und Großbritannien [PDF]) normal. Einmal soll damit der Kontakt zum Bürger verbessert werden. Das ist auch der Grund, warum die Polizei von Berkeley von sich aus den Dienstplan der Streifenbezirke [PDF] mit den Namen der zugeteilten Beamten veröffentlicht. Zweitens dienen sie als Schutz gegen Übergriffe der Polizei, denn der Bürger kann damit genau sehen, mit wem er es zu tun hat.

Das Prinzip der Kontrolle durch das Volk findet in den angelsächsischen Staaten zwar seine wichtigste Umsetzung im Geschworenensystem: Bei einer Klage wegen Polizeibrutalität entscheidet nicht ein Richter - Kollege Staatsdiener - über Schuld oder Unschuld, sondern eine Jury, also die Bürger. Aber durch die Namensschilder und offen getragenen Dienstnummern geht das Prinzip noch viel weiter.

Berkeley ist ein dankenswertes Beispiel, denn hier gibt es die Organisation Cop Watch:
   
QuoteWe have joined together to fight for our rights and the rights of our community by taking on the task of directly monitoring police conduct. That's right. We walk the streets and watch the police.

Die Gruppe bringt ein Handbuch heraus, das Cop Watch Handbook [PDF].
http://www.berkeleycopwatch.org/Handbook_06.pdf (http://www.berkeleycopwatch.org/Handbook_06.pdf)

Dort sind nicht nur die Rechte und Pflichten der Beamten in Berkeley aufgeführt, sondern in einem praktischen Anhang auch die Namen und Dienstnummern aller Polizisten der Stadt. Ja, das ist legal.

Mit dem Handbuch bewaffnet können wir jetzt - analog zum berühmten britischen train spotting - auf unseren Bildern etwas cop spotting betreiben. Der Teenager auf Seite 2 der Bilderserie wird von den Beamten mit den Dienstnummern 35 und 124 festgenommen. Nun, das sind die Streifenpolizisten P. Anderson und Bekel. Wir wissen das, die Eltern des Jugendlichen wissen das, sein Anwalt weiß es, die Presse weiß es und sie alle finden es völlig normal. Es dürfte niemanden überraschen, dass Amerikaner die anonyme deutsche Polizei gruselig finden.

Fotos von Polizisten - Was uns zu der Frage bringt, ob dieses Bild überhaupt legal ist. In Deutschland darf man einen Polizisten bekanntlich nicht einfach fotografieren: Das Recht auf das eigene Bild, abgeleitet vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht, ist wichtiger als das Recht des Bürgers auf Informationen, zumindest so lange der Polizist nichts Verbotenes tut.

Wie in ähnlichen Fällen ist das in Amerika genau umgekehrt, denn das First Amendment schlägt alles. In der Öffentlichkeit müssen sich insbesondere Polizisten Fotos gefallen lassen [PDF]:
http://www.krages.com/ThePhotographersRight.pdf (http://www.krages.com/ThePhotographersRight.pdf)

QuoteOn occasion, law enforcement officers may object to photography but most understand that people have the right to take photographs and do not interfere with photographers. They do have the right to keep you away from areas where you may impede their activities or endanger safety.

Allerdings beschweren sich Fotografen in beiden Staaten regelmäßig über Polizisten, die sie drangsalieren.

[...]

[...] Wie ging es nach den Demos weiter? Die Sitzung des Stadtrates dauerte lange, denn es meldeten sich 128 Bürger zu Wort. Am Ende stimmt der Rat mit 7-2 für eine neue Erklärung, in der er seinen "tiefen Respekt für die Männer und Frauen in unseren Streitkräften" ausdrücken. Darin soll zwar das Recht der Marines bestätigt werden, ihr Rekrutierungsbüro zu betreiben, aber auch das Recht der Gegner, direkt davor zu protestieren.

Die materiellen Kosten der Demonstration für die Stadt werden auf 93.500 Dollar geschätzt, insbesondere wegen der Überstunden der Polizei. Die Abgeordneten in Washington und Sacramento wollen weiter die Mittel sperren.

Code Pink will die Proteste fortsetzen. Zudem hat die Gruppe angekündigt, das Ganze basisdemokratisch zu lösen: Bei der Wahl im November sollen die Bürger der Stadt per Volksentscheid bestimmen, ob Rekrutierungsbüros in Berkeley eine Sondergenehmigung brauchen.



Dieser Eintrag wurde erstellt am Februar 18, 2008 um 7:18 und ist abgelegt unter Eintrag.

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Aus: "Einige Bemerkungen zu den Anti- und Pro-Militär-Demonstrationen in Berkeley" Scot W. Stevenson (Februar 18, 2008)
Quelle: http://usaerklaert.wordpress.com/2008/02/18/einige-bemerkungen-zu-den-anti-und-pro-millitar-demonstrationen-in-berkeley/ (http://usaerklaert.wordpress.com/2008/02/18/einige-bemerkungen-zu-den-anti-und-pro-millitar-demonstrationen-in-berkeley/)

Title: [Der Souverän in Heiligendamm... (BRD, G8-Gipfel)]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 10, 2008, 09:54:27 AM
Quote[...] Der G8-Gipfel in Heiligendamm
Ausnahmezustand in Deutschland
Von Anselm Weidner

"Der Ausnahmezustand", schrieb der Staatsrechtler Carl Schmitt, "offenbart das Wesen der staatlichen Macht." Im Sommer 2007 beim G8-Gipfel in Heiligendamm, das offenbaren die von Bürgerrechtsgruppen und Republikanischem Anwaltsverein nach einem halben Jahr gezogenen Billanzen, wurde hierzulande der Ausnahmezustand erprobt.

Die Gipfelkritiker wurden schon im Vorfeld der Proteste kriminalisiert, nicht nur bei den über 1000 Festnahmen geriet die Polizei unter Verdacht der schweren Körperverletzung und Freiheitsberaubung im Amt. Die Pressefreiheit wurde behindert, Meldungen lanciert, die auf die Gewalt einiger hundert gewalttätiger Demonstraten fokussierten und von den Polizeiübergriffen ebenso wie vom friedlichen Protest ablenkten.

Der "präventive Sicherheitsstaat" hatte 17.494 Polizisten und 1100 Soldaten der Bundeswehr in Marsch gesetzt, um einen störungsfreien Verlauf des Gipfels zu garantieren. In Bereitschaft hatten 14 Tornados, vier Eurofighter, acht Phantomjäger und zwei Abfangjäger sowie eine unbekannte Anzahl von Beamten nationaler und internationaler Geheimdienste gestanden.

[...]


Aus: "Der G8-Gipfel in Heiligendamm" (15.02.2008 · 19:15 Uhr)
Quelle: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/dossier/731886/ (http://www.dradio.de/dlf/sendungen/dossier/731886/)


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Quote[...] Der Souverän in Heiligendamm war eine Behörde der besonderen Art: die Besondere Aufbauorganisation, BAO-Kavala, so genannt nach der nordgriechischen Hafenstadt Kavala, die wie Heilgendamm 'weiße Stadt am Meer' heißt. Die BAO-Kavala war formell eine Behörde der Landespolizeidirektion Rostock. In der Sonderbehörde waren die Länderpolizeien, das BKA, die Bundespolizei, die Bundeswehr sowie deutsche und ausländische Geheimdienste durch Verbindungsbeamte vertreten. So bündelte diese BAO national und international exekutive Kompetenzen in einer Machtfülle, wie es sie in der Bundesrepublik bisher noch nicht gegeben hat. Nach Aussagen von Kavala-Beamten vor dem Oberverwaltungsgericht Greifswald gab die CIA bei den Sicherheitsstandards den Ton an.- Solche Zusammenballungen unkontrollierbarer exekutiver Macht seien inzwischen bei politischen Großereignissen üblich, sagt Henning Obens, Politikwissenschaftler aus Hamburg.

[...]


Aus: "DER G8-GIPFEL IN HEILIGENDAMM - AUSNAHMEZUSTAND IN DEUTSCHLAND" Für Deutschlandfunk,Dossier
Redaktion Hermann Theissen
Manuskript: 20.12.07
Produktion: 11./12.2.08
Sendedatum: Fr, 15.2.2008, 19.15 - 20.00 h
Quelle: http://fry.dradio.de/download/79923/ (http://fry.dradio.de/download/79923/)

Title: [Da es in den Käfigen der Gefangenensammelstelle... (BRD, G8)]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 26, 2008, 10:14:37 AM
Quote[...] FREIBURG taz  - Der beste Rechtsschutz hilft nicht, wenn die Polizei dem Gericht falsche Informationen liefert oder gar die Kooperation verweigert. Das ist ein Fazit, das die neueste Ausgabe des Grundrechtereports aus den Konflikten um den G-8-Gipfel in Heiligendamm im vorigen Sommer zieht. Sowohl bei der Durchsetzung von Demonstrationsverboten als auch der Aufrechterhaltung von Haft habe die Polizei rechtsstaatliche Regeln ausgehebelt.

Der Grundrechtereport wird jährlich von neun Bürgerrechtsorganisationen, darunter die Humanistische Union und Pro Asyl, herausgegeben. Er zeigt Grundrecht für Grundrecht die Gefährdungen durch neue Gesetze und Verwaltungsmaßnahmen. Das diesjährige Schwerpunktthema waren die drastischen Eingriffe in die Versammlungsfreiheit rund um den G-8-Gipfel.

Selbst gegenüber dem Bundesverfassungsgericht sei seinerzeit eine "Taktik der Fehlinformation" angewandt worden, kritisiert Elke Steven vom Komitee für Grundrechte und Demokratie. So habe das Gericht, das kurzfristig gegen das weiträumige Heiligendammer Demonstrationsverbot angerufen worden war, von der Polizei falsche Zahlen über angeblich schwer verletzte Polizisten bei der Auftaktkundgebung in Rostock erhalten. Auch die Zahl von "über 2.000 gewaltbereiten Störern" in Heiligendamm hält sie für stark übertrieben. Solche Polizeiangaben hätten jedoch dazu geführt, dass die Verfassungsrichter in ihrer Eilentscheidung zwar das Ausmaß der demonstrationsfreien Zonen als "bedenklich" eingestuft, aber das Demonstrationsverbot nicht aufgehoben habe.

Ähnliche Kritik äußert die Hamburger Rechtsanwältin Karen Ullmann zur Festnahme von weit über 1.000 Personen während der Gipfelproteste. Eigentlich hätten diese einen Anspruch auf eine unverzügliche richterliche Entscheidung über die Haft gehabt. Doch nur in der Hälfte der Fälle habe eine richterliche Prüfung stattgefunden. Die Gefangenen hätten "praktisch keine Chance" gehabt, etwas gegen die verzögerte Richtervorführung zu tun. Da es in den Käfigen der Gefangenensammelstelle weder Papier noch Stifte gab, konnten sie keine Anträge stellen. Und der Kontakt zu Anwälten sei ihnen auch oft verwehrt worden. Soweit es Gerichtsentscheidungen gegeben hätte, hätten diese meist zur sofortigen Freilassung geführt. "Wo willkürliche Festnahmen in einem unberechenbaren Gewahrsam enden, ist die Demontrationsfreiheit nur eine schöne Illussion", bilanziert Ullmann, die während des Gipfels als Anwältin tätig war. Als Lob für ihren "alternativen Verfassungsschutzbericht" wurden die Herausgeber kürzlich von der FDP-nahen Theodor-Heuss-Stiftung ausgezeichnet.


Aus: "Grundrechtereport kritisiert G8-Einsatz: NGOs beklagen Verzögerungstaktik" VON CHRISTIAN RATH (09.05.2008)
Quelle: http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/fehlinformationen-und-verzoegerungstaktik/?src=SZ&cHash=22f801d9a8 (http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/fehlinformationen-und-verzoegerungstaktik/?src=SZ&cHash=22f801d9a8)

Title: [Viele Cops wirken übernächtigt... (Südafrika)]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 26, 2008, 10:21:11 AM
Quote[...] In den Elendsvierteln ist die Polizei oft die einzige staatliche Kraft, die sichtbar ist. Viele Cops wirken übernächtigt, sie arbeiten hart und werden doch ständig kritisiert, dass sie die Lage nicht im Griff hätten. Auch sie werden vom Staat im Stich gelassen, auf einmal sollen sie über Nacht mit allen Problemen fertig werden, die der Staat über Jahre verdrängt hat.


Aus: "Aufruhr in Südafrika - Vom Präsidenten keine Spur" Von Arne Perras (26.05.2008)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/ausland/artikel/20/176486/ (http://www.sueddeutsche.de/ausland/artikel/20/176486/)

Title: [Behörden wollten zu dem Bericht keine Stellung nehmen... (Magomed Jewlojew)]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 31, 2008, 09:05:25 PM
Quote[...] Auf dem Weg zur Polizeiwache kam es in dem Auto zu einem "Zwischenfall", wie der Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte.


Aus: "Schuss in Inguschetien - Oppositioneller getötet" (Sonntag, 31. August 2008)
Quelle: http://www.n-tv.de/Schuss_in_Inguschetien_Oppositioneller_getoetet/310820084718/1016887.html (http://www.n-tv.de/Schuss_in_Inguschetien_Oppositioneller_getoetet/310820084718/1016887.html)

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Quote[...] Polizisten hätten Magomed Jewlojew, Betreiber der Website Ingushetiya.ru, aus einem Flugzeug in der Provinz Inguschetien abgeführt und in einem Wagen weggebracht. Später sei dann Jewlojew am Straßenrand mit einem Loch im Kopf aufgefunden worden und später im Krankenhaus verstorben, sagte sein Stellvertreter Ruslan Chautijew. Die Polizei und andere Behörden wollten zu dem Bericht keine Stellung nehmen.

Jewlojew hat scharf kritisiert, wie Zivilpersonen in Inguschetien von der Polizei behandelt werden, und damit die Regionalbehörden gegen sich aufgebracht. Ein Gericht hatte im im Juni befohlen, seine Website zu schließen, da sie extremistische Ansichten verbreite. Die Seite erschien aber unter einem anderen Namen erneut.

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Aus: "Russland - Regimekritiker von Polizei erschossen" (31.08.2008)
Quelle: http://www.rp-online.de/public/article/politik/ausland/609095/Regimekritiker-von-Polizei-erschossen.html (http://www.rp-online.de/public/article/politik/ausland/609095/Regimekritiker-von-Polizei-erschossen.html)

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Quote[...] Die von Jewlojew betriebene Internetseite zählt zu den meistbesuchtesten Websites mit Nachrichten aus Inguschetien und hatte offen den Kreml-treuen inguschetischen Präsidenten Sjasikow kritisert. Ein russisches Gericht hatte im Juni angeordnet, die Internetseite zu schließen, da sie "extremistische" Ansichten verbreite. Chefredakteurin Rosa Malsagowa kündigte Anfang August an, in Frankreich politisches Asyl zu beantragen.

Die Organisation "Reporter ohne Grenzen" (ROG/RSF) zeigte sich über den Tod Jewlojews bestürzt. Dieser habe wiederholt seinen Mut und seine Entschlossenheit unter Beweis gestellt, unabhängige Informationen über Inguschetien zu liefern, trotz der Drohungen und des auf ihn und seine Familie ausgeübten Drucks. Sein Tod dürfe nicht ungesühnt bleiben, heißt es in einer Aussendung.

Das mehrheitlich von Muslimen bewohnte Inguschetien grenzt an die abtrünnige Kaukasusrepublik Tschetschenien. Immer wieder kommt es in Inguschetien zu Schusswechseln zwischen russischen Sicherheitskräften und örtlichen Guerilla-Kämpfern. (APA)



Aus: "Inguschetien: Oppositioneller in Polizeiwagen erschossen" (31. August 2008)
Quelle: http://derstandard.at/?url=/?id=1219938568758 (http://derstandard.at/?url=/?id=1219938568758)

Title: [Polizei löste Blockade des Parlaments in Bangkok gewaltsam auf... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 07, 2008, 09:31:26 AM
Quote[...] Im Fernsehen waren mehrere Verletzte zu sehen. "Das ist barbarisch", sagte eine 53-Jährige, die am Kopf verwundet war. "Wir hätten nicht gedacht, dass die Polizei uns angreift."

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Aus: "Polizei löste Blockade des Parlaments in Bangkok gewaltsam auf" (07. Oktober 2008)
Quelle: http://derstandard.at/?url=/?id=1220460124370 (http://derstandard.at/?url=/?id=1220460124370)
Title: [Solche Aktionen werden von Polittechnologen geplant... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 07, 2008, 10:57:54 AM
Quote[...] Michail Kusmitsch Ryklin (russisch Михаил Кузьмич Рыклин; * 1948 in Sankt Petersburg) ist ein russischer Philosophie-Professor und Autor.

Ryklin studierte Philosophie und Ästhetik an der Staatlichen Universität Moskau u.a. bei Merab Mamardaschwili und promovierte 1978 in Philosophiegeschichte mit einer Arbeit über Claude Lévi-Strauss und Jean-Jacques Rousseau. 1995 wurde Ryklin Korrespondent der europäischen Kulturzeitschrift Lettre International. Seit 1997 leitet er den Fachbereich Philosophische Anthropologie an der Akademie der Wissenschaften in Moskau.

Sein 2006 in Deutschland erschienenes Buch Mit dem Recht des Stärkeren. Russische Kultur in Zeiten der "gelenkten Demokratie" wurde 2007 mit dem Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung ausgezeichnet.

Ryklin war seit 1975 mit der Künstlerin Anna Altschuk (Anna Michaltschuk) verheiratet. Seit November 2007 lebte das Paar in Berlin-Witzleben, während Ryklin eine Gastprofessur an der Berliner Humboldt-Universität wahrnimmt. Am 10. April 2008 wurde seine Frau an der Mühlendamm-Schleuse der Spree tot aufgefunden.

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Aus: "Michail Kusmitsch Ryklin" (29. August 2008)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Michail_Ryklin (http://de.wikipedia.org/wiki/Michail_Ryklin)

=> http://de.wikipedia.org/wiki/Anna_Altschuk (http://de.wikipedia.org/wiki/Anna_Altschuk)

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Quote[...] SPIEGEL ONLINE: Es waren doch aber vor allem Kirchenvertreter, die die Ausstellungsmacher als Satanisten, Religionsterroristen und Lästerer beschimpft und so den Prozess gegen ihre Frau erst möglich gemacht haben.

Ryklin: Ja, sie haben eine regelrechte Hysterie, eine Art kollektive Psychose, in der Öffentlichkeit entfacht. Aber die Kirche macht so etwas nicht nur aus eigener Initiative. Solche Aktionen werden von Polittechnologen geplant und gemeinsam mit Dumaabgeordneten und Geheimdienstlern durchgeführt. Die Medien unterstützen sie dabei nach Kräften – wie man weiß, gibt es in Russland seit langem keine freie Presse mehr. Nach einer sechswöchigen Hetzkampagne war die Öffentlichkeit bereit, die Randalierer als Helden zu bejubeln und die Opfer als Täter vor Gericht zu bringen.

[...] Die Kampagne gegen die Ausstellung "Vorsicht, Religion" war offenbar dermaßen erfolgreich, dass die Behörden beschlossen haben, noch einmal nachzulegen. Dabei hatten Samodurow und der Kurator Andrej Jerofejew vorgesorgt: Um die "Verbotene Kunst" sehen zu können, musste man auf Stühle klettern und durch ein Guckloch schauen, überall hingen Warnhinweise, die besonders empfindsamen Gläubigen davon abrieten, die Exponate anzuschauen. Dennoch fühlten sich die Behörden aufs Äußerste provoziert. [...] Moskau plant allein in diesem Herbst drei große Retrospektiven des berühmten Konzeptkünstlers Kabakow. Er wird also auf der einen Seite als internationaler Star gefeiert, auf der anderen Seite sind diejenigen, die ihn ausstellen, von Gefängnis bedroht. Genau das ist es, was das Putinsche System ausmacht: die totale Schizophrenie. [...] Das System will nicht berechenbar sein, also praktiziert es die Methoden der Desorientierung und Einschüchterung.

SPIEGEL ONLINE: Schizophren ist allerdings auch, dass viele der als Ketzer angeprangerten Künstler in Wahrheit nicht besonders kritisch, sondern allenfalls provokativ sind. Stimmt der Eindruck, dass vor allem junge russische Künstler häufig unpolitisch sind?

Ryklin: Die kommerzielle Kunst wird derzeit immens gefördert. Moskau strotzt geradezu vor Geld, die jungen Reichen haben angefangen, sich mit Bildern einzudecken. Sobald ein Künstler gut verkauft, beginnt allerdings die Selbstzensur im Kopf. Und das ist genau das, was das System Putin will - eine Art Nichtangriffspakt: Du mischt dich nicht ein und verdienst Geld, dafür lassen wir dich in Ruhe. Es ist schwer, in Russland Oppositioneller zu sein. Für meine Frau war es tödlich.

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Aus: ""Das System Putin ist totale Schizophrenie"" (07.10.2008)
Das Interview führte Annette Langer
Quelle: http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,578704,00.html (http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,578704,00.html)

Title: [Als politischer Beamter ist der Generalbundesanwalt "weisungsgebunden"... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 30, 2008, 03:14:30 PM
Quote[...] Als politischer Beamter ist der Generalbundesanwalt "weisungsgebunden": Nehm wendet sich an den Mann neben ihm, seinen Vorgesetzten Hansjörg Geiger, Ex-BND-Präsident und nun Staatssekretär im Justizministerium: "Herr Geiger, wenn ich trotz rechtlicher Bedenken ein Verfahren gegen Darkazanli einleiten soll, dann müssen Sie mich dazu anweisen." Die beiden schauen sich an. Geiger schweigt. Dann dreht er Nehm langsam den Rücken zu. Am Ende der Sitzung sagt Steinmeier: "Herr Nehm, kommen Sie mal in mein Büro." ...


Aus: "Geheimdienste - Ausser Kontrolle" Von Uli Rauss und Oliver Schröm (stern-Artikel aus Heft 19/2006)
Quelle: http://www.stern.de/politik/ausland/:Geheimdienste-Ausser-Kontrolle/560743.html?eid=597063 (http://www.stern.de/politik/ausland/:Geheimdienste-Ausser-Kontrolle/560743.html?eid=597063)

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Quote[...] Der Bundesnachrichtendienst (BND) hat im Frühjahr 2003 nach Meinung von Experten und Oppositionspolitikern - entgegen den Aussagen von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) - während des amerikanischen Irakfeldzugs kriegsrelevante Informationen an die USA geliefert. Das legen auch interne Unterlagen des Bundesnachrichtendienstes nahe, die Frontal21 vorliegen.

Zwei BND-Beamte melden danach am 4. April 2003 aus der irakischen Hauptstadt eine Zunahme von Verteidigungsstellungen der irakischen Streitkräfte nahe dem Offiziersclub in Bagdad: "Erstmalig wurden auch MG-Stellungen gesichtet", heißt es wörtlich im vertraulichen Telefonprotokoll des BND-Lagezentrums.

Zu diesem Zeitpunkt hatten US-Bodenstreitkräfte den Flughafen von Bagdad eingenommen und standen davor, ins Stadtzentrum "durchzumarschieren", so die BND-Dokumente. Die Zielkoordinaten des Offiziersclubs, der mehrfach bombardiert wurde, hatte der BND kurz davor an den US-Geheimdienst DIA durchgegeben.

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Aus: "Irak: Deutschland als US-Informant: BND lieferte "hochwertiges Tauschmaterial""
von Christian Rohde und Ulrich Stoll (23.09.2008)
Quelle: http://frontal21.zdf.de/ZDFde/inhalt/5/0,1872,7381637,00.html

Kontext: Topic: [Deutschland und der Überfall auf den Irak]
=> http://www.subfrequenz.net/forum/index.php/topic,113.0.html (http://www.subfrequenz.net/forum/index.php/topic,113.0.html)


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Quote[...] Im Krieg der USA und ihrer "Koalition der Willigen" gegen den Irak stand Deutschland nicht abseits. Die deutsche Bundesregierung hat den angreifenden Staaten u. a. Überflug-, Bewegungs- und Transportrechte eingeräumt. Generalbundesanwalt Kay Nehm hat es bisher aber strikt abgelehnt, ein Ermittlungsverfahren gegen Bundeskanzler Schröder, Bundesaußenminister Fischer und Bundesverteidigungsminister Struck wegen des Verdachts des "Friedensverrats" einzuleiten.

Artikel 26 des Grundgesetzes verbietet die Vorbereitung eines Angriffskrieges. § 80 StGB droht demjenigen, der sich über dieses Verbot hinwegsetzt, eine empfindliche Freiheitsstrafe an.

Hierauf gestützt, waren zu Beginn des Irak-Krieges zahlreiche Strafanzeigen erstattet worden, die Kay Nehm allesamt zurückgewiesen hat. Im Wesentlichen hat er seine Weigerung, Ermittlungen aufzunehmen, damit begründet, dass sich aus dem Völkerrecht nicht eindeutig ergebe, was unter einem "Angriffskrieg" zu verstehen sei. § 80 StGB könne auch schon deshalb nicht angewendet werden, weil die Unterstützungshandlungen Deutschlands nicht ein solches Gewicht hätten, dass sie als Kriegsbeteiligung angesehen werden könnten. Im Übrigen hätte die Unterstützung den von Deutschland übernommenen Bündnisverpflichtungen entsprochen. Die Frage, ob der Krieg gegen den Irak völkerrechtswidrig war, hat der Generalbundesanwalt offengelassen, weil sie angeblich nicht entscheidungserheblich sei.

Auch die von dem Hamburger Rechtsanwalt Armin Fiand und dem Historiker und Publizisten Dr. Alexander Bahar (Heilbronn) eingereichten Anzeigen wurden auf diese Weise abschlägig beschieden. Die dagegen erhobenen Gegenvorstellungen und Dienstaufsichts-beschwerden hatten keinen Erfolg.


[...] Der Generalbundesanwalt muss sich der Sache erneut annehmen. Er ist nach dem Gesetz verpflichtet, bei Vorliegen zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, die zu seinem Zuständigkeitsbereich gehören. Das gebietet das Legalitätsprinzip, das dem Gleichheitssatz aus Art. 3 Grundgesetz Rechnung trägt. Dieses Prinzip besagt, dass die Staatsanwaltschaft jede Straftat ohne Ansehen der Person verfolgen muss.

Der Generalbundesanwalt ist zwar ein politischer Beamter und als solcher weisungsgebunden. Diese Gebundenheit kann jedoch nicht so weit gehen, dass er sich aus Gründen der Staatsräson oder um der Bundesregierung einen Gefallen zu erweisen, über Recht und Gesetz hinwegsetzt.

Die deutsche Bundesregierung hätte sich weigern können (ohne dass ihr irgendwelche Sanktionen gedroht hätten) und weigern müssen, den Krieg gegen den Irak zu unterstützen. Nur dann hätte sie im Einklang mit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag vom 12.09.1990 gehandelt, durch den dem vereinigten Deutschland die völkerrechtliche Verpflichtung auferlegt worden ist, dafür zu sorgen, dass von deutschem Boden nur Frieden ausgehen wird.

Armin Fiand, Hamburg
Dr. Alexander Bahar, Ellhofen


Aus: "Nach dem bemerkenswerten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Juni 2005: Juristen stellen neue Strafanzeige gegen Bundesregierung wegen deutscher Beteiligung am Irak-Krieg"
INITIATIVE FÜR GLOBALE GLEICHHEIT, www.globale-gleichheit.de, PRESSEINFORMATION 23.10.2005
Quelle: http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/regionen/Irak/klage-neu.html (http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/regionen/Irak/klage-neu.html)


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Quote[...] [Ursula Pidun] Das System der Bundesrepublik beruht auf einer Gewaltenteilung, also eine Verteilung der Staatsgewalt auf mehrere Staatsorgane, um Macht zu begrenzen. Die drei Gewalten Gesetzgebung (Legislative), Vollziehung (Exekutive) und Rechtsprechung (Judikative) dienen vor allem auch zur Sicherung von Freiheit und Gleichheit. Impliziert ist eine so genannte Weisungsgebundenheit der Staatsanwälte, die nicht nur in Fachkreisen umstritten ist, sondern besonders auch das Vertrauen der Bevölkerung in Staatsanwälte erschüttert. Was bedeutet Weisungsgebundenheit der Staatsanwälte vor allem auch für die Demokratie und stellt sich die dringende Frage nach einer Abschaffung? Im Gespräch mit Andrea Titz, Staatsanwältin als Gruppenleiterin bei der Staatsanwaltschaft München II und Mitglied des Präsidiums des Deutschen Richterbundes.

Frau Titz, trotz der Eindeutigkeit einer Gewaltenteilung gibt es Streit um eine so genannte Weisungsgebundenheit der Staatsanwälte. Was hat es damit auf sich?

Die Staatsanwaltschaft ist als Organ der Exekutive zwar von den Gerichten unabhängig, also den Richtern weder über- noch unterstellt. Staatsanwälte sind aber im Gegensatz zu den Richtern nicht unabhängig in ihrer Dienstausübung, sondern unterliegen dem Weisungsrecht ihrer Vorgesetzten. Dies ist in den §§ 146 und 147 des Gerichtsverfassungsgesetzes geregelt. Die Staatsanwaltschaften sind hierarchisch gegliedert. An ihrer Spitze steht jeweils ein Leitender Oberstaatsanwalt. Die Leitenden Oberstaatsanwälte der einzelnen Staatsanwaltschaften sind einem Generalstaatsanwalt unterstellt, der für den gesamten Oberlandesgerichts-Bezirk zuständig ist. Die Dienstaufsicht über die Generalstaatsanwälte wiederum steht dem jeweiligen Landesjustizministerium zu.

Der Begriff des Weisungsrechts, wie er in § 146 GVG umschrieben ist, umfasst zum einen die Berechtigung des jeweiligen Dienstvorgesetzten innerhalb der Behörde und des Generalstaatsanwalts, den Mitgliedern seiner Behörde oder der Behörden seines Bezirks Anweisungen für die Sachbehandlung bestimmter Arten von Verfahren (generelles Weisungsrecht) oder eines Einzelfalls zu geben. In beiden Fällen handelt es sich aber um Weisungen eines Staatsanwalts an andere, ihm untergeordnete Staatsanwälte; in diesem Zusammenhang ist daher die Rede von internen Weisungen.

Dem Justizminister steht gem. §§ 146, 147 GVG ein sogenanntes externes Weisungsrecht zu: Er hat zum einen die Möglichkeit, dieses mittels genereller Weisungen zur Bearbeitung von bestimmten Fallgruppen auszuüben, er hat aber auch das Recht zu speziellen Weisungen im Einzelfall. Letztlich kann also der Landesjustizminister als Mitglied der Exekutive Einfluss auf jeden einzelnen bei den Staatsanwaltschaften anhängigen Fall nehmen. Insbesondere dieses sogenannte externe Weisungsrecht im Einzelfall wird als zu weitgehend und nicht sachgerecht kritisiert. Auch der Deutsche Richterbund (DRB) spricht sich seit langem für die Abschaffung des externen Weisungsrechts im Einzelfall aus. In dem von ihm erarbeiteten Gesetzentwurf zur Änderung der entsprechenden Vorschriften des GVG wird klargestellt, dass es kein externes Weisungsrecht des Justizministers im Einzelfall geben soll.

Ist die Gewaltenteilung nicht derart eindeutig, dass eine Weisungsgebundenheit gar nicht zu rechtfertigen ist?

In der Tat spräche eine strikt praktizierte Gewaltenteilung gegen ein derartiges Weisungsrecht des jeweiligen Landesjustizministers, da die Staatsanwaltschaft als Teil der Judikative auf diese Weise durch ein Mitglied der Exekutive kontrolliert wird. Gleichwohl wäre allein dieser Argumentationsansatz nicht zielführend, da die Verfechter des externen Weisungsrechts zu Recht darauf hinweisen können, dass es auch an anderen Stellen im Staatsaufbau zu einer Vermischung der Gewalten kommt, so beispielsweise zwischen Legislative und Exekutive insoweit, als Minister gleichzeitig Mitglieder des Parlaments sein können.

Welche Nachteile ergeben sich aus einer Weisungsgebundenheit der Staatsanwälte?

Durch das externe Weisungsrecht des jeweiligen Landesjustizministers auch im Einzelfall besteht natürlich die Gefahr der politisch motivierten Einflussnahme auf laufende Ermittlungsverfahren bei den Staatsanwaltschaften. Die Staatsanwaltschaften sind aber das ,,Eingangstor" zu den Gerichten. Anders ausgedrückt: Nur die Verfahren, in denen die Staatsanwaltschaft Anklage erhebt, gelangen überhaupt vor Gericht. Wenn also die Weisung erteilt würde, dass in einem bestimmten Verfahren nicht Anklage erhoben werden soll, würde das Verfahren bereits bei der Staatsanwaltschaft durch eine Einstellungsverfügung enden, ohne dass sich – von wenigen Ausnahmen abgesehen – ein Gericht damit befassen kann. So besteht letztlich indirekt auch die Einflussmöglichkeit des Justizministers auf die Gerichte, deren Unabhängigkeit aber durch die Verfassung garantiert ist.

Abgesehen von diesem offensichtlichen Nachteil entsteht allein durch die Existenz des externen Weisungsrechts durch den Justizminister in der Öffentlichkeit bereits der böse Schein politischer Beeinflussung. In Fällen mit erheblicher Öffentlichkeitswirkung oder bei Verfahren von politischer Bedeutung wird daher gerne mehr oder weniger offen gemutmaßt, dass die zuständige Staatsanwaltschaft ihre Entscheidungen gerade nicht unabhängig treffen konnte, sondern zu einer bestimmten Sachbehandlung angewiesen wurde – auch, wenn dies tatsächlich nicht der Fall war. Selbst wenn also in der Praxis eine Einflussnahme des jeweiligen Landesjustizministers auf einzelne Verfahren nur in seltenen Ausnahmefällen stattfinden mag, erschüttert dennoch allein die nach dem Gesetz bestehende Möglichkeit das Vertrauen der Bevölkerung in die Staatanwaltschaften und damit auch in die Unabhängigkeit der Justiz.

Nochmals konkreter: Staatsanwälte unterliegen in Einzelfällen also auch einer politischen Weisungsgebundenheit. Wodurch wird dies legitimiert?

Die Antwort hierauf ergibt sich bereits aus dem bisher Gesagten: Die politische Komponente der Weisungsgebundenheit ergibt sich aus der Tatsache, dass Staatsanwälte eben nicht nur dem internen Weisungsrechts ihres Behördenleiters und des Generalstaatsanwalts unterliegen, sondern darüber hinaus auch dem externen Weisungsrechts des Justizministers.

Wenn Politik es so will, dann kann es also vorkommen, dass selbst Schwerstkriminelle gar nicht vor Gericht kommen?

Trotz aller Skepsis gegenüber dem externen Weisungsrecht im Einzelfall muss man hier klar sagen, dass diese Gefahr durch die strikten gesetzlichen Vorgaben weitgehend ausgeschaltet ist. Zum einen sieht das in § 152 Abs. 2 Strafprozessordnung geregelte Legalitätsprinzip unabhängig von allen Weisungen einen Verfolgungszwang gegen jeden Verdächtigen und bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen auch einen Anklagezwang vor. Die Staatsanwaltschaft ist verpflichtet, bei zureichenden Anhaltspunkten für verfolgbare Straftaten einzuschreiten. Tut sie das nicht, oder schreitet sie umgekehrt ein, wenn gar kein Anhaltspunkt für eine Straftat besteht, läuft sie Gefahr, sich wegen Strafvereitelung im Amt oder umgekehrt wegen Verfolgung Unschuldiger strafbar zu machen. Nur innerhalb dieser gesetzlichen Vorgaben können auch externe Weisungen erteilt werden, andernfalls liefe der anweisende Minister selbst Gefahr, sich nach den genannten Vorschriften strafbar zu machen. Die Gefahr, dass ,,Schwerstkriminelle", also Personen, die nachweislich erhebliche Straftaten begangen haben, auf Weisung eines Justizministers nicht von der zuständigen Staatsanwaltschaft strafrechtlich verfolgt werden, besteht also in der Praxis nicht.

Kann eine politische Weisungsgebundenheit zu Missbrauch führen?

Wie bei jedem Recht ist natürlich auch bei dem bestehenden externen Weisungsrecht des Ministers die Gefahr von Missbrauch nicht auszuschließen. Wenn ein Minister die Möglichkeit zur Einflussnahme hat, ist letztlich nicht auszuschließen, dass er diese Möglichkeit nutzt, wenn missliebige, politisch unpopuläre Entscheidungen der Staatsanwaltschaft in einem Ermittlungsverfahren anstehen. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass mir solche Fälle des Missbrauchs des Weisungsrechts in meiner langjährigen Praxis noch nie begegnet sind. Wenn je ein solcher Fall vorkommt, handelt es sich also in der Tat nur um eine seltene Ausnahme.

Wesentlich schwerwiegender ist aber, wie ich schon gesagt habe, der Vertrauensverlust für die Justiz, der sich in der Öffentlichkeit aus der bloßen Möglichkeit der Beeinflussung durch den Justizminister, also die Politik, ergibt. Wenn die Bevölkerung in politisch brisanten Verfahren mutmaßen kann, die konkrete Entscheidung sei ,,von oben vorgegeben" worden, erschüttert das das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Unabhängigkeit der Justiz, und zwar unabhängig davon, ob tatsächlich bzw. wie häufig ein Missbrauch stattgefunden hat. Solchem ,,Generalverdacht" kann effektiv nur durch die Abschaffung des externen Weisungsrechts des Justizministers im Einzelfall begegnet werden.

Was bedeutet eine solche politische Weisungsgebundenheit für eine Demokratie?

Auswirkungen ergeben sich, wie ich bereits ausführlich dargestellt habe, weniger für die Demokratie allgemein, als vielmehr für das Vertrauen der Bevölkerung in das Funktionieren des Rechtsstaats, in die Unabhängigkeit der Justiz und in die Unverbrüchlichkeit des Rechts. Wenn in der Öffentlichkeit gerade im Zusammenhang mit Verfahren gegen politisch oder wirtschaftlich einflussreiche Persönlichkeiten regelmäßig davon die Rede ist, dass ,,denen" ohnehin nichts passieren wird, weil man immer nur ,,die Kleinen hängt und die Großen laufen lässt", zeigt das einen Besorgnis erregenden Vertrauensverlust in die Unabhängigkeit der Justiz, der für den Rechtsstaat in hohem Maße schädlich ist.

[...]

Mit welchen Argumentationen wird versucht, an dieser politischen Weisungsabhängigkeit festzuhalten?

Das externe Weisungsrecht des Justizministers wird damit begründet, es sei dessen Hauptaufgabe, für eine gleichmäßige Rechtsanwendung zu sorgen und zugleich Schwerpunkte für die Bekämpfung der Straftaten zu bilden, die für die Bevölkerung eine besondere Gefahr darstellen. Dies ist, wie ich schon ausgeführt habe, ein legitimer Gedanke, kann aber nur das generelle Weisungsrecht begründen. Darüber hinaus wird angeführt, notwendiger Bestandteil der parlamentarischen Demokratie sei die Kontrolle der Exekutive durch das Parlament. Daher müsse der Justizminister gegenüber dem Parlament auch die Verantwortung für Maßnahmen und Entscheidungen der Staatsanwaltschaft tragen. Um dem gerecht zu werden, müsse er als Kehrseite der parlamentarischen Verantwortung die Möglichkeit haben, nicht nur durch allgemeine Weisungen, sondern notfalls auch durch Weisungen im Einzelfall auf die Staatsanwaltschaft einzuwirken. Dies gleicht aber einem Zirkelschluss. Die Arbeit der Staatsanwälte unterliegt über den Justizminister der parlamentarischen Kontrolle ja nur, weil es das externe Weisungsrecht gibt. Wenn es wie bei den Richtern keinen Grund für das externe Weisungsrecht gibt, entfällt auch die parlamentarische Verantwortung.

Wenn politische Weisungsgebundenheit auch eine Kontrollfunktion darstellen soll, benötigt sie ihrerseits ebenfalls Kontrolle? Also im Prinzip eine Kettenreaktion an Kontrollen von Ebene zu Ebene, was letztlich gar nicht zu organisieren ist?

Der Justizminister als Teil der Exekutive trägt die Verantwortung gegenüber dem Parlament, unterliegt also insoweit ebenfalls der Kontrolle. Das Parlament trägt hingegen die Verantwortung direkt gegenüber dem Volk, von dem es gewählt wird und auf diese Weise für seine Arbeit zur Verantwortung gezogen werden kann. Das Problem liegt also weniger darin, dass eine ,,Kettenreaktion von Kontrollen" erforderlich würde, sondern darin, dass nach unserer Auffassung die Kontrollmöglichkeit, die der Justizminister durch das externe Weisungsrecht auch im Einzelfall hat, zu weit geht und unnötig ist. Die Bindung der Staatsanwälte an Recht und Gesetz, ihre hohe Qualifikation und ihr Berufsethos, aber auch die Kontrolle jedes einzelnen Staatsanwalts durch seine internen Vorgesetzten stellen auch im Einzelfall sicher, dass Entscheidungen nicht nur gesetzeskonform, sondern auch in jeder Hinsicht sachgerecht getroffen werden. Eines externen Weisungsrechts des Justizministers auch für jeden Einzelfall bedarf es zur Kontrolle der staatsanwaltschaftlichen Tätigkeit nicht.


Aus: "INTERVIEW: Deutscher Richterbund: Weisungsgebundenheit erschüttert Vertrauen der Bevölkerung in Staatsanwälte" (29. Oktober 2008)
Das Interview führte Ursula Pidun mit Andrea Titz, Staatsanwältin als Gruppenleiterin bei der Staatsanwaltschaft München II und Mitglied des Präsidiums des Deutschen Richterbundes.
Quelle: http://spreegurke.twoday.net/stories/5285804/ (http://spreegurke.twoday.net/stories/5285804/)

Title: [Das Problem ist nur, dass alle mitgemacht haben... (GWOT)]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 03, 2008, 12:16:03 PM
Quote[...] Der Krieg gegen den Terror (engl. ,,War on Terror") oder Krieg gegen den Terrorismus (engl. ,,War on Terrorism" bzw. ,,Global War On Terrorism", GWOT) ist ein von der US-Regierung unter George W. Bush verbreitetes politisches Schlagwort, das eine Bandbreite politischer, militärischer und juristischer Schritte gegen den als Problem identifizierten internationalen Terrorismus zusammenfasst.

[...] Der Begriff knüpft an ähnliche, von früheren US-Regierungen geprägte Termini wie ,,Krieg gegen Armut" (,,War on Poverty") oder ,,Krieg gegen Drogen" (,,War on Drugs") an. Ähnlich wie das von Bush anfangs verwendete Schlagwort des Kreuzzuges ist die Kriegs-Symbolik umstritten, ebenso wie die Verbindung mit dem englischen Wort ,,Terror" (wörtlich: Entsetzen, Schrecken, Terror; in terror: in panischer Angst; usw.)[2]. Als Kritik wird unter anderem geäußert, die Kriegsrhetorik beeinflusse – wie auch das von einigen amerikanischen Konservativen popularisierte Schlagwort ,,Vierter Weltkrieg" – das Angstempfinden vieler Menschen, die die Anschläge in ihrer Dimension als Kriegserklärung an die westliche Zivilisation empfanden. Das Wiederaufgreifen des Begriffes sei der Versuch der amerikanischen Regierung, den Krieg gegen den Irak zu legitimieren und mögliche zukünftige Angriffe gegen den Iran oder Syrien propagandistisch vorzubereiten sowie die den USA im Rahmen des eigenen ,,Terrorismusbekämpfungs-Programms" vorgeworfenen Bürgerrechts-, Grundrechts-, Menschenrechts- und Kriegsrechtsverletzungen quasi durch die Benennung zu rechtfertigen. Zugleich wird der Ausdruck ,,War on Terror" aufgrund seiner wörtlichen Bedeutung eines ,,Krieges gegen das Entsetzen" als unspezifische Stimmungsmache kritisiert.


[...] Kritiker sind der Meinung, dass es ein Widerspruch sei, eine Kriegserklärung abzugeben, ohne einem Staat den Krieg zu erklären. Der ,,Krieg gegen den Terrorismus" bewirke damit die Schaffung eines permanenten Ausnahmezustandes, wie Carl Schmitt ihn beschreibt, und schaffe einen rechtsfreien Raum, in dem sogenannte ungesetzliche Kombattanten unter Missachtung der Genfer Konventionen interniert werden können – wie zum Beispiel in Guantánamo Bay. Auch hochrangige amerikanische Institutionen wie der Supreme Court beziehen hierzu eine kritische Position (vgl. die Grundsatzentscheidungen Rasul gegen Bush und Hamdan gegen Rumsfeld).

Zudem sei unklar, unter welchen Bedingungen der ,,Krieg gegen den Terrorismus" je ein Ende finden könne: Terrorismus sei kein klar abgegrenzter Feind, sondern eher eine Methode, um politische Ziele durchzusetzen. Diese Begrifflichkeit berge die Gefahr, verbindliche Rechtsrahmen aufzuweichen. Vor diesem Hintergrund haben sowohl amerikanische als auch internationale Kritiker die Schaffung des Military Commissions Act scharf kritisiert. Das Gesetz trat im Oktober 2006 in Kraft und gibt dem Präsidenten sehr weitreichende Vollmachten über die Behandlung von sogenannten ,,illegal enemy combattants".

[...]


Aus: "Krieg gegen den Terror" (14. Oktober 2008)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/GWOT (http://de.wikipedia.org/wiki/GWOT)

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Quote[...] Laut einem Bericht der «New York Times» wurden die US-Truppen ermächtigt, auch Einsätze in Ländern durchzuführen, die sich nicht mit den USA im Krieg befanden. Wie das Blatt weiter schreibt, waren in der Folge US-Einheiten für fast ein Dutzend geheime Anti-Terror-Aktionen unter anderem in Syrien und Pakistan im Einsatz. Die von Rumsfeld unterzeichnete Anordnung wurde im Frühjahr 2004 von Präsident George W. Bush gebilligt.

Von der Anordnung sei auch ein amerikanischer Luftangriff in Syrien Ende Oktober gedeckt gewesen, so die «New York Times» unter Berufung auf nicht genannte Gewährsleute. Washington hat sich bislang nicht offiziell zu dem Angriff geäussert, es hiess es jedoch, Ziel sei ein ranghohes Mitglied von al-Qaida im Irak gewesen. Nach syrischen Angaben wurden acht Zivilpersonen getötet.

Die Aktionen wurden der «New York Times» zufolge in der Regel von Spezialeinheiten durchgeführt, meist in Verbindung mit dem Geheimdienst CIA. Einzelne Einsätze mussten demnach vom Verteidigungsministerium oder - wie der Angriff in Syrien oder ein Einsatz in Pakistan im Jahr 2006 - vom Präsidenten abgesegnet werden. Das Pentagon äusserte sich zunächst nicht zu dem Bericht. (cpm/ap)


Aus: "Brisante Enthüllung: CIA hatte Freipass für weltweite Operationen" (10.11.2008)
Quelle: http://www.tagesanzeiger.ch/ausland/amerika/story/13004727 (http://www.tagesanzeiger.ch/ausland/amerika/story/13004727)


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Quote[...] Bush hofft, dass ihn einmal die Geschichtsbücher gnädiger beurteilen werden in seinem "globalen Kampf gegen den Terror" und "der Verbreitung der Demokratie im Nahen Osten". Zunächst einmal verlässt er das Weiße Haus aber in stürmischen Zeiten. Die USA sind in zwei Kriege verstrickt, der Staat ist hoch verschuldet, die Wirtschaft wankt, die Gesellschaft ist innerlich zerrissen und moralisch verunsichert und das Ansehen der USA weltweit beschädigt.

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Aus: "Krise und Kriege - Die Lasten der Ära Bush - Auf neuen US-Präsidenten wartet viel Arbeit" (3.11.2008)
Quelle: http://www.news.at/articles/0845/17/224298/krise-kriege-die-lasten-aera-bush-auf-us-praesidenten-arbeit (http://www.news.at/articles/0845/17/224298/krise-kriege-die-lasten-aera-bush-auf-us-praesidenten-arbeit)

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Quote[...] Das Problem ist nur, dass alle mitgemacht haben, auch gestandene Männer, die als Dissidenten weder finanziell noch gar existentiell bedroht worden wären. Sicher, es gab früh die Memoirenbücher ehemaliger Kabinettsmitglieder mit ihren erschreckenden Szenen, aber nie mal einen Aufstand vernunftbegabter Politiker in einer entscheidenden Sitzung.

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Aus: "Noch Fragen? Der Präsident möchte zu Mittag essen"
(Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 12.10.2008, Nr. 41 / Seite 43)
NILS MINKMAR über "The War Within. A Secret White House Story 2006-2008" (Buchautor: Woodward, Bob)
Quelle: http://www.faz.net/s/RubC17179D529AB4E2BBEDB095D7C41F468/Doc~ED55557E0F9E14FAEBCF675B7CBF56CBD~ATpl~Ecommon~Scontent.html? (http://www.faz.net/s/RubC17179D529AB4E2BBEDB095D7C41F468/Doc~ED55557E0F9E14FAEBCF675B7CBF56CBD~ATpl~Ecommon~Scontent.html?)

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Quote[...] »›Mir geht's ziemlich gut‹, sagte Bush bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus im Dezember 2007, ›ich bin recht zufrieden mit meinem Leben.‹ Er hat fast die ganze zivilisierte Welt gegen uns aufgebracht, er hat unser Land über eine Billion Dollar gekostet und ein Ende ist nicht in Sicht, er hat den Staat Irak buchstäblich zerstört und, was am wichtigsten ist, er ist direkt verantwortlich für den Tod über 4 000 amerikanischen Soldaten und darüberhinaus von mehr als 100 000 irakischen Opfern des Krieges einschließlich von Frauen, Kindern und Säuglingen, die auf grausame Art ums Leben kamen. Aber er sagt, er sei recht zufrieden. Das ist unglaublich, das verschlägt einem die Sprache. Selbst wenn seine Schuld nur darin bestünde, dass er durch einen tragischen Irrtum sein Volk in den Irak-Krieg geführt hat, und wenn er nicht des Mordes schuldig wäre, wie ich glaube, wie kann ein Mann, der so viel Leiden und Sterben verursacht hat, recht zufrieden sein mit seinem Leben? Wenn wir Anklage gegen einen Präsidenten erheben, weil er einvernehmlichen Sex außerhalb der Ehe vertuschen wollte, was tun wir dann, wenn ein Präsident sein Land auf der Basis einer Lüge in einen Krieg treibt?« Vincent Bugliosi

...


Aus: "Vincent Bugliosi: Anklage wegen Mordes gegen George W. Bush"
(Bugliosi, Vincent, "Anklage wegen Mordes gegen George W. Bush" 352 Seiten, ISBN 978-3-423-24714-6 )
Quelle: http://www.dtv.de/titel/bugliosi_vincent_-_anklage_wegen_mordes_gegen_george_w_bush_24714.html (http://www.dtv.de/titel/bugliosi_vincent_-_anklage_wegen_mordes_gegen_george_w_bush_24714.html) (2008)

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Quote[...] Der Präsident plant, sich nach der Amtsübergabe nach Texas zurückzuziehen und vielleicht ein Buch zu schreiben. "Ich will, dass die Menschen die Wahrheit darüber kennen, wie es ist, im Oval Office zu sitzen", sagte Bush. Er habe aber auch viele andere Pläne.

Die Begeisterung bei den Verlagen über Bush-Memoiren hält sich allerdings in Grenzen. Auch Bushs Frau Laura plant, ihre Memoiren zu veröffentlichen. Sie hat sich bisher kaum über ihr Privatleben im Weißen Haus geäußert. Vorgängerin Hillary Clinton verdiente mit ihrer Autobiografie acht Millionen Dollar.


Aus: "Der scheidende US-Präsident bedauert am Veteranentag auf New Yorker Museumsschiff frühere Aussagen - Bush: "Ich hätte manches nicht sagen sollen"" (13. November 2008)
Quelle: http://www.wienerzeitung.at/DesktopDefault.aspx?TabID=4898&Alias=wahlen&cob=381918 (http://www.wienerzeitung.at/DesktopDefault.aspx?TabID=4898&Alias=wahlen&cob=381918)

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Quote[...] "Ich werde das Präsidentenamt mit erhobenem Kopf verlassen", sagte Bush.

ler/Reuters/dpa


Aus: "IRAK-KRIEG: Bush bereut Aussagen über Massenvernichtungswaffen" (02.12.2008)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,593884,00.html (http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,593884,00.html)

Title: [Todesflüge... (Verschwindenlassen, Desaparecidos, United Fruit)]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 20, 2008, 01:57:07 PM
Quote[...] Berlin -  Wer es wissen wollte, wusste es längst. Wieder und wieder haben Menschenrechtler über die engen Bande zwischen Kolumbiens staatlichen Streitkräften und den Todesschwadronen rechter Paramilitärs berichtet. Das nimmt jedoch der Empörung keineswegs die Spitze, die jetzt aufkommt, da US-Geheimdienstberichte zeigen: Auch die CIA und US-Diplomaten wollten wissen – und sie wussten seit 1994 Bescheid über den von Armee und Regierung stets geleugneten Skandal.

Und zwar nicht nur über die heikle Kooperation des massiv von den USA unterstützten kolumbianischen Militärs mit den Paramilitärs, deren Dachverband AUC die Europäische Union auf ihrer Liste der Terrorgruppen führt. Sondern auch über die Verbindungen der Paramilitärs zur Drogenmafia. Und über die Praxis außergerichtlicher Hinrichtungen zur beschleunigten Beförderung innerhalb der Streitkräfte. Das zeigen vom ,,National Security Archive der Universität George Washington" (NSA) jetzt öffentlich gemachte, jüngst freigegebene Dokumente von US-Behörden.

So heißt es beispielsweise in einem CIA-Bericht von 1994, die kolumbianischen Sicherheitskräfte setzten im Rahmen ihrer Aufstandsbekämpfung auf den Einsatz von Todesschwadronen. Und weiter: Das Militär ermorde linksgerichtete Zivilisten in Guerilla-dominierten Regionen. Es arbeite bei Angriffen auf mutmaßliche Guerilla-Sympathisanten mit ins Drogengeschäft verwickelten paramilitärischen Gruppen zusammen. Und es bringe gefangene Kämpfer um. In einem Schreiben des damaligen US-Botschafters in Bogotá, Myles Frechette, wird darüber hinaus die ,,body count"- Mentalität karrierebewusster Militärangehöriger scharf kritisiert: ,,Offiziere, die keine aggressive Guerilla-Bekämpfung (bei der die meisten Menschenrechtsverletzungen durch das Militär vorkommen) vorweisen können, haben Nachteile, wenn Beförderungen anstehen", heißt es darin. In einem zehn Jahre alten CIA-Bericht wird diese Praxis durch die Aussagen eines Offiziers der kolumbianischen Armee belegt, der ein regelrechtes ,,Body Count Syndrome" in den Streitkräften ausmachte. Je mehr entführte, erschossene, in Militäruniformen gesteckte und als Guerilleros Gefallene einer vorweisen könne, desto größer die Chance, Karriere zu machen. ,,Diese Denkart fördert Menschenrechtsverletzungen bei Soldaten, die versuchen, ihre Quote zu erfüllen, um ihre Vorgesetzten zu beeindrucken", teilte der Offizier mit.

Das kolumbianische Militär beginne offenbar gerade, wie NSA-Lateinamerikaexperte Michael Evans dem Tagesspiegel sagte, sich über das eigene Tun Rechenschaft abzulegen. Im November 2008 ließ es einen Report erstellen. 30 Militärs seien daraufhin in den Ruhestand versetzt worden, darunter drei Generäle. Anfang November sei der Oberste Kommandant der Streitkräfte, General Mario Montoya, von seinem Posten zurückgetreten. Er galt als Anhänger des Body Count.

Doch reicht das?, fragt Evans. Warum trat General Montoya zurück? Wird gegen ihn ermittelt werden? Warum wurde der Report noch nicht veröffentlicht? Wird man die Verantwortlichen wirklich zur Verantwortung ziehen? Für Evans ist bei aller Unklarheit so viel klar: Die veröffentlichten US-Dokumente und der noch geheime Report der kolumbianischen Armee ,,werfen wichtige Fragen zur historischen und rechtlichen Verantwortung des Militärs auf". Und mehr noch: Es stelle sich auch die Frage nach der Haltung des großen Bruders im Norden. Die USA hätten wohl als Schwäche des kolumbianischen Militärs erkannt, dass es mit Todesschwadronen und Drogenhändlern zusammenarbeitete, sagt Evans. Sie seien aber ,,nicht bereit gewesen, einen strategischen Alliierten wegen Menschenrechtsfragen vor den Kopf zu stoßen".


(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 12.01.2009)



Aus: "Kolumbien: Die schmutzigen Freunde" Von Michael Schmidt (12.1.2009)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/politik/Kolumbien-USA;art771,2703340 (http://www.tagesspiegel.de/politik/Kolumbien-USA;art771,2703340)



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Quote[...] Illegale Schutzgeldzahlungen an rechtsgerichtete Milizen in Kolumbien kommen den Bananenproduzenten Chiquita in den USA teuer zu stehen. Ein Vergleich mit dem Justizministerium in Washington sieht vor, dass der Konzern 25 Millionen Dollar Strafe zahlen muss.

Chiquita wurde die Verletzung von Anti-Terrorgesetzen angelastet. Laut der US-Regierung waren zwischen 1997 und 2004 mehr als 1,7 Millionen Dollar an die paramilitärischen «Einheiten zur Selbstverteidigung Kolumbiens» (AUC) gezahlt. Die Firmenzentrale in Cincinnati habe davon gewusst, hieß es.

...


Aus: "Chiquita finanzierte Kolumbiens Todesschwadronen" (nz, 15.03.2007)
Quelle: http://www.netzeitung.de/ausland/584636.html (http://www.netzeitung.de/ausland/584636.html)

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Quote[...] dem bettelarmen Guatemala gingen zum Verdruss der Company seit 1944 die Diktatoren aus. Die Bevölkerung wählte zweimal hintereinander demokratische Präsidenten. Die beriefen sich auf die Ideale des US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt und auf ihr Recht, über nationale Naturschätze zu verfügen und Teile der riesigen ungenutzten Bodenflächen ausländischer Firmen an die Not leidenden Kleinbauern zu verteilen. Für United Fruit war das Kommunismus – der Konzern rief die US-Regierung zu Hilfe.

Es hat sie also schon einmal gegeben, die »Macht transnationaler Unternehmen und Spekulanten«, die »offenbar ganze Gemeinwesen in den Abgrund bringen«, wie jüngst die Süddeutsche Zeitung angesichts der Weltfinanzkrise klagte. Und der Verdacht, dass diese »Monster« (wie Bundespräsident Horst Köhler sie jüngst nannte) den starken Staat vor allem als nützlichen Idioten angerufen haben, scheint jedenfalls historisch nicht ganz unbegründet. Denn die United Fruit Company hat schon vor gut einem halben Jahrhundert die US-Regierung zum Erfüllungsgehilfen ihrer vernetzten Interessen gemacht.

Alle hohen Entscheidungsträger der USA, die Guatemalas junge Demokratie ausradierten, waren mit United Fruit finanziell oder familiär verbunden.

...

[...] United Fruit hat unter anderem Namen überlebt. Als Chiquita Brands International ist der Global Player mit 25.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 4,5 Milliarden Dollar der größte Bananenhändler der Welt. Ihrer speziellen Unternehmensphilosophie blieb die Company noch lange treu. 1961 stellte sie Schiffe ihrer weißen Flotte für die misslungene CIA-Invasion in der kubanischen Schweinebucht zur Verfügung. 1975 stürzte sich Eli Black, der Vorstandsvorsitzende des Konzerns, aus dem PanAm-Gebäude in Manhattan: Die Ermittlungen ergaben, dass er den Präsidenten von Honduras, López Arellano, mit 1,25 Millionen Dollar hatte bestechen lassen. 1996/97 gab es wieder Tote, als der Fruchtriese in Honduras mit Militärhilfe brachliegende Bodenflächen räumen ließ, die landlose Bauern besetzt hatten. Im März 2007 schließlich musste Chiquita zugeben, jahrelang Kolumbiens rechtsextreme Paramilitärs unterstützt zu haben. Das Unternehmen erklärte sich bereit, 25 Millionen Dollar Entschädigung zu zahlen. Die Klage von fast 400 Angehörigen kolumbianischer Terroropfer auf 7,86 Milliarden Dollar läuft weiter.

Auch die USA bekamen die Folgen der gewalttätigen Verbindung von Geschäftsinteressen, Sicherheitspolitik und der »unsichtbaren Hand« der CIA schnell zu spüren. Präsident Eisenhower und seine Nachfolger erfuhren schon bald nach dem Putsch, dass Lateinamerikas Bewegungen gegen Armut und Ausbeutung nun unvergleichlich amerikafeindlicher wurden, als es Jacobo Arbenz je gewesen war – fünf Jahre nach dessen Sturz triumphierte Fidel Castro auf Kuba. Die Traumatisierung der Demokratie, die Zerstörung des eigenen Ansehens und des fremden Rechts hat also eine längere Vorgeschichte, als es viele Kommentatoren heute mit dem beschränkten Blick auf die Amtszeit des unseligen George Walker Bush wahrnehmen.

...


Aus: "Die United-Fruit-Doktrin" Von Christian Schmidt-Häuer (DIE ZEIT, Ausgabe 47, 2008)
Quelle: http://www.zeit.de/2008/47/A-Guatemala?page=all (http://www.zeit.de/2008/47/A-Guatemala?page=all)


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Quote[...] Desaparecidos (span. die Verschwundenen) ist eine in vielen Ländern Mittel- und Südamerikas übliche Bezeichnung für Menschen, die von Sicherheitskräften rechtsgerichteter Militärdiktaturen verhaftet oder entführt und anschließend gefoltert und ermordet wurden.

Der Begriff erklärt sich aus der von den 1960er bis in die 1990er Jahre üblichen Praxis der Militärdiktaturen vor allem in Argentinien, Brasilien, Chile, Paraguay, Peru und Guatemala, politische Gegner bzw. auch nur missliebige Personen verschwinden zu lassen. Dabei werden die Opfer verhaftet oder entführt und an einen geheim gehaltenen Ort gebracht. Die Angehörigen und die Öffentlichkeit erfahren nichts über das plötzliche "Verschwinden" und über den Aufenthaltsort des Verschwundenen. Die Opfer werden meist nach kurzer bis mehrmonatiger Haft, in der sie in der Regel schwer gefoltert werden, ohne gerichtliches Verfahren umgebracht und die Leichen beseitigt.

Mittlerweile hat sich der Begriff im Englischen (The Disappeared) und im Deutschen (Die Verschwundenen) als generelle Bezeichnung für durch willkürliche staatliche Gewalt verschwundene Menschen durchgesetzt.

[...] In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts stützten viele der lateinamerikanischen Militärdiktaturen ihre gewaltsame Unterdrückungspraxis auf eine neue, als Verschwindenlassen oder Erzwungenes Verschwinden (desaparición forzada) bezeichnete Technik der Repression. Sie löste das vormals quasi offiziell durchgeführte Foltern und Ermorden von Regimegegnern weitgehend ab. Grundlage war die auch von US-amerikanischen Militärstrategen propagierte Doktrin der Nationalen Sicherheit, die den zu vernichtenden Feind als inmitten der Gesellschaft (enemigo interno) definierte. Somit wurde der Kreis der vermeintlichen Staatsfeinde von bewaffneten, in Guerillaverbänden oder kommunistischen Bewegungen organisierten Gruppen auf große Teile der Bevölkerung ausgeweitet. Diese Neudefinition des Begriffs des Staatsfeinds auf jede beliebige subversive Person, die dem jeweiligen Regime nicht genehm war, lief auf eine repressive Durchdringung der gesamten Gesellschaft hinaus, bei der fast jeder zum Opfer werden konnte. Als besonders bezeichnend für die Konsequenzen dieser Strategie gilt ein Zitat des Gouverneurs der Provinz Buenos Aires von 1977, General Ibérico Saint Jean: "Erst werden wir alle Subversiven töten, dann ihre Kollaborateure, danach ihre Sympathisanten, danach die Unentschlossenen und schließlich die Lauen." (Primero mataremos a todos los subversivos, luego mataremos a sus colaboradores, después [...] a sus simpatizantes, enseguida [...] a aquellos que permanezcan indiferentes y finalmente mataremos a los tímidos.) In Argentinien prägten die Machthaber für diese Vorgehensweise den euphemistischen Begriff Prozess der Nationalen Reorganisation. Die Anfänge der Taktik des Verschwindenlassens in Lateinamerika fanden sich Mitte der 1950er Jahre nach dem von der CIA organisierten Putsch gegen Präsident Guzman in Guatemala. Sie wurde dort fast kontinuierlich bis etwa zur Jahrtausendwende praktiziert.

[...] In der Praxis bedeutete Verschwindenlassen, dass Menschen aus Alltagssituationen oder nachts durch anonym bleibende Mitglieder von Sicherheitskräften (Militär, Geheimpolizei, Geheimdienste) ohne Angabe von Gründen verhaftet wurden. Da die Angehörigen nicht wussten, welche Staatsorgane ihre Familienmitglieder gefangen hielten, begann für die Suchenden häufig eine verzweifelte Odyssee durch Polizeistationen und Gefängnisse. Da die Gerichte ebenfalls Handlanger der jeweiligen Diktaturen waren, waren die Angehörigen gegen diese Praxis völlig machtlos und konnten oft nach jahrelanger Suche nur resignieren, wenn nicht irgendwann die Leiche des Opfers gefunden oder es in seltenen Fällen schließlich doch freigelassen wurde. In Argentinien kam es häufig vor, dass den Eltern junger Männer mit einem Augenzwinkern erzählt wurde, dass ja bekannt sei, dass junge Männer sich oft ins Ausland absetzen würden, wenn sie "aus Versehen" eine Frau geschwängert hätten.

In der Regel wurden die Entführten mehrere Tage in Militärstützpunkten oder zivilen Orten wie etwa stillgelegten Autowerkstätten inhaftiert und gefoltert, bis sie getötet wurden. Dadurch verfügte man über eine beliebige Zahl an Informanten, durch deren Verhör unter Folter neue Namen von Verdächtigen generiert wurden. Der Staat konnte über Tod oder Leben des vermeintlichen Feindes verfügen, ohne sich langwierigen juristischen Prozessen widmen oder national und international politisch verantworten zu müssen. Die Leichen der Verschwundenen wurden entweder in anonymen, geheimen Massengräbern vergraben (etwa in Chile), ins Meer (Argentinien) oder in Flüsse geworfen, oder entlang von Straßen, in Universitätsgebäuden, Schornsteinen und anderen öffentlichen Orten hinterlassen. In Argentinien war die Technik-Hochschule der Marine (ESMA) in Buenos Aires eines der Hauptzentren der Repression. Nach Schätzungen wurden dort etwa 5000 Menschen gefoltert und anschließend meist ermordet.

Wie durch die Aussagen ehemaliger Militärangehöriger bekannt wurde, wurden viele argentinische Verschwundene lebend aus Militärflugzeugen über dem offenen Meer abgeworfen, nachdem sie vorher mit Drogen betäubt worden waren. Regelmäßig jeden Mittwoch startete ein Flugzeug mit zehn bis fünfzehn Gefangenen an Bord. Etwa 2000 Personen sollen so in zwei Jahren ums Leben gekommen sein[1]. Die argentinische Öffentlichkeit reagierte besonders schockiert auf Berichte, denen zu Folge die Täter regelmäßig von Militärpfarrern seelisch betreut wurden. Diese hatten die Taten als "humane Todesart" verharmlost. Die Vorgänge kamen 1996 durch ein Buch des bekannten argentinischen Journalisten Horacio Verbitsky ans Licht, das auf Interviews mit dem ehemaligen Marineangehörigen Francisco Scilingo beruhte[2]. Scilingo wurde 2005 von einem spanischen Gericht zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt, unter anderem auf Grundlage seiner Aussagen gegenüber Verbitsky. Während des Prozesses leugnete er die Taten und bezeichnete sich als unschuldig.

Besonders belastend für die Angehörigen und Freunde der Opfer war die Mauer des Schweigens, die sich um die Entführten bildete: In Krankenhäusern, Gefängnissen und Leichenhallen wurde den suchenden Angehörigen mitgeteilt, es sei nichts über das Schicksal der Verschwundenen bekannt. In nicht wenigen Fällen hieß es, der Gesuchte sei wahrscheinlich mit einer anderen Frau durchgebrannt oder hätte seine Familie im Stich gelassen, um sich in die USA abzusetzen. Es vergingen Tage, Wochen, Monate und schließlich Jahre der Ungewissheit, in denen die Angehörigen in einem unheimlichen Schwebezustand verharrten. Ehemalige Freunde und Bekannte grüßten nicht mehr auf der Straße aus Angst, mit der betroffenen Familie in Verbindung gesetzt zu werden. Familienmitglieder zweiten Grades leugneten ihre Verwandtschaft zum Verschwundenen; in einigen Fällen versuchten sogar die unmittelbaren Angehörigen, das Schicksal ihres Verschwundenen zu verheimlichen, um nicht gesellschaftlich isoliert zu werden. Im Laufe der Zeit wurde es immer unwahrscheinlicher, dass die Verschwundenen lebend wieder auftauchen würden, und dennoch war es psychologisch unmöglich, den Verlust der Angehörigen trauernd zu verarbeiten: Würde der Tod des Verschwundenen angenommen und ein Prozess von Trauer, Tröstung und schließlich Lösung eingeleitet, würden sich die Überlebenden gleichsam des Verrats an dem womöglich noch Lebenden schuldig machen. Hinzu kommt, dass ein Neubeginn für viele Partner von Verschwundenen unmöglich war, da sie nicht offiziell verwitwet waren.

Ein Verschwundener ist kein einfacher politischer Gefangener und ebenso wenig ein Toter, obwohl es Fälle gegeben hat, in denen Leichen gefunden wurden, für die sich jedoch niemand verantwortlich gezeigt hat. Das Verschwindenlassen unterscheidet sich vom heimlichen Mord, da mit dem Verschwinden des Beweises gleichzeitig der Körper des Opfers verschwindet. Verschwunden zu sein bedeutet nicht, tot zu sein. Mitglieder von Angehörigenorganisationen fordern daher die Exhumierung von heimlichen Massengräbern, in der Hoffnung darauf, die Knochen und Gebeine ihrer Geliebten finden und angemessen bestatten zu können. Das Verschwindenlassen ruft traumatisierte Gesellschaften hervor, die in einem allgegenwärtigen Zustand der Angst, Unsicherheit und des Misstrauens innerhalb autoritärer Strukturen leben.

[...] Die Schätzungen über die Zahl der dauerhaft Verschwundenen variieren je nach Quelle. In Chile kam die sogenannte Rettig-Kommission 1991 zu dem Ergebnis, dass 2.950 Menschen während des Pinochet-Regimes ermordet wurden bzw. dauerhaft verschwanden. In Argentinien konnten die Morde an circa tausend Menschen im Detail bewiesen werden; die Zahl der während der Diktatur dauerhaft verschwundenen - also mit großer Sicherheit ermordeten - Menschen wurde in Schätzungen der staatlichen Untersuchungskommission CONADEP mit etwa 9.000 und von Menschenrechtsgruppen mit etwa 30.000 angegeben (siehe Weblinks). Für Peru gaben Menschenrechtsorganisationen die Anzahl der Verschwundenen mit 13.000 an. Die Mehrzahl davon verschwand in der ersten Amtszeit des gegenwärtig regierenden Präsidenten Alan García (1985 – 1990) und unter der Regierung von Alberto Fujimori (1990 – 2000). Nach Schätzungen von Menschenrechtsorganisationen beträgt die Zahl der Verschwundenen in Guatemala etwa 45.000.[3] In Guatemala herrschte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein fast permanenter Bürgerkrieg, dem insgesamt etwa 150.000 bis 250.000 Menschen zum Opfer fielen, vor allem bei Massakern der Armee oder rechtsgerichteter paramilitärischer Truppen an indigenen Ureinwohnern.

[...]

   1. ↑ Christiane Wolters: Ex-Offizier wegen "Todesflügen" vor Gericht. Deutsche Welle, 14. Januar 2005
   2. ↑ Horacio Verbitsky: The Flight: Confessions of an Argentinian Dirty Warrior. New Press 1996, ISBN 1-56584-009-7
   3. ↑ Guatemala. Proyecto Desaparecidos. Abgerufen am 23. Oktober 2008. (engl., es ist unklar, ob diese Zahl Teil der Gesamtopferzahl des Bürgerkriegs ist, dies ist jedoch eher anzunehmen)
   4. ↑ Strafanzeige gegen argentinische Generäle wegen des Tods von Klaus Zieschank. 20. März 2000, www.menschenrechte.org
   5. ↑ Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika e.V.: Überraschende Wende im Fall Elisabeth Käsemann. Deutsche Bundesregierung klagt in Argentinien: Begnadigungsgesetze sind verfassungswidrig, 10. Dezember 2001
   6. ↑ Beschwerde gegen die Einstellungsbescheide der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth. 7. März 2006, www.menschenrechte.org




Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Desaparecidos (http://de.wikipedia.org/wiki/Desaparecidos) (4. November 2008)


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Quote[...] Sie waren hilflos und hatten keine Chance zu überleben. Der Arzt betäubte sie. Dann zogen die Soldaten ihnen die Kleider aus, fesselten sie und warfen sie aus dem Flugzeug ins offene Meer. Aus mehreren 1000 Metern Höhe - bewusstlos, aber lebendig. Im Kampf gegen politische Feinde, die so genannten Subversiven, war der argentinischen Militärdiktatur zwischen 1976 und 1983 jedes Mittel recht. "Vuelos de la muerte" - "Todesflüge" - nannten sie diese grausame Hinrichtungspraxis. Auch Adolfo Scilingo soll an ihr beteiligt gewesen sein. Am Freitag (14.1.2005) soll nun in Madrid gegen den argentinischen Ex-Offizier der Prozess eröffnet werden. Ihm wird Völkermord, Terrorismus und Folter vorgeworfen. Er hat bei der Aufarbeitung der Geschichte eine besondere Rolle gespielt.

Scilingo hat das Schweigen gebrochen. Detailliert und ausführlich schilderte er dem argentinischen Journalisten Horacio Verbitsky die Praxis der Todesflüge, die bis dahin von offizieller Seite totgeschwiegen wurden: Regelmäßig jeden Mittwoch sei ein Flugzeug zum Todesflug gestartet - an Bord 15 bis zehn Gefangene. Etwa 2000 Personen seien so in zwei Jahren ums Leben gekommen. Jeder im Militär habe davon gewusst, jeder sei verpflichtet gewesen, mitzumachen. Verbitsky hat Scilingos Aussagen 1995 in dem Buch "El vuelo" - "Der Flug" - veröffentlicht.

La "Guerra sucia" - der "schmutzige Krieg" - wird die Zeit der letzten argentinischen Militärdiktatur genannt. Vor mehr als 20 Jahren ist damit eines der blutigsten Kapitel in der Geschichte des südamerikanischen Landes zu Ende gegangen.1976 hatte sich eine Militär-Junta um Jorge Rafael Videla an die Macht geputscht. Bis zum Sturz des Regimes 1983 hat es politisch Andersdenkende rigoros verfolgt. Man schätzt, dass 30.000 Menschen ermordet wurden. Lange Zeit war dieses dunkle Kapitel Geschichte in Argentinien Tabu. Bis heute sind nur wenige der Schuldigen von damals zur Rechenschaft gezogen worden.

Das Leben wurde für Scilingo nach seinem Geständnis nicht einfacher. In Argentinien sorgten seine Aussagen für Aufregung. Scilingo wurde von beiden Seiten - den Opfern und den Tätern von damals - gehasst. Man bedrohte, entführte und misshandelte ihn.

1997 beschloss Scilingo nach Spanien zu gehen, um mit dem Untersuchungsrichter Baltasar Garzón zusammenzuarbeiten. Der wollte die argentinischen Verantwortlichen von damals in Spanien vor Gericht stellen. Denn auch einige 100 Spanier wurden unter der Militärdiktatur ermordet, und in Argentinien waren die meisten Täter durch Amnestie-Gesetze geschützt. Trotz der Zusammenarbeit mit Garzón wurde aber auch Scilingo schließlich angeklagt. Nach jahrelangen Verzögerungen soll ihm jetzt in Madrid der Prozess gemacht werden.

Fortschritte hat es mittlerweile auch in Argentinien gegeben. Seit dem Jahr 2003 ist Nestor Kirchner Präsident: Er hat die Aufarbeitung der Vergangenheit zu einem der wichtigsten Themen seiner Amtszeit erklärt. Die Amnestie wurde aufgehoben - mehr als 100 ehemalige Offizielle sind mittlerweile in Haft.

Scilingo, der vor vielen Jahren als erster geredet hat, hat seine Aussagen inzwischen widerrufen. Eine "Lügengeschichte" seien seine Schilderungen der Todesflüge gewesen - erfunden, um sich an seinen früheren Vorgesetzten zu rächen. Seit einem Monat befindet er sich aus Protest gegen den Prozess im Hungerstreik. Alles nur Manöver, glaubt der argentinische Journalist und Buchautor Verbitsky: "Niemand hat irgendwelche Zweifel, dass alles, was er damals gesagt hat, wahr ist. Ich habe Dokumente, die das beweisen. Dokumente, die von ihm vor vielen Jahren unterschrieben wurden." Verbitsky wird nur einer von rund 150 Zeugen sein, die im Fall Scilingo gehört werden sollen. Die Anklage fordert für Scilingo 6626 Jahre Haft.



Aus: "Ex-Offizier wegen "Todesflügen" vor Gericht" Christiane Wolters (14.01.2005)
Quelle: http://www.dw-world.de/dw/article/0,2144,1457972,00.html (http://www.dw-world.de/dw/article/0,2144,1457972,00.html)

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Quote[...] Beim Verschwindenlassen oder dem erzwungenen Verschwinden handelt es sich um eine Form der staatlichen Willkür, bei der staatliche oder parastaatliche Organe politische Gegner, vermeintliche Straftäter bzw. auch nur missliebige Personen verschwinden lassen. Dabei werden die Opfer verhaftet oder entführt und an einen geheim gehaltenen Ort gebracht. Die Angehörigen und die Öffentlichkeit erfahren nichts über das plötzliche "Verschwinden" und über den Aufenthaltsort des Verschwundenen. In den meisten Fällen werden die Opfer nach kurzer bis mehrmonatiger Haft, während der sie oft auch gefoltert werden, ohne gerichtliches Verfahren umgebracht und die Leichen beseitigt.

Das Verschwindenlassen ist im Rahmen des 2002 in Kraft getretenen Rom-Statuts als Verbrechen gegen die Menschlichkeit definiert. Es bildet damit eine der Rechtsnormen für die Rechtsprechung des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag. Das Statut definiert den Tatbestand wie folgt:

    ,,Zwangsweises Verschwindenlassen von Personen bedeutet die Festnahme, den Entzug der Freiheit oder die Entführung von Personen; durchgeführt, unterstützt oder gebilligt durch einen Staat oder eine politische Organisation, gefolgt von der Weigerung, diese Freiheitsberaubung anzuerkennen oder Auskunft über das Schicksal oder den Verbleib dieser Personen zu erteilen, in der Absicht, sie für längere Zeit dem Schutz des Gesetzes zu entziehen."

Besonders bekannt ist das Schicksal der zehntausenden sogenannten Desaparecidos (deut. die Verschwundenen) in Lateinamerika, die Opfer von Diktaturen wurden. In neuerer Zeit wurden die USA für ihre Vorgehensweise im Krieg gegen den Terror kritisiert, bei der Terrorverdächtige entführt und ohne Gerichtsverfahren in Geheimgefängnissen gefangen gehalten wurden. Amnesty International hat festgestellt, dass dies außer von den USA auch von einer Vielzahl weiterer Länder praktiziert wird.[1]

Die Taktik des Verschwindenlassens wurde 1941 durch Hitlers sogenannten Nacht-und-Nebel-Erlass vom 7. Dezember 1941 erstmalig eingeführt und vergesetztlicht. Hintergrund war die Erkenntnis, dass in besetzten Gebieten durchgeführte Festnahmen und öffentliche Hinrichtungen über einen längeren Zeitraum dazu führten, dass die Ermordeten als Märtyrer gefeiert und der Widerstand gestärkt wurde. Franzosen, die sich den Deutschen im Zweiten Weltkrieg widersetzten, wurden daher bei Nacht und Nebel entführt und auf deutsches Territorium verbracht, wo sie von ihrer ursprünglichen Umgebung isoliert waren. Die Behörden der Sowjetischen Besatzungszone übernahmen in den Nachkriegsjahren diese Methoden; die Zahlen der in Speziallagern spurlos Verschwundenen waren denn auch im deutschen Osten in den Jahren 1945 bis 1949 erschreckend hoch (nach Schätzungen etwa 65.000 Opfer), das Tatgebiet führte bis in die Berliner Westsektoren hinein.

Im Vietnamkrieg wurde das Verschwindenlassen als Teil der psychologischen Kriegführung praktiziert. Hintergrund war die Erkenntnis, dass nicht so sehr der Tod von Angehörigen die in den Krieg verwickelten Vietnamesen psychisch verwundbar machte, sondern die Unmöglichkeit, die einem Toten zustehende Trauer- und Abschiedszeremonie vollziehen zu können.

Seit etwa 2001 sind die USA dazu übergegangen, terrorverdächtige Personen zu entführen und ohne Gerichtsverfahren über längere Zeit in weltweit verteilten Geheimgefängnissen zu inhaftieren, die das US-Militär als Black sites bezeichnet[2]. Es sind mehrere Fälle bekannt geworden, bei denen sich nach mehrmonatiger bis jahrelanger Haft herausstellte, dass die Verhafteten unschuldig bzw. Opfer einer Verwechslung waren. Der bekannteste ist der des in Deutschland lebenden Türken Murat Kurnaz.

Da die CIA offiziell keine Folter anwenden darf, wurde es gängige Praxis, die Gefangenen in befreundete Länder auszufliegen, wo sie von Verhörspezialisten dieser Länder vernommen werden. Besonders kritisiert wird in diesem Zusammenhang die auch von US-Stellen mehrfach bestätigte Tatsache, dass dabei Länder bevorzugt werden, die systematisch foltern, etwa Syrien und Ägypten.

Im Jahr 2006 erklärte der oberste Gerichtshof der USA einige der oben angeführten Praktiken der US-Regierung für ungesetzlich. Um eine legale Grundlage für ihr weiteres Vorgehen zu schaffen, schuf die Bush-Regierung daher das umstrittene Gesetz Military Commissions Act. In einem in der Öffentlichkeit wenig beachteten Teil enthält das Gesetz eine Art Generalamnestie für von US-Bürgern verübte Verbrechen vor Inkrafttreten des Gesetzes, was von Kommentatoren als auf die oben genannten Praktiken bezogen gedeutet wurde. Die Regierung von Präsident Bush fordert seit Jahren eine Immunität für US-Bürger vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, die dieser bislang aber nicht gewähren will. Mit mehr als 50 Staaten haben die USA daher inzwischen bilaterale Abkommen geschlossen, die eine Auslieferung von US-Bürgern aus diesen Ländern nach Den Haag verhindern sollen.[3]

In Deutschland sind im Zusammenhang mit der Entführung des deutschen Staatsbürgers Khaled al-Masri Haftbefehle gegen 10 CIA-Agenten ausgesprochen worden[4]. In Italien werden wegen der Entführung des Imams Abu Omar 26 CIA-Agenten per Haftbefehl gesucht.[5][6]

Nach offiziellen US-Angaben sind die von der CIA betriebenen Geheimgefängnisse im Laufe des Jahres 2006 geschlossen worden. Laut einem Bericht der Financial Times wurde diese unter anderem vom Menschenrechtsrat der UNO lange geforderte Entscheidung dadurch beschleunigt, dass Verhörspezialisten der CIA sich wegen der unklaren Rechtslage geweigert hatten, in diesen Einrichtungen weiterhin Gefangene zu verhören.[7]

[...]


   1. ↑ amnesty international: Niemand darf "verschwinden"!. Abgerufen am 23. Oktober 2008
   2. ↑ Amnesty International: Off the Record - U.S. Responsibility for Enforced Disappearances in the "War on Terror"
   3. ↑ USA streichen 35 Staaten die Militärhilfe. In: Spiegel Online. 2. Juli 2003. Abgerufen am 20. August 2008.
   4. ↑ Al-Masri-Entführung: Haftbefehle gegen 13 CIA-Agenten, Die Zeit, 31. Januar 2007
   5. ↑ Ermittlungen gegen die CIA auch in Italien, die tageszeitung, 1. Februar 2007
   6. ↑ Haftbefehl gegen 26 Personen in Italien Flug nach Ägypten Blick.ch Die Liste von Henry Habegger und Beat Kraushaar | 01:21 | 1. Februar 2007
   7. ↑ CIA-Beamte verweigerten Verhöre in Geheimgefängnissen. In: Spiegel Online. 21. September 2006. Abgerufen am 22. August 2008.



Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Verschwindenlassen (http://de.wikipedia.org/wiki/Verschwindenlassen) (14. November 2008)

Title: [Extraordinary rendition... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 02, 2008, 10:51:20 AM
Quote[...] Der Begriff Extraordinary rendition (deutsch: außerordentliche Auslieferung, auch Überstellung von Terrorverdächtigen) bezeichnet das Überführen einer Person von einem Staat zum anderen ohne juristische Grundlage.[2] In diesem Zusammenhang wird auch der Ausdruck torture by proxy (zu deutsch: stellvertretende Folter) von Kritikern dieser Überführungen genutzt, um Abläufe zu beschreiben, bei denen so genannte Terrorverdächtige in Länder überführt werden, deren Strafverfolgung von teilweise menschenrechtsverletzenden Befragungstechniken wie Folter geprägt ist. Des Weiteren wird von Kritikern angeführt, dass diese Folter in Mitwissen oder sogar in Einverständnis der veranlassenden Regierung geschieht.

Die Außenministerin der Vereinigten Staaten Condoleezza Rice erklärte im April 2006 in einem Radio-Interview, dass die Vereinigten Staaten keine Menschen an Orte überführen, von denen man weiß, dass sie dort gefoltert werden.[2][3][4] Diese Aussage steht im Gegensatz zu staatsanwaltlichen Ermittlungen zum Beispiel im Fall Abu Omar.

Diese Vorgehensweise der Vereinigten Staaten hat eine Reihe an moralischen, juristischen und politischen Vorwürfen aufgeworfen und zu diversen offiziellen Untersuchungen der Europäischen Union geführt. Ein Bericht vom Juni 2006 des Europarats schätzte, dass 100 Personen von der CIA auf europäischem Gebiet entführt und in andere Länder überführt wurden - häufig erst, nachdem sie so genannte Black sites durchliefen, die von der CIA in Kooperation mit den jeweiligen Regierungen betrieben wurden. Gemäß eines Berichts des Europäischen Parlaments vom Februar 2007 führte die CIA 1.245 Flüge durch, die oftmals Länder zum Ziel hatten, in denen die Verdächtigten in Missachtung des dritten Artikels der UN-Antifolterkonvention Folter ausgesetzt werden konnten. Eine große Mehrheit des Europäischen Parlaments bestätigte das Ergebnis des Berichts, der besagte, dass viele Mitgliedsstaaten die illegalen Handlungen der CIA tolerierten, und kritisierten verschiedene europäische Regierungen und deren Geheimdienste für ihren Widerwillen, bei den Untersuchungen zu kooperieren.

[...]

Einzelnachweise:

   1. ↑ "Rendition" and secret detention: A global system of human rights violations, Amnesty International, 1. Januar 2006
   2. ↑ a b Michael John Garcia, Legislative Attorney American Law Division. Renditions: Constraints Imposed by Laws on Torture April 5, 2006 p.2 link from the United States Counter-Terrorism Training and Resources for Law Enforcement web site
   3. ↑ Gordon Corera Does UK turn a blind eye to torture?, BBC 5. April, 2005 "One member of the [parliamentary foreign affairs] committee described the policy as 'effectively torture by proxy'".
   4. ↑ James Naughtie's Interview of Secretary Rice With British Foreign Secretary Jack Straw on BBC Radio 4's Today Programme 1 April 2006 on the website of the United States Embassy in London



Aus: "Extraordinary rendition" (23. September 2008)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Extraordinary_rendition (http://de.wikipedia.org/wiki/Extraordinary_rendition)

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Quote[...] Die Guantanamo Bay Naval Base ist ein Stützpunkt des US-Militärs auf Kuba. Er liegt im Süden der Guantánamo-Bucht, etwa 15 Kilometer südlich der gleichnamigen Stadt Guantánamo.

[...] Der Fall Murat Kurnaz hat in Deutschland für Aufsehen gesorgt, weil die damalige Bundesregierung nicht alles unternommen hat, um diesen vor wahrscheinlicher Folter zu bewahren. Die Süddeutsche Zeitung berichtete [16] am 15. Dezember 2005 über die Vernehmung des in Bremen geborenen türkischen Staatsbürgers Murat Kurnaz, der seit 2001 in Guantanamo Bay festgehalten wurde, durch den deutschen Nachrichtendienst. Die Karlsruher Bundesanwaltschaft stellte bereits im Frühjahr 2002 ein Ermittlungsverfahren gegen ihn ein, weil es ,,keinen Hinweis auf radikal-fundamentalistische Vorgangsweisen" gäbe. So sah es auch die Richterin in Washington (D.C.). Kurnaz hatte sich schon seit 2001 im Camp befunden und wurde nach Angaben seines amerikanischen Anwalts vom US-Militär ,,physisch, psychisch und sexuell gefoltert". Da Murat Kurnaz kein deutscher Staatsbürger ist, hatte die deutsche Bundesregierung eigenen Angaben zufolge nur sehr begrenzte Möglichkeiten selbst einzuschreiten. Im Bericht[17] des CIA-Sonderausschusses des Europäischen Parlaments wird festgestellt, die deutsche Bundesregierung habe 2002 ein Angebot der Vereinigten Staaten, Kurnaz freizulassen, ausgeschlagen. Dies sei geschehen, obwohl die Nachrichtendienste beider Staaten von seiner Unschuld überzeugt waren. Die Türkei schien sich nicht um die Freilassung von Murat Kurnaz zu bemühen. Kurnaz war kurz nach den Anschlägen vom 11. September 2001 nach Pakistan gereist, um eine Koranschule zu besuchen und hatte sich dadurch verdächtig gemacht und wurde so gegen Kopfgeld an die USA verkauft. Viele der dortigen Koranschulen gelten als Kaderschmieden der Taliban. Am 24. August 2006 wurde der Gefangene nach fünf Jahren Haft schließlich freigelassen und ist am gleichen Tag auf dem Militärflughafen Ramstein in Deutschland eingetroffen. [18][19][20] Neue Aufmerksamkeit erhielt der Fall zuletzt 2007 durch das Buch ,,Fünf Jahre meines Lebens. Ein Bericht aus Guantanamo" von Murat Kurnaz, in dem er von Foltermethoden an Mitgefangenen berichtet, die zum Verlust ganzer Gliedmaßen führten.[12][21]

...

[...]

Literatur [Bearbeiten]

    * Roger Willemsen: Hier spricht Guantánamo. Roger Willemsen interviewt Ex-Häftlinge., Zweitausendeins, 2006, ISBN 3-86150-757-9, Polar-Renzension
    * Christian Tomuschat: Internationale Terrorismusbekämpfung als Herausforderung für das Völkerrecht., DÖV (Die Öffentliche Verwaltung) 2006 (Heft 9), S. 357–369.
    * Conradin Wolf: Ausnahmezustand und Menschenrecht. Labor, 2005, ISBN 3-03726-202-8
    * David Rose: Guantánamo Bay: Amerikas Krieg gegen die Menschenrechte. Verlag S. Fischer, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-10-066300-4
    * Bernhard Schäfer, Zum Verhältnis Menschenrechte und humanitäres Völkerrecht (Studien zu Grund- und Menschenrechten, Bd. 13), 2006, ISSN 1435-9154.
    * Dorothea Dieckmann: Guantánamo. Klett-Cotta. 160 Seiten, ISBN 3-608-93599-1
    * Alfred de Zayas: Wem gehört Guantánamo Bay? – Die Rechtslage um den Stützpunkt der Vereinigten Staaten. F.A.Z. vom 29. Dezember 2003, S. 36
    * Alfred de Zayas: Die amerikanische Besetzung Guantanamos, Institut für Rechtspolitik an der Universität Trier, Rechtspolitisches Forum Nr. 28, 2005, ISSN 1616-8828.
    * Vgl. zur (Teil-)Publikation der Verhörprotokolle durch das Pentagon neben anderen Zeitungsartikeln die F.A.Z. Nr. 58 vom 9. März 2006, S. 5
    * Judith Butler: Gefährdetes Leben. Suhrkamp 2005. S. 69-120, ISBN 3-518-12393-9
    * Murat Kurnaz: "Fünf Jahre meines Lebens. Ein Bericht aus Guantanamo.", Rowohlt, 2007, ISBN 3-871-34589-X.
    * Moazzam Begg: "Enemy combatant.The terrifying true story of a Briton in Guantanamo",Simon&Schuster UK Ltd. ISBN 1-4165-2265-4
    * Sebastian Niehoff: Guantanamo Bay - Demaskierung eines Systems, GRIN Verlag, 2007, ISBN 3-638-83109-4
    * Clive Stafford Smith: The Eight O'Clock Ferry to the Windward Side: Seeking Justice in Guantanamo Bay. Nation Books, Oktober 2007, ISBN 978-1-568-58374-7, S. 336 (Sprache: Englisch).

[...]

   1. ↑ US-Verteidigungsministerium, 24. Aug. 2004
   2. ↑ Bericht über Folter bei faz.net
   3. ↑ Urteil vom 31. Januar 2005
   4. ↑ Sonderbericht über die Auflösung des Lagers
   5. ↑ Der Australier Hicks bekennt sich schuldig
   6. ↑ The Independent: Reporting on life behind the wire: The Sudanese journalist held in Guantanamo Bay, 9. Juni 2007
   7. ↑ THE "JOURNEY OF DEATH", Reprieve, 28. Januar 2008
   8. ↑ Spiegel-Online: US-Regierung unterliegt in Guantanamo-Verfahren vom 12. Juni 2008
   9. ↑ Financial Times Deutschland: USA müssen fünf Häftlinge laufen lassen vom 21. November 2008
  10. ↑ 20 Minuten: Von Kopfgeldjägern nach Guantánamo verkauft 27. Januar 2007
  11. ↑ Tima Chadid: Sami al-Hajj: 'Thank you, Guantanamo'. In: Menassat.com. 7. Oktober 2008. Abgerufen am 2. November 2008 ,,As for the medical treatment, al-Hajj talks about detainees having their limbs amputated. "They cut the feet of a Saudi detainee, and the hands of many others. They also cut the fingers of a Tunisian prisoner."". (englisch)
  12. ↑ a b Fünf Jahre meines Lebens. Ein Bericht aus Guantanamo., Rowohlt, 2007, ISBN 3-871-34589-X
  13. ↑ Selbstmorde in Guantanamo. Tod im Lager der Schande
  14. ↑ Schweizer Gerichtsmediziner stellt Fragen zu Toten in Guantánamo
  15. ↑ Guantanamo prisoner dies of cancer, Al Jazeera, 30.12.2007
  16. ↑ sueddeutsche.de:Verhörtourismus: Mit dabei im rechtsfreien Raum
  17. ↑ Abschlussbericht des CIA-Sonderausschusses des Europäischen Parlaments
  18. ↑ ARD bei Beckmann: Murat Kurnaz
  19. ↑ tagesschau.de: Kurnaz' Anwalt erhebt Vorwürfe gegen Rot-Grün
  20. ↑ zeit.de: Verlassen in Guantánamo
  21. ↑ Die Tageszeitung, Freitag, 20.04 2007, Seite 3: "Ein Bericht gegen das Vergessen"
  22. ↑ Spiegel-Online: Bin Ladens früherer Fahrer zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt zugegriffen am 7. August 2008
  23. ↑ Joel Campagna: The Enemy?, CPJ, 3. Oktober 2006
  24. ↑ Guantánamo-Video zeigt verzweifelten 16-Jährigen



Aus: "Guantanamo Bay Naval Base" (24. November 2008)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Guantanamo_Bay_Naval_Base (http://de.wikipedia.org/wiki/Guantanamo_Bay_Naval_Base)

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Quote[...] Dem Bericht zufolge soll Aznar im Januar 2002 in weniger als 24 Stunden die Zwischenstopps der CIA-Flugzeuge auf spanischem Boden genehmigt haben und so zum "Komplizen" des US-Geheimdienstes bei der Verschleppung von Verdächtigen aus Afghanistan und anderen Ländern geworden sein. Einzige Bedingung sei gewesen, dass möglichst "diskrete" Flughäfen benutzt würden, nämlich die Militärstützpunkte in Rota und Morón, die beide in Andalusien liegen.

Aznar, der US-Präsident George W. Bush bei seinem Irak-Feldzug unterstützte, wollte jegliches Aufsehen vermeiden. Zudem war damals die Präsenz illegal verschleppter Europäer an Bord nicht auszuschließen. ,,In solchen Fällen rate ich, die rechtlichen Konsequenzen abzuwägen", warnte der frühere Vizeadmiral Manuel Calvo laut einem Schreiben, aus dem ,,El País" zitiert. Ein weiterer Berater soll empfohlen haben, die Presse hinters Licht zu führen und zu behaupten, dass man nur Notlandungen genehmigen werde.

Schon seit Längerem untersucht auch der spanische Richter Ismael Moreno die Beteiligung der verschiedenen spanischen Regierungen an dem CIA-Programm. Laut einer Liste der Flughafenaufsicht Aena haben in den Jahren 2002 bis 2005 mindestens 47 Gefangenenflüge mit Terrorverdächtigen spanischen Luftraum durchquert. Elf der CIA-Missionen sollen in verschiedenen spanischen Militärflugbasen zwischengelandet sein.

Auch die Baleareninsel Mallorca soll immer wieder als Drehscheibe für die Transporte gedient haben. Von der Mittelmeerinsel aus soll auch das Flugzeug gestartet sein, mit dem seinerzeit der Deutsch-Libanese Khaled el-Masri vom US-Geheimdienst nach seiner Verschleppung aus Mazedonien zum Verhör in ein US-Lager in Afghanistan gebracht wurde.

...

Quote01.12.2008
20:31 Uhr
    Robert sagt:
    Diese ganz spezielle Ausnahme Mentalität a la "Der Zweck heiligt die Mittel", hat für den Westen ein sehr schweres Glaubwürdigkeits Problem geschaffen.
    Wie will man jetzt, gegenüber anderen Staaaten in dieser Welt, nach diesem Sündenfall, noch die universellen Menschenrechte vertreten und einfordern.

    Hohle Phrasen in politischen Sonntagsreden, die im Ernstfall leichtfertig weggewischt werden. Ein eklatanter Vertrauensbruch, der in jeder Hinsicht weiter wirkt und das Mißtrauen gegenüber dem Staat weiter zementieren wird.


Quote01.12.2008
22:13 Uhr
    Folter nur in Guantanamo? sagt:
    US-Vizepräsident Dick Cheney soll von einem Gericht im Bundesstaat Texas vorgeladen werden. Ihm droht ein Gerichtsverfahren.

    Warum? Weil er indirekter Miteigner von privaten US-Gefängnissen ist, in denen es zu Misshandlungen von Gefangenen gekommen sein soll.


Quote02.12.2008
01:49 Uhr
    Die unendlichen Lügengeschichten sagt:
    George W. Bush und 8 weitere US-Spitzenbeamten wurden bei 935 Lügen in nur 2 Jahren erwischt.

    Vor dem Irakkrieg 2003 wurden besonders oft dien angeblichen Massenvernichtungswaffen und die angebliche Verbindung zum Terrornetzwerk der Iraker genannt.

    An der Spitze stehen (wer hätte das gedacht) Georg Bush mit 260 und der damalige Aussenminister Dick Cheney mit 254 BEWUSSTEN Falschaussagen. Ebenfalls auf der Liste sind die ehemalige nationale Sicherheitsbeauftragte, sowie der Ex-Verteidigungsminister.

    Die genannten Politiker hätten bewusst und methodisch Fehlinformationen verbreitet. Die Studie hat wohl eindeutig bewiesen, dass die Wahrheit immer das erste Opfer des Krieges ist.



Aus: "Guantánamo - CIA nutzte Spanien für Geheimflüge nach Kuba"  Von Ute Müller (1. Dezember 2008)
Quelle: http://www.welt.de/politik/article2812711/CIA-nutzte-Spanien-fuer-Geheimfluege-nach-Kuba.html (http://www.welt.de/politik/article2812711/CIA-nutzte-Spanien-fuer-Geheimfluege-nach-Kuba.html)

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Quote[...] Der im Prozess um die Verschleppung des Imams ermittelnde Staatsanwalt Armando Spataro beschuldigte am Mittwoch Regierungschef Silvio Berlusconi und seinen Vorgänger Romano Prodi, den Begriff des Staatsgeheimnisses zu verzerren, um der Justiz Steine in den Weg zu legen. Spataro hatte öfters versucht, Berlusconi und Prodi als Zeugen in dem Verfahren um die Entführung des ägyptischen Imams vorzuladen. Diese hatten sich auf das Staatsgeheimnis berufen, um nicht vor Gericht erscheinen zu müssen.

In Mailand stehen 26 US-Bürger - 25 mutmaßliche CIA-Agenten und ein Offizier der US-Luftwaffe - sowie fünf italienische Geheimdienstbeamte vor Gericht. Ihnen allen wird Entführung vorgeworfen. Der radikale ägyptische Geistliche Osama Mustafa Hassan Nasr alias Abu Omar wurde am 17. Februar 2003 auf offener Straße in Mailand aufgegriffen und soll über den US-Fliegerhorst Ramstein in Deutschland nach Ägypten verschleppt worden sein. Der Imam gab später an, während der Gefangenschaft gefoltert worden zu sein. Nach Auffassung der Mailänder Staatsanwaltschaft unterstützte der italienische Geheimdienst die Entführung durch die CIA. (APA)


Aus: "Mailänder Prozess wegen mutmaßlicher CIA-Entführung suspendiert" (03. Dezember 2008)
Quelle: http://derstandard.at/?url=/?id=1227287711746 (http://derstandard.at/?url=/?id=1227287711746)

Title: [Die Instrumente wehren sich... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 04, 2008, 11:29:31 AM
Quote[...] Dmitrij Muratow ist Chefredakteur der Nowaja Gaseta in Moskau, bei der die Reporterin Anna Politkowskaja bis zu ihrer Ermordung arbeitete.

[...] Die Figuren, die sie beschatteten, bevor sie sie am 7. Oktober 2006 um 16.01 Uhr in ihrem Hausflur in der Lesnaja-Straße in Moskau ermordeten, wussten alles über sie. Sie wussten, dass ihre Mutter im Krankenhaus lag und vor einigen Tagen ihr Vater begraben wurde, der auf dem Weg ins Krankenhaus zu seiner Frau einen Herzinfarkt erlitten hatte. Sie wussten, dass sie mit ihrem billigen Auto zwischen der Mutter, der schwangeren Tochter Wera und der Redaktion hin und her raste. Nichts hielt sie auf.

Präsident Wladimir Putin sagte nach dem Mord einen entsetzlichen Satz: "Ihr Tod hat dem Land mehr geschadet als ihre Arbeit". Er hat auf seltsame Art recht. Anna versuchte, in einem grausamen Land den Humanismus zu schützen. Humanismus schadet den Diktatoren. Humanismus lehrt, den Staat als Instrument zu begreifen. Diktatoren wollen das Gegenteil. Die Menschen sind das Instrument, der Staat ist der Sinn, das Ziel.

Entsprechend dieser Vorstellung wurde auch der Prozess wegen des Mordes an Anna eröffnet. Im größten Land der Welt fand sich kein Raum, der mehr als zehn Menschen Platz bot. Der Richter schloss die Öffentlichkeit aus und behandelte die 20 Geschworenen nicht als Bürger, sondern als Instrument in einer politischen Farce. Er erklärte, dass er mit dem Ausschluss der Bitte der Geschworenen entsprochen habe. Diese erklärten empört, das sie Derartiges nie verlangt haben. Diese Geschworenen sind nämlich keine Instrumente, keine Marionetten, sondern Bürger. Anna Politkowskaja hatte recht - es gibt in Russland stolze, verantwortungsvolle Menschen, die der geistigen Korruption Widerstand leisten.

Inzwischen wird der Prozess wieder öffentlich geführt. Der Richter hat keinen Selbstmord begangen, sondern seinen Betrug zugegeben und leitet das Verfahren weiter. Auch die Geschworenen sind geblieben, die einen Tag lang gezeigt haben, was persönliche Würde ist. In diesem Prozess wird nicht nur über die Täter verhandelt (zumal der Mörder sich irgendwo im Ausland versteckt hält und der Auftraggeber immer noch unbekannt ist). Es wird Annas Prozess über die Sicherheitsdienste, über die Geheimpolizei und ihre Agenten, die - vom Staat geschützt - zu allem fähig sind.

Was Anna Politkowskaja nach ihrem Tod allein in den vergangenen Tagen für die Gründung einer freien Gesellschaft und für einen Rechtsstaat geleistet hat, hat in Russland niemand geschafft. Sie musste es allein tun, wieder einmal.

Übersetzung: Irina Djomina

Quote

03.12.2008 08:24:04
klaus lerche: sie lebt nicht mehr...

aber der gedanke und ihr wirken lebt weiter und das ist auch gut so....
wo sind die journalisten, weltweit,die fragen aufwerfen, nachfragen und sich nicht mit dem täglichen bla bla abgeben?
selbst hier, in diesem land der demokratie, stellt sich oft genug der staat über seine bürger und beugt das recht.....
wir schauen mit ensetzen nach russland, in die dritte welt, nach china und verurteilen die einschränkung der menschenrechte, aber wie gehen selbst damit um?



Aus: "Prozess um Politkowskaja-Mord - Die Instrumente wehren sich"
Der Prozess um den Mord an Anna Politkowskaja zeigt: Es gibt in Russland stolze Menschen, die dem Staat entgegentreten. Eine Außenansicht von Dmitrij Muratow (03.12.2008)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/politik/381/450104/text/ (http://www.sueddeutsche.de/politik/381/450104/text/)

Title: [Die Beamten machten Notwehr geltend... (Griechenland)]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 08, 2008, 10:55:37 AM
Quote[...] Die Beamten machten Notwehr geltend, doch Augenzeugen erklärten griechischen Medien zufolge, die Polizei habe mit voller Absicht auf die Jugendlichen geschossen. Die beiden in den Vorfall verwickelten Beamten wurden festgenommen und des Mordes beziehungsweise der Beihilfe zum Mord beschuldigt. Staatspräsident Karolos Papoulias schickte ein Beileidstelegramm an die Eltern des getöteten Jungen, die Polizeigewerkschaft entschuldigte sich bei ihnen.

Allein bis Sonntagabend wurden nach Polizeiangaben 37 Beamte verletzt. 22 Personen kamen in Polizeigewahrsam oder wurden festgenommen. Innenminister Prokopis Pavlopoulos und sein Stellvertreter boten ihren Rücktritt an, Ministerpräsident Karamanlis lehnte dies jedoch ab.

Das letzte Mal wurde in Griechenland 1985 ein Jugendlicher von der Polizei erschossen. Danach gab es wochenlange Unruhen.



Aus: "Griechenland: Kein Ende der Straßenschlachten" (08.12.08)
Quelle: http://www.focus.de/panorama/welt/griechenland-kein-ende-der-strassenschlachten-_aid_354422.html (http://www.focus.de/panorama/welt/griechenland-kein-ende-der-strassenschlachten-_aid_354422.html)

-.-

Quote[...] Eine Zahl macht zudem deutlich, warum der Protest massenhaft von Jugendlichen getragen wird: Laut Eurostat nimmt Griechenland im EU-Durchschnitt den ersten Platz bei der Arbeitslosigkeit der Jugendlichen unter 25 Jahren ein. ,,Der Tod des Schülers war nur ein Anlass. Er hat die Zündschnur für die große Explosion gelegt. Hinter der Explosion verbirgt sich eine komprimierte Verzweiflung. Viele junge Menschen leben mit der unerträglichen Erfahrung, dass es keine Zukunft gibt", kommentierte die Psychologieprofessorin Fotini Tsalikoglou.


Quote
[...] Kommentator sagt:
@crusher / @heinrich der gute DANKE für die Stellungnahme! Entspricht genau meinen Gedanken.
Die Polizei hier in GR ist wie überall auf der Welt zunächst einmal da, um den Staat zu schützen, und wurden ausgebildet, in allem, was auf 2 Beinen herumläuft und keine Uniform trägt, zunächst einmal den potentiellen Täter zu sehen. Der "Freund und Helfer" der den Buben erschossen hat, stammt aus einer millitärischen Spezialeinheit und ging hernach zur Polizei, wo er unter dem Namen "Rambo" rangierte.
GR wurde durch 4 Jahre konsevervativer Regierung quasi in den Ruin getrieben; die Herren Regierenden haben in der Zeit ihr Privatvermögen durch Korruption, deren Ausmaße kaum mehr zu ertragen sind, fleißig vermehrt; und konnten sich dabei auf den Segen der Kirche verlassen. Für das Volk blieb dabei keine Zeit mehr, - jetzt sind wir soweit, daß den armen Banken Milliardenzuschüsse gegeben werden müssen; - wer gibt denn den Bedürftigen irgendwelche Zuschüsse in diesen Höhen?
Hier in GR demonstrieren nicht die Anarchos oder/und die Autonomen, - die Benachteiligten machen auf sich aufmerksam.
Der Mord an dem Buben hat nur den letzten Anstoß gegeben, heute sind auch angesehene Geschäftsleute, RAnwälte, etc, Hausfrauen und Schüler auf den Straßen, um ihren Unmut gegen die REgierung zum Ausdruck zu bringen.
Es wird ein Fächenbrand werden - - - es lodert doch schon seit Jahren - auch wenn es keine Regierung wahr haben will...............


Quote08.12.2008
20:41 Uhr
    schweizer sagt:
    gewalt ist auf beiden seiten keine lösung. wer die mai kravalle in berlin beobachtet, muss sagen hut ab vor den polizisten. einmal stehen sie unter enormen stress und/oder führen befehle aus zu denen sie möglicherweise eine andere meinung haben.
    aber ehrlich, wer möchte dass gereide der eigene sohn erschossen wird oder welche frau möchten ihren polizistenmann im krankenhaus besuchen demokratie ja aber mit klaren spielregeln auf beiden seiten. wir können davon ausgehen, dass dieser grund für kravalle vorgeschoben ist und sich vielmehr die allgemeine unzufriedenheit über politik, wirtschaft, eu und was weiss ich alles, entlädt.


Quote08.12.2008
20:25 Uhr
    heinz sagt:
    [...] Es wird sich alles rechtsstaatlich auflösen. Eine handlungsbereite Polizei in einer Großstadt wie Athen ist unerläßlich


Quote08.12.2008
20:04 Uhr
    alexis sorbas sagt:
    Diese linken Verbrecher werden natürlich von unserer linken Presse verteidigt.
    Keiner dieser leute wird vom Gericht bestraft. Dieses Land geht langsam aber sicher einer
    Kommunistischen Diktatur entgegen.


Quote08.12.2008
19:56 Uhr
    Dizzy sagt:
    "Ein aelterer Athener Buerger sagte heute in einem Interview

    Schuld an den terrorartigen Gewaltausschreitungen ist mangelnde, oft fehlende Erziehung und Moral der in der Regel jugendlichen Taeter, dies betrifft nicht nur Griechenland sondern ganz Europa, wie Recht hat er doch.
    Jede Gesellschaft hat die Jugend, die es verdient, wie mit der Regierung.

    Diese Linken / Autonomen wollen gleich mal ihren Frust und Zukunftsangst mangels zu geringer Bildung loswerden, was fuer eine Gelegenheit."

    Richtig, und wer ist verantwortlich für die Bildung? Der Staat.

    P.S. Sie wären bestimmt ein guter Nazi gewesen.


Quote08.12.2008
19:51 Uhr
    Columbin sagt:
    Soweit ich weiß, hat ein Mob Steine und Brandsätze auf Polizeibeamte geworfen, daraufhin hat ein Polizist Warnschüsse abgefeuert, wovon ein Querschläger den 15-Jährigen getötet hat. Damit so etwas auf keinen Fall wieder passiert, werden nun wieder Steine und Brandsätze auf Polizisten geworfen. Sehr überzeugend.


Quote08.12.2008
19:53 Uhr
    Frank sagt:
    @Columbin

    Der Jugendliche wurde fontal von vorne in den Oberkörber geschossen. Das kann kein Querschläger gewesen sein. Das war Mord!


Quote08.12.2008
19:52 Uhr
    Captain_Jack sagt:
    Was ist denn hier los ?
    Ich bin über jede Streife froh, die ich sehe.
    Haben denn diese sogenannten Autonomen keinen 1Euro Job da oben bei euch in Berlin ?


Quote08.12.2008
19:51 Uhr
    g66 sagt:
    Man muss endlich Militär gegen die randalierenden Faschisten einsetzen.


Quote08.12.2008
19:51 Uhr
    Peter Pan sagt:
    Der 15 Jährige getötete Grieche hat mit Steine geschmissen. (Hat er das wirklich?) Ist das ein Grund um einen jungen Menschen (fast noch ein Kind!) zu töten? Was kommt als nächstes? Einen Polizisten den Vogel zeigen. Kommt dann die sofortige Hinrichtung mit Genickschuss? Ja wo leben wir den? Sind wir wieder in der Nazi-Zeit angekommen?


Quote08.12.2008
19:49 Uhr
    ! sagt:
    In Deutschland wird es erst losgehen, wenn die Finanzkrise
    (und die nächsten 2 im nächsten Jahr, nämlich die Kreditkarten-Krise und die Studentenkredit-Krise in den USA, die reinhauen werden wie eine Bombe)
    die Realwirtschaft erreicht hat, und die Leute fast gleichzeitig ihr Erspartes UND ihre Arbeit verlieren werden. Vorher ist der Michel, im Schnitt über 45, zu faul und ängstlich.
    Und ein Kind ist es schon gar nicht wert, dafür vom Sessel aufzustehen.
    Das ist NOCH die traurige Realität.

    Ich finde es beachtlich, wie die Politik die kommenden Krisen verheimlicht, sind sie doch in Finanzkreisen alltäglich besprochene Realität.


Quote08.12.2008
19:48 Uhr
    Bescheidwisser sagt:
    An alle, die hier über die "Terrorpolizei" in Deutschland herziehen und glauben, die Bullen laufen à la Miami Vice ballern durch die Straßen, dem sei mal folgende Statistik empfohlen:
    www.schusswaffeneinsatz.de/Schusswaffeneinsatz/Statistiken_files/Statistiken. pdf

    Demnach wurden z.B. in Deutschland 2006 90 Schüsse von Polizisten auf Personen abgegeben (inkl. Warnschüsse).

    Ich glaube, dass wir alle dankbar sein sollten, dass es Leute gibt, die den Polizeidienst jeden Tag machen und uns vor Verbrechern schützen.

    Die Situation in Griechenland (wie bei ähnlichen Situationen auch) wird immer nur aus Sicht des Getöteten dargestellt: 15-jähriger (Assoziation: kleiner unschuldiger Junge) wird von Polizisten kaltblütig erschossen. Die Situation des Polizisten wird nie beachtet: sitzt nachts in einem Auto und wird von einer Gruppe von 30 Jugendlichen angegriffen. Da wär mir mein Leben auch näher als das des anderen. Wer meint, er müsse ein Streifenwagen angreifen, oder auch Molotows und Pflastersteine werfen, und dann ins Gras beist, für den hab ich kein Mitleid.

    Ich muss sagen, ich hatte noch nie Angst davor, von einem Polizisten erschossen zu werden. Muss wohl daran liegen, dass ich nachts nicht durch die Stadt geistere, weil ich nichts besseres zu tun habe und dann immer damit rechnen muss bei meinen mehr oder weniger legalen Aktivitäten erwischt zu werden...

[...]


Quote08.12.2008
19:43 Uhr
    Globalisierung? sagt:
    Mir war nach Bad Kleinen klar, dass dieser Staat kein Rechtsstaat mehr ist. Seitdem ist mir meine Feststellung zigmal bestätigt worden. Ob nun Polizisten einen Rentner von aussen durch die Tür im Hotelzimmer erschiessen, ob nun ein Familienvater nach einem Polzeieinsatz tot oder zum Krüppel geschlagen worden ist oder ob Polizisten einen gefesselten Betrunkenen in der Zelle verbressen (lassen. Die Liste dieser Fälle liesse sich fortsetzen. Und die Polizisten waren alle unschuldig und sind freigesprochen worden. Wenn man als unschuldiger Bürger solchen Polizisten in die Hände fällt, dann hat man keine Chance mehr in diesem Rechtsstaat. Überleben ist alles! Wer dann nur einen umgedrehten Fuss in Hamurg hat, der hat dann noch grosses Glück gehabt.

    Und was nun Griechenland betrifft: Der Tod des Jungen war typisch für die europäische Polizei. Er war Anlass aber nicht Ursache der Gewalt. Das nächste Land ist wieder Frankreich oder England. Gerade in England hat man Erfahrung mit dem Ermorden von Unschuldigen durch - waren es nicht cht Schüsse in den Kopf? In Deutschland würde es allerdings nicht so harmlos ablaufen, wie Heiligendamm gezeigt hat.


Quote08.12.2008
19:26 Uhr
    Das Auge sagt:
    Es wird endliche Zeit, dass diese linken Terroristen mit aller Härte bekämpft werden!


Quote08.12.2008
19:24 Uhr
    Polizist a.d. sagt:
    komisch, ich hatte noch nie Probleme mit der Polizei. Ok, ich gehöre auch weder zu den Linken, der Npd, den Atomkraftspinner, Globalisierungsgegner etc. Verdammt ist mein Leben langweilig...


Quote08.12.2008
19:17 Uhr
    Pathos sagt:
    Da gebe ich Dir vollkommen Recht, Weltbürger!
    Man sollte sich mit der politischen und vielleicht auch mal mit der Geschichte Griechenlands seit der Militärdiktatur auskennen, bevor man so oberflächlich und unüberlegt über die jetzigen Ausschreitungen einen Kommentar ablässt, so wie einige User es hier getan haben. Der Tod des Jungen ist in der Tat nur der entscheidende Funke gewesen damit das Pulverfass ENDLICH hochgeht. Sicherlich ist Zerstörung als Antwort auf Regierung sehr primitiv, aber Worte als Protest allein wurden bislang nicht beachtet. In den letzten Jahren gab es reichlich Gründe für mich, damit ich mich für meine Heimat schäme... Das kann man natürlich den Leuten die nicht einmal wissen wo Griechenland liegt nicht erklären.


Quote08.12.2008
19:09 Uhr
    Gegen_linke_Zecken sagt:
    Die Polizeieinheiten sollten gegen diese linke Gammlermischpoke mit brutalster Gewalt vorgehen, mal so richtig windelweich prügeln, den dann kommen sie auch nicht mehr aus ihren Dreckslöchern vorgekrochen und zerstören mutwillig Eigentum anderer. Innenminister Schäuble täte gut daran die Bundeswehr hinzuzuziehen und Streubomben und Explosivgeschosse einzusetzen.


Quote08.12.2008
18:48 Uhr
    Weltbürger sagt:
    Anstatt dauernd die andere Laender zu verspotten, sollte man lieber tief überlegen,
    warum es in Griechenland so weit gekommen ist. Tod eines 15-Jaehrigen war sicher nicht der einzige Grund. Solange die Menschen dieser Welt keinen inneren
    Frieden finden, werden diese Unruhen heute in Griechenland morgen sonst irgendwo auf der Welt stattfinden. Und bestimmte Kreisen werden trotzdem
    weiterhin versuchen, Grieche gegen Türke, Deutsche gegen Österreicher, Iraker
    gegen Iraner etc. zu hetzen, um sie von den tatsaechlichen Problemen abzulenken.


Quote08.12.2008
18:41 Uhr
    jaja sagt:
    Deshalb versuchen ja alle Parlamentarier den Lissabonner Vertrag (vorher EU-Vertrag) so schnell wie möglich durzuboxen, weil dann bei Protesten auch Sicherheitskräfte der anderen EU-Staaten mitmischen dürfen.
    Dann ist es sowieso vorbei mit Rechten, oder wollt ihr euch gegen französische und englische Polizisten wehren?


Quote08.12.2008
18:32 Uhr
    Illyssia sagt:
    Oh bitte! Die sogenannten "Demonstranten" in Griechenland haben Steine und wer weiß was auf die Polizisten geworfen. Die haben mit einem großen Mob die Beamten angegriffen!
    Wenn es sich hier nicht um Polizisten, sondern um normale Zivilisten gehandelt hätte, dann sähe die Sache vermutlich ganz anders aus und man würde von Notwehr sprechen. Aber sobald da jemand in Uniform gegen Gewalttäter sein Leben verteidigt, schreit die Welt auf!

    Und von einer deutschen "Terrorpolizei" kann wohl auch kaum die Rede sein. Wohl eher von einer vorsätzlich falschen Berichterstattung durch die Medien. Hört auf mit eurem gefählichen Halbwissen um euch zu werfen und denkt nach, bevor ihr was sagt.


Quote08.12.2008
18:31 Uhr
    Linksradikale Plebs ! sagt:
    Wer mit dem Feuer spielt........selber schuld kann ich nur sagen


Quote08.12.2008
18:28 Uhr
    Gegen Links sagt:
    Europa fest im Griff ausländischer und linker Straßenbanden. Da ist es kein Wunder, dass die Polizei nur noch mit Samthandschuhen vorgehen darf, wenn jedes selbstprovozierte Opfer weitere Gewaltorgien dieses Mobs zur Folge hat.


Quote08.12.2008
18:24 Uhr
    Karl Michels sagt:
    Endlich zeigen Menschen mal, dass es ihnen nicht egal ist wie die Polizei agiert. Würde mich wundern, wenn das schnell zu Ende geht. Der Mörder von Genua wurde schließlich auch freigesprochen und natürlich die obersten der Polizei. Würde mich wundern, wenn hier anders verfahren wird.






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Quote[...]  Laut Medienberichten traf ein Warnschuss den jungen Mann. Der Polizist saß demnach mit einem Kollegen in einem Streifenwagen, der von einer Gruppe Autonomer mit Steinen und anderen Gegenständen angegriffen wurde.

Ein 37 Jahre alter Polizist, der den tödlichen Schuss abgegeben haben soll, bekräftigte, er habe lediglich drei Warnschüsse abgefeuert. Einer davon habe den Jugendlichen als Querschläger getroffen. Zuvor habe eine Gruppe Autonomer seinen Streifenwagen, in dem er zusammen mit einem Kollegen gesessen habe, mit Steinen und anderen Wurfgeschoßen angegriffen. Die beiden Beamten hätten versucht, die Randalierer festzunehmen, hieß es.

Nach Darstellung von Augenzeugen soll es jedoch nur zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen den Autonomen und der Besatzung des Polizeiwagens gekommen sein. Anschließend habe der Polizist direkt in die Richtung des Burschen geschossen. "Es war kaltblütiger Mord", meinte ein Augenzeuge im Radio.


Aus: "Griechenland/Protest/Polizei: 15-Jähriger starb in Athen durch Polizeikugel" (Sonntag, 07.12.2008)
Quelle: http://www.apa.at/cms/site/news_item.html?channel=CH0071&doc=CMS1228649250187 (http://www.apa.at/cms/site/news_item.html?channel=CH0071&doc=CMS1228649250187)

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Quote[...] Im Vorfall um den getöteten Jugendlichen, welcher laut den Medien der Sohn eines bekannten Athener Schmuckhändlers gewesen sein soll gibt es unterschiedliche Versionen, welche durch verschiedene Presseorgane verbreitet wurden und deren Verschiedenheit anders nicht sein könnte. Nach Polizeiangaben hatte der getötete Jugendliche mit etwa dreißig anderen Autonomen in Exarchia einen Polizeiwagen mit Steinen beworfen. Ein Polizist sei aus dem Auto ausgestiegen, um die Jugendlichen aufzuhalten, und habe den 15-Jährigen mit drei Kugeln tödlich in der Brust getroffen. Der 37 Jahre alter Polizist, der den tödlichen Schuss abgegeben haben soll, bekräftigte, er habe lediglich drei Warnschüsse abgefeuert. Einer davon habe den Jugendlichen als Querschläger getroffen. Zuvor habe eine Gruppe Autonomer seinen Streifenwagen, in dem er zusammen mit einem Kollegen gesessen habe, mit Steinen und anderen Wurfgeschossen angegriffen. Die beiden Beamten hätten versucht, die Randalierer festzunehmen, hieß es. Nach Darstellung von Augenzeugen soll es jedoch nur zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen den Autonomen und der Besatzung des Polizeiwagens gekommen sein. Anschließend habe der Polizist direkt in die Richtung des Jungen geschossen. ,,Es war kaltblütiger Mord", meinte ein Augenzeuge gestern Abend im Radio. Andere Zeugenaussagen gibt es auch, die sagten, einer der Polizisten hätte eine Blendgranate gezündet, der andere Polizist daraufhin die tödlichen Schüsse abgegeben.

Auch die Politik beschäftigte der Vorfall noch gestern Nacht, der Innenminister Prokopis Pavlopoulos drückte sein tiefes Bedauern über den Tod des Jugendlichen aus und machte umgehend ein Rücktrittsangebot. Dies lehnte der Regierungschef Karamanlis ab, sprach aber ebenso der Familie des getöteten sein Beileid aus. Pavlopoulos beauftragte umgehend drei Staatsanwälte mit der Untersuchung der tödlichen Schüsse. Die linke Oppositionspartei Pasok verurteilte den Tod des Jungen und sah die Schuldigen bei den Verantwortlichen in Politik und Polizei. In einer Mitteilung versprach der Innenminister, die Verantwortlichen für den Tod des Jugendlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Griechischen Medienberichten zufolge wurden die beiden an dem Vorfall beteiligten Polizisten zunächst festgenommen und dann zusammen mit dem Chef der Wache in Exarchia vom Dienst suspendiert. Prokopis Pavlopoulos wies jedoch vorschnelle Schuldzuweisungen zurück und erklärte: ,,Wir warten auf die gerichtsmedizinischen Ergebnisse." Die Verantwortlichen würden zur Rechenschaft gezogen hieß es.

Während die Justiz ermittelt, gibt es weiteren Proteste auf der Straße, Medien sprechen schon nicht mehr nur von Jugendkrawallen. Auch im nordgriechischen Thessaloniki wurden fünf Banken beschädigt, ein Polizeirevier angegriffen und eine Straße blockiert. 2000 Demonstranten versammelten sich in der Innenstadt von Thessaloniki und zogen zum Sitz des Regionalministeriums. In Patras wurde ein Polizeirevier mit Brandsätzen angegriffen, es gab Ausschreitungen. In Komotini und Ioannina, ebenso wie auf der Mittelmeerinsel Kreta kam es zu Krawallen. In Heraklion entstand an drei Bankfilialen Schaden durch Brandsätze. Polizisten versuchten die Lage unter Kontrolle zu bringen, Tränengas wurde eingesetzt. Es sei die schlimmste Bürgerunruhe in Griechenland seit 25 Jahren schreibt die Presse. In Athen wurde in der Nacht ein Gebäude der polytechnischen Hochschule besetzt, die Fassadenfenster des Rathauses zerstört und auch andere Universitätsgebäude der Hauptstadt wurden okkupiert. Etwa 2000 Menschen gingen in die Polytechnische Fachhochschule, wo der Kampf gegen die Diktatur in den 60er angefangen hatte. Eine entscheidende Schwächung erfuhr dort damals die Junta am 17. November 1973 durch den Aufstand der Studenten, der unter Einsatz von Panzern brutal zusammengeschossen wurde und das Regime innerlich und äußerlich diskreditierte. Die Sicherheitskräfte sperrten das Stadtzentrum von Athen ab und gingen gegen die Protestierenden vor. Autonome und andere Gruppen haben für Sonntagnachmittag weitere Proteste angekündigt, mehrere Aktionen sollen im Laufe der nächsten Tage im Ausland vor den griechischen Botschaften stattfinden.




Aus: "Griechenland kommt nicht zu Ruhe" Von Ludwig Börne (07.12.2008)
Quelle: http://de.indymedia.org/2008/12/234985.shtml (http://de.indymedia.org/2008/12/234985.shtml)

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Quote[...] Zuletzt war im Jahre 1985 ein Jugendlicher bei Zusammenstößen mit den Sicherheitskräften getötet worden - und zwar im selben Viertel, in dem sich der jüngste Vorfall abspielte. Michalis Kaltezas war dadurch zum Märtyrer der linken Szene in Griechenland geworden. Exarchia gilt seit dem Ende der Obristenherrschaft (1967 bis 1974) unter dem damaligen Junta-Führer Papadopoulos als ein Zentrum der Linksextremen und "Autonomen" in Athen.

Der Tod des Jugendlichen hat, von der Hauptstadt Athen ausgehend, zu Aufruhr in fast allen großen Städten des Landes geführt: Thessaloniki, Patras, sogar Ioanina im Epirus, das eher abgelegen ist, war betroffen. Selbst in Kerkyra, auf der Ferieninsel Korfu, sowie in Heraklion, der Hauptstadt Kretas, kam es nach Bekanntwerden der Nachricht von den Zusammenstößen und dem gewaltsamen Tod des jungen Mannes zu Unruhen, die teilweise mit Brandstiftungen, Zerstörungen und Plünderungen von Geschäften verbunden waren. Dass Demonstrationen in Griechenland häufig einen ziemlich ungeordneten Verlauf annehmen, ist nicht neu. Trotzdem führt die Intensität der Reaktion auf das vermutete oder tatsächliche Fehlverhalten von Polizisten zu der Frage, ob hinter den Unruhen nicht mehr steckt.

...


Aus: "Unzufriedenheit mit der Regierung: Griechischer Aufruhr" Von Wolfgang Günter Lerch (08. Dezember 2008)
Quelle: http://www.faz.net/s/Rub7FC5BF30C45B402F96E964EF8CE790E1/Doc~E6935130912764D28841EC9AAAAA73233~ATpl~Ecommon~Scontent.html (http://www.faz.net/s/Rub7FC5BF30C45B402F96E964EF8CE790E1/Doc~E6935130912764D28841EC9AAAAA73233~ATpl~Ecommon~Scontent.html)

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Quote[...] Harry Ladis: Wir wissen von Augenzeugen, dass es zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen einer Gruppe von Jugendlichen, die dort wie üblich auf der Straße rumhingen, und zwei Polizisten eines Streifenwagens kam. Ein absolut nichtiges Ereignis also. Die Situation habe sich beruhigt, aber fünf Minuten später sollen die beiden Polizisten zu Fuß zurückgekommen sein, gedeckt von einer Sondereinheit, die im Hintergrund blieb. Wieder sei es zu einem verbalen Gefecht gekommen, und dann habe einer der Polizisten drei Schüsse direkt auf den Jungen abgegeben. Er war auf der Stelle tot.

Dem gingen keine Gewalttätigkeiten voraus?

So wie die Augenzeugen übereinstimmend berichten - nichts.

Die Polizei sagt, sie habe Warnschüsse abgegeben und ein Querschläger habe den Jungen getroffen.

Ja, der festgenommene Polizist behauptet, zur Abschreckung zweimal in die Luft und einmal auf den Bürgersteig geschossen zu haben. Das ist nicht nur völlig absurd, sondern wird weder von einem Augenzeugen bestätigt noch von einem Amateurvideo, das von dem Abend existiert.

Was für ein Viertel ist Exarchia?

In den Achtzigern war das eine Hochburg der Anarchisten. Nachdem Teile des Viertels in den Neunzigern yuppisiert wurden, war es zwischendurch etwas ruhiger geworden. In den letzten Jahren wurde Exarchia wieder zu einem Treffpunkt für Anarchisten, Linksradikale usw. Dabei kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen, weil Polizeiminister Vyron Polydoras die Polizei dazu ermunterte, die Szenetreffpunkte zu räumen.

Wer ist jetzt auf der Straße?

Was jetzt passiert, ist wirklich etwas Einmaliges. Es waren zwar die anarchistischen Gruppen, die zuerst auf der Straße waren - zwei Stunden nach dem Mord brannte es in zehn Städten . Aber dann haben sich viele Studenten und Schüler den Protesten und auch den Krawallen angeschlossen. Und als Banken und Autofirmen brannten, haben normale Bürger, die von ihrem Balkon zugesehen haben, geklatscht.

Woher kommt diese Wut?

Es gibt großen sozialen Unfrieden: wegen der Krise, der Arbeitslosigkeit und der vielen Skandale dieser Regierung. Hinzu kommt, gerade in Athen und Thessaloniki, der Ärger über das repressive Auftreten der Polizei.

Wer ist militanter - griechische Polizisten oder griechische Anarchisten?

Das kann man so nicht so sagen. Jedenfalls hat sich die Polizei in den letzten Tagen zurückgehalten, weil selbst konservative Fernsehsender sich weniger mit den Krawallen als mit dem Tod des Jungen beschäftigt haben. Das war ein Schock für ganz Griechenland.

Wäre es jetzt nicht angebracht, dass die Anarchisten auf ihre Gewaltrituale verzichten, um ihre Anliegen besser zu vermitteln?

Es gibt diese Rituale. Diese Krawalle aber waren etwas anderes, sie waren spontan und originell. Und viele Bürger sagen: Das geht nicht, dass ein 15-jähriger Junge erschossen wird, weil er einen Polizisten beleidigt hat.

Wie geht es weiter?

Heute haben die Schüler gestreikt, am Dienstag ist die Beerdigung, und für Mittwoch war schon vorher ein Generalstreik geplant. Ich glaube, wir stehen kurz vor dem Umsturz dieser Regierung.



Aus: "Linker griechischer Anwalt Ladis: "Die Regierung steht vorm Umsturz""
INTERVIEW: DENIZ YÜCEL (09.12.2008)
Quelle: http://www.taz.de/1/politik/europa/artikel/1/die-regierung-steht-vorm-umsturz/ (http://www.taz.de/1/politik/europa/artikel/1/die-regierung-steht-vorm-umsturz/)

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Quote[...] Wenn es stimmt, dass die Schäden der Krawalle – wie es heißt – 100 Millionen Euro ausmachen, dann ist das nicht nur eine gehörige Menge Geld, sondern es sollten auch die Hintergründe klar analysiert werden. Diese allerdings sind vielschichtig und nicht ganz widerspruchsfrei. 

Da ist erstens die Polizei: Sie ist in Griechenland chronisch schlecht ausgebildet und gilt als ausgesprochen ruppig. Deshalb hat die Athener Politik, um sich Ärger vom Hals zu halten, einen gewissen Kompromiss geschlossen und die Ordnungskräfte seit längerem dazu aufgerufen, sich strikt zurückhalten.

Das allerdings war kontraproduktiv. Denn es gibt – und damit kommen wir zum zweiten Punkt - einige Straßenzüge in der Athener Innenstadt, in denen sich seit Jahren Autonome und Anarchisten eingenistet haben und die mehr oder weniger als gesetzesfrei gelten. In diese Gegend, die gewisse Parallelen mit der Hamburger Hafenstraße in früheren Zeiten aufweist, trauen sich Polizisten seit Jahren nicht mehr hinein. "Wenn wir die Autonomen nicht stören", so heißt es aus der Politik ,"so lassen diese auch den Rest der Stadt in Frieden." Ein fauler Kompromiss, wie sich jetzt zeigt, der nicht nur Hunderten von Besitzern jetzt ausgebrannter Läden in Athen und Thessaloniki einen Teil ihrer Existenz gekostet hat, sondern auch die Autorität des Rechtsstaates aushöhlt.

Soweit ist die Angelegenheit noch recht einfach. Doch es kommt als Drittes noch etwas hinzu. Seit längerem nämlich hat sich bei zahlreichen griechischen Jugendlichen Frust angestaut, weil man trotz guter Qualifikation oft nur Aushilfs- und Übergangsjobs finden kann. Entsprechend spricht man bereits von der 700-Euro-Generation.

Frust gibt es aber auch über das Gebaren des Establishments. Denn in den Augen der jungen Menschen sind die beiden großen Parteien Nea Dimokratia und PASOK kaum noch von einander zu unterscheiden und gelten zudem als die Anwälte einer Gesellschaft, deren wichtigster Wert das Geld ist - und da möchte man nicht mitmachen. Ein Situation, die auch bei uns nicht unbekannt ist.

Gerade der letzte Punkt ist der schwierigste. Denn mit einer Weiter-so-Mentalität, die viele Politiker der Konservativen und Sozialdemokraten in Griechenland, aber auch anderswo pflegen, dürfte dem Frustpotential nicht beizukommen sein. Die Politik muss zwar Gesetzesbrecher und Gewalttäter deutlich in ihre Schranken weisen. Sie sollte aber auch erkennen, dass aus Frust ein Sympathiepotential für Gewalttäter erwächst, welches größer werden kann. Mit einer kruden Mischung aus Wirtschaftsliberalismus, schönen Worten und Aufrufen zum Sparen, während man sich selbst gut nährt, ist dem nicht beizukommen. Im Gegenteil!


Aus: "Kommentar zu Krawallen in Griechenland - Quittung für falsche Politik" (08.12.2008)
Von Ulrich Pick, ARD-Hörfunkstudio Istanbul
Quelle: http://www.tagesschau.de/kommentar/griechenland136.html (http://www.tagesschau.de/kommentar/griechenland136.html)

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Quote[...] Heute.de: Was steckt hinter der Gewalt in Griechenland - wirklich nur der Tod eines 15-jährigen Demonstranten oder möglicherweise viel mehr?

Johannes M. Becker: Der tödliche Schuss ist sicherlich der Auslöser, der Tropfen, der das berühmte Fass zum Überlaufen brachte. Dahinter steht jedoch die katastrophale Lage der Jugend in Griechenland. Im vergangenen Jahr hatte das Land, mit offiziell 26 Prozent die höchste Jugendarbeitslosigkeit in der EU; der reale Wert dürfte weitaus höher liegen. Es breitet sich, gerade unter der herrschenden konservativen Regierung, seit geraumer Zeit eine "no future"-Stimmung in der Jugend aus.


Heute.de: Nach italienischen Medienberichten hat die Finanzkrise die sozialen Spannungen in Griechenland verstärkt. Ist das weltweite Finanzdebakel vielleicht der eigentliche Grund für die gewalttätigen Proteste?


Becker: Auch hier: Als Katalysator für die virulente Gewalt dient die sich ausbreitende Angst vor den Folgen des Finanzdebakel sicher. Zu mehr jedoch nicht. Mindestens ebenso wichtig dürfte die lange Kette von Skandalen der Athener Regierung sein.

Quote
Skandalserie in Griechenland

Seit dem Wahlsieg der konservativen Regierung von Kostas Karamanlis im September 2007 hat eine Serie von Polit-Skandalen die griechische Öffentlichkeit erschüttert. Im Oktober dieses Jahres musste Regierungssprecher Theodoros Rousopoulos wegen eines umstrittenen Immobiliengeschäfts seinen Hut nehmen. Rousopoulos' Name war im Zusammenhang mit einem zweifelhaften Immobilientausch der Regierung mit einem orthodoxen Kloster aufgetaucht. Mönche hatten dabei unwirtschaftliches Land gegen wertvollen Staatsbesitz getauscht.

Im Dezember 2007 musste Sozialminister Wassilis Magginas zurücktreten, weil er ein aus Indien stammendes Ehepaar in seinem Ferienhaus beschäftigte, ohne sie zu versichern. Im September warf Schifffahrtsminister Giorgos Vougarakis das Handtuch. Dem 49-Jährigen war vorgeworfen worden, zusammen mit seiner Frau im Ausland Immobilienfirmen eingerichtet zu haben, um die Zahlung von Grundsteuern in Griechenland zu umgehen. (Quelle: dpa, afp)


Heute.de: 1985 kam zum ersten Mal ein minderjähriger Demonstrant durch Polizeikugeln ums Leben. Ist die griechische Polizei besonders "schießwütig" oder handelt es sich bei den Vorfällen um vereinzelte Vergehen?

Becker: Nein, das kann ich Griechenland-weit nicht feststellen. Wir kennen auch aus Deutschland sehr unterschiedliche Qualitäten von Polizeieinsätzen, beispielsweise in Hamburg oder einzelnen Stadtteilen von Berlin. Nur ist folgendes zu beachten: Im Stadtviertel Exarchia formierte sich bereits zu Zeiten der Obristendiktatur Widerstand und eine breitgefächerte Widerstands-Kultur. Und in Exarchia wurde bereits 1985 ein Jugendlicher von den Sicherheitskräften getötet.

Heute.de: Die konservative Regierung von Kostas Karamanlis versucht, die Lage zu beruhigen. Wird sie die Krise politisch überleben?

Becker: Schwer zu beurteilen. Die Ankündigung vorgezogener Wahlen könnte der Bewegung die Spitze nehmen. Derzeit haben die oppositionallen SozialistInnen gute Chancen, diese zu gewinnen. Ohne strukturelle Verbesserungen der Lage der Jugend dürfte sich jedoch bald wieder Widerstand regen.



Aus: ""Katastrophale Lage der Jugend"" (08.12.2008)
Das Interview führte Mark Kalbus
Quelle: http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/10/0,3672,7488778,00.html (http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/10/0,3672,7488778,00.html)

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Quote[...] Die Kugel aus der Dienstwaffe eines Polizisten, die vor eineinhalb Wochen einen 15jährigen griechischen Schüler tötete, war ein Querschläger. Das ist das Ergebnis des seit Tagen erwarteten ballistischen Gutachtens.

An dem Geschoss, so meldete das griechische Fernsehen, seien Rückstände von Außenverputz oder Zement gefunden worden, die von einer Ablenkung des Geschosses zeugen. Dieser Befund führt laut Staatsanwaltschaft zu der Erkenntnis, dass der Täter nicht, wie er bekräftigte, Warnschüsse in die Luft, sondern Schüsse in die Richtung des Schülers abgegeben hätte. Somit wird der angeklagte Polizist durch die Expertise belastet und nicht entlastet, wie es sein Rechtsanwalt vor einigen Tagen erklärt hatte.

Eine offizielle Erklärung seitens der Staatsanwaltshaft zum Gutachten gibt es nicht. Die griechische Justiz wird jetzt entscheiden, wann es zum Prozess gegen den 37jährigen Polizisten kommt, der derzeit in Untersuchungshaft sitzt.

Unterdessen halten die Proteste gegen Polizeigewalt und Willkür in Griechenland an: Rund 50 Demonstranten haben auf der Akropolis ein Transparent mit dem Wort "Widerstand" in Englisch, Spanisch und Deutsch aufgehängt. Mit einem zweiten Transparent riefen sie zu einem europäischen Soldidaritätstag auf. Er ist für diesen Donnerstag geplant, an dem für Athen bereits neue Proteste von Schülern, Studenten und Lehrern angekündigt sind. Die Transparente sind von zahlreichen Athener Stadtteilen aus erkennbar.

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Aus: "Nach Tod eines Schülers in Griechenland - Ballistisches Gutachten belastet Polizisten" Von Ulrich Pick, ARD-Hörfunkstudio Istanbul (17.12.2008)
Quelle: http://www.tagesschau.de/ausland/griechenland186.html (http://www.tagesschau.de/ausland/griechenland186.html)

Title: [Ausnahmen. Vor allem deshalb, weil sie bekannt wurden... (BRD)]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 08, 2008, 11:14:41 AM
Quote[...] Im Februar 2005, einen Monat nach dem Feuertod des Asylbewerbers Oury Jalloh in Polizeigewahrsam, treffen sich in Halle rund 20 Führungskräfte der Polizei zu einer Lagebesprechung. Polizeioberrat Reinhard S. sagt dabei: "Schwarze brennen eben mal länger." Niemand stört sich daran, außer einem Kollegen, der den Vorfall meldet. Der Mann wird anschließend wochenlang gemobbt, bis er entnervt seine Versetzung beantragt. Die Ermittlungen gegen S. werden eingestellt - er kommt mit einem Verweis davon.

Im Oktober 2005 schreibt der Brandenburger Vizechef des Bundes deutscher Kriminalbeamter, Peter Lehrieder, im Fachblatt "Der Kriminalist": Sinti und Roma seien die "Made im Speck der Wohlfahrtsgesellschaft"; sie nähmen ihre "Legitimation für Diebstahl, Betrug und Sozialschmarotzerei aus dem Umstand der Verfolgung im Dritten Reich". Der Generalstaatsanwalt winkt ab: Es bestehe kein Tatbestand der Volksverhetzung. Gerichte schließen sich dem an.

Im April 2007 weigert sich ein Deutscher nigerianischer Herkunft in Freiburg, seine Personalien anzugeben. Ein Polizist hetzt daraufhin seinen Hund auf den Mann, der schwört, die Worte "Friss den Neger!" gehört zu haben. Er kommt mit zwölf Bisswunden ins Krankenhaus. Der Fall sorgt einige Tage für Aufregung. Dann hört man nie wieder davon.

Im Februar 2008 nimmt die Hagener Polizei den Türken Adem Özdamar mit auf die Wache. Keine Stunde später ist er tot. Es gibt etliche Hinweise auf Gewaltanwendung, aber was geschah, wird man nie erfahren. Die beteiligten Polizisten schweigen, die Staatsanwaltschaft stellt ihre Ermittlungen nach wenigen Wochen ein.

Vier Fälle. Alles Ausnahmen. Vor allem deshalb, weil sie bekannt wurden. Das ist nicht normal. "Normal ist, dass Opfer von Polizeigewalt für sich behalten, was ihnen geschah - aus Angst, drangsaliert, abgeschoben oder ihrerseits angezeigt zu werden", sagt Biplab Basu. "So kommt es nämlich fast immer, das ist das klassische Muster."

Biplab Basu arbeitet in der Berliner Opferberatungsstelle "Reach Out". Seit 25 Jahren kümmert er sich um Menschen, die von Polizisten als "Dachpappe", "Brikett" oder "Nigger" verhöhnt werden, die man grundlos abführt, deren Wohnungen ohne Beschluss gestürmt werden oder denen noch Schlimmeres widerfährt. Immerhin 70 Mal, sagt Basu, habe er in den vergangenen vier Jahren Menschen zur Anzeige bewegen können. Zahl der Verurteilungen: keine. Auch das gehört zum klassischen Muster.

Polizisten, die zu Tätern werden: Das ist ein einziges großes Dunkelfeld, auf das nur gelegentlich - bei spektakulären Einzelfällen - ein matter Lichtstrahl fällt. Seit Jahren klagen Organisationen wie Amnesty International, dass Fälle von Polizeiübergriffen in Deutschland nirgendwo erfasst werden, mithin kein Mensch weiß, wie groß das Problem eigentlich ist. Der UN-Ausschuss zur Beseitigung von Rassendiskriminierung äußerte sich wiederholt "besorgt" über rassistische Polizeigewalt in Deutschland. Eine Kommission des Europarats wunderte sich jüngst wieder darüber, dass hierzulande überproportional viele Beschwerden über Polizeigewalt von Ausländern stammen.

Was tut die Regierung? Sie leugnet das Problem. Mitte des Jahres beschied sie der Linksfraktion, die Polizei sei ausreichend gegen rassistische Tendenzen gefeit. Im übrigen stehe jedem "der Rechtsweg zu den Gerichten offen".

Genau das aber halten Praktiker wie Basu für das Problem: In der Regel folge auf jede Anzeige gegen Polizisten sofort eine Gegenanzeige. Und seltsamerweise ist es meist diese, die von den Staatsanwaltschaften vorrangig behandelt wird. Statistiken aus Berlin und Hamburg zeigen: Die wenigen Polizisten, die überhaupt angeklagt werden, müssen im Schnitt in 0,5 Prozent aller Fälle mit einer Verurteilung rechnen. Für das Anti-Diskriminierungsbüro in Berlin ist deshalb klar: "Schläger in Uniform haben so gut wie nichts zu befürchten."

Weil das so sei, habe sich in etlichen Revieren längst ein "pervertierter Corpsgeist" breit gemacht, sagt ein Ex-Polizist aus Hamburg, der selbst jahrelang Zeuge der "Herren-Untermenschen-Diktion" seiner Kollegen wurde. Regelverletzungen von Uniformierten gebe es "jeden Tag in jeder Großstadt mehrfach". Wer sich dagegen auflehne, sei "automatisch ein Kameradenschwein". Der eigentliche Skandal aber sei, dass die Justiz, manchmal auch die Politik, diese Verstöße noch decke. Treffliches Beispiel: Der Fall eines Schwarzafrikaners, der auf einer Hamburger Wache vor Jahren von Freunden und Helfern brutal misshandelt wurde. Es kam zu einem Prozess, in dem die Prügel-Polizisten sogar verurteilt worden. Die legten Widerspruch ein, aber noch vor Abschluss des Falles wurde der Afrikaner abgeschoben - danach erfolgten die Freisprüche.

Steckt dahinter System? Unsinn, sagt Konrad Freiberg, Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Natürlich gebe es auch in seiner Truppe schwarze Schafe, sagte Freiberg der FR, die aber müssten "mit allen Konsequenzen rechnen". Das sei für ihn eine "Herzensangelegenheit", beteuert Freiberg. "Wenn es Zweifel gibt, werden wir immer dafür sorgen, dass sie restlos ausgeräumt werden."

Dass Polizisten gegen Polizisten ermitteln, sei aber eben ein "grundsätzliches Dilemma", heißt es bei Amnesty, wo gerade an einem neuen Report über maßlose Polizeigewalt gearbeitet wird. Sie höre "immer wieder Berichte über ausländerfeindliche Beschimpfungen durch Polizisten", sagt AI-Referentin Katharina Spieß. Sie zu überprüfen, sei kaum möglich. Amnesty und andere Initiativen fordern daher schon lange eine unabhängige Kommission, ausgestattet mit der Befugnis, angezeigte Fälle von Polizeigewalt zu untersuchen. In vielen europäischen Ländern - darunter Großbritannien, Irland, Österreich, Schweden und Ungarn - gibt es das bereits. In Deutschland nicht. Hier glaubt die Regierung, eine solche Kommission brächte "keinen Mehrwert".

Lediglich Hamburg bildete vorübergehend eine Ausnahme. Nachdem dort Mitte der 90er Jahre Polizisten aufgeflogen waren, die sich einen Spaß daraus machten, Festgenommene mit Scheinhinrichtungen zu terrorisieren, reagierte der Senat und berief ein unabhängiges Gremium. 2001 musste es seine Arbeit wieder einstellen, der Innensenator wollte es so. Dessen Name: Ronald Schill - bekannt als "Richter Gnadenlos".


Aus: "Dunkelfeld: Wenn Polizisten zu Tätern werden" VON JÖRG SCHINDLER (07.12.2008)
Quelle: http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/1642027_Wenn-Polizisten-zu-Taetern-werden.html (http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/1642027_Wenn-Polizisten-zu-Taetern-werden.html)

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Quote[...] Bekannt wurden Telefonprotokolle von Gesprächen der Beamten am Unglückstag auf dem Revier, etwa das Telefonat mit dem einbestellten Arzt Dr. B., der die Blutprobe bei Jalloh entnehmen sollte. "Pikste mal 'nen Schwarzafrikaner", wird der Arzt von einem Polizisten gefragt. "Ach du Scheiße", antwortet der. "Da finde ich immer keine Vene bei den Dunkelhäutigen." Lachen. Mitgeschnitten wurde auch ein Dialog am 7. Januar 2005, nachdem sich der Alarm in der Zelle Nummer fünf herumgesprochen hatte: "Hat er sich aufgehangen, oder was?"- "Nee, da brennt's." - "Wieso?" - "Weiß ich nicht. Die sind da runtergekommen, da war alles schwarzer Qualm." - "Ja. Ich hätte fast gesagt, gut. Alles klar, schönes Wochenende, ciao, ciao."

Diese Worte seien alle nicht so gemeint gewesen, wie sie klingen, sagte Sch. vor Gericht. Er und M. bestritten von Anfang an jede Mitschuld am Tod Jallohs. "Ich bedaure zutiefst, was am 7.1.2005 geschah", sagte Sch. "und dass es mir nicht vergönnt war, das Leben des Herrn Jalloh zu retten".

[...] Das Gericht verhandelte in dieser Woche geheim mit den Prozessbeteiligten, offenbar um eine Einstellung des Verfahrens ohne Urteil bei einer Entschädigungszahlung an die Familie des Opfers durchzusetzen. Dies würde eine Revision unmöglich machen. Aber die Familie in Guinea wollte kein Geld. Sondern "bei allem Respekt vor dem Gericht: ein Urteil", sagt Oury Jallohs Vater.


Aus: "Verbrannt in Zelle Nummer fünf" Von Renate Oschlies (Archiv » 2008 » 06. Dezember » Seite 3)
http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2008/1206/seite3/0002/index.html (http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2008/1206/seite3/0002/index.html)

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Quote[...] Im Januar 2005 soll sich ein junger Afrikaner in einer Zelle selbst angezündet haben. Jüngste Aussagen eines Polizeibeamten lassen daran erhebliche Zweifel zu.

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Aus: "Kehrtwende im Oury-Jalloh-Prozess: Zweifel am übersehenen Feuerzeug" VON CHRISTIAN JAKOB (04.05.2011)
Quelle: http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/zweifel-am-uebersehenen-feuerzeug/ (http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/zweifel-am-uebersehenen-feuerzeug/)

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Prozess um Oury Jallohs Tod - Polizist soll 11.000 Euro zahlen (13.12.2012)
MAGDEBURG afp | Im Prozess um den Feuertod des Asylsuchenden Oury Jalloh ist der angeklagte Polizist zu einer Geldstrafe von 10.800 Euro verurteilt worden. Das Landgericht Magdeburg sprach den Angeklagten am Donnerstag der fahrlässigen Tötung schuldig.
https://taz.de/Prozess-um-Oury-Jallohs-Tod/!107381/ (https://taz.de/Prozess-um-Oury-Jallohs-Tod/!107381/)

Quote13.12.2012 16:08 Uhr
von Michael:

Dieses Urteil ist ein Skandal!
Jeder Bürger, der an einem verunfallten brennenden Fahrzeug einfach vorbeifährt, muss wegen unterlassener Hilfeleistung mit wesentlich empfindlicherer Bestrafung rechnen.
Und hier nun ein Gefangener in der Obhut der Polizei, gefangen in einem Gebäude, das so hellhörig ist, dass zahlreiche Polizisten die Hilfeschreie eines Verbrennenden gehört haben müssten.
In der Nebenniere des Toten wurden keine Stresshormone nachgewiesen. Das ist nur möglich, wenn er während der Verbrennung ohne Bewusstsein war.
Wenn er aber bewusstlos war, hätte er in medizinische Behandlung und keinesfalls alleingelassen gehört.
Und das alles in einem Haus voller Polizisten, die von alledem nichts mitbekommen haben wollen?
Wer kann das glauben?
Eher glaubt man an eine verschworene Gemeinschaft, deren Amtseid schon ziemlich lange her ist.

Quote13.12.2012 15:55 Uhr
von vic:
7 Jahre hat es jetzt gedauert, dem Polizeibeamten beizubingen, dass man auch Afrikaner nicht einfach so verbrennen lässt. Viel zu gering, die Strafe.


Quote13.12.2012 15:21 Uhr
von reorient:

Soll das etwa ein Rabatt-Preis sein? Da zahlt hierzulande u.U. ja sogar ein Arzt, der ein paar Zaehne faelschlicherweise gezogen hat, mehr an Entschaedigung.


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"Oury Jalloh Der rätselhafte Tod in Zelle fünf" Antonie Rietzschel (7. Januar 2015)
Beamte decken sich gegenseitig, Beweise verschwinden, dafür tauchen neue auf. Vor zehn Jahren starb der Asylbewerber Oury Jalloh in Polizeigewahrsam. Die Fehler um seinen Tod sind gut dokumentiert.
http://www.sueddeutsche.de/panorama/oury-jalloh-der-raetselhafte-tod-in-zelle-fuenf-1.2291715 (http://www.sueddeutsche.de/panorama/oury-jalloh-der-raetselhafte-tod-in-zelle-fuenf-1.2291715)
Title: [Oury Jalloh... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 09, 2008, 12:37:36 PM
Quote[...] Oury Jalloh (* 2. Juni 1968 [1]; † 7. Januar 2005 in Dessau) war ein Asylbewerber aus Sierra Leone, der während eines Brandes in einer Zelle des Polizeireviers Dessau in Sachsen-Anhalt ums Leben kam. Der Tathergang ist bisher nicht aufgeklärt, der aktuelle Stand der Ermittlungen ist, dass Jalloh die laut Herstellerangaben schwer entflammbare Matratze seiner Zelle trotz Fesselung selbst angezündet haben soll.

[...] Polizeiliche Darstellung - Laut Polizeiangaben wurde Jalloh, der alkoholisiert war sowie unter dem Einfluss von Kokain stand, im Rahmen einer Personenkontrolle in Gewahrsam genommen, nachdem er mehrere Frauen belästigt hatte. Die Frauen hatten die Polizei gerufen, weil Jalloh betrunken hinter ihnen hergetorkelt sei. Gegen die Festnahme habe er Widerstand geleistet. Der Gefesselte verbrachte zweieinhalb Stunden in einer Zelle unter Kontrolle der Beamten. Die letzte Überprüfung der gefliesten Zelle sei etwa zehn Minuten vor Ausbruch des Feuers erfolgt.

Danach sei es dem gefesselten Jalloh gelungen, aus seiner Tasche ein Feuerzeug zu fischen und seine Kleidung zu entzünden. Nachdem die Matratze in Flammen aufgegegangen war, verstarb der Gefangene an einem Hitzeschock. Über eine Sprechanlage konnte der Dienstgruppenleiter im ersten Stock die Zelle im Kellergeschoss abhören. Wegen eines Telefonats stellte der Beamte die Anlage zwischenzeitlich leise. Später hörten er und eine Kollegin ,,plätschernde Geräusche", während gleichzeitig der Rauchmelder Alarm auslöste. Der Dienstgruppenleiter schaltete den Feueralarm vollständig ab, weil die Rauchmelder schon mehrfach falsch angeschlagen hätten. Als später der Lüftungsschalter anschlug und das ,,Plätschern" lauter wurde, machte er sich auf den Weg zur Zelle. Wegen der Rauchentwicklung gelang es nicht, den an den Zellenboden gefesselten Gefangenen zu retten.


[...] Staatsanwaltschaftliche Ermittlungen -  Einen Monat nach dem Vorfall wurde der Tod von Jalloh in der Öffentlichkeit bekannt. Am 6. Mai 2005 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen zwei Polizeibeamte wegen fahrlässiger Tötung, da der Tod des Asylbewerbers bei zügigerem Eingreifen vermeidbar gewesen wäre. Die für die Untersuchung des Inhaftierten zuständigen Polizisten sagten zunächst aus, die Taschen Jallohs gründlich durchsucht zu haben und lediglich Taschentücher gefunden zu haben. Der schon mehrfach wegen Drogendelikten aufgefallene Jalloh habe sich mehrfach zur Wehr gesetzt und dabei mit dem Kopf gegen die Wand geschlagen. Mit 2,98 Promille Alkohol, Cannabis und Kokain im Blut sei er zunehmend aggressiv geworden.

Gegen den Dienststellenleiter läuft als Hauptangeklagten seit dem 6. Mai 2005 ein Verfahren wegen Körperverletzung mit Todesfolge, weil dieser den Feueralarm mehrfach abgeschaltet habe, obwohl durch die Sprechanlage Schreie von Jalloh zu vernehmen gewesen seien. Laut innenpolitischem Sprecher der PDS-Landtagsfraktion von Sachsen-Anhalt, Matthias Gärtner sei die Brandmeldeanlage nach den Angaben einer Polizistin, die sich zum Tatzeitpunkt im Zimmer des Dienstgruppenleiters befunden habe, am 14. September 2004 repariert worden und seitdem fehlerfrei gelaufen. Die Polizistin widerrief diese Aussage jedoch später.

Feuerwehrleute bezeugten, die Leiche in ausgestrecktem Zustand gefunden zu haben. Erst danach erwähnte die Polizeidirektion Dessau dem Innenausschuss des Landtages gegenüber, dass der Gefangene an Händen und Füßen in der Schlichtzelle fixiert worden sei. Die polizeilichen Vorschriften erlauben eine solche Fixierung nur bei möglicher Selbstgefährdung des Inhaftierten. Die gängige Fixierung durch erzwungene Zwangslage der Flüchtlinge in Schlichtzellen stufte der Anti-Folter-Ausschuss des Europarates (CPT) schon am 6. Juli 2001 und im Frühjahr 2003 als Folter ein. [2] Im Prozess sagte der behandelnde Bereitschaftsarzt aus, dass er empfohlen habe, Jalloh zu fixieren, da dieser jede Gelegenheit genutzt habe, mit dem Kopf zu stoßen und sich zu verletzen [3].

Die Obduktion ergab, dass der Gefangene in der auf über 350 Grad Celsius erhitzten Zelle an einem Hitzeschock gestorben war. In der Zelle fand das Landeskriminalamt Magdeburg später ein wenig versehrtes Feuerzeug, welches auf einer ersten Tatort-Asservatenliste gefehlt hatte[4]. Mit der Begründung mangelnder Indizien für die vorsätzliche Tat eines Dritten geht die Staatsanwaltschaft Dessau davon aus, dass der Afrikaner die Matratze selbst angezündet habe. Laut dem Innenministerium von Sachsen-Anhalt hatte die Matratze einen nach Herstellerangaben schwer entflammbaren Bezug aus Kunstleder, ,,jedoch könne eine Beschädigung des Überzuges nicht ausgeschlossen" werden. Eine solche Beschädigung kann laut Staatsanwalt Folker Bittmann die Matratze leichter entflammbar machen. Die Putzfrau des Reviers erinnerte sich an keine Vorschäden am Kunstleder und die Brandgutachten gehen nicht davon aus, Jallohs brennende Kleidung hätten die Matte entflammen können.

Die von der Rechtsanwältin der Nebenklage beantragte Röntgenuntersuchung lehnte die Staatsanwaltschaft ab. Nach Rücksprache mit dem Rechtsmedizinischen Institut bestand kein Anlass für weitere Untersuchungen. Die Vernehmungsprotokolle verzeichnen jedoch ,,Handgreiflichkeiten" zwischen Polizei und Gefangenem und die Mitteldeutsche Zeitung berichtete über gebrochene Handgelenke. Unklar ist auch nach Aussagen der Anwältin die Herkunft des Feuerzeugs. Die Asservatenliste vom 10. Januar führt das Utensil nicht auf, sondern erst die Liste vom 11. Januar. Mehrere Initiativen finanzierten eine zweite Obduktion, so dass die für den 29. März geplante Freigabe des Leichnams ausgesetzt wurde.

Der gerichtsmedizinische Befund aus Frankfurt am Main ergab bei dieser zweiten Obduktion[4] einen Bruch des Nasenbeins, zerstörte Trommelfelle und Einbrüche an den Siebbeinplatten der Nase. Zum Zeitpunkt dieser Obduktion war jedoch aufgrund der Brandschäden sowie möglicherweise nachträglichen Artefakte durch die erste Untersuchung keine Aussage zum genauen Todeszeitpunkt oder einer eventuellen Schädigung innerer Organe mehr möglich.

Nach Veröffentlichung der Ergebnisse in den Medien behaupteten Innenministerium und Generalstaatsanwaltschaft, die Unterlagen nicht zu kennen. Die Naumburger Behörde wies am 6. Juni 2005 auch ausdrücklich darauf hin, es sei ,,ungesetzlich, wesentliche Teile der Anklageschrift oder anderer amtlicher Schriftstücke eines Strafverfahrens ihrem Wortlaut nach zu veröffentlichen, bevor sie in der Gerichtsverhandlung erörtert worden sind oder das Verfahren abgeschlossen ist". Im Oktober 2005 verwies das Landgericht Dessau das Verfahren zurück an die zuständige Staatsanwaltschaft mit der Forderung nach weiteren Ermittlungen. Die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg (Saale) hatte am 6. Juni 2005 das Landgericht zur weiteren Entscheidung angerufen.

Eine Polizistin, welche bislang als wichtige Zeugin aufgetreten war, zog inzwischen ohne weitere Begründung ihre eigene Aussage zurück. Schon im Oktober 2002 verstarb in Dessau unter demselben Dienstgruppenleiter ein Gefangener im Polizeigewahrsam. Laut Polizeibericht erlag der Häftling inneren Verletzungen, welche er schon vor der Festnahme erlitten hatte. Die Umstände blieben zum größten Teil ungeklärt. Der Dienstgruppenleiter wurde nach dem zweiten Todesfall zunächst nach Wittenberg versetzt und dann vom Dienst suspendiert. Auch die beiden anderen Angeklagten wurden vorläufig in andere Dienststellen versetzt.

Prozess - Am 27. März 2007 begann vor dem Landgericht Dessau der Prozess um den Tod von Jalloh. Der zuständige Dienstgruppenleiter muss sich wegen Körperverletzung mit Todesfolge verantworten, der mitangeklagte Kollege wegen fahrlässiger Tötung. [5][6] Der Vorsitzende Richter hatte ursprünglich den Prozess auf sechs Prozesstage terminiert, inzwischen sind 50 Prozesstage festgelegt.

Nach der Darstellung der Staatsanwaltschaft soll es Jalloh trotz der Fesseln gelungen sein, ein Feuerzeug aus seiner Hose zu holen, ein Loch in die kunstlederne Matratze zu bohren und den darin befindlichen Schaumstoff zu entzünden. Gleichwohl trügen der durchsuchende Polizeibeamte und der Dienstgruppenleiter Mitschuld am Tod des Asylbewerbers. Der durchsuchende Beamte habe bei der Durchsuchung Jallohs dessen Feuerzeug übersehen. Der Dienstgruppenleiter soll den mehrfach ausgelösten Feueralarm minutenlang ignoriert haben. Bei einer sofortigen Reaktion, so die Anklageschrift, ,,hätte er Ouri Jalloh das Leben retten können".

Seitens der Nebenkläger, Jallohs Eltern und deren Anwälte, wird dieser Darstellung widersprochen und als ,,reine Hypothese" bezeichnet: Es seien auch ,,gänzlich andere Geschehensabläufe denkbar". Er hoffe, das Gericht werde die ,,Kette von Unwahrscheinlichkeiten" genau beleuchten.

Am 8. Dezember 2008 wurden die Angeklagten freigesprochen. Das Gericht hätte "trotz intensivster Bemühungen" den Fall nicht aufklären können, so der vorsitzende Richter. Die Verkündung führte zu einem Tumult unter anwesenden Afrikanern.

Falschaussagen behindern den Prozess - Am 24. Mai stellt der Vorsitzende Richter fest, dass seitens der beteiligten Polizisten vier unterschiedliche Aussagen gemacht worden seien und mindestens einer der Polizisten lügen müsse. Er werde bis August 2007 verhandeln, notfalls aber auch so lange, bis dies geklärt sei. Bei der Aussage gehe es um den Ablauf der Ereignisse, der erkennen lasse, wer sich wann wo aufgehalten habe. Die Aussage sei deshalb so wichtig, weil nur so geklärt werden könne, ob die Beamten Jalloh rechtzeitig geholfen hätten.

Nebenklage wirft Angeklagtem rassistische Einstellung vor - Nach Berichten des Spiegel wurde von Seiten der Nebenklage der Vorwurf erhoben, dass der angeklagte Dienstgruppenleiter sich gegenüber Jalloh rassistisch verhalten habe. Als Beleg wurde ein Telefonmitschnitt zwischen dem Dienstgruppenleiter S. und einem Mediziner vorgelesen. Dort fragte der Angeklagte den Arzt: ,,Piekste mal 'nen Schwarzafrikaner?". Auf die Antwort des Arztes ,,Ach du Scheiße, da find' ich nie 'ne Vene" fordert der Beamte laut Protokoll des Mitschnitts den Arzt auf, eine ,,Spezialkanüle" zu verwenden. Der Verteidiger des Angeklagten, Attila Teuchtler, bestritt hingegen eine fremdenfeindliche Einstellung des Angeklagten: ,,Das ist völlig weltfremd. Herr S. ist weder Rassist noch ausländerfeindlich."

[...] Reaktion der NPD - Unter der Überschrift ,,Ein Afrikaner zündet sich an und schuld ist mal wieder die Polizei", erschien am 2. April 2005 auf einer NPD-Webseite ein Artikel über den verbrannten Asylbewerber. Oury Jalloh wurde von der NPD als ,,Missetäter" bezeichnet, ,,beköstigt und alimentiert vom deutschen Volk, dazu freie medizinische Versorgung und allerlei sonstige soziale Vergünstigungen". Der Tod des Asylbewerbers wurde wie folgt beschrieben: ,,Kein Mensch konnte damit rechnen, dass der Herr Asylant mittels des am Körper versteckten Feuerzeuges binnen weniger Minuten die Matratze auf 350 Grad Celsius erhitzt. Und das sind schließlich Temperaturen, die selbst für einen an Hitze gewohnten Westafrikaner eindeutig zu viel sind." Der für die Veröffentlichung des Artikels verantwortliche Jens B., Mitglied des NPD-Kreisverbandes Magdeburg, wurde wegen ebendieser Äußerungen am 18. Mai 2006 wegen Volksverhetzung in Tateinheit mit übler Nachrede vom Amtsgerichts in Oschersleben zu einer Geldstrafe verurteilt. [14]


[...] Quellen

   1. ↑ a b Wie starb Oury Jalloh?. In: Der Tagesspiegel vom 30. Juli 2007
   2. ↑ Report der CPT 2006 (PDF)
   3. ↑ Neurologe entlastet angeklagte Polizisten. In: Spiegel Online vom 8. Mai 2007
   4. ↑ a b c Che's Warlog, 7. Januar 2008: Ist Sachsen-Anhalt ein Schurkenstaat?
   5. ↑ Prozeß wegen fahrlässiger Tötung. In: Junge Welt vom 24. März 2007
   6. ↑ a b Verbrannt in einer Zelle. Prozess gegen Polizisten. In: Frankfurter Rundschau vom 27. März 2007
   7. ↑ [1]
   8. ↑ Richter wirft Polizist Falschaussage vor. In: MDR Nachrichten vom 24. Mai 2007
   9. ↑ "Piekste mal 'nen Schwarzafrikaner?". In: Spiegel Online vom 27. März 2007
  10. ↑ Pressemitteilung: Zwischenberichte der internationalen ,,Prozessbeobachter_innen"
  11. ↑ Pressekonferenz der internationalen ,,Prozessbeobachter_innen" vom 19. März 2007
  12. ↑ Bundesanwalt ermittelt gegen ,,Militante Gruppe". In: Volksstimme vom 29. Dezember 2006
  13. ↑ Feuertod ruft linke Radikale auf den Plan. In: Mitteldeutsche Zeitung vom 28. Dezember 2006
  14. ↑ Hetze nach Feuertod in der Polizeizelle. In: Berliner Zeitung vom 19. Mai 2006 (siehe: Press Release: NPD on Trial in Oury Jalloh's Case. The Voice Refugee Forum)



Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Oury_Jalloh (http://de.wikipedia.org/wiki/Oury_Jalloh) (8. Dezember 2008)


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Quote[...] Im Lauf der Jahre verschwanden zudem auf mysteriöse Art Beweismittel. Dafür tauchten andere auf, wie das Feuerzeug, mit dem sich Jalloh selbst angezündet haben soll und das der Mitangeklagte Hans-Ulrich M. angeblich bei der Leibesvisitation des Asylbewerbers übersah. Man fand es erst bei der zweiten Durchsuchung der ausgebrannten Zelle. Mit wachsendem Groll führte Richter Steinhoff diesen Prozess, zwischendurch drohte er, er werde verhandeln, "bis einer umfällt". Aber es fiel niemand um.

Heute nun soll das Ende kommen. Wie immer es aussehen mag, Fragen werden bleiben. Eines aber habe der Prozess offenbart, sagt Rolf Gössner, der Vize-Präsident der Internationalen Liga für Menschenrechte: "ein makabres Stück bundesdeutschen Polizeialltags".


Aus: "Prozess gegen Polizisten: Der mysteriöse Tod des Oury" VON JÖRG SCHINDLER (07.12.2008)
Quelle: http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/1642028_Der-mysterioese-Tod-des-Oury-Jalloh.html (http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/1642028_Der-mysterioese-Tod-des-Oury-Jalloh.html)


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Quote[...] Der Prozess um den Feuertod von Oury Jalloh hat 21 Monate gedauert. Mit jedem Verhandlungstag durfte man mehr an der Gesetzestreue von Menschen zweifeln, die einen Eid auf Recht und Gesetz geschworen haben.

Polizisten haben Richtern ins Gesicht gelogen, Vorgesetzte Druck ausgeübt, Ordnungshüter die Ordnung verhöhnt. Was sich Freunde und Helfer in Dessau geleistet haben, war wenig freundlich und hat niemandem geholfen. Außer vielleicht dem Korpsgeist beziehungsweise dem, was auch die freigesprochenen Polizisten dafür halten. Gewachsen sind die Zweifel, dass vor Gesetzeshütern wirklich alle gleich sind.

Wenn Dessau etwas lehrt, dann das: In Deutschland muss ein Gremium geschaffen werden, das Vorwürfe gegen (rassistische) Polizisten unabhängig überprüft. So was gibt es schon in etlichen Ländern Europas. Die Bundesregierung jedoch sieht keinen Handlungsbedarf.

Wer die Kompetenzen der Polizei Stück für Stück erweitert, sollte schon ein Eigeninteresse daran haben zu beweisen, dass Dessau vielleicht wirklich nur ein besonders drastischer Einzelfall war.


Aus: "Kommentar: Schatten auf der Polizei" JÖRG SCHINDLER (08.12.2008)
Quelle: http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/meinung/kommentare/1642605_Schatten-auf-der-Polizei.html (http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/meinung/kommentare/1642605_Schatten-auf-der-Polizei.html)

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Quote[...] Nach der Verkündung des Urteils brach im Gerichtssaal ein Tumult aus. Wütende Zuhörer stürmten auf den Vorsitzenden Richter Manfred Steinhoff zu und beschimpften ihn als Lügner. Die Polizei griff ein und ging gegen empörte Zuschauer vor und führte mindestens einen aus dem Saal.

"Das ist ein Mörderhaus, ihr seid ein Haufen Lügner", ruft aufgebracht ein Afrikaner dem Dessauer Gericht zu. Ein anderer bricht mit den Worten "Ich kann nicht mehr" im voll besetzten Gerichtssaal zusammen.

[...] In der Urteilsbegründung nach rund einstündiger Unterbrechung sagte der Richter, das Gesamtgeschehen habe nicht ausreichend erhellt werden können. Zeugenaussagen seien teils widersprüchlich gewesen.

[...] Oury Jalloh starb im Januar 2005 bei einem Brand in der Zelle. Todesursache war laut Gutachtern ein Hitzeschock. Der 23-jährige Mann soll das Feuer selbst mit einem Feuerzeug angezündet haben, obwohl er gefesselt war. Der Fall sorgte im In- und Ausland für Aufsehen sowie für heftige Kritik von Menschenrechtlern. Der Prozess gegen die beiden Polizisten im Alter von heute 46 und 48 Jahren dauerte 22 Monate.

[...] Oberstaatsanwalt Christian Preissner forderte in seinem Plädoyer am Montag für den damaligen Dienstgruppenführer der Polizei eine Geldstrafe von 4800 Euro wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen.


[...] Die Nebenkläger kritisierten in ihren Plädoyers die Ermittlungsbehörden scharf. "Es wurde hier so viel vertuscht, soviel verpfuscht, dass sich der Sachverhalt nicht mehr aufklären lässt, obwohl ein Mensch zu Tode kam", sagte Rechtsanwältin Regina Götz, die die Mutter des Opfers vertritt. (dpa)


Aus: "Tod eines Asylbewerbers: Freisprüche für Polizisten" (08.12.2008)
Quelle: http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/1642367_Freisprueche-fuer-Polizisten.html (http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/1642367_Freisprueche-fuer-Polizisten.html)

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Quote[...] Das Verfahren ging mit schweren Vorwürfen gegen die Dessauer Polizei zu Ende. "Es wurde hier so viel vertuscht und verpfuscht, dass sich der Sachverhalt letztlich nicht mehr aufklären ließ", kritisierte die Nebenklage-Vertreterin Regina Götz. Weil etliche Polizisten im Verlauf des 21-monatigen Prozesses gelogen und gemauert hätten, sei die Frage, wer die Verantwortung für Jallohs Tod trägt, nicht mehr zweifelsfrei zu beantworten.

In seinem Plädoyer ruderte Staatsanwalt Christian Preißner am Montag zurück. Da nicht mehr feststellbar sei, wie genau das Feuerzeug in die Zelle gelangte, forderte er Freispruch für M. Er sei jedoch überzeugt davon, "dass S. das Leben des Oury Jalloh hätte retten können". Der Polizist habe mehrfach Rauchalarme ignoriert und nicht den schnellsten Weg zum Opfer gewählt.

Die Nebenklage-Vertreter, die für Jallohs Mutter, Vater und Bruder am Prozess teilnahmen, sprachen davon, dass die Anklage von Anfang an auf tönernen Füßen gestanden habe. Die These der Staatsanwaltschaft, dass Jalloh sich selbst angezündet habe, sei "reine Spekulation", sagte der Anwalt Felix Isensee.

Es sei auch denkbar, dass ein oder mehrere Dritte den Asylbewerber in Brand gesteckt hätten. Das aber sei genauso wenig beweisbar wie die Version der Anklage.

In der Verhandlung waren hanebüchene Ermittlungspannen zutage getreten. So wurde bei der Untersuchung des Tatorts zunächst kein Brandsachverständiger hinzugezogen, die Obduktion des Toten verlief mangelhaft, Video- und Bildaufnahmen verschwanden. Zudem, so die Nebenklage, hätten Polizisten aktiv eine Aufklärung hintertrieben. Auch gab es offenkundig Absprachen unter Polizisten. Vor Gericht änderten viele Beamte ihre ursprünglichen Aussagen, um S. zu entlasten. Dieser Prozess, so Götz, habe auf erschreckende Weise den institutionellen Rassismus offenbart. "Ich bezweifle, dass sich der gesamte Sachverhalt so zugetragen hätte, wenn es sich bei dem Opfer um einen weißen Deutschen aus der Mittelschicht gehandelt hätte."



Aus: "Jalloh-Prozess: Tumult nach dem Freispruch" VON JÖRG SCHINDLER (08.12.2008)
Quelle: http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/1642668_Tumult-nach-dem-Freispruch.html (http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/1642668_Tumult-nach-dem-Freispruch.html)

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Quote[...] BERND MESOVIC, 54, arbeitet als Referent bei Pro Asyl und ist seit 25 Jahren im Flüchtlingsschutz tätig.


Bernd Mesovic: [ ] Das Verfahren bestätigt, was Menschenrechtsorganisationen seit Jahren behaupten: Die Polizei hat als Organisation ein Problem mit exzessiver Gewalt - und mit ihrer Aufarbeitung. Polizeizeugen haben in dem Prozess ein Gespinst aus Lügen und Halbwahrheiten gewebt. Das war ein makabres Stück deutschen Polizeialltags, der immer noch von Korpsgeist und einer Mauer des Schweigens geprägt ist.


[...] Wenn Initiativen die Polizei auf Vorkommnisse aufmerksam machen, hören sie immer ähnliche Argumente: Danke für den Hinweis, wir kümmern uns um die schwarzen Schafe - aber ein strukturelles Problem besteht nicht. Wenn es hart auf hart kommt, werden die Reihen fest geschlossen. Und leitende Beamte und Staatsanwaltschaft stützen diesen Reflex.

Ein Beispiel, bitte.

In Berlin wurden im Jahr 2004 über 750 Strafanzeigen wegen Körperverletzung im Amt gegen Polizisten gestellt, es kam jedoch nur zu einer Hand voll Verurteilungen. Dieses Missverhältnis ist immens. Die Justiz ist offenbar zu einer ernsthaften Aufklärung nicht in der Lage. Rechtsanwälte beobachten zudem: In vielen Fällen reagiert die Polizei mit Gegenanzeigen - so dass die Anwälte ihren Klienten oft raten, von einem Verfahren abzusehen.

Was müssten Behörden tun, um Rassismus zu bekämpfen?

Die Menschenrechte müssten etwa in der Ausbildung breit thematisiert werden, außerdem müsste die Führung den Korpsgeist bekämpfen. Natürlich sollen sich Polizisten im Einsatz aufeinander verlassen können. Das schließt aber nicht ein, Fehlverhalten des anderen zu decken. Die Polizei muss also die so genannte "Cop Culture" aufbrechen, zugunsten einer offenen Organisationsstruktur. Außerdem wäre ein zivilgesellschaftlicher Einblick in Polizeigewahrsame nötig, etwa durch Experten von Nichtregierungsorganisationen. Dieses Unter-sich-Sein der Polizei in Kellergeschossen ist gefährlich.

Amnesty International fordert eine unabhängige Kommission, die in Deutschland Polizeigewalt untersuchen soll. Zu Recht?

Eine solche Kommission wäre ein Schritt nach vorne. So, wie sie in anderen europäischen Ländern bereits existiert.

Wäre die nicht heillos überfordert? Jedes Bundesland hat eine eigene Polizeibehörde.

Sie müsste in der Tat auf verschiedenen Ebenen installiert werden, der Föderalismus macht es nicht gerade einfacher. Und sie würde exemplarisch kontrollieren, nicht flächendeckend. Aber allein die Möglichkeit der Kontrolle beugt Gewalt vor.



Aus: "Pro-Asyl-Referent über Dessau-Freispruch: "Ein makabres Stück Polizeialltag"" (08.12.2008)
Quelle: http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/%5Cein-makabres-stueck-polizeialltag%5C/ (http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/%5Cein-makabres-stueck-polizeialltag%5C/)

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Quote[...] Am Dienstag hat sich in Dessau etwas sehr Außergwöhnliches ereignet: Der Vorsitzende Richter einer Strafkammer kapitulierte. Er erklärte einen Prozess als gescheitert. Nicht, weil es - wie es in Prozessen ja vorkommt - keine Zeugen gab, die Indizien nicht ausreichten oder Spuren verwischt waren. Manfred Steinhoff, Richter am Landgericht Dessau-Roßlau, kapitulierte, weil ausgerechnet jene Behörde, die dem Rechtsstaat dienen soll, ein rechtsstaatliches Verfahren unterminiert und am Ende eine Verurteilung der Angeklagten verhindert hat: die Polizei.

Sie ermittelte schlampig und ließ Polizeibeamte als Zeugen mehr als 20 Prozessmonate lang lügen, schweigen und vertuschen. "Das hat mit Rechtsstaat nichts mehr zu tun", lautete Steinhoffs Fazit in dem Prozess, in dem zwei Polizisten des Reviers in Dessau angeklagt waren, daran mitschuldig zu sein, dass am 7. Januar 2005 der Asylbewerber Oury Jalloh aus Sierra Leone angekettet in seiner Zelle verbrannt war.

Der auf diese Weise dem Rechtsstaat abgetrotzte Freispruch für einen Polizeihauptkommissar und einen Polizeimeister kann eigentlich nur ertragen werden, wenn nun als Folge aus dem Desaster begonnen wird, den Ursachen auf den Grund zu gehen. Zudem muss endlich dafür gesorgt werden, dass diese Erkenntnisse dann künftig nicht schon wieder vertuscht werden.

Da ist zum einen die latent ausländerfeindliche und rechtsextreme Einstellung einer ganzen Reihe von Polizeibeamten, die besonders in Sachsen-Anhalt seit längerem auffallen. Eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung belegte jüngst, dass fast 40 Prozent der Befragten in Sachsen-Anhalt fremdenfeindlichen Einstellungen zustimmen. Das dürfte auch für die Polizisten des Landes zutreffen. Solche rechtsextremen Einstellungen äußern sich in rassistischen Bemerkungen - wie zum Beispiel in den an die Öffentlichkeit gelangten Telefonprotokollen von Dessauer Revierbeamten am Unglückstag. Sie werden selbst in offiziellen Polizei-Pressemitteilungen sichtbar, die mitunter verniedlichende Formulierungen enthalten wie "N. zeigte den heute nicht mehr üblichen Hitlergruß".

Die Anwältin der Familie Jalloh fragte vor Gericht: Wäre ein weißer Betrunkener, der einige Stadtreinigungskräfte nervte, weil er ein Handy ausleihen wollte, auch sogleich festgenommen, auf's Revier gebracht und angekettet worden? Wohl nicht, ihre Antwort. Schwarze Asylbewerber beklagen immer wieder, ständig von Polizeistreifen kontrolliert zu werden, wenn sie einfach nur in der Stadt unterwegs sind.

Gegen latent rassistisches Verhalten lässt sich nur etwas ausrichten, wenn für alle Polizisten moderne Schulungen zum Rechtsextremismus verpflichtend eingeführt werden. Eine andere Ursache für das Scheitern des Dessauer Prozesses dürfte der unsägliche Korpsgeist in der Polizei sein, der in dem Verfahren deutlich wurde. Da bestellte der Revierleiter alle als Zeugen geladenen Beamten zum Gruppengespräch ein - offiziell um ihnen die Gepflogenheiten in einem Gerichtssaal zu erläutern. In Wirklichkeit wohl, um sie auf Linie zu bringen.

An Gesprächsinhalte dieser Runde konnte sich vor Gericht kein einziger Beamte mehr erinnern. Die einzige Polizistin, die ihre angeklagten Kollegen anfangs massiv belastete, wurde offenkundig so schwer unter Druck gesetzt, dass sie ihre Aussage später verwässerte. Sie musste sich danach in psychiatrische Behandlung begeben.

Auch scheinen sich viele Polizisten sicher zu sein, für ausgeübte Körperverletzungen im Dienst nicht zur Verantwortung gezogen zu werden - zu Recht, wie Studien beweisen. So gelangten etwa in Berlin im Jahr 2004 nur sieben von 766 angezeigten Fällen von Körperverletzung zur Anklage, zwei endeten mit einem Urteil. In neueren Untersuchungen aus Hamburg gab es bei tausenden Anzeigen keine einzige Anklage.

Am Tod des jungen Afrikaners Oury Jalloh im Polizeigewahrsam tragen viele Beteiligte Schuld - auch wenn dies strafrechtlich nicht justiziabel ist. Neben den angeklagten und nun freigesprochenen Beamten, die ihn auf dem Revier einsperrten, hat vor allem der Arzt falsch gehandelt, der dem erregten Mann mit drei Promille Alkohol im Blut die Gewahrsamstauglichkeit bescheinigte. Zu dieser Einschätzung gelangten auch die Rechtsmediziner vor Gericht. Wäre Jalloh nicht durch das bis heute aus ungeklärter Ursache ausgebrochene Feuer verbrannt, hätte er in dieser Stresssituation ebenso an Herzversagen sterben oder an Erbrochenem ersticken können.

Die Schuldigen für das Scheitern des Prozesses, den Richter Steinhoff anfangs in wenigen Tagen erledigt haben wollte und dann mit Ehrgeiz, ja fast schon Verbissenheit führte, stehen fest. Gegen sie muss nun die Staatsanwaltschaft vorgehen, zum Beispiel wegen Falschaussage vor Gericht - im Interesse des Rechtsstaats.

Viele Polizisten scheinen sich sicher zu sein, für ausgeübte Körperverletzungen im Dienst nicht zur Verantwortung gezogen zu werden - zu Recht, wie Studien beweisen.


Aus: "Ein Gericht kapituliert" Renate Oschlies (Archiv » 10.12.2008)
Quelle: http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2008/1210/meinung/0007/index.html (http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2008/1210/meinung/0007/index.html)


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Quote[...] Vor wenigen Tagen berichtete dann das ARD-Magazin Monitor, mehrere Sachverständige kämen zum Schluss, dass ein Tod durch Fremdeinwirkung wahrscheinlicher sei als die lange von den Ermittlungsbehörden verfolgte These einer Selbstanzündung des Mannes. Jalloh sei vermutlich bei Brandbeginn komplett handlungsunfähig oder sogar bereits tot gewesen.

Die Staatsanwaltschaft Halle teilte allerdings mit, es gebe keine neuen Erkenntnisse: Alle vorliegenden Gutachten seien aktenkundig gewesen, als die Entscheidung über die Einstellung des Verfahrens getroffen worden sei.  ...


Aus: "Staatsanwaltschaft hält Wiederaufnahme im Jalloh-Verfahren für möglich" (17. November 2017)
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2017-11/tod-oury-jalloh-wiederaufnahme-verfahren (http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2017-11/tod-oury-jalloh-wiederaufnahme-verfahren)

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Quote[...] Auch der Dessauer Oberstaatsanwalt Folker Bittmann geht mittlerweile von einem begründeten Mordverdacht im Fall Oury Jalloh aus. Das ist besonders brisant, weil Bittmann seit Jahren den ungeklärten Todesfall bearbeitet und lange Zeit ein Anhänger der offiziellen Version war, wonach Oury Jalloh die Zelle selber in Brand gesetzt hat. Von daher ist die Schlagzeile von ARD-Monitor berechtigt, wo von einer "dramatischen Wende im Fall Oury Jalloh" berichtet wurde.

Eigentlich ist der Fall ein beispielloser Justizskandal. Denn schon im April 2017 hatte der Dessauer Staatsanwalt in einem Brief geschrieben, dass er nun mehr nicht mehr von einer Selbsttötung Jallohs ausgeht. Dazu gebracht haben ihn die Ergebnisse von Gutachten, die internationale Brandexperten erstellt haben.

Die wurden aber nicht etwa von den zuständigen Ermittlungsbehörden beauftragt, die ja eigentlich dazu verpflichtet wären zu ermitteln, warum Jalloh in einer Dessauer Polizeizelle verbrennen konnte. Doch für die Behörden war ja längst klar, dass nur der Getötete selber schuld sein kann.

Es war die schon erwähnte Initiative zum Gedenken an Oury Jalloh, die durch Spendensammlungen das Geld aufbrachte, um diese Gutachten erstellen zu lassen, und sie mussten dann auch dafür sorgen, dass die Ergebnisse in einer größeren Öffentlichkeit überhaupt wahrgenommen wurden.

Es waren die Freunde und Bekannten Oury Jallohs sowie seine Angehörigen, die die offizielle Version anzweifelten. Ihnen zur Seite stand ein kleiner Kreis von Unterstützern aus Deutschland. Sie wurden angefeindet, nicht nur, weil sie die kriminalisierte Parole "Oury Jalloh, das war Mord" verwendeten. Sie wurden wahrheitswidrig mit Drogenhandel in Verbindung gebracht.

Einem engen Freund von Oury Jalloh, der sich von Anfang in der Initiative zur Aufklärung seines Todes engagierte, wurde unter falschen Behauptungen die Lizenz zur Betreibung eines Internetcafés entzogen. Der Laden war in Dessau der wichtige Treffpunkt für den kleinen Kreis von Leuten geworden, die sich nicht mit der offiziellen Version zum Tod von Oury Jalloh zufriedengeben wollten.

Nun könnte man denken, am Ende wurde ja alles gut. Die Initiative hat unter widrigen Umständen ihren Kampf nicht aufgegeben und konnte sogar den leitenden Ermittler überzeugen.

Doch hier setzt sich der Justizskandal fort und selbst langjährige Kritiker der deutschen Verhältnisse müssen feststellen, dass die Realität meistens noch die pessimistischen Szenarien übertrifft. Denn der Dessauer Staatsanwalt wurde just dann von dem Fall abgezogen, als er sich davon überzeugt hatte, dass die offizielle Version der Todesumstände von Oury Jalloh nicht zu halten ist.

Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft von Halle und die sieht in den neuen Gutachten keine neuen Erkenntnisse und will den Fall endgültig zu den Akten legen. Es wäre nicht ungewöhnlich, dass unterschiedliche Staatsanwaltschaften zu unterschiedlichen Auffassungen kommen, sagte eine Sprecherin der Justiz in Halle. Diese Aussage ist an Perfidie schwerlich zu toppen. Da wird die Frage, ob ein wehrloser Mann in einer Polizeizelle verbrannt wurde, zur Frage von unterschiedlichen Wertungen.


Aus: ""Oury Jalloh, das war Mord!"" Peter Nowak (19. November 2017)
Quelle: https://www.heise.de/tp/features/Oury-Jalloh-das-war-Mord-3893511.html?seite=all (https://www.heise.de/tp/features/Oury-Jalloh-das-war-Mord-3893511.html?seite=all)

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Quote[...] Auch nach dem juristischen Schlussstrich unter den Feuertod des Asylbewerbers Oury Jalloh in einer Dessauer Polizeizelle im Januar 2005 will eine Aufklärungs-Initiative nicht aufgeben. Obwohl das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg in der vergangenen Woche einen Antrag auf Klageerzwingung im Fall Jalloh abwies, seien weitere Untersuchungen nötig, sagten Vertreter der Initiative am Montag in Berlin.

Sie verwiesen auf ein neues radiologisches Gutachten vom 18. Oktober 2019. Der Bericht eines Professors der Frankfurter Uniklinik stütze sich auf die Computertomographie-Aufnahmen von 2005. Danach habe Jalloh Knochenbrüche der Nase, des Schädels und einer Rippe noch lebend erlitten. Das würden Entzündungen in der Umgebung der Bruchstellen zeigen, teilte die Initiative mit. Diese Brüche müssten Jalloh wahrscheinlich zwischen seiner Festnahme und dem Tod wenige Stunden später zugefügt worden sein.

Die Initiative kritisierte, dass die Gerichtsentscheidung der vergangenen Woche den medizinischen Bericht nicht berücksichtigt habe, weil darin nur bereits vorhandene Daten neu interpretiert wurden. Dies sei jedoch für die Schlussfolgerungen unerheblich. Nun müsse die bereits vor Jahren zusammengestellte Kommission zur Untersuchung des Todes diese neuen Fragen eingehend untersuchen.

Laut dem Gutachten, das der Rechtsmediziner und Radiologie-Professor Boris Bodelle erstellt hat, zeigen Entzündungen, dass Jalloh zum Zeitpunkt der Verletzungen noch gelebt haben muss, die Brüche ihm also nicht etwa während der Löscharbeiten oder beim Transport in die Leichenhalle zugefügt sein können. Es sei davon auszugehen, dass die Veränderungen ,,vor dem Todeseintritt entstanden sind", heißt es in dem Gutachten, aus dem ,,taz" zitierte.

Der stark betrunkene und unter Drogen stehende Jalloh war nach einem Brand in einer Dessauer Polizeizelle am 7. Januar 2005 mit erheblichen Verbrennungen tot gefunden worden. Ob er selber die Matratze angezündet hat, auf der er gefesselt lag, ist bis heute nicht geklärt. Ein Polizist wurde 2012 verurteilt, weil er nicht dafür gesorgt hatte, dass Jalloh ausreichend beaufsichtigt wurde.

Die Initiative geht davon aus, dass Jalloh angezündet und so ermordet wurde.

Die Generalstaatsanwaltschaft hatte nach jahrelangen Untersuchungen, Prozessen und Verfahren zuletzt erklärt, es lasse sich nicht belegen, dass Polizisten oder andere Personen den auf einer Matratze gefesselten Jalloh angezündet hätten.

Der Landtag von Sachsen-Anhalt will nun die Ermittlungsakten durch zwei externe Juristen prüfen lassen. Die Grünen hatten zuletzt betont, das staatliche Handeln müsse umfassend aufgearbeitet werden. (dpa, Tsp)


Aus: "Oury Jalloh erlitt vor Feuertod schwere Verletzungen" (28.10.2019)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/neues-gutachten-zu-tod-in-dessauer-polizeizelle-oury-jalloh-erlitt-vor-feuertod-schwere-verletzungen/25164216.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/neues-gutachten-zu-tod-in-dessauer-polizeizelle-oury-jalloh-erlitt-vor-feuertod-schwere-verletzungen/25164216.html)
Title: [Problematisches zwischen Medizinern und Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 09, 2008, 01:30:29 PM
Quote[...] Der Freispruch für einen Arzt im Bremer Brechmittel-Prozess stößt in der Ärzteschaft auf großes Unbehagen: Ein Urteil nach dem Motto "Unwissenheit schützt vor Strafe" widerspreche seinem Rechtsverständnis, kritisiert der Vize-Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau. Das Landgericht Bremen hatte einen Auftragsarzt der Polizei vergangene Woche vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen. Begründung: Er sei unerfahren und überfordert gewesen. Der Mediziner hatte einem mutmaßlichen Kokainhändler Brechsirup und literweise Wasser eingeflößt, um an verschluckte Kokainkügelchen zu gelangen; dieser starb in Folge des Einsatzes.

Montgomery sagte, wenn ein Arzt die Folgen seines Handelns nicht abschätzen könne, dürfe er den Einsatz erst gar nicht beginnen. Die Mediziner müssten sich auf das beschränken, was sie können. "Ich darf auch nicht plötzlich Herzen transplantieren", meint der Radiologe, der schon vor Jahren den Einsatz von Brechmitteln verurteilte. "Gott sei Dank ist dieser Unsinn inzwischen gestoppt worden", sagte Montgomery weiter.


[...] Der Fall wirft ein erneutes Schlaglicht auf die problematische Zusammenarbeit zwischen Medizinern und Staatsgewalt. Die Ärzte-Gremien verurteilen zwar die Mithilfe etwa bei Abschiebungen, mit dem Vorgehen gegen ihre Kollegen tun sie sich aber häufig schwer.


Aus: "Freispruch im Brechmittel-Fall: "Grausam, unmenschlich"" VON WOLFGANG WAGNER (08.12.2008)
Quelle: http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/1642625_Grausam-unmenschlich.html (http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/1642625_Grausam-unmenschlich.html)

Title: [Die Polizei habe "keine andere Wahl als die Ingewahrsamnahme gehabt"... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 17, 2008, 03:12:38 PM
Quote[...] Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) hat das Vorgehen der Polizei gegen die "Antirepressionsdemo" am Samstag verteidigt. Die Polizei habe "keine andere Wahl als die Ingewahrsamnahme gehabt". Der am Samstag vor Ort anwesende Mäurer sagte, die Beamten hätten die Demonstranten "sehr eindringlich und anhaltend aufgefordert, ihre Aktion zu beenden". Der Kessel wurde allerdings nur wenige Augenblicke, nachdem der Einsatzleiter die Versammlung für aufgelöst erklärt hatte, von der Polizei geschlossen. "Augenmaß und Besonnenheit" der Einsatzkräfte hätten "eine Eskalation verhindert", sagte Mäurer.

Auch der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Björn Tschöpe, nannte Demo-Verbot und Kessel "völlig situationsangemessen".

Gegen eine Erlaubnis der Demo habe auch gesprochen, dass diese sich solidarisch zu den drei angeklagten Berliner Antifas zeigen wollte, denen die Mitgliedschaft in der "militanten gruppe" (mg) vorgeworfen wird. Diese sollen versucht haben, Bundeswehrfahrzeuge auf einem MAN-Gelände in Brandenburg anzuzünden. Dass ähnliche Demos am Samstag in anderen Städten zugelassen wurden, spiele keine Rolle: "Wenn man sich anguckt, was mit dem Weihnachtsmarkt und dem Werder-Spiel los war, dann war es geboten, den Demozug zu verbieten", sagte Tschöpe.

Seit mindestens zehn Jahren wurde in Bremen erstmals eine linke Demo komplett untersagt, innerhalb von drei Wochen nahm die Polizei zum zweiten Mal rund 200 Menschen präventiv in Gewahrsam - zuletzt die Frankfurter Fans im Steintor. Dennoch sagte Tschöpe, "ich glaube nicht, dass es eine neue Bremer Linie" gibt. Das Demonstrationsrecht werde "mit Sicherheit auch in Zukunft gewährleistet" sein. Innenpolitiker der Grünen waren am Montag auf Anfrage nicht für eine Stellungnahme zu dem Thema zu erreichen.

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Aus: "Mäurer: "Polizei hat besonnen reagiert"" (16.12.2008)
Quelle: http://www.taz.de/regional/nord/bremen/artikel/?dig=2008%2F12%2F16%2Fa0002&cHash=acec233910 (http://www.taz.de/regional/nord/bremen/artikel/?dig=2008%2F12%2F16%2Fa0002&cHash=acec233910)


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Quote[...] Laut Presseberichten wurden bis zu 170 Demonstranten in Gewahrsam genommen. Sie waren persönlich am Ort des Geschehens. Welches Bild konnten Sie sich dort machen?

[Cornelia Barth]: Ich hatte aus dem Internet erfahren, daß weiterhin zur Demonstration am Schlachthof aufgerufen wurde. Als ich dort eintraf, fehlte dort von einem größeren Menschenauflauf jede Spur. Eine größere Ansammlung gab es erst gegen 15 Uhr vor dem Rathaus. Von den Demonstranten ging aus meiner Sicht aber keinerlei Gewalt aus. Daß die Polizei trotzdem massiv eingekesselt hat, war für mich nicht nachvollziehbar.

Der Polizeieinsatz war demnach überzogen?

[Cornelia Barth]: Der Demozug bewegte sich friedlich und ohne größere Auffälligkeiten entlang der Obernstraße in der Innenstadt. Bis auf ein paar Parolen, die gerufen wurden, verlief alles völlig ruhig. Trotzdem wurde der Zug plötzlich gestoppt und eingekesselt. Aber von den Eingekesselten ging aus meiner Sicht keine Gewalt aus. Darunter befanden sich auch Leute, die eigentlich nur friedlich einkaufen wollten.

Das Verbot der geplanten Demo gegen staatliche Repression und Sozialabbau wurde unter anderem damit begründet, daß die Besucher des Bremer Weihnachtsmarkts vor Gewalttätigkeiten zu schützen seien. Klingt das für Sie schlüssig?

[Cornelia Barth]: Ganz und gar nicht. Am Wochenende war es bundesweit in mehreren Städten zu Protesten gegen Repression gekommen. Meines Wissens wurden diese nirgendwo sonst außer in Bremen verboten. Es ist ein Unding, eine Demonstration mit der vagen Unterstellung zu untersagen, daß womöglich Ausschreitungen zu erwarten sind. Damit ließe sich praktisch jede politische Manifestation vorab verbieten. Das Versammlungsrecht wird damit jedenfalls mit Füßen getreten.

Immerhin können die Verantwortlichen jetzt im nachhinein behaupten, Recht behalten zu haben?

[Cornelia Barth]: Und genau das macht es so wichtig, die Ereignisse richtig aufzuarbeiten. Ich hatte den Eindruck, daß sich die Polizei verbal und körperlich sehr aggressiv verhalten hat. Ich selbst habe mehrmals versucht, Einsatzkräfte zu beruhigen, während dagegen auf seiten der Demonstranten niemand beruhigt werden mußte. Möglicherweise ging es ja auch darum, durch Provokationen eine Eskalation herbeizuführen und damit eine nachträgliche Rechtfertigung für das Demoverbot zu erzeugen.

Gerne wird legitimer Protest auch dadurch diskreditiert, daß man ihn in die Nähe von »Autonomen« und »Chaoten« rückt.

[Cornelia Barth]: Die verbotene Demonstration sollte sich gegen überhand nehmende staatliche Repressionen richten, im speziellen gegen den »Terrorparagraphen« 129 a, gegen Gewalt und Rassismus bei der Polizei. Eine Rolle spielten auch die Todesfälle von Oury Jalloh in einer Dessauer und von Laye Conde in einer Bremer Polizeiwache. Das alles sind Themen, die immer mehr Bürger auf die Straße treiben, und nicht etwa nur Autonome.

Wie soll das von Ihnen angekündigte parlamentarische Nachspiel aussehen?

[Cornelia Barth]: Wie genau, ist noch nicht geklärt. Auf jeden Fall wollen wir zur Sprache bringen, daß bei den Bremer Polizeieinsätzen offenbar eine neue, härtere Gangart verfolgt wird. Gegen mich wurde zum Beispiel ein mündlicher Platzverweis mit Androhung einer Festnahme ausgesprochen, nur weil ich mich nach den Umständen zweier Festnahmen außerhalb des Kessels erkundigt habe. Wir richten uns zwar im speziellen gegen die Bremer Verhältnisse, sehen solche Maßnahmen aber auch im Zusammenhang mit der bundesweiten Verschärfung des Versammlungsrechts, wie es in Bayern schon vollzogen wurde und in Baden-Württemberg durchgesetzt werden soll.


Aus: "»Keine Gewalt von seiten der Eingekesselten«"
In Bremen ging die Polizei willkürlich gegen eine friedliche Antirepressionsdemo vor. Ein Gespräch mit Cornelia Barth
Interview: Ralf Wurzbacher (16.12.2008 / Inland / Seite 2)
Quelle: http://www.jungewelt.de/2008/12-16/018.php (http://www.jungewelt.de/2008/12-16/018.php)

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"Oury Jalloh: Gutachter stellen Urteil im Fall Jalloh infrage" (27. Oktober 2015, ZEIT ONLINE, dpa, AFP, mbr)
Anfang 2005 verbrannte ein Asylbewerber in einer Dessauer Polizeizelle – er soll sich selbst angezündet haben. Ein neues Gutachten hält das für unwahrscheinlich. ...
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-10/oury-jalloh-dessau-gutachten

Title: [Wenn Gefahr besteht, muss der Staat den Mut aufbringen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 17, 2008, 04:36:41 PM
Quote[...] "Es sind keine Lehren gezogen worden aus dem Drama", sagt Bülent Ciftlik, SPD-Bürgerschaftsabgeordneter. Er erinnert daran, dass Morsals Tod kein Einzelfall ist: Wenige Wochen zuvor war in Hamburg eine türkische Frau von ihrem Lebensgefährten erschossen worden. "Wenn Gefahr besteht, muss der Staat den Mut aufbringen und ein Kind aus der Familie entfernen", fordert der SPD-Politiker. Und gegenüber jungen Männern, die sich "über die Polizei schlapp lachen", müsse staatliche Gewalt "unnachgiebig" sein.

...


Aus: ""Ehrenmord" - Wenn der Bruder zusticht" VON BERNHARD HONNIGFORT (15.12.2008)
Quelle: http://www.fr-online.de/top_news/1646209_Wenn-der-Bruder-zusticht.html (http://www.fr-online.de/top_news/1646209_Wenn-der-Bruder-zusticht.html)

Title: [Distanz und Nähe in Texten... (Christian Selz)]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 15, 2009, 11:45:59 AM
Quote[...] Christian Selz analysierte für seine Abschlussarbeit an der [extern] Hochschule Bremen insgesamt 476 Berichte und Meldungen der Agenturen dpa, AP, AFP und ddp zu den Protesten gegen den G-8-Gipfel in Heiligendamm. Dabei fand er heraus, dass das "Verhältnis der Agenturen zur Polizei [...] deutlich weniger distanziert [war] als [...] zur Partei der Demonstranten."

Herr Selz - wie kamen Sie zu dem Ergebnis?

Christian Selz: Dieser Unterschied war nach der Analyse des Agenturmaterials offensichtlich. Ich habe die Agenturtexte zum Thema empirisch daraufhin untersucht, wie die beiden Konfliktparteien, also Polizei und Demonstranten, darin zu Wort kamen. In drei abgestuften Kategorien habe ich die Distanz der jeweiligen Aussage je nachdem, wie sie in den Text eingebracht wurde, eingeteilt.

Ein Beispiel: Wenn eine Konfliktpartei in dem Agenturtext 'behauptete, etwas sei geschehen' ist das natürlich eine deutlich größere Distanz, als wenn jemand 'feststellte, dass etwas passiert ist'. Mit diesen sprachlichen Mitteln drücken sich Distanz und Nähe in Texten aus.

Die Kategorien und Schlagwörter waren dabei übrigens für Polizei und Demonstranten vollkommen gleich. Beim Auszählen fiel dann auf, dass Aussagen der Polizei beispielsweise viel häufiger im Indikativ, also als Tatsachen, dargestellt wurden und das für die Demonstranten häufig nur der Konjunktiv blieb. Einfach gesagt las es sich meist so: 'Was die Polizei sagt, stimmt so, was die Demonstranten sagen, könnte so gewesen sein.' Das lässt sich aus den nüchternen Zahlen eindeutig ablesen.


Wie sahen die Zahlenverhältnisse genau aus?

Christian Selz: Demonstranten: 506 Aussagen, davon 5 große Distanz, 431 mittlere und 70 Geringe.

Polizei: 500 Aussagen, davon 0 große Distanz, 306 mittlere und 194 geringe.

Die Kategorie große Distanz war dabei von vorneherein so angelegt, dass sie ein eindeutig abwertendes Eingreifen des Verfassers beim Wiedergeben einer Aussage beschreibt. Dazu die Codebuchdefinition der Kategorie:

Diese Kategorie wird gezählt, wenn direkte oder indirekte Zitate mit stark distanzierenden Verben wie beispielsweise 'behaupten' verknüpft werden, sowie wenn Aussagen mit Attributen wie 'angeblich' oder stark distanzierenden Wendungen wie 'nach Darstellung von' versehen werden und gleichzeitig im Konjunktiv formuliert sind. Auch Aussagen, deren Inhalt durch das Textumfeld konterkariert wird, werden hier codiert.

Interessant ist in Hinblick auf die Aussagen übrigens auch, in welchen Genres wer zu Wort kam: In Korrespondentenberichten, die nur 7,6 Prozent der Texte ausmachten, fanden sich fast ein Viertel (24,1 Prozent) der gesamten Aussagen der Demonstranten. Die Polizei verbucht hier nur 5,8 Prozent ihrer Aussagen - sie ist dafür in den anderen Genres, also denen, die am Redaktionsschreibtisch entstehen und von der Pressearbeit der Konfliktparteien leben, stärker vertreten.

[...] In meiner Analyse waren die Ergebnisse gerade in Bezug auf die Korrespondentenberichte zwischen den verschiedenen Agenturen sehr verschieden. So waren bei dpa in diesen Berichten nur fünf Prozent der Aussagen über die Demonstranten positiv, aber 45 Prozent negativ, während sich positive und negative Beschreibungen bei AFP, AP und ddp auf einem Level von jeweils 15 bis 20 Prozent ungefähr die Waage hielten. (Alle anderen Erwähnungen der Demonstranten waren neutral oder nicht zuzuordnen.) Der Fakt, selbst Quelle zu sein, ist also für eine Konfliktpartei meist hilfreich, jedoch nicht zwingend immer.

Zurück zu den Pressemitteilungen. Ergaben sich bei der Auswertung Anhaltspunkte dafür, warum jene der Polizei weniger distanziert wiedergegeben wurden?


Christian Selz:  Man kann da viel spekulieren. Zeitdruck, ausgedünnte Redaktionen, der Nachrichtenfaktor Gewalt, den die Polizei in ihren Berichten über die Demonstranten, die ja vor mit Rasierklingen gespickten Kartoffeln und vermummten Krawallmachern nur so strotzten - wahrscheinlich spielte da alles eine Rolle. Darüber hinaus ist die Polizei ja auch in Zukunft noch ein wichtiger Ansprechpartner für die Kollegen, den man eventuell ungern verprellt. Alles möglich, aber ohne eine persönliche Befragung bleibt es für mich im Reich der Vermutung, empirisch belegen lassen sich Motivationen nicht.

Könnte es nicht auch zu einem guten Teil daran liegen, dass die Pressemitteilungen der Polizei etwas - sagen wir mal - weniger ambitioniert formuliert waren, während sich diejenigen verschiedener politischer Gruppen häufig lasen wie unfreiwillige Parodien?

Christian Selz:  Der Ticker, den beispielsweise Indymedia recht zeitnah herausgab, schien mir zumeist auch relativ nüchtern gehalten. Und was unfreiwillige Parodien angeht, möchte ich nur an den Kavalla-Sprecher Claassen erinnern, der laut Spiegel Online zum zunächst abgestrittenen, einen Tag später jedoch bewiesenen und gezwungener Maßen zugegebenen Einsatz von Zivilbeamten sagte: 'Was ich gestern gesagt habe, war gestern zutreffend. Was ich heute sage, ist heute zutreffend.' Es scheint mir daher nicht ausschließlich ein Problem der Professionalität der Pressearbeit zu sein, auch wenn das sicherlich ebenfalls eine Rolle spielt.

Wo Sie Indymedia erwähnen: Neben schlechtem Deutsch und Binnen-I fanden sich dort zu einem [local] anderen Ereignis beispielsweise Prahlereien, wie man Zeitungen mit Schwarzer Propaganda irreführte. Müssen Gruppen, die derart offen eine der-Zweck-heiligt-die-Mittel-Ideologie propagieren, nicht damit rechnen, dass Nachrichtenagenturen ihre Meldungen entsprechend skeptischer handhaben?

Christian Selz:  Indymedia an sich ist ja keine homogene Gruppe, sondern eher eine Plattform, die unter anderem auch von den Demonstranten gegen den G8-Gipfel genutzt wurde. Das ein solches Medium inhaltlich angreifbar ist, ist immer klar - auch wenn die von Ihnen angesprochene Irreführung von Medien ja nicht durch Publikationen auf der Indymedia-Seite geschah. Vielmehr haben die Irreführer dort von ihrer Aktion berichtet.

Aber es geht mir hier auch gar nicht darum, Indymedia in den Himmel zu heben. Ich habe auch nichts gegen die kritische Beurteilung von Nachrichten - gerade wenn es Nachrichten sind, die von in einen Konflikt involvierten Parteien kommen. Im Gegenteil, meiner Meinung nach müssen Journalisten solche Verlautbarungen immer hinterfragen. Blindes Vertrauen in die seriöser aufgemachte Quelle kann - wie in Rostock geschehen - zu Falschmeldungen und im Endeffekt zu einer verzerrten Darstellung des Geschehens führen.

Quote15. Januar 2009 08:47
Die Polizei ist vielleicht etwas seriöser?!?
Kanickel (158 Beiträge seit 17.09.08)

Immerhin handelt es sich bei den "Demonstranten" (auch das ist eine
sehr, sehr heterogene Gruppe) um einerseits Gruppen und Menschen mit
politischen Anliegen, die sehr weit gestreut sein können und
andererseits um "Krawallmacher", vergleichbar mit den Hooligans bei
Fußballspielen. Und dann gibt es noch eine Menge Leute bei denen sich
sogar beide Seiten vermischen. Die den "Kampf" mit der Polizei als
politisches Anliegen betrachten.

Bei den "Krawallmachern" brauche ich gar nicht mit der Seriösität
anzufangen. Die geben aber auch selten Pressemitteilungen heraus. Die
sind ja nur zum "Spaß" da. Aber auch diese werden zuweilen von
Reportern (vor Ort) angesprochen und äußern sich dann möglicherweise
zu prügelnden Polizisten.

Die Gruppen mit den politischen Anliegen versuchen diese dann auch
häufig über ihre Pressemitteilungen zu fördern. Häufig sind das
Gruppen die die Polizei pauschal als "Repressionsorgan" bezeichnen.
Diese dann in ein möglichst schlechtes Licht zu rücken gehört
natürlich dazu. Die (Mainstream-)Presse zu "verarschen" gehört in der
linken Szene fast schon dazu. Bei uns gab es zur Uni-Politik mal
einen Spiegel-Artikel. Da wurden dann jede Menge falsche
Tatsachenbehauptungen abgedruckt. Anonym haben sich danach einige
extrem Linke aus der Uni auf Indymedia damit gebrüstet den
Spiegel-Autor verarscht zu haben.

Die Polizei auf der anderen Seite sieht sich möglicherweise gar nicht
als Konfliktpartei. Schließlich richten sich die Demonstrationen
gegen die G8 und nicht gegen die Polizei selbst. Gerade was die
Anzahl von Teilnehmern einer Demonstration angeht würde ich immer
eher den Polizeischätzungen vertrauen. Die Veranstalter haben ein
Interesse an einer Überschätzung, weil das mehr Interesse für die
eigene Sache vorgaukelt. Die Polizei hingegen muss relativ gute
Schätzungen in der Planung haben damit genug eigene Kräfte vor Ort
sind. Besonders krass fand ich das bei der Love Parade früher in
Berlin, bei der die Veranstalter immer größere Superlativen
aufstellten. Von 2 Millionen war zum Schluß die Rede. Jedes Jahr gab
es einen kräftigen Zuwachs. Die Polizei hingegen, die über
Hubschrauber verfügt sprach von 300.000 Menschen in einem Jahr in dem
die Veranstalter 1,5 Millionen angaben. Bei der letzten Love Parade
in Berlin gab es dann gar keine Zahlen von der Polizei mehr in der
Presse zu lesen. Da hat die Presse auch ein Eigeninteresse.
Superlative verkaufen mehr Zeitungen. Wer will schon über ein paar
tausend Tanzende lesen. Ein paar Millionen sind schon interessanter.

Aber natürlich hat die Polizei ein Eigeninteresse. Zum Beispiel die
Kollegen in Zivil schützen. Wenn verbreitet wird, dass sich
Polizisten in Zivil unter die Menge gemischt haben ist die Gefahr
größer, dass sie verletzt werden. Generell ist es aber so, dass eine
Polizeisprecher eine längere Beziehung zur Presse aufbaut. Wenn er
dann Quark erzählt der sich hinterher als Lüge entpuppt, dann setzt
er diese Beziehung aufs Spiel. Eine völlig austauschbare Spontigruppe
mit Studenten, die nächstes Jahr schon arbeiten und überhaupt nicht
mehr zu Demos gehen, hat diese Beziehung nicht und kann deshalb auch
mal Lügen ohne das Risiko einzugehen diese Beziehung aufs Spiel zu
setzen.

Was mich wenig wundert ist das Vertrauen der Agenturen in die
Meldungen der Polizei. Viel mehr wundert mich, dass den Mitteilungen
der Demonstranten so viel Glauben geschenkt wurde. 70 Mal geringe
Distanz. Das sind vielleicht junge Kollegen, die noch nicht so häufig
verarscht wurden, oder ein paar Altlinke. Davon gibt es in den
Redaktionen eine Menge. Ich bin immer wieder überrascht.

Quote15. Januar 2009 09:23
Anmerkung
jozi59 (mehr als 1000 Beiträge seit 16.01.04)

Kanickel schrieb am 15. Januar 2009 08:47

>Und dann gibt es noch eine Menge Leute bei denen sich
> sogar beide Seiten vermischen. Die den "Kampf" mit der Polizei als
> politisches Anliegen betrachten.
Krawallmacher hast Du auch auf Seiten der Polizei.

> Bei den "Krawallmachern" brauche ich gar nicht mit der Seriösität
> anzufangen. Die geben aber auch selten Pressemitteilungen heraus. Die
> sind ja nur zum "Spaß" da. Aber auch diese werden zuweilen von
> Reportern (vor Ort) angesprochen und äußern sich dann möglicherweise
> zu prügelnden Polizisten.
Ich kann mich auch noch gut an eine Demonstration erinnern, die ein
Mensch vom LKA mittels Mollys und Schlaggeräten eskalieren lassen
wollte.

Sicherlich hat die Polizei es leichter ihre Ansichten zu verbreiten.
Das sie korrekte Schätzungen über die Anzahl der Demonstranten
abgibt, halte ich aber für ein Gerücht. Die Polizei ist auch nur
ausführendes Organ einer politischen Interessensgruppe und ist damit
eben auch nicht objektiv. Und von einer gewissen Obrigkeitshörigkeit
können sich auch Reporter nicht frei machen.

Und als letzten Punkt könnte man auch noch die häufig sehr
hemdsärmlige Pressearbeit der Demonstranten anführen.


Quote15. Januar 2009 11:35
Woher hast du deine Informationen?
Europa2010 (693 Beiträge seit 07.09.07)

Aus den Polizei-Presseerklärungen? Stand da drin, daß Polizei gut und
Demonstranten böse sind? Oder hast du es aus einer "seriösen
Zeitung"? Dann hast du wohl den Artikel nicht verstanden!


Quote15. Januar 2009 10:48
Re:
firedancer, woolishub@gmx.de (mehr als 1000 Beiträge seit 26.01.01)


> Immerhin handelt es sich bei den "Demonstranten" (auch das ist eine
> sehr, sehr heterogene Gruppe) um einerseits Gruppen und Menschen mit
> politischen Anliegen, die sehr weit gestreut sein können und
> andererseits um "Krawallmacher", vergleichbar mit den Hooligans bei
> Fußballspielen.

Übertragen auf Fußballspiele bedeutet das also, wenn ein Reporter
einen Fußballfan nach seiner Meinung über das Spiel fragt und die
Antwort "echt geil ey" erhält, dann bedeutet das automatisch, daß
eine Massenschlägerei stattgefunden hat, schließlich kann man ja alle
in einen Topf werfen.

> Bei den "Krawallmachern" brauche ich gar nicht mit der Seriösität
> anzufangen. Die geben aber auch selten Pressemitteilungen heraus. Die
> sind ja nur zum "Spaß" da. Aber auch diese werden zuweilen von
> Reportern (vor Ort) angesprochen und äußern sich dann möglicherweise
> zu prügelnden Polizisten.

Oder es stellt sich heraus, daß die Krawallmacher selbst verkleidete
Polizisten sind, wie am G8-Gipfel ja bekanntlich festgestellt werden
mußte.

Mit anderen Worten: Du machst es dir viel zu einfach.

> Die Gruppen mit den politischen Anliegen versuchen diese dann auch
> häufig über ihre Pressemitteilungen zu fördern.

In der Tat. Aber schon klar: Die Polizei hat natürlich nicht diese
Motivation, denn schließlich untersteht sie auch nicht dem
Innenministerium und ist daher in keinster Weise an politische
Zielvorgaben gebunden. Schon klar.

> Häufig sind das
> Gruppen die die Polizei pauschal als "Repressionsorgan" bezeichnen.

Einseitige Polemik deinerseits: Gerade beim G8-Gipfel war eine solche
Bezeichnung sachlich völlig zutreffend.

> Was mich wenig wundert ist das Vertrauen der Agenturen in die
> Meldungen der Polizei. Viel mehr wundert mich, dass den Mitteilungen
> der Demonstranten so viel Glauben geschenkt wurde. 70 Mal geringe
> Distanz. Das sind vielleicht junge Kollegen, die noch nicht so häufig
> verarscht wurden, oder ein paar Altlinke.

Vielleicht sind es auch Meldungen von Reportern, die sich vor Ort
selbst ein Bild gemacht haben anstelle abseits jeglicher Bannmeilen
und hausdurchsuchten Straßenzügen Pressekonferenzen zu lauschen.

Ich wiederhole mich: Deine Auffassung ist äußerst einseitig und
voreingenommen.





Quote15. Januar 2009 08:57
Literatur-Tip:
Bone (mehr als 1000 Beiträge seit 01.03.00)

Literatur-Tip: 'Flat Earth News' von Nick Davies; sehr lesenswert zum
Thema






Aus: "Stein im Schwarzen Brett" (TP, 15.01.2009)
Peter Mühlbauer - Wie Pressemitteilungen zu Nachrichten werden
Quelle: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/29/29549/1.html (http://www.heise.de/tp/r4/artikel/29/29549/1.html)

Title: [Staatlich geduldete Gewalt... (Stanislaw Markelow)]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 20, 2009, 09:26:45 AM
Quote[...] Markelow, der als unerschrockener Kritiker des russischen Justizsystems galt, wurde kurz nach einer Pressekonferenz in Kremlnähe von einem Unbekannten mit einem Kopfschuss getötet. Das teilte die Staatsanwaltschaft in Moskau nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur Interfax mit. Die Journalistin Anastasja Baburowa, die für die kremlkritische Zeitung Nowaja Gaseta arbeitete und Markelow begleitet hatte, wurde durch Schüsse schwer verletzt und starb später im Krankenhaus. Dutzende Passanten wurden Zeuge des Mordes im Zentrum der russischen Hauptstadt.

Markelow hatte zuvor bei einer Pressekonferenz rechtliche Schritte gegen die Begnadigung des russischen Offiziers und Tschetschenien-Kämpfers Juri Budanow angekündigt. Budanow war nach der Tötung eines tschetschenischen Mädchens zu zehn Jahren Lagerhaft verurteilt und Mitte Januar vorzeitig entlassen worden. Bekannte Markelows berichteten, dass der Jurist seit einigen Tagen Morddrohungen erhalten habe. Budanow ist bis heute der ranghöchste russische Militärangehörige, der für Verbrechen an der Zivilbevölkerung während der Kriege in der Teilrepublik Tschetschenien verurteilt wurde.

"Stanislaw Markelow ist ein weiteres Opfer, das sehr wahrscheinlich wegen seines Berufes und seiner mutigen Arbeit im Dienste der Menschenrechte getötet wurde", sagte die für Russland zuständige Direktorin der Organisation Amnesty International, Nicola Duckworth. Markelow vertrat viele Mandanten, die sich als Opfer staatlich geduldeter Gewalt sehen. Er brachte viele Fälle vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg.

Die Zeitung Nowaja Gaseta berichtete am Montag erneut über den Fall Budanow unter Nutzung von Recherchen der Journalistin Anna Politkowskaja aus dem Jahr 2004. Die für ihre Reportagen aus Tschetschenien berühmte Politkowskaja war im Oktober 2006 vor ihrer Wohnung ermordet worden. Ihr Mörder ist weiter auf der Flucht. Der Mordfall wird derzeit vor Gericht in Moskau aufgearbeitet. Politkowskaja lobte Markelow einmal als "ersten Anwalt, der in Tschetschenien arbeitet und dort die Rechte der Einwohner schützt".

Der 34-Jährige war Gründer der Nichtregierungsorganisation Institut für die Vorherrschaft des Rechts. Markelow war im Verfahren gegen Budanow Anwalt der Opfer-Familie. Er vertrat aber zuletzt auch die Interessen des russischen Journalisten Michail Beketow, der im vergangen Jahr nur knapp einen Mordanschlag überlebt hatte und seither im Krankenhaus ist.


Aus: "Russland - Menschenrechtsanwalt und Reporterin in Moskau ermordet" (ZEIT ONLINE, dpa  20.1.2009)
Quelle: http://www.zeit.de/online/2009/04/mordanschlag-markelow-baburowa (http://www.zeit.de/online/2009/04/mordanschlag-markelow-baburowa)

-.-


Quote
QuoteLupenreine Demokratie..
Michael Meier (never1)

..da ist es halt zufällig tödlich, gegen einen Angehörigen der Armee zu agitieren. Das wird auch gelten für Polizei und sämtliche Geheimdienste.


...


Kommentar zu: "Moskau - Menschenrechtsanwalt und Reporterin erschossen" (20. Januar 2009)
Quelle: http://www.faz.net/s/RubDDBDABB9457A437BAA85A49C26FB23A0/Doc~E9F2E469372BE4E789BD0192779559126~ATpl~Ekom~SKom~Ak~E.html (http://www.faz.net/s/RubDDBDABB9457A437BAA85A49C26FB23A0/Doc~E9F2E469372BE4E789BD0192779559126~ATpl~Ekom~SKom~Ak~E.html)

Title: [vollständig durchsucht werden... (BRD)]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 01, 2009, 04:15:22 PM
Quote[...] Die Freiburger Polizei muss sich korrigieren. Vier Tage nach der Demonstration gegen Studiengebühren am Montag bestätigte sie nun Angaben von Freiburger Autonomen und Studierendenvertretern der Pädagogischen Hochschule: Drei Demo-Teilnehmer seien tatsächlich nach ihrer Festnahme auf dem Polizeirevier Nord "vollständig durchsucht" worden und hätten sich dafür ausziehen müssen, heißt es in einer Pressemitteilung von Freitagnachmittag. Noch am Donnerstag hatte die Polizei versichert, das sei nicht der Fall gewesen.

Das Vorgehen entspreche aber der Rechtsgrundlage, heißt es weiter. Seit kürzlich "ein auf der Haut getragenes Feuerzeug" in eine Arrestzelle geschmuggelt worden sei, würden Festgenommene "entsprechend intensiv" durchsucht. Die Männer hätten sich einzeln vor einem Beamten ausziehen müssen. Dass sie ihre Angaben erst jetzt korrigiert, erklärt die Polizei damit, dass der Beamte im Schichtdienst arbeite und in seiner freien Zeit bisher nicht erreichbar gewesen sei. Hinweise auf ebenfalls behauptete sexistische Beleidigungen gebe es nicht.

Ähnlich hatte einer der Festgenommenen die Situation der BZ geschildert. Auf die Frage, ob es ihm Spaß mache, einen nackten Mann zu sehen, habe der Beamte allerdings geantwortet: "Vielleicht würde es mir Spaß machen, wenn Du die Maße 90-60-90 hättest."



Aus: "Drei nackte Demonstranten" Autor: thg (31. Januar 2009)
Quelle: http://www.badische-zeitung.de/freiburg/drei-nackte-demonstranten--10990487.html (http://www.badische-zeitung.de/freiburg/drei-nackte-demonstranten--10990487.html)

Title: [Aus Sicherheitskreisen in Kairo verlautete... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 12, 2009, 01:17:58 PM
Quote[...] Kairo. Der ägyptische Inlandsgeheimdienst hat nach der Festnahme des deutsch-ägyptischen Studenten Philip Rizk dessen Wohnung und die Wohnung seiner Eltern durchsucht. Wie seine Familie der FR berichtete, erschienen nachts gegen 1 Uhr 30 Polizisten an der Haustür und verlangten Zutritt, ohne sich auszuweisen und ohne einen Durchsuchungsbefehl vorlegen zu können. In einer weiteren nächtlichen Aktion beschlagnahmten Sicherheitskräfte in der Wohnung des Festgenommenen Kameras, Computer, Festplatten und persönliche Aufzeichnungen.

Rizk war am Freitagabend nach einer Solidaritätskundgebung für die Menschen im Gazastreifen von Geheimpolizisten in ein Auto ohne Nummernschilder gezogen und verschleppt worden. Seit vier Tagen haben die Eltern keine Informationen darüber, wo ihr Sohn festgehalten wird.

[...] In Ägypten herrscht rechtlich nach wie vor der Ausnahmezustand. Aus diesem Grunde kann der Inlandsgeheimdienst politisch missliebige Personen ohne Angabe von Gründen beliebig lange festhalten. Nach Einschätzung politischer Beobachter könnten die ägyptischen Sicherheitsbehörden die Absicht haben, an dem jungen Mann wegen dessen öffentlicher Kritik an der Gazapolitik und seinen Aktivitäten als Blogger ein Exempel zu statuieren.

Aus Sicherheitskreisen in Kairo verlautete am Dienstag, außer Rizk sei ein weiterer Blogger festgenommen worden, der im Internet Solidarität mit den Palästinensern gefordert und die ägyptische Nahost-Politik kritisiert hatte.

...


Aus: "Deutsch-Ägypter: Kairos Geheimdienst verhaftet Blogger" (10.02.2009)
Quelle: http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/1673234_Kairos-Geheimdienst-verhaftet-Blogger.html (http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/1673234_Kairos-Geheimdienst-verhaftet-Blogger.html)

Title: [Staatsnotwehr... (Röhm-Putsch)]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 30, 2009, 12:27:56 PM
Quote[...] Als Röhm-Putsch bezeichnete die Propaganda der Nationalsozialisten die Ereignisse um die Ermordung Ernst Röhms, Stabschef der SA, im Juni / Juli 1934. Ermordet wurden außer SA-Funktionären auch Gegner des Nationalsozialismus wie der ehemalige Reichskanzler General Kurt von Schleicher.

Hintergrund der Morde waren die Versuche der SA, mehr Macht innerhalb des NS-Staates zu erlangen. Obwohl es keinerlei Putsch-Pläne gab, hat sich der Begriff ,,Röhm-Putsch" für die Ereignisse um den 30. Juni 1934 in der deutschen Geschichtswissenschaft eingebürgert.

[...] In der offiziellen Berichterstattung wurde Hitler als das Opfer eines hinterhältigen Putsches dargestellt. Am 3. Juli wurden diese Maßnahmen durch ein von Hitler (nach den Bestimmungen des Ermächtigungsgesetzes) erlassenes Gesetz, das Gesetz über Maßnahmen der Staatsnotwehr vom 3. Juli 1934 (Reichsgesetzblatt I S. 529) nachträglich legalisiert. Der einzige Artikel des Gesetzes lautete: Die zur Niederschlagung hoch- und landesverräterischer Angriffe am 30. Juni, 1. und 2. Juli 1934 vollzogenen Maßnahmen sind als Staatsnotwehr rechtens. Deutschland war damit zu einem Staat mit Willkürherrschaft geworden, in dem die Meinung des Führers Gesetz war. Hitler machte sich durch die Erschießung ohne Gerichtsurteil zum Richter über Leben und Tod und, wie er es selbst ausdrückte, zum ,,obersten Gerichtsherren", wodurch die Justiz offen erkennbar gleichgeschaltet war.

Hitler selbst trat erst etwa zwei Wochen nach dem Massaker an die Öffentlichkeit, die bis dahin auf zusammenhanglose und teils widersprüchliche Meldungen aus Radio und Zeitungen angewiesen war. Die im Rundfunk übertragene Reichstagsrede vom 13. Juli 1934[5] stieß daher trotz ihrer Länge und Zähigkeit auf große Aufmerksamkeit. Gegen Ende der Rede spricht Hitler die markanten Worte:

    ,,Wenn mir jemand den Vorwurf entgegenhält, weshalb wir nicht die ordentlichen Gerichte zur Aburteilung herangezogen hätten, dann kann ich ihm nur sagen: in dieser Stunde war ich verantwortlich für das Schicksal der deutschen Nation und damit des deutschen Volkes oberster Gerichtsherr. Meuternde Divisionen hat man zu allen Zeiten durch Dezimierung wieder zur Ordnung gerufen. [...] Ich habe den Befehl gegeben, die Hauptschuldigen an diesem Verrat zu erschießen, und ich gab weiter den Befehl, die Geschwüre unserer inneren Brunnenvergiftung und der Vergiftung des Auslandes auszubrennen bis auf das rohe Fleisch. [...] Die Nation muss wissen, dass ihre Existenz [...] von niemandem ungestraft bedroht wird. Und es soll jeder für alle Zukunft wissen, dass, wenn er die Hand zum Schlag gegen den Staat erhebt, der sichere Tod sein Los ist." [6]

[...] Der prominente Staatsrechtler Carl Schmitt lieferte kurze Zeit später die formaljuristische Rechtfertigung der Vorgänge in einer Schrift unter dem Titel Der Führer schützt das Recht nach.[7]

...

Quelle:

...

[5]# ↑ Reichstagsrede vom 13. Juli 1934 im Audioformat mp3 [3].
[6]# ↑ Adolf Hitler, Rede vor dem Reichstag am 13.07.1934, zitiert nach: Norbert Frei, Der Führerstaat, 7. Aufl. 2002, S. 37, ISBN 3-423-30785-4
[7]# ↑ Carl Schmitt: Der Führer schützt das Recht, Deutsche Juristen-Zeitung (39) 1934, S. 945-950.

...


Aus: "Röhm-Putsch" (21. Juni 2009)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/R%C3%B6hm-Putsch (http://de.wikipedia.org/wiki/R%C3%B6hm-Putsch)

-.-

Quote[...][ Die noch immer fragile Basis seiner Macht ließ es dem "Führer" geraten erscheinen, sein Handeln wenigstens im Nachhinein zu legitimieren. Am 3. Juli, einen tag nach den letzten Morden, trat das Reichskabinett zusammen, das nach dem Ermächtigungsgesetz auch für die Gesetzgebung zuständig war. Über zwanzig neue Gesetze wurden verabschiedet, die Themen reichten von der Gewerbeordnung bis zur Zuckersteuer. Das kürzeste Gesetz bestand nur aus einem einzigen Satz: "Die zur Niederschlagung hoch- und landesverräterischer Angriffe am 30. Juni, 1. und 2. Juli 1934 vollzogenen Maßnahmen sind als Staatsnotwehr rechtens."


Aus: "75 Jahre Röhm-Putsch" (Redaktion einestages, 29.6.2009 )
Quelle: http://einestages.spiegel.de/static/topicalbumbackground/4437/nazis_gegen_nazis.html (http://einestages.spiegel.de/static/topicalbumbackground/4437/nazis_gegen_nazis.html)

Title: [Der Berliner Polizeipräsident kündigte an... (Kennzeichnungspflicht)]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 22, 2009, 10:09:54 AM
Quote[...] Im Rahmen der Demonstration "Freiheit statt Angst" kam es zu Übergriffen der Polizei auf Teilnehmer der Demonstration und unbeteiligte Passanten. Ein Video eines besonders brutalen Übergriffs wurde von einem Mitglied des Chaos Computer Clubs (CCC) in hochauflösender Qualität gefilmt und im Internet verbreitet. Der CCC verurteilt die Angriffe aufs Schärfste und fordert die Durchsetzung der Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte auf Demonstrationen sowie regelmäßige psychologische Überprüfung von Polizisten, die in direkten körperlichen Kontakt mit Demonstranten kommen.

Der gefilmte Übergriff [1] fand nach Beendigung des Demonstrationszuges abseits der Kundgebung statt. Nach Angaben der Polizei [2] behinderte der im Video geschlagene und dann festgenommene Fahrradfahrer polizeiliche Maßnahmen. Er wollte sich jedoch seinerseits nur nach der Dienstnummer der Beamten erkundigen, um eine Anzeige gegen eine vorher erfolgte Festnahme zu erstatten. [3]

Wenn die Identifikation von gewalttätigen Polizisten durch die Beamten selbst so unterlaufen wird, bleibt als einzige nicht die polizeilichen Maßnahmen störende Option das Anbringen von gut sichtbaren auf der Veranstaltung eindeutigen Identifikationsnummern an den eingesetzen Kräften. Die zur Kennzeichnung von Kraftfahrzeugen eingesetzte Schriftart eignet sich dabei gut für eine Erkennung von Straftätern in der Polizei auch auf unscharfen und verwackelten Bildern.

Auch bei anderen öffentlichen Veranstaltungen wie Fußballspielen und politischen Demonstrationen gab es zuletzt immer häufiger Berichte von unverhältnismäßiger Gewalt der Polizei gegen Zuschauer und Demonstranten. Offensichtlich kann man die Übergriffe – wie sie nun zum ersten Mal in HD-Qualität dokumentiert wurden – nicht als bedauerliche Einzelfälle abtun. Innerhalb der Polizeitruppe gibt es einzelne Beamte, die – auch unter Deckung ihrer Kollegen – Veranstaltungen zum Aggressionsabbau benutzen. Andy Müller-Maguhn, Sprecher des CCC sagte, "Polizeieinsätze dürfen kein rechtsfreier Raum sein, die im Schutz der Anonymität zu Entgleisungen einladen."

Während bisherige Berichte über Polizeiübergriffe zu leichtfertig als übertrieben abgetan wurden, gibt es nach Erscheinen dieses Videos keinen Zweifel mehr. Wir fordern daher weiter, Polizisten regelmäßig Kontrollen zu unterziehen, ob sie die charakterliche Festigkeit besitzen, der teils aufgeheizten Stimmung in großen Menschenmengen gelassen und unter verhältnismäßigem Einsatz des ihnen vom Souverän eingeräumten Gewaltmonopols zu begegnen.

Werden von Polizisten begangene Straftaten nicht mit der selben Härte verfolgt wie die ebenfalls verabscheuenswürdigen Angriffe von Demonstranten auf die Beamten, und wenn falsch verstandener Korpsgeist die Strafverfolgung behindert, besteht die Gefahr, dass das Internet als öffentlicher Pranger mißbraucht wird. Der Achtung vor unserem Staat und seinen Organen wird durch Vertuschung dieser Vorkommnisse ein Bärendienst erwiesen.
Links

    * [1] [Externer Link]http://www.mininova.org/tor/2947142
    * [2] [Externer Link]http://www.berlin.de/polizei/presse-fahndung/archiv/138631/index.html
    * [3] [Externer Link]http://blog.adrianlang.de/?p=670


Aus: "Chaos Computer Club fordert bundeseinheitliche Nummernschilder für Polizisten" (13. September 2009)
Quelle: http://www.ccc.de/updates/2009/pm-identifikationsnummer?language=de (http://www.ccc.de/updates/2009/pm-identifikationsnummer?language=de)

-.-

Quote[...] Berlins Polizeipräsident Dieter Glietsch hat Konsequenzen für die Polizisten angekündigt, die an einem Übergriff auf einen 37-jährigen Radfahrer auf der Datenschutz-Demonstration "Freiheit statt Angst – Stoppt den Überwachungswahn" beteiligt gewesen sein sollen. Gegen sie sei ein Verfahren wegen Körperverletzung im Amt eingeleitet worden, sagte Glietsch am heutigen Montag im Inforadio des RBB. Die Übergriffe sind heute auch Thema im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses.

Videos im Internet zeigen, wie auf einer Datenschutz-Demonstration am 12. September ein Polizist einen Radfahrer am Hemd zurückzerrt, ein anderer Polizist ihm ins Gesicht schlägt und der Mann dann zu Boden gedrückt wird. Glietsch muss heute gemeinsam mit Innensenator Ehrhart Körting im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses zu dem Vorfall Stellung beziehen. Im Radiointerview sagte der Polizeipräsident, es lasse sich nicht ausschließen, dass die Polizisten überreagiert hätten, der Anschein spreche dafür.

Glietsch wies darauf hin, dass die Vorgeschichte der Ereignisse in dem Video im Internet nicht erfasst wurde. Es gebe unterschiedliche Darstellungen dazu. Er wolle den Sachverhalt nicht bewerten, da dies Gegenstand der laufenden Ermittlungen sei. Polizisten seien starken Belastungen ausgesetzt, sie würden oft gerade bei derartigen Großdemonstrationen angefeindet, beleidigt, angegriffen. Vor diesem Hintergrund könnten einem Polizisten im Einzelfall die Nerven durchgehen.

Der Berliner Polizeipräsident kündigte an, dass die Polizisten künftig im täglichen Dienst und bei Demonstrationen Namensschilder tragen. Dabei gehe es nicht darum, dass Übergriffe besser geahndet werden sollten, sondern um mehr Bürgernähe. Die Beteiligten der Vorfälle vor einer Woche seien auch ohne Namens- oder Nummernschild identifiziert worden.

(anw/c't) 

...


Aus: "Übergriffe auf Datenschutz-Demo: Polizeipräsident kündigt Verfahren gegen Polizisten an" (21.09.2009)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/Uebergriffe-auf-Datenschutz-Demo-Polizeipraesident-kuendigt-Verfahren-gegen-Polizisten-an--/meldung/145591 (http://www.heise.de/newsticker/Uebergriffe-auf-Datenschutz-Demo-Polizeipraesident-kuendigt-Verfahren-gegen-Polizisten-an--/meldung/145591)

Quote21. September 2009 09:44
Namenschilder
rainer_d (mehr als 1000 Beiträge seit 04.02.00)

Mir persönlich würde es genügen, wenn eine eindeutig zuordenbare
Nummer getragen würde.
Auch Polizisten haben ein Recht auf Privatsphäre.
Das sind sowieso die Fussabtreter der Nation.

Quote21. September 2009 10:11
er *hatte* die Nummer verlangt - Re: Namenschilder
etch (295 Beiträge seit 14.09.04)

Jürgen Wahlmann schrieb am 21. September 2009 09:47

> rainer_d schrieb am 21. September 2009 09:44
> Sehe ich genauso. Name muss nicht sein, aber eine eindeutige Nummer,
> die man bei Beschwerden angeben kann.

Der Radfahrer wollte die Nummer von einem Polizist haben und wurde
mit abfälligem "ja, ja"-Kommentar abserviert. Er hat das noch notiert
und wollte weggehen, dabei wurde er zurückgezerrt und bekam mehrere
gezielte Schläge in die Fresse. Sein Notizzettel mit den bereits
notierten Nummern ist bei der Festnahme "abhanden gekommen" und die
Polizei kann es unter den Beweismiteln nicht wiederfinden.

Das sind alles Fakten, noch fragen?

Quote21. September 2009 10:24
Re: er *hatte* die Nummer verlangt - Re: Namenschilder
Jürgen Wahlmann, Jürgen Wahlmann (990 Beiträge seit 06.01.00)

etch schrieb am 21. September 2009 10:11

> Jürgen Wahlmann schrieb am 21. September 2009 09:47
>
> Der Radfahrer wollte die Nummer von einem Polizist haben und wurde
> mit abfälligem "ja, ja"-Kommentar abserviert. Er hat das noch notiert
> und wollte weggehen, dabei wurde er zurückgezerrt und bekam mehrere
> gezielte Schläge in die Fresse. Sein Notizzettel mit den bereits
> notierten Nummern ist bei der Festnahme "abhanden gekommen" und die
> Polizei kann es unter den Beweismiteln nicht wiederfinden.
>
> Das sind alles Fakten, noch fragen?

Was macht Dich glauben, dass ein Zettel mit Namen nicht verschwunden
wäre?

Fakt ist, dass nur der Radfahrer die Nummern der beteiligten
Polizisten hatte, aber niemand der Umstehenden und auch nix auf Film.
Hätten die Polizisten Nummern getragen, wären sie nicht nur von dem
Frager identifizierbar gewesen, sondern auch von Zeugen. Für eine
Nachverfolgung von solchen Übergriffen reicht das vollkommen aus.

...




Quote21. September 2009 09:52
Einem Polizisten dürfen...
996TT (mehr als 1000 Beiträge seit 28.02.01)

...die Nerven nicht "durchgehen", verbale Beleidigungen und verbale
Provokationen muss ein Beamter während einer Großdemo einfach
aushalten, so frustrierend das sein mag.
Wenn ein Polizist allerdings physisch angegriffen wird, dazu zählt
auch das Bewerfen mit Gegenständen, sei es eine Bierflasche oder auch
"nur" eine leere Getränkedose", dann müssen die Beamten einschreiten
dürfen.

Demokratie und Meinungsfreiheit hin oder her aber bei Gewalt, sei sie
auch nur im "kleinen" Maße, hört der Spaß auf. Für BEIDE Seiten.

Gerade friedliche Demonstranten sollten in ihrem direkten Umfeld
darauf achten, dass Gewalt nicht eskaliert oder überhaupt erst zum
Tragen kommt. Ein einfaches "hör auf" oder "wir sind friedliche
Demonstranten und keine Rabauken" an "Kollegen" kann manchmal Wunder
wirken aber wenn die Gewaltspirale einfach losgetreten ist, dann kann
man wohl beide Seiten dafür verantwortlich machen.

Mir tun die Polizisten bei solchen Einsätzen leid aber das ist kein
Grund aufgrund einer verbalen Attacke gegen einen Demonstraten
physisch aktiv zu werden. Was im Gespräch mit einem Polizeibeamten
auf dem Revier oder bei einer Autokontrolle als Beleidigung gewertet
werden kann, sollte bei einer Großdemo einfach als verbale
Überreaktio der Emotionen abgetan werden, damit eine mögliche
Gewaltspirale schon im Ansatz erstickt wird. Polizisten werden für
solche Einsätze relativ gut vorbereitet, eine emotionale Überreaktion
seitens der Beamten ist unverständlich und auch aus menschlicher
Sicht absolut unsinnig. Schließlich (er)kennen die Demonstranten die
Polizisten nicht einmal, da diese oft einen Helm tragen. Als Polizist
würde ich eine verbale Attacke eines Demonstranten nie im Leben ernst
nehmen, das ist lächerlich. Bei Gewalt hört der Spaß allerdings auf.


Quote21. September 2009 10:13
Die Vorgeschichte ist doch bekannt
realspace (mehr als 1000 Beiträge seit 09.02.00)

Die Vorgeschichte ist doch bekannt, man sieht auf dem Video, der
Radfahrer notiert sich Angaben zum Polizisten auf einen Zettel.

Wahrscheinlich wollte der Radfahrer am nächsten Tag seinen
Rechtsanwalt aufsuchen und rechtlich gegen den Polizisten vorgehen.

Das gilt es natürlich zu verhindern. Wo kämen wir dahin, wenn sich
Bürger rechtlich gegen polizeiliche Maßnahmen wehren. Da darf die
Polizei auch mal mit der Faust mitten ins Gesicht schlagen.
Schließlich wollte der Radfahrer die Notizen auf seinen Zettel
tatsächlich mitnehmen. Das geht schon mal gar nicht.

Und bitte: Etwas mehr Verständnis für die armen Polizisten. Die
stehen da in einer Gruppe mit weit über 10 Kollegen, ausgerüstet mit
Schlagstöcken, Waffen und Uniform, und dann kommt da so ein
Radfahrer, relativ klein, mit T-Shirt und in Shorts und zückt
Bleistift und Notizblock. Da können so einem ausgewachsenem Polizist
in dieser Situation schon mal die Nerven durchgehen.

Denkt doch mal an die armenen Polizisten: Denen tut bestimmt die Hand
weh vom Faustschlag ins Gesicht. Und andere haben sich bestimmt die
Knie gestoßen am Radfahrer. Vielleicht hat sich ein Polizist sogar
den kleinen Zeh verstaucht, als er auf den Radfahrer mit seinen
Stiefeln eingetreten hat.

Quote21. September 2009 10:49
Re: Die Vorgeschichte ist doch bekannt
Thomas Arens, Thomas Arens (398 Beiträge seit 21.02.01)

realspace schrieb am 21. September 2009 10:13

> Denkt doch mal an die armenen Polizisten: Denen tut bestimmt die Hand
> weh vom Faustschlag ins Gesicht.

Zum Glück gibt es dafür die Quarzhandschuhe, die einige Polizisten ja
bereits erfolgreich einsetzen. :-)



Quote21. September 2009 10:26
Ohne Videobeweis
Freak2002 (345 Beiträge seit 13.07.06)

wäre die Sache im Sand verlaufen und es wäre nichts mehr passiert um
die Sache aufzuklären , da wette ich drauf.

Die Vorgeschichte ist völlig unrelevant weil egal was der Radfahrer
gesagt oder getan hatte , es rechtfertigt einfach keine
Prügelattacken von jungen Polizeischlägern auf Demonstranten und
Passanten, die Polizei ist kein rechtsfreier Raum.
Die Polizei ist immerhin ausgebildet und geschult jemanden nach
Vorschrift festzunehmen.


Quote21. September 2009 10:46
Das beunruhigende
Desiatox (mehr als 1000 Beiträge seit 20.06.00)

...ist nicht dass einem Polizisten die Nerven durchgehen. Das wäre
eine relativ einfach nachzuvollziehende menschliche Verfehlung.

Das beunruhigende ist, dass er von Kollegen umringt ist, die ihn
nicht etwa abhalten, sondern ihn decken.


...
Title: [Wir nennen ihn Transformer... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 03, 2009, 10:33:42 AM
Quote[...] "Wir nennen ihn Transformer", sagt ein junger Polizist. Und wirklich: Würde sich das blaue Ungetüm vor ihm nun aufrichten und in einen riesigen Roboter verwandeln, der auf seine Gegner Wasser speit - es würde passen. Wie ein Besucher aus der Zukunft steht er da, der neue Wasserwerfer der deutschen Polizei: fast zehn Meter lang, mit einem Tank für 10.000 Liter Wasser, offizielle Bezeichnung: "Wasserwerfer 10.000". Es ist die Zukunft dessen, was Demonstranten auf deutschen Straßen und Plätzen erwartet.

[...] Mit großen Augen klettern Polizisten in dem blauen Ungetüm herum, hauen sich vor Freude gegenseitig auf die Schulterklappen und machen Fotos mit ihren Digitalkameras - von außen, von innen, von sich vor dem Wasserwerfer und vor allem für die Kollegen zu Hause. "Lass uns doch mal reinsetzen", sagt ein Polizist zum seinem Nebenmann - "vielleicht bin ich schon in Rente, wenn er zum Einsatz kommt." Damit hat er sich mit Gewissheit verschätzt, 2010 soll der neue Wasserwerfer bereits einsatzbereit sein.

[...] Nun sind 50 neue "Wasserwerfer 10.000" hat die Polizei bereits bestellt, 78 Fahrzeuge sollen es insgesamt werden. Die Flotte soll also reduziert werden - jedoch "bei gleicher Leistungsfähigkeit", wie Referatsleiter Friedl betont. Gebaut wird das Gerät von der Firma Rosenbauer aus Österreich, die eigentlich auf Feuerwehr- und Katastrophenschutz-Fahrzeuge spezialisiert ist. Rund 900.000 Euro wird ein Exemplar kosten.

Nicht nur Friedl wirkt stolz, wenn er über den "Wawe 10" spricht. Auch Karl-Heinz Meyer, sein Kollege aus dem Bundespolizeipräsidium, verfällt bei der Präsentation in einen schwärmerischen Tonfall: "Das einzige, das übrig geblieben ist: Es ist ein Fahrzeug, das mit Wasser gefüllt ist und spritzen kann. Alles andere ist neu."

In der Tat: Der bis zu 31 Tonnen schwere Koloss ist vollgestopft mit Technik: mit modernstem Digitalfunk, mit drei Kameras, mit einer Kopierstation für Audio- und Videomaterial; neu auch das Außenmikrofon, mit dem die Insassen die die Verständlichkeit ihrer eigenen polizeilichen Durchsagen überprüfen können. "Wenn die draußen anfangen zu johlen, kann niemand sagen, da drinnen wurde genuschelt bei einem Platzverweis", sagt Projektgruppenleiter Guido Koch von der Bundespolizei und grinst.

Die da drinnen: Das sind fünf Beamte, die im Cockpit so angeordnet sind wie die Punkte einer eine "Fünf" auf dem Spielwürfel. Einer fährt, einer kümmert sich um die Dokumentation des Einsatzes, und aus der Mitte heraus gibt ein Kommandant Befehle an zwei Beamte hinter ihm, die per Joystick drei Hohlstrahlrohre bedienen - zwei vorne, eins hinten. Radius: 115 Meter, Entfernungsmesser ab Werk, maximaler Druck: 3300 Liter Wasser in der Minute. Das sind 1100 Liter mehr als das derzeitige Modell. "Das neue Fahrzeug hat auch ein ganz neues Auftreten als das alte", sagt Achim Friedl, "auf solche psychologischen Effekte haben wir beim Design sehr geachtet."

[...] Jedes Detail soll beeindrucken: die martialische, fast haushohe Front, die nach vorne geneigte Windschutzscheibe, die so hoch angebracht ist, dass sie erst über den Köpfen der Demonstranten beginnt, die sich nach hinten verjüngenden Linien der Karosserie. An den glatten Wänden soll niemand hochklettern können.

[...] "In den vergangenen Jahren hat die Gewaltbereitschaft gegenüber Polizeibeamten bei Demonstrationen enorm zugenommen", sagt Achim Friedl, "gerade bei links- oder rechtsradikalen Szenarien." Natürlich könne er auch kritische Stimmen verstehen. Solche, die bei Wasserwerfern sofort an Günther Sare denken, der 1985 in Frankfurt von einem solchen Gefährt überrollt wurde. Die in einem Wasserwerfer also eher ein aggressives Werkzeug staatlicher Gewalt sehen als ein "geschütztes Tankfahrzeug", wie das Gerät beim Bundesinnenministerium offiziell heißt. "Aber man muss sich auch ansehen, was in Hamburg passiert oder regelmäßig am 1. Mai in Berlin", sagt Friedl. 440 Polizisten sind dort nach offiziellen Angaben verletzt worden, im Vorjahr seien es 112 gewesen. "Was sollen wir da machen?", fragt Friedl: "Gummigeschosse einsetzen oder sogar scharf schießen? Das brauchen wir nicht, wenn wir mit Wasser zum Erfolg kommen können."

Beim neuen Typ könnten die Bediener außerdem den Wasserdruck genauer regeln. "Bei Sitzblockaden beispielsweise müssen wir nun nicht mehr gleich mit dem heftigsten Wasserstrahl rangehen", sagt Karl-Heinz Meyer, "da können wir nun erst einmal einen weichen Wasserstrahl nutzen", eine Art Wasserglocke, "die Respekt einflößt." Doch egal, wie man es nennt: Am Ende bleibt ein Wasserwerfer ein Wasserwerfer.

Draußen, vor dem Hubschrauberhangar fahren Polizeiwagen vor. Die Vorstellung in St. Augustin ist zu Ende, einige Beamte posieren noch vor dem "Transformer" für Fotos. Bald wird sich der "Wasserwerfer 10.000" auf den Weg nach Hamburg machen - auf eigenen Rädern, über die Autobahn, zwischen Last- und Privatwagen. In Hamburg und in Berlin soll der Prototyp dann drei Monate lang unter der Leitung der Bundespolizei getestet werden. In der zweiten Jahreshälfte soll das erste Serienfahrzeug in Dienst gehen - in welchem Bundesland, wird noch entschieden. "Da, wo das erste gebraucht wird", sagt Karl-Heinz Meyer von der Bundespolizei und lächelt - "und so wie es derzeit aussieht, wird das wahrscheinlich nicht das Saarland sein."


Aus: "Die Angstmaschine" Von Sven Stillich (02.12.2009)
Quelle: http://www.fr-online.de/top_news/2117305_Wasserwerfer-der-Polizei-Die-Angstmaschine.html (http://www.fr-online.de/top_news/2117305_Wasserwerfer-der-Polizei-Die-Angstmaschine.html)

Title: [Draußen vor der Tür steht auch der 23-jährige Uli... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 03, 2009, 10:37:07 AM
Quote[...] Laut AStA ging die Polizei bei der Räumung mit Schlagstöcken gegen Studenten vor. Ein Student sei mit einer Kopfverletzung, ein weiterer mit einem Handbruch ins Krankenhaus gebracht worden, sagte AStA-Vorsitzender Jonas Erkel. Draußen vor der Tür steht auch der 23-jährige Uli. Er findet den Polizeieinsatz "traurig".

...


Aus: "Polizei räumt besetztes Casino" Von Astrid Ludwig (02.12.2009)
Quelle: http://www.fr-online.de/top_news/2118041_Uni-Frankfurt-Polizei-raeumt-besetztes-Casino.html (http://www.fr-online.de/top_news/2118041_Uni-Frankfurt-Polizei-raeumt-besetztes-Casino.html)

Title: [Zum Informationsanspruch des Bürgers... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 24, 2010, 07:51:09 PM
Quote[...] Nach Demonstrationen kommt es zwischen Polizei und Demonstrierenden nicht selten zu gegenseitigen Gewaltvorwürfen – wie am vergangenen Samstag in Essen. Im aktuellen Fall erklärte die Linken-Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen, sie sei »beleidigt und verletzt« worden. Eine Aufklärung solcher Vorwürfe wird durch das Problem, die beteiligten Polizisten im Nachgang identifizieren zu können, oftmals verhindert.

Für die Piratenpartei NRW bestätigt dies die Notwendigkeit einer individuellen Kennzeichnungspflicht für Polizisten. Die Einführung einer solchen jederzeit deutlich erkennbaren, individuellen und für die Ermittlungsbehörde nachvollziehbaren Identifikationsnummer für jeden Polizeibeamten haben die Piraten in ihrem Programm zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 9. Mai 2010 verankert.

Dirk Schatz, selbst Polizeibeamter und Spitzenkandidat der Piratenpartei NRW, spricht sich für die Einführung einer solchen Kennzeichnung aus: »Eine Identifikationsnummer stellt auf der einen Seite den Informationsanspruch des Bürgers sicher. Sie wahrt aber gleichzeitig auch das Persönlichkeitsrecht des Beamten, da auf direktem Wege keine Rückschlüsse auf seine Person möglich sind.«

Die Piraten sehen in der Kennzeichnungspflicht einen Vorteil für beide Seiten. So ist es einerseits dem Bürger möglich, tatsächliche Übergriffe besser verfolgen zu können. Es ist aber auch andererseits für die betroffenen Beamten besser möglich, sich gegen ungerechtfertigte Anschuldigungen zur Wehr zu setzen.


Aus: "Piraten fordern Identifikationsnummer für Polizeibeamte" Daniel Flachshaar (24/03/2010)
Pressemitteilung Landesverband Nordrhein-Westfalen - Veröffentlicht am 24. März 2010
Quelle: http://www.piratenpartei.de/Pressemitteilung-100324-Piraten-fordern-Identifikationsnummer-fuer-Polizeibeamte (http://www.piratenpartei.de/Pressemitteilung-100324-Piraten-fordern-Identifikationsnummer-fuer-Polizeibeamte)

Title: [Der Papst sei ein Staatsoberhaupt (Immunität)... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 01, 2010, 10:33:31 AM
Quote[...] Als politische Immunität bezeichnet man den Schutz eines politischen Amtsträgers vor Strafverfolgung aufgrund seines Amtes.

...


Politische Immunität
http://de.wikipedia.org/wiki/Politische_Immunit%C3%A4t (http://de.wikipedia.org/wiki/Politische_Immunit%C3%A4t)



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Quote[...] Es werden wieder Zehntausende am Ostersonntag ins Ausland schlendern: Wer als Pilger den päpstlichen Segen "Urbi et Orbi" empfangen will, muss eine Grenze passieren. Man erkennt sie, indem man den Blick zu Boden senkt. Zwischen den Kolonnaden des Petersplatzes prangt auf den gusseisernen Kanaldeckeln nicht mehr das römische SPQR, sondern SCV - die Initialen des Stato della Città del Vaticano. Die Vatikanstadt, der kleinste Staat der Welt.

Hier hat der Heilige Stuhl seinen Sitz. Er unterhält Beziehungen zu mehr als 170 Staaten und gehört gar der Uno-Behörde zum Verbot von Nuklearwaffentests CTBTO an. Der Papst herrscht über Kurie und Vatikanstadt gleichermaßen.
Bislang macht der Vatikan wenig Tamtam um die Eigenstaatlichkeit. Ob der Papst Vatikanbürger ist oder Deutscher, ob er als Monarch die Belange des Vatikans lenkt oder sich als Papst um religiöse Fragen kümmert, war stets zweitrangig. Pilger kommen, um einen Papst zu sehen, nicht einen Staatschef.

Nun wird die Tatsache, dass es sich beim Vatikan um ein Völkerrechtssubjekt handelt, doch noch wichtig. Schuld sind Vorwürfe wegen Kindesmissbrauch durch katholische Priester. Opfer, die vor Gericht ziehen, wenden sich meist gegen Diozösen und Einzelpersonen. Im US-Bundesstaat Kentucky hingegen greifen Kläger den Vatikan direkt an: Sie werfen der katholischen Kirche vor, sie habe Missbrauchsfälle toleriert.
Dabei berufen sie sich auf ein Dokument aus dem Jahr 1962, mit dem der Vatikan die Vertuschungstaktik befohlen haben soll. Die Klage ist seit 2004 anhängig, doch sie gewinnt durch die vielen neuen Missbrauchsfälle an Dynamik. Vergangene Woche stellte der Klägeranwalt den wiederholten Antrag, Papst Benedikt XVI. vorzuladen.

Die päpstlichen Advokaten sind alarmiert. Sie wollen eine Vorladung ebenso wie die Auslieferung von Dokumenten verhindern. Sie wissen: Weitere Klagen könnten folgen. Und deswegen scheuen sie auch keine weltliche Argumentation. Der Papst sei ein Staatsoberhaupt, heißt es in einer Verteidigungsschrift, die der Vatikan vor einem Monat an das Gericht schickte und aus der die Nachrichtenagentur AP zitiert. Deshalb könne er nicht ohne Weiteres vorgeladen werden. Ohnehin sei der Vatikan der falsche Adressat der Klage: Bischöfe und Priester seien nicht direkt angestellt.

Folgt das US-Gericht dieser Einschätzung, dann ist das Problem rein weltlich zumindest gelöst. Das ist wahrscheinlich. Schon 2007 wurde ein Antrag auf Vorladung des Papstes abgelehnt. Als Kirchenoberhaupt wird sich Joseph Ratzinger aber weiterhin mit der Affäre beschäftigen müssen: Am Osterwochende werden viele Pilger genau hinhören, ob sich der Papst zu den Missbrauchsfällen äußert. Gelegenheit dazu hat er.




Aus: "Kindesmissbrauch - Immunität soll Benedikt XVI. vor US-Sammelklage schützen" (31.03.2010)
Quelle: http://www.ftd.de/politik/international/:kindesmissbrauch-immunitaet-soll-benedikt-xvi-vor-us-sammelklage-schuetzen/50095739.html (http://www.ftd.de/politik/international/:kindesmissbrauch-immunitaet-soll-benedikt-xvi-vor-us-sammelklage-schuetzen/50095739.html)

Title: [Beweisfälschung, Körperverletzung und Folterung... (G-8-Gipfel, 2001)]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 20, 2010, 09:49:24 AM
Quote[...] Die italienische Polizei griff gegen die Globalisierungskritiker insgesamt äußerst hart durch, ließ eine große Zahl festnehmen, verletzte viele zum Teil schwer und brachte viele Demonstranten ins Bolzaneto-Gefängnis.

Am Mittag des 20. Juli eskalierte die Situation in Genua. Ein Demonstrationszug der Disobbedienti und anderer linker Gruppen wurde von der Polizei mit Tränengas attackiert. Viele der 20.000 in einer schmalen Straße eingeschlossenen Menschen versuchten zu flüchten, zahlreiche andere antworteten auf die Angriffe der Carabinieri mit Steinwürfen. Bei den anschließenden Auseinandersetzungen in den Seitenstraßen wurde der 23jährige Carlo Giuliani von dem 20-jährigen Carabiniere Mario Placanica durch einen Kopfschuss getötet. Giuliani soll sich zuvor mit einem Feuerlöscher auf die Heckscheibe des Carabinierifahrzeuges zubewegt haben.

Der Tod von Carlo Giuliani wird in Teilen der globalisierungskritikischen Bewegungen als Mord angesehen. Der Polizist, ein erst 20-jähriger Wehrpflichtiger, berief sich dagegen auf Notwehr und wurde in einem umstrittenen Prozess freigesprochen. Bis heute sind viele Fragen zum genauen Ablauf der Ereignisse offen. So wurde das Projektil, mit dem Giuliani erschossen wurde, nie gefunden bzw. untersucht. Dennoch behauptet die Staatsanwaltschaft, die tödliche Kugel sei von einem fliegenden Stein in der Luft abgeprallt und habe so Giuliani getroffen. Auch bleiben nach Auswertung des umfangreichen Bildmaterials Zweifel an der offiziellen Darstellung.

...

Wiederholt wurde der Verdacht geäußert, die Polizei habe verkleidete Beamte in den Schwarzen Block als Provokateure eingeschleust.[9][10]  Verschiedene Augenzeugen behaupten, die Polizei sei mit großer Härte gegen friedliche Demonstranten vorgegangen, habe sich aber gegenüber dem Schwarzen Block in auffälliger Weise zurückgehalten.[10]

...

  10. ↑ a b Italienische Aufklärung auf den Seiten des Tagesspiegels
          http://www.tagesspiegel.de/medien/archiv/24.07.2002/141966.asp
 
  11. ↑ taz.de: Verhandeln bis zur Verjährung der Tat, 13. Oktober 2005
          http://www.taz.de/index.php?id=archivseite&dig=2005/10/13/a0142


http://de.wikipedia.org/wiki/G8-Gipfel_in_Genua_2001#Eskalation (http://de.wikipedia.org/wiki/G8-Gipfel_in_Genua_2001#Eskalation) (28. März 2010)


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Quote[...] Im sogenannten Bolzaneto-Prozess werden mutmaßliche Misshandlungen an Demonstranten durch Polizisten und Wachpersonal im Rahmen des G8-Gipfels in Genua (Italien) in der Polizeikaserne Bolzaneto verhandelt.

Während der Demonstrationen, die 2001 in Genua gegen den G8-Gipfel stattfanden, kam es zu zahlreichen Zusammenstößen zwischen Globalisierungskritikern und den italienischen Sicherheitskräften. Viele Demonstranten wurden verhaftet, ca. 300 von ihnen in der Kaserne Bolzaneto, die als provisorische Gefangenensammelstelle diente, für wenige Tage festgehalten. Hier soll es zu gewalttätigen Übergriffen, Misshandlungen und Folterungen gegen die Insassen gekommen sein. Im einzelnen gibt es Schilderungen von erzwungenem stundenlangen Stehen, Schlafentzug, Verweigerung des Toilettenbesuchs, Androhung sexueller Gewalt, Erniedrigung insbesondere in Verbindung mit dem Zwang, sich ausziehen zu müssen und im allgemeinen über massive Gewaltanwendung. Insassen berichten, dass sie gezwungen wurden faschistische Lieder zu singen. Ärzten und Pflegepersonal wird mangelnde Versorgung der vielen Verletzten unter den Inhaftierten vorgeworfen, anderen unterlassene Hilfeleistung oder schlichte Duldung der Vorgänge. Insgesamt müssen sich 45 Angeklagte für Körperverletzungen und Verletzung der Amtspflicht verantworten. Im Oktober 2005 wurde die Hauptverhandlung eröffnet. Besonders die zahlreichen Zeugenvernehmungen ziehen das Verfahren in die Länge. Die Anklage befürchtet, dass der Prozess nicht zu Ende geführt werden kann, weil die Taten nach 7,5 Jahren verjähren und da in Italien die Verjährungsfristen, anders als in Deutschland, auch während laufender Prozesse nicht gestoppt sind.

Die 45 zum Großteil hochrangig leitenden Polizisten sind wegen Beweisfälschung, Körperverletzung und Folterung von Demonstranten angeklagt worden.[1] Am 14. Juli 2008 sind 15 davon wegen brutalen Vorgehens gegen Demonstranten zu Gefängnisstrafen von fünf Monaten bis fünf Jahren verurteilt worden, während 30 Angeklagte freigesprochen worden.[2] Die Höchststrafe erhielt dabei der für die Sicherheit in dem Gefängnis verantwortliche Beamte Antonio Biagio Gugliotta.

Es gibt noch mehrere andere Verfahren, die sich mit Vorwürfen über Polizeiwillkür im Umfeld des G8-Gipfels befassen, z. B. mit der Klärung der Vorkommnisse an der Scuola Diaz[3].

Weblinks:
    ...
    * WDR - "Die Story - Die blutigen Tage von Genua" (Google-Video)
    * Telepolis: Urteil im Bolzaneto-Verfahren

Einzelnachweise:

   1. ↑ taz.de: Verhandeln bis zur Verjährung der Tat, 13. Oktober 2005
   2. ↑ reuters: Haftstrafen für Polizisten wegen Gewalt bei G8-Gipfel in Genua, 15. Juli 2008
   3. ↑ http://www.tagesanzeiger.ch/ausland/europa/G8Skandal-von-Genau-Viele-Freisprueche/story/20641979



http://de.wikipedia.org/wiki/Bolzaneto-Prozess (http://de.wikipedia.org/wiki/Bolzaneto-Prozess) (12. Dezember 2009)

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Quote[...] Haftstrafen von drei bis fünf Jahren für 25 der 27 angeklagten Polizisten: Mit diesem Urteil endete in Genua das Berufungsverfahren rund um den nächtlichen Sturm auf die von Globalisierungskritikern als Schlafstätte genutzte Scuola Diaz während des G-8-Gipfels von 2001.

Mit einem überaus brutalen Einsatz hatten am 21. Juli 2001 etwa 150 Ordnungshüter den Schlussstrich unter die mehrtägige Gewaltorgie der Polizei in Genua gezogen. Nachdem einen Tag vorher am Rand der Demonstrationen der 23-jährige Carlo Giuliani von einem Carabiniere erschossen worden war, drang ein großes Polizeiaufgebot in der Nacht in die Schule ein und knüppelte die meisten der dort Schlafenden zusammen. 93 Personen wurden als angebliche Angehörige des "Schwarzen Blocks" verhaftet; 82 von ihnen waren teilweise schwer verletzt, mit Knochenbrüchen, ausgeschlagenen Zähnen, Lungenperforationen und Schädeltraumata.

Die Polizei legitimierte seinerzeit den Einsatz mit gefälschten Beweismitteln. So wurden im Eingangsbereich der Schule zwei Molotowcocktails "gefunden"; ein Video zeigte später, dass die Polizisten sie praktischerweise selbst mitgebracht hatten. Und so schilderte ein Beamter in dramatischen Tönen, wie er von einem der Protestierer im Schultreppenhaus mit einem Messer attackiert worden sei. Die Untersuchung seiner Uniformjacke ergab jedoch, dass jemand recht ungeschickt versucht hatte, jenen Messerstich vorzutäuschen.

Dennoch waren die meisten Polizisten in erster Instanz glimpflich davongekommen, ihre Vorgesetzten erst gar nicht angeklagt worden. Im November 2008 hatte die zuständige Kammer in Genua bloß untergeordnete Chargen verurteilt; sie gehörten zu jener Bereitschaftspolizei-Einheit, die den Prügeleinsatz direkt durchgeführt hatte. Dagegen waren sämtliche Einsatzleiter vom Vorwurf der Beweismittelfälschung freigesprochen worden.

Das Berufungsgericht kehrte nun mit dem am späten Dienstagabend verkündeten Spruch das Urteil um. Es sah als erwiesen an, dass hinter der Fälschung System steckte. Deshalb wurde nicht nur jener Beamte verurteilt, der die Molotowcocktails in die Schule schmuggelte, und nicht nur jener Polizist, der sich zum Opfer der Messerattacke stilisiert hatte, sondern auch all jene vor der Schule anwesenden Polizeikommandanten, die die Festnahmeprotokolle mit den falschen Behauptungen abgezeichnet hatten.

Viele dieser Kommandanten haben in den Jahren seit Genua weitere Stufen auf der Karriereleiter erklommen und durften sich der konstanten Deckung durch die Regierung sicher sein. "Man muss begreifen, wie viel Kraft und Mut die Richter aufgebracht haben", kommentierte denn auch der Staatsanwalt Enrico Zucca nach der Urteilsverkündung. Und Giuliano Giuliani, Vater Carlo Giulianis, erklärte, "es gibt noch Richter in Genua". Rechtskräftig ist das Urteil allerdings noch nicht; alle Verurteilten werden mit Sicherheit in die dritte Instanz beim Kassationsgericht in Rom gehen.


Aus: "Polizisten müssen in den Knast" VON MICHAEL BRAUN (19.05.2010)
Quelle: http://www.taz.de/1/politik/europa/artikel/1/polizisten-muessen-in-den-knast/ (http://www.taz.de/1/politik/europa/artikel/1/polizisten-muessen-in-den-knast/)


Title: [Polizeiliche Sonderdienste (Bundespolizei)... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 05, 2010, 09:59:03 AM
Quote[...] Der langjährige Bundespolizist stöhnte: ,,Nur selten gab es gute und sinnvolle Einsätze." Er habe sich einerseits ,,ungebraucht", andererseits überfordert gefühlt. ,,Man will helfen, was Gutes tun", schluchzte Udo R. am Donnerstag vor dem Landgericht. Inzwischen ist der 42-Jährige aus dem Dienst ausgeschieden. Als ein schwarzes Schaf der Einheit. Gemeinsam mit einem Kollegen hatte er Vietnamesen willkürlich kontrolliert, bedroht, durchsucht und ihnen zwischen drei und 300 Euro abgenommen.

Ende Februar wurden der damalige Polizeihauptmeister R. und Polizeimeister Michael A. festgenommen. Mehrere Vietnamesen hatten sich gemeldet und von unglaublichen Übergriffen berichtet. In Uniform und mit Schlagstock bewaffnet waren die beiden Beamten ab Dezember 2009 auf Opfersuche gegangen. Zur ersten Tat kam es laut Anklage in der Nähe des S-Bahnhofs Baumschulenweg. Ein Vietnamese sollte den Ausweis zeigen und sich ans Polizeifahrzeug stellen. Sie kassierten seine Monatskarte ein.

Die beiden Angeklagten arbeiteten in der Einheit ,,Polizeiliche Sonderdienste", stationiert in Treptow. Die rund 100 Frauen und Männer sorgen beispielsweise bei Demonstrationen oder Fußballspielen für Sicherheit. ,,Und oft ging es um die Bekämpfung des illegalen Zigarettenhandels", sagte Udo R. Aber gerade da habe er gelitten. ,,Man sah keine Erfolge, wir schrieben eine Anzeige, eine Stunde später waren sie wieder da."

Als sie sich im letzten Dezember ,,ohnmächtig Straftätern gegenüber" fühlten, begann die Raubserie. ,,Wir haben das Geld in die eigene Tasche gesteckt", gestand R. Zwölf Opfer bei acht Taten. Eine erbärmliche Abzocke: Die Beamten erbeuteten drei, vier, mal zehn Euro. Udo R. meinte: ,,Wir haben uns das Geld geteilt." Der Richter machte kein Hehl aus seiner Fassungslosigkeit beim Lesen der Anklage.

Sie verdienten monatlich 2400 beziehungsweise 1800 Euro netto. ,,Das ist doch akzeptabel", hielt ihnen der Richter vor. ,,Es war eine Dummheit", meinte der einstige Polizeihauptmeister. Der 27-jährige Michael A., der kurz vor Beginn der Taten zum Beamten auf Lebenszeit ernannt worden war, meinte, er verstehe sein damaliges Verhalten auch nicht. ,,Ich hatte keine Schulden, ich habe mich wohl hinreißen lassen", nuschelte er.

Mehrfach hatten sie Sim-Karten von Handys zerstört, um Hilferufe der Opfer zu verhindern. Schläge wurden angedroht. Als ein Vietnamese nach dem Autokennzeichen sah, sei er laut Anklage von R. körperlich attackiert worden. Danach hatten sie den Mann im Dienstwagen ins Berliner Umland gebracht und nahe dem S-Bahnhof Zeuthen ausgesetzt. Ein anderer Vietnamese wollte sich gerade an einer Tankstelle Zigaretten kaufen, als ihm 18 Euro abgenommen wurden. Der Prozess wird am Dienstag fortgesetzt.


Aus: "Polizisten raubten aus Frust" Von Kerstin Gehrke (02.07.2010)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/berlin/polizei-justiz/polizisten-raubten-aus-frust/1873234.html (http://www.tagesspiegel.de/berlin/polizei-justiz/polizisten-raubten-aus-frust/1873234.html)

Title: [Der Staatsanwalt sprach von einer übersteigerten Motivation... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 05, 2010, 10:43:30 AM
Quote[...] Dem angeklagten Polizisten wird zur Last gelegt, bei einem Einsatz in der Silvesternacht 2008 in Schönfließ einen Mann vorsätzlich getötet zu haben. Der Staatsanwalt sprach von einer übersteigerten Motivation, durch die mit ,,dem Angeklagten der Jagdtrieb durchgegangen" sei. Für die beiden mitangeklagten Beamten forderte der Staatsanwalt jeweils eine Haftstrafe von neun Monaten auf Bewährung wegen versuchter Strafvereitelung.

Der Angeklagte soll während einer missglückten Festnahme insgesamt achtmal auf einen unbewaffneten Kleinkriminellen geschossen haben. Seine Kollegen hatten behauptet, durch die Silvesterböller nichts von den Schüssen mitbekommen zu haben. Die Verteidiger forderten in ihren Plädoyers jeweils Freisprüche für ihre Mandanten.

[...] die ,,Schussorgie" [habe] gegen das Brandenburger Polizeigesetz verstoßen, das den Einsatz von Schusswaffen nur erlaube, wenn der zu Verhaftende selbst bewaffnet sei. Im vorliegenden Fall hätten keine Indizien vorgelegen, die Schüsse seien daher ,,eine unzulässige Ballerei in einem Wohngebiet" gewesen, sagte Clement.

Auch die vom Angeklagten behauptete Notwehrsituation verwarf Clement. So habe Dennis J. das Fahrzeug nicht auf die Beamten zugesteuert, sondern habe nur fliehen wollen. Allerdings sei nur ein minderschwerer Fall des Totschlags gegeben, weil sich der Polizist durch die aufgeputschte Situation in einem ,,affektnahen Zustand" befunden habe.

...


Aus: "Polizeischüsse: Schönfließ: Haft für Polizist gefordert" (dpa, 29. Juni 2010)
Quelle: http://www.bz-berlin.de/tatorte/gericht/schoenflie-szlig-haft-fuer-polizist-gefordert-article900665.html (http://www.bz-berlin.de/tatorte/gericht/schoenflie-szlig-haft-fuer-polizist-gefordert-article900665.html)

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Quote[...] Die Verurteilung eines Berliner Polizisten wegen Totschlags hat zu heftigen Reaktionen geführt. Bereits bei der Urteilsverkündung am Samstag kam es im Landgericht Neuruppin zu Tumulten. Am Abend ging es in der Nähe des Hermannplatzes in Neukölln weiter. Dort hatten sich 100 bis 200 Menschen zu einer Kundgebung versammelt. Der Slogan "Uniform schützt vor Strafe" war auf einem der Transparente zu lesen. Pressefotografen berichteten der taz, die anschließende Spontandemonstration sei von Einsatzhundertschaften mit Pfefferspray und Schlagstöcken ausgesprochen rabiat aufgelöst worden.

Das Landgericht hatte am Vormittag den 36-jährigen Berliner Polizeikommissar Reinhard R. wegen Totschlags in minderschwerem Fall zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. R. hatte am Silvesterabend 2008 den Neuköllner Kleinkriminellen Dennis J. im brandenburgischen Schönfließ bei einem Festnahmeversuch erschossen.

Reinhard R. habe nicht in Notwehr gehandelt, befand das Gericht. Dass er zwei Jahre Haft auf Bewährung bekommen hat, empfinden die Freunde und Verwandten des Getöteten als viel zu milde. Ganz anders wird das Urteil in Anwaltskreisen gesehen. Dafür, dass das genaue Tatgeschehen nicht habe aufgeklärt werden können - das Gericht spricht im Urteil von mehreren möglichen Tatvarianten -, seien zwei Jahre ziemlich viel. Anwälte sprechen von einer Konzessionsentscheidung mit Rücksicht auf die Öffentlichkeit. Zwei Jahre seien so viel, dass R. nicht mehr Polizist sein dürfe, andererseits könne die Strafe ohne Probleme zur Bewährung ausgesetzt werden. So könne der Justiz nicht der Vorwurf gemacht werden, sie habe den Fall heruntergespielt.

R.s Verteidiger Walter Venedey kündigte Revision an. Er wirft der Staatsanwaltschaft Neuruppin Voreingenommenheit vor.

...


Aus: "Berliner Polizei kämpft um ihren Ruf" VON PLUTONIA PLARRE (05.07.2010)
Quelle: http://www.taz.de/1/berlin/artikel/1/polizei-kaempft-um-ihren-ruf/ (http://www.taz.de/1/berlin/artikel/1/polizei-kaempft-um-ihren-ruf/)

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Quote[...] Die zwei an dem Einsatz beteiligten Zivilfahnder wurden wegen versuchter Strafvereitelung zu Geldstrafen von 10.800 und 8.400 Euro verurteilt. Sie hätten versucht, R. zu decken.


Aus: "Nicht Jagdeifer, sondern Stress" VON PLUTONIA PLARRE (05.07.2010)
Quelle: http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/nicht-jagdeifer-sondern-stress/ (http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/nicht-jagdeifer-sondern-stress/)

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Quote[...] Gewaltanwendung gehört zum Tagesgeschäft der Polizei. Die Voraussetzungen und Handhabungen sind mehr oder weniger deutlich in Gesetzen geregelt, ansonsten gilt das Verfassungsprinzip der Verhältnismäßigkeit. Immer wieder auftretende Fälle mit tödlichem Ausgang zeigen jedoch, dass einige PolizistInnen in der Praxis überfordert sind. Begünstigt werden Misshandlungen durch mangelnde Kontrolle, durch Korpsgeist innerhalb der Einheiten und durch teilweise bedingungslose politische Rückendeckung. Daher muss man im Zusammenhang mit Prügel-PolizistInnen von strukturellen Problemen reden.

Am 14. Juli verurteilte ein Amtsgericht in Hamburg drei Polizisten aus Erfurt zu zwölf Monaten Haft auf Bewährung. Auf einer Versammlung gegen die Räumung des Hamburger Bauwagenplatzes Bambule im November 2002, bei der auch Polizeieinheiten aus anderen Bundesländern eingesetzt wurden, prügelten die drei Beamten mit Schlagstöcken auf zwei Männer ein und verletzten diese. Zu diesem Zeitpunkt wussten die Beamten nicht, dass sie Kollegen in Zivil aus Schleswig-Holstein vor sich hatten. Sie fühlten sich im Vertrauen auf den Korpsgeist innerhalb der Polizei vor Konsequenzen sicher.

...


Aus: "Strukturelles Problem Polizei" (philtrat.de, nr. 55)
Quelle: http://www.philtrat.de/volumes/55/strukturelles_problem_polizei (http://www.philtrat.de/volumes/55/strukturelles_problem_polizei)


Title: [Khaled Mohammed Said (Ägypten)... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 06, 2010, 08:53:30 AM
Quote[...] Der Chef des kleinen Internetcafes im Stadtteil Kleopatra von Alexandria jedenfalls kann es immer noch nicht fassen, was sich in jener Nacht zugetragen hat. Khaled Mohammed Said habe an einem der Computer gesessen, als plötzlich zwei Polizisten in Zivil hereinstürmten, berichtete er. Sie beschimpften den 28-Jährigen, drehten ihm die Arme auf den Rücken und hämmerten seinen Kopf auf eine Marmortischplatte, bevor sie ihn ins Freie zerrten. Am Rande der viel befahrenen Straße hieben sie seinen Kopf gegen ein Eisengatter und traten wie Furien auf den Bewusstlosen ein.

"Hört auf, der Mann stirbt", versuchten zwei Passanten sie abzuhalten. "Der simuliert nur", bekamen sie zur Antwort. Dann warfen sie den reglosen Körper in einen Wagen und fuhren zur nahe gelegenen Polizeiwache Sidigaber. Eine Viertelstunde später kehrte das Fahrzeug zurück, die Leiche wurde vor dem Internetcafe abgekippt. Der Brustkorb war zerquetscht, Schädel und Zähne eingeschlagen, das Gesicht verstümmelt – die schrecklichen Aufnahmen des Getöteten zirkulieren seither im Internet.

"Diese Fotos bieten einen seltenen Einblick in den alltäglichen Gebrauch brutaler Gewalt durch ägyptische Sicherheitskräfte. Ihre Mitglieder gehen davon aus, dass sie völlig unbehelligt bleiben und niemand später irgendwelche Fragen stellt", urteilte Amnesty International. Auch die Polizeiführung von Alexandria bestritt zunächst jede Verantwortung. Der 28-Jährige sei ein Drogenkonsument gewesen und an einem Haschisch-Päckchen erstickt, das er in Panik herunterschluckte, als man seine Personalien habe überprüfen wollen, hieß es in der offiziellen Erklärung.

Eine zweite Autopsie des eigens dafür exhumierten Opfers, die auf Druck des amerikanischen Außenministeriums zustande kam, tischte die gleiche Version noch einmal auf. 

...


Aus: "Ägypten: Gewalt durch Sicherheitskräfte – EU streitet mit Ägypten" Von Martin Gehlen (5.7.2010)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/ausland/2010-07/aegypten-europa-gewalt (http://www.zeit.de/politik/ausland/2010-07/aegypten-europa-gewalt)

Title: [Amnesty International dokumentiert Fälle (Polizeigewalt in D)... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 08, 2010, 03:13:58 PM
Quote[...] Berlin - Das Video vom 19. August 2006 zeigt Aufnahmen einer Demonstration gegen einen Neonaziaufmarsch in der Wisbyer Straße in Pankow. Plötzlich ist zu sehen, wie Unruhe entsteht, ein Trupp behelmter Polizisten in dicken Schutzanzügen stürmt durch die Menge, stürzt sich auf einen jungen Mann. Ein Beamter packt ihn am Hals, zwei weitere halten ihn fest. Der junge Mann wehrt sich nicht, kann sich nicht bewegen, trotzdem schlägt ihm ein Polizist die Faust ins Gesicht. Dann wird der Mann zu Boden gedrückt, ein Polizist kniet auf seinem Oberkörper. Als die Kamera näher herangeht, sieht man Blut auf dem Straßenpflaster. Im Krankenhaus wird ein Schädelbruch bei dem Festgenommenen diagnostiziert, noch heute trägt er Implantate im Gesichtsbereich.

Der junge Mann in dem Video ist Paul B., Biophysiker. Vor vier Jahren war der heute 31-Jährige noch Student, im letzten Jahr hat er sein Diplom gemacht. B. hat die drei Polizisten auf dem Video jetzt angezeigt. Wegen Falschaussage. Sie hatten vor Gericht behauptet, er sei vermummt gewesen, habe einen Stein in der Hand gehabt und sich bei der Festnahme heftig gewehrt. Ganz anders also, als es auf dem Video zu sehen ist. Die Staatsanwaltschaft hat jetzt Ermittlungen aufgenommen.

Paul B. wurde bei der Gerichtsverhandlung im Juli 2007 wegen besonders schwerem Landfriedensbruch und versuchter Körperverletzung zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten verurteilt. In der Verhandlung wurde ein Polizeivideo von der Demo gezeigt. Auch darauf sieht man den losstürmenden Polizeitrupp von der 12. Berliner Einsatzhundertschaft auf der Wisbyer Straße. Zur Festnahme schwenkt die Kamera aber nicht. Erst als Paul B. am Boden festgehalten wird, geht der Kameramann zu ihm hin. Ob der Student vorher einen Stein in der Hand hatte oder sich zur Wehr setzte, ist auf dem Video nicht zu erkennen.

Das zweite Video mit der eingangs beschriebenen Szene von B.s Festnahme ist vor einigen Wochen im linken Internetportal Indymedia aufgetaucht. Ein Journalist, der anonym bleiben will, hatte damals die Anti-NPD-Demo gefilmt und dabei eine ganze Reihe von polizeilichen Übergriffen dokumentiert. Zu sehen ist etwa, wie Beamte einem Demonstranten in den Unterleib treten, wie Sitzblockierer an den Ohren von der Straße gezogen werden, wie Polizisten Mund und Nase von Festgenommenen zudrücken, so dass diese keine Luft bekommen. Zu sehen ist auch Paul B. auf der Wisbyer Straße. Er ist nicht vermummt, hat keinen Stein in der Hand, und er wehrt sich nicht, als sich die Beamten auf ihn stürzen.

Das Video, auf das der Rechtsanwalt Sebastian Scharmer im Internet gestoßen ist, belegt B.s Aussagen vor Gericht. Und widerlegt die Angaben der Beamten von der Einsatzhundertschaft. Dabei waren selbst die Zeugenaussagen damals widersprüchlich. Zwei Zivilbeamte, die das Geschehen auf der Wisbyer Straße beobachteten, sagten aus, sie hätten bei B. keinen Stein gesehen. Die drei Beamten, die den Studenten überwältigten, blieben jedoch bei ihrer Aussage. Das Gericht hielt sie für glaubwürdiger, weil sie keinen Grund hätten, so der Richter, die Unwahrheit zu sagen.

Einen Grund hatten sie aber schon, denn auch B. hatte damals Anzeige erstattet wegen Körperverletzung. Das Verfahren wurde eingestellt. Als sich Paul B. in einem Brief hilfesuchend an die Senatsjustizverwaltung wandte, antwortete ihm Wochen später die Staatsanwaltschaft. Es gebe ,,erhebliche Zweifel" an seiner Darstellung, stand in dem Brief, und der Satz: ,,Ich darf Sie vorsorglich darauf hinweisen, dass auch die falsche Verdächtigung von Polizeibeamten eine Straftat und auch einen Bewährungsbruch darstellen kann."
Er habe das als Drohung empfunden, die Sache endlich ruhen zu lassen, sagt Paul B. heute. ,,Ich hatte Angst, ich muss ins Gefängnis, wenn ich weiter um mein Recht kämpfe." Erst als das Video im Internet auftauchte, habe er Mut gefasst, die Anzeige zu erstatten.

Aus Sicht von Anwalt Scharmer ist das, was seinem Mandanten widerfahren ist, kein Einzelfall. ,,Es gibt immer wieder Polizeigewalt, die aus Korpsgeist von Beamten vertuscht werden", sagt er. Das zeige auch der jetzt veröffentlichte Untersuchungsbericht von amnesty international. ,,Der eigentliche Skandal aber ist, und das zeigt sich auch bei Paul B., wie die Justiz damit umgeht", sagt Scharmer. ,,Es wird nur in eine Richtung ermittelt. Den Beamten wird mehr geglaubt als dem Opfer, auch wenn sie ganz offensichtlich eigenes Tatverhalten vertuschen wollen."



Aus: "Der Videobeweis: Von Polizisten misshandelt" von Andreas Förster (Berliner Zeitung, 10.07.2010)
Quelle: http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/berlin/302526/302527.php (http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/berlin/302526/302527.php)


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Quote[...] Prügel, Schikane, Willkür: Amnesty International dokumentiert Fälle von Polizeigewalt in Deutschland – einige davon mit tödlichem Ausgang.

[...] "Unsere Recherche hat gezeigt, dass ernstzunehmende Vorwürfe gegen Polizisten nicht gründlich ermittelt werden. In einigen Fällen werden Ermittlungen erst sehr spät aufgenommen, in anderen werden nicht alle Beweise erhoben, zum Teil steht  auch Aussage gegen Aussage. In solchen Fällen stellt die Staatsanwaltschaft schnell die Ermittlungsverfahren ein, so dass es erst gar nicht zur Gerichtsverhandlung kommt", sagt Monika Lüke. Für einen Rechtsstaat sei das bedenklich.

Die Organisation fordert eine Kennzeichnungspflicht für alle Polizeibeamten, eine Video- und Audioüberwachung in den Gewahrsamsbereichen der Polizei, die Verbesserung der Aus- und Fortbildung der Polizisten sowie die Information der Festgenommenen über Möglichkeiten zur Beschwerde oder Anzeigenerstattung. Die wichtigsten Empfehlungen von Amnesty betreffen aber die internen Ermittlungen. Die Menschenrechtsaktivisten verlangen, dass allen Vorwürfen gegen Polizisten nachgegangen wird und dass es unabhängige Untersuchungen gibt. Dafür seien spezialisierte Dezernate der Staatsanwaltschaft erforderlich und die ermittelnden Beamten dürften nicht aus der gleichen Einheit stammen wie die Beschuldigten.

"In Ländern, in denen es auch unabhängige Untersuchungsinstitutionen gibt, übernehmen diese auch die Aufarbeitung von Verstößen gegen Dienstvorschriften und machen Änderungsvorschläge", sagt Monika Lüke. "Daran  könnte sich Deutschland ein Vorbild nehmen."

...

Quoteschlechtmensch, 08.07.2010 um 12:32 Uhr


Polizisten Anzeigen!?! Weil es nichts bringt.

Das wird Ihnen Ihre Anwalt sagen. Und Sie brauchen ein unglaubliches Standing sich meist über Jahre immer wieder mit dem traumatischen Vorfall auseinanderzusetzen um am Ende doch nichts zu erreichen.

Das ist die bittere und traurige Wahrheit in unserem "Rechtsstaat".



Quote* 08.07.2010 um 12:34 Uhr
   * Theokrit

5. Alle Jahre wieder....

Das ist nun schon der dritte oder vierte Bericht von AI zu diesem Thema. Die Vorwürfe sind diesselben und die Fälle ähneln sich. Gerade die zuletzt angesprochenen Punkte (Kennzeichnungspflicht und Ermittlung durch unabhängige Behörden) wären immens wichtig, um Aufklärung bei Fehlverhalten durch Polizisten überhaupt möglich zu machen. Man möchte hoffen, dass sich zumindest tadellos verhaltene Polizisten für neutrale Ermittlungen einsetzten. So liefe man nicht Gefahr gegen die eigenen "Kameraden" zu ermitteln, um als "Nestbeschmutzer" zu gelten und soziale Repressionen in Form von Mobbing zu erleiden. Und wenn noch eine kleine Spitze erlaubt ist; was spricht gegen eine Kennzeichnungspflicht ?

"Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten."
Unsereiner muß ständig einen Ausweis bei sich führen, der mit biometrischen Fotos, Fingerabdrücken und demnächst noch elektronischen Chips ausgestattet ist. Bei Demonstrationen und Versammlungen sowie beim Einkaufen werden wir gefilmt. Bei der Kennzeichnungspflicht handelt es sich ja nicht einmal um eine Namensplakette, sondern lediglich um eine kodierte Nummer. Manch einem Innenpolitiker scheint mehr daran gelegen zu sein, die eigene Schutztruppe zu beschützen, als die Bürger seines Landes.
Kein Wunder, dass viele ihren "Freunden und Helfern" nicht mehr über den Weg trauen.


QuoteBrunt.FCA, 08.07.2010 um 12:46 Uhr


Problematisch

"Alle Gewalt geht von Staate aus" - schlimm genug, wenn dieses Recht von Seiten der Staatsgewalt zu exzessiv genutzt wird. Noch schlimmer aber, wenn niemand mehr die Straftäter innerhalb der Polizei zur Rechenschaft ziehen kann oder will. Die Glaub- und Vertrauenswürdigkeit von Polizei/Staatsanwaltschaft und der Gerichte steht nachhaltig auf dem Spiel.

Es solllte doch das ureigenste Anliegen der Polizisten sein, dass man Ihnen uneingeschränkt vertrauen kann. Verliert der Bürger das Vertrauen erschwert es nicht nur die Tätigkeit der Polizei, sondern führt oft genug zu neuen Straftaten, insbesondere zur Selbstjustiz.

Die Polizei ist mit ihrer Selbstüberwachung im wahrsten Sinne des Wortes allein gelassen. Warum sind nicht in allen Bundesländern alle Polizisten klar und eindeutig identifizierbar? Warum gibt es keine echte "interne Abteilung", die gegen Straftäter in Uniform ermittelt und diese den Gerichten zuführt? Warum wehrt sich der Großteil der "guten" Polizisten nicht vehement gegen die schwarzen Schafe in ihren Reihen? Selbstbereinigung sieht anders aus.

Niemand erwartet von der Polizei, perfekt zu sein - schliesslich sind Polizisten auch nur Menschen. Aber wenn der Rechtsstaat den Anspruch erhebt, zwischen Straftätern und Nicht-Straftätern mit Hilfe von Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichten unterscheiden zu wollen, dann muß dieser Anspruch gegenüber den eben genannten Organe genauso gelten.

Der Staat bin ich ... auch!


QuoteDonFuego, 08.07.2010 um 12:55 Uhr


Warum

Warum hat keines der Opfer Anzeige erstattet? Weil es nichts bringt? So ein Quatsch. Die sind wohl alle so schlau, dass sie das schon vorher wissen. Da ist doch was faul. Anzeige selbst gegen unbekannt geht immer.

Warum keine Kennzeichnungspflicht? Tja, sorry, aber da sind in erster Linie die linken Krawallmacher schuld. Da würde bei jeder Demo und bei jedem Fußballspiel die Justiz mit hunderten von abstrusen Verfahren blockiert werden. Und in einem Bundesland wie z.B. Bayern sind jede Woche Randale-Events. EIn Alptraum für die Gerichte.

By the way, es gibt interne Rechtsabteilungen bei der Polizei, die mit Disziplinarverfahren bei entsprechenden Vorfällen betraut sind.



Quoterakeller, 08.07.2010 um 13:00 Uhr


Nummer dran

Eine gut sichtbare Nummer, die getragen werden muss (kein Schild zum abnehmen für den Innendienst) könnte eine Menge Problem lösen. Jemand der Unsinn mit der Kennzeichnung macht, fliegt raus. Ggf. könnten die Nummern regelmäßig rotiert werden, um die Polizisten noch weiter zu schützen.

Nebenbei: Ich finde es verständlich wenn Polizisten unter Druck mal ausflippen, dass ist nur menschlich. Aber was Stress und was Willkür ist, sollten andere entscheiden, nicht nur die Kollegen in der Gruppe.

Der Innenminister ist ja eh dafür Anonymität abzuschaffen. Er kann ja mal beim Staat anfangen.



Quoteerwehner, 08.07.2010 um 13:01 Uhr


Ein wichtiges Thema

keine Frage. Jeder Polizeibeamte der Straftaten im Dienst verübt muss seiner Strafe zugeführt werden. Aber das Bild was hier von AI gezeichnet wird halte ich, gelinde gesagt, für übertrieben. Die Polizisten müssen sich doch mittlerweile mehrfach überlegen, ob sich überhaupt gegen Übergriffe wehren, damit sie sich nicht der Gefahr eines Straf,- bzw. Disziplinarverfahrens aussetzen. Die Forderungen am Ende des Artikels sind doch längst überholt von der Praxis und vielen Ländern bereits Realität.
Der Bericht von AI geht leider teilweise (!) an der Realität vorbei und bedient leider linke Klischees was Polizeigewalt in diesem Staat angeht.




Quotelapidar, 08.07.2010 um 13:03 Uhr


18. Diese Diskussion hatten wir schon 1970.

Das Argument gegen eine Kennzeichnung von Polizisten mit ihrer Dienstnummer war von konservativer Seite: "Das ist eine Verletzung der Menschenwürde der Polizisten. Ein Mensch ist schließlich keine Nummer."


Quotesummer_sun, 08.07.2010 um 13:04 Uhr


Hartes Vorgehen

Gegen Polizeigewalt und Missbrauch der Sonderstellung der Polizei muss massig und gründlich vorgegangen werden.

Polizisten haben eine Sonderstellung und werden auch von Gesetzgeber besonders geschützt. Umso schlimmer wenn diese Macht missbraucht wird

Ich meine 15 Fälle von denen die Rede ist sind nicht viel, verglichen mit der Anzahl an Polizisten und dem Zeitraum.
(mal davon abgesehen, dass es sicher eine gewisse Dunkelziffer gibt)

Ich bin froh, dass wahrscheinlich >99,9% der Polizisten korrektes Verhalten an den Tag legen.

Umso mehr muss gegen solche Sonderfälle, die nichts bei der Polizei verloren haben vorgegangen werden. Da müssen die Kollegen eventuell auch mal Courage zeigen und auch mal Ermittlungen anstoßen, weil wer kriegt so etwas besser mit als die Kollegen.



Quotemarkuslorenz, 08.07.2010 um 13:07 Uhr

Vor dem Gesetz sind alle gleich?

... Gibt es noch Aufrichtige in diesem Volk, die ernst machen mit dem Grundsatz:
"Vor dem Gesetz, sind alle gleich"

Unser Land verhöhnt diese Werte jeden Tag auf das Neue...


Quoteschlechtmensch, 08.07.2010 um 13:11 Uhr

Das ist doch das Schlimme..

.. dass es von der Politik eigentlich so gewollt ist.
In Berlin wehrt sich die CDU mit Händen und Füßen gegen eine Kennzeichnungspflicht.

Dadurch sind diese vermummten Schlägerbanden in Uniform wunderbar gegen demonstrierende Menschen einzusetzen. Durch eine Anzeige oder auch nur Aufnahme Ihrer Personalien, weil ein Polizist glaubte etwas gesehen zu haben, werden Sie erst einmal eingeschüchtert und kriminalisiert.

Denken Sie an den Fall der zwei Schüler, die sieben!! Monatelang in Untersuchungshaft sassen, weil zwei Polizisten auf einer Falschaussage beharrten und den erbärmlichen Prozess mit verloren gegangenen Beweismaterial und Schriftstücken, welche der Verteidigung vorenthalten wurden. Prozessterminverschleppung durch das Gericht und StA, etc., etc.
Und der richterlichen Minderbewertung (oder auch gar nicht Bewertung) von Aussagen ziviler Zeugen gegenüber den (wie inzwischen klar) unwahren Aussagen der Polizisten.

Aber statt die Polizisten dann mal in die Pflicht zu nehmen wird Ihnen attestiert "Sie hätten geglaubt die Wahrheit zu sagen"...

Die beiden zu Unrecht Beschuldigten wurden z.B. in der Sendung von M. Lanz -welche Sie mit ihren Verteidigerinnen besuchten - von Lanz mit den Worten verabschiedet sinngem.

"Na, was habt ihr daraus gelernt? Am nächsten 1.Mai nicht demonstrieren, sondern lieber Urlaub auf Mallorca"

Den sie sich mit den 9,50€ (Abzüglich Verpflegungsgeld!!!) pro Tag Haftentschädigung bestimmt jetzt leisten können.



QuoteAfa81, 08.07.2010 um 13:11 Uhr


Aufklärung im eigenen Interesse

Ich verstehe das mit dem Mangel an Aufklärung nicht. Der Ruf der Polizei ist eh schlechter als die Polizei selbst. Es wäre also absolut im Interesse der Polizei diese Einzelfälle aufzuarbeiten. Andernfalls werden die Bürger das Vertrauen in den Freund und Helfer (und in den meisten Fällen ist es ja so) noch total verlieren. Auf der anderen Seite darf natürlich die Strafe nicht höher sein, als gegenüber normalen Bürgern. Ich als normaler Bürger habe garkein Recht, Gewalt auszuüben, außer ich verteidige mich. Wenn ich jemandem den Kiefer breche... bekomme ich eine Anzeige und eine Strafe auf Bewährung. Es ändert sich nicht wirklich so viel für mich. Ein Polizist verliert seinen Job. Mag sein, dass viele das jetzt für gerecht halten. Aber das Leben des Beamten ist damit verwirkt, da er im Staatsdienst nicht mehr tätig sein kann und die Ausbildung zum Polizisten den Quereinstieg in eine andere Branche auch nicht unbedingt vereinfacht. Außerdem ist man vorbestraft. Polizisten sind auch Menschen. Und in den Einsätzen ist man sicher auch immer etwas emotional aufgeputscht. Wenn einem dann einmal die Hand ausrutscht oder schlimmer... verliert man den Job. Ich finde, man sollte das auch mal überdenken, denn diese extreme Angst wird sicher auch dazu führen, dass sich die Kollegen gegenseitig decken. Wenn sie mit einem Kollegen schon viele Jahre in einem Zimmer arbeiten und er soll seinen Job verlieren... ich weiß nicht, wie ich da handeln würde.


QuoteRobin123, 08.07.2010 um 13:14 Uhr


Naja

Korrektes Verhalten beinhaltet auch, Vergehen von Kollegen anzuzeigen. Insofern verhalten sich wohl eher 99% inkorrekt. Dieser Corpsgeist trägt zu einem Großteil des Problems bei.
Dazu kommt, dass dieses Thema zu wenig in Medien thematisiert wird. In Zeiten von Handykammeras ist im Internet sehr viel dokumentierte Polizeigewalt zu finden, einen Bericht an prominenter Stelle scheinrt dies leider oft dennoch nicht wehrt zu sein.



QuoteThomasBg, 08.07.2010 um 13:22 Uhr


Der Staat liebt die (Polizei)Gewalt

Eine echte Lobby haben Menschenrechte bei uns doch nur dann, wenn es darum geht, irgendwelchen Feindstaaten auf den Pelz zu rücken und Gründe dafür zu finden.
Dann werden deren echte (oder vermeintliche) Menschenrechtsverletzungen kampagnenhaft in der Presse breitgetreten.
Menschenrechtsverletzungen hingegen im eigenen Land oder in "bfreundeten" Staaten (um mal ein Extrembeispiel, wie Kolumbien oder, sagen wir, Tunesien zu nennen) sind nur ganz selten einmal ein Thema.

Ebenso die eigene Polizei: die meisten zuständigen Politiker haben kein Interesse daran, an dieser Situation etwas zu ändern. Stattdessen sind sie - wenn Regierungspartei - froh über die Knüppel der Polizei, und wenn sie so brutal eingesetzt werden, wie in den hier genannten Beispielen, umso besser. Das sorgt für Abschreckung und "Respekt" vor der Staatsgewalt der regierenden Politiker. Von denen können die Brutalo-Schläger dann noch ein klammheimliches Schulterklopfen ernten.
Und besonders rechte Politiker (auch beim rechten Flügel der SPD) langen hier gern ein wenig härter zu. Beim nächsten öffentlichen Auftritt werden sie (z.B. gegenüber Amnesty) dann klagen über die Brutalität der russischen Polizei oder Folter in China.
Wenn aber, wie bei den G-8-Demonstrationen geschehen, einer Demonstrantin mit einem Wasserwerferstrahl ein Auge herausgeblasen wird (was auch von den Medien gnädig ignoriert wurde), werden sie sagen "selbst schuld - wer dort demonstriert".


QuoteAfa81, 08.07.2010 um 13:25 Uhr

Jetzt nicht nur die eine Seite sehen

Gewalt erzeugt Gegengewalt. Das ist korrekt. Wenn Sie jedoch mal auf Demonstrationen in Berlin gehen, werde Sie feststellen, dass die Polizei dort wirklich von Beginn an auf schlimmste provoziert und beschimpft wird. Und das ist nicht nur kein Einzelfall, da kann man die Uhr nach stellen.
Also, man sollte jetzt vorsichtig sein, alle Polizisten zu verteufeln (was nicht Sie, aber viele hier machen), denn die meisten können mit dem Stress sehr gut umgehen. Am 1ten Mai waren 7000 Beamte in Berlin. All zu viele Videos hat man davon nicht gesehen, aber natürlich das eine, in dem einer dieser 7000 Polizisten zugeschlagen hat. Das sind 0.7 Promill. Wenn wir keinem Polizisten deshalb trauen dürfen, dann sind auch alle Nazis automatisch Mörder und alle Linken ebenfalls Gewalttäter oder Menschen die töten wollen. Und dass das Quatsch ist, muss man ja nicht erklären. Man sollte deshalb schon mit dem gleichen Maßstab messen.


QuoteC4, 08.07.2010 um 13:32 Uhr

Steck' einen Menschen in eine Uniform...

..., mach ihm klar, daß er für das, was er darin tut keine persönlichen Konsequenzen zu befürchten hat, und sehr schnell wird sein wirklicher Charakter offenbar werden. Und wie es scheint, fühlen sich gewisse Typen von Charakteren zu Berufen, bei denen sie Uniform tragen dürfen, in überdurchschnittlicher Weise hingezogen.



Quotelapidar, 08.07.2010 um 13:39 Uhr


Bitte bedenken Sie,

dass es die Aufgabe der Polizei ist Recht und Ordnung zu schützen. Deshalb ist es nicht hinnehmbar, dass Polizisten das Recht brechen, denn dann benötigen wir sie und das staatlich Gewaltmonopol nicht.

Insofern sind auch höhere Anforderungen an die Rechtstreue von Polizisten gerechtfertigt als an "normale" Bürger.

Antwort auf "Jetzt nicht nur die eine Seite sehen"


QuoteBra76ndy, 08.07.2010 um 13:40 Uhr

Bin ich hier bei Indymedia???

Es ist traurig, dass nun auch Die Zeit durch "Indymediapropaganda" in den Kommentaren lächerlich gemacht wird.
Warum wird diese Platform nun auch noch "missbraucht"?!?
Ich bin selber Polizist und ich muss sagen, vor mir muss niemand Angst haben. Auch sind Polizisten keine "Schläger in Uniform". Bei den ganzen Videos sieht man doch immer nur das gewünschte Zeitfenster, aber nicht, was davor und danach passierte.
Nach 15 Jahren Dienst kann ich nur sagen, der Respekt der "Bürger" tendiert gegen null gegenüber der Polizei. Und das hat nichts damit zu tun, dass einige Polizisten das Vertrauen in der Bevölkerung verloren haben. Ich muss mich permanent anpöbeln lassen und bin deshalb auch noch nicht ausgeflippt. Aber gut das Gewalt gegen Polizisten damit legitimiert wird, weil ein Polizist sich einen Augenblick nicht unter Kontrolle hatte.
Armes Deutschland...


QuoteTheokrit, 08.07.2010 um 13:42 Uhr

Das Polizisten-sind-auch-nur-Menschen-Phänomen

Einige Menschen, die im Alltag rundheraus jegliche Gewaltanwendung ablehnen, neigen dazu gewaltätigen Polizisten eine Sonderrolle zuzuschreiben. Versuchte ich hingegen, steinewerfende Demonstranten oder aggressive Hooligans damit zu entschuldigen, dass "jedem schließlich mal die Hand ausrutschen" könne, wäre der Aufschrei groß.
Gerade weil wir ein verfassungsmäßiges Gewaltmonopol in unserem Staate haben, müssen jene, die es ausüben besonderen Ansprüchen genügen. Ich habe kein Problem damit einem Polizisten außer Dienst die gleichen Rechte bei Affekttaten wie allen anderen zu genehmigen. Wenn der Polizist privat seinen Nachbarn im Streite schlägt, ist er genauso zu bewerten wie jeder andere x-beliebige Bürger. Macht er das gleiche unberechtigterweise im Dienst, sollte er aufgrund seiner Sonderrechte auch natürlich gegebenenfalls seinen Job verlieren oder zumindest von der Straße geholt werden.

...


Quoteth, 08.07.2010 um 14:05 Uhr

Also der Mixa hat seinen Job verloren,

weil er angeblich vor ca 15 Jahren oder so mal Kinder gehauen hat.


Quotedth, 08.07.2010 um 14:06 Uhr


Kritik

Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass Sie schon im normalen Alltag mit jede Menge Respektlosigkeit zu tun haben, die herunterzuschlucken einem einiges abverlangt. Schlimmer ist das sicher noch bei einem Einsatz im Rahmen von Demonstrationen oder Veranstalltungen wie der Fußballweltmeisterschaft. Da finden sich immer etliche, die einfach mal richtig die Sau raus lassen wollen. Dafür zolle ich Ihnen respekt.
Ich halte aber auch die Kritik von IA nicht für unangebracht. Gerade wenn man zu bestimmten Spezialeinheiten gehört, die regelmäßig Gewalt anwenden, eine geschworene Gemeinschaft bilden und dann noch während ihrer Einsätze vermummt sind, muss das ja dazu führen, dass Einzelne oder auch Gruppen sich irgendwie außerhalb der normalen Regeln fühlen.
Auch da wo die Polizei mit Menschen zu tun hat, die eine schwächere oder Glaubwürdigkeit Position haben als der durchschnittliche Bürger (illegale Einwanderer, Kleinkriminelle, Obdachlose, Drogenabhängige etc.) besteht natülich eine höhere Gefahr von Machtmissbrauch. Dass die Vorfälle dann von gewöhnlichen Staatsanwaltschaften untersucht werden, ist ein Problem. Es wäre wirklich sinnvoll, damit Staatsanwälte zu betrauen, die sich nicht auch mit den normalen Fällen beschäftigen und Ermittler einzusetzen, die außerhalb der normalen Hierarchien stehen. Auch die forderung nach der Identifizierbarkeit inbesondere von vermummten Spezialkräften ergibt Sinn. Die Nummern können ja auch pro Einsatz vergeben werden.

Antwort auf "Bin ich hier bei Indymedia???"





Aus: "Schläger in Uniform" Von Hauke Friederichs  (8.7.2010)
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2010-07/polizei-gewalt-amnesty (http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2010-07/polizei-gewalt-amnesty)

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Quote[...] Berlin. Einer Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamtinnen und -beamte erteilt die Gewerkschaft der Polizei (GdP) weiterhin eine klare Absage. Die von Amnesty International (ai) bei der Vorstellung ihres jährlichen Tätigkeitsberichts erhobene Forderung, so der GdP-Bundesvorsitzende Konrad Freiberg, blende komplett aus, dass Polizistinnen und Polizisten während ihrer Einsätze aus vielerlei Blickwinkeln gefilmt oder fotografiert würden, diese Videos und Fotos nahezu unendlich lange im Internet abrufbar blieben und so eine Verfolgbarkeit bis ins Private hinein sehr leicht möglich sei.
Konrad Freiberg: ,,Es ist eine nicht akzeptable Zumutung für die Einsatzkräfte, wenn sie über ihren Dienst hinaus, permanent mit ihrer beruflichen Tätigkeit konfrontiert werden und in ihrer Freizeit Beschimpfungen, Sachbeschädigungen und Nachstellungen erleiden müssten." Bei der Betrachtung solcher vor allem in linken Internetszenen abrufbaren Einsatzvideos falle auf, dass einerseits Polizeikräfte durchaus detailliert zu erkennen seien, während das sogenannte polizeiliche Gegenüber oft durch das digitale Verwischen von Gesichtern unkenntlich gemacht würden. Freiberg: ,,Bevor ernsthaft über eine Kennzeichnungspflicht diskutiert werden kann, sollte zunächst geklärt werden, inwieweit durch das Einstellen solcher Videos in für jedermann zugängliche Internetplattformen, die informationelle Selbstbestimmung von Polizeibeamtinnen und -beamten beschnitten wird."

Ablehnend steht die GdP auch der ai-Forderung gegenüber, so genannte unabhängige Kontrollgremien für die Aufarbeitung von Polizeieinsätzen einzuführen. Freiberg: ,,Es spricht nicht gerade für ein fundamentales Vertrauen in unseren Rechtsstaat, wenn über parlamentarische Ausschüsse, innerpolizeiliche Kontrollstrukturen und letztlich auch über die Justiz hinaus, noch eine weitere Instanz über die Polizei urteilen soll. Wer kann denn diese Unabhängigkeit noch übertreffen?"

Nicht überrascht zeigte sich Freiberg über die Feststellung, dass es in Deutschland keine systematische Polizeigewalt gebe. Der GdP-Vorsitzende: ,,Angefangen von der Auswahl von Beamten, über die Aus- und Fortbildung und den späteren Einsatz bildet die Polizei das demokratische Rechtsverständnis ab, dass in unserem Grundgesetz niedergeschrieben wurde. Auf ihre hohe Professionalität und ihre hohe Akzeptanz in der Bevölkerung können wir stolz sein."


Aus: "GdP lehnt amnesty-Forderung nach Namensschildern ab" Gewerkschaft der Polizei Bundesvorstand  (08.07.2010)
Quelle: http://www.gdp.de/gdp/gdp.nsf/id/DE_ai_Jahresbericht (http://www.gdp.de/gdp/gdp.nsf/id/DE_ai_Jahresbericht)

Title: [Der Mann in blau (D, 2010, Aspekte zur Staatsgewalt)... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 14, 2010, 03:27:03 PM
Quote[...]  12. September 2009: In Berlin demonstrieren Zehntausende gegen Datenspeicherung. Die "Freiheit statt Angst"-Demo verläuft weitgehend friedlich. Am Rande kommt es aber zu einem gewalttägigen Übergriff von Polizisten. Noch am Abend macht ein Video  im Internet die Runde, auf dem zu sehen ist, wie zwei Beamten einen Radfahrer - wegen seines T-Shirts später "Mann in blau" genannt - anscheinend grundlos attackieren und heftig ins Gesicht schlagen. Weitere Videos tauchen auf. Der Radfahrer erstattet Anzeige. Die Polizisten erstatten Gegenanzeige, wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte. Die beiden Beamten behaupteten, der Mann in Blau sei durch Stören aufgefallen, habe Platzverweise erhalten und Widerstand geleistet.

Nach einem dreiviertel Jahr läuft das Verfahren gegen die Beamten noch, das gegen den "Mann in blau" wurde jetzt sang- und klanglos eingestellt. Eine "Schweinerei" sei es, dass es so lange gedauert hat, sagt sein Rechtsanwalt Johannes Eisenberg. Die Polizei habe einen Komplott geschmiedet, seinen Mandanten verleumdet. "Dabei sind die Polizeibeamten knallharte Schläger, das sieht man in den Videos deutlich."

Eisenberg spielte selbst den Ermittler und ließ vier Videos des Vorfalls mit zwei Polizeivideos synchronisieren. Sie wurden nebeneinander gestellt, so dass das Geschehen gleichzeitig aus mehreren Perspektiven zu sehen ist. Dabei wird deutlich: Der Verprügelte hat nicht gestört, keinen Widerstand geleistet, wurde nicht festgenommen. Die Polizeigewalt war grundlos.

Bis diese Erkenntnis auch zur Staatsanwaltschaft durchdrang, dauerte es neun Monate. "Hinweise auf aktiven Widerstand, den die vernommenen Beamten lediglich pauschal behaupten, lassen sich dem Video nicht entnehmen", zitiert Eisenberg aus der Abschlusserklärung der Staatsanwaltschaft, mit der das Verfahren eingestellt wurde. "Es gab für den Faustschlag in das Gesicht des Radfahrers keinen Grund", heißt es weiter. Daraus folgert die Staatsanwaltschaft schließlich Bemerkenswertes: "Er [der Radfahrer, d. Red.] hätte sich insoweit dieser Maßnahme im Weiteren auch (straflos) widersetzen dürfen."

"Der Bürger darf sich gegen Polizeigewalt wehren, Gleiches mit Gleichem vergelten", folgert Eisenberg. Wenn sein Mandant körperlich in der Lage gewesen wäre, hätte er demnach zurückschlagen dürfen. Folgt auch die Staatsanwaltschaft dieser Interpretation? "Kein Kommentar", sagt Sprecher Martin Steltner. Wie lange werde das Ermittlungsverfahren gegen die Polizeibeamten noch dauern? "Kein Kommentar", so Steltner. Inwieweit haben die Videos zur Einstellung des Verfahrens beigetragen? Auch dazu "kein Kommentar" vom Sprecher der Staatsanwaltschaft.

"Vor allem der Zusammenschnitt der Videos hat dazu beigetragen, dass die völlig entgegengesetzten Behauptungen der Polizeibeamten widerlegt wurden", sagt Andy Müller-Maguhn, Vorstand des Chaos Computer Clubs, dessen Mitstreiter vor allem den Vorfall filmten. "Wir hoffen, dass auch nicht-technikaffine Demoteilnehmer ermutigt werden, eine Kamera mitzunehmen und zu filmen", so Müller-Maguhn. Nicht nur im Falle einer Ermittlung könne das - wie der Fall zeige - sinnvoll sein. "Vielleicht hat das ja auch präventive Wirkungen und ändert das Verhalten der Polizisten."

Quote14.07.2010 11:33 Uhr:
von groooveman:

Ich wette 1 zu 1.000.000 dass das Gericht anders entschieden hätte WENN sich der Mann in Blau gewehrt hätte. Das theoretische Recht auf Widerstand gegen ungerechtfertigte Polizeiübergriffe existiert nämlich in der Praxis nicht.
Insofern ist diese Aussage des Gerichts eine bodenlose Heuchelei. Trotzdem Glückwunsch an den betroffenen dass das Verfahren eingestellt wurde..


Quote14.07.2010 11:14 Uhr:
von einer:

Das Bittere ist, daß wir hier einen Präzedenzfall erfolgreicher Videoüberwachung haben ...


Quote#
14.07.2010 10:53 Uhr:
von Maik Bender:

"Wir hoffen, dass auch nicht-technikaffine Demoteilnehmer ermutigt werden, eine Kamera mitzunehmen und zu filmen", so Müller-Maguhn. Nicht nur im Falle einer Ermittlung könne das - wie der Fall zeige - sinnvoll sein. "Vielleicht hat das ja auch präventive Wirkungen und ändert das Verhalten der Polizisten."

Naja, es wird wohl eher so sein, dass die Einsatzkräfte darauf gedrillt werden, Handyfilmerm gezielt die Geräte abzunehmen. Ist ja auch schon gängige Praxis ...


Quote14.07.2010 10:40 Uhr:
von lalala:

unüerlegtes filmen auf demos kann in manchen fällen positiv sein. aber in den meisten fällen liefert es den cops material für anklagen. was meint ihr warum demos polizeilich abgefilt werden?


Quote14.07.2010 10:11 Uhr:
von vantast:

"Hätte sich wehren dürfen?" Der Staatsanwalt hat keine Ahnung. Das Opfer hatte Glück, daß genügend Videos existieren, sonst sähe das Ergebnis ganz anders aus.
Polizeiführung und Staatsanwaltschaft machen sich normalerweise mit falsch verstandener Kameraderie mit den Polizeischlägern gemein, nur hier war der Männerbund am Ende. Und genau so etwas führt zur Aggression gegen Polizisten, die Büttel (Knüppel) des Staates.



Quote#
14.07.2010 09:17 Uhr:
von manni:

"Der Mann hätte sich gegen die Polizeigewalt wehren dürfen. "
Ja klar, sehr realitätsnah. Darauf warten die doch nur.


Quote14.07.2010 09:10 Uhr:
von Ernst:

Würde mich jetzt mal doch interessieren was passiert wären wenn der gute sich gewehrt hätte...

Jedenfalls wäre er sicher nicht freigesprochen worden!!!



Aus: "Nach Angriff auf "Freiheit statt Angst"-Demo: Rückschlag für die Polizei" (14.07.2010)
Quelle: http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/rueckschlag-fuer-die-polizei/ (http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/rueckschlag-fuer-die-polizei/)

Title: [Zum festen Ablauf gehört auch (Russland)... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 02, 2010, 10:21:13 AM
Quote[...] Es ist zum festen Ritual geworden. An jedem 31. eines langen Monats geht Russlands Opposition auf die Straße, um an die Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit zu erinnern, die Artikel 31 der russischen Verfassung garantiert. Zum festen Ablauf gehört auch, dass Moskaus Machthaber die Genehmigung der Veranstaltungen seit nunmehr zwei Jahren verweigern.

Trotz des Verbots versammelten sich auch am Samstag 500 Oppositionelle auf dem Platz des Triumphes. Mehrere Hundertschaften der Polizei warteten im Zentrum Moskaus auf die Teilnehmer des "Marsches der Andersdenkenden". Mehr als 70 Demonstranten wurden festgenommen und auf ein Revier in der Innenstadt gebracht.

[...] Auch in Sankt Petersburg lösten Sicherheitsorgane eine nicht genehmigte Demonstration auf und nahmen 60 Teilnehmer vorübergehend fest. In Moskau hatte die Stadtregierung die Veranstaltung mit dem Hinweis verboten, dass bereits Russlands Automobilistenverband den Platz des Triumphes für ein Festival gebucht hatte. Im Mai waren es Blutspender aus dem Umfeld kremlnaher Jugendverbände, die der Opposition den Platz streitig machten. Gegen die Demonstranten, die sich am Rande der Blutspendeaktion versammelten, ging die Polizei mit bis dahin ungekannter Härte vor.

Das war wohl auch der Grund, warum die Vorsitzende der Moskauer Helsinki-Gruppe Ludmilla Alexejewa vor der Aktion vom Wochenende ankündigte, die Oppositionellen würden dem offiziellen Verbot Rechnung tragen und keine Demonstration veranstalten. Zur Wahrung der Tradition wolle man sich jedoch "einfach versammeln". Auf Plakate, Lautsprecher und Sprechchöre, von denen sich Machthaber und Miliz verletzt fühlen könnten, wolle man verzichten. Die Teilnehmer würden ihren Dissens lediglich durch "31"-Sticker an der Kleidung zum Ausdruck bringen. Der Vorschlag zur Güte traf bei der Polizei nicht auf Gegenliebe. Umgehend kassierte sie bekannte Oppositionelle ein, sobald sie sich in der Nähe des Veranstaltungsortes zeigten.

Zu den Festgenommenen in Moskau gehörten auch mehrere Mitglieder einer Bürgerinitiative, die sich für den Schutz des Waldes in Chimki vor den Toren Moskaus einsetzen. Sie kritisierten, dass die "grüne Lunge" einer Autobahn nach St. Petersburg geopfert werde. Der Kampf um den Wald ist seit Wochen Anlass beispiellosen Bürgeraufruhrs. Die Waldschützer fordern von den Planern des Projekts, dass sie das Waldstück umgehen.

...


Aus: "Dutzende Demonstranten verhaftet: Der Kreml schlägt zu" (01.08.2010)
Quelle: http://www.taz.de/1/politik/europa/artikel/1/der-kreml-schlaegt-zu/ (http://www.taz.de/1/politik/europa/artikel/1/der-kreml-schlaegt-zu/)

Title: [Erna Gertrude Wazinski... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 07, 2010, 05:08:45 PM
Erna Gertrude Wazinski (* 7. September 1925 in Ihlow; † 23. November 1944 in Wolfenbüttel) war eine deutsche Rüstungsarbeiterin, die im Alter von 19 Jahren wegen angeblicher Plünderung nach dem Bombenangriff vom 15. Oktober auf Braunschweig von einer Nachbarin denunziert und vom Sondergericht Braunschweig auf Grundlage der am 5. September 1939 erlassenen Verordnung gegen Volksschädlinge (VVO) als ,,Volksschädling" zum Tode verurteilt wurde...
http://de.wikipedia.org/wiki/Erna_Wazinski (http://de.wikipedia.org/wiki/Erna_Wazinski)



Mit der Ausdehnung der sachlichen Zuständigkeit der Sondergerichte[3]  verbanden die nationalsozialistischen Machthaber erhebliche Strafverschärfungen. Die Anzahl der Delikte, die mit Todesstrafe geahndet werden konnten, stieg bis 1943/1944 auf 46 an. Eine neue zentrale Strafbestimmung war die so genannte Volksschädlingsverordnung. ...
http://de.wikipedia.org/wiki/Sondergericht (http://de.wikipedia.org/wiki/Sondergericht)


Walter Lerche (* 7. Oktober 1901 in Vorsfelde; † 26. Dezember 1962 in Wolfenbüttel) war ein promovierter Jurist und Richter. Er wurde Vorsitzender des Sondergerichts Braunschweig und nach 1945 Oberlandeskirchenrat und später zum zweiten Präsidenten der Generalsynode der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands gewählt. [...] Er war als Vorsitzender des Sondergerichts maßgeblich an der Verurteilung der 19jährigen Erna Wazinski beteiligt, die durch eine Denunziation wegen angeblicher Plünderei nach dem Bombenangriff auf Braunschweig am 15. Oktober 1944  zum Tode verurteilt wurde. Dieser Fall beschäftigte die Braunschweiger Gerichte bis zum März 1991, als dieses Urteil aufgehoben wurde. Nach neuester Forschung war Lerche nachweislich an 59 Todesurteilen des Sondergerichts Braunschweig beteiligt. ....
http://de.wikipedia.org/wiki/Walter_Lerche (http://de.wikipedia.org/wiki/Walter_Lerche)


Die Verordnung gegen Volksschädlinge, gemeinhin als Volksschädlingsverordnung (VVO) bezeichnet, wurde nur vier Tage nach Beginn des Zweiten Weltkriegs  am 5. September 1939 erlassen und sollte der nationalsozialistischen Justiz ein wirksames Instrument zum Schutz der ,,inneren Front" zur Verfügung stellen. Die einzelnen Tatbestände und Strafrahmen waren hierbei bewusst äußerst weit gefasst, so dass auch für sehr geringfügige Taten die Todesstrafe verhängt werden konnte. ...
http://de.wikipedia.org/wiki/Volkssch%C3%A4dlingsverordnung (http://de.wikipedia.org/wiki/Volkssch%C3%A4dlingsverordnung)

Title: [Carlo Giuliani... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 30, 2010, 03:29:50 PM
Quote[...] Über Nacht sind mit großem Sondereinsatz der Stadtreinigung die Straßen gesäubert, die verbrannten Mülltonnen weggeräumt, die Scherben eingesammelt worden. Doch niemand kann jenes Bild wegräumen, das Bild des toten Demonstranten auf dem Asphalt. Blaue Hose, weißes Unterhemd, schwarze Mütze, die Kopf und Gesicht bedeckt. In einer großen Blutlache liegt er da, getötet von einer sinnlosen, blinden Gewalt, die auf beiden Seiten der Barrikade immer stärker wuchs.

Lange Stunden blieb die Identität des Mannes unbekannt, ein Handy war das einzige persönliche Erkennungszeichen seines Lebens. Um 17 Uhr 30 fielen die Schüsse, Stunden später erst wurde bekannt, dass es sich um Carlo Giuliani handelte, den Sohn eines bekannten Genueser Gewerkschafters. Carlo war 23 Jahre alt und wurde von einem 20-jährigen Carabiniere erschossen. Der erste Tote einer Bewegung, die ausgehend von Seattle 1999 die ganze Welt erreichte.

Die Rekonstruktion der Ereignisse kommt zu folgendem Ergebnis: Nach gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Grüppchen von Demonstranten und Carabinieri mit einem heftigen Austausch von Steinen und Tränengasbomben stößt ein Polizei-Jeep in einer Seitenstraße mit einem Müllcontainer zusammen. Das hintere Fenster wird dabei zersplittert, das Fahrzeug kann nicht mehr starten. Es wird von einer kleinen Gruppe von Demonstranten umzingelt, sie werfen Steine auf das Auto. Carlo Giuliani nähert sich den im Auto gefangenen Carabinieri mit einem Feuerlöscher, der später auch als Gasflasche beschrieben wird. Aus unmittelbarer Nähe fallen aus dem Jeep zwei Schüsse. Demonstranten sagen hinterher, ein Schuss könne sich zufällig lösen, zwei Schüsse aber bewiesen eine Tötungsabsicht. Carlo Giuliani bricht auf dem Boden zusammen, es bildet sich eine Blutlache. Er selbst soll nach einem Krankenwagen gerufen haben. Kurz danach setzt der Jeep zurück, um wegzufahren, und überfährt dabei den am Boden Liegenden.

Jede Hilfe kam für ihn zu spät. Ein Fotograf der Nachrichtenagentur Reuters fotografierte die gesamte Sequenz, deren Bilder später die Weltöffentlichkeit erreichen werden. Der Carabiniere wird wegen eines Schockzustands im Krankenhaus behandelt. Die Staatanwaltschaft von Genua klagt ihn im Laufe der Nacht wegen Totschlags an. Das Innenministerium veröffentlicht am späten Abend die Erklärung, dass der junge Carabiniere in einer Situation von Notwehr von seinem legitimen Recht auf Verteidigung Gebrauch gemacht habe. Die parlamentarische Linksopposition fordert den Innenminister auf, im Parlament über die Umstände des Todes von Carlo Giuliani zu berichten. Die Kommunisten fordern die Annullierung des Gipfels und den Rücktritt des verantwortlichen Ministers.

Trümmer liegen auf den Straßen, Steine, gesplittertes Glas. Immer wieder flammt die Wut auf, immer wieder kommt es zu kleineren Rangeleien mit der Polizei. Mit den Rufen "Assassini", "Mörder", ziehen einzelne Jugendliche durch die Straßen. Hubschrauber überfliegen die Stadt. Gegen 23 Uhr verlässt George Bush Genua, um in einem weit entfernten Militärbunker die Nacht zu verbringen.

...


Aus: "G-8-Gipfel: Am Boden" Von Ruth Reimertshofer (22.07.2001)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/zeitung/g-8-gipfel-am-boden/243152.html (http://www.tagesspiegel.de/zeitung/g-8-gipfel-am-boden/243152.html)


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Quote[...] Der im Jahr 2001 erschossene Demonstrant Carlo Giuliani sei Teil «einer Meute Wölfe» und einer «Guerilla» gewesen, die äusserst aggressiv auf die Polizei losging. Dies sagte ein Berlusconi-Vertreter heute in Strassburg.

Im Prozess zum Tod eines Demonstranten beim G-8-Gipfel von Genua hat die italienische Regierung vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte das Vorgehen der Polizei gerechtfertigt. Rund 70 gewalttätige Demonstranten hätten sich «wie eine Meute Wölfe» auf einen Geländewagen der Polizei gestürzt, sagte der Rechtsvertreter Italiens, Nicola Lettieri, am Mittwoch vor dem Strassburger Gericht.

Bei den Zusammenstössen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften am Rande des G-8-Gipfels vom Juli 2001 war der damals 23 Jahre alte Carlo Giuliani von einem jungen Polizisten angeschossen und anschliessend von einem Geländewagen der Polizei überfahren worden. «Die Polizisten haben in legitimer Notwehr gehandelt», betonte Lettieri. Die gewalttätigen Demonstranten hätten mit ihrer «Guerilla»-Aktion nicht nur die Polizei angegriffen, sondern auch die Bürger Genuas. Dafür dürfe der italienische Staat nicht zum «Sündenbock» gemacht werden.

Carlo Giuliani habe an dieser «Guerilla» teilgenommen, sagte der Vertreter der Berlusconi-Regierung weiter. Er habe andere in Gefahr gebracht und damit auch sich selbst. Er dürfe nun nicht auf den «Sockel des Märtyrers» gehoben werden. Lettieri zufolge nahmen an den Demonstrationen rund 100'000 Gipfel-Gegner teil. Etwa zehntausend von ihnen seien gewalttätig gewesen.

Die Eltern und die Schwester des getöteten Demonstranten werfen Italien vor, unverhältnismässig hart gegen die Demonstranten vorgegangen zu sein. Die Polizisten seien nicht mit Gummigeschossen, sondern mit scharfer Munition ausgerüstet gewesen, sagte der Anwalt der Hinterbliebenen, Nicolo Paoletti. Der nur 20 Jahre alte Polizist, der den tödlichen Schuss abgefeuert hatte, sei zudem völlig unerfahren gewesen. Er habe nur ein dreimonatiges Training erhalten, was für den Einsatz bei den Demonstrationen völlig unzureichend gewesen sei.

Die Beschwerdeführer werfen den Behörden des damaligen und heutigen Regierungschefs Silvio Berlusconi ausserdem vor, keine wirksamen Ermittlungen gegen den fraglichen Polizisten vorgenommen zu haben. Der Fall sei nie vor Gericht gebracht, sondern einfach zu den Akten gelegt worden. «Wir sollten uns schämen für das, was passiert ist», sagte Paoletti vor den 17 Richtern der Grossen Kammer des Gerichtshofs.

Eine kleine Kammer des Strassburger Gerichts hatte Italien im August 2009 verurteilt – aber nur wegen Fehlern bei den Ermittlungen. Dagegen hatten beide Parteien Rechtsmittel eingelegt und die Grosse Kammer angerufen. Deren Urteil, das dann definitiv ist, wird erst in einigen Monaten erwartet. (sam/AFP)



Aus: "Italien rechtfertigt Todesschuss am G-8-Gipfel" (29.09.2010)
Quelle: http://www.tagesanzeiger.ch/ausland/europa/Italien-rechtfertigt-Todesschuss-am-G8Gipfel/story/17899325 (http://www.tagesanzeiger.ch/ausland/europa/Italien-rechtfertigt-Todesschuss-am-G8Gipfel/story/17899325)


Carlo Giuliani (* 14. März 1978 in Rom; † 20. Juli 2001 in Genua)
http://de.wikipedia.org/wiki/Carlo_Giuliani (http://de.wikipedia.org/wiki/Carlo_Giuliani)

Title: [Lektion in Staatskunde (Stuttgart 21, D, 2010)... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 02, 2010, 09:12:23 PM
Quote[...] Baden-Württembergs Innenminister Heribert Rech (CDU) warf den Demonstranten vor, aus grundsätzlicher Antipathie gegen den Staat zu handeln. Es gehe ihnen ,,schon längst nicht mehr um dieses Bahnprojekt, sondern darum, es diesem Staat zu zeigen und demokratisch gefällte Entscheidungen einfach zu ignorieren", sagte Rech am Montag dem Radiosender Bayern 2 des Bayerischen Rundfunks (BR). Erneut bezeichnete er den Polizeieinsatz vom vergangenen Donnerstag, bei dem laut Behörden mindestens 130 Menschen verletzt wurden, als ,,verhältnismäßig".

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Aus: "StuttgartJustizminister Goll (FDP) hält Stuttgart 21-Gegner für ,,wohlstandsverwöhnt"" (04.10.2010)
Quelle: http://www.focus.de/politik/weitere-meldungen/stuttgart-justizminister-goll-fdp-haelt-stuttgart-21-gegner-fuer-wohlstandsverwoehnt_aid_558726.html (http://www.focus.de/politik/weitere-meldungen/stuttgart-justizminister-goll-fdp-haelt-stuttgart-21-gegner-fuer-wohlstandsverwoehnt_aid_558726.html)


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Quote[...] Rund zwanzig Stunden nachdem die Videos über den brutalen Einsatz der Polizei gegen die Gegner von "Stuttgart 21" übers Netz liefen und von Hunderttausenden von Menschen geklickt worden waren, meldet sich der Stuttgarter Polizeisprecher zu Wort und beschuldigt die Demonstranten der Gewalttätigkeit. Indessen dokumentieren die Bilder und Videos rohe Polizeigewalt.

Natürlich kann, wer die Kontrolle über die Bilder verloren hat, keine Definitionshoheit über Ereignisse reklamieren. Eine Binsenweisheit. Doch unverdrossen fahren die Entscheider Kriminalisierungsstrategien, die einst in Mutlangen, Wackersdorf oder Gorleben erfolgreich waren. Damals konnte die Staatsmacht alles auf Eskalation setzten, um genau diese anschließend zur Freude der bürgerlichen Mitte den "Chaoten" anzulasten. Aber meine Güte, das ist 20, 30, 40 Jahre her. Wo leben die Politiker und ihre Helfershelfer denn?

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Aus: "Schwarz-gelber Kontrollverlust" KOMMENTAR VON INES KAPPERT (03.10.2010)
Quelle: http://www.taz.de/1/debatte/kommentar/artikel/1/schwarz-gelber-kontrollverlust/ (http://www.taz.de/1/debatte/kommentar/artikel/1/schwarz-gelber-kontrollverlust/)


-.-

Quote[...] 24 Stunden nach dem Einsatz versuchen sich Innenminister Heribert Rech (CDU), Landespolizeipräsident Wolf Hammann und der Stuttgarter Polizeipräsident Siegfried Stumpf in einer eilends einberufenen Pressekonferenz im Landtag gegen die anschwellende Kritik zu rechtfertigen. "Wir haben im Augenblick keinerlei Anhaltspunkte für Fehlverhalten der Polizei", beteuert Minister Rech und weist Rücktrittsforderungen an seine Person zurück. Im selben Atemzug verspricht Rech: "Es bleibt hier nichts unaufgeklärt."

...


Aus: "Stuttgart-21-Demo: Polizeipräsident in Erklärungsnot" (02.10.2010)
Von Michael Isenberg und Wolf-Dieter-Obst
Quelle: http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.stuttgart-21-demo-polizeipraesident-in-erklaerungsnot.c4ed2f96-ddf4-4514-9577-bf113d134b12.html?page=0 (http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.stuttgart-21-demo-polizeipraesident-in-erklaerungsnot.c4ed2f96-ddf4-4514-9577-bf113d134b12.html?page=0)


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Quote[...] Bei den Protesten am Donnerstag war es zu einer Gewalteskalation seitens der Polizei gekommen; nach Behördenangaben waren 130 Demonstranten durch den Einsatz verletzt worden. Nach Angaben der Demonstranten gab es weitere 280 Verletzte, darunter zahlreiche Schüler und auch ältere Menschen.

...


Aus: "Polizei-Gewalt bei "Stuttgart 21" Experten geben Politik Schuld am Demo-Debakel" (02.10.2010)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,720882,00.html (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,720882,00.html)


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Quote[...] Der Protest hat sich abgelöst von den Ungereimtheiten der Planungsakten, von der Kostendebatte, von der Frage, ob nicht Bildung wichtiger sei für Baden-Württemberg als dieses Schienenprojekt, er hat einen neuen Bezugspunkt gefunden, die Vorstellung von einer Politik, die eben auch Kinder prügeln lässt, um ihre Interessen durchzusetzen.

[...] Die Demonstranten sind wütend über die Presskonferenz, die der Innenminister Heribert Rech (CDU) am Vormittag gegeben hatte und in deren Verlauf er sagte: "Wir haben im Augenblick keinerlei Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten der Polizei." Der Stuttgarter Polizeipräsident Siegfried Stumpf hatte hinzugefügt, es sei schon "eine Dreistigkeit" auch von Jugendlichen, wenn sie Einsatzfahrzeuge der Polizei bestiegen und auch trotz geduldiger Ansprache nicht von ihrem Tun abließen. Jetzt, so rufen Aktivisten der Gruppe "Parkschützer" ins Mikrofon, sollten die Opfer also auch noch nachträglich kriminalisiert werden.

...

Quote* 02.10.2010 um 10:27 Uhr
   * ngw16

... Bürger sind keine Untertanen, auch wenn manche Politiker das so sehen wollen.



Quote* 02.10.2010 um 11:04 Uhr
   * ichschreibe


... in Deutschland haben wir ein schizophrenes Verhältnis zum Staat. Alle möglichen Leistungen werden gerne selbst in Anspruch genommen und dafür kritisiert, dass sie zu niedrig seien. All jene Leistungen, auf die man selbst keinen Anspruch hat, aber andere, werden dafür kritisiert, dass sie zu hoch seien. Und im Übrigen ist man immer durch alle Schichten hindurch voller Häme gegenüber den Regierenden, die man noch wenige Monate zuvor selbst gewählt hat.

...

Und zur Demo: Auch hier kommt die Schizophrenie zutage. Die Polizei macht genau das, was man - insbesondere, was die Bürgerlichen!- von ihr erwartet; Krawallmacher niederknüppeln und für Ordnung sorgen. Wenn irgendwelche Punks Krawall machen, klatscht man doch auch Beifall, wenn sie niedergeknüppelt werden. Und warum sollen "Linke Chaoten" eigentlich anders behandelt werden als "Bürgerliche", warum ein rüstiger Rentner auf der Demo anders als ein junger Mann? Die Geister haben die "Bürgerlichen" selbst gerufen, die sie nun mal selber zu spüren kriegen.


Quote* 02.10.2010 um 11:13 Uhr
   * Dominik.H

Politik Flatrate

Man kann eben nur ein Paket wählen in unserer rpräsentativen Demokratie. Dabei wird es wohl für niemanden die perfekte Partei geben. Warum soll man dann als CDU-Wähler nicht gegen bestimmte Beschlüsse der Partei demonstrieren dürfen? Was ist daran Schizophren?


Quote* 2.10.2010 um 11:09 Uhr
   * OranjeinDuitsland

Unverhältnismäßig

Als Fotograf einer Nachrichtenagentur, der am Donnerstag von Anfang an vor Ort war, bin ich mehr als erschrocken über die Unverhältnismäßigkeit der eingesetzten polizeilichen Mittel. Ich zumindest habe an diesem Nachmittag und Abend keine Steine werfenden Demonstranten gesehen, keine über die Maßen gewaltbereiten oder aggressiven Jugendliche, keinen "schwarzen Block" und auch keine Eltern, die ihre Kinder "vorschieben" in die erste Reihe der Demonstranten. Was ich wohl gesehen habe: Wasserwerfer, die übrigens sehr wohl zeitweise mit beigemischtem Tränengas operiert haben, und Polizisten, denen offenbar alles erlaubt wurde, um diese Blockade aufzulösen. Zu den Wahrheiten gehört übrigens auch, dass die verantwortlichen Herren in den beiden Wasserwerfern gezielt auf Medienvertreter gehalten haben, die deutlich außer- oder oberhalb der blockierenden Menschenmenge standen. Das letzte Mal, dass ich ein ähnlich hartes Vorgehen der Polizei gesehen habe, war beim G-8-Gipfel in Straßburg auf französischer Seite. Dort allerdings flogen aus der Reihe des sogenannten "schwarzen Blocks" Steine, Brandsätze und einiges mehr.

Wenn ich dann höre, mit welchen Argumenten die Politik am nächsten Tag versucht, das Vorgehen der Polizei zu rechtfertigen, dann kann man als relativ Unbeteiligter sehr gut verstehen, warum gestern Abend so viele Menschen wie noch nie auf der Straße waren. Das macht wütend. Um so bewundernswerter finde ich, dass der Bürgerprotest weiterhin friedlich verläuft.



Quote* 02.10.2010 um 11:45 Uhr
   * YSchumbitrus

Wieso sind Polizisten nicht identifizierbar?!!

Niemand fordert, dass die Beamten mit Realnamen und privater Anschrift auf ihren "Imperialen Schutztruppen-Anzügen" tragen sollen! Aber es ist nicht hinnehmbar, dass es nach wie vor faktisch unmöglich ist, aufgrund der Vermummung und Homogenität des Aussehens der Polizisten, einzelne Dingfest zu machen, die sich in dieser Anonymität verstecken und dann auch ungestraft ÜBERREAGIEREN können.

Es geht hier um Verantwortung! Jedem Polizisten muss inhärent klar sein, dass persönliches Fehlverhalten individuell zugeordnet werden kann. Wer das systematisch hintertreibt, der leistet dem Entstehen Diktatur-gleicher Zustände Vorschub. Ein Rentner sagte ja auch, dass ihn die Polizei-Aktionen an Polizei-Einsätze in Nazi-Deutschland erinnern würden - nur, dass die Polizei damals nicht vermummt war.

Die Demokratie muss transparent bleiben, insbesondere wenn sie Gewalt mit derartiger Übermacht auf unbewaffnete und friedlich demonstrierende Bürger ausübt. Anhand eines eindeutigen Identifikationsmerkmals, das keinen Rückschluss auf den Namen, die Religion oder politische Neigung des Polizisten erahnen lässt, muss jeder Beamte eines Einsatzes gegen Bürger erkennbar sein! Es kann nicht sein, dass der Staat die Möglichkeit behält, friedlich demonstrierende Bürger anonym zu misshandeln! Ohne Rückverfolgbarkeit möglicher Täter öffnet man staatlichem Terror "im Kleinen" Tür und Tor!

Y.S.


Quote* 02.10.2010 um 12:04 Uhr
   * Feenfinder

Mappus Strategie: Wie bei Dick und Doof

Diese Aussage von CDU-Fraktionsschef Peter Hauck zeigt, welche Strategie Stefan Mappus fährt:

> "Ich wehre mich dagegen, mich unter das Diktat von
> Altkommunisten und Altlinken zu stellen, die in den letzten
> Wochen die Rädelsführer des Protestes waren" (Peter Hauck,
> Chef der CDU-Landtagsfraktion in Baden-Württemberg zu den
> Protesten in Stuttgart).

Die Proteste in Stuttgart werden als kommunistischer Angriff dargestellt. Damit bekommt die Regierung Mappus zwei Gruppen auf ihre Seite: zum einen die christlich-konservativen auf dem Lande, denen der Pfarrer am Wahlsonntag sagt, wo in der Kabine das Kreuz zu machen ist - und diejenigen, die auch noch 21 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer immer noch nicht gemerkt haben, dass der Kalte Krieg schon lange vorbei ist.

Es gibt übrigens einen Film von Stan Laurel und Oliver Hardy, der so etwas in satirischer Form thematisiert: 1938 entdeckt der Flieger Olli (in Deutschland "Dick"), dass in in den Schlachtfeldern Flanderns der Soldat Stan (in Deutschland "Doof" Wache schiebt, weil ihm niemand gesagt hat, dass der Krieg schon seit 20 Jahren vorbei ist.




Aus: "Stuttgart 21: Das Ende des Dialogs" Von Rüdiger Bäßler  (2.10.2010 )
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2010-10/stuttgart-21-freitagnacht (http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2010-10/stuttgart-21-freitagnacht)


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Quote[...] "Ich habe gesehen, wie ein Polizist ein Mädchen ins Gesicht schlug. Ich habe gesehen, wie die Polizei mit dem Schlagstock auf Kinder einschlug!" Volker Lösch, der künstlerische Leiter des Stuttgarter Staatsschauspiels, schildert am Mikrofon seine Version der Abläufe vom Vortag. Immer wieder unterbricht ihn ohrenbetäubendes Buhen und der Lärm aus Tröten, Trillerpfeifen und allem, was Lärm macht. Die Polizisten seien mitnichten beworfen worden, so Lösch, deshalb werde "der skandalöse Einsatz" der Polizei am Donnerstag "und die Unverschämtheit, die Demonstranten anderntags zu kriminalisieren" auch nicht aufgehen ...

[...] Stuttgart ist nicht Berlin oder Hamburg, darin sind sich Polizei wie Politik einig. Es gibt keine Hinweise, dass ein "Schwarzer Block" die Demonstrationen anheizt. Und Rech verspricht: "Es bleibt nichts unaufgeklärt."

Sein Ministerpräsident zeigt sich am Freitag betroffen und erneuert seine Gesprächsbereitschaft, vor allem will er mit einer Gruppe aus der Schülerdemo reden. Aber er will doch auch noch mal betonen: "Niemand steht über dem Recht."

...


Aus: "Harte Lektion in Staatskunde" von: Andreas Böhme (02. Oktober 2010)
Quelle: http://www.badische-zeitung.de/suedwest-1/harte-lektion-in-staatskunde--36155658.html (http://www.badische-zeitung.de/suedwest-1/harte-lektion-in-staatskunde--36155658.html)

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Quote[...] "Innenminister Rech schließt einen Rücktritt aus", sagte seine Sprecherin am Mittag. Der Minister ließ nachschieben: Die Maßnahmen der Polizei seien "erforderlich, rechtmäßig und verhältnismäßig" gewesen.

[...] Der Polizeiwissenschaftler Thomas Feltes machte ebenfalls die baden-württembergische Landesregierung für das harte Vorgehen der Polizei [mit verantwortlich?]. Vieles spreche dafür, dass bei dem Einsatz von Anfang an keine Deeskalation geplant war, sagte der ehemalige Rektor der Hochschule für Polizei in Villingen-Schwenningen der Stuttgarter Zeitung. Feltes nannte als Beispiel den aus seiner Sicht überzogenen Wasserwerfereinsatz und verwies darauf, dass er grundlos in die Menschenmenge gerichtet gewesen sei. "Man hat das Gefühl, die Politik wollte diesen Konflikt", sagte er.

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Aus: "Stuttgart 21: Polizeieinsatz bringt Schwarz-Gelb in Erklärungsnot" (2.10.2010)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/deutschland/2010-10/stuttgart21-regierung-ruecktritt (http://www.zeit.de/politik/deutschland/2010-10/stuttgart21-regierung-ruecktritt)

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Quote[...] Auf einer Schülerdemo zerschlagen Polizisten Nasenbeine - in Stuttgart, der Hauptstadt des CDU-Ländles. Die Landesregierung rückt ihren Kernwählern mit Reizgas zu Leibe und schießt ihnen auf kurze Distanz mit Wasserwerfern in die Augen. Hinterher lässt Angela Merkel wissen, dass "alles vermieden" werden müsse, "was zu Gewalt führen kann". Was treibt die Kanzlerin und die Regierung in Stuttgart an? Warum versuchen sie auf plumpeste Art Demonstranten mit einem berechtigten Anliegen zu kriminalisieren, warum werden die Wähler frech belogen und Milliarden verschwendet oder reichen Konzernen zugeschoben?

Da die Beteiligten ja keine wirren Despoten unter Drogeneinfluss sind, steckt dahinter Kalkül. Die CDU und Angela Merkel haben sich offensichtlich entschieden, ihre Vorhaben schnell und rücksichtslos durchzusetzen, und sich deshalb in die Bunker begeben. Von dort aus befehligen sie ihre Truppen und schwören die Polizei auf hartes Durchgreifen ein.
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Moderne Demokratie, Bürgerbeteiligung, Zivilgesellschaft?

...


Aus: "Die Kanzlerin begibt sich in den Bunker" KOMMENTAR VON REINER METZGER  (01.10.2010)
Quelle: http://www.taz.de/1/debatte/kommentar/artikel/1/die-kanzlerin-begibt-sich-in-den-bunker/ (http://www.taz.de/1/debatte/kommentar/artikel/1/die-kanzlerin-begibt-sich-in-den-bunker/)

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Quote[...] Die Polizei hatte ihr Vorgehen im Schlossgarten unter anderem damit gerechtfertigt, dass ein Demonstrant Polizisten mit Pfefferspray angegriffen haben soll. Laut Video der Einsatzkräfte erfolgte dieser Angriff um 14.00 Uhr. Protokolle des Internetdienstes Twitter belegen nach SWR-Recherchen jedoch, dass Teilnehmer der Schüler-Demo bereits um 12.56 Uhr von Pfefferspray-Einsätzen der Polizei berichten. Demnach hat die Polizei bereits eine Stunde vor der gezeigten Attacke des Demonstranten Pfefferspray und Wasserwerfer benutzt. Dazu sagte ein Sprecher der Stuttgarter Polizei dem SWR, bei der Darstellung des Polizei-Videos handele es sich nicht um eine Chronologie.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft liegen inzwischen mehrere hundert Anzeigen wegen des Einsatzes vor. Sie richten sich gegen Polizeibeamte, den Polizeipräsidenten, Innenminister Heribert Rech sowie Ministerpräsident Stefan Mappus (beide CDU).

...


Aus: "StuttgartUnklarheiten wer zuerst Pfefferspray eingesetzt hat" swr.de (01/2010)
Quelle: http://www.swr.de/nachrichten/bw/-/id=1622/nid=1622/did=6985912/1at3o0l/index.html (http://www.swr.de/nachrichten/bw/-/id=1622/nid=1622/did=6985912/1at3o0l/index.html)


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Quote[...] Kein Bild hat am vergangenen Donnerstag derart emotionalisiert. Das Foto von Dietrich Wagner ist DAS Bild des gewaltsamen Vorgehens der Polizei gegen die friedlichen Demonstranten in Stuttgart geworden: Mit bluttriefenden Augen, gestützt auf zwei junge Mitstreiter, wird der 66-Jährige aus der Gefahrenzone gebracht.

Dem "Stern" hat der Stuttart-21-Gegner nun erklärt, wie es zu den schweren Verletzungen kam. Er habe, so schildert es Wagner, versucht, Jugendlichen während des Einsatzes der Wasserwerfer zu helfen. Denn nachdem die Wasserwerfer gezielt die Demonstranten ins Visier genommen hätten, seien die Protestierenden über Tische und Bierbänke gestolpert und zu Boden gefallen. Er habe sich daraufhin den Polizisten und den Wasserwerfern mit hochgerissenen Armen entgegengestellt, um die Beamten zum Einhalten zu bringen. Doch dann sei er selbst vom Strahl eines Wasserwerfers direkt ins Gesicht getroffen worden und ohnmächtig zu Boden gegangen.

Die Verletzungen, die sich der Rentner dabei zugezogen hat, sind gravierend. Der Chefarzt des Stuttgarter Katharinenhospitals, Egon Georg Weidle, diagnostizierte dem Magazin zufolge "schwerste Augenverletzungen". So seien die Lider und die Netzhaut gerissen, ein Augenboden sei gebrochen. Es sei vollkommen unklar, wie gut Wagner später wieder sehen könne – und ob überhaupt.  Wagner sei "im Moment erblindet", so Weidle.

Eine Sprecherin der Klinik erklärte, Wagner müsse erneut operiert werden. Auch ein zweiter Demonstrant, der beim Polizeieinsatz im Stuttgarter Schlossgarten am Auge schwer verletzt wurde, muss erneut behandelt werden. Der Mann, 22 Jahre alt, wird in der Charlottenklinik kuriert. Voraussichtlich blieben Folgeschäden, sagte der behandelnde Augenarzt, Gangolf Sauder.

...


Aus: "Die Geschichte der blutigen Augen" (06. Oktober 2010)
Quelle: http://www.n-tv.de/politik/Die-Geschichte-der-blutigen-Augen-article1651836.html (http://www.n-tv.de/politik/Die-Geschichte-der-blutigen-Augen-article1651836.html)

Title: [Im Vorfeld... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 06, 2010, 09:38:03 AM
Quote[...] Im Vorfeld des für November erwarteten Castor-Transports fährt die Polizei schärfere Geschütze gegen Atomkraftgegner aus dem Wendland auf. Mindestens fünf von ihnen haben jetzt Post erhalten, eine ,,Vorladung zur erkennungsdienstlichen Behandlung" in der Kriminaltechnik des Polizeikommissariats in Lüchow. Die Aktivisten sollen von Kopf bis Fuß erfasst werden: An ihren Fingerabdrücken ist die Polizei interessiert, ebenso an Abdrücken von Handflächen und Handkanten. Mehrere Fotos sollen aufgenommen werden. Außerdem steht die ,,Feststellung äußerer körperlicher Merkmale" auf dem Programm: Etwaige Narben oder Tätowierungen will die Polizei fotografieren und vermessen.

Einer der Aktivisten ist der Kassenwart der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg – ein unbescholtener Mann. Er ist noch nie wegen einer Straftat verurteilt worden. Dennoch heißt es zur Begründung in der Vorladung, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass ,,Sie sich in nächster Zeit erneut strafrechtlich relevant verhalten werden". Dabei kann die Polizeidirektion Lüneburg dem betroffenen Aktivisten schon für die Vergangenheit keine begangenen Straftaten nachweisen. Zwar zählt sie eine imposante Liste von Ermittlungsverfahren gegen das Vorstandsmitglied der BI auf; alle wurden aber eingestellt – entweder mangels hinreichendem Tatverdacht oder wegen geringer Schuld. Dasselbe gilt laut BI für die anderen Aktivisten: ,,Keiner ist je rechtskräftig verurteilt worden", sagt Wolfgang Ehmke, Sprecher der Bürgerinitiative.

Am kommenden Freitag soll der Kassenwart zur Erfassung seiner Daten im Polizeikommissariat Lüchow erscheinen. Sollte er nicht auftauchen, kündigt das Schreiben vorsorglich an, dass er auch mit Gewalt auf die Wache geholt werden könne. Dagegen hat der BI-Aktivist genauso wie die übrigen Betroffenen beim Verwaltungsgericht Klage erhoben. Sie sehen ihre Persönlichkeitsrechte verletzt. Ihre Klagen könnten durchaus Aussicht auf Erfolg haben. Bereits 2007 hat das Oberverwaltungsgericht in einem ähnlich gelagerten Fall entschieden, dass allein die Aufzählung von eingestellten Ermittlungsverfahren die Komplettvermessung von Atomkraftgegnern nicht rechtfertigen könne.

Das Innenministerium wollte sich am Montag im Detail nicht äußern, ebenso wenig ein Sprecher der Polizeiinspektion Lüchow. Aus Protest gegen die Vorladungen haben am Montag rund 30 Demonstranten das Polizeikommissariat in Lüchow kurzzeitig blockiert.




Aus: "Polizei lässt Atomkraftgegner von Kopf bis Fuß erfassen" Karl Doeleke (04.10.2010)
Quelle: http://www.haz.de/Nachrichten/Politik/Niedersachsen/Polizei-laesst-Atomkraftgegner-von-Kopf-bis-Fuss-erfassen (http://www.haz.de/Nachrichten/Politik/Niedersachsen/Polizei-laesst-Atomkraftgegner-von-Kopf-bis-Fuss-erfassen)

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Kontext:

Quote[...] Ein Präventionsstaat ist ein Staat, welcher die ihm zur Verfügung stehenden Informationen aus diversen Überwachungseinrichtungen massiv einsetzt, um unerwünschtes Verhalten der Bürger von vornherein zu verhindern. Der Präventionsstaat ist die logische Weiterentwicklung des Überwachungsstaates. Im Überwachungsstaat werden die Erkenntnisse aus der allgegenwärtigen Überwachung  noch größtenteils zur nachträglichen Ahndung von Gesetzesverstößen und zur Gewinnung von geheimdienstlichen Informationen über die einzelnen Individuen und Bevölkerungsgruppen genutzt.

Im Präventionsstaat hingegen werden die Informationen aus den Überwachungsmaßnahmen bereits benutzt, um Gesetzesverstöße oder unliebsames Verhalten von vornherein zu verhindern. Als Beispiele für typische Maßnahmen des Präventionsstaates seien Demonstrationsverbote, Platzverweise, Aufenthaltsverbote, Meldepflichten, Berufsverbote, Ausweisungen unliebsamer Personen, Rasterfahndungen, umfassende Kommunikationsüberwachung, Sicherungsverwahrungen, Unterbindungsgewahrsam, Schleier- und Schleppnetzfahndungen sowie massive verdachtsabhängige und verdachtsunabhängige Kontrollen durch diverse Behörden und die Polizei genannt.

Darüber hinaus zeichnet sich der Präventionsstaat durch die Minimierung des Datenschutzes, der Privatsphäre und der informationellen Selbstbestimmung aus. Die Überwachungsdaten aus allen Bereichen werden im Präventionsstaat zu umfassenden persönlichen Profilen in großen Datenbanken kombiniert. Hierdurch ist ein effizientes Durchsuchen nach bestimmten Mustern zum Zwecke der Prävention möglich.

Fürsprecher des Präventionsstaates halten diesen zur Gefahrenabwehr des Terrorismus für notwendig und sinnvoll. Eine positive Generalprävention soll auch das Vertrauen der Gesellschaft in die Rechtsordnung stärken. – Kritiker halten einen Präventionsstaat hingegen für nur schwer oder gar nicht mit der Freiheitlich demokratischen Grundordnung vereinbar.


Aus: "Präventionsstaat" (28. September 2009)
http://de.wikipedia.org/wiki/Pr%C3%A4ventivstaat (http://de.wikipedia.org/wiki/Pr%C3%A4ventivstaat)

Title: [Mit direktem Vorsatz... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 12, 2010, 09:31:44 AM
Quote[...] Der Polizist, der im Jahr 2008 in Athen einen 15-jährigen Demonstranten erschoss, muss lebenslänglich ins Gefängnis.

ATHEN/AMFISSA dpa/rtr | Fast zwei Jahre nach den Todesschüssen auf einen 15-jährigen Schüler in Athen ist ein 38-jähriger Polizist wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Gericht in der mittelgriechischen Kleinstadt Amfissa sah es am Montag als erwiesen an, dass der Polizist Epameinondas Korkoneas den Jungen am 6. Dezember 2008 mit einem Schuss aus seiner Dienstwaffe "mit direktem Vorsatz" erschossen hatte.

Das Gericht gestand dem Polizisten keine mildernden Umstände zu. Ein zweiter Polizist wurde wegen Mittäterschaft zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt, wie der staatliche Rundfunk weiter berichtete. Die Verteidiger der beiden Angeklagten kündigten an, in die Berufung zu gehen.

...  Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft hatte der 38-Jährige trotz Rückzugsbefehlen seiner Leitzentrale "in ruhiger Verfassung" die Pistole gezogen und zwei Schüsse in Richtung des Opfers abgefeuert. Eine Kugel traf den Schüler und verletzte ihn tödlich. Zoe Konstantopoulou, ein Anwalt der Familie des Getöteten, sagte: "Das ist ein historisches Urteil, das dem Kampf von Alexandros Familie für die Wahrheit gerecht wird. Die Erinnerung an ihn lebt."

Die Verteidigung des Polizisten hatte dagegen auf fahrlässige Tötung plädiert. Der Polizist sei mit Flaschen beworfen worden und habe dann Warnschüsse in die Luft abgefeuert. Das Opfer sei von einem Querschläger getroffen worden, argumentierten sie. Außerdem habe es im Laufe des Prozesses gravierende Verfahrensfehler gegeben, einige Zeugen und Gutachter seien gar nicht angehört worden.


Aus: "Tod eines Schülers in Athen: Polizist wegen Mordes verurteilt"  (11.10.2010)
Quelle: http://www.taz.de/1/politik/europa/artikel/1/polizist-wegen-mordes-verurteilt/ (http://www.taz.de/1/politik/europa/artikel/1/polizist-wegen-mordes-verurteilt/)

Title: [Ein bedauerlicher Unfall... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 14, 2010, 09:27:05 AM
Quote[...] Der Rentner, dessen Augen in Stuttgart Opfer der Wasserwerfer geworden sind, wird auf einem Auge blind bleiben. Und wird das jetzt Konsequenzen für die Polizei haben? Rücktritt des Polizeipräsidenten? Rausschmiss des Wasserwerferpiloten? Rücktritt des Innenministers gar, und des Ministerpräsidenten? Nein, natürlich nicht. Niemand muss in den Knast.

Mit Wasserwerfer verletzter Stuttgarter Rentner bleibt blind (2010 AFP)
http://www.google.com/hostednews/afp/article/ALeqM5hTaOrLis0gcwlp0ZPZLaDBY_p8qA (http://www.google.com/hostednews/afp/article/ALeqM5hTaOrLis0gcwlp0ZPZLaDBY_p8qA)

[...] Update: Oh übrigens, wer denkt, krass, ein Auge verlieren, das ist ja wohl mindestens schwere Körperverletzung, dafür muss jemand in den Knast: Bei Heiligendamm hat auch schonmal einer ein Auge verloren, und was ist geschehen? Dreimal dürft ihr raten! Was immer geschieht bei Polizeigewalt in Deutschland!



    "Ein bedauerlicher Unfall", erklärt die Rostocker Staatsanwaltschaft nach über zwei Jahren Ermittlungen.

http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/ins-auge-schiessen-ist-nur-unfall/ (http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/ins-auge-schiessen-ist-nur-unfall/)

Verfahren eingestellt. Wer da das letzte bisschen Glauben an den Rechtsstaat verliert, kann sich immerhin damit trösten, dass er nicht alleine ist.

...


Aus: "(Wed Oct 13 2010)"
Quelle: http://blog.fefe.de/ (http://blog.fefe.de/)

Title: [Mehr als jeder Zehnte sehnt sich nac... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 14, 2010, 10:49:40 AM
Quote[...] Mehr als jeder Zehnte sehnt sich nach einem "Führer", der "Deutschland zum Wohle aller mit harter Hand regiert" und hält eine Diktatur für "die bessere Staatsform".

...


Aus: "Jeder Zehnte wünscht sich einen "Führer"" (13.10.2010)
Quelle: http://www.rp-online.de/panorama/deutschland/Jeder-Zehnte-wuenscht-sich-einen-Fuehrer_aid_917902.html (http://www.rp-online.de/panorama/deutschland/Jeder-Zehnte-wuenscht-sich-einen-Fuehrer_aid_917902.html)

Title: [Bei Widerstand höhere Strafen... (D, 2010)]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 19, 2010, 10:10:16 AM
Quote[...] Berlin - Wer gegen Polizisten Widerstand leistet und sich etwa bei einer Festnahme aus dem Griff des Beamten losreißt, ohne ihn zu verletzen, soll künftig härter bestraft werden. Das sieht der Gesetzentwurf vor, den das Bundeskabinett am Mittwoch verabschiedet hat. Der Strafrahmen für einfachen Widerstand soll von zwei auf drei Jahre Haft erhöht werden. Außerdem soll bei Widerstandshandlungen nicht nur das Mitführen einer Waffe mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden, sondern auch das Mitführen von gefährlichen Gegenständen. Die Gesetze sollen auch für Feuerwehrleute und Rettungskräfte gelten. Bundesweit waren zuletzt pro Jahr gut 5000 Menschen wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte verurteilt worden.

Der Grünen-Politiker Jerzy Montag glaubt, dass das Problem der zunehmenden Gewalt gegen Polizisten damit nicht gelöst wird. ,,Das ist reine Symbolpolitik", sagte er dem Tagesspiegel. Stattdessen müssten die Täter konsequenter verfolgt werden. Nach Ansicht der Linken-Abgeordneten Ulla Jelpke erweckt die Regierung zu Unrecht den Eindruck, jede Widerstandshandlung sei bereits eine Gewalttat. ,,Mit der Verschärfung des Widerstandsparagrafen werden Öffentlichkeit und Polizisten gleichermaßen getäuscht." Positiv äußerte sich SPD-Fraktionsvize Olaf Scholz: Der Gesetzentwurf entspreche den Forderungen der SPD-Landesinnenminister und der SPD-Innenpolitiker im Bund.

Die Gewerkschaft der Polizei zeigt sich zufrieden. ,,Die Gesetzesverschärfung verändert nicht das Grundproblem der zunehmenden Gewalt. Aber es ist ein wichtiges Signal", erklärte der Bundesvorsitzende Konrad Freiberg. ,,Wir haben Fälle, in denen Polizisten grundlos angegriffen werden. Das macht uns große Sorgen." Man müsse nun überlegen, wie dieses Problem in den Griff zu bekommen ist.


Quote*  von deejay
    * 13.10.2010 22:13 Uhr
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Antwort auf olli1234 vom 13.10.2010 19:25 Uhr
Passt ja
Vielleicht kriegen sie Stuttgart21 ja so durch, durch zunehmede Repression gegen Demonstranten.
Wenn das Volk nicht mitspielt, dann knastet man die Protestler wegen nichtigkeiten ein.

Deswegen ja auch die Forderung nach dem Einsatz der Bundeswehr im innern.

Aber nichtmal das wird ihnen noch helfen.


Quote*  von E.Henderson
    * 14.10.2010 09:33 Uhr
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Antwort auf Georgina vom 13.10.2010 20:25 Uhr
Exkurs zur Strafbarkeit
Der Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte setzt keine Körperverletzung voraus.

Ausreichend ist bereits ein tätiges Handeln gegen die Person des Vollstreckenden, die geeignet ist, die Vollendung der Diensthandlung zu erschweren. Auch das ,,Losreißen" vom Amtsträger kann daher bereits strafbar sein (Fischer, StGB Kom., § 113, 24).

Eine hinzutretende Körperverletzung kann ungeachtet dessen durchaus Auswirkungen auf das Strafmaß haben.

Diese Regelung ist nach meinem Dafürhalten auch nicht überzogen. Denn es dürfte Konsens darüber bestehen, dass Vollstreckungsbeamte in die Lage versetzt werden müssen, Amtshandlungen auch durchsetzen zu können.

Ohne solche Regelungen wäre die von uns beispielsweise bei Sportveranstaltungen gewünschte Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung erheblich erschwert. Im Übrigen hätte ich jendfalls kein Lust, etwa bei Fußballkrawallen für Sicherheit sorgen zu müssen.

Um dies vorwegzunehmen sei noch angemerkt, dass der Bürger nicht schutzlos Vollstreckungsbeamten ausgeliefert ist. Denn ein Blick in § 113 Abs. 3 StGB verrät, dass Widerstand nach dieser Vorschrift nicht strafbar ist, wenn die Diensthandlung nicht
rechtmäßig ist.


Quote*  von lankwitze
    * 13.10.2010 21:36 Uhr
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Wenn wieder mal eine Demonstrantengruppe
widerrechtlich "eingekesselt" wird kann man die wenigstens beim Fluchtversuch kriminalisieren, wenn sonst schon nichts geht. Der Terror lauert eben überall. So schnell zeigen unsere Demokraten ihr wahres Gesicht , nach dem Wegfall des schlechten Beispiels DDR.


Quote*  von KaiserVonChina
    * 13.10.2010 22:09 Uhr
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Wie tief..

ist diese FDP gesunken.

Es war auch mal eine Partei der Bürgerrechte.

Sie vertritt jetzt nur noch die Rechte der starken:

die Rechte der Reichen und die Rechte des Staates, der die Reichen schützt.


Quote#
#

    * von oliver111
    * 13.10.2010 22:24 Uhr
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Wieviele Rechte weiterhin für das Volk eingeschränkt werden ist schon auszurechnen, der Rechtsstaat verabschiedet sich täglich, wie das endet wird man aus der Geschichte wissen.

Schönes Regierungsziel, mit Logik kommt man da nicht gegen an, es gibt keine.


Quote*  von Polizeiphilosoph
    * 13.10.2010 23:45 Uhr
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Antwort auf TFS vom 13.10.2010 22:44 Uhr
Und ich krieg Brechreiz...
...weil sich hier nur bestimmte Kreise zu Wort melden und den irgendwie an einer Stelle im Leben kleben gebliebenen die Meinungsagitation überlässt.

Man sollte diese Stadt ein halbes Jahr sich selbst überlassen, alle Polizeibeamte in Urlaub gehen. Das ganze Gesindel aus Tegel entlassen, wegen den verfaulten Zellen und dann mal in einem halben Jahr schauen, was aus unserer Stadt geworden ist.

Bestimmt gehts dann allen besser. Keine Polizeigewalt, kein nerviges Tatü-Tata. Wäre das nicht ein Traumland, quasi Schlaraffenland? Die ganzen Prügelbullen im Urlaub? Geil, oder?


Quote*  von trevor
    * 14.10.2010 09:28 Uhr
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Antwort auf Polizeiphilosoph vom 13.10.2010 23:45 Uhr
nur schwarz und weiß
sie argumentieren leider nur schwarz und weiß. hat ihnen schon einmal jemand gesagt, dass es dazwischen unheimlich viele graustufen gibt? auch ich hätte gerne eine polizei, zu der ich vertrauen habe, die ich als freund und helfer begreife und vor der ich, ohne was ausgefressen zu haben, keine manschetten haben muß. im moment bin ich mir diesbezüglich jedoch unsicherer denn je. und ich mache einen klaren qualitativen unterschied zwischen freundlichen sterifenbeamten und den kasernierten einsatzhundertschaften. leider!


Quote*  von Polizeiphilosoph
    * 14.10.2010 11:22 Uhr
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Antwort auf trevor vom 14.10.2010 09:28 Uhr
Der Unterschied ist aber Unsinn...
...denn beide können ihnen heute so und morgen in der umgekehrten Rolle über den Weg laufen. Es gibt diesen Unterschied nicht. Sie wissen gar nicht, als Außenstehender, wer Ihnen z.B. gerade bei einem Unfall oder sonstwie hilft.

Das können genauso die "kasernierten Einsatzhundertschaften" sein, die es im übrigen gar nicht gibt.

Dieses Denken führt in die Sackgasse.


Quote*  von bodo
    * 14.10.2010 11:35 Uhr
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Margot feixt sich einen
Ein Rechtsstaat mit Mielke Qualität wird uns hoffentlich erspart bleiben.
Ein unschuldiger Mensch wird sich nicht den Mund verbieten lassen.


Quote*  von lagern
    * 15.10.2010 06:07 Uhr
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Alos ob härtere Strafen
jemals irgendwas geändert hätten. Vielleicht sollte man mal lieber über Ursachen nachdenken. Gerade in der letzten Zeit haben selbst Medien wie der Tagesspiegel immer wieder über Polizeiübergriffe berichtet(und der Tagesspiegel ist allgemein sehr unkritisch was Polizei angeht). Wenn nicht gerade 10 Journalisten und ein Staatsanwalt das beobachten ist der Bürger gegen solche Übergriffe machtlos. Das Gerichte praktisch nie Polizisten verurteilen(was in Deutschland ja auch schon Amnesty International immer wieder kritisiert wird) und selbst "Wiederholungstäter" immer wieder Bürger verprügeln dürfen, dürfte nicht zur Entspannung beitragen. Hätte man das Ganze in einem Paket mit Kennzeichnungsplicht, unabhängigen Ermittlern und Gerichte bei Polizeiübergriffen und härteste Strafen für diese Polizisten und die Kollegen die diese Polizisten decken, dann hätte man über so eine Verschärfung reden können. Dann hätte die Regierung nämlich auch an den Ursachen gearbeitet. So wird das unserem Rechtsstaat unwürdige Mißverhältis zementiert.
Ist aber auch klar, man kann ja jetzt nicht diejenigen die man im Sommer so schön, im europäischen Kontext, Aufstandsbekämpfung einüben ließ reglementieren. Wie soll man denn sonst so gefährliche Quertreiber wie in Stuttgart "kontrollieren".


...


Aus: "Streit um Regierungsplan - Bei Widerstand höhere Strafen" Lissy Kaufmann (14.10.2010)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/politik/bei-widerstand-hoehere-strafen/1956652.html (http://www.tagesspiegel.de/politik/bei-widerstand-hoehere-strafen/1956652.html)

Title: [Verdeckt agierende Beamte... (D, S21, 2010) ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 19, 2010, 10:15:57 AM
Quote[...] Nach dem umstrittenen Polizeieinsatz gegen Stuttgart-21-Gegner Ende September melden sich nun auch kritische Stimmen aus Reihen der Polizei. So zitiert das Hamburger Abendblatt am Montag einen Mannheimer Polizeikommisar, der am Stuttgarter Einsatz beteiligt war und ihn nun scharf kritisiert. Man habe in Stuttgart "ein Exempel statuiert, Macht demonstriert, ganz sicher auch schon mit Blick auf den nächsten Castor-Transport", so der 48-jährige Polizeikommissar Thomas Mohr.

Vor allem die schwarz und dunkelgrau gekleideten, zumeist jungen Beamten der Beweis- und Festnahmeeinheiten, die beim Stuttgarter Einsatz von der Bundespolizei und aus Bayern kamen, agierten wie "scharfe Kampfhunde". Wenn man diese "von der Leine und räumen lässt, dann beißen sie ohne Erbarmen zu", so Mohr. "Dafür wurden sie gedrillt und ausgebildet." Für den Einsatz müsste es ein Okay gegeben haben, erklärt der Polizist. "Von ganz oben - mindestens vom Innenministerium."


Die Stuttgarter Polizei weist die Vorwürfe Mohrs zurück. "Das ist die Einzelmeinung eines Beamten", so ein Sprecher des Polizeipräsidiums Stuttgart. Die Bundespolizei wollte die Aussagen auf taz-Anfrage nicht kommentieren.

Doch nicht nur das Vorgehen der "schwarzen Einheiten" gegen Stuttgart-21-Gegner steht in der Kritik. Ein weiter Einsatzpolizist, der nicht mit seinem echten Namen genannt wird, bestätigte gegenüber dem Abendblatt den gezielten Einsatz von Provokateuren. "Ich weiß, dass wir bei brisanten Großdemos verdeckt agierende Beamte, die als taktische Provokateure, als vermummte Steinewerfer fungieren, unter die Demonstranten schleusen", so der Polizist. "Sie werfen auf Befehl Steine oder Flaschen in Richtung der Polizei, damit die dann mit der Räumung beginnen kann."

...



Aus: "Polizeiinterne Kritik an Provokateuren - Wie "scharfe Kampfhunde"" VON FELIX DACHSEL (18.10.2010)
Quelle: http://www.taz.de/1/zukunft/umwelt/artikel/1/wie-scharfe-kampfhunde/ (http://www.taz.de/1/zukunft/umwelt/artikel/1/wie-scharfe-kampfhunde/)

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Quote[...] Nachdem de Maiziére im Interview mit stern.de  seine Meinung von den S21-Gegnern noch etwas vorsichtiger formuliert hatte, polterte er im ZDF am Dienstagmorgen richtig los. "Was mir Sorgen macht, ist die Senkung der Gewaltschwelle bei den Demonstranten", sagte der Minister im "Morgenmagazin". Wenn Tausende Schüler von ihren begüterten Eltern Krankschreibungen bekämen, um zu demonstrieren, "dann ist das ein Missbrauch des Demonstrationsrechts".

Die öffentliche Aufregung ließ nicht lange auf sich warten. Der Chef der Grünen höchstpersönlich fühlte sich genötigt, dagegenzuhalten. Schließlich hatte de Maizière die Grünen gegenüber stern.de als "eigentliche Partei der Besserverdienenden und der Strukturkonservativen, zumindest in Baden-Württemberg" bezeichnet. Jetzt konnte Özdemir zurückschießen. Es sei ein "trauriger Offenbarungseid, wenn ausgerechnet der Verfassungsminister der Republik Menschen beschimpft", die in Stuttgart in friedlicher Form ihr Recht auf Demonstrations- und Meinungsfreiheit wahrnähmen. Gerade Schüler und Jugendliche sollten darin unterstützt werden, ihre Rechte als demokratische Bürger zu kennen und auch aktiv auszuüben.
Von Idioten und Heiligen

Özdemir bezeichnete es als bemerkenswert, dass es der Innenminister offenbar in Ordnung finde, wenn auf Schüler "mit Wasserwerfern, Pfefferspray und Prügelstöcken losgegangen wird".

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Aus: "Polternder de Maizière erregt S21-Gegner" (19. Oktober 2010)
Quelle: http://www.stern.de/politik/deutschland/innenminister-polternder-de-maiziere-erregt-s21-gegner-1615342.html (http://www.stern.de/politik/deutschland/innenminister-polternder-de-maiziere-erregt-s21-gegner-1615342.html)

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Quote[...]  Im Internet wird derzeit auf der Videoplattform YouTube  heftig über eine Szene aus einem Polizeivideo spekuliert, auf dem ein Vermummter beim Einsatz von Pfefferspray zu sehen ist. Das Video hatte die Polizei als Beweis für die gewalttätigen Übergriffe gegen Polizisten online gestellt.

YouTube-Nutzer wollen aber Anhaltspunkte dafür sehen, dass der Täter aus Reihen der Polizei selbst stammen könnte. So lässt das Video den Schluss zu, dass der Täter einen Rückenprotektor trägt und mit einem Funkstöpsel am Ohr ausgestattet ist.

Eine Sprecherin der Stuttgarter Staatsanwaltschaft sagte der taz zu dem Fall: "Wir haben das Video geprüft. Dass es sich dabei um einen Polizisten handeln könnte, ist eine haltlose Vermutung." Die Staatsanwaltschaft habe deshab keine weiteren Schritte eingeleitet. Auch ein Ermittlungsverfahren sei nicht eingeleitet worden.

Das darf nun hingegen verwundern: Hat die Staatsanwaltschaft Kenntnis von einer Straftat, ist sie gesetzlich gehalten, auch gegen unbekannt zu ermitteln. Das tut sie nach eigener Aussage bislang nicht, obwohl der Verdächtige vermummt war und Menschen mit Pfefferspray besprühte.

Unabhängig von diesem Fall ist die Stimmung unter Polizisten derzeit gereizt. "Stuttgart 21 bringt uns in eine innerliche Aufruhr und Spannung", sagte der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft in Baden-Württemberg, Joachim Lautensack, der taz.

In den vergangenen Tagen war die Kritik an Einsatzleitung und Politik auch aus Reihen der Polizei lauter geworden. Im Hamburger Abendblatt  hatten am Einsatz beteiligte Polizisten den Einsatz im Schlossgarten scharf kritisiert und unter anderem Spezialeinheiten als "scharfe Kampfhunde" bezeichnet. Ein Polizist hatte angedeutet, dass auch taktische Provokateure zum Einsatz gekommen sein könnten.

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Aus: ",Agents Provocateures' bei S21-Demo: Polizisten gegen Polizeigewalt" VON MARTIN KAUL (20.10.2010)
Quelle: http://www.taz.de/1/zukunft/schwerpunkt-stuttgart-21/artikel/1/polizisten-gegen-polizeigewalt/ (http://www.taz.de/1/zukunft/schwerpunkt-stuttgart-21/artikel/1/polizisten-gegen-polizeigewalt/)

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Quote[...] Hamburger Polizist gesteht "agent provocateur"-Einsätze bei Großdemos

Im Hamburger Abendblatt lesen wir einen ausführlichen Artikel über die Rolle der Polizei bei Großdemonstrationen wie Stuttgart 21 oder den Castor-Transporten. Dabei gesteht ein Polizist:

"Als seine Einheit nach Stuttgart verlegt werden sollte, stellte er einen Urlaubsantrag, weil er den Einsatz nicht mittragen konnte. Und wollte. Er hat verwandtschaftliche Beziehungen nach Stuttgart. Er ist auch ein Bahnhofsgegner. "Ich weiß, dass wir bei brisanten Großdemos verdeckt agierende Beamte, die als taktische Provokateure, als vermummte Steinewerfer fungieren, unter die Demonstranten schleusen. Sie werfen auf Befehl Steine oder Flaschen in Richtung der Polizei, damit die dann mit der Räumung beginnen kann. Ich jedenfalls bin nicht Polizist geworden, um Demonstranten von irgendwelchen Straßen zu räumen oder von Bäumen runterzuholen. Ich will Gangster hinter Gitter bringen", erklärt er, wohl wissend, dass Karrieren junger Polizisten nur durch die Einsatzhundertschaften gehen, die auch er durchlaufen muss."

Link zum Artikel (gebührenpflichtig): http://www.abendblatt.de/hamburg/article1665966/Wir-werden-von-der-Politik-verheizt-Polizisten-erzaehlen.html

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Aus: "Hamburger Polizist gesteht "agent provocateur"-Einsätze bei Großdemos"
von dk1893 Pro (2010-10-18)
Quelle: http://stuttgart21.blog.de/2010/10/18/hamburger-polizist-gesteht-agent-provocateur-einsaetze-grossdemos-9653324/ (http://stuttgart21.blog.de/2010/10/18/hamburger-polizist-gesteht-agent-provocateur-einsaetze-grossdemos-9653324/)

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Quote[...] StuttgartS21-Einsatz - Polizeigewerkschaft erhebt Vorwürfe

Wegen kritischer Äußerungen über den massiven Polizeieinsatz gegen Stuttgart-21-Gegner Ende September sieht die Gewerkschaft der Polizei (GdP) eines ihrer Mitglieder am Pranger. Zudem lasse die Politik die Polizei bei der Aufarbeitung des Einsatzes "im Regen stehen".

Hintergrund sind Äußerungen eines Mannheimer Polizisten in einer Zeitung. Darin soll er den Polizeieinsatz am 30. September gegen Gegner des Bahnprojekts als "Gewaltorgie" und Spezialeinheiten der Polizei als "Kampfhunde" bezeichnet haben. Der Mannheimer Polizeipräsident Gerhard Klotter bestätigte gestern, dass der betreffende Beamte befragt wurde und einzelne Passagen des Medienberichts bestreitet. Bis zur Klärung des Sachverhalts werde er "nicht mehr in Einsätze außerhalb des Polizeipräsidiums Mannheim" geschickt, sagte Klotter.

Der GdP-Landesvorsitzende Rüdiger Seidenspinner kritisierte in einem offenen Brief an die Polizeiführung die politisch Verantwortlichen. Diese würden die Polizei nun in der anhaltenden Auseinandersetzung um die Rechtmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit des Einsatzes "im Regen stehen" lassen. Der Einsatz gegen Stuttgart-21-Gegner habe zu Rissen quer durch Baden-Württemberg, durch Familien und nicht zuletzt durch die Polizei selbst geführt, so Seidenspinner. Er bezeichnete den Einsatz zu diesem Zeitpunkt als "politisch unklug", da er am Ende nicht zur Befriedung der Situation beigetragen habe, sondern den Konflikt um Stuttgart 21 eher noch verschärft habe. Allerdings betonte er, dass der Einsatz rechtmäßig war und die eingesetzten Kräfte "nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit gehandelt" hätten.

Gleichzeitig äußert der Gewerkschafter in dem Schreiben sein Bedauern darüber, wenn es am 30. September in wenigen Einzelfällen zu Überreaktionen der Einsatzkräfte in ihrem Verhalten gegenüber den Demonstranten gekommen sei. Zudem erklärte er, dass die GdP eine parlamentarische Aufarbeitung des Polizeieinsatzes "erwartet und unterstützt". Die Gewerkschaft sei bereit, "ihre Erkenntnisse und Beobachtungen in eine solche parlamentarische Aufarbeitung einzubringen".

Der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Claus Schmiedel, sagte, die Kritik der Polizei und die Reaktion der Landesregierung darauf zeigten noch einmal, wie wichtig eine öffentliche Untersuchung sei. Erst heize Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) die Stimmung gegen Demonstranten an und "wenn Polizisten dann die Landesregierung kritisieren, werden sie gemaßregelt".

QuotePolizeigewerkschaft erhebt Vorwürfe? Wir erheben Vorwürfe.


(umbia) 21.10.2010 , 11:13

Ähnliche Vorgehensweise hat man in den 80er in ein von Diktatur regierter osteuropäisches Land erlebt. Gerade der Ruf nach mehr Befugnissen hat dazu geführt, dass friedlich demonstrierenden Menschen zu tausenden erschossen wurden. Auch dort wurden Sicherheitskräfte eingesetzt, die nicht in der Region angesiedelt und beheimatet waren, sondern hat man die von Außerhalb gebracht, damit deren Einsatz nicht durch, Verwandtschaft, Bekanntschaft oder Nachbarschaft gehemmt wird. Was sagt die Amnesty International über den Einsatz der Polizei am 30. September? Herren und Frauen Politiker, die Polizei braucht kein zusätzliche Befugnis. Die brauchen Unterstützung, die Rentner und Schüler die in den besagten September Tag von den Schläger und Provokateure unter den Polizisten misshandelt wurden. Die sind in Stich gelassen worden nicht die Polizei wie von Herrn Seidenspinner behauptet wird.

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Quote

Polizeigewalt muß aufgeklärt werden - BASTA! Teil 1


(Hans Wurst) 21.10.2010 , 09:51

An besagten Donnerstag durfte ich als Bürger, Steuerzahler und Gegner von S21 im Stuttgarter Schloßgarten, die Staatsmacht hautnah und zielsicher "agieren" sehen. Die Polizeigewalt gegen eine genehmigte Schülerdemonstration und gegen z.T. ältere Bürger mit Wasserwerfer, Pfefferspray und Schlagstöcken war schockierend. Über 300 Verletzte waren das Ergebnis. In den Pressemitteilungen wurden zeitnah von IM Rech angebliche Pflastersteinwürfe der S21-Gegner herbeigelogen, die sich in Minutenfrist als "Kastanienwürfe" entpuppten. In 80 Stunden polizeilichen Videomaterial könnte die Polizeiführung keine nennenswerten Beweise für die ach so "gewalttätigen" Demonstranten herausfiltern. Die Polizei und deren politische Auftraggebern wollten mit der Polizeigewalt, Gegengewalt der S21-Gegner provozieren und danach kriminalisieren. Dies ist ihnen mißglückt, weil es seitens des Protestes durchschaut wurde und, angesichts der überbordenden Brutalität der Polizei erstaunlich, friedlich blieb.


Teil 2

(Hanswurst) 21.10.2010 , 09:52

Als Augenzeuge kann ich Ihnen sagen, daß auch mancher Polizeibeamte mit Spaß und lustig lächelnd auf Schüler eingedroschen hat. Exemplarisch ist der auf Youtube vielgezeigte glatzköpfige, bartige "Wikinger-Prügler" aus einer Göppinger Robocop-Einheit, der übrigens schon öfters bei anderen Demonstrationen in und um Stuttgart durch agressives "Hooliganverhalten" aufgefallen ist. Für den U-Ausschuß des Landtages ergeben sich viele Fragen. Gab es "Provokateure" der Polizei (z.B. dieser angebliche Pfeffergassprüher!), was haben die Polizisten in zivil getrieben, Verhältnismäßigkeit des Einsatzes, Bestrafung einzelner Polizistenschläger, politische Verantwortung und nicht zuletzt eine Entschuldigung/Entschädigung bei den Betroffenen...Aber ins geheim befürchte ich, daß noch weiter vertuscht und gelogen wird, und dieser U-Ausschuß zu keinem befriedigendem Ergebnis kommen wird.



QuoteWer trägt die Verantwortung für das Verhalten des Prügel-Polizisten?


(Christian Geiselmann) 21.10.2010 , 10:33

Was auch immer die parlamentarische Untersuchungskommission zum Gewalteinsatz am 30.9.2010 herausbekommt: Der Prügel-Rambo in Polizeiuniform, der durch die Videoaufnahmen bekannt wurde (und, wie man hier bei den Kommentaren lesen kann, möglicherweise bereits bei anderen Einsätzen in dieser Form auftrat) gehört in den Schreibtischdienst versetzt. Es geht für die Polizei in Baden-Württemberg nicht an, solche Figuren in "Kontakt mit Bürgern" kommen zu lassen. Das ist den Bürgern und Steuerzahlern nicht zumutbar. Die nächste Frage ist selbstverständlich die nach der dienstlichen und politischen Verantwortung: Entweder der Polizist kann sich nicht beherrschen (dann ist er für solche Einsätze offensichtlich ungeeignet, und es ist ein Versäumnis der Vorgesetzten, dass sie dies nicht wahrnehmen), oder sein Verhalten war von den Vorgesetzten bewußt toleriert oder inspiriert. Diese Fragen sollten spätestens vom Untersuchungsausschuss geklärt werden.


QuoteJa was denn nun, Herr Seidenspinner?


(Nörgler) 20.10.2010 , 17:57

Zitat Seidenspinner: ,,Allerdings betonte er, dass der Einsatz rechtmäßig war und die eingesetzten Kräfte "nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit gehandelt" hätten....Gleichzeitig äußert der Gewerkschafter in dem Schreiben sein Bedauern darüber, wenn es am 30. September in wenigen Einzelfällen zu Überreaktionen der Einsatzkräfte in ihrem Verhalten gegenüber den Demonstranten gekommen sei." Ja was denn nun, Herr Seidenspinner? "Überreaktionen" - welche nette Umschreibung für Wasserwerfer, Polizeiküppel und Pfefferspray gegen Kinder und Jugendliche - ist so etwas verhältnismäßig, Herr Seidenspinner?? Fußball"fans", die auf der Königstraße randalieren, werden mit Samthandschuhen ins Stadion geleitet, damit sie dort weitermachen können. Kindern und Jugendlichen prügelt man das "rechte" Demokratieverständnis mit Knüppeln ins Hirn. Ist das die neue Polizeistrategie, Herr Seidenspinner? Fragen Sie doch mal den Herrn Rathgeb, Ihren früheren Kollegen, was der dazu meint.



Aus: "StuttgartS21-Einsatz - Polizeigewerkschaft erhebt Vorwürfe" (21.10.2010)
Quelle: http://www.swr.de/nachrichten/bw/-/id=1622/nid=1622/did=7046190/1ngidzu/index.html (http://www.swr.de/nachrichten/bw/-/id=1622/nid=1622/did=7046190/1ngidzu/index.html)

Title: [Der Weg zu Sicherheit... (Aspekte zur Staatsgewalt)]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 27, 2010, 04:08:04 PM
Quote[...] So bemerkte Noam Chomsky jüngst in einem Kommentar: ,,Wenn es um internationale Angelegenheiten geht, ist der Begriff 'Stabilität' rein technisch gemeint und bedeutet 'US-Herrschaft'. Dieser Gebrauch ist mittlerweile so sehr Routine geworden, dass er gar nicht mehr auffällt. So runzelte niemand die Stirn, als ein anerkannter Analyst und früherer Redakteur der 'Foreign Affairs' erklärte, um in Chile (1973) ,,Stabilität" zu erzielen, habe man das Land ,,destabilisieren" müssen – indem man die gewählte Regierung, unter Salvador Allende, stürzte und die Pinochet-Diktatur an die Macht brachte – ein Regime, das fortgesetzt folterte und tötete und ein internationales Terrornetzwerk aufbaute, das es ermöglichte, ähnliche Regime auch in andern Ländern zu installieren. Natürlich geschah dies alles mit Rückendeckung der USA und im Interesse von Stabilität und Sicherheit."

...

[...] Auf die verwissenschaftlichte Routine, anzunehmen, absolute Kontrolle sei die Voraussetzung für Amerikas Sicherheit, wies Noam Chomsky hin:

    "Diese Prämisse wurde sozusagen akademisch abgesegnet, als John Lewis Gaddis, ein anerkannter Historiker der Universität Yale, ein entsprechendes Buch veröffentlichte. Es war das erste Buch, das sich auf George W. Bushs Doktrin vom Präventivkrieg stützte. Wie Gaddis erläutert, lautet das operative Prinzip: Expansion ,,ist der Weg zu Sicherheit"".

...


Aus: "Das Wesen der Intervention: Warum der Putschversuch in Ecuador nicht isoliert zu betrachten ist"
Von Sebastian Müller (Veröffentlicht am Freitag, Oktober 8th, 2010 um 17:10 in Amerika, Lateinamerika, USA)
Quelle: http://le-bohemien.net/2010/10/08/das-wesen-der-intervention/ (http://le-bohemien.net/2010/10/08/das-wesen-der-intervention/)

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Putsch in Chile 1973
http://de.wikipedia.org/wiki/Putsch_in_Chile_1973 (http://de.wikipedia.org/wiki/Putsch_in_Chile_1973)


CIA-Aktivitäten in Chile
Seit 1963 führte der US-amerikanische Geheimdienst CIA in Chile eine Reihe verdeckter Operationen durch mit dem Ziel, die Wahl des Sozialisten Salvador Allende zum Staatspräsidenten zu verhindern. ...
http://de.wikipedia.org/wiki/CIA-Aktivit%C3%A4ten_in_Chile (http://de.wikipedia.org/wiki/CIA-Aktivit%C3%A4ten_in_Chile)

Title: [In diesem Zusammenhang... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 13, 2010, 09:29:45 AM
Quote[...] Hessische Strafverfolgungsbehörden hätten schon vor Monaten Hinweise darauf erhalten, "dass seitens der Hells Angels gezielt Kontakte zu Polizeibeamtinnen und -beamten hergestellt wurden, um diese für ihre Zwecke zu nutzen." ... Polizisten durchsuchten am Freitagmorgen Wohnungen von Mitgliedern der Rockerbande und der beschuldigten Beamten. Letztere haben laut LKA "mutmaßlich Informationen aus polizeilichen Systemen gegen Entgelt weitergegeben". Am späten Freitagnachmittag räumte Innenminister Rhein ein, die Sachverhalte seien "klar und ziemlich eindeutig". Solche Dinge führten dazu, "dass das Vertrauen in die Polizei erschüttert wird", sagte Rhein weiter.

... Fünf Beamte, darunter ein 50 Jahre alter Erster Hauptkommissar des LKA, wurden umgehend vom Dienst suspendiert. Sie müssen jetzt nicht nur mit einem Strafverfahren, sondern auch mit disziplinarischen Maßnahmen rechnen.

Einige der Beschuldigten ließen sich wohl nicht nur von den Hells Angels kaufen, sondern handelten zudem noch mit Drogen. Es soll sich um Beamte eines Frankfurter Polizeireviers handeln, so LKA und Staatsanwaltschaft. Zudem steht eine 34 Jahre alte Kriminaloberkommissarin des Polizeipräsidiums dort im Verdacht, zusätzlich zur Weitergabe von Informationen an organisierte Kriminelle gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen zu haben. In diesem Zusammenhang wurden bei der Razzia auch Wohnungen von Drogendealern in Offenbach durchsucht.

...


Aus: "Hessische Polizisten helfen Hells Angels" VON KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT (12.12.2010)
Quelle: http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/hessische-polizisten-helfen-hells-angels/ (http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/hessische-polizisten-helfen-hells-angels/)


Title: [Mo­dern, raf­fi­niert ver­packt und wird mit PR ver­kauft... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 21, 2010, 11:10:53 AM
Quote...So schrieb der Schrift­stel­ler Um­ber­to Eco an­läss­lich einer Pro­test­ak­ti­on gegen die Re­gie­rung von Sil­vio Ber­lus­co­ni am 8. Juli 2008 auf der Piaz­za Na­vo­na in Rom einen of­fe­nen Brief an alle Teil­neh­men­den, der in der grö­ß­ten Zei­tung Ita­li­ens, der La Re­pubb­li­ca , auch ab­ge­druckt wurde, und in dem es heißt:

    "Wir kön­nen hin­schau­en, wo wir wol­len, in allen west­li­chen Län­dern, ob in Ame­ri­ka oder Eu­ro­pa, ge­win­nen die Fa­schis­ten immer mehr Macht (und die Lin­ken hel­fen ihnen dabei) und ver­wan­deln die Län­der in Über­wa­chungs- und Po­li­zei­staa­ten. (...) Der Fa­schis­mus von heute hat äu­ßer­lich nichts mit dem aus der Ver­gan­gen­heit zu tun. Keine Uni­for­men, Stech­schritt und er­ho­be­ner Gruß. Nein, er ist mo­dern, raf­fi­niert ver­packt und wird mit PR ver­kauft ... aber der Geist, der da­hin­ter steckt, die to­ta­le Kon­trol­le und Aus­beu­tung, die Zen­sur, die Me­di­en­gleich­schal­tung, die Lügen, die Un­ter­drü­ckung und die An­griffs­krie­ge ... die Re­sul­ta­te ... sind die­sel­ben. Die meis­ten Men­schen sehen das nicht und sind durch die Pro­pa­gan­da völ­lig ge­blen­det."

...


Aus: "Ein autoritäres Europa?"
Der schleichende Wandel der westlichen Demokratien von Sebastian Müller am 17. Dezember 2010
http://www.dasdossier.de/magazin/macht/staat/ein-autoritaeres-europa (http://www.dasdossier.de/magazin/macht/staat/ein-autoritaeres-europa)

Title: [...um effizienter auf neue Bedrohungslagen reagieren zu können.]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 23, 2010, 06:42:38 PM
Quote[...] | 23.12.2010 | 04:00 UTC
Verfassungsrichter will Bundeswehr auch im Inneren

KARLSRUHE: Der Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, Ferdinand Kirchhof, hat sich dafür ausgesprochen, die Einsatzmöglichkeiten der Bundeswehr im Inland zu erweitern. Dem "Hamburger Abendblatt" sagte Kirchhof, die Streitkräfte könnten bestimmte polizeiliche Aufgaben übernehmen, etwa den Schutz gefährdeter Objekte. Um effizienter auf neue Bedrohungslagen reagieren zu können, sollte über eine Grundgesetzänderung nachgedacht werden, regte der Richter an. - Nach der Verfassung darf die Bundeswehr im Inneren nur zu Nothilfe bei Katastrophen eingesetzt werden.



Aus: "Verfassungsrichter will Bundeswehr auch im Inneren " (23.12.2010)
Quelle: http://www.dw-world.de/dw/function/0,,12356_cid_14732637,00.html (http://www.dw-world.de/dw/function/0,,12356_cid_14732637,00.html)

Ferdinand Kirchhof (* 21. Juni 1950 in Osnabrück)
http://de.wikipedia.org/wiki/Ferdinand_Kirchhof (http://de.wikipedia.org/wiki/Ferdinand_Kirchhof)



Title: [Hinter einem Symbol der Staatsgewalt (pinkelnde Petra)... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 12, 2011, 09:58:38 AM
Quote[...] Walldorf ist 27, Student an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden, und in Sachsen wird gerade viel über ihn gesprochen. Vor wenigen Tagen hat die Hamburger Leinemann-Stiftung seine Skulptur mit einem Nachwuchspreis ausgezeichnet; für "Petra" gab es den mit 1000 Euro dotierten dritten Platz. Doch an "Petra" scheiden sich die Geister.

... Die Gewerkschaft der Polizei in Sachsen sieht die Grenze der Kunstfreiheit überschritten. "Ich finde es beschämend, dass man so etwas als Kunst verkauft. Damit trifft man alle Polizeibeamtinnen, die sich im Dienst irgendwo hinhocken müssen um ihre Notdurft zu verrichten, weil es keine andere Möglichkeit gibt", sagte der Vorsitzende Hagen Husgen.

Und sogar Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) äußerte sich zu dem Werk des Kunststudenten: "Dieses sogenannte Kunstwerk ist eine Beleidigung der Polizistinnen. Ich bin schockiert, dass es Gremien gibt, die solchen sogenannten Künstlern Preise verleihen."

Stifter Ralf Leinemann sagt: "Ich vermute, die ganze Aufregung liegt an der Uniform. Einer Staatsmacht, die auf Autoritätswahrung bedacht ist, muss alles, was eine Uniform persifliert oder vermenschlicht, unangenehm sein."

... Walldorf weiß gar nicht so recht, wie ihm gerade geschieht. "Petra ist weder Kritik am Staat, noch an der Gesellschaft, noch soll sie eine bestimmte Berufsgruppe anfeinden. Was mich am meisten getroffen hat, war der Vorwurf, mein Kunstwerk sei frauenfeindlich und diskriminierend. Das war überhaupt nicht meine Intention."

Eine große Idee stecke hinter der Skulptur gar nicht. Er habe nur häufig schon männliche Polizisten in freier Wildbahn pinkeln sehen und sich gefragt, wie Polizistinnen das wohl machen, wenn keine Toilette in der Nähe ist. Und natürlich zeige das Werk auch die Verletzlichkeit neben der Berufsroutine.

Mittlerweile hat der Student schon Drohungen per E-Mail bekommen und beobachtet, wie sich Polizisten in Online-Foren verabredeten, ihn häufiger zu kontrollieren.

Aber letztlich sei die ganze Aufregung ja doch "wunderbar" und mache Spaß. "Wann hat man als Kunststudent schon die Möglichkeit, so gut zu lernen wie der Kunstmarkt funktioniert?

...

Quote* Gustav Rach
    * 11.01.2011 um 14:48 Uhr

,,Einer Staatsmacht, die auf Autoritätswahrung bedacht ist, ...

... Polizisten und ihre weiblichen Kollegen müssen den Kopf für vieles hinhalten, da sollte man sie nicht auch noch unflätig verspotten.

Im Übrigen halte ich das Werk von Walldorf für extrem eklig und bin der Meinung, dass so etwas nicht ausgezeichnet werden sollte.


Quote* mikeberlin
    * 11.01.2011 um 17:01 Uhr

...dass es im Jahr 2011 noch Leute gibt, die sich von einem so harmlosen Kunstwerk provozieren lassen? Allein das beweist doch, dass Herr Walldorf instinktiv ins Schwarze getroffen hat.



Quote* Azenion
   * 11.01.2011 um 10:52 Uhr

Gelungenes Werk

Den Menschen hinter einem Symbol der Staatsgewalt, zu dem er von der Obrigkeit stilisiert wird, zu zeigen ist für ein Kunstwerk nicht wenig. Daß die CDU als Vollstrecker des Bildzeitungswillens protestiert und bereits Verbotsdrohungen im Raum stehen, zeigt, wie berechtigt es ist.

Daß der Schöpfer dieses Werkes nicht in das seit den 1960ern gewohnte nebulöse, intellektualistische Geschwafel seiner Künstlerkollegen abgleitet, ist eine Wohltat. Merke: Kunst wird nicht erst durch die begleitenden Worte des Künstlers zur Kunst.



Quote* Christian Dossmann
   * 11.01.2011 um 11:00 Uhr

Mir gefällt es

Eine Skulptur, die zeigt, dass die "Kampfmaschinen" eigentlich auch nur Menschen sind. Für mich ist das eine Installation, die der Polizei Gutes tun will. Sie demütigt nicht, sondern stärkt eher die Beziehung zwischen Volk und Polizei.




Quote* topomoos
   * 11.01.2011 um 11:01 Uhr

Kratzen am Nimbus der Staatsmacht

Skandalös, sind Polizisten, die wie in Stuttgart geschehen, auf Kinder einprügeln, nicht aber dieses Kunstwerk.
Ich finde die Skulptur gut. Wir brauchen viel mehr Kunstwerke dieser Art, die am autoritären Nimbus der Staatsrepräsentanten kratzen und zeigen, das es nur Menschen sind, die in Unfirmen stecken. Nicht weniger, aber auch nicht mehr.



Quote* lyriost
   * 11.01.2011 um 11:03 Uhr

Jeder muß

Jeder muß pinkeln – vom Papst bis zur Polizistin. Kein Grund zur Aufregung. Und niemand büßt durch diese Tatsache an natürlicher Autorität ein, soweit er eine solche besitzt.



Quote* georg
   * 11.01.2011 um 11:03 Uhr

Der vermenschlichte Staat

Der Staat, zum Mensch gewordene Gestalt, mit all seinen Schwächen!
Ein großes Thema, bei dem der verbale Gegenwind vorprogrammiert ist. Ich hoffe, dass sich mehr Künstler dieser Thematik anschließen! Die Kunst ist unter anderem dafür da, uns den Bürgern, die Augen zu öffnen und genau das geschieht hier. Kunst ist eine Auseinandersetzung. ...


Quote* EsbenAMK
   * 11.01.2011 um 11:07 Uhr

Herrlich entlarvend

diese Empörung der Staatsvertreter.

Das Kunstwerk hat seine Aufgabe erfüllt.

Und die Politiker, die sich aufregen, sollten mal ins Grundgesetz schauen - genauer in Artikel 5 Absatz 3.


Quote* atoato
   * 11.01.2011 um 11:26 Uhr

Wäre es eine Frau in einer Burka

Die gesammelte Gemeinde würde behaupten, ja ja, Kunst die den Finger in die Wunde legt, aufrütteln usw. Nun ist es eine Polizistin und alle schreiben: "Nicht mit meinen Steuergeldern!". Glücklicherweise gibt es niemanden der ultimativ über Kunst urteilen kann und darf.



Quote* redsnapper
   * 11.01.2011 um 11:28 Uhr

hoffentlich...

...dient das theater als ansporn weiter zu machen und noch genauer hin zu schauen.


Quote* Steffift
   * 11.01.2011 um 11:34 Uhr

Petra-die deutsche Mohamed-Karrikatur?

Das ist er - unser demokratischer, Meinungsfreiheit-liebender Westen, der sich doch von den unzivilisierten Arabern darin unterscheidet, dass er die Freiheit der Kunst nicht nur toleriert sondern auch über den eigenen Geschmack stellt und sogar gutheißt!

Oder wie war das nochmal???


Quote* navax
   * 11.01.2011 um 11:37 Uhr

ready made

Ich stimme zu.

Eine herrliche Reminiszenz an Marcel Duchamp!

...


Quote* Fremdermann
    * 11.01.2011 um 12:00 Uhr

Die Reflexe funktionieren noch

Ich finde es wunderbar, wenn die Reflexe noch funktionieren. Wenn Kunst dazu provoziert, dass Masken der Konvention fallengelassen werden und Ordnungshüter aller Couleur aufschreien. Walldorf steht da in einer anspruchsvollen Reihe der Skulptur, die von Robert Longos schwarzgebrannten US-Soldaten über Duane Hansons prügelnden Polizisten bis hin zu Maurizio Cattelans kopfstehenden Cops reicht, und der unmittelbar befremdende Effekt, den seine Arbeit zweifellos hat, gibt ihm Recht.

Doch zwei Fragen, die ich im Allgemeinen für diskussionswürdig halte, schließen sich an:

a) Es war längere Zeit common sense, dass die Provokation in der Kunst ausgedient hat. Scheinbar alles sei gemacht worden, keine Fäkalie, keine Zerstörung, die man nicht schon als Kunst erlebt hätte. Und deshalb, so hieß die These, liege die echte Provokation gerade in der Fortführung klassischer Formen. Ein Bild zu malen sei heute subversiver, als auf Leinwand zu ejakulieren. Stimmt das noch oder kehrt, in einer konservativer gewordenen Gesellschaft, die künstlerische Qualität der Provokation zurück?

b)Nutzt die konservative Kritik heute Errungenschaften der freien Gesellschaft, um Tabuverletzungen zu maßregeln? Es erstaunt zumindest, dass in der Auseinandersetzung nicht nur um Walldorfs Skulptur Begriffe wie "Frauenfeindlichkeit" oder "Menschenwürde" als argumentative Waffen gegen die Provokation und zur Erhaltung des status quo eingesetzt werden. Ist die Freiheit von gestern die Borniertheit von heute?



Quote* wulewuu
    * 11.01.2011 um 12:53 Uhr

Glück gehabt,

dass Petra nur pinkelt.



Quote* Heini Huckeduster
    * 11.01.2011 um 13:02 Uhr

Sturm im Wasserglas

"Dieses sogenannte Kunstwerk ist eine Beleidigung der Polizistinnen."

Ein deutscher Polizist oder eine deutsche Polizistin pinkeln eben nicht!! Die schwitzen soetwas Unanständiges aus.

Gekürzt. Bitte bleiben Sie sachlich. Danke. Die Redaktion/lv



Quote* DrNI
    * 11.01.2011 um 13:11 Uhr

Beim Pinkeln sind alle Menschen gleich

Ich finde die Idee hinter der Skulptur ganz wundervoll. Man kann vieles darin sehen, wie so oft auch Dinge, die der Künstler vielleicht nicht mal absichtlich reingesteckt hat. Für mich ist die Botschaft: Alle Menschen haben etwas gemeinsam. Früher sagte man: Vor Gott sind alle Menschen gleich. Nun ist Gott nicht mehr so modern, aber ob Professor, Bauarbeiter oder eben Polizistin: Pinkeln müssen wir alle.

Und auch diese anonymen grünen Gestalten, die wir so gerne dafür hassen, dass sie bei Stuttgart21 älteren Menschen die Augen rausschießen, sind am Ende nur Menschen, die mal pinkeln müssen. Eigentlich ist das also keine Beleidigung der PolizistInnen sondern eine Liebeserklärung.


Quote* Unterweger
    * 11.01.2011 um 13:12 Uhr

Sitzblockade

Lieber Marcel Walldorf! Gratuliere!!!! Es lebe die Leichtigkeit, es lebe der Witz, der Charme, es lebe die Provokation der Spießer, es lebe der Humor, die Erotik und die Souveränität des Künstlers, die freie Assoziation der Kunst, es lebe der aufgeklärte, mündige Bürger, es lebe die Demokratie!!!!! Weitermachen.


Quote* pfleger69
    * 11.01.2011 um 13:21 Uhr

... und würde Petra gleichzeitig gebären, ein Kopftuch unter dem Helm tragen und ein Foto vom Papst in der Hand halten, noch immer wäre es Kunst, deren Existenzberechtigung niemand anzweifeln könnte.
Wer über Geschmacklosigkeit klagt, sollte eine halbe Stunde daily soap schauen, dann erfährt Petra eine wohltuende Relativierung.





Quote* DustBlow
    * 11.01.2011 um 14:06 Uhr

Kunst

Wer sich über ein Kunstwerk mokiert, an dem ging der Kelch der Aufklärung definitiv unverrichteter Dinge vorüber. ...





Aus: "Aufregung um die pinkelnde Petra" Von Meike Fries (11.1.2011)
Quelle: http://www.zeit.de/studium/uni-leben/2011-01/walldorf-petra-kunst (http://www.zeit.de/studium/uni-leben/2011-01/walldorf-petra-kunst)

Title: [Zu welchen Ergebnissen sind Sie gekommen?... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 13, 2011, 10:03:42 AM
Quote[...] Amnesty International recherchiert seit den Neunzigerjahren Fälle von Polizeigewalt in Deutschland. Zu welchen Ergebnissen sind Sie gekommen?


Katharina Spieß: Im Jahr 2009 gab es zum ersten Mal überhaupt eine Statistik über Ermittlungen wegen Polizeigewalt. Das waren deutschlandweit knapp 3.000 Verfahren. Das sind aber nur die Fälle, bei denen tatsächlich ein Verfahren eingeleitet wurde. Wir machen immer wieder die Erfahrung, dass Betroffene gar keine Anzeige erstatten.

Warum nicht?

Katharina Spieß: Manche haben Angst vor einer Gegenanzeige. Vor allem aber gibt es wenig Vertrauen, dass so eine Anzeige auch etwas bringt - da herrscht richtige Frustration bei den Betroffenen.

Und wie viele Ermittlungen führen zu einer Anklage oder Verurteilung der Beamten?

Katharina Spieß: Dazu haben wir bislang gar keine Zahlen. Das statistische Bundesamt beruft sich auf Probleme wegen der Umstellung in statistischen Verfahren.

Also wissen Sie gar nichts über die Qualität und den Erfolg der Ermittlungen?

Katharina Spieß: Es gibt kriminologische Untersuchungen, die ergeben haben, dass Ermittlungen gegen Polizisten regelmäßig schneller eingestellt werden als andere Strafverfahren. Und aus unseren eigenen Untersuchungen wissen wir: Es gibt eklatante Mängel bei den Ermittlungen. Der europäische Menschenrechtsgerichtshof fordert, dass solche Verfahren unmittelbar, unabhängig, unparteiisch und umfassend sein müssen. Das sind sie in vielen Fällen nicht. [...] Wir fordern die Einrichtung unabhängiger Untersuchungskommissionen. In Großbritannien, Irland und Norwegen gibt es solche Einrichtungen längst. Oft reicht es schon, wenn eine solche Kommission die ermittelnde Polizei überwacht.



INTERVIEW: MANUELA HEIM


Aus: "Amnesty-Polizeiexpertin Spieß: "Die Ermittlungen sind mangelhaft"" (13.01.2011)
Quelle: http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/die-ermittlungen-sind-mangelhaft/ (http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/die-ermittlungen-sind-mangelhaft/)

Title: [Das Innenministerium erklärte (Ägypten, 2011)... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 27, 2011, 01:03:12 PM
Quote[...] Das Innenministerium erklärte, man werde künftig keine Versammlungen, Märsche oder Proteste mehr tolerieren. Das wichtigste Kommunikationsmittel der überwiegend jungen Demonstranten, das soziale Netzwerk Facebook, wurde von der Regierung offenbar zeitweise blockiert. In Kairo und Assiut im Süden kamen dennoch Menschen zu Protesten zusammen; als die Polizei mit Schlagstöcken auf die Menge eindrosch, wurden Rufe "Friedlich, friedlich!" laut.

...


Aus: "Ägyptens Regime prügelt Proteste brutal nieder" (27. Januar 2011)
Quelle: http://www.abendblatt.de/politik/ausland/article1769303/Aegyptens-Regime-pruegelt-Proteste-brutal-nieder.html (http://www.abendblatt.de/politik/ausland/article1769303/Aegyptens-Regime-pruegelt-Proteste-brutal-nieder.html)

Title: [Dabei seien Schlagstöcke eingesetzt worden... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 08, 2011, 09:27:38 AM
Quote[...] In Stuttgart hat die Polizei am Dienstagmorgen eine Sitzblockade aufgelöst, mit der Gegner des Bahnprojekts Stuttgart 21 Baumverpflanzungen verhindern wollten. Wie die Polizei mitteilte, blockierten etwa 50 Menschen eine Straße und hinderten vier Baufahrzeuge mit Baumverpflanzungsmaschinen an der Zufahrt zum Baugelände. Die Polizei wies den Demonstranten nach eigenen Angaben einen anderen Versammlungsort zu, den diese aber nicht akzeptierten. Die Demonstranten seien der mehrfachen Aufforderung, die Straße freizumachen, nicht nachgekommen und hätten von Polizeibeamten weggebracht werden müssen, erklärte die Polizei.
Anzeige

Dabei seien Schlagstöcke eingesetzt worden, sagte der Sprecher der Parkschützer, Matthias von Herrmann.

...

Quote* HLWT
    * 08.02.2011 um 7:56 Uhr

Wie sagt man nun?

"Die Polizei soll mit Schlagstöcken vorgegangen sein..." oder doch besser brutaler Polizeieinsatz wie sonst im Sprachgebrauch üblich, wenn es in Moskau oder sonst wo passiert.



Quote* Gallonero2011
    * 08.02.2011 um 8:31 Uhr

Stuttgart 21

Die Demos in Kairo werden von CDU und CO. begeistert gefeiert ...

Was haben wir doch für eine tolle Demokratie, könnte auch zum Export-Schlager werden!!!!!



Quote* illitsch
    * 08.02.2011 um 8:46 Uhr

Demonstranten

Wie sagte doch unser bester Aussenminister aller Zeiten zu den Demonstrationen in Ägypten:
"Gewalt gegen friedliche Demonstranten ist nicht hinnehmbar".
Gilt das nur für Ägypten, Herr Westerwelle?



Quote* gegenDagegen
    * 08.02.2011 um 9:16 Uhr

Der Vergleich Stuttgart 21 und Ägypten ist völlig überzogen und fehlplaziert (da gab es schon über 300 Tote).


Quote* Haunebu
    * 08.02.2011 um 8:34 Uhr

waren auch diesmal polizei agent provocateurs dabei?





Aus: "Polizei räumt Straßenblockade gegen Baumverpflanzungen" (AFP, dpa, 8.2.2011)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/deutschland/2011-02/stuttgart-21-protest (http://www.zeit.de/politik/deutschland/2011-02/stuttgart-21-protest)
Title: [Und ohne Vorwarnung... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 17, 2011, 09:50:14 AM
Quote[...] Tausende Demonstranten hatten in der Nacht zum Donnerstag auf dem zentralen Perlen-Platz in Manama ausgeharrt. Augenzeugen berichteten, dass die Polizei gegen 3 Uhr Ortszeit den Platz umstellt und ohne Vorwarnung auf die Menschen gefeuert habe. Polizisten hätten flüchtende Demonstranten mit Schlagstöcken noch in die umliegenden Straßen verfolgt.

... Ärzte des Salamynia-Krankenhauses in Manama sagten, zwei Tote seien mit Schusswunden in die Klinik gebracht worden. Ein drittes Opfer erlag nach Angaben von Notfallhelfern auf dem Perlen-Platz seinen Verletzungen. Mindestens 45 Verletzte wurden im Krankenhaus behandelt. Viele haben nach Angaben der Ärzte Schusswunden erlitten oder seien durch Tränengasgranaten verletzt worden.

... Zu Tausenden – die Angaben schwankten zwischen 5000 und 20.000 – hatten sich die Menschen schon am Mittwoch nach der Beisetzung eines am Vortag getöteten Demonstranten auf dem Platz versammelt, darunter auch viele Frauen und Kinder. Der Protest verlief zunächst friedlich. Vereinzelt wurde während der Beerdigung zum "Sturz des Regimes" aufgerufen. Die meisten Oppositionellen sagten jedoch, sie forderten lediglich Reformen.

Der Golfstaat Bahrain wird von König Hamad bin Issa al-Chalifa und seiner Familie beherrscht. Er setzt die Regierung ein, Parteien sind nicht zugelassen. Bei den Demonstranten handelt es sich zumeist um schiitische Muslime, sie stellen auch die Mehrheit der Bevölkerung. Das Herrscherhaus ist hingegen sunnitisch. Viele Schiiten beklagen, dass sie von der regierenden sunnitischen Minderheit vom Wohnungsmarkt, dem Gesundheitswesen und staatlichen Arbeitsplätzen ausgeschlossen werden.

...


Aus: "Tödliche Proteste gegen Bahrains Königshaus" dpa, Reuters, AFP (17.2.2011)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/ausland/2011-02/bahrain-demonstrationen-tote (http://www.zeit.de/politik/ausland/2011-02/bahrain-demonstrationen-tote)

-.-

Quote[...] Bei Protesten von Regierungsgegnern hatten die Truppen am Freitag das Feuer auf Tausende Demonstranten eröffnet. Mindestens 50 Menschen wurden nach Angaben von Ärzten verletzt. Am Donnerstag waren bei der gewaltsamen Niederschlagung von Protesten fünf Menschen getötet und mehr als 200 verletzt worden. Für Samstag waren weitere Demonstrationen angekündigt.

Das Militär hatte insbesondere den Lulu-Platz im Zentrum Manamas besetzt, von dem die Proteste gegen die Regierung ausgegangen waren. Unmittelbar nach dem Abzug der Soldaten versuchten Demonstranten, den Platz wieder in Besitz zu nehmen. Sie wurden nach Beobachtungen eines Reuters-Journalisten von der Polizei mit Schlagstöcken sowie Tränengas- und Rauchgranaten angegriffen.

... In der Nacht zuvor hatte es weitere Auseinandersetzungen gegeben. Dutzende Regierungsgegner standen in den Morgenstunden vor dem Salmanija-Krankenhaus in Manama, in das die meisten Verletzten der Zusammenstöße gebracht wurden. Nach Angaben des Gesundheitsministers Faisal Jakub al-Hamar wurden in der Nacht zum Samstag sechs Menschen verletzt. Ärzte im Salmanija-Krankenhaus sprachen von mindestens 66 Verletzten.

Das bahrainische Königshaus bot der Opposition am Samstag Gespräche an. Das berichteten arabische Fernsehsender am Samstag. Die oppositionelle schiitische Wafik-Gesellschaft lehnte dies jedoch zunächst ab, solange die Regierung nicht zurücktrete und das Militär aus dem Zentrum von Manama abgezogen sei. Am Samstag rief die wichtigste Gewerkschaft des Landes für Sonntag zum Generalstreik auf.

...


Aus: "Bahrains Herrscherfamilie zieht Militär ab" (19.02.2011)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,746562,00.html (http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,746562,00.html)

Title: [Als Sicherheitskräfte das Feuer eröffneten... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 19, 2011, 06:41:40 PM
Quote[...] In Libyen wurden Proteste gegen Präsident Muammar Al Gaddafi blutig gestoppt: In der Stadt Bengasi wurden nach Angaben eines Arztes am Freitag mindestens 35 Menschen getötet. Gesicherte Informationen über Getötete und Verletzte gibt es aber nicht. Die Organisation Human Rights Watch berichtet unter Berufung auf Augenzeugen und Ärzte von mindestens 84 Todesopfern in den vergangenen Tagen.

Die Menge in Bengasi forderte mehreren übereinstimmenden Berichten zufolge den Sturz Gaddafis, als Sicherheitskräfte das Feuer eröffneten. Die meisten Opfer habe es vor einem Gebäude gegeben, das von Gaddafi bei seinen Besuchen in Bengasi genutzt wird. Sicherheitskräfte auf dem Gelände hätten auf die Demonstranten geschossen.

...


Aus: "Dutzende Tote in Libyen - Internet abgeschaltet" (19.02.2011)
Quelle: http://www.tagesschau.de/ausland/libyen198.html (http://www.tagesschau.de/ausland/libyen198.html)

Title: [Nach Protestaktionen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 22, 2011, 09:10:39 AM
Quote[...] Chinas Sicherheitsbehörden haben nach vereinzelten Protestaktionen vom Wochenende in einigen Städten die Verfolgung der Bürgerrechtsbewegung verschärft. Am Montag wurden mehrere Festnahmen von Menschenrechtsanwälten bekannt. Das Regime fürchtet Verhältnisse wie in der arabischen Welt. Die Zensur verschärfte die Kontrolle des Internets. Ein massives Aufgebot von Polizei zeigte sich am Montag demonstrativ auf Pekings Straßen. Erstmals seit mehr als vier Monaten Hausarrest gelang es der Frau des inhaftierten chinesischen Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo, sich mit einem Hilferuf zu Wort zu melden: "Meine ganze Familie wird als Geisel gehalten."

An mehreren Orten waren Menschen am Sonntag einem Appell im Internet gefolgt, der zu Demonstrationen nach dem Beispiel der Volksaufstände im arabischen Raum in 13 Städten aufgerufen hatte. Er erschien zuerst auf der chinesischsprachigen, regime-kritischen Website Boxun.com. Sie registrierte daraufhin massive DDoS-Attacken. Der Ruf nach einer "Jasmin-Revolution" in China war begleitet von Forderungen nach Freiheit und politischen Reformen. Der Aufruf richtete sich an Arbeitslose, Opfer von Zwangsräumungen, Bittsteller, Unterstützer der freiheitlichen Kräfte oder der 2008 veröffentlichten "Charta 08" für Demokratie und Menschenrechte in China.

Wie viele Menschen sich beteiligten, war unklar. Die englischsprachige Zeitung Global Times sprach von nur "einer Handvoll", während chinesischsprachige Staatsmedien die Zwischenfälle ganz verschwiegen. "Einige im Westen wollen, dass China "das nächste Ägypten" wird. Das ist einfach unmöglich", kommentierte das Blatt, das vom kommunistischen Parteiorgan herausgegeben wird. "Ein paar Leute, die Parolen rufen und Jasmin-Blüten in den Straßen werfen, werden den Vorwärtsdrang des Landes nicht bremsen."

Trotzdem ging die Staatssicherheit gegen dutzende Bürgerrechtler und Aktivisten vor. Außer dem Menschenrechtsanwalt Teng Biao wurde am Samstag auch Jiang Tianyong von der Polizei abgeholt, wie seine Frau Jin Bianling der Nachrichtenagentur dpa in Peking berichtete. In beiden Fällen wurden Computer konfisziert. "Die Polizisten hielten ein Papier hoch, das ein Durchsuchungsbefehl sein sollte." Vermisst werden auch der Anwalt Tang Jitian und andere, wie Nicholas Bequelin von Human Rights Watch der dpa berichtete.

"Auch wenn die Jasmin-Versammlungen in politischer Hinsicht nicht signifikant sind, könnten sie trotzdem ein Vorgeschmack auf die Dinge sein, die in Zukunft kommen", so Bequelin. Der Forscher wies darauf hin, dass erstmals über das Internet in mehreren Städten gleichzeitig Proteste koordiniert wurden. Die Zensurbehörden reagierten schnell. Suchwörter wie "Jasmin-Revolution" wurden in Online-Diensten gesperrt. Im Mikroblogging-Dienst des populären Portals Sina ließ sich nur noch nach Namen suchen, nicht mehr nach Themen, wie ein Mitarbeiter des Online-Dienstes der dpa bestätigte.

Trotz des strengen Hausarrests in ihrer Pekinger Wohnung gelang es der Frau des Nobelpreisträgers Liu Xiaobo, mit einem alten Computer eine Verbindung zum Internet herzustellen. Sie fühle sich "elendig", schrieb die 51-Jährige am Donnerstag in einer Online-Unterhaltung mit einem Freund, wie die Washington Post berichtete. "Ich weine", schrieb Liu Xia. "Niemand kann mir helfen." Ihr Anwalt Shang Baojun berichtete der dpa, seine Mandantin werde in völliger Isolation gehalten. "Ich kann immer noch keinen Kontakt zu ihr aufnehmen."

Die Washington Post konnte die Echtheit des Transkripts nicht unabhängig bestätigen, berichtete aber, dass ein anderer Freund ebenfalls gesehen habe, dass Liu Xia online gewesen sei. Sie hatte ihren Mann ein letztes Mal am 10. Oktober im Gefängnis besuchen können. Danach gab sie noch kurze Interviews und verbreitete ein Schreiben, bevor sie unter Hausarrest gestellt wurde. (dpa) / (anw)




Aus: "Nach Protestaktionen greift Peking hart durch" (21.02.2011)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/Nach-Protestaktionen-greift-Peking-hart-durch-1193937.html (http://www.heise.de/newsticker/meldung/Nach-Protestaktionen-greift-Peking-hart-durch-1193937.html)

Title: [Bundespolizei jagt Sprayer mit dem Hubschrauber... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 22, 2011, 10:00:15 AM
Quote[...] Mit einem Hubschrauber und einem Streifenwagen haben am Sonntag Bundespolizisten in Karlsfeld Jagd auf zwei Sprayer gemacht - und die beiden 18-Jährigen schließlich auch erwischt.

Ein Lokführer hatte einer Mitteilung der Bundespolizei zufolge am Sonntagnachmittag um 15:15 Uhr zwei Graffitisprayer beobachtet, die sich gerade an einer Lärmschutzwand nahe dem Karlsfelder Bahnhof mit ihren Farbdosen zu schaffen machten. Der Bahnangestellte alarmierte umgehend die Bundespolizei in München.

Wie die Polizei mitteilt, stellte eine Streifenwagenbesatzung den ersten der Sprayer noch in unmittelbarer Nähe des Tatortes zwischen Karlsfeld und Dachau. Der zweite Verdächtige machte sich zu Fuß in Richtung Bahnhof Dachau aus dem Staub, während die Bundespolizisten mit seinem Kumpel beschäftigt waren.

Die Beamten forderten jedoch einen Hubschrauber der Bundespolizei an, der den flüchtenden Graffitisprayer schließlich orten und bis nach Dachau verfolgen konnte. Am dortigen Bahnhof landete die Maschine auf einem Park-and-Ride-Parkplatz. Die Hubschrauberbesatzung nahm den zweiten Täter fest.

Bei der Durchsuchung der Graffitisprüher wurden mehrere Spraydosen und weitere Beweismittel in mitgeführten Rucksäcken aufgefunden. Bei den anschließenden Wohnungsdurchsuchungen stellten die Bundespolizisten auch weitere szenetypische Utensilien sicher wie ein Skizzenbuch sowie elektronische Graffiti-Bilder.

Ob und welche weiteren Taten den beiden Heranwachsenden zur Last gelegt werden können, ermittelt derzeit die Münchner Koordinierungsgruppe Graffiti (KoGra). Deren Spezialisten haben den Fall übernommen. Die Schadenshöhe der Sprayaktion vom Sonntag beziffert die Bundespolizei auf etwa 1000 Euro.

Quote21.02.2011 um 17:24 Uhr

agt schreibt: Helifliegen macht halt Spass

Die Herren von der Bundespolizei haben anscheinend so wenig zu tun, dass sie jede auch noch so lächerliche Situation nützen, um mit ihrem schönen Heli ein wenig durch die Luft zu gondeln.
Wenn Bayern tatsächlich ein so sicheres Land ist, dass Polizeibeamte mit solchen albernen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen auf Trapp gehalten werden müssen, dann sollte man vielleicht mal ein paar Stellen kürzen ...


Quote21.02.2011 um 16:21 Uhr

Tie schreibt NA

Wenn die Hubschrauber-Besatzung nicht so schnell gewesen wäre, hätte man die Verdächtigen vielleicht mit Hilfe von Bundeswehr-Tornados stellen können. Wem das nicht teuer genug ist, hätte vielleicht bei einem ausländischen Geheimdienst etwas Zeit von einem Überwachungssateliten mieten können...



Aus: "Dachau: Bundespolizei jagt Sprayer mit dem Hubschrauber" Von Walter Gierlich (21.02.2011)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/muenchen/dachau/vermischtes/dachau-bundespolizei-jagt-sprayer-mit-dem-hubschrauber-1.1062973 (http://www.sueddeutsche.de/muenchen/dachau/vermischtes/dachau-bundespolizei-jagt-sprayer-mit-dem-hubschrauber-1.1062973)

Title: [Für die man die Drecksarbeit zu machen glaubt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 02, 2011, 10:10:27 AM
Quote[...] Was tun, wenn gerade die, für die man die Drecksarbeit zu machen glaubt, konservative Bürger, sich gegen einen wenden? Nichts ist mehr, wie es war.

...

Quote01.05.2011
23 Uhr 09
Tom Gerstner

So lange ich als CDU Waehler auch nicht mehr friedlich demonstrieren darf, ohne gleich zusammegeschalgen zu werden, so lange habe ich kein Mitleid mit der Polizei.

In der vergangenen 30 Jahren hatte ich immer wieder eine Menge Mitgefuehl fuer die Bereitschaftspolizei. Aber seit dem schwarzen Donnerstag ist auch der letzte Funke Mitgefuehl abhanden gekommen. Und wenn dann die Gewerkschaft der Polizei sich hinter verurteilte Straftaeter im Amt (sog. Pruegelpolizisten) stellt und deren rechtskraeftige Verurteilung offen bedauert, oder sich unsere Politker hartnaeckig weigern, eine anonyme(!) Kennzeichnungspflicht von Polizisten (wie von Amnesty International schon seit Jahren gefordert) einzufuehren, dann kommt bei mir immer mehr offene Ablehnung gegen die Bereitschaftspolizei auf.

Und wenn ich dann noch mitbekomme, wie Schlaeger in Uniform mit illegalen Quarzhandschuhen aufruesten und sich bei Straftaten gegenseiten decken dann kommen mir immer mehr unflaetige Worte auf die Zunge.

Kurz gesagt: Wie man in den Walt reinruft, so schallt es heraus. Vielleicht sollte sich die Polizei Gedanken machen, wenn sie selbst CDU Waehler gegen sich hat?


Quote01.05.2011
19 Uhr 10
Konni G. (0) Das traurige bei der ganzen Geschichte ist, dass manche bei der Polizei sich auch noch wundern, warum gerade diejenigen, von denen man es nicht erwartet, also wie das im Artikel genannte Bildungsbürgertum, sich zumindest ideologisch gegen die Polizei stellen, bei Gewalt gegen Polizisten zumindest nicht einschreiten oder gar selbst zuschlagen.
Natürlich, und das wissen wir alle, machen 90% oder gar noch mehr der Beamten ihren Job nach bestem Wissen und Gewissen, aber ein paar schwarze Schafe eben nicht. Gut, das ist in jedem Betrieb so, doch in der Bevölkerung entsteht eben immer mehr der Eindruck, dass sich diese Delinquenten in einer Art rechtsfreien Raum befinden und sogar die Gerichte machtlos sind. Es kommt immer wieder vor, dass das Gericht nach Sichtung der Beweise einwandfrei eine Straftat erkennt, den Täter aber eben nicht identifizieren kann, weil die Kollegen ihn einfach decken.

Anstatt dass Polizei und Polizeigewerkschaften sich aktiv dafür einsetzen, dass die Verbrecher in der Polizei zur Rechenschaft gezogen werden, behindern sie etwaige Maßnahmen sogar noch oder dementieren die Existenz eines solchen Problems. Wüllner, obwohl sich des Problems sicherlich bewusst, zeigt das recht eindeutig. Man zeige ja immer nur den Moment der Festnahme - entweder dieser gute Mann hat die einschlägigen Videos nicht gesehen (wovon ich nicht ausgehe) oder er empfindet einen Tritt mit Anlauf gegen den Kopf eines Bürgers als verhältnismäßig (und das wäre höchst bedenklich). Das Gewalt bei einer Festnahme unter Umständen nötig und wenn verhältnismäßig auch unvermeidlich ist, bestreitet ja niemand, aber glasklare Straftaten, hätte sie ein Heranwachsender begangen eben genau diese Personen nach drakonischen Strafmaßnahmen brüllen würden, werden heruntergespielt, unzulässig relativiert und mit viel Geschick vertuscht.

Obwohl ich unnötige Gewalt gegen Menschen im Allgemeinen verachte, wundern brauchen sich die Polizisten leider nicht, das Problem ist bis zu einem gewissen Grade hausgemacht. Respekt verschafft man sich durch Ehrlichkeit, guter Arbeit und gewissenhaftem Verhalten aber nicht durch Angst, Hass und Gewaltexzessen.


Quote29.04.2011
17 Uhr 18
Kay Hafen

... Wenn hunderte Schüler aufgrund einer angemeldeten Schülerdemo im Park sind und völlig unbedarft eine Sitzblockade machen und die Polizei aus nächster Nähe völlig unangekündigt diesen Jugendlichen aus nächster Nähe Pfefferspray die Augen reinjagt, vorab diese anpöbelt und attackiert und mit dem Wasserwerfer völlig unkontrolliert immer wieder in die Menge schießt, obwohl die Masse außerhalb des Räumungsgebietes stand, frag ich mich schon was man anders hätte machen können. Z.B. die Aktion verlegen. Hier wurde Baurecht, was witzigerweise an dem Tag von Bundesbahneisenamt zurückgezogen wurde, aber vom Umweltministerium illegal gedeckt wurde, höher gewertet als die Unversehrtheit von Menschen. Die Teilnehmer der angemeldeten Schülerdemo waren Schutzbefohlene der Polizei, die an dem Tag alles falsch gemacht hat, was ging und dabei noch hundertfache Körperverletzung zu verantworten hat. ... Verletzt wurde z.B. auch die Frau eines Freundes, selbst Ärztin, an den Augen und musste in einer Augenklinik behandelt werden. Dietrich Wagner ist für immer blind. Ebenso konnte einem Bekannten nur durch Operationen das Augenlicht gerettet werden. Die tausendfach traumatischen Erfahrungen spricht auch niemand an. Das war Krieg. Ein Polizeiarmee gegen völlig unbedarfte und hilflose Bürger. Ein Skandal ist auch, dass die Polizei den Rettungssanitätern den Zugang zum Gelände verboten hat. Die offiziell ca. 120 Verletzten waren die, die außerhalb des Geländes betreut wurden. Auf dem Gelände selbst haben freiwillige Sanitäter hunderte von Personen dankenswerter erstbetreut. Das die Polizei bis jetzt keine Konsequenzen zieht und zumindest ihre Schuld und ein totales Versagen einsieht ist traurig. Damit könnte sie ein wenig von dem Respekt, dem sie nachheult, zumindest in Stuttgart wieder erlangen. Bis zu dem Tag war das Verhältnis zur Polizei intakt und wir hatten auch sicher auch Respekt vor der Polizei. Zumal wir wissen, dass die Politik dahinter die Verantwortlichen sind. Feig ist die Polizei, weil sie nicht die eigentlichen Verantwortlichen wie Mappus, etc... benennt. Wer das miterlebt hat, hat erstmal keinen Respekt mehr. Zumindest nicht vor den Personen, die für den 30.09 verantwortlich waren und auch nicht vor den Polizisten die im Park, wie Rambos, gewütet haben. Ein Polizist hat seine Uniform hingeschmissen und gesagt, er macht so eine Scheisse gegen Kinder nicht mit. Zudem hat Thomas Mohr, ein Polizist aus Mannheim, zugegeben, dass das ganze politsch gewollt und geplant war. Danke dafür. Dafür gibt es Respekt ohne Ende.

Wer es mit eigenen Augen sehen will, muss nur auf youtube nachschauen.

Zum Beispiel hier:
http://www.youtube.com/watch?v=d2V8sK4du_0 (http://www.youtube.com/watch?v=d2V8sK4du_0)

Hier der lächerliche Untersuchungsausschuss dazu in Kurzform:
http://fluegel.tv/index.php?article_id=152 (http://fluegel.tv/index.php?article_id=152)



Aus: "Ein Job zum Davonlaufen" Von Christoph Cadenbach und Max Fellmann (aus Heft 17/2011 Gesellschaft/Leben)
Quelle: http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/35651 (http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/35651)

Title: [Denn es brauchte erst die zwei wehrhaften Polizisten... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 05, 2011, 10:28:18 AM
Quote[...] Man weiß ja gar nicht, worüber man sich mehr Gedanken machen soll: Darüber dass mittlerweile Polizisten die besten Kontrolleure der Polizei geworden sind? Oder darüber, dass inzwischen derartig viele Zivilbeamte im Einsatz sind, dass sich die Ordnungshüter bevorzugt gegenseitig verletzen?

Weil Polizisten in zivil am 1. Mai von ihren Kollegen erst mit Pfefferspray, dann mit Fausthieben verletzt worden sein sollen, haben sie nun Anzeige wegen "Körperverletzung im Amt" gegen ihre Polizeikollegen erstattet. Hört sich heftig an. Ist es auch. Denn es brauchte erst die zwei wehrhaften Polizisten, um die Debatte darüber zu ermöglichen, ob der Berliner Polizeieinsatz am 1. Mai mit rechten Dingen zuging.

... Berlins Polizeipräsident Dieter Glietsch zumindest verteidigte den Einsatz am Montag noch ganz locker und behauptete, das Spray sei nur nach gezielten Angriffen auf Beamte eingesetzt worden. Anzeigen von Betroffenen seien ihm nicht bekannt. Und dann bejubelte er den tollen Polizeieinsatz und die Leistung der Kollegen.

Da hätte er mal lieber genauer hingeschaut. Nur wenige Stunden später hatte er die ersten Anzeigen bereits auf dem Tisch: Von seinen eigenen Leuten.

Nun kann es verschrecken, dass ausgerechnet Polizeibeamte diejenigen sind, die den unverhältnismäßigen Einsatz der polizeilichen Mittel aufklären wollen: Müssten nicht eigentlich zahlreiche Betroffene gute Gründe haben, längst zur Polizei gegangenen zu sein, um Anzeige zu erstatten? Müssten nicht auch Medienberichte eine Wirkung entfalten können, die zumindest zur Reflexion einlädt?

Tatsächlich wird die Beweisführung in diesen Fällen immer schwierig sein: Wer hat schon zufällig gefilmt wie er selbst plötzlich von Polizisten attackiert wird? Wer hat die Chuzpe mit Pfefferspray in den Augen die Kamera noch weiter hoch zu halten? Und wer will beweisen können, dass nicht vorher irgendetwas der Grund für die Attacke gewesen sein könnte? Im Detail ist die Aufarbeitung dieser Polizeieinsätze immer ein Problem. Doch wer am Abend des 1. Mai am Kottbusser Tor seine Augen trotz der pfeffrigen Nebelschwaden offen halten konnte, hat gesehen was da schief lief.

Den Blick dafür wird sich nun auch Berlins Polizeipräsident Dieter Glietsch zumuten müssen. Dass er sich erst von seinen ihm unterstellten Beamten dazu treiben lassen muss, ist peinlich genug. Immerhin aber gibt es diese Kultur der Kontrolle auch innerhalb der Polizei.

Sie müsste eigentlich für Zuversicht sorgen, wenn da nicht noch diese anderen Fragen wären: Wie gesund ist es eigentlich, auf die Selbstreinigungskräfte der Polizei zu vertrauen? Wie viele dieser wehrhaften Polizeibeamten gibt es überhaupt? Und was ja auch mal interessieren würde: Wenn am 1. Mai allein acht Beamte in Berlin durch Pfefferspray verletzt worden sind – zu wieviel Prozent bestand die aufgebrachte Demonstrantentruppe am Kottbusser Tor eigentlich aus Zivilpolizisten? ...

Quote05.05.2011 01:33 Uhr:
von maddin:


Der Umstand, dass sich Polizisten gegenseitig Anzeigen ist leider schon eine Seltenheit. Wahrscheinlich auch nur dadurch möglich, dass die Polizisten, die vermutlich zugeschlagen haben, aus anderen Bezirken oder Ländern kommen und somit kaum die Gefahr besteht einem interenen Gruppenzwang auf der Wache ausgesetzt zu sein. Anders war es schon bei der Geschichte in Halberstadt und der verschleppten Aufklärung, woraufhin ein kritischer Polizist, ich sag mal, umdisponiert worden ist.
Aktuell ist eine kritische Berichterstattung über polizeiliche Vorgänge in Verden / Oldenburg zu vermerken in der Causa "Weser-Kurier".

...


Quote04.05.2011 17:09 Uhr:
von Paria:

Genau genommen hat das ganze gar nichts mit Selbstkontrolle zu tun, denn das war ja nicht die Aufgabe der Zivilpolizisten.
Sie haben einfach nur von ihren eigenen Kollegen "eine auf's Maul" bekommen und da hört dann wohl die Kameradschaft auf.

Das wäre doch eigentlich mal eine vertrauensbildende Maßnahme. Zivilpolizisten werden eingesetzt um ihre Kollegen zu überwachen und ungerechtfertigte Polizeigewalt zu verhindern. Leider nur ein Wunschtraum in diesem Staat, der immer weiter von seinen freiheitlichen, rechtsstaatlichen Idealen abweicht.


Quote04.05.2011 15:29 Uhr:
von Der Sizilianer:

http://www.amnestypolizei.de/kampagne/forderungen.html (http://www.amnestypolizei.de/kampagne/forderungen.html)

"Individuelle Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte

Unabhängige Untersuchungskommissionen bei Verdacht auf Polizeigewalt

Videoaufzeichnungen auf Polizeistationen

Menschenrechtsbildung für Polizeibeamte"

... das wär ja schon mal was! Vielleicht nicht alles, aber immerhin ein Anfang - ein offensichtlich dringend notwendiger Anfang ...


Quote04.05.2011 14:30 Uhr:
von Andreas:

Wenn es nicht so ernst wäre könnte man darüber lachen!
Leider wird sich aber auch dadurch nichts ändern und unsere Polizei wird weiter unbegründet darauf los prügeln und somit den Rechtsstaat mit Füßen treten.
Noch mal zum Verständnis ich rede hier nicht von dem Vorgehen gegen gewaltätige Demonstranten etc. sondern von selbst erlebten Einsätzen unserer Polizei gegen friedliche Demonstranten.
Genug Beispiele gab es ja im Februar zB. in Dresden zu sehen.



Aus: "Der verletzte Polizeistaat" KOMMENTAR VON MARTIN KAUL (04.05.2011)
Quelle: http://www.taz.de/1/debatte/kommentar/artikel/1/der-verletzte-polizeistaat/ (http://www.taz.de/1/debatte/kommentar/artikel/1/der-verletzte-polizeistaat/)

Title: [Militär feuert aus der Luft auf Demonstranten... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 11, 2011, 11:57:56 AM
Quote[...] Ungeachtet der Kritik geht das syrische Militär weiter brutal gegen Demonstranten vor - erstmals soll sie diese auch aus der Luft angegriffen haben. Bei dem gewaltsamen Vorgehen gegen Demonstranten wurden am Freitag im ganzen Land mindestens 25 Zivilisten getötet. Im Zentrum des Konflikts steht seit Tagen Dschisr al-Schughur.

...


Aus: "Berichte über Unruhen in Syrien - Militär feuert aus der Luft auf Demonstranten" (11.06.2011)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/politik/unruhen-in-syrien-militaer-feuert-aus-der-luft-auf-demonstranten-1.1107580 (http://www.sueddeutsche.de/politik/unruhen-in-syrien-militaer-feuert-aus-der-luft-auf-demonstranten-1.1107580)

-.-

Quote[...] Ein Großteil der Bevölkerung sei aus der Kleinstadt geflüchtet. Einige Familien seien von der Armee vertrieben worden. Anfang der Woche waren in der Ortschaft nahe der Grenze zur Türkei nach offiziellen Angaben aus Damaskus 120 Soldaten und Polizisten getötet worden. Das Regime macht Extremisten für die Toten von Jisr al-Shughour verantwortlich. Regimegegner aus dem Bezirk hatten dagegen berichtet, die Soldaten und Polizisten seien von Angehörigen der Sicherheitskräfte erschossen worden, weil sie sich Befehlen widersetzt hätten.

...


Aus: "Truppen riegeln Stadt im Norden ab" (11. Juni 2011)
Quelle: http://derstandard.at/1304554237911/Syrien-Truppen-riegeln-Stadt-im-Norden-ab (http://derstandard.at/1304554237911/Syrien-Truppen-riegeln-Stadt-im-Norden-ab)

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Quote[...] Syrien hat die Vereinten Nationen vor einer Einmischung in die inneren Angelegenheit des Landes gewarnt. Die Annahme einer kritischen Resolution durch den UNO-Sicherheitsrat würde die Situation im Land nur verschärfen, weil dann "Extremisten und Terroristen" ermuntert würden, Syrien weiter zu destabilisieren, schrieb der syrische Außenminister Walid al-Moualem (Muallem) in einem Reuters am Freitag vorliegenden Brief an den UNO-Generalsekretär.

...


Aus: "Syrien: Demonstranten aus Helikoptern beschossen" (11.06.2011)
Quelle: http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/669447/Syrien_Demonstranten-aus-Helikoptern-beschossen (http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/669447/Syrien_Demonstranten-aus-Helikoptern-beschossen)

Title: [Moin, wir würden Sie jetzt gern aufheben... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 19, 2011, 08:19:16 PM
Quote[...] Um 15.56 Uhr kommt die letzt Aufforderung der Polizei, die Blockade am Tor 2 des AKW in Brokdorf zu räumen. Stundenlang haben hier mehr als 50 Atomkraftgegner auf ihren Strohballen gesessen und Wind und Regen getrotzt. Eine junge Frau hängt seit Ewigkeiten hoch oben in einem Gestell. Über ihr die "Atomkraft-Nein Danke"-Fahne. Schräg rüber haben zwei Jungs auf einem Dixiklo-Dach direkt am Tor Stellung bezogen. Und natürlich denken sie nicht daran, ihren Platz zu räumen. Ist ja schließlich ihr Ziel, das AKW zu blockieren.

Wer die Bilder von den Castorblockaden in Gorleben kennt, ahnt, was jetzt kommen kann: Wasserwerfer, Gummiknüppel, schwarze Steinewerfer. Doch nix da. In Brokdorf beginnt die Räumung mit einem herzlichen: "Moin, wir würden Sie jetzt gern aufheben". Der Beamte, der das sagt, lächelt. Die Blockiererin lächelt auch und lässt sich wegtragen. Hin zu den Polizisten, die ihre Personalien aufnehmen, sie fotografieren und schließlich hinter der Polizeikette wieder laufen lassen. Fast eine ganze Stunde geht das so.

Zwischendurch reicht ein Aktivist den noch sitzenden Blockierern Äpfel. Die machen Späße, singen subversive Lieder und beobachten amüsiert, wie die Beamten vom Polizei-Abschleppdienst brav in der Reihe stehen, warten bis sie dran sind, dann vortreten hin zu den Blockierern und jedes Mal höflichst fragen, ob es denn okay wäre, wenn sie jetzt einen der Aktivisten wegtragen.
"Mein Name ist Schröder, ich hole Sie jetzt runter"

Nur die letzte Reihe Demonstranten, die, die direkt am Zaun sitzen, machen die Räumung etwas komplizierter. Denn sie haben sich ineinander verhakt. Die Beamten müssen das Knäuel entwirren und tun das mit stoischer Ruhe. Dann werden noch die Jungs vom Klo geholt und die Aktivistin, die an einem Seil in der Luft hängt, aus ihrem Gestell. Und wieder Charmeoffensive pur: "Mein Name ist Schröder, ich hole Sie jetzt runter", sagt der Mann. Und schließlich: "ist alles okay bei Ihnen? Dann nimmt Vanessa jetzt ihre Daten auf." Die Aktivistin ist damit einverstanden, lächelt freundlich zurück. Und das war's. Punkt 17 Uhr ist das Tor frei für einen pünktlichen Schichtwechsel.

Mehr als 20 Busse mit der Spätschicht des AKWs fahren durchs Tor. Die Arbeiter drin haben ihre Handys gezückt, um ihren spektakulären Einzug ins Kraftwerk im Foto oder Video festzuhalten. Die geräumten Blockierer rufen im Chor: "Abschalten" und dem Polizeieinsatzleiter Joachim Gutte fällt ein Stein vom Herzen. "Super gelaufen", sagt der 55-jährige leitende Polizeidirektor aus Kiel. Und er meint damit nicht nur seine Jungs und Mädels, die genau das umgesetzt haben, was sie als Deeskalationsstrategie gelernt haben. Er meint auch die AKW-Gegner, die aus seiner Sicht "ihr Versammlungsrecht höchst verantwortungsbewusst wahrgenommen" haben und dafür Respekt verdienen.
So schön kann Blockade sein!

Am Tor 1 harren derweil die anderen Atomkraftgegner aus. Hier wird nicht geräumt. Denn hier will ohnehin niemand rein oder raus. Egal. Die Aktivisten bleiben trotzdem sitzen. Es ist ein Zeichen für die Entschlossenheit, die die Blockierer eint: "Wir müssen raus aus der Atomkraft und zwar nicht erst in zehn Jahren, sondern jetzt", sagt einer von ihnen. Was in Fukushima passierte, könne auch hier passieren. Sicher sei schließlich keiner der Meiler. "Und auf das Restrisiko will ich es jedenfalls nicht ankommen lassen", versichert der 25-Jährige - und lächelt. Samstag, kurz nach 18 Uhr ist klar: So schön kann Blockade sein!


Aus: ""Moin, wir würden Sie gern aufheben"" Von Manuela Pfohl, Brokdorf (18. Juni 2011)
Quelle: http://www.stern.de/politik/deutschland/sitzblockade-vor-akw-brokdorf-moin-wir-wuerden-sie-gern-aufheben-1696985.html (http://www.stern.de/politik/deutschland/sitzblockade-vor-akw-brokdorf-moin-wir-wuerden-sie-gern-aufheben-1696985.html)

Title: [Der Zivilbeamte wurde mit Kopf- und Gesichtsverletzungen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 21, 2011, 09:52:43 AM



-.-

Quote[...] Die Polizei ermittelt nach gewaltsamen Ausschreitungen an der Baustelle am Montagabend wegen versuchter Tötung. Ein am Boden liegender Beamter in Zivil sei von mehreren Demonstranten mit Schlägen und Fußtritten traktiert worden, sagte der Stuttgarter Polizeipräsident Züfle am Dienstag. ,,Wir haben um sein Leben gefürchtet."

...

Quote20. Juni 2011 22:39


Gewalttäter...  
G. Koch (g.koch)

gehören weggetragen und eingesperrt!


Quote20. Juni 2011 22:25

Verharmlosung  
Wolfgang Schmid (w.schmid)

"Wutbürger" und "Aktivisten" sind schon niedliche Verharmlosungen der Knallpresse für Kriminelle, die demokratische Spielregeln missachten, Gesetze brechen und andere Menschen verletzen.


Quote21. Juni 2011 00:35

Nicht alles glauben  

Jakob Bender (jopelle)

Man sollte nicht alles glauben, nur weil es in der Zeitung steht.
Ich komme gerade von dieser Demo und bin damit Augenzeuge. Ein Kleinigkeit möchte ich dann doch schon gerne korregieren.
Der Zivil-Polizist der hier erwähnt wurde hatter 20 Sekunden bevor er sich die Verletzungen zuzuog einen Sprengsatz mitten unter den Demonstranten gezündet. Der Typ war ein Provokateur.
Ich bin sehr gegen Gewalt, aber dass der Typ Ein, Zwei auf die Fresse gekrigt hat fällt bei mir unter Notwehr.
Ich hab diese Geschichten über Provokateuer bei der Polizei nie wirklich geglaubt, aber jetzt hab ich es selbst gesehen. Das ist so ziemlich übelste was man den ansonsten immer sehr friedlichen Demonstranten antun kann.
Übrigens wer nie bei einer solchen Demo dabei war, der kann sich auch keine Meinung darüber erlauben. Er weiss es einfach nicht.

...


Quote21. Juni 2011 21:37
peter drescher (diup)

Agent Provocateur

Wenn ein mit Pistole bewaffneter Agent Provocateur innerhalb einer Gruppe Demonstranten aufgedeckt wird, dann ist dies für jene kein Anlass zur Freude.





Aus: "Kretschmann ruft zu Besonnenheit auf" Von Kerstin Schwenn und Stephan Löwenstein, Berlin (21. Juni 2011)
Quelle: http://www.faz.net/artikel/C30021/stuttgart-21-proteste-kretschmann-ruft-zu-besonnenheit-auf-30444423.html (http://www.faz.net/artikel/C30021/stuttgart-21-proteste-kretschmann-ruft-zu-besonnenheit-auf-30444423.html)

-.-

Quote[...] Mehrere hundert Gegner des Bahnhofsprojektes Stuttgart 21 haben am Montagabend eine Baustelle gestürmt und neun Polizisten verletzt. Ein Beamter wurde schwer verletzt, als er einen Demonstranten kontrollieren wollte, der zuvor eine Sachbeschädigung begangen haben soll. Der Zivilbeamte wurde mit Kopf- und Gesichtsverletzungen ins Krankenhaus gebracht.

Nach der traditionellen Montagsdemonstration hatten Teilnehmer die Zäune zum geplanten Grundwassermanagement für den Bau des Tiefbahnhofs niedergerissen. Einige Aktivisten besetzten die Wassertanks, andere zündeten Knallbomben in der Nähe der Polizeikette. Die Demonstranten seien mit "brachialer Gewalt" vorgegangen, sagte ein Polizeisprecher.

Acht Beamte erlitten seinen Angaben zufolge ein Knalltrauma. Die Polizei sprach von einer schweren Aggression, feindseliger Stimmung und großer Emotionalität des Protests.

... Zuletzt waren Ende September 2010 mehr als 100 Demonstranten und auch etliche Polizisten vor den Baumfällarbeiten für Stuttgart 21 im Stuttgarter Schlossgarten verletzt worden.

... Die Bahn hatte vor kurzem die seit Ende März ausgesetzten Bauarbeiten wieder aufgenommen – ungeachtet der Forderungen, diese mindestens bis zur Veröffentlichung der Ergebnisse des Stresstests Mitte Juli ruhen zu lassen. Die Verlegung von 17 Kilometern Rohren für das Grundwassermanagement im Stuttgarter Zentrum steht unmittelbar bevor.

Quotestuttgarterin
   21.06.2011 um 8:40 Uhr

Mehr Wahrheit bitte

Das kommt dann heraus, wenn man unreflektiert dpa Meldungen übernimmt. Wichtig zu wissen wäre auch, das es sich bei diesem Gelände um den in der Nacht zum 30.9. illegal gerodeten Schloßgarten handelt, den es gab eine einstweilige Verfügung vom EBA die das Fällen der 150 Jahre alten Bäume untersagt. Des weiteren wäre es gut bei der Wahrheit zu bleiben: es gab an dem ganzen gestrigen Abend einen Böller, den 100 Danebenstehende hervorragend überlebt haben, nur die acht Polizisten - mehr waren es zu Anfang auf dem ganzen Gelände nicht - wurden trotz Schutzhelmen davon verletzt. Der verprügelte "Polizist" ist kurz nach dem "schweren" Angriff telefonierenden und nicht blutend auf einem youtube Video zu sehen, wahrscheinlich holt er sich seine Anweisungen für sein Krankheitsbild. Polizisten angegriffen hat niemand, die einzige Gewalt bestand darin Aufkleber auf Baumaterial zu kleben und Luft aus den Reifen der Baufahrzeuge zu lassen. Die allermeisten Demonstranten waren friedliche Bürger, die einfach langsam die Nase voll haben von diesem Schmierentheater, daß hier in Stuttgart seit über 15 Jahren aufgeführt wird.

... Der vermeintliche Polizist war erst al solcher zu erkennen, als er Stolperte und seine Waffe sichtbar wurde. Bis dahin ist er extrem agressiv auf 4 Demonstranten zugegangen, die Ihn nur gefragt haben, warum er Gesichter und nicht das Geschehen fotographiert. Als man Ihn bat, die Bilder zu löschen, fing er an zu die Leute anzuschreien und wegzuschubsen. Ich stand in 3 Meter Abstand zu der Szene.



Quotefur0
   21.06.2011 um 9:20 Uhr

Recherchieren statt abschreiben

Im Zweifelsfall liebe Zeitredaktion, reicht ein Blick auf die Videos der angeblich körperverletzenden Böller. Muss etwa die Netgemeinde wieder die Wahrheitsfindung betreiben? (siehe Graf von und zu Gutti) Da erwarte ich von meiner Zeit mehr Objektivität, statt einfach die Hofberichterstattung der CDU Medien STZ zund Süddeutsche zu übernehmen.


QuoteWahrnehmung
   21.06.2011 um 9:37 Uhr

über 400 Menschen wurden durch brutale Gewalt verletzt

... wenn der Staat mit brachialer Gewalt vorgeht, ist das Staatsgewalt und legitim, egal was für Schaden angerichtet wird, egal welches Recht gebeugt wird.
8 Beamte erlitten ein Knalltrauma, einer wurde schwerverletzt. Das ist schlimm und körperlicher und seelischer Schaden sollte unter allen Umständen vermieden werden.Doch - wer hat im Herbst 2010 die Verletzten gezählt. Da wurden über 400 Menschen durch die Polizei mit Vorsatz verletzt.
Ein Mensch hat durch diese brachiale Gewalt der Staatsgewalt sein Augenlicht verloren.
Hier zeigt sich ganz deutlich das die Staatsgewalt alle Rechte für ihr Handeln beansprucht und der Bürger hat Folge zu leisten. Und wenn bedacht wird wie brutal unsere Staatsgewalt sich mittlerweile dem Bürger gegenüber verhält, sollte sich am Ende niemand wundern, wenn dass alte Sprichwort :wie man in den Wald reinruft, so schallt es raus, immer mehr Anhänger findet.



Aus: "S21-Gegner stürmen Baustelle und verletzen Polizisten" (21.6.2011)
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2011-06/Stuttgart-21-Proteste-Erstuermung (http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2011-06/Stuttgart-21-Proteste-Erstuermung)

-.-

Quote[...] Nach den Angriffen auf Polizeibeamte während der Besetzung einer Stuttgart-21-Baustelle hat sich die Lage am frühen Dienstagmorgen entspannt. Etwa 400 Demonstranten hätten noch bis in die Nacht hinein auf dem Platz vor dem Gebäude des Grundwassermanagements ausgeharrt, teilte die Polizei in Stuttgart mit. Zu weiteren Zwischenfällen kam es nach Angaben der Polizei nicht. Gegen ein Uhr nachts habe sich die Menge zerstreut. Am Dienstagmorgen seien einige Dutzend S21-Gegner zu einer Mahnwache zusammengekommen.

Bei dem Vorfall am Abend, als Demonstranten eine Baustelle gestürmt und neun Polizisten verletzt hatten, sei nach ersten Einschätzungen ein "beträchtlicher Sachschaden" entstanden, dessen Höhe allerdings noch nicht beziffert werden konnte. "Das war mit Sicherheit nicht mehr friedlich, was sich einige Leute dort geleistet haben", sagte ein Sprecher.

Der als eingefleischter Stuttgart-21-Gegner bekannte Landesverkehrsminister Winfried Hermann hat in der Nacht zum Dienstag die Demonstranten aufgerufen, zu gewaltfreien und zivilen Formen des Protestes zurückzukehren. "Gewalttätige Angriffe einzelner Demonstranten auf Polizeibeamte gehören nicht dazu", sagte der Grünen-Politiker. Damit verspiele man die Sympathien bei den Menschen, die aus guten Gründen das Milliarden-Bahnprojekt ablehnen. "Gewalt schadet nicht Stuttgart 21, sondern dem Protest dagegen", fügte er hinzu.

Mehrere hundert Stuttgart-21-Gegner hatten nach der traditionellen "Montagsdemonstration" gegen das Bahnprojekt die Baustelle für das Grundwassermanagement gestürmt und dabei neun Polizisten verletzt. Ein Zivilbeamter wurde schwer verletzt, als er einen Demonstranten kontrollieren wollte. Der Polizist wurde mit Kopf- und Gesichtsverletzungen ins Krankenhaus gebracht. Acht weitere Beamte erlitten ein Knalltrauma, nachdem selbstgefertigte Böller nahe der Polizeikette gezündet worden waren. Auch sie mussten in der Klinik behandelt werden.

Einige Aktivisten besetzten die Wassertanks und das Dach einer Fabrikhalle für das Grundwassermanagement des geplanten Tiefbahnhofs. Sie verließen nach drei Stunden ihre Positionen und wurden mit weiteren Demonstranten in Gewahrsam genommen. Den Beamten zufolge haben sie mit Anzeigen wegen Land- und Hausfriedensbruch zu rechnen. Hinsichtlich der Attacken auf die Beamten ermittelt die Polizei gegen unbekannt, erhofft sich aber Aufschlüsse von den zahlreichen Fotos, die während der Besetzung gemacht wurden.

Die Polizei sprach von einer schweren Aggression, feindseliger Stimmung und großer Emotionalität des Protestes. Dagegen teilten die "Parkschützer", eine Gruppe von Aktivisten, mit, in "gelöster Feierabendstimmung" hätten rund 1000 Protestierende ein "Stück ihrer Stadt wieder in Besitz" genommen. Die "Parkschützer" verlangen von der Bahn einen Baustopp. Die Bahn habe gar kein Baurecht, weil sie falsche Angaben zur Grundwasserentnahme gemacht habe.

Auf Seiten der Demonstranten gab es am späten Abend offenbar keine Verletzten. Nach Polizeiangaben hatten vor der Erstürmung der Baustelle etwa 3000 Menschen gegen das 4,1 Milliarden Euro teure Bahnvorhaben friedlich demonstriert. Ende September 2010 waren bei einer Demonstration im Schlossgarten mehr als 100 Demonstranten und auch etliche Polizisten verletzt worden.

...

Quote21.06.2011 um 11:09 Uhr
Grenznachbar schreibt :

gut das es das netz gibt


Bilder werden heute nicht nur aus der gefilterten Polizeikamera veröffentlicht sondern auch von normalen Bürger.

Was man lernt ist das es bei weitem nicht so war wie es der Polizeibericht vor gibt.

Schade ist eigentlich nur das die SZ die Sachen nicht zusammen führt und die Verantwortlichen um eine Stellungnahme auffordert.


Quote21.06.2011 um 08:55 Uhr
Flywheel schreibt Die Polizei hat im September 2010...

..Schüler und Rentner mit Reizgas und Wasserwerfern angegangen. Einem Menschen haben Sie durch ihren völlig überzogenen Einsatz der Wasserwerfer das Augenlicht weggeschossen. Konsequenzen für den, der das getan hat? Natürlich keine.

Was erwartet die Polizei? Verständnis? Mitleid? Wo war ihr Verständnis für die geschockten Schüler, die ein solches Ausmaß an Staatsgewalt wohl eher in einer totalitären Diktatur erwartet hätten, aber nicht in Stuttgart. Wo war ihr Mitleid für die Menschen, die sie (teils schwer) verletzt haben.

Selbstverständlich gibt es anständige Polizisten, die einen knüppelharten und schlecht bezahlten Job machen, ohne dabei die Menschlichkeit zu verlieren. Nur leider hört man sie so selten.

Wenn sich die Polizei zum Büttel der Machthaber macht, braucht sie auf Verständnis aus der Bevölkerung für ihre eigenen Sorgen nicht mehr zu rechnen....außer natürlich von den üblichen Diederich Heßlings, die sich ja auch heute schon wieder hier im Forum rumtreiben.


Quote21.06.2011 um 09:20 Uhr

bbinder77 schreibt Die Schlagzeile muss richtig lauten: Agent Provocateur enttarnt!

Liebe SZ, wer hat euch den diesen Artikel zusammengebastelt? Die Polizei oder gar der Verfassungsschutz?

Demonstranten haben gestern in Stuttgart einen Agent Provocateur enttarnt, so war das nämlich. Als dieser amtliche Gewalttäter gestern von den Demonstranten wegen seinen Gewaltausbrüchen gestoppt wurde, bekam er ein wenig auf die Mütze. Erst dabei entdeckten die Demonstranten seine Dienstwaffe. Dazu gibt es zig Zeugen.

Und die Polizisten mit dem Knalltrauma, haben womöglich einen Knall, aber kein Trauma. Wenn Tillman36 von cams21 1Meter neben dem Sylvester-Böller ohne Schutzanzug keinen Knalltrauma hat, die Polizisten in voller Panzerung samt Helm eine haben, dann sollte doch eher die Polizeiausrüstung geprüft werden. Sind z.B.: in den Helmen Knallverstärker eingebaut??

Was die Polizist hier für eine Show abzieht ist unglaublich. Ich persönlich verstehe nur eines nicht, in BW ist doch jetzt Grün-Rot am Ruder aber die Polizei verhält sich wie bei Mappus. Wieso pfeift der Innenminister oder der MP diese Rambos und diesen Staatsterrorismus (Agent Provokateur) nicht zurück??

Es scheint hier, als ob Grube die Einsatzbefehle direkt an die gepanzerte Rambos gibt und nicht die Landesregierung.



Quote
21.06.2011 um 09:41 Uhr
Schrecksekunde schreibt ~~~ "Ein Zivilbeamter wurde schwer verletzt, als er einen Demonstranten kontrollieren wollte."

Diese Meldung ist ja wohl ein Witz. Was hat ein Zivilbulle in einer Demo verloren?

Eine typische DPA-Meldung, die die verdrehte Darstellung des Innenministers und seiner Polizeikumpels über ganz Deutschland als Nachricht getarnt verteilt.

Pfui Deibel SZ, dass ihr da mitmacht. So geht Demokratie vor die Hunde. So zappenduster sieht's heute aus mit der vierten Macht im Staate.


Quote21.06.2011 um 09:54 Uhr
viral schreibt ...... wählerisches "Knalltrauma" befällt nur Polizisten ?

Seit den "Pflastersteinkastanien" glaube ich einfach nicht mehr alles.
Die offizielle Verletztenbilanz von gestern lautet 9 verletzte Polizisten - keine verletzten Demonstranten.
Davon 8 Verletzungen durch ein Knalltrauma das so gravierend war dass es medizinisch behandelt werden musste - aber Demonstranten völlig ungeschoren ließ ?


Quote21.06.2011 um 09:59 Uhr

topomoos schreibt @elposte

Ich war gestern Abend vor Ort und kann Sie beruhigen. Das war ziviler Ungehorsam, eine deutliche Unmutsäußerung. Aber Gewalt? Hab' ich keine erlebt. Der Knallkörper war laut (ich halte die Knallkörperaktion im übrigen für sinnlos und albern) , hat uns alle kurz erschreckt, das war's. Warum nur Polizisten ein Knalltrauma haben, nicht aber die direkt daneben stehenden Bürger, die "Baustopp jetzt" skandiert haben, verstehe wer will.
Ja, die Bahn muss jetzt damit rechnen, dass abseits von artigen Latschdemos nun wieder viele Bürger ihren Zorn in anderer Form artkulieren. Aber lasst die Kirche im Dorf, jedes samstägliche Bundesligaspiel ist wesentlich krawalliger.


Quote21.06.2011 um 09:57 Uhr

seiglfreid schreibt @tRp "Es ist bedauerlich, wie die Deutschen zu "Nein"-sagern verkommen sind. "

Die Zeiten des "Hackenzusammenschlagens und Jawohlbrüllens" sind Gott sei Dank vorbei.


Quote21.06.2011 um 09:56 Uhr

bbinder77 schreibt @Python11reloaded: Hat er gar zu gewalttätigen Aktionen angestachelt, sie gar iniitiert?

JA, hat er.

Als er von anderen Demonstranten daran etwas unsanft gehindert wurde, kam es zu einigen Wunden in seinem Gesicht. Erst während dieser Aktion wurde seine Dienstwaffe entdeckt!!! Es gibt zig Zeugen.

Das ist definitiv eine illegale Vorgehensweise der Polizei und ich will jetzt mal wissen, wer das angeschafft hat?

@SZ: wie wäre es, wenn ihr das mal recherchiert??


Quote21.06.2011 um 10:13 Uhr

wolwul schreibt Wieso greift hier eigentlich die Polizei ein?

Wir haben doch einen grünen Ministerpräsidenten Kretschmann. Hat der den Einsatz befohlen? Oder ist die Polizei schon wieder ein Staat im Staate, der selbst bestimmt, welche Demonstration er duldet und welche er auflöst? Oder bestimmt der Bahnchef Grube, wann die Polizei kommt? Wer beantwortet diese Fragen?


Quote21.06.2011 um 10:18 Uhr

frankenwilli schreibt Verkehrte Welt

Friedlicher Protest gegen Stuttgart 21 ist legitim. Wenn allerdings eine Baustelle gestürmt wird und Menschen (jawohl, Polizisten sind auch Menschen) verletzt werden, so ist das nach meinem Rechtsverständnis illegal. Auch wenn die große Mehrheit der Stuttgarter Bevölkerung sich gegen S 21 wendet, so glaube ich nicht, dass diese Mehrheit das Verhalten mancher Demonstranten (ob diese wohl alle in Stuttgart wohnen?) billigt. Was mich erschüttert, ist der blinde Hass gegen die Polizei, der aus manchen Kommentaren in diesem Forum spricht.


Quote21.06.2011 um 10:21 Uhr

fear_and_loathing schreibt ceterum censeo...

"Bleibt zu hoffen, dass sich der Verfassungschutz auch hier im Forum den ein oder anderen Kommentar genauer anschaut..."

LOL - schon a bisserl naiv, meinen´s nicht? Im Zweifel mal Art. 5 GG lesen und runterschlucken.

Abgesehen davon ist Gewalt natürlich kein Mittel legitimer Protestbewegungen zur Durchsetzung der eigenen Agenda - weder durch den Staat noch durch Demonstranten.


Quote21.06.2011 um 10:30 Uhr

Jo Punter schreibt @ alle Gewaltbefürworter

Ich glaube, dass Gewalt für kaum etwas eine Lösung ist. Die von den Demonstranten (nicht erst jetzt) ausgeübte Gewalt gegen Andersdenkende ist nicht nur keine Lösung, sondern auch schlecht für das Miteinander in unserer Gesellschaft.
Nicht anders verhält es sich mit den hier geäußerten Kommentaren, die Gewalt verherrlichen, verharmlosen oder gutheißen.


Quote21.06.2011 um 10:26 Uhr

elektrograph schreibt Es gibt da kein Vertun...

...die Polizei übertreibt hier die gewaltige "Aggression", und die Parkschützer verharmlosen den Übergriff auf das Gelände und den Zivilbeamten.

Die Polizei sollte mal ganz vorsichtig sein mit ihrer Instrumentalisierung des Vorfalls, zumal es immer wieder glaubwürdige Berichte von ehemaligen "agent provocateurs" gibt, die Vorwände liefern sollen. Und die Parkschützer tun gut daran, die Grenzen der demokratischen Protestkultur zu beachten und sich eindeutig gegen solche Gewaltaktionen zu positionieren.


Quote21.06.2011 um 10:45 Uhr

rumburak2006 schreibt Ansehen

Da ich nicht dort war, habe ich mir mal die Bilder in der
stuttgarter-zeitung.de angesehen. Vielleicht ist der Report hier in der SZ wirklich ein wenig übertrieben.
Und wenn ich mir die "Sturmtruppen" in den Bilder 86 & 87 ansehe, frage ich mich wirklich wer hier Darth Vader ist.
Sieht so dein "Freund und Helfer" aus? Vermummt und Bewaffnet?


Quote21.06.2011 um 10:58 Uhr

Das_K schreibt Mit Bezug auf den Post von Feinstpartikel um 10:41

Warum hält sich ab ca. Sekunde 39 der Polizist in der 2. Reihe, leicht rechts der Mitte, die Ohren schon zu, noch BEVOR der Böller explodiert ist? Hatte der eine weise Vorahnung, eine Eingebung?

www.youtube.com/watch?v=19K-jOr9fJg

Sehr merkwürdig... ;-)


Quote21.06.2011 um 11:25 Uhr

Laktatwert schreibt Bilder sagen mehr als Propagandameldungen

Der "zusammengeschlagene" Zivilbeamte:

http://www.youtube.com/watch?v=H8dNzYPCaac&feature=player_embedded

hier beim wohlbehaltenen telefonieren

http://www.twitvid.com/AYW3K

Der Böller samt "Knalltrauma":

http://www.youtube.com/watch?v=19K-jOr9fJg&feature=player_embedded#t=0m40s


Wenn die liebe Presse, so auch die Süddeutsche, den Eindruck der Gleichschaltung nicht immer wieder durch Nachbeten von Presseerklärungen bestätigen würde, dann würde sie wieder etwas glaubwürdiger werden im Zeitalter der in Nordafrika gefeierten modernen Medien und Vernetzungen.

Grüsse


Quote21.06.2011 um 11:22 Uhr
Das_K schreibt @ Grenznachbar:

Absolut richtig formuliert!

Einer plappert vor, die anderen plappern nach, ohne Prüfung der Inhalte! So sieht die Medienlandschaft heute aus. Recherche, kritisches Nachhaken/Prüfen? Fehlanzeige!


Quote21.06.2011 um 11:28 Uhr

Grenznachbar schreibt : und noch ein Video

http://www.youtube.com/watch?v=g4TMkFBUUFc


Die Polizei war selbst die Provokation und die Demonstranten haben den Polizisten wegen der Provokation festgenommen und den Polizisten der Polizei übergeben.

Was geht in diesem Land eigentlich ab?


Quote21.06.2011 um 11:55 Uhr
Unsinn21 schreibt UNSINN! - Die Presse sollte sich besser informieren!

a) Das ganze ging absolut friedlich über die Bühne. Hier sieht man gut die "schweren Aggressionen" und wie es alles "außer Kontrolle" gerät. Absolut lächerlich! Ein Eigentor der Presse: http://www.n-tv.de/mediathek/videos/politik/Demonstranten-stuermen-Baustelle-article3624076.html

b) Der Zivilbeamte wurde eben NICHT zusammengeschlagen. Was soll denn der Blödsinn?? Oder wie sieht das hier aus: http://www.youtube.com/watch?v=a95XOs328BQ

Mensch, zum Glück gibt's Youtube & Co. , gegen so gezielt gestreute Desinformation!

Erst recherchieren, dann denken, dann erst schreiben. ...


Quote21.06.2011 um 11:53 Uhr

Das_K schreibt @Kildarby und @Jo Punter:

... wie so vieles alles eine Sache des Betrachtungswinkels, und einer kritischen Analyse. Nur nehme ich der Polizei deren "offizielle" Version nicht einfach so ab. Traurig genug, dass man heute so denken muss...

Schlimm ist, dass die "etablierten" Medien nicht kritisch prüfen, bevor sie veröffentlichen, und/oder differenziert berichten, sondern nur noch mehr oder weniger "offizielles" Sprachrohr spielen...


Quote21.06.2011 um 12:05 Uhr

Unsinn21 schreibt Nachgereicht:

Hier die Behandlung des Zivilpolizisten

Und hier sehen wir noch die Behandlung der "schweren Kopfverletzung" des Zivilpolizisten innerhalb der Reihen der Polizei:
http://www.twitvid.com/AYW3K

Echt, SZ, von "euch" hätte ich etwas mehr Seriösität erwartet. Den Artikel könnt Ihr wirklich noch einmal neu schreiben.




Aus: "S21: Ermittlungen wegen versuchten Totschlags" (21.06.2011,)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/politik/umstrittener-hauptbahnhof-neubau-stuttgart-gegner-stuermen-baustelle-1.1110762 (http://www.sueddeutsche.de/politik/umstrittener-hauptbahnhof-neubau-stuttgart-gegner-stuermen-baustelle-1.1110762)

-.-

Stuttgart-21-Gegner werfen Polizei Provokation vor
Dienstag, 21. Juni 2011 19:40
http://www.morgenpost.de/politik/article1678096/Stuttgart-21-Gegner-werfen-Polizei-Provokation-vor.html (http://www.morgenpost.de/politik/article1678096/Stuttgart-21-Gegner-werfen-Polizei-Provokation-vor.html)


http://www.taz.de/1/zukunft/schwerpunkt-stuttgart-21/artikel/1/ruhig-mal-ueber-randale-reden/ (http://www.taz.de/1/zukunft/schwerpunkt-stuttgart-21/artikel/1/ruhig-mal-ueber-randale-reden/)


Title: [Übermässige und unangemessene Gewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 21, 2011, 12:36:50 PM
Quote[...] Ein britischer Polizist muss sich wegen der mutmasslichen Tötung eines Mannes während der Proteste gegen den G20-Gipfel vor zwei Jahren vor Gericht verantworten. Das entschied das Amtsgericht des Bezirks Westminster in London.

Der Fall werde an den Central Criminal Court, besser bekannt als Old Bailey, übergeben. Die Staatsanwaltschaft hatte zunächst keine Verhandlung zu dem Fall angestrebt.

Im vergangenen Monat hatte jedoch eine gerichtliche Untersuchung ergeben, dass der heute 44-jährige Polizist übermässige und unangemessene Gewalt anwandte. Er hatte den Zeitungsverkäufer mit einem Schlagstock geschlagen und zu Boden geworfen.

Der 47-jährige Ian Tomlinson hatte versucht, durch die Reihen der Demonstranten zu kommen. Er starb wenige Minuten später. Tomlinson gehörte nicht zu den Teilnehmern der teils gewalttätigen Proteste gegen den G20-Gipfel im April 2009.

sda-ats


Aus: "Polizist muss sich wegen Tötung bei G20-Protest verantworten" (20. Juni 2011)
Quelle: http://www.swissinfo.ch/ger/news/newsticker/international/Polizist_muss_sich_wegen_Toetung_bei_G20-Protest_verantworten.html?cid=30504516 (http://www.swissinfo.ch/ger/news/newsticker/international/Polizist_muss_sich_wegen_Toetung_bei_G20-Protest_verantworten.html?cid=30504516)

Title: [Das führe nur zu mehr Bürokratie... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 04, 2011, 10:44:27 AM
Quote[...] Dresden. Die Dresdner Polizei hat im Zusammenhang mit dem Neonazi-Aufmarsch am 19. Februar offenbar auch versucht, Informationen über mit Bussen angereiste Demonstranten zu bekommen. Ein entsprechender Bericht des ,,Spiegel" sorgte am Wochenende für Aufsehen, die Vorwürfe sind aber schon länger bekannt. Es sei ein Schreiben an Busunternehmen in ganz Deutschland gegangen, hieß es. Darin habe die Polizei die Firmen aufgefordert, Auskünfte über Reisende und Strecken zu geben.

Gefragt wurde, wo Fahrgäste ein- und ausstiegen, worüber sie sprachen, welche Transparente sie bei sich trugen. Auch Angaben zu Mietverträgen und Kopien der Ausweise von Kunden wurden erbeten. Die Ermittler versprachen sich offenbar Hinweise auf Täter, die Polizisten angegriffen und verletzt hatten.

Das sächsische Innenministerium war am Sonntag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Die Polizei war in die Schlagzeilen geraten, weil sie ram 19. Februar massenhaft Handydaten ausgewertet hatte. Der Dresdner Polizeichef wurde inzwischen versetzt. Die Linke fordert eine bessere Kontrolle der Polizei. Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, lehnte schärfere Kontrollen ab. Das führe nur zu mehr Bürokratie.

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) sorgt sich indes um das Ansehen Sachsens. Es gebe ,,Reparaturbedarf" bei der rechtlichen Nutzung von Handydaten und es ärgere ihn, dass die ,,bundesweiten Schallwellen" der Affäre das Image Sachsens belasten könnten, sagte er der ,,Freien Presse". (dpa)


Aus: "Busreisende im Visier der Dresdner Polizei" (3. Juli 2011)
Quelle: http://www.sz-online.de/Nachrichten/Sachsen/Busreisende_im_Visier_der_Dresdner_Polizei/articleid-2803213 (http://www.sz-online.de/Nachrichten/Sachsen/Busreisende_im_Visier_der_Dresdner_Polizei/articleid-2803213)

Title: [Angehörige der Demonstranten seien... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 09, 2011, 02:54:24 PM
Quote[...] Mitarbeiter der Botschaft sollen Teilnehmer von friedlichen Demonstrationen gegen das gewaltsame Vorgehen der syrischen Führung gegen die Demokratiebewegung gefilmt und fotografiert haben. Angehörige der Demonstranten seien dann in Syrien Repressionen ausgesetzt gewesen.

... Nach Angaben von syrischen Menschenrechtsaktivisten demonstrierten in der Stadt mehr als 450'000 Menschen gegen die syrische Führung unter Präsident Bachar al-Asad.

In Hama hatte der damalige Präsident Hafis al-Asad, Vater des heutigen Staatschefs, 1982 einen Aufstand der Muslimbrüder gewaltsam niedergeschlagen. Dabei waren bis zu 20'000 Personen ums Leben gekommen.

...


Aus: "Diplomatische Scharmützel zwischen den USA und Syrien" (9.07.2011)
Quelle: http://www.nzz.ch/nachrichten/politik/international/usa_syrien_diplomatie_botschafter_einbestellt_1.11273272.html (http://www.nzz.ch/nachrichten/politik/international/usa_syrien_diplomatie_botschafter_einbestellt_1.11273272.html)

Title: [Die alltäglichen systemischen Unterdrückungen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 19, 2011, 10:24:35 AM
Quote[...] Die staatlichen Organe schwiegen.

QuoteHamburgerSepp
    18.07.2011 um 13:58 Uhr

Die alltäglichen Niederträchtigkeiten

So oft schon sind Menschenrechtsverletzungen aus dem Iran hier berichtet und diskutiert worden. Meistens waren es eklatante Fälle von Unterdrückung, Folter und Todesurteile.
Das aber sind dann nur die Spitzen der Unmenschlichkeit. Die alltäglichen, systemischen Unterdrückungen, vor allem der Frauen, treten allein schon deshalb nicht in den Vordergrund der Öffentlichen Diskussion hierzulande, weil wir eben andere Themen haben, die uns mehr bedrücken. An der Stelle muß man dann Organisationen wie AI danken, die sich auch um das Schicksal der weniger spektakulären Fälle kümmen. Denn der Fall der Pegah Ahangarani ist wohl auch nur deshalb in die ZEIT gelangt, weil er einen Bezug zum aktuellen Geschehen in Deutschland hat.
An dieser Stelle möchte ich nicht über die schon so oft und heftig diskutierten Ursachen der Menschrechtsverletzungen im Iran schreiben und vor allem nicht die Religion besprechen.
Vielmehr möchte ich den Wert der Freiheit und der Rechtsstaatlichkeit hierzulande unterstreichen und meine Dankbarkeit dafür kundtun. Denn gerade im alltäglichen Leben wird dieser Wert hier leicht vergessen und dort dringend ersehnt.


QuoteOzgal
    18.07.2011 um 16:44 Uhr

Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Gut dass Sie von Menschheits-Verbrechen sprechen.
Wo anfangen und wo aufhoeren in einem Tollhaus, welches total aus den Fugen geraten ist.

Durcheinander:
*Voelkerrechtswidriger Angriffskrieg im Irak mit Mill von Toten und Vertriebenen, der groesste Teil Kinder und Frauen
*Unbemannte Killerdrohen in AfPak mit unendlich vielen Opfern, zum groessten Teil Frauen und Kinder
*Nato-Angriffe auf Zivilisten in Libyen, hunderte von Toten , darunter Frauen und Kinder
*Vernichtung der menschlichen Wuerde und Existenz durch staatl. gefoerderte Massen-Finanz-Betruege
*Angriffskriege in Gaza und im Libanon
*Massaker auf der Marmara

und sehr , sehr sehr viel mehr , wo bleibt der Aufschrei und wo die Menschlichkeit ?

...   

QuoteZeitkind
    18.07.2011 um 17:02 Uhr

Unrecht

Das sind immer Ihre Argumente Sie @Ozgal und Menschen die solche Themen mit einander verbinden.
Weil die anderen nicht auf Menschenrechte achten, trete ich auch die Menschenrechte mit Füßen und das alles auch noch unter Deckmantel von Gott?

So Argumentiert man nur wenn man nicht versteht was Menschenrechte sind.

Wissen Sie warum man in Iraq seit mehr als 9 Jahren terror hat? Weil Terror groupen unschuldige Menschen umbringen damit sie zeigen das sie eine Religion anghören das es nicht akzeptiert: Anerkennung! Toleranz ! Kompromissbereitschaft! Glauben an Leben!
Wissen Sie was Taliban mit Frauen gemacht haben? Gehen Sie mal auf Yutube und Tippen Sie Frauen unter Taliban.



Ozgal
18.07.2011 um 17:23 Uhr

Toleranz heisst das *Zauberwort* und davon sind wir Zilliarden Lichtjahre entfernt , 'hueben wie drueben'

Sie fragen:
"Wissen Sie was Taliban mit Frauen gemacht haben? Gehen Sie mal auf Yutube und Tippen Sie Frauen unter Taliban."

Und ich antworte :
"Wissen Sie was zB das US Militaer in Guantanamo , Begram , Abu Ghuraib und in Folter und Vergewaltigungscamps in Ostueropa gemacht hat , gehen Sie mal auf Youtube und tippen Sie o.e. Begriffe ein."

So kommen wir nicht weiter und es ist auch nicht beabsichtigt , dass wir weiterkommen , wenn Sie verstehen.



Quotearinari
    18.07.2011 um 18:32 Uhr

ozgal

Die Verbrchen in Guantanomo etc. sind aufgedeckt, und bestraft worden. Das ist ein gewaltiger Unterschied, hört man das auch von den Verbrechen in den iranischen Gefängnissen? Sie rechnen hier ungleich auf. Ich verteidige nicht die amerik. Verbrechen, sie werden jedoch z.T. gesühnt und geächtet. Es ist auch sinnlos Verbrechen gegen Verbrechen gegenzurechnen. Bleiben wir doch beim Thema, Unterdrückung der Frauen im islam. Gottesstaat.


QuoteElite7
    18.07.2011 um 18:43 Uhr

Eher schlechte Werbung

Die Gesetzgebung des Iran hat genauso viel mit dem Islam zu tun, wie die Deutsche Gesetzgebung mit dem Christentum. Trotzdem nennen wir es christliches Land und sie nennen es Islamische Republik, obwohl es sowas offiziell gar nicht gibt.

...


Quotesolenzara
    18.07.2011 um 23:35 Uhr

Warum??

Es verwundert schon das Artikeln über Unrecht in China, Russland, Iran in den Kommentarspalten immer mindestens einmal die Verbrechen der USA gegenübergestellt werden. Wozu die Herren Kommentatoren natürlich jedes Recht haben.
Wie blödsinnig es ist die Verbrechen des einen mit denen des anderen Landes aufwiegen zu wollen ist hier ja schon mehrfach klargemacht worden. Aber interessant wäre es schon zu wissen: woher kommt der Reflex und der Elan, ein autoritäres Regime wie Iran zu verteidigen? Einfach nur aus Oppurtunismus gegenüber den Journalisten die über Menschenrechtsverletzungen berichten. Ist es wirklich so schlimm sich "moralisch zu erheben" wenn dadurch vielleicht Opfern geholfen oder zumindest Mitgefühl ausgedrückt werden kann. Ist bei manchen ein solcher Ekel gegenüber dem eigenen Land aufgetreten, dass man sich angesichts einer für Fußballleidenschaft verhafteten Frau erstmal auf die Seite des Unterdrückers schlagen muss? Sollen wir auf solche Reportagen verzichten und uns stattdessen mit unrechtsregimen verbrüdern, weil wir ja eigentlich irgendwie genauso schlecht sind. Dann kommen wir weiter in dieser Welt.
Solche Fragen drängen sich wirklich auf.
Denn manche die frei ihre Meinung zum Beispiel in diesen Foren zum besten geben scheinen überhaupt kein Gefühl mehr dafür zu haben auf welcher Insel der Seligkeit wir leben


Quoteclair11
    19.07.2011 um 1:31 Uhr

Versuch einer Antwort

Ich denke, dass der Reflex deshalb kommt, weil es hier letzendlich drum geht, dass die Staaten und Organisationen machtkmpfe führen.

Die politisch aktiven Frauen wurden von beiden Seiten instumentalisiert, selbst deren Verhaftung ist eigentlich Instrumentierung (für die Frauen ist es natürlich mit persönlichen Schicksälen verbunden, und dass solche willkürliche politische Verhaftung verwerflich ist, steht außer Frage).

Und man fragt sich, wenn man das übergeordnet sieht, warum es immer um diese Machtdemonstration der Westen (hier Entscheidung der FIFA, kulturmäßige Kleidung für Frauenfussballmannschaften aus nichteuropäischen Ländern nicht zu zu lassen), und Rache der muslimischen Staaten dafür (hier iranische Verhaftung der Frauen, welche über Frauenfussball berichten wollten).

Kann man nicht aus diesem Kreis raus kommen?


QuoteLateKnight
    19.07.2011 um 9:50 Uhr

... Zum Thema Menschenrechte liebe Leute:
1 Millionen Tote im Irak - Völkerrechtswidrig. Beteiligt: USA, England und auch Deutschland logistisch und Aufklärung.

Guantanamo: Das größte Verbrechen der westlichen Welt. Menschen in Käfigen. Sensorisch Deprivatisiert. Waterbording. Kein Anklage, keine Beweise. Minderjährige Sack übern Kopf und verschleppt aus ihrem Land.

Agent Provocateure in Lybien, Syrien, Ägypten, Iran die Demonstrationen anzetteln. Riesige Verblendende Darstellung durch die Medien. In Kameras viele Rebellen, wenig Regierungsanhänger.

Medienkontrolle durch die Regierung. Medien sind im Westen laengst nicht mehr unabhängig, sondern eng verzahnt mit Wirtschaft und Politik.

Artikel wie diese sind es die in der Bevölkerung Hass erzeugen sollen. Diese fiesen Iraner die! Weg mit ihnen! Militär!

Anmerkung:
Willy Brandt: Vom deutschen Boden wird nie wieder Krieg ausgehen.
Helmut Schmidt: Wir sollten uns nicht anmaßen anderen Ländern unsere westliche Zivilisation als Paradestück zu verkaufen.

Westliche Demokratie Ergebnis:
Dutzende Billionen Schulden die unsere Kinder und Kindeskinder niemals zurück zahlen können, die für eine Generation gemacht wurden. Ressourcen des Planeten ausgebeutet! Für 1. Generation!

Gekürzt. Bitte verzichten Sie auf unsachliche Spekulationen. Danke. Die Redaktion/er


QuoteSpitzbub
    19.07.2011 um 10:05 Uhr

mehr Hass ...

Hallo Ozgal,
.
Da wird berichtet, wie eine Frau in den Knast kommt, weil sie was zum Frauenfußball schreibt - und Sie antworten: "Artikel wie dieser werden noch mehr Hass saehen , ich hoffe man erkennt dies....".
.
???
.
Im Evin-Knast wird gefoltert. Wenn Sie erfahren, wie das gemacht wird, dann wird Ihnen übel.
.
Sollen wir Ihrer Meinung nach lieber schweigend zusehen? Sollen wir applaudieren, wenn sich die iranischen Autoritäten wie die Schweine aufführen - und ihre Reinlichkeit loben?





Aus: "Gefängnis statt Fußball" Von Farhad Payar (18.7.2011)
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2011-07/pegah-ahangarani-iran-verhaftung/ (http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2011-07/pegah-ahangarani-iran-verhaftung/)

Title: [Was geschah vor zehn Jahren in Genua?... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 21, 2011, 11:00:43 AM
Quote[...] taz: Herr Agnoletto, Sie haben gerade mit dem Journalisten Lorenzo Guadagnucci das Buch "L'eclisse della democrazia" ("Die Sonnenfinsternis der Demokratie") publiziert. Was geschah vor zehn Jahren in Genua?

Vittorio Agnoletto: Sämtliche Rechte und Garantien, die moderne demokratische Staaten auszeichnen, wurden komplett aufgehoben. Die Sicherheitskräfte und der Staat agierten, als wären sie in einem rechtsfreien Raum. Alles wurde weggewischt. Selbst elementare Dinge wie der Eid des Hippokrates galten nicht mehr.


taz: Ein Beispiel?

Vittorio Agnoletto: Nach dem Sturm auf die Diaz-Schule ließ die Polizei die Ärzte nicht zu den Verletzten. In der Haftanstalt Bolzaneto beteiligten sich Polizeiärzte sogar an der Misshandlung von Gefangenen. Auch das Recht der Rechtsanwälte, Festgenommene aufzusuchen und zu vertreten, wurde nicht respektiert. Das staatliche Agieren bestand allein in der Anwendung von Gewalt, organisiert im Zusammenspiel zwischen den operativ und den politisch Verantwortlichen. Es herrschte das Gesetz des Dschungels. Dies ist die "Sonnenfinsternis der Demokratie".

...


Aus: ""Man wollte uns erledigen"" von MICHAEL BRAUN (20.07.2011)
Quelle: http://www.taz.de/!74827/ (http://www.taz.de/!74827/)

Title: [Die Gewalt der syrischen Regierung... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 02, 2011, 11:31:16 AM
Quote[...] Die Gewalt der syrischen Regierung gegen das eigene Volk hat nach Einschätzung der Vereinten Nationen eine neue Dimension erreicht. Dem Weltsicherheitsrat wurden entsprechende Zahlen vorgelegt. Demnach sind seit Beginn des Konflikts mehr als 1500 Zivilisten getötet worden. Mindestens 3000 Menschen werden vermisst, darunter auch Kinder. Das Militär schieße wahllos auf Zivilisten. ...


Aus: "UN: Neue Dimension der Gewalt in Syrien" (02.08.2011)
Quelle: http://www.dw-world.de/dw/function/0,,83389_cid_15288620,00.html (http://www.dw-world.de/dw/function/0,,83389_cid_15288620,00.html)

Title: [Gewalt gegen Demonstranten und Amtsmissbrauch... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 03, 2011, 11:24:21 AM
Quote[...] Der ehemalige Staatschef ist wegen tödlicher Gewalt gegen Demonstranten und Amtsmissbrauchs angeklagt. Wegen seines Gesundheitszustandes galt sein Erscheinen vor Gericht bis zuletzt als ungewiss. Es ist das erste Mal in der Geschichte Ägyptens, dass sich ein ehemaliger Führer des Landes vor Gericht verantworten muss.

Zusammen mit Mubarak sind in dem selben Verfahren auch der frühere Innenminister Habib al-Adli und sechs ehemalige leitende Mitarbeiter aus dessen Ministerium angeklagt. Wegen Korruption und Amtsmissbrauchs müssen außerdem Mubaraks Söhne Gamal und Alaa vor dem Richter erscheinen.

...


Aus: "Ausschreitungen in Kairo vor Beginn des Mubarak-Prozesses" (03. August 2011)
Quelle: http://derstandard.at/1311802578966/Ausschreitungen-in-Kairo-vor-Beginn-des-Mubarak-Prozesses (http://derstandard.at/1311802578966/Ausschreitungen-in-Kairo-vor-Beginn-des-Mubarak-Prozesses)

Title: [Zur Polizeiattacke auf den Mann in blau... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 30, 2011, 11:16:34 AM
Quote[...] In zwei Wochen wollen Datenschützer wieder auf die Straße gehen: gegen Überwachung, gegen "Datensammelwut", für "Freiheit statt Angst". Vor zwei Jahren, im September 2009, wurde ihre Demo von einem Vorfall überschattet, dessen juristische Aufarbeitung nun vor dem Abschluss steht: Die Schläge zweier Polizisten gegen einen Radfahrer sollen aller Voraussicht nach mit Strafbefehlen geahndet werden, ohne öffentlichen Prozess.

Die beiden Polizisten hatten Oliver H., blaues Shirt, sein Fahrrad schiebend, damals am Rande des Aufzugs festgenommen. Angeblich, weil er Polizeimaßnahmen gestört habe. Videos von Augenzeugen zeigen dagegen, wie H. einen Polizisten nach seiner Dienstnummer fragt und von einem Beamten plötzlich nach hinten gezerrt wird. Ein zweiter Polizist schlägt dem 37-Jährigen mit der Faust ins Gesicht. Die im Internet verbreiteten Bilder sorgten für Empörung.

Hautabschürfungen, Schwellungen und eine vom Kiefer abgerissene Oberlippe, stellen Ärzte später fest. Laut seinem Anwalt Johannes Eisenberg ist H.s unteres Gesichtsfeld bis heute taub, der Mann sei traumatisiert.

Im November 2010 erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage gegen die Polizisten wegen Körperverletzung im Amt. Doch die Prozesseröffnung bleibt aus. Laut Eisenberg verweist ein Verteidiger auf Termin-Engpässe. Stattdessen schlägt dieser vor, den Prozess gegen Strafbefehl abzuschließen - wegen der Länge des Verfahrens. Die zuständige Richterin signalisiert laut einem Vermerk vom 28. Juli, der der taz vorliegt, Zustimmung: Sofern auch der andere Angeklagte zustimme, sei ein Strafbefehl möglich. Die Obergrenze bei Strafbefehlen liegt bei einem Jahr Freiheitsstrafe zur Bewährung. Oft erfolgen Geldstrafen.

"Der Fall trägt Züge der Strafvereitelung zu Gunsten der Schläger", kritisiert Eisenberg scharf. Zwar sei die Verteidiger-Offerte ein Schuldeingeständnis. "Wir reden aber von einer vorsätzlichen, gemeinschaftlichen Tat, die für das Opfer schwerwiegendste Folgen hatte." Dies verdiene mehr als eine Geldstrafe. "Die Polizisten haben ihr Gewaltmonopol missbraucht und gehören nicht in den Polizeidienst."

Das zuständige Amtsgericht konnte sich zu dem Fall am Montag nicht äußern. Ein Verteidiger der Polizisten wollte das Verfahren nicht kommentieren, der zweite war nicht erreichbar.

Zwei Beamte wurden wegen des Vorfalls bereits zu Geldstrafen von 4.800 und 1.500 Euro verurteilt. Sie hatten zwei Umstehende mit Fäusten traktiert, die gegen Oliver H.s Festnahme protestierten. Verurteilungen gegen Polizisten sind selten: 2009 wurden in Berlin 748 Strafverfahren wegen Körperverletzung im Amt eingeleitet, nur 5 endeten mit einer Verurteilung.

Ein Verfahren gegen H. wegen Widerstands wurde eingestellt. Mehr noch: Der Staatsanwalt bemerkte, H. hätte sich wegen der unrechtmäßigen Behandlung gar "straflos widersetzen dürfen".

Noch ermittelt wird gegen Eisenberg. Die Polizisten klagten wegen Beleidung, nachdem der Anwalt von "Prügelbullen" und "Schutzbehauptungen" sprach. Das Verfahren werde demnächst eingestellt, sagt Eisenberg.

Sven Lüders von der Humanistischen Union kritisiert den Umgang mit dem Polizeiübergriff. Es zeichne sich ab, dass die Tat "keine erkennbaren Konsequenzen" haben werde - "obwohl es keine Probleme mit der Täteridentifizierung gab". Wichtig sei daher eine unabhängige Kontrolle der Polizei, etwa durch einen Polizeibeauftragten.

...




Aus: "Schwamm drüber" von Konrad Litschko (30.08.2011)
Quelle: http://www.taz.de/Polizeiattacke-auf-den-Mann-in-blau/!77115/ (http://www.taz.de/Polizeiattacke-auf-den-Mann-in-blau/!77115/)

Title: [Diese seriellen Rechtsbrüche... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 30, 2011, 12:24:36 PM
Quote[...] Der versuchte ,,Totschlag" vom 20. Juni 2011 auf dem Stuttgarter Grundwassermanagement-Gelände wurde von den behandelnden Ärzten als Kehlkopfprellung diagnostiziert. Der Polizist in Zivilkleidung wurde nach einem mehrstündigen Aufenthalt im Krankenhaus am nächsten Morgen mit einer Prellung und einem blauen Fleck entlassen. Neurologische Symptome konnten die Ärzte nicht weiter feststellen, obwohl es in der Nacht zu heftigen Auseinandersetzungen mit Stuttgart 21-Gegnern gekommen war.

Für den Berufsverband Kritische Polizisten Hamburger Signal e.V. erscheint der Tatvorwurf des versuchten Totschlags somit als ,,absurd" und auch als wohl ,,konstruiert".

... Der Tatverdächtige [ ], der laut Anklage den Beamten in Zivilkleidung mehrfach "mit der Faust gegen den Hals, ins Gesicht und gegen den Hinterkopf" geschlagen haben soll, sitzt in Untersuchungshaft. Warum man weitere Personen mit dem gleichen Tatvorwurf bedacht und die Tat des 20. Juni ursächlich für weitere Maßnahmen wie die Durchsuchung bei cams21 benutzt hat, bleibt hingegen unklar. Die Kritischen Polizisten hingegen teilen mit, dass für sie diese Frage geklärt sei: "Peinlich, peinlich - vor allen Dingen für die beteiligten JuristInnen und PolitikerInnen. Und das diese seriellen Rechtsbrüche durch staatliche Organe mittlerweile nach Opportunität von Beamten stattzufinden scheinen, macht es um keinen Deut besser!" "Offenbar", so die Pressemitteilung: "gibt es niemanden in dieser glorreichen Landesregierung, der die gezielte ermittlungstaktische Tunnelung des bürger- und freiheitsrechtlichen Anspruchs der neuen Landesregierung - so wie er sogar im Koalitionsvertrag getextet wurde - durch dieselben Technokratien im Innen- wie Justizministerium die bereits unter Mappus ihr unseliges Wirken zur Entfaltung brachten, durchschaut." Zumindest ist nichts davon bekannt, dass mehr als eine Person an der Tat beteiligt gewesen sein soll. Nach guten Gründen für die mehrfache Benutzung ein und desselben Tatvorwurfs musste man wahrscheinlich ähnlich fantasievoll suchen, wie nach der bunten Reihe der Beschuldigungen an sich.

...


Aus: "Stuttgart 21: Versuchter Totschlag des Polizisten nur vorgetäuscht?" Von Ghandy (29.08.2011)
Quelle: http://www.gulli.com/news/16980-stuttgart-21-versuchter-totschlag-des-polizisten-nur-vorgetaeuscht-2011-08-29 (http://www.gulli.com/news/16980-stuttgart-21-versuchter-totschlag-des-polizisten-nur-vorgetaeuscht-2011-08-29)

Title: [Sie haben uns eingepfercht wie Vieh... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 30, 2011, 08:27:24 AM
Quote[...] "Sie haben uns eingepfercht wie Vieh", sagte die 27-jährige Kelly Brannon aus Queens der "New York Times". "Wir wollten wegrennen, doch sie fingen an, willkürlich Leute anzugreifen und ihnen Handschellen anzulegen." Über eine Umleitung erreichten die Demonstranten schließlich dennoch den Union Square, von wo aus sie zurück zu ihrem Basislager im Zuccotti-Park gingen.

Ein CNN-Bericht vom Sonntag zitiert eine Frau mit blutiger Lippe und angelegten Handschellen, die Passanten zurief: "Ich habe nichts getan und wurde geschlagen!" Auf der Website von Occupy Wall Street schreiben die Aktivisten, dass die Polizisten auch Schlagstöcke und Elektroschockpistolen eingesetzt hätten. Laut CNN wollte das New Yorker Police Department dies auf Anfrage nicht kommentieren.

...


Aus: "80 Festnahmen bei Wall-Street-Blockade" (25.09.2011)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,788243,00.html (http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,788243,00.html)

Occupy Wall Street
Polizeibrutalität und Widerstand im Netz
http://www.golem.de/1109/86666.html (http://www.golem.de/1109/86666.html)


http://bazonline.ch/panorama/vermischtes/Die-Wall-Street-im-Ausnahmezustand/story/20511239 (http://bazonline.ch/panorama/vermischtes/Die-Wall-Street-im-Ausnahmezustand/story/20511239)

Title: [Dietrich Wagner... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 25, 2011, 09:20:11 AM
Quote[...] Seine Anwesenheit auf der Demonstration gegen das Bahnprojekt Stuttgart 21 am 30. September endete für Dietrich Wagner mit dem Verlust des Augenlichts. Infolge des gewaltsamen Polizeieinsatzes wird der Rentner auf einem Auge vollständig blind bleiben, das andere hat nur noch eine Sehfähigkeit von wenigen Prozent. Der baden-württembergischen Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) hat in Bezug auf Wagner "keinerlei Schuldgefühle". "Natürlich tut mir der Mann leid. Allerdings wurde er von Polizisten mehrmals von dem Ort weg geführt. Er wurde darauf hingewiesen, dass es gefährlich sein kann, er ist aber immer wieder zurückgekehrt", sagte Mappus der ZEIT.


Auf die Frage, ob Wagner also selbst schuld sei, antwortete der CDU-Politiker: "Ich fände es unpassend, bei jemandem, der eine schwere Verletzung hat, von Schuld zu sprechen. Aber die Schuld auf andere abzuwälzen, finde ich nicht legitim."

Wagner hatte Prellungen an beiden Augen erlitten, als die Polizei am 30. September mit Tränengas, Schlagstöcken und Wasserwerfern gegen eine Demonstration von S-21-Gegnern vorging. Das Foto des Rentners mit blutigen Augenverletzungen, gestützt von zwei Helfern, war in den Medien zum Symbol für die Härte des Einsatzes geworden. Insgesamt wurden während des Protesttages laut Polizei 130, laut den Organisatoren des Protests 400 Demonstranten verletzt.

Quotetopomoos
    19.01.2011 um 12:45 Uhr

Ungeheuerliche Aussagen

Mappus folgt den Behauptungen der Polizei. Zahlreiche Zeugen widersprechen aber diesen Aussagen.
Laut Mappus hat die Polizei also das Recht, Menschen, die polizeilichen Ausführungen nicht Folge leisten, zu Krüppeln zu prügeln.

...



QuoteCM
    19.01.2011 um 13:02 Uhr

Wer ist blind?

Manchmal frage ich mich, wer auf dieser Welt blind ist: die Leute mit dem weißen Stock oder die mit den dunklen Anzügen, die kein Gewissen haben.



QuoteSimnie
    19.01.2011 um 13:05 Uhr

Vom Rechtsstaat zum Krüppel, vom Unrechtsstaat zum Helden!

Das Bild des brutal verletzten Rentners hat sich in das Gedächtnis vieler Menschen tief eingeprägt. Mir hat sich seit 20 Jahren ein anderes Bild eingeprägt, weil es jedes Jahr zum Fall der Mauer von den Medien verbreitet wird. Es zeigt einen jungen Mann in Berlin, der im Oktober 1989 bei einer nichtgenehmigten Demonstration, die in ein Sperrgebiet einer Feier von Staatsoberhäuptern des RGW eindringen wollte. Dabei erlitt der junge Mann eine kleine Verletzung im Gesicht und blutete. Dieses Bild wird von der CDU und den Medien zum Symbol für einen brutalen Polizeieinsatz der DDR gemacht. Dabei war er im Vergleich zum Polizeieinsatz in Stuttgart ein lauer Wind und Stuttgart ein Orkan. Wenn damals ein DDR-Politiker gesagt hätte:Tut mir leid, hätte ja nicht hingehen müssen. Na das hätte einen Medienrummel gegeben. Und heute? Heute wird mit Vorliebe auf andere Staaten gezeigt.



Quotegraham.state
    19.01.2011 um 13:12 Uhr

muhaha

"Ich fände es unpassend, bei jemandem, der eine schwere Verletzung hat, von Schuld zu sprechen. Aber die Schuld auf andere abzuwälzen, finde ich nicht legitim." also ist niemand dafueer verantwortlich ? was fuer ein satz.


QuoteSdV
    19.01.2011 um 13:17 Uhr

Rechtsstaat verteidigen

Selbstverständlich darf und muss die Polizei gegen Leute vorgehen, die ihren Anweisungen nicht Folge leisten. Und wer meint, er könne stur nur seine eigenen Regeln durchdrücken - koste es, was es wolle, gerne im Schutz von vorgeschobenen Kleinkindern im Kinderwagen - der hat auch die Konsequenzen zu gewärtigen. Was Verwerflichkeit angeht, gibt es keinen Unterschied zwischen der Arroganz der Macht und der Arroganz der Straße.


QuoteBuh
    19.01.2011 um 14:43 Uhr

Unglaublich

Dass Sie die Gewaltanwendung gegen Jugendliche und Rentner teilweise bis zum Verlust des Augenlichts als angemessen empfinden um die Fällung von 20 Bäumen durchzudrücken. Wenn ich nun einem Polizisten den Mittelfinger zeige, darf er mir dann eine Ohrfeige verpassen? Dürfen die Polizisten ihre Bürger neuerdings wegen Kleinigkeiten körperlich Misshandeln?

Ich denke auch, dass Verhältnismäßigkeit das Schlüsselwort ist. Hätten Diese Leute gefährliche Gifttransporte verhindert, die durch die Wartezeit an Gefährlichkeit zunehmen, könnte man unter Umständen Wasserwerfer rechtfertigen. Für Baumfällungen, die nicht zu dem Zeitpunkt notwendig sind, gibt es keine Rechtfertigung, Menschen körperlich zu schaden. Punkt.


...


Aus: "Mappus ohne Schuldgefühle wegen erblindeten Demonstranten" (19.01.2011)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/deutschland/2011-01/stuttgart-21-proteste-mappus (http://www.zeit.de/politik/deutschland/2011-01/stuttgart-21-proteste-mappus)

Title: [Der KGB wollte sich nicht zu den Vorfällen äußeren... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 21, 2011, 10:53:40 AM
Quote[...] Warschau (RPO). Drei Aktivistinnen der ukrainischen Frauenrechtsbewegung Femen sind in der Nacht zu Mittwoch aus Weißrussland ausgewiesen worden. Zuvor wurden sie vom Geheimdienst KGB verschleppt und misshandelt.

Die unabhängige weißrussische Nachrichtenagentur Belapan berichtet von der Deportierung. Wie die ukrainische Feministinnen-Gruppe Femen bereits am Dienstag mitteilte, konnte sie einen Kontakt zu den drei Frauen herstellen, die bei Temperaturen um den Gefrierpunkt in ein Waldstück verschleppt, gefoltert und dann nackt ausgesetzt worden seien.

Sie hatten am Montag vor der Zentrale des Geheimdienstes KGB barbusig gegen die umstrittene Wiederwahl Lukaschenkos vor einem Jahr protestiert, eine von ihnen hatte sich den Kopf rasiert und mit einem Schnurrbart als Lukaschenko verkleidet. Die ukrainische Botschaft in Minsk konnte zunächst nichts über den Verbleib der Frauen erfahren. Bei den Nachforschungen seien die Diplomaten auf eine "Mauer" gestoßen, sagte ein Mitarbeiter der Botschaft.

Die Feministinnen Inna Schewtschenko, Oxana Saschko und Alexandra Nemtschinowa waren nach ihrer Protestaktion an einem Bahnhof in Minsk gekidnappt worden. Sie wurden dann nach einer Schilderung Schewtschenkos auf der Webseite ihrer Organisation über Nacht mit verbundenen Augen aus Minsk rund 320 Kilometer weit in die Region Gomel verschleppt.

Die Entführer drohten den Frauen, sie in Brand zu setzen, nachdem sie sie mit Öl übergossen hatten. Auch hätten sie die drei Frauen mit einem Messer bedroht, mit dem sie ihnen später die Haare abschnitten. Die Agenten hielten demnach ihre Taten mit einer Videokamera fest. Die Frauen konnten sich in die Ortschaft Beki im Südosten des Landes retten. Der KGB wollte sich nicht zu den Vorfällen äußeren. Sein Sprecher Alexander Antonowitsch hatte vor der Entführung gesagt, der Protest sei eine "Provokation" gewesen.

Die sogenannten Nacktproteste gehören zur Strategie der Femen-Gruppe, die nicht nur in der Ukraine, sondern europaweit gegen Männermacht und ungerechte Herrschaft zu Felde zieht.




Aus: "Weißrussland deportiert Nackt-Demonstrantinnen" (21.12.2011)
Quelle: http://www.rp-online.de/politik/ausland/weissrussland-deportiert-nackt-demonstrantinnen-1.2648237 (http://www.rp-online.de/politik/ausland/weissrussland-deportiert-nackt-demonstrantinnen-1.2648237)

Title: [Augenzeugen berichteten... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 25, 2011, 12:18:33 PM
Quote[...] Augenzeugen berichteten von mindestens 200 Verletzten. Die Auseinandersetzungen dauerten am Abend noch an. Aus Kasernen im Umfeld von Sanaa wurden weitere Soldaten sowie Panzer zur Verstärkung geschickt.

Die Demonstranten forderten eine gerichtliche Aufarbeitung der Gewalt durch das Regime von Saleh. Der seit 33 Jahren regierende Präsident hatte im November ein Abkommen zur Machtübergabe unterzeichnet, allerdings nur im Gegenzug für einen Schutz vor Strafverfolgung.

Die seit Februar anhaltende Protestbewegung gegen sein Regime hält deshalb an ihrem Widerstand fest. Auch die Tatsache, dass Saleh seine Ausreise hinauszögert, ließ Beobachter in den letzten Wochen fürchten, er könnte doch weiter an der Macht festhalten.

...

QuoteLebenszeichen
vor 44 Minuten
Das Militär ging gnadenlos gegen den Protest vor – obwohl es einen gegenteiligen Befehl gab
das nennt sich dann elite? ...



Aus: "Elitesoldaten töten mindestens neun Demonstranten" (25. Dezember 2011,)
Quelle: http://www.welt.de/politik/ausland/article13783933/Elitesoldaten-toeten-mindestens-neun-Demonstranten.html (http://www.welt.de/politik/ausland/article13783933/Elitesoldaten-toeten-mindestens-neun-Demonstranten.html)

Title: [Untergrabung der Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 19, 2012, 09:41:44 AM
Quote[...] Chinas Justiz geht unverändert scharf gegen Regimekritiker vor. Ein Volksgericht in Wuhan, in der Provinz Hubei, verurteilte den Bürgerrechtler Li Tie zu zehn Jahren Haft. Wegen seiner Kritik an der Regierung und seinen Forderungen nach Demokratie und Menschenrechten wurde ihm "Untergrabung der Staatsgewalt" vorgeworfen, wie die internationale Menschenrechtsorganisation Chinese Human Rights Defenders (CHRD) berichtete.

...


Aus: "Bürgerrechtler in China zu hoher Haftstrafe verurteilt " (19.01.2012)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/ausland/2012-01/china-menschenrechte-dissident (http://www.zeit.de/politik/ausland/2012-01/china-menschenrechte-dissident)
Title: [Nach der Tat versuchten die Angeklagten... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 06, 2012, 12:03:28 PM
Quote[...] Nach der Tat versuchten die Angeklagten mit gefälschten Berichten, erfundenen Zeugenaussagen und einer den Opfern untergeschobenen Waffe, ihre Schuld zu verschleiern. Sie behaupteten, selbst beschossen worden zu sein.

Insgesamt wurden 20 Polizisten wegen ähnlicher Taten im Zusammenhang mit dem Hurrikan Katrina angeklagt und teilweise verurteilt.

...


Aus: "Nach Hurrikan Katrina - Polizisten wegen Schüssen auf Unbewaffnete verurteilt" (05.04.2012)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/panorama/nach-hurrikan-katrina-polizisten-wegen-schuessen-auf-unbewaffnete-verurteilt-1.1326950 (http://www.sueddeutsche.de/panorama/nach-hurrikan-katrina-polizisten-wegen-schuessen-auf-unbewaffnete-verurteilt-1.1326950)

Title: [Ein System das den Demonstranten Angst macht... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 22, 2012, 10:54:18 AM
Quote[...] Aufrufe zu friedlichen Protesten via Facebook oder Twitter könnten in Spanien bald zur Straftat werden. Innenminister Jorge Fernández Díaz hat eine Verschärfung des Strafgesetzbuches angekündigt. Schon 2013 soll das neue Gesetz in Kraft treten, sollte das Parlament dem Entwurf zustimmen. Das Reformprojekt wurde angestoßen, nachdem ein Generalstreik am 29. März das Land paralysierte. Schärfere Gesetze sollen für Ordnung sorgen.

Die Reform des Strafgesetzbuches bezieht sich vor allem auf die Härte der Strafe. Sie sieht vor, Vandalismus mit Terrorismus gleichzustellen. Vandalismus soll künftig mit dem Strafmaß der kale borroka bestraft werden, was auf baskisch "Straßenkämpfe" bedeutet. Dies hätte zur Folge, dass die Mindeststrafe für die Störung der öffentlichen Ordnung von einem auf zwei Jahre erhöht würde. Richter hätten damit auch die Möglichkeit, einstweilige Freiheitsstrafen anzuordnen.

Außerdem sieht das Gesetz vor, Mitglieder krimineller Organisationen zu einer Haftstrafe von über zwei Jahren verurteilen zu können. Außederdem soll jeder, der über Kommunikationsmedien wie das Internet oder soziale Netzwerke dazu aufruft, die öffentliche Ordnung zu stören, als Mitglied einer kriminellen Organisation eingestuft werden.

Spaniens Innenminister Fernández Díaz beschrieb das Reformpaket als "notwendig", um den "neuen sozialen Realitäten" entgegenzutreten. Es gebe Gruppen, die es nur darauf abgesehen hätten, mit Methoden, die einer "urbanen Guerilla" ähnelten, Gewalt auszuüben. Der Minister rechtfertigte die Reformvorschläge mit der Begründung, Spanien leide unter einer "Spirale von Gewalt".

Der Innenminister betonte, dass die "Umgestaltung der gesetzlichen Regelungen ein konstitutionelles Recht wie das der Demonstration" verteidige. Nicht er, sondern diejenigen, "die legitime Demonstrationen gegen die Regierung missbrauchen", beschädigten die Demonstrationsfreiheit. Dies geschehe innerhalb einer "organisierten Struktur", welche die Polizei bereits identifiziert habe.

Rückendeckung erhielt Fernández Díaz von der Autonomieregierung Kataloniens. Der dortige Innenminister Felip Puig erklärte frei heraus: "Wir brauchen ein System, das den Demonstranten Angst macht." Puig hatte 2011 schon für Schlagzeilen gesorgt. Damals hatte er Zivilpolizisten in eine friedliche Demonstration des movimiento 15M in Barcelona eingeschleust. Die Gruppe wird auch Los indignados  - die Empörten - genannt. Sie entstand am 15. Mai 2011, als eine Serie von friedlichen Protesten für eine partizipative Demokratie begann. Die eingeschleusten Zivilpolizisten randalierten und stachelten zur Gewalt an. Anlass genug für die dortige Polizei, auch gegen friedliche Demonstranten mit entsprechender Härte vorzugehen, wie El Publico berichtete. Videos belegten die Vorwürfe.

Die spanische Regierung hat angekündigt, die Gesetzesreform bis Ende des Jahres umsetzen zu wollen. Schon bis zum Sommer soll der Ministerrat darüber entscheiden. Fernández Díaz betonte, dass eine solche Maßnahme kein Einzelfall sei, sondern Spanien mit Ländern wie Frankreich oder Großbritannien gleichstelle.

...


Aus: ""Wir brauchen ein System, das den Demonstranten Angst macht"" Von Mirjam Moll (21.04.2012)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/politik/geplante-gesetzesverschaerfung-in-spanien-wir-brauchen-ein-system-das-den-demonstranten-angst-macht-1.1336352 (http://www.sueddeutsche.de/politik/geplante-gesetzesverschaerfung-in-spanien-wir-brauchen-ein-system-das-den-demonstranten-angst-macht-1.1336352)

Title: [Jedoch wurden... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 05, 2012, 07:15:05 PM
Quote[...] Die Proteste richteten sich gegen den Militärrat, der nach dem Sturz von Präsident Husni Mubarak im Februar 2011 die Macht übernommen hatte. Sie warfen dem Rat vor, die Präsidentschaftswahl am 23. und 24. Mai manipulieren zu wollen.

Der Militärrat hat angekündigt, die Macht nach der Wahl an eine zivile Regierung abgeben zu wollen. Jedoch wurden im Vorfeld zahlreiche Kandidaten von der Teilnahme ausgeschlossen.

...


Aus: "Hunderte Festnahmen nach Krawallen in Kairo" (5. Mai 2012)
Quelle: http://www.tagesschau.sf.tv/Nachrichten/Archiv/2012/05/05/International/Hunderte-Festnahmen-nach-Krawallen-in-Kairo (http://www.tagesschau.sf.tv/Nachrichten/Archiv/2012/05/05/International/Hunderte-Festnahmen-nach-Krawallen-in-Kairo)

Title: [Die italienische Regierung berät... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 13, 2012, 04:45:01 PM
Quote[....] Rom - Die italienische Regierung berät in dieser Woche über den Einsatz der Armee, um das Rüstungsunternehmen Finmeccanica und die Steuerbehörde Equitalia zu schützen. Beide sind in der jüngsten Zeit Ziele von Anschlägen geworden, was Sorgen über eine Eskalation der politischen Gewalt weckte.

Im krisengeschüttelten Land nehmen gewaltsame Proteste vor allem gegen die Steuerbehörden zu. In Livorno in der Toskana warfen Unbekannte am frühen Samstagmorgen Molotow-Cocktails auf das Büro der Steuereinzugsgesellschaft Equitalia. Die Brandsätze explodierten jedoch nicht. Lediglich die Eingangstür des Gebäudes sei beschädigt worden, berichtete die italienische Nachrichtenagentur Ansa am Samstag.

Bereits am Freitag war bei der Equitalia in Rom ein Brief mit einem Pulver eingegangen, das allerdings nach Angaben von Sprengstoffexperten nicht explodieren konnte. Auch in anderen Städten gab es Proteste vor den Finanz- und Steuerbehörden.

Am Freitag hatten in Neapel mehrere hundert Menschen unangemeldet vor dem Sitz der Equitalia demonstriert. Es kam zu Ausschreitungen. Demonstranten warfen Eier, Steine, Flaschen und Säcke mit Abfall auf die Polizeikräfte. Mit Müllcontainern versuchten sie, die Straße zu blockieren. Ein Dutzend Polizeibeamte wurde verletzt.

Es war der vorläufige Höhepunkt einer Woche der Gewalt in Italien. Bereits am Montag wurde ein Anschlag auf einen Atommanager in Genua verübt. Ein unbekannter Schütze hatte sich am Montag auf einem Motorrad dem 59-jährigen Roberto Adinolfi vor dessen Haus genähert und mit einer Pistole das Feuer eröffnet. Der Chef der zu dem Konzern Finmeccanica gehörenden Atomfirma Ansaldo Nucleare wurde nicht lebensgefährlich verletzt.

Die anarchistische Gruppe FAI (Federazione Anarchica Informale) bekannte sich in einem Schreiben zu dem Anschlag, teilten die ermittelnden Staatsanwälte am Freitag mit. Die Ermittler nähmen diese Erklärung ernst, sagte Innenministerin Annamaria Cancellieri in einem am Sonntag veröffentlichten Interview der Zeitung "La Repubblica".

Zur Vermeidung einer Eskalation der Gewalt werde in den nächsten Tagen über eine Reihe von Maßnahmen beraten. Der Einsatz der Armee zum Schutz potentieller Anschlagsziele sei dabei "eine mögliche Option".

Zu den Einrichtungen, die einen größeren Schutz benötigten, gehöre vor allem die Steuerbehörde Equitalia, deren Büros jüngst das Ziel von Briefbomben und Brandsätzen geworden waren. "Jeder Angriff auf Equitalia ist ein Angriff auf den Staat", sagte die Ministerin, die für Donnerstag einen nationalen Sicherheitsausschuss einberief.

mhe/dpa/reuters

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Gewaltsame Proteste : Italiens Regierung berät Einsatz von Armee

    DPAErst das Attentat auf einen führenden Atommanager, dann wütende Proteste und Brandanschläge auf die Steuerbehörde: Italien wird von einer Welle der Gewalt erfasst. Die Regierung erwägt jetzt den Einsatz der Armee.

    http://www.spiegel.de/politik/auslan...832902,00.html

Antworten / Zitieren

    #1 Heute 13:48 von
    kuehtaya
    Absehbar

        Zitat von sysop Beitrag anzeigen
        Erst das Attentat auf einen führenden Atommanager, dann wütende Proteste und Brandanschläge auf die Steuerbehörde: Italien wird von einer Welle der Gewalt erfasst. Die Regierung erwägt jetzt den Einsatz der Armee.

        Proteste in Italien: Regierung erwägt Einsatz von Armee - SPIEGEL ONLINE

        Gewählte gegen Wähler und alles schon seit Jahren vorbereitet. Bald wird der erste Einsatz von Eurogendfor erfolgen und die Mehrheit der Deutschen wird nicht mal wissen was das ist. Die EU Diktatur ist von langer Hand geplant, eine Demokratie war nie beabsichtigt.

    Antworten / Zitieren Antworten / Zitieren
    #2 Heute 13:51 von
    fussball11

        Zitat von sysop
        Erst das Attentat auf einen führenden Atommanager, dann wütende Proteste und Brandanschläge auf die Steuerbehörde: Italien wird von einer Welle der Gewalt erfasst. Die Regierung erwägt jetzt den Einsatz der Armee.

       Ich glaube das nennt man auf Neudeutsch eine " lupenreine Demokratie "


QuoteHeute 14:03 von
Rodelkönig

    Jetzt denken also schon reihenweise Staaten darüber nach, die Armee gegen Steine- und Flaschenwerfer einzusetzen. ...


QuoteHeute 14:15 von
iradei

    Zitat von pepper_pike
    Jetzt wird es wieder ein paar geben die sich über solche Aktionen freuen, von Linken irregeleitete Jugendliche versuchen wieder die Revolution, es war abzusehen das sich aus dem Occupygeraffell und den sonstigen linken Flachzangen wieder ein militantes Grüppchen formen würde. RAF, Rote Brigaden oder wie sie sich noch nannten, die kleinen Weltverbesserer, sollten den heutigen Jugendlichen eigentlich als abschreckendes Beispiel dienen, dank miserabler Bildung befinden sich diese Deppen aber auf Primatenniveau und müssen alle Fehler ihrer Vorgänger noch einmal machen, ein Teil wird sterben, ein Teil im Knast verotten.
    Ja ja ja, immer diese bösen Linken in den 70/80igern.

    Schon mal was von "Gladio", "Propaganda Due", "Ordine Nuovo" (Neue Ordnung) und "Strategia della tensione" ( Strategie der Spannung ) gehört ?


http://forum.spiegel.de/f22/gewaltsame-proteste-italiens-regierung-beraet-einsatz-von-armee-60879.html (http://forum.spiegel.de/f22/gewaltsame-proteste-italiens-regierung-beraet-einsatz-von-armee-60879.html)


Aus: "Italiens Regierung berät über Einsatz von Armee" (13.05.2012)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/proteste-in-italien-regierung-erwaegt-einsatz-von-armee-a-832902.html (http://www.spiegel.de/politik/ausland/proteste-in-italien-regierung-erwaegt-einsatz-von-armee-a-832902.html)

Title: [Dieser Teil der Zeugenaussage sei aber nicht... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 04, 2012, 10:28:27 AM
Quote[...] In einem weiteren Polizei-Vermerk heißt es demnach: "Die Männer sollen wie Rechtsradikale ausgesehen haben." Dieser Teil der Zeugenaussage sei aber nicht an die zentrale Ermittlungseinheit "Bosporus" aus Bayern gemeldet worden, obwohl die Zeugin als glaubwürdig eingestuft worden sei. Aus Dortmunder Ermittlerkreisen war bislang keine Reaktion zu erhalten. ...


Aus: "Polizei ignorierte Zeugin" (03. Juni 2012)
Quelle: http://www.n-tv.de/politik/Polizei-ignorierte-Zeugin-article6416061.html (http://www.n-tv.de/politik/Polizei-ignorierte-Zeugin-article6416061.html)

Title: [Moment mal...... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 06, 2012, 09:35:48 AM
Quote[...] Nach Massenprotesten in Russland hat die Duma das Demonstrationsrecht deutlich eingeschränkt. Das von der Kremlpartei Geeintes Russland dominierte Parlament beschloss eine drastische Verschärfung des Versammlungsgesetzes. Für die Erhöhung der Strafen stimmten 241 von 450 Abgeordneten, nur 226 Ja-Stimmen waren für die Gesetzesänderung nötig.
Als Verstöße gelten etwa Störungen im Straßenverkehr oder auch das Tragen von Masken. Das Gesetz sieht Höchststrafen von 300.000 Rubel (7.100 Euro) oder 200 Stunden gemeinnützige Arbeit für Privatpersonen und bis zu einer Million Rubel für Organisationen vor.

Die Oppositionsparteien hatten die Abstimmung mit Hunderten Änderungsanträgen stundenlang verzögert. Das Gesetz soll an diesem Mittwoch vom Föderationsrat bestätigt und dann von Kremlchef Putin unterzeichnet werden, damit es gültig wird. Es soll noch vor einer geplanten Großkundgebung der Opposition am 12. Juni in Kraft treten.

Die Opposition kritisiert die Regelung als endgültigen Schritt in den Polizeistaat. Menschenrechtler warnen vor einem Ende der Meinungsfreiheit.  Die Polizei nahm bei Protesten gegen das Gesetz rund 50 Regierungsgegner in Moskau fest. Im Parlament beendeten Beamte Proteste von Gegnern der Kremlpartei, die das Gesetz ungeachtet internationaler Proteste durchsetzte. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch teilte mit, dass mit dem neuen Gesetz freie Demonstrationen im Grunde nicht mehr möglich seien.

...

QuoteHyazinthe
    06.06.2012 um 7:26 Uhr

Erfreulich - Und wieder ein schönes Beispiel für die "lupenreine Demonkratie" in Rußland. Gerhard Schröder wird's freuen.


QuoteKlaus Schw.
    06.06.2012 um 7:36 Uhr

Das Russland keine lupenreine Demokratie ist, hat ja nun keinen Neuigkeitswert! Das hat nur ein gewisser deutscher Exkanzler noch nicht gemerkt! Obwohl, dumm ist der Mann ja nicht, er wird wohl monetäre Gründe haben es nicht zu merken!

... Die Russen haben wenigstens eine Gesetzesänderung vorgenommen, während in unserem "Rechtsstaat" das hochhalten von Grundgesetzen, Kranzniederlegungen oder das mitführen eines Schlafsackes bereits dazu führt das man Polizeilich verfolgt wird!


Ich würde mir wünschen das unsere Qualitätsmedien immer zuerst vor der eigenen Haustüre kehren!


QuoteKorowjew ZO
    06.06.2012 um 7:44 Uhr

Wie sich die Bilder gleichen...

Die Niederschlagung nicht genehmigter Demonstrationen und polizeiliches Vorgehen gegen Vermummte oder Verkehrsbehinderungen? Wie schauderhaft, das könnte im "Rechts"-Staat Deutschland niemals passieren!

Moment mal...


Quotecafedelsur
    06.06.2012 um 8:43 Uhr

Das Recht auf freie Versammlung wird weltweit eingeschränkt

z.B. auch in Kanada:

,,Die Regierung schränkte das Demonstrationsrecht ein, Québecs Studenten scherte das nicht: Erneut gingen Zehntausende von ihnen gegen Repression und höhere Studiengebühren auf die Straße - und langsam reihen sich auch die Bürgerlichen bei den zornigen Studenten ein."

http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/studenten-demonstrieren-in-quebec-fuer-demonstrationsfreiheit-a-834691.html



Aus: "Russland verschärft Versammlungsgesetz drastisch" (06.06.2012)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/ausland/2012-06/russland-duma-versammlungsgesetz (http://www.zeit.de/politik/ausland/2012-06/russland-duma-versammlungsgesetz)

Title: [Das Gesicht des jungen Mannes... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 13, 2012, 01:45:14 PM
Quote[...] Das Gesicht des jungen Mannes sieht übel zugerichtet aus. Er ist gezeichnet von Wunden unter und über seinen Augen, an der Nase, auf der Stirn. Doch der 17-jährige Schüler aus Hünstetten im Rheingau-Taunus-Kreis ist nicht in eine Kirmesschlägerei geraten.

Ordnungshüter haben ihn so verletzt. Ohne jeden Grund, sagt der junge Mann. Seine Version wird von Augenzeugen bestätigt. Der Junge und sein Vater, aber auch Zeugen des Vorfalls, sind sicher, dass die Uniformierten sich rächen wollten – weil der Schüler es bei einer Kontrolle ein paar Tage vorher gewagt hatte, seinen Anwalt anzurufen, der sich anschließend über das ungerechtfertigte Vorgehen beklagte.

Vater und Sohn haben die beteiligten Ordnungspolizisten bei der Staatsanwaltschaft Wiesbaden angezeigt. Sie fordern Schadenersatz und Schmerzensgeld. Die Anklagebehörde ermittelt in der Angelegenheit. Beim Bürgermeister von Idstein sind außerdem Dienstaufsichtsbeschwerden eingegangen. Denn die Ordnungshüter waren keine Landesbeamten, sondern Stadtpolizisten aus Idstein, die in Hünstetten Dienst taten.

Idsteins Bürgermeister Gerhard Krum (SPD) will den Vorfall derzeit nicht kommentieren, wegen der laufenden Verfahren. Er gehe aber davon aus, dass sich die Ordnungspolizisten korrekt verhalten hätten, sagte er der FR.

Es geschah beim Tanz in den Mai. Im Stadtteil Beuerbach, einem 1100-Einwohner-Ort, hatten die DJs ,,Dizplaced" und ,,Kabelsalat" aufgelegt. Es sollte ,,perfekte Partystimmung und hippe Sounds" geben. Veranstalter war der örtliche Sportverein. Doch von ,,perfekter Partystimmung" konnte in der Nähe der Veranstaltung keine Rede sein.

Kurz nach 23 Uhr saß der 17-jährige Lukas Becker (alle Namen geändert) mit einem Bekannten auf einer Bank, während eine ganze Reihe junger Leute drum herum stand. Da kamen drei Ordnungshüter auf ihn zu und forderten ihn auf, seinen Ausweis zu zeigen. Der steckte im Geldbeutel in der Gesäßtasche. Doch als Lukas aufstehen wollte, um seine Papiere herauszuholen, sei er grundlos angegriffen worden. Zwei Uniformierte seien ihn angegangen. Einer sei ihm mit den Knien in den Rücken gesprungen und habe ihn auf den Boden gedrückt, mit dem Gesicht in den Dreck, drei Minuten lang. Zeugen bestätigen das. Als Lukas telefonieren wollte, soll ein Polizist gerufen haben: ,,Du hast hier keine Rechte!"

Das Geschehen sei von allen Umstehenden ,,als gezielter, nicht nachvollziehbarer Gewaltexzess der Polizei aufgefasst" worden, sagt der Anwalt des Schülers, Michael Heuchemer. Eine Reihe von Zeugen bestätige, dass sich Lukas und seine Bekannten ,,völlig friedlich" verhalten hätten. ,,Alle hatten den Eindruck, dass die Beamten Streit und Provokation suchten", sagt der Anwalt.

Damit war die Sache aber noch nicht zu Ende. Lukas saß blutend eine halbe Stunde lang da, ohne dass einer der Umstehenden ihm habe helfen dürfen. Arno, der ältere Bruder von Lukas, hatte die Eltern verständigt. Der Vater kam, es gab Wortwechsel – als die städtischen Ordnungshüter Zeugenaussagen zufolge grundlos von hinten auf Arno losgingen, ihn zu einem Brunnen schleppten, und ihm, als er auf dem Brunnenrand saß, kräftig den Kopf herunterdrückten. Mehrere junge Leute wollten Arno zu Hilfe kommen. Jetzt setzten die städtischen Ordnungshüter Pfefferspray ein – erneut gegen Lukas, aber auch gegen zwei Umstehende.

Schließlich durfte der Vater Lukas ins Krankenhaus bringen. Warum die Uniformierten seinen Sohn so zugerichtet hatten, erfuhr er nicht. Das stehe im Protokoll, hätten die Polizisten geantwortet.

Die Ärzte diagnostizierten teilweise stark blutende Verletzungen an Stirn, Wangen, Nase und Augenlid, Hämatome an den Oberarmen und am Rücken, Würgemale am Hals sowie Augenverletzungen durch das Pfefferspray.

Anwalt Heuchemer hat die Zeugen des Abends ausfindig gemacht – was gar nicht so einfach gewesen sei, da es sich nicht um eine Clique oder einen festen Freundeskreis handele. Deren Aussagen fielen eindeutig aus. Vor allem ein Polizist habe ,,Stress machen und provozieren" wollen. ,,Die wollten ihre Macht zeigen", sagte einer. ,,Für mich war es insbesondere schockierend und schlimm, wie lang man Lukas dort blutend sitzen ließ", berichtete eine junge Frau.

Das Motiv für die harte Aktion liegt für die Jugendlichen auf der Hand. Drei Tage davor waren dieselben Uniformierten schon mit Lukas und seinem Bruder aneinandergeraten. An jenem Freitagabend hätten die Ordnungspolizisten den älteren Bruder Arno aus einer Gruppe von 30 Personen herausgepickt und ,,demütigend" kontrolliert, berichten beteiligte Jugendliche. Er habe seine Jacke ausziehen und alle Dinge auf den Boden legen müssen. Ohne Anlass, wie sein Anwalt sagt. Gefunden worden sei nichts.

Daraufhin habe Lukas per Handy seinen Anwalt verständigt – er hatte die Nummer dabei, denn der angehende Abiturient interessiert sich für Jura und hat ein Praktikum bei dem Juristen gemacht. Anwalt Heuchemer beschwerte sich im Namen seines Mandanten bei der Stadt. Drei Tage später sollen die Ordnungshüter Lukas mit dem Satz ,,Da sehen wir uns ja wieder" begrüßt haben.

Nun hat Vater Becker einen wütenden Brief an Bürgermeister Krum geschrieben. Er spricht von ,,schrecklichen Verbrechen" und davon, dass Idsteiner Beamte ,,Jugendliche misshandeln und nicht nur körperlich, sondern auch seelisch verletzen". Sein Schreiben endet in einem Appell: Die Stadt müsse dafür sorgen, dass ,,nur menschlich integre Beamte" eingesetzt würden.




Aus: "Polizisten verletzen 17-Jährigen" Von Pitt von Bebenburg (13. Juni 2012)
Quelle: http://www.fr-online.de/rhein-main/schueler-misshandelt-polizisten-verletzen-17-jaehrigen,1472796,16364116.html (http://www.fr-online.de/rhein-main/schueler-misshandelt-polizisten-verletzen-17-jaehrigen,1472796,16364116.html)

Title: [Einschüchterungstaktik... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 13, 2012, 05:32:22 PM
Quote[...] Berlin (Reuters) - Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning, hat Russlands Präsident Wladimir Putin aufgefordert, die verschärften Versammlungsgesetze zurückzunehmen.

"Putins Einschüchterungstaktik, die Büros von Oppositionellen durchsuchen zu lassen, erinnert an düstere Sowjetzeiten", sagte der FDP-Politiker der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Mittwochausgabe). Die Meinungs- und Versammlungsfreiheit müsse auch in Russland garantiert werden. "Was Putin derzeit in Russland schafft, hat mit einer Demokratie nichts mehr zu tun, sondern spiegelt die zunehmende Unfreiheit wider", kritisierte Löning.

Bei der ersten großen Protestkundgebung seit Putins Rückkehr in den Kreml Anfang Mai hatten am Dienstag Zehntausende Demonstranten Putin die Stirn geboten. Sie trotzten damit einer Verschärfung des Versammlungsrechts und dem Vorgehen der Polizei gegen führende Vertreter der Opposition. Prominente Putin-Gegner waren zeitgleich zur Polizei vorgeladen worden, offenbar um sie an der Teilnahme zu hindern.

...


Aus: "Menschenrechtsbeauftragter: Putin fällt in Sowjetzeit zurück" (Mittwoch, 13. Juni 2012)
Quelle: http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE85C00320120613 (http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE85C00320120613)

-.-

Quote[...] Wladimir Putin hat nie einen Hehl daraus gemacht, wie er über Nichtregierungsorganisationen denkt. Vereine von Menschenrechtlern oder Umweltschützern hält er für feindliche, vom Ausland gesteuerte Elemente. Schon 1999, Putin war damals noch Chef des Inlandsgeheimdienstes FSB, warf er ausländischen Geheimdiensten vor, Umweltgruppen und gesellschaftliche Verbände "sehr aktiv" für ihre Zwecke zu nutzen.

Auch 13 Jahre später hat sich an dieser Einschätzung von Nichtregierungsorganisationen (NGO) nichts geändert, im Gegenteil, sie soll nun auch gesetzliche Konsequenzen haben. Am kommenden Freitag soll das Parlament in erster Lesung über Änderungen des russischen NGO-Gesetzes beraten, das Organisationen wie den russischen Ableger von Transparency International als Hort "ausländischer Agenten" schmäht.

Der Entwurf sieht unter anderem eine verschärfte Überwachung von Gruppierungen mit "Einfluss auf die öffentliche Meinung" vor, die Gelder aus dem Ausland erhalten. Tritt die Änderung wie geplant im Herbst in Kraft, wären etwa Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace oder die Wahlbeobachter von Golos ("Stimme") gezwungen, staatlichen Kontrolleuren viermal im Jahr Einblick in ihre Buchhaltung zu gewähren und Rechenschaft über die Verwendung ausländischer Fördermittel abzulegen. Zuwiderhandlungen sollen mit Geldstrafen von bis zu einer Million Rubel - umgerechnet 25.000 Euro - oder gar Freiheitsstrafen von bis zu vier Jahren geahndet werden.

Offiziell eingebracht wurde die Initiative Ende vergangener Woche zwar von einem Hinterbänkler der Putin-Partei Einiges Russland, dem 34-jährigen Abgeordneten Alexander Sidjakin. Die Geschwindigkeit, mit der die Initiative zur Abstimmung gebracht werden soll, erinnert allerdings an die Eile, mit der Putin und seine Getreuen schon im Juni Verschärfungen des Versammlungsrechts durch die Instanzen peitschten.

... Moskau verdächtigt EU-Staaten, vor allem aber die USA, einen Regimewechsel in Russland anzustreben. Washington hatte kurz nach Putins Wiederwahl zusätzliche 50 Millionen Dollar zur Förderung von "Rechtsstaatlichkeit und zur Stärkung der Zivilgesellschaft" in Russland bereitgestellt. Das neue NGO-Gesetz stellt nun Bürgerrechtler und Umweltschützer, die in der Regel ohne Unterstützung aus dem Ausland ihre Arbeit einstellen müssten, unter den Generalverdacht umstürzlerischer Umtriebe.

Der Kreml rechtfertigt sich mit einem Verweis auf "ähnliche Gesetze in den USA". Tatsächlich wurde dort 1938 der Foreign Agents Registration Act (Fara) verabschiedet - eine Regelung, die sich vor allem gegen Propagandisten des Hitler-Regimes richtete. Das Gesetz ist noch heute in Kraft, zielt aber nicht auf vom Ausland unterstützte Umweltschützer und Bürgerrechtler, sondern auf die Umtriebe fremder Geheimdienste. So ging das FBI 2011 auf Fara-Basis gegen den Kashmiri American Council vor, eine Lobbyorganisation, die verdeckt durch Gelder des pakistanischen Geheimdienstes ISI bezahlt wurde.

Wie auch im Englischen ist der Begriff des "Agenten" im Russischen nicht nur für die konspirativen Akteure fremder Mächte gebräuchlich, sondern kann auch als allgemeine Bezeichnung für einen Vertreter oder Bevollmächtigten gelten. Zwischen Kaliningrad und Wladiwostok werden diese sprachlichen Nuancen wohl nur einer Minderheit vertraut sein. Nach dem Willen der Autoren des neuen Gesetzes sollen Veröffentlichungen der betroffenen NGO bald nur noch mit dem gut sichtbaren Hinweis auf ihren Status als "ausländischer Agent" erscheinen.

Der Kreml sei davon überzeugt, dass Umwälzungen wie die ukrainische Revolution vor allem von außen in die Länder getragen wurden, so Jens Siegert von der Heinrich-Böll-Stiftung. "Die Ironie der Geschichte ist, dass die meisten NGO bei den jüngsten Massenprotesten kaum eine Rolle gespielt haben", sagt Siegert. "Da haben sich längst ganz neue Strukturen gebildet."

...

Quote#6 Heute 06:08 von
oneil57
Wie sagte unser Bundeskanzler a.D. Herr Schröder einst "Ein lupenreiner Demokrat" .

http://forum.spiegel.de/f22/repressionen-gegen-ngos-kreml-brandmarkt-buergerrechtler-als-auslaendische-agenten-65035.html#post10491580


Quote#18 Heute 07:14 von
Peter.Lublewski
Russland/USA

    In Russland sind Menschen mit kontroversen Ansichten "ausländische Agenten, in den USA bezeichnet man sie als "Kommunisten" oder "Terroristen". Einen so eklatanten Unterschied kann ich nicht erkennen.

http://forum.spiegel.de/f22/repressionen-gegen-ngos-kreml-brandmarkt-buergerrechtler-als-auslaendische-agenten-65035-2.html#post10491717


Quote#23 Heute 07:37 von
regensommer

    ... In Rußland darf man nicht gegen Putin sein, in Deutschland nicht gegen Wirtschaft und Banken. So hat jedes Land seine Problemzone.

http://forum.spiegel.de/f22/repressionen-gegen-ngos-kreml-brandmarkt-buergerrechtler-als-auslaendische-agenten-65035-3.html#post10491800


Quote#25 Heute 07:41 von
jehudi

    Wenn man sich die Umstürzler von Soros und Buffet finanziert so ansieht rund um Russland, ist dieser Schritt sehr gut nachzuvollziehen. Bei uns werden übrigens salfistische Bürgerechtler auch gerade verboten, andere Kultur, andere Ansicht, BÖSE!

http://forum.spiegel.de/f22/repressionen-gegen-ngos-kreml-brandmarkt-buergerrechtler-als-auslaendische-agenten-65035-3.html#post10491816


Quote#38 Heute 08:30 von
shiz0
Die westl. Unterstützung

    von diversen NGOs zur Umsetzung von Politischen Zielen dürfte mittlwerweile kein Geheimnis mehr sein. (http://de.wikipedia.org/wiki/Farbrevolutionen#US-Gr.C3.BCndungen_und_Unterst.C3.BCtzung) Und das die USA und diverse Stiftungen nicht milliarden von Dollar aus purer Nächstenliebe ausgeben, sollte auch klar sein. Putin weiß -als ehemaliger Geheimdienstler- halt sehr genau wie das abläuft und scheut auch klare Aussagen nicht.
    Schöner Artikel von F. William Engdahl zu Thema:
    Deutsch: http://globalresearch.ca/index.php?context=va&aid=29157
    Englisches original: http://globalresearch.ca/index.php?context=va&aid=28571

http://forum.spiegel.de/f22/repressionen-gegen-ngos-kreml-brandmarkt-buergerrechtler-als-auslaendische-agenten-65035-4.html#post10492006


Quote#39 Heute 08:33 von
schredder66
Russland

    Genau so funktionieren "lupenreine" Demokratien.

    Puntin´s Angst vor ausländischen Agenten, die "sein" Russland übernehmen und umstürtzen wollen, erinnert mich an die Angst des Texaners George W. Bush vor den bösen Achsenmächten des Terrors.

    Bleibt zu hoffen, dass das russiche Volk erwacht und erkennt, wer wirkliches Interesse an ihm hat.

http://forum.spiegel.de/f22/repressionen-gegen-ngos-kreml-brandmarkt-buergerrechtler-als-auslaendische-agenten-65035-4.html#post10492023


Quote#47 Heute 09:11 von
Peter.Lublewski
Deutschland

    Zitat von Hermes75
    Warum haben die Mächtigen in Russland eigentlich solche Panik davor, dass Missstände im eigenen Land aufgedeckt werden?

    Das würde mich zum Beispiel auch auf Deutschland bezogen interessieren.

http://forum.spiegel.de/f22/repressionen-gegen-ngos-kreml-brandmarkt-buergerrechtler-als-auslaendische-agenten-65035-5.html#post10492263



Aus: "Kreml brandmarkt Bürgerrechtler als "ausländische Agenten"" Von Benjamin Bidder, Moskau (04.07.2012)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/ngo-in-russland-putin-brandmarkt-buergerrechtler-als-agenten-a-842259.html (http://www.spiegel.de/politik/ausland/ngo-in-russland-putin-brandmarkt-buergerrechtler-als-agenten-a-842259.html)

Title: [Anfang Mai haben türkische Sicherheitskräfte... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 12, 2012, 10:14:20 AM
Quote[...] Sevil Sevimli, 20, studiert eigentlich in Lyon Kommunikationswissenschaft; Karl Marx gibt sie bei Facebook als einen ihrer Lieblingsautoren an, Musik hört sie am liebsten von den Beatles und von Grup Yorum, einer linken türkischen Band.

Im letzten Sommer ging Sevil Sevimli, Tochter kurdischer Einwanderer aus der Türkei, als Erasmus-Studentin in die Heimat ihrer Eltern. Sie entschied sich für die anatolische Provinz Eskisehir, um das Land besser kennenzulernen. Aber natürlich fuhr sie auch nach Istanbul, einer Stadt, die zu einem Magneten für Europas feierfreudige Jugend geworden ist. Sevil Sevimli fuhr hin, um Grup Yorum bei einem Konzert zu hören, zusammen mit Zehntausenden anderen; im Frühling war das. Dieser Konzertbesuch wird ihr mittlerweile zum Vorwurf gemacht, so berichten es übereinstimmend "Le Monde" und einige türkische Zeitungen.

Anfang Mai haben türkische Sicherheitskräfte die junge Frau demnach in Eskisehir festgenommen, gemeinsam mit fünf anderen Studenten, bei einer Anti-Terror-Aktion gegen die DHKP-C, einer linksextremen Untergrundorgansation, die eine Kombination von politischer Arbeit und militanten Aktionen propagiert. Sie ist sowohl in der Türkei als auch in Deutschland verboten. Seitdem sitzt Sevil Sevimli, die in Frankreich aufwuchs, in der Türkei in Untersuchungshaft. Falls es ein Gericht als erwiesen ansehen sollte, dass sie Verbindungen zu der Organisation hatte, drohen ihr den Berichten zufolge bis zu 12 Jahre Haft.

Die türkische Zeitung "Millyet" bezieht sich auf Sevimlis Anwalt und berichtet, der Studentin werde neben dem Konzertbesuch noch vorgeworfen, bei einer Demonstration am 1. Mai mitmarschiert zu sein und ein Transparent aufgehängt zu haben, auf dem freie Bildung für alle gefordert wird. Sevimli wird mit den Worten zitiert, die Transparent-Aktion sei nicht illegal gewesen: "Ich bin eine Studentin, ich habe keine Verbindungen zu irgendeiner Organisation."

Der Fall Sevimli zeigt erneut, wie drastisch die Türkei gegen politisch aktive Studenten vorgeht. An den Unis tobt schon seit einiger Zeit ein Kulturkampf, bei dem es vor allem linke und liberale schwer haben. Hunderte Studenten landeten wegen ihrer Aktionen bereits in Gefängniszellen.

Rechtlich ist der Fall besonders brisant, weil Sevil die doppelte Staatsbürgerschaft hat, wie unter anderem "Le Monde" schreibt. Die türkische Justiz sieht sie als Türkin, Frankreich als Französin. Dementsprechend groß ist die Empörung: Familie, Freunde, selbst der Uni-Rektor - sie alle lassen sich interviewen und verlangen, dass die Studentin freikommt. "Le Monde" fragt in einer Schlagzeile den türkischen Regierungschef: "Welches Verbrechen hat Sevil Sevimli begangen, Herr Erdogan?" Wie sie behandelt werde, stehe in keinem Verhältnis zu den Vorwürfen.

Wann und ob sie freikommt, ist völlig unklar. Mehrfach hat ihre Mutter Sevil Sevimli besucht. Tag für Tag demonstriert sie vor dem Gefängnis in Eskisehir. Mittlerweile droht sie, in den Hungerstreik zu treten: Sie werde das Land nicht ohne ihre Tochter verlassen.

otr


Aus: "Erasmus-Studentin sitzt in türkischem Knast" (12.07.2012)
Quelle: http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/sevil-sevimli-franzoesische-erasmus-studentin-im-tuerkischen-gefaengnis-a-843787.html (http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/sevil-sevimli-franzoesische-erasmus-studentin-im-tuerkischen-gefaengnis-a-843787.html)

Title: [Willkommen in der Matrix... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 17, 2012, 11:20:07 AM
Quote[...] MADRID taz | Spaniens Regierung will für die Folgen ihrer harten Kürzungspolitik gewappnet sein. Wohl deshalb stellte Innenminister Jorge Fernández Díaz jüngst seine Pläne für eine Verschärfung des Strafgesetzbuches vor. Künftig sollen auch friedliche Proteste als ,,Anschlag auf die Staatsgewalt" gewertet werden können.

Darauf stehen vier bis zehn Jahre Haft. Und wer im Internet zu Protestaktionen ruft, die in Sitzblockaden oder gar in gewaltsamen Auseinandersetzungen enden, muss damit rechnen, als ,,Mitglied einer kriminellen Organisation" verhaftet zu werden. Darauf steht eine Mindeststrafe von zwei Jahren Haft.

Während die Opposition gegen die Pläne protestiert, erhält Fernández Díaz von der Autonomieregierung im nordostspanischen Katalonien Unterstützung. ,,Es geht darum, dass die Menschen mehr Angst vor dem System haben", erklärt der dortige Innenminister Felip Puig unumwunden.

Puig war vor knapp einem Jahr in die Schlagzeilen geraten, als er Zivilpolizisten in eine Demonstration einschleusen ließ, die gewalttätige Ausschreitungen anzettelten. Diese dienten uniformierten Beamten dazu, mit Härte gegen friedliche Demonstranten vorzugehen. Videos, die dies belegten, wurden von YouTube gelöscht.

Die Vorschläge zur Gesetzesreform kommen nach dem Generalstreik, der am 29. März Spanien weitgehend lahmgelegt hatte. Die nächsten großen Proteste sind bereits in Sicht.

Am 1. Mai wollen die Gewerkschaften erneut gegen die Sparpolitik und die völlige Aufweichung des Arbeitsrechts mobilmachen und am 12. Mai rufen einmal mehr die ,,Empörten" auf die Straße. Ein weltweiter Aktionstag soll an der Bewegung anknüpfen, die vor einem Jahr – am 15. Mai 2011 – Hunderttausende unter dem Motto ,,Sie repräsentieren uns nicht!" in Spanien mobilisierte.

In Dutzenden von Städten wurden danach wochenlang zentrale Plätze besetzt. Das größte Protestcamp wurde vor dem Sitz der Madrider Autonomieregierung an der Puerta del Sol errichtet.

Zwar wurde das Protestcamp im Laufe des Frühsommer abgebaut, doch seither kommt es fast täglich zu Kundgebung auf dem Platz. Die Madrider Innenstadt gleicht seit einem Jahr einem Heerlager der blauuniformierten Nationalpolizei. Sperrgitter schützen die Autonomieregierung, obwohl es keinerlei gewaltsame Proteste gegeben hat.

Die Reform ist wie maßgeschneidert auf die Proteste der ,,Empörten". Denn die Mobilisierung und Koordination des Protestlagers ,,Acampada Sol" fand über Facebook und Twitter statt. Dies ist künftig gleichbedeutend mit einer ,,kriminellen Vereinigung".

Denn wer öffentliche Plätze oder Einrichtungen blockiert oder dazu aufruft, ,,gefährdet die öffentliche Ordnung im schweren Ausmaß", so Fernández Díaz. Der Justizminister und Exbürgermeister von Madrid, Alberto Rñiz Gallardón, will zudem das Prozessrecht verschärfen, um leichter Untersuchungshaft gegen Verdächtige verhängen zu können.

Beide Minister sehen in den friedlichen Blockaden die ,,Techniken einer Stadtguerilla".

So mancher Richter segelt dankbar in dem neuen Wind aus der Hauptstadt. So stehen derzeit vier Umweltschützer aus Navarra wegen ,,Anschlags auf die Staatsgewalt" vor Gericht.

Sie hatten bei Protesten gegen den umstrittenen Bau einer Schnellbahntrasse drei Torten auf den Chef der Regierung von Navarra geschmissen. Jetzt drohen ihnen vier bis zehn Jahre Haft.

Quote18.04.2012 22:55 Uhr
von geru:

Kein Mensch hätte vor 2-3 Jahren gedacht, wie die Dinge in Europa laufen. Und es sei immer mal wieder erinnert: ES IST EURE KRISE (Ihr Banken und Politiker) nicht unsere! Und übrigens: Wenn der Protest richtig stark ist, wenn es Massen sind, dann nützen auch die tollsten Innenminister nichts, innerhalb von Stunden sind sie weg - und die Bewaffneten laufen über - aus S...iss. Wir kennen das von 1989 in Leipzig/DDR und den Folgetagen. Das kann GANZ schnell gehen, stündlich - und: es macht Spass!


Quote18.04.2012 21:02 Uhr
von Jürgen Orlok:

Worüber regt ihr euch auf ??

Wenn EU&Co Anfriffskriege führen, zehntausende von Toten, brutalste Terroristen in Syrien stütz, unter dem Deckmantel der Humanität um diese Art von Demokratie zu fördern schreit ihr doch auch nicht, weil ihr der LügenPresse glaubt. Je dicker die Lüge, desto wahrer erscheint sie euch doch ...
oder habt ihr etwa mit der Kündigung des Abos gedroht, als taz mit Bild, AlJazeera und Co euch in das Abenteuer Krieg entführten ?

Es gilt immer noch : wer mit dem Teufel diniert muß einen verdammt langen Löffel haben :)


Quote18.04.2012 14:36 Uhr
von Tortenwerfer:

Wenn der Staat das Volk fürchtet haben wir Demokratie, aber wenn das Volk den Staat fürchtet haben wir eine DIKTATUR.


Quote18.04.2012 12:55 Uhr
von Alex :

Da sieht man wieder wie in unserer Neoliberalen Welt mit zweierlei Maß gemessen wird. Im Arabischen Frühling hat es die Regierungen und unsere Systemkonforme angebliche freie Presse gefreut der Aufstand über Facebook und Twitter, betrifft es unsere Machthaber wird kriminalisiert. Na Gratulation und Willkommen in der Matrix ...


Quote18.04.2012 08:41 Uhr
von Ebola:

Wir erleben hier exemplarisch das Umsetzen der Schock-Strategie wie Naomi Klein das in ihrem Buch beschrieben hat. In Spanien, Griechenland, Portugal und überall wo es sonst noch möglich ist ...


Quote17.04.2012 20:37 Uhr
von Agnostiker:

Das beste Mittel für eine zukünftige Revolution. Solange die Leute demonstrieren, lassen sie ja Dampf ab und beruhigen sich wieder. Also: Proteste verbieten, Protestierer kriminalisieren. Dann eine Zeit lang Ruhe (Totenstille), in der sich im Kessel ohne Ventil Druck aufbauen kann. Und dann: die Explosion.
Wie schön, dass unser aller Politiker so gut in Geschichte bewandert sind...


Quote17.04.2012 20:29 Uhr
von hessebub:

Neoliberalismus meets Franco. So läuft das halt in Postdemokratien.




Aus: "Wer Torten wirft, ist ein Terrorist" von Reiner Wandler (17.04.2012)
Quelle: https://www.taz.de/Spaniens-Regierung-verschaerft-Strafrecht/!91635/ (https://www.taz.de/Spaniens-Regierung-verschaerft-Strafrecht/!91635/)

Title: [Angesichts umstrittener Gesetzesänderungen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 19, 2012, 09:19:05 AM
Quote[...] Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte hat sich angesichts umstrittener Gesetzesänderungen besorgt über die Situation der Bürgerrechte in Russland gezeigt. In einem Appell an die russische Regierung spricht Navanethem Pillay von einer "beunruhigenden Entwicklung" bezüglich der Versammlungsfreiheit, sowie der Meinungs- und Informationsfreiheit in der Russischen Föderation.

Pillay reagiert damit auf Änderungen im russischen Versammlungsrecht und im Jugendmedienschutzgesetz. Diese Gesetze hätten angesichts der Bedenken des russischen Präsidialrats für Menschenrechte und einiger Menschenrechtsexperten vorab von unabhängiger Seite geprüft und öffentlich diskutiert werden müssen.

Außerdem rügt sie die neue gesetzliche Verpflichtung, nach der sich aus dem Ausland finanzierte Nichtregierungsorganisationen künftig als "ausländische Vertreter" bezeichnen müssen, sowie die Wiederaufnahme von Beleidigungen ins Strafgesetzbuch. Die Strafbewehrung von Beleidigungen werde Kritik an Amtsmissbrauch, Korruption oder Missständen in der Regierung künftig erschweren.

Die Abschaffung der neuen Gesetze fordert die Hochkommissarin nicht. Das Hochkommissariat sei für eine Neufassung, sagte ein Sprecher gegenüber heise online. Allerdings sei dies so kurz nach der Verabschiedung wenig realistisch. Man erwarte aber, dass weitere UN-Gremien die Kritik aufgreifen. Zudem werde sie zu berücksichtigen sein, wenn sich Russland 2013 wieder der turnusmäßigen Überprüfung seiner Menschenrechtssituation stellen muss. (Monika Ermert) / (bae)

Quote18. Juli 2012 17:15
wozu die aufregung, immer noch liberaler als INEDCT, ACTA, VDS, ELENA
pzgrenbtl303

Bullen-Videoüberwachung in berlin, Handyortungen......etc. etc. etc.


Quote18. Juli 2012 17:23
In lupenreinen Demokratien...
The Independent

...darf man das große und ganze halt nicht so eng sehen.


Quote18. Juli 2012 18:32
Wasist eine Demokratie? Was eine Diktatur?
poppenia

Ist ein Unterscheidungsmerkmal, welche Gewalt der Staat gegenüber
seinen Bürgern ausübt?

...



Aus: "UN besorgt über Bürgerrechte in Russland" (18.07.2012)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/UN-besorgt-ueber-Buergerrechte-in-Russland-1646662.html (http://www.heise.de/newsticker/meldung/UN-besorgt-ueber-Buergerrechte-in-Russland-1646662.html)

Title: [...die Partei und den Staat beleidigt zu haben]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 31, 2012, 10:17:25 AM
Quote[...]  In Vietnam hat sich die Mutter der bekannten Bloggerin Ta Phong Tan am Montagmorgen aus Protest gegen die Inhaftierung ihrer Tochter in Brand gesteckt und ist wenig später ihren Verletzungen erlegen. Die 64-jährige Mutter, Dang Thi Kim Lieng, habe sich vor den örtlichen Behörden ihrer Heimatprovinz Bac Lieu angezündet, erfuhr die Nachrichtenagentur AFP von Aktivisten und Anwälten der Familie. Laut einem befreundeten katholischen Priester erlag die Frau auf dem Weg zum Krankenhaus ihren schweren Verletzung.

Tan ist seit September 2011 gemeinsam mit zwei anderen Bloggern, Phan Thanh Hai und Nguyen Van Hai, inhaftiert. Die Justiz des kommunistisch regierten Landes wirft ihnen vor, mit ihren Artikeln auf der Internetseite des Clubs freier Journalisten die Wahrheit verfälscht und die Partei und den Staat beleidigt zu haben. Die 43-jährige frühere Polizistin Tan hatte in ihren Artikeln insbesondere die Justiz kritisiert. Alle drei Blogger sollen am 7. August vor Gericht erscheinen. Ihnen droht eine Haftstrafe von bis zu 20 Jahren.


Aus: "Mutter von inhaftierten Blogger zündet sich an" (30.07.12)
Quelle: http://futurezone.at/netzpolitik/10406-mutter-von-inhaftierten-blogger-zuendet-sich-an.php (http://futurezone.at/netzpolitik/10406-mutter-von-inhaftierten-blogger-zuendet-sich-an.php)

Title: [Anklage wegen Rowdytum... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 01, 2012, 12:56:33 PM
Quote[...] Pussy Riot ist der Name einer feministischen Punkrock-Band aus Moskau. Sie gilt als Vertreter des Riot Grrrl Movement und ihre Mitglieder geben Bands wie Bikini Kill als Vorbild an. ... Weltweites Aufsehen erzielte die Band schließlich durch eine nicht genehmigte Aktion im zentralen Gotteshaus der Russisch-Orthodoxen Kirche, der Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau am 21. Februar 2012.[3][4] Sie betraten dabei den Ambo der Kathedrale, dessen Betreten ohne eine ausdrückliche priesterliche Einladung nicht gestattet ist, und sangen vor dem Altar ein ,,Punk-Gebet" gegen Ministerpräsident Wladimir Putin[5] und die Vertreter der Russisch-Orthodoxen Kirche.[6]

Pussy Riot protestierten mit ihrem Auftritt dagegen, dass der Patriarch der russisch-orthodoxen Kirche, Kyrill I., ihren Worten nach dazu aufgerufen hatte, Wladimir Putin bei den Präsidentschaftswahlen zu wählen.[7] ... Als Folge dieser Aktion wurden die drei Mitglieder Nadeschda Tolokonnikowa, Marija Aljochina und Jekaterina Samuzewitsch in Untersuchungshaft genommen. Gegen diese wurde Anklage wegen ,,Rowdytum" nach Paragraph 213 des russischen Strafgesetzbuchs erhoben.[8] Im Juli 2012 wurde Anklage erhoben; bei einer Verurteilung drohen den Angeklagten bis zu sieben Jahre Haft.[9] ...


Aus: "Pussy Riot", Datum der letzten Bearbeitung: 31. Juli 2012, 14:47 UTC Versions-ID der Seite: 106219981, Permanentlink: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Pussy_Riot&oldid=106219981,  Datum des Abrufs: 1. August 2012, 10:49 UTC

-.-

Quote[...] Gestern begann vor dem Chamowniki-Gericht in Moskau der Prozess, der heute fortgesetzt wurde. Den drei Frauen, die wegen Gotteslästerung und Rowdytum angeklagt sind, drohen sieben Jahre Arbeitslager.

Viele Russen sind der Meinung, dass die drei Frauen von Pussy Riot mit fünf Monaten Untersuchungshaft genug gebüßt haben. Doch die russisch-orthodoxe Kirche und auch das staatliche Fernsehen machen aus den drei Frauen so etwas wie Staatsfeinde.

... Insbesondere das Patriarchat der russisch-orthodoxen Kirche trommelt für einen harten Kurs gegen Pussy Riot. Als Antwort auf die Aktion der Frauen hatte das Patriarchat im April zu einer Großkundgebung in Moskau "Zum Schutz des Glaubens, der beschimpften Heiligen, der Kirche und ihres guten Namens" aufgerufen. Die russisch orthodoxe Kirche sieht sich selbst als feste Säule gegen kulturelle Einflüsse des Westens und Entwicklungen, die das Staatsgefüge erschüttern.

Auch in der Kirche gibt es reformerische Kräfte. Hin und wieder erfährt man von ihnen. Da äußert sich jemand kritisch über die mangelnde Aufarbeitung des Stalin-Terrors oder warnt, wie jetzt der Diakon und Theologe Andrej Kulajew, vor dem Schaden für die Kirche, wenn die Frauen von Pussy Riot zu lange in Haft sind. Solche Stimmen dringen aber nur selten an die Öffentlichkeit.

...

Quote31. Juli 2012 16:58
Die Kirche will also Straflager für junge Mütter
respicefinem

Darauf drei Ave Maria


Quote31. Juli 2012 20:25
§ 167 Störung der Religionsausübung
Simulacrum (mehr als 1000 Beiträge seit 21.02.09)

Wer
1. den Gottesdienst oder eine gottesdienstliche Handlung einer im
Inland bestehenden Kirche oder anderen Religionsgesellschaft
absichtlich und in grober Weise stört oder
2. an einem Ort, der dem Gottesdienst einer solchen
Religionsgesellschaft gewidmet ist, beschimpfenden Unfug verübt,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe
bestraft.

http://dejure.org/gesetze/StGB/167.html

Nur 3 Jahre statt 7 - und ganz ohne Gefängnisarbeit. An solchen
kleinen Details erkennt man einen echt demokratischen und
freiheitlichen Rechtsstaat. Da kann sich der Russe eine Scheibe von
abschneiden.

Quote31. Juli 2012 21:03
"Unfug"
demon driver (mehr als 1000 Beiträge seit 25.02.00)

Geil, ich wusste gar nicht, dass "Unfug" immer noch ein offizieller
Tatbestand ist...

Cheers,
d. d.



Quote1. August 2012 11:08
Das ist mal angewandter Feminismus!
knn (749 Beiträge seit 12.03.00)

Ich finde das Vorgehen des Staates gut, und zwar nicht weil ich
ablehne, was Pussy Riot will (ich weiß gar nicht, was die wollen),
sondern weil hier auch mal Frauen so angefasst werden, wie es die
Feministinnen wollen: Genauso wie Männer.

Der Feminist in mit jauchzt. Bitte mehr davon!!


Quote31. Juli 2012 18:00
Es ist absolut richtig, (Editiert vom Verfasser am 31.07.12 um 18:02)
audi4713 (455 Beiträge seit 17.02.10)

dass diese Krawalltussies in den Knast kommen.

...


Quote1. August 2012 00:12
Ekelhaft
FischX (mehr als 1000 Beiträge seit 03.01.05)

Ekelhaft ist das Regime Putin, ekelhaft ist aber auch der Geist der
hier durch das Forum weht - widerliche despotenkuschler die
Arbeitslager für Meinungsäußerung verteidigen, grauslich dumme Nazis
die Anschläge auf Moscheen verteidigen, impotente Law and Order Typen
nach dem Muster "selbst schuld wenn sich diese Femis auflehnen statt
sich um ihre Kinder zu kümmern".

Ein kranker Verotteter Geist der sich da breit macht, mit den
niedrigsten Motiven die man als Lebewesen haben kann der eitrige
Ausfluss einer kaputten Gesellschaft - nicht mal meiner Verachtung
wert.



Aus: "Pussy Riot soll büßen" Ulrich Heyden (31.07.2012)
Quelle: http://www.heise.de/tp/artikel/37/37369/1.html (http://www.heise.de/tp/artikel/37/37369/1.html)

-.-

Quote[...] Der Prozess gegen Pussy Riot zeigt exemplarisch die Nervosität der russischen Staatsmacht nach den Großdemonstrationen rund um die Wahlen – und deren Unfähigkeit, darauf eine angemessene Antwort zu finden. Noch ist Putin keine hundert Tage im Amt, da hat er bereits mehr als deutlich gemacht, wie er auf die Proteste reagiert. In dieser kurzen Zeit hat er die Geldbußen für nicht genehmigte Demonstrationen so drastisch erhöhen lassen, dass sich kaum jemand die Teilnahme noch leisten kann. Nichtregierungsorganisationen, die auch aus dem Ausland Geld erhalten, werden als "ausländische Agenten" gebrandmarkt. Und von den Behörden als gefährlich eingestufte Webseiten sollen künftig gesperrt werden.

Der Staat zeigt Härte gegen seine Kritiker. Im Verfahren gegen Pussy Riot wird dieses Prinzip auf die Spitze getrieben und zugleich ad absurdum geführt. Ist eine Punkrockband wirklich der Staatsfeind Nummer eins? Wie Schwerverbrecher sollen die drei Frauen zehn Monate lang in Untersuchungshaft bleiben, dabei haben zwei von ihnen kleine Kinder. Die Überreaktion des Staates demonstriert letztlich die Unsicherheit der russischen Führung, die Angst Putins vor dem eigenen Volk.

Abschreckung der Bürger durch demonstrative Härte und durch Schauprozesse ist ein Rezept aus der Mottenkiste der Sowjetunion. Im heutigen Russland funktioniert das nicht mehr. Denn gerade durch die irrationale Reaktion des Staates sind die Frauen von Pussy Riot, bei denen nicht ganz klar ist, ob ihre Aktion wirklich einer politischen Haltung entsprang oder eher der Lust am doppelten Tabubruch (gegen Putin, gegen die Kirche), zu Symbolfiguren mit weltweiter Bekanntheit geworden. Plötzlich sind sie Märtyrerinnen einer Oppositionsbewegung, der sie nie wirklich angehörten.

Hätten Staat und Kirche den Auftritt in der Kathedrale ähnlich gelassen hingenommen wie die Performance auf dem Roten Platz, hätte bald niemand mehr darüber geredet. So aber führt dieser Prozess zu einer weiteren Entfremdung der Bürger vom Staat.

...


Aus: "Putins Angst vorm eigenen Volk" Von Claudia von Salzen (31.07.2012)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/ausland/2012-07/russland-pussy-riot-putin-volk (http://www.zeit.de/politik/ausland/2012-07/russland-pussy-riot-putin-volk)

-.-



QuoteLesermeinung zu:
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/der-prozess-gegen-pussy-riot-sehen-oppositionelle-aus-wie-besessene-11839017.html

Günter Raab (Guenter...) - 01.08.2012 12:11 Uhr

Rußlands Kirche wird mehr durch diesen Schauprozess geschändet, als durch fünf feixtanzende Pippi Langstrümpfe vor einem Altar. Die Mißhandlung durch Nahrungs- und Schlafentzug vor der Zurschaustellung paßt zu diesem spätstalinistischen Volksgerichtshof. Das sind junge Frauen, die gegen den Mißbrauch des Kirchensegens für gewaltstaatliche Zwecke auf kreative und witzige Weise Stellung bezogen haben. Es zeugt von einem ebenso jämmerlichen wie angstbesetzten Machtbewußtsein der Staatsmacht, wenn man meint, Albernheiten mit Brachialgewalt beantworten zu müssen, in dem man z.B. wie hier, junge Mütter monatelang ihren Kindern wegnimmt und mit Arbeitslager bedroht.

Eine Kirche, die sich glücklich wähnt, mit einer solchen Staatsmacht verbandelt zu sein, statt für die Menschen Partei zu ergreifen, kann man nur bedauern.

Armselig. Die hat jede Barmherzigkeit und damit auch Jesus komplett vergessen und verlassen.


-.-

Quote[...] London - Der russische Präsident Wladimir Putin hat die wegen Rowdytums angeklagten Mitglieder der Punkband Pussy Riot kritisiert. Zugleich sprach er sich aber für eine milde Strafe aus. "Ich denke, das Urteil sollte nicht zu hart ausfallen", sagte der Staatschef laut russischen Nachrichtenagenturen am Donnerstagabend während eines Besuchs in London. Das zu entscheiden, sei Sache der Justiz. "Ich hoffe, das Gericht wird zu einem richtigen, gut begründeten Urteil kommen", fügte der studierte Jurist Putin hinzu. Die drei jungen Frauen hätten ihre Lektion bereits gelernt. ...

Die Aktion der Punk-Rockerinnen "war nicht gut", sagte Putin. Das Recht in anderen Ländern sei in solchen Sachen sehr viel schärfer. Wenn die drei etwa einen heiligen Ort in Israel gestürmt hätten, würden ihnen wesentlich härtere Strafen drohen. Wenn sie im nördlichen Kaukasus Russlands an einem muslimischen Ort aufgetreten wären, dann würde ihnen sogar die Todesstrafe drohen, so Putin. "Wenn sie irgendeinen heiligen muslimischen Ort damit entweiht hätten, wäre uns nicht einmal die Zeit geblieben, sie festzunehmen", sagte Putin weiter.

Der Anwalt der Künstlerinnen sprach in Moskau von einem möglichen "Wendepunkt" in dem Verfahren. Er wertete die Äußerungen Putins als Konzession an den Westen. Er erwarte nun, dass die Staatsanwaltschaft ihre Position mildere.

Die jungen Frauen, die im Gericht in einem Kasten aus Plexiglas ausharren müssen, beschweren sich seit dem Prozessbeginn am Montag über zu wenig Schlaf und Essen sowie fehlende Pausen. Russische Anwälte veröffentlichten eine Resolution, in der sie den Prozess als Justizskandal bezeichneten, der die Rechtsgrundlagen des Staats zerstören könne.

...


Aus: "Putin fordert Gnade für Pussy Riot" (03.08.2012)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/prozess-gegen-pussy-riot-putin-fordert-milde-strafen-a-847977.html (http://www.spiegel.de/politik/ausland/prozess-gegen-pussy-riot-putin-fordert-milde-strafen-a-847977.html)

Title: [Wegen religiös motovierten Rowdytums... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 17, 2012, 03:45:51 PM
Quote[...] MOSKAU afp/dapd/reuters | Das Gericht hat die wegen religiös motovierten Rowdytums angeklagten Musikerinnen der Punk-Band Pussy Riot schuldig gesprochen. Das Strafmaß sollte später am Freitag bekannt gegeben werden. Drei Jahre Haft hat die Staatsanwaltschaft beantragt.

Vor dem Urteil hat die Polizei am Freitag das Gerichtsgebäude in Moskau mit einem Großaufgebot umstellt. Die Polizisten sperrten die angrenzenden Straßenzüge mit Metallbarrieren weiträumig ab, um eine Kundgebung von Sympathisanten vor dem Gericht zu verhindern.

... Dass ein hartes Urteil gegen die Frauen, von denen zwei kleine Kinder haben, auch seinem Ansehen schaden würde, hat wohl auch Putin erkannt. Mitten im laufenden Verfahren plädierte der studierte Jurist Putin für Milde. Die Verteidiger von Pussy Riot sind überzeugt, dass das Urteil nicht vom Gericht geschrieben, sondern vom Präsidialamt diktiert wird.

...


Aus: "Musikerinnen sind ,,schuldig"" (17.08.2012)
Quelle: http://www.taz.de/Prozess-gegen-Pussy-Riot/!99849/ (http://www.taz.de/Prozess-gegen-Pussy-Riot/!99849/)

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Quote[...] Das Urteil gegen die drei Musikerinnen der Punkband Pussy Riot, die wegen "Rowdytums" zu jeweils zwei Jahren Lagerhaft verurteilt wurden, bedeutet für die drei Frauen nicht eine herkömmliche Gefängnisstrafe: Nadeschda Tolokonnikowa, Maria Aljochina und Jekaterina Samuzewitsch werden sich bei einer Vollstreckung des Urteils mit Mörderinnen und Diebinnen in Baracken mit bis zu 120 Frauen wiederfinden.

...


Aus: "Pussy Riot büßen im Straflager" (18.08.2012)
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2012-08/russland-pussy-riot-haftbedingungen (http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2012-08/russland-pussy-riot-haftbedingungen)

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Quote[...] Wladimir Putin lotet mit dem harten Urteil gegen drei junge Frauen der Punkband Pussy Riot seine Grenzen aus. Auf die russische Gesellschaft komme nun ein "Toleranztest für die Tyrannei" zu, kommentiert die kremlkritische Internetzeitung gazeta.ru am Sonnabend. Wie weit kann Russlands starker Mann gehen, wie viel Spielraum wird akzeptiert? Bürgerrechtler sind sicher: Falls die Bevölkerung das Urteil hinnimmt, kann Putin seine Gegner nach Lust und Laune schikanieren und mit Haftstrafen verfolgen lassen.

Das Urteil von je zwei Jahren Lagerhaft gegen die Aktivistinnen nach ihrem knapp einmütigen Punkgebet gegen Putin in einer Kirche gilt deshalb als scharfes Signal des Kremlchefs an seine Gegner. Motto: Wer nicht für mich ist, wird weggeräumt. "Das Land kehrt endgültig zu Stalins Gulags zurück", warnt der Parlamentsabgeordnete Gennadi Gudkow, der bereits selbst im Visier der Führung ist. Bürgerrechtler befürchten weitere Repressionen, von "Inquisition" ist die Rede.

Als Erstes trifft es den russischen Ex-Schwachweltmeister Garri Kasparow. Einem der Köpfe der Opposition drohen nach seiner Festnahme am Rande des Urteilsspruchs gegen die Punkband Pussy Riot bis zu fünf Jahre Haft. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Kritiker von Kremlchef Wladimir Putin nach Informationen der Agentur Interfax vor, einen Beamten gebissen zu haben. Insgesamt nahm die Polizei am Vortag rund um das Gericht knapp 100 Menschen vorübergehend in Gewahrsam. Dutzenden drohen Strafen wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz.

... Das russische Außenministerium äußerte sich nicht direkt zu dem Urteil. Es veröffentlichte aber am Sonnabend eine Erklärung, in der die in westlichen Staaten verhängten Strafen für "Rowdytum" an religiösen Orten aufgelistet wurden. Darin hieß es, in Deutschland stünden darauf bis zu drei Jahre Gefängnis.


Aus: "Ex-Schwachweltmeister Kasparow drohen fünf Jahre Haft" (2012)
Quelle: http://www.morgenpost.de/politik/article108681673/Ex-Schwachweltmeister-Kasparow-drohen-fuenf-Jahre-Haft.html (http://www.morgenpost.de/politik/article108681673/Ex-Schwachweltmeister-Kasparow-drohen-fuenf-Jahre-Haft.html)

Title: [Ressourcen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 22, 2012, 10:42:40 AM
Quote... Der Bundespräsident kommt, die Kamerateams reisen an - es ist der 20. Jahrestag der schwersten ausländerfeindlichen Krawalle in der Geschichte der Bundesrepublik. Alle Augen sind auf Rostock-Lichtenhagen gerichtet. Das passt nicht allen Bewohnern. Sie sagen: Es wurde genug erinnert.

...


Aus: "20 Jahre Rostock-Lichtenhagen Das große Verdrängen" Von Rico Grimm, Rostock (21.08.2012)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/die-krawalle-in-rostock-lichtenhagen-jaehren-sich-zum-20-mal-a-851035.html (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/die-krawalle-in-rostock-lichtenhagen-jaehren-sich-zum-20-mal-a-851035.html)

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Quote[...]  Am Abend rotten sich wieder Tausende zusammen. Doch die Polizei zieht sich erschöpft zurück. Das vietnamesische Wohnheim ist jetzt ungeschützt. Bewaffnete Rechte stürmen es und legen Feuer.

Es dauert eineinhalb Stunden, bis die Polizei zurückkehrt und der Feuerwehr den Weg frei kämpft. Während sie draußen ,,Wir kriegen Euch alle!" rufen, rütteln drinnen 120 Vietnamesen, ein paar deutsche Helfer und ein Team des ZDF an abgeschlossenen Notaus­gängen. Mit Glück schaffen sie es über das Dach ins Nebenhaus. Von dort werden die Vietnamesen in Busse geleitet und abtransportiert.

...


Aus: "Vor 20 Jahren wütete der rechte Mob in Rostock - Chronik eines Skandals" (22.08.2012)
http://www.derwesten.de/politik/vor-20-jahren-wuetete-der-rechte-mob-in-rostock-chronik-eines-skandals-id7009903.html (http://www.derwesten.de/politik/vor-20-jahren-wuetete-der-rechte-mob-in-rostock-chronik-eines-skandals-id7009903.html)

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Quote[...]

Quote
   2eco
   22.08.2012 um 9:59 Uhr

Polizeiversagen

... Die Situation war gerade deswegen so brenzlich, weil die Polizei in vielen Gesichtspunkten eklatant versagt hat. Das größte Armutszeugnis war, dass die Polizei trotz der gefährlichen Lage ihre Hundertschaft abgezogen hat.

Das Gebäude, indem sich mehr als 100 Vietnamesen befanden, wurde von den Aufständischen umstellt. Trotz alledem hat die Polizei alle Ressourcen abgezogen und die Personen in diesem Gebäude waren eine Stunde schutzlos ausgeliefert, während die untersten Geschosse lichterloh brannten.

Als ich dies vor kurzem im Fernsehen gesehen habe, war ich wirklich geschockt. Wie durch ein Wunder gab es bei dieser Aktion keine Toten.

http://www.zeit.de/2012/34/Rostock-Lichtenhagen-Rechtsextremismus/seite-2?commentstart=1#cid-2264917 (http://www.zeit.de/2012/34/Rostock-Lichtenhagen-Rechtsextremismus/seite-2?commentstart=1#cid-2264917)



Zu: http://www.zeit.de/2012/34/Rostock-Lichtenhagen-Rechtsextremismus/ (http://www.zeit.de/2012/34/Rostock-Lichtenhagen-Rechtsextremismus/)

Title: [Hinweise... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 26, 2012, 11:55:33 AM
Quote[...] Berlin (AFP) Der Thüringer Untersuchungsausschuss zu den Morden der rechtsextremen Terrorzelle NSU verfügt offenbar über Hinweise, dass mehrere Polizisten in den 90er Jahren Verbindungen zu rechtsextremen Kreisen hatten. "Aus den Akten des Verfassungsschutzes geht ganz klar hervor, dass zwei Quellen unabhängig voneinander einen Beamten im Jahr 1999 belasten", sagte die Thüringer Linken-Fraktionsvize Martina Renner am Samstag dem Inforadio des RBB. Möglicherweise seien den Quellen zufolge auch weitere Polizisten in den Fall verwickelt.


Aus: "Mehrere Thüringer Polizisten informierten womöglich NSU-Umfeld" (25.08.2012)
Quelle: http://www.zeit.de/news/2012-08/25/deutschland-mehrere-thueringer-polizisten-informierten-womoeglich-nsu-umfeld-25171204 (http://www.zeit.de/news/2012-08/25/deutschland-mehrere-thueringer-polizisten-informierten-womoeglich-nsu-umfeld-25171204)

http://de.wikipedia.org/wiki/Nationalsozialistischer_Untergrund (http://de.wikipedia.org/wiki/Nationalsozialistischer_Untergrund)

http://de.wikipedia.org/wiki/Neonazi-Mordserie (http://de.wikipedia.org/wiki/Neonazi-Mordserie)



Title: [Eine unsichtbare Mauer... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 16, 2012, 11:11:18 PM
Quote[...] Die kubanische Regierung gewährt ihren Bürgern Reisefreiheit. Sie benötigen künftig keine Ausreisegenehmigung mehr, keine Einladung aus dem Ausland, nur noch einen Reisepass und ein Einreisevisum des Ziellandes. Reisefreiheit? Der Begriff weckt Erinnerungen: Der Abbau der Grenzanlagen 1989 markierte den Anfang vom Ende der kommunistischen Regierungen Osteuropas. Das Ende des Kalten Krieges. ...


Aus: "Ende einer Reise" Michael Schmidt (17.10.2012)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/meinung/kuba-ende-einer-reise/7262720.html (http://www.tagesspiegel.de/meinung/kuba-ende-einer-reise/7262720.html)

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Quote[...] Die neue Reisefreiheit, die die Regierung zwar wieder einmal als "Aktualisierung des Sozialismus" bezeichnet hat, geht freilich über alles hinaus, was die Diktatur in dieser Richtung bislang unternommen hat. Sie endet mit einem 50 Jahre alten Diskurs: Offiziell verschwindet jetzt eine unsichtbare Mauer um die Insel. ...


Aus: "Die neue Reisefreiheit ist nur ein kleiner Schritt für Kuba" Von Camilo Jiménez (16.10.2012)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/ausland/2012-10/Kuba-Reisefreiheit (http://www.zeit.de/politik/ausland/2012-10/Kuba-Reisefreiheit)

Title: [...konnte durch den Bericht nicht geklärt werden.]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 26, 2012, 12:11:42 AM

http://de.wikipedia.org/wiki/Ku-Klux-Klan (http://de.wikipedia.org/wiki/Ku-Klux-Klan)

Quote[...] Aufsehen erregte 2011 eine Kreuzverbrennung bei Grabow (Mecklenburg-Vorpommern), wodurch deutsche Medien auf den Klan aufmerksam wurden.[16] 2012 wurde bekannt, dass zwei baden-württembergische Polizisten Mitglieder der European White Knights of the Ku Klux Klan waren. Dieser Ableger soll von 2000 bis 2002 mit etwa 20 Mitgliedern existiert haben. Der Fall erhielt zusätzlich Brisanz, da es sich bei den Polizisten um Kollegen der ermordeten Polizistin Michèle Kiesewetter handelt.[17] Gegen die Beamten wurden 2004 milde Disziplinarmaßnahmen verhängt, beide befinden sich heute noch im Dienst. Im Oktober 2012 bestätigte Reinhold Gall den Verdacht, dass auch der baden-württembergische Verfassungsschutz in die Vorgänge verstrickt ist. Ein Mitarbeiter des Amtes soll damals den Anführer des Schwäbisch Haller Ku-Klux-Klan-Ablegers darüber informiert haben, dass sein Telefon überwacht wird. Der Beamte wurde laut Gall in eine andere Behörde versetzt; es gebe keine Hinweise auf rechtsextreme Aktivitäten des Beamten. Achim S., im Ku-Klux-Klan als "Ryan Davis" bekannt, hatte die schwäbische Klan-Gruppe im Jahr 2000 gegründet und fiel durch die Teilnahme an NPD-Veranstaltungen auf.[18] ...

Datum der letzten Bearbeitung: 19. Oktober 2012, 07:42 UTC
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Permanentlink: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Polizistenmord_von_Heilbronn&oldid=109494890 (http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Polizistenmord_von_Heilbronn&oldid=109494890)
Datum des Abrufs: 25. Oktober 2012, 22:11 UTC

Polizistenmord von Heilbronn
http://de.wikipedia.org/wiki/Mich%C3%A8le_Kiesewetter (http://de.wikipedia.org/wiki/Mich%C3%A8le_Kiesewetter)

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Quote[...] Ein vom baden-württembergischen Innenminister Reinhold Gall (SPD) in Auftrag gegebener Bericht hat bestätigt, dass ein Mitarbeiter des Landesverfassungsschutzes im Jahr 2002 Dienstgeheimnisse an den deutschen Chef der rechtsextremistischen Organisation Ku-Klux-Klan (KKK) verraten haben könnte. Er soll den Ku-Klux-Klan möglicherweise vor einer Telefonüberwachung gewarnt haben. Warum der Mitarbeiter des Verfassungsschutzes anonym und über elektronische Kommunikationsmittel Kontakt zu dem KKK-Chef Achim S. gesucht hat, der aus der einschlägigen rechtsextremen Szene stammte, konnte durch den Bericht nicht geklärt werden.

Der Verfassungsschutzmitarbeiter sei nicht Mitglied des Ku-Klux-Klan gewesen, einen Zusammenhang zu den Morden der Terrorzelle NSU gebe es nach bisherigem Stand nicht. Gall sprach von einem ,,folgenlosen Einzelfall". Das ,,Sicherheitsproblem" des Verfassungsschutzes stehe ,,offensichtlich in keinem Zusammenhang" mit den Morden des NSU. Der Beamte ist bis zum Jahr 2014 beurlaubt. ...


Aus: "Verdacht auf Geheimnisverrat an Ku-Klux-Klan" Von Rüdiger Soldt, Stuttgart (25.10.2012)
Quelle: http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/baden-wuerttemberg-verdacht-auf-geheimnisverrat-an-ku-klux-klan-11938798.html (http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/baden-wuerttemberg-verdacht-auf-geheimnisverrat-an-ku-klux-klan-11938798.html)

Title: [Ein multiples Versagen des Staates... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 02, 2012, 01:41:35 PM
http://de.wikipedia.org/wiki/Nationalsozialistischer_Untergrund (http://de.wikipedia.org/wiki/Nationalsozialistischer_Untergrund)

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Quote[...] Potsdam (dpa) - Ein Jahr nach der Aufdeckung der rechtsextremen NSU-Mordserie halten die Sozialdemokraten eine grundlegende Reform der deutschen Sicherheitsbehörden für notwendig. Die bisherige Aufarbeitung habe ein "multiples Versagen" des Staates offenbart, hieß es nach einer zweitägigen Konferenz der SPD-Fraktionen des Bundestags und der Länderparlamente. In der Sicherheitsarchitektur stimme vieles nicht, sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Hartmann. Der Verfassungsschutz habe versagt, auch Staatsanwälte und Länderpolizeien hätten schwere Fehler gemacht.

...


Aus: "SPD sieht bei NSU-Ermittlungen "multiples Versagen" des Staates" (30.10.2012)
Quelle: http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag/12416031/63589/SPD-sieht-bei-NSU-Ermittlungen-multiples-Versagen-des.html (http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag/12416031/63589/SPD-sieht-bei-NSU-Ermittlungen-multiples-Versagen-des.html)

Title: [Die Fotografen sind keine Beschuldigten... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 07, 2013, 09:55:33 AM
Quote[...] Hunderte Beamte haben am Mittwoch in Brandenburg, Berlin, Hessen, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen die Wohnungen von Fotografen durchsucht. Bei den acht Betroffenen wurden Computer beschlagnahmt und Daten kopiert. Die Fotografen sind keine Beschuldigten, ihre Bilder sollen den Behörden in Frankfurt am Main lediglich bei der Suche nach Verdächtigen helfen. Zwei der freiberuflich arbeitenden Fotografen sind auch für die Potsdamer Neuesten Nachrichten und den Tagesspiegel tätig. Einer der Betroffenen ist derzeit auf Dienstreise – seine Berliner Wohnung wurde dennoch aufgebrochen. Zusammen mit den anderen soll er vergangenes Jahr bei den Protesten gegen die Finanzpolitik von Bundesregierung und Europäischer Union in der Bankenstadt dabei gewesen sein.

Die hessische Polizei geht davon aus, dass bei ihnen Fotos gefunden werden könnten, die eine Auseinandersetzung zwischen Demonstranten und Einsatzkräften zeigen. Offiziell werden Beweismittel im Falle einer Körperverletzung gesucht. Die Fotografen legten Beschwerde ein. Das Kopieren ihrer Daten sei unrechtmäßig. Journalistenverbände, Grüne, Linke und Piraten sehen das ähnlich. ,,Medienvertreter sind keine Hilfspolizisten", sagte Andreas Köhn, der für die Gewerkschaft Verdi auch Journalisten vertritt. Verdi sicherte den Betroffenen für etwaige Prozesse Rechtsschutz zu. ,,Wir werden uns wehren, allein bei mir wurden 1341 Bilder kopiert", sagte Christian Jäger, Fotograf aus Erkner, der auch für den Tagesspiegel tätig war.

Die Frankfurter Staatsanwaltschaft will die Daten prüfen. Sollte sich herausstellen, dass die Fotografen nicht für ihr Archiv, sondern für Zeitungen tätig waren, werde man die Bilder vorerst nicht auswerten, sagte eine Sprecherin. ,,Ich habe Pressebilder gemacht, eines wurde etwa in der 'Financial Times Deutschland' gedruckt. Das hätte die Polizei wissen müssen", sagte Christian Mang, Betroffener aus Berlin.

Die Fotografen weisen darauf hin, dass Ermittler sie 2012 außerdem per E-Mail und Telefon zu den Protesten befragt hätten. ,,Ich habe erklärt, keine Bilder einer möglichen Schlägerei zu haben", sagte Jäger. Dabei hätte es die Polizei belassen müssen. Der Deutsche Journalisten-Verband forderte, das beschlagnahmte Material unverzüglich zurückzugeben. Als ,,völlig inakzeptabel" bezeichnete auch der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger den Einsatz.

Die Opposition im Berliner Abgeordnetenhaus will den Einsatz im Innenausschuss thematisieren. Wohnungen freier Fotografen würden auch als Redaktionsräume gelten, sagte Benedikt Lux von den Grünen: ,,Das riecht mehr nach Einschüchterungsversuch als nach gezielter Ermittlung." Redaktionen genießen durch die verfassungsrechtlich verankerte Pressefreiheit besonderen Schutz. Sebastian Nerz, Vize-Bundeschef der Piraten, erklärte: "In den vergangenen Jahren wurden Grundrechte nur noch als lästige Grenze wahrgenommen." Dahingehende Probleme seien alltäglich. "Egal ob es um Hausdurchsuchungen wegen Nichtigkeiten in Redaktionen geht oder wie in diesem Fall, in dem Fotografen wie Verbrecher behandelt werden", sagte Nerz.

Rechtsanwalt Sven Richwin, der einen Betroffenen vertritt, sagte mit Blick auf den Durchsuchungsbeschluss aus Frankfurt am Main: "Die Erlaubnis dazu kommt zwar von einem hessischen Ermittlungsrichter, dem hat die Staatsanwaltschaft aber offenbar verheimlicht, dass es sich bei den Betroffenen um hauptberufliche Fotografen handelt."

Im Dezember hatte die Berliner Staatsanwaltschaft die Redaktion der ,,Berliner Morgenpost" durchsuchen lassen und Unterlagen beschlagnahmt. Gegen einen Reporter wird wegen Bestechungsverdachtes ermittelt. Neben Kritik von Journalistenverbänden hatte der Axel-Springer-Verlag, zu dem die Zeitung gehört, Rechtsmittel gegen den Einsatz eingelegt. Die Untersuchung läuft noch.

Quotevon bmberlin
    06.02.2013 13:26 Uhr

Unlängst sagte mir eine sehr alte Frau die Verhältnisse heute ähneln einer sehr schlimmen Zeit. Ich bin erschüttert, dass diese Dame, über 90, so etwas sagt.



Aus: "Bundesweite Razzia bei Fotografen" Hannes Heine (06.02.2013)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/berlin/polizei-justiz/ermittlung-nach-demo-in-frankfurt-bundesweite-razzia-bei-fotografen/7742288.html (http://www.tagesspiegel.de/berlin/polizei-justiz/ermittlung-nach-demo-in-frankfurt-bundesweite-razzia-bei-fotografen/7742288.html)

Title: [Verlässliche Informationen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 26, 2013, 11:24:33 AM
Quote[...]  Die Schimmelpilzgifte sind gesundheitsschädlich. Es geht also um mehr als um Etikettenschwindel. Zudem spielt vor allem Serbiens Regierung den Skandal herunter. Informationen sind widersprüchlich und gelangen oft nur auf Umwegen an die Öffentlichkeit.

... Die Milch-Krise im nahen Kroatien hatte in Serbiens angrenzender Provinz Vojvodina den für Landwirtschaft zuständigen Sekretär Goran Ješić aufgeschreckt. Der ließ daraufhin von einem Labor in Becej Analysen heimischer Milchproben durchführen. Das Ergebnis: 29 von 35 getesteten Milchpackungen waren mit mehr als den zulässigen 0,05 Milligramm Pilzrückständen pro Liter belastet.

... Doch noch immer gibt Serbiens Regierung das Gesundheitsrisiko nicht zu. Stattdessen nimmt man den Skandal zum Anlass, politische Gegner zu beschuldigen. Das Landwirtschaftsministerium unterstellt der Opposition, die Regierung mithilfe des Milchskandals zu Fall bringen wollen. Andere Regierungsvertreter behaupten, Lobbyisten seien "für das Gerede" um belastete Milch verantwortlich – sie wollten den heimischen Milchsektor "zerstören", um eine Bresche für die Einfuhr genetisch manipulierter Lebensmittel zu schlagen.

Der Agrarminister Knežević selbst erklärte den "Euro-Fanatismus" der früheren Regierung zum Sündenbock: Seine Vorgänger hätten EU-Grenzwerte übernommen, ohne für die Schaffung eines funktionierenden Systems zu deren Überprüfung zu sorgen.

"Alle sind schuld – außer den Ministern", umschreibt die Zeitung Blic das Krisenmanagement der Regierung. Deren Beteuerungen schenken die Verbraucher indes immer weniger Glauben. Einen Verkaufseinbruch von 40 Prozent vermeldet Serbiens größter Molkereikonzern Imlek. Ärzte raten, Kindern vorläufig keine Milch mehr trinken zu lassen.

... Die Chefin des Lebensmittelinstituts in Serbiens zweitgrößter Stadt Novi Sad berichtet, dass von den 300 Proben der letztjährigen Maisernte 60 Prozent als mit Aflatoxin kontaminiert gewesen seien – davon die Hälfte deutlich über dem zulässigen Höchstwert. Die Regierung präsentiert andere Zahlen: Sechs von 197 Maisproben seien als ungenießbar eingestuft worden und aus dem Verkehr gezogen worden, behauptet Serbiens Agrarministerium.

... Besorgte Eltern decken sich inzwischen für ihre Kinder mit Trockenmilchprodukten ausländischer Anbieter in den Drogerien ein. Verlässliche Informationen bekommen die Bürger auf dem Balkan nicht.

...


Aus: "Pilzgifte in der Milch sind das Pferdefleisch des Balkans" Thomas Roser (26.02.2013)
Quelle: http://www.zeit.de/wissen/umwelt/2013-02/balkan-milch-pilzgift (http://www.zeit.de/wissen/umwelt/2013-02/balkan-milch-pilzgift)


Title: [Proceso de Reorganización Nacional... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 13, 2013, 09:09:02 AM
QuoteWährend der Argentinischen Militärdiktatur von 1976 bis 1983 wurde Argentinien von einer Junta aus Generälen regiert, deren personelle Zusammensetzung mehrfach wechselte. Während das rechtsgerichtete, autoritäre und ultranationalistische Militärregime regierte, kam es zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen mit Staatsterror (ca. 30.000 Opfer) ... Einige der damaligen Machthaber sind erst in jüngster Zeit erneut zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt worden, so etwa der erste Juntachef Jorge Rafael Videla im Juli 2012. Auch viele ehemalige Offiziere niederer Ränge verbüßen mittlerweile lebenslange Haftstrafen, hauptsächlich wegen des Verschwindenlassens, der Folter und des Ermordens von Menschen, die als politische Gegner verdächtigt wurden (Desaparecidos). Das Militär selbst bezeichnete die Zeit seiner Herrschaft mit dem euphemistischen Begriff ,,Prozess der Nationalen Reorganisation" (spanisch: Proceso de Reorganización Nacional, oft mit Proceso abgekürzt). Dieser Name wurde von der Militärregierung gewählt, um den vorübergehenden Charakter dieses ,,Prozesses" anzudeuten. Die Nation, die sich zu dieser Zeit in einer tiefen gesellschaftlichen Krise befand, sollte nach konservativen Idealen ,,neu organisiert" und dann nach dem Plan der Militärs in die Demokratie ,,entlassen" werden. Wegen der zehntausendfachen Menschenrechtsverletzungen der Militärs wird dieser Name weithin als verharmlosend und beschönigend bewertet, und daher zur Distanzierung meist in Anführungszeichen gesetzt. ...


Aus: "Argentinische Militärdiktatur (1976–1983)" (6. März 2013)
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Prozess_der_Nationalen_Reorganisation (https://de.wikipedia.org/wiki/Prozess_der_Nationalen_Reorganisation)


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Quote[...] Der letzte argentinische Diktator, Reynaldo Bignone, ist wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Ein Gericht in Buenos Aires befand den ehemaligen General für schuldig, für Verschleppungen, Folterungen und das Verschwinden von Menschen in 20 Fällen in der Militärgarnison Campo de Mayo in einem Vorort von Buenos Aires verantwortlich zu sein.

Zu den Opfern zählten sieben schwangere Frauen, die ihre Kinder in illegaler Haft gebaren. Mit Bignone wurden weitere vier Militärs zu lebenslanger Haft und sechs Angeklagte zu Strafen von 12 bis 25 Jahren verurteilt.

Bignone war bereits 2011 in einem anderen Prozess zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt worden. Er war bis 1980 Kommandeur des illegalen Haftlagers in Campo de Mayo. Von 1982 an, nach der argentinischen Niederlage im Krieg gegen Großbritannien um die Falklandinseln, führte er als Präsident den Übergang zu den Wahlen von 1983, mit denen die Demokratie wieder eingeführt wurde.

Während der argentinischen Militärdiktatur zwischen 1976 und 1983 sind nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen bis zu 30.000 Menschen verschleppt und umgebracht worden.


Aus: "Ex-Diktator Bignone zu lebenslanger Haft verurteilt" (13.03.2013)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-03/argentinien-bignonge-urteil (http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-03/argentinien-bignonge-urteil)


Ex-Diktatoren Videla und Bignone wegen Babyraubes verurteilt (06.07.2012)
http://www.zeit.de/politik/ausland/2012-07/argentinien-diktatur-babyraub (http://www.zeit.de/politik/ausland/2012-07/argentinien-diktatur-babyraub)

Quote

    roberti5
    06.07.2012 um 10:13 Uhr

... Warum mahlen deren Mühlen nur immer derart langsam??


    L. Frank Beets
    06.07.2012 um 12:34 Uhr

Warum erst jetzt?
Die Frage, weshalb es fast 30 Jahre nach Ende der Diktatur erst zu Verurteilungen kommt, brennt jedem Leser auf der Zunge und sollte demnach auch ein zentraler Bestandteil dieses Artikels darstellen.


Karst
06.07.2012 um 12:38 Uhr

Antwort an Nr 1.
Weil die ganze Justiz in Argentinien von Militär und korrupter Polizei durchsetzt war und immer noch ist.
Noch heute "verschwinden" plötzlich Kronzeugen, die die Sicherheitskräfte in den Knast schicken würden. Die Polizei von Buenos Aires ist bis heute eine der korruptesten der Welt.
Außerdem musste man lange einen erneuten Militärputsch fürchten, wenn man die Verbrecher tatsächlich bestraft. Die Präsidenten der Zeit nach dem Zusammenbruch des Militärregimes lieferten sich einen Kampf zwischen Bestrafung und Amnestien.
Es ist nicht leicht nach einer Diktatur die alten Eliten einfach einzuknasten. Denn die haben den ganzen Staat unterwandert und oft, insbesondere bei Militärdiktaturen, immer noch die volle Kraft der Streitkräfte in der Hinterhand und "dulden" den demokratischen Übergang eher.
Gemessen daran, was in Argentinien gelaufen ist (mit freundlicher Unterstützung der USA und dem Wegschauen auch der BRD) sind die Verurteilungen bis heute auch eher lächerlich. Aber man kann eben nicht so, wie man gerne wollen würde.


Title: [Es klingt erstmal kurios... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 14, 2013, 10:07:39 AM
Quote[...] Es klingt erstmal kurios: Weil der Polizeichef von Rosenheim einen Jugendlichen auf der Wache verprügelt und getreten hat und dafür zu einer Freiheitsstrafe von elf Monaten auf Bewährung verurteilt wurde, muss nun auch ein Nürnberger Polizist nicht ins Gefängnis. Der 28-jährige Beamte versetzte im Dezember 2011 einem gefesselten Mann zwei Faustschläge ins Gesicht und wurde dafür zunächst zu einem Jahr und sechs Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt.

In zweiter Instanz milderte das Landgericht Nürnberg nun das Urteil am Montag ab: Elf Monate auf Bewährung, lautet es nun. "Sie dürfen nicht das abbekommen, was andere, die vielleicht noch schlimmer waren, nicht abbekommen", begründete Richter Dieter Seyb das Urteil unter anderem mit dem Verweis auf den Fall in Rosenheim.

Für den Polizisten, der gegen die erste Verurteilung in Berufung ging, ist das neue Urteil ein großer Erfolg. Nicht nur, weil er nun nicht ins Gefängnis muss. Er kann voraussichtlich auch weiter als Polizist arbeiten. Wird ein Polizist zu einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr verurteilt, verliert er nach dem Beamtenstatusgesetz seine Beamtenrechte, das bedeutet, er darf nicht mehr Dienst tun und verliert zudem seine Pensionsansprüche.

Im ersten Verfahren hatte der Polizist alle Vorwürfe abgestritten, ein Kollege hatte jedoch bezeugt, dass er den jungen Mann, der mit Handschellen gefesselt von zwei anderen Beamten auf eine Motorhaube gedrückt worden war, zweimal ins Gesicht geschlagen hatte. Am Montag nun räumte der 28-Jährige alles ein. Er entschuldigte sich mit Handschlag bei dem Opfer, das damals laut geworden sein soll und dessen Personalien deswegen festgestellt werden sollten. "Es tut mir leid, das war ein Riesenfehler, eine Riesendummheit", sagte der Polizist zu dem Mann. Der hatte damals Nasenbluten bekommen, bleibende Schäden trug er aber nicht davon.

Er könne sich im Nachhinein nicht erklären, warum er zugeschlagen habe, sagte der Polizist vor Gericht. "So was passiert nicht mehr, ganz sicher." Seit April 2012 ist er vom Dienst suspendiert. Nun verspüre er eine gewisse Existenzangst, dass er seinen Beruf nicht mehr ausüben könne, sagte sein Verteidiger. Er plädierte für eine Bewährungsstrafe von neun Monaten.

Staatsanwalt Bernd Zuber forderte eine Strafe von einem Jahr und drei Monaten - und damit das Ende der Polizistenkarriere. "Das Vertrauen in den Rechtsstaat ist ein hohes Gut in unserer Gesellschaft", sagte er. Polizisten seien hohen psychischen und physischen Belastungen ausgesetzt, sagte Zuber, "genau deswegen ist es wichtig, dass keine rote Linie überschritten wird". Das habe der 28-Jährige aber deutlich getan, als er "völlig unmotiviert und ohne Not" den wehrlosen Mann ins Gesicht geschlagen haben.

Richter Seyb stimmte dem zu und betonte, dass es sich nicht um eine normale Körperverletzung handle, sondern um ein Delikt, "das das Vertrauen in den Rechtsstaat erschüttert". Es dürfe nicht sein, dass Bürger, auch wenn sie sich nicht ganz korrekt verhielten, von der Polizei geschlagen würden. Wenn der andere Beamte nicht als einziger die Courage gehabt hätte, gegen seinen Kollegen auszusagen "dann wäre diese Sache hier falsch ausgegangen". Schließlich verlasse sich auch die Justiz darauf, dass die Polizei korrekt arbeite.

Und naturgemäß genieße ein Polizeibeamten einen gewissen Vertrauensvorschuss. "Leute wie Sie erschüttern dieses Vertrauen ganz erheblich", sagte Seyb. Trotz allem sei es nicht angemessen, dem Polizisten wegen dieses ersten Fehlverhaltens die Existenz zu nehmen. Zumal das Opfer keine bleibenden Schäden davongetragen habe und eben auch die Relation zu anderen Vorfällen gewahrt bleiben müsse.

In Rosenheim war im November der Polizeichef zu einer Freiheitsstrafe von elf Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Er schlug einen angetrunkenen 15-Jährigen auf der Rosenheimer Wiesenwache derart heftig, dass diesem die Lippe aufplatzte und ein Schneidezahn abbrach. Der Beamte legte Berufung ein. Zuletzt waren immer wieder Übergriffe von Polizeibeamten bekannt geworden.

Innenminister Joachim Herrmann sprach im SZ-Interview vom Montag von 151 Anzeigen im vergangenen Jahr. Das bedeute einen leichten Anstieg. Herrmann verlagerte die zwei Dienststellen, die sich um die Aufklärung solcher Vorwürfe kümmern, von den Präsidien in München und Nürnberg ans Landeskriminalamt.


Aus: "Mildere Strafe für prügelnden Polizisten"
Von Katja Auer, Nürnberg (11. März 2013)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/bayern/polizeigewalt-mildere-strafe-fuer-pruegelnden-polizisten-1.1621600 (http://www.sueddeutsche.de/bayern/polizeigewalt-mildere-strafe-fuer-pruegelnden-polizisten-1.1621600)

Title: [Allerdings ist wegen der Informationspolitik... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 18, 2013, 05:14:11 PM
Quote[...] Allerdings ist wegen der Informationspolitik der Behörden und den Lebensmittelskandalen der Vergangenheit das Misstrauen in der Bevölkerung groß. ....


Aus: "China rätselt über Herkunft Tausender toter Schweine" (18.03.2013)
Quelle: http://www.zeit.de/wissen/umwelt/2013-03/china-schweine-shanghai (http://www.zeit.de/wissen/umwelt/2013-03/china-schweine-shanghai)

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Quote[...] Die zögerliche russische Informationspolitik ... führte zu einer gravierenden Verzögerung und zur sehr späten Annahme der ausländischen Hilfsangebote. ...


Aus: "K-141 Kursk" (6. Februar 2013)
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/K-141_Kursk (https://de.wikipedia.org/wiki/K-141_Kursk)

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Quote[...] Der damals amtierende deutsche Verteidigungsminister Franz Josef Jung dementierte zunächst zivile Opfer ganz. Bis einschließlich 6. September 2009 verbreitete er, es seien ,,ausschließlich terroristische Taliban" getroffen worden und der Kommandeur vor Ort habe ,,klare Hinweise" gehabt, dass es sich bei den Personen bei den Tanklastern ,,ausschließlich um Aufständische gehandelt" habe. ...


Aus: "Luftangriff bei Kunduz" (6. März 2013)
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Luftangriff_bei_Kunduz#Informationspolitik_der_Bundesregierung (https://de.wikipedia.org/wiki/Luftangriff_bei_Kunduz#Informationspolitik_der_Bundesregierung)

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Quote[...] Tepco entschuldigte sich dafür mit den Worten, man bedauere diesen "Mangel an Kommunikation". Je länger die Katastrophe dauert, desto stärker zeigt sich, dass es sich bei diesem Mangel an Kommunikation um einen systemischen Mangel handelt. ...

Quote
CM, 28.03.2011 um 19:23 Uhr
Tepco, Vatenfall, RWE, Bundesregierung - wo ist der Unterschied?

Vertuscht wird immer, wenn es um Atomenergie geht.  ...

http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2011-03/fukushima-krisenkommunikation?commentstart=1#cid-1228354



Aus: "Tepcos Kultur der Desinformation"  Von Kai Biermann (28.03.2011)
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2011-03/fukushima-krisenkommunikation (http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2011-03/fukushima-krisenkommunikation)

Title: [Selbstverständlich angemessen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 22, 2013, 02:29:00 PM
Quote[...] NEUMÜNSTER taz | Vor der schleswig-holsteinischen Landesunterkunft für Asylbewerber hat die Polizei am Montag eine Demonstration von Flüchtlingsaktivisten gewaltsam aufgelöst. Knapp 60 Menschen hatten vor dem Tor der ehemaligen Scholtz-Kaserne in Neumünster gegen die Unterbringung in den Gebäuden protestiert.

Die Unterkunft in Neumünster wollten die Flüchtlinge im Rahmen einer deutschlandweiten Bustour besuchen. Seit Februar setzen sich die Aktivisten in mehreren Städten für die Rechte von Asylsuchenden ein. Sie fordern freien Zutritt zu Flüchtlingsheimen. In Neumünster blieb das Kasernentor jedoch verschlossen. Die Polizei sperrte den Eingang ab.

Laut Polizei waren rund 100 Beamte im Einsatz. Die Flüchtlinge und ihre Unterstützer aus Kiel und Neumünster hatten die Demonstration nicht angemeldet. Zu Beginn hatte ein Polizist allerdings gesagt, man werde die Versammlung tolerieren, solange niemand versuche, über den Zaun auf das Kasernengelände zu klettern. Begleitet von Vertretern des Landesamts für Ausländerangelegenheiten durfte eine Gruppe von sechs Aktivisten das Gelände betreten, um dort Informationsmaterial an Pinnwände zu hängen. Die Flüchtlinge forderten aber Gespräche mit den Bewohnern ein.

Im Laufe der Protestaktion betraten Demonstranten die Straße und stoppten dort einen Linienbus. Ein Aktivist hatte sich auf die Straße gelegt. Die Polizisten drängten die Menschen zunächst zurück in die Kaserneneinfahrt. Dann versuchten die Beamten, einen der Flüchtlinge aus der Gruppe zu lösen. Sie sprühten Pfefferspray in die Augen der Aktivisten und schlugen einigen von ihnen mit der Faust ins Gesicht. Sechs Protestierende wurden schließlich vorübergehend in Gewahrsam genommen.

Ein Demonstrant erlitt in der Auseinandersetzung mit Polizisten eine Gehirnerschütterung, ein anderer musste mit einer Platzwunde am Auge ins Krankenhaus. Flüchtlinge und Unterstützer hatten sich zunächst miteinander verhakt, um die Verhaftung eines Mannes zu verhindern. Die Polizisten trennten die Gruppe. Einer jungen Frau versetzten Beamte dabei mehrere Fußtritte in den Rücken, während sie am Boden lag. Als ein Protestierender danach zu einem Mikrofon griff, stieß ihm ein Polizist mit der flachen Hand ins Gesicht, drückte ihn zu Boden und nahm ihn ebenfalls in Gewahrsam.

Laut Polizeisprecher Rainer Wetzel wird den Demonstranten Widerstand gegen Vollzugsbeamte und die Gefährdung des Straßenverkehrs vorgeworfen – nicht aber Körperverletzung. Trotz des friedlichen Protests sei der Umgang der Polizisten mit den Demonstranten, die im Krankenhaus behandelt wurden, aber ,,selbstverständlich angemessen" gewesen.

Die Aktivisten der ,,Refugees' Revolution Bus Tour" kritisieren dagegen das Vorgehen der Polizei als ,,extrem eskalativ". Die politische Arbeit der Flüchtlinge sei ,,sabotiert, kriminalisiert und gewaltvoll verhindert" worden.


Aus: "Faustschläge für Flüchtlinge" Kristiana Ludwig (19.03.2013)
Quelle: http://www.taz.de/!113135/ (http://www.taz.de/!113135/)

Title: [Ich kann verstehen, dass kritisch nachgefragt wird... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 18, 2013, 08:52:02 PM
Quote[...] Selbst der Sprecher der Staatsanwaltschaft sagt: "Ich kann verstehen, dass kritisch nachgefragt wird." Auch wenn er hinzufügt: "Wir sind nicht in Redaktionsräume einmarschiert." Das allerdings sieht Eva Ihnenfeldt, 54, vierfache Mutter, zweifache Großmutter, Bloggerin, ein bisschen anders: Ihre Geschäftsräume sind aus ihrer Sicht ihre Redaktion - und eben die wurden durchsucht, ebenso ihre Wohnung.

Denn Ihnenfeldt steht im Verdacht, sich als "Dr. h.c. of Ministry MDLC Institute (USA)" bezeichnet und somit einen Titel geführt zu haben, der offenbar aus Sicht der Ermittler einem akademischen Grad zum Verwechseln ähnlich sieht. Deshalb ließ die Staatsanwaltschaft Lübeck Ihnenfeldts Wohnung in Witten durchsuchen und ihr Büro in Dortmund, die örtliche Polizei wurde um Amtshilfe gebeten wurde. Am Dienstagmorgen gegen 8 Uhr rückten die Beamten an, Ihnenfeldt war gerade aufgestanden, trug noch ihren Bademantel, so erzählt sie es.

Eva Ihnenfeldt hatte sich tatsächlich einmal als "Dr. h.c. of Ministry" bezeichnet, allerdings in einem Blog-Eintrag, der das Problem dieser käuflichen Scherzartikel-Titel thematisiert. Darin beschreibt sie, wie ihre Kinder ihr einen solchen Titel zum Geburtstag geschenkt haben, im März 2012, also vor über einem Jahr. Die Ironie in ihrem Blog-Eintrag ist auch beim oberflächlichen Lesen nicht zu übersehen.

Ein SPIEGEL-ONLINE-Autor hatte selbst einmal ein ähnliches, aber aufwendigeres Experiment durchgeführt und sich den Fake-Titel sogar in den Personalausweis eintragen lassen. Angeboten werden die Titel zum Teil als Schnäppchen für 39 Euro, zum Teil auch für einige hundert Euro. Sie stammen oft aus den USA und werden verliehen von amerikanischen Kirchen - als angebliche Ehrendoktorwürde.

Der Eintrag von Ihnenfeldt reichte jedoch, um bei Staatsanwaltschaft und dem zuständigen Amtsrichter die Überzeugung reifen zu lassen: "Mildere Ermittlungsmaßnahmen, die in gleicher Weise geeignet wären, zur Aufklärung des Sachverhalts und zur Beschaffung von Beweismitteln beizutragen, sind nicht ersichtlich", wie es in dem Durchsuchungsbeschluss laut Ihnenfeldt heißt.

Eine Hausdurchsuchung wegen eines gekauften Fake-Titels? Wegen eines Titels, den Ihnenfeldt auf keiner ihrer Firmenseiten oder in ihrem Twitter-Profil nutzt? Wegen einer mutmaßlichen Tat, die mit Geldstrafe, maximal mit einem Jahr Haft geahndet wird? "Da drängt sich der Eindruck der Unverhältnismäßigkeit auf", kritisiert Silke Bender vom Deutschen Journalistenverband NRW, bei dem die Bloggerin Mitglied ist. Natürlich könne Ihnenfeldt ihren Arbeitsplatz als Redaktionsbüro sehen, schließlich arbeitet sie da auch redaktionell, sagt Bender.

Bei der Staatsanwaltschaft heißt es, man habe ursprünglich gegen den Verkäufer der Titel ermittelt. Dabei sei man auch auf einige Dutzende Titelkäufer gestoßen, auf die dann die Ermittlungen ausgeweitet wurden. Zudem sei der Durchsuchungsbeschluss sehr differenziert formuliert gewesen, so sei etwa der Computer der Verdächtigen ausgenommen worden. Ihnenfeldt sagt, die Polizisten hätten vor allem nach Papieren gesucht, nach Visitenkarten und nach der Rechnung des Titelkaufs. "Als fleißige 'Tatort'-Guckerin" sei sie aber überrascht, dass bei so einer Lappalie Beamte das Haus durchsuchen dürften.

"Viele Durchsuchungen verstoßen gegen das Prinzip der Verhältnismäßigkeit", mahnte schon vor Jahren der damalige Verfassungsrichter Rudolf Mellinghof in der "taz". Er war elf Jahre lang für die Prüfung von Hausdurchsuchungen zuständig und warnte vor "Fallkonstellationen, die ganz eindeutig verfassungswidrig sind und trotzdem von Richtern durchgewinkt werden". ...

QuoteIch denke
wackerdurchsaufen heute, 20:04 Uhr
das ist nur ein Kavaliersdelikt? Hieß es nicht mal, man "habe einen Minister eingestellt und keinen wissenschaftlichen Mitarbeiter" aus berufenem Mund? ...


QuoteGoBenn heute, 20:05 Uhr
Das mal ins Notizbuch für all die "Ich hab nix zu verbergen"-Leute. Einmal Späßchen gemacht, zack klingelt es an der Türe. Und zwar um acht!



Aus: " Hausdurchsuchung: Fake-Doktortitel bringt Bloggerin Polizeibesuch ein" Von Oliver Trenkamp (18.04.2013)
Quelle: http://www.spiegel.de/unispiegel/wunderbar/gekaufter-doktortitel-hausdurchsuchung-bei-bloggerin-a-895217.html (http://www.spiegel.de/unispiegel/wunderbar/gekaufter-doktortitel-hausdurchsuchung-bei-bloggerin-a-895217.html)

Title: [Viele vermuten... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 22, 2013, 01:19:31 PM
Quote[...]  In der Nacht brettern oft vermummte Gestalten über die Gehwege. Mit Stöcken knüppeln sie Migranten nieder. "Ich habe selbst Neonazis gesehen, die Jagd auf Einwanderer machen", sagt Karagiannis. Die Polizei unternehme kaum etwas gegen sie. Viele vermuten sogar, Beamte seien selbst in einige Übergriffe verwickelt.

...


Aus: "Athen verfällt der Wehmut" Sven Stockrahm (22.04.2013)
Quelle: http://www.zeit.de/reisen/2013-04/athen-schuldenkrise-mentalitaet/seite-2 (http://www.zeit.de/reisen/2013-04/athen-schuldenkrise-mentalitaet/seite-2)

Title: [Das Verteidigungsministerium erklärte... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 23, 2013, 11:57:09 AM
Quote[...] Zeugen berichteten, die Armee habe ein Lager der sunnitischen Demonstranten gestürmt. Zu den weiteren Ereignissen gibt es unterschiedliche Darstellungen. Das Verteidigungsministerium erklärte, die Soldaten hätten zurückgeschossen, als sie aus dem Lager unter Feuer genommen worden seien. Unter den Demonstranten seien Islamisten gewesen. Die Regierungsgegner bestreiten dies. Sie werfen dem Militär vor, auf die unbewaffnete Menge geschossen zu haben.

...


Aus: "Mindestens 20 Iraker sterben bei Kämpfen" (23.04.2013)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/mindestens-20-iraker-sterben-bei-kaempfen-a-895971.html (http://www.spiegel.de/politik/ausland/mindestens-20-iraker-sterben-bei-kaempfen-a-895971.html)

Title: [Der Prozess war der erste Versuch... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 11, 2013, 12:32:01 PM
Quote[...] Der Prozess war der erste Versuch einer juristischen Aufarbeitung der Verbrechen während des Gewaltkonflikts in dem zentralamerikanischen Land, der von 1960 bis 1996 dauerte. Insgesamt wurden in diesem Zeitraum mehr als 200.000 Menschen getötet.

...


Aus: "Guatemalas Ex-Diktator zu 80 Jahren Haft verurteilt" (11.05.2013)
Quelle: http://www.handelsblatt.com/politik/international/prozess-wegen-voelkermord-guatemalas-ex-diktator-zu-80-jahren-haft-verurteilt/8190620.html (http://www.handelsblatt.com/politik/international/prozess-wegen-voelkermord-guatemalas-ex-diktator-zu-80-jahren-haft-verurteilt/8190620.html)

Title: [Es habe zahlreiche Festnahmen gegeben... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 17, 2013, 09:26:10 AM
... Die Proteste entzündeten sich an einem umstrittenen Bauprojekt. Eine relativ kleine Gruppe von Aktivisten, die sich seit Jahren gegen die Gentrifizierung der Istanbuler Innenstadt wenden, protestierte gegen die geplante Fällung von 600 bis zu 70 Jahre alten Bäumen im Gezi-Park am Rande des Taksim-Platzes im Stadtteil Beyoğlu. Es handelt sich dabei um die letzte verbliebene Grünfläche mit Bäumen in der Innenstadt der türkischen Metropole. Dort soll ein Einkaufszentrum entstehen, dessen Fassade an die dort im Jahre 1940 abgerissene osmanische Topçu-Kaserne erinnern soll. Das Bauprojekt wurde von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan persönlich vorangetrieben. ...

https://de.wikipedia.org/wiki/Proteste_in_der_T%C3%BCrkei_2013 (https://de.wikipedia.org/wiki/Proteste_in_der_T%C3%BCrkei_2013)

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Quote[...] Tayyip Erdogan hat Feuer an eine Lunte gelegt. Nach fast drei Wochen Protest im ganzen Land gegen seinen autoritären Regierungsstil lässt er seine Anhänger zu Zehntausenden erst in Ankara und tags darauf in Istanbul zu Großkundgebungen zusammentrommeln. Es ist die finale Machtdemonstration. Das "Lumpenpack", wie er es nennt, muss weg.

Ein gepanzerter Wasserwerfer rollt die Stufen zum Gezi-Park hinauf. Polizeitruppen stürmen die Zeltlager und riegeln gleichzeitig die Straßen zum größten Platz in der Millionenstadt ab. An einem Samstagabend kurz vor neun und mitten zur Ausgehzeit fliegen Tränengaskartuschen und Gummigeschosse im Zentrum von Istanbul. ...

Auf der Istiklal Caddesi, der langen Einkaufsstraße, die zum Taksim führt, sind alle Geschäfte und Lokale zu, die Rollläden heruntergelassen. Das Pflaster ist stellenweise aufgebrochen, eine orangefarbene Brühe schwimmt darin. Sie verätzt die Haut, noch Stunden später brennt der Fuß. Manche der Wasserwerfer benützen diese chemische Lösung. Beim Sprung über den Istiklal schießen Polizisten mit Tränengas; die Kartuschen schlagen auf der Straße auf. Eine Demonstrantin reibt Mentholpaste in die Schutzmaske. Das hilft beim Atmen.

Das Divan Hotel: Tausende aus dem Park waren dorthin geflüchtet und von der Polizei bis in die Lobby hinein mit Tränengas traktiert worden. Claudia Roth, die Parteichefin der deutschen Grünen, hat es auch erwischt. "Das ist Krieg gegen die Menschen", sagt sie.

Ein paar Kilometer entfernt feiern zehntausende Anhänger der Regierungspartei Sonntagabend den Premier. "Wir überlassen den Platz keinen Terroristen", ruft er ihnen zu. Laut dem türkischen Ärztebund wurden bei den Zusammenstößen seit Ende Mai vier Menschen getötet, 7.500 verletzt. (Markus Bernath, DER STANDARD, 17.6.2013)


Aus: "Erdogans finale Machtdemonstration" Markus Bernath aus Istanbul (16. Juni 2013)
Quelle: http://derstandard.at/1371169683071/Erdogans-finale-Machtdemonstration (http://derstandard.at/1371169683071/Erdogans-finale-Machtdemonstration)

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Quote[...] Die türkische Regierung geht weiter mit harter Hand gegen Proteste vor:
Nach einer ruhigen Nacht nahmen Anti-Terror-Einheiten heute mindestens 84 Gesuchte fest, wie türkische Medien berichten. ... Wegen der heftigen Proteste gegen die türkische Regierung haben Anti-Terror-Einheiten am Dienstagmorgen damit begonnen, Wohnungen in Istanbul und Ankara zu durchsuchen. Es habe zahlreiche Festnahmen gegeben, berichtete der Sender CNN Türk. Allein in Ankara seien bis zum Morgen 25 Menschen in Gewahrsam genommen worden. Es war nicht klar, was genau den Festgenommenen vorgeworfen wird. Regierung und Behörden hatten in den vergangenen Tagen erklärt, es sei bekannt, wer die Demonstrationen mitorganisiert und unterstützt habe, und Strafverfolgung angekündigt. ...


Aus: "Verhaftungswelle rollt über die Türkei" (18. Juni 2013)
Quelle: http://www.lessentiel.lu/de/news/ausland/story/Verhaftungswelle-rollt-ueber-die-Tuerkei-11836711 (http://www.lessentiel.lu/de/news/ausland/story/Verhaftungswelle-rollt-ueber-die-Tuerkei-11836711)

Title: [Es hat bis zum 27. März dieses Jahres gedauert... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 27, 2013, 07:32:09 AM
Quote[...] Stuttgart - Der "schwarze Donnerstag" der Proteste gegen das Bahnprojekt Stuttgart 21 liegt fast drei Jahre zurück. Jetzt hat das Amtsgericht Stuttgart wegen des Wasserwerfereinsatzes gegen Demonstranten Strafbefehle gegen drei Polizisten verhängt.

Ein Kommandant und der Staffelführer erhielten eine Freiheitsstrafe von sieben Monaten auf Bewährung, wie die "Stuttgarter Zeitung" berichtet. Ein weiterer Kommandant solle eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen bezahlen, habe aber Einspruch eingelegt, so dass sein Fall nun öffentlich verhandelt werde. Beim Stuttgarter Amtsgericht war am Abend zunächst niemand für Nachfragen zu erreichen.

Bei dem Einsatz am 30. September 2010 hatte die Wasserwerfer-Besatzung den harten Wasserstrahl immer wieder auf die Demonstranten gerichtet. Mehrere von ihnen wurden erheblich verletzt. Ein 66-jähriger Mann etwa wurde schwer an den Augen verletzt und verlor den Großteil seiner Sehkraft.

Die "Stuttgarter Zeitung" berichtet, dass das Verfahren gegen einen weiteren Rohrführer gegen die Zahlung einer Geldbuße bereits eingestellt worden sei. Dieser habe während des Einsatzes mehrfach Bedenken geäußert und es für falsch gehalten, mit dem Wasserwerfer gegen die S-21-Gegner vorzugehen.

Eine Sprecherin des Stuttgarter Amtsgerichts bestätigte dem Blatt, dass die Strafbefehle Anfang August ausgestellt worden sind und die Einspruchsfrist am Freitag ablief. Laut der Zeitung legte noch ein weiterer Verurteilter Einspruch gegen das Urteil ein.

Die zwei Kommandanten und der Staffelführer von der Biberacher Bereitschaftspolizei hätten sich der Körperverletzungen "in einer Reihe von Fällen" schuldig gemacht. Ihnen wurde etwa vorgeworfen, nicht eingegriffen zu haben, als Wasserstöße die Demonstranten an den Köpfen trafen. Sie hätten nicht auf die Einhaltung entsprechender Dienstvorschriften bestanden.

Auch gegen zwei weitere Polizeiführer wurde Anklage erhoben, ihr Verfahren hat noch nicht begonnen.

Der gewaltvolle Einsatz sorgte weltweit für Schlagzeilen und hatte ein politisches Nachspiel in Baden-Württemberg - die damalige schwarz-gelbe Koalition geriet unter starken Druck. Im Landtag wollte ein Untersuchungsausschuss aufklären, wie groß der politische Einfluss auf den umstrittenen Einsatz war. Der damalige Ministerpräsident Stefan Mappus schob die Verantwortung auf die Polizei.

fab/dpa

Quoteherbst 26.08.2013, 20:59 Uhr
Sind das die gleichen Strafen als wenn ich als Zivilperson diese Verletzungen zu verantworten hätte? Oder gibt es Beamtenrabatt? Ohnehin muß man sich die Frage stellen, wie man es geschafft hat, Polizisten wie eine Horde Kampfhunde auf friedliche Demonstranten zu hetzen. Wer verantwortet so etwas in einem demokratischen Staat?...

http://forum.spiegel.de/f22/wasserwerfer-urteil-gericht-bestraft-polizisten-fuer-stuttgart-21-einsatz-99047-2.html#post13575615


Aus: "Wasserwerfer-Urteil: Gericht bestraft Polizisten für Stuttgart-21-Einsatz" (26.08.2013)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/polizisten-wegen-wasserwerfer-einsatz-bei-stuttgart-21-verurteilt-a-918743.html (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/polizisten-wegen-wasserwerfer-einsatz-bei-stuttgart-21-verurteilt-a-918743.html)

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Quote[...] Es hat bis zum 27. März dieses Jahres gedauert, bis das Ermittlungsergebnis der Staatsanwaltschaft zu den Wasserwerfereinsätzen am 30. September 2010 – dem Schwarzen Donnerstag – vorlag. Die Staatsanwaltschaft begründete dies mit dem umfangreichen Akten-, Video- und Bildmaterial. Die Ermittlungsakten umfassen 37 Aktenordner.

...


"Stuttgart 21: Juristische Folgen des Schwarzen Donnerstags" ceb, 26.08.2013 17:42 Uhr
http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.stuttgart-21-strafbefehle-wegen-wasserwerfereinsatz-page1.e48f2355-0ef1-4d74-9b8f-8d4abd87e280.html (http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.stuttgart-21-strafbefehle-wegen-wasserwerfereinsatz-page1.e48f2355-0ef1-4d74-9b8f-8d4abd87e280.html)

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Quote[...] Stuttgart - Baden-Württembergs früherer Ministerpräsident Stefan Mappus hat nach Darstellung leitender Polizisten beim harten Einsatz gegen Stuttgart-21-Gegner 2010 die Marschroute vorgegeben. Das geht nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa aus einem Bericht des Innenministeriums hervor.

Demnach hat den Beamten zufolge "die oberste politische Ebene" rigide Vorgaben gemacht. Damit würde es erstmals klare Hinweise aus der Polizeiführung geben, dass der CDU-Politiker Mappus den umstrittenen Einsatz am 30. September 2010 beeinflusst hat - sogar die Vorgabe zum Einsatz der Wasserwerfer soll aus der Politik gekommen sein.

Das Innenministerium hat den Bericht dem Untersuchungsausschuss zum Stuttgart-21-Einsatz übergeben. Es ist bereits der zweite Ausschuss, der klären soll, ob Mappus eine Mitschuld an der Eskalation trägt. Mappus hat immer bestritten, dass er Einfluss auf den Polizeieinsatz an diesem Tag hatte. Der damalige Polizeipräsident Siegfried Stumpf stützte diese Version mit seinen Aussagen, wonach er die alleinige Verantwortung getragen habe. Der Polizeieinsatz zur Räumung des Schlossgartens für die Baustelle des geplanten Tiefbahnhofs war aus dem Ruder gelaufen und wurde als "Schwarzer Donnerstag" bekannt. 130 Demonstranten und 34 Polizisten wurden damals nach Angaben des Innenministeriums verletzt.

Aus dem Bericht geht hervor, dass Mappus auch massiv auf den Abriss des Nordflügels des denkmalgeschützten Hauptbahnhofs im Spätsommer 2010 gedrungen hatte. Nach Notizen eines leitenden Polizeibeamten soll Polizeipräsident Stumpf in einer Sitzung mit Mappus vorgeschlagen haben, den Transport eines großen Baggers zu verschieben, weil angesichts des Protests ein Mangel an Polizisten zu befürchten sei. Mehrere Ministerialdirektoren teilten seine Meinung. Daraufhin habe Mappus gesagt: "Bringen Sie den Bagger rein. Wenn Sie nicht wollen, hole ich eine Polizei aus einem anderen Land." Der Abriss des Nordflügels markierte die ersten sichtbaren Bauarbeiten.

Zur Rolle Mappus' bei der Eskalation am 30. September werden in dem Bericht vor allem Notizen mehrerer Beamter nach einer "Tagung Polizeilicher Aufgaben" am 10. September zitiert. Bei der Tagung handelt es sich um regelmäßige Besprechungen der obersten operativen Führungsebene der Polizei. Das Ministerium bilanziert: "Während das offizielle Protokoll keinen Rückschluss auf irgendeine Form der politischen Einflussnahme zulässt, legen die Notizen einzelner Besprechungsteilnehmer die Annahme nahe, dass Polizeipräsident a.D. Stumpf auf der Tagung von solch einer Einflussnahme berichtet hat."

In Notizen zu einer Führungstagung der Bereitschaftspolizei findet sich der Hinweis, dass die Politik die Vorgabe gemacht habe, dass bei massiven Auseinandersetzungen auch Wasserwerfer eingesetzt werden sollten. Ein "Softkurs" sei nicht anzustreben, heißt es darin. Das Ministerium folgert: "Die genannten Notizen könnten als Anhaltspunkte für eine mögliche politische Einflussnahme oder Einflussnahmeversuche auf den Polizeieinsatz am 30.09.2010 gewertet werden."

Die neuen Belege stellen ein ernstes Problem für Mappus dar, weil sie seine bisherige Verteidigungslinie ins Wanken bringen. Er hat beteuert, er hätte bei einem Besuch im Polizeipräsidium am 30. September lediglich "moralisch Rückendeckung" geben wollen.

Zuletzt hatte die Stuttgarter Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der uneidlichen Falschaussage gegen Mappus ermittelt. Dafür wurden bei dem CDU-Politiker sichergestellte Mails zum Polizeieinsatz mit den Wortprotokollen der Aussagen der Zeugen vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags verglichen. "Bei der vorgenommenen Überprüfung wurden keine Anhaltspunkte festgestellt, die einen Verdacht einer Falschaussage begründen", sagte Sprecherin Claudia Krauth.

fab/flo/Henning Otte, dpa



Aus: "Mappus und Stuttgart 21: "Bringen Sie den Bagger rein!"" (28.02.2014)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/mappus-durch-bericht-aus-innenministerium-bei-stuttgart-21-belastet-a-956384.html (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/mappus-durch-bericht-aus-innenministerium-bei-stuttgart-21-belastet-a-956384.html)

Title: [Wir können uns der historischen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 05, 2013, 01:24:12 PM
Quote[...] Santiago de Chile - "Die Zeit ist gekommen, um Vergebung zu bitten." Mit diesen Worten entschuldigen sich die Richter Chiles bei den Opfern der Militärdiktatur, die von 1973 bis 1989 dauerte.

"Wir können uns der historischen Verantwortung nicht entziehen", schreibt die Richtervereinigung in einer Erklärung und räumt schwere Fehler der Justiz ein. "Es muss klar gesagt und vollständig anerkannt werden: Das Justizsystem und insbesondere das Oberste Gericht damals versagten in ihrer Rolle als Garanten der grundlegenden Menschenrechte. Sie schützten diejenigen nicht, die Opfer der Misshandlung durch den Staat waren."

Chilenische Gerichte wiesen in rund 5000 Fällen Anfragen von Angehörigen ab, die nach ihren Verwandten suchten - diese waren von Geheimdienst und Sicherheitskräften entführt oder ermordet worden. Die Gerichte erklärten damals, keine Informationen dazu zu haben.

Die Behörden schätzen heute, dass das Regime für mindestens 3200 Morde und 38.000 Fälle von Folter verantwortlich war. Zehntausende wurden in Stadien gepfercht und gefoltert, Tausende wurden in Konzentrationslagern festgehalten oder heimlich umgebracht und verscharrt. Ein Bericht über die Gräuel der Militärherrschaft ist hier in Auszügen zu lesen.

An der Spitze der Diktatur stand General Augusto Pinochet, der 1973 vom sozialistischen Präsidenten Salvador Allende zum Heereschef ernannt worden war. Wenige Wochen später stellte sich Pinochet an die Spitze einer putschenden Militärjunta und stürzte Allende mit Unterstützung des US-Geheimdiensts CIA.

Pinochet bewunderte Hitler und den spanischen Diktator Francisco Franco und ließ sich eine Verfassung maßschneidern. Doch 1988 verlor der Alleinherrscher unerwartet ein Referendum über seinen Verbleib als Staatspräsident. Er musste erstmals Wahlen mit mehreren Parteien zulassen. Im März 1990 musste Pinochet die Staatsspitze räumen, acht Jahre später auch das Oberkommando über das Heer.

Ein spanischer Richter ließ den in der Heimat immunen Senator auf Lebenszeit bei einer Auslandsreise in London verhaften und machte ihm den Prozess wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Zwar kam Pinochet aus gesundheitlichen Gründen Anfang 2000 frei. Doch seither ermittelten die Richter auch in Chile gegen ihn in mehr als 300 Verfahren, zuletzt wegen der Verschiebung von Millionen Dollar auf geheime Konten im Ausland. Pinochet, der unter Hausarrest stand, starb 2006 in Santiago an den Folgen eines Herzinfarkts.

kgp/AFP


Aus: "Chile: Richter entschuldigen sich bei Pinochet-Opfern" (05.09.2013)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/diktatur-in-chile-richter-entschuldigen-sich-bei-opfern-von-pinochet-a-920510.html#js-article-comments-box-pager (http://www.spiegel.de/politik/ausland/diktatur-in-chile-richter-entschuldigen-sich-bei-opfern-von-pinochet-a-920510.html#js-article-comments-box-pager)

Title: [In der Strafkolonie IK-14... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 24, 2013, 03:16:27 PM
Pussy Riot ['pʊsɪ 'raɪət] (deutsch etwa ,,Muschi-Krawall") ist eine 2011 gegründete feministische, regierungs- und kirchenkritische Punkrock-Band aus Moskau. Sie gilt als Vertreterin des Riot Grrrl Movement, und ihre Mitglieder geben Bands wie Bikini Kill als Vorbild an. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Pussy_Riot (https://de.wikipedia.org/wiki/Pussy_Riot)

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Quote[...] MOSKAU taz | Seit fast einem Jahr sitzt Nadjeschda Tolokonnikowa schon in der Strafkolonie IK-14 im Dorf Parza in der Republik Mordwinien ein. Am Montag trat die Aktivistin der russischen Frauenpunkband Pussy Riot in einen unbefristeten Hungerstreik.

Sie sei, schreibt die 23-Jährige in einem auf der Website der Band veröffentlichten Brief, vom stellvertretenden Lagerleiter mit dem Tod bedroht worden, nachdem sie auf die unmenschlichen Arbeitsbedingungen in der sogenannten ,,Besserungskolonie" hingewiesen hätte. ,,Dir wird es nirgends mehr schlecht gehen, weil es in jener anderen Welt nichts Schlechtes gibt", soll der Vizechef der Kolonie, Jurij Kuprianow, gesagt haben. Tolokonnikowa sieht darin eine Morddrohung, zumal sich der Lagerleiter ihr bei der Aufnahme persönlich bereits als ,,Stalinist" vorgestellt hatte.

Nadjeschda Tolokonnikowa war vor einem Jahr wegen Rowdytums auf Grundlage religiösen Hasses in einem spektakulären Prozess mit noch einer Mitangeklagten zu zwei Jahren Lagerhaft verurteilt worden.

Die Frauenpunkband hatte im Februar 2012 in der Christus Erlöser Kirche, dem Heiligtum der Orthodoxen Kirche in Moskau, ein Punkgebet abgehalten. Darin baten die Frauen die Mutter Gottes, ihnen bei der Vertreibung Wladimir Putins beizustehen, der sich gerade anschickte, als Präsident in den Kreml zurückzukehren. Orthodoxe Kirche und politische Führung nahmen diese Ordnungswidrigkeit zum Anlass, die Aktivistinnen in einem Schauprozess zu gottlosen Frevlern zu stempeln.   

Ihre ganze Arbeitsbrigade, so Tolokonnikowa weiter, müsse ,,16 bis 17 Stunden von 7.30 bis 0.30 Uhr arbeiten". Schlafen dürften sie im besten Fall vier Stunden. Nur alle anderthalb Monate gebe es einen freien Tag. Fast alle Sonntage seien Arbeitstage, schreibt die ehemalige Philosophiestudentin, deren langer Brief eine aufrüttelnde Dokumentation der Unmenschlichkeit im russischen Strafvollzug darstellt. Die Lagerführung würde ausgesuchte Häftlinge nötigen, andere Häftlinge zum Unterschreiben zu zwingen, dass sie jeden Tag und auch diese Anzahl von Stunden freiwillig arbeiten wollten.

Zudem würde in der Schneiderei ständig die Norm erhöht. Waren es anfangs hundert Polizeiuniformen, die die Frauen am Tag nähen mussten, seien es inzwischen 150 Stück pro Schicht. Da die Normerhöhung vorher nicht angekündigt worden sei, sei dies bereits ein Verstoß gegen das Arbeitsrecht, so die Sängerin.

Wer die Norm nicht erfüllt, muss unterdessen mit Sanktionen rechnen. So wird den Frauen verboten, zur Toilette zu gehen oder eigene Lebensmittel zu essen. Auch von informellen Disziplinierungsmaßnahmen berichtet Tolokonnikowa, die seit ihrer Beschwerde auch von Mitgefangenen physisch misshandelt worden sein will – angeblich mit Wissen der Lagerleitung.

Eine informelle Strafe ist beispielsweise, wenn eine Inhaftierte nicht in die Baracke zurückkehren darf und gezwungen ist, bei Wind und Wetter draußen sitzen zu bleiben. Laut Tolokonnikowa mussten einer Frau nach einer Strafe mehrere Finger einer Hand und ein Bein amputiert werden. ,,Wer nie in Mordowien gesessen hat, der hat nicht wirklich gesessen", zitiert Toloknnikowa die Erfahrung von Mithäftlingen aus dem Moskauer Untersuchungsgefängnis, in dem sie vor der Verlegung in die östlich von Moskau gelegene Republik einsaß.

Mordowien sei verschrien, weil dort ,,das brutalste Regime" herrsche, der Arbeitstag am längsten sei und himmelschreiendes Unrecht vorherrsche. Wer nach Mordowien verbannt werde, den begleiten die Mitgefangenen, wie wenn er zum Schafott geführt werde, meint Tolokonnikowa: ,,Hungerstreik ist das äußerste Mittel, ich sehe aber keine andere Möglichkeit mehr, um aus dieser Lage herauszukommen."


Aus: "Opposition in Russland: Pussy-Riot-Mitglied im Hungerstreik"
Klaus-Helge Donath, Auslandskorrespondent Russland (23. 09. 2013)
Quelle: https://www.taz.de/Opposition-in-Russland/!124283/ (https://www.taz.de/Opposition-in-Russland/!124283/)

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Quote[...] Die Kritikerin von Kremlchef Wladimir Putin befinde sich nun in Einzelhaft, sagte der Menschenrechtler Gennadi Morosow am Dienstag der Agentur Interfax. Die Maßnahme sei keine Strafe, sondern allein eine Reaktion auf Tolokonnikowas Brief vom Vortag. Darin hatte die Mutter einer kleinen Tochter einen Hungerstreik angekündigt. Sie protestiert damit gegen extreme Zwangsarbeit sowie angebliche Todesdrohungen eines Justizbeamten.

...


Aus: "Nach Todesdrohungen: Pussy-Riot-Mitglied in Einzelhaft" (09/2013)
Quelle: http://www.hna.de/nachrichten/panorama/pussy-riot-mitglied-einzelhaft-zr-3128984.html (http://www.hna.de/nachrichten/panorama/pussy-riot-mitglied-einzelhaft-zr-3128984.html)

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Quote[...] Nadeschda Tolokonnikowa, Aktivistin der russischen Punkband Pussy Riot, ist in Einzelhaft verlegt worden. Menschenrechtler werten das als Reaktion der Gefängnisleitung auf den Hungerstreik der 23-Jährigen, mit dem sie seit Montag gegen die extreme Zwangsarbeit, sklavenartige Behandlung und Todesdrohungen eines Justizbeamten in ihrem Arbeitslager protestiert.

Tolokonnikowas Anwältin Irina Chrunowa sagte, dass ihre Mandantin nicht in eine "Strafzelle" verlegt worden sei. Dies hatte die regionale Gefängnisaufsicht zunächst mitgeteilt, diese Angaben inzwischen aber selbst wieder zurückgenommen. Ein Sprecher sagte der Agentur Interfax, es sei eine "Zelle mit komfortablen Bedingungen, sieben Quadratmeter groß, mit Schlafbereich, Kühlschrank und Toilette".

"Derzeit arbeitet sie nicht, ihr wird Essen gebracht", beschrieb der Menschenrechtler Gennadi Morosow der Agentur Interfax die Haftbedingungen der Aktivistin, die sich seinen Worten zufolge in "Einzelhaft" befinde. "Falls sie ihren Hungerstreik fortsetzt, wird sie täglich von Ärzten untersucht werden."

Tolokonnikowa sitzt noch bis Anfang März 2014 eine zweijährige Haftstrafe wegen "Rowdytums" und "Anstachelung zu religiösem Hass" ab. Dazu war sie gemeinsam mit ihrer Bandkollegin Maria Alechina im August vergangenen Jahres verurteilt worden. Die Gruppe, zu der auch die zu einer Bewährungsstrafe verurteilte Jekaterina Samuzewitsch gehört, hatte im Februar 2012 in einer Moskauer Kathedrale ein "Punkgebet" gegen Staatschef Wladimir Putin aufgeführt.

Für die junge Mutter Tolokonnikowa – sie hat eine vierjährige Tochter – sind die Zustände in der Arbeitskolonie Nummer 14 in Mordowia offenbar unerträglich. Im Mai hatte sie ihren zweiten Antrag auf vorzeitige Haftentlassung gestellt, der von der russischen Justiz abgelehnt worden war.


Aus: "Pussy-Riot-Mitglied muss in Isolationshaft" (24. September 2013)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/deutschland/2013-09/pussy-riot-einzelhaft-hungerstreik (http://www.zeit.de/politik/deutschland/2013-09/pussy-riot-einzelhaft-hungerstreik)

Title: [In Istanbuls Gezi-Park... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 02, 2013, 12:43:43 PM
Quote[...] Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat die Türkei aufgefordert, die Verantwortlichen für den Gewalteinsatz der Polizei gegen Demonstranten in Istanbuls Gezi-Park vor Gericht zu stellen. Bei den Protesten der vergangenen Monate seien mindestens drei Demonstranten getötet worden, hieß es in einem Amnesty-Bericht.

Während der Proteste im Juni und Juli hatten mindestens 8.000 Menschen Verletzungen erlitten durch den Einsatz von scharfer Munition, Tränengas, Wasserwerfern oder Plastikgeschossen. Anlass des Protestes waren Pläne, den Istanbuler Park zu bebauen. Er richtete sich später aber auch gegen den autoritären Regierungsstil des islamisch-konservativen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdoğan.

Selmin Caliskan, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, sagte: "Der Versuch, die Gezi-Park-Proteste zu zerschlagen, führte zu einer ganzen Reihe von Menschenrechtsverletzungen. Insbesondere dokumentieren wir völlig unangemessene Gewalt gegen friedliche Demonstranten und Misshandlungen durch die Polizei."

Die türkische Justiz ermittele aber "offensichtlich nicht ernsthaft gegen die Verantwortlichen für die Polizeigewalt". Stattdessen überziehe sie Demonstranten und die Organisatoren der Proteste mit Verfahren, zum Teil "mit absurden Vorwürfen".

... Die türkische Regierung müsse "endlich lernen, friedlichen Protest zu respektieren", forderte die Organisation. Gewalt dürfe sie nur anwenden, wenn es gelte, Menschenleben zu retten.


Aus: "Amnesty will Polizisten vom Gezi-Park vor Gericht sehen" (2. Oktober 2013)
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2013-10/amnesty-tuerkei-gezipark (http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2013-10/amnesty-tuerkei-gezipark)


https://www.amnesty.de/files/Amnesty-Bericht_Gezi-Park-Proteste_Okt2013.pdf (https://www.amnesty.de/files/Amnesty-Bericht_Gezi-Park-Proteste_Okt2013.pdf)

Title: [Wegen ihres harten Vorgehens... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 02, 2013, 12:48:33 PM
Quote[...] In Rio de Janeiro ist es nach wochenlangen Protesten zu Ausschreitungen zwischen streikenden Lehrern und der Polizei gekommen. Bei Straßenschlachten setzte die brasilianische Polizei Blendgranaten und Tränengas ein.   

Die Pädagogen an den städtischen Schulen Rios fordern vor allem höhere Gehälter. Bereits seit sechseinhalb Wochen streiken die Lehrer aus Vor- und Grundschulen und demonstrieren gegen geplante Änderungen ihrer Arbeitsbedingungen. Als sie am Dienstag versuchten, das Rathaus zu stürmen, setzte die Polizei Tränengas ein. Mehr als 700 Beamten waren im Einsatz.

Mit der Demonstration am Dienstag sollte auch eine Abstimmung über neue Regeln für die berufliche Eingruppierung und die Aufstiegsmöglichkeiten der Lehrer verhindert werden. Diese sollen nur für Lehrer gelten, die 40 Stunden pro Woche an einer Schule arbeiten. Auf viele Pädagogen trifft dies nicht zu, weil sie an verschiedenen Schulen unterrichten müssen, um ihr wöchentliches Pensum zu erfüllen.

Wegen ihres harten Vorgehens gegen Demonstranten war die Polizei in Rio de Janeiro bereits vor einigen Wochen in die Kritik geraten. Der Leiter der Militärpolizei wurde daraufhin ersetzt.


Aus: "Polizei in Rio setzt Tränengas gegen Lehrer ein" (2. Oktober 2013)
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2013-10/rio-lehrer-polizei-protest (http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2013-10/rio-lehrer-polizei-protest)

Title: [Legislative, Judikative und Exekutive?... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 07, 2013, 10:31:48 AM
Quote[...] Hamburg - Deutsche Ermittlungsbehörden haben offenbar über Jahre hinweg Telefonate abgehört, die Strafverteidiger mit ihren Mandanten führten. Nach SPIEGEL-Informationen wurden diese Mitschnitte in etlichen Fällen rechtswidrig protokolliert, ausgewertet und zum Teil jahrelang aufbewahrt.

Von einem "elementaren Verstoß gegen unseren Rechtsstaat" sprach der Vizepräsident des Deutschen Anwaltvereins, Ulrich Schellenberg. "In Zeiten, in denen Geheimdienste wie die NSA überall schnüffeln, sind offenbar nicht mal mehr essentielle Berufsgeheimnisse geschützt."

Der ehemalige Verfassungsrichter Winfried Hassemer betonte, gerade angesichts eines "allgemein herrschenden Sicherheitsgedankens" gebe es präzise Regeln für die Arbeit von Rechtsanwälten - eine davon laute: "Der unüberwachte Kontakt zwischen dem Strafverteidiger und seinem Mandanten ist ein fundamentales Recht."

In einem aktuellen Fall beantragte ein Bochumer Anwalt beim Bundesgerichtshof (BGH), die Rechtswidrigkeit einer Überwachungsmaßnahme festzustellen. Das Bundeskriminalamt hatte Telefongespräche zwischen dem Juristen und seinem Mandanten in zwei Fällen abgehört und die Mitschnitte nicht unverzüglich gelöscht. Der Ermittlungsrichter beim BGH beurteilte die Abhöraktion als rechtswidrig, die Bundesanwaltschaft hat dagegen sofortige Beschwerde eingelegt. Auf Anfrage erklärte die Karlsruher Behörde, sie beachte selbstverständlich den gesetzlichen Schutz von Rechtsanwälten.

QuoteInteressant.
manhigh gestern, 23:15 Uhr
In Zukunft werde ich meinen Schülern wohl als vierte Macht im Staate das BKA oder die Geheimdienste präsentieren müssen. Wie wurde das uns damals ins Hirn gehämmert? Legislative, Judikative und Exekutive? Und den Journalismus als 4. Macht... Gewaltenteilung? ...

http://forum.spiegel.de/f22/rechtswidrige-telefonprotokolle-deutsche-ermittler-belauschten-strafverteidiger-102553-4.html#post13918841 (http://forum.spiegel.de/f22/rechtswidrige-telefonprotokolle-deutsche-ermittler-belauschten-strafverteidiger-102553-4.html#post13918841)


QuoteNichts neues
peeka gestern, 23:27 Uhr
Die Gespräche zwischen Mandanten und Verteidigern wurden weiland in Stammheim schon belauscht, obgleich dies illegal war. (http://de.wikipedia.org/wiki/Abhöraffäre_von_Stammheim (http://de.wikipedia.org/wiki/Abh%C3%B6raff%C3%A4re_von_Stammheim))

http://forum.spiegel.de/f22/rechtswidrige-telefonprotokolle-deutsche-ermittler-belauschten-strafverteidiger-102553-5.html#post13918873 (http://forum.spiegel.de/f22/rechtswidrige-telefonprotokolle-deutsche-ermittler-belauschten-strafverteidiger-102553-5.html#post13918873)


Aus: "Rechtswidrige Telefonprotokolle: Deutsche Ermittler belauschten Strafverteidiger" (06.10.2013)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/spiegel-ermittlungsbehoerden-belauschten-strafverteidiger-a-926277.html (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/spiegel-ermittlungsbehoerden-belauschten-strafverteidiger-a-926277.html)

Title: [Rusbridger geht zudem davon aus... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 03, 2013, 08:22:22 PM
Quote[...] Alan Rusbridger, Chefredakteur des britischen "Guardian", hat schwere Vorwürfe gegen die Regierung von Premierminister David Cameron erhoben. Neue Einschüchterungsversuche der Regierung, mit dem Versuch, die Zeitung von der Veröffentlichung von Geheimdienstinformationen abzuhalten, bezeichnete er in einem Interview als "billige Attacke". Dies berichtet der Spiegel in seiner am Montag erscheinenden Ausgabe.

Cameron hatten zuvor "härtere Maßnahmen" gegen den Guardian wegen dessen Veröffentlichungen von Informationen des Whistleblowers Edward Snowden angekündigt. Dies sei laut Rusbridger völlig sinnlos, weil selbstverständlich Kopien des Snowden-Materials außerhalb Großbritanniens existierten.

Rusbridger geht zudem davon aus, selbst ins Visier der Geheimdienste geraten zu sein. Sein Facebook-Profil sei wie von unsichtbarer Hand geändert worden. Unter der Rubrik mit seinen Lieblingsfilmen sei plötzlich der Titel "Stirb langsam" aufgetaucht. Er verschicke keine E-Mails mehr mit wichtigen Inhalten und nehme sein Mobiltelefon nicht mehr zu wichtigen Gesprächen mit. (Mit Material von dpa) (sha)

Quote3. November 2013 14:25
Nennt man sowas nicht 'Terror' ?
L3V3L3

... Psychoterror vom feinsten, oder?


Quote3. November 2013 12:57
kimschmitzii

Es ist echt krass wie diese Leute, die eigentlich im Gefängnis sitzen
sollten, meinen den Menschen eine Deutungshoheit aufzwingen zu
müssen. ...


Aus: "Guardian-Chefredakteur erhebt Vorwürfe gegen Premier Cameron" (03.11.2013)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/Guardian-Chefredakteur-erhebt-Vorwuerfe-gegen-Premier-Cameron-2038429.html (http://www.heise.de/newsticker/meldung/Guardian-Chefredakteur-erhebt-Vorwuerfe-gegen-Premier-Cameron-2038429.html)

The Guardian
http://de.wikipedia.org/wiki/The_Guardian (http://de.wikipedia.org/wiki/The_Guardian)

Überwachungs- und Spionageaffäre 2013
http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%9Cberwachungs-_und_Spionageaff%C3%A4re_2013 (http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%9Cberwachungs-_und_Spionageaff%C3%A4re_2013)

Alan Charles Rusbridger
http://en.wikipedia.org/wiki/Alan_Rusbridger (http://en.wikipedia.org/wiki/Alan_Rusbridger)

David Cameron
http://en.wikipedia.org/wiki/David_Cameron (http://en.wikipedia.org/wiki/David_Cameron)


Title: [Sie wurden nach vier verschiedenen Gefährlichkeitsniveaus eingestuft... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 05, 2013, 10:50:02 AM
Quote[...] Buenos Aires - Dreißig Jahre nach dem Ende der Militärdiktatur in Argentinien sind erstmals wichtige Geheimunterlagen mit den Namen politisch verfolgter Aktivisten und Künstler aufgetaucht. Die rund 280 Dokumente inklusive einer schwarzen Liste von Junta-Gegnern wurden bei Aufräumarbeiten im Keller des Luftwaffenhauptquartiers von Buenos Aires gefunden, wie das Verteidigungsministerium am Montag mitteilte. Die in zwei Safes und zwei Schränken entdeckten Unterlagen seien von "immensem historischen Wert".

Das Archiv umfasst den Angaben zufolge Dokumente und Fotos aus der Zeit zwischen dem Putsch im März 1976 bis zum Ende der Militärherrschaft 1983. Damals kam die demokratische Regierung Raúl Alfonsíns an die Macht.

In diesem Zeitraum wurden 30.000 Oppositionelle ermordet oder verschwanden spurlos, bis heute konnten nur wenige hundert identifiziert werden. Laut dem Innenministerium geht aus den Dokumenten hervor, dass die Junta-Führung sogar plante, bis ins Jahr 2000 an der Macht zu bleiben.

Auf der Schwarzen Liste sind demnach 153 argentinische Künstler und Intellektuelle namentlich verzeichnet, darunter der 1984 verstorbene Schriftsteller Julio Cortázar und die legendäre Volksmusikerin Mercedes Sosa, die 2009 verstarb. Zudem der Tangomusiker Osvaldo Pugliese, die Schauspielerin Norma Aleandro und die Kinderbuchautorin María Elena Walsh. Sie wurden nach vier verschiedenen "Gefährlichkeitsniveaus" eingestuft.

Seit 2003 ein Amnestiegesetz für während der Diktatur begangene Verbrechen aufgehoben wurde, befasst sich die argentinische Justiz mit etlichen Fällen von Menschenrechtsverletzungen. Hunderte frühere Militärkader wurden verurteilt.

Verteidigungsminister Agustin Rossi äußerte die Hoffnung, dass weitere Dokumentenfunde Aufschluss über die Kommunikation und Abläufe innerhalb der Junta geben könnten. Mitarbeiter des Militärs seien dazu angehalten worden, ihre Suche "an ungewöhnlichen Orten" zu intensivieren. Die argentinische Armee sieht sich seit Jahren mit Forderungen konfrontiert, ihre Archive zur Aufarbeitung der Landesgeschichte zu öffnen.

ler/AFP/dpa


Aus: "Argentinien: Geheimakten der Militärjunta gefunden" (05.11.2013)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/argentinien-geheimakten-der-militaerjunta-gefunden-a-931784.html (http://www.spiegel.de/politik/ausland/argentinien-geheimakten-der-militaerjunta-gefunden-a-931784.html)

Title: [Ein Gesetzespaket... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 22, 2014, 08:36:49 AM
Quote[...] Kiew - Bei erneuten Zusammenstößen von Demonstranten und der Polizei in Kiew gab es mindestens einen Toten. Die ukrainischen Behörden bestätigten am Mittwochmorgen den Fund einer Leiche im Zentrum der Hauptstadt. Dass der Körper - wie von örtlichen Medien berichtet - Schussverletzungen aufweisen soll, bestätigte das Innenministerium in Kiew aber zunächst nicht.

Die Opposition teilte mit, dass ein Mann von einem Scharfschützen der Polizei angeschossen worden und an seinen Verletzungen gestorben sei. Ein zweiter Mann soll beim Klettern aus 13 Metern Höhe zu Tode gestürzt sein. Der 22-Jährige sei von Polizisten gejagt worden, behauptete ein Sprecher der Regierungsgegner.

Wie die "Kiev Times" berichtet, soll der 22-Jährige am Dienstagnachmittag im Dynamo-Stadion Molotow-Cocktails und Feuerwerkskörper auf die Sicherheitskräfte geworfen haben. Die Polizei hätte daraufhin Gasgranaten geworfen und die Demonstranten mit Gummigeschossen attackiert. Der junge Mann habe mit einem anderen Demonstranten auf dem Dach eines Säulengangs gestanden und dann offenbar das Gleichgewicht verloren. Er erlitt Knochenbrüche an Armen und Beinen. Kurz darauf soll er in einem Krankenhaus verstorben sein.

Im Fernsehen war live zu sehen, wie die Polizei am Morgen im Stadtzentrum Barrikaden der Regierungsgegner stürmte. Mehrere Oppositionelle seien bei dem Einsatz, der kurz nach 7 Uhr auf der Gruschewski-Straße begonnen habe, festgenommen worden, hieß es in den Berichten. Zuvor hatte die Regierung ein hartes Vorgehen gegen "Provokateure" angekündigt.

Am Dienstag war ein Gesetzespaket in Kraft getreten, das die Rechte der Demonstranten einschränkt. Unter anderem sind nun Geld- oder Haftstrafen für das Tragen von Masken oder Helmen möglich, auch das ungenehmigte Aufbauen von Bühnen oder Zelten sowie die Blockade öffentlicher Gebäude kann nun härter bestraft werden. 50 Demonstranten wurden festgenommen.


Aus: "Ukraine: Ein Toter bei Protesten in Kiew" (22.01.2014)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/in-kiew-raeumt-polizei-barrikaden-ein-toter-a-944828.html (http://www.spiegel.de/politik/ausland/in-kiew-raeumt-polizei-barrikaden-ein-toter-a-944828.html)

https://de.wikipedia.org/wiki/Ukraine (https://de.wikipedia.org/wiki/Ukraine)

https://de.wikipedia.org/wiki/Ukraine#Menschenrechte (https://de.wikipedia.org/wiki/Ukraine#Menschenrechte)

Title: [Es kommt nicht oft vor... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 24, 2014, 10:47:25 AM
Quote[...] Es kommt nicht oft vor in den chaotischen Tagen der gewaltsamen Proteste in der Ukraine, dass sich die Behörden entschuldigen. Bisher behaupten Sicherheitskräfte wie auch Regierung, bei den Demonstranten vom Maidan-Platz handele es sich um aus dem Ausland gesteuerte Krawallmacher, denen man leider mit Gewalt begegnen müsse.

Umso bemerkenswerter war eine Mitteilung, die das ukrainische Innenministerium am Donnerstagabend auf seiner Webseite veröffentlichte. Demnach sei durch ein Video ein möglicher Übergriff der Sicherheitskräfte bekannt geworden, für diesen wolle man sich entschuldigen, es seien umgehend Ermittlungen aufgenommen worden. Gleichzeitig bestätigte das Ministerium, dass es sich bei den Polizisten um Mitglieder der berüchtigten Berkut-Einheit handele.

Das Video läuft seit Donnerstagmorgen in fast jeder ukrainischen Nachrichtensendung, gegen 4 Uhr morgens wurde es ins Netz gestellt. Zu sehen sind martialisch gekleidete Mitglieder der Spezialeinheit "Goldener Adler". Sichtlich amüsiert führen sie nach den schweren Ausschreitungen in der Nacht zu Mittwoch einen nackten Gefangenen aus einem Polizeibus und lassen ihn posieren. Der verängstigte Mann hat blaue Flecken am ganzen Körper.

Bei den Demonstranten sorgten die Aufnahmen für große Aufregung, scheinen sie doch ein schlagkräftiger Beleg für die exzessive Gewalt der Sicherheitskräfte während der Ausschreitungen zu sein. Besonders die Kräfte der Sondereinheiten werden dieser Tage beschuldigt, gezielt mit Hartgummigeschossen auf Demonstranten, aber auch auf Kameraleute geschossen zu haben. Sie sollen Gefangene schwer misshandelt haben.

In den Nachrichtensendungen der unabhängigen TV-Stationen sind die Vorwürfe gegen die Polizei das Top-Thema. Vor Krankenhäusern werden Mütter und Väter interviewt, die ihre Söhne und Töchter vermissen. Schon kursieren Gerüchte, dass die Polizei Oppositionelle entführt und in geheime Gefängnisse gesteckt habe. Allein der Verdacht heizt den Hass der Demonstranten auf die Staatsmacht weiter an.

...


Aus: " Video aus Kiew: Behörden gestehen Misshandlung von Gefangenen ein" Aus Kiew berichtet Matthias Gebauer (23.01.2014)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/ausschreitungen-in-kiew-behoerden-gestehen-misshandlung-gefangener-ein-a-945264.html (http://www.spiegel.de/politik/ausland/ausschreitungen-in-kiew-behoerden-gestehen-misshandlung-gefangener-ein-a-945264.html)

Title: [Bewusst falsche Darstellung... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 30, 2014, 11:27:25 AM
Quote[...] HAMBURG taz | Die Vorfälle vom 28. Dezember vor der Davidwache in Hamburg-St. Pauli bleiben weiter widersprüchlich. Als sicher gilt inzwischen, dass es keinen gezielten Überfall von 40 vermummten Linksautonomen gegeben hat, die mit einem Steinhagel aus der Wache herausstürmende Beamte schwer verletzt haben, wie es die Polizei fast eine Woche lang behauptet hatte.

Der ,,Angriff" war einer der wesentlichen Gründe, Altona, St. Pauli und das Schanzenviertel Anfang Januar für zehn Tage zum Gefahrengebiet zu erklären. Auch Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) und sein Innensenator Michael Neumann (SPD) nutzten vor der Hamburger Bürgerschaft in einer Aktuellen Stunde die Gelegenheit nicht, zu einer weiteren Aufklärung beizutragen.

... Zweifel gibt es nun auch an der Version der Polizei, dass die Streifenwagen-Besatzung, zu der der 45-jährige Verletzte zählte, in der Seilerstraße von Flüchtenden gezielt angegriffen wurde. Das Hamburger Abendblatt berichtet nun, dass der Beamte laut Polizeizeugen vor seiner Verletzung eine Person zu Boden gebracht habe, während seine Kollegin von der Menge völlig in Ruhe gelassen worden sei.

Schon auf der Sondersitzung des Innenausschusses konnte Innensenator Michael Neumann nicht ausschließen, dass der Beamte zufälliges Opfer eines besoffenen Kiezbummlers geworden sei. Am Donnerstag hielt Neumann vor der Hamburger Bürgerschaft zwar eine ausufernde Rede über die Gewalt ,,linker Randalierer" und die Nöte der ihm unterstellten Polizei, schwieg die Ungereimtheiten zur Davidwache aber tot. Auch Bürgermeister Olaf Scholz ging auf unterschiedliche Darstellungen mit keiner Silbe ein.

QuoteDirk
24. Jan, 12:27

Am besten an der ganzen Geschichte ist, dass nie Video-Aufnahmen von dem "Angriff" gezeigt wurden. Und dabei hängen direkt vor der Davidswache mehrere Kameras, die non-stop filmen. Aber plötzlich gibt es da wohl keine Aufnahmen von... Na klar...



Aus: "Risse in der Polizeigeschichte" Kai Von Appen Und Marco Carini (23.01.2014)
Quelle: https://www.taz.de/Dezember-Krawalle/!131623/ (https://www.taz.de/Dezember-Krawalle/!131623/)

-.-

Quote[...] HAMBURG taz | Der Rechtsanwalt Andreas Beuth schlägt nach den persönlichen Anfeindungen nun juristisch zurück: Seine Kanzlei-Kollegin Ingrid Witte-Rohde hat für ihn Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft gegen den Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Joachim Lenders, gestellt, ,,wegen aller in Betracht kommender Delikte" im Bereich der Beleidigung. ,,Die Anzeige stützt sich vor allem auf die Tatbestände der Verleumdung und üblen Nachrede", sagt Witte-Rohde der taz.

Lenders hatte Beuth auf einer Pressekonferenz der DPolG am 10. Januar offen als ,,Lügner" bezeichnet, weil der Szene-Anwalt die Version der Polizei in Zweifel gezogen hatte, nach der am 28. Dezember eine Gruppe von 30 bis 40 schwarz gekleideten und mit St.-Pauli-Schals vermummten Personen die Davidwache angegriffen haben soll.

Die Gruppe soll herausstürmende Polizisten ,,unvermittelt und gezielt" mit Flaschen und Steinen an der Ecke Davidstraße/Reeperbahn attackiert haben und dabei einem Beamten durch einen Schlag mit einem Stein den Kiefer gebrochen haben.

Lenders unterstrich die Richtigkeit der Polizeiversion und warf Beuth vor, den ,,hinterhältigen Angriff" zu ,,negieren und faktisch als nicht existent darstellen" zu wollen: ,,Ich bin fassungslos, dass sich ausgerechnet ein Rechtsanwalt mit unserer Auffassung nach falschen Tatsachenbehauptungen in die Öffentlichkeit begibt und versucht, auf manipulative Art und Weise Stimmung gegen die Polizei zu machen." Lenders hatte in dem medialen Diskurs über ,,Gewalt gegen Polizisten" und ,,linksradikale Gewalttäter" auch ins Gespräch gebracht, dass Polizisten der Gewalt künftig auch mit dem Einsatz von Schusswaffen begegnen könnten.

Beuth hatte Anfang Januar aufgrund von Mandanten-Angaben und Augenzeugenberichten dargelegt, dass die Personen vor der Wache ,,nie den Plan gehabt" hätten, ,,die Wache oder die Beamten zu attackieren", sagte der Anwalt. ,,Entsprechend hat es zu keinem Zeitpunkt Stein- und Flaschenwürfe auf das Reviergebäude gegeben, erst recht nicht auf aus der Wache kommende Polizeibeamte."

Beuth warf der Polizeiführung und den Gewerkschaften eine ,,bewusst falsche Darstellung" vor, um das ,,augenscheinliche politische Interesse" zu verfolgen, das wegen des Vorfalls ausgerufene Gefahrengebiet zu rechtfertigen, um zusätzliche Stellen und eine höhere Bezahlung bei der Polizei durchzusetzen. Beuth geht es vor allem um die politische Dimension der Gewerkschaftskampagne. Er könne jedoch seine Mandanten wegen der anwaltlichen Schweigepflicht nicht nennen, weil gegen sie aufgrund der aufgeheizten Stimmung wegen Landfriedensbruchs und versuchten Totschlags ermittelt werde.

Inzwischen hat die Polizei ihre Version korrigiert. Seine schwere Verletzung habe der Streifenpolizist bei einem Einsatz in der 200 Meter entfernten Seilerstraße erlitten. Unklar ist selbst nach Polizeiaussagen, ob der Vorfall überhaupt mit den Geschehnissen vor der Davidwache in Verbindung steht. Zudem ist ein Bericht des Landeskriminalamtes bekannt geworden, wonach nur feiernde Fußballfans lautstark an der Wache vorbei gegangen seien, was sich auch mit Aussagen unbeteiligter Augenzeugen deckt, die einen Polizei-Übergriff auf einen Fan beschreiben.

Das politische Kalkül der Polizeigewerkschaften ist jedoch aufgegangen. Die Polizei hat zehn Millionen Euro zusätzliche Mittel für die Bezahlung von Überstunden, für bessere Beförderungsmöglichkeiten der Beamten und für die Zusage zur Besetzung weiterer Stellen bekommen. Lenders zeigte sich gegenüber der taz von Beuths Anzeige ,,überrascht", sieht dem Verfahren aber, wie er sagt, ,,mit einer gewissen Gelassenheit entgegen".

...


Aus: "Lügenvorwurf mit Folgen" (30.01.2014)
Quelle: https://www.taz.de/Anwalt-gegen-Polizeigewerkschaftler/!131992/ (https://www.taz.de/Anwalt-gegen-Polizeigewerkschaftler/!131992/)

Title: [Im Jahr 2014... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 10, 2014, 09:40:52 AM
Quote[...] Mit Einschüchterungen und einem neuen Gesetz versucht die Regierung von Premierminister Recep Tayyip Erdogan, die Pressefreiheit in der Türkei weiter einzuschränken. In der Nacht auf Sonntag demonstrierten mehrere tausend Menschen gegen ein neues Internetgesetz, das das Parlament am Mittwoch beschlossen hatte und das der Regierung erlaubt, Internetseiten ohne vorherigen Gerichtsbeschluss zu sperren.

Dabei kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei, die Wasserwerfer, Gummigeschosse und Tränengas gegen die Demonstranten einsetzte. Einige Vermummte wiederum schossen Feuerwerksraketen auf die Sicherheitskräfte, errichteten Barrikaden vor Krankenhäusern und zerstörten mehrere Geldautomaten. Die Straßenschlachten erinnerten an die Proteste im vergangenen Sommer, als Demonstranten sich gegen die Bebauung des Gezi-Parks in Istanbul wehrten und daraus ein landesweiter Protest gegen die autoritäre Art der Regierung wurde.

"Die Gewalt von Seiten der Demonstranten ist furchtbar, weil Erdogans Anhänger das wieder dazu nutzen werden, uns alle pauschal als Chaoten und Terroristen zu diskreditieren", beklagte einer der Demonstranten auf dem Taksim-Platz. Am Sonntagmorgen fanden sich einige von ihnen dort wieder ein, um über das weitere Vorgehen zu beraten.

Journalisten, Bürgerrechtler, Oppositionspolitiker, internationale Organisationen wie Reporter ohne Grenzen und das Komitee zum Schutz von Journalisten (CPJ), aber auch die EU und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sehen in dem Gesetz eine Einschränkung in der Presse- und Meinungsfreiheit. "Solche Gesetze haben in einer demokratischen Gesellschaft keinen Platz und sind unvereinbar mit internationalen Normen", kritisierte CPJ-Internetkoordinator Geoffrey King.

Der Regierung zufolge dient das Gesetz dazu, Persönlichkeitsrechte im Internet zu schützen und beleidigende Inhalte zu entfernen. Demnach darf der Kommunikationsminister den Zugang zu Inhalten im Internet innerhalb von vier Stunden sperren, eine richterliche Überprüfung darf erst im Anschluss erfolgen. Erdogan erklärte am Samstag in Istanbul, damit werde das Internet "auf gar keinen Fall zensiert", sondern "sicherer" und "freier".

Ob das Gesetz in Kraft tritt, hängt davon ab, ob Abdullah Gül es unterzeichnet. Angesichts der massiven Kritik hoffen viele, dass der Präsident den Entwurf zur Überarbeitung zurückschickt.

Aber selbst ohne dieses neue Gesetz ist es mit der Pressefreiheit nicht weit her. Die türkischen Behörden nutzen schon die bestehenden Gesetze dazu, das Internet zu zensieren. Dem Gesetz Nummer 5651 zufolge wurden bereits mehrere tausend Seiten blockiert - bislang immer mit gerichtlicher Zustimmung. Google zufolge verlangt kein Staat häufiger die Entfernung von Inhalten von dem Suchmaschinenbetreiber wie die Türkei - mindestens dreimal mehr als jedes andere Land. Reporter ohne Grenzen nennt die Türkei in der Jahresbilanz 2013 "eines der Länder mit den meisten inhaftierten Journalisten weltweit". "Angesichts demokratischer Institutionen und einer lebendigen, vielfältigen Medienlandschaft erscheint dies paradox."

Im Jahr 2014 stehen wichtige Wahlen an: Am 30. März werden Bürgermeister und Stadträte gewählt, darunter in den Städten Istanbul, Izmir und Ankara. Von dem Ergebnis wird eine Signalwirkung für die Parlamentswahl im kommenden Jahr und damit für Erdogans Zukunft erwartet. In diesem Sommer stimmen die Türken - erstmals in einer Direktwahl - über einen neuen Präsidenten ab. Womöglich will sich Erdogan zur Wahl stellen, denn ein Statut seiner AK-Partei untersagt ihm nach drei Wahlerfolgen eine erneute Kandidatur als Premierminister.

Ausgerechnet in diesem Entscheidungsjahr befindet Erdogan sich in einer schwierigen Lage: Die Proteste im Sommer erschütterten ihn in seiner Macht, im Dezember musste er sein halbes Kabinett austauschen, nachdem Korruptionsvorwürfe bekannt geworden waren, und seit Wochen stürzen der Wert der türkischen Lira sowie die Börsenkurse ab.

Der Regierungschef sieht hinter all dem seine Gegner am Werk, insbesondere den im selbstauferlegten US-Exil lebenden Prediger Fethullah Gülen. Kritik ist Erdogan - schon in Vergangenheit nicht gerade souverän im Umgang damit - nun noch unerwünschter. Schon während der Gezi-Proteste sprach er von einem "Fluch namens Twitter". "Ich halte die sozialen Medien für die größte Bedrohung der Gesellschaft", erklärte er.

Längst beschäftigt Erdogans Partei, die AKP, türkischen Zeitungsberichten zufolge eine Gruppe von angeblich 6000 Anhängern, die darin ausgebildet würden, im Sinne der Regierung auf Twitter, Facebook und anderen sozialen Medien aktiv zu sein. Demnach gebe es in der Parteizentrale in Ankara ein Koordinationszentrum, das die Ausbildung der Twitter-Armee übernommen habe. Die Parteischreiber sollen gezielt auf Erdogan-Kritik reagieren. Ein Berater des Regierungschefs hatte kürzlich behauptet, ein falscher Tweet sei "gefährlicher als eine Bombe". Daher strebe die Regierung eine Regulierung an.

Welche Konsequenzen das Absetzen kritischer Kurznachrichten auf Twitter haben kann, bekam jetzt der Journalist Mahir Zeynalov aus Aserbaidschan zu spüren: Er wurde am Freitag ausgewiesen. Erdogan selbst hatte sich über den 27-Jährigen beschwert, weil er die Öffentlichkeit angeblich "zu Hass und Feindseligkeit angestachelt" habe.

Dabei hatte Zeynalov am 25. Dezember per Twitter lediglich auf zwei Artikel in der Zeitung "Zaman" hingewiesen, für die er arbeitet und die der Bewegung von Fethullah Gülen gehört. In einem ging es um einen saudi-arabischen Geschäftsmann, den die USA auf ihrer Liste der gesuchten Terroristen führen und der nun im Zuge der Korruptionsermittlungen in der Türkei festgenommen werden sollte. Dem Artikel zufolge weigerte die türkische Polizei sich aber, diesen Mann zu verhaften. Regierungsnahe Zeitungen nannten Zeylanov daraufhin einen "Verräter", der den türkischen Premierminister als "Beschützer von Qaida-Terroristen" darstelle.

Eine Verlängerung seiner Presseakkreditierung wurde Zeynalov schon Anfang Januar verweigert. Am Donnerstag erfuhr er, dass er das Land verlassen müsse. Gemeinsam mit seiner türkischen Frau verließ er die Türkei. Das Schlimmste für ihn sei die Befürchtung, schreibt Zeynalov jetzt aus Aserbaidschan, dass er womöglich nie wieder zurück in die Türkei kommen dürfe. "Ich habe meine Familie und meine Freunde zurücklassen müssen, ohne mich von ihnen verabschieden zu können." Dabei sei er der Türkei emotional sehr verbunden.


Aus: "Türkei: Wie Erdogan die Presse knebelt" Von Hasnain Kazim, Istanbul (09.02.2014)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/tuerkei-beschneidet-die-pressefreiheit-kurz-vor-wahlen-a-952362.html (http://www.spiegel.de/politik/ausland/tuerkei-beschneidet-die-pressefreiheit-kurz-vor-wahlen-a-952362.html)

Title: [Die Kommission war im Mai 2013.. ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 18, 2014, 10:26:01 AM
Nordkorea
https://de.wikipedia.org/wiki/Nordkorea (https://de.wikipedia.org/wiki/Nordkorea)

https://de.wikipedia.org/wiki/Menschenrechtssituation_in_Nordkorea (https://de.wikipedia.org/wiki/Menschenrechtssituation_in_Nordkorea)

Die öffentlichen Medien werden vollständig vom Staat und dessen Nachrichtenagentur KCNA kontrolliert. Die Bürger haben praktisch keinen Zugang zu unabhängigen und ausländischen Nachrichtenquellen. In der von Reporter ohne Grenzen veröffentlichten Rangliste zur Pressefreiheit belegte Nordkorea seit der Erstveröffentlichung im Jahre 2002 bis zum Jahre 2006 stets den letzten, seit 2007 den vorletzten Platz.
https://de.wikipedia.org/wiki/Nordkorea#Informationsfreiheit (https://de.wikipedia.org/wiki/Nordkorea#Informationsfreiheit) (02/2014)

Quote[...] Pjöngjang/Genf - Nordkoreas Regime gehört nach Einschätzung einer Uno-Untersuchungskommission wegen schwerer Verbrechen gegen die Menschlichkeit auf die Anklagebank: In nie dagewesener Deutlichkeit hat das vom Uno-Menschenrechtsrat eingesetzte Gremium der Staatsführung in Pjöngjang am Montag vorgeworfen, seit Jahrzehnten schwere Verbrechen zu begehen. In Erinnerung an die Nazi-Verbrechen im Zweiten Weltkrieg mahnte Kommissionschef Michael Kirby, fortan werde niemand mehr sagen können: "Wir wussten das nicht."

"Die Menschenrechtsverletzungen sind von einer Schwere, einem Ausmaß und einer Art, die in der heutigen Welt keinen Vergleich kennt", heißt es in dem 372-Seiten-Bericht. Aufgezählt werden "Ausrottung, Mord, Versklavung, Folter, Haft, Vergewaltigung, erzwungene Abtreibungen" sowie zahlreiche weitere Verbrechen, etwa Zwangsumsiedlungen und das Aushungern von Regimegegnern.

Vertreter der Führung in Pjöngjang müssten wegen der Verbrechen vor den Internationalen Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag gebracht werden, forderte das Expertenteam, das im Auftrag des Uno-Menschenrechtsrates den Bericht erstellte. Nordkorea begehe "systematische und weitreichende" Menschenrechtsverletzungen, von denen viele Verbrechen gegen die Menschlichkeit seien. Das Gremium kritisierte auch die Verweigerung grundlegender Menschenrechte, wie die der Meinungs- und Religionsfreiheit, sowie die Entführung von Bürgern aus Südkorea und Japan.

Die Kommission war im Mai 2013 durch den Uno-Menschenrechtsrat in Genf eingesetzt worden. Sie warf dem Regime in Pjöngjang vor, derzeit in vier großen Lagern zwischen 80.000 und 120.000 politische Gefangene zu internieren. Nordkorea hat rund 24 Millionen Einwohner.

Für die Verbrechen in Nordkorea könnten nach Einschätzung der Kommission mehrere hundert Menschen verantwortlich sein. Kirby verwies nicht ausschließlich auf Staatsführer Kim Jong Un, sagte aber, diesem falle "ein Großteil der Verantwortung zu". Im nordkoreanischen Machtgefüge laufe alles beim Obersten Führer zusammen.

Kim Jong Un ist der dritte Machthaber der Kim-Dynastie - er steht seit Ende 2011 an der Spitze der Machtpyramide, nachdem sein Vater, Kim Jong Il, gestorben war. Dessen Vater, Kim Il Sung, wird als Staatsgründer verehrt und begründete den streng hierarchischen Machtapparat und den damit verbundenen Personenkult.

In dem Bericht ist ein Schreiben Kirbys an Kim Jong Un vom 20. Januar wiedergegeben, in dem der Uno-Experte den nordkoreanischen Führer darauf hinweist, dass er auch persönlich für die Verbrechen verantwortlich gemacht werden könne. Jeder Vertreter des Machtapparats müsse auf Anklagen nach dem Völkerrecht gefasst sein. Der Bericht empfiehlt, entweder solle der Uno-Sicherheitsrat den Internationalen Strafgerichtshof (ICC) einschalten oder ein Sondertribunal einsetzen.

...

syd/AFP/AP


Aus: "Vorwürfe gegen Nordkoreas Regime: "Ausrottung, Versklavung, Folter, Vergewaltigung"" (17.02.201)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/nordkorea-uno-ermittler-wollen-kim-jong-un-anklagen-a-954045.html (http://www.spiegel.de/politik/ausland/nordkorea-uno-ermittler-wollen-kim-jong-un-anklagen-a-954045.html)

Title: [Die Demonstranten hätten gegen die öffentliche Ordnung... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 25, 2014, 10:16:11 AM
Quote[...] Moskau - Einen Tag nach Ende der Olympischen Spiele in Sotschi sorgt ein umstrittenes Urteil in Russland für Aufsehen: Weil sie gegen Wladimir Putin demonstriert haben, wurden acht Oppositionsanhänger am Montag in Moskau verurteilt. Sieben der Angeklagten müssen für zweieinhalb bis vier Jahre in Lagerhaft. Die achte Angeklagte erhielt eine Haftstrafe von drei Jahren und drei Monaten auf Bewährung. Das teilten die Behörden mit.

Die Angeklagten waren am Freitag schuldig gesprochen worden, 2012 aus Protest gegen Putins Rückkehr ins Präsidentenamt an Massenkundgebungen teilgenommen zu haben. Sie sollen dabei Polizisten geschlagen haben. Augenzeugen hatten dagegen berichtet, die Gewalt bei der Kundgebung sei von den Sicherheitskräften ausgegangen.

Hunderte Menschen solidarisierten sich mit den Verurteilten und demonstrierten vor dem Moskauer Gericht. Sie skandierten "Schande" und "Maidan", eine Anspielung auf die Proteste in der Ukraine, die am Samstag zum Sturz des Präsidenten führten.

Bis zum Abend nahm die Polizei bei den unerlaubten Protesten etwa 420 Menschen vorläufig fest. Die Demonstranten hätten gegen die öffentliche Ordnung verstoßen, teilte die Polizei mit. Unter ihnen befinden sich auch prominente Putin-Kritiker wie der Oppositionspolitiker Alexej Nawalny sowie die beiden im Dezember aus der Haft entlassenen Mitglieder der Frauenpunkband Pussy Riot, Nadeschda Tolokonnikowa und Maria Alechina.

Die Opposition warf der Justiz vor, die Verkündung des Strafmaßes auf Montag verschoben zu haben, um die Abschlussfeier der Olympischen Winterspiele im südrussischen Sotschi nicht zu stören.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hatte die Verfahren gegen die Oppositionellen als "Schauprozesse" und die Urteile vom Freitag als "abscheuliche Ungerechtigkeit" kritisiert. Der Verteidiger eines zu zweieinhalb Jahren Straflager verurteilten Angeklagten, Jaroslaw Belusow, nannte die Urteile politisch motiviert und die Haftstrafen unangemessen hoch.

Die Proteste vor Putins Wiederantritt als Präsident Anfang Mai 2012 hatten zu heftigen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften mit Dutzenden Verletzten auf beiden Seiten geführt. In der Folge wurden zahlreiche Oppositionsanhänger festgenommen.

vek/AFP/dpa/Reuters


Aus: "Kurz nach Olympia: Vier Jahre Straflager für Anti-Putin-Demonstranten" (24.02.2014)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/kreml-kritik-vier-jahre-straflager-fuer-anti-putin-demonstranten-a-955374.html (http://www.spiegel.de/politik/ausland/kreml-kritik-vier-jahre-straflager-fuer-anti-putin-demonstranten-a-955374.html)

Title: Re: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 04, 2014, 10:17:55 PM


Quote[...] Berlin - Mit dem "Workshop Cybercrime", dem "Basismodul Stipendiatenausbildung" und dem "Arbeitsbesuch zu Terrorismusfragen" unterstützte die Bundesregierung von 2009 bis 2013 die ukrainische Regierung. Auch mit Lehrgängen zur Bekämpfung von Schleuser- und Rauschgiftkriminalität sei dem Regime von Präsident Wiktor Janukowitsch geholfen worden. So lautet die Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Hans-Christian Ströbele, die am Dienstag bekannt wurde.

Demnach hat das Bundeskriminalamt dem ukrainischen Sicherheitsdienst SBU polizeiliche Aufbauhilfe geleistet. Zur Gewährleistung der Sicherheit bei der Fußball-Europameisterschaft 2012 habe es auch Seminare sowie Trainingseinheiten mit der Polizeisondereinheit Berkut gegeben.

Für die Berkut-Einheit seien ferner Schutzhelme und leichte Körperschutzausstattung geliefert worden. "Die Antwort der Bundesregierung zeigt, wie schnell man vom gestrigen Freund zum Feind und Diktator erklärt werden kann", sagte Ströbele auf seiner Homepage. "Mögliche Zuwendungen an rechtsradikale Gruppierungen dementiert die Bundesregierung nicht, sie behauptet lediglich, keine Kenntnis davon zu haben."

Bis zuletzt hatten die Männer der Sondereinheit Berkut - übersetzt heißt das Steinadler - Janukowitsch verteidigt, mit Knüppeln, Tränengas und Gummigeschossen. Nach dem Sieg auf dem Maidan wollten die Revolutionäre in Kiew Kommandeure und Berkut-Kämpfer vor Gerichte stellen. Übergangs-Innenminister Arsenij Awakow hat die Einheit offiziell aufgelöst.

vek/dpa


Aus: "Janukowitschs Sicherheitskräfte: Bundesregierung half Berkut-Einheit mit Seminaren" (04.03.2014)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/ukraine-bundesregierung-half-der-berkut-einheit-mit-seminaren-a-956960.html (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/ukraine-bundesregierung-half-der-berkut-einheit-mit-seminaren-a-956960.html)

>> http://de.wikipedia.org/wiki/Euromaidan (http://de.wikipedia.org/wiki/Euromaidan)

Title: [Den erwarteten Sieg... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 10, 2014, 08:54:58 AM
Quote[....] Bei der Parlamentswahl in Nordkorea hat die Partei von Machthaber Kim Jong Un den erwarteten Sieg erzielt. "Alle Wähler haben sich beteiligt und 100 Prozent haben für Kim Jong Un gestimmt", meldete die amtliche Nachrichtenagentur KCNA. Das Ergebnis zeige die vollständige Unterstützung der Bevölkerung für den "höchsten Führer". Es war die erste Wahl, seit Kim nach dem Tod seines Vaters Kim Jong Il im Dezember 2011 die Macht übernommen hatte. ... Für die diesjährige Parlamentswahl ließ Kim seit Wochen mit Gedichten und unmissverständlichen Aufrufen werben. Darin wurde die Abstimmung etwa als "Welle der Gefühle und der Freude" beschrieben.
...

Quote
    Horse Badorties
    vor 3 Minuten

Solides Ergebnis

Glückwunsch!



Aus: "100 Prozent für Kim Jong Un" (10. März 2014)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/ausland/2014-03/nordkorea-parlamentswahl-kim-jong-un (http://www.zeit.de/politik/ausland/2014-03/nordkorea-parlamentswahl-kim-jong-un)

Title: [Wer die Hoheit über die Bilder hat... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 29, 2014, 11:52:33 AM
Quote[...] Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) hat sich dafür ausgesprochen, dass die Polizei Netzmedien wie Twitter und Youtube stärker nutzt. Auch die Polizei müsse darauf reagieren, dass wir in einer Informationsgesellschaft leben.

"Wer die Hoheit über die Bilder hat, hat die Hoheit über die Meinungsbildung", erklärte der Vorsitzender der deutschen Innenministerkonferenz in der Zeitschrift Deutsche Polizei der Gewerkschaft der Polizei. Besonders nach Demonstrationen müsse die Polizei mit sozialen Medien gegen die verzerrenden links- und rechtsextremistischen Darstellungen vorgehen.

Seit einer Woche ist die Berliner Polizei doppelt auf Twitter vertreten. Ein Account ist dabei speziell den Großeinsatzlagen vorbehalten und sammelte gleich während des ersten Einsatzes anlässlich einer Demonstration gegen "staatliche Repression" unter #antirep14 kuriose Erfahrungen. So reagierten einige Personen auf die per Twitter gestellte Forderung, dass eine spontane Demonstration angemeldet werden müsse, mit humoristischen Anmeldetweets.

Dass die Polizei diese Medien nutzt und besser nutzen kann, ist für Ralf Jäger eine Pflichtübung, gerade im Umgang mit radikalen Demonstranten. "Wir dürfen ihnen nicht das Feld überlassen. Aber man muss auch selbstkritisch sagen: Es gibt bei Großlagen faktisch keine fehlerfreien Einsätze", meinte Jäger. Die Fehler müssten offensiv und schnell am selben Tag kommuniziert werden, "weil bei YouTube und Twitter die Nachrichten schon laufen". Wenn die Polizei nach Großlagen mit falschen Anschuldigen überhäuft werde, seien schnelle Informationen gefragt. "Die Bürger haben einen Anspruch auf umfassende Informationen, um sich ein objektives Bild machen zu können." (Detlef Borchers) / (anw)




Aus: "NRW-Innenminister: Polizei soll über Twitter und YouTube in die Medienoffensive gehen" (28.03.2014)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/NRW-Innenminister-Polizei-soll-ueber-Twitter-und-YouTube-in-die-Medienoffensive-gehen-2157178.html (http://www.heise.de/newsticker/meldung/NRW-Innenminister-Polizei-soll-ueber-Twitter-und-YouTube-in-die-Medienoffensive-gehen-2157178.html)

Berliner Polizist über Twitter: ,,Wir folgen niemandem" (24. 03. 2014)
http://taz.de/Berliner-Polizist-ueber-Twitter/!135492/ (http://taz.de/Berliner-Polizist-ueber-Twitter/!135492/)

Title: [... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 29, 2014, 12:42:37 PM
Quote[....] Erdogan steht seit fast einem Jahr international in der Kritik. Die landesweiten Gezi-Proteste, die vor rund elf Monaten begannen, ließ er mit massiver Polizeigewalt niederschlagen. Auf Korruptionsermittlungen reagierte er mit der Versetzung zahlreicher Polizisten und Staatsanwälte. Mit der AKP-Mehrheit im Parlament wurden Gesetze zur schärferen Kontrolle des Internets und zur Ausweitung der Befugnisse des Geheimdiensts MIT verabschiedet.

...


Aus: "Replik auf Bundespräsidenten: Erdogan attackiert "Pastor" Gauck" (29.04.2014)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/tuerkei-erdogan-attackiert-pastor-gauck-a-966734.html (http://www.spiegel.de/politik/ausland/tuerkei-erdogan-attackiert-pastor-gauck-a-966734.html)
Title: [Being happy is a crime... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 21, 2014, 09:51:01 AM
Quote[...] Weil sie eine Version von Pharell Williams Hit-Video ,,Happy" ins Internet gestellt haben, sind sechs junge Iraner festgenommen worden. Der Clip zeigt drei Männer und drei unverschleierte Frauen, wie sie zu dem Song tanzen, singen und Spaß haben.

Nach der Veröffentlichung eines ,,vulgären Clips im Cyberspace", der gegen die ,,öffentliche Sittsamkeit" verstoße, seien alle Beteiligten ermittelt und festgenommen worden, meldete die Nachrichtenagentur ISNA am Dienstag unter Berufung auf die Teheraner Polizei. Die sechs Festgenommenen hätten ihre ,,kriminellen Taten" gestanden.

Gemäß dem seit 1979 im Iran geltenden islamischen Recht müssen Frauen sich in der Öffentlichkeit von Kopf bis Fuß verschleiern. Eine eigens gebildete ,,Moralpolizei" wacht über die Einhaltung der Vorschriften. Das Internet wird im Iran massiv überwacht.

...

Quote

dasimsi

Vor 1 Stunde

Tiere is no way that being happy is a crime!!



Aus: "Sechs Iraner wegen "Happy"-Video auf YouTube festgenommen" (21.05.14)
Quelle: http://futurezone.at/digital-life/sechs-iraner-wegen-happy-video-auf-youtube-festgenommen/66.618.678 (http://futurezone.at/digital-life/sechs-iraner-wegen-happy-video-auf-youtube-festgenommen/66.618.678)

Title: [In der Anklageschrift... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 04, 2014, 01:06:12 PM
Quote[...] BERLIN | Bis zu 98 Jahre Haft fordert die Staatsanwaltschaft im südtürkischen Antalya für Ayşe Deniz Karacagil. Die Vorwürfe sind üppig: Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, Widerstand gegen die Staatsgewalt, Sachbeschädigung, Verstoß gegen das Versammlungsrecht.

Weniger üppig sind die Beweise. In der Anklageschrift, die der taz vorliegt, wird der 20-Jährigen vorgeworfen, sie habe bei den Gezi-Protesten im Sommer vorigen Jahres einen roten Schal getragen und sich damit vermummt. Im Übrigen sei Rot die Farbe des Sozialismus, mithin Beleg ihrer Zugehörigkeit zur verbotenen maoistischen Organisation MLKP.

Bei einem der Mitangeklagten stützt sich derselbe Vorwurf darauf, dass bei ihm eine Karte für den öffentlichen Nahverkehr von Ankara gefunden wurde. Weitere Beweise: Rucksäcke und Gasmasken. Für die anderen Angeklagten – drei Männer und eine Frau, alle um die zwanzig Jahre alt – fordert die Anklage Haftstrafen zwischen elf und 95 Jahren.

,,Das heißt nicht, dass wir mit einem Urteil in dieser Höhe rechnen", sagt Karacagils Verteidiger Hakan Evcin im Gespräch mit der taz. ,,Die haben einfach die Strafmaße für die einzelnen Tatbestände zusammengerechnet." Dennoch sei die hohe Strafforderung nicht sinnlos: ,,Es geht um Einschüchterung." Anklagen mit ,,solchen absurden Beweisen" erinnern ihn an die neunziger Jahre. Zwischendurch hätten solche Fälle etwas abgenommen, zuletzt sei die Entwicklung wieder rückläufig. ,,Letztlich muss man sagen, dass sich unter der AKP-Regierung nichts verbessert hat", meint Evcin.

Ayşe Deniz Karacagil und ihre vier Mitangeklagten waren Anfang Oktober bei Razzien festgenommen worden und verbrachten danach vier Monate in Untersuchungshaft. Die einzigen konkreten Beweise gegen Karacagil sind Fotos, die sie vermummt und beim Barrikadenbau zeigen. ,,Die Vermummung war ein Schutz vor dem Tränengas. Und Barrikaden aus Mülltonnen haben die Leute gebaut, um sich vor der Polizei zu schützen", meint der Anwalt. Zeugenaussagen, dass Karacagil Steine geworfen hätte, gibt es nicht, auch keine entsprechenden Fotos.

Abgesehen von der Terrororganisation stehen alle Vorwürfe gegen seine Mandantin im Zusammenhang mit den Protesten Mitte September. In verschiedenen Städten der Türkei gingen damals Menschen auf die Straße, weil in Antakya der Demonstrant Ahmet Atakan ums Leben gekommen war. Die Umstände seines Todes sind bis heute nicht aufgeklärt. ,,Wegen dieser Proteste ist Karacagil in drei verschiedenen Verfahren angeklagt", sagt der Anwalt. Das sei rechtswidrig.

,,Ayşe Deniz geht es den Umständen entsprechend gut", sagt ihr Vater Ömer Faruk Karacagil im Gespräch mit der taz und bittet um Verständnis, dass seine Tochter derzeit nicht öffentlich reden wolle. Sie habe sich nicht erst mit den Gezi-Protesten politisiert, sondern sei vorher schon ein politisch aktiver Mensch gewesen, aber nur in legalen Vereinen wie den ,,Volkshäusern" (Halkevleri). ,,Sie will Malerei studieren und hat gerade die erste Runde der Aufnahmeprüfung zur Universität bestanden", erzählt der Vater. Allerdings er ist nicht allzu zuversichtlich, dass das mit dem Studium bald klapp: ,,Bei diesem Staat muss man mit allem rechnen. Und wir rechnen damit, dass Ayşe Deniz verurteilt wird."

Antalya ist außerhalb als Tourismuszentrum bekannt. Aber Antalya ist auch eine Großstadt mit einer Million Einwohnern und einer großen Universität. Traditionell herrscht in der Stadt am Mittelmeer ein säkularer Lebensstil. Zugleich hat Antalya in den vergangenen Jahren eine große Zuwanderung aus zentral- und ostanatolischen Provinzen erfahren. Bei der Kommunalwahl Ende März gewann die AKP knapp gegen die CHP, die zuvor die Stadt regiert hatte.

In den ersten Tagen der Gezi-Proteste kam es damals in Antalya zu schweren Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Demonstranten. Türkische Medien berichteten, dass sich der damalige CHP-Oberbürgermeister geweigert habe, die Wasserwerfer der Polizei mit Wasser zu versorgen. Danach beruhigte sich die Lage, tagelang campierten größtenteils junge Menschen auf dem zentralen Cumhuriyet-Platz. Ein bisschen Gezi-Gefühl in der Provinz.

Im Zusammenhang mit Gezi stehen in Antalya nun insgesamt 350 Personen vor Gericht. Das Urteil im Verfahren gegen Ayşe Deniz Karacagil und ihre Mitangeklagten ist für den 12. Juni angesetzt. Am selben Tag beginnt in Istanbul der Prozess gegen 26 Mitglieder der Taksim-Solidarität, darunter Vertreter der Architekten- und der Ärztekammer. Die Staatsanwaltschaft fordert für sie bis zu 29 Jahre Haft.


Aus: "Gezi-Prozess in der türkischen Provinz: Roter Schal? 98 Jahre Knast!" Deniz Yücel (04. 06. 2014)
Quelle: http://www.taz.de/Gezi-Prozess-in-der-tuerkischen-Provinz/!139717/ (http://www.taz.de/Gezi-Prozess-in-der-tuerkischen-Provinz/!139717/)

Title: [Die Fragestellung besteht... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 10, 2014, 10:38:29 AM
Quote[...] Die Sonderkommission wurde aus mindestens 32 Beamten verschiedener Abteilungen der Polizei sowie des Verfassungsschutzes und der Terrorismusbekämpfung gebildet und ermittelte seit 10. April 2007 wegen Sachbeschädigung gegen die Verdächtigten. Es kam im Laufe der Ermittlungen zu umfassenden Observationen in Form von Lauschangriffen, Peilsendern, Online-Überwachungen, Beschattungen und verdeckten Ermittlungen gegen eine große Anzahl von Personen. Acht Monate nach Beginn der Ermittlungen der SoKo berichtete diese am 18. Dezember 2007 dem Generaldirektor der Polizei, bis auf eine DNA-Spur auf einem Pflasterstein keine Ermittlungsergebnisse vorweisen zu können. Trotz des Ausbleibens von Ermittlungsergebnissen beantragte die Sonderkommission im Jänner 2008 Videoüberwachungen und brachte hierbei erstmalig den Verdacht vor, dass die Tierschützer eine kriminelle Vereinigung gebildet hätten.

... Gleich nach Ende des Verfahrens wurden diverse Strafanzeigen gegen Personen gestellt, die direkt oder indirekt an der Anklage beteiligt waren. Erich Zwettler, Leiter der Sonderkommission, wurde gemeinsam mit drei weiteren Beamten von Albert Steinhauser, Justizsprecher der Grünen, wegen Amtsmissbrauchs, falscher Beweisaussage, Freiheitsentziehung und Urkundenunterdrückung bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft angezeigt. Begründet wurde dies mit der Manipulation von Beweisen, der Vertuschung entlastender Ermittlungsergebnisse, Falschaussagen bezüglich des Einsatzes der verdeckten Ermittlerin Danielle Durand vor Gericht sowie der weiterhin verweigerten Akteneinsicht. Der Vorwurf der Freiheitsentziehung wurde damit begründet, dass die Polizei Sachverhalte bewusst falsch dargestellt hatte, um die Untersuchungshaft der Beschuldigten aufrechtzuerhalten. Die Verfahren wurden von der Korruptionsstaatsanwaltschaft im September 2011 eingestellt. Von Seiten der Betroffenen wurden Fortführungsanträge gestellt. Nachdem der Unabhängige Verwaltungssenat bereits argumentiert hatte, dass Zwettler als Soko-Leiter nichts von dem Einsatz ,,Durands" nach dem 31. Dezember 2007 gewusst haben müsse – schließlich gebe es ja auch jedes Jahr zahlreiche Fälle sexuellen Kindesmissbrauchs, ohne dass nahe Angehörige etwas bemerkten –, stellte die Staatsanwaltschaft Wien das Verfahren im Juni 2012 mit ebendieser Begründung ein.

... Ein mehrjähriges interdisziplinäres Forschungsprojekt unter Beteiligung von Juristen und Philosophen an der Universität Wien arbeitet seit 2011 an der juristischen Aufarbeitung des Prozesses. Die Fragestellung besteht insbesondere darin, ob § 278a StGB systematisch zivilgesellschaftliches Engagement erschwert.

...


Aus: "Wiener Neustädter Tierschützerprozess" (30. Mai 2014)
https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Wiener_Neust%C3%A4dter_Tiersch%C3%BCtzerprozess&oldid=130874004 (https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Wiener_Neust%C3%A4dter_Tiersch%C3%BCtzerprozess&oldid=130874004)

-.-

QuoteFreispruch für Tierschützer: Unaufgearbeiteter Skandal
Kommentar | Irene Brickner
27. Mai 2014, 18:55
Die Hintergründe der Skandalanklage harren noch der politischen Aufarbeitung

Die Freisprüche für Felix H. im dritten Folgeverfahren des großen Tierschützerprozesses sind noch nicht rechtskräftig. Aber Bilanz ziehen lässt sich schon jetzt: nämlich dass die Gerichtsgänge der vergangenen Wochen gegen Tierschützer, die davor jahrelang grundlos verdächtigt worden waren, eine Tierrechtsmafia zu bilden, letzte Ausläufer eines fatalen Justizirrtums sind.

Dessen Ursachen liegen in einem der größten Polizei- und Justizskandale der vergangenen Jahre, im Zuge dessen das Organisationsstrafrecht für Ermittlungen gegen Antipelzaktivisten herhalten musste. Das begann mit der Gründung einer "Sonderkommission Bekleidung", nur einen Tag nachdem die Inhaber der Firma Kleider Bauer wegen Sachbeschädigungen im Innenministerium angerufen hatten. Es setzte sich in jahrelangem Einsatz von Lauschangriffen, Peilsendern und verdeckten Ermittlern gegen Tierschützer fort, in über hunderttägiger U-Haft von neun Aktivisten sowie dem eingangs erwähnten Monsterprozess wegen Paragraf 278a, der diesbezüglich mit Freisprüchen endete.

Die Hintergründe dieses Skandals, der einiges mit Freunderlwirtschaft in den konservativen österreichischen Machteliten zu tun haben dürfte, wurden politisch bisher nicht aufgearbeitet. Das verheißt nichts Gutes für künftige vergleichbare Konstellationen, wenn Kritiker Angehörigen des Establishments ernsthaft lästig werden. Und es schwächt das Vertrauen in Polizei und Anklagebehörden. (Irene Brickner, DER STANDARD, 28.5.2014)

QuoteImpressum1
29.5.2014, 10:55
Dazusagen muss man aber auch, dass der Kern des Skandals in einem Innenministerium liegt, in dem ein Anruf eines Parteifreundes genügt, den halben Polizeiapparat ohne Rücksicht auf Rechtsgründe oder gar Kosten damit zu befassen.

Weiter geht es dann mit Staatsanwälten, die mitwillig Verfahren vom Zaun brechen, bei denen von vornherein klar ist dass sie nach geltendem Recht nicht mit einer Verurteilung enden können und wo das Ziel einfach darin besteht, die Verfolgten durch Verfahrenskosten und Terror fertigzumachen.

Wer war damals zuständig im Innenministerium, wer war im Justizministerium dem weisungsgebundenen Staatsanwalt übergeordnet?

Gewissenlose, die "Beziehungen" ausnützen wollen, wird es immer geben, die Verantwortung liegt aber hauptsächlich bei jenen korrupten Teilen des Staatsapparates, die so etwas ermöglichen.


QuoteFelix Kuttinger
29.5.2014, 13:51
"schwächt das Vertrauen in Polizei und Anklagebehörden."

Das ist die eigentliche Katastrophe. Die Einrichtungen des Staates wurden für die Freunderlwirtschaft unter Eliten missbraucht und erwiesen sich dabei als willfährig.

Juristisch lässt sich das wohl kaum aufarbeiten. Der Seilschaften wegen.
Und in Österreich ist es der parteipolitisch gegängelten Staatsanwaltschaft wegen undenkbar, dass Justizskandale durch ausgerechnet die Justiz aufgeklärt werden. Die Staatsanwaltschaft scheint mir, des Längerem schon, moralisch bankrott. ...



Quelle: http://derstandard.at/2000001604588/Freispruch-fuer-Tierschuetzer-Unaufgearbeiteter-Skandal (http://derstandard.at/2000001604588/Freispruch-fuer-Tierschuetzer-Unaufgearbeiteter-Skandal)

Title: [Heute beginnt der Prozess... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 12, 2014, 11:32:31 AM
Quote[...] Heute beginnt der Prozess gegen die Organisatoren der Gezi-Proteste. Die türkische Regierung überzieht ihre Gegner mit Klagen.

... Sie werden beschuldigt, Gründer einer "kriminellen Vereinigung" zu sein, außerdem sollen sie andere zur Teilnahme an "ungenehmigten Demonstrationen" provoziert haben. Bis zu 15 Jahre Haft drohen ihnen bei Verurteilung. Für die 63-jährige Yapıcı wäre das fast lebenslänglich.

Der Prozess ist das neueste und prominenteste Beispiel für das, was Amnesty International so beschreibt: "Adding injustice to injury" – Zu Verletzungen kommt Ungerechtigkeit. Der türkische Staat geht systematisch vor Gericht gegen die Gezi-Protestierenden vor. Nach Angaben der Menschenrechtsstiftung der Türkei werden über 5.500 Menschen deswegen strafrechtlich verfolgt. 

...


Aus: "Staatsfeind Baumschützer" Mirjam Schmitt, Istanbul (12. Juni 2014)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/ausland/2014-06/istanbul-gezi-park-prozess (http://www.zeit.de/politik/ausland/2014-06/istanbul-gezi-park-prozess)

Title: [Zuhörer der Landtagsdebatte... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 10, 2014, 01:08:29 PM
Quote[...] Lübeck. Polizei- und Zollkontrollen ohne jeden Verdacht und Anlass — darf es so etwas in Deutschland wirklich nur in Ausnahmefällen geben? Zuhörer der Landtagsdebatte wurden gestern eines Besseren belehrt. In Schleswig-Holstein sind anlasslose Kontrollen seit Jahren fast flächendeckend möglich, das Land gilt weitgehend als ,,Gefahrengebiet". FDP und Piraten wollen das ändern. SPD, SSW und CDU mauern. Die Grünen schwanken zwischen Bürgerrechts-Prinzipien und Koalitionstreue.

Es geht um Paragraf 180 im 2007 vom damaligen SPD-Innenminister Ralf Stegner und der Großen Koalition verschärften Verwaltungsgesetz. Demnach darf die Polizei in einem 30 Kilometer breiten Streifen südlich der dänischen Grenze und entlang der Nord- und Ostseeküste Personen und Fahrzeuge wahllos kontrollieren. Anordnen darf das die Polizeidirektion, sofern ,,Tatsachen, insbesondere dokumentierte polizeiliche Lageerkenntnisse, dies rechtfertigen", heißt es nebulös. Erst nach 84 Tagen muss das vom Amtsgericht überprüft werden.

Im Innenministerium und im Landespolizeiamt heißt es, dass davon nur der Zoll Gebrauch mache, um Schmuggel und Schleusung zu verhindern. Im Gesetz aber gibt es eine solche Beschränkung nicht. In Lübeck nutzte die Polizei schon zwei Mal die Möglichkeit, einmal 2011 unmittelbar vor einer Großdemonstration der Rechten, einmal bei einem Fußballspiel.

Für Pirat Patrick Breyer drückt der Paragraf Misstrauen ,,gegen Millionen von Menschen" aus. Verdachtslose Jedermann-Kontrollen machten weite Teile des Landes zu ,,Sonderrechts-Zonen". Dazu komme, dass auch Viertel von Kiel, Lübeck oder Neumünster sowie des Herzogtum Lauenburgs, Stormarns und Segebergs zeitweise als Gefahrengebiete ausgewiesen worden seien — Neumünster sogar fünf Jahre lang. Die Piraten wollen so etwas komplett verbieten. ,,Schleswig-Holstein ist kein Gefahrengebiet." Und: Man wolle keine Sicherheit durch polizeiliche Dauerkontrollen.

Innenminister Andreas Breitner (SPD) brachte das auf die Palme. Er habe die ,,destruktive Dauerkritik an nahezu allem, was Polizei tut", satt. Die Polizei werde offenbar als latente Bedrohung der Freiheit der Bürger angesehen. Dabei sei sie es, die die Freiheit vor Straftätern schütze. Gefahrengebiete erleichterten den Kampf gegen Einbrecher und Rocker. Die Piraten wollten hingegen nur eine ,,Notruf-Polizei" haben, die gar nicht mehr versuche, Kriminalität zu verhindern. Es gebe in der Gesellschaft aber ,,kein absolutes Recht Einzelner, überall und zu jeder Zeit von polizeilichem Handeln unbehelligt zu bleiben. Zum Glück, sage ich."

Astrid Damerow (CDU) verteidigte die Maßnahme ebenfalls. Es gehe nur um ,,begrenzte Gebiete, in denen die Befugnisse der Polizei in geringem Maße ausgeweitet werden". Das wies FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki zurück. Es gehe nicht darum, was Polizisten die Arbeit erleichtere, sondern um die Frage, ob der Erfolg einer Maßnahme einen so schweren Grundrechtseingriff rechtfertige. Und die Ausweisung von Gefahrengebieten führe eben nirgendwo zu einem Kriminalitätsrückgang. ,,Wir wollen Polizeikontrollen, aber nur dort, wo sie auch etwas bewirken."

Burkhard Peters (Grüne) räumte ein, dass seine Partei der Sache von jeher skeptisch gegenübergestanden habe. Er will deshalb deren Wirksamkeit kontrollieren. ,,Es hat uns auch hellhörig gemacht, dass in Neumünster seit fünf Jahren ein Gefahrengebiet eingerichtet ist." Bei grenznahen Kontrollen würden vor allem ausländisch aussehende Menschen kontrolliert. So ein ,,Racial Profiling" sei diskriminierend.

Lars Harms (SSW) will den Bürgern nur zubilligen, dass sie hinterher über die Ausweisung von Gefahrengebieten informiert werden. Die Piraten werden wohl vors Verfassungsgericht ziehen.


Aus: "Kiel: Fast das ganze Land ist Gefahrengebiet" Wolfram Hammer und Julia Paulat (19.06.2014)
Quelle: http://www.ln-online.de/Nachrichten/Norddeutschland/Fast-das-ganze-Land-ist-Gefahrengebiet (http://www.ln-online.de/Nachrichten/Norddeutschland/Fast-das-ganze-Land-ist-Gefahrengebiet)

Title: [Es gibt keinen Platz für solches... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 29, 2014, 11:13:26 AM
Quote[...] US-Polizisten der California Highway Patrol (CHP) sollen in mehreren Fällen Nacktbilder von den Smartphones nichtsahnender weiblicher Verhafteter kopiert und untereinander getauscht haben. Diese Praktik kam laut Bericht der Zeitung Inside Bay Area bei Ermitttlungen gegen einen 35-jährigen Beamten ans Licht. Es sei ein "Wettbewerb" unter einigen Polizisten gewesen, solche Bilder zu finden und zu verbreiten, zitiert die Zeitung Gerichtsunterlagen. ... Der Bericht zitiert auch aus den Nachrichten, mit denen die beschuldigten Polizisten die Bilder untereinander diskutierten – unter anderem mit Kommentaren wie "Nice" ,,Enjoy buddy!!!" und "No f------ nudes?". "Wir erwarten ein Höchstmaß an Integrität und moralische Festigkeit von jedem unserer Beamten, es gibt keinen Platz für solches Verhalten in unserer Behörde", zitiert die Zeitung den Leiter der CHP. Der verdächtige 35-jährige Beamte soll laut Bericht vom Streifendienst abgezogen worden sein und derzeit interne Aufgaben verrichten.

... Angesichts solcher Vorkommnisse gewinnt übrigens auch die Debatte um eine standardmäßig eingeschaltete Verschlüsselung von Mobilgeräten mit iOS und Android neue Brisanz: Sowohl Apple als auch Google hatten dieses Sicherheitsfeature angekündigt, worauf es heftige Proteste seitens Strafverfolgern gab. Insbesondere das FBI machte sich für eine Aufweichung der Verschlüsselung stark.

...

Quoteepic fail, 28. Oktober 2014 20:44
Re: Wir erwarten ein Höchstmaß an Integrität und moralische Festigkeit von jedem

> epic fail schrieb am 28. Oktober 2014 20:20
> > ... es gibt keinen Platz für solches Verhalten in
> > unserer Behörde
> ...ausser eben im internen Dienst.

Ich finde es erschreckend, wie sie nach all den Geschichten die man
von Polizeibeamten kennt, noch immer diese hohlen Phrasen dreschen,
als gäbe es kein gestern, heute und morgen.

Es ist einfach so lächerlich!



Aus: "US-Polizisten sollen Nacktbilder von den Smartphones Verdächtiger gestohlen haben" (28.10.2014)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/US-Polizisten-sollen-Nacktbilder-von-den-Smartphones-Verdaechtiger-gestohlen-haben-2437593.html (http://www.heise.de/newsticker/meldung/US-Polizisten-sollen-Nacktbilder-von-den-Smartphones-Verdaechtiger-gestohlen-haben-2437593.html)

"Warrant: "CHP officer says stealing nude photos from female arrestees 'game' for cops"
By Matthias Gafni and Malaika Fraley Contra Costa Times
Posted:   10/24/2014 01:58:41 PM PDT"
http://www.insidebayarea.com/breaking-news/ci_26793090/warrant-chp-officer-says-stealing-nude-photos-from (http://www.insidebayarea.com/breaking-news/ci_26793090/warrant-chp-officer-says-stealing-nude-photos-from)

Title: [Nunmehr zählen dort offenbar auch Tweets... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 30, 2014, 10:12:01 AM
Quote[...] Drei Rechtsanwälte wurden in Saudi-Arabien zu Haftstrafen zwischen fünf und acht Jahren verurteilt, weil sie in Tweets "willkürliche Verhaftungen" beklagt hatten. Wie die saudische Presseagentur SPA berichtet, wurden die Anwälte für schuldig befunden, gegen das saudische Justizsystem agitiert, das Recht der islamischen Sharia kritisiert und sich in die Unabhängigkeit der Justiz eingemischt zu haben. Die verurteilten Anwälte dürfen künftig auch weder Social Media nutzen noch ausreisen.

Saudi Arabien war dieses Jahr auch von UN-Hochkommissar für Menschenrechte Navy Pillay für ein neues Antiterror-Gesetz kritisiert worden. Dieses sei so vage formuliert, dass es praktisch die willkürliche Verhaftung von jedem erlaubt, der die saudische Regierung kritisiert. Nunmehr zählen dort offenbar auch Tweets zu Gedankenverbrechen. Die Ironie, dass der Staat die Vorwürfe der Anwälte durch sein drakonisches Vorgehen bestätigt, scheint den Verantwortlichen nicht präsent zu sein. Das drastische Vorgehen gegen Kritik in Social Media dürfte im Licht des sogenannten Arabischen Frühlings zu sehen sein, als sich über Facebook und andere Medien Widerstand gegen die arabischen Systeme formierte und organisierte.

...

Quotetuldul, 29.10.2014 21:59

Erinnert sich noch jemand an Pussy Riot?
Was wurde hier wochen- und monatelang im Blätterwald gegen Russland agitiert.
Und nun, liest man irgendwo außer TP darüber?
Setzen sich prominente Politiker für die Rechtsanwälte ein?
Alle sind gleich, manche sind gleicher und der westen und seine verbündete sind sakrosankt.



Aus: "Gedankenverbrechen in 140 Zeichen" Markus Kompa (29.10.2014)
Quelle: http://www.heise.de/tp/news/Gedankenverbrechen-in-140-Zeichen-2437875.html (http://www.heise.de/tp/news/Gedankenverbrechen-in-140-Zeichen-2437875.html)

Title: [Vor allem... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 13, 2014, 01:53:47 PM
Quote[...] Drei Bundespolizisten sollen es in Berliner Bahnhöfen vor allem auf betrunkene Obdachlose abgesehen haben, um ihre Statistiken hochzutreiben, berichtet nun der Spiegel. Gegen die drei werde bereits ermittelt, zwei hätten zum Teil gestanden. ...


Aus: "Wenn Polizisten Straftaten fälschen" Felix Werdermann (13.11.2014)
Quelle: https://www.freitag.de/autoren/felix-werdermann/wenn-polizisten-straftaten-faelschen (https://www.freitag.de/autoren/felix-werdermann/wenn-polizisten-straftaten-faelschen)

Title: [Die Tatsache... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 25, 2014, 12:25:32 PM
Quote[...] Die Tatsache, dass erneut der Tod eines afroamerikanischen Jugendlichen durch die Staatsgewalt ungeahndet bleibt, hat im ganzen Land Ohnmacht und Hilflosigkeit ausgelöst. Hinzu kommt: In dieser Woche starb ein zwölf Jahre alter Junge in Ohio durch Polizeikugeln. Der Junge hatte mit einer Spielzeugpistole hantiert, die ein Polizist wohl für eine echte Waffe hielt. In Brooklyn wurden zwei unschuldige Bewohner eines Sozialbaukomplexes von einem nervösen Polizisten in ihrem eigenen Treppenhaus erschossen.

... Amerika mag diese Häufung an willkürlicher Polizeigewalt nun nicht mehr ertragen. So sagte Jeffrey Mittman, Direktor der Bürgerrechtsvereinigung American Civil Liberties Union von Missouri zum Spruch der Jury in Ferguson: "Die Entscheidung negiert nicht die Tatsache, dass Michael Browns Tod Teil eines alarmierenden nationalen Trends ist. Polizisten benutzen exzessive Gewalt gegen schwarze Amerikaner und werden in den seltensten Fällen dafür zur Rechenschaft gezogen." Auf den Schildern der Demonstranten von Ferguson waren Parolen zu lesen wie "Black Lives Matter" – auch schwarze Leben haben Wert.

...


Aus: "Ferguson: "Das ist nicht richtig"" (25. November 2014)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/2014-11/ferguson-michael-brown-polizist (http://www.zeit.de/politik/2014-11/ferguson-michael-brown-polizist)

Last Week Tonight with John Oliver: Ferguson, MO and Police Militarization (HBO) [17.08.2014]
https://www.youtube.com/watch?v=KUdHIatS36A (https://www.youtube.com/watch?v=KUdHIatS36A)

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Quote[...] In den USA ist die Frustration über ein außer Kontrolle geratenes Polizeisystem groß. Das Gefühl, dass die Polizei der Freund und Helfer ist, ist längst dem Eindruck gewichen, dass die Polizei sich in einer Art Krieg gegen die eigene Bevölkerung befindet.

So unmittelbar und roh waren sie bislang noch nie spürbar in Amerika – der Zorn, die Wut und die Ohnmacht über ein Polizei- und Strafrechtssystem, das außer Kontrolle geraten ist. Tausende, wenn nicht Zehntausende gingen in der Nacht auf die Straßen von Ferguson, Los Angeles, New York und Chicago. ,,Stop Killing our Children", war auf vielen der Transparente der Demonstranten zu lesen. Die Frustration über den Freispruch für Darren Wilson sitzt nicht zuletzt deshalb so tief, weil man ihn erwartet hatte. Man hat sich in den USA daran gewöhnt, dass die Staatsmacht mit Willkür handelt und dass sie praktisch niemandem Rechenschaft schuldig ist. In keinem Land der westlichen Welt traut die Bevölkerung der Polizei weniger.

Gründe dafür liefern allein schon die Statistiken. Von den rund 14 000 Fällen von Mord und Totschlag auf Amerikas Straßen werden schätzungsweise drei Prozent durch Polizisten im Dienst wie Wilson begangen. Belangt wird ein Polizist dafür praktisch nie. Offizielle Statistiken dazu fehlen auffällig, inoffizielle Nachforschungen durch Journalisten ergaben, dass in einem Fünf-Jahres-Zeitraum von 1500 Todesfällen durch die Polizei gerade einmal drei überhaupt zur Anklage kamen.

Um die Ursache dafür zu finden, braucht man nicht tief zu schürfen. Laut einem Urteil von 1989 muss ein Polizist wie Wilson, der einen Bürger erschossen hat, lediglich nachweisen, dass ein ,,objektiv angemessener" Grund vorlag, Gebrauch von der Schusswaffe zu machen. Was einen solchen Grund darstellt, liegt jedoch in der Gerichtspraxis allein im Ermessen des Beamten, der geschossen hat. ,,Es wird einfach angenommen, dass der Polizist sich im Recht befand", sagt Walter Katz, ein Rechtsanwalt aus Los Angeles, der sich mit Polizeiaufsicht beschäftigt. Als Beispiel führt er den Fall von John Crawford an, der nur eine Woche vor Michael Brown in diesem Sommer erschossen wurde. Crawford hatte eine Spielzeugpistole in der Hand, die er gerade für seinen Sohn ausgesucht hatte. Das subjektive Gefühl des Beamten, bedroht zu sein, reichte für einen Freispruch aus.

Die praktische Unmöglichkeit, Polizisten zur Rechenschaft zu ziehen, ist freilich nur ein Aspekt einer Polizeimacht, die nach dem Empfinden der Bürger völlig außer Kontrolle geraten ist. Das Gefühl, dass die Polizei der Freund und Helfer ist, ist längst dem Eindruck gewichen, dass die Polizei sich in einer Art Krieg gegen die eigene Bevölkerung befindet. An kaum einem anderen Ort ist dieses Gefühl so stark ausgeprägt wie in Ferguson. Jeder junge Mann in der überwiegend afroamerikanischen Vorstadt hat Geschichten regelmäßiger Polizeischikane zu erzählen.

Während der ersten Proteste im Sommer berichteten schwarze Jugendliche, dass sie ,,zwei-, dreimal pro Woche auf die Wache gebracht werden", meistens ohne Grund oder wegen Bagatellen. Eine geringe Geschwindigkeitsüberschreitung wird zum Anlass für ein stundenlanges Verhör, während dem es nicht selten ist, dass Polizisten auf die vermeintlich Verdächtigen wahllos eindreschen.

Die Gründe dafür, dass solche Zustände in armen schwarzen Wohngebieten zur Norm geworden sind, sind komplex. Die Wurzeln, darüber sind sich die Beobachter jedoch einig, sind in den 60er und frühen 70er Jahren zu finden. Damals begann die konservative Bewegung in Amerika sich zu formieren und gegen die Gegenkultur der Epoche zurückzuschlagen. Das äußerte sich unter anderem in zwei Dingen: der Aufrüstung und Militarisierung der Polizei sowie der Deklaration eines ,,Krieges gegen Drogen".

40 Jahre und Milliarden Dollar später ist der ,,Krieg gegen die Drogen" laut Beobachtern wie dem Journalisten David Simon oder der Soziologin Michelle Alexander in einen Krieg gegen die, zumeist schwarze, Unterschicht umgeschlagen. So sagte Simon jüngst in einem Interview: ,,Wir haben eine zumeist schlecht ausgebildete zumeist schwarze Unterschicht, die das Land ökonomisch nicht braucht. Wir sind dazu bereit für eine massive Polizeipräsenz zu bezahlen, um sie in ihre Ghettos einzupferchen, wo sie sich gegenseitig umbringen. Ihre einzige Einnahmequelle ist oft der Drogenhandel, der wiederum das massive quasi-militärische Durchgreifen rechtfertigt."

Quotehayekian • vor 36 Minuten

Das ist die andere Seite der neoliberalen Revolution von Oben, die in den USA etwa 10 Jahre weiter ist als in Europa. Die, die ökonomisch überflüssig und damit überhaupt überflüssig sind, aber dennoch weiter existieren, werden einer willkürlichen Gewaltordnung ausgesetzt, die keinen anderen Sinn hat, als die Welten der Habenichtse und der Reichen nebst ihrer Zuarbeitern strikt voneinander getrennt zu halten, d.h. das nicht mehr legitimierbares Eigentum zu schützen. Und das geht in einem formalen Rechtsstaat nur, indem auf der Ebene seiner Durchsetzung für die Exekutivkräfte ein individueller rechtsfreier Raum geschaffen wird, der es ihnen erlaubt, willkürlich über Leben und Tod der armen Teufel zu entscheiden, die ihnen in irgendeiner Weise auffällig erscheinen. Und Menschen, die um ihr Leben betrogen werden verhalten sich irgendwie immer anders als die sog. Normalen. Die Abgehängten sollen sich nicht ohne Angst bewegen können.- In Europa, spez. in Deutschland ist die Technik der Ausgrenzung ökonomisch Abgehängter anders gelöst. Hier unterwirft man sie einem System von rigiden disziplinierenden Regeln und lückenlosen Kontrollen, das auf die Schwächung ihres Selbstwertes und damit ihrer Widerstandsfähigkeit und -bereitschaft zielt. Der ökonomische Nachteil dieses Systems: man muss den Betroffenen ein kodifiziertes Recht auf existenzsichernde Alimentierung einräumen, um das Regelsystem durchsetzen zu können. Der Vorteil ist, dass es von der nicht betroffenen Bevölkerung leichter akzeptiert wird.



Aus: "Fall Michael Brown Krieg gegen die Bevölkerung"  Sebastian Moll (26. November 2014)
Quelle: http://www.fr-online.de/politik/fall-michael-brown-krieg-gegen-die-bevoelkerung,1472596,29157088.html (http://www.fr-online.de/politik/fall-michael-brown-krieg-gegen-die-bevoelkerung,1472596,29157088.html)

http://www.tagesspiegel.de/politik/ausschreitungen-in-ferguson-die-gewalt-ausbrueche-haben-keinerlei-legitimation/11033080.html (http://www.tagesspiegel.de/politik/ausschreitungen-in-ferguson-die-gewalt-ausbrueche-haben-keinerlei-legitimation/11033080.html)

http://www.tagesspiegel.de/politik/keine-anklage-nach-tod-von-michael-brown-proteste-in-ferguson-und-170-weiteren-staedten/11034680.html (http://www.tagesspiegel.de/politik/keine-anklage-nach-tod-von-michael-brown-proteste-in-ferguson-und-170-weiteren-staedten/11034680.html)

Title: [Denn noch immer ist das Schicksal... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 25, 2014, 12:27:37 PM
QuoteChilpancingo - "43 werden vermisst" haben sie an die Wände des Büros gesprüht: Denn noch immer ist das Schicksal der 43 verschwundenen Studenten in Mexiko unklar. Etwa 300 Demonstranten haben am Montag ein Büro der Staatsanwaltschaft in Chilpancingo im Staat Guerrero gestürmt. Die Demonstranten besetzten es vier Stunden lang.

... Ende September waren in der Stadt Iguala im verarmten Bundesstaat Guerrero 43 Studenten von korrupten Polizisten verschleppt und der kriminellen Organisation "Guerreros Unidos" übergeben worden. Bandenmitglieder gestanden mittlerweile, die Studenten getötet und verbrannt zu haben.

Die Angehörigen haben Zweifel an der offiziellen Darstellung und fordern Beweise wie DNA-Proben. Der Bürgermeister von Iguala und seine Frau werden verdächtigt, die Ermordung der Studenten angeordnet zu haben, um eine geplante Protestaktion zu verhindern. Das Paar wurde festgenommen.

vek/AFP


Aus: "Proteste in Mexiko: Demonstranten stürmen Staatsanwaltschaft in Guerrero" (25.11.2014)
Quelle: http://www.spiegel.de/panorama/justiz/mexiko-demonstranten-stuermen-staatsanwaltschaft-in-guerrero-a-1004809.html (http://www.spiegel.de/panorama/justiz/mexiko-demonstranten-stuermen-staatsanwaltschaft-in-guerrero-a-1004809.html)

Title: [Während... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 29, 2014, 05:34:28 PM
Husni Mubarak
http://de.wikipedia.org/wiki/Husni_Mubarak (http://de.wikipedia.org/wiki/Husni_Mubarak)

Revolution in Ägypten 2011
http://de.wikipedia.org/wiki/Revolution_in_%C3%84gypten_2011 (http://de.wikipedia.org/wiki/Revolution_in_%C3%84gypten_2011)

Arabischer Frühling
http://de.wikipedia.org/wiki/Arabischer_Fr%C3%BChling (http://de.wikipedia.org/wiki/Arabischer_Fr%C3%BChling)

Quote[...] Während der 18-tägigen Revolution gegen Hosni Mubarak im Januar und Februar 2011 waren nach unabhängigen Untersuchungen über 900 Menschen getötet und 6.000 verletzt worden, die meisten durch Schüsse von Polizisten. Mubarak war angeklagt worden, den Schusswaffeneinsatz gegen die Demonstranten angeordnet oder zumindest gebilligt zu haben. Im Juni 2012 hatte ein Kairoer Gericht ihn und die übrigen Angeklagten in einem ersten Prozess zu lebenslanger Haft verurteilt. Eine Berufungskammer jedoch ordnete eine Neuverhandlung an, die dann im April 2013 begann.

... Der Freispruch Mubaraks, seines Innenministers und der damalige Polizeiführung für das Blutvergießen während des Arabischen Frühlings dürfte den jetzigen Weg Ägyptens in eine verkappte Militärdiktatur weiter beschleunigen. Denn das Urteil ist auch ein Signal an die Polizei und die jetzige Führung unter Präsident Abdel Fattah al-Sissi, dass sie nicht fürchten müssen, eines Tages für ihre Verbrechen gegen Oppositionelle, Demonstranten oder Gefangene zur Rechenschaft gezogen zu werden.  

Allein bei der gewaltsamen Räumung der Protestlager der Muslimbrüder in Rabaa Adawiyya und in Dokki nahe der Kairoer Universität wurden an einem Tag nahezu tausend Menschen erschossen. Es war das blutigste Massaker von Sicherheitskräften an der Zivilbevölkerung in der Geschichte Ägyptens. Über 20.000 Menschen sind seit dem Sturz von Mohammed Mursi verhaftet worden, etwa 60 Menschen sind bisher im Polizeigewahrsam gestorben.  

Folter in den Gefängnissen ist – wie zu Zeiten Mubaraks – wieder gängige Praxis. Zudem wurde die Zuständigkeit der Militärgerichte kürzlich erst erheblich ausgeweitet. Letzte Woche verabschiedete das Kabinett ein Gummi-Gesetz, das die Regierung autorisiert, alle Organisationen zu "Terror-Einheiten" zu erklären, "die in irgendeiner Weise die öffentliche Ordnung stören sowie den Zusammenhalt der Gesellschaft, ihre Interessen sowie ihre Sicherheit gefährden".  

In Alexandria verurteilte ein Gericht 78 Minderjährige zwischen 13 und 17 Jahren zu zwei- bis fünfjährigen Gefängnisstrafen, weil sie an einer Pro-Mursi-Demonstration teilgenommen hatten. Auch zahlreiche führende Köpfe der Demokratiebewegung, die 2011 den Sturz des Mubarak-Regimes organisiert hatten, sitzen inzwischen hinter Gittern.

Eine wichtige Rolle bei Mubaraks Freispruch dürfte auch Saudi-Arabiens König Abdullah gespielt haben, der seit dem Militärputsch in Ägypten gegen den islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi das neue Regime mit bisher mindestens 15 Milliarden Dollar Finanzhilfen und Energielieferungen unterstützt hat. Abdullah hatte bereits 2011 von dem damals noch herrschenden Militärrat eine Freilassung Mubaraks gefordert und davon weitere Finanzhilfen für das nahezu bankrotte Ägypten abhängig gemacht.




Aus: "Womit man in Ägypten davonkommt"  Martin Gehlen, Kairo (29. November 2014)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/ausland/2014-11/aegypten-mubarak-prozess-eingestellt-folgen (http://www.zeit.de/politik/ausland/2014-11/aegypten-mubarak-prozess-eingestellt-folgen)

Title: [Sofort nach dem... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 03, 2014, 01:43:33 PM
Quote[...] Die Nachricht vom brennenden Reichstagsgebäude weckt am Abend des 27. Februar 1933 schon auf der Fahrt zum nächtlichen Schauplatz den Flammeneifer des ,,Führers".

Angesichts des Infernos entdeckt Hitler, seit einem Monat Reichskanzler, sein Herz für das bisher verhasste Parlament – und erkennt sogleich die Chance zum finalen Schlag gegen die Gegner: ,,Die kommunistischen Abgeordneten müssen noch in dieser Nacht aufgehängt werden", brüllt er sich in Rage. ,,Jeder kommunistische Funktionär wird erschossen, wo er angetroffen wird."

Die Vollmacht für radikale Maßnahmen erhält er schon am nächsten Tag. Mit der ,,Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat", der sogenannten Reichstagsbrandverordnung, werden zentrale Bürgerrechte außer Kraft gesetzt, die Gewaltherrschaft der Nazis ist legalisiert. Eine Verhaftungswelle folgt, politische Gegner werden bedroht, verschleppt, geprügelt, ermordet, Zeitungen verboten. Deutschland wird zur Diktatur. Die Ruine des ausgebrannten Reichstags wird noch lange von diesem Fanal künden, sie überdauert Terror und Krieg. Erst 40 Jahre nach der Brandnacht, im Jahr 1973 wird das Gebäude provisorisch wieder hergestellt sein.

... Was den Verlauf des Großfeuers angeht, ist die Faktenlage dünn, die damaligen Ermittlungen blieben oberflächlich, die Akten sind lückenhaft, die Augenzeugenberichte widersprüchlich. Die Forscher der Feuerwehr vermuten, dass infolge der Brandstiftung eine ,,Rauchgasentzündung" im Gebäude einen Feuersturm ausgelöst hat. Sie stützen sich vor allem auf die Aussagen des Brandmeisters Waldemar Klotz. Als er um 21.30 Uhr am Reichstag eintrifft und mit Kameraden ins Gebäude vordringt, sind viele kleine Brandherde schon erloschen. Beim Öffnen einer Tür zum Plenarsaal schlägt ihm ein heißer Luftzug entgegen. Der Feuerwehrmann schließt die Tür. Als er sie kurz darauf ein zweites Mal öffnet, droht ihn ein Sog in den Raum zu reißen, dass er sich nur mit Mühe festhalten kann. Wenig später steht der mit Holz ausgekleidete Sitzungssaal in Flammen.

...


Aus: "Das Mündungsfeuer der Diktatur" Stephan Wiehler (27.03.2013)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/berlin/reichstagsbrand-das-muendungsfeuer-der-diktatur/7844730.html (http://www.tagesspiegel.de/berlin/reichstagsbrand-das-muendungsfeuer-der-diktatur/7844730.html)

---

Quote[...] Sofort nach dem Reichstagsbrand begannen die Nationalsozialisten ihre politischen Gegner zu inhaftieren. Noch in derselben Nacht hatte Göring angeordnet, z. B. kommunistische Reichstags- und Landtagsabgeordnete in Gefängnisse einzusperren. Die Zahl der Häftlinge erhöhte sich täglich. Als die Kapazität der Gefängnisse nicht mehr ausreichte, begannen regionale Polizeibehörden sowie die SA ihre Häftlinge an improvisierten Haftorten gefangen zu halten. Heute sind diese improvisierten Haftorte als "wilde" (auch "frühe") Konzentrationslager bekannt. Sie unterscheiden sich jedoch maßgeblich von den späteren Konzentrationslagern, da diese systematisch aufgebaut waren, nach dem Prototyp Dachau. Erst nach dem vermeintlichen Röhm-Putsch gelang Hitler die Entmachtung der SA, und die SS übernahm die Kontrolle über die – anders als zuvor – systematisch organisierten Konzentrationslager des Regimes, die nach und nach errichtet wurden. ...


Aus: "Reichstagsbrand" (27. November 2014)
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Reichstagsbrand (https://de.wikipedia.org/wiki/Reichstagsbrand)

Title: [Neben der neuen Kennzeichnung... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 16, 2014, 09:14:28 AM
Quote[...] Hessens Polizisten werden bei ihren Einsätzen auf Protestkundgebungen künftig mit einer individuellen fünfstelligen Nummer gekennzeichnet sein. Innenminister Peter Beuth (CDU) sprach am Montag von einem Vertrauensvorschuss der Polizei für die friedlichen Demonstranten. "Ich hoffe, dass wir so eine Entsolidarisierung zwischen den friedlichen Teilnehmern und den gewaltbereiten erreichen", sagte der Minister bei der Präsentation der Nummern auf der neuen Schutzkleidung der Beamtenl.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sieht in der Kennzeichnungspflicht dagegen einen Ausdruck des Misstrauens gegenüber den Ordnungskräften. Die Opposition im Wiesbadener Landtag warnte, dass die Polizeibeamten durch die Nummern identifiziert werden könnten und mit Aufrufen zu Gewalt auch im Internet rechnen müssten.

Der Innenminister wies diese Bedenken zurück. Jeder Beamte bekomme drei jeweils fünfstellige Nummern mit der vorangestellten Länderkennung "HE", die er bei Schwierigkeiten jederzeit und auch während eines Einsatzes wechseln könne. Möglich sei auch, Nummern ganz auszutauschen, wenn sie im Internet kursierten oder es Probleme im Privatleben gebe. "Wir haben den Schutz der Polizei im Blick", sagte Beuth. In Hessen gibt es zwar schon seit 2008 für Polizeibeamte die Pflicht zum Tragen eines Namensschilds – diese gilt aber nicht für "geschlossene Einsätze" wie eben bei Demonstrationen.

Die Polizisten sollen die Kennzeichnung mit der Länderkennung HE nach Angaben des Ministers auch bei bundesweiten Einsätzen tragen. SPD und FDP kritisierten, dass ohne eine bundeseinheitliche Regelung die Initiative von Hessen bei Großdemonstrationen verpuffe und Fehlverhalten von Polizisten dann nicht aufgeklärt werden könne. Die Linken sprachen von einem längst überfälligen Schritt, um die Transparenz der Polizeiarbeit zu erhöhen.

Neben der neuen Kennzeichnung der Polizisten stellte Beuth auch die künftige Schutzausrüstung zu Einsätzen bei Demonstrationen vor, die aus einer Schutzweste sowie zusätzlichen Protektoren für Arme und Beine besteht. Auf rund 1,4 Millionen Euro beliefen sich die Investitionen. Schrittweise soll die neue Schutzbekleidung dann allen Einsatzkräften zur Verfügung stehen. (Mit Material der dpa) / (axk)


Aus: "Hessen: Polizisten tragen künftig individuellen Code auf Einsatzkleidung" (15.12.2014)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/Hessen-Polizisten-tragen-kuenftig-individuellen-Code-auf-Einsatzkleidung-2497538.html (http://www.heise.de/newsticker/meldung/Hessen-Polizisten-tragen-kuenftig-individuellen-Code-auf-Einsatzkleidung-2497538.html)

Title: [Die Ermittlungen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 02, 2015, 03:47:46 PM
Quote[...] Der Prozess gegen drei junge Menschen in Weimar ist nach fünf Prozesstagen ohne ein Urteil eingestellt worden. Die beiden Frauen und der Mann waren wegen falscher Verdächtigung von Polizeibeamten vor dem Amtsgericht Weimar angeklagt worden.

Das Verfahren bekam große Aufmerksamkeit, weil die Angeklagten zuvor Weimarer Polizisten angezeigt hatten: Die drei Angeklagten waren in der Nacht zum 20. April 2012 von Beamten der Polizeiinspektion Weimar in Gewahrsam genommen und erst am späten Vormittag wieder entlassen worden. Eine junge Frau erlitt in dieser Zeit Schnittwunden im Gesicht und an den Armen. Außerdem seien sie durch Schläge, Bedrohungen und Beleidigungen misshandelt und gedemütigt worden. Daraufhin hatten sie die Weimarer Beamten wegen Körperverletzung im Amt angezeigt.

Die Ermittlungen gegen die Beamten wurden jedoch nach wenigen Monaten eingestellt. Daraufhin wurden die Aktivisten selbst wegen falscher Verdächtigung und Vortäuschung einer Straftat angeklagt. 

Die Staatsanwaltschaft hatte die Einstellung des aktuellen Verfahrens beantragt, weil Zweifel bestanden, "ob nach Abschluss der Beweisaufnahme ein zweifelsfreier Tatnachweis geführt werden kann", erklärte Staatsanwalt Hannes Grüneisen.

Die Verteidigung will den Fall gegen die Polizeibeamten nun wieder aufrollen. Sie wirft den Beamten unter anderem Falschaussage vor Gericht, Körperverletzung im Amt und Freiheitsberaubung vor. Der Verteidigung zufolge hatten die Beamten konkrete Schulungen zur Vorbereitung auf die Verteidigerfragen erhalten. Darüber hinaus hätten die Polizisten sogar Einsicht in ihre eigenen Aussagen und die entscheidenden Beweismittel beim Thüringer Landeskriminalamt erhalten.

Der innenpolitische Sprecher der Linken-Fraktion im Thüringer Landtag forderte eine Aufklärung darüber, ob und in welchem Umfang die Polizeibeamten in dem Gerichtsverfahren gezielt auf ihre Aussage vorbereitet und geschult wurden. Es werfe die Frage nach erfolgter Absprache der Zeugen und damit verbundener Zeugenbeeinflussung auf, sagte Steffen Dittes.


Aus: "Weimar: Anklage im Polizeigewalt-Prozess fallen gelassen" (2. April 2015)
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-04/weimar-prozess-koerperverletzung-urteil (http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-04/weimar-prozess-koerperverletzung-urteil)

Title: [Beleidigt eine abfällige Äußerung über... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 28, 2015, 04:52:12 PM
Quote[...] Beleidigt eine abfällige Äußerung über Polizisten im Allgemeinen einen einzelnen Polizisten? Mit dieser Frage hat sich das Bundesverfassungsgericht beschäftigt. In ihrem Urteil kommen die Richter zu dem Schluss, dass eine Verurteilung wegen Beleidigung voraussetze, dass sich die Äußerung auf "eine hinreichend überschaubare und abgegrenzte Personengruppe" bezieht.

Das höchste deutsche Gericht folgte damit der Verfassungsbeschwerde einer Frau, die einen Anstecker mit der Buchstabenfolge "FCK CPS" getragen hatte. Mit hinzugedachten Vokalen ergibt sich daraus eine verächtliche Aufforderung gegen Polizisten ("Cops"). Das Amtsgericht Bückeburg hatte die Frau deswegen Ende 2013 zu 15 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt. Das Urteil war vom Oberlandesgericht Celle bestätigt worden.

Dieses Urteil hoben die Verfassungsrichter nun auf. Die niedersächsische Justiz habe die Frau in ihrem Grundrecht auf Meinungsfreiheit verletzt, befand der Erste Senat des Gerichts.

Ein einzelner Polizist könne zwar von der herabsetzenden Äußerung in seiner persönlichen Ehre angegriffen sein. Aber "je größer das Kollektiv ist, desto schwächer kann auch die persönliche Betroffenheit des einzelnen Mitglieds werden". Aus Sicht des Gerichts gehe es um den "Unwert des Kollektivs", nicht um einzelne Personen.

Quotedth, 28.04.2015

Arbeitsstunden

15 Arbeitsstunden für einen Sticker?
Und dabei kamen sich weder die anzeigenden Polizisten noch die Richter lächerlich vor?
Solche Urteile zeigen schön, wie eifrig staatliche Institutionen sind, wenn es darum geht, die eigene Macht noch gegen die kleinste Infragestellung zu verteidigen.
Viele Ordnungswidrigkeiten und kleinere Straftaten bleiben im Alltag unverfolgt, weil sie im Grunde keinen interessieren, oder die Resourcen dafür schlicht nicht da sind.
Aber beim kleinsten Zweifel an staatlicher Autorität wird ohne Abwägung irgend welcher Grundrechte oder Verhältnismäßigkeiten jedes Register gezogen um das zu verfolgen. Da biegt man sich alles zurecht, was sich irgendwie biegen lässt.
Auf der anderen Seite bewegt sich im Justizsystem nichts, wenn der Staat selbst in großem Stil ständig Recht bricht. Ob das nun rechtswidrige Bescheide für Harz4 sind, regelmäßig zweifhafte Durchsuchungsbeschlüsse oder gar außer Kontrolle geratene Geheimdienste.
Das alles zeigt sehr deutlich, wie stark der Obrigkeitsstaat bei uns immer noch ist, und wie stark er unsere Rechtsordnung prägt. An vielen stellen noch stärker, als demokratische Grundsätze.


Quote
    eklipz, 28.04.2015

Hypersensible Polizisten

... Das nächste mal, wenn jemand "Scheiß Informatiker!" brüllt, werde ich natürlich sofort ein Strafverfahren anstrengen.
Die Polizei hat in Deutschland keinen guten Ruf. Dann lese ich mal wieder solche Fälle oder schlimmere und denke mir: selbst Schuld, wenn euch auf der Straße die Verachtung entgegenschlägt. Korpsgeist und blinder Gehorsam kommen nunmal nicht so gut an.

Quote
    Jan Reiter, 28.04.2015

Nein, da liegen sie falsch, richtig ist:
Von allen Berufsgruppen vertrauen die Deutschen der Polizei am meisten:
http://www.stern.de/politik/deutschland/stern-umfrage-wem-vertrauen-die-deutschen-2169213.html (http://www.stern.de/politik/deutschland/stern-umfrage-wem-vertrauen-die-deutschen-2169213.html)



Quotedownpressor, 28.04.2015

Gilt aber nur für Polizisten und Katholiken?
Nicht alle Personengruppen sind gleich und brauchen den gleichen Schutz. Bei abwertenden Äußerungen über Schwule, Muslime, Zuwanderer und Feministen bleibt es doch hoffentlich so, dass das alles per se ein Hate Speech ist?
[zeit.de: Abfällige Äußerungen über größere Personengruppen sind nicht strafbar.]

Quote

    Peerchen, 28.04.2015

Der Unterschied liegt zwischen Beleidigung und Volksverhetzung.

"Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft."

Hier ist die Grenze zu einer reinen "Ehrverletzung" also überschritten, eine einzelne Äußerung reicht i.A. nicht aus.


QuoteKaiser Norton, 28.04.2015

Falsch verstanden.
Wer sich zu "abwertenden Äußerungen über Schwule, Muslime, Zuwanderer" genötigt fühlt, macht sich nicht strafbar. Er offenbart sich lediglich als Arschloch.



Quote
    Biertuose, 28.04.2015

... FCK BVerfG


Quote
    TjFischer, 28.04.2015

Gutes Urteil

Schon wieder glauben viele, dass die Verfassungsrichter keine Ahnung hätten oder Handlanger der Politik seien. Zu einer Beleidigung gehört wirklich eine gewisse Personenbezogenheit. Wenn sich jemand hinstellt und schreit: alle Menschen sind Arschgeigen, dann fühlt sich doch nicht wirklich jemand beleidigt. Und wenn es um andere Gruppen geht, wie z.B. Zuwanderer oder Muslime, dann sind immer noch die Straftatbestände Volksverhetzung (geeignet, öffentlichen Frieden zu stören) und Beschimpfung von Religionen (auch Frage von Störung des öffentlichen Friedens) zu prüfen.


Quote
    duckstein, 28.04.2015

Mich wundert, dass sich das Amtsgericht Bückeburg überhaupt zu einer Verurteilung hat hinreißen lassen, wo doch schon 2007 vom Landgericht Stuttgart geurteilt wurde, dass ein A.C.A.B.-Aufnäher, aus denselben Gründen wie im jetzigen Fall, NICHT strafbar ist. (38 Ns 25 Js 34332/05)

"FCK CPS" dürfte wohl kaum schwerer eingeordnet werden, als "ACAB".

[https://de.wikipedia.org/wiki/A.C.A.B. (https://de.wikipedia.org/wiki/A.C.A.B.)]


Quotedingensda, 28.04.2015

Nur um sicherzugehen, dass ich das richtig verstehe...

"Wer sich zu "abwertenden Äußerungen über Schwule, Muslime, Zuwanderer" genötigt fühlt, macht sich nicht strafbar. Er offenbart sich lediglich als Arschloch."

Und wer sich abwertend über Polizisten äußert? ...


Quoteeasy neezy, 28.04.2015

nicht neu

Woher kommt die Aufregung. Das BVerfG hat über den Ausspruch: "Soldaten sind Mörder" doch genau gleich geurteilt.
Ich kann es allerdings verstehen, dass Polizisten von solchen Respektlosigkeiten schwer genervt sind. Der Umgang mit Autoritäten gerade von Personen aus dem linken Spektrum ist schon unterirdisch. Komisch, dass gerade die so gern in den Staatsdienst gehen und von Staatsknete leben.


...


Aus: "Bundesverfassungsgericht: Allgemeine Polizisten-Beleidigung ist zulässig" (28. April 2015)
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-04/meinungsfreiheit-bundesverfassungsgericht-beamtenbeleidigung-polizei (http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-04/meinungsfreiheit-bundesverfassungsgericht-beamtenbeleidigung-polizei)

Title: [Kurz vor seinem Erscheinen im Rechtsausschuss... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 05, 2015, 12:00:27 PM
Quote[...] In einem Geheimpapier vom Montag bestätigt die Bundesregierung angeblich, dass der US-Geheimdienst NSA noch bis mindestens 2013 versuchte, über BND-Einrichtungen deutsche und europäische Ziele auszuspionieren. Das berichtet zumindest das ZDF-Magazin Frontal21 unter Berufung auf einen Blick in das Dokument. Demzufolge hat eine BND-Arbeitsgruppe im Oktober 2013 festgestellt, dass es der NSA trotz aller vorgenommenen Gegenmaßnahmen gelungen sei, dem BND etwa 2000 Selektoren unterzuschieben, die deutsche und europäische Einrichtungen betrafen. In der Abhörstation Bad Aibling seien also rechtswidrig Daten von Deutschen gesammelt worden.

...


Aus: "BND-Skandal: Regierung bestätigt angeblich NSA-Spionage bis 2013" (05.05.2015)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/BND-Skandal-Regierung-bestaetigt-angeblich-NSA-Spionage-bis-2013-2632406.html (http://www.heise.de/newsticker/meldung/BND-Skandal-Regierung-bestaetigt-angeblich-NSA-Spionage-bis-2013-2632406.html)

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Quote[...] Kurz vor seinem Erscheinen im Rechtsausschuss des Bundestags hat die Ausschussvorsitzende Renate Künast (Grüne) scharfe Kritik an Generalbundesanwalt Harald Range geäußert. Der entscheide nichts, sonder prüfe immer nur, sagte sie der Süddeutschen Zeitung, "der Generalbundesanwalt ist leider nur noch ein Generalprüfanwalt." Dabei bezog sie sich nicht nur auf den gerade wieder in den Fokus gerückten Überwachungsskandal um BND und NSA, sondern auch seinen Umgang mit dem CIA-Folterbericht und dem US-Drohnenkrieg. Er müsse jetzt endlich sagen, was er in diesen Fällen wirklich tut, fordert Künast.

Ranges Zurückhaltung zeige sich besonders deutlich im Rahmen seines Verhaltens angesichts des CIA-Folterberichts. Nach langem Ringen hatte der Geheimdienstausschuss des US-Senats im Dezember eine Zusammenfassung des insgesamt 6000 Seiten starken Dokuments veröffentlicht. Das US-Parlament beschreibt darin Details zu den brutalen Verhörmethoden der CIA und wirft dem Geheimdienst vor, die US-Regierung und den Kongress getäuscht zu haben. Range hatte dann erklärt, sich um eine eine ungeschwärzte Fassung kümmern zu wollen. Im Februar ließ er dann aber mitteilen, dass die US-Regierung das abgelehnt habe.

Seitdem sei nichts mehr passiert, kritisiert Künast scharf: Jede normale Wirtshausschlägerei führe zu einem Ermittlungsverfahren, "aber du kannst Leute mit Waterboarding überziehen, und Range bleibt bei einem Prüfverfahren". So ein Verfahren könne man doch nicht einfach mit dem Hinweis beenden, die USA würden nicht kooperieren wollen. Das sei "würdelos". Range müsse zumindest wegen der betroffenen deutschen Staatsangehörigen ein Ermittlungsverfahren eröffnen und damit beginnen, Beweise zu sichern. Darüber hinaus müsse er sich endlich zu dem Vorwurf erklären, dass US-amerikanische Drohnen von Deutschland aus gesteuert werden. Deutschland dürfe sich nicht mit der Abwiegelung der USA zufriedengeben, denn "faktisch ist der Einsatz von Drohnen Mord".

Im Zuge des NSA-Skandals hatte der Generalbundesanwalt angesichts der öffentlich gemachten Details zur massenhaften Überwachung der weltweiten Kommunikation durch die NSA und ihre Verbündeten einen Prüfvorgang eingeleitet. Ermittlungen gab es lediglich wegen des abgehörten Handys der Bundeskanzlerin. Die waren im Dezember 2014 eingestellt worden, weil das dazu vom Spiegel veröffentlichte Dokument "nicht authentisch" sei. (mho)

QuoteBasisDemokrat,  05.05.2015 11:05

Die weisungsgebundene Bundesanwaltschaft ist sowieso ein Witz!
Die gesamte Behörde dient nur der Vortäuschung von Rechtsstaatlichkeit und ist in Wirklichkeit eine unrechtsstaatliche Fehlkonstruktion.

Aus Wikipedia: "Der Generalbundesanwalt ist politischer Beamter nach § 54 Bundesbeamtengesetz. Als weisungsgebundener politischer Beamter hat er mit den politischen Zielen der Bundesregierung übereinzustimmen."

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Generalbundesanwalt_beim_Bundesgerichtshof (http://de.wikipedia.org/wiki/Generalbundesanwalt_beim_Bundesgerichtshof)

Schönen Tag wünscht
BasisDemokrat

Quotefeuerzeugbenzin, 05.05.2015 11:53

fehlkonstruktion?

kommt drauf an was man konstruieren wollte.
und außerdem hätte man die weisungsgebundenheit längst abschaffen können... wenn man wirklich gewollt hätte.






Aus: ""Nur noch ein Generalprüfanwalt": Künast kritisiert Range" (05.05.2015)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/Nur-noch-ein-Generalpruefanwalt-Kuenast-kritisiert-Range-2632432.html (http://www.heise.de/newsticker/meldung/Nur-noch-ein-Generalpruefanwalt-Kuenast-kritisiert-Range-2632432.html)

Title: [Auf einer Dienststelle... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 18, 2015, 07:32:14 AM
Quote[...] Auf einer Dienststelle der Bundespolizei in Hannover sollen laut NDR mindestens zwei Flüchtlinge misshandelt worden sein. Im vergangenen Jahr sei es mehrfach zu Übergriffen gekommen, berichten NDR Info und "Hallo Niedersachsen". Gegen einen Beamten werde ermittelt.

Die Vorwürfe wiegen schwer: In einem Fall soll der Bundespolizist einen jungen Afghanen mit angelegten Fußfesseln durch die Wache geschleift, ihn gewürgt und misshandelt haben. Nach NDR-Informationen soll der Beamte im Kurznachrichtendienst Whatsapp über die mutmaßliche Tat geschrieben haben: "Hab den weggeschlagen. Nen Afghanen. Mit Einreiseverbot. Hab dem meine Finger in die Nase gesteckt. Und gewürgt. War witzig. Und an den Fußfesseln durch die Wache geschliffen. Das war so schön. Gequikt wie ein Schwein. Das war ein Geschenk von Allah", zitiert der NDR.

Gut sechs Monate später soll es dem Bericht zufolge zu einem weiteren Übergriff gekommen sein. Im September soll der Beamte einen 19 Jahre alten Mann aus Marokko unter anderem gezwungen haben, vergammeltes Schweinfleisch vom Boden zu essen. Ein Handy-Foto soll den 19-Jährigen zeigen, wie er mit Handfesseln und schmerzverzerrtem Gesicht am Boden einer Gewahrsamzelle liegt.

Unklar sei bislang, wie viele Beamte von den Misshandlungen wussten oder involviert waren. Auch über den zweiten Fall soll der Bundespolizist eine Nachricht geschrieben haben - in der er nach NDR-Informationen auch einen Vorgesetzten erwähnt. Auf dem Foto sind darüber hinaus die Stiefel von mindestens zwei Beamten zu sehen.

Das Haus des Beamten wurde laut Bericht durchsucht, die Staatsanwaltschaft ermittelt. Oberstaatsanwalt Thomas Klinge sprach gegenüber dem NDR von schweren Vorwürfen: "Wir haben in der vergangenen Woche eine Strafanzeige erhalten, aus der hervorgeht, dass es möglicherweise in der Polizeidienststelle der Bundespolizei zu Übergriffen gekommen sein soll. Wir ermitteln insoweit wegen des Anfangsverdachts der Körperverletzung im Amt."

Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK) in Niedersachsen zeigte sich entsetzt von den Vorwürfen und sprach im Interview von einer Misshandlung Schutzbefohlener. "Der Auftrag lautet Schutz und nicht Folter", so Ulf Küch.

brk


Aus: "Polizeigewalt in Hannover: Bundesbeamter soll Flüchtlinge gequält haben" (17.05.2015)
Quelle: http://www.spiegel.de/panorama/justiz/hannover-bundespolizist-soll-fluechtlinge-gequaelt-haben-a-1034159.html (http://www.spiegel.de/panorama/justiz/hannover-bundespolizist-soll-fluechtlinge-gequaelt-haben-a-1034159.html)

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Quote[...] Bei den mutmaßlichen Opfern handelt es sich nach gemeinsamen Recherchen des NDR Regionalmagazins ,,Hallo Niedersachsen" und des Radiosenders ,,NDR Info" um einen 19-jährigen Afghanen und einen 19-jährigen Marokkaner. Der Afghane sei den am Beamten am 9. März wegen geringfügiger Verstöße aufgefallen, unter anderem sei er ohne Pass unterwegs gewesen. Auf der Wache im Hauptbahnhof soll er dann misshandelt worden sein. Ein an dem Vorfall Beteiligter soll über den Kurzmitteilungsdienst WhatsApp an Kollegen geschrieben haben, dass er den jungen Mann geschlagen, gewürgt und an den Füßen gefesselt durch die Wache geschliffen habe. In einer Mitteilung soll es laut NDR inklusive Rechtschreib- und Grammatikfehler heißen: ,,Hab den weggeschlagen. Nen Afghanen. Mit Einreiseverbot. Hab dem meine Finger in die Nase gesteckt. Und gewürgt. War witzig. Und an den Fußfesseln durch die Wache geschliffen. Das war so schön. Gequikt wie ein Schwein. Das war ein Geschenk von Allah" ...

... Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter in Niedersachsen, Ulf Küch aus Braunschweig, habe sich über die Vorwürfe empört, hieß es. Er sehe darin eine ,,Misshandlung von Schutzbefohlenen". Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, seien sie die schlimmsten Straftatbestände, die ein Polizist begehen könne: ,,Der Auftrag lautet Schutz, nicht Folter."

...


Aus: "Flüchtlinge in Zelle der Bundespolizei Hannover misshandelt?" (17.05.2015)
Quelle: http://www.noz.de/deutschland-welt/niedersachsen/artikel/576247/fluchtlinge-in-zelle-der-bundespolizei-hannover-misshandelt (http://www.noz.de/deutschland-welt/niedersachsen/artikel/576247/fluchtlinge-in-zelle-der-bundespolizei-hannover-misshandelt)
Title: [Ganz im Sinne der Staatsmacht... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 08, 2015, 10:31:04 AM
Raif Muhammad Badawi (* 13. Januar 1984 in al-Chubar) ist ein saudischer Internet-Aktivist und politischer Gefangener. Badawi gründete 2008 das Online-Forum ,,Die Saudischen Liberalen", eine Website über Politik und Religion in Saudi-Arabien. Die staatlichen Behörden reagierten mit Repressalien wie einem Reiseverbot und Einfrieren der Konten. Im Januar 2015 wurde er erstmals öffentlich ausgepeitscht.
https://de.wikipedia.org/wiki/Raif_Badawi (https://de.wikipedia.org/wiki/Raif_Badawi)

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Quote[...] Das höchste Gericht des Landes hält an der exemplarischen Strafe gegen den liberalen Publizisten Raif Badawi fest: 10 Jahre Haft und 1.000 Peitschenhiebe ... Der Supreme Court, dessen Spitze der saudische König nominiert, hat ganz im Sinne der Staatsmacht entschieden. 

... Was Raif Badawi konkret vorgeworfen wird, ist eine Frage der Übersetzung. Eine sachverständige Übersetzung des Urteils, so es im Netz überhaupt verfügbar ist, kann der Verfasser dieses Artikels nicht bieten - laut Amnesty wird Baldawi vorgeworfen, dass er ein "online forum for public debate" betrieben hat.

Das von der Deutschen Welle und vom Goethe-Institut unterstützte deutsche Onlineportal Qantara , dem "Dialog mit der islamischen Welt" verpflichtet, berichtet, dass das nun bestätigte Urteil vom Mai 2014 wegen "Beleidigung des Islams" ergangen ist.

In einer genaueren Darstellung von Reporter ohne Grenzen von Anfang Mai heißt es, dass "dem Mitbegründer der Diskussionswebseite Liberal Saudi Network unter anderem kritische Online-Kommentare über die saudische Religionspolizei zur Last gelegt (wurden), mit denen er gegen das Gesetz gegen Internetverbrechen verstoßen habe".

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Aus: "Saudi-Arabien: monströses Peitschenhieb-Urteil bestätigt" Thomas Pany (08.06.2015)
Quelle: http://www.heise.de/tp/artikel/45/45129/1.html (http://www.heise.de/tp/artikel/45/45129/1.html)

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Quote[...] Badawi war 2012 wegen seiner liberalen Ansichten verhaftet worden. Er hatte auch Kritik an der saudischen Religionspolizei geübt. Verurteilt wurde der Blogger dafür, den Islam beleidigt zu haben. Im Januar bekam er öffentlich die ersten 50 Peitschenhiebe. Der weitere Vollzug wurde aus gesundheitlichen Gründen zunächst ausgesetzt. Saudi-Arabien folgt in seiner Rechtsprechung einer strikten Interpretation der islamischen Scharia. 

QuoteFunktastatur, 07.06.2015 18:53

Und jetzt verhängen die Nato und EU Staaten Sanktionen?

Nein, wo denke ich hin. Die Saudis sind unsere treuesten Verbündeten.
Außerdem brauchen wir deren Öl.
Da müssen Menschenrechtsverletzungen schon mal hinten anstehen.
Und außerdem kann man auf "Einzelschicksale" doch keine Rücksicht nehmen.
Es hat doch selber schuld, hätte er sich besser an die Gesetze gehalten.

Vielleicht sollten wir lieber noch mal ein paar Waffen oder Leopard Panzer liefern. ...

QuoteCachaca, 08.06.2015 01:49

... Ich weiss nicht warum so viele Leute der Meinung sind man müsse sich seine Freunde danach aussuchen ob sie besonders nett sind. Deutsche Aussenpolitik dient in erster Linie deutschen Interessen, sie orientiert sich nicht am Wohlergehen aller Menschen auf der Welt. ...



Quoteder_hase, 08.06.2015 09:48

Religionen...

Fast alle Gräueltaten, Kriege und Konflikte auf dieser Welt sind ideologisch getrieben. Religionen sind nur eine perfide Unterart von Ideologien. Perfide, weil stets das Schuldgefühl von Menschen missbraucht wird ("Sünde", "Das Jenseits", "Gotteslästerung" blabla). Die im normalen Menschen verankerten Moralvorstellungen waren den Religionen schon immer ein Dorn im Auge.

Religionen waren und sind nur ein Mittel dazu, die eigenen Macht- und Wirtschaftsinteressen gegenüber Dritten durchzusetzen sowie aufklärerische Tendenzen in der eigenen Bevölkerung zu unterdrücken.

Die vom Islam geplagten Länder haben es zurzeit besonders schwer, weil sich dem Islam noch keine ernstzunehmende aufklärerische Bewegung entgegenstellt, wie dem Christentum im späten Mittelalter. Aber der Islam arbeitet ja daran, denn durch solche Urteile wie gegen Badawi wächst der Widerstand und die Abscheu.



Aus: "Hartes Urteil gegen saudischen Blogger Badawi bleibt bestehen" (07.06.2015)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/Hartes-Urteil-gegen-saudischen-Blogger-Badawi-bleibt-bestehen-2681126.html (http://www.heise.de/newsticker/meldung/Hartes-Urteil-gegen-saudischen-Blogger-Badawi-bleibt-bestehen-2681126.html)
Title: [600 Bäume pflanzen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 11, 2015, 10:15:09 AM
Quote[...] Ein türkischer Polizist muss als Strafe für einen übertriebenen Reizgas-Einsatz während der Gezi-Unruhen von 2013 auf gerichtliche Anordnung jetzt 600 Bäume pflanzen. Außerdem wurde der Beamte zu 20 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt, wie türkische Medien am Mittwoch berichteten. Der Polizist hatte Schlagzeilen gemacht, weil er in dem Moment fotografiert wurde, als er einer mit einem roten Kleid bekleideten Demonstrantin aus nächster Näher und ohne ersichtlichen Grund Reizgas ins Gesicht sprühte.

Die Demonstrantin, Ceyda Sungur, wurde wegen des Fotos als "Frau in Rot" weltberühmt. Wie die Nachrichtenagentur DHA meldete, wertete das Gericht in Istanbul den Gewalteinsatz des Polizisten als Körperverletzung und Amtsmissbrauch. Die türkische Polizei war während der wochenlangen Gezi-Proteste mit großer Härte gegen Demonstranten in Istanbul und anderen Städten des Landes vorgegangen; einige Demonstranten wurden dabei getötet.

Die Strafe für den Polizisten ist eine Anspielung auf die Gründe für die Proteste: Die Demonstranten wehrten sich gegen ein Bauprojekt der Regierung im kleinen Istanbuler Gezi-Park, dem die meisten Bäume in dem Park zum Opfer gefallen wären. Das Projekt ist von der Justiz bis auf weiteres gestoppt worden. (AFP)

Quotevon nanen, 10.06.2015 17:36 Uhr

Kreativ

Das Urteil zeugt von Denken in Zusammenhängen - solch sinnvolle Offenheit würde auch hier Anhänger finden, schätze ich. ...



Aus: "Türkei: Polizist muss wegen Gewalt bei Gezi-Einsatz 600 Bäume pflanzen" (10.06.2015)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/tuerkei-polizist-muss-wegen-gewalt-bei-gezi-einsatz-600-baeume-pflanzen/11897726.html (http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/tuerkei-polizist-muss-wegen-gewalt-bei-gezi-einsatz-600-baeume-pflanzen/11897726.html)
Title: [Die Richter bezweifeln... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 08, 2015, 06:10:45 PM
Quote[...] Die Bremer Polizei hätte während ihres Anti-Terror-Einsatzes Ende Februar die Moschee des Islamischen Kulturzentrums (IKZ) nicht durchsuchen dürfen. Die Razzia sei rechtswidrig gewesen, urteilte das Landgericht Bremen in einem Beschluss vom 3. Juli. Es gab damit einer Beschwerde des IKZ recht.

Die Richter üben in dem noch nicht veröffentlichten zehnseitigen Schriftsatz, der SPIEGEL ONLINE vorliegt, scharfe Kritik am Vorgehen der Ermittler. "Hinreichend konkrete Tatsachen, die die Anordnung der Durchsuchung gerechtfertigt hätten, kann die Kammer nicht feststellen."

Das IKZ stand im Mittelpunkt von Terrorwarnungen. Auf der Suche nach Waffen filzten Ermittler am 28. Februar die Räume des Vereins. Die Aktion erfolgte in Zusammenhang mit Ermittlungen gegen zwei libanesische Brüder aus dem IKZ-Umfeld. Nach Angaben des Verfassungsschutzes ist der Moscheeverein ein Sammelbecken für Salafisten.

Die Ermittler befürchteten damals, dass Gewehre und Pistolen bereitlagen und ein Terrorakt unmittelbar bevorstehen könnte. Der Verdacht stützte sich auf die Angaben einer Vertrauensperson. Demnach seien vier bewaffnete Personen angereist, die Kontakt zu dem verdächtigen Libanesen hielten. Eine "konkrete Anschlagsgefahr" habe man nicht ausschließen dürfen, sagte Innensenator Ulrich Mäurer (SPD).

Die Richter bezweifeln, dass es den Hinweis einer Vertrauensperson überhaupt gab. Der Staatsanwalt habe die Information der Ermittlungsrichterin damals nur mündlich mitgeteilt. Auf Nachfrage habe er sich mit Verweis auf den Quellenschutz geweigert, den Vorgang schriftlich zu den Akten zu nehmen.

Diese Begründung sei "in keiner Weise hinnehmbar". Ein Ermittlungsverfahren erhalte eine "nicht hinzunehmende Beliebigkeit", wenn "auf Zuruf" gerichtliche Beschlüsse erwirkt werden könnten.


Aus: "Anti-Terror-Einsatz: Razzia in Bremer Moschee war rechtswidrig" Ansgar Siemens (08.07.2015)
Quelle: http://www.spiegel.de/panorama/justiz/bremen-razzia-in-ikz-moschee-war-rechtswidrig-a-1042715.html (http://www.spiegel.de/panorama/justiz/bremen-razzia-in-ikz-moschee-war-rechtswidrig-a-1042715.html)

Title: [Gegen vier Uhr morgens... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 13, 2015, 10:11:03 AM
Quote[...] 3. Juli 2015. Ein schwülheißer Sommertag. In diese Hitzenacht hinein feiern rund 15 junge Leute in einer Wohnung in Düsseldorf-Oberbilk. "Eine schöne Feier, ohne Streit, Auseinandersetzungen", sagt Marie Wagner, die an diesem Freitagabend vor einer Woche Freunde zu ihrem 30. Geburtstag eingeladen hat. Gegen vier Uhr morgens ist der Spaß vorbei. Polizisten stehen vor der Wohnungstür. Wagners Lebensgefährte fragt die Beamten nach dem Grunde ihres Einsatzes. Es kommt zu einem Wortduell - angeblich, weil die Polizisten ungefragt die Wohnung betreten. Wenig später rückt die Polizei mit Verstärkung an. Die Lage eskaliert.

Ihr Freund sei "hinter dem Kopf gepackt und aus der Wohnung herausgezerrt" worden, berichtet Marie Wagner. Mit Gewalt seien Polizisten in die Wohnung eingedrungen. Ohne Vorwarnung sei ihr "aus kürzester Distanz, maximal 30 Zentimeter, Pfefferspray direkt in die Augen gesprüht" worden, sagt sie. Auch Partygast Pauline Weeger ist noch immer "unglaublich erschrocken" über die "unverhältnismäßige Aggressivität und Gewalt" der Polizisten. "Die Party war völlig friedlich, mit ruhigen, friedlichen Menschen, darunter ein Arzt, eine Lehrerin und Sozialpädagogen", berichtet sie. "Es waren wohl etwa 20 Polizisten im Einsatz. Sie hatten normale hellblaue Polizeihemden an. Einige trugen schwarze Handschuhe", erinnert sich Weeger. Weitere Partygästen seien durch Polizisten mit Pfefferspray angesprüht, teils zu Boden geworfen und in Handschellen abgeführt worden. "Ein Partygast filmte das Geschehen mit seinem Handy. Ein Polizist forderte ihn auf, dies zu unterlassen, er filmte dennoch weiter. Plötzlich ging alles ganz schnell. Ich stand im Flur und sah, wie dem Filmenden durch einen Polizisten ins Gesicht geschlagen wurde, so dass seine Brille wegflog."

Die Partygäste sind empört über den Einsatz. Sie prüfen rechtliche Schritte gegen die Polizei. "Mein Lebensgefährte wurde am Samstag gegen 10 Uhr freigelassen. Er hatte eine Beule am Hinterkopf, eine über der Augenbraue, Striemen und blaue Flecken am Oberkörper, an den Armen und den Oberschenkeln", sagt Marie Wagner. Ihr Freund habe weitere Verletzungen erlitten: "Am Rücken zeigte sich ein deutlicher Stiefelsohlenabdruck." Sie fühle sich seit diesem Vorfall in der Wohnung des Paares nicht mehr sicher. "Mein Lebensgefährte und ich haben Schlafstörungen", sagt Wagner. Die Asthmatikerin musste sich nach eigenen Angaben wegen des Pfefferspray-Einsatzes im Krankenhaus behandeln lassen.

Die Düsseldorfer Polizei weist die Vorwürfe zurück. "Wir wurden um 3.45 Uhr herbeigerufen wegen einer nächtlichen Ruhestörung", sagt Polizeisprecher Marcel Fiebig auf WDR-Anfrage. Da es sich um eine größere Personengruppe in der Wohnung gehandelt habe, sei Verstärkung herbeigerufen worden. "Das ist eine ganz normale Maßnahme", betont Fiebig. Der mutmaßliche Wohnungsbewohner sei "aggressiv" gegenüber den Beamten aufgetreten. Er sei offenbar alkoholisiert gewesen oder habe unter dem Einfluss von Drogen gestanden. Deshalb, so Fiebig, habe man den Mann in Gewahrsam genommen. Später habe man bei ihm Drogen gefunden. Gegen insgesamt vier Personen werde nun ermittelt unter anderem wegen Widerstands gegen die Polizei. Das Handy eines Partygasts habe man "als Beweismittel beschlagnahmt", also mit Zwang eingezogen. Zu dem angeblichen Schlag ins Gesicht gab es keinen Kommentar. Ausgeführt wurde die Aktion vom Einsatztrupp Prios (Abkürzung steht für: "Präsenz und Intervention an offenen Szenen und Brennpunkten"). Prios war vor gut zehn Jahren gegründet worden. Die polizeiliche Eingreiftruppe soll besonders schnell an Kriminalitätsschwerpunkten sein - unter anderem in der Düsseldorfer Altstadt.

Wieder einmal steht Aussage gegen Aussage. Ähnliche Vorwürfe gegen die Polizei waren vor wenigen Wochen auch in Bielefeld laut geworden. Dort löste die Polizei laut einem WDR-Bericht eine laute WG-Party von Studenten brutal auf. Eine Frau bekam nach eigenen Angaben aus nächster Nähe Pfefferspray in die Augen und wurde von einem Beamten an den Haaren die Treppe herunter zu einem Polizeiwagen gezogen. Auch in Düsseldorf gerieten Polizisten mehrfach wegen Gewaltvorwürfen in die Schlagzeilen. Der wohl spektakulärste Fall: Vor sechs Jahren wurde die Unternehmensberaterin und promovierte Erziehungswissenschaftlerin Lilia Monika Hirsch auf einer Düsseldorfer Polizeiwache schwer misshandelt. "Ich habe massive Verletzungen am ganzen Körper davon getragen", sagt sie. Sie erstattete Anzeige. Die Staatsanwaltschaft aber hielt das Verhalten der Beamten für angemessen und stellte die Ermittlungen ein. Bis heute kämpft Hirsch um ihr Recht. Sie gründete eine Stiftung für Opfer rechtwidriger Polizeigewalt, die Betroffene unterstützt und Aufklärungsarbeit leistet. ...


Aus: " Vorwürfe gegen Polizei: Partycrasher mit Uniform und Pfefferspray" Martin Teigeler (10.07.2015)
Quelle: http://www1.wdr.de/themen/aktuell/polizeieinsatz-duesseldorf-100.html (http://www1.wdr.de/themen/aktuell/polizeieinsatz-duesseldorf-100.html)

"Angehörige des Opfers legen Beschwerde ein" Thomas Becker (17.06.2015)
Nach dem folgenschweren Faustschlag eines Gelsenkirchener Polizisten wollen die Angehörigen des Opfers den Fall nicht ruhen lassen. Bei einem Einsatz am Neujahrstag hatte der Beamte einen Verdächtigen so hart geschlagen, dass der Mann fiel und an den Folgen seiner Kopfverletzungen starb. Die Ermittlungen gegen den Beamten sind inzwischen eingestellt. ... Die Angehörigen des Toten wollen, dass der Fall vor Gericht kommt, dass in einer öffentlichen Verhandlung geklärt wird, was am Neujahrstag mit ihrem Sohn und Bruder geschehen ist. Der Rechtsanwalt der Familie hat deshalb bei der Essener Staatsanwaltschaft Beschwerde eingelegt gegen die Einstellung der Ermittlungen. Die Behörde hatte ihre Entscheidung damit begründet, dass der betroffene Beamte in Notwehr gehandelt habe. Dem WDR liegen Dokumente vor, die Zweifel daran aufkommen lassen. ...
http://www1.wdr.de/studio/essen/themadestages/anwalt-legt-beschwerde-ein-100.html (http://www1.wdr.de/studio/essen/themadestages/anwalt-legt-beschwerde-ein-100.html)

"Polizei und Gewalt - Fälle im Ruhrgebiet: Polizeibeamte wegen Gewaltvorfällen in der Kritik"
Von Laura Schneider-Mombaur (19.06.2015)
http://www1.wdr.de/studio/essen/themadestages/Ermittlungen-Polizei100.html (http://www1.wdr.de/studio/essen/themadestages/Ermittlungen-Polizei100.html)

"Nach Skandal bei Kölner Polizei: Alle SEK sollen überprüft werden" (24.06.2015)
"Mobbing und inakzeptable Aufnahmerituale darf es bei der NRW-Polizei nicht geben", wird Jäger in einer Mitteilung des Ministeriums zitiert. Er wolle sicher gehen, dass es keine weiteren Vorfälle bei anderen SEK gegeben habe. In Köln soll ein Anwärter für das dortige Spezialeinsatzkommando (SEK) von seinen künftigen Kollegen über einen längeren Zeitraum massiv misshandelt und gemobbt worden sein. ...
http://www1.wdr.de/themen/aktuell/sek-ueberpruefung-100.html (http://www1.wdr.de/themen/aktuell/sek-ueberpruefung-100.html)

Title: [Die Praxis... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 16, 2015, 02:35:10 PM
Quote[...] Die Praxis der Polizeidirektion Göttingen, Berichte über Demonstrationen samt Namen und Daten des Anmelders routinemäßig an andere Polizeidienststellen und den niedersächsischen Verfassungsschutz weiterzugeben, war rechtswidrig. Das hat die Polizeidirektion vor dem Göttinger Verwaltungsgericht (VG) eingeräumt. ,,Die fünf Verfahren sind allesamt von den Beteiligten für abgeschlossen erklärt worden", bestätigte Verwaltungsgerichts-Sprecher Dieter Wenderoth der taz. Die Kosten der Verfahren übernehme die Polizei.

Der Göttinger Anwalt Sven Adam war auf das Vorgehen der Göttinger Polizei gestoßen als er einen Demo-Anmelder in einem Verfahren vertreten hatte. Sein Mandant tauchte in einem Bericht über eine Demonstration auf, der an das Lagezentrum des niedersächsischen Innenministeriums, zahlreiche Polizeidienststellen sowie an den niedersächsischen Inlandsgeheimdienst in Hannover geschickt worden war.

Adam beantragte Akteneinsicht und stöberte so 25 weitere solcher Verlaufsberichte aus den Jahren 2009 bis 2013 auf. Alle waren mit Namen, Anschrift und zum Teil mit Handynummern der Demo-Anmelder versehen. Die Art der Demonstration – ob Antifa-, Autonomen- oder Friedensdemo, ob Lichterkette oder Mahnwachen – spielte dabei keine Rolle. Es spielte auch keine Rolle, ob die Proteste friedlich verliefen oder ob es Ausschreitungen gab. Die Polizei Göttingen listete außerdem auf, welche Medienvertreter anwesend waren. Reporter liefen so also Gefahr, im Rahmen ihrer Berichterstattung über Proteste selbst in den Akten Verfassungsschutzes aufzutauchen.

Seit April 2014 sind drei Klagen vor dem VG Göttingen anhängig, im Januar 2015 reichte Adam zwei Klagen von Betroffenen nach. Adam sieht in dem Vorgehen der Polizei einen rechtswidrigen Eingriff in das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit. Außerdem unterlaufe die standardmäßige Weitergabe von Polizeiberichten an den Verfassungsschutz das Trennungsgebot für Polizei und Inlandsgeheimdienst.

Die Polizeidirektion Göttingen erklärte vor dem VG Göttingen nun, ,,dass die Weitergabe der personenbezogenen Daten in der im Antrag der Klage (...) beschriebenen Weise unzulässig war". Die Polizei Göttingen werde diese Daten löschen und ,,an diejenigen Stellen herantreten, an die die Übermittlung erfolgte und diese um die Löschung der personenbezogenen Daten (...) ersuchen, soweit dies nicht bereits geschehen ist". Niedersachsens Polizeipräsident Uwe Lühring sagte, dass diese routinemäßge Praxis, die 2013 eingestellt worden sein soll, nur noch in ,,Ausnahmefällen zulässig" sei.

Die Initiative ,,Bürger beobachten die Polizei Göttingen" befürchtet, dass auch andere Polizeidirektionen in Niedersachsen an den Verfassungsschutz berichten. ,,Es gibt eine landesweite Komponente", sagte eine Sprecherin. Im Juni wurde etwa bekannt, dass der Verfassungsschutz den Lüneburg-Celler IG- Metall-Sekretär Lennhard Aldag von 2011 bis 2013 beobachtet hat, weil er für IG Metall und den Deutschen Gewerkschaftsbund Region Nordost-Niedersachsen Demonstrationen des ,,Bündnisses gegen rechts" und gegen Castro-Transporte angemeldet hatte. (taz berichtete) Der Verfassungsschutz erklärte sich nicht bereit, alle Daten zu löschen oder seinem Anwalt Akteneinsicht zu gewähren.


Aus: "Berichten verboten" Kai von Appen, Hamburg-Redakteur (16.07.2015)
Quelle: https://www.taz.de/Goettingens-Polizei-ist-zu-neugierig/!5211828/ (https://www.taz.de/Goettingens-Polizei-ist-zu-neugierig/!5211828/)

Title: [Verflechtungen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 27, 2015, 04:29:33 PM
Am 26. September 2014 wurden 43 Studenten der Escuela Normal Rural ,,Raúl Isidro Burgos", einer Hochschule zur Ausbildung von Grundschullehrern, in Ayotzinapa (Guerrero, Mexiko) entführt und später ermordet. Zwar sind Meldungen über Gewalttaten im seit Jahren andauernden Drogenkrieg in Mexiko, dem bereits über 20.000 Menschen zum Opfer fielen, alltäglich geworden. Doch das Verbrechen an den 43 Studenten wühlte die mexikanische Öffentlichkeit mehr als jedes andere auf. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Massenentf%C3%BChrung_in_Iguala_2014 (https://de.wikipedia.org/wiki/Massenentf%C3%BChrung_in_Iguala_2014)

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Quote[...] In Iguala leben 120.000 Menschen, die Stadt liegt 200 Kilometer südlich von Mexiko-Stadt. Am 26. September 2014 kamen dort bei einer Konfrontation zwischen jungen Leuten und Polizisten sechs Menschen um, 43 Studenten verschwanden spurlos. Ermittlungen der Staatsanwalt ergaben, dass sie einer Drogenbande übergeben, umgebracht und dann verbrannt wurden. Der Regierung zufolge hatten sie mit Drogenhandel nichts zu tun, waren aber fälschlicherweise für Mitglieder einer rivalisierenden Bande gehalten worden.

... Der Fall warf ein Schlaglicht auf die engen Verflechtungen zwischen Politikern, Polizisten und Kriminellen in dem Bundesstaat Guerrero und anderen Orten Mexikos mit hoher Drogenkriminalität. ...

... Viele Mexikaner zweifeln die offizielle Version über das Schicksal der 43 vermissten Studenten aus Iguala an, vor allem ihre Eltern. Sie dürften sich in einem vergangene Woche veröffentlichten Bericht der nationalen Menschenrechtskommission bestätigt fühlen, der mindestens 30 Versäumnisse bei den Ermittlungen aufzeigte, die zur Aufklärung des Falls beigetragen hätten. Am Sonntag kamen unter Führung der Eltern der Studenten in Mexiko-Stadt Hunderte Menschen zusammen, um Gerechtigkeit in dem Fall zu fordern.


Aus: "129 Leichen in Iguala entdeckt" (27.07.2015)
Quelle: http://www.taz.de/Suche-nach-Vermissten-in-Mexiko/!5217784/ (http://www.taz.de/Suche-nach-Vermissten-in-Mexiko/!5217784/)

Title: [Sie zeichnete die wilde Feier... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 02, 2015, 11:44:11 AM
Quote[....] Dortmund.  Nach "Blümchen" gab es Blumen: Wegen einer lauten Party im Polizeipräsidium hat sich die Polizei am Dienstag bei einer Anwohnerin mit einem Blumenstrauß entschuldigt. Barbara F. hatte die Feierlautstärke auf ihrem Handy festgehalten.

Wie die Polizeipressestelle am Dienstag mitteilte, hat sich der Inspektionsleiter bei der Anwohnerin Barbara F. mit einem Blumenstrauß entschuldigt. Der Hinweis der 29-jährigen Anwohnerin werde sehr ernst genommen und intern aufbereitet werden.

Barbara F. hatte sich über eine laute Party in der Nacht zu Montag beschwert. Sie zeichnete die wilde Feier im Polizeipräsidium mit ihrem Handy auf. Zwei Songs sind im Video zu hören: Blümchen ("Herz an Herz") und Take That ("never forget").

In der Stellungnahme der Polizei heißt es weiter: "Wenn es so laut war, wie von der Beschwerdeführerin beschrieben, entschuldigen wir uns natürlich für dieses Verhalten. Das ist so nicht akzeptabel."

Wichtig sei der Polizei aber, zu betonen, "dass wir normalerweise natürlich jedem Hinweis auf Ruhestörung nachgehen, auch wenn die Polizei selber die beschwerte Partei ist." Die Anwohnerin nahm die Entschuldigung an. "Mir geht es nicht darum, dass die Polizei nicht feiern darf", so die Frau. Doch Regeln würden für alle gelten - auch für die Polizei.

In eigener Sache: Auf Wunsch der Anwohnerin haben wir ihren Nachnamen abgekürzt. Der vollständige Name ist der Redaktion bekannt.


Aus: "Party im Präsidium: Polizei entschuldigt sich bei Anwohnerin" (02.09.2015)
Quelle: https://www.derwesten.de/staedte/dortmund/party-im-praesidium-polizei-entschuldigt-sich-bei-anwohnerin-id11050099.html (https://www.derwesten.de/staedte/dortmund/party-im-praesidium-polizei-entschuldigt-sich-bei-anwohnerin-id11050099.html)

Title: [Die sieben Kläger erwarten... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 18, 2015, 11:20:53 AM
Quote[...] Mehr als hundert Menschen wurden bei einer Stuttgart-21-Demonstration verletzt - nun ist klar, der Polizeieinsatz war rechtswidrig. Das hat das Verwaltungsgericht beschlossen. Die Begründung: Beim Protest gegen die Baumrodungen im Schlossgarten am 30. September 2010 habe es sich rechtlich gesehen um eine Versammlung gehandelt.

Für ein Vorgehen der Polizei gegen solche Versammlungen gibt es im Grundgesetz hohe Hürden. Zwar dürften die Beamten einzelne Straftaten verfolgen, nicht aber die gesamte Versammlung mit Wasserwerfern, Schlagstöcken und Pfefferspray beenden. Ohnehin sei das Vorgehen überzogen gewesen.

Geklagt hatten sieben Opfer. Darunter ist der heute nahezu erblindete Dietrich Wagner, der am "Schwarzen Donnerstag" nach heftigen Druckstößen aus einem Wasserwerfer gegen seinen Kopf aus den Augen blutete. Mit der Entscheidung des Gerichts steigen die Chancen der Opfer von damals auf Schadenersatz. Diesen müssen sie sich aber vor dem Landgericht erstreiten.

vek/dpa


Aus: "Gerichtsentscheid: Polizeigewalt gegen Stuttgart-21-Demonstranten war rechtswidrig" (18.11.2015)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/stuttgart-21-polizeigewalt-gegen-demonstranten-war-rechtswidrig-a-1063391.html (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/stuttgart-21-polizeigewalt-gegen-demonstranten-war-rechtswidrig-a-1063391.html)

Die sieben Kläger erwarten spätestens jetzt eine offizielle Entschuldigung der Regierung für das Vorgehen der Polizei. Theoretisch wäre es möglich, dass das Land mit Rücksicht auf seine Beamten Berufung gegen das Urteil einlegt. Ministerpräsident Winfried Kretschmann, der am Schwarzen Donnerstag unter den Demonstranten war und versucht hatte, den Einsatz zu stoppen, hat angekündigt, sich nach der Urteilsverkündung am Mittwoch zu äußern. ...
https://www.taz.de/Prozess-zu-Stuttgart-21/!5248707/ (https://www.taz.de/Prozess-zu-Stuttgart-21/!5248707/)

Stuttgart 21 (auch kurz S21) ist ein in Bau befindliches Verkehrs- und Städtebauprojekt zur Neuordnung des Eisenbahnknotens Stuttgart.  ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Stuttgart_21 (https://de.wikipedia.org/wiki/Stuttgart_21)
Title: [Die Leute wollen wissen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 09, 2015, 08:31:51 AM
Quote[...] Mit der steigenden Zahl von brutalen Polizeiübergriffen in den USA hat sich eine Ermittlungslücke aufgetan: Dem FBI fehlen ausreichende Daten zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Gesetzeshütern und Bürgern. Das soll sich nun ändern.

Das derzeitige System zur Verfolgung solcher Übergriffe sei eine "Travestie", sagte Stephen L. Morris, stellvertretender Direktor der FBI-internen Abteilung Criminal Justice Information Services Division (CJIS). Das ineffektive Verfahren werde bis 2017 durch eine neues ersetzt werden.

In Zukunft sollen nicht nur tödliche Schießereien verzeichnet werden, sondern alle Fälle erfasst werden, bei denen ein Polizist Zivilpersonen eine schwere Verletzung zufügt oder sie tötet. Es sollen zusätzlich Fälle aufgenommen werden, bei denen Pfefferspray, Taser oder körperliche Gewalt zum Einsatz kommen.

Die Änderungen haben oberste Priorität: "Die Leute wollen wissen, was die Polizei tut, sie wollen wissen, warum sie Gewalt anwendet", sagte Morris der "Washington Post".

Bisher erhält das FBI seine Informationen zu gewaltsamen Übergriffen von den Police Departments. Diese liefern Daten - allerdings auf freiwilliger Basis. Laut "Washington Post" sollen von 2011 bis heute gerade mal drei Prozent der landesweit 18.000 Polizeistationen der Aufforderung nachgekommen sein.

Erst vor zwei Tagen hatte das US-Justizministerium angekündigt, gegen die Polizeibehörde in Chicago ermitteln zu wollen, wo der 17-jährige Laquan McDonald im Oktober 2014 von 16 Polizeikugeln getötet wurde. Justizministerin Loretta Lynch will herausfinden, ob die Polizei in der Metropole systematisch gegen Bundesgesetze und die Verfassung verstoße hat und ob der tödlichen Gewalt gegen Bürger rassistische Motive zugrunde liegen.

Der Vorstoß des FBI folgt auf heftige landesweite Proteste gegen zahlreiche Übergriffe von Polizeibeamten auf Schwarze. Im Sommer 2014 hatte die Tötung des 18-jährigen Michael Brown in Ferguson im Bundesstaat Missouri schwere Unruhen ausgelöst. Der verantwortliche Polizist wurde nicht angeklagt, obwohl Brown unbewaffnet war. Im April hatte der Tod des Schwarzen Freddie Gray im Polizeigewahrsam in Baltimore zu Ausschreitungen in der Ostküstenstadt geführt.

ala/Reuters


Aus: "Übergriffe bei Einsätzen: FBI erweitert Datenbank zu Polizeigewalt" (09.12.2015)
Quelle: http://www.spiegel.de/panorama/fbi-will-mehr-daten-zu-polizeigewalt-sammeln-a-1066795.html (http://www.spiegel.de/panorama/fbi-will-mehr-daten-zu-polizeigewalt-sammeln-a-1066795.html)

Title: [Das Grundgesetz der... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 18, 2016, 11:50:17 AM
Quote[...] Wegsehen war seine Strategie. Jahrelang. Wenn die Kollegen zuschlugen, wenn sie sich volllaufen ließen, wenn sie Scherze trieben, die jede Grenze des guten Geschmacks weit überschritten. Der Kommissar in einer Hundertschaft der Bereitschaftspolizei wollte von all dem nichts wahrnehmen. Zu sehr fürchtete er die Kausalkette: Meldung machen zu müssen, als Verräter zu gelten, den Rückhalt der ganzen Einheit zu verlieren. Irgendwann ließ er sich versetzen.

Das Grundgesetz der Staatsmacht lautet: Polizisten machen keine Fehler - weil sie keine machen dürfen. "Der erste Reflex bei polizeilichem Fehlverhalten ist es, das runterzuspielen, zu verharmlosen, zu relativieren, zu leugnen oder gar zu vertuschen", sagt der Chef des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), André Schulz. Es kann nicht sein, was nicht sein darf.

Der Grund dafür liegt in der Dimension der Folgen. Ein einziger Fehler bedeutet für einen Polizisten womöglich das Ende seiner Karriere, zieht Straf- und Disziplinarverfahren nach sich, vermag ihn vollständig zu ruinieren. Und die Kollegen gleich mit: Wenn sie nichts sagen, machen sie sich strafbar. Und wenn sie das Vorkommnis melden, womöglich auch - etwa wegen unterlassener Hilfeleistung. "Dieses Dilemma macht deutlich, wie schwierig der Umgang mit Fehlern bei der Polizei ist", sagt Schulz.

Die grüne Bundestagsabgeordnete Irene Mihalic - selbst Polizistin in Nordrhein-Westfalen - fordert daher schon seit geraumer Zeit, auf Bundesebene einen Polizeibeauftragten einzusetzen. Er soll als Anlauf- und Vermittlungsstelle für Bürger und Beamte dienen. Nun hat die grüne Bundestagsfraktion erstmals einen Gesetzentwurf dazu vorgelegt. Er sieht vor, analog zum Wehrbeauftragten des Bundestages, eine mit knapp zwei Millionen Euro Jahresetat ausgestattete Ombudsstelle für die Polizeibehörden des Bundes einzurichten.

In dem SPIEGEL ONLINE vorliegenden Entwurf heißt es, die hierarchische Organisation und das beamtenrechtliche Beförderungssystem verhinderten oft eine Aufklärung eines Fehlverhaltens "zugunsten des beruflichen Friedens". Ein Polizeibeauftragter böte Bürgern und Beamten die Möglichkeit, "bei einer externen und unabhängigen Stelle Missstände und Fehler aufzuzeigen, ohne dabei Sanktionen oder berufliche Nachteile fürchten zu müssen".

Die Ereignisse rund um die Kölner Silvesternacht hätten einmal mehr gezeigt, wie sehr auch Bundespolizisten ein unabhängiger Ansprechpartner für kritische Eingaben fehle, sagt Mihalic. "Wo Menschen zusammenarbeiten, passieren Fehler. Es ist jedoch wichtig, dass diese Fehler angemessen aufgearbeitet und nicht einfach beiseite geschoben werden", so Mihalic.

In einer Studie für die Grünen betonen der Bochumer Kriminologe Thomas Feltes und der Berliner Jurist Hartmut Aden die Chancen einer solchen Schiedsstelle. So gehe es Opfern polizeilichen Fehlverhaltens "in den meisten Fällen eher um eine Entschuldigung oder eine Erklärung als eine finanzielle Entschädigung oder eine Bestrafung des Verantwortlichen". Die Wissenschaftler weisen auch darauf hin, dass sowohl die Vereinten Nationen als auch die Europäische Kommission wiederholt die Einrichtung einer unabhängigen Monitoring-Stelle für die deutsche Polizei verlangt haben. Bislang vergeblich.

Als erstes Bundesland hatte Rheinland-Pfalz 2014 einen Landesbeauftragten für die Polizei installiert. Im Bundestag forderten Grüne, Linke und SPD bereits 2013 als Konsequenz aus dem Versagen des Rechtsstaats im Fall des "Nationalsozialistischen Untergrunds" die Einrichtung einer unabhängigen Beschwerdestelle für die Polizei. "Leider hat der Bund bis zum heutigen Tag hieraus keine erkennbaren Konsequenzen gezogen", kritisiert Mihalic.

Die Bundespolizei reagierte im vergangenen Frühjahr auf den Verdacht, dass in ihrer Inspektion am Hauptbahnhof von Hannover erschreckende Zustände herrschten, mit der Einrichtung einer Sonderbeschwerdestelle. Diesem Instrument erteilen die Forscher Feltes und Aden jedoch eine deutliche Absage. Die Instanz sei ungeeignet, weil sie nicht den Bürgern zur Verfügung stünde und zudem "innerhalb der betroffenen Organisation angesiedelt ist".

Die grüne Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt setzt beim Thema Polizeibeauftragter auf eine ganz große Koalition im Bundestag. Die klaffende Leerstelle zu schließen, müsse "das Anliegen aller Fraktionen sein", sagt sie. "Wir werden jetzt eine öffentliche Experten-Anhörung beantragen, um die Einrichtung eines Bundespolizeibeauftragten schnell und gleichzeitig sorgfältig voranzubringen", so Göring-Eckardt.


Aus: "Missstände in Behörden: Grüne fordern Polizeibeauftragten für den Bund" Jörg Diehl (18.02.2016)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/polizei-gruene-fordern-polizeibeauftragten-fuer-den-bund-a-1077932.html (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/polizei-gruene-fordern-polizeibeauftragten-fuer-den-bund-a-1077932.html)

Title: [Dabei handelt es sich um... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 14, 2016, 11:28:50 AM
Quote[...] Union und SPD im Bund haben sich nach Informationen der Rheinischen Post darauf verständigt, die Bundespolizei künftig mit sogenannten Bodycams auszustatten. Dabei handelt es sich um kleine Kameras, die an den Uniformen befestigt sind. Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) findet das gut. Nach Hessen hatte im vergangenen Jahr Rheinland-Pfalz als zweites Land die Minikameras eingeführt.

"Bodycams können bei der Aufklärung von Übergriffen oder bei der Deeskalation bestimmter Situationen helfen", sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Burkhard Lischka, der Rheinischen Post. Beim Einsatz von Bodycams auf Länderebene seien positive Erfahrungen gesammelt worden. So habe etwa die Zahl der Übergriffe auf Polizisten deutlich abgenommen. Deshalb sei sich die Große Koalition einig, dass die Ausrüstung der Bundespolizisten mit Bodycams sinnvoll sei.

Hessens Innenminister Beuth begrüßte, dass die Bundespolizei dem Vorbild Hessens folgen könnte. "Aber das allein reicht nicht, um unsere Einsatzkräfte besser gegen die furchtbare Gewalt zu schützen", sagte er in Wiesbaden. Hessen habe einen Gesetzentwurf zur Einführung eines Schutzparagrafen 112 vorgelegt. "Wir brauchen beides: die Bodycam und unseren Schutzparagrafen".

Die Angriffe auf die Polizei bei der Eröffnung des neuen Gebäudes der Europäischen Zentralbank im Jahr 2015 in Frankfurt hatten die Notwendigkeit einer entsprechenden Bundesratsinitiative aus Sicht des hessischen Innenministeriums unterstrichen. Laut Ministerium wurden 150 Polizisten während des Einsatzes verletzt, 80 von ihnen durch ätzende Flüssigkeiten. (mit Material der dpa) / (kbe)


Aus: "Bundespolizei soll mit Bodycams ausgestattet werden" Kristina Beer (14.03.2016)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/Bundespolizei-soll-mit-Bodycams-ausgestattet-werden-3133650.html (http://www.heise.de/newsticker/meldung/Bundespolizei-soll-mit-Bodycams-ausgestattet-werden-3133650.html)

Title: [Bis weit nach Mitternacht blieb sie... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 08, 2016, 01:18:04 PM
Quote[...] Susanne freute sich, als sie am 8. Juni 1986 mittags aus der U-Bahn hochstieg und über das Hamburger Heiligengeistfeld lief. "Wie nett, heute bekommen wir Polizeigeleit", dachte die 24-Jährige. Die Beamten bildeten eine Gasse und ließen sie zu den anderen Demonstranten durch. Dann schlossen die Männer, ausgerüstet mit Helm, Schild und Schlagstock, den Ring wieder - Susanne war gefangen.

Bis weit nach Mitternacht blieb sie eingekeilt zwischen Hunderten ebenfalls eingeschlossenen Menschen, frierend, hungrig, durstig. Völlig verängstigt versuchte die Hamburgerin, ins Zentrum des Menschenknäuels zu gelangen. Um die Kernkraftgegner herum: ein undurchdringlicher Kordon aus bewaffneten Polizisten.

"Wir waren denen völlig ausgeliefert", sagt Susanne 30 Jahre später, ihren vollen Namen möchte sie aus beruflichen Gründen nicht öffentlich machen. Normalerweise hört die Psychologin und Trauma-Therapeutin zu, wenn ihre Patienten auf der beigefarbenen Couch über ihre verwundeten Seelen sprechen. Heute hat sie dort selbst Platz genommen.

Kerzengerade sitzt sie in ihrer Praxis und erzählt. Von ihrem eigenen Trauma: dem "Hamburger Kessel". Bis zu 14 Stunden lang hielten die Beamten damals 861 Menschen in der Hansestadt fest. Warum? Weil sie an einer nicht angemeldeten Demonstration teilnahmen.

Die bis dahin größte Massenfestnahme der bundesdeutschen Geschichte stuften Richter später als rechtswidrig ein, die vier verantwortlichen Polizeiführer wurden wegen Freiheitsberaubung in 861 Fällen verwarnt. "Die juristische Entscheidung war nachvollziehbar", räumt Hans-Dieter Detjen im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE ein.

Detjen, heute 61 Jahre alt und frisch verrentet, war einer der Polizisten, die damals den Kessel umsetzen mussten. Er stand außerhalb - Susanne stand mittendrin. Beide Seiten waren frustriert und übermüdet. Denn der "Hamburger Kessel" hatte eine Vorgeschichte.

Am Tag zuvor fand im schleswig-holsteinischen Brokdorf am 7. Juni eine Demonstration gegen das Atomkraftwerk statt, das dort im Herbst ans Netz gehen sollte. Susanne, wie so viele Menschen aufgerüttelt durch die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl am 26. April 1986, wollte in Brokdorf gegen Atomkraft protestieren. Derweil sollten Detjen und seine Kollegen mit Straßensperren verhindern, dass die aus Hamburg kommenden Autos bis zur Demonstration vordringen konnten. "Wir wurden um unser Demonstrationsrecht gebracht. Das durften wir uns nicht gefallen lassen", sagt Susanne.

Noch am Abend des 7. Juni stand fest: Die Hamburger AKW-Gegner würden ihrem Ärger tags darauf mit einer spontanen Protestkundgebung Luft machen. Der Staatsschutz meinte die Teilnehmer auch schon genau zu kennen: "anarchistische Gruppen, polizeibekannte Sympathisanten der RAF, Leute aus der Hafenstraße und sogenannte Autonome" - so versuchte SPD-Innensenator Rolf Lange das beispiellose Einsatz-Debakel später zu rechtfertigen.

Gewalttäter hätten danach getrachtet, die Hamburger Innenstadt "in Schutt und Asche" zu legen, sagte Lange, dem der Kessel-Befehl den Spitznamen "Rambo" eintrug. Nur drei Wochen zuvor, am 13. Mai, hatten Randalierer am Rande einer Anti-Atomkraft-Demo Rathausscheiben eingeworfen und mehrere Polizisten verletzt. "Wir wollten Schaden von der Stadt abwenden", sagt Detjen. Genau das Gegenteil trat ein: Wegen des "Hamburger Kessels" galt die Stadt fortan als Hort der Polizeiwillkür.

Den entscheidenden Befehl gab um 12.22 Uhr der Leitende Polizeidirektor per Funkanweisung: "Versammlung ist notfalls unter Benutzung des Schlagstocks einzuschließen." Mit Blaulicht und Martinshorn, erinnert sich Detjen, rasten die Hundertschaften zum Heiligengeistfeld auf St. Pauli und bildeten Polizeiketten, um die AKW-Gegner nahe einem alten Flakbunker einzukesseln. Mehr als 1000 Beamte waren im Einsatz, eine Aufforderung zur Auflösung der Demonstration erfolgte nicht.

"Wir waren wie versteinert. Es fühlte sich so absurd an, so unwirklich", sagt Susanne und nennt als Trauma-Expertin gleich den Fachbegriff: "Derealisation". Zunächst gelang es einigen Demonstranten, aus dem Kessel zu fliehen. Um das zu verhindern, griffen danach die Polizisten sofort zu ihren Schlagstöcken. Raus durfte nur, wer sich durchsuchen ließ, seine Personalien angab und einer vorläufigen Festnahme zustimmte - was rund 40 Menschen taten.

Augenzeugen berichteten von Kopfverletzungen und gebrochenen Fingern. Über Stunden durften die Eingekesselten nicht zur Toilette und mussten ihre Notdurft an Ort und Stelle verrichten - teils unter entwürdigenden Kommentaren der Polizisten. "Die behandelten uns, als wären wir alle Schwerverbrecher. Obwohl die meisten Demonstranten ganz normale, friedliche Leute waren", sagt Susanne.

Hans-Dieter Detjen bestreitet nicht, dass es zum Schlagstock-Einsatz und zu verbalen Entgleisungen kam: "Wir waren übermüdet und kaputt. Es hat einfach genervt." Zumal über Stunden niemand wusste, wie es weitergehen sollte: Es war Sonntag, die Fußball-WM in Mexiko in vollem Gange; die politisch Verantwortlichen waren lange telefonisch nicht zu erreichen.

Ab 16 Uhr wurden die Demonstranten nach und nach auf verschiedene Wachen gefahren. Doch die Hälfte musste auch um 18 Uhr noch im Kessel ausharren. "Obwohl es am Abend kalt wurde, bekamen wir keine Decken, wegen der Vermummungsgefahr", sagt Susanne. Gegen Mitternacht wollten Taxifahrer die Demonstranten nach Hause bringen und fuhren als Korso vor, doch einige Polizisten schlugen laut Augenzeugenberichten Autoscheiben ein.

Susanne war eine der letzten Eingekesselten und wurde gegen 1 Uhr nachts in die örtliche Landespolizeischule gebracht. Dort musste sie sich ausziehen, wurde abgetastet - und erneut eingekesselt: "Wir sollten uns in einer Turnhalle auf den Boden setzen, in ein aus Sportbänken errichtetes Viereck."

Anderen Kessel-Opfern zufolge kam es auf den Wachen mehrfach zu Beleidigungen wie: "Man sollte euch über der DDR aus einem Hubschrauber werfen." Oder: "Lieber gleich durchs Minenfeld jagen", wie der SPIEGEL berichtete. ...

Das schlechte Hamburger Beispiel machte später bundesweit Schule, die Kesseltaktik wurde auch anderswo praktiziert und führte zuverlässig zu Protesten und zu Prozessen. Im Umfeld des Münchner Wirtschaftsgipfels 1992 etwa ging die bayerische Polizei mehr als rustikal vor und kesselte ebenfalls 500 Demonstranten ein. "Dass wir etwas härter hinlangen", tönte danach Ministerpräsident Max Streibl, "auch das ist bayerische Art."

Der "Hamburger Kessel" ließ einige Beamte gewaltig mit dem System hadern. Aus Empörung über den brutalen Einsatz formierte sich mit dem "Hamburger Signal" interner Widerstand kritischer Polizisten. Am Ende setzte es eine juristische Ohrfeige: Als rechtswidrige Freiheitsberaubung und Einschränkung der Versammlungsfreiheit stufte das Verwaltungsgericht Hamburg den Kessel ein, jeder Demonstrant erhielt 200 Mark Schmerzensgeld. "Ein Witz", sagt Susanne. Und doch ein Triumph.

Ihren großen Kampf indes, jenen gegen das Kernkraftwerk Brokdorf, hatte die Anti-Atom-Bewegung verloren: Das AKW wurde im Oktober 1986 in Betrieb genommen - als weltweit erster Atommeiler nach dem Super-GAU von Tschernobyl.

QuoteVorgeschichte
Peter Müller, 08.06.2016, 12:17 Uhr
Es ist richtig, daß der Hamburger Kessel eine Vorgeschichte hatte. Das gilt dann allerdings für beide Seiten. Es gibt ein Recht auf Demonstrationsfreiheit, aber nicht auf gewaltsamen Widerstand. Es existiert das berühmte Foto von einem Demonstranten, der einen am Boden liegenden Polizisten mit einem Spaten traktiert. Ob Brokdorf oder Startbahn West in Frankfurt am Main, es war immer die gleiche Geschichte. Es wird unterstellt, daß die einen immer moralisch im Recht und die anderen im Unrecht waren. ...


QuoteHamburger Kessel
Gisela Schanzenbach, 08.06.2016, 11:54 Uhr
Ich war dabei, nicht im Kessel, aber außerhalb. Ich hatte eine Werkstatt im Bunker auf dem Heiligengeistfeld und machte Pause, da sah ich die eingekesselten Demonstranten. Am Tage vorher hatte ich ebenfalls erlebt, wie wir Hamburger Demonstranten nicht nach Brokdorf durch kamen. Ich hielt mich längere Zeit auf dem Gelände auf, weil es für mich ganz eindeutig war, dass hier die Stadt Hamburg gegen das Demonstrationsrecht verstieß. Es formierte sich ein Demonstrationszug, der gegen den Kessel demonstrieren wollte, der zog die Feldstraße entlang (an der liegt der Bunker). Ich ging auf dem Fußweg und plötzlich kamen Polizisten mit erhobenen Schlagstöcken auf mich und andere zu. Einige flüchteten über das Heiligengeistfeld. Ich blieb stehen und dachte mir, ich schaue dem ins Gesicht, wenn er zu schlägt. Der Polizist stand vor mir mit erhobenen Schlagstock und schlug nicht zu. Ich erstattete Anzeige und die wurde natürlich gegen unbekannt eingestellt. In meiner Anzeige forderte ich, dass Polizisten durch Zeichen erkennbar sein sollten.


QuoteNicht nur im Kessel war Ausnahmezustand
frank neumann, 08.06.2016, 12:12 Uhr
Im restlichen Hamburg wurde jede/r gejagt, der nur halbwegs nach Protest aussah. In normalen Wohnstraßen bremsten Polizeibusse, heraus sprangen Einsatzkräfte, schlugen auf Leute ein, verfolgten sie in Hinterhöfe und ließen Verletze liegen, und weiter ging's. Als gekennzeichnetem, unbewaffnetem Demonstrationssanitäter ging es mir nicht besser: niedergeknüppelt, schwere Hämatome, Hand zwei Wochen nicht zu gebrauchen. Keine Ahnung, wie es mir ohne Helm ergangen wäre. Ja, die Stimmung war geladen bei den Protestierenden - vor allem, weil der Konvoi zur (genehmigten!) Demo am Vortag in Brokdorf gestoppt und mit brutaler Gewalt aufgehalten wurde: Leute verprügelt, Reifen zerstochen, Scheiben eingeschlagen - in diesem Fall von Polizisten. Es waren schon bewegte Zeiten... Auch wenn Brokdorf damals in Betrieb ging, hat sich später die Erkenntnis durchgesetzt, dass es letztlich eine zu riskante Technik mit zu hohen Kosten und vielen ungelösten Fragen ist. Gut so - man sollte nicht vergessen, dass der Protest seinerzeit dazu beigetragen hat, die unbequemen Fragen im Bewusstsein zu halten.


...


Aus: ""Als wären wir Schwerverbrecher"" Katja Iken, Jahrgang 1972 (08.06.2016)
Quelle: http://www.spiegel.de/einestages/hamburger-kessel-1986-wie-die-polizei-akw-gegner-festhielt-a-1096065.html (http://www.spiegel.de/einestages/hamburger-kessel-1986-wie-die-polizei-akw-gegner-festhielt-a-1096065.html)

Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 09, 2018, 10:17:13 AM
Quote[...] In den USA sind im vergangenen Jahr laut einem Bericht 987 Menschen durch Polizeikugeln getötet worden. Dies seien 24 Todesfälle mehr als 2016, berichtete die Washington Post. 2015 habe die Zahl bei 995 Getöteten gelegen. Die Zeitung erstellt seit drei Jahren eigene Statistiken zu tödlichen Polizeieinsätzen und wertet dafür Presseberichte, offizielle Veröffentlichungen und die sozialen Medien aus.

Dem Bericht zufolge waren 22 Prozent der Erschossenen männliche Afroamerikaner, obwohl ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung der USA nur sechs Prozent ausmacht. 19 von ihnen waren demnach unbewaffnet, als sie von der Polizei getötet wurden. Dies waren zwei mehr als 2016, aber deutlich weniger als 2015. Damals waren laut Washington Post 35 unbewaffnete Afroamerikaner erschossen worden.

In den vergangenen Jahren hatten Fälle von tödlicher Polizeigewalt gegen Afroamerikaner immer wieder wütende und teilweise gewalttätige Proteste in den USA ausgelöst.

2017 erschossen US-Polizisten dem Bericht zufolge insgesamt 68 Unbewaffnete – 17 mehr als im Jahr zuvor, aber 26 weniger als 2015. Das große öffentliche Bewusstsein habe dafür gesorgt, dass die Beamten bei ihren Einsätzen vorsichtiger auf unbewaffnete Personen reagierten, sagte der Polizei-Experte Chuck Wexler der Washington Post. Laut US-Bundespolizei FBI wurden im vergangenen Jahr 46 Beamte im Dienst getötet, 20 weniger als noch 2016.

Tödliche Polizeieinsätze sind in den USA deutlich häufiger als in anderen westlichen Industrieländern. In Großbritannien wurden 2016 nach Angaben der Organisation Inquest vier Menschen von Polizisten erschossen. In Deutschland wurden im gleichen Jahr laut Recherchen des Tagesspiegels 13 Menschen durch Polizeikugeln getötet.

QuoteBrauBlauGrau #14

"Dem Bericht zufolge waren 22 Prozent der Erschossenen männliche Afroamerikaner, obwohl ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung der USA nur sechs Prozent ausmacht."

Noch viel erschreckender: 95% der Getöteten waren Männer, obwohl diese nur etwa 50% des Gesamtbevölkerung ausmachen. Die Polizei dort scheint ein gewaltiges Sexismusproblem zu haben.



QuoteMesC #27

wie viele polizeieinsätze gab es insgesamt? wie hoch war der anteil anderer ethnien?
kann es sein das weisse polizisten ständig mehr weisse bürger erschiessen...aber da kann man ja dann nicht pauschal rassismus schreien.
gab es auch fälle wo schwarze polizisten schwarze erschossen haben? ist das dann auch ein anlass zu demonstrieren?
mit rassismus hat das nichts zu tun sondern mit einer militanten waffenstarrenden gewaltverherrlichenden gesellschaft.
das ist leider wieder nur meinungsmache und kalenderblatt-journalismus mit dem tiefgang eines schwebekissenboots statt information.



QuoteMMMMCCCCMMMMCCCC #6

Hier wird mit der Statistik etwas geschummelt, es wird suggeriert das bei 6% Afroamerikanern in einer gleichberechtigten/Rasissmusfreien Polizei auch nur 6% sterben dürfen. Man verschweigt, dass sich Afroamerikaner in anderen Milieus bewegen, welche die 22% Polizeitoten erklärt. Man klammert bewusst! andere Fakten aus nur um keinen wirklichen offenen Diskurs zu führen.

Wikipedia: Race and crime in the United States

Afroamerikaner stellen ca. 13% der Bevölkerung da, begehen jedoch 50% aller Morde und Tötungsdelikte (die meisten Opfer sind ebenfalls Afroamerikaner).
Ähnliche Zahlen finden sich bei illegalen Waffenbesitz, Drogen, Gangs.

Ein Großteil der wirklich brenzlichen Polizeinsätze hat dadurch einfach mit Afroamerikanern zu tun hat, und dann liegt die Polizeitoten ratio auch höher und negiert diese Rassimus-Cop Weltansicht.

Das wird gerne verschwiegen, passt halt nicht so ins Bild von den rassistischen Cops. Neben weißen Privilegien gibt es einfach auch folgendes: das Privileg keine Verbrechen zu begehen, schaffen ganz viele - kulturelle Faktoren hingegen erhöhen besonders der Gedanke "Wir gegen die" , dies ist in den black Neighbourhoods ausgeprägt und trägt nicht zur Deeskalation bei. Da liegt auch der Hund begraben. Man kann nicht nur auf die Polizei schimpfen sondern muss auch schauen welche Schuld denn Strukturen innerhalb der schwarzen Communities zu der ganzen Misere beitragen, diese benennen...

https://en.wikipedia.org/wiki/Race_and_crime_in_the_United_States



QuoteGroschenkind #27.1

Für einen wirklich informativen und ausgewogenen Artikel die richtigen, aber unbeantworteten Fragen.

Genauso wie:

"19 von ihnen waren demnach unbewaffnet, als sie von der Polizei getötet wurden. "

Und wieviele unbewaffnete Weiße wurden erschossen?"
Warum fehlt diese Information?


QuoteKakophonie #34

2017 wurden in den USA 125 Polizisten im Dienst getötet. Ich finde dieser Aspekt darf in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben!


Quoterriotrradio #34.1

Wie hoch ist der Anteil der Polizisten an der Gesamtbevölkerung?


Quote
Kakophonie #34.2

Laut Wikipedia gibt es in den USA 1,2 Mio (wow sind das viele) Menschen die bei der Polizei arbeiten.
0,104 Promille der Polizisten sind im Dienst getötet worden
0,003 Promille der Einwohner sind von Polizisten getötet worden

Diese Rechnung ist aber eigentlich total sinnlos.



QuoteTom Orrow #40

Die Daten, auf die sich Washington Post beruft, liegen auf Github. Ich habe mir die Daten zum Filtern in mein Excel importiert:

2969 Todesfälle durch Polizei gesamt seit 2015

davon sind 2838 männlich
128 weiblich
bei 3 fehlt das Geschlecht
Der Frauenanteil ist also bei ca. 4%

Ich verstehe nicht, warum dieser Aspekt nicht aufgegriffen wird. Es ist doch kein reines Rassismus-Problem, nur weil der Anteil Schwarzer relativ höher ist. Es ist ein gesamtgesellschaftliches, ein sexistisches Problem, wenn es 96% Männer sind.

https://github.com/washingtonpost/data-police-shootings

Es liegt mir fern, den rassistischen Aspekt zu marginalisieren. Aber diese Polizei het nicht nur ein Problem mit Schwarzen sondern ganz überwiegend hat sie ein Problem mit Männern.



...



Aus: "USA: 2017 wurden 987 Menschen bei Polizeieinsätzen erschossen" (8. Januar 2018)
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-01/usa-polizeieinsaetze-tote-polizeigewalt-afroamerikaner (http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-01/usa-polizeieinsaetze-tote-polizeigewalt-afroamerikaner)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 19, 2018, 02:28:52 PM
Quote[...] Chinesische Behörden haben den prominenten Menschenrechtsanwalt Yu Wensheng festgenommen. Der 50-Jährige sei von einem Spezialeinsatzkommando vor seiner Pekinger Wohnung abgefangen worden, als er seinen Sohn zur Schule bringen wollte, berichtete seine Frau Xu Yan der Deutschen Presse-Agentur. Die französische Nachrichtenagentur AFP bestätigte die Angaben unter Berufung auf zwei Vertraute. Die örtliche Polizei teilte mit, man wisse nichts von der Festnahme.

Xu sagte, dass ein Polizeiwagen, ein Wagen eines Einsatzkommandos und ein Minibus vorgefahren und ihren Mann vor dem Haus mitgenommen hätten. "Ich habe die örtliche Polizeistation und den Polizeinotruf angerufen, aber nicht erfahren, was mit ihm passiert ist."

Wenige Stunden vor seiner Festnahme hatte Yu in einem öffentlich verbreiteten Brief Verfassungsreformen gefordert. Er verlangte unter anderem Präsidentschaftswahlen mit mehreren Kandidaten.

Der Brief war Yus jüngste Aktion, mit der er die chinesische Regierung kritisierte. Sein Protest hat eine lange Vorgeschichte: 2014 saß Yu nach eigenen Angaben 99 Tage in Haft und wurde gefoltert. Später vertrat er mehrere andere Menschenrechtsanwälte sowie Demonstranten aus Hongkong, die dort für mehr Demokratie auf die Straße gegangen waren. Im vergangenen Jahr versuchte Yu gemeinsam mit fünf anderen Anwälten die Regierung seines Landes wegen des gesundheitsschädlichen Smogs zu verklagen. 

Im Oktober 2017 schrieb der Aktivist einen öffentlichen Brief an die Delegierten, die den Parteitag der Kommunistischen Partei besuchten. In dem Appell beklagte Yu, dass es in China "keine Freiheit, keine Demokratie, keine Gleichheit und keine Rechtsstaatlichkeit" gebe. Staats- und Parteichef Xi Jinping habe die "totalitäre Herrschaft" verstärkt. Er eigne sich nicht länger, um im Amt zu bleiben. Nach eigenen Angaben wurde Yu wegen des Briefs drei Stunden lang von der Polizei verhört.

Mit seinen Aktivitäten erlangte Yu internationale Bekanntheit. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier beispielsweise soll Yu und andere Menschenrechtsanwälte während eines Besuchs in Peking vor zwei Jahren besucht haben. Das Treffen sei damals geheimgehalten worden, habe aber im April 2016 stattgefunden, berichtet die dpa.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International schätzt Yus Verhaftung als Vergeltungsmaßnahme dafür ein, dass der Anwalt mit Journalisten gesprochen habe. Laut Amnesty entzogen die Behörden Yu kürzlich seine Anwaltslizenz und verweigerten die Genehmigung für die Eröffnung seiner neuen Kanzlei. Das Vorgehen gegen Yu zeige die sinkende Toleranz der chinesischen Regierung gegenüber Kritikern.

Seit zwei Jahren nehmen die chinesischen Behörden vermehrt Anwälte, deren Mitarbeiter sowie Aktivisten und und ihre Familienangehörige fest. Menschenrechtsgruppen sprechen von einer "Verfolgungswelle". Der letzte international prominente Fall war der Blogger Wu Gan, der Ende Dezember vergangenen Jahres zu acht Jahren Gefängnis wegen "Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt" verurteilt wurde. Patrick Poon, China-Experte von Amnesty International, befürchtet, dass nun auch Yu wegen dieses Vorwurfs angeklagt werden könnte.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch teilte in ihrem am Donnerstag vorgestellten Jahresbericht mit, 2017 seien mehr Bürgerrechtler als zuvor in Schauprozessen abgeurteilt worden. Die Organisation beobachtete außerdem vermehrte Zwangsgeständnisse im Fernsehen. "Die Polizei sicherte sich die Gefügigkeit der Festgenommenen, indem einige von ihnen gefoltert, ihnen der Zugang zu einem Anwalt ihrer Wahl verweigert und sie über Monate isoliert festgehalten wurden", heißt es in dem Bericht.

QuoteKapaster d.J. #1

Fragt man sich, ob es sich um eine Diktatur handelt, muss man sich nur anschauen, wie ein Regime seine Kritiker behandelt.


...


Aus: "Bekannter Bürgerrechtsanwalt in Peking festgenommen" (19. Januar 2018)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/ausland/2018-01/yu-wensheng-buergerrechtsanwalt-peking-festgenommen-china (http://www.zeit.de/politik/ausland/2018-01/yu-wensheng-buergerrechtsanwalt-peking-festgenommen-china)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 08, 2018, 04:06:15 PM
Quote[...] Im Juni 2005 erfüllte sich Theo, wie ihn alle nannten, seinen Traum: einen eigenen Laden, einen Schlüsseldienst im Münchner Westend. Zwei Wochen nach der Eröffnung wurde er dort auf dem Boden tot aufgefunden. Er gilt als eines von insgesamt zehn Opfern der mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt.
Knapp 13 Jahre später steht seine Frau Yvonne im Saal A 101 des Münchner Oberlandesgerichts und spricht im NSU-Prozess über einen "der schwierigsten und emotionalsten Momente" in ihrem Leben nach dem Mord an ihrem Ehemann und dem Vater ihrer Kinder: dem Zusammentreffen mit Carsten S., einem der Angeklagten in dem Verfahren. S. war mutmaßlicher Helfer des "Nationalsozialistischen Untergrundes".

... Anwalt Yavuz Narin hatte der Witwe und ihren beiden Töchtern bereits vor der Enttarnung des NSU von seiner Hypothese berichtet, warum Theodoros Boulgarides sterben musste: Narin vermutete hinter dem Attentat eine "mordende und bombenlegende Combat-18-Zelle", einem bewaffneten Arm des Neonazi-Netzwerks Blood and Honour.

Und so steht Narin nun in Saal A 101 und sagt in seinem Plädoyer: "Heute haben wir die Gewissheit, dass man in der Lage gewesen wäre, die Taten des NSU zu verhindern. Wir haben die Gewissheit, dass wir und dieses Gericht bis zum heutigen Tag von den Verfassungsschutzbehörden belogen werden. Wir haben die Gewissheit, dass zahlreiche V-Personen und Verfassungsschutzmitarbeiter bis heute vor Strafverfolgung geschützt werden." Die lückenhafte Aufklärung sei der Mentalität von Amtsträgern geschuldet, denen nicht klar sei, was den Staat sowie seine Rechts- und Gesellschaftsordnung ausmache. "Wir haben die Gewissheit, dass Menschen unsere Verfassung schützen wollen, die den Verfassungskern nicht verstanden haben."
Heute sei Theo Boulgarides' Name rehabilitiert, sagt Anwalt Narin auch in Richtung seiner Mandanten. "Heute kann Euer Vater in Frieden ruhen, weil seine Töchter zu wunderbaren Menschen geworden sind. Er kann stolz darauf sein, dass Ihr sogar den Mut, die Kraft und die Größe hattet, Carsten S. zu vergeben."

Narins Plädoyer ist auch ein Lob für die Arbeit der Bundesanwaltschaft. "Schade nur, dass Sie hinsichtlich Ihrer mangelhaften Ermittlungsleistungen zu weiteren NSU-Unterstützern süffisant darauf verweisen musste, wir Anwältinnen und Anwälte der Nebenklage hätten unseren Mandantinnen und Mandanten 'Hintermänner an den Tatorten' versprochen", kritisiert der Münchner Anwalt.

Denn das sei nicht wahr. Vielmehr gehe es um die Einhaltung eines Versprechens - "des Versprechens, das unseren Staat, unsere Gesellschaft im Innersten zusammenhält. Es geht ihnen um das Versprechen, das unsere freiheitliche, rechtsstaatliche Demokratie im Kern ausmacht", sagt Narin. "Das Versprechen, das Leben und die Würde der Rechtsunterworfenen zu achten und zu schützen."

Narin forderte den Senat auf, unbequem zu sein. "Haben Sie den Mut, auch auszusprechen, was dieser Prozess nicht leisten konnte, wo er unvollkommen bleiben musste. Haben Sie den Mut, nicht so zu tun, als sei alles in Ordnung." Er sei davon überzeugt, dass das Urteil der Richter der Revision standhalten werde, sagt Narin. "Sprechen Sie ein Urteil, das auch vor der Geschichte Bestand hat."

Narin war der letzte Anwalt, der für die Nebenkläger plädierte. Als nächstes erhalten die 14 Verteidiger und die fünf Angeklagten das Wort. Am 13. März sollen Zschäpes Anwälte mit ihrem Schlussvortrag beginnen.


Aus: "NSU-Prozess: "Ein Mensch, der zutiefst bereut"" Julia Jüttner  und Thomas Hauzenberger, München (08.02.2018)
Quelle: http://www.spiegel.de/panorama/justiz/nsu-prozess-plaedoyers-der-nebenklaeger-abgeschlossen-a-1192449.html (http://www.spiegel.de/panorama/justiz/nsu-prozess-plaedoyers-der-nebenklaeger-abgeschlossen-a-1192449.html)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 26, 2018, 10:14:20 PM
Quote[...] RIO DE JANEIRO epd | In Brasilien geht die Armee gegen streikende Lkw-Fahrer vor. Präsident Michel Temer wies das Militär am Freitag (Ortszeit) an, notfalls mit Gewalt Straßenblockaden von Truckern aufzulösen. Die Maßnahme sei ,,notwendig, um die Versorgung der Bevölkerung zu sichern", sagte Temer. Trotz einer Vereinbarung zwischen der Regierung und den Streikorganisationen über Dieselsubventionen setzten die Fernfahrer ihren Ausstand am Samstag nahezu unvermindert fort.

Grund des am Montag begonnenen Lkw-Streiks sind deutliche Erhöhungen der Kraftstoffpreise. Im ganzen Land kommt es durch den Ausstand zu Versorgungsengpässen und Einschränkungen beim öffentlichen Nahverkehr.

,,Die Streitkräfte werden schnell und energisch vorgehen, um die blockierten Straßen zu räumen", erklärte Verteidigungsminister Joaquim Silva e Luna. Im ganzen Land wurden rund tausend Blockadepunkte gezählt. In den Großstädten São Paulo und Rio de Janeiro wurde der Notstand ausgerufen.

In Rio ist an über 90 Prozent der Tankstellen kein Kraftstoff mehr zu bekommen. Über zehn Flughäfen, darunter auch der Airport der Hauptstadt Brasilia, haben kein Kerosin mehr zum Auftanken der Flugzeuge. Obst, Gemüse und andere schnell verderbliche Produkte sind aus den Geschäftsregalen verschwunden. Es kam zu teils heftigen Preissteigerungen.

Laut der Einigung zwischen Regierung und Streikenden soll der Preis für Diesel zunächst eingefroren und in Zukunft von der Regierung subventioniert werden. Auch bei anderen Forderungen kam die unter Druck stehende Regierung den Transportunternehmen entgegen. Viele Gruppen der Streikfront setzen ihre Aktionen dennoch fort, da ihnen die Abmachung nicht weit genug gehen. Die Regierung wirft den Transportunternehmern vor, den Streik zur Durchsetzung eigener Interessen zu nutzen.

Gewerkschaften und Branchenvertreter fordern eine gesetzlich verbriefte Senkung der Steuern auf Kraftstoffe. Die Preissteigerung bei Benzin lag im vergangenen Monat bei über zehn Prozent. Ursachen sind der steigende Ölpreis auf dem Weltmarkt und die deutliche Abwertung der Landeswährung Real in den vergangenen Wochen.


Aus: "Armee gegen Trucker" (26. 5. 2018)
Quelle: http://www.taz.de/Streik-der-LKW-Fahrer-in-Brasilien/!5508387/ (http://www.taz.de/Streik-der-LKW-Fahrer-in-Brasilien/!5508387/)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 12, 2018, 08:35:07 AM
Quote[...] "Der nordrhein-westfälische Gesetzentwurf steht in einer Reihe mit geplanten Verschärfungen der Polizeigesetze in vielen Bundesländern, die aus Sicht von Amnesty International kritisch zu sehen sind.

Durch die unbestimmte Definition einer 'drohender Gefahr' bleibt, ähnlich wie im kürzlich geänderten bayerischen Polizeiaufgabengesetz, völlig unklar, durch welches Verhalten Menschen in Zukunft ins Visier der Polizei geraten können. Das bedeutet zum einen, dass es den zuständigen Beamten überlassen und zugemutet wird, zukünftig auf Grundlage vager Vermutungen agieren zu müssen. Zum anderen verletzen derartige Bestimmungen das Prinzip der Rechtssicherheit: Alle Menschen müssen einschätzen können, bei welchem Verhalten sie gegebenenfalls mit polizeilichen Maßnahmen rechnen müssen.

Zu den geplanten polizeilichen Maßnahmen gehört zum Beispiel, dass ein Mensch ganz ohne Strafverdacht oder akute Gefahr bis zu sieben Tage zur Feststellung ihrer Identität festgehalten werden kann. Wenn die Polizei eine 'drohende Gefahr' für möglich hält, droht den Betroffenen die Inhaftierung über einen Zeitraum von sieben Tagen bis zu einem Monat und die Anordnung von Fußfesseln. Damit werden Menschen de facto bestraft, ohne gegen das Gesetz verstoßen zu haben – und ohne ihre in einem Strafverfahren garantierten Rechte wahrnehmen und sich beispielsweise einen Pflicht-Anwalt nehmen zu können. Es ist rechtsstaatlich und menschenrechtlich unzulässig, jemanden, der keine akute Gefahr darstellt und gegen den kein Strafverdacht vorliegt, überhaupt und dann auch noch über einen derart langen Zeitraum zu inhaftieren.

Die Landesregierung begründet diese neuen Befugnisse mit dem Hinweis auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom April 2016 zum alten Bundeskriminalamts-Gesetz. Dabei überschreiten die Verfasser des Gesetzes die sehr engen Grenzen, die das Bundesverfassungsgericht in dem Urteil für absolute Ausnahmebefugnisse gezogen hat. Ein Agieren der Polizei bevor tatsächlich eine Gefahr besteht – vom Gericht zugelassen für die Bekämpfung einer terroristischen Bedrohung – wird auf die allgemeine Verbrechensbekämpfung ausgedehnt. Zudem gehen die genannten Maßnahmen weit über die vom Bundesverfassungsgericht vorgesehene Möglichkeit der Überwachung hinaus – bis hin zur Inhaftierung.

Nur auf Grundlage des subjektiven Verdachtes, dass eine Person in Zukunft möglicherweise eine Straftat begehen könnte, werden also unverhältnismäßige polizeiliche Maßnahmen ermöglicht. Die vorgesehenen Änderungen gefährden die freie Gesellschaft und den Rechtsstaat. Amnesty International fordert die Landesregierung daher dazu auf, den Gesetzesentwurf so anzupassen, dass Menschenrechte und Rechtsstaatsprinzip gewahrt bleiben."


Aus: "Amnesty kritisiert geplante Änderungen des Polizeigesetzes in Nordrhein-Westfalen" (07. Juni 2018)
Quelle: https://www.amnesty.de/informieren/aktuell/deutschland-amnesty-kritisiert-geplante-aenderungen-des-polizeigesetzes (https://www.amnesty.de/informieren/aktuell/deutschland-amnesty-kritisiert-geplante-aenderungen-des-polizeigesetzes)

https://www.amnesty.de/sites/default/files/2018-06/Amnesty-Stellungnahme-Polizeigesetz-NRW-Mai2018.pdf (https://www.amnesty.de/sites/default/files/2018-06/Amnesty-Stellungnahme-Polizeigesetz-NRW-Mai2018.pdf)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 29, 2018, 07:52:51 PM
Quote[...] Polizisten in Deutschland haben im vergangenen Jahr bei Einsätzen 14 Menschen erschossen. Wie aus einer Erhebung der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster hervorgeht, wurden zudem 39 Menschen verletzt. Seit einigen Jahren steigen die Zahlen kontinuierlich auf geringem Niveau. "Die zunehmende Zahl von Angriffen auf Polizeibeamte, zum Beispiel mit Messern, kann zu dem Anstieg der Polizeischüsse beigetragen haben", sagte der Bundesvorsitzende Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt.

Angesichts von rund 300.000 Beschäftigten bei der Polizei im Bund und in den Ländern ist der Schusswaffengebrauch in Deutschland eher die große Ausnahme. Wendt verwies zudem auf starke Schwankungen im Laufe der Jahre. "Man sollte sich nun genau anschauen, welche konkreten Situationen zum Einsatz der Dienstwaffe geführt haben."

Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Oliver Malchow, sagte, wenn jemand auf kurzer Distanz mit einem Messer bedroht werde, befinde er sich immer in einer lebensbedrohlichen Situation. "Ein Stich, der das Herz treffen kann, ist nur eine rasche Bewegung. Solche Situationen haben nach meinem Eindruck stark zugenommen. Genaueres soll eine Erhebung zeigen, die wir zu Messerangriffen gefordert haben."

Die GdP weise immer wieder auf die seit Jahren steigende Gewalt gegen Polizeibeamte hin: "Wenn solche Übergriffe auf Einsatzkräfte insgesamt derart zunehmen, dann ist doch klar, das auch die Zahl der lebensbedrohlichen Angriffe größer wird." DPolG-Chef Wendt plädiert dafür, Elektroschock-Geräte als Ergänzung für den Streifendienst zuzulassen. "Mit ihnen ließe sich sicherlich der Einsatz der Schusswaffe in dem einen oder anderen Fall umgehen."

Die Fallzahlen sind recht klein, steigen aber seit einigen Jahren stetig. Im Jahr 2016 waren es elf Tote und 28 Verletzte durch Polizeischüsse, 2015 starben zehn Menschen, weitere 22 wurden verletzt. 2014 waren es sieben Tote und 30 Verletzte und im Jahr 2013 acht Tote und 20 Verletzte, wie aus Statistiken hervorgeht.

Laut Statistik schossen Polizisten im vergangenen Jahr insgesamt 75 Mal auf Menschen - rechnerisch gesehen also alle fünf Tage einmal. 13 der 14 Todesfälle gehen der Polizeihochschule zufolge auf Notwehr oder Nothilfe zurück. Letzteres bezeichnet Fälle, bei denen Polizisten anderen Menschen in Lebensgefahr helfen mussten. In einem Fall sei Fluchtvereitelung der Grund gewesen.

Der GdP-Vorsitzende Malchow betonte: "Auf einen Menschen zu schießen und ihn dabei eventuell zu töten, ist für jeden Polizisten und für jede Polizistin eine persönliche Tragödie, die das Leben verändern kann - auch wenn der Schusswaffengebrauch gerechtfertigt war. Alle Beamtinnen und Beamten sind froh, wenn sie ihre Waffe ihr Leben lang nur auf dem Schießstand benutzen müssen."

Zudem stellte der Gewerkschaftsvertreter heraus: "Unsere Beamtinnen und Beamten sind weder schießwütig noch nervös. Sie kommen täglich in Situationen, in denen sie die Waffe aus Notwehr ziehen dürften und sie tun es nicht, auch wenn sie damit ihre eigene Gesundheit oder ihr Leben riskieren." In den allermeisten Fällen schossen Polizisten, um gefährliche, kranke oder verletzte Tiere zu töten. Die Polizeihochschule in Münster zählte im vergangenen Jahr 13.400 Fälle dieser Art. Im Jahr 2016 waren es 12.656.

Quelle: n-tv.de , fzö/dpa


Aus: "Bilanz des vergangenen Jahres: Polizisten im Dienst erschossen 14 Menschen" (Freitag, 29. Juni 2018)
Quelle: https://www.n-tv.de/panorama/Polizisten-im-Dienst-erschossen-14-Menschen-article20504849.html (https://www.n-tv.de/panorama/Polizisten-im-Dienst-erschossen-14-Menschen-article20504849.html)

Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 14, 2018, 05:32:21 PM
Quote[...] Die Identifizierungsmöglichkeit von Polizeibeamten ist seit Jahren ein Thema der Innenpolitik. Nur einige, eher linke Sozialdemokraten sowie eine Mehrheit bei den Grünen sowie Linken und Piraten fordern die Identifizierbarkeit von Polizeibeamten - besonders bei Demonstrationen. Dabei stammt die Forderung von Menschenrechtsorganisationen wie etwa dem Anti-Folterausschuss des Europarats (CPT).

Der Ausschuss fordert seit Jahren, dass es Schutzmaßnahmen geben müsse, um sicherzustellen, dass Beamte, die Masken oder eine sonstige Ausrüstung tragen, welche ihre Identifizierung erschweren können, für ihre Handlungen zur Verantwortung gezogen werden können (z.B. durch eine deutlich sichtbare Nummer auf der Uniform). Der CPT führt alle paar Jahre Inspektionsreisen in den Mitgliedsländern durch und schreibt darüber Berichte, die von den Regierungen veröffentlicht werden können - aber nicht müssen. Deutschland gehört zu den Ländern, die diese Berichte und damit auch die Forderungen der CPT veröffentlichen, verbunden mit einer Beantwortung der Fragen durch die Bunddes- und Landesregierungen.

So "begrüßte" der CPT, dass Berlin als erstes Bundesland im Juni 2008 "Namens- oder Nummernschilder für Polizeibeamte in speziellen Interventionseinheiten, die Masken oder Uniformen tragen, welche ihre Identifizierung erschweren können, eingeführt hat". Lobend erwähnt wurde auch, dass seit dem 1. Januar 2011 alle Berliner Polizeibeamte zum Tragen von Namens- oder Nummernschildern verpflichtet sind. Der Ausschuss ermutigte "die Polizeibehörden der übrigen Bundesländer, diesem Beispiel zu folgen." Das war 2012.

In NRW, dem bevölkerungsreichsten Bundesland, sollte es trotz langjähriger rot-grüner Landesregierung mit der Einführung der Kennzeichen für Polizeibeamte bis 2016. dauern. Doch da standen die nächsten Landtagswahlen bereits kurz bevor und 2017 kam es zum Regierungswechsel von Rot-Grün zu Schwarz-Gelb. Mit dem Ergebnis, dass die von Rot-Grün wenige Monate zuvor noch schnell eingeführte Kennzeichnung vom neuen CDU-Innenministers Herbert Reul als eine seiner ersten Amtshandlungen wieder abgeschafft wurde.

Reul erklärte dazu: "Die Kennzeichnungspflicht ist sachlich nicht vernünftig zu begründen. Anstatt unsere Polizisten unter Generalverdacht zu stellen, müssen wir als Gesellschaft wieder zu mehr Respekt und Vertrauen für die Polizei kommen. Diese Frauen und Männer sorgen dafür, dass wir in Sicherheit leben können", so Reul weiter. Reul war zuvor über 10 Jahren Mitglied des Europa-Parlaments, also Europa-Poltiker. Ihm dürften die Forderungen des Europarates wohl bekannt sein. Doch der Minister stellt sich dumm.

Die Mehrheit der Polizeibeamten und ihre Sprecher ihrer Gewerkschaften dankten es ihm. Auf die Einführung der Kennzeichen hatte die Gewerkschaft der Polizei NRW 2016 mit einer Presserklärung reagiert, die die Überschrift trug: "GdP fordert Schmerzensgeld statt Kennzeichnungspflicht." In der Erklärung wurde beklagt, dass "das Verhältnis der rot-grünen Landesregierung zu den Einsatzhundertschaften und den Alarmzügen der Polizei von einer nicht zu verstehenden Misstrauenskultur geprägt" sei.

Trotz der breiten Ablehnung innerhalb der Polizei und bei den Christdemokraten, konnten sich die Menschenrechtsinspektoren des Europarats in ihrem Bericht aus dem Jahr 2017 über die Fortschritte in Deutschland erfreut zeigen.



    Mit Schreiben vom 13. Mai 2016 informierten die deutschen Behörden den CPT darüber, dass das Tragen von Kennzeichen für Polizeibeamte in Berlin, Brandenburg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Thürigen nun vorgeschrieben ist, ausgenommen in bestimmten Fällen (z.B. Fälle, in denen das Tragen von Kennzeichen eine unverhältnismäßige Gefahr darstelle), und das die Mitglieder von geschlossenen Einheiten der Polizei in mehreren Ländern (darunter Bremen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein) eine numerische Kennzeichnung zu tragen. Zum Zeitpunkt des Berichts galt die Verpflichtung in NRW nur bei der Bereitschaftspolizei. Darüber hinaus wird die Einführung solcher Kennzeichen für Mitglieder geschlossener Polizeieinheiten von den Polizeibehörden in Niedersachsen und Thüringen geprüft.
    CPT



Gegenüber dem CPT vermeldet die CDU-geführte Bundesregierung also etwas als Erfolg, was die Christdemokraten seit Jahren bekämpfen und in Debatten oft diffamieren.

In seinem jüngsten Bericht von 2017 verdeutlicht der CPT auch, warum er die Kennzeichnung fordert:



    In den letzten Jahren gab es in Deutschland eine Reihe von Fällen, bei denen strafrechtliche Ermittlungen gegen Polizeibeamte aufgrund von Vorwürfen übermäßiger Gewaltanwendung oder sonstiger Misshandlungen angeblich deswegen eingestellt werden mussten, da es nicht möglich war, die betreffenden Polizeibeamten namentlich zu identifizieren.
    CPT


Erfreulicherweise kommt auch innerhalb der Polizei nun eine Diskussion auf über die Sinnhaftigkeit von Kennzeichnung. Im Landesjournal Sachsen-Anhalt des GdP Zeitschrift "Deutsche Polizei" schrieb Henning Zobel:

Quote

    Mit der Änderung des § 12 des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt, nebst neu geschaffener dazugehöriger Verordnung, sind Regelungen getroffen worden, die ein 'Entkommen' aus der Identifizierung nach Fehlverhalten jeglicher Art unmöglich machen. Im Ernst. Eine Kennzeichnung uniformierter Polizeibeamter ist mittlerweile deutschlandweit, im europäischen Raum und schon lange in den Vereinigten Staaten üblich. Dies ist auch überhaupt nicht zu beanstanden. Viele Kolleginnen und Kollegen unserer Landespolizei tragen seit Jahren ein Namensschild. Und das ist auch gut so. Als Vertreter des Staates, gebunden an Gesetze, Verordnungen und dienstliche Vorgaben, gilt es, im täglichen Dienst für den Bürger als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen, aber gegebenenfalls auch repressiv gegen ihn vorzugehen. Sollte es in diesen Situationen zu Fehlverhalten durch den oder die handelnden Polizeibeamten kommen, wäre es richtig und wichtig, dass die Identität des Polizeibeamten ermittelt werden kann. Und eigentlich steht uns als "Bürger in Uniform" sogar ein Name zu?!
    Henning Zobel


Darüber erregte sich Michael Haug, Bundesjugendleiter der Deutschen Polizeigewerkschaft, in einer diffamierenden Presseerklärung, in der er dem GdP-Mann klares Bewusstsein absprach. Wir werden ihm nicht den Gefallen erweisen, und diese Diffamierung hier auch noch im Wortlaut wiederholen. Haug schrieb weiter, man sei es ja gewohnt, dass die Gewerkschaft der Polizei "immer wieder skurrile und abenteuerliche Forderungen bundesweit aufstellt". Aber dass in ihrer Zeitschrift "Deutsche Polizei" die Einführung der Kennzeichnungspflicht in Sachsen-Anhalt ausdrücklich begrüßt werde, "irritiert nicht nur uns, sondern auch unsere Kolleginnen und Kollegen". Diese demokratie- und bürgerfreundliche Haltung des GdP-Mannes könne "auf eine geistige Verwirrung zurückgeführt" werden.

... Auch beim Deutschen Institut für Menschenrechte sieht man die Notwendigkeit einer Kennzeichnung von Polizeibeamten. Und das nicht erst seit heute. Bereits 2010 startete amnesty international eine Unterschriftenaktion und forderte vom damaligen Bundesinnenminister Thomas de Maziere eine "individuelle Kennzeichnungspflicht für Polizisten, denn die Aufklärung rechtswidriger Polizeigewalt scheitert oftmals, weil die Täter nicht identifiziert werden können".

Bereits 2012 erklärte auch Beate Rudolf, damals Direktorin des Instituts, in einer Stellungnahme: "So sollte zur Aufarbeitung von Fällen von Polizeigewalt bei der Bundespolizei und allen Länderpolizeien - wie gerade in Berlin beschlossen - eine Kennzeichnungspflicht für alle Beamten eingeführt werden, um eine Identifizierung zu ermöglichen."

In der Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform schrieb Tobias Singelnstein über "Institutionalisierte Handlungsnormen bei den Staatsanwaltschaften im Umgang mit Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung im Amt gegen Polizeivollzugsbeamte". Singelnstein belegte mit seiner Ausarbeitung, dass nur höchst selten, in einigen Bundesländern nur in 0,8 Prozent oder 1,2 bis 5 Prozent der Verfahren wegen Polizeigewalt, von den Staatsanwaltschaften überhaupt Anklage gegen die Polizeibeamten erhoben wird. Singelnstein sieht bei den Ermittlungen gegen Polizeibeamte als eines der "besondere Probleme der Beweisführung" die mangelnde Identifizierungsmöglichkeit der Beamten.



    Nach Berichten von Richtern und Staatsanwälten kommen hierbei zunächst Probleme bei der Identifizierung der Beschuldigten in Betracht. Insbesondere bei Demonstrationen aber auch bei sonstigen Einsätzen von Bereitschaftseinheiten sind die Handelnden aufgrund der Schutzkleidung und mangels Kennzeichnung im Nachhinein auch bei Gegenüberstellungen kaum zu ermitteln.

    Tobias Singelnstein


Das ist zwar jedem klar, der schon mal einer Einsatzhundertschaft begegnet ist, dennoch muss es scheinbar Menschen wie Herbert Reul noch mal gesagt werden,. Umso schöner, wenn das ein dazu berufener Wissenschaftler macht.

Bleibt zu hoffen, dass von ihrem Amt sichtbar überforderte Politiker wie NRW-Innenminister Herbert Reul statt demokratie-feindliche bayerische Polizeisondergesetze abzuschreiben, einmal einen Blick in die Fachliteratur der NRW-Kriminologen und des Deutschen Instituts für Menschenrechte zu werfen. Lesen hilft - vielleicht sogar bei Innenministern. (Helmut Lorscheid)

Quotearchitectus, 14.08.2018 13:04

komisch gerade die Polizei und vor allem die Innenminister sagen doch immer ganz laut "...wer nichts zu verbergen hat....!"


...


Aus: "NRW-Innenminister Reul: "Die Kennzeichnungspflicht ist sachlich nicht vernünftig zu begründen"" Helmut Lorscheid (14. August 2018)
Quelle: https://www.heise.de/tp/features/NRW-Innenminister-Reul-Die-Kennzeichnungspflicht-ist-sachlich-nicht-vernuenftig-zu-begruenden-4135330.html (https://www.heise.de/tp/features/NRW-Innenminister-Reul-Die-Kennzeichnungspflicht-ist-sachlich-nicht-vernuenftig-zu-begruenden-4135330.html)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 16, 2018, 01:04:18 PM
Quote[...] Der Jahrestags des Geiseldramas von Gladbeck sei ein besonderer Tag für ihn, sagte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet im Dlf. 30 Jahre habe man in NRW die Lebenslüge aufrecht erhalten, dass das Verhalten des Staates in Ordnung gewesen sei

... Armin Laschet: Gestern hat bei uns in der Staatskanzlei ein Polizeibeamter angerufen und um Rückruf gebeten. Und ich hab das dann mal gemacht, weil er geschildert hat, er war damals bei dem Einsatz beteiligt. Die Polizeibeamten selbst wussten, sie hätten gern zugegriffen. Aber sie haben keine politische Rückendeckung dafür gekriegt. Er war dann auch in traumatischer Behandlung, und er hat gesagt, für mich ist dieser Tag, wo Sie jetzt sagen, ja, der Staat hat auch Fehler gemacht, einer, dass ich endlich mit dieser Sache Frieden machen kann.

... Aber natürlich war die Haltung des damaligen Innenministers und auch des Ministerpräsidenten, wir machen eine Null-Risiko-Strategie. Wir erlauben den Polizeibeamten in bestimmten Fällen nicht, zuzugreifen. Das liegt ja alles in Berichten vor. Nur, um die Frage geht es mir nicht. Vielleicht würde Johannes Rau heute auch, nach 30 Jahren, das anders sehen. Aber die Haltung damals, zu sagen, alles war korrekt, das ist gegenüber den Opfern unangemessen, und das will ich heute korrigieren.

...


Aus: "30 Jahre nach Geiseldrama von Gladbeck - Laschet: Ich habe vor, um Vergebung zu bitten" (16.08.2018)
Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/30-jahre-nach-geiseldrama-von-gladbeck-laschet-ich-habe-vor.694.de.html?dram:article_id=425609 (https://www.deutschlandfunk.de/30-jahre-nach-geiseldrama-von-gladbeck-laschet-ich-habe-vor.694.de.html?dram:article_id=425609)


Die Geiselnahme von Gladbeck (auch bekannt als Gladbecker Geiseldrama) war ein aufsehenerregendes Verbrechen im August 1988, in dessen Verlauf drei Menschen ums Leben kamen. ... Wegen des Fehlverhaltens der Journalisten während des Geiseldramas teilte der Deutsche Presserat am 7. September 1988 mit, dass Geiselnehmer während einer Geiselnahme nicht interviewt werden sollten und eigenmächtige Vermittlungsversuche nicht zu den Aufgaben von Journalisten gehörten. Der Pressekodex wurde entsprechend erweitert. In einem Bericht der Süddeutschen Zeitung 20 Jahre nach dem Gladbecker Geiseldrama erklärten einige der damals beteiligten Journalisten, sie bereuten ihr Verhalten, das zur Unterstützung der Verbrecher beigetragen habe. ... (16. August 2018)
https://de.wikipedia.org/wiki/Geiselnahme_von_Gladbeck (https://de.wikipedia.org/wiki/Geiselnahme_von_Gladbeck)



Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 25, 2018, 02:13:20 PM
Quote[...] NEW YORK taz | Reality Winner, die im Juni 2017 dafür sorgte, dass die US-Öffentlichkeit erstmals Details über die russischen Cyberattacken im Präsidentschaftswahlkampf erfuhr, ist am Donnerstag von einem Gericht in Georgia zu 63 Monaten Gefängnis verurteilt worden. Nach der Urteilsverkündung begründete Staatsanwalt Bobby Christine die Härte des Gerichtes mit der angeblichen Notwendigkeit von ,,Strafe und Abschreckung".

Die 26-jährige Texanerin hatte ein geheimes Dokument des Geheimdienstes NSA an die Zeitung The Intercept geschickt. Es beschrieb, wie russische Hacker vor den Präsidentenwahlen im November 2016 in mehrere Wahlcomputer eingedrungen waren. Das Urteil, das sie dafür jetzt bekam, ist das härteste, das je ein ziviles US-Gericht für Whistleblowing gefällt hat.

Winner ist die erste Person, die in der Ära von Donald Trump für die Weitergabe eines Geheimdokumentes an die Medien verurteilt wurde. Als Grundlage für ihre Verfolgung und Verurteilung musste wieder einmal das Spionagegesetz herhalten. Die USA hatten es im Juni 1917, kurz nach ihrem Eintritt in den Ersten Weltkrieg geschaffen, um feindselige ausländische Aktivitäten zu verfolgen. In den letzten Jahren ist das Gesetz als Waffe gegen US-AmerikanerInnen eingesetzt worden, die dafür sorgten, dass Missstände im Militär, in der Diplomatie und in den Geheimdiensten öffentlich wurden.

Nur Chelsea (damals noch ,,Bradley") Manning hat für die Weitergabe von Geheimdokumenten an Medien eine härtere Strafe bekommen. Allerdings stand Manning vor einem Militärgericht.

Auf ihrem Twitteraccount hat Winner Bewunderung für Snowdens Enthüllungen gezeigt. Sie war auch eine erklärte Gegnerin Donald Trumps, den sie einen ,,orangenen Faschisten" nannte. Doch die junge Frau war vor allem moralisch inspiriert. Ihre Twittereinträge zeigen, dass sie sich um die Eisschmelze am Nordpol sorgte, um Haustiere, die auf der Straße ausgesetzt wurden, und um Kinder, die unter den Bomben in Syrien aufwachsen.

Beruflich allerdings war sie Teil des aufgeblähten Sicherheitsapparates, den die USA seit den Attentaten vom 11. September 2001 aufgebaut haben. Sie war eine von den mehr als 1,5 Millionen Personen, die Zugang zu sensiblen Informationen haben. Sie spricht Arabisch, Farsi, Dari und Paschtu fließend und arbeitete jahrelang als Übersetzerin für die Air Force.

Ihre Aufgabe scheint darin bestanden zu haben, Gespräche von späteren Drohnenopfern der USA abzuhören. Wenige Monate bevor sie zur Whistle­blowerin wurde, wechselte sie vom Hauptquartier der NSA in Maryland zu einem privaten Unternehmen in Georgia, das – ebenfalls unter dem Dach des nationalen Sicherheitsapparates – für die NSA arbeitete.

Winner hat das Dokument im Mai 2017 auf ihrer Arbeitsstelle ausgedruckt und in der Unterhose herausgeschmuggelt. Sie fiel auf, als The Intercept bei der Recherche über den anonym per Post erhaltenen Brief eine Kopie davon an die NSA schickte.


Aus: "63 Monate Knast zur Abschreckung" Dorothea Hahn (24. 8. 2018)
Quelle: http://www.taz.de/Urteil-gegen-US-Whistleblowerin/!5527877/ (http://www.taz.de/Urteil-gegen-US-Whistleblowerin/!5527877/)


Reality Leigh Winner (* Dezember 1991 in Texas)[1] ist eine US-amerikanische Sprachwissenschaftlerin. Sie wurde verurteilt, weil sie als Whistleblowerin auf die Hackeraffäre zwischen Russland und den USA ab 2016 bezogene, nachrichtendienstliche Informationen an die Nachrichtenwebseite The Intercept weitergeleitet hatte.
https://de.wikipedia.org/wiki/Reality_Winner (https://de.wikipedia.org/wiki/Reality_Winner)

https://theintercept.com/2017/06/05/top-secret-nsa-report-details-russian-hacking-effort-days-before-2016-election/ (https://theintercept.com/2017/06/05/top-secret-nsa-report-details-russian-hacking-effort-days-before-2016-election/)

https://theintercept.com/2018/08/23/reality-winner-sentenced-leak-election-hacking/ (https://theintercept.com/2018/08/23/reality-winner-sentenced-leak-election-hacking/)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 12, 2018, 07:59:14 PM
Quote[...] Der nordrhein-westfälische Landtag hat das umstrittene neue Polizeigesetz verabschiedet, das Polizistinnen und Polizisten mehr Befugnisse erteilt. Neben den Koalitionsfraktionen CDU und FDP stimmte auch die SPD für das überarbeitete Gesetz.

Nachdem Verfassungsrechtler starke Kritik an der ursprünglichen Fassung des Gesetzes geübt hatten, folgten eine monatelange Debatte und mehreren Änderungen. Vor allem die SPD war in die Nachbesserungen stark eingebunden worden.

Die Polizei darf künftig unter Richtervorbehalt auf verschlüsselte Messengerdienste wie WhatsApp zugreifen, Plätze per Video überwachen, verdachtsunabhängige Personenkontrollen durchführen und elektronische Fußfesseln verwenden. Zudem soll der sogenannte Unterbindungsgewahrsam, um eine unmittelbar bevorstehende Straftat zu verhindern, auf bis zu zwei Wochen ausgeweitet werden – unter Umständen sogar noch länger. Derzeit sind es maximal 48 Stunden. Zudem kann eine Person, die sich weigert, ihre Identität preiszugeben, bis zu sieben Tage lang in Gewahrsam genommen werden.

Das Attentat in Straßburg mache die Bedeutung des Polizeigesetzes deutlich, sagte Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU). Der Anschlag zeige, "dass die Gefahr des Terrorismus real ist, dass Europa im Zentrum des Terrorismus liegt und dass es Zeit ist, zu handeln", sagte er weiter. Die Polizei in NRW bekomme nun schon im Vorfeld die entsprechenden Befugnisse, um einzugreifen – diese gehörten in anderen Bundesländern längst zum Standard. Die Grünen stimmten gegen das Gesetz. "Das sind tiefe Eingriffe in die Grundrechte", sagte die innenpolitische Sprecherin Verena Schäffer.


Aus: "Nordrhein-Westfalen: Landtag verabschiedet neues Polizeigesetz" (12. Dezember 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/politik/deutschland/2018-12/nordrhein-westfalen-polizeigesetz-befugnisse-terror-kriminalitaet (https://www.zeit.de/politik/deutschland/2018-12/nordrhein-westfalen-polizeigesetz-befugnisse-terror-kriminalitaet)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 17, 2018, 10:51:47 PM
Quote[...] Die Ermittlungen gegen fünf Polizeibeamte in Frankfurt/Main wegen eines Neonazi-Chats und Bedrohungen einer Anwältin sind ausgeweitet worden. Nach Tagesspiegel-Informationen aus Sicherheitskreisen soll die Staatsanwaltschaft Verfahren gegen weitere Polizeibeamte eingeleitet haben. Zudem seien weitere Handys für Durchsuchungen beschlagnahmt worden. Einer der fünf beschuldigten Beamten soll auch bereits durch Kontakte ins rechtsextreme Milieu aufgefallen sein. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier sprach am Montag von einer "sehr ernsten Geschichte".

Der Fall nimmt durch die neuesten Entwicklungen weitaus größere Dimensionen an als bislang bekannt. Obwohl die Ermittlungen seit Monaten laufen, soll Innenminister Beuth erst am Freitag angeordnet haben, am Landeskriminalamt (LKA) Hessen eine spezielle Ermittlergruppe auf den Fall anzusetzen. Dort sollen erfahrene Polizisten und Juristen unter Federführung der Staatsanwaltschaft nun die Ermittlungen führen.

Das LKA verwies auf die bestehende Erlasslage, wonach es verpflichtet sei, Ermittlungen zu übernehmen, wenn ein Verfahren geeignet sei, dass Ansehen der hessischen Polizei zu beschädigen. Die Staatsanwaltschaft wollte sich am Montagmorgen zum aktuellen Stand der Ermittlungen nicht äußern.

Bislang lag das Verfahren im Polizeipräsidium Frankfurt/Main bei den zuständigen Stellen für Amtsdelikte und Disziplinarverfahren. Dass nun das LKA mit dem Fall betraut ist, wird intern als Indiz für wachsende Sorge vor Vertuschungen gewertet. Ein Ermittler spottete, zahlreiche Handys würden nun wohl in den Main geworfen. Die Angst unter den Polizisten in Frankfurt sei groß, Beamte würden ihre Chats und Dateien bei Whatsapp löschen.

Nach Tagesspiegel-Informationen soll mindestens einer der fünf Beamten Mitglied einer Chatgruppe gewesen sein, die von einem Mitglied der rechtsextremen Szene betrieben worden sein soll. Im Zusammenhang mit dieser Whatsapp-Gruppe sollen bereits im Sommer Ermittlungen außerhalb der Polizei gelaufen sein. Der Beamte soll aus der Chatgruppe des Rechtsextremen auch etwas in die Gruppe seiner Kollegen gepostet haben.

Ermittler waren im Oktober auf den Chat der fünf Beamten im 1. Polizeirevier in Frankfurt gestoßen. Ausgelöst worden war das Verfahren durch einen Drohbrief, der per Fax Anfang August bei der Anwältin Seda Basay-Yildiz eingegangen war. Sie hatte im NSU-Prozess Opferangehörige vertreten, engagierte sich aber auch für den Gefährder Sami A.

In dem Brief wurde die Anwältin als ,,miese Türkensau" beschimpft. ,,Verpiss dich lieber, solang du hier noch lebend rauskommst, Du Schwein", hieß es in dem Schreiben. Als Vergeltung für ein gegen die Stadt Bochum beantragtes Zwangsgeld im Fall Sami A. drohen die Verfasser, die Tochter von Basay-Yildiz zu ,,schlachten". In dem Fax wird die Tochter mit Namen und Alter erwähnt, ebenso die Privatadresse der Anwältin genannt. Unterzeichnet ist das Schreiben mit ,,NSU 2.0".

Im Oktober wurde das Polizeirevier durchsucht. Eine Beamtin des 1. Reviers in der Frankfurter Innenstadt hatte über ihren Dienstcomputer das Melderegister zu Basay-Yildiz abgefragt – offenbar ohne dienstlichen Anlass. Besagte Polizistin soll mit vier weiteren Kollegen bei WhatsApp eine gemeinsame Chatgruppe gehabt haben.

Darin teilten die fünf Beamten Hitlerbilder, Hakenkreuz und rassistische Parolen. Gegen sie wird wegen Volksverhetzung und der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ermittelt. Weitere Tatvorwürfe würden nun hinzukommen, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Um welche Tatvorwürfe es geht, wollte die Sprecherin nicht sagen.

Es besteht der Verdacht, dass die Frankfurter Polizisten, die im Internet rechtsextremes Gedankengut verbreitet haben sollen, auch den Drohbrief geschrieben haben könnten. Den fünf Beamten ist ein Verbot der Dienstausübung ausgesprochen worden.

Aus Polizeikreisen hieß es allerdings auch, dass die Beamtin, die die Daten der Anwältin abgefragt haben soll, als eher unbedarft gilt. Im Polizeirevier hatte sie im Basisdienst die Aufgabe, die Datenstation zu besetzen, um aktuelle Abfragen ihre Kollegen abzuarbeiten. Auch die übrigen vier Beamten, gegen die nun ermittelt wird, seien bislang nicht mit rechtsextremem Gedankengut aufgefallen. Niemand im Polizeirevier könne sich den Vorwurf erklären, hieß es.

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) zeigte sich am Montag besorgt. ,,Das ist eine sehr ernste Geschichte. Da muss man sehr sorgfältig drangehen. Und ich gehe davon aus, dass das sehr intensiv und umfassend aufgeklärt wird", sagte Bouffier vor einer Sitzung des CDU-Präsidiums in Berlin. ,,Ich kann noch nicht übersehen, wie weit das geht. Aber es ist kein Zweifel, dass uns das sehr, sehr ernst angeht", betonte der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende.

,,Wir werden da auch mit großer Entschlossenheit vorgehen", sagte Bouffier, der ergänzte: ,,Zunächst muss man mal genau wissen, um was es geht. Wie viele Beteiligte das sind. Das ist ein Vorgang, den ich sehr ernst nehme."

Empört reagierte am Montag der Berliner Anwalt Mehmet Daimagüler, der im NSU-Verfahren Angehörige der in Nürnberg ermordeten Türken Abdurrahim Özüdogru und Ismail Yasar vertritt. ,,Die meisten Nebenklage-Anwälte aus dem NSU-Verfahren haben Erfahrung mit Drohungen", sagte Daimagüler, ,,dass jetzt auch ein Kind bedroht wird, hat eine neue Qualität". Der Anwalt betonte, seine Mandanten seien schockiert. Die Geschwister von Özüdogru hätten ihn aus der Türkei angerufen, ,,bei ihnen herrscht blankes Entsetzen". Aus Sicht von Daimagüler rächt sich nun, ,,dass das Thema NSU in der Politik abgehakt ist und dass es keine größere Debatte über institutionellen Rassismus gibt".


Aus: "Ermittlungen in Frankfurter Polizei ausgeweitet"  Alexander Fröhlich, Frank Jansen (mit dpa, 17.12.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/rechtsextremes-netzwerk-ermittlungen-in-frankfurter-polizei-ausgeweitet/23769326.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/rechtsextremes-netzwerk-ermittlungen-in-frankfurter-polizei-ausgeweitet/23769326.html)

QuoteReinhardtGutsche 14:22 Uhr

Bald eine ,,Schwarze Bundeswehr"? - Einer IFOP-Studie zufolge haben die Sicherheitskräfte Frankreichs (inkl. Polizei, Armee und Geheimdienste) eine im Vergleich zum Landesdurchschnitt deutlich überproportionale Wahlaffinität zum Rassemblement Nationale (44 % gegenüber 23%) und zum RN-Verbündeten Debout la France (DLF,  4% zu 2%). (Vgl. "Radioscopie de l'électorat du Front National", IFOP, 18/04/2017). Mithin darf fast die Hälfte des französischen Sicherheitsapparates zum stabilen Wählerreservoir des französischen Pendants zur AfD gezählt werden. Warum sollte das ausgerechnet in Deutschland nun anders sein mit seiner Tradition der Freicorps mit Hakenkreuzen an den Stahlhelmen, der ,,Schwarzen Reichswehr", nationalkonservativer Bundeswehrgeneräle wie Speidel und Heusinger, des ,,Unna-Papiers" von General Middendorf gegen das Prinzip der ,,Inneren Führung" (,,nahe an Revolte und Putsch" - ,,Die Zeit"), der Günzel-Affäre und jüngst der Maaßen-Affäre sowie der unverhohlen AfD-affinen Positionen von Bundespolizei-Chef Romann und GdP-Chef Wendt. Sehr auffällig ist schließlich das in den Corporate Medien vorherrschende ohrenbetäubende Schweigen zu den jüngst von der ,,Taz" aufgedeckten Umsturzplänen in Polizei und Bundeswehr (,,Rechtes Netzwerk in der Bundeswehr: Hannibals Schattenarmee", Taz v. 16.11.2018) http://www.taz.de/!5548926/ (http://www.taz.de/!5548926/)


Quotejollywriter 13:42 Uhr
Mit kommt die Galle hoch, wenn ich schon wieder von Abwiegelung und Beschwichtigung durch höhere Polizeikreise zu diesem Fall lese. Rechtsradikale bzw. Rassisten haben in einem deutschen Rechtsstaat, der "Nachlassverwalter" einer der schlimmsten rechten Diktaturen der jüngeren Weltgeschichte ist, in Sicherheitsdiesnten, die den Schutz der demokratischen Grundordnung  gewährleisten sollen, absolut nichts zu suchen. ...


QuotePat7 14:25 Uhr
Antwort auf den Beitrag von jollywriter 13:42 Uhr

Geht mir genauso.

Wenn ich mir diese "bedauerlichen Einzelfälle" in ihrer Gesamtheit ansehe, ist der Vergleich mit den 30zigern garnicht soweit hergeholt.
Und all das will Maaßen nicht gesehen haben....


QuoteDragonfighter 13:00 Uhr
Ab wann müssen wir eigentlich von einem "Tiefen Staat" sprechen? Wie viele Einheiten von Polizei und Militär müssen erst von Rechtsextremen und Verfassungsfeinden unterwandert werden, bis wir ein strukturelles Problem und die damit verbundene Gefahr anerkennen?


Quoteandrae 12:35 Uhr
Mal abwarten was die Ermittlungen des LKA und der Staatsanwaltschaft ergeben. ...


...
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 29, 2019, 01:39:28 PM
Quote[...] Mit brutaler Gewalt wird der Klassenkampf von oben gewonnen. Das ist absehbar.

Liste der von der französischen Polizei verletzten Menschen, Albrecht Müller (23. Januar 2019)
24. Januar 2019 um 12:01 Ein Artikel von: Albrecht Müller

Gestern haben die NachDenkSeiten in dem Beitrag "Mit brutaler Gewalt wird der Klassenkampf von oben gewonnen. Das ist absehbar." auf eine Bilanz der Auseinandersetzung mit den Gelbwesten und auf die Fotos von über 100 Verletzten aufmerksam gemacht. Dort gab es eine ausführliche Liste der 109 Verletzten mit Altersangabe, Namen und Art der Verletzung. Marco Wenzel hat diese Liste übersetzt. Wir geben sie unten wieder. Vorweg noch ein paar kurze Anmerkungen. Albrecht Müller.

Erstens: In den Auseinandersetzungen in Frankreich gab es auch Verletzte unter den Polizisten. Das bedauern die NachDenkSeiten genauso wie die Verletzungen bei den Gelbwesten und anderen Personen. Die Verletzungen der Demonstranten sind jedoch so brutal und erkennbar als Abschreckung angelegt, dass wir es für unsere Pflicht halten, darauf besonders aufmerksam zu machen. Das gilt auch deshalb, weil die deutschen Medien davon kaum Notiz nehmen. Entsprechend wenig ist in der allgemeinen Öffentlichkeit Deutschlands angekommen. Ich habe gestern bei einer Geburtstagsrunde in Karlsruhe den Test gemacht: Keine einzige Person wusste etwas von dieser Brutalität. Und dies in unmittelbarer Nachbarschaft zu Frankreich. Dass in Aachen ein neuer Freundschaftsvertrag mit Frankreich abgeschlossen worden ist, war hingegen bekannt, nicht jedoch die Gewalt bei der innenpolitischen Auseinandersetzung des französischen Präsidenten mit einem Teil seines Volkes.

Zweitens: Die Bundesregierung will die Vorgänge in Frankreich nicht beurteilen und nicht bewerten. So Regierungssprecher Seibert in einer Pressekonferenz. Siehe hier. Die Äußerung von Seibert wie auch die des Sprechers des Bundesinnenministeriums sollte man sich für ähnliche Fälle im Umgang mit anderen Ländern archivieren. Seibert: "Ich beurteile oder bewerte das gar nicht, wie es üblich ist zwischen befreundeten Nationen.". Der Sprecher des Bundesinnenministers meinte: "Wir kommentieren grundsätzlich nicht die Maßnahmen anderer Staaten".

Da sind wir aber mal gespannt.

Drittens: Wenn wir über diese schrecklichen Vorgänge berichten, dann wahrlich nicht der Sensation willen, sondern um das öffentlichen Schweigen zu durchbrechen.

Deshalb die Anregung: Geben Sie den Artikel von gestern und diesen von heute weiter.

Der Einfachheit halber werden wir die jetzt folgende Übersetzung auch noch an den gestrigen Artikel anhängen.

Übersetzung der Vorläufigen Aufzählung der Verletzten bei den Demonstrationen von November-Dezember 2018
4. Januar 2019

Recensement provisoire des blessé-es des manifestations du mois de novembre-décembre 2018
https://desarmons.net/index.php/2019/01/04/recensement-provisoire-des-blesses-graves-des-manifestations-du-mois-de-decembre-2018/ (https://desarmons.net/index.php/2019/01/04/recensement-provisoire-des-blesses-graves-des-manifestations-du-mois-de-decembre-2018/)

Wir ziehen hier eine, wenn auch nicht erschöpfende, Bilanz der schweren Verletzungen, die den gelben Westen und den gelben Westen der Hochschulen seit dem 17. November während der Demonstrationen zugefügt wurden. Wir haben nur Verletzungen aufgezeichnet, die zu Knochenbrüchen, vollständigem oder teilweisem Verlust von Gliedmaßen oder Verkrustungen von Granatenfragmenten im Fleisch führten. Wir fordern alle Beteiligten auf, die in unserem Artikel erwähnten Fakten auf ihre Richtigkeit zu prüfen und gegebenenfalls zu ergänzen oder zu korrigieren. Darüber hinaus laden wir jeden Verletzten ein, sich mit uns in Verbindung zu setzen, um gemeinsam über die Rechtsfolgen zu beraten sowie den Kampf gegen Waffen und ein Treffen aller Verletzten zu organisieren. ...

Bitte besuchen Sie auch die Website von LE MUR JAUNE (die gelbe Wand), die die gleiche Überwachungsarbeit macht wie Désarmons-les! (Entwaffnet sie)

Wir nehmen in diese Liste zunächst die Schwerverletzten auf, aber wir nehmen auch Personen in unsere Liste auf, die sich mit uns in Verbindung gesetzt haben und die ausdrücklich darum gebeten haben, in der Aufzählung zu erscheinen, unabhängig von der Schwere ihrer Verletzung und natürlich erst nach Überprüfung der Informationen.


    ZINEB REDOUANE, 80 Jahre alt, wurde durch einen Tränengasbehälter getötet, der ihr am 1. Dezember 2018 in Marseille ins Gesicht geschossen wurde.
    RICHIE A., 34 Jahre alt, verlor sein linkes Auge durch einen LBD-40-Schuss in Saint-Paul (La Réunion) am 19. November 2018.
    JEROME H. verlor sein linkes Auge, als am 24. November 2018 in Paris ein LBD 40 abgeschossen wurde.
    PATRICK verlor sein linkes Auge durch einen LBD-40-Abschuss in Paris am 24. November 2018.
    Der in Pimprez lebende 40-jährige ANTONIO B. wurde am 24. November 2018 in Paris von einer GLI-F4-Granate schwer am Fuß verletzt.
    GABRIEL, 21 Jahre alt, in der Sarthe ansässiger Kesselbauerlehrling, wurde am 24. November 2018 in Paris von einer GLI-F4-Granate die Hand abgerissen.
    XAVIER E., 34 Jahre alt, wohnhaft in Villefranche sur Saône, erlitt am 24. November 2018 in Villefranche sur Saône eine Fraktur des Kiefers, des Gaumens, des Bahnbodens, des Wangenknochens, mehrere gebrochene Zähne und Verletzungen an der Lippe, die durch einen Schuss LBD 40 verursacht wurden.
    SIEGFRIED, 33 Jahre alt, in der Nähe von Epernay lebend, wurde am 24. November 2018 in Paris von einer GLI-F4-Granate schwer an der Hand verletzt.
    MAXIME W. wurde an der Hand verbrannt und verlor sein Gehör für immer durch eine GLI-F4-Granate in Paris am 24. November 2018 abgefeuert wurde.
    FAB wurde am 24. November 2018 in Paris von einer Landungsgranate an der Stirn verwundet.
    AURELIEN wurde am 24. November 2018 in Tours durch einen LBD-40-Schuss in den Kiefer (5 Stiche) verwundet.
    CEDRIC P., ein in Possession (Insel Reunion) ansässiger Fliesenlegerlehrling, verlor sein linkes Auge, weil er am 27. November 2018 von einer LBD 40 angeschossen wurde.
    FRANCK D., 19 Jahre alt, verlor sein Auge, als am 1. Dezember 2018 in Paris ein LBD 40 abgeschossen wurde.
    Ein Unbekannter, 29 Jahre alt, hat am 1. Dezember 2018 durch eine Landungsgranate in Le Puy en Velay sein Auge verloren (Quelle: Anruf von einem Angehörigen).
    GUY B., ~60 Jahre alt, wurde am 1. Dezember 2018 in Bordeaux von einem LBD-40-Schuss der Kiefer gebrochen.
    AYHAN, ~50 Jahre alt, ein Sanofi-Techniker aus Joué-les-Tours, wurde am 1. Dezember 2018 in Tours von einer GLI-F4-Granate die Hand abgerissen.
    BENOIT B., 29 Jahre alt, wurde am 1. Dezember 2018 in Toulouse von einem LBD-40-Schuss schwer an der Schläfe verletzt (Hirnödem). Er wurde in ein künstliches Koma versetzt. Update: Er ist erst am 21. Dezember 2018, nach 20 Tagen, aus dem Koma erwacht.
    MEHDI, 21, wurde bei einem Anschlag in Paris am 1. Dezember 2018 schwer verletzt.
    ANTHONY, 18 Jahre alt, wurde am 1. Dezember 2018 in Paris durch einen LBD-40-Schuss ins Auge verletzt.
    JEAN-PIERRE wurde am 1. Dezember 2018 in Toulouse von einem LBD-40-Schuss die Hand gebrochen.
    MAXIME I., 40 Jahre alt, erlitt eine doppelte Beckenfraktur aufgrund eines LBD-40-Schusses in Avignon am 1. Dezember 2018.
    FREDERIC R., 35 Jahre alt, wurde am 1. Dezember 2018 in Bordeaux von einer GLI-F4-Granate die Hand abgerissen.
    CHRISTOPHE L. wurde am 1. Dezember 2018 in Paris die Nase gebrochen und an der Stirn durch einen Jet von einer Wasserkanone verletzt.
    LIONEL J., 33 Jahre alt, wurde am 1. Dezember 2018 in Paris durch eine LBD 40 an der Schläfe verwundet (7 Stiche + 1 subkutane Aufnahme)
    KEVIN P wurde am 1. Dezember 2018 in Paris von einer Tränengaskapsel im zweiten Grad tief an seiner linken Hand (15 Tage arbeitsunfähig) verbrannt.
    MATHILDE M, 22 Jahre alt, wurde am 1. Dezember 2018 in Tours durch einen Schuss von einer LBD 40 am Ohr verletzt (25 Fäden, Tinnitus, leichte innere Verletzungen mit Gleichgewichtsstörungen).
    ROMEO B, 19 Jahre alt, erlitt eine offene Schienbeinfraktur (90 Tage arbeitsunfähig) durch eine LBD 40 am 1. Dezember 2018 in Toulouse.
    ELIE B., 27 Jahre alt, hatte einen gebrochenen Kiefer und verlor einen Zahn, aufgrund von einer LBD 40 am 1. Dezember 2018 in Paris .
    ETIENNE P, ein Agent der SNCF, erlitt eine Schienbeinfraktur (90 Tage arbeitsunfähig), nachdem am 1. Dezember 2018 in Paris eine LBD 40 abgeschossen wurde.
    HUGO C, Fotograf, wurde von einer LBD 40 verletzt, die am 1. Dezember 2018 in Paris abgeschossen wurde.
    CHARLINE R, 29 Jahre alt, wurde am 1. Dezember 2018 in Paris durch ein Schrapnell einer GLI-F4-Granate am Fuß verletzt (Extraktion unter Vollnarkose).
    DORIANA, 16 Jahre alt, eine in Grenoble lebende Gymnasiastin, wurden am 3. Dezember 2018 von einer LBD 40 in Grenoble das Kinn und zwei Zähne gebrochen.
    ISSAM, 17 Jahre alt, Gymnasiast in Garges-les-Gonesse, wurde am 5. Dezember 2018 in Garges-les-Gonesse von einem LBD-40-Schuss der Kiefer gebrochen.
    OUMAR, 16 Jahre alt, ein Gymnasiast aus Saint Jean de Braye, wurde am 5. Dezember 2018 von einem LBD-40-Schuss in Saint Jean de Braye mit einer Stirnfraktur verletzt.
    JEAN-PHILIPPE L, 16 Jahre alt, verlor sein linkes Auge durch einen LBD-40-Schuss am 6. Dezember 2018 in Bézier.
    RAMY, 15 Jahre alt und in Vénissieux ansässig, verlor sein linkes Auge entweder durch einen LBD-40-Schuss oder aber durch eine Granate in Lyon am 6. Dezember 2018.
    ANTONIN, 15 Jahre alt, wurde am 8. Dezember 2018 in Dijon von einem LBD-40-Schuss Kiefer und Unterkiefer gebrochen.
    THOMAS, 20 Jahre alt, Student in Nîmes, Fraktur des Sinus am 8. Dezember 2018 in Paris von einer LBD 40
    DAVID, einem in der Region Paris ansässiger Steinmetz, wurde am 8. Dezember 2018 in Paris von einem LBD-40-Schuss der Kiefer gebrochen und die Lippe abgerissen.
    FIORINA L., 20 Jahre alt, eine in Amiens lebende Studentin, verlor ihr linkes Auge durch einen LBD-Schuss in Paris am 8. Dezember 2018.
    ANTOINE B., 26 Jahre alt, wurde am 8. Dezember 2018 in Bordeaux von einer GLI-F4-Granate die Hand abgerissen.
    JEAN-MARC M., 41 Jahre alt, in Saint-Georges d'Oléron ansässiger Gartenbaukünstler, verlor sein rechtes Auge durch einen Schuss von einer LBD 40 am 8. Dezember 2018 in Bordeaux.
    ANTOINE C., 25 Jahre alt, freiberuflicher Grafikdesigner mit Wohnsitz in Paris, verlor sein linkes Auge durch Abschuss einer LBD 40 in Paris am 8. Dezember 2018.
    KONSTANT, 43 Jahre alt, arbeitsloser technischer Verkäufer aus Bayeux, wurde am 8. Dezember 2018 in Mondeville von einem LBD-40-Schuss die Nase gebrochen.
    Der 17-jährige CLEMENT F. wurde am 8. Dezember 2018 in Bordeaux von einem LBD-40-Schuss an der Wange verletzt.
    NICOLAS C., 38 Jahre alt, wurde am 8. Dezember 2018 in Paris von einem LBD-40-Schuss die linke Hand gebrochen.
    YANN wurde am 8. Dezember 2018 in Toulouse sein Schienbein durch einen LBD-40-Schuss gebrochen.
    PHILIPPE S. wurde durch einen LBD-Schuss am 8. Dezember 2018 in Nantes schwer an den Rippen verletzt, mit inneren Blutungen und Milzfrakturen.
    ALEXANDRE F., 37 Jahre alt, verlor sein rechtes Auge durch einen LBD-40-Schuss am 8. Dezember 2018 in Paris.
    MARIEN, 27, erlitt einen doppelten Bruch ihrer rechten Hand durch einen LBD-40-Schuss am 8. Dezember 2018 in Bordeaux.
    FABIEN wurden am 8. Dezember 2018 in Paris von einem LBD-40-Schuss die Wangenknochen gespalten und die Nase gebrochen.
    EMERIC S., 22 Jahre alt, hat ein gebrochenes Handgelenk mit Verschiebung der Elle durch eine LBD 40 am 8. Dezember 2018 in Paris.
    HICHEM B. wurde seine linke Hand durch einen LBD-40-Schuss am 8. Dezember 2018 in Paris gebrochen.
    HANNIBAL V. wurde am 8. Dezember 2018 in Paris durch einen LBD-40-Schuss ins Auge verwundet.
    MANO M. wurde sein Fuß (2. Mittelfußknochen) durch einen LBD-40-Schuss am 8. Dezember 2018 in Nantes gebrochen.
    ALEXANDRA wurde am 8. Dezember 2018 in Paris durch einen LBD-40-Schuss in den Hinterkopf verletzt.
    MARTIN C. wurde am 8. Dezember 2018 in Marseille durch einen LBD-40-Schuss nahe am Auge verletzt.
    GUILLAUME P. erlitt eine offene Fraktur der Hand mit Sehnenriss aufgrund eines LBD-40-Schusses am 8. Dezember 2018 in Nantes.
    AXELLE M., 28 Jahre alt, erlitt eine doppelte Fraktur seines Kiefers und gebrochene Zähne, die von einer LBD 40 am 8. Dezember 2018 in Paris abgeschossen wurde.
    STEVEN L., 20 Jahre alt, wurden am 8. Dezember 2018 in Paris durch einen LBD-40-Schuss das Schienbein und seine Hand durch Teleskopschlagstöcke (bis zur Bewusstlosigkeit) gebrochen.
    ERIC P. erlitt einen Kieferbruch, aufgeschlagene Lippen und gebrochene Zähne, die von einer LBD 40 am 8. Dezember 2018 in Paris herrühren.
    DAVID D., 31, ein Bauarbeiter, erlitt eine gebrochene Nase, ein abgetrenntes Nasenloch und ein Hämatom auf der Oberlippe aufgrund einer Granate am 8. Dezember 2018 in Bordeaux.
    PATRICE P., 49 Jahre alt, verlor sein rechtes Auge durch einen LBD-40-Schuss am 8. Dezember 2018 in Paris.
    CHRISTOPHER erlitt eine dreifache Fraktur der Gesichtsknochen, nachdem am 8. Dezember 2018 in Calais eine LBD 40 abgeschossen wurde.
    NICOLAS D. wurde ein Wangenknochen durch einen LBD-40-Schuss am 8. Dezember 2018 in Paris gebrochen.
    NICOLAS, 38, hatte eine metakarpale Fraktur aufgrund eines LBD-40-Schusses in Paris am 8. Dezember 2018.
    VANESSA L., 33, verlor sein linkes Auge und ihm wurde am 15. Dezember 2018 in Paris von einer LBD 40 der Schädel gebrochen.
    ETIENNE K. erlitt eine dreifache Fraktur des linken Unterkiefers wegen einer LBD 40 am 15. Dezember 2018 in Paris.
    LOLA V., 18 Jahre alt, erlitt am 18. Dezember in Biaritz einen dreifachen Kieferbruch, gebrochene Zähne und eine aufgerissene Wange.
    RODOLPHE wurde am 18. Dezember von einer Granate in den Beinen verwundet.
    JANELLE M. wurde am 22. Dezember 2018 in Nancy durch eine (noch zu bestätigende) Granate am Fuß verletzt.
    AURORE C. erlitt einen Bruch des linken Knöchels (6 Wochen Ruhigstellung, 45 Tage arbeitsunfähig) herrührend vom Abschuss einer LBD 40 am 22. Dezember 2018 in Bourg-en-Bresse.
    R.G., 24 Jahre alt, verlor ein Auge durch einen LBD-40-Schuss am 29. Dezember 2018 in Toulouse.
    CORENTIN G. wurde am 29. Dezember 2018 in Rouen von einem großen Schrapnell einer GLI-F4-Granate am Bein verletzt.
    STEVE B. wurde am 29. Dezember 2018 in Rouen durch mehrere Metallsplitterfragmente einer GLI-F4-Granate am Bein verletzt.
    SABRINA L. wurde am 29. Dezember 2018 in Rouen durch mehrere Metallsplitterfragmente einer GLI-F4-Granate am Bein verletzt.
    MICKA T. wurde am 29. Dezember 2018 in Rouen von mehreren Metallsplitterfragmenten einer GLI-F4-Granate am Bein und an der Schläfe verwundet.
    MICKAEL F. wurde am 29. Dezember 2018 in Rouen von mehreren Metallsplitterfragmenten einer GLI-F4-Granate am Bein verwundet.
    COLINE M. wurde am 29. Dezember 2018 in Rouen durch einen LBD-40-Schuss in den Arm verwundet.
    JONATHAN C. wurde am 29. Dezember 2018 in Rouen durch einen LBD-40-Schuss in den Arm verletzt.
    ADRIEN M., 22 Jahre alt, wurde durch einen LBD-40-Schuss am 29. Dezember 2018 in Nantes schwer am Hinterkopf verletzt (Kopfverletzung).
    YVAN B. wurde am 29. Dezember 2018 in Montpellier durch einen LBD-40-Schuss an Nase und Auge verwundet.
    FANNY B, 29 Jahre alt, wurde am 29. Dezember 2018 in Nantes von einer Landungsgranate am Knöchel verletzt.
    ROBIN B. wurde am Hinterkopf (4 Klammern + Hämatom) durch einen LBD-40-Schuss am 05. Januar 2019 in La Rochelle verletzt.
    FLORENT M. erlitt eine offene Fraktur des Jochbeins aufgrund einer LBD 40 am 05. Januar 2019 in Paris.
    OLIVIER H. wurde durch einen LBD-40-Schuss am 05. Januar 2019 in Paris am Kopf verletzt (Kopfverletzung mit Bewusstseinsverlust).
    DANIEL wurde von einem LBD-40-Schuss am 05. Januar 2019 in Paris an der Stirn verletzt.
    LIONEL L. hatte einen offenen Beinbruch (3 Monate Ruhigstellung) aufgrund einer Granate in Paris am 5. Januar 2019.
    DAVID S. erlitt eine gebrochene Nase und 9 Stiche (20 Tage arbeitsunfähig) aufgrund eines LBD-40-Schusses am 5. Januar 2019 in Bordeaux.
    ADRIEN wurde mit einem LBD 40 am 5. Januar 2019 in Saint Etienne ins Auge geschossen.
    Ein Unbekannter, 35 Jahre alt, verlor ein Auge durch einen LBD-40-Schuss am 12. Januar 2019 in Toulon.
    BENJAMIN V., 23 Jahre alt, Arbeiter, verlor ein Auge und erlitt 6 Knochenbrüche an Gesicht und Nase durch einen LBD-40-Schuss am 12. Januar 2019 in Bordeaux.
    XAVIER L., 46 Jahre alt, Fotojournalist, erlitt einen Kniescheibenbruch (45 Tage arbeitunfähig) durch LBD 40 am 12. Januar 2019 in La Rochelle.
    Der 15-jährige LILIAN erlitt am 12. Januar 2019 in Straßburg einen Kieferbruch durch eine LBD 40
    WILLIAM R., 23 Jahre alt, erlitt eine Fraktur des Stirnbeins mit intrakraniellem Hämatom durch eine LBD 40 am 12. Januar 2019 in Paris.
    LUDOVIC B. wurde am 12. Januar 2019 in Paris von einer Granate an der Wange verletzt.
    SEBASTIEN M. erlitt am 12. Januar 2019 in Paris von einer LBD 40 einen Kieferbruch und verlor 5 Zähne.
    MARIE-PIERRE L., 47 Jahre alt, wurde am 12. Januar 2019 in Nantes von einer Granate am Oberschenkel verletzt.
    SANDRA, 29 Jahre alt, wurde am 12. Januar 2019 in Le Havre durch einen Schuss von einer LBD 40 schwer am Fuß verletzt (10 Tage Behandlung, Risiko einer Phlebitis).
    SAMIR wurde an der Schläfe (Gesichtslähmung) durch eine LBD 40 am 12. Januar 2019 in Saint Etienne schwer verletzt.
    OLIVIER, 51 Jahre alt, Feuerwehrmann, wurde an der Schläfe (nach einer Hirnblutung in ein künstliches Koma versetzt) durch einen LBD-40-Schuss am 12. Januar 2019 in Bordeaux schwer verletzt.
    NICOLAS wurde am 12. Januar 2019 in Bar le Duc durch einen LBD-40-Schuss ins Auge verwundet.
    ANTHONY B. wurde am 12. Januar 2019 in Besançon durch einen LBD-40-Schuss am Hinterkopf verletzt (Kopfverletzung, 10 subkutane Stiche, 10 Oberflächenstiche).
    MAR, 51 Jahre alt, wurde am 12. Januar 2019 in Nîmes durch einen LBD-40-Schuss an der Stirn (Kopfverletzung, offene Wunde 10 cm lang und bis zum Schädel, 10 Stiche) verletzt.
    SEBASTIEN D. wurde der Kiefer durch einen LBD-40-Schuss am 12. Januar 2019 in Nîmes gebrochen.
    Ein Unbekannter, 36 Jahre alt, wurde durch eine LBD 40 am 12. Januar 2019 in Bourges schwer am Kopf verletzt und liegt derzeit im Koma (Quelle: Le Parisien).
    Ein weiterer Unbekannter, 27 Jahre alt, verlor durch eine Granate am 19. Januar 2019 in Rennes ein Auge.
    AXEL, 25 Jahre alt, erlitt mehrere Frakturen der Stirn und im Gesicht sowie ein Ödem am Auge, nachdem am 19. Januar 2019 in Montpellier eine LBD 40 abgeschossen wurde.
    JEAN CLAUDE M. wurde durch eine LBD 40 am 19. Januar 2019 in Rennes schwer am Auge verletzt (vorübergehender Sehverlust).

Die vorläufige Bilanz der Verletzungen ergibt:

    1 Person wurde getötet (Tränengasgranate)
    4 Personen wurden die Hände abgerissen (GLI-F4-Granaten).
    18 Personen wurden am Auge verletzt (LBD-40-Kugeln und landende Granaten).
    1 Person hat ihr Gehör dauerhaft verloren (Granate)



Quelle: https://www.nachdenkseiten.de/?p=48643 (https://www.nachdenkseiten.de/?p=48643)

Quelle: https://klausbaum.wordpress.com/2019/01/29/es-ist-krieg/ (https://klausbaum.wordpress.com/2019/01/29/es-ist-krieg/)


Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 19, 2019, 10:54:51 AM
Quote[...] Schon im vergangenen Jahr sah sich die Polizei nach einer rechtsradikalen Demonstration rund um den 13. Februar in Dresden mit schweren Vorwürfen konfrontiert. Unter anderem soll ein Beamter die Hinweise von Journalisten auf Gewalt gegen Gegendemonstranten ignoriert haben. In diesem Jahr waren es die Journalisten selbst, die während ihrer Arbeit von Polizisten behindert wurden. Zahlreiche Videos belegen das. Die Opposition bekräftigt deshalb ihre Forderung nach einer Kennzeichnungspflicht.

... Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher der Grünen im sächsischen Landtag, sagte anschließend, dass ,,das teils massive Vorgehen der Polizei gegen Gegendemonstrantinnen und -demonstranten erhebliche Fragen nach der Verhältnismäßigkeit einiger Maßnahmen" aufwerfe. Enrico Stange, innenpolitischer Sprecher der Linksfraktion, bezeichnete den Polizeieinsatz als ,,teils völlig unverhältnismäßig".

Die Kritik der beiden Abgeordneten richtet sich auch gegen den Umgang der Polizei mit der Presse. Bereits am Freitagabend hatten mehrere Journalisten auf Twitter mutmaßliches Fehlverhalten von Beamten beklagt.

So schrieb beispielsweise der Journalist Henrik Merker, der unter anderem für Zeit-Online tätig ist, dass sich vermummte Neonazis mit falschen Presseausweisen als Journalisten ausgegeben hätten. Entsprechende Hinweise hätten die angesprochenen Polizisten ignoriert. Zudem schrieb Merker: ,,Mehrere Kollegen berichten, dass sie von Beamten geschlagen und geschubst wurden".

Ein Video, das diese Behauptung offenbar belegt, veröffentlichte das journalistische Projekt ,,Straßengezwitscher". Darin ist zu sehen, wie ein Reporter die Räumung einer Sitzblockade dokumentiert und dabei von einem Polizisten geschlagen wird. In einem weiteren Video ist die Szene aus einer anderen Perspektive zu sehen.

Die ,,Sächsische Zeitung" (SZ) veröffentlichte ebenfalls ein Video auf Twitter. Darin ist zu hören, wie ein Beamter den Journalisten mehrmals dazu auffordert, sich von einer Polizeimaßnahme zu entfernen – was dieser jedoch ablehnt. Der SZ-Reporter Christoph Springer schrieb später, dass einige Polizisten ,,völlig außer Rand und Band" gewesen seien.

,,Die sächsische Polizei und der Innenminister sind in der Pflicht, die Vorfälle der Behinderung journalistischer Arbeit rückhaltlos aufzuklären und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen", forderte Linkspolitiker Stange. ,,Dem Parlament muss die Regierung umfassend dazu berichten."

Der Grünen-Abgeordnete Lippmann erneuerte unterdessen seine Forderung nach einer unabhängigen Beschwerdestelle und einer Kennzeichnungspflicht im neuen Polizeigesetz. ,,Zudem braucht es eine Verankerung des Schutzes der Pressefreiheit im Versammlungsrecht."

Dresdens Polizeidirektor René Demmler verwies in einer Medieninformation auf die ,,spezielle Situation" der Beamten im Rahmen einer ,,konfrontativen Versammlungslage". Dennoch dürfe die Presse nicht behindert werden. ,,Medienvertreter, die sich in ihrer Arbeit behindert gesehen haben, bitten wir, sich an die Polizeidirektion Dresden zu wenden", so Demmler. ,,Wir werden Vorwürfen nachgehen und diese aufarbeiten."



Aus: "Polizei behindert Medien am Rande einer Neonazidemo in Dresden" René Loch (18. Februar 2019)
Quelle: https://www.l-iz.de/leben/gesellschaft/2019/02/Polizei-behindert-Medien-am-Rande-einer-Neonazidemo-in-Dresden-259964 (https://www.l-iz.de/leben/gesellschaft/2019/02/Polizei-behindert-Medien-am-Rande-einer-Neonazidemo-in-Dresden-259964)

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Quote[...] Die Bundespolizei kann mit dem Einsatz sogenannter Bodycams beginnen. Wie ein Sprecher des Bundesinnenministeriums mitteilte, hat der Personalrat die dafür nötige Dienstvereinbarung unterschrieben. Mit den am Körper getragenen Videokameras können Polizeibeamtinnen und -beamte ihre Einsätze dokumentieren. Dadurch soll ermöglicht werden, dass die Rechtmäßigkeit ihres Handelns auch im Nachhinein überprüft werden kann.

Für den Einsatz der Kameras gibt es bei der Bundespolizei allerdings Hürden. Laut Gesetz muss es dabei um den "Schutz von Beamtinnen und Beamten der Bundespolizei oder Dritten gegen eine Gefahr für Leib, Leben, Freiheit oder Eigentum" gehen, die Verfolgung von Straftaten oder im Einzelfall auch um Ordnungswidrigkeiten "von erheblicher Bedeutung". Nach bestimmten Fristen sind die Daten zu löschen, falls sie nicht zur Aufklärung benötigt werden.

Wie die Bild-Zeitung berichtete, regelt die neue Dienstvereinbarung die Anwendung der Geräte, den Umgang mit den Aufnahmen und den Schutz der Identität der Beamten, wenn Aufnahmen etwa für Gerichtsverfahren an Dritte herausgegeben werden müssen. Gemäß den Dienstvereinbarungen entscheiden die Vorgesetzten, wann und wo die Kamera eingesetzt wird. "Leistungs- und Verhaltenskontrollen" anhand der Aufnahmen sind allerdings unzulässig. Auch für interne Ermittlungen dürfen die Aufnahmen nicht verwendet werden.

Laut den Plänen des Ministeriums sollen bis Jahresende 2.300 Bodycams schrittweise bei der gesamten Bundespolizei eingeführt werden. Genutzt werden nach Angaben des Ministeriums Geräte des Typs Motorola Si500.


Aus: "Bundespolizei darf Bodycams einsetzen" (18. Februar 2019)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2019-02/innere-sicherheit-bodycams-koerperkameras-bundespolizei-beschluss (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2019-02/innere-sicherheit-bodycams-koerperkameras-bundespolizei-beschluss)

Quote
Europäischer freier Demokrat #1

"Auch für interne Ermittlungen dürfen die Aufnahmen nicht verwendet werden."

Prima! - Dann brauchen sie bei polizeilichen Übergriffen auch weiterhin keine Angst zu haben.


...
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 25, 2019, 10:36:13 AM
Quote[...] Venezuelas Wirtschaftskrise ab dem Jahr 2013 zeichnete sich aus durch Hyperinflation, Versorgungsengpässe und Hungersnöte mit einer Armutsquote, welche ab 2014 über 50 Prozent stieg und im Jahr 2016 rund 80 Prozent erreicht hatte. ... Das Land befindet sich seit 2016 in einer Versorgungskrise. Während das Benzin extrem stark subventioniert ist,[13] kosten Waren des täglichen Bedarfs ein Vielfaches davon. So kostete schon Anfang 2016 ein Liter Wasser mehr als die Tankfüllung eines Lastwagens. ...


Aus: https://de.wikipedia.org/wiki/Wirtschaftskrise_in_Venezuela (https://de.wikipedia.org/wiki/Wirtschaftskrise_in_Venezuela) (29. Januar 2019)

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Quote[...] Die Schlange vor der Essensausgabe wird immer länger. Es sind an diesem Sonntag vor allem Jugendliche, die hier anstehen, aber auch Familien mit kleinen Kindern. In Gruppen werden sie in den kleinen Innenhof mit weißen Plastikstühlen gelassen, wo es Eintopf und Obst gibt, und eine kleine improvisierte Krankenstation:

,,Wir haben heute sehr, sehr viele Menschen hier betreut, es waren über 1000 oder 1500. Und es kommen immer mehr. Darunter auch Verletze, die Streifwunden, Prellungen, Stichwunden, Verbrennungen haben."

Die Anlaufstelle, eine Einrichtungen der Gruppe ,,Venezolaner in Cúcuta", liegt direkt hinter der Puente Simon Bolivar, eine der Grenzbrücken in der kolumbianischen Stadt Cúcuta – auch dort standen am Samstag LKW mit Hilfsgütern. Auf den mit Planen bedeckten Säcken und Kartons saßen Dutzende Freiwillige, viele davon Jugendliche, wie Rosmary Moro, die 17-Jährige Venezolanerin ist im dritten Monat schwanger

,,Ich fühle mich schlecht, weil ich vom LKW mit den Hilfsgütern gefallen bin, als das Desaster mit dem Tränengas und Brandbomben anfing, deswegen bin ich hier, damit sie mich untersuchen."

Rosmary lebt in Barquisimeto, Venezuela, zehn Busstunden entfernt. Sie kam eigentlich nach Cúcuta, um einen Ultraschall zu machen. Neun Tage musste sie darauf warten, denn das örtliche Krankenhaus ist völlig überlastet. In Venezuela hat sie ihren anderthalbjährigen Sohn bei der Oma zurückgelassen, während der Freund an kolumbianischen Ampeln Windschutzscheiben putzt.

,,Wir müssen diese humanitäre Hilfe da rüber bringen und dieser Maduro muss endlich fallen, Kinder sterben an Unterernährung, Leute essen aus dem Müll, Mütter sterben bei der Geburt. Mein Freund ist nochmal zur Brücke, aber sie haben nur Steine und Molotow-Cocktails, und drüben haben sie Munition, wir stehen alleine da. Die Abgeordneten und Guaido müssen uns helfen, wir brauchen Waffen

Die von der Opposition und ihrem Anführer Juan Guaido ausgerufene Hilfsgüter-Aktion hatte nicht nur bei ihr große Hoffnung geweckt, dass endlich etwas in Bewegung kommt. Nun sind die Fernsehkameras wieder weg, und nicht nur bei Rosmary mischt sich Enttäuschung mit Frust. Wie Hunderte Venezolaner kann sie nicht zurück, weil die Grenzen geschlossen sind – dazu hat sie Angst, bei Rückkehr von den Sicherheitskräften des sozialistischen Staatschefs Nicolas Maduro verhaftet zu werden.

Was kommt jetzt? – fragen sich die Venezolaner in Cúcuta. Rund um die Grenzbrücke Bolivar sieht man vor allem Jugendliche, die sich irgendwie durchschlagen, wie der 19-jährige Alejandro, der als Träger auf Schleichwegen Schmugglerware zwischen den Ländern hin und herträgt – Medikamente, oder auch Obst, sagt er.

,,Gerade geht gar nichts, eigentlich gibt es Absprachen mit denen, die die Routen kontrollieren, aber das ist gerade unsicher und chaotisch, weil niemand weiß, was passiert. Aber es muss weiter gehen, wir sind Rückschläge gewöhnt, wir müssen weiter für Venezuela kämpfen."

Die Fronten im Machtkampf um Venezuela sind nach dem Kräftemessen um die Hilfsgüter noch einmal mehr verhärtet – eine Eskalation mit Ansage, kritisieren viele. Internationale Hilfsorganisatinoen wie das Rote Kreuz hatten im Vorfeld zudem davor gewarnt, humanitäre Hilfe als politisches Druckmittel einzusetzen. Juan Guaido trifft in Bogota auf US-Vizepräsident Mike Pence und will gemeinsam mit den lateinamerikanischen Außenministern der Lima-Gruppe über weitere Maßnahmen gegen Maduro sprechen. An der Bolivar-Brücke in Cúcuta werden Rosmary und ihr Freund eine weitere Nacht auf der Straße schlafen.


Aus: "Humanitäre Hilfe als politisches Druckmittel" Anne Herrberg (25.02.2019)
Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/an-der-grenze-zu-venezuela-humanitaere-hilfe-als.1773.de.html?dram:article_id=441940 (https://www.deutschlandfunk.de/an-der-grenze-zu-venezuela-humanitaere-hilfe-als.1773.de.html?dram:article_id=441940)

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Quote[...]  Guaidó hatte Maduro aufgefordert, spätestens bis zum 23. Februar die Grenze für die Konvois zu öffnen, Maduro sieht darin eine versteckte Militärintervention der USA.

Ein kräftiger Wind weht über die Brücke, er wirbelt Staub und Sand auf, ,,es liegt was in der Luft", ruft ein Helfer. Und dann kommen die Lastwagen. Dutzende Menschen sitzen auf den Ladeflächen, überall sind kleine venezolanische Flaggen zu sehen. ,,Maduro fällt", rufen sie von den Lkw herunter, andere schreien: ,,Ende der Diktatur".

Ein paar Stunden später ist von der Euphorie nichts mehr zu spüren. Stattdessen kommen die Venezolaner, die am Vormittag noch so voller Hoffnung waren, weinend und fassungslos zurück. Sicherheitskräfte auf der anderen Seite schießen. Mit Tränengas und Gummigeschossen, und laut Amnesty International in einigen Landesteilen auch mit Sturmgewehren.

Die einen hatten Flaggen, die anderen Gewehre. Die alte venezolanische Ordnung ist wieder hergestellt. Die kolumbianische Regierung ordnet die Rückkehr der Lastwagen an, Maduro bricht die diplomatischen Beziehungen zu Kolumbien ab. Auf einer Kundgebung in der Hauptstadt Caracas sagt er, die ,,faschistische Regierung Kolumbiens" solle ihre Vertreter binnen 24 Stunden aus Venezuela abziehen.

...  Doch ein Großteil des Militärs bleibt loyal zum sozialistischen Machthaber Maduro. Das sorgt für Wut bei vielen auf und an der Brücke. Immer mehr greifen zu ihren Rucksäcken, füllen sie mit Kieselsteinen aus dem Fluss Tachira.

Ein Teil der Protestierer bleibt dort unten, wirft von dort aus mit den Steinen auf die venezolanischen Militärs. Die schießen von oben, alle paar Minuten werden Verletzte aus der wütenden Menge gezogen. Ein Mann mit einem meterlangen Holzkreuz begleitet nahezu jeden von ihnen auf seinem Weg zu den Krankenwagen. ,,Sie schießen auf uns", ruft er und zeigt auf die Wunde eines am Bein verletzten Mannes.

...  Auch im Grenzgebiet zwischen Venezuela und Brasilien kommt es zu schweren Auseinandersetzungen. In Santa Elena de Uairén sterben nach Angaben einer venezolanischen Menschenrechtsorganisation vier Menschen bei Protesten, einer war ein 14 Jahre alt gewordener Junge. Soldaten sollen das Feuer auf sie eröffnet haben.

Ein in Puerto Rico ausgelaufenes Schiff mit 250 Tonnen Hilfsgütern wird von der venezolanischen Kriegsmarine gestoppt. Nachdem die venezolanische Seite gedroht habe, das Feuer auf den Frachter zu eröffnen, ordnete der puertoricanische Gouverneur dessen Rückkehr an.

An der Simón-Bolivar-Brücke in Cúcuta leisten die Sanitäter Schwerstarbeit. Angesichts der Nachrichten von einer immer größeren Zahl von Verletzten und von Erschossenen in anderen Landesteilen wächst die Wut der Menschenmenge, einige flehen die kolumbianischen Militärs an einzugreifen.

... Maduro hat seine Kräfte in Caracas gebündelt. Er schafft es, einige tausend Anhänger in der Hauptstadt zu versammeln. Er ruft ins Mikrofon, dass er noch viele Jahre regieren werde. Seine Gegner nennt er trotz deren klaren Wahlsieges bei den letzten freien Parlamentswahlen die oppositionelle Minderheit. An diesem Pult steht niemand, der bereit ist auch nur ein wenig von seiner Macht abzugeben.

...


Aus: "Mit Schüssen zurück zur alten Ordnung" Tobias Käufer (24.02.2019)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/themen/reportage/venezuela-mit-schuessen-zurueck-zur-alten-ordnung/24033260.html (https://www.tagesspiegel.de/themen/reportage/venezuela-mit-schuessen-zurueck-zur-alten-ordnung/24033260.html)

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Quote[...] Für den sächsischen Linken-Politiker Rico Gebhardt, der am Samstagnachmittag auf dem Linken-Europaparteitag in Bonn die Tagungsleitung hatte, kam die Sache ziemlich überraschend. Kurz nach der Mittagspause war ihm von der Parteitagsregie bedeutet worden, dass gleich "eine Aktion" stattfinde. Die sah dann so aus: Rund zwei Dutzend Genossen, unter anderem die stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion, Heike Hänsel sowie die Bundestagsabgeordneten Diether Dehm und Alexander Neu, betraten die Bühne, mit Venezuela-Fahne und Transparenten. Darauf unter anderem die Forderung: "Hände weg von Venezuela - vorwärts zum Sozialismus".

Hänsel forderte in einer kurzen Ansprache die Bundesregierung auf, die Anerkennung des selbst ernannten Interimspräsidenten Juan Guaidó zurückzunehmen. Sie verurteilt die Einmischung der USA, in ihren Worten: "US-Putschversuch". ...

... In der Bundesregierung gab es Erschrecken über die Debatte in der Linken. Michael Roth (SPD), Staatsminister im Auswärtigen Amt, kritisierte Linken-Fraktionsvize Hänsel auf Twitter: "Ihr habt nichts gelernt!!! In #Venezuela führen ein mit Betrug an die Macht gekommener Präsident Maduro & seine Clique von korrupten Hofschranzen & Militärs Krieg gegen das eigene Volk. ,,Die Internationale erkämpft das Menschenrecht!" In Venezuela wird es mit Füßen getreten. Schande!"


Aus: "Venezuela-Solidaritätsaktion entzweit die Linke" Matthias Meisner (25.02.2019)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/europa-parteitag-in-bonn-venezuela-solidaritaetsaktion-entzweit-die-linke/24034668.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/europa-parteitag-in-bonn-venezuela-solidaritaetsaktion-entzweit-die-linke/24034668.html)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 06, 2019, 09:50:03 AM
Quote[...] Dutzende ägyptische Menschenrechtsaktivisten sind nach Angaben von Amnesty International Ziel von Cyberangriffen geworden. Die Aktivisten seien in diesem Jahr Phishing-Attacken ausgesetzt gewesen, erklärte die Menschenrechtsorganisation am Mittwoch. Dahinter würden vermutlich die ägyptischen Behörden stehen: Es handle sich offenbar um Teil einer Kampagne der Regierung von Staatschef Abdel Fattah al-Sisi, um Kritiker "einzuschüchtern und zum Schweigen zu bringen". Die Cyberattacken hätten die Menschenrechtsaktivisten in "große Gefahr" gebracht, erklärte Amnesty. ...


Aus: "Amnesty kritisiert Cyberangriffe auf Menschenrechtsaktivisten" (06.03.2019)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/aegypten-amnesty-kritisiert-cyberangriffe-auf-menschenrechtsaktivisten/24070296.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/aegypten-amnesty-kritisiert-cyberangriffe-auf-menschenrechtsaktivisten/24070296.html)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 14, 2019, 05:09:21 PM
Quote[...] In Erdogans Willkürstaat gelten inländische Kritiker als ,,Terroristen", ausländische als ,,Feinde der Türkei" ...


Aus: "Türkei: Strategische Fußtritte" Frank Nordhausen (12.03.19)
Quelle: https://www.fr.de/meinung/strategische-fusstritte-11843732.html (https://www.fr.de/meinung/strategische-fusstritte-11843732.html)

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Quote... Die ehemalige Wikileaks-Informantin Chelsea Manning ist am Freitag in Beugehaft genommen worden, weil sie sich weigert, vor der Grand Jury eines Gerichts im amerikanischen Bundesstaat Virginia auszusagen. Manning müsse so lange in Haft bleiben, bis sie sich anders entscheide, so die Staatsanwaltschaft. Mannings Anwalt hatte vor Gericht Hausarrest für seine Klientin beantragt. Der Antrag wurde jedoch abgelehnt und Manning in die Justizvollzugsanstalt von Alexandria gebracht.

In Erwartung ihrer Verhaftung hatte Manning bereits am Donnerstag erklärt, sie mache mit der Aussageverweigerung ihre verfassungsmäßigen Rechte geltend. Sie sprach sich gegen den geheimen Charakter von Grand Jurys aus, die Zeugen in Abwesenheit ihrer Anwälte befragen dürfen. ,,In Solidarität mit vielen Aktivisten, die gegen Ungerechtigkeit kämpfen, bleibe ich meinen Prinzipien treu", bekräftigte Manning. Sie wolle alle rechtlichen Mittel ausschöpfen. Wikileaks verurteilte Mannings Verhaftung als ,,Angriff auf die Pressefreiheit". ,,Whistleblower werden jetzt gezwungen gegen Journalisten auszusagen und ins Gefängnis gesteckt, wenn sie nicht kooperieren", prangerte die Enthüllungsplattform im Kurzbotschaftendienst Twitter an.

Die Grand Jury – ein mit weitreichenden Ermittlungsvollmachten ausgestattetes Geschworenengremium – ist mit dem Fall des Wikileaks-Gründers Julian Assange befasst. Die Enthüllungsplattform Wikileaks hatte 2010 und 2011 hunderttausende geheime Militärdokumente der Vereinigten Staaten über die Kriege im Irak und in Afghanistan sowie vertrauliche Diplomatendepeschen veröffentlicht. Quelle war die vor einer Geschlechtsumwandlung damals noch als Soldat Bradley Manning lebende Manning, die das Material von Militärrechnern herunterlud und Wikileaks zuspielte.

Manning wurde 2010 festgenommen und im August 2013 wegen Spionage zu 35 Jahren Gefängnis verurteilt. Durch einen Gnadenerlass des damaligen demokratischen Präsidenten Barack Obama kam Manning 2017 vorzeitig frei. Obamas republikanischer Nachfolger im Weißen Haus, Donald Trump, hatte sie als ,,Verräterin" bezeichnet, die das Gefängnis ,,niemals" hätte verlassen dürfen.


Aus: "Frühere Wikileaks-Informantin : Chelsea Manning in Beugehaft genommen" (09.03.2019)
Quelle: https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/fruehere-wikileaks-informantin-chelsea-manning-festgenommen-16079920.html (https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/fruehere-wikileaks-informantin-chelsea-manning-festgenommen-16079920.html)

https://www.heise.de/newsticker/meldung/Verfahren-gegen-Wikileaks-Whistleblowerin-Manning-muss-in-Beugehaft-4329974.html (https://www.heise.de/newsticker/meldung/Verfahren-gegen-Wikileaks-Whistleblowerin-Manning-muss-in-Beugehaft-4329974.html)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 19, 2019, 10:35:06 AM
Quote[...] Der russische Präsident Wladimir Putin hat die umstrittenen Gesetze gegen staatsbeleidigende und aus Behördensicht falsche Informationen im Internet unterzeichnet. Das gab der Kreml am Montag in Moskau bekannt. Der von Putin eingesetzte Menschenrechtsrat hatte zuvor vor einem Inkrafttreten dieser Regelungen gewarnt. Er kündigte an, die Auswirkungen zu kontrollieren. Das Gremium, das den Präsidenten berät, sieht insbesondere die Gefahr einer willkürlichen Sperrung von Internetseiten. Zudem würden die gemäß Verfassung garantierte Rede- und Meinungsfreiheit und der freie Zugang zu Informationen weiter eingeschränkt.

Nach den zuvor von Duma und Föderationsrat – das Oberhaus im Parlament – angenommenen Gesetzen drohen hohe Geldstrafen oder sogar Arrest für die Verbreitung angeblich falscher Informationen im Internet. Unter Strafe steht auch fehlende Wertschätzung gegenüber staatlichen Institutionen und Symbolen.

Kritiker befürchten, dass damit etwa Kritik am Präsidenten bestraft werden könnte. Auch die Organisation Amnesty International hatte die Gesetze kritisiert. Menschenrechtsorganisationen beklagen seit Jahren eine zunehmende Einschränkung von Freiheiten in Russland. Derzeit berät das Parlament ein Gesetz über ein eigenständiges Internet. Mit einer autonomen Infrastruktur will Russland unabhängig sein vom weltweiten Netz. Kürzlich hatten Tausende Menschen in Moskau gegen die Pläne protestiert. Sie befürchten Zensur. Aus dem Kreml hieß es dazu, es sei nicht geplant, Russland vom Internet abzukoppeln. (olb)


Aus: "Trotz Kritik: Putin unterzeichnet neue Internet-Gesetze" (19.03.2019)
Quelle: https://www.heise.de/newsticker/meldung/Trotz-Kritik-Putin-unterzeichnet-neue-Internet-Gesetze-4339533.html (https://www.heise.de/newsticker/meldung/Trotz-Kritik-Putin-unterzeichnet-neue-Internet-Gesetze-4339533.html)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 05, 2019, 03:22:14 PM
Quote[...] Beim ersten Auftrag stand er Schmiere. Eric P. saß im Streifenwagen und hörte den Polizeifunk ab, während seine Mittäter einen Geldautomaten knackten.  Beim nächsten Mal fälschte er einen amtlichen Durchsuchungsbeschluss und fingierte mit seiner Bande eine Hausdurchsuchung – er in seiner Polizeiuniform, die anderen als Polizisten getarnt. Ein halbes Jahr lang ging das so. Neun Mal nutzte der 31-Jährige seine Rolle als Polizist für Straftaten aus. Nun kommt er ins Gefängnis. Das Hamburger Landgericht verurteilte ihn wegen schweren Bandendiebstahls, Amtsanmaßung und Bestechlichkeit zu drei Jahren und acht Monaten Haft.

Eric P., sagt die Vorsitzende Richterin, habe seine besondere Vertrauensstellung als Polizist für persönliche Vorteile missbraucht. Der Rechtsstaat könne aber nur funktionieren, fügt sie hinzu, wenn man sich darauf verlassen könne, dass seine Repräsentanten selbst nach Recht und Gesetz handeln.

Eric P. hat ein Doppelleben geführt. Als Kriminalbeamter hat er Verbrechen aufgeklärt, als Privatmann hat er selbst welche begangen. Der 31-Jährige stand noch am Anfang seiner beruflichen Laufbahn, als er im August 2017 auf dem Hamburger Kiez Mehrad K. kennenlernte, einen der Mitangeklagten. Eric P. jobbte damals nach seinem Dienst in einer Bar,  sein Verdienst als Kriminalbeamter genügte ihm nicht. Mit Mehrad K. stand er nachts hinter dem Tresen.  "Er hat mich als Lebemenschen kennengelernt, der mehr ausgibt als einnimmt", erzählte Eric P. zum Prozessauftakt im Januar. Mehrad K. erkannte schnell, welch seltene Gelegenheit sich ihm bot: ein Polizist, mit dem er beim Bier vertraulich sprechen konnte. Der offensichtlich Geld benötigte – und sogleich hellhörig wurde, als Mehrad K. ihm gemeinsame Geschäfte anbot. Kurz darauf kam es zu einem ersten Treffen mit Bekannten von Mehrad K., darunter zwei Zuhälter. Die vier Männer versprachen Eric P. 1.500 Euro monatlich, wenn er bereit sei, ihnen gelegentlich als Polizist zur Seite zu stehen. Man wurde sich einig. 500 Euro gab es als Anzahlung.

Was sich anschließend ein halbes Jahr lang abspielte,  ist beispiellos in der Geschichte der Hamburger Polizei. Insgesamt neun Mal bewachte Eric P. für die Bande Tatorte, gab interne Informationen aus polizeilichen Datenbanken preis oder inszenierte Hausdurchsuchungen, bei denen seine angeblichen Kollegen an die 13.000 Euro stahlen.

Nun sitzt Eric P. auf der Anklagebank in Saal 337 des Landgerichts, und alles ist vorbei. Das Doppelleben, die Sorge, dass alles auffliegen könnte – aber auch seine Laufbahn als Polizist. Er sei seit Jahren spielsüchtig gewesen, habe daher viel Geld gebraucht, sagt P. Er spielte Poker und Roulette, online und im Kasino. Um seine Sucht zu finanzieren, hatte er mehrere Kredite aufgenommen. An die 60.000 Euro Schulden hatten sich bereits angehäuft, als er an jenem verhängnisvollen Augustabend 2017 auf seine späteren Komplizen traf.

Wie das Ganze aufgeflogen ist: Der Polizist nahm Mehrad K. einmal zu viel einem echten Einsatz mit, auf der Rückfahrt mit seinem Wagen gerieten beide in eine Radarkontrolle. Den unbekannten Mann auf dem Beifahrersitz, der auf dem Foto zu sehen war, gab Eric P. als Auszubildenden an. Dabei hatte er gar keinen.

Nun hat der 31-Jährige reinen Tisch gemacht. Er hat alles gestanden, gleich nach seiner Verhaftung. Anderenfalls wäre seine Strafe wohl um einiges höher ausgefallen. Die Staatsanwältin hatte in ihrem Plädoyer vier Jahre und drei Monate verlangt. Doch sein Geständnis rechnete ihm die Strafkammer hoch an – sie verschonte Eric P. bis zur Rechtskraft des Urteils von einer weiteren Untersuchungshaft, sodass er nun erst einmal in Freiheit ist.


Aus: "Das Doppelleben des Eric P." Elke Spanner, Hamburg (4. April 2019)
Quelle: https://www.zeit.de/hamburg/2019-04/korruption-polizist-gefaengnis-hamburg (https://www.zeit.de/hamburg/2019-04/korruption-polizist-gefaengnis-hamburg)

QuoteSidesshowBob3526 #4

Also ehrlich gesagt macht mir ein Polizist der sich aufgrund einer Suchtkrankheit als Räuber und Komplize betätigt (und augenscheinlich nicht gewalttätig geworden ist) deutlich weniger Sorgen als Polizisten die gefesselte Frauen und Jugendliche krankenhausreif prügeln (München, Rosenheim), Datenbankeinträge fälschen um die Inhaftierung (und anschließenden Tod) von Unschuldigen zu vertuschen (Kleve), an spontanen Selbstverbrennungen beteiligt sind (Dessau) oder in ihrer Freizeit beim KKK abhängen oder im Dienst Morddrohungen an Anwälte verschicken.


QuoteAnni Kravalli #4.1

"Also ehrlich gesagt macht mir ein Polizist der sich aufgrund einer Suchtkrankheit als Räuber und Komplize betätigt (und augenscheinlich nicht gewalttätig geworden ist) deutlich weniger Sorgen als Polizisten die gefesselte Frauen und Jugendliche krankenhausreif prügeln "

Eine schließt die andere nicht aus


Quotepryor #6

Rechte Polizisten überall in Deutschland (u.a. in Frankfurt), "Hanibals Armee" mit Ex-Elitesoldaten, NSU 2.0 (1.0!) mit unserem komischen Verfassungschutz, welches immer öfters Akten shreddert (unabsichtlich), das Verteidigungsministerium Österreich und die Identitären, die im Bundestag nun hausieren.
Wohin soll das alles noch führen? ...


QuoteWillkommen im Kommentarbereich #6.1

Was hat der Fall mit rechten Polizisten zu tun? Eric P. hat, dem Namen nach, mit arabischen Verbrecherbanden zusammengearbeitet. Auch kein Einzelfall, dass sich arabische Familienbanden Komplizen bei der Polizei suchen bzw. direkt Familienmitglieder einschleusen.


Quotehyperion55 #9

"Quis custodiet ipsos custodes?" ("Wer überwacht die Wächter?") wusste schon der römische Poet Juvenal im 1. Jahrhundert vor Christus. Und für dieses Problem gibt es bis heute und natürlich prinzipiell keine wirkliche Lösung, solang Wächter und Bewachte dieselben Bedürfnisse, und damit auch dieselben Schwächen haben (können).
Deshalb sollte in einem von freien, zum 'selbst-denken' fähigen Menschen bevölkerten Gemeinwesen eigentlich auch überall das Grundprinzip gelten: "Misstraue Autoritäten!". Die Realität sieht natürlich anders aus, da es selbst unter Hochgebildeten immer auch genug Leute gibt, die im Zweifelsfall lieber im Licht einer - auch vermeintlichen und unbewiesenen - Autorität sonnen, und ihrem kritischen Geist jederzeit eine Pause gönnen, wenn das joviale Schulterklopfen und die Bestätigung der eigenen Eitelkeit und Wichtigkeit aus der 'richtigen' Richtung kommt.


...
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 06, 2019, 01:02:06 PM
Quote[...] In Nordrhein-Westfalen hat es im vergangenen Jahr 1478 tätliche Angriffe auf Polizisten gegeben. Mit fast 98 Prozent wurden beinahe alle Fälle aufgeklärt. Das geht aus einem Lagebild des Bundeskriminalamts (BKA) hervor, das am Mittwoch in Wiesbaden veröffentlicht wurde.

Demnach gab es in Dortmund mit 366 besonders viele Attacken, in Köln waren es 148, in Düsseldorf 106. Vergleichszahlen zu Vorjahren gibt es laut BKA nicht. Zurückgegangen sind laut dem Lagebild die Fälle von Widerstand gegen die Staatsgewalt, für die es auch Zahlen aus 2017 gibt. Demnach sank die Zahl der Fälle 2018 auf 6899 - ein Minus von 6,4 Prozent. Auch bei Widerstandshandlungen war die Aufklärungsquote laut BKA in NRW hoch: 99,1 Prozent.

Deutschlandweit sind nach Angaben des BKA im vergangenen Jahr mehr als 38.000 Gewalttaten gegen Polizisten verzeichnet worden, von denen mehr als 79.000 Polizeibeamtinnen und -beamte betroffen waren. Die Fälle reichten von versuchtem Mord über Bedrohung und tätlichen Angriffen bis hin zu Körperverletzung. Im Vergleich zum Vorjahr sei die Zahl der Fälle um deutschlandweit um 4,6 Prozent gestiegen, die Zahl der Opfer um 7,1 Prozent, hieß es in Wiesbaden. Wie bereits 2016 und 2017 kam es in Berlin, Hamburg und Bremen zur höchsten Gewaltbelastung, gefolgt von Thüringen, Saarland und Nordrhein-Westfalen. (dpa)


Aus: "Im Jahr 2018: Fast 1500 tätliche Angriffe auf Polizisten in NRW" (06.06.2019)
Quelle: http://www.general-anzeiger-bonn.de/news/panorama/Fast-1500-t%C3%A4tliche-Angriffe-auf-Polizisten-in-NRW-article4120873.html (http://www.general-anzeiger-bonn.de/news/panorama/Fast-1500-t%C3%A4tliche-Angriffe-auf-Polizisten-in-NRW-article4120873.html)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 26, 2019, 10:00:05 AM
Quote[...] Als Polizeigewerkschafter könnte man es ja auch so sehen: Endlich gibt es eine öffentliche Debatte über den Rechtsextremismus. Nach dem Mord an Walter Lübcke lässt sich der Frage ohnehin nicht mehr ausweichen, wie gefährlich gewaltbereite Neonazis und ihre Unterstützer für die Gesellschaft sind. Es wäre der Moment, in dem auch die Polizei sich selbst befragen könnte: Stehen Teile von ihr rechtsextremen Kollegen zu naiv, vielleicht sogar wohlwollend gegenüber?

Es wäre die Zeit, sich ehrlich zu machen. Denn es gäbe die Chance, Vertrauen zurückzugewinnen. Doch sie wird vertan. Man muss sich nur das vor wenigen Tagen erschienene BamS-Interview von CDU-Politiker Friedrich Merz und die darauf folgenden Reaktionen der Polizeigewerkschaften durchlesen.

Friedrich Merz antwortete in dem Gespräch auf die Frage, ob der Staat einen blinden Fleck auf dem rechten Auge hätte: Er hoffe nicht, es habe aber Versäumnisse gegeben. Er fürchte, Teile von Bundeswehr und Polizei an die AfD zu verlieren. Und dann: "Die CDU muss eine Partei sein, die ohne Wenn und Aber hinter unseren Sicherheitsorganen steht."

Das ist natürlich absurd. Glaubt Merz ernsthaft, dass ein rechtsextremer oder AfD-wählender Polizist seine Gesinnung aufgeben wird, wenn sein Dienstherr ihm möglichst häufig auf die Schulter klopft? Die Politik muss die Arbeit der Bundeswehr und der Polizei auch ideell unterstützten, aber die Unterstützung muss an Bedingungen geknüpft sein: Zuvorderst an die, dass sich die Sicherheitsorgane auf dem Boden des Grundgesetzes bewegen.

Immer wieder gibt es Beamte und Soldaten, die das nicht tun. Da ist jener LKA-Beamte, der als sogenannter Prepper Munition hortete und gemeinsam mit aktiven und ehemaligen Soldaten die rechtsextreme Chatgruppe "Nordkreuz" gründete. Dort planten sie, gegen wen sie an "Tag X" mit Gewalt vorgehen wollten. Oder die Frankfurter Polizeibeamten, gegen die noch immer ermittelt wird, weil Daten von einem Polizeicomputer verwendet wurden, um Drohschreiben gegen eine Anwältin von NSU-Opfern zu versenden.

Dass die Polizei alles andere als zufriedenstellend mit Rechtsextremen in den eigenen Reihen umgeht, hatten im Mai Recherchen der ZEIT gezeigt: Es gibt zwar zahlreiche sogenannte Einzelfälle – die jedoch vor allem deswegen Einzelfälle bleiben, weil sie in den Landespolizeien und auf Bundesebene nicht einheitlich registriert werden. Von einer Gegenstrategie, von sinnvoller Prävention, fehlt entsprechend jede Spur.

Was sagt nun die Gewerkschaft der Polizei, mit 190.000 Mitgliedern die größte Polizeigewerkschaft im Land? Ihr Vizevorsitzender Jörg Radek greift vor allem Merz' Forderung auf, sich noch stärker hinter der Polizei zu versammeln. Viele Bundespolizisten zeigten "Sympathien für das rechtsnationale Parteienspektrum", und zwar wegen der Flüchtlingspolitik von 2015. Denn den Beamten sei "nicht erklärt worden", warum sie von ihrem gesetzlichen Auftrag, die unerlaubte Einreise zu unterbinden, hätten abweichen müssen. Statt also offen darüber zu sprechen, was gegen rechtsextreme Beamte zu tun ist, schiebt Radek der Politik die Schuld zu. Und statt Lösungen für die Zukunft zu suchen, macht er ein Ereignis von vor vier Jahren für das Problem verantwortlich.

Es gibt ein Muster in den Reaktionen von Merz und Radek: Sie tun, als hätten sie verstanden, nur um dann das Gegenteil einer Lösung anzubieten. Ihre Forderungen, sich gerade wegen des Rechtsextremismus hinter der Polizei zu versammeln, ist nichts als konservativer Korpsgeist in modernem Gewand. Das ist so enttäuschend wie es gefährlich ist. Sowohl Merz als auch Radek zeigen sich offenkundig nur deshalb über rechtsextreme und rechtspopulistische Tendenzen in den Sicherheitsbehörden besorgt, weil sie ihre schon vorher feststehende Agenda vorantreiben können.

Was wäre dagegen für eine moderne Polizei möglich, wenn eine derart große Organisation wie die GdP eine Vorreiterrolle in Selbstkritik einnähme? Wie viel von dem Rückhalt, dessen Fehlen sie oft so bitter beklagt, könnte sie sich durch eine Kultur der Transparenz auch bei unangenehmen Themen verschaffen?

Nun lässt sich einwenden, Gewerkschaften seien nun einmal parteiisch. Die GdP sei eben dazu da, die Beamten zu unterstützen. Das stimmt. Doch es gäbe genug effektivere Verbesserungen für die Polizistinnen und Polizisten zu fordern, ohne das Problem auf andere abzuwälzen. Etwa, die Ausbildung so zu verbessern, dass die Beamten lernen, mit Enttäuschungen klarzukommen. Die sind in ihrem Beruf nämlich vorprogrammiert. In einem Rechtsstaat müssen gefasste Verdächtige wieder freigelassen werden, wenn sich der Verdacht nicht erhärten lässt. Wenn die Beamten einen Kleindealer dann Stunden später wieder an derselben Ecke aufgreifen, frustriert das – und führt irgendwann im schlimmsten Fall zu dem Eindruck: Es nützt ja alles nichts, was ich hier tue. Schlimm, dass sie darauf kaum vorbereitet werden. Politisch relevant wird es, wenn besonders AfD-Politiker dieses Gefühl immer wieder ausschlachten.

Die Polizei darf in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger eingreifen, deshalb müssen sich ihre Beamtinnen und Beamten auch gefallen lassen, unter besonderer Beobachtung zu stehen. Und es ist Teil ihres Jobs, dass sie gerufen werden, wenn es Konflikte gibt, und nicht, wenn alles in Ordnung ist. Um mit diesen Belastungen zurechtzukommen, brauchen Polizisten dringend, was in anderen, sozialen Berufen längst üblich ist: Eine Supervision, in der die Beamten von Zeit zu Zeit reflektieren können, wie sie eigentlich an ihre Arbeit herangehen. Vielerorts ist das jedoch die Ausnahme.

Die Sicherheitsbehörden müssen endlich moderne Arbeitgeber werden, die ihre Mitarbeiter in Krisensituationen nicht alleinlassen. Und sie müssen eine Kultur etablieren, in der Rechtsextremismus nicht geduldet wird. Wer das möchte, darf eine Diskussion wie die, die dem Mord an Walter Lübcke folgt, nicht für seine Agenda missbrauchen.


Aus: "Polizei und Rechtsextremismus: Rückhalt für die Polizei darf nie bedingungslos sein" Ein Kommentar von Frida Thurm (25. Juni 2019)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2019-06/polizei-rechtsextremismus-rechte-gewalt-sicherheitsbehoerden-rueckhalt (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2019-06/polizei-rechtsextremismus-rechte-gewalt-sicherheitsbehoerden-rueckhalt)

QuoteBluto Blutarski #5

Ein wichtiger Faktor wird auch gerne übersehen: Es muss der (hoffentlich) größte Teil der Polizisten geschützt werden, die nicht rechtsradikalem Gedankengut anhängen - die sind nämlich doppelt geleimt: Die Bevölkerung nimmt sie in Sippenhaft und die extremistischen Kollegen verstecken sich hinter ihrem Korpsgeist.


QuoteZeitreisende59 #50

Ich habe lange nicht mehr einen solch furchtbaren realitätsfernen Artikel gelesen. Bevor sie so etwas schreiben sollten Sie wirklich eine Woche mit auf Polizeistreife gehen.


QuoteRonald Schmitt #62

Ist doch nicht so schwer.
Wer nicht mit beiden Beinen, auch nicht 1 3/4..., fest auf dem Boden der Verfassung steht, gehört aus dem Staatsdienst entfernt. Da gibt es nichts zu verhandeln, wer nicht geeignet ist, die deutsche Verfassung auch nur ansatzweise anzweifelt, darf nicht vom deutschen Staat auch noch finanziert werden.

Man kann da jetzt ganz schnell mal ein paar Exempel statuieren, dann ist Ruhe im Karton, dann wissen aFd-Sympathisanten und im Staatsdienst angestellte Verfassungsanzweifler angestellt ganz flott wo es hingeht...

Denn eines müßte auch dem Letzten jetzt klar sein, ,,Machtübernahme" fällt aus.


Quotedas_freie_wort #76

Aus einer WA-Gruppe einiger Polizisten:

"Wir sind aus Cottbus und nicht aus Ghana,
Wir hassen alle ... Afrikaner
Ole, ole"

Zoom - Staatsfeinde in Uniform
https://www.zdf.de/dokumentation/zdfzoom/zdfzoom-staatsfeinde-in-uniform-102.html (https://www.zdf.de/dokumentation/zdfzoom/zdfzoom-staatsfeinde-in-uniform-102.html)


QuoteAskir #81

Reflexhafte Verteidigung der Polizei und reflexhafter Angriff auf die Polizei.
Unsere armen Polizisten müssen schon viel aushalten.


Quotediezeit207 #88

Es wundert mich nicht, dass Polizisten nach rechts abdriften. Schlussendlich sie müssen das ausbaden, was Gutmenschen angerichtet haben. Die Polizei hat mi der Kehrseite der Kultur von Teddybärwerfer.


Quote
TottiZ #83

Reflexhafte und unreflektierte Verteidigung ist leider unsere Kultur, sobald die Öffentlichkeit Wind davon bekommt. Täuschen, tricksen, tarnen, verharmlosen ist immer die Devise und immer entgegengesetzt zum Grundgesetz, denn es beschädigt die Würde der dadurch Geschädigten. Ein Kulturwandel ist nötig.


...
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 05, 2019, 02:47:05 PM
Quote[...] UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet wirft Venezuelas Polizei schwere Menschenrechtsverletzungen vor. Aus ihrem Bericht zur Menschenrechtslage in Venezuela geht hervor, dass im vergangenen Jahr im Zusammenhang mit Einsätzen der venezolanischen Polizei knapp 5.300 Menschen getötet wurden. In den ersten viereinhalb Monaten des laufenden Jahres seien mehr als 1.500 solcher Todesfälle registriert worden.

Die Regierung von Venezuelas Präsident Nicolás Maduro führe diese Todesfälle in der Kategorie "Widerstand gegen die Staatsgewalt", sagte Bachelet. Der Verdacht sei begründet, "dass diese Tötungen als außergerichtliche Hinrichtungen von Sondereinsatzkräften zu bewerten sind". Die Zahl der festgestellten Tötungen nannte die UN-Menschenrechtskommissarin "schockierend hoch".

Die Verantwortung trägt nach Angaben Bachelets die Sonderpolizei FAES, die Fuerzas de Acciones Especiales, die 2016 gegründet worden war. Die Kommissarin forderte Venezuelas politische Führung auf, die Spezialeinheit aufzulösen und die mutmaßlichen Hinrichtungen unabhängig und unparteiisch untersuchen zu lassen.

Bachelet dokumentiert in ihrem Report eine Vielzahl weiterer Menschenrechtsverletzungen: Die venezolanische Regierung habe eine Strategie implementiert, die auf die "Neutralisierung, Unterdrückung und Kriminalisierung" von politischen Gegnern und Regierungskritikern abziele. Hunderte Menschen würden willkürlich inhaftiert, immer wieder komme es zu Folter. Auch bei der Vergabe sozialer Leistungen komme es zu politischer Diskriminierung. Sozialprogamme würden als "Instrument sozialer Kontrolle" missbraucht.

An die internationale Gemeinschaft richtete Bachelet den Appell: "Ich rufe alle mit Macht und Einfluss dazu auf, zusammenzuarbeiten und die notwendigen Kompromisse einzugehen, um diese Krise zu beenden." Im Juni war Bachelet nach Venezuela gereist. Für ihren Bericht wurden unter anderem Schilderungen von Menschenrechtsverfechtern, Opfern und Augenzeugen berücksichtigt. Ihre Erkenntnisse wurden in Genf vorgestellt.

Venezuelas Regierung wies den Bericht wegen zahlreicher "Fehler" und "Ungenauigkeiten" zurück. Er sei "offen parteiisch" und zeuge von einer "selektiven Wahrnehmung", hieß es in einer 70 Punkte umfassenden Stellungnahme. Ohne auf die Zahl der Menschen einzugehen, die dem UN-Bericht zufolge wegen "Widerstands gegen die Staatsgewalt" getötet wurden, erklärt die Regierung, die Staatsanwaltschaft sei über 292 Vorgänge zwischen 2017 und 2019 informiert, in die 388 Vertreter der FAES wegen "Mordes, brutaler Behandlung und häuslicher Gewalt" verwickelt seien.

Venezuela ist in einer schweren politischen und wirtschaftlichen Krise. Seit Monaten ringen Präsident Nicolás Maduro und der Oppositionsführer und selbst ernannte Interimspräsident Juan Guaidó um die Macht. Ein Putschversuch von Teilen der Streitkräfte gegen Maduro war Ende April gescheitert.


Aus: "Michelle Bachelet: UN sehen Belege für außergerichtliche Hinrichtungen in Venezuela" (5. Juli 2019)
Quelle: https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-07/michelle-bachelet-venezuela-menschenrechtsverletzung-polizei-toetung (https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-07/michelle-bachelet-venezuela-menschenrechtsverletzung-polizei-toetung)

Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 24, 2019, 09:12:54 AM
Quote[...] Polizisten in Deutschland nutzen trotz zunehmender Gewalt gegen Beamte nicht häufiger ihre Waffen. Im vergangenen Jahr sind elf Menschen von Polizeischüssen getötet worden. Weitere 34 Menschen wurden verletzt. Das geht aus Zahlen der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster hervor.

Der Statistik zufolge ging der Waffeneinsatz im Vergleich zum Vorjahr zurück. In 2018 schossen Polizisten 56-mal auf Menschen, rechnerisch also etwas mehr als einmal pro Woche. Im Jahr 2017 waren es noch 75 Fälle von "Schusswaffengebrauch gegen Personen". Dabei wurden 14 Menschen getötet und 39 verletzt. Die Zahlen für 2018 liegen damit wieder auf ähnlichem Niveau wie 2016.

Die Deutsche Hochschule der Polizei ordnet die elf Todesfälle vom vergangenen Jahr Notwehr- beziehungsweise Nothilfe-Situationen zu. Demnach schossen die Polizisten zur Eigensicherung oder um anderen Menschen in Lebensgefahr zu helfen.

"Die Statistik vergangener Jahrzehnte zeigt, dass der polizeiliche Schusswaffengebrauch gegen Menschen nach wie vor die absolute Ausnahme polizeilichen Handelns darstellt", sagte der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt. "Die seit Jahren feststellbare steigende Gewalt gegen Einsatzkräfte (...) hat nicht zu einer Steigerung des Einsatzes der Schusswaffe geführt."

Auch der stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Jörg Radek, wies darauf hin, dass der polizeiliche Schusswaffengebrauch in etwa stabil bleibe, "während die Zahl der tätlichen Angriffe auf unsere Kolleginnen und Kollegen seit Jahren zunimmt".


Aus: "Polizei schoss 2018 auf weniger Menschen als im Vorjahr" (24. Juli 2019)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2019-07/polizei-gewalt-waffen-schusswaffen-statistik (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2019-07/polizei-gewalt-waffen-schusswaffen-statistik)

Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 27, 2019, 06:42:54 PM
Quote[...] In Deutschland gibt es laut einer neuen Studie mehr Fälle von ungerechtfertigter Polizeigewalt als bisher bekannt. Das geht aus Forschungen an der Ruhr-Universität Bochum hervor, über die das ARD-Politikmagazin Kontraste und der Spiegel gemeinsam berichten. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gehen davon aus, dass es jährlich mindestens 12.000 mutmaßlich rechtswidrige Übergriffe durch Polizeibeamtinnen und -beamte gibt – das wären fünfmal so viele Fälle wie bisher angezeigt.

Die Hochrechnung basiert auf der bislang größten und systematischen Untersuchung zur Polizeigewalt in Deutschland unter Leitung des Kriminologen Tobias Singelnstein an der Ruhr-Universität Bochum. An der Onlinebefragung nahmen mehr als 1.000 Betroffene teil, durchgeführt wurden diese auf Deutsch, Englisch, Arabisch und Französisch.

Außerdem wurden für die Studie qualitative Interviews mit Staatsanwälten, Rechtsanwälten, Richtern und Polizeibeamten geführt. Ziel der Erhebung war es auch, mehr Informationen darüber zu erhalten, welche Personengruppen in welchen Situationen Opfer von Polizeigewalt werden und in welchen Fällen die Betroffenen sich für oder gegen eine Anzeige entscheiden.

Für die Studie rechneten die Forscher die Dunkelziffer für mutmaßlich ungerechtfertigte Fälle von Polizeigewalt auf Grundlage der Interviews hoch. "Nach unseren bisherigen Befunden kann man davon ausgehen, dass das Dunkelfeld  mehr als fünfmal so groß ist wie das Hellfeld, das wir in der Statistik sehen," sagte der für die Studie verantwortliche Krimonologe Singelnstein Kontraste und dem Spiegel. Weitere Ergebnisse der Untersuchung sollen im September präsentiert werden.

Bislang war bekannt, dass es in Deutschland pro Jahr mindestens 2.000 mutmaßlich rechtswidrige Übergriffe durch Polizeibeamte gibt,
die von den Staatsanwaltschaften bearbeitet werden. Den Forschungsergebnissen zufolge werden die Vorfälle aber nur selten strafrechtlich geahndet: Weniger als zwei Prozent der Fälle münden in einem Gerichtsverfahren, weniger als ein Prozent enden mit einer Verurteilung. Oft stehe das Wort der Bürger gegen das der Beamten, so Singelnstein. Diese Zahl ist im Vergleich zur Gesamtzahl aller Straftaten gering: Hier erhebt die Staatsanwaltschaft durchschnittlich in etwa zwanzig Prozent der Ermittlungen Anklage.

Der Kriminologe Singelnstein sieht in den Fällen von mutmaßlicher Polizeigewalt deswegen vor allem die Staatsanwaltschaften in der Verantwortung. Diese wollte ihr Verhältnis zur Polizei nicht belasten. Außerdem gebe es in den Staatsanwaltschaften die Grundannahme, dass Anzeigen wegen Körperverletzung im Amt in der Regel unberechtigt seien. Das führe dazu, dass man eher selten Anklage erhebe.

Kriminologen und Forscherinnen gehen auch allgemein davon aus, dass viele Fälle von Polizeigewalt nicht angezeigt werden. Das liegt Wissenschaftlern zufolge auch daran, dass gesellschaftliche Gruppen, die häufig von Polizeigewalt betroffen sind, diese wegen negativer Erfahrungen eher selten anzeigen. Dazu gehören etwa Wohnungslose oder Geflüchtete. "Menschen, die wiederholt schlechte Erfahrungen mit der Polizei gemacht haben, wenden sich eher nicht an sie", sagt Singelnstein ZEIT ONLINE. Zudem werden für die Ermittlungen gegen Polizisten zunächst Kollegen eingesetzt – ob diese genauso gründlich ermitteln wie Außenstehende, ist unbekannt.

Polizisten sind grundsätzlich dazu befugt, Gewalt anzuwenden. Diese muss sich jedoch nach dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit richten. Auch muss ein Polizist oder eine Polizistin immer das geringste Mittel wählen.   


Aus: "Polizeigewalt: 12.000 Verdachtsfälle illegaler Polizeigewalt pro Jahr" (27. Juli 2019)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2019-07/polizeigewalt-studie-ruhr-universitaet-bochum-kriminologen-verfahren (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2019-07/polizeigewalt-studie-ruhr-universitaet-bochum-kriminologen-verfahren)

Quotecorrect horse battery staple #5

Ich habe, gerade in meiner Jugend, mehrfach Polizeigewalt beobachtet - einmal gab es sogar ein Foto davon, wie ein Polizist einen Bekannten mit Quarzsandhandschuhen ins Gesicht schlägt (leider ein sehr lustiges Foto..). Anzeigen führten bisher allerdings in j e d e m einzelnen Fall zu Gegenanzeigen und in mehreren Fällen dementsprechend zur Verurteilung des eigentlichen Opfers.

Ich verstehe schon wie das zustande kommt und kann das auch sinnvoll verorten, aber es ist doch etwas frustrierend.


QuoteGrauburgunder #6

Ein Artikel, der sicher das Selbstbewusstsein unserer Polizistinnen und Polizisten stärkt. Jetzt wissen sie, wofür sie täglich ihren Kopf hinhalten. Ich denke da z.B. an G20 in Hamburg, wo eine Polizistin mit aus großer Höhe einen Pflasterstein auf den Kopf bekam.
Sind Befragungen in den beschriebenen Gruppen wirklich realitätsnah?
Warum hat die Polizei nicht Gelegenheit, ihre Darstellung zu kommunizieren?


Quote
matotope #6.1

Die Obrigkeit kritisieren, wo kommen wir denn da hin?


Quotejpthepj #6.3

Die Polizei hat im Gegensatz zu den Opfern die ganze Zeit Gelegenheit ihre Darstellungen zu kommunizieren, nennt sich Polizeipressebericht. In 99% der Fälle wird der Polizeipressebericht von den lokalen Zeitungen einfach ohne Kommentar oder Recherche abgedruckt, von daher würde ich mir um die "Deutungshoheit" bei der Polizei eher weniger Gedanken machen. ...


QuoteChristian W. #6.4

... Polizisten sind zu oft Opfer von Gewalt und haben täglich mit Kriminellen zu tun. Rechtfertigt das in irgendeiner Weise, dass sie selbst zu gewalttätigen Kriminellen werden?


QuoteWernerReuter1 #6.14

Nein das rechtfertigt keine Gewalt. Aber das die Aussagen der Klientel mit der es die Polizei zu tun hat naturgegeben ziemlich einseitig sind wird wohl auch Niemand bestreiten. Oder würde z.B. ein gewalttätiger Trinker bei so einer Befragung zugeben daß sein Verhalten mit dazu beigetragen hat daß die Polizei Gewalt anwenden musste?


QuoteSolange es zu solchen https://taz.de/Wasserwerfer-Prozess-zu-S21-eingestellt/!5027700/ (https://taz.de/Wasserwerfer-Prozess-zu-S21-eingestellt/!5027700/) Urteilen kommt, haben Polizisten nicht wirklich etwas zu befürchten.
Zur Erinnerung: während eines illegalen Einsatzes eines Wasserwerfers kam es zu über 100 Verletzten, einer hiervon erblindete.
"Die Polizisten hätten ihre Wasserwerferstaffel davon abhalten müssen, Wasserstöße in Kopfhöhe auf die Demonstranten abzugeben, sagte der Staatsanwalt zu Beginn des Prozesses. Das hatten sie nicht getan.".
Vorsätzliche schwere Körperverletzung (anders kann dies nicht bezeichnet werden), der Prozess wird eingestellt.


QuoteBüro für Handstreiche #10.6

++ Warum musste der Wasserwerfer bei dieser Demonstration überhaupt eingesetzt werden? ++

Weil man sonst die rechtswidrige(!) Rodungsmaßnahme im Schlosspark nicht hätte durchsetzen können!
Gleiches Spielchen bei der Räumung der Rigaer Str. in Berlin 2016, die ohne richterlichen Räumungsbeschluss dafür aber mit einem Großaufgebot der Polizei umgesetzt wurde.
Dass die zahlreichen Übergriffe von Polizisten bei dem Einsatz, die Bewohner oder Demonstranten beleidigten, schubsten, schlugen, das Mobiliar zerstörten oder in die geräumten Wohnungen pissten, ungestraft blieben ist das eine.
Das die ganze Aktion trotz ihrer festgestellten Rechtswidrigkeit für die Verantwortlichen straffrei blieb - u.a. Innensenator Henkel, der Polizeipräsident, der Einsatzleiter der Polizei - ist der eigentlich Skandal.
Henkel, der danach die Wahl krachend verlor, sitzt heute auf einem Mitleidsticket für "verdiente" Parteifreunde im Bundestag und ist Teil der "Werteunion", die zusammen mit Polizeistaats-Hardlinern wie Wendt, Maaßen und den Kameraden der AfD von der "konservativen Revolution" und der Abwicklung der "linksversifften" BRD träumen.


Quotehcies #12

Ich war viele Jahre Polizeibeamter, weiß also, wovon ich schreibe.

Man wird zu den unterschiedlichsten Einsätzen mit teilweise völlig destruktiven Menschen gerufen. Die wollten nicht immer das tun, was nötig war. Also hat man geredet und um Zweifelsfall noch einmal geredet, um das Gegenüber davon zu überzeugen, dass es doch auch in seinem Interesse war, unseren Anweisungen zu folgen. Das hatte auch fast immer Erfolg. Aber auch eben nur fast immer.
Wer unbelehrbar war, musste irgendwann mit den Folgen leben. Das heißt, die Maßnahme wurde mit Zwang durchgesetzt.
Und immer, ausnahmslos immer, wurde Anzeige gegen mich wegen Körperverletzung im Amt erstattet.
Weil ich das wusste, wurde jede Maßnahme genau dokumentiert. Die Strafverfahren gegen mich wurden eingestellt.
Jetzt kommen Wissenschaftler, die mit Hochrechnungen Polizeigewalt dokumentieren. In einer Zeit, in der Maßnahmen von Polizeibeamten fast ausnahmslos auf Handys von Passanten dokumentiert werden.
Entschuldigung, aber das hat doch mit Wissenschaft nichts zu tun. Das ist "Kaffeesatzleserei". Ich würde den Wissenschaftlern dringend ein dreimonatiges Praktikum bei der Polizei empfehlen. Die Realität hilft beim Denken.


QuoteLiisa #12.1

Bei dem Artikel und der Studie geht es weniger um systematische Polizeigewalt als vielmehr der Sorge, dass einzelne Polizisten in einzelnen Situationen durchaus Gewalt anwenden, die der Situation entsprechend unangemessen ist.
Die hier angezeigte Dunkelziffer lässt vermuten, dass diese Fälle deutlich häufiger vorkommen als bisher angenommen.
Der Artikel sagt nicht mehr und nicht weniger.

Dass Polizisten allgemein einen schwierigen Job zu bewältigen hat, zweifelt hier niemand an.
Auch ich arbeite mit einem Klientel, dass Ihnen aus Ihrer Arbeit sehr bekannt ist (jugendliche Intensivstraftäter). Ich beneide keinen Ihrer Kollegen, die ich in eskalierte Situationen hinzuziehen muss.

Nichtsdestotrotz halte ich es für wichtig, die Zahl derer, die Ihren Ruf bedrohen, so gering wie möglich zu halten. Und dazu gehört, Studien wie diese zu veröffentlichen und weitere folgen zu lassen, die die Zahl unnötig gewaltbesetzter Einsätze hoffentlich einschränkt. Aus dem weiteren Bekanntenkreis kenne ich leider oben genannte Fälle, die zu Hilflosigkeit und Resignation führen.


QuoteYakov Pavlov #12.2

Was Sie hier machen ist unwissenschaftlich muss ich Ihnen leider als Wissenschaftler vorwerfen. Sie argumetieren mit Ihrer persoenlichen Erfahrung aber das ist nur eine, und die Studie basiert auf mehr als einer Erfahrung. Im uebrigen, wenn alle Verfahren gegen Sie vom Staatsanwalt eingestellt wurden, was heisst das schon, es gab ja nie ein tatsaechlich unabhaengiges Gerichtsverfahren? Desweiteren wundere ich mich, dass Sie offensichtlich schon weit vor einer Eskalation wussten, dass es zu einer solchen kommen wuerde und das wirft bei mir auch Fragen dahingehend auf, ob man eine solche dann nicht auch mit anderen Mitteln verhindern kann.
Und natuerlich sollte man statistisch davon ausgehen, dass die Verurteilungsquoten bei aehnlichen Straftaten auch aehnlich sind und einen Ausreisser mit nur 1% Verurteilungquote, dass ist schon arg schwierig zu erklaeren.


QuoteTrakehnen #12.3

Wie erklären Sie mir dann, dass ein S. Schubert als Polizist acht Jahre lang auch unerkannt als Hooligan unterwegs sein konnte? Wie erklären Sie mir das Verhalten der mit gestohlener Munition ausgestatteter SEK-Kräfte in MV? Die scheinen ja dann evtl. auch völlig destruktive Menschen gewesen zu sein?
Was Sie ansprechen, kann ich nachvollziehen - es gibt Leute, mit denen man in solchen Situationen einfach nicht reden kann, die Anweisungen nicht Folge leisten - und gerade da würde ja eine Body-Cam ja evtl. Abhilfe leisten. Dass man als Passant immer nur einen kleinen zeitlichen und örtlichen Ausschnitt wahrnimmt, ist mir auch klar. Dass der Adrenalinspiegel und Blutdruck der Polizisten bei manchen Einsätzen und Hintergrundwissen, das der Bürger nicht hat, von vorneherein hoch sind, kann ich mir auch vorstellen. Damit umzugehen lernen, würde m. E. in die Polizeiausbildung gehören.


QuoteMare Knight #14

Also ganz ehrlich. Ich persönlich habe noch keine übertriebene Gewaltanwendung von Polizisten erlebt.

Ich bin allerding auch legal in Deutschland, werfe keine Steine, Flaschen, Böller u. Ä. auf Polizisten. Bleibe bei Verkehrskontrollen locker und schlage keiner Politesse ins Gesicht oder überfahre sie womöglich. Ich blockiere keine Straßen länger als nötig, erlaubt oder sinnvoll. Ich vermumme mich auch nicht ausser beim Skifahren im Winter. Ich verticke keine Drogen und laufe nicht stockbesoffen durch die Stadt und belästige auch keine anderen Menschen sexuell. Ich halte nichts von so genannten GEGENDEMONSTRATIONEN um anderen ihr Demonstrationsrecht zu vermiesen.


QuoteSchelmchen #14.4

Das ist schön für Sie, aber nicht jeder, der Opfer von Polizeigewalt wird, ist ein ominöser böser Illegaler oder ein nicht näher definierter Steinewerfer. Da sind viele dabei, die am falschen Tag dem falschen Polizisten begegnen, der glaubt seinen Frust am nächstbesten abreagieren zu müssen. Ich bin auch noch kein Opfer von Polizeigewalt geworden, daraus schließe ich aber nicht, dass jeder exakt die gleichen Erfahrungen wie ich selbst machen muss.


QuoteArthur Philipp Dent #46

Die Ergebnis der Studie sind besorgniserregend. Die Einrichtung einer eigenen Untersuchungsbehörde unabhängig von der Polizei wäre sinnvoll. Überall wo es keine Kontrolle zur Einhaltung der Regeln gibt, wird dies ausgenutzt.


QuoteMMAA #49

Nur die allerwenigsten Polizisten haben soviel Charakter und Rückgrat ihren Kollegen mit dem sie täglich zusammenarbeiten müssen mit ihrer Aussage zu belasten. Da wird halt eben vorsätzlich weggeschaut oder weggehört. Die Staatsanwälte sind auf diese "Kollegen" in ihrem Alltag angewiesen und drücken immer öfter ein Auge oder aus mal zwei zu. Und die Richter? Na ja, auch die sind Beamte und entsprechend sind die Urteile in ihrem Beamtenkreis. Bei Ärztefehler ist es übrigens nicht anders. Hier sagen auch kaum Kollegen gegen Kollegen aus.


Quote
moniutapEf3217 #49.1

"Nur die allerwenigsten Polizisten haben soviel Charakter und Rückgrat"

Wieviel Polizisten kennen Sie denn?


QuoteOncology #49.2

Also darüber berichten sogar Polizisten selbst. Noch nie was davon gehört wie Polizisten Kollegen "decken"? Von Corpsgeist sprechen sogar Richter und Staatsanwälte.


...

Polizeigewalt in Deutschland: Täter in Uniform
Feature, 43 min 13.04.2019Von Marie von Kuck
https://www.deutschlandfunkkultur.de/polizeigewalt-in-deutschland-taeter-in-uniform.3682.de.html?dram:article_id=439245 (https://www.deutschlandfunkkultur.de/polizeigewalt-in-deutschland-taeter-in-uniform.3682.de.html?dram:article_id=439245)

Forscher untersuchen ,,Dunkelfeld" der Polizeigewalt
Veröffentlicht am 25.03.2019 | Von Frank Christiansen
https://www.welt.de/regionales/nrw/article190833287/Bochum-Forscher-untersuchen-Dunkelfeld-der-Polizeigewalt.html (https://www.welt.de/regionales/nrw/article190833287/Bochum-Forscher-untersuchen-Dunkelfeld-der-Polizeigewalt.html)

Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 08, 2019, 01:36:09 PM
Quote[...] Nach einem Polizeieinsatz bei einer Demo in Kassel am 20. Juli haben zwei Betroffene gegen das Vorgehen der eingesetzten Beamt*innen Klage eingereicht. Ihre Vorwürfe werden von Videoaufnahmen belegt. Die Polizei hat inzwischen interne Ermittlungen eingeleitet.

Die Partei ,,Die Rechte" hatte am 20. Juli zu einer Demonstration ,,Gegen Pressehetze, Verleumdung und Maulkorbphantasien" in Kassel aufgerufen. In einer Ankündigung auf ihrer Website forderte die rechtsextremistische Partei im Zusammenhang mit dem Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke ein Ende der ,,Hetze gegen ,Rechts'".

Daraufhin entschieden sich einige Aktivist*innen, sich der Demo in den Weg zu stellen. Mit dabei war Paul Neumann*, 25 Jahre alt, der eigentlich anders heißt. Weil er von Teilnehmern der rechten Demo fotografiert wurde, möchte er nicht namentlich genannt werden.

Gemeinsam mit anderen Aktivist*innen war er in einem Haus entlang der Demo-Route untergekommen. ,,Als wir bemerkt haben, dass die Demonstration der Rechten sich in Bewegung setzt, haben wir quasi nur die Tür aufgemacht und uns dort auf die Straße gesetzt", sagt Neumann. Bereits dabei seien einige von ihnen jedoch gewaltsam von der Polizei aufgehalten worden. Wie in dem Video zu sehen ist, schafften es mehrere Demonstrant*innen trotzdem, sich auf die Straße zu setzen.

Ein Polizist, der ebenfalls im Video zu sehen ist, habe den Demonstrierenden mit dem Einsatz von Pfefferspray gedroht, sollten sie die Straße nicht verlassen. Noch während er die Drohung ein letztes Mal aussprach, habe der Polizist angefangen das Spray zu nutzen, schildert Neumann. Daraufhin wurde die Sitzblockade gewaltsam von den Polizist*innen aufgelöst.

Genau dort liege das Problem, sagt Anwalt Sven Adam. Er vertritt Neumann und hat am Montag Klage gegen das Vorgehen der Polizei eingereicht. Die Gegendemonstration falle unter das Versammlungsgesetz. Deswegen hätte die Polizei zunächst Auflagen formulieren müssen. Erst bei Verstoß gegen diese Auflagen sei eine Auflösung möglich. Zwangsmaßnahmen hätten in jedem Fall eindeutig angekündigt werden müssen.

,,Es ging so schnell, dass Menschen, auch wenn sie wollten, das nicht hätten wahrnehmen können, weil es eine ziemlich hektische Situation war. Da wirst du zweimal kurz angeschrien, dann kriegst du Pfeffer ins Gesicht", beschreibt Neumann die Situation. Eine Person habe einen Krampfanfall erlitten in Folge des Pfefferspray-Einsatzes.

Benjamin Rusteberg, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Staatswissenschaft und Rechtsphilosophie der Universität Freiburg, bestätigt, dass auch spontane Versammlungen – wie Sitzblockaden – durch das Versammlungsrecht geschützt seien. Mögliche Zwangsmaßnahmen müssten den Teilnehmer*innen außerdem grundsätzlich vor ihrer Durchführung angekündigt werden. Ob die Auflösung ordnungsgemäß eingeleitet wurde, könne er aus dem Video nicht schließen. ,,Was ich aber sagen kann ist, dass der Einsatz von Pfefferspray in der konkreten Form eindeutig rechtswidrig war", sagt Rusteberg. Demnach müsse die Polizei nach dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit agieren. Zum Auflösen einer Versammlung, die – wie es im Video scheint – vollkommen friedlich ist, sei Pfefferspray ,,kein erforderliches und überdies auch kein zweckdienliches Mittel."

Da die Sitzblockade nicht als Versammlung behandelt wurde, seien auch weitere Handlungen der Polizei rechtswidrig, sagt Rechtsanwalt Adam. In seiner Klage geht er unter anderem gegen Schmerzgriffe, die Ingewahrsamnahme und die erkennungsdienstliche Behandlung seines Mandanten vor.

Er kritisiert außerdem, dass die Polizisten seinen Mandanten nicht schützten, als dieser von rechtsradikalen Demo-Teilnehmern fotografiert wurde. ,,Meine Hände waren am Rücken gefesselt und ich bin an eine Wand gelehnt und gesetzt worden, das heißt, ich hatte gar keine Möglichkeit mein Gesicht zu verdecken oder mich anderweitig zu schützen.", sagt Neumann. Obwohl er neben sich stehende Polizist*innen mehrmals aufgefordert habe, das Fotografieren zu unterbinden, sei nichts dagegen unternommen worden. Eine Journalistin sei außerdem daran gehindert worden, zu den Demonstrant*innen zu gehen.

Neben Neumann reichte auch eine weitere Teilnehmerin der Sitzblockade Klage ein. Außerdem stellte der hessische Linke-Abgeordnete Torsten Felstehausen Strafanzeige gegen die beteiligten Polizeibeamt*innen wegen Körperverletzung im Amt. ,,Das Ziel des Einsatzes von Pfefferspray war offensichtlich nicht die Auflösung der Sitzblockade, sondern eine Bestrafung der Demonstranten", schreibt Felstehausen in einer Pressemitteilung.

Inhalt der internen Ermittlungen der Polizei sei das im Video zu sehende Vorgehen der Beamt*innen, sagte ein Sprecher der Polizei Nordhessen. Genauer wollte er sich nicht zu den Untersuchungen äußern.

*Name geändert


Aus: "Nach Demo gegen Rechts in Kassel: Polizei ermittelt gegen sich selbst" Helena Werhahn (1. 8. 2019)
Quelle: https://taz.de/Nach-Demo-gegen-Rechts-in-Kassel/!5614940&s=Kassel/ (https://taz.de/Nach-Demo-gegen-Rechts-in-Kassel/!5614940&s=Kassel/)

Quote[...] Dürfen Bürger Polizeieinsätze filmen? Eigentlich hatte das Bundesverfassungsgericht die Frage bejaht und damit geklärt. Doch die Polizei hat sich neue Begründungen für eine Bestrafung filmender Bürger einfallen lassen, wie aktuelle Vorgänge in Kassel zeigen.

Am 20. Juli demonstrierte dort die Neonazi-Partei ,,Die Rechte". Dagegen formierte sich eine Gegendemonstration. Weil sich auch die oft militante Antifa aus dem nahen Göttingen angekündigt hatte, gab es am Kasseler Bahnhof Polizeikontrollen. Eine 35-jährige Kasseler Politologin wollte eigentlich zur Gegendemo. Doch als sie die aus ihrer Sicht ,,ruppigen" Polizeikontrollen sah, nahm sie ihr Smartphone und filmte. ,,Dann hält sich die Polizei vielleicht etwas zurück", hoffte sie.

Die Frau filmte, wie ein Mann an die Wand gestellt wurde und ihm beim Abtasten ein Polizist an die Genitalien griff. Wenig später wurde sogar ihr Freund, der sie begleitete, kontrolliert. Wieder griff sie zum Smartphone. Doch nun wurde das Gerät von der Polizei beschlagnahmt, denn sie habe eine Straftat begangen. Die Frau war geschockt und weinte. ,,Wie soll ich denn noch mit meinem Kind, das im Urlaub ist, kommunizieren", war ihr erster Gedanke.

Stunden später gab es einen ähnlichen Vorfall. Diesmal traf es Roland Laich, der in der Göttinger Gruppe ,,Bürger beobachten Polizei und Justiz" aktiv ist. Nach Ankündigung und ausgestattet mit orangefarbener Warnweste, filmte er mit seiner Digitalkamera eine polizeiliche Personenkontrolle. Auch hier schritten die Beamten ein. Die Kamera durfte er zwar behalten, doch er musste seine Personalien angeben. Strafrechtliche Ermittlungen wurden angekündigt.

Beide Betroffene, die sich vorher nicht kannten, wollen mit Hilfe des Göttinger Anwalts Nils Spörkel gegen die polizeilichen Maßnahmen Rechtsmittel einlegen. Sie berufen sich auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 2015, die Roland Laich gut kennt. Denn er hat sie selbst erstritten.

Im damaligen Fall hatte die Polizei angenommen, dass die Aktivisten von ,,Bürger beobachten Polizei und Justiz" die Aufnahmen ohne Genehmigung der abgebildeten Polizisten veröffentlichen werde, was nach dem Kunsturhebergesetz (KUG) strafbar sein könne. Doch die Karlsruher Richter erinnerten daran, dass das KUG nicht schon das bloße Filmen verbiete und eine unbefugte Verbreitung der Aufnahmen nicht einfach unterstellt werden darf. Die Aufnahme könnte ja auch ,,zur Beweissicherung mit Blick auf etwaige Rechtsstreitigkeiten" dienen, so die Karlsruher Richter.

Als Nächstes muss das Amtsgericht Kassel entscheiden, ob die Beschlagnahme des Smartphones bestehen bleibt. Die Staatsanwaltschaft sieht trotz des Karlsruher Beschlusses von 2015 den Verdacht einer KUG-Verletzung. Es sei möglich, mit dem Smartphone die Aufnahme sofort im Internet zu verbreiten. Vor allem beruft sie sich auf Paragraf 201 des Strafgesetzbuchs, der unbefugte Aufnahmen des ,,nichtöffentlich gesprochenen Wortes" unter Strafe stellt. Hier geht es also nicht um die Bilder, sondern nur um die Tonspur. Die Norm bedroht bereits die Aufnahme mit Strafe und nicht erst deren Verbreitung. Deshalb ist die Norm für die Polizei so interessant.

Die Politologin hält das für abwegig. ,,Der Polizeieinsatz fand doch in der Öffentlichkeit statt." Außerdem sei es wichtig, Polizeieinsätze zu dokumentieren. ,,Wenn Aussage gegen Aussage steht, glaubt das Gericht in der Regel ja doch der Polizei." Vermutlich wird sich das Bundesverfassungsgericht bald erneut mit der Frage beschäftigen müssen, ob Bürger die Polizei filmen dürfen.


Aus: "Prozesse zu Bild- und Tonaufnahmen: Polizei möchte ungefilmt bleiben" Christian Rath (06.08.2019)
Quelle: https://taz.de/Prozesse-zu-Bild--und-Tonaufnahmen/!5611087&s=Kassel/ (https://taz.de/Prozesse-zu-Bild--und-Tonaufnahmen/!5611087&s=Kassel/)

QuoteAlbrecht von Aschenfels

Ich bin mir nicht sicher, ob eine Darstellung von "die Polizei vs. Demonstranten" bzw. "die Demonstranten vs. Polizei" dem Thema so weiterhilft.
Ab wann ist eine Aufnahme vor Gericht als Beweismittel zulässig? Wie lässt sich die Echtheit der Aufnahme beweisen? In welchem Kontext fand sie statt?
Ob diese nun von Polizeikameras oder von Smartphones der Demonstranten kommen ist unerheblich. Beide Seiten können diese manipulieren.
Ob das nun die Aufdeckung von Polizeigewalt ist, bei der man [(un)unglücklicherweise] die vorherigen eigenen Attacken nicht mit aufzeichnet.
Oder die Dokumentierung von außer Kontrolle geratenen Demos, wo keine Kamera auf die gerade stattfindenden Einsätze von Reizgas gerichtet ist.
Weder ist eine beteiligte Partei generell gut, die andere böse. Und ins Internet gestellte Aufnahmen pauschal korrekt.


QuoteJakob Cohen

@Albrecht von Aschenfels Kleiner aber erheblicher Denk bzw Darstellungsfehler.

Aufnahme der Polizei werden zur Beweisführung i m m e r zugelassen.
Bei privat gemachten Videos ist es "Ermessenssache" ...


Quotedanny schneider

Wenn Staatsorgane nichts zu verbergen hätten, könnte der Bürger ja filmen oder? ...


QuoteZven

Das wäre ja noch schöner, wenn Polizisten sich auf den Schutz ihrer Rechte berufen könnten. Das dürfen nur lupenreine Demokraten.


QuoteBodo Eggert

@Zven Auch ich finde, daß Polizisten beim begehen von Straftaten im Dienst das Recht haben müssen, daß man ihnen das nicht nachweisen kann, Demonstranten hingegen kein Recht auf Privatsphäre haben, denn die sind ja nicht ganz so gleich.


Quotetazeline

Es ist zu vermuten (zumindest SEHR zu hoffen), dass das BVerfG diesen § 201 StGB-Unsinn der Polizei gleichfalls kassieren wird.
Denn es ist (noch) unstreitig, dass die Polizei nicht im rechtsfreien Raum operieren darf, sondern PAG und POG, etc., neben dem GG zwingend zu beachten hat.
Doch wie soll dies überwacht und bei Bedarf rechtstaatlich kontrolliert und gerichtlich überprüft werden, wenn selbst das Filmen polizeilicher Maßnahmen während einer Massenveranstaltung / Demo nicht zulässig sein soll und im Falle von Zeugenaussagen stets nur der Polizei und nicht dem Bürger geglaubt wird (was die Statistik beweist)?
Wenn unser Staat also jede Möglichkeit der Kontrolle der Polizei unterbindet, so eröffnet er damit zugleich den Weg zur Willkür, zur Polizei als Staat im Staate.
Und dies sehe ich spätestens durch unser GG nicht gedeckt, weshalb das BVerfG den § 201 StGB-Unsinn hoffentlich kassiert.
Und die betroffene StA und Polizei welche diesen Unsinn vertritt sollte sich SCHÄMEN für ihr damit gezeigtes Bestreben die ausgeübte PolizeiGEWALT jeder rechtstaatlichen Kontrolle entziehen zu wollen.


QuoteJaKr

Wie war das noch? "Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten"? Das gilt dann wohl doch nur, wenn es um die Totalüberwachung der Zivilbevölkerung geht...


...
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 12, 2019, 10:06:03 AM
Quote[...] Nach den Protesten und Massenfestnahmen in Moskau haben die russischen Medienaufseher den Internetriesen Google aufgefordert, Videos von nicht genehmigten Protesten auf seiner Plattform Youtube zu löschen. In einem Schreiben wird das Unternehmen aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen, mit denen verhindert werden solle, dass für nicht zugelassene Proteste geworben werde, teilte die Medienaufsichtsbehörde Roskomnadsor am Sonntag mit.

Auf Youtube sind viele Videos veröffentlicht worden, die das teils harte Durchgreifen der Polizei bei Festnahmen zeigen. Allein in den vergangenen drei Wochenenden wurden mehr als 2000 Menschen in der russischen Hauptstadt festgenommen.

Es gibt auch Videos bei Youtube von der Demonstration am vergangenen Samstag, zu der nach Schätzungen der Organisatoren mehr als 50.000 Menschen gekommen waren. Diese Kundgebung hatten die Behörden im Gegensatz zu den Protesten an den Wochenenden davor genehmigt.

Roskomnadsor drohte Google, sollte eine Reaktion ausbleiben, werde dies Russland als feindselige Einmischung in innere Angelegenheiten Russlands und in demokratische Wahlen betrachten. Dann behalte man sich das Recht vor, "angemessen" darauf zu reagieren.


Aus: "Russland verlangt, dass YouTube Videos von Protesten löscht" (11.08.2019)
Quelle: https://futurezone.at/netzpolitik/russland-verlangt-dass-youtube-videos-von-protesten-loescht/400575656 (https://futurezone.at/netzpolitik/russland-verlangt-dass-youtube-videos-von-protesten-loescht/400575656)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 13, 2019, 09:16:51 AM
Quote[...] Polizisten, die Tränengas in eine Bahnstation schießen, in einem U-Bahn-Tunnel aus nächster Nähe mit Gummigeschossen auf fliehende Demonstranten feuern, die wie von Sinnen auf Menschen einprügeln: Das sind Bilder des bislang härtesten und gefährlichsten Aufeinandertreffens der Hongkonger Sicherheitskräfte mit der Demokratiebewegung. Polizisten, die vorgaben, Protestierende zu sein, sollen sich in die Menge gemischt und von dort Verhaftungen vorgenommen haben. Seit Beginn der Proteste im Juni haben die Behörden mehr als 600 Menschen festgenommen.

Berührend ist ein Foto, das seit Sonntag in den sozialen Medien herumgeht. Es zeigt eine auf dem Boden liegende junge Frau, die aus ihrem rechten Auge blutet. Laut Demonstranten ist sie von einem Polizeigeschoss getroffen worden, das verletzte Auge soll erblindet sein. Zweifellos gibt es auch unter den Hongkonger Protestlern solche, die zu gefährlicher Gewalt neigen. Nach Polizeiangaben wurden am Sonntag Sicherheitskräfte in zwei Fällen mit Brandsätzen beworfen, demnach wurde ein Beamter verletzt. Das darf nicht übersehen werden. Doch was sich gerade in der Hafenstadt abspielt, ist ein Vorgeschmack auf den Autoritarismus aus Peking.

Viele der Demonstrantinnen und Demonstranten sind sehr jung, sie wollen Freiheiten verteidigen, politische wie individuelle, beispielsweise die Meinungs- und Pressefreiheit in der Stadt. Ihre Mindestforderung war, dass Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam dauerhaft eine Gesetzesvorlage zurücknimmt, die es der Sonderverwaltungszone erlauben würde, mutmaßliche Straftäter nach China auszuliefern.

Bislang ist diese Vorlage ausgesetzt – doch eigentlich fordern die Demonstranten Lams vollständigen Rückzug. Diese Proteste haben sich in den vergangenen Wochen zu einer breiteren Bewegung gegen die Hongkonger Regierung und das harte Vorgehen ihrer Polizei entwickelt. Ein vorläufiger Höhepunkt ist das Sit-in am örtlichen Flughafen, wegen dem am Montag sämtliche Flüge eingestellt wurden.

Viele Hongkonger haben Angst vor dem autoritären Regime der Kommunistischen Partei Chinas und fordern demokratische Reformen. Beispielsweise ein Wahlrecht, das nicht von vornherein pekingnahe Politiker bevorzugt. Oder eine offizielle Untersuchung exzessiver Polizeigewalt. Dazu gehört auch, dass inzwischen organisierte Schläger auf Demonstranten einprügeln – ohne von der Polizei daran gehindert zu werden. China-Experten gehen davon aus, dass sie von der lokalen Mafia kommen und von chinesischen KP-Kadern mobilisiert werden.

Was wir in Hongkong heute sehen, ist ein Aufblitzen dessen, was geschieht, wenn man sich mit den Machthabern in Peking anlegt. Behörden und Polizei in Hongkong tun am Ende das, was Chinas Machthaber von ihnen wollen, und die Gewalt vom Sonntag deutet an, wie die KP mit Demonstranten umgeht. Würde in China, auf dem Festland, das Gleiche geschehen wie gerade in dessen Sonderverwaltungszone, würden die Sicherheitskräfte ungleich härter und schneller zuschlagen. Darüber muss sich niemand Illusionen machen. Das wahre Gesicht des KP-Staates ist antidemokratisch.

Bedauerlich ist daher die Zurückhaltung im demokratischen Teil der Welt. Die Hongkonger Demokratiebewegung erfährt aus der Politik dieser Länder öffentlich wenig Zustimmung. Würden wir beispielsweise im Fall des Irans so zurückhaltend reagieren, wenn Polizisten in Teheran Demokratieaktivisten niederknüppelten? Wahrscheinlich nicht. Es würden der UN-Sicherheitsrat eingeschaltet und Sanktionen diskutiert werden. Doch das China der KP wird mit Samthandschuhen angefasst, denn es ist ein ökonomischer Koloss geworden.

Hongkong ist deswegen auch ein Hinweis darauf, wie sich die Zukunft all jener Staaten und Gesellschaften gestaltet, die in irgendeiner Weise unter die Kuratel der autoritären KP Chinas geraten. Pekingfreundliche Länder sollten sich überlegen, wie weit sie sich noch mit ihr einlassen.


Aus: "Wer Peking zu nahe kommt" Ein Kommentar von Steffen Richter (12. August 2019)
Quelle: https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-08/proteste-hongkong-polizeigewalt-aktivisten-china-peking (https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-08/proteste-hongkong-polizeigewalt-aktivisten-china-peking)

Quote
Der freundliche Waran #1.7

Das sind die Bilder, die entstehen, wenn die Polizei Gummischrot einsetzt. Die Form von Polizeigewalt, deren Folgen wir im Titelbild sehen, gibt es auch in Westeuropa. Schwere Augenschäden bis zur dauerhaften Erblindung sind in großer Zahl aus Nordirland dokumentiert, in jüngerer Zeit gab es bei den Gelbwesten-Protesten ständig solche Verletzungen. Wenn die Polizei meint, Gummischrot verschießen zu dürfen, kann man sowas nie ausschließen. Da ist es nur eine Frage, wann so ein Geschoss das Auge eines jungen Menschen trifft, der nur seine Meinung sagen wollte. Die Bilder sollten allen eine Lehre sein, die glauben, dass auch unsere Polizeien in Deutschland solche Waffen brauchen. Nein, tun sie nicht. Das brauchen Staaten, die ihre Bürger quälen und verstümmeln wollen.

Nicht, dass das falsch verstanden wird: Das soll keine Relativierung der Hongkonger Polizeigewalt sein, ich wünsche den Demonstranten dort alles erdenkliche Gute bei ihrem Freiheitskampf und finde den Mut, mit dem sie sich der Staatsmacht entgegenstellen bewundernswert.

Aber eine immer stärker militarisierte Polizei, die beim Vorgehen gegen Demonstranten mit elementare Menschenrechte missachtender Brutalität agiert, die ist leider nicht das Alleinstellungsmerkmal chinesischer Sonderverwaltungszonen, als die sie hier dargestellt wird. Die haben wir quasi vor der eigenen Haustür. Das ist mir beim Lesen sauer aufgestoßen.


QuoteKimaxe #1.17

Ich kann nur mit dem hier von verschiedenen Foristen vertretenen "Argument" "China ist eine Autokratie, XYZ dagegen ein demokratischer Rechtsstaat" im Zusammenhang mit exzessiver Polizeigewalt und teils bleibenden schweren Verletzungen nichts anfangen. Sie machten auf mich den Eindruck, zu dieser Kategorie zu gehören, und diese Relativierung macht mich immer wieder fassungslos. Polizeigewalt ist Polizeigewalt, es ist im Ergebnis für die Schwerstverletzten ziemlich unerheblich, ob die Hand von einer autokratischen oder einer demokratischen Tränengasgranate abgesprengt wurde (ist übrigens nicht hypothetisch, der Fall ist in Frankreich eingetreten). Natürlich hat man gerade in den westlichen Demokratien bessere Chancen (oder überhaupt Chancen), dafür zumindest ein Schmerzensgeld zu bekommen, aber die Hand bekommt man dadurch nicht wieder. Ich wünsche mir auch keine "sanftere" Berichterstattung über China. Ich wünsche mir einfach, daß unsere Medien bei Polizeigewalt allgemein Tacheles reden, anstatt das so selektiv zu tun. ...


QuoteFraginetta #15

"Polizisten, die vorgaben, Protestierende zu sein, sollen sich in die Menge gemischt und von dort Verhaftungen vorgenommen haben."

Von ähnlichen Erfahrungen ausgehend entwickelten sich in den DDR-Demonstrationszügen 1989 die Rufe: "Stasi Raus!" und "Stasi in die Produktion!" Als dieser Ruf dann aus geringsten Anlässen sehr laut wurde, trauten sich die Stasi-Leute nicht mehr ohne weiteres in die Züge der Demonstranten.


QuoteWas tun #15.1

Und von wem stammten sie Mollis bei den Anti-Springer-Demos nach dem Dutschke-Attentat?


Quote
M. Silenus #15.2

Das ist krass. Nicht nur die Praxis der "Agent Provokateurs" wie bei uns, die eher anstiftend Gründe für "härteres Durchgreifen" oder einschlägige Pressebilder liefern sollen, nein hier wird noch weiter gegangen.

So wird Mißtrauen unter den Demonstranten gesäht, denn jeder könnte ja so ein Undercover-Cop sein, der einen dann aus der Menge zieht, verhaftet und wer weiss woi hin bringt.

https://de.wikipedia.org/wiki/Agent_Provocateur (https://de.wikipedia.org/wiki/Agent_Provocateur)


QuoteLinWenDe #24

Aus Perspektive der KPCh sind Demokraten Kriminelle - das schließt jeden von uns auch ein, der sich für einen Demokraten hält!


Quote
Minilieb #24.1

Ich bin mir gar nicht so sicher, dass das die chinesische Bevölkerung anders sieht. Bzgl. des "social Scoring" Systems, dass uns die Haare zu Berge stehen lässt, gibt es Umfragen, dass die Bevölkerung das sogar begrüßt... Sie wissen schon, wegen der Sicherheit und wer nichts zu verbergen hat...


QuoteDes Doktors Bruder #26

"Hongkongs Polizei ist am Sonntag außerordentlich brutal gegen die Demokratieaktivisten vorgegangen."

So ist das leider in Diktaturen.


QuoteOleg Popowski #27

Sobald Demonstranten Gewalt anwenden, Barrikaden bauennund anzünden oder sich den Anweisungen der Sicherheitskräfte widersetzen, liegt natürlich ein gesonderter Fall vor.
Ich darf daran erinnern, dass auch befinden Demonstrationen gegen Stuttgart 21 die Polizei demokratisch legitimiert mit Gewalt gegen Störer und Randalierer vorgegangen ist, auch mit Wasserwerfern, dabei wurde einem Demonstranten der Augapfel raus gespritzt, es gibt da Bilder. Sehr unschön. Möchte man nicht in seiner Haut stecken.
Demonstranden haben sich provokativ den Wasserwerfern in den Weg gestellt. Dann hieß es: Wasser marsch!
Diese Aktionen wurden auch kontrovers diskutiert, aber es ist und bleibt nun mal so, dass dies eine demokratische und einen legitime Aktion von Polizeigewalt gewesen ist.
Sowas passiert, unabhängig davon ob man sich in China oder in Deutschland oder Frankreich befindet.


Quoteohne eure Bots wärt ihr nur zu dritt #35

Erinnert mich an Stuttgart 21.


Quotemeeresfarbe #35.1

Nicht vergleichbar. Eine ganz andere Dimension und Qualität. Und das soll absolut keine Verniedlichung dessen sein sein, was Mappus & Co. in Stuttgart angerichtet haben.


...

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Quote[...] Trotz schwerer Kritik von Demonstranten und Vorwürfen von ausufernder Polizeigewalt hat sich Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam hinter die Sicherheitskräfte der Stadt gestellt. Die Polizei habe in den vergangenen zwei Monaten ,,große Schwierigkeiten gehabt, das Gesetz durchzusetzen", sagte Lam am Dienstag vor Journalisten. Sie reagierte damit auf Tausende Demonstranten, die am Vortag aus Wut über Polizeigewalt den Hongkonger Flughafen zum Erliegen gebracht hatte.

Als jemand, der nicht selbst Teil der Polizei sei, könne sie nicht darüber bestimmten, wie Polizeieinsätze ablaufen, ,,insbesondere wenn die Polizei vor Ort ein Urteil fällen muss", sagte Lam weiter. Die Regierung und die Polizei in der chinesischen Sonderverwaltungszone seien aber in der Lage, die politische Krise in Hongkong zu lösen.

... Am Wochenende war es in Hongkong erneut zu heftigen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei gekommen. Die Polizei setzte Schlagstöcke und Gummigeschosse ein. Tränengas wurde auf den Straßen und erstmals auch in einer U-Bahnstation verschossen. Gewaltbereite Demonstranten warfen Steine. Die Polizei warf Regierungsgegnern vor, Einsatzkräfte mit Brandsätzen verletzt zu haben. (dpa)


Aus: "Hongkongs Regierungschefin verteidigt die Polizei" (13.08.2019)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/protest-gegen-gewalt-bei-einsaetzen-hongkongs-regierungschefin-verteidigt-die-polizei/24897258.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/protest-gegen-gewalt-bei-einsaetzen-hongkongs-regierungschefin-verteidigt-die-polizei/24897258.html)

Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 20, 2019, 10:18:36 AM
Quote... Die slowakische Staatsanwaltschaft ermittelt im Mordfall des Journalisten Jan Kuciak und dessen Verlobter nun auch gegen Justiz- und Staatsbeamte. "Vertreter staatlicher Behörden verschiedenen Ranges" hätten mit dem mutmaßlichen Auftraggeber des Mordes, dem Geschäftsmann Marian Kocner, in Kontakt gestanden, sagte ein Sonderermittler am Montag. Örtliche Medien hatten zuvor Textnachrichten mehrerer Mordverdächtiger veröffentlicht, in denen diese mit ihren Beziehungen zu hochrangigen Politikern, darunter auch der damalige Ministerpräsident Robert Fico, prahlten.

Er fordere die Betroffenen "dringend" auf, sich zu melden und zu den Kontakten zu äußern, sagte der Sonderermittler. Die Ermittler hätten Grund zu der Annahme, dass die Behördenvertreter sich strafbar gemacht hätten. ...


Aus: "Mord an slowakischem Journalisten: Ermittlungen in den eigenen Reihen" (20.08.2019)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/mord-an-slowakischem-journalisten-ermittlungen-in-den-eigenen-reihen/24921630.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/mord-an-slowakischem-journalisten-ermittlungen-in-den-eigenen-reihen/24921630.html)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 18, 2019, 09:50:01 AM
Quote[...] Bochumer Kriminologen haben erstmals systematisch rechtswidrige Polizeigewalt in Deutschland untersucht.  ... Demnach kommt es immer wieder vor, dass Menschen durch Polizeigewalt schwer verletzt werden. Für die Studie wurden 3.375 Fragebögen von Betroffenen rechtswidriger Polizeigewalt ausgewertet. Fast drei Viertel (71 Prozent) der Befragten gaben darin an, körperliche Verletzungen bei dem Gewalteinsatz erlitten zu haben. Jeder Fünfte von ihnen trug demnach sogar schwere Verletzungen wie Knochenbrüche, Gelenkverletzungen oder Verletzungen an Augen und Ohren davon. "Man sieht, dass die polizeiliche Gewaltausübung in gar nicht so wenigen Fällen massive Folgen für die Betroffenen hat, sowohl was körperliche Verletzungen als auch psychische Belastungen angeht", sagte der Leiter der Studie, der Kriminologe Tobias Singelnstein. Der Zwischenbericht der Studie der Ruhr-Universität Bochum zur Körperverletzung im Amt durch Polizisten und Polizistinnen liegt ZEIT ONLINE vor. 

... Die Untersuchung der Bochumer Kriminologen ist die erste systematische Forschung zu rechtswidriger Polizeigewalt in Deutschland. Sie bricht mit einem Tabu, indem sie erstmals Licht in eine dunkle Ecke des staatlichen Gewaltmonopols bringt. Denn wenn es um Polizeigewalt geht, verweisen Vertreter von Polizeigewerkschaften in der Regel darauf, dass es sich um Einzelfälle handele. Einige politische Aktivistinnen sprechen dagegen von systematischer Polizeigewalt.

Der Zusatz "rechtswidrig" ist in der Diskussion um Polizeigewalt entscheidend – denn unter gewissen Bedingungen darf die Polizei natürlich Gewalt anwenden. Sie soll dafür sorgen, dass Regeln und Gesetze, die sich die Gesellschaft gegeben hat, eingehalten werden – und es Konsequenzen hat, wenn man das nicht tut. Polizisten müssen dabei aber nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vorgehen. Sie sollen gerade so viel Zwang und Gewalt anwenden wie für ihre Aufgaben nötig und so wenig wie möglich.

Die Gegenwehr der Betroffenen ist erstaunlich gering: Der Studie zufolge erstattete nur etwas weniger als jeder Zehnte (9 Prozent) der Betroffenen, die den Bochumer Kriminologen von ihren Erfahrungen berichteten, eine Anzeige. Die Gründe, warum sich Opfer von Polizeigewalt gegen eine Anzeige entschieden, werfen kein gutes Licht auf Polizisten. Am häufigsten nannten die Betroffenen: Eine Anzeige hätte nichts gebracht, weil Polizisten ohnehin keine Folgen zu befürchten hätten. Dann folgte die Begründung, dass man den Täter ohnehin nicht identifizieren könne. Auf Platz drei steht die Furcht, eine Gegenanzeige zu erhalten.

Entsprechend ist davon auszugehen, dass die Zahl der Fälle von rechtswidriger Polizeigewalt deutlich höher liegt als bislang bekannt. Die Statistik der Staatsanwaltschaften aus dem Jahr 2018 geht von rund 2.000 Fällen aus. "Nach unseren bisherigen Befunden kann man davon ausgehen, dass das Dunkelfeld mehr als fünfmal so groß ist wie das Hellfeld, das wir in der Statistik sehen", hatte Singelnstein bereits im Juli gesagt. Etwa 80 Prozent aller Fälle von Polizeigewalt werden also nie angezeigt. "Die mangelnde Identifizierbarkeit der Beamten ist ein großes Problem, das sich auf das Anzeigeverhalten der Betroffenen und die Erledigungsentscheidungen der Staatsanwaltschaften auswirkt", sagte Tobias Singelnstein zu ZEIT ONLINE. Wenn ein Opfer nicht wisse, wen es anzeigen solle, rechne es sich kaum Chancen auf Erfolg aus und gebe eher keine Anzeige auf. Der Staatsanwaltschaft wiederum fehlten bei einer Anzeige gegen Unbekannt Ermittlungsansätze und der Fall könne eher eingestellt werden.

In den Fragebögen schilderten die Betroffenen den Forschern zufolge sehr unterschiedliche Fälle. "Rechtswidrige Polizeigewalt kann in allen Einsatzsituationen vorkommen, aber es gibt Schwerpunkte", so Singelnstein. So berichteten Betroffene in etwas mehr als der Hälfte der Fragebögen (55 Prozent) von rechtswidriger Polizeigewalt bei Demonstrationen oder politischen Aktionen. "Aus grundrechtlicher Sicht ist es sehr problematisch, dass rechtswidrige Polizeigewalt offenbar gerade bei Versammlungen häufiger vorkommt", sagte der Kriminologe.

... Die Arbeit der Forscher geht nun weiter: In einem zweiten Teil der Studie werden aktuell Interviews mit Staatsanwälten, Rechtsanwältinnen, Richtern und Polizistinnen geführt. Ein Abschlussbericht soll im Frühjahr 2020 folgen.


Aus: "Polizeigewalt: Die falsche Staatsgewalt" Aus einer Analyse von Frida Thurm und Veronika Völlinger (17. September 2019)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2019-09/polizeigewalt-studie-ruhr-universitaet-bochum-betroffene-koerperverletzung-polizei/komplettansicht (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2019-09/polizeigewalt-studie-ruhr-universitaet-bochum-betroffene-koerperverletzung-polizei/komplettansicht)

Quotedingensda #1.6

In meinen Augen ist Widerstand gegen die Staatsgewalt (...) das weit größere Problem.

Sie merken schon, dass man so nicht vernünftig diskutieren kann?
Ich finde Ihnen ohne Probleme noch zwanzig Probleme, die wichtiger sind. Um die geht es hier aber nicht.


QuoteMaus-Bieber #1.7

Doch doch. Das Problem, das hier diskutiert wird, ist klein, im Verhältnis von Gewalt gegen Polizisten insgesamt.


Quotedingensda #1.15

Das Problem, das hier diskutiert wird, ist klein, im Verhältnis von Gewalt gegen Polizisten insgesamt.

... Aber es geht eben um das Problem, um das es geht. Und nicht um irgendein anderes.
Sie verstehen das doch, oder?


QuoteMonoceros #1.20

Was Sie hier betreiben ist Whataboutismus. Man kann sowohl rechtswidrige Polizeigewalt als auch Gewalt gegen Polizisten gleichermaßen ablehnen.

Bei rechtswidriger Polizeigewalt geht es allerdings um noch mehr, nämlich um das Infragestellen der Legitimation des Gewaltmonopols des Staates und des Vertrauens in Polizei und Justiz. Wer im Amt Straftaten begeht und dafür systematisch nicht zur Verantwortung gezogen wird, beschädigt diese Institutionen und damit auch den Glauben an den Rechtsstaat, und ohne den ist eine freiheitlich demokratische Grundordnung nicht denkbar. Daher verdient das Thema auch gesonderte Aufmerksamkeit.


QuoteDer freundliche Waran #1.37

"Was ist Ihre Alternative - Selbstjustiz?"

Kennzeichnungspflicht der Beamten, Bodycams, eine unabhängige Ermittlungsbehörde für Polizeigewalt. Warum muss ich das jemandem erklären, der unter einer Flagge firmiert, die früher mal dafür stand, dass jede Staatsgewalt den Menschen Rechenschaft schuldig ist?

"Würden Sie sich nicht z.B. gegenüber kriminellen Clans und Intensivtätern mehr Aktivität der Staatsgewalt wünschen?"

... Hier geht es nicht um Clanmitglieder und Intensivtäter. [ ] es geht um Gewalt, die nicht notwendig oder nicht verhältnismäßig ist. ...



QuoteGerne_unterwegs #1.110

Man könnte unendliche viele Gewaltprobleme aufzählen: gegen Kinder, gegen Feuerwehrleute, gegen Frauen, gegen Sanitäter, gegen behinderte Menschen, gegen ....

Hier und heute geht es um Polizeigewalt. Wenn man da was vergleichen will unbedingt, könnte man Bundespolizei mit Landespolizei vergleichen oder auch deutsche Polizei mit dänischer Polizei. Vielleicht ginge auch noch ein Vergleich zu Gewalt durch Angestellte des Justizvollzugs.
Also geht es um Staatsbedienstete, die mit Recht und Gesetz hauptamtlich zu tun haben und die aus einer hierarchisch übergeordneten Position agieren, denen also von Berufs wegen Macht- und Zwangsmittel zur Verfügung stehen.
Es ist also eine besondere Art der Gewaltausübung und des Machtmissbrauchs.
Das Mitführen von Schlagstöcken und anderen Waffen ist sozusagen ein Amtsprivileg.


QuoteRessiw Resseb #1.90

"In meinen Augen ist Widerstand gegen die Staatsgewalt und verletzte Polizisten, die jeden Tag ihren Kopf hinhalten und auch gegen Gewalttäter Recht und Gesetz durchzusetzen versuchen, das weit größere Problem."

Ein weiteres großes Problem sind Relativierer.


Quotemaßvoller Kritiker #1.101

Dass Gewalt gegen Polizisten auch ein Problem ist, dem kann man nicht widersprechen. Tut ja an sich auch niemand Der Unterschied zur Gewalt seitens der Polizei, um die es hier geht ist, dass Personen, die gegen Polizeibeamte gewalttätig werden, im Allgemeinen juristisch verfolgt werden, während die immerhin mehreren tausend dokumentierten Fälle von unverhältnismäßiger Polizeigewalt praktisch nie geahndet werden.
Wem das nicht ins Wetbild passt, hat sich aus der Realität schon ein Stück weit verabschiedet.


Quotenachdenklich30 #5

... NIEMAND sollte über den Gesetzen stehen!


QuoteM.Frei #5.1

Naja, Widerstand gegen die Staatsgewalt ist strafbar. Wer nicht hören will, muss leider fühlen.


QuoteMU-MAX #5.2

Schön, dass Sie komplett am Thema vorbeikommentieren.


QuoteDie Antwort ist_42 #11

Ich habe in den letzten Jahrzehnten die Polizei nur höflich und deeskalierend kennengelernt... ich gestehe aber, ich wohne in einer Kleinstadt und kenne viele Polizisten persönlich. Wie man in den Wald ruft.....


QuoteInseltroll #11.1

Sie sollten beim Formulieren aufpassen sonst könnte man auf die Idee kommen dass sie den Opfern die Schuld geben.


QuoteGhede #11.2

"Ich habe in den letzten Jahrzehnten die Polizei nur höflich und deeskalierend kennengelernt... "

Kaum jemand würde wohl abstreiten, dass Polizisten im Alltag das auch ganz überwiegend sind. Nur sind Polizisten eben auch für die Bewahrung der "öffentlichen Ordnung" zuständig, was bedingt, dass sie vor allem auch dort zum Einsatz kommen, wo die "Ordnung" nicht ganz so ordentlich daher kommt.

Bizarrerweise wird an der Stelle allzu oft der Kopf in den Sand gesteckt. Es ist eben nicht nur eine Frage des "Reinrufens" in den "Wald", sondern eine Frage von aufgeladenen Situationen, Emotionen, Geschrei, Aggression und Antipathie. Da Polizisten keine Maschinen sind, betrifft sie das auch ganz genau so, wie die restliche Bevölkerung, und zwar natürlich vor allem dann, wenn sie selbst involviert sind und nicht als "Unbeteiligte" auftreten. ...


QuoteBugthebug #11.3

,,Wie man in den Wald ruft..."

Ein Polizist hat ein Gewaltmonopol. Das ist nicht dafür gedacht, dass der Beamte in einer Überforderungssituation Dampf ablässt.

Letztendlich versagt der Staat hier mindestens zwei Mal. Zum einen werden Personen in Dienst gestellt die Ihrer Rolle nicht gewachsen sind, zum anderen werden bestehende Mittel nicht eingesetzt um Versagen festzustellen und zu beseitigen.


Quotejstawl #11.5

Ich wohne auch in der Provinz und dort kennt man einen Teil der Polizisten. Aber gehen Sie mal ins Stadion oder zur Demo. Da behandelt man sie nicht mehr so gut, weil man keinen Unterschied macht zwischen den paar Leuten, die 300 Meter entfernt Mist gebaut haben und friedlichen Leuten.
Da kriegen Sie dann von einem behelmten vermummten Polizisten als Begrüßung ein "ich kann dieses Pack nicht mehr sehen" entgegen geschmettert und der eigene ü60 Vater und die Mutter mit Kind nebenan schauen nur verstört...

Aber vermutlich bin ich selbst schuld, weil ich friedlich ein Spiel besuchen will oder mein Demonstrationsrecht wahrnehme.


QuoteWerner Mueller #12

Polizisten sind in erster Linie Menschen. Menschen, die den Staat vertreten und für die Einhaltung von Gesetzen einstehen. Ich habe bislang - selbst in Bayern - nur freundliche Polizisten kennengelernt. Wenn man die als Menschen sieht, ist ein normaler und freundlicher Umgang ganz einfach.


QuoteDeserteur 2.0 #12.1

Herr Müller, die Welt beseht nicht aus Bayern oder nur aus ihren persönlichen Begegnungen mit anderen Menschen, die Welt ist neben ihren persönlichen Erfahrungen auch hin und wieder eine ganz Andere und als einem erwachsenem Mann ist ihn diese Erkenntnis absolut bewusst, wenden sie diese Erkenntnis die sie definitiv besitzen einfach auf dieses Thema an und sie erkennen selbst das sich ihre Aussage so nicht halten lässt.


QuoteOberlausitzerin #12.4

Ja, und diese Studie schließt ja nicht aus, dass man sein Leben lang nur anständige und freundliche Polizisten kennen lernt.


QuoteTtbt #14

Meine erste Erfahrung mit Polizeigewalt hatte ich mit 14 als junger Punk. Abends von der Polizei aufgegriffen worden und zur Personalienfeststellung mit auf die Wache genommen worden.
Die Beamten waren sehr unfreundlich und aggressiv. Als eine Freundin einem der Beamten eine flapsige Antwort gab bekam sie von ihm eine schallende Ohrfeigen. Der Handabdruck war noch am nächsten Tag zu sehen.
Noch viel schlimmer empfand ich aber die Reaktion seiner Kollegen. Die haben sich prächtig amüsiert.
Das Erlebnis hat mich nachhaltig geprägt.


Quoteah-jun #14.2

"Abends von der Polizei aufgegriffen worden und zur Personalienfeststellung mit auf die Wache genommen worden."

Also keine Ausweispapiere dabeigehabt?


Quotekomakino #14.8

Das Nichtmitführen von Ausweispapieren wird mit Ohrfeigen bestraft? Oder was wollten Sie mit Ihrer Frage vermitteln?


Quoteah-jun #19

Da müssen Menschen in unübersichtlichen Situationen in Sekundenbruchteilen entscheiden, wer der "Gute" und der "Böse" ist und welche Vorgehensweise "verhältnismäßig" ist.
Ich beneide diese Menschen nicht. Da haben es Leute, die in ihrem stillen Kämmerlein vor sich hinforschen dürfen schon leichter.


Quoteeschwenk #20

Polizisten haben die Aufgabe, Recht durchzusetzen und zu verteidigen. Nicht, es zu brechen. Um diese Aufgabe zu bewältigen, erhalten Polizisten eine umfangreiche Ausbildung.
Deshalb ist davon auszugehen, daß solche Rechtsbrüche nicht "fahrlässig", sondern absolut vorsätzlich geschehen. Aber Kollegen und Staatsanwaltschaft schauen geflissentlich weg, bis hin zur Fälschung von Beweisen - und so wird dann schnell mal ein unliebsamer Pfarrer zum angeblichen Gewalttäter.


...

"Sachsen: Prozess gegen Jugendpfarrer König geplatzt" (02.07.2013)
Der Jugendpfarrer soll bei einer Anti-Nazi-Demo zur Gewalt gegen Polizisten aufgerufen haben. Ton- und Bildaufnahmen sollen König nun entlasten, der Prozess beginnt neu. ... Königs Verteidiger hatte im Prozess Polizisten Fälschung von Beweisen vorgeworfen. Sie waren an der Erstellung jenes Videomaterials beteiligt, auf das sich die Anklage stützt. Die entsprechenden Sequenzen seien manipulativ zusammengeschnitten worden, so der Anwalt. Das sei bei einer ersten Sichtung des nun vorgelegten Rohmaterials bereits sehr deutlich geworden.
Nachdem der Vorsitzende Richter das von Königs Anwälten bereitgestellte Roh-Video im Gerichtssaal hatte vorführen lassen, schloss sich auch die Staatsanwältin dem Antrag der Verteidigung auf Aussetzung des Prozesses an. ...

http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2013-07/prozess-lothar-koenig-geplatzt (http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2013-07/prozess-lothar-koenig-geplatzt)

...


Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 19, 2019, 10:21:48 AM
Quote[...] Es sieht aus wie Beweismaterial in einem Strafprozess, in dem es um unverhältnismäßig brutale Polizeigewalt geht. Vier Beamte in Kampfanzügen, Schutzwesten und Helmen drängen sich durch das Publikum auf einem Moskauer Trottoir, packen unvermittelt einen jungen Mann, der mit seinem Smartphone beschäftigt ist. Er weicht zurück, wird zu Boden gerissen, einer der Männer drischt mit einem Gummiknüppel auf seinen Rücken, sie schleppen ihn mit verdrehten Armen davon.

Dieser Tage hat ein Moskauer Richter das Opfer, den Schauspieler Pawel Ustinow, zu dreieinhalb Jahren Straflager wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Ustinow, 24, soll einen der Polizisten an der Schulter gezerrt und ihm das Gelenk verstaucht haben. Der Beamte hatte ausgesagt, er habe Protestparolen gehört, versucht, diese zu unterbinden, dann habe etwas in seiner Schulter geklickt. Er habe ,,moralisch gelitten".

In Moskau werden seit Anfang September reihenweise junge Männer zu Gefängnisstrafen verurteilt, weil sie an nicht genehmigten Protestaktionen teilnahmen oder dabei gewalttätig wurden. Sieben Verurteilungen gibt es schon. Die meisten Fälle sind gut dokumentiert, weil TV-Teams oder Demonstranten mitfilmten. So sieht man, wie der Arbeitslose Kirill Schukow, 28, einem Polizisten mit einer Hand ans Visier seines Helms greift – drei Jahre Haft. Oder wie der Wachmann Jewgenij Kowalenko, 48, dem Beamten einen halbvollen Mülleimer vor die Füße wirft – dreieinhalb Jahre.

Allerdings sehen Moskauer Menschenrechtler diese Videos als Beweismittel für die Willkür, mit der die Gerichte drakonische Strafen gegen Oppositionelle verhängen. Und in mehreren Fällen ignorieren die Richter die Aufnahmen gänzlich. Das gilt für Ustinow wie auch für den IT-Fachmann Konstantin Kotow, 34. Er bekam vier Jahre Straflager, weil er binnen 180 Tagen drei Mal bei nicht genehmigten Kundgebungen festgenommen worden war. Der Richter lehnte mehrere Videos der Verteidigung als Beweismaterial ab. Etwa die Aufnahme einer Überwachungskamera, die zeigt, wie man Kotow festnahm, 30 Sekunden, nachdem er die U-Bahn verlassen hatte, ohne gegen irgendetwas zu protestieren.

...



Aus: "Demonstrationen in Russland: Kein Videobeweis für Protestler" Stefan Scholl (18.09.19)
Quelle: https://www.fr.de/politik/polizeigewalt-russland-kein-videobeweis-protestler-13012614.html (https://www.fr.de/politik/polizeigewalt-russland-kein-videobeweis-protestler-13012614.html)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 26, 2019, 06:40:25 PM
Quote[...] Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat eine Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte als rechtmäßig bestätigt. Zwar greife die Pflicht zum Tragen eines Namensschildes oder einer Nummer in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Polizisten ein. Dieser Eingriff sei aber verfassungsgemäß, urteilte das Gericht. Es wies damit die Revisionen zweier Polizisten aus Brandenburg gegen vorherige Urteile des Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zurück.

Die Kennzeichnungspflicht stärke die Bürgernähe und Transparenz der Polizeiarbeit, führte das Gericht aus. Zum anderen ermögliche sie eine leichtere Aufklärbarkeit bei illegalem Handeln von Polizistinnen und Polizisten. Diese Aufklärungsmöglichkeit war für die Verwaltungsrichter auch entscheidend dafür, die Kennzeichnungspflicht bei Einsätzen in geschlossenen Einheiten, den sogenannten Hundertschaften, zu bestätigen. Durch eine mögliche Identifizierung der Beamten sei zudem gewährleistet, dass die Vielzahl rechtmäßig handelnder Beamter von Ermittlungen verschont bleibe.

Viele Beamte sehen sich dagegen einem unberechtigten Misstrauen und einem Generalverdacht ausgesetzt. Die klagenden Beamten sagten in der mündlichen Verhandlung, dass sie wegen der Namensschilder um ihre Sicherheit und die ihrer Familien fürchteten. Eine Kennzeichnungspflicht gibt es in einer ganzen Reihe von Bundesländern, darunter Sachsen-Anhalt, Thüringen, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz.

In Brandenburg gilt die Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte seit 2013. Vollzugsbedienstete müssen demnach ein Namensschild tragen, Kräfte in sogenannten geschlossenen Einheiten wie der Bereitschaftspolizei eine Nummer, anhand derer sie eindeutig identifiziert werden können.

Die Kläger, ein Polizeihauptmeister und eine Polizeiobermeisterin, sehen ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Das Tragen eines Namensschilds oder einer Nummer erhöhe die Gefahr von Angriffen auf die Polizisten. Es sei so leichter möglich, dass die Beamten und ihre Familien auch privat ausgespäht werden oder ihnen nachgestellt werden könne. Der Gewerkschaft der Polizei ist in Brandenburg allerdings kein solcher Fall bekannt.

Laut amtlicher Statistik wird wegen 2.000 Verdachtsfällen illegaler Polizeigewalt gegen rund 4.000 Polizisten im Jahr ermittelt. Eine Studie der Ruhr-Universität Bochum zur Erforschung von Körperverletzung im Amt geht allerdings davon aus, dass auf jeden bekannten Verdacht fünf Fälle kommen, die nicht angezeigt werden. Das Dunkelfeld läge demnach bei mindestens 10.000 mutmaßlichen Gewalttaten durch Polizisten pro Jahr.


Aus: "Bundesverwaltungsgericht: Kennzeichnungspflicht für Polizisten ist rechtmäßig" (26. September 2019)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2019-09/bundesverwaltungsgericht-kennzeichnungspflicht-polizisten-namensschild-urteil (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2019-09/bundesverwaltungsgericht-kennzeichnungspflicht-polizisten-namensschild-urteil)

Quotedof #2

"Die Kennzeichnungspflicht stärke die Bürgernähe und Transparenz der Polizeiarbeit."

Sehe ich auch so. Polizisten, die nicht identifizierbar sein wollen, finde ich bedenklich.


Quote
Midshipman #14

Für die Familien von Polizisten ein bedrohliches Urteil. Polizisten werden erpressbar, wenn ihre Familien gefährdet sind. Ihre Kinder und Partner sind sehr weiche Ziele.
Urteil aus dem juristischen Elfenbeinturm. Ich würde nicht mit Namenszug gegen Drogendealer, Nazis oder Clans ermitteln.


QuoteTanteEusebia #4

Solange der Klarname nicht erkennbar ist, sollte eine Kennzeichnung kein Problem sein.
Gerade in Ausübung eines Sonderrechts muss die Identität des Handelnden verifizierbar sein - wer Auto fährt, muss auch per Führerschein nachweisen, dass er dazu berechtigt ist.
Das Rechtsverständnis mancher Polizisten scheint verbesserungswürdig.


QuoteDietmar R. #5

Es sollte schon 'Waffengleichheit' zwischen Bürger und Vertretern der Exekutive herrschen, die den Bürger in Anspruch nehmen. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Entscheidung des Gerichts zu begrüßen.


QuoteG.M.V. #18

Die Polizei ist kein Geheimdienst. Dazu gehört, daß der Bürger seinen uniformierten Gegenüber identifizieren kann. Daher ein gutes Urteil.


...
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 01, 2019, 01:14:02 PM
Quote[...] Zeitgleich mit den Feierlichkeiten zu Chinas 70. Geburtstag sind in Hongkong am Dienstag Zehntausende für Demokratie und Menschenrechte auf die Straße gegangen. Im Anschluss kam es an mehreren Orten zu Zusammenstößen radikaler Demonstranten mit der Polizei. Aktivisten blockierten Straßen, warfen Pflastersteine, legten Feuer und warfen Brandsätze. Die Beamten setzen Tränengas, Schlagstöcke und Wasserwerfer ein.

Wie die Hongkonger Zeitung ,,South China Morning Post" berichtete, gaben Polizisten zudem mindestens zwei scharfe Warnschüsse ab. Ein Demonstrant soll nach Angaben der Zeitung von einem Polizeigeschoss in die Brust getroffen worden sein. Auch gegenüber dem TV-Sender ,,CNN" bestätigten Quellen den Vorfall.

Ob das Opfer ein Demonstrant oder ein Passant war, ist derzeit noch nicht geklärt. Rettungssanitäter versorgten den Mann vor Ort. Inzwischen hat die Polizei laut der Nachrichtenagentur AFP den Vorfall bestätigt. Auf Twitter kursieren Videos, die angeblich den Vorfall zeigen.

Nach Angaben eines Hongkonger Krankenhaus-Vertreters sind 15 Menschen an unterschiedlichen Orten verletzt worden, eine Person befindet sich demnach in kritischem Zustand.

Zu dem Vorfall zitiert CNN einen Polizeiverantwortlichen, der schon vor einigen Tagen davor warnte, dass die Polizei wohl bald scharfe Waffen einsetzen müsse, um sich zu verteidigen: ,,Unsere Kollegen sorgen sich, dass die Gewalt schon soweit außer Kontrolle ist, dass sie bald jemanden töten müssen, um nicht selbst zu sterben."

Beobachter erwarteten, dass sich die Ausschreitungen bis zum Abend noch verschärfen.

Die Demonstranten zogen trotz eines Verbots der Behörden durch die Straßen der chinesischen Sonderverwaltungszone. ,,Freiheit für Hongkong" riefen die zumeist schwarz gekleideten Demonstranten und stimmten die Hymne der Protestbewegung an. Auch an anderen Orten in der früheren britischen Kronkolonie mit ihren rund sieben Millionen Einwohnern kamen Demonstranten zu zunächst friedlichen Protestaktionen zusammen.

Zeitgleich hatten unter hohen Sicherheitsvorkehrungen am Morgen die Feierlichkeiten zum 70. Geburtstag der Volksrepublik China begonnen. Abgeriegelt von der Öffentlichkeit verfolgten geladene Gäste im Messezentrum der Stadt eine Zeremonie, die in die geschlossenen Räume übertragen wurde.

Eine Ehrengarde hisste die Nationalflagge an der goldenen Bauhinien-Statue, einem Wahrzeichen der Stadt. Zwei Helikopter mit einer großen chinesischen und einer kleineren Hongkonger Fahne flogen über den Hafen entlang der Hongkonger Skyline.

Die Demonstranten fordern eine unabhängige Untersuchung von Polizeigewalt bei den seit fünf Monaten andauernden Protesten, eine Amnestierung der mehr als 1500 bisher Festgenommenen, eine Rücknahme der Einstufung ihrer Proteste als ,,Aufruhr" sowie freie Wahlen.

,,Wir kämpfen für Freiheit und Demokratie", sagte ein Demonstrant namens Ramon. Die Kommunistische Partei gewähre den Menschen keine freien Wahlen, zudem würden Versammlungsfreiheit und Redefreiheit immer weiter eingeschränkt.

In Erwartung der Ausschreitungen hatten die Behörden bereits am Morgen einige Straßen und U-Bahn-Stationen in der Innenstadt gesperrt. Mindestens 6000 Polizisten hielten sich bereit, wie die ,,South China Morning Post" berichtete. Mehrere große Einkaufszentren und Hunderte Geschäfte in der Stadt blieben geschlossen; einige Hotels empfahlen ihren Gästen, sich in geschlossenen Räumen aufzuhalten.

Hongkongs bei der Protestbewegung verhasste Regierungschefin Carrie Lam verbrachte den Feiertag nicht in der Stadt. Gemeinsam mit einer großen Delegation war sie zu der großen Militärparade nach Peking gereist.

Hongkongs Behörden hatten einen für Dienstag geplanten großen Protestmarsch im Vorfeld untersagt. Die Demokratiebewegung hatte dennoch für den Tag mehrere Protestaktionen angekündigt. Schon bei Protesten am Wochenende war es in Hongkong wieder zu schweren Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten gekommen.

Seit der Rückgabe 1997 an China wird Hongkong mit einem eigenen Grundgesetz autonom regiert. Die Hongkonger stehen unter Chinas Souveränität, genießen aber - anders als die Menschen in der kommunistischen Volksrepublik - mehr Rechte wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit, um die sie jetzt fürchten. (dpa, , rtr Tsp)


Aus: "Polizisten feuern erstmals gezielt mit scharfer Munition auf Demonstranten" (01.10.2019)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/ausschreitungen-in-hongkong-polizisten-feuern-erstmals-gezielt-mit-scharfer-munition-auf-demonstranten/25073374.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/ausschreitungen-in-hongkong-polizisten-feuern-erstmals-gezielt-mit-scharfer-munition-auf-demonstranten/25073374.html)

Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 18, 2019, 12:17:13 PM
Quote[...] Santiago de Chile – Nach wochenlangen Protesten hat Chiles Präsident Sebastián Piñera am Sonntag erstmals die Polizeigewalt gegen Demonstranten verurteilt. Es habe eines "übermäßigen Einsatz von Gewalt" gegeben, sagte Piñera in einer im Fernsehen übertragenen Rede an die Nation. "Misshandlungen und Verbrechen wurden begangen, und die Rechte aller wurden nicht respektiert", sagte der Präsident und fügte hinzu, dass es für Polizisten die exzessive Gewalt angewendet haben keine Straffreiheit geben werde.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt in Chile in mehr als 1.000 Fällen wegen mutmaßlicher Misshandlungen durch Sicherheitskräfte. Die Vorwürfe gehen von Folter bis zu sexueller Gewalt.

Die teilweise gewaltsamen Proteste in dem südamerikanischen Land hatten Mitte Oktober begonnen. Die Demonstranten kritisieren die niedrigen Löhne, hohe Kosten für Bildung und Gesundheit sowie die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich.

Die Krise in Chile ist die schwerste seit der Rückkehr zur Demokratie im Jahr 1990. Bei den Unruhen wurden 22 Menschen getötet und Tausende verletzt. (APA, Reuters, 18.11.2019)


Aus: "Chiles Präsident verurteilt Polizeigewalt gegen Demonstranten" (18. November 2019)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000111183254/chiles-praesident-verurteilt-polizeigewalt-gegen-demonstranten (https://www.derstandard.at/story/2000111183254/chiles-praesident-verurteilt-polizeigewalt-gegen-demonstranten)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 18, 2019, 12:42:42 PM
Quote[...] Der Salzburger Landespolizeidirektor Franz Ruf wird ab nächster Woche im BVT nach dem Rechten sehen – und zwar im Auftrag von Innenminister Wolfgang Peschorn. Ruf könnte auf "brisante Dinge stoßen", hieß es hinter den Kulissen. Eine Rolle könnte dabei beispielsweise die ominöse "Observationseinheit" spielen, die unter der Amtszeit von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) eingerichtet wurde. Bei deren Aufbau sollen maßgeblich Kickls damaliger Generalsekretär Peter Goldgruber und BVT-Vize Dominik Fasching die Fäden gezogen haben.

Wie die Tageszeitung Österreich berichtet, sollen zehn FPÖ-nahe Polizisten in dieser Einheit tätig gewesen sein. Über etwaige Ziele ist nichts bekannt. Dem STANDARD sagte das Innenministerium vergangene Woche dazu, dass es sich bei den Ausfahrten der Observationseinheit "um keine eigenständigen, sondern ausschließlich um genehmigte Einsätze in Unterstützung für Fachreferate" gehandelt habe, die allesamt "durch den Rechtsschutzbeauftragten oder die Staatsanwaltschaft genehmigt und auch durch diese überprüft" worden waren.

Allerdings ist unklar, wie weit die Ministeriumsspitze selbst über Geschehnisse informiert ist. So lässt Peschorn auch das Bundesamt für Korruptionsbekämpfung (BAK) prüfen, weil Ermittler dort die Beschlagnahme von Journalisten- und Abgeordneten-Handys "anregten" – was die Justiz abgelehnt hat. Gleichzeitig will das Innenministerium ermitteln lassen, wie BVT-Interna an oe24.at gelangt sind – und welche Konsequenzen oe24.at drohen.

Peschorn plant jedenfalls Reformen. Künftig sollen Parteien – gemeint ist damit wohl vor allem die ÖVP – nicht mehr so einfach auf Postenbesetzungen im Verfassungsschutz Einfluss nehmen können. Das sagte Innenminister Wolfgang Peschorn im Ö1-Mittagsjournal, dem er ein ausführliches Interview zu den aktuellen Problemen im BVT gab. Um die soll sich nun der Salzburger Landespolizeidirektor Franz Ruf kümmern, der jedoch selbst als recht ÖVP-affin gilt. Ruf könnte im Amt auf "brisante Dinge" stoßen, hieß es hinter den Kulissen aus dem Innenministerium. (red, 17.11.2019)


Aus: "Verfassungsschutz: Weiter Rätselraten über ominöse Observationseinheit im BVT" (17. November 2019)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000111167470/weiter-raetselraten-ueber-ominoese-observationseinheit-im-bvt (https://www.derstandard.at/story/2000111167470/weiter-raetselraten-ueber-ominoese-observationseinheit-im-bvt)

Quote
Slušaj majku

Was sind " FPÖ-nahe Polizisten"? In einem Rechtsstaat sollte die Exekutive objektiv und neutral sein! Oder ist es wirklich jedem Politiker möglich, seine "eigene Truppe" zu bestellen, um parallel zu ermitteln? Inkl. Staatsanwaltschaft?? ...


Quote
sinnreich

wie nennt man das nochmal wenn man geheim, Polizisten die einem direkt unterstellt sind in den Staatsapparat einschleust?

Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 07, 2020, 10:31:07 AM
Quote[...] Menschen werfen Feuerwerkskörper auf Polizisten, ein Einkaufswagen brennt, junge Männer springen und treten auf Beamte ein, Herumstehende grölen "Haut ab, Ihr Schweine!", Polizisten gehen zu Boden. Aufnahmen aus dem Leipziger Stadtteil Connewitz zeigen eine Eskalation in der Silvesternacht, über die seitdem diskutiert wird.

Noch in der Nacht wurde ein Bereitschaftspolizist ins Krankenhaus eingeliefert und am Ohr operiert, mittlerweile wurde er wieder entlassen. Drei weitere Beamte wurden leicht verletzt. Vier Personen wurden festgenommen, die Staatsanwaltschaft Leipzig ermittelt wegen Mordversuch.

Seither streitet Deutschland, was genau in dieser Nacht passierte und wie gefährlich linke Militanz ist. FDP-Chef Christian Lindner äußerte sich, Sigmar Gabriel und auch die aktuelle SPD-Vorsitzende Saskia Esken. Der sächsische Ministerpräsident sprach von "linkem Terror", Sachsen Innenminister von einer "neuen Stufe linksextremer Gewalt". Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, warnte davor, dass sich im linken Spektrum "militante Strukturen nach dem Muster der Roten Armee Fraktion (RAF)" entwickeln würden.

Umstritten ist vor allem, was genau in jenen Minuten kurz nach Mitternacht wirklich geschah – und wie organisiert die Angriffe auf die Polizei verliefen. Die Polizei in Sachsen hatte noch in der Silvesternacht eine Pressemitteilung verschickt, in der es hieß, "eine Gruppe von Gewalttätern versuchte einen brennenden Einkaufwagen mitten in eine Einheit der Bereitschaftspolizei zu schieben". In einem Interview mit ZEIT ONLINE sprach der Leipziger Polizeipräsident Torsten Schultze von "einem geplanten und organisierten Angriff" einer Gruppe von 20 bis 30 Personen. "Die Angreifer kamen schnell und verschwanden danach sofort wieder in der Dunkelheit, in der Silvesterböllerei, im Rauch", sagte Schultze. Es handele sich um Verbrecher und "Unmenschen".

ZEIT ONLINE liegt nun ein Video der entscheidenden Szenen der Silvesternacht in Leipzig-Connewitz vor. Es ist nur knapp eine Minute lang, dokumentiert aber die Schlüsselmomente vor, während und nach der Verletzung des Beamten. Es zeigt allerdings ein deutlich differenzierteres Bild, als das bisher von der Polizei gezeichnete. Der Autor oder die Autorin ist der Redaktion nicht bekannt, ZEIT ONLINE hat aber anhand von Augenzeugenberichten, Vor-Ort-Besichtigungen in Connewitz und weiterem Video- und Fotomaterial aus der Nacht aus unterschiedlichen Quellen, die Echtheit des kurzen Films verifiziert.

Das Video zeigt die Szene gegen 0.15 Uhr in der Nacht, als der 38-jährige Polizist im Einsatz am Connewitzer Kreuz angegriffen wird, sein Bewusstsein verliert und von Kollegen abtransportiert werden muss. Die Situation ist unübersichtlich, es ist laut, Raketen fliegen. Durch die Lichtverhältnisse ist nicht immer sofort erkennbar, wer Polizist ist und wer Zivilist. Relativ klar zu sehen ist jedoch, dass es keinen orchestrierten Angriff einer großen Gruppe Linksextremisten auf die später verletzten Polizisten gab.

An dem Abend waren drei Hundertschaften der Polizei, also 250 Beamte, im als links geprägt geltenden Stadtteil Connewitz im Einsatz. An dieser Stelle haben laut Polizei über tausend Menschen in das neue Jahr gefeiert. Unter ihnen sind bürgerliche Anwohner, Partytouristen, auch eine Spaßfraktion von Die Partei, bestätigen Augenzeugen und zeigen weitere ZEIT ONLINE vorliegende Videoaufnahmen. Einige Anwesende sind vermummt und tragen schwarze Pullover und Hosen, und zählen offenkundig zum autonomen Spektrum. Einige so gekleidete Männer greifen Beamte an. Zu sehen sind Feuerwerksraketen, die auf Polizisten abgefeuert werden, Tritte gegen einzelne Polizisten und mindestens ein Wurf mit einem unbekannten Gegenstand, womöglich einem Stein. Ein Mann schubst einen Polizisten zu Boden, der aber wieder aufstehen kann.

Auch ein brennender Einkaufswagen ist zu sehen, der mit Pappe wie ein Polizeifahrzeug dekoriert ist. Jedoch wird der Einkaufswagen von einem Beteiligten auf dem Platz eher von den Beamten weg- als auf sie zu geschoben. Wenig später steht er entfernt von den angegriffenen Polizisten und spielt in dieser Situation offenbar eine untergeordnete Rolle. In einer Pressemitteilung hatte die Polizei angegeben, eine "Gruppe von Gewalttätern" habe versucht, den Einkaufwagen "mitten in eine Einheit der Bereitschaftspolizei zu schieben".

Das LKA Sachsen erklärte nach der Silvesternacht, die Täter hätten den verletzten Beamten Helme vom Kopf gerissen, um massiv auf diese einzuwirken. Diese Darstellung gilt als ein Grund dafür, dass die Staatsanwaltschaft das Geschehen zum versuchten Mord hochstufte. Der Polizeipräsident schilderte in dem Interview mit ZEIT ONLINE die Schlüsselszene so: "Wir wissen auch noch nicht genau, was mit dem Helm des schwer verletzten Kollegen passiert ist. Wir gehen davon aus, dass der Helm von seinem Kopf gerissen wurde."

In dem nun vorliegenden Film sieht es hingegen so aus, als ob mehrere Polizisten von Anfang der Festnahme eines Beschuldigten an ohne Helme agiert haben. Schon zu Beginn dieser gefährlichen Situation trägt etwa einer der Beamten seinen Helm in der Hand und nicht auf dem Kopf. Unklar bleibt, warum der Beamte sich in dieser gefährlichen Gemengelage nicht am Kopf schützt. Womöglich sind bei der Polizei die Schilderungen verschiedener Beamter durcheinandergegangen. Die Polizeidirektion Leipzig hat sich auf Anfrage von ZEIT ONLINE bislang nicht geäußert. Die ermittelnde Sonderkommission Linksextremismus (Soko LinX) teilte mit, dass sie wegen des laufenden Verfahrens "diverse Thesen und Interpretationen" nicht kommentieren wird.

Zuvor hatte die Polizei aufgrund von Recherchen der tageszeitung bereits eingeräumt, dass der verletzte Beamte im Krankenhaus nicht "notoperiert werden musste", wie sie zunächst mitgeteilt hatte. Die taz hatte im Krankenhaus recherchiert, dass es zwar einen Eingriff an der Ohrmuschel des Polizisten gab, er jedoch nicht unter Lebensgefahr stand und es keine Notoperation gab.

Noch offen ist, ob die Ermittlungen von der Staatsanwaltschaft nun auf gefährliche Körperverletzung heruntergestuft werden. Seit Tagen ermittelt die Soko LinX in der Sache. Noch in der Nacht der Eskalation wurden die Ermittlungen schon vier Stunden nach den Ereignissen an die Sondereinheit des Landeskriminalamts Sachsen übergeben. Eine ungewöhnlich schnelle Übertragung an eine Fachabteilung in einer Situation, in der noch nicht viele Informationen über Beschuldigte und Situation vorgelegen haben konnten.


Aus: "Angriff in Connewitz war offenbar nicht orchestriert" Christian Fuchs, Aiko Kempen und Edgar Lopez, Leipzig (6. Januar 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-01/leipzig-connewitz-silvester-angriffe-polizist-video/komplettansicht (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-01/leipzig-connewitz-silvester-angriffe-polizist-video/komplettansicht)

QuoteEagleEmpire #6

Ich empfinde es beschämend, wie hier die staatliche Autorität in Zweifel gezogen wird. Die Polizei hält jeden Tag unter Lebensgefahr den Kopf für uns hin - Muss man da wirklich in akribischer Kleinstarbeit jeden Stein zweimal umdrehen nur um die Polizei in ein schlechtes Licht zu rücken?


QuoteAnsgarRagentor #6.6

Bitte kennzeichnen Sie Sarkasmus. Danke.


QuotePietro Piscovic #6.7

Wenn bewusst gelogen wird um Stimmung zu machen bzw seitens der Polizei eine bestimmte Agenda verfolgt wird muss jedes Molekül auseinandergenommen werden.
Es geht hier um nichts geringeres als eine Institution, der wir sehr weitreichende Befugnisse, wie das Gewaltmonopol eingeräumt haben.
Sollte eigentlich für jeden Staatsbürger eines Demokratischen Landes eine Selbstverständlichkeit sein.


QuoteOakman #1

Erst wurde aus ein paar Stichen am Ohr unter örtlicher Betäubung eine "Notoperation" jetzt kommt, heraus, dass die Gesamtdarstellung der Lage offensichtlich falsch war.
Völlig egal gegen oder für was es geht - ich will einem Polizeibericht vorbehaltlos glauben können. Das dazu notwendige Vertrauen wurde nur leider in den letzten Jahren sehr nachhaltig ramponiert.


QuoteSebastian Müller-Schmidt #1.4

Man sollte einem Polizeibericht niemals vorbehaltlos glauben wollen, insbesondere dann nicht, wenn die Polizei zu den Beteiligten gehört.


Quoterudolf s #1.8

"ich will einem Polizeibericht vorbehaltlos glauben können."

Das wird vermutlich nie der Fall sein. Es wird Zeit das endlich unabhängige demokratische Instanzen zur Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Polizeieinsätzen geschaffen werden. Erst seit es den Menschen möglich ist, durch private Videoaufnahmen übers Handy das Vorgehen der Polizei zu filmen, wird überhaupt mal irgendwas aufgedeckt


Quotefennek #1.9

Als ehemaliger Leipziger, der auch noch 8 Jahre in Connewitz gewohnt hat, muss ich allerdings schreiben, dass mich dies letztlich nicht überrascht. Man weiss in Sachsen woher der Wind der Staatsmacht weht, es gab auch in der ZEIT verschiedene Artikel zum Thema.

Dass in den ursprünglichen Artikeln die Kommentare Zeter und Mordio (der arme Polizist "Familienvater" gegen den "Linksextremisten") schrien war für mich surreal. Ich wollte laut "Fake News" schreien...

Vor dem Hintergrund stetiger Forderungen nach mehr Überwachung des Souveräns bin ich der Meinung man sollte doch lieber die Exekutive besser überwachen, auch an anderen Konflikten zwischen Protestierenden und Polizei gehen die Darstellungen stets weit auseinander (mit den o.g. Fronten) und nicht immer gibt es Handyvideos, die der Redaktion vorgelegt werden können.


QuoteRecycler #1.30

Ich weiß nicht, warum überhaupt diskutiert wird: "Einige Anwesende sind vermummt und tragen schwarze Pullover und Hosen, und zählen offenkundig zum autonomen Spektrum. Einige so gekleidete Männer greifen Beamte an. Zu sehen sind Feuerwerksraketen, die auf Polizisten abgefeuert werden, Tritte gegen einzelne Polizisten und mindestens ein Wurf mit einem unbekannten Gegenstand, womöglich einem Stein. Ein Mann schubst einen Polizisten zu Boden, der aber wieder aufstehen kann."

Das alles hat die Polizei hinzunehmen oder wie? Als sei es völlig normal, dass an Silvester der Mob tobt. Da wurden Körperverletzungen am laufenden Band begangen und dann soll die Polizei auch noch bei einem brennenden Einkaufswagen die Ruhe bewahren und der einzelne Polizist muss erkennen, dass er nicht vom Einkaufswagen getroffen werden wird? Und dann haben einige User hier und vor allem leider auch einige Politiker die Dreistigkeit sich hinzustellen und zu behaupten, die Polizei wäre maßlos vorgegangen. Ich kann es manchmal echt nicht fassen, was scheinbar in den Köpfen einiger vorgeht hinsichtlich Gewalt...


QuoteErikS83 #1.31

Es geht hier nicht um Verharmlosung, es geht um objektive Berichterstattung der Polizei.
Keiner hat die Taten der Linksextremen in Schutz genommen.

Wenn ich aber lese, dass der Helm vom Kopf getreten wurde (hat der Polizeipräsident gesagt) und es stellt sich heraus, der Beamte hatte gar keinen Helm an, dann frage ich mich schon, warum meldet sich der Polizeipräsident zu Wort?
In seinem Interview hier bei der Zeit hat er sehr oft den Konjunktiv benutzt...das darf man nicht machen. Das ist Bildzeitungs-Niveau.


QuoteCheee #1.17

Die Aussagen der Polizei waren offensichtlich an vielen Stellen deutlich übertrieben bzw. falsche Informationen. Da liegt der Verdacht nahe, dass man eine Debatte anschieben und die Medien bereits im Vorfeld beeinflussen wollte. Was im Endeffekt auch passiert ist, wenn man die Berichterstattung ansieht, in der Teilweise von einem gezielten Mordanschlag und einer neuen RAF fabuliert wurde. Das ist absolut unredlich und erweist der Polizei im Endeffekt eine Bärendienst.

Man muss allerdings auch sagen, dass hier einige Personen die Polizei gezielt angegangen haben. Es gab eindeutig zwei Tritte gegen den bereits am Boden liegenden Beamten. Einer der Tritte hat offensichtlich (ob gezielt oder nicht, lässt sich schwer beurteilen) den unbehelmten Kopf getroffen. Das ist gefährliche Körperverletzung und kann hundertfach glimpflich abgehen, im schlimmsten Fall aber auch schwere Verletzungen bis hin zum Tod zur Folge haben. Egal wie aufgeheizt die Situation ist, sowas darf man nicht herunterspielen und gehört klar verurteilt. Die Polizei hat zurecht das Gewaltmonopol.

Das schlimmste an der Sache ist aber, wie die Debatten verlaufen. Alle Beteiligten versuchen ein Geschehen, von dem bisher kaum etwas bekannt ist, in ihrem Sinne auszuschlachten. Man nimmt sich immer die vermeintlich bekannten Infos, die das eigene Narrativ stützen und schreit sie in die Welt hinaus. Was nicht passt, lässt man einfach unter den Tisch fallen. Es geht nur darum den (eingebildeten) Gegner zu bekämpfen.


QuoteJedermanno
#1.35  —  vor 15 Stunden
18

Ich finde den Umgang der sächsischen Polizei mit diesem Vorfall extrem bedenklich.

Hier werden Unwahrheiten verbreitet, offenbar planvoll.
Hier agieren Teile von Behörden, die das Gewaltmonopol in diesem Land innehaben, politisch.
Hier soll die Wahrnehmung der Öffentlichkeit auf eine Weise beeinflusst werden, die offenbar einem angenommenen politischen Gegner schaden soll.
Hier wird ein Opfernarrativ aufgebaut, das ... an den "Kantholz"-Vorfall des AfD-Politikers erinnert.
Hier springen der Behörde Funktionäre und Politiker offenbar reflexartig mit schieren Verbalentgleisungen zur Seite bevor das ganze auch nur halbwegs sachlich und objektiv aufgearbeitet wurde.

Und das ist ja nun weißgott nicht der erste Vorfall dieser Art, dieser Behörden. Es ist ein weiterer in einer sehr langen Reihe von sehr bedenklichen Auswüchsen über die letzten Jahre, deren Spitze das immer noch nicht aufgearbeitete Versagen der betroffenen Behörden beim Umgang mit dem NSU war, aber eine Liste ist, die sich beinahe verstörend beliebig verlängern lässt.

Das bereitet mir Sorgen, mehr als das sogar. Und ich habe leider wenig Vertrauen in den Willen der zur Zeit dafür zuständigen Stellen, da so genau hinzusehen, wie es angebracht wäre.


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Quote[...] In Leipzig brauchte es drei Tage, bis aus einem Angriff einer Gruppe von Gewalttätern in der Silvesternacht auf Polizisten ein Desaster der Krisenkommunikation geworden war. Am 3. Januar musste die Polizei eingestehen, dass ein verletzter Beamter nicht wie behauptet notoperiert worden war (und damit auch nicht, wie insinuiert, in Lebensgefahr geschwebt hatte, was einige Medien zu Zeilen wie "Chaoten wollten Polizisten töten" getrieben hatte). Und nun, eine Woche später, zeigt ein Video, das ZEIT ONLINE exklusiv vorliegt, dass auch die Darstellung der Polizei, einem Beamten sei der Helm vom Kopf gerissen worden, nicht haltbar ist. Auch ist zu sehen, dass es wohl keinen orchestrierten Angriff einer großen Gruppe auf die Polizisten gab. 

Es mag nach Detailfragen klingen, doch der Leipziger Fall verweist auf ein bundesweites Problem von Polizeibehörden. In Berlin dauerte es im Sommer 2017 sogar nur einen Tag, dann hatte sich die "Lebensgefahr für unsere Kolleg." als Falschmeldung entpuppt. Die Polizei musste richtigstellen: Der Türknauf, den die Polizisten während eines Einsatzes in einem besetzten Haus in der Friedelstraße fotografiert hatten, war keineswegs "unter Strom" gesetzt worden. Das aber hatten die Beamten auf dem offiziellen Twitter-Account behauptet – und entsprechend großes Entsetzen in der Öffentlichkeit hervorgerufen.

Ganz ähnlich behauptete die Aachener Polizei 2018 während der Räumung des Hambacher Forsts, sie sei auf "Fallen" gestoßen: Sie twitterte Fotos eines mit Beton gefüllten Kübels im Wald, der "mittels einer Drahtseilkonstruktion" in die Höhe gezogen worden sei. "Beim Auslösen der Falle, fällt der Eimer in die Tiefe. Es besteht Lebensgefahr für alle", hieß es. Tags darauf korrigierte sich die Pressestelle nach zahlreichen Hinweisen darauf, dass der Eimer wohl eine Verankerung für ein Kletterseil gewesen sei, und sprach nur noch von der Möglichkeit, der Eimer hätte hochgezogen werden können. Aus der Lebensgefahr war reines Kopfkino geworden.

Doch eine Polizei, die öffentlich vor sich hin spekuliert oder sogar Lügen verbreitet, ist aus zwei Gründen eine Katastrophe.

Sie macht sich zunächst einmal unglaubwürdig. Wenn die Polizei – vielleicht als Gegengewicht zur Echtzeitkritik in sozialen Netzwerken – dazu übergeht, ihre eigenen Meldungen nicht gründlich zu prüfen – wer sollte sich dann darauf verlassen oder ihnen auch nur besonderen Wert beimessen? Für uns Medien ist es höchste Zeit (und auch absolut richtig) sich auf Polizeimeldungen nicht mehr als "privilegierte Quelle" zu verlassen, deren Informationen ungeprüft verwendet werden können. Das ist erst mal unproblematisch.

Doch es verändert auch die Wahrnehmung der Polizei in der Öffentlichkeit. So verkommt die offizielle Darstellung der Behörde zu nur mehr einer von vielen Versionen von Augenzeugen, Aktivistinnen und Hetzern, die behaupten: So oder so ähnlich könnte es gewesen sein. Ein weitere Stimme, die ihre Version ins Netz raunt. Das schadet dem Ansehen der Behörde als Ganzes und vor allem all jenen Beamtinnen und Beamten, die auf der Straße ihren Job machen sollen.

Und zweitens stellt sich die Polizei mit solchen Falschmeldungen selbst eine Falle. Viele unterstellten den Polizeipressestellen, die Öffentlichkeit bewusst täuschen zu wollen. Dafür gibt es im Fall von Connewitz bisher keinen Beleg. Doch selbst wenn die Beamten nur glaubten, hektisch reagieren zu müssen, und deshalb ungeprüfte Meldungen verbreiteten, geht diese überstürzte Reaktion nun nach hinten los.

Denn nach der anfänglichen Skandalisierung der Gewalt bleibt der Eindruck hängen, so schlimm sei es ja nicht gewesen. Die Polizei übertreibe eben gern. Dabei ist auf dem Video der Silvesternacht durchaus zu sehen, dass dort Leute Polizisten bewerfen und einen am Boden liegenden treten. Doch die Aufmerksamkeit für die Frage, was eigentlich in einem Stadtteil los ist, in dem Polizei und Bewohner mit Ansage so eskalieren, verpufft.

Bundesinnenminister Horst Seehofer sagte am 2. Januar, ein starker Staat sei nur mit starken Polizei- und Einsatzkräften möglich. Er forderte, "geschlossen hinter unseren Polizeibeamten" zu stehen, die sich "jeden Tag aufs Neue für unsere Sicherheit einsetzen". Mit jeder Falschmeldung der Polizei wird das ein wenig unwahrscheinlicher.


Aus: "Die Polizei stellt sich selbst Fallen" Ein Kommentar von Frida Thurm (6. Januar 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-01/connewitz-leipzig-polizei-video-falschmeldung-kommentar (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-01/connewitz-leipzig-polizei-video-falschmeldung-kommentar)

QuoteAbstraktionsprinzip #18

Fakt ist, an Silvester haben sich dutzende Proleten daneben benommen und Polizisten angegriffen, beleidigt, beworfen und Raketen und Böller auf die Beamten losgelassen. Und was macht die Zeit? Berichtet 24/7 darüber, dass die Polizei Fehler macht. Wo liegt hier der Fehler?

Uns geht es allen so gut, dass manche von uns vergessen, was für ein Segen ein funktionierender Rechtsstaat ist. Da kann es nicht angehen, dass in den Augen vieler der eigentliche Skandal - das Verhalten der Feiernden gegenüber der Polizei (gut zu sehen auf dem Video des anderen Posts) - von der ZON überschattet wird mit vermeintlichen Fehlern der Polizei.

Priorität falsch gesetzt!


QuoteSøren Wasaknust #18.1

Man kann das eine thematisieren, ohne das andere zu ignorieren.


QuoteAsa Foetida #18.2

Sie sagen es doch selber:"was für ein Segen ein funktionierender Rechtsstaat ist..."
In dem hier besprochenen Fall wurde der Rechtsstaat konterkariert. ...


QuoteTextdarwinist #42

Irgendwie verstehe ich da was nicht.
Linke Randalierer machen Ärger und greifen Polizisten an.
Und hier wird über das Verhalten der Polizei diskutiert?
Deutschland 2020. Nur noch abstrus.


QuoteKangarooster #42.1

Stimmt, Sie verstehen das Problem wirklich nicht.


QuoteBasil_Faulty #14

"Für uns Medien ist es höchste Zeit (und auch absolut richtig) sich auf Polizeimeldungen nicht mehr als "privilegierte Quelle" zu verlassen, deren Informationen ungeprüft verwendet werden können. "

Es ist höchste Zeit, das junge Journalisten in ihrer Ausbildung lernen, dass keine Quelle als unfehlbar und ehrlich betrachtet werden soll - nicht mal die eigene Regierung oder Ministerien.



QuoteSchreckhafte Tapete #56

... Fake News gibt nun mal von allen Seiten, nicht nur von den ,,bösen". Auch wenn es gerne anders suggeriert wird. Ich verstehe sowieso nicht, was die Polizei geritten hat, als sie damit begann sich als Presseportal zu sehen und Newsseiten, FB und Twitterkanäle zu betreiben. Das ist nicht Aufgabe der Polizei.


QuoteÖlsparer #9

Ja, traurig, dass es fast schon so Zustände gibt, wie in manchen merkwürdigen Staaten. Vermutlich gibt es einen Grund dafür. Auch die Polizei hat inzwischen Mitglieder, die nur auf dem Papier zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung zustimmen.


QuoteSörenFinnKevinCataleyaChantal2.0 #20

... Ja in Anwaltskreisen ist es ja ein offenes Geheimins, dass Polizisten sich durch Aussagen oft gegenseitig decken und diese Aussagen scheinbar oft nicht mit dem zusammenpassen wollen, was Zivilisten gesehen haben - und bei Law & Order Richtern damit durchkommen. Je öfter ein Polizist damit durchkommt, desto schlechter ist das für den Rechtsstaat - der gleiche Rechtsstaat den Polizisten eigentlich verteidigen sollen.


QuoteJoAusOwl #59


Ich habe nichts dagegen, wenn Polizei über Internet informiert. Allein, sie sollte bei der Wahrheit bleiben ...


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Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 12, 2020, 12:58:35 PM
Quote[...] Jeden Tag werden in der Hauptstadt im Schnitt 19 Polizistinnen und Polizisten Opfer einer Gewalttat. Solche Taten gegen Beamte summierten sich 2019 auf fast 7000, wie Polizeipräsidentin Barbara Slowik der Deutschen Presse-Agentur sagte.

Das sei gegenüber dem Vorjahr ein leichter Anstieg gewesen. Zudem würden ihre Kolleginnen und Kollegen immer wieder beleidigt, bedroht und beschimpft. Es sei unfassbar.
Gewalt zu erfahren, sei belastend, sagte Slowik. ,,Deshalb ist es mir wichtig, möglichst viel zu tun, um diese Belastung aufzufangen", betonte die Polizeipräsidentin.
Es gehe um Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Körperverletzung und tätliche Angriffe. Wer so etwas erleben müsse, werde unterstützt.

Zu den Hilfen gehöre eine Hotline, an die sich jeder angegriffene Beamte wenden könne, so die Polizeipräsidentin. Neben unmittelbarer psycho-sozialer Unterstützung werde bei Versicherungsfragen oder der Meldung von Dienstunfällen geholfen. Das seien Punkte, die Betroffene nicht immer sofort vor Augen hätten, die aber wichtig seien.

Zuletzt hatten in der Silvesternacht aggressive Gruppen junger Männer Böller auf Polizisten, Feuerwehrleute und Passanten geworfen.

In der Rigaer Straße in Berlin-Friedrichshain mit einst besetzten Häusern werden seit Jahren Polizisten attackiert. Auch am 1. Mai fliegen Steine und Flaschen gegen die Frauen und Männer in Uniform. (dpa)


Aus: "Pro Tag werden in Berlin knapp 20 Polizisten angegriffen" (12.01.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/gewalt-gegen-einsatzkraefte-pro-tag-werden-in-berlin-knapp-20-polizisten-angegriffen/25424172.html (https://www.tagesspiegel.de/berlin/gewalt-gegen-einsatzkraefte-pro-tag-werden-in-berlin-knapp-20-polizisten-angegriffen/25424172.html)

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Quote[...] Johann Kühme, der Polizeipräsident von Oldenburg, wird einem Bericht zufolge nach seiner Kritik an AfD-Politikern mit dem Tode bedroht. Er erhielt am 16. November 2019 eine E-Mail, in der ein Unbekannter Kühme drohte, ihn zu erschießen, schreibt der Spiegel.

"Nicht heute, nicht morgen, denk einfach an Lübcke", soll es unter Bezug auf den ermordeten Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke in der Nachricht heißen. Kühme hatte zuvor öffentlich gesagt, er sei entsetzt und schäme sich, "wenn Bundestagsabgeordnete der AfD muslimische Mitbürgerinnen und Mitbürger als Kopftuchmädchen und Messermänner bezeichnen oder die Nazi-Gräueltaten als Vogelschiss in der deutschen Geschichte verharmlosen". Solche Äußerungen kam von den AfD-Spitzenpolitikern Alice Weidel und Alexander Gauland.

Der Drohung sollen Beschimpfungen Kühmes unter anderem auf einer Facebook-Seite der niedersächsischen AfD-Fraktion vorangegangen sein. Die Polizei nehme die Mail sehr ernst, hieß es. Staatsschützer erstellten eine Gefährdungsanalyse für den Beamten. "Die polizeilichen Maßnahmen wurden angepasst", teilte die Behörde mit.

"Ich werde meine Haltung nicht ändern", sagte Kühme dem Spiegel. "Die Morddrohung wird mich nicht davon abhalten, die Entgleisungen auch von einzelnen AfD-Politikern anzuprangern."


Aus: "Polizeichef wird nach Kritik an AfD mit dem Tode bedroht" (10. Januar 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-01/johann-kuehme-polizeichef-oldenburg-afd-morddrohung (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-01/johann-kuehme-polizeichef-oldenburg-afd-morddrohung)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 01, 2020, 11:39:50 AM
Quote[...] Tödliche Polizeieinsätze - Tödliche Polizeischüsse Die taz hat in einem Rechercheprojekt die Toten durch Polizeischüsse zwischen 1990 und 2017 gezählt und zusammengetragen. Es waren insgesamt 269 Menschen. Bei mehr als der Hälfte der Getöteten spielten psychische Erkrankungen eine Rolle.

Neptunbrunnen & Co. Der jüngste Berliner Fall ist der von Maria B., der bekannteste der vom Neptunbrunnen (siehe Text). Ein Videomitschnitt davon löste eine Debatte über den polizeilichen Umgang mit psychisch Erkrankten aus, seitdem gibt es mehr Fortbildungen. Trotzdem kam es danach zu ähnlichen Fällen.

Januar 2017: Ein 25-Jähriger in Hohenschönhausen ist offenbar suizidal und verletzt sich selber. Daraufhin bricht die Polizei die Tür auf. Der Mann geht mit einem Messer auf die Beamten zu. Drei Polizisten erschießen ihn.

September 2016 Die Polizei erschießt einen Iraker vor einer Flüchtlingsunterkunft, nachdem dieser sich mit einem Messer einem inhaftierten Mann in einem Polizeiauto genähert haben soll. Die eingestellten Ermittlungen muss die Staatsanwaltschaft wiederaufnehmen, nachdem ein Klageerzwingungsverfahren erfolgreich ist. Der Fall ist noch immer nicht abgeschlossen.

September 2015: Ein offenbar verwirrter verurteilter Islamist greift Passanten mit einem Messer an. Als er eine eintreffende Polizistin attackiert, erschießt ihr Kollege den Mann und trifft dabei auch die Kollegin. (gjo)

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Nicht mehr als drei Sätze war der Polizei der Tod von Aristeidis L. wert: ,,Der am 27. Dezember 2018 während eines Polizeieinsatzes bewusstlos gewordene Mann ist heute in einem Krankenhaus verstorben", heißt es in der kurzen Polizeimeldung vom 12.1.2019. Dies hätten Ärzte aus dem behandelnden Klinikum in Neukölln mitgeteilt. Die Ermittlungen zum genauen Geschehen würden vom Landeskriminalamt geführt und dauerten an.

Das letzte, was L. als freier Mensch von Berlin gesehen hat, war die Filiale einer Bäckerei-Kette in Tempelhof. Der 36-jährige Grieche kollabierte in Polizeigewahrsam, als mehrere Einsatzkräfte ihn in eine Zelle der Gefangenensammelstelle Süd bringen wollten. Nach Berlin war L. gekommen, um Silvester zu feiern. Den Jahreswechsel erlebt er nicht mehr bei Bewusstsein.

Sein Tod bleibt eine Randnotiz ohne großen medialen Widerhall. Zwar greift die Deutsche Presseagentur die Meldung auf, aber wie die Ermittlungen enden, wird niemals berichtet – weder von der Polizei noch von Medien.

Jetzt, knapp eineinhalb Jahre später, deuten Recherchen der taz darauf hin, dass die Beamt:innen womöglich grobe Fehler machten – der Verdacht der fahrlässigen Tötung steht im Raum, auch wenn das zugehörige Verfahren längst eingestellt ist. Das legen eine Rekonstruktion der Hergänge und die Einschätzung des renommierten Kriminologen Thomas Feltes nahe, der selbst Rektor einer Polizeischule war und schon länger systematisches Fehlverhalten der Polizei kritisiert.

Der Fall von L. zeigt zudem einmal mehr Schwächen bei der Strafverfolgung von Polizist:innen: Die zuständige Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren wegen fahrlässiger Tötung gegen die beteiligten Beamt:innen nach nur zwei Monaten im März 2019 ein. Einwände und Beschwerden der Hinterbliebenen wurden abgewiesen. Wie so häufig, wenn Polizist:innen tatverdächtig sind, kam auch in diesem Verfahren nur wenig heraus, als Beamt:innen gegen ihre Kolleg:innen ermittelten. Den Einsatzkräften sei strafrechtlich nichts anzulasten, heißt es von der Staatsanwaltschaft – obwohl nicht einmal alle Beteiligten des Vorfalls vernommen wurden.

Die Hinterbliebenen von L. wollen sich nicht damit abfinden, dass ihr Sohn und Bruder bei seinem Berlinbesuch unter ungeklärten Umständen starb. Bis heute wollen sie herausfinden, wie das genau geschah. Die Mutter sagt: ,,Die Sache ist in einer Schublade gelandet. Es ist absolut nichts passiert und keiner zeigt sich verantwortlich." Der Bruder des Opfers trat im Verfahren als Nebenkläger auf. Alle Einwände, die er über seine Berliner Rechtsanwältin Vasiliki Siochou einbrachte, scheiterten jedoch auf juristischem Wege.

Doch was lässt sich rekonstruieren aus dem, was bekannt ist über den Tod von Aristeidis L.? Dass der Polizeieinsatz kein leichter war, ist unstrittig. Das verrät bereits der Anhang der unscheinbaren Polizeimeldung, in der das Ereignis aus Polizeisicht geschildert wird. Darin heißt es etwas ungenau: Am Nachmittag des 27. Dezember 2018 hätten Einsatzkräfte einen äußerst aggressiven und randalierenden Mann fesseln müssen und dabei Pfefferspray eingesetzt. Drei bis vier Beamte hätten den 36-Jährigen mit freiem Oberkörper in der Bäckerei angetroffen und große Mühe gehabt, den um sich tretenden und schlagenden Mann in einen Gefangenentransporter zu bringen. Während der Fahrt hätte der Mann mehrfach seinen Kopf gegen die Scheibe des Polizeifahrzeuges geschlagen.

Im Polizeigewahrsam sei er den Polizist:innen nach dem Öffnen der Tür dann entgegengesprungen. Die hätten Pfefferspray eingesetzt, um weitere Angriffe zu vermeiden. Mehrere Dienstkräfte hätten den weiter um sich tretenden Mann in den Gewahrsam tragen wollen. Dabei sei er dann kollabiert. In der Polizeimeldung heißt es wörtlich: ,,Nach Aussagen der Beteiligten verlor der Festgenommene plötzlich das Bewusstsein, sodass ein Arzt aus dem Gewahrsam hinzueilen musste, um den Mann bis zum Eintreffen eines alarmierten Notarztes zu reanimieren. Der 36-Jährige kam zur weiteren intensivmedizinischen Behandlung in ein Krankenhaus."

Nicht in der Polizeimeldung steht das, was die Hinterbliebenen dank Nebenklage und Akteneinsicht erfahren: L. war unbewaffnet und sah sich neun Polizeibeamt:innen und mindestens vier weiteren Wachpolizisten in der Gefangenensammelstelle gegenüber. Vor der Bäckerei legten sie ihm zunächst Handschellen an, später im Polizeigewahrsam verpassen ihm die Einsatzkräfte zusätzlichen noch Fußfesseln.

Zum Zeitpunkt seines Kollaps war L. also an Händen und Füßen gefesselt. Vier Einsatzkräften drückten ihn zudem in einem Fahrstuhl in Bauchlage auf den Boden – bis er erstickte. Eine Fixierung auf dem Bauch kann zum lagebedingten Erstickungstod führen, wenn sie zu lange dauert. Polizeibeamt:innen lernen das in der Ausbildung und dürfen entsprechend niemanden zu lange in Bauchlage fixieren. Genau das könnte hier aber passiert sein.

Hinzukommt, dass ein Polizeibeamter kurz zuvor dem Verstorbenen Pfefferspray ins Gesicht gesprüht hatte. Der Reizstoff kann insbesondere bei Menschen mit Vorerkrankungen, in psychischen Ausnahmesituationen oder unter Drogeneinfluss tödlich sein. Darüber gibt es seit Jahren Berichte und wissenschaftliche Gutachten. Weil Pfefferspray eben keine harmlose Zwangsmaßnahme ist, darf etwa die Bundeswehr bei einem Auslandseinsatz im Kriegsgebiet kein Pfefferspray einsetzen. Reizstoffe wie diese sind nach den Genfer Protokollen international als Kampfmittel geächtet. In Deutschland setzt die Polizei es dennoch häufig und oftmals unvorsichtig ein.

Und noch mehr weist auf Fehlverhalten der beteiligten Einsatzkräfte hin: L. habe sich in einem psychischen Ausnahmezustand befunden, wie die Anwältin Siochou seines klagenden Bruders sagt: ,,Er war psychisch vorbelastet und in einem manischen Zustand. Obendrein hatte er Drogen konsumiert." Cannabis, Kokain und Opiate wurden in L.s Blut gefunden. Er befand sich also genau in dem Zustand, in dem Pfefferspray tödlich sein kann.

Dank ihrer Akteneinsicht weiß Siochou auch, dass es während des Einsatzes zahlreiche Hinweise auf eine psychische Erkrankung L.s gab. Er hatte sich bis auf seine Hose ausgezogen, randalierte und schimpfte. Eine Mitarbeiterin der Bäckerei hatte daraufhin die Polizei gerufen und Anzeige wegen Hausfriedensbruch erstattet. Als die Beamt:innen den Laden betraten, saß L. halbnackt auf einer Bank. Nach ihrem Eintreffen zogen zwei Beamte ihn an seinen Armen aus dem Laden. Danach eskaliert die Situation auf dem Bürgersteig vor der Bäckerei.

L. beginnt – immer noch oben ohne und barfuß – sich zu wehren. Während der folgenden Zwangsmaßnahmen schlägt und tritt er um sich, ohne Beamte zu verletzen. Die Polizisten bringen ihn zu Boden und haben Schwierigkeiten, ihn dort zu halten. L. ist 1 Meter 90 groß und wiegt über 100 Kilo. Mit Verstärkung – kurz darauf sind vier Streifenwagen, ein Gefangenentransporter und insgesamt neun Polizist:innen vor Ort – gelingt es den Einsatzkräften, dem sich windenden L. Handschellen anzulegen und ihn in die Zelle des Transporters zu sperren. Während L. am Boden auf dem Bauch fixiert ist, schlägt er seinen Kopf gegen den Bürgersteig. Auch im Gefangentransporter schlägt er seinen Kopf mehrfach heftig gegen die Plexiglasscheibe.

Mehrere am Einsatz beteiligte Beamt:innen erkennen laut Anwältin Siochou, dass er sich in einem psychischen Ausnahmezustand befindet. Eine hätte zu Protokoll gegeben, dass ,,[der Tatverdächtige] in der Zelle [des Fahrzeugs] wie von Sinnen laut schrie, uns mit einem irren Blick fixierte und seinen Kopf mehrfach heftig gegen die Scheibe schlug". Ein anderer hätte gesagt: ,,Der Tatverdächtige stand sichtlich unter Drogen- und/oder Alkoholeinfluss", so die Anwältin.

Doch anstatt auf Deeskalation zu setzen oder einen psychiatrischen Notdienst hinzuzuziehen, setzt sich die physische Auseinandersetzung in der Gefangenensammelstelle am Tempelhofer Damm 12 nahtlos fort: Alle neun Beamt:innen vom Einsatzort begleiten die Überführung. Zusätzlich warten in der geschlossenen Schleuse der kurz Gesa genannten Gefangenensammelstelle vier Wachpolizisten auf L..

Es folgt eine hektische und unübersichtliche Situation. Zwei oder drei Wachpolizisten öffnen die Zellentür des Fahrzeugs. L., in Handschellen, beginnt erneut sich zu wehren und versucht wohl, die Einsatzkräfte umzustoßen. Als die Polizist:innen ihn daraufhin zu Boden bringen, fällt er auf einen Wachpolizisten, der sich dabei das Fußgelenk verstaucht. Erst jetzt, als ein Polizist verletzt ist, rufen die Einsatzkräfte den in jeder Gesa anwesenden Polizeiarzt hinzu – allerdings nur, um den Kollegen zu verarzten.

Im Wirrwarr dieser Situation setzt ein Polizeibeamter das Pfefferspray gegen L. ein. Und offenbar nicht wenig: Auch mehrere Einsatzkräfte bekommen etwas ab und beginnen zu husten. L. zeigt sich von dem Spray zunächst unbeeindruckt. Die Einsatzkräfte legen ihm neben Handschellen auch Fußfesseln an. Damit L. nicht spuckt, zieht ihm ein Beamter noch einen Spuckschutz über – eine einfache OP-Maske.

Hier wäre möglicherweise die zweite Chance gewesen, zu deeskalieren: Gefesselt an Füßen und Händen, kann sich L. nur noch am Boden winden. Anstatt jedoch die Situation zu beruhigen und den psychiatrischen Notdienst zu alarmieren, tragen vier bis fünf Einsatzkräfte ihn ins Gebäude. Weil L. sich dabei weiter windet, wollen sie ihn nicht die Treppen hochtragen, sondern ihn im Fahrstuhl transportieren. Während der Fahrstuhlfahrt schließlich kollabiert L. – gewaltsam fixiert durch drei Wachpolizisten der Gesa und einen Polizeibeamten. Sie schleifen ihn bäuchlings an den Händen in den engen Aufzug und halten ihn dort am Boden. Während der Fahrt lässt sein Widerstand schließlich nach. Am Ende fällt den Einsatzkräften auch auf, warum: Sein Gesicht ist blau angelaufen, L. ist während der Zwangsmaßnahmen kollabiert und atmet nicht mehr.

Nach Schilderung von Anwältin Siochou ergeben die Aussagen der Einsatzkräfte ein widersprüchliches Bild, was die Lage von L. bei der Fahrstuhlfahrt angeht: Während mehrere Polizisten beschreiben, dass sie ihn bäuchlings an den Armen in den Fahrstuhl zogen, behauptet ein mitfahrender Wachpolizist, sie hätten ihn in stabiler Seitenlage fixiert. Der zweite Gesa-Mitarbeiter im Fahrstuhl sagte lediglich, dass sie ihn festhielten, nicht jedoch, wie sie ihn fixierten.

Die Aussage des dritten Wachpolizisten im Fahrstuhl fehlt dagegen komplett und wurde im Zuge der Ermittlungen offenbar nicht einmal eingeholt – obwohl ausgerechnet dieser L. im Bereich des Oberkörpers fixiert haben soll. Der mitfahrende Polizeibeamte, der die Beine fixierte, sagte, er habe während der Fahrt keinen freien Blick auf L. gehabt.

Fest steht: L. befand sich gefesselt an Füßen und Händen am Boden des Fahrstuhls, während vier Männer auf ihn einwirkten. Höchstwahrscheinlich lag er dabei in Bauchlage. Darüber hinaus liegt der Verdacht nahe, dass diese Fixierung sich lange hinzog: Der mitfahrende Polizeibeamte hat ausgesagt, dass sich der Fahrstuhl während der Fahrt zunächst im falschen Stockwerk geöffnet habe, weil einer der Wachpolizisten versehentlich mehrere Knöpfe gedrückt hätte.

Nachdem die Einsatzkräfte feststellten, dass L. kollabiert war, versuchten sie sofort, ihn zu reanimieren. Ein Polizist alarmierte den Polizeiarzt, der sich noch immer bei dem leicht verletzten Kollegen befand. Doch es ist zu spät: Die Ärzte konnten zwar seinen Kreislauf stabilisieren, aber zu Bewusstsein kam L. nie wieder. Von einem Rettungswagen wird er mit Prellungen, zahlreichen Schürf- und Platzwunden und blauem Auge ins Krankenhaus Neukölln gebracht. Auf der Intensivstation wird er in ein künstliches Koma versetzt, die Diagnose lautet ein paar Tage später: Hirntod.

Im Alter von 36 Jahren verstirbt L. 16 Tage später in Neukölln im Krankenhaus, nachdem seine nach Berlin gereiste Familie die lebenserhaltenden Maßnahmen einstellen ließ. Die offizielle Todesursache lautet: lagebedingter Erstickungstod durch mechanische Fixierung. Als Grund dafür ergibt die Obduktion: Sauerstoffmangel im Gehirn, der vermutlich in Summe aus einer starken Stressreaktion im Erregungszustand sowie Drogenkonsum und der Fixierung in Bauchlage resultierte.

Anwältin Siochou hält es für unfassbar, dass die Staatsanwaltschaft angesichts dieser aus den Akten rekonstruierbaren Ereignisse kein Fehlverhalten der Einsatzkräfte erkennen konnte und die Ermittlungen einstellte: ,,Er war unbewaffnet, an Händen und Beinen gefesselt und sah sich einer Überzahl geschulter Polizisten gegenüber", sagt Siochou. ,,Die Staatsanwaltschaft hat in dem Fall unzureichend ermittelt. Entgegen nach Aktenlage offensichtlichem Fehlverhalten der Polizisten sind diese nicht erneut vernommen worden."

Zu einer sorgfältigen Aufklärung der Kausalität zwischen dem Verhalten der Polizisten und dem Tod von L. sei es nicht gekommen. Dem Bruder von L. blieb nur noch ein in solchen Fällen zumeist wenig aussichtsreiches Klageerzwingungsverfahren. Erwartungsgemäß blieb auch das erfolglos: ,,Unser Antrag auf ein Klageerzwingungsverfahren wurde abgewiesen. Alle Rechtsmittel wurden ausgeschöpft. Ungeheuerlich, dass solch ein Missverhalten der Polizei unberührt bleibt von Konsequenzen", sagt Siochou.

Der Fall treibt sie und die Familie von L. angesichts der vielen offenen Fragen allerdings weiter um: Wie genau fixierten die Beamten L. im Fahrstuhl? Wie lange stiegen sie ihm in den Rücken? Hätte die Polizei nicht erkennen müssen, dass L. sich in einem psychischen Ausnahmezustand befand und auf Drogen war? Wonach, wenn nicht nach einer psychischen Erkrankung, sieht ein fast nackter Mann im Winter aus, wenn er in einer Bäckerei randaliert und sich gegen eine Übermacht von Polizisten wehrt? Wenn er trotz Handschellen mit dem Kopf gegen Bürgersteig und Glasscheiben schlägt? Hätten die Polizist:innen nicht die Situation deeskalieren und einen psychiatrischen Notdienst alarmieren können? Und warum wurde bei einem gefesselten Mann, der sich offenkundig im Ausnahmezustand befand, auch noch Pfefferspray eingesetzt? Diese Fragen haben sich offenbar weder die Staatsanwaltschaft noch die ermittelnden Beamt:innen gestellt.

Für den Kriminologen und Polizeiwissenschaftler Thomas Feltes hat die mangelnde Aufarbeitung in Fällen wie dem von L. strukturelle Ursachen. Er beschäftigt sich schon lange mit Problemen der Polizei im Umgang mit psychisch Kranken sowie mit dem unverhältnismäßigen Einsatz von Pfefferspray.

Als die taz ihm von L.s Todesumständen berichtet, wird Feltes hellhörig: ,,Die Risiken und Nebenwirkungen von Pfefferspray bei Menschen, die unter Einfluss von Drogen, Alkohol oder Medikamenten stehen, sind sehr hoch", sagt er, ,,ich muss niemanden, der an den Händen gefesselt ist, noch zusätzlich mit Pfefferspray eindecken – zumal der Betroffene sich bereits auf der Polizeiwache im Bereich des Gewahrsams befunden hat." Immer wieder käme es wegen der Fahrlässigkeit von Polizist:innen im Umgang mit Pfefferspray zu Todesfällen. ,,Der Fall ist geradezu typisch", sagt Feltes, ,,in drei von vier Todesfällen durch Polizeigewalt sind die Opfer psychisch krank. In vielen Fällen hätte der Tod verhindert werden können."

Feltes war 10 Jahre lang Rektor einer Polizeihochschule. Er sagt, die Gefährlichkeit von Pfefferspray in gewissen Situationen sei ebenso wie der sogenannte lagebedingte Erstickungstod in der Polizei seit 25 Jahren bekannt. ,,Man darf niemanden länger als ein paar Sekunden auf dem Bauch fixieren und ihm dann möglicherweise noch von hinten ins Kreuz steigen. Sonst erstickt der Fixierte – erst recht, wenn er sich in einem psychischen Ausnahmezustand befindet und hyperventiliert. So kann es zu ebendiesem lagebedingten Erstickungstod kommen."

Feltes ist der Überzeugung, dass spätestens bei Ankunft im Polizeigewahrsam ein Arzt hätte anwesend sein müssen: ,,Der Ausnahmezustand des Betroffenen war offenkundig, und in solchen Fällen ist eine ärztliche Untersuchung vorgeschrieben."

In der Summe fällt Feltes ein hartes Urteil: ,,Die Polizeibeamten sind für solche Situationen geschult und müssen wissen, dass sie niemanden länger als einige Sekunden auf dem Bauch liegend fixieren dürfen. Sie haben in diesem konkreten Fall offensichtlich die erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen – daher besteht zumindest der Verdacht einer fahrlässigen Tötung." Die Staatsanwaltschaft hätte den Fall vor Gericht bringen müssen, sagt Feltes: ,,Der Vorfall hätte in einer strafrechtlichen Hauptverhandlung aufgearbeitet werden müssen, in der sich dann auch die Polizeibeamten angemessen hätten verteidigen können."

Dass das Verfahren eingestellt wurde, überrascht ihn allerdings nicht: ,,Das ist bei der Mehrzahl der Strafverfahren gegen Polizisten die Regel. Laut der Untersuchung des Kollegen Tobias Singelnstein kommen nur 2 Prozent der Strafverfahren gegen Polizisten vor Gericht, auch weil diese nicht oder nur alibi-mäßig gegen Kollegen ermitteln." Die Staatsanwaltschaft ist für Ermittlungen aber auf die Polizei angewiesen. Deswegen sagt Feltes: ,,Für Fälle wie diesen braucht es unabhängige Instanzen mit eigenen Ermittlungsbefugnissen."

Weil der Fall nicht anständig untersucht und vor Gericht verhandelt wurde, bleibt bis auf Weiteres unklar, ob L. das Vorgehen der Polizist:innen ohne Pfefferspray-Einsatz oder Fixierung auf dem Bauch womöglicherweise überlebt hätte. Auf 14 detaillierte schriftliche Fragen der taz an die Polizei zu dem Fall verweist diese nur auf die Staatsanwaltschaft.

Oberstaatsanwalt Martin Steltner betont bei denselben Fragen in einem Telefongespräch vor allem die Dynamik des Einsatzgeschehens. Er sagt außerdem: ,,Eine psychische Erkrankung haben die Beamten nicht erkannt", ebenso wenig Drogeneinfluss. Hinweise darauf hätten sich erst im Nachhinein ergeben. Dabei haben die Polizisten explizit von Autoaggressionen, vom ,,irren Blick" und dem wirren Zustand von L. berichtet. Einer hat sogar zu Protokoll gegeben, dass der ,,Tatverdächtige sichtlich unter Drogen- und/oder Alkoholeinfluss" gestanden hätte.

Auf Fragen nach den Hinweisen, dass die Fixierung und Fesselung möglicherweise nicht vorschriftsmäßig abgelaufen sei, geht Steltner nicht näher ein. Er sagt nur: ,,Das war ein sehr tragischer Verlauf, keine Frage, aber die Beamten haben sich durch die Anwendung der Zwangsmaßnahmen nicht strafbar gemacht." Außerdem solle man doch einmal die Perspektive der Polizei einnehmen: ,,Auch für die Beamten war die Situation extrem belastend", sagt Steltner, ,,stellen Sie sich vor, Sie haben mit einem Randalierer zu tun und wenden das Gelernte an, und plötzlich kollabiert der Mann und verstirbt."

Die Einsatzkräfte hätten zudem direkt ärztliche Hilfe gerufen und L. sei sofort in die Klinik gebracht worden. Sein Resümee: ,,Wir haben das Geschehen umfassend aufgeklärt." Weitere Fragen zu Details, etwa wie lange L. fixiert war und warum ein maßgeblich Beteiligter im Fahrstuhl im Rahmen der Ermittlungen überhaupt nicht vernommen wurde, beantwortet er nicht.

Potenztielles Fehlverhalten mit der dynamischen Einsatzsituation zu entschuldigen, ist für den Kriminologen Feltes ein ,,Totschlagargument": ,,Es gibt bei Festnahmen nur dynamische Einsatzgeschehen, alle polizeilichen Maßnahmen mit psychisch Gestörten sind per se ,dynamisch'. Genau deswegen werden Polizisten für diese Maßnahmen ja geschult", sagt er.

Wie hätte die Polizei stattdessen vorgehen müssen? Feltes sagt, die Polizist:innen hätten spätestens direkt bei Ankunft im Gewahrsam den in Bereitschaft befindlichen Arzt oder auch den Notarzt rufen müssen: ,,Richtig wäre es gewesen, zehn Schritte zurück zu treten, einen Kreis zu bilden und abzuwarten, bis die Person sich beruhigt und ein Arzt anwesend ist. Der Mann hätte mit Fußfesseln und Handschellen ohnehin nicht aus dem Gewahrsam fliehen können."

Feltes sieht Parallelen zum Fall vom Neptunbrunnen nahe dem Alexanderplatz. Dort hatte 2013 ein Polizeibeamter den psychisch erkrankten Manuel F. erschossen. Der 31-Jährige stand nackt im Brunnen und hielt ein Messer in der Hand. F. stellte zu diesem Zeitpunkt keine Gefahr für andere dar. Erst als ein Polizeibeamter auf ihn zuging, ging F. ebenfalls auf den Beamten zu. Daraufhin schoss der Polizist und tötete F. Der Fall wurde medial breit thematisiert, weil es ein Video davon gab. Die Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen gegen den Beamten trotzdem ein.

Die große Aufmerksamkeit für diesen Fall führte aber immerhin dazu, dass die Berliner Polizei seither umfänglich für den Umgang mit psychisch Erkrankten schult. [...]

Das letzte Mal spielte sich ein ähnlicher Fall Anfang des Jahres in Berlin ab. Hier haben vor allem linke Initiativen Polizist:innen für den Tod der 33-jährigen Maria B. in Friedrichshain verantwortlich gemacht. Ihr Mitbewohner hatte in der Nacht zum 24. Januar die Polizei gerufen, weil B. aggressiv gewesen sei und ihn mit einem Küchenmesser bedroht habe. Als die Polizei eintraf, hatte B. sich in ihrem Zimmer eingeschlossen. Auch hier schaltete die Polizei keinen Notdienst ein und wartete nicht ab: Sie soll direkt alle Türen aufgebrochen und Maria B. erschossen haben, als diese mit einem Messer in ihrem Zimmer stand und sich damit auf die Polizisten zubewegt haben soll. B. soll polizeibekannt gewesen sein, unter psychischen Problemen und multipler Sklerose gelitten haben. Sie wog wohl weniger als 50 Kilogramm. Die Ermittlungen in diesem Fall laufen noch.

Im Unterschied zu den meisten dieser Fälle war Aristeidis L. allerdings unbewaffnet. In vielen Fällen mit tödlichen Polizeischüssen auf psychisch Erkrankte haben Opfer Messer in der Hand.

Jens Gräbener ist als Psychologe und Psychotherapeut vom Berliner Krisendienst seit 20 Jahren im Einsatz und sagt: ,,Grundsätzlich kann die Polizei den sozialpsychiatrischen Dienst oder den Krisendienst zu jedem Einsatz anfordern." Zum Fall von Maria B. sagt Gräbener: ,,Ich würde nicht face-to-face mit jemandem sprechen, der ein Messer in der Hand hat. Was anderes ist es, durch die Tür mit jemandem zu sprechen." Allerdings sei es immer schwierig, einen Einsatz im Nachhinein zu beurteilen – ,,aber natürlich ist der Tod eines Menschen immer der schlechteste mögliche Ausgang."

Jeder Einsatz mit aggressiven psychisch Erkrankten verlaufe unter der Prämisse, dass eine Gefährdung für die Mitarbeiter:innen des Krisendienstes möglichst ausgeschlossen werden soll. Zudem müsse die Polizei zunächst erst mal erkennen können, dass es sich um eine psychische Erkrankung handelt – das sei nicht immer leicht. Gräbener sagt mit Blick auf den Fall von L.: ,,Das Mittel, das wir haben, ist Sprechen. In einer dynamischen Situation ist das oft nicht möglich. Aber vielleicht wäre beim geschilderten Fall ein Gespräch im Polizeiauto möglich gewesen, vielleicht auf der Gesa. Wir brauchen einen sicheren Rahmen, in dem wir agieren können."

Darüber hinaus könne die Polizei Verdachtsfälle auch direkt ins Krankenhaus bringen – und im Beisein eines Arztes gegebenenfalls eine Zwangseinweisung erwirken, so Gräbener. Das könnten auch Ärzt:innen der Gesa beantragen, ebenso die Fachärzt:innen von psychiatrischen Diensten. Grundsätzlich hat Gräbener bei seinen Einsätzen den Eindruck, dass die Polizei in der Regel so wenig Eskalation wie möglich suche und stets auf Gespräche setze: ,,Allerdings kann es auch sein, dass ich eher Kontakt zu einer bestimmten Auswahl von Polizisten habe, die eben auch den Krisendienst rufen", sagt er.

In der Theorie sollten also Fälle wie der von Aristeidis L. und Maria B. nicht mehr passieren. Die Polizei Berlin schreibt auf Nachfrage zu den grundsätzlichen Vorschriften: ,,Der Umgang mit psychisch erkrankten Personen in Akutsituationen ist ein integraler Bestandteil des Einsatztrainings in der Aus- und Fortbildung. Im Mittelpunkt steht dabei die konflikt- und gefährdungsarme Interaktion mit einem Gegenüber in akuten psychischen Ausnahmesituationen." Seit 2009 kooperiere die Polizei mit dem Krisendienst, zudem gebe es ständig aktualisierte Listen der sozialpsychiatrischen Dienste in den Leitstellen. Auch bei Fixierungen auf dem Bauch müsse die Lage ständig auf Verhältnismäßigkeit neu beurteilt werden, heißt es von der Polizei. Der Gesundheitszustand müsse permanent überwacht werden. Doch wie hätte das bei L. gehen sollen? Wie sollten die Einsatzkräfte die Atmung kontrollieren, wenn sie noch während der Fixierung eine Maske vor L.s Mund befestigten?

Die Mutter von L. fragt sich bis heute, was genau vor dem Tod ihres Sohnes passiert ist: ,,Es bleibt unbegreiflich und schmerzt umso mehr, dass mein Sohn unter nicht nachvollziehbaren Umständen ums Leben gekommen ist", sagt sie. Sie hofft weiter auf Aufklärung. Nachdem die Nebenklage des Bruders gescheitert ist, überlegt sie, weitere Rechtsmittel aus­zuschöpfen. Ihr steht der Klageweg als Hinterbliebene noch offen.

Die Hoffnung von Anwältin Siochou ist, dass die Familie noch rechtliches Gehör findet. L.s Mutter hofft, dass der Fall vielleicht etwas an der Praxis der Polizei ändert und mehr Folgen nach sich zieht als drei Sätze in einer kurzen Polizeimeldung.


Aus: "Tod im Polizeigewahrsam: Lagebedingtes Systemversagen" Gareth Joswig (BERLIN 23.5.2020)
Quelle: https://taz.de/Tod-im-Polizeigewahrsam/!5684340/ (https://taz.de/Tod-im-Polizeigewahrsam/!5684340/)

Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 01, 2020, 11:56:14 AM
Quote[...] Als Thekla Graf am 14. September 2017 abends nach Hause kommt, brennt Licht im Flur. Vor der Dachgeschosswohnung in der Weimarer Innenstadt, in der sie mit ihrer Mutter lebt, warten zwei Polizeibeamt:innen. Sie haben einen Durchsuchungsbeschluss, auf dem steht: Verdacht auf Diebstahl und Hehlerei.

Gesucht wird Thekla Grafs Cousine, sie soll ein Wakeboard im Wert von 500 Euro, eine Art Surfbrett, geklaut und im Internet zum Verkauf angeboten haben.

Thekla Graf ist damals 18. Sie sagt, dass die Cousine nicht bei ihr wohne, und fordert die Polizist:innen auf zu gehen. Es kommen sechs weitere Beamt:innen der Bereitschaftspolizei dazu. Graf lässt die Polizist:innen in ihre Wohnung – und erlebt anderthalb qualvolle Stunden. So schildert sie es heute.

Graf sagt, sie habe sich ausziehen müssen und sei belästigt worden. Direkt im Anschluss hat Thekla Grafs Mutter Anzeige erstattet. Ermittelt wird wegen sexueller Nötigung, Diebstahl, Strafvereitelung im Amt und Verletzung des Dienstgeheimnisses. Verfahren gegen sechs Polizeibeamt:innen laufen seitdem, gegen zwei Beamt:innen wurden sie eingestellt.

Thekla Graf und ihre Mutter halten die Durchsuchung an sich schon für rechtswidrig.

Was ist an jenem Abend in der Wohnung in Weimar passiert? Um den Vorwürfen nachzugehen, hat die taz interne Ermittlungsakten ausgewertet, mit Betroffenen gesprochen und ein Polizeivideo des Abends gesichtet. Die Recherchen zeigen: Das Problem geht weit über den Fall Thekla Graf hinaus. Der Polizist Tino M., der gemeinsam mit einer Kollegin den Einsatz leitete, hat wiederholt gegen Vorschriften verstoßen. In den Akten wird auf gravierende Missstände in der Behörde hingewiesen: Interne Ermittler kommen zu dem Schluss, dass es ein ,,erhebliches Führungsproblem" innerhalb der Polizei Weimar gibt.

Es ist nicht das erste Mal, dass gegen Beamte aus Weimar ermittelt wird: Die taz konnte Prozessakten von 2012 sichten, in denen ebenfalls Misshandlungsvorwürfe gegen Weimarer Polizisten erhoben werden. Das Verfahren damals: eingestellt. Auch der Polizeivertrauensstelle des Landes Thüringen ist die Dienststelle als Problemfall bekannt.

Sollte die Weimarer Polizei tatsächlich ein Führungsproblem haben, dann trifft das auch den heutigen Bürgermeister der Stadt, Ralf Kirsten. Er leitete die Polizei bis 2018. Beide Fälle gehören in seinen Verantwortungsbereich.

Im Februar, mehr als zwei Jahre nach der Durchsuchung, kommen Thekla Graf und ihre Mutter in ein Café, um vom September 2017 zu erzählen. Ihre ehemalige Wohnung ist nur wenige Minuten entfernt. Die Grafs heißen in Wirklichkeit anders, sie wollen mit ihrem Namen nicht in die Öffentlichkeit. Thekla Graf fängt an zu weinen, als sie auf die Hausdurchsuchung zu sprechen kommt. Sie schluckt die Tränen runter.

Das Video, das der taz vorliegt, zeigt die Durchsuchung. Sechs Beamt:innen der Bereitschaftspolizei in Uniform sowie zwei Beamt:innen in Zivil drängen sich am Abend in die kleine Wohnung. Thekla Graf ist aufgebracht, zählt die Beamt:innen. Sie steht im Badezimmer, will in den Flur. Für ein paar Sekunden versperrt ihr die Einsatzleiterin den Weg, bis sie sie schließlich durchlässt. Graf weint und schreit, wirkt panisch.

Sie geht in ihr Zimmer, man sieht Fotos von ihr an der Wand, Arm in Arm mit Freundinnen; auf dem Schreibtisch Schulsachen. Die Kamera schwenkt. Im Flur grinst Einsatzleiter Tino M. seinen Kollegen an. Zu Graf sagt er: ,,Wir sind auch ganz ordentlich." Es klingt höhnisch.

Während die Kamera das Schlafzimmer der Mutter filmt, hört man Thekla Graf im Hintergrund rufen: ,,Können Sie bitte aufhören, mich anzufassen." Sehen kann man sie nicht. Thekla Graf sagt, sie sei von zwei Beamtinnen an Brüsten und Po angefasst worden, ,,nicht einfach durchsucht, sondern richtig angefasst". Zwei männliche Beamte hätten zugeschaut. Sie habe geschrien und gefleht: ,,Bitte, bitte, hören Sie auf mich anzufassen, ich wurde vergewaltigt."

Einige Jahre zuvor sei sie in ihrem damaligen Zuhause missbraucht worden. Auch deshalb sei die neue Wohnung ein wichtiger Schutzraum für sie gewesen, sagt sie heute.

Thekla Graf sagt, die beiden Beamtinnen hätten sie ins Bad gebracht. Sie habe sich ausziehen müssen. ,,Schuhe, Socken, Hose, dann auch T-Shirt." Und schließlich den BH. Eine Beamtin habe gesagt, sie könne den BH auch anlassen – wenn sie ihr sage, wo die gesuchte Frau sei, Grafs Cousine.

Die Videoaufnahme zeigt mit Unterbrechungen, wie jeder Winkel der ordentlichen Wohnung ruhig von den Beamt:innen durchsucht wird. Finden können sie nichts. Was das Video nicht beweist, sind Theklas Vorwürfe. Was man jedoch sehen kann: Im Verlauf des Videos wird das Badezimmer zweimal gefilmt – beim zweiten Mal liegt ein Berg Kleidung auf der Waschmaschine, der zuvor nicht da war.

Sandra Graf, Theklas Mutter, hat ordnerweise Dokumente zu dem Fall gesammelt. Als der junge Hund ihrer Tochter im Café freudig an ihr hochspringt, hält sie reflexartig die Tasche mit den Unterlagen in die Höhe. Erst kürzlich hat Thekla Graf den Hund angeschafft – als schützenden Begleiter.

In den Ordnern finden sich nicht nur Briefwechsel mit der Polizei, dem Bürgerbeauftragten und der Polizeivertrauensstelle, sondern auch psychiatrische Gutachten. Thekla Graf habe nach dem Vorfall apathisch gewirkt, sagt ihre Mutter. Sie brachte ihre Tochter in die Psychiatrie. Die Diagnose: eine ,,posttraumatische Belastungsstörung mit ausgeprägten dissoziativen Phasen nach Reaktivierung traumatischer Vorerfahrungen". Sandra Graf sagt, ihre Tochter habe sich nach der Vergewaltigung wieder gut gefangen, nach der Hausdurchsuchung sei sie jedoch ,,nur noch traurig gewesen".

Sandra Graf erzählt auch, die von der Polizei gesuchte Frau – Theklas Cousine – wohne nicht bei ihr, lediglich ihre Post gehe an ihre Adresse. Sie habe Probleme gehabt: Drogen, finanzielle Not, Kriminalität. Irgendwann sei sie obdachlos geworden. Die Familie habe sich dazu entschieden, sie nicht mehr finanziell zu stützen. ,,Hilfe zur Selbsthilfe nennen das die Beratungsstellen", sagt Sandra Graf. Eine harte Maßnahme, die ihr auf lange Sicht guttun soll.

Mehrfach meldet sie der Polizei, dass die Verwandte nicht bei ihr wohnt. Telefonisch, schriftlich, zuletzt wenige Wochen vor der Hausdurchsuchung, nachdem die Einsatzleitenden schon einmal vor ihrer Haustür standen – ohne Durchsuchungsbeschluss. Sandra Graf zeigt Verbindungsnachweise von Telefonaten mit der Polizeiinspektion, die Notizen zu den Gesprächen.

Interne Akten, die der taz vorliegen, stützen ihre Aussage. Daraus geht hervor, dass am 30. Juni 2017 ein Vermerk im polizeilichen Informationssystem gemacht wurde. Auch auf dem in der Datenbank gespeicherten Personalausweis der gesuchten Frau steht: ohne festen Wohnsitz. Die Polizei Weimar müsste gewusst haben, dass sie nicht bei den Grafs wohnte.

Beamt:innen, die in der fraglichen Nacht im Einsatz waren, sagten hinterher aus, man habe bei der Einweisung die Information bekommen, dass auf Drogen geachtet werden solle. Den Durchsuchungsbeschluss hätten die Einsatzleitenden nicht gezeigt. Dass laut Beschluss lediglich Thekla Grafs Cousine und ein geklautes Wakeboard, nicht jedoch Drogen oder gar Thekla Graf selbst gesucht wurden, wussten die Bereitschaftpolizist:innen nicht.

Eine Beamtin sagte den Akten zufolge, sie sei ,,geschockt über die durch die Vernehmung gewonnenen Erkenntnisse" und überzeugt davon, dass der Einsatz und die ergriffenen Maßnahmen rechtswidrig waren.

Tino M. ist ein unauffälliger Mann. Groß, schlank, brauner Bart. Auf seinem Facebook-Profil zeigt er sich im Polohemd mit seiner Frau und den beiden Kindern und als glücklicher Betreiber eines mobilen Crêpes-Wagens. Und als Rechter und Rassist.

Er ist jemand, der offenkundig an dem rechtsextremen Motiv des Attentäters aus Hanau zweifelt und Hetze gegen Geflüchtete verbreitet. Der Fake News und Verschwörungstheorien teilt, Beiträge der AfD und der rechtsextremen Seite PI-News und sich mit ,,Rechts-Sein" rühmt. Der ein Video teilt mit dem Titel: ,,DEUTSCHE WACHT AUF! WIR LEBEN BEREITS JETZT IN EINER DIKTATUR!" und Beiträge, die vor einer ,,Asylflut im Schatten von Corona" warnen.

Die internen Ermittlungen bringen ans Licht: Polizeikommissar Tino M., eigentlich mit Eigentumsdelikten betraut, hatte vor der Durchsuchung über Monate hinweg per WhatsApp Kontakt mit einer ebenfalls drogenabhängigen Freundin der gesuchten Cousine. Chatverläufe, die der taz vorliegen, belegen das. Im Austausch für Informationen aus dem Weimarer Drogenmilieu schickte Tino M. dem jungen Mädchen nicht nur polizeiinterne Details über Ermittlungen, sondern auch Fotos aus der Polizeidatenbank. Außerdem schickte er der damals 21-Jährigen nebst anzüglichen Äußerungen auch Fotos von seinen Genitalien.

,,Meine kleine süße Hanna [Name geändert, Anmerkung der Redaktion]. Du sollst doch keine Drogen nehmen!!!", schreibt M. ,,Ich gucke mal wegen fs." [Führerschein, Anmerkung der Redaktion], heißt es in den Chats. M. gibt preis, wann seine Kollegen im Einsatz sind, gibt Hanna Tipps, wie sie sich zu begangenen Straftaten verhalten soll. Er schickt Aktenzeichen, Fotos von Datenbanken. Als Hanna fragt, ob er ihr wegen eines Blitzerfotos helfen könne, schreibt M.: ,,Bei Drogen hätte ich was machen können (...) aber bei Verkehr ist es ein anderer Chef und der ist bescheuert."

Wenige Tage nach der Hausdurchsuchung bei den Grafs schreibt M. an Hanna: ,,Die Eltern der Thekla haben sich aber bei der Staatsanwaltschaft und meinem Chef beschwert." Und er bekräftigt Thekla Grafs Aussage: ,,Das mit dem Ausziehen hat die Bepo [Bereitschaftspolizei, Anmerkung der Redaktion] gemacht im verschlossenen Bad."

Aus Polizeikreisen heißt es, es habe bereits mehrfach Disziplinarverfahren gegen M. gegeben. In der Ausbildung soll er eine Notärztin als ,,geile Uschi" bezeichnet haben. Trotz der Verfahren blieb der heute 43-Jährige im Amt.

M. selbst war zu den Vorwürfen nicht zu sprechen. Bei einem Kontaktversuch bei ihm zu Hause öffnet seine Frau die Tür und sagt, er sei ,,jetzt erst einmal eine Weile nicht da". Die taz hinterlässt eine Telefonnummer. M. meldet sich nicht.

Wieso können Beamte wie Tino M. jahrelang bei der Weimarer Polizei tätig sein, ohne dass ihr Fehlverhalten Konsequenzen hat? Was sagt es über die Behörde aus, dass Missstände erst dann auffallen, wenn Bürger:innen wie Sandra Graf Anzeige erstatten?

Die internen Akten lassen darauf schließen, dass das ,,erhebliche Führungsproblem" durchaus strukturell sein könnte – und die internen Kontrollmechanismen der Behörde versagen. Darauf weist auch ein anderer Fall hin: Fünf Jahre vor der Durchsuchung bei den Grafs wurde schon einmal ­gegen Beamte der Polizeiinspektion Weimar wegen eines fragwürdigen Einsatzes ermittelt.

Weimar, im April 2012. Auf dem nächtlichen Nachhauseweg werden vier junge Erwachsene von der Polizei aufgegriffen und mit auf die Wache genommen. Warum, wissen sie zu diesem Zeitpunkt nach eigener Aussage nicht. Unter den Festgenommenen ist die damals 22-jährige, in Ungarn geborene Emöke Kovács. Sie wird in eine Einzelzelle gebracht. Um Kovács zu schützen, ist ihr Name geändert.

In einem Schreiben ihrer Rechtsanwältin, das der taz vorliegt, heißt es, sie habe sich ,,bis auf die Unterwäsche ausziehen" müssen. Beamte hätten ,,eindeutige Onanie-Bewegungen" in Richtung von Kovács gemacht, außerdem hätten diese sie mehrfach rassistisch und sexistisch beleidigt. Ein Beamter habe gesagt: ,,Dir geht es in Deutschland viel zu gut, wir müssen dir wohl mal zeigen, was die in deinem Land mit dir machen würden!"

Emöke Kovács sagt weiter, ein Beamter habe ihr bei dem Versuch, ihr Handschellen anzulegen, mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Später habe man ihre Oberarme mit Handschellen fixiert, auf dem Rücken gefesselt, sie durch die Zelle gezerrt und auf sie eingetreten. Ein Beamter habe gesagt: ,,Ihr werdet euch noch wünschen, nie geboren zu sein, so klein werden wir euch kriegen." So steht es in dem Schreiben der Anwältin.

Am Morgen danach wird Kovács vernommen. Der Vorwurf: schwerer Eingriff in den Straßenverkehr und Sachbeschädigung. Sie sei hauptverdächtig für eine Tat, die zu diesem Zeitpunkt zwei Monate zurückliegt.

Am Folgetag stellen Ärzt:innen eine ,,längsverlaufende und tiefe 2 cm breite Schürfmarke über ges. Streckenseite" am linken Unterarm sowie Schürfmarken am rechten Unterarm fest. Fotos der Wunde und das Attest liegen der taz vor.

Der Fall wird öffentlich. Die Polizist:innen werden angezeigt, ­gegen sie werden Ermittlungen aufgenommen. Die Vorwürfe: Körperverletzung im Amt, Beleidigung, Nötigung. Doch die internen Ermittlungen werden eingestellt, keiner der Beamten wird angeklagt.

Am 19. November 2012 erhalten stattdessen Emöke Kovács und die anderen Festgenommenen einen Strafbefehl. Der Vorwurf: Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, falsche Verdächtigung, Vortäuschen einer Straftat. Sie legen Einspruch ein.

Im Frühjahr 2015 stehen sie vor dem Amtsgericht Weimar. Eine Prozessbeobachtungsgruppe begleitet das Verfahren, darunter Rolf Gössner, Rechtsanwalt und damals Vizepräsident der Internationalen Liga für Menschenrechte. Er sagt, Kovács sei ,,offenbar zu Unrecht festgenommen, auf das Polizeirevier verbracht und dort über zehn Stunden in Gewahrsam gehalten worden" – ohne richterliche Anordnung, die laut Thüringer Polizeiaufgabengesetz unverzüglich einzuholen ist.

Ein Mann, der dieselbe Nacht in Untersuchungshaft auf der Weimarer Wache verbracht hat wie Kovács, bestätigt laut der Prozessakten, Schreie gehört zu haben. Auch er sei geschlagen und getreten worden.

Der Prozess bringt außerdem zutage, dass die Polizeiprotokolle der Nacht fehlerhaft sind: Eigentlich muss die Polizei in einem Haftbuch genau protokollieren, wer wann in welche Zelle kommt. Doch das Gewahrsamsbuch verschwindet vor dem Prozess, stattdessen werden handschriftliche Kopien einer Beamtin vorgelegt. Eine Polizistin sagt aus, sie und ihre Kollegen seien eigens für den Prozess in Einzelgesprächen durch einen Lehrer der Polizeifachschule Meiningen geschult worden. Angeordnet von Polizeichef Kirsten persönlich, sagt die Beamtin. Sie hätten die Aussagen der anderen Kolleg:innen zudem vorab lesen dürfen. So steht es in den Mitschriften der Prozessbeobachtungsgruppe. Anwalt Gössner sagt, eine solche Zeugenschulung sei ,,skandalös, weil die Gefahr der Zeugenbeeinflussung und -absprache nicht auszuschließen" sei.

Nach fünf Tagen wird der Prozess ­gegen Kovács und ihre Freunde ohne ein Urteil eingestellt.

In der ehemaligen Schule am Herderplatz hat Bürgermeister Ralf Kirsten sein Büro. Er ist parteilos. Lange war er Polizeichef in Weimar: Von 1998 bis 2003 und von 2009 bis 2018. Beide Fälle – die Festnahmen von Kovács und ihren Freunden 2012 und die Durchsuchung von Grafs Wohnung 2017 – fallen in seine Amtszeit. Er stimmt einem Gespräch zu. Er habe nichts zu verbergen, sagt er, lässt aber nicht zu, dass das Gespräch aufgezeichnet wird. Als Grund nennt er Zweifel an der Neutralität der taz.

Kirsten betont, dass er selbst es war, der 2012 Anzeige gegen seine Kollegen gestellt hat. Auf die fehlerhafte Führung des Haftbuchs habe er umgehend mit einer Anweisung reagiert. Ansonsten habe er mit dem Fall nichts mehr zu tun gehabt. Von den Vorwürfen, die Beamten hätten ihre Aussagen vor dem Prozess gelesen, wisse er nichts. Die Schulung ,,Polizeibeamte vor Gericht" sei ein regulärer Lehrgang. Das Bildungszentrum der Thüringer Polizei in Meiningen bestätigt das.

Mit der Durchsuchung bei Thekla Graf im Jahr 2017 sei er nie befasst gewesen, sagt Kirsten – außer, wenn auf dem Tisch irgendwelche Anweisungen lagen, die er unterschrieben habe. Er sei damals auch lange krank gewesen.

Die Ermittlungsakten werfen Fragen zu seiner Darstellung auf. Darin finden sich: ein Beschwerdebrief des Thüringer Landesbeauftragten für Datenschutz aufgrund der Speicherung von Adressdaten von Thekla Grafs Cousine – adressiert an Polizeichef Kirsten. Eine von ihm unterschriebene Antwort darauf. Und: ein Vermerk über einen Termin zwischen internen Ermittlern und Ralf Kirsten am 19. 9. 2018 mit anschließendem Beratungsgespräch.

Zum Beschuldigten Tino M. will Ralf Kirsten öffentlich nichts sagen. Nur so viel: Auch, wenn er damals Behördenleiter war, so habe er keine Befugnisse für Personalentscheidungen gehabt. Die treffe das Innenministerium. Zu einem ,,erheblichen internen Führungsproblem" in der Weimarer Polizeiinspektion, wie es in den Akten der Ermittler aus Erfurt steht, will Kirsten sich nicht äußern.

Um Missstände innerhalb der Polizei zu benennen und dagegen vorzugehen, bräuchte es eine Kontrollinstanz außerhalb der Behörde. Am ehesten hat in Thüringen Meike Herz diese Funktion, sie arbeitet in der Polizeivertrauensstelle des Landes. Wer sich über Polizist:innen beschweren will, kann sich an sie wenden. Für Herz ist es keine Überraschung, dass beide Fälle auf die Polizeiinspektion Weimar zurückzuführen sind, es sei eine ,,tradi­tionell schwierige Dienststelle", sagt sie.

Herz' Büro liegt außerhalb des Erfurter Zentrums, nur ein bedrucktes A4-Papier an einem Seiteneingang weist auf die Vertrauensstelle hin. Eingerichtet vom Thüringer Innenministerium, soll die Anlaufstelle die ,,Führungs- und Fehlerkultur innerhalb der Thüringer Polizei" fördern, wie es offiziell heißt. Meike Herz sagt, sie könne bei Problemen zwischen Bürger:innen und Polizei gut vermitteln. Geht es jedoch um interne Ermittlungen wie im Fall Graf, sagt Herz: ,,Da verlängere ich nur die Bearbeitungszeit."

Die Beschwerde von Sandra Graf war ihr erster Fall, als die Stelle 2017 als Prestigeprojekt der rot-rot-grünen Landesregierung öffnete. Herz findet schon die Anordnung der Hausdurchsuchung fragwürdig: ,,Seit wann bekommt man wegen eines geklauten gebrauchten Wakeboards einen Hausdurchsuchungsbefehl?" Zudem sei bekannt gewesen, dass es sich bei Thekla Graf nicht um die Verdächtige handelte. Herz fragt: ,,Hat jemand das Verhältnismäßigkeitsprinzip abgeschafft?"

Meike Herz sagt, sie sei ,,eindeutig auf Seiten der Polizei", sie will den Polizeiapparat nicht allgemein kritisieren. Und doch ist sie ernüchtert. In der Polizei finde man Beschwerdestellen meist überflüssig und habe bei der Schaffung der Vertrauensstelle vorgesorgt, sagt Herz: ,,Ich habe null Komma null Kompetenzen." Die Vertrauensstelle darf selbst nicht ermitteln. Herz kann Beschwerden also nur an die Polizei weitergeben – Polizeibeamt:innen ermitteln dann gegen ihre eigenen Kolleg:innen.

Die rot-rot-grüne Minderheitsregierung in Thüringen unter Ministerpräsident Bodo Ramelow will das ändern. Künftig geplant: eigenständige Untersuchungsbefugnisse und eventuell sogar eine strukturelle Unabhängigkeit der Polizeivertrauensstelle. Doch bislang fehlt der Koalition für eine solche Änderung die Mehrheit im Landtag.

Seit der Hausdurchsuchung 2017 ist für Thekla und Sandra Graf viel und doch wenig passiert. Viel, weil Sandra Graf Anzeigen gestellt, Gespräche geführt, Beschwerden eingereicht hat. Und wenig, weil kaum etwas davon irgendeine Veränderung bewirkt hat.

Thekla Graf, heute 21, ist noch immer in psychiatrischer Behandlung. Vor Polizist:innen habe sie Angst, sagt sie. Sie wünsche sich einfach nur, dass es bald vorbei ist. ,,Und ich mein Leben ganz normal weiterleben kann." Sie will studieren. Aus Weimar ist sie weggezogen.

Der heutige Leiter der Polizeiinspektion Weimar ist nicht bereit, zu den Vorwürfen Auskunft zu geben. Auch die internen Ermittler der Landespolizei­direktion wollen zu dem ,,erheblichen Führungsproblem" in der Weimarer Polizei auf taz-Anfrage nichts sagen.

Anfang des Jahres hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen Tino M. erhoben, Bestechlichkeit in drei und Verletzung des Dienstgeheimnisses in 32 Fällen. Am 28. September soll der Prozess vor dem Amtsgericht Erfurt starten.

Die Ermittlungen zur Hausdurchsuchung sind noch nicht abgeschlossen. Viel wird dabei wohl nicht herauskommen. Von der Staatsanwaltschaft heißt es: ,,Bei drei der vier noch Beschuldigten dürfte es keine Hinweise auf eine Straftat geben." Vermutlich muss dann nur Tino M. Konsequenzen befürchten. Wenn nicht am Ende die Ermittlungen gegen ihn fallen gelassen werden.


Aus: "Vorwürfe gegen die Polizei in Weimar: Wenn Fehler keine Folgen haben" Sarah Ulrich (WEIMAR, 30.5.2020)
Quelle: https://taz.de/Vorwuerfe-gegen-die-Polizei-in-Weimar/!5686849/ (https://taz.de/Vorwuerfe-gegen-die-Polizei-in-Weimar/!5686849/)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 01, 2020, 11:56:47 AM
Todesfall George Floyd
... Der US-amerikanische Vizepräsident Mike Pence von der Republikanischen Partei lud die Familie von Floyd zu einem gemeinsamen Gebet ein und verurteilte den Polizeieinsatz mit den Worten: ,,Wir tolerieren keine von Rassismus inspirierte Gewalt." (,,We have no tolerance for violence inspired by racism") Der Präsidentschaftskandidat und frühere Vizepräsident Joe Biden von der Demokratischen Partei urteilte, dass die Vorgänge ,,die offene Wunde des systemischen Rassismus" (,,the open wound of systemic racism") in den USA sichtbar mache. Michelle Bachelet, UN-Kommissarin für Menschenrechte, äußerte sich ,,bestürzt", dass Floyds Name einer langen Liste schwarzer Amerikaner hinzugefügt werden müsse, die von der Polizei getötet worden seien.... (Stand: 1. Juni 2020 um 09:22 Uhr)
https://de.wikipedia.org/wiki/Todesfall_George_Floyd (https://de.wikipedia.org/wiki/Todesfall_George_Floyd)

"Unruhen in den USA: Toter George Floyd: Streife nahm ihn wegen harmloser Tat fest - Neue Details schockieren" Moritz Bletzinger (01.06.2020)
Was hatte George Floyd eigentlich verbrochen, um in den letztendlich tödlichen Fokus der Beamten zu geraten? Was muss ein Mann tun, dass ihn drei Polizistin derart gewalttätig am Boden fixieren? Offenbar genügte eine kriminelle aber im Grunde ungefährliche Straftat.
US-Medien berichten übereinstimmend aus dem Polizeibericht, Floyd habe in einem Lebensmittelgeschäft versucht mit einem gefälschten 20-Dollar-Schein zu bezahlen. Der Geschäftsinhaber erkannte das Falschgeld und alarmierte die Polizei, heißt es weiter. ...
Derek Chauvin blieb so lange auf der Kehle seines flehenden Verhafteten, bis dieser möglicherweise erstickte. Im Obduktionsbericht ist dagegen die Rede von Gesundheitsproblemen, die - im Zusammenhang mit dem brutalen Einsatz und möglichen Rauschmitteln im Blut - zum Tod geführt hätten. Die Anwälte der Familie des Toten zweifeln diese offizielle Todesursache an. Daher will die Familie durch einen anderen Gerichtsmediziner eine zweite Obduktion durchführen lassen.
Gegen Chauvin wurde nun Anklage erhoben. Gegen seine drei Kollegen wurde indes noch kein Verfahren eingeleitet. Die juristische Reaktion auf den Mord an einem dunkelhäutigen Jogger hatte die USA erst vor wenigen Wochen erschüttert.
Chauvin muss sich wegen ,,Murder of third Degree" verantworten. Dieser ,,Mord dritten Grades" existiert juristisch nur in wenigen US-Bundesstaaten. Er entspricht dem deutschen ,,Totschlag" und wird in Minnesota mit maximal 25 Jahren Haft bestraft. Viele fragen sich, warum keine Klage wegen rücksichtslosen Mordes (Depraved-Heart Murder) erhoben wurde.  ...
https://www.merkur.de/welt/usa-george-floyd-tot-donald-trump-unruhe-proteste-minneapolis-tat-festnahme-polizist-tod-verbrechen-zr-13782711.html (https://www.merkur.de/welt/usa-george-floyd-tot-donald-trump-unruhe-proteste-minneapolis-tat-festnahme-polizist-tod-verbrechen-zr-13782711.html)

Quote[......] In 75 Städten der USA gab es am Pfingstwochenende Proteste, vier Menschen verloren dabei ihr Leben. Der Tod des 46-jährigen Afroamerikaners George Floyd durch Polizeigewalt in Minneapolis hat das Land aufgewühlt wie keine der früheren Gewalttaten gegen unbewaffnete Schwarze. Trayvon Martin in Florida, Michael Brown in Ferguson, Missouri, oder Eric Garner in New York wären da zu nennen. Vor allem diese drei Todesfälle waren der Auslöser für die Black Lives Matter-Bewegung, die seit 2013 gegen systematische Gewalt und Diskriminierung von AfroamerikanerInnen protestiert.

Die Szene, wie George Floyd vom Knie eines Polizisten minutenlang die Luft abgedrückt wird, während Umstehende den Beamten drängen innezuhalten, wurde auf Video dokumentiert. Die Washington Post hat nun den gesamten Ablauf der Festnahme aus verschiedenen Blickwinkeln rekonstruiert. Es sind verstörende Bilder, die das Ausmaß der Wut, die sich in den vergangenen Nächten entlud, nachvollziehbar machen.

Brandstiftungen und Plünderungen gingen mit überwiegend friedlichen Protesten einher, auch Polizei und Nationalgarde überschritten die Grenzen des Erträglichen, wenn sie mit Gummigeschossen auf JournalistInnen feuerten oder mit ihren Einsatzfahrzeugen in die Protestierenden fuhren. Aber Demonstranten attackierten ebenso die Presse, wie hier die CBS-Reporterin Briana Whitney in Phoenix [https://twitter.com/BrianaWhitney/status/1266614725284003845 (https://twitter.com/BrianaWhitney/status/1266614725284003845)], und Einrichtungen wie den Sitz von CNN in Atlanta. Der Berufsverband der Medienleute veröffentlichte einen offenen Brief, in dem an beide Seiten appelliert wurde, die Medien bitte ihren Job machen zu lassen [https://twitter.com/spj_tweets/status/1266927421917405185/photo/1 (https://twitter.com/spj_tweets/status/1266927421917405185/photo/1)].

Wer sich durch die Websites der US-Medien und die Twitter-Accounts zum Thema klickt, stößt auf viele Grautöne, die überraschen, wenn man die Ereignisse nur zwischen berechtigtem Zorn und brutaler Staatsgewalt unterteilen will. Es gibt Polizeikräfte, die sich mit dem Protest solidarisieren, etwa in Kansas City oder in Flint, Michigan. Es gibt Menschen, die mit vielen anderen anpacken, um die Spuren der nächtlichen Gewalt zu beseitigen.

Wer sich durch die Websites der US-Medien und die Twitter-Accounts zum Thema klickt, stößt auf viele Grautöne, die überraschen, wenn man die Ereignisse nur zwischen berechtigtem Zorn und brutaler Staatsgewalt unterteilen will. Es gibt Polizeikräfte, die sich mit dem Protest solidarisieren, etwa in Kansas City oder in Flint, Michigan. Es gibt Menschen, die mit vielen anderen anpacken, um die Spuren der nächtlichen Gewalt zu beseitigen.

Oder Menschen, die großen Mut beweisen, wie die 17-jährige Darnella Frazier, die die Festnahme George Floyds mit dem Handy filmte und nun online geschmäht wird. Oder andere, die uns berühren, wie der 12-jährige Keedron Bryant mit seinem Gospelsong für George Floyd, der x-fach auf Youtube geteilt wird.

Und Präsident Trump? Er drohte den DemonstrantInnen vor dem Weißen Haus, ,,wilde Hunde" auf sie zu hetzen. Aber er hat tatsächlich die Familie Floyds angerufen. George Floyds jüngerer Bruder Philonise berichtete hinterher: ,,Es ging so schnell. Ich hatte gar keine Chance, auch etwas zu sagen. So schwierig. Ich versuchte, ein Wort dazwischen zu bekommen, aber er hat mich irgendwie abgewimmelt, als ob er es gar nicht hören wollte." Was des Kommentars genug ist.


Aus: "Proteste gegen Polizeigewalt in den USA: Wut, Mut und wilde Hunde" Kommentar von Stefan Schaaf (31.5.2020)
Quelle: https://taz.de/Proteste-gegen-Polizeigewalt-in-den-USA/!5689304/ (https://taz.de/Proteste-gegen-Polizeigewalt-in-den-USA/!5689304/)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 08, 2020, 10:55:54 PM
Quote[...] Manche Sätze altern schnell, zum Beispiel der hier. Am vergangenen Freitag fragte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) eher rhetorisch: "Wie soll der rechtschaffene Bürger der Berliner Polizei vertrauen können, wenn es selbst deren Landesregierung offenbar nicht tut?" Kaum 24 Stunden später kommt es bei einer Black-Lives-Matter-Demo in der Hauptstadt zu einer Szene, die zumindest auf Videos nicht das Bild einer Polizei zeichnet, der man blind vertrauen kann.

Zu sehen ist darauf ein schwarzer Mann, der von mehreren behelmten Polizisten mit Schäferhunden zu Boden gezerrt und geschlagen wird. Ja, der Mann verhält sich aggressiv und greift die Beamten an. Nein, das Video zeigt nicht, was vorher passiert ist, angeblich habe er die Beamten minutenlang provoziert. Nein, ob die Hautfarbe des Mannes einen Einfluss auf das Verhalten der Polizisten hatte, es also rassistisch motiviert war, lässt sich aus den Bildern nicht ablesen. Aber zu sehen sind Beamte, die den Mann mit den Knien zu Boden drücken, während Schäferhunde ihn anbellen – und ein Polizist schlägt dem Verdächtigen mehrfach mit der Faust an den Kopf. Zu sehen sind Polizisten, die die Kontrolle verlieren.

Passiert ist das auf einer Demo gegen Polizeigewalt und Rassismus. Zehntausende waren deutschlandweit dagegen auf der Straße, anders als die sogenannten Hygienedemos nicht wegen, sondern trotz Corona. Erst zwei Tage zuvor hatte das Berliner Abgeordnetenhaus das Antidiskriminierungsgesetz verabschiedet.

Damit sollen Menschen vor Benachteiligung durch Behörden geschützt werden. Das betrifft zum Beispiel Frauen, die sich sexistische Witze im Bürgeramt anhören müssen, Anträge, die wegen mangelnder Sprachkenntnis abgelehnt werden, und auch Menschen, die allein aufgrund ihres Glaubens, ihrer Herkunft oder ihres Aussehens wie Verdächtige behandelt werden.

Kaum war das Gesetz verabschiedet, wurde es lautstark kritisiert. Die Polizeigewerkschaft sah ihren Stand unter Generalverdacht gestellt, Innenpolitiker fürchteten eine Art Klagewelle, andere kritisierten die sogenannte Beweislastumkehr – dass also jede Beamtin und jeder Beamte so lange als verdächtig gilt, bis er oder sie das Gegenteil beweist. Dass zunächst diejenige Person, die sich diskriminiert fühlt, das auch plausibel darlegen muss, fiel unter den Debattentisch. Andere Bundesländer kündigten bereits an, deshalb keine Beamten mehr zur Unterstützung in die Hauptstadt schicken zu wollen.

Innenminister Horst Seehofer sprach von "Wahnsinn", Unionspolitiker beteuerten, es gebe keinen Rassismus in der Polizei und Joachim Herrmann sah eben das Vertrauen in den Sicherheitsapparat beschädigt.

Das ist eine Wahrnehmung, die man bestenfalls als auf dem Kopf stehend bezeichnen kann. Ein Kontrollinstrument einzuführen, schwächt nicht das Vertrauen in Institutionen, sondern stärkt es – wenn die Kontrollinstanzen korrekt arbeiten. Insofern kann man die Kritik von Herrmann und Co auch als Misstrauen in die Gerichte deuten: Die entscheiden ja am Ende immer noch, ob eine Diskriminierung vorlag oder nicht. Wenn es keinen Rassismus in deutschen Behörden gibt, muss niemand fürchten, dafür belangt zu werden.

Doch es gibt genug Gründe für eine scharfe Kontrolle der Behörden. Oft genug laufen Anzeigen gegen Beamte ins Leere. Immer wieder sterben in Deutschland People of Color in Polizeigewalt, von Oury Jalloh bis Achidi John. Immer wieder tauchen Namen von Ermittlungsbeamten im Kontext rechtsextremer Gruppierungen auf. Immer wieder berichten Menschen mit Migrationshintergrund von anlasslosen Polizeikontrollen. Diese Praxis des Racial Profilings steht schon lange in der Kritik. Bei einer anderen Black-Lives-Matter-Demo in Hamburg wurden am Wochenende offenbar 39 Personen vorübergehend in Gewahrsam genommen, ohne dass ihnen ein Grund genannt worden wäre. Darunter viele Minderjährige genauso wie Schwarze, die bloß vom Einkaufen kamen.

Das heißt nicht, dass die gesamte Polizei aus Rassisten besteht. Aber es gibt sie in ihren Reihen, und wenn schon ein simples Landesgesetz zu derart starkem Widerstand führt, zeigt das nur, wie gering die Bereitschaft ist, sich damit aufrichtig auseinanderzusetzen.

Wer als weißer Mann mit Beamtenstatus ernsthaft von Diskriminierung und Generalverdacht spricht und sich selbst damit meint, der hat sich offensichtlich noch nie mit der Frage auseinandergesetzt, was strukturelle Ausgrenzung eigentlich bedeutet. Der hat offenbar noch nie mit Menschen gesprochen, die ihr Leben lang benachteiligt oder verdächtigt wurden. Nicht nach Belieben walten und wüten zu können, ist kein Grundrechtsentzug, sondern Grundlage einer funktionierenden Demokratie.

Was die Debatte außerdem offengelegt hat: Trotz der Vorfälle vom Wochenende, trotz der Diskussionen rund um die USA und George Floyd und um Rassismus auch in Deutschland kommt zum Thema Diskriminierung nicht nur Konservativen zuerst ein Bild in den Kopf: das vom kriminellen Ausländer, der dieses Gesetz kapern könne, um zum Gegenschlag auszuholen. Wie dringend eine Veränderung nötig ist, zeigt sich manchmal besonders deutlich am Widerstand gegen sie.


Aus: "Rassismus in Deutschland: Wo das Vertrauen fehlt, hilft nur Kontrolle" Ein Kommentar von Christian Vooren (8. Juni 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/2020-06/rassismus-in-deutschland-berlin-polizei-umstritten-rassismus-black-lives-matter/komplettansicht (https://www.zeit.de/gesellschaft/2020-06/rassismus-in-deutschland-berlin-polizei-umstritten-rassismus-black-lives-matter/komplettansicht)

QuoteOstsee1968 #1.2

Wozu dieses ständige Polizistenbashing führt kann man hier sehr gut sehen

https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/116091/4614619 (https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/116091/4614619)

Polizisten, die ihren Job Völlig korrekt machen, werden von umherstehenden Passanten, als Rassisten beschimpft.
Bei diesen völlig undifferenzierten und teilweise herabwürdigenden Artikel irgendwelcher realitätsferner Journalisten kann man wirklich nur noch mit dem Kopf schütteln.
Diese ,,alle Dunkelhäutigen / Migranten / Flüchtlinge sind arme unschuldige Opfer" Mentalität ist wirklich völlig überzogen.
Jeder Journalist sollte einfach mal während seiner Ausbildung eine Woche lang mit der Polizei in einem Brennpunktgebiet auf Streife gehen oder sich bei einer Demo am 1. Mai mit in die Reihen stellen.

Ich denke, da würde so mancher Artikel anders aussehen.


QuoteSchwulemiker #37

Also, ich vertraue der Polizei. Liegt möglicherweise daran, dass ich keine Bedürfnisse hege, mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen.


QuoteDie Alternative zur Alternative #1.3

"Unionspolitiker beteuerten, es gebe keinen Rassismus in der Polizei"

Als traditioneller Unionswähler wäre ich mit solchen Aussagen vorsichtig.
Ich vertraue der Polizei. Es würde mich aber wundern, wenn es nicht große regionale Differenzen gäbe. Polizisten wachsen nicht im luftleeren Raum auf und wenn es Orte z.B. in Thüringen gibt, in denen über 60 Prozent einen Faschisten wählen, kann ich mir nicht vorstellen, dass dort alle Polizisten (Feuerwehrmänner, Soldaten, etw.) völlig frei von rechtspopulistischen Allüren sind.


Quote
rgnf #1.4

"Diese ,,alle Dunkelhäutigen / Migranten / Flüchtlinge sind arme unschuldige Opfer" Mentalität ist wirklich völlig überzogen."

Richtig, diese Mentalität wäre total überzogen, wenn es sie denn gäbe.
Sagt und denkt aber niemand.

...


QuoteBanhammer-Magnet #1.5

Bei diesem Thema kann man kaum polemisch sein.

Nur weil die Polizei im Verhältnis zu den US-Polizisten noch nicht jedes Maß verloren hat, heißt das nicht, dass sie kein systematisches problemhaftes Verhalten an den Tag legt, sei es Racial Profiling oder Korpsgeist, also das Beschützen von kriminellen Polizisten und das Erfinden von Gegenanzeigen, damit die Opfer von Polizeigewalt im Angesicht langwieriger Gerichtsverfahren mit ungewissem Ausgang ihre Anzeigen gegenüber den kriminellen Polizisten einstellen. ...


QuoteDurchbruchmüller #2

"Wo das Vertrauen fehlt, hilft nur Kontrolle"

Fehlendes Vertrauen ggü. der Polizei ist wieder eines dieser Probleme, welches nur in medialen Parallelwelten existiert.
Tatsächlich genießt nach wie vor keine Berufsgruppe so viel Vertrauen, wie die Polizei (80%).
Übrigens weit vor "der Presse" (43%).
https://www.presseportal.de/pm/72183/4484126 (https://www.presseportal.de/pm/72183/4484126)


Quote
Clemenules #2.2

Tatsächlich genießt nach wie vor keine Berufsgruppe so viel Vertrauen, wie die Polizei (80%).

Ich vertraue im allgemeinen der Polizei, nur nicht jedem Polizisten gleich. Dafür haben paar echt uncoole aber partytaugliche Geschichten gesorgt.
Chancen dass die Polizisten belangt werden sind Null, Zero, 0.


QuoteLisa Maier #3

Wäre ich Polizist, ich würde unter diesen Bedingungen (massive Überstunden, schlechte Bezahlung, ständige Lebensgefahr, Sündenbock für grottenschlechte Politik und nun auch noch pauschale Vorverurteilungen) hinschmeißen.


QuotepanchoVilladelacasa #3.1

Wären Sie Polizist, würde ich das ausdrücklich gut finden!


QuoteAlles_Für_Alle_Und_Zwar_Umsonst #3.3

Richtig.

Dennoch gehört die Debatte geführt. Auch über Arbeitszeiten und Gehälter der Polizei.

Aber eben auch über Rassismus, der von beamten ausgeht und wie damit umgegangen werden sollte.

Allerdings ist die "Berliner Lösung" eben auch fragwürdig.
Eine Stärkung des Klagerechts und Kostenlose Klagemöglichkeit gegen Behörden und Behördenmitarbeiter sollten eigentlich normal sein.
Bis dahin sollte man vor allem über die möglichkeiten von Dienstaufsichtbeschwerden (gegen Fehlverhalten von behörden) oder Fachaufsichtsbeschwerden (gegen fehlverhalten von behördenmitarbeitern) hinweisen. Die funktionieren nämlich sehr gut, und schond er Hinweis, das man von dieser Möglichkeit weis, erhöht die Freundlichkeit von Behördenmitarbeitern enorm (wohlgemerkt: der hinweis, nicht die Drohung).


QuoteMephi_der_Verneiner #3.4

Wäre ich Polizist, ich würde unter diesen Bedingungen (massive Überstunden, schlechte Bezahlung, ständige Lebensgefahr, Sündenbock für grottenschlechte Politik und nun auch noch pauschale Vorverurteilungen) hinschmeißen.

Wäre ich LKW-Fahrer, ich würde unter diesen Bedingungen (massive Überstunden, schlechte Bezahlung, ständige Lebensgefahr, Sündenbock für grottenschlechte Politik und nun auch noch pauschale Vorverurteilungen) hinschmeißen.

Und ganz aktuell: Wäre ich Krankenschwester, ich würde unter diesen Bedingungen (massive Überstunden, schlechte Bezahlung, ständige Lebensgefahr, Sündenbock für grottenschlechte Politik) hinschmeißen.


QuoteMama Wombat #3.5

Ihr Gerede von "pauschalen Vorverurteilungen" ist Blödsinn.
Liest hier niemand die Artikel unter denen er kommentiert?


Quotepausd dj #13

... All die Law-and-Order Leute, die jahrelang bei Verschärfung der Überwachungsmaßnahen argumentierten: "Wer nichts verbrochen hat, der hat auch nichts zu befürchten", tappen nun in ihre eigene idiotische Argumentationsfalle. ...


QuoteMoritz.Grattke #20

Bei so manch einem Polizisten ist die Botschaft "I cant breath" noch nicht angekommen. ...


QuoteKoandra #20.1


@Moritz.Grattke: Das war ein Fall in den USA. Ich sehe nicht, dass diese seit Jahrzehnten in den USA vorhandene strukturelle Gewalt von Teilen der Polizei auf die Bundesrepublik übertragen werden kann. Es gibt diese hier auch. Allerdings nicht in diesem Ausmaß. ...


QuoteJeanLuc7 #25

Die konservative Presse hat zusammen mit der CDU (und der AfD) hier einen guten Job gemacht. Man hat das Gesetz von Anfang an bekämpft und sich auch nicht gescheut, Falschinformationen in die Welt zu setzen. Weder geht es um einen Generalverdacht, noch gibt es die - auch hier in den Kommentaren beklagte - Beweislastumkehr. Was drinsteht im Gesetz: man darf sich beklagen über rassistische Vorgänge - und dann entscheidet ein Richter, wie damit umzugehen ist. Ich empfehle allen, die jetzt das Gesetz verteufeln, es erst einmal zu lesen.


QuoteMephi_der_Verneiner #30

Das Problem liegt viel tiefer: Solange es Gerichtsurteile gibt, wie zum Beispiel im Fall Oury Jalloh, gibt es keinen Grund, weshalb sich ein Polizist an Recht oder Gesetz halten sollte.


Quotebeob8er #35

Da kann man nur sagen, wer sich als Polizist korrekt verhält hat, nichts zu befürchten. Das hält man den Bürgern bei den von den Sicherheitsorganen gewünschten Überwachungsgesetzen als Vorratsdatenspeicherung oder bay. Polizeiaufgabengesetz ja auch immer zur Beruhigung vor. ...


Quoteeasc33 #36

Der Polizei als Institution (nicht allen Polizisten) mangelt es an ganz elementaren Fähigkeitkeiten, die heutzutage von jedem Arbeitnehmer erwartet werden.

Zum Beispiel: Kritikfähigkeit. Nicht jede Kritik pauschal abwehren, sondern ernst nehmen. Nicht ständig die Fehler bei anderen suchen, sondern überlegen was man selbst verbessern kann.

Eine richtige Einschätzung der eigenen Rolle. Nicht jedem Beamten scheint bewusst zu sein, dass er/sie der Bevölkerung dient, nicht andersherum.

Transparenz. Die Polizei strebt grundsätzlich nach mehr Macht und weniger Transparent und Kontrolle. Sie wehrt sich mit Zähnen und Klauen gegen jedes Gesetzesvorhaben, dass ihr mehr Transparenz verordnet, teils mit absurd-fadenscheinigen Argumtenten. "Wir sind die guten, wir brauchen keine Aufsicht" ist wohl die Denke, die da vorherrscht.

Wer mit so viel Macht und Befugnissen ausgestattet ist wie die Polizei, muss einfach auch damit klarkommen, dass Leute ganz genau wissen wollen wie diese eingesetzt werden und dass Leute verlangen, dass Grenzen dieser Befugnisse eingehalten werden und Missbrauch dieser Macht streng geahndet statt unter den Tisch gekehrt wird.


QuoteParabel #41

Die Polizeibeamten werden aus der Mitte der Bevölkerung rekrutiert. Warum sollten diese also weniger rassistisch sein als der Rest? Beleidigt müssen da die Beamten und bestimmte Politiker nicht reagieren. Sie sollten eher in den eigenen Reihen klare Kante zeigen gegen bestimmte Kollegen.


QuoteWarnglocke #53

,,Neofaschistische Züge". Ich sehe in der Polizei eher Frauen und Männer, die Recht und Ordnung durchsetzen, immer zwischen den Fronten stehen, den Kopf hinhalten und dabei nur mittelmäßig bezahlt werden. Und sich dann als Neofaschisten beleidigen und diffamieren lassen müssen.



QuoteDesconocido #57

Ernsthaft, wenn das Argument: " Wer nichts zu verstecken hat, hat nichts zu befürchten" für den Bürger immer wieder richtig sein soll, dann wird das für die Polizisten auch nicht falsch sein.


QuotePerry25 #60

Unsere Polizei, der Verfassungsschutz und die Bundeswehr benötigen demokratische Checks und Balances!
Wie jede staatliche Organisation in einer Demokratie! Eigentlich klar. ...


...
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 09, 2020, 09:47:14 AM
Quote[...] Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Thüringens Innenminister Georg Maier, hat Vorwürfe zurückgewiesen, wonach in deutschen Sicherheitsbehörden ein "latenter Rassismus" herrsche. "Es gibt keine Rechtfertigung dafür, die Integrität unserer Polizei strukturell infrage zu stellen", sagte der SPD-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Man wisse von Einzelfällen, denen man mit "aller Härte des Rechtsstaates" nachgehe. Dabei gelte: Null Toleranz für Rassismus. Gerade in der jetzigen Zeit müsse die Politik hinter der Arbeit von Polizisten und Polizistinnen stehen, forderte er.

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken hatte den Zeitungen zuvor gesagt: "Auch in Deutschland gibt es latenten Rassismus in den Reihen der Sicherheitskräfte, die durch Maßnahmen der inneren Führung erkannt und bekämpft werden müssen." Bei der Aufarbeitung von Fällen ungerechtfertigter Polizeigewalt dürfe nicht der Eindruck entstehen, der polizeiliche Korpsgeist spiele eine größere Rolle als die Rechte der Bürger. Deshalb müsse eine unabhängige Stelle mit der Bearbeitung solcher Beschwerden betraut werden, hatte Esken gefordert.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hält die Äußerungen von SPD-Chefin Saskia Esken über Rassismus bei der deutschen Polizei für fehl am Platz. Es sei "nicht angebracht, mit Blick auf die US-amerikanischen Polizeiexzesse die Redlichkeit und Vertrauenswürdigkeit unserer Beamten infrage zu stellen", sagte Herrmann dem Münchner Merkur.

Die Diskussion um möglichen Rassismus in der deutschen Polizei wurde durch die weltweiten Proteste nach dem Tod des Schwarzen George Floyd in den USA angeheizt. Der unbewaffnete Mann war bei einem brutalen Polizeieinsatz getötet worden. Auch in Deutschland hatten am Wochenende Zehntausende Menschen in mehreren Städten gegen Rassismus und Polizeigewalt demonstriert.


Aus: "Innenministerkonferenz-Chef bestreitet "latenten Rassismus" in Polizei" (9. Juni 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/politik/deutschland/2020-06/innenministerkonferenz-chef-georg-maier-rassismus-polizei-spd-saskia-esken (https://www.zeit.de/politik/deutschland/2020-06/innenministerkonferenz-chef-georg-maier-rassismus-polizei-spd-saskia-esken)

Quoteagt69 #1.11

,,Ich kenne ein paar Polizisten und das sind alles ehrbare Menschen."

Ich kenne auch einige Polizisten, die hochanständig sind und niemals zuschlagen würden. Solange sie aber nicht aussagen gegen gewalttätige Schläger in ihren Reihen, sind sie eben leider nicht ganz so ehrbar, wie sie sich selbst gerne sehen würden.

...


QuoteStaucher #1.16

... Rassismus beginnt ja nicht erst da, wo Menschen ermordet werden. Das jemand zu Tode kommt ist in der Tat recht selten im Gegensatz zur USA.
Das Menschen aufgrund ihrer Herkunft oder ethnischen Zugehörigkeit von Polizisten schlechter behandelt werden ist aber an der Tagesordnung.
Genauso der Korpsgeist, der dafür gesorgt hat, dass im Falle Oury Jallohs niemand verurteilt wurde.


QuoteTreverer #2

Klar, Einzelfälle...

Das ist so lächerlich. Seit Jahrzehnten ist das offensichtlich für jeden, der genau hinschaut. Und immer noch gibt es Deppen, die es bestreiten. Na ja, wird immerhin immer schwerer, allein schon das die sich so in der Defensive befinden. Aber schon krass, wie immer noch die Augen zugedrückt werden, sowohl vor dem strukturellen Rassismus als auch vor der allgegenwärtigen Polizeigewalt...


Quotegdl1983 #2.1

Für diese allgegenwärtige Polizeigewalt in Deutschland haben Sie sicher unzählige ganz aktuelle Beispiele, nehme ich an?


QuoteH. Weiss #2.2

Recherchieren Sie gefälligst selbst. Wer es wissen will kann es wissen. Wer es ignorieren will kann es aber auch ignorieren. Vom Wegschauen wird aber sicher nichts besser. Aber vielleicht ist das ja so gewollt?!

LG
Ein Polizistenbruder und Polizistenneffe.


QuoteNAVAN #2.8

"Recherchieren Sie gefälligst selbst. "

Nee, Denunzianten müssen Belege vorlegen.


QuoteFedmahn Kassad #2.12

Staatsanwaltschaft und Polizei sind quasi verheiratet. Daher kommt es so gut wie nie zu Anklagen. 98% aller Anzeigen werden eingestellt, in 1 % kommt es zu einer Verurteilung. Demgegenüber liegt die Anklagequote bei anderen Anzeigen bei 20%. Komisch oder?

https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2019-07/polizeigewalt-studie-ruhr-universitaet-bochum-kriminologen-verfahren (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2019-07/polizeigewalt-studie-ruhr-universitaet-bochum-kriminologen-verfahren)


Quoteder_hasan #4

Wenn man nicht gerade Ausländer ist, hat der SPD-Politiker Georg Maier sicherlich recht ...


Quotemardeweb #5

Georg Maier liegt falsch. "Die" Polizei gibt es nicht; es kommt in Deutschland massgeblich drauf an, welcher man begegnet. Waehrend meiner Jugend (80er) in Sueddeutschland lernten wir zu unterscheiden zu welchen 'inneren' Gruppierungen Polizeibeamte und Reviere eher gehörten. Da gabs den Lokalmatadoren, der mit der Wumme im Schulterholster am Wochenende seinen Rasen mähte, den Republikanern nahestand, und eine Truppe von Quaelgeistern in Uniform um sich hatte, die uns in, oder auf den Strassen anhielt, weil wir lange Haare hatten, Asoziale seien, und wahrscheinlich "Heroin rauchten". Wohlgemerkt, das waren wir weissen kids; unseren türkischen Freunden ging's da noch wesentlich schlechter.
Dann gab's die Polizei die zu den gewerkschaftlich progressiv organisierten gehörten, und der gesamte Umgang war ein anderer, auch wenn die mal wegen Larrm-belaestigung nachts die Partie abstellen mussten.


QuoteEddie_Dean #13

Erdrückendes Feature des NDR über das Thema Polizeigewalt. Kernaussage: Dadurch das die Polizei sich selbst kontrolliert, wird vieles verschwiegen. Des weitere werden durch den Korpsgeist auch noch die guten Polizisten versetzt, die die schwarzen Schafe anzeigen.

Das Feature - Polizeigewalt in Deutschland
Sonntag, 07. Juli 2019, 11:05 bis 12:00 Uhr, NDR Info - Feature von Marie von Kuck
Mit: Meik van Severen, Antonia Mohr, Berth Wesselmann, Jannek Petri, Robert Besta
Technische Realisation: Angela Raymond
Regie: Tobias Krebs, Produktion: SWR/DLF/WDR 2018
https://www.ndr.de/nachrichten/info/sendungen/das_feature/Feature-Polizeigewalt-in-Deutschland,sendung912418.html (https://www.ndr.de/nachrichten/info/sendungen/das_feature/Feature-Polizeigewalt-in-Deutschland,sendung912418.html)


QuoteFormSinn #16

Wie passt die Aussage von Herrn Maier zu dem Fakt, dass gerade bei der Polizei überdurchschnittlich AfD gewählt wird und allein in der Bundestagsfraktion dieser rechten und ausländerfeindlichen Partei 7 Polizisten sitzen

ZEIT-online schrieb im Juni 2019: "Zuletzt hatten Rechtsbrüche in der Polizei viele Bürger entsetzt: Polizisten, die die Privatadresse einer NSU-Opferanwältin an Rechtsextreme weitergaben, andere, die sich als Reichsbürger entpuppten, Polizeibeamte, die in Chats rassistische oder Nazisprüche und –bildchen posteten. Der Hamburger Polizeiwissenschaftler Behr hält so etwas aber keinesfalls für weitverbreitet. Unter den 250.000 Polizisten Deutschlands schätzt er die Zahl der beweisbaren Vergehen auf 40 oder 50."

Das sind eben keine Einzelfälle, wie man letztes Jahr in Hessen sehen konnte. Wie passt das alles zu der Aussagen von Herrn Maier?


Quotefreefly #16.1

"Wie passt die Aussage von Herrn Maier zu dem Fakt, dass gerade bei der Polizei überdurchschnittlich AfD gewählt wird "

Sie können das sicherlich belegen, was Polizeibeamte in geheimer Wahl so wählen. Ich bin gespannt.

Das sind blind übernommene populistische Behauptungen, die Sie niemals belegen können. Sie wissen nämlich nicht, was jeder einzelne Polizist wählt. Aus meinen beruflichen Erfahrungen mit der Polizei erschließt sich das Gegenteil: da sind die "Rechten" eher ausgegrenzt. Und ich habe täglich eng mit der Polizei zu tun.


QuoteSo denke ich dazu #17

Natürlich gibt es einen latenten Alltagsrassismus. Der ist unabhängig von Hautfarbe und Herkunft.

Leider wird aber in der derzeitigen Diskussion vieles verschwurbelt und unbotmäßig vermengt.
Einerseits sprechen wir von Polizeigewalt.
Die ist in den USA sicher sehr viel stärker ausgeprägt als in DE. Schon die Waffengesetze dort sind ein grundsätzliches Problem was wir in DE nicht einmal richtig nachvollziehen können.

Rassismus, schon das Wort finde ich falsch, da es Menschen in Rassen unterteilt und an die Rassenlehre der Nazis erinnert.
Sprechen wir lieber von Ethnien.
Sprechen wir dabei - um den Übergang der Polizeigewalt zur Ethnien Verfolgung besser unterscheiden zu können durchaus auch über 'ethnic profiling'.

Was ist Aufgabe der Polizei?
Dein Freund und Helfer zu sein?
Bestimmt auch. Als Kontaktbereichsbeamter.
Der Kern aber ist Sicherheit im gesellschaftlichen täglichen Miteinander zu gewährleisten. Für Alle.
Und das macht die Polizei in DE unauffällig und angemessen (sage ich als 'OttoNormal).


QuoteGrimbold Unfried #36

Das herbeireden von angeblicher Polizeigewalt der netten Frau Esgen ist eine unfeine Form von Populismus, die versucht aus der Situation in den USA Profit zu schlagen. Einfach mal so etwas zu behaupten...hätte ich eher bei beim rechten politischen Gegner verortet so etwas aber nicht bei der SPD?


Quotefreefly #36.1

Mit allen Mitteln Stimmen sammeln. Vor allem links, da findet man wunderbar entsprechende Polizistenfeinde.


QuoteHugo Henner #44

Diese Art Diskussion über Rassismus in den Reihen der Polizei bringt überhaupt nichts. Es fehlt einfach ein unabhängiges Kontrollinstrument, welches mögliche Verfehlungen der Polizei gegenüber Bürgern untersucht. Dabei ist natürlich Rassismus mit eingeschlossen.


QuoteStefanMo #44.1

Ja, aber dagegen wehren sich die Polizeigewerkschaften und Politiker, deshalb bleibt die Polizei ein Staat im Staat.


Quotetsitsinotis08 #48

Frau Esken hat recht. Die Polizei zieht ,,naturgemäß" autoritäre Charaktere (s. Erich Fromm) an.


QuoteHonkler #51

Das größte Problem mit der Deutschen Polizei ist klar der Korpsgeist und das Fehlen einer dedizierten "Inneren Abteilung".
Dies führt dazu, dass im Zweifel Kollegen gegen Kollegen ermitteln, und alle dicht halten. ...


Quoteichweissdassichnichtsweiss2 #52

Esken hätte lieber eine unabhängige Kontrollinstanz für die Polizei fordern sollen. Die könnte sich dann auch mit Rassisimusvorwuerfen beschäftigen.


QuoteIrbanMutarez #52.1

Hat sie doch.


QuoteDr. J #53

Gestern im DLF gab es eine Reportage, da äußerten sich zwei dunkelhäutige Frauen, die nach einer Demo in Berlin festgenommen worden waren (eine hatte ein Transparent mit der Aufschrift "Fuck da Police" hochgehalten). Sie mokierten sich dann darüber, man ihnen im Wagen gesagt hätte, sie "sollen die Schnauze halten" und man sie gefragt habe, wer sie eigentlich glaubten, zu seien. Wenn man das als Rassismus empfindet, wird es halt schwierig. Ich habe Hochachtung vor Polizisten, wenn ich mir so ansehe, was die so alles ertragen und sich anhören müssen, wenn sie ihren Job machen.


QuoteMarkus54321 #53.1

Das Schild ist freie Meinungsäußerung und kein Grund für eine Festnahme...


QuotevanderGnaack #55

Auch nur ein bisschen Gift verdirbt das ganze Essen. Anders gesagt: auch wenn es Einzelfälle sind, was ich auch annehme, sollte es der Polizei und den Innenministern selbst daran gelegen, diese umfassend aufzuklären und Sorge zu tragen, dass sie immer seltener werden.


QuoteHarald_A #57

Es ist nicht verständlich warum es latenten Rassismus in der Gesellschaft überall gibt und ausgerechnet in der Polizei soll das nicht so sein?
Wenig schlüssig ist das. ...


QuoteMr. Wuff #59

Alter weißer Mann der noch nie Opfer von Rassismus geworden ist findet in der Institution die er kontrolliert gibt es sowas nicht.
Meine Güte wie unfassbar ignorant. Man muss sich nur für ein paar Minuten mit Menschen anderer Hautfarbe unterhalten und eigentlich alle können einem rassistische Erfahrungen in Begegnungen mit der Polizei erzählen. Hat er anscheinend nie gemacht und hällt das wohl auch nicht für nötig. Menschen wie Maier sind ein großer Teil des Problems.

P.S. das sollte jetzt niemand missverstehen, denn es heißt nicht, dass alle Polizisten Rassisten sind oder schlechte Menschen. Das hat nie jemand behauptet.


QuoteMitteWähler #59.1

Da gibt es aber auch Unterschiede. Ich habe zwei Schwarze im Freundeskreis. Diese finden dann z.B. Diskussionen wie sie teilweise hier geführt werden (Sarotti-Mohr, Mohren-Apotheken u.ä) lächerlich und haben auch keine Probleme mit oder gar durch die Polizei. Die sind sich auch der historischen Hintergründe besser bewusst als wir weißen die vielfach nur Mitläufer sind und sich über etwas echauffieren wovon sie keine Ahnung haben. dann gibt es auch Fälle (den habe ich nur aus der Lokalpresse) wo ein Schwarzer in der Straßenbahn auf einen gültigen Fahrausweis kontrolliert werden soll und, kaum von Kontrolleuren angesprochen, umgehend mit der Diskriminierungs-Keule schwingt. Es mag vielleicht auch eine Rolle spielen ob man sich nur diskriminierend behandelt fühlt oder es tatsächlich wird.


QuoteDuke2007 #61

Es ist unerträglich, das Politikerinnen wie Frau Esken sich einerseits klar zur Antifa, die wie keine andere Gruppe für die Gewalt auf der Straße steht, bekennen und gleichzeitig die Polizei pauschal denunzieren.
Die verbale Gewalt gegen Polizisten (ACAB, Bullen, Bullenschweine) der Antifa findet sich heute an jeder dritten Fußgänger- oder Autobahnbrücke, die physische Gewalt (metallische Zwillengeschosse, Pyro in allen Formen, kiloschwere Pflastersteine u. a.) sind Standardwaffen der Antifa, die regelmäßig zum Einsatz kommen.
Unmöglich ist überdies der Vergleich der Situation in den USA mit der in Deutschland. In den USA muss jeder Polizist täglich damit rechnen erschossen zu werden, wegen der Waffengesetzgebung. Gewalt gegen Polizei, gerade und leider auch aus der schwarzen Community heraus, waren schon vor Jahrzehnten Teil der Popkultur (Ice T, Bodycount, Copkiller, 1992).
"Black lives matter" hat natürlich seine Berechtigung und der Mord an G. Floyd muss zu Verurteilungen führen. Allerdings macht man es sich viel zu einfach, wenn man ein Narrativ einer weißen, rassistischen Täterpolizei und entrechteten Schwarzen als Opfer prägt.


QuoteFeuchtigkeitscreme #63

Ich erkenne aus den Jahren und den Erfahrungen mit der Polizei keinen strukturellen Rassismus. Hier und da gibt es Knallchargen - das ist leider die übliche Fehlquote. Ansonsten muss ich Herrn Maier hier Recht geben. Die SPD-Führung unter Frau Esken versucht hier allgemeine Stimmungsmache, wohl mit Blick auf ihre Umfragewerte. In den USA mag es funktionieren, auf solchen Wellen mitzureiten, aber in Deutschland eher weniger.


QuoteIrbanMutarez #63.1

Sie erinnern mich an Franz Beckenbauer. Der hat in Katar auch nie Sklaven gesehen, schließlich liefen die alle frei rum.


QuoteD. Oswald Heist #64

Ich habe einen schwarzen Freund, der mittlerweile reflexartig im ICE seinen Ausweis (geboren in Köln) raus holt, weil die Bundespolizei auch bei vollem Abteil als erstes ihn kontrollieren wird. In der ersten Klasse. Im Anzug. Plus anderen bizarren Situationen:

"Guten Tag, Bundespolizei. Routine Kontrolle, den Ausweis bitte!"
"Sehr gerne, hier ist mein Ausweis."
"Oh, ok, Danke. alles in Ordnung. Sie sprechen aber gut Deutsch!"
"Gerngeschehen. Sie aber auch!"

Er hat es schon geschafft, das der ganze Abteil lachend am Boden lag, aber es ist einfach traurig!

Und auf der anderen Seite, gibt es ja nicht erst seit der Silvesternacht in Köln (auch wenn diese natürlich nochmal als Katalysator gewirkt hat) Zustände wie z.B. am HBF Köln, bei der Polizisten am absoluten Limit arbeiten. Chronisch unterbesetzt, Die Dienstelle ist seit Jahren eine "Übergangslösung" in irgendwelchen Lagerräumen der Deutschen Bahn. Funkverkehr funktioniert in den Gängen nicht (schlechtes Equipment), man rennt immer nur von A nach B. Und z.B. Taschendiebe die morgens erwischt werden, sind am nächsten morgen wieder da, weil es keine strafrechtlichen Konsequenzen für Sie gibt. Das gleiche gilt für Dealer, Schläger, Junkies usw. Wenn die Bahnhofspolizei hier z.B. in 90% der Fällen mit Nordafrikanern zu tun hat, wird diese Gruppe natürlich auch wieder stärker kontrolliert, was wiederum dazu führt das vollkommen Unbeteiligte auch kontrolliert werden.


QuoteLinksrechtsobenunten #66

1. Es gibt Jobs, in denen jede (!) Person exakt nach höchsten Qualitätsstandards arbeiten muss. Ausnahmslos.

Wir würden wohl kaum akzeptieren, wenn die Lufthansa betonen müsste, dass die überwältigende Mehrheit ihrer Piloten nicht absichtlich Flugzeuge abstürzen lässt.

2. Wie hoch diese ,,überwältigende Mehrheit" sein soll, weiß übrigens kein Mensch.

Wie viele Polizisten in Deutschland wurden wegen rechter Umtriebe suspendiert? Weiß man nicht.

Wie viele Polizisten wurden wegen unverhältnismäßiger Polizeigewalt verurteilt? Weiß man nicht.

Wie viele Polizisten haben im Zeugenstand nachweislich gelogen, um einen Kollegen zu decken? Weiß man nicht.

Dafür dass die Polizei noch die Haare auf meinem Kopf zählt, wenn ich in ein Flugzeug steige, gibt es erstaunlich wenig Infos über polizeiliches Fehlverhalten.

3. Warum sagt man diesen Satz mit der ,,überwältigenden Mehrheit" eigentlich nur, wenn es Polizisten betrifft?

Wann immer ein Muslim einen Mordanschlag begeht, steht einen Tag später Horst Seehofer vor den Kameras, um alle Muslime unter Generalverdacht zu stellen.

Erinnert sich noch einer an ,,Döner-Morde"? An ,,Soko Bosporus"? An ,,Nafris"???

Ein Grundprinzip polizeilicher Ermittlungsarbeit war lange Zeit das Wissen, dass Türken halt kriminell sind. Und man nur lange genug ermitteln müsse, um es ihnen nachzuweisen.


...
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 09, 2020, 12:51:39 PM
Quote[...] Es ist nicht nur Minneapolis. Es sind auch Dessau, Kleve, Berlin, Gotha, Weimar, Bonn, Hamburg – und viele weitere Orte in Deutschland.

Hunderttausende demonstrieren nach dem Tod von George Floyd gegen rassistische Polizeigewalt. Auch in Berlin versammelten sich etwa 1500 Demonstrierende vor der US-Botschaft. Sie sind wütend auf den systemischen Rassismus in den USA – aber auch jenen bei uns.

Manchmal scheint es, als wären Gewalt und Rassismus andernorts einfacher auszumachen. Im Video vom Tod George Floyds sehen wir klar einen Täter und ein Opfer. Wir können mit dem Finger auf sie zeigen und das Fehlverhalten klar erkennen.

Deutsche Politiker finden klare Worte: "Ich habe selbst lange in den USA gelebt und weiß, dass die Polizei dort ein Gewaltproblem hat ", sagte zum Beispiel der FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff.

Geht es um Rassismus und Polizeigewalt in Deutschland, scheinen die Worte oft milder. Rassismus? Muss man im Einzelfall entscheiden. Racial Profiling? Oder doch nur verdachtsunabhängige Personenkontrollen? Rechte Netzwerke in der Polizei? Bitte kein Gerneralverdacht.

Opferberatungen und Netzwerke Schwarzer Menschen in Deutschland haben daher den Hashtag #beiunsauch gestartet. Sie wollen, dass auch über die deutschen Fälle von Rassismus und Fehlverhalten der Polizei gesprochen wird.

Der New Yorker Bürgermeister Bill de Blasio sagte, es gebe einige Polizistinnen und Polizisten, die nicht in diesen Job gehören. "Es gibt einige, die gegenüber den Menschen, denen sie dienen, respektlos sind. Es gibt einige, die Rassismus in ihren Herzen hegen."

Erst vergangenes Jahr enttarnte die taz eine rechte Gruppe in Polizei und Bundeswehr: "Hannibals Schattennetzwerk" [https://taz.de/Schwerpunkt-Hannibals-Schattennetzwerk/!t5549502/ (https://taz.de/Schwerpunkt-Hannibals-Schattennetzwerk/!t5549502/)]. Und Anfang dieses Jahr musste Bayern ganze 67 Polizisten entlassen, die definitiv nicht in diesen Job gehörten [https://www.sueddeutsche.de/panorama/polizei-muenchen-67-polizisten-in-bayern-vom-dienst-suspendiert-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-200425-99-834279 (https://www.sueddeutsche.de/panorama/polizei-muenchen-67-polizisten-in-bayern-vom-dienst-suspendiert-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-200425-99-834279)].

Oft trifft Fehlverhalten der Polizei auch in Deutschland Menschen, die sich am wenigsten effektiv wehren können – oder ohnehin schon von Diskriminierung betroffen sind: People of Color oder Schwarze Menschen. Menschen ohne Aufenthaltsstatus. Aber auch Menschen, die psychische Krankheiten haben.

... Am 7. Januar 2005 brachten zwei Polizisten den Asylsuchenden Oury Jalloh in die Gewahrsamszelle Nummer 5 des Polizeireviers in Dessau und fixierten Hände und Füße mit Handschellen. Zwei Stunden später war Jalloh tot.

Viele Fragen wurden im Ermittlungsverfahren nicht geklärt. Unter anderem: Wie viel Schuld trägt die Polizei an Jallohs Tod – könnte es Mord gewesen sein? Ein Freund von Jalloh und mehrere Initiativen kämpfen seit 15 Jahren für Antworten. Auch eine WDR-Journalistin, die den Fall gründlich recherchierte, macht der Polizei Vorwürfe: Korpsgeist, verschwundene Asservate und Rassismus.

Der ungelöste Fall wurde 2019 zu den Akten gelegt. Die Gruppe "Death in Custody" behauptet, seit 1993 seien in Deutschland 138 von Rassismus betroffene Menschen in Polizeigewahrsam gestorben.

Auch Ahmed Amad erlag im September 2018 in Kleve seinen schweren Brandverletzungen, die er in einer Gefängniszelle in Kleve erlitten hat. Dort saß er fälschlicherweise, denn die Polizei hatte ihn mit einem Mann aus Mali verwechselt.

Gerade erst kam heraus: Die Polizei wusste offenbar Wochen vor seinem Tod, dass sie den Falschen inhaftiert hatte. Den Untersuchungsausschuss dazu hatte die CDU schon canceln wollen. Die Ermittlungen sind schon seit November eingestellt. Ergebnis: Eine Kette von Fehlern, aber keine vorsätzliches Fehlverhalten.

Rassismus in der Polizeiarbeit fängt allerdings noch viel früher an. So hat der Anti-Diskriminierungs-Ausschuss des Europarats Deutschland erst vor einem Monat dazu angehalten, endlich mehr Antirassismus-Trainings mit seinen Polizisten und Polizistinnen zu machen. Unter anderem sollten sie endlich lernen, rassistische Kontrollen zu unterlassen, erklärte die finnische Mitautorin Reetta Toivanen. Sogenanntes Racial Profiling ist in Deutschland eigentlich rechtswidrig – aber noch immer Alltag in der Polizeiarbeit. Das führe auch dazu, dass Opfer diskriminierender und rassistischer Gewalt in Deutschland sich oft nicht zur deutschen Polizei trauten, erklärte der Ausschuss.

Ziemlichen Aufruhr verursachte eine Studie im vergangenen Jahr: Die Forscher wollten errechnen, wie hoch die Dunkelziffer von Polizeigewalt in Deutschland ist. Ergebnis der (auch umstrittenen: https://www.zeit.de/2019/40/polizeigewalt-brutalitaet-demonstrationen-studie-dunkelziffer (https://www.zeit.de/2019/40/polizeigewalt-brutalitaet-demonstrationen-studie-dunkelziffer)) Studie: 12.000 Fälle von Polizeigewalt gebe es jedes Jahr, jede fünfte Verletzung sei schwerwiegend.

Wenn deutsche Polizisten töten, lässt die Aufklärung oft zu wünschen übrig. Das zeigt der Fall Maria: Im Januar schossen ein Polizist, begleitet von drei bewaffneten Kollegen, auf eine Frau, die an Multipler Sklerose litt und nicht einmal 50 Kilogramm wog. War die junge Frau eine Gefahr für den Polizisten? Handelte er wirklich aus Notwehr?

Ob das jemals aufgeklärt wird, ist fraglich. Der Fall reiht sich in eine Reihe von Fällen, bei denen es scheint, als habe die Polizei unverhältnismäßig gehandelt – ohne dass es für die Beamtinnen und Beamten Konsequenzen hat. Notwehr, vermeintliche oder echte, ist in diesen Fällen oft ein Argument, um Ermittlungen abzuwürgen. Es gab in Berlin noch mehr solche Fälle:

Da ist der betrunkene André Conrad, der 2012 von sechs Kugeln getroffen wurde. Und der schizophrene Manuel F., der 2013 im Berliner Neptunbrunnen badete. Beide hatten Messer dabei, beide starben durch Polizeischüsse.

Zwischen 2009 und 2017 starben 74 Menschen durch Polizeischüsse. Laut Recherchen der taz fanden sich bei etwas mehr als der Hälfte Hinweise auf psychische Erkrankungen. Wer in Deutschland von Polizisten erschossen wird, sei mit hoher Wahrscheinlichkeit psychisch krank oder in einer akuten psychischen Ausnahmesituation, schreibt die taz [https://taz.de/Psychologe-ueber-toedliche-Polizeischuesse/!5408530/ (https://taz.de/Psychologe-ueber-toedliche-Polizeischuesse/!5408530/)].

Die taz [https://taz.de/Vorwuerfe-gegen-die-Polizei-in-Weimar/!5686849/ (https://taz.de/Vorwuerfe-gegen-die-Polizei-in-Weimar/!5686849/)] berichtet weiterhin von einem Fall in Weimar, in dem eine junge Frau den dortigen Polizeibeamtinnen und Beamten sexuelle Nötigung vorwirft. Sie habe sich bei einer Hausdurchsuchung ausziehen müssen und sei belästigt worden. Die junge Frau ist noch immer in psychiatrischer Behandlung, die Ermittlungen laufen.

In Gotha stehen derzeit zwei Polizisten vor Gericht, denen Vergewaltigung im schweren Fall vorgeworfen wird [https://www.mdr.de/thueringen/mitte-west-thueringen/arnstadt-ilmkreis/prozess-polizisten-vergewaltigung-100.html (https://www.mdr.de/thueringen/mitte-west-thueringen/arnstadt-ilmkreis/prozess-polizisten-vergewaltigung-100.html)]. Laut Anklageschrift waren sie im Dienst und führten ihre Waffe bei sich, als sie eine heute 33-Jährige vergewaltigten.

Immer wieder gibt es Berichte von Polizisten, die ihre Position nutzen, um Frauen zu belästigen: in Mecklenburg Vorpommern [https://www.stern.de/panorama/stern-crime/zwei-polizeibeamte-nutzten-dienstliche-informationen--um-minderjaehrige-zu-belaestigen-8741852.html (https://www.stern.de/panorama/stern-crime/zwei-polizeibeamte-nutzten-dienstliche-informationen--um-minderjaehrige-zu-belaestigen-8741852.html)], in Sachsen [https://www.rtl.de/cms/zwickau-melanie-p-wurde-von-einem-polizisten-begrapscht-endlich-gesteht-der-60-jaehrige-4489426.html (https://www.rtl.de/cms/zwickau-melanie-p-wurde-von-einem-polizisten-begrapscht-endlich-gesteht-der-60-jaehrige-4489426.html)] und in Bayern [https://www.morgenpost.de/vermischtes/article228389079/Belaestigung-Polizist-fordert-Frau-auf-sich-auszuziehen.html (https://www.morgenpost.de/vermischtes/article228389079/Belaestigung-Polizist-fordert-Frau-auf-sich-auszuziehen.html)].

Bei den Protesten in den USA werden auch Journalistinnen und Journalisten Opfer von Gewalt, die über die Proteste berichten. Ein Reporter der Deutschen Welle wurde während einer Live-Schalte von hinten mit Gummigeschossen beschossen. "This is press guys, stop shooting at us!" ruft der Reporter in der dystopisch-absurden Szene über seine Schulter [https://www.n-tv.de/politik/US-Polizei-greift-deutsches-Fernsehteam-an-article21816833.html (https://www.n-tv.de/politik/US-Polizei-greift-deutsches-Fernsehteam-an-article21816833.html)].

Könnte bei uns nicht passieren? Nach Beginn der Proteste in den USA twitterte der Schwarze Journalist Marvin Oppong ein älteres Video davon [https://twitter.com/MarvinOppong/status/1266481496812072960 (https://twitter.com/MarvinOppong/status/1266481496812072960)], wie drei Polizisten offenbar auf seinem Körper knien: "Nachdem mir Kamera weggenommen wurde, mit der ich den Polizeiunfall dokumentiert habe", schreibt er. Nach den G20 Protesten in Hamburg berichteten Reporterinnen und Reporter von Beschimpfungen, Drohungen und Tritten. Ein Journalismusverbands-Sprecher fragte sogar: "Hat die Polizei gezielt Jagd auf Journalisten rund um den G20-Gipfel gemacht?" [https://netzpolitik.org/2017/journalistenverbaende-polizeigewalt-gegen-reporter-auf-dem-g20/ (https://netzpolitik.org/2017/journalistenverbaende-polizeigewalt-gegen-reporter-auf-dem-g20/)].

In anderen Fällen wurde unliebsamen Reportern wie dem freien Spiegel-Online-Fotoreporter Chris Godrotzki schonmal die Akkreditierung entzogen. Gerade kassierte die taz-Journalistin Annett Selle ein örtlich begrenztes Berufsverbot. Nachdem sie über Demonstrationen gegen das Kraftwerk Datteln 4 berichtet hatte, sei sie zur Gefahr für die öffentliche Sicherheit erklärt worden.

Einer der größten Polizei-Fails des vergangenen Jahrs sind die Drohbriefe an die Frankfurter Anwältin Seda Başay-Yıldız. Sie hatte als Nebenklägerin NSU-Opfer vertreten und auch islamistische Gefährder verteidigt. Im August 2018 bekam Başay-Yıldız das erste einer Reihe von Drohschreiben, unterschrieben mit "NSU 2.0".

Die Spur führte zu fünf Polizisten und einer Polizistin. Ermittlungen zeigten, dass Daten der Anwältin ausgerechnet von einem Computer in einem Polizeirevier in Frankfurt abgefragt worden waren. Eine mutmaßliche rechtsextreme Chatgruppe der Polizistinnen wurde aufgedeckt, fünf Beamte vom Dienst suspendiert. Ein Beamter wurde schließlich vorläufig festgenommen (und später wieder freigelassen): Ihm werden Bedrohung und Volksverhetzung vorgeworfen.

Laut einer aktuellen Umfrage der hessischen Polizei bezeichnen sich insgesamt ein Fünftel der Beamten als "mäßig rechts".

Update vom 03.06.2020, 13:15: Nach Angaben des Journalisten Marvin Oppong hätten die drei Beamtinnen und Beamten der Polizei beim beschriebenen Vorfall nicht auf seinem Rücken, sondern auch auf seinem Bein und seinem Kopf gekniet. Wir haben das entsprechend korrigiert.


Aus: "Du bist wütend über Polizeigewalt in den USA? Dann solltest du auch diese deutschen Fälle kennen" Thembi Wolf (02 Juni 2020)
Quelle: https://www.vice.com/de/article/5dzgzd/george-floyd-polizeigewalt-in-deutschland (https://www.vice.com/de/article/5dzgzd/george-floyd-polizeigewalt-in-deutschland)

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Quote[...] Nach dem Tod von Oury Jalloh, der in einer Polizeizelle in Dessau unter mysteriösen Umständen verbrannte, hat die zivilgesellschaftliche Oury Jalloh-Initiative bei ihren Ermittlungen feststellen müssen, dass sich deutsche Institutionen gegenseitig decken. Und nicht nur im Fall Jalloh wurde systematisch vertuscht und eine unabhängige Aufklärung behindert. Die Kampagne für Opfer von rassistischer Polizeigewalt hat zwischen 1990 und 2020 bislang 159 Fälle in Deutschland recherchiert, bei denen Menschen in Polizeigewahrsam ihr Leben ließen.

Belegt sind auch Fälle, in denen Spezialeinsatzkräfte offenbar einfach nur gerne Krieg spielen wollen und völlig unverhältnismäßige Gewalt anwenden. Wer sich zum Beispiel mit Verhaftungen vor größeren Cybercrime-Strafverfahren beschäftigt, kommt nicht drumrum: Die Einsätze sind oft überzogen hart und der Korpsgeist – also der unbedingte Zusammenhalt gegenüber Kritik von "außen" – in der Polizei schreckt sogar manchmal Verteidiger ab, unverhältnismäßige Gewalt zur Anzeige zu bringen.

In einem Fall schmiss 2017 ein schwer bewaffnetes Sondereinsatzkommando mit Blendgranaten die Scheiben einer Autowerkstatt ein, um einen Verdächtigen zu überwältigen, dessen einziges Tatmittel ein Computer war. Dass der Mann unbewaffnet ist und dazu noch alleine, war vollkommen klar – schließlich hatte man ihn über Wochen aus nächster Nähe beobachtet. Der Fall wurde nicht zur Anzeige gebracht. Der Mann wurde wegen der Verbreitung von Kinderpornografie festgenommen und später auch verurteilt. Ein verdeckter Ermittler des BKA sagte später am Rande des Prozesses: "Klar hatten die da Bock drauf, richtig draufzuhauen."

Es kann einem aber auch passieren, dass man ein Polizeirevier mit Beulen und Einblutungen verlässt, ohne dass man überhaupt einer Straftat verdächtigt ist. Das soll die Dolmetscherin Elena S. 2011 in München am eigenen Leib erfahren haben.

Noch immer werden Beschwerden gegen die Polizei vor allem intern geführt. Mit viel Glück gibt es ein Disziplinarverfahren, wahrscheinlicher ist: Es gibt ein bisschen Ärger vom Chef, dann deckt er dich am Ende doch. Klar ist: Wer selbst schon mal zum Opfer von unrechtmäßiger Polizeigewalt geworden ist, hat das Vertrauen in die Institution verloren. Das dann in einer Polizeidienststelle zur Anzeige zu bringen und darauf zu hoffen, dass Polizisten gegen Polizisten ermitteln – wer würde da noch dran glauben?

Erschwerend für die Aufklärung ist der Korpsgeist – Polizisten halten zusammen. Dass sie gegeneinander aussagen, kommt selten vor. Persönliche Verantwortung? Die übernimmt die Polizei doch eher selten, wenn man sie in hierarchischen Strukturen verlaufen lassen kann.

Aufklärung darf nicht daran scheitern, dass die Täter noch nicht mal zu erkennen sind. Selbst die Kennzeichnungspflicht ist in Deutschland noch nicht in allen Bundesländern eingeführt, Nordrhein-Westfalen hat sie sogar wieder zurückgenommen – mit der abenteuerlichen Begründung von NRW-Innenminister Herbert Reul, man wolle ein "wichtiges Zeichen für mehr Respekt für Beamte" setzen und die Kennzeichnung sei eh nicht nötig gewesen, weil "die Polizei hierzulande ein riesiges Vertrauen genießt".

Wer bei einer Demo kaum Gesichter der Beamten erkennen kann, wird ohne die Kennzeichnung später wohl kaum belegen können, welcher der gut gepolsterten Menschen mit Helm aus den eng geschlossenen Reihen plötzlich Bock auf Prügeln bekommen hatte. Selbst mit einem Videobeweis kommt man da nicht weit.

Von systematischen Menschenrechtsverletzungen wie in den USA kann in Deutschland keine Rede sein. Trotzdem: Amnesty International berichtet schon seit über einem Jahrzehnt in jährlichen Reports, dass genauso viele Anzeigen wegen Körperverletzung gegen deutsche Polizistinnen und Polizisten erstattet werden wie gegen andere Bürger.

Aber: Wenn es um die Ermittlungen geht, klafft da plötzlich ein Graben. Denn nur zwischen drei und fünf Prozent der beschuldigten Polizeibeamten werden auch angeklagt. 95 Prozent aller Verfahren gegen Polizistinnen und Polizisten werden komplett eingestellt – viel mehr als bei Verfahren gegen andere Berufs- oder Bevölkerungsgruppen.

Das Problem ist, dass die Staatsanwaltschaften eine gewisse Nähe zur Polizeiarbeit pflegen, denn sie sind auf die Polizei zur Ausübung ihrer Aufgaben angewiesen. Klar, dass da ein Ungleichgewicht entsteht und der Zeugenaussage eines Polizisten zumindest unbewusst mehr Glauben und Gewicht eingeräumt werden kann.

Polizeigewerkschaften lehnen eine externe Kontrolle mit der Begründung ab, es gäbe schon genug Möglichkeiten, sich zu beschweren. Das mag ja sein. Aber ohne Aufklärung und Ermittlungsbefugnisse der Stelle kann man sich die Beschwerde leider sparen. Polizisten wollten nicht unter Generalverdacht gestellt werden, heißt es oft. Die Frage ist doch aber: Wer tut das? Wenn sich alle vorbildlich verhalten würden, gäbe es umso weniger für das Kontrollgremium zu tun.

Der polizeiliche Abwehrreflex mag auf echter Angst vor Diffamierung beruhen, überzeugend ist er aber nicht. Ganz besonders, weil Erfahrungen gezeigt haben, dass Kontrollsysteme nicht für falsche Anschuldigungen ausgenutzt werden bis hin zur Überlastung des Systems. Ein Beispiel: Seitdem die Kennzeichnungspflicht in Hessen eingeführt wurde, sind die Strafanzeigen gegen Beamte im Dienst sogar rückläufig.

Eine demokratisch legitimierter Polizei braucht also dringend Checks and Balances. Deutschland ist aber trotzdem eines der wenigen europäischen Länder, die kein unabhängiges Gremium zur Ermittlung gegen Polizeigewalt haben – das kritisiert auch immer wieder der EU-Kommissar für Menschenrechte scharf. Dabei müsste man das Rad wirklich nicht neu erfinden: Es gibt unabhängige Kontrollinstanzen unter anderem in Finnland, Belgien, Portugal und Großbritannien.

England hat durchweg positive Erfahrungen mit der Kontrollstelle IPCC gemacht, berichtet der IPCC-Vorsitzende Nicholas Long gegenüber Amnesty International. Nicht nur haben sich nach anfänglichem Zähneknirschen die Polizisten daran gewöhnt, dass ihnen die Zivilgesellschaft auf die Finger schaut, sondern der bestmögliche Nebeneffekt trat ein: Das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizeiarbeit ist gestiegen.

Das Wichtigste können wir uns von der IPCC abgucken, denn: So eine Beschwerdestelle muss zuallererst unabhängig sein, und zwar auch finanziell – damit ihr in Sparzeiten oder als Sanktionierungmaßnahme nicht die Kohle und damit auch die Handlungsmacht entzogen werden kann.

Das zweite Schlagwort in diesem Zusammenhang ist "commuity-led policing". Das bedeutet, dass die Zivilgesellschaft die Ermittlungsprozesse überwachen, anfechten oder, bei gravierenden Fällen von unrechtmäßiger Polizeigewalt, auch selbst in die Hand nehmen kann. Eine Beschwerdestelle, deren Hauptaufgabe das Beschweren ist, aber nicht das Ermitteln, ist zahnlos und damit nutzlos.

Und letztlich spielt es natürlich auch eine Rolle, wie divers die Besetzung dieses Überwachungssystems eigentlich ist. Mindestens müssen sich darin Leute wiederfinden, die selbst eher von Polizeikontrollen betroffen sind – zum Beispiel aufgrund der Hautfarbe.

Bonuspunkte gäbe es für eine öffentlich zugängliche Aufarbeitung, so dass sich die Politik, eine Stadtverwaltung und die Medien ein Bild darüber machen können, was in der Polizei passiert.

Die Aufklärung muss also unparteiisch und unabhängig sein. Und sie muss schnell passieren. Alles nicht so wild: Letztlich sind das genau die Rechtsstaatsprinzipien, die für alle unsere Staatsorgane gelten. Bei einer Institution wie der Polizei, die sich durch so viel Stolz und Zusammenhalt in ihrer Arbeit auszeichnet, müsste man doch eigentlich sagen: Lass machen, wir haben nichts zu verbergen.


Aus: "Warum wir eine unabhängige Kontrolle der Polizei brauchen" Theresa Locker (08 Juni 2020)
Quelle: https://www.vice.com/de/article/g5pq9w/george-floyd-polizeigewalt-warum-wir-eine-unabhangige-kontrolle-der-polizei-brauchen (https://www.vice.com/de/article/g5pq9w/george-floyd-polizeigewalt-warum-wir-eine-unabhangige-kontrolle-der-polizei-brauchen)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 09, 2020, 12:55:41 PM
Quote[...] Frankreich will härter gegen Rassismus und Gewalt bei Polizeieinsätzen vorgehen. Eine umstrittene Festnahmemethode, bei der der Verdächtige stranguliert wird, solle nicht mehr angewendet werden, kündigte Frankreichs Innenminister Christophe Castaner am Montag an. Der Würgegriff wird für zahlreiche Fälle von Ersticken verantwortlich gemacht. Er werde künftig auch an Polizeiakademien nicht mehr gelehrt. Eine weitere Polizeitechnik, die wegen möglicher Todesfolge ebenfalls in der Kritik steht, verbot Castaner nicht: das Ausüben von Druck auf den Brustkorb eines Verdächtigen.

Castaner räumte ein, dass rassistische Polizisten in Frankreich gebe und versprach, es werde künftig "null Toleranz" für Rassismus in der Polizeitruppe geben. Er ordnete zusätzlich zu strafrechtlichen Ermittlungen die systematische Suspendierung von Polizisten an, wenn sie rassistischer Aktionen und Äußerungen verdächtigt werden. "Ich sage es noch einmal mit Nachdruck: Rassismus hat in unserer Gesellschaft keinen Platz und noch weniger in unserer Polizei."

In der vergangenen Woche haben nach dem gewaltsamen Tod des Afroamerikaners George Floyd auch in Frankreich Tausende gegen Rassismus und Polizeigewalt demonstriert. Dabei gingen die Menschen auch wegen ähnlicher Fälle in Frankreich auf die Straße, bei denen Menschen während der Festnahme oder in Polizeigewahrsam gestorben sind. Ebenfalls für Bestürzung sorgten rassistische Kommentare, die mutmaßlich von Polizisten in einer Facebook-Gruppe gemacht wurden. Die Justiz ermittelt. Für Dienstag werden in Frankreich neue Proteste erwartet.

Castaner kündigte nun eine Reihe von Maßnahmen an, verteidigte die Polizei aber auch gegen Kritik und Angriffe. Die Polizeiuniform zu tragen, sei eine Ehre - kein rassistischer Polizist könne diese würdevoll tragen. "Ich werde nicht zulassen, dass die abscheulichen Taten einiger Leute Schande über eine ganze Institution bringen", sagte er. "Ich weigere mich zu sagen, dass die Institution rassistisch ist, aber ja, es gibt rassistische Polizisten." Er wies außerdem darauf hin, dass sich die Situation in Frankreich und den USA nicht vergleichen lasse. Künftig solle bei jedem erwiesenen Rassismus-Verdacht systematisch eine Suspendierung in Betracht gezogen werden. Er erinnerte daran, dass Polizistinnen und Polizisten ihre Identifikationsnummer immer sichtbar tragen müssen. Der Einsatz von Kameras soll verstärkt werden. Auch Untersuchungen der polizeiinternen Behörde Inspection Générale de la Police Nationale, die als "Polizei der Polizei" bekannt ist, sollen reformiert werden.

Präsident Emmanuel Macron hat sich mit Äußerungen zum Tod Floyds und davon ausgelösten Demonstrationen in Frankreich zurückgehalten. Das Präsidialamt teilte mit, er habe am Wochenende mit Ministerpräsident Édouard Philippe und anderen Amtsträgern gesprochen und Castaner gebeten, Pläne zur Verbesserung der Ethik bei der Polizei zu "beschleunigen". Diese waren ursprünglich im Januar versprochen worden.

Die Pariser Staatsanwaltschaft hatte vergangene Woche Vorermittlungen zu rassistischen Beleidigungen und Aufstachelung zu rassistisch motiviertem Hass eingeleitet, basierend auf Äußerungen, die einem Bericht zufolge in einer Facebook-Gruppe getätigt wurden. In der Stadt Rouen gibt es zudem interne Ermittlungen gegen sechs Polizisten wegen rassistischer Kommentare in einer privaten Whatsapp-Gruppe. Beide Vorfälle haben in der Öffentlichkeit Sorgen über extreme Ansichten in der Polizei geweckt.

Am Samstag protestierten in mehreren französischen Städten insgesamt mindestens 23 000 Menschen gegen Rassismus und Polizeibrutalität. Am Montag gingen Aktivisten in Nantes auf die Straße und für Dienstag sind weitere Demonstrationen geplant.


Aus: "Frankreichs Innenminister verbietet Würgegriff" (8. Juni 2020)
Quelle: https://www.sueddeutsche.de/politik/frankreich-polizei-festnahme-wuergegriff-verbot-1.4931509 (https://www.sueddeutsche.de/politik/frankreich-polizei-festnahme-wuergegriff-verbot-1.4931509)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 11, 2020, 03:31:16 PM
Police: Last Week Tonight with John Oliver (HBO) (08.06.2020)
As nationwide protests over the deaths of George Floyd and Breonna Taylor are met with police brutality, John Oliver discusses how the histories of policing and white supremacy are intertwined, the roadblocks to fixing things, and some potential paths forward.
https://youtu.be/Wf4cea5oObY (https://youtu.be/Wf4cea5oObY)

44.216 Kommentare (Stand 11.06.2020)

QuotePeter Spliffin

When the comedians care more than the politicians, you know you have a problem.


Quotebrandon LM01

I was with the 101st airborne during the beginning of the war. Col. Grossman gave us a similar lecture before going to WAR. The whole sheep/sheepdog, the 1%, predator etc. Not a comfortable feeling to know that our police got the same rhetoric before going to handle a mental health call.


Quote
rcppcsk

This is so heartbreaking. Honestly though, when I heard about George Floyd may he rest in peace, I wasn't at all surprised. My family left the US when I was young, but I know enough about the place I was born in to know that cops killing black people without a second thought is nothing new. I'm not even black, so I don't know if it's my place to say this, but everyone should've been marching in the streets for the past hundred years - this isn't a new problem. This has been going on for so long, and it's so fucked up. Where I live I'm ashamed to say I was born in the US - as much as Americans love to say how it's the land of the free, it looks like a prison to me. My black friends were surprised that not every American is racist when they found out I was born in the US. USA, you better step up your game. Start acting like the country of the free and diverse you're so proud of.


...

-

NYPD Union Boss RAGES: "Start Treating Us With Some Respect" (09.06.2020)
Some police officers are getting very offended by people holding them accountable. Cenk Uygur and Ana Kasparian discuss on The Young Turks.
https://youtu.be/M0rS8rlFpqk (https://youtu.be/M0rS8rlFpqk)

14.224 Kommentare (Stand 11.06.2020)

Quote
Color Coded

Police union guy:"Stop  treating us like animals and start treating us with respect!"

Protestors: 🗣🗣THATS A TWO WAY STREET!!


Quote
Darlene X

Psychopaths don't know they have a mental problem.



Quote
keki3173

police need to stop acting like a mafia gang and stop acting like they are above the law. When a 75 year old man is knocked down and bleeding from his head and  ZERO cops stop to render aid what the hell is wrong with cops . Cops DO NOT like human beings. IT"S ABOUT TIME COPS ARE HELD ACCOUNTABLE


QuoteANYTHING BAD IS FUCKED AND ALCOHOLICS X

America looking like a 3rd world country


...
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 12, 2020, 06:14:40 PM
Quote[...] Ein Hauptmann desr Kommando Spezialkräfte (KSK) hat Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) laut einem Medienbericht vor rechtsextreme Tendenzen innerhalb der Bundeswehr-Eliteeinheit gewarnt. Dem Spiegel zufolge wandte sich der Offizier Anfang Juni in einem zwölfseitigen Brief an die Ministerin. Darin schrieb er, in der Einheit würden rechtsextreme Tendenzen geduldet und vertuscht. Hinweise auf rechtsextreme Soldaten innerhalb des rund tausend Mann starken Eliteverbands würden "intern zwar wahrgenommen, aber aus unterschiedlicher Motivlage kollektiv ignoriert oder gar toleriert", zitiert der Spiegel aus dem Brief.

Der Soldat bitte die Ministerin, persönlich das Thema an sich zu ziehen, heißt es weiter. Der Missstände sei nur "durch eine vollständige externe Untersuchung und anschließende Reformierung Herr zu werden". Es habe sich ein nicht austrockenbarer Sumpf innerhalb des KSK entwickelt, dieser sei "tiefgreifender und struktureller als derzeit im Ministerium bekannt sein dürfte". Die Führung des KSK sei mit der Aufklärung "offenbar überfordert".

Der Offizier gehört demnach seit 2018 dem KSK an. Als Beispiel nennt er einen Ausbilder, der als Identifizierungscode "Y-88" benutze. Die Zahl gilt als Chiffre für den Hitlergruß. Erst 2019 sei der Ausbilder wegen seiner Nähe zur rechtsextremen Identitären Bewegung aus dem KSK entlassen worden.

Weiter schildert der Hauptmann laut Spiegel, dass Meldungen über rechtsextreme Soldaten im KSK schon in der Ausbildung konsequent unterbunden würden. Zudem würden Disziplinarstrafen dafür genutzt, "um Soldaten und vor allem kritische Offiziere gefügig zu machen". Die Folgen seien "eine Art Kadavergehorsam" und eine "Kultur des Hinnehmens rechtswidrigen Verhaltens".

Kramp-Karrenbauer habe mehrere Abteilungen beauftragt, den Vorwürfen nachzugehen, berichtet das Nachrichtenmagazin weiter. Zudem sollten die Vorwürfe des Soldaten in die Arbeit einer Task Force einfließen, die bis Ende Juni ein Konzept zur Modernisierung des KSK vorlegen soll.

Rechtsextreme Vorfälle hatten wiederholt zu Vorwürfen gegen das KSK oder dort eingesetzte Soldaten geführt. Vor einigen Wochen war ein KSK-Soldat festgenommen worden, der ein Waffenlager angelegt und rechtsextreme Symbole gezeigt haben soll. Auch gab es Berichte über ein mögliches rechtsextremes Netzwerk innerhalb der Elitetruppe.


Aus: "Offizier warnte Kramp-Karrenbauer vor rechtsextremen Tendenzen im KSK" (12. Juni 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-06/kommando-spezialkraefte-rechtsextreme-tendenzen-brief-verteidigungsministerium (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-06/kommando-spezialkraefte-rechtsextreme-tendenzen-brief-verteidigungsministerium)

https://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundeswehr-kommando-spezialkraefte-hauptmann-schickt-hilferuf-an-kramp-karrenbauer-a-17a4b656-bedb-4539-a948-e179708027b9 (https://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundeswehr-kommando-spezialkraefte-hauptmann-schickt-hilferuf-an-kramp-karrenbauer-a-17a4b656-bedb-4539-a948-e179708027b9)

https://de.wikipedia.org/wiki/Kommando_Spezialkr%C3%A4fte (https://de.wikipedia.org/wiki/Kommando_Spezialkr%C3%A4fte)

QuoteArt

Ja genau, erst schaffen wir wegen Rassismus die Polizei ab, danach machen wir direkt mit dem Militär weiter, dann stellt sich bestimmt augenblicklich der Weltfrieden ein.
Am besten gefällt mir der neudeutsche Begriff "Whistle-blower". Früher hieß sowas Verräter.


QuoteFriedjoff

Diese wirre Gedankenwelt gab es in Bundeswehr _und_ NVA immer.
Jeder, der in einer deutschen Nachkiegsarmee gedient hat, weiß das.


QuoteDietrich

Ich nehme an es ist eher schwierig, langhaarige Vegetarier für harten Drill und lebensgefährliche Einsätze zu gewinnen. Liegt wohl in der Natur der Sache.


QuoteGianluca

War es nicht jüngst die Union, die Äußerungen bezüglich Rassismus innerhalb deutscher Sicherheitskräfte ad absurdum geführt hat? Und jetzt wird an jene Union ein Hilferuf entsendet? Hmmm komisch....


QuoteMichael

Richtig überraschend ist das ja nicht. ...


QuoteAntal

Leider nicht verwunderlich. Ein guter Freund berichtete ähnliches bereits vor 20 Jahren, als er bei den Fallschirmjägern war. ...


QuoteWidewidewitt

Der rote Faden seit der Gründung der Bundesrepublik, wo die Altkader auch im neuen Staatsgebilde in fast allen Organen des Staates ihre Gesinnung fortsetzen konnten, trotz widersprechenden Phrasen, die die Entnazifierung predigen. Eine aufgesetzte Echauffierung- brutalsmögliche Aufklärung- reicht halt nicht aus ,um diesem Übel Herr zu werden. Die Theorie eines "Deep States" in D.kann nicht mit Konspirationsvorwürfen beiseite gewischt werden.


...
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 16, 2020, 09:27:02 AM
Quote[...] Die maltesische Justiz hat im Zusammenhang mit dem Mord an der Enthüllungsjournalistin Daphne Caruana Galizia Ermittlungen gegen den früheren Polizeichef des Landes eingeleitet. Der zurückgetretene Polizeichef Lawrence Cutajar habe Kontakt zu Verdächtigen gehabt, die mutmaßlich an Caruana Galizias Ermordung im Jahr 2017 beteiligt waren, berichteten Zeugen während einer öffentlichen Anhörung. Demnach soll er einen Mann getroffen haben, der mutmaßlich als Mittelsmann in dem Mordfall fungiert hatte.

Cutajar war bereits im Januar zurückgetreten. Ihm wurde unter anderem vorgeworfen, bei den Mordermittlungen unsauber gearbeitet zu haben.

Die 53-jährige Caruana Galizia war am 16. Oktober 2017 bei einem Bombenanschlag auf ihr Auto getötet worden. Sie hatte regelmäßig über Korruption, Geldwäsche und andere illegale Geschäfte in Malta berichtet. Darin verwickelt waren nach ihren Recherchen auch Mitglieder der Regierung.

Wegen des Mordes an Caruana Galizia stehen drei Männer vor Gericht. Sie sollen die Bombe gezündet haben. Ein vierter Mann – der mächtige Geschäftsmann Yorgen Fenech – ist als Komplize angeklagt.


Aus: "Ermittlungen gegen Ex-Polizeichef im Fall von getöteter Journalistin" (16. Juni 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-06/malta-daphne-caruana-galizia-ermittlungen (https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-06/malta-daphne-caruana-galizia-ermittlungen)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 16, 2020, 09:33:12 AM
Quote[...] Der bei einem Polizeieinsatz in der US-Stadt Atlanta getötete Schwarze Rayshard Brooks ist durch zwei Schüsse in den Rücken gestorben. Das teilte die Gerichtsmedizin mit. Demnach haben die Kugeln zu Organverletzungen und Blutverlust geführt. Über das strafrechtliche Vorgehen gegen den Polizisten, der die Schüsse abgefeuert hatte, soll im Verlauf der Woche entschieden werden.

Brooks war vergangenen Freitag vor einem Schnellrestaurant von einem weißen Beamten niedergeschossen worden und kurz darauf im Krankenhaus gestorben. Von dem Geschehen gibt es mehrere Videoaufzeichnungen. Die Polizei war gerufen worden, weil der offenbar angetrunkene Brooks in seinem Auto eingeschlafen war und die Einfahrt zu dem Restaurant blockiert hatte. Die herbeigerufenen Polizisten nahmen einen Alkoholtest bei dem 27-Jährigen vor und wollten ihn dann festnehmen.

Es kam zu einem Handgemenge, als Brooks sich der Festnahme widersetzte. Dabei entriss Brooks einem Beamten einen Elektroschocker und rannte weg. In einem Video ist zu sehen, wie Brooks sich im Laufe der Verfolgungsjagd kurz umdreht und den Taser auf den Polizisten Garrett Rolfe abfeuert, offenbar ohne ihn zu treffen. Rolfe zieht seine Dienstwaffe und schießt dem weiterrennenden Brooks in den Rücken.

Der Anwalt der Familie Brooks hat der Polizei einen unverhältnismäßigen Gewalteinsatz vorgeworfen. Rolfe habe andere Möglichkeiten gehabt, "als einem Mann in den Rücken zu schießen", sagte Chris Stewart. Er forderte einen Mentalitätswechsel bei der Polizei in den USA. Es gehe nicht nur um neue Gesetze und Vorschriften, es brauche Veränderungen in den Köpfen der Polizisten, sagte Stewart. 

Der Polizist Rolfe wurde aus dem Polizeidienst entlassen. Bis Mitte der Woche soll entschieden werden, welche Vorwürfe gegen ihn erhoben würden, sagte Staatsanwalt Paul Howard laut der Lokalzeitung Atlanta Journal-Constitution. Atlantas Polizeichefin Erika Shields war wegen des Falles zurückgetreten. In Atlanta hatte es erneut Protestkundgebungen gegeben.

Die Bürgermeisterin der Metropole Atlanta im US-Bundesstaat Georgia, Keisha Lance Bottoms, kündigte als Folge des Vorfalls des Tods von Brooks eine Polizeireform an. Polizisten müssten "Beschützer sein, nicht Krieger", sagte sie. Sie werde Verordnungen, erlassen, um die Gewaltanwendung durch Polizisten auf das Nötigste zu begrenzen. Alle Beamte müssten künftig immer wieder in Deeskalation geschult werden, erklärte sie.

Zudem müssten alle Polizisten künftig bei exzessiver Gewaltanwendung durch Kollegen einschreiten und diese auch melden, um Strafen zu entgehen, sagte die Bürgermeisterin. Es gebe keine Maßnahmen, die Brooks zu seiner Familie zurückbringen könnten, aber sie werde sich künftig "jeden Tag dafür einsetzen, dass so etwas nicht wieder passiert", sagte sie. Die nun angeordneten Veränderungen seien nur der "erste Schritt" eines Reformprozesses. Brooks' Tod habe sie "wütend und traurig" gemacht, sagte Lance Bottoms.

Seit Ende Mai wird in zahlreichen US-Bundesstaaten gegen Polizeigewalt und Rassismus demonstriert. Auslöser war der Tod des Schwarzen George Floyd in Minneapolis gewesen. Der 46-Jährige starb nach einem Polizeieinsatz, bei dem ein Beamter ihm fast neun Minuten lang sein Knie in den Nacken gedrückt hatte.


Aus: "Schwarzer Rayshard Brooks starb durch Polizeischüsse in den Rücken" (15. Juni 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-06/atlanta-schwarzer-rayshard-brooks-schuesse-polizeigewalt-rassismus (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-06/atlanta-schwarzer-rayshard-brooks-schuesse-polizeigewalt-rassismus)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 16, 2020, 12:25:41 PM
Quote[...] Felipe González Márquez [feˈlipe gonˈθaleθ] (* 5. März 1942 in Dos Hermanas, Provinz Sevilla) ist ein spanischer Politiker. Von Dezember 1982 bis Mai 1996 war er Ministerpräsident (Presidente del Gobierno) von Spanien und von 1974 bis 1997 Generalsekretär der Spanischen Sozialistischen Arbeiterpartei PSOE. ... Er bemühte sich um die Umwandlung der marxistischen PSOE in eine moderne sozialistische Partei, die alle Gesellschaftsschichten ansprechen sollte. Im November 1978 wurde González Vizepräsident der Sozialistischen Internationale. Bei Neuwahlen am 1. März 1979 festigte die PSOE mit 30,5 % der Stimmen und 121 Parlamentssitzen seine Position, blieb aber Oppositionspartei. González trat auf dem Parteikongress am 17. Mai als Generalsekretär zurück, wurde auf einem einberufenen Sonderkongress mit 85,9 % der Delegiertenstimmen jedoch wieder ins Amt gewählt.

...

1984 – Gründung der Grupos Antiterroristas de Liberación (GAL): Laut CIA Berichten hat 1984 "González [...] der Gründung einer Söldnertruppe zur Terrorismusbekämpfung außerhalb der Gesetze zugestimmt." Weiter berichtet die CIA, "das Ziel der GAL sei, die Anführer der längst entwaffneten und aufgelösten Untergrundgrundorganisation ETA in Spanien und Frankreich zu ermorden".

...


Quelle: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Felipe_Gonz%C3%A1lez&oldid=201025960 (https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Felipe_Gonz%C3%A1lez&oldid=201025960)
Dies ist die aktuelle Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 16. Juni 2020 um 11:43 Uhr durch Smegger

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"CIA: Spanischer Sozialdemokrat González war "Señor X" der Todesschwadronen"  Ralf Streck (15. Juni 2020)
https://www.heise.de/tp/features/CIA-Spanischer-Sozialdemokrat-Gonzalez-war-Senor-X-der-Todesschwadronen-4784545.html (https://www.heise.de/tp/features/CIA-Spanischer-Sozialdemokrat-Gonzalez-war-Senor-X-der-Todesschwadronen-4784545.html)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 28, 2020, 11:29:13 AM
Quote[...] Der Jefferson Square Park ist seit dem Tod von Breonna Taylor und George Floyd ein Zentrum für Demonstrationen gegen Polizeigewalt. Bereits am 28. Mai waren in der Nähe des Gerichtsgebäudes Schüsse gefallen, sieben Menschen wurden verletzt.

Mitte März waren drei US-Polizisten mit einem Haftbefehl wegen eines Drogenvergehens in ihre Wohnung eingedrungen. Dort wurde die 26-jährige Taylor von acht Kugeln getroffen. In mehreren US-Staaten ist es Polizisten unter Umständen mit einem sogenannten no-knock warrant richterlich gestattet, in Haus oder Wohnung von Verdächtigen einzudringen, ohne vorher anzuklopfen oder zu klingeln. Sie rufen in der Regel, dass sie da sind und brechen dann sofort die Tür auf. Bei Taylor wurden keine Drogen gefunden. Sie absolvierte eine Ausbildung zur Krankenschwester.

Einer der am Einsatz beteiligten Polizisten wurde nach hohem öffentlichen Druck entlassen. Der Beamte habe in mindestens 14 Fällen "extrem" gegen Regularien verstoßen und durch das "mutwillige und blinde Feuern" von zehn Schüssen in Taylors Wohnung eine "extreme Gleichgültigkeit für den Wert eines Menschenlebens gezeigt", begründete die Polizei der Stadt Louisville ihre Entscheidung. Zwei weitere an dem Einsatz beteiligte Polizisten bleiben vorerst suspendiert.


Aus: "Louisville: Tödliche Schüsse bei Mahnwache für Breonna Taylor" (28. Juni 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-06/louisville-breonna-taylor-mahnwache-toedliche-schuesse (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-06/louisville-breonna-taylor-mahnwache-toedliche-schuesse)

Quote
r.schewietzek #3

Und noch eins zum Artikel - der Haftbefehl galt nicht Breonna Taylor, sondern ihrem Exfreund, mit dem sie aber längst Schluß gemacht hatte. Das hätte man vorher mit einem simplen Anruf in Erfahrung bringen können.



QuoteEmmas linke Klebe #3.2

"The search warrant included Taylor's residence because it was suspected that Glover received packages containing drugs at Taylor's apartment and because a car registered to Taylor had been seen parked on several occasions in front of Glover's house."

Anlass der Durchsuchung war kein Haftbefehl, sondern der Verdacht von Drogen im Haus.


QuoteKnusperleicht #12

"Einer der am Einsatz beteiligten Polizisten wurde nach hohem öffentlichen Druck entlassen. Der Beamte habe in mindestens 14 Fällen "extrem" gegen Regularien verstoßen und durch das "mutwillige und blinde Feuern" von zehn Schüssen in Taylors Wohnung eine "extreme Gleichgültigkeit für den Wert eines Menschenlebens gezeigt", begründete die Polizei der Stadt Louisville ihre Entscheidung. Zwei weitere an dem Einsatz beteiligte Polizisten bleiben vorerst suspendiert."

Was für ein schlechter Witz. Entlassung und Suspendierungen als Strafe für einen Mord. Kannste dir nicht ausdenken. Aber gut, wenn in D Menschen in der Zelle verbrannt oder erschlagen werden, dann hat das ja auch praktisch keine Konsequenzen für die Täter.


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Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 30, 2020, 12:55:31 PM
QuoteDer G20-Gipfel in Hamburg am 7. und 8. Juli 2017 war das zwölfte Treffen der Gruppe der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer. Neben deren Staats- und Regierungschefs nahmen Politiker weiterer Staaten und Vertreter internationaler wirtschafts- und handelspolitischer Organisationen daran teil. Rund 31.000 Polizisten wurden zum Schutz des Gipfels und der Stadt eingesetzt. Bei Demonstrationen, Blockaden und anderen angemeldeten Veranstaltungen brachten Zehntausende ihren Protest gegen den Gipfel zum Ausdruck. Meist außerhalb davon begingen verschiedene Akteure, darunter Linksextremisten, Sachbeschädigungen, Plünderungen und Angriffe auf Polizeibeamte. Bei Ausschreitungen und Polizeiübergriffen wurden hunderte Personen verletzt.  ...
https://de.wikipedia.org/wiki/G20-Gipfel_in_Hamburg_2017 (https://de.wikipedia.org/wiki/G20-Gipfel_in_Hamburg_2017)

[Linksextremisten, Demonstranten, Schaulustige, Anwohner - und die Polizei: Panorama hat sich auf Spurensuche begeben und versucht, mit allen Beteiligten zu sprechen - Jul 21, 2017: G20-Gewalt: Wer sind die Täter? | Panorama | NDR | https://youtu.be/_93h_h5HF1k (https://youtu.be/_93h_h5HF1k)]

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Quote[...] Unmittelbar nach dem G20-Gipfel in Hamburg tauchten dutzende Videos, Fotos und Augenzeugenberichte auf, in denen Fälle von mutmaßlich rechtswidriger Polizeigewalt dokumentiert sind. Die teilweise brutalen Videos lösten eine bundesweite Debatte über Polizeigewalt aus.

Drei Jahre später sind die Ermittlungen so gut wie abgeschlossen. Die traurige Bilanz: Von den 169 eingeleiteten Verfahren, 133 davon wegen Körperverletzung im Amt, hat bislang kein einziges zu einer Anklage geführt.

Täter:innen konnten oftmals entweder nicht identifiziert werden oder die Ermittlungsbehörden hielten den Gewalteinsatz für gerechtfertigt. Mittlerweile sind 120 Verfahren eingestellt. Das geht aus den Antworten auf eine Große Anfrage der Fraktion der Linken in Hamburg hervor. Der einzige erlassene Strafbefehl richtete sich gegen einen Polizeibeamten, der einen anderen Polizeibeamten am Finger verletzte.

Um ein Gefühl zu bekommen, welche Art von Gewalt die Staatsanwaltschaft für gerechtfertigt hält, muss man sich die Beispiele anschauen.

G20-Gipfel: Diskussion über mögliche Polizeiübergriffe •Jul 26, 2017
Die Polizei habe keine Gewalt angewandt, versicherte der Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz kurz nach dem G20-Gipfel. Aktivisten sammeln Videoaufnahmen, die Zweifel daran aufkommen lassen.
https://youtu.be/v4VqcNrZS6s (https://youtu.be/v4VqcNrZS6s)

Eine Frau in roten Leggins und blauem Shirt war auf einen Räumpanzer der Polizei geklettert. Dass die Polizei hier Maßnahmen ergreifen darf, ist unstrittig.

Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beim polizeilichen Handeln legt fest, dass die Polizei als Träger des Gewaltmonopols immer das mildeste Mittel einsetzen muss, das geeignet und erforderlich ist, um das Ziel einer Maßnahme zu erreichen. Polizist:innen haben nicht das Recht, die für sie einfachste, bequemste, effektivste und schnellste Maßnahme umzusetzen.

In einem längeren Video sieht man, dass die Polizei nicht unter Druck ist oder angegriffen wird. Ein Polizist spricht die Frau auf dem Panzer an, etwas später erscheinen etwa 30 weitere Polizist:innen und zwei Wasserwerfer. Das mildeste Mittel ist ganz offenbar, dass die Polizei nun die Frau noch einmal anspricht und dann mit Polizist:innen unter Anwendung einfacher Gewalt vom Dach des Panzers holt.

Stattdessen greifen zwei Beamte zu Pfefferspray, einem Reizstoff, das vom Bundesgerichtshof als ,,gefährliches Werkzeug" eingestuft wird und dessen nicht-polizeilicher Einsatz regelmäßig zu Verurteilungen wegen schwerer Körperverletzung führt. Der Reizstoff löst starke körperliche Schmerzen aus, außerdem können bei bestimmten gesundheitlichen Voraussetzungen Komplikationen mit Todesfolge auftreten.

Pfefferspray ist offensichtlich nicht das mildeste Mittel, in der Antwort des rot-grünen Senats aber heißt es: Der ,,Einsatz von Pfefferspray gegen Person auf Räumpanzer war gerechtfertigt".

Im Fall des ,,Mannes mit den lila Haaren und der Beinschiene" schlagen mehrere Beamten eine Person, werfen sie zu Boden traktieren sie mit einem Tritt und mehreren Faustschlägen ins Gesicht. Die Polizist:innen lassen irgendwann von ihm ab und gehen einfach weiter. Es sieht damit wie eine Strafmaßnahme aus.

https://youtu.be/4wFx2CiVMZc (https://youtu.be/4wFx2CiVMZc)

Auch hier wurde das Ermittlungsverfahren eingestellt, ,,weil die polizeilichen Maßnahmen gerechtfertigt waren", heißt es in der Antwort.

Es gibt zahlreiche Fälle wie diesen.

Nach dieser ,,Aufarbeitung" der Polizeigewalt von Hamburg müssen wir fragen: Was bitte müssen Polizeibeamte eigentlich noch machen, damit eine Maßnahme später nicht mehr als gerechtfertigt eingestuft wird?

Neben den Entscheidungen, dass derart brutale Vorgehensweisen gerechtfertigt sein sollen, zeigt der Stand der Ermittlungen ein anderes Problem auf: Viele mutmaßliche Täter:innen in Uniform können gar nicht erst identifiziert werden.

In 24 Fällen der 120 eingestellten Verfahren konnten die Polizist:innen nicht gefunden werden. Das ist jedes fünfte Ermittlungsverfahren.

Mit einer konsequenten Kennzeichnungspflicht von Polizeibeamt:innen ließe sich diese Ermittlungslücke in vielen Fällen schließen. Daran besteht aber auf Seiten von Polizei, Polizeigewerkschaften und konservativer Sicherheitspolitik kein Interesse, die Kennzeichnung wird als ,,Generalverdacht" verunglimpft. Bis heute haben mehrere Bundesländer und die Bundespolizei keine Kennzeichnungspflicht.

Der Republikanische Anwaltsverein (RAV) spricht bei der Aufarbeitung der Polizeigewalt beim G20-Gipfel von einer ,,Farce". Es seien keine Ermittlungen, sondern es gehe um die ,,umfassende Immunisierung der Polizei gegen jede Strafverfolgung". Philipp Krüger von Amnesty International nennt die bisherige Aufarbeitung ,,eine Bankrotterklärung des Rechtsstaats".

Deniz Celik von der Fraktion der Linkspartei in Hamburg sagt gegenüber netzpolitik.org, es sei ,,unfassbar, dass nach wie vor kein einziger Polizist angeklagt wurde." Die derzeitigen Strukturen zur Aufarbeitung und Verfolgung von Polizeigewalt seien offenbar völlig ungeeignet.

Das Signal, das von Hamburg ausgeht, ist fatal: Polizist:innen können sich sicher sein, dass sie selbst in eindeutigen Fällen keine Strafverfolgung zu befürchten haben und dabei die Rückendeckung der Politik genießen.

Während gegen mutmaßliche Gewalttäter:innen unter den Demonstrierenden immer wieder die ,,ganze Härte des Rechtsstaates" in Stellung gebracht wird, bleibt dieser in der Verfolgung von Straftaten von Polizist:innen windelweich und zahnlos.

Ein Rechtsstaat zeichnet sich aber dadurch aus, dass er verbindliche Regeln für alle schafft und auch die staatlichen Organe diesen unterwirft. Der so oft beschworene Rechtsstaat wird sonst zur hohlen Phrase, die einzig und allein der ,,Desavouierung des politischen Gegners, der dadurch zum inneren Feind gestempelt wird" dient, wie Danijel Majic nach dem G20-Gipfel treffend schrieb.

Der staatliche Umgang mit der Polizeigewalt von Hamburg macht deutlich, dass sich etwas ändern muss, wenn wir der Polizei in Zukunft nicht einen Freibrief für Gewalttaten gegen Protestierende geben wollen.

In einer Demokratie gibt es viele mögliche Reformansätze, die das Ausmaß von rechtswidriger Polizeigewalt eindämmen können. Das fängt mit Kleinigkeiten an, wie die Hürden für den Einsatz von Pfefferspray höher zu setzen und dessen Gebrauch und die dadurch entstehenden Schäden zu erfassen. Eine Kennzeichnungspflicht würde zumindest die Chance bietet, dass Täter:innen in Uniform ermittelt werden können.

Wir könnten polizeiliche Befugnisse zurückdrehen oder die Grundrechte von Demonstrierenden stärken. Wir könnten die Militarisierung der Polizei stoppen, mit Anti-Diskriminierungsgesetzen Rassismus bekämpfen oder versuchen die Cop Culture in der Ausbildung der Polizei zu verändern. Es gibt viele Ansätze.

Die Pseudo-Aufarbeitung von Hamburg zeigt aber vor allem eines: Wir brauchen so schnell wie möglich von der Polizei unabhängige Beschwerdestellen, damit nicht die Polizei gegen sich selbst ermittelt und so wie in Hamburg auch die härtesten Rechtsverletzungen unter den Tisch gekehrt werden.


Aus: "Polizeigewalt beim G20: Keine einzige Anklage" Markus Reuter (30.06.2020)
Quelle: https://netzpolitik.org/2020/polizeigewalt-beim-g20-keine-einzige-anklage/ (https://netzpolitik.org/2020/polizeigewalt-beim-g20-keine-einzige-anklage/)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 03, 2020, 08:22:43 PM
Quote[...] Er war 44 Jahre bei der Polizei Berlin, als Bereitschaftspolizist, Zivilfahnder, Leiter von Zivileinheiten zur Bekämpfung der Straßenkriminalität, Dienstgruppenleiter auf den Schwerpunktabschnitten in Nord-Neukölln, ist heute Pensionär und Buchautor. Jetzt meldet sich Karlheinz Gaertner in der Rassismusdebatte zu Wort.

Es waren rassistische und menschenverachtende Vorfälle durch Polizeibeamte in den USA, die Videos haben sich eingebrannt. Wie es aber dazu kommt, diese nicht entschuldbaren Entgleisungen US-amerikanischer Polizisten auf Deutschland und auf Berlin zu übertragen, ist mir unbegreiflich.

Zum Beispiel der Schusswaffengebrauch: Ich war bei Tausenden Festnahmen dabei - Mörder, Räuber, Gewalttäter, Diebe, Betrüger. Nur zwei Mal haben Kollegen von der Schusswaffe Gebrauch gemacht. Einmal war es ein Warnschuss in die Luft, um brutale Täter zu stellen, die Kneipen überfallen und Gäste und Angestellte mit Messern und Schlagstöcken misshandelt hatten.

Der zweite Schuss erfolgte bei der versuchten Festnahme eines bewaffneten, mit Haftbefehl gesuchten Rauschgifthändlers, der mit einem Auto auf einen Kollegen zufuhr. Der Schuss durchschlug die Felge dieses Fahrzeuges.

Ich musste auch miterleben, dass zwei Kollegen erschossen und ein Kollege angeschossen wurde. Roland Krüger wurde bei einem SEK-Einsatz von einem libanesisch-stämmigen Mann erschossen, Uwe Lieschied von einem türkisch-stämmigen Räuber bei einer Überprüfung.

Und bei der Festnahme eines türkischen Großdealers, der sich ,,Imperator" nannte, wurde ein enger Mitarbeiter mit einer verdeckt gehaltenen Pistole angeschossen. Er erlitt einen Lungendurchschuss und konnte nur knapp gerettet werden. Meine Erfahrung bildet nicht alle Einsätze mit Schusswaffengebrauch ab, sie ist aber mein Gradmesser für das Verhalten meiner Kolleginnen und Kollegen.

Auch die Rassismus-Vorwürfe kann ich nicht im Ansatz nachvollziehen, sie sind falsch. Selbstverständlich, da bin ich nicht blauäugig, gibt es bei der Berliner Polizei vereinzelt Rassisten. Aber Kolleginnen und Kollegen, die in Neukölln und Kreuzberg arbeiten und rassistisch sind, könnten dort nur einige Tage aushalten, bevor sie von den Vorgesetzten abgelöst werden würden.

Die Polizei ist seit etlichen Jahren selbst multikulturell aufgestellt. In meinen Einheiten waren türkische, arabische, polnische und niederländische Kollegen, ihre Herkunft spielte nie eine Rolle.

Im Gegensatz zu den vielen Kritikern in Politik und Medien, die jetzt die Polizistinnen und Polizisten als rassistisch diffamieren, über einen ,,latenten Rassismus" bei der Polizei lamentieren, erleben meine Kolleginnen und Kollegen, was sich im täglichen Dienst auf der Straße abspielt. Sie müssen sich Beschuldigungen anhören: ,,Ich werde nur angehalten, kontrolliert, festgenommen, weil ich schwarze Haare habe, ein Ausländer, andersfarbig bin" und so weiter.

Die Vorwürfe sind aus der Luft gegriffen. In der Regel sind es die Betroffenen selbst, die für polizeiliche Maßnahmen den Anlass liefern. Polizisten haben den gesetzlichen Auftrag, Straftaten zu erforschen und zu verhindern, Gefahrenlagen rechtzeitig zu erkennen und Ordnungswidrigkeiten zu ahnden.

Es wird völlig außer Acht gelassen, dass sie dabei auch auf ihre Lebens- und Berufserfahrung zurückgreifen müssen. Auch bei verdachtsunabhängigen Kontrollen geht es nicht um das Aussehen oder die Herkunft eines Menschen. Der Verdacht begründet sich im Verhalten kurz vor der Kontrolle oder im Zusammenhang von Ort und Zeit, wann und wo sie sich aufhalten.

Bei jedem zweiten, dritten Einsatz wurde ich als ,,Nazi", ,,Deutscher Hund", ,,Faschist", ,,Rassist", ,,Ausländerfeind" beschimpft. Im Gegensatz zum Rassismus-Vorwurf findet diese Aggressivität gegen Ordnungs- und Rettungskräfte leider deutlich sicht- und merkbar statt.

Oder wenn versucht wird, Beamte zu einer unbedachten körperlichen Reaktion zu verleiten, indem sie angeschrien und beleidigt werden - und alles mit einem Handy gefilmt wird und das Video im Internet landet.

Dass es nun zusätzlich ein ,,Antidiskriminierungsgesetz" und einen ,,Unabhängigen Polizeibeauftragten" in Berlin geben soll, passt in diese Stadt, in der linke Extremisten die Stadt und Polizisten seit Jahren terrorisieren, in der gewalttätige Demonstrationen kleingeredet werden, in der kriminelle Clans aus Rücksicht auf angebliche Fremdenfeindlichkeit Jahrzehnte machen konnten, was sie wollten.

Bisher war es gängige Praxis, dass Polizeibeamte bei einer Anzeige oder eine Beschwerde fast immer ihre Dienststelle wechseln mussten, ein Disziplinarverfahren bekamen und Beförderungen auf Eis gelegt wurden. Wurden die Ermittlungen wegen falscher Anschuldigungen eingestellt oder es erfolgte ein Freispruch, wurden die Maßnahmen - Wechsel der Dienststelle, Beförderung und vieles mehr - in der Regel nicht zurückgenommen.

Da dies offenbar noch nicht ausreicht, wurde nun im Rahmen des ,,Antidiskriminierungsgesetzes" die sogenannte ,,Beweislastumkehr" eingeführt. Die Polizisten müssen beweisen, dass sie Bürger nicht rassistisch behandelt haben.

Das Land Berlin soll für den Schadensersatz aufkommen. Wenn nur ein Zehntel dieser Menschen, die mich im Einsatz als Rassist bezeichneten, solch eine Anzeige gemacht hätten, dann wäre ich aus dem Schreiben und Begründen nicht mehr herausgekommen. Die Polizei wird unter Generalverdacht gestellt.

Da passt es in die politische Landschaft, dass in der ,,taz" unter dem Titel ,,All cops are berufsunfähig" das Resümee gezogen wird, dass Polizeibeamte am besten auf der Mülldeponie aufgehoben seien: "auf der Halde, wo sie wirklich nur von Abfall umgeben sind. Unter ihresgleichen fühlen sie sich bestimmt auch selber am wohlsten". Die Erregung über diesen nachträglich als Satire gekennzeichneten Artikel hielt sich bei den Regierungsparteien in Berlin und in den Medien in Grenzen.

Interessant wäre es zu wissen, was passiert, wenn ein Polizeibeamter nur ansatzweise diese Wortwahl in Bezug auf Menschen benutzen würde. Ich bin mir sicher, dass es in dieser Polizeibehörde keinen gibt, der die innere Einstellung hegt, Menschen auf den Müll zu werfen.

Ich habe meinen Beruf nicht als Job, sondern als Berufung gesehen und muss leider das Fazit ziehen, dass ich den Beruf des Polizeibeamten heute nicht mehr ergreifen würde.


Aus: "Wutbrief eines Ex-Polizisten ,,Es gibt keinen strukturellen Rassismus bei der Berliner Polizei"" Karlheinz Gaertner (03.07.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/wutbrief-eines-ex-polizisten-es-gibt-keinen-strukturellen-rassismus-bei-der-berliner-polizei/25966874.html (https://www.tagesspiegel.de/berlin/wutbrief-eines-ex-polizisten-es-gibt-keinen-strukturellen-rassismus-bei-der-berliner-polizei/25966874.html)

QuoteBronstein 13:30 Uhr
Natürlich hat er Recht. Das kann auf jeder Demonstration beobachtet werden: Losgelassene Salonanarchisten schreien die Polizei an, bewerfen sie und provozieren, um die Reaktion dann mit dem Smartphone als Beweis für den 'faschistischen' und 'rassistischen' Charakter der Polizei festzuhalten. Neuerdings stellen sich die "Antifaschisten" sogar schützend vor migrantische Kriminelle: klare Strafvereitelung, die so geahndet werden muss. Wer die Polizei verächtlich macht ist selbst verachtenswert.




Quotedudi 14:46 Uhr

Ein ehemaliger Polizist bricht eine Lanze für die Truppe, in der er sein Leben lang gearbeitet hat. Erwartet etwa irgendjemand, dass er von polizeilichen Übergriffen, uneidlichen Falschaussagen und der Kameradschaft, die aus dem Kadavergehorsam geboren wurde, schreibt? Wohl kaum. Dieser Ex-Polizist tut so, als hätte er so etwas nicht mitbekommen. Er räumt abstrakt ein, dass er nicht ausschließen könne, dass es sowas gibt, aber ....  "Einzelfälle" halt. Hörensagen. ... Der Mann hat die Möglichkeit bekommen, hier seine subjektive Sicht der Dinge zu schildern. Ich denke, dass er mein nächsten Veteranentreffen einen Ehrenplatz bekommt.

Realisten werten diese Meinung als das, was sie ist. Eine Meinung mit eingeschränktem Blick auf die Realität.


Quote
RubbelDeKatz 14:01 Uhr

Mir fällt auf dass der Autor bei der Aufzählung der Fälle bei denen in den letzten Jahrzehnten Polizisten verletzt oder getötet wurden immer auch auf die Nationalität verweist. So als wollte er etwas rechtfertigen. ...


Quoteoscarherz 13:26 Uhr

Dieser ehemalige Polizist trifft den Nagel auf den Kopf. Das linkslastige Geschwafel hier auf den Kommentarseiten ändert nichts an der Realität. Für die Demokratie allerdings äußerst bedenklich, die Stadt ist ein Zeugnis dafür, daß Journalismus die Qualitätsansprüche eines Rudolf Augstein, Conny Ahlers, Henri Nannen oder Hajo Friedrich nicht mehr gerecht wird und damit berechtigt den Anspruch auf die vierte Gewalt im Staate verspielt.


QuotePat7 13:56 Uhr

Antwort auf den Beitrag von oscarherz 13:26 Uhr

Wie meinen Sie das?

Der "Journalimus" hat dem Herren Ex Polizisten unzensiert seine Meinung sagen lassen.
Es ist ein "Fehler" alle Meinungen zu dem Thema online zu stellen?

Wie so wundert mich es nicht dass gerade die "das wird man doch noch mal sagen dürfen" Fraktion hier am liebsten anderen Meinungen einen Maulkorb verpassen würde.
Bestätigt wieder schön die  Erfahrung dass für solche Herrschaften Meinungsfreiheit bedeutet dass nur ihre Meinung zu veröffentlichen ist.


Quoteherjeh 13:10 Uhr

Was bei diesem einseitigem Artikel auffällt, dass Gaertner, der ja von soooo vielen Einsätzen erzählt, nicht einmal was über gewaltbereite Rechtsradikale berichtet. Gabs bei diesen keine Probleme, sondern nur bei ,,Ausländern" bzw. Linken. Dabei gibt es viele rechtsradikale Überfälle etc. ( besonders in Neukölln ). Ist er auf diesem Auge blind ? ...


Quotehorstschlemm 11:25 Uhr

Hahaha!! Bei Uniter machen sie Todeslisten, beim KSK klauen sie Munition und Sprengstoff(!!!), der NSU mordet unverfolgt und ungeschoren, sogar Politiker werden von Nazis erschossen, aber Linke terrorisieren die Stadt! ... Dieser Artikel ist so voller Hetze und Bullshit, er bestätigt ungewollt alle Vorurteile gegenüber der Polizei die man so haben kann. ...


Quoterokokoko 12:03 Uhr

Antwort auf den Beitrag von horstschlemm 11:25 Uhr

Ja, alles Einzelfälle!!! :D


QuoteLeser712 11:11 Uhr

Ich bin "leider" weder Polizist, noch Opfer von Rassismus. Es wäre toll, mal ein Gespräch zwischen beiden Seiten zu haben, und zwar von erfahrenen, verständigen, offenen, dialogorientierten Personen. Es ist wie mit dem Nahostkonflikt: Der Palästinänser sagt "Du kannst das nicht beurteilen, du erlebst nicht täglich die Demütigung durch die israelischen Soldaten". Der Israeli sagt "Du kannst das nicht beurteilen, dir fliegen nicht jeden Tag die Raketen von der Hamas um die Ohren". So.

Ich würde Herrn Gärner gerne glauben, und verstehe die Frustration der Polizisten, aber da in seinem Kommentar keine einzige Erwähnung eines offensichtlich rechtsradikalen Netzwerks in der Neuköllner Polizei auftaucht, das seit Jahren Ermittlungen gegen Rechtsterrorismus sabottiert (das Wort Terrorismus fällt überhaupt nur in Zusammenhang mit Links), und er sich zu der Behauptung versteigt man könne in Kreuzberg und Neukölln gar nicht rassistisch sein, sägt er leider an seiner eigenen Glaubwürdigkeit.


Quotetos135 10:58 Uhr

Ein guter und mutiger Brief. Leider wird er - wie man hier sieht - ganz schön dafür fertig gemacht werden. Es sind schon seltsame Zeiten, wenn man als Rechtsradikaler, AFDler oder gar Nazi betitelt wird, nur wenn man mit unserer Polizei zufrieden ist. Ich sage ganz klar, ich bin zufrieden mit der Polizei und froh das es sie gibt.
Und nun los, draufhauen ...


Quoteherjeh 11:40 Uhr

Antwort auf den Beitrag von tos135 10:58 Uhr

Ist schön dass Sie zufrieden sind, heißt aber nicht, dass es , trotz auch guter Polizisten, nicht auch einen Anteil an Rassisten und gewaltbereiten Polizisten gibt.
Aber wir hatten das in der deutschen Vergangenheit ja bereits : ,,Wir haben von nichts gewusst ,, .....


QuoteBeMo 10:47 Uhr

Herrn Gaertner gilt meine volle Anerkennung für seine Ausführungen (ich bin kein Polizist). Es ist unglaublich, wie die Verhältnisse in den USA auf die deutsche und insbsondere die Berliner Polizei übrtragen werden. Auch bezüglich des Rassisimus der hier lebenden Mitbürger ausländischer Herkunft kann ich Herrn Gaertner nur zustimmen, denn ich kann gar nicht zählen, wie oft ich selbst oder Bekannte als Scheiß-Deutsche u.ä. betitelt wurden. Darüber aber wird weder gesprochen noch geschrieben.


QuoteAldermann 11:08 Uhr

Antwort auf den Beitrag von BeMo 10:47 Uhr

Also Sie schreiben gerade, wenn ich mich nicht irre. ...


Quoteberlincosmos 12:03 Uhr

Antwort auf den Beitrag von BeMo 10:47 Uhr

Wäre ich Sie würde ich es als Anekdote bezeichnen. Komisch ich wurde in meinem Leben noch nicht einmal als "Scheiß-Deutscher" bezeichnet. Was mache ich richtig, oder Sie falsch ?


QuoteAuch-das-noch 10:47 Uhr

Zu mir vorweg: hellhäutig, keine Vorstrafen, nicht mal eine Tätowierung ;-)

Trotzdem sind meine Erfahrungen mit der Polizei zu 90% keine guten. Mir sind deutsche Polizisten oft überheblich und sehr unsympathisch begegnet. Besserwisserisch obwohl sie nicht im Recht wahren...
Ich habe von dunkelhäutigen Bekannten gehört wie sie von der Polizei behandelt werden - "Danke! - reicht! 6 - setzen!"
Es ist kein Staat ohne Polizei möglich - so weit, so klar, aber ein bischen kritische Selbstreflexion sollte schon drin sein.


Quoteneukoellnerschwede 10:43 Uhr

Deutschland ist nicht wie die USA, wo Rassismus und Polizeigewalt Gang und Gäbe ist. In Deutschland handelt es sich zum Glück um sehr wenige Ausnahmen.


QuoteRindenberg 14:04 Uhr

Antwort auf den Beitrag von neukoellnerschwede 10:43 Uhr

Klar, alles Einzelfälle...


Quote
Pirckheimer 10:26 Uhr

Danke für diesen Kommentar.
Der Schwager meines Sohnes ist Polizist in einer deutschen Großstadt. Er ist pflichtbewusst, geht tags, nachts und am Wochenende seinem Dienst nach, unaufgeregt und trotzdem gründlich. Um ein aus der Mode gekommenes Wort zu gebrauchen ein "anständiger Mensch". An ihn (und seine Kollegen, auch mit Migrationshintergrund) musste ich denken, als eine Autorin der TAZ ihn und seine ganze Berufsgruppe auf den Müll wünschte und ihnen nicht mal zutrauen wollte "irgendwas mit Tieren zu machen".
Bekanntlich sprangen viele Journalistenkollegen ihr bei (auch aus dem öffentlich rechtlichen Bereich, NDR u.a.). Unser Gemeinwesen wird nur funktionieren, wenn Regeln eingehalten werden, Regeln die andere auch schützen. z.b. junge Menschen vor Drogendealern. Ein Bestandteil dieser Ordnung ist die Polizei.


Quote
berlincosmos 10:22 Uhr
Als Angehöriger eines Dauerbetroffenen (schwarze Haut) von polizeilichem Rassismus und Diskriminierung frage ich mich ob der Mann schlicht und einfach lügt oder ob seine politische Haltung " passt in diese Stadt, in der linke Extremisten die Stadt und Polizisten seit Jahren terrorisieren" hier nicht das ausschlaggebende Element sind.
Wieso wird mein Partner im Strassenverkehr (er fährt absolut regelkonform, nie zu schnell) konstant von der Berliner Polizei angehalten (dieses Jahr schon 5 mal), ich hingegen als Weisser in 20 Jahren genau 1 (!) mal, obwohl ich sehr viel mehr Auto fahre ?

Wieso wird mein Partner fast ausschliesslich von der Polizei geduzt, obwohl er meist älter ist als die Polizisten? Wieso muss er sich mehrfach im Jahr anlasslos von der Polizei überprüfen lassen, wurde mehrfach als "Ne*er" von Politzisten bezeichnet und wieso hört er regelmässig "ihr Schwarzen seid eh alles Drogendealer", obwohl er Akademiker ist und mehr verdient als die Polizisten die ihn kontrollieren. Und ja wenn wir irgendwo unterwegs sind, gut angezogen auf dem Weg zum Konzert oder wo auch immer wird immer er rausgezogen, nie ich. Der gute Mann behauptet, dass Migranten und schwarze Menschen meist einen Anlass für die Überprüfung geben, nein dies ist in seinem Fall nicht so, er wird überprüft weil er dunkelhäutig ist und dies für die Masse der Polizisten schon verdächtig ist. Bei Überprüfungen bei denen ich dabei war, habe ich die Polizisten nach dem Grund der Kontrolle gefragt, eine schlüssige Antwort habe ich nie bekommen, auf racial profiling angesprochen wurden sie ganz kleinlaut. Ich für mein Teil bin froh, dass solch reaktionäre, ewiggestrige Typen wie dieser Gaertner nicht mehr im Dienst sind, einige positive Anzeichen bei der Polizei sehe ich bei den jüngeren, weltoffeneren Kollegen, die ihren älteren Vorgesetzten auch mal ein "jetzt reicht es aber mit der Überprüfung, wir sehen doch, dass der Überprüfte nicht das ist was wir suchen" entgegenhalten.


QuoteDino822 02.07.2020, 13:15 Uhr

Ach herrje. Ein ehemaliger Polizist sieht also bei der Polizei keinen strukturellen Rassismus und auch keinen zusätzlichen Kontrollbedarf. Das ist ja mal eine Überraschung.
Und wie begründet er seine Aussagen? Ach ja, gar nicht. Er ist ja schließlich ein ehemaliger Polizist, dem man zu glauben hat. ...


Quoteherjeh 10:34 Uhr

Antwort auf den Beitrag von berlincosmos 10:22 Uhr

Genau so ist es. In meinem Bekanntenkreis gibt es gleiche Erfahrungen. Dass dieser Gaertner sich dumm stellt und hier Einige ihm auch noch beipflichten, ist entsetzlich.


QuoteAldermann 10:14 Uhr

Zwei Dinge sind doch klar:

1. Die Polizei hat einen schweren, psychisch belastenden Job.
2. Durch die Ereignisse in den USA kommt das Thema Rassismus auch hier (für mich: endlich!) auf die Tagesordnung.

Hier widerspricht sich der Polizist selber.
Er spricht von persönlichen Erfahrungen, die zu Kontrollen führen.
Das kann man akzepieren und ist menschlich.

Was er nicht sieht: Migranten, welche keine Straftäter sind haben ebenfalls persönlich Erfahrungen.
Ich bin nach Geschäftsreisen am Flughafen komischerweise immer "jeder 10te".
Es ist erhellend auf englisch mit den Beamten zu sprechen, wenn sie nicht wissen, das man sie versteht.
Wieso akzeptiert Herr Gaertner das dann nicht?

So entkräftet er sein eigenes Argument.

Und: Warum wehrt er sich gegen einen breiten Forschungsauftrag, wenn es strukturellen Rassismus nicht gibt?
Er kann doch sehr gelassen sein.


QuoteHenry_37 02.07.2020, 12:05 Uhr
Danke für diesen Artikel!

Die Haltung vieler Leute, die die Polizei pauschal kritisieren, ist doch immer dieselbe:
1. Diese "Scheißarbeit" [ich will damit nur meinen Respekt ausdrücken, den ich für die Arbeit hege: ich könnte diese Belastung nicht aushalten] natürlich nicht machen.
2. Wenn sie dann aber Hilfe brauchen (sei es ein Unfall, Diebstahl, Betrug, Bedrohung, Körperverletzung ..) rufen sie sofort die Polizei.

...


Quotemuss_ja 02.07.2020, 10:34 Uhr

Vielen Dank Herr Gaertner. Ich vermute (und hoffe) dass sie stille Mehrheit der Gesellschaft Ihren schwierigen Dienst zu schaetzen weiss. Seit langer Zeit habe ich in einer deutschen Zeitung nichts gelesem dem ich mehr zustimmen konnte.


Quotewasnulos 02.07.2020, 12:13 Uhr

Antwort auf den Beitrag von muss_ja 02.07.2020, 10:34 Uhr
Volle Zustimmung! Ich könnte da aus meinem ehemaligen beruflichen Erleben (nein, nicht bei der Polizei, aber ebenso öffentlich und nah an der Bevölkerung) deckungsgleiche Geschichten beitragen. Man glaubt es nicht, wenn man es nicht selber erleben musste.


QuoteHen-Riette 02.07.2020, 12:43 Uhr

Antwort auf den Beitrag von wasnulos 02.07.2020, 12:13 Uhr

    Man glaubt es nicht, wenn man es nicht selber erleben musste.

Das trifft über erlebten Rassimus und Polizeigewalt nun aber auch zu.


...
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 03, 2020, 08:44:12 PM
Quote[...] Der Polizeibeamte Robert (Name geändert) hat uns von Fremdenfeindlichkeit unter seinen Kollegen, dem Hass vieler Polizisten auf ,,die Linken" und der Angst vor offenen Vorwürfen erzählt (hier geht es zu Roberts Bericht: http://www.jetzt.de/politik/rassismus-in-der-polizei-ein-junger-polizist-berichtet). Wir können seine Aussagen nicht belegen. Doch vieles, was man über die ,,Polizistenkultur" weiß, deckt sich mit seinen Vorwürfen.

Rafael Behr, Professor für Polizeiwissenschaften an der Akademie der Polizei in Hamburg und Autor des Buches ,,Cop Culture – Der Alltag des Gewaltmonopols. Männlichkeit, Handlungsmuster und Kultur in der Polizei", ist Experte auf diesem Gebiet. Daher haben wir ihn darum gebeten, Roberts Aussagen einzuordnen.

jetzt: Herr Behr, was würde unserem Informanten Robert drohen, wenn er seine Vorwürfe an die Polizei öffentlich erheben würde?

Rafael Behr: Formell würde er vermutlich selbst zum Beschuldigten werden: Jemand würde Anzeige erheben, das Ganze könnte auch auf eine Verleumdungsklage hinauslaufen. Das Beamtengesetz regelt außerdem, dass man Dienst-Interna nicht ohne Weiteres preisgeben darf. Der Beamte hat eine sogenannte ,,Wohlverhaltenspflicht": Danach hat er alles zu vermeiden, was dem Ansehen der Polizei schadet. Interna ausplaudern gehört dazu. Die Sanktion kann, je nach Schwere des Vergehens, von einem Verweis, über eine Geldbuße bis hin zur Zurückstufung oder Entfernung aus dem Beamtenverhältnis reichen.

jetzt:Und informell?

Würde er aus der Gruppe gemobbt. Kameradenverrat ist eine Todsünde. Ich habe oft erlebt, dass Polizisten entsetzt waren, wenn etwas von einem Übergriff durch Polizisten in der Zeitung stand – aber nicht über das, was passiert war, sondern darüber, dass es veröffentlicht wurde.

jetzt: Wer sich nicht an den ,,Code of Silence" hält, dem droht also der soziale Tod in der Gruppe. Kann das Ganze auch Auswirkungen auf die Karriere haben?

Das hängt sehr von der Atmosphäre in der jeweiligen Dienststelle ab. Ich kenne beides: Zum einen die Selbstzuschreibungen von Kollegen, die sagen: ,,Ich werde nicht befördert, weil ich unbequem bin." Zum anderen aber auch Fälle, in denen Beamte nicht befördert wurden, weil sie den erwarteten Handlungsmustern nicht entsprachen und darum als nicht vertrauenswürdig galten.

jetzt: Robert beklagt vor allem die Fremdenfeindlichkeit vieler Kollegen. Gibt es bei der Polizei institutionellen Rassismus?

Nein. Nichts weist darauf hin, dass bei der Polizei Rassismus gelebt oder gefördert würde. Allerdings macht das das Problem nicht kleiner. 

jetzt: Es gibt also ein Problem?

Es gibt zwar keinen institutionellen, aber sehr wohl überindividuellen Rassismus: In bestimmten Innenstadt-Dienststellen oder in Einsatzhundertschaften, die vor allem bei Großlagen eingesetzt werden und so von einem Brennpunkt zum nächsten kommen, blühen die Vorurteile. Und es gibt strukturelle Bedingungen, die Rassismus ermöglichen.

jetzt: Zum Beispiel?

Im Asylgesetz gibt es die sogenannte Residenzpflicht: Bestimmte Flüchtlinge dürfen sich nur in bestimmten Gebieten aufhalten. Da kann ein Dienstgruppenleiter theoretisch sagen: ,,Wir haben aktuell noch zu wenig Vorgänge. Fahrt zur Flüchtlingsunterkunft und schaut, ob ihr ein paar Anzeigen wegen Verletzung der Residenzpflicht zusammenkriegt." Das Gesetz selbst ist nicht rassistisch – aber die Disposition zum Rassismus ist gegeben.

jetzt: Robert hat Ähnliches berichtet: dass er zum Racial Profiling aufgefordert wurde und Kollegen der Aufforderung gefolgt sind, weil sie auf diese Weise eine Menge Anzeigen aufnehmen konnten.

Polizisten weisen immer den Vorwurf zurück, dass sie aus reinem Rassismus kontrollieren, sondern finden in der Regel eine zusätzliche Bestätigung ihres Verdachts. Ich nenne das ,,selbstreferenzielle Verdachtsschöpfung": Wenn ein Beamter gezielt junge Migranten in tiefer gelegten Autos kontrolliert, dann wird er wahrscheinlich auch hin und wieder Betäubungsmittel bei ihnen finden. Und kann dann behaupten, die Praxis beruhe auf polizeilicher Erfahrung.

Was aber in diesem Falle nicht stimmt.

jetzt: Genau. Natürlich ist es klug von Polizisten, an bestimmten Orten auf bestimmte Personengruppen zu achten – wenn sich dieses Vorgehen mit empirischem Wissen deckt. Wenn sie also zum Beispiel wissen, dass aktuell Männergruppen einer bestimmten Nationalität in einem bestimmten Gebiet Einbrüche begehen. Aber deswegen ist es noch lange nicht okay, in jeder Situation Menschen mit schwarzer Hautfarbe zu kontrollieren, weil man dann schon irgendwas finden wird. Und das macht das Racial Profiling aus: Es beruht auf Vorurteilen und Stereotypen statt auf Beweisen.

jetzt: Zieht die Polizei Menschen mit rechtem Gedankengut besonders an?

Nein! Ich bin sehr dagegen, das zu behaupten. Zur Polizei gehen viele Menschen, die nach einem gewissen Ordnungsschema suchen. Dabei geht es aber um soziale Ordnung und private Sicherheit, die der öffentliche Dienst bietet. Hinzu kommen Motive wie ,,Ich will helfen". Wer ein Faible für Waffen hat, für den Nationalstaat und Traditionspflege, der geht zum Militär. Dort entstehen dann auch eher rechte Subkulturen.

jetzt: Aber es gibt trotzdem eine bestimmte, geschlossene ,,Polizistenkultur"?

Ja. Der wichtigste Bestandteil dieser ,,Cop Culture" ist, dass man sich nicht gegenseitig verrät, anzeigt oder anschwärzt. Da werden auch Übergriffe schon mal gedeckt. Der ,,Whistleblower", der dem Vorgesetzten meldet, dass ein Kollege einen Wehrmachtshelm im Spind hat, gilt als Kameradenschwein. Die Polizistenkultur verhindert oft Zivilcourage.

jetzt: Aber es gibt auch Polizisten wie Robert, die vieles nicht gutheißen.

Ich bin sogar sicher, dass es ganz viele aufrechte Polizisten gibt, die nur schweigen, weil sie sonst in diesem System nicht weiterleben können. Sie sind abhängig von der Solidarität der Kollegen. Und diejenigen, die rassistische Sprüche klopfen, sind oft charismatische Typen, die großen Einfluss in der Gruppe haben.

jetzt: Wie der ,,Widerstandsbeamte", von dem Robert erzählt hat.

Genau. Der ,,Widerstandsbeamte" ist jemand, der bei einer Festnahme einen Widerstand provoziert, um dann hart durchzugreifen. Das zwingt wiederum die Kollegen zu einer dienstlichen Stellungnahme, die positiv für diesen Beamten ausfallen muss. Entgegen ihrer eigenen Überzeugung.

jetzt: Robert empfindet es auch als belastend, dass es ein so klares Feindbild bei der Polizei gibt: die Linken.

Das ist zwar keine offizielle Polizei-Doktrin, aber es hat Tradition. Bevor es die autonomen Nationalisten gab, sind die Rechten nie aufmarschiert, um den Staat in Frage zu stellen, sondern haben sogar noch mehr Ordnung und Disziplin verlangt als die Polizei selbst. Linker Protest hingegen richtet sich traditionell gegen staatliche Autorität und war schon immer durchlässiger für Gewalt, auch gegen Polizeibeamte. Linke Demonstranten wurden und werden darum stärker dämonisiert als rechte. Das konnte man auch im Vorfeld des G-20-Gipfels gut erkennen.

jetzt: Inwiefern?

Da war die Rede von ,,bis zu 8000 Chaoten aus aller Welt", die die Stadt auseinandernehmen und Polizisten angreifen würden. Diese Dramatisierung des Gegners ist natürlich auch eine Methode, um sich abzusichern: Wenn nichts passiert, wird nachher gesagt, dass die Strategie der Polizei Wirkung gezeigt hat. Und wenn etwas passiert, waren die Chaoten eben noch chaotischer als gedacht.

jetzt: Die Situation in Hamburg ist eskaliert. Warum?

Es herrschte eine völlig asymmetrische Beziehung: auf der einen Seite die stark hierarchisch organisierte Polizei, auf der anderen Seite ein antihierarchischer, quasi anarchistischer Mob, der jegliche Struktur vermissen lässt und auch kollektive Verantwortung ablehnt. Ich frage mich allerdings, warum die Polizei davon so überrascht wurde – das ist ja alles nicht erst seit dem Gipfel so.

jetzt: Wie bewerten Sie insgesamt den Einsatz der Polizei bei G20?

Die Einsatzstrategie war ja eher konventionell: schweres Gerät auffahren, Korridore für die Prominenz freihalten und den Schwarzen Block frühzeitig zerschlagen. Das ist die traditionelle ,,Hamburger Linie". Und das mussten viele Polizisten, die im Einsatz waren, ausbaden.

jetzt: Wie meinen Sie das?

Bei dem Einsatz wurden extrem viele Beamte regelrecht verschlissen, zum Beispiel durch zu wenig Schlaf oder Dehydrierung. Sie wurden einem Risiko ausgesetzt, das im Nachhinein auf die Demonstranten geschoben wird. Aber dass diese Einsatztaktik, also zum Beispiel die sofortige Auflösung des Schwarzen Blocks, in Kauf nimmt, dass sich sehr viele Polizisten verletzen, wird nirgends thematisiert.

jetzt: Die Polizisten sind also Opfer der harten Einsatzstrategie – und nicht die Demonstranten?

Nein, mir ist wichtig zu verdeutlichen, dass es Opfer auf beiden Seiten gab. Viele Beamte und ihre Ideale haben Schaden genommen. Mir tut das Ganze aber auch für die Menschen leid, die kreativ und friedlich protestiert haben und über die jetzt keiner mehr spricht, weil sie vom Gewaltexzess überrollt wurden. Die Ohnmacht der Zivilgesellschaft hat sich bei diesem Gipfel sehr deutlich gezeigt.

jetzt: Was halten Sie von der Aufarbeitung?

Die ist bis jetzt noch nicht angelaufen. Olaf Scholz hat gesagt, die Polizei habe ,,heldenhaft" agiert. Außerdem wurde behauptet, es habe keine Polizeigewalt gegeben – aber natürlich sind einzelne Beamte übergriffig geworden. Kritik wird also von vorneherein negativ bewertet, dabei muss die Polizei sich dringend Kontrolle gefallen lassen. Gerade weil sie die Institution ist, der die Bevölkerung eigentlich Vertrauen entgegenbringt.

jetzt: Welchen Einfluss hat das aktuelle politische Klima auf die Polizei? Robert sieht Zusammenhänge zwischen seinen Kollegen und den Rechtspopulisten.

Die, die vorher schon chauvinistische Einstellungen hatten oder stark vereinfachende Weltbilder vertreten haben, werden jetzt sicher mutiger und lauter. Aber das ist keine Gesamtstimmung. Das Problem sind eher Fälle, in denen sich die Polizisten nicht stark genug von Gruppen wie Pegida abgegrenzt und durch bestimmte Maßnahmen oder Aussagen Beifall von der falschen Seite bekommen haben. Dadurch entstand eine bestimme öffentliche Wahrnehmung. Einen allgemeinen Rechtsruck in der Polizei sehe ich darin allerdings noch nicht. In den frühen Neunzigerjahren war das anders, als man davon ausgehen musste, dass viele Polizisten bei den Republikanern aktiv sind. Heute ist das moralische Klima in der deutschen Polizei meiner Meinung nach immer noch anerkennenswert. Wir stehen nicht schlechter da, als andere demokratische Staaten.

jetzt: Trotzdem bleibt das Problem der Polizistenkultur, die Robert belastet. Was würden Sie ihm raten?

Wenn er mich um Rat fragen würde, würde ich sagen: Pass in erster Linie auf dich, deine Integrität und deine Gesundheit auf. Und wenn es irgendwie geht, such' dir Allianzen. Leute, von denen du weißt, dass sie auf deiner Seite sind. Es gibt ja auch sozial wache Kollegen. Gerade unter älteren Polizisten gibt es erstaunlicherweise viele, die eine sehr integre moralische Haltung haben und die sich durch Zugehörigkeitszwang nicht mehr beeinflussen oder erpressen lassen.

jetzt: Was müsste sich strukturell verändern, damit jemand wie Robert nicht mehr gezwungen ist, zu schweigen?

Das Problem ist, dass es bei der Polizei zu wenig geschützte Räume gibt, in denen man Informationen weitergeben kann, ohne sich bloßzustellen. Selbst Gewerkschaftsfunktionäre, die ja eigentlich für die Interessen der Polizisten zuständig sind und offen reden dürfen, machen es oft nicht – weil sie ihre Wählerschaft nicht verprellen wollen. Es gibt sogar Staatsanwälte, die sagen: ,,Es gibt kein Fehlverhalten in der Polizei, denn wir kriegen ja kaum Anzeigen." Das liegt aber auch daran, dass man eine Strafanzeige mit dem eigenen Namen stellen muss.

jetzt: Robert fordert darum unter anderem eine unabhängige Ermittlungsstelle für die Polizei.

Wir bräuchten zumindest unabhängige Beschwerdestellen und Polizeibeauftragte, die einen gesetzlichen Auftrag zur Anonymisierung und ein Auskunftsverweigerungsrecht haben. Das würde die Zivilcourage innerhalb der Polizei sicherlich fördern.

jetzt: Muss sich vielleicht auch an der Ausbildung etwas ändern? Wie viel Platz nimmt bisher zum Beispiel die politische Bildung ein?

Das ist abhängig von den unterschiedlichen Lehrplänen. Bei uns an der Fachhochschule macht Politologie im gesamten Studienverlauf 16 Stunden aus. Das ist so gut wie nichts. Allerdings gibt es so etwas wie Wertevermittlung und Polizei-Ethik auch noch in anderen Bereichen des Unterrichts. Bei mir im Soziologie-Modul sprechen wir viel über den ,,Code of Silence", Gewalt an der Polizei und durch die Polizei, Fehlverhalten, Risikobewertung und so weiter. Ich kenne kein Ausbildungsmodul, in dem Rassismus geduldet oder gar gelehrt würde, und auch in den praktischen Trainings würde keiner offiziell sagen: ,,Kontrolliert Ausländer!" Problematischer finde ich, dass die guten Ansätze und die gute Theorie durch später Erfahrungen in der Praxis sehr schnell an Bedeutung verlieren. Die Ausbildung ist also nicht der Stein des Anstoßes – sondern das anschließende Loslassen.


Aus: "Rassismus in der Polizei: Interview mit dem Polizeiwissenschaftler Rafael Behr: ,,Kameradenverrat ist eine Todsünde"" Interview von Nadja Schlüter (20.07.2017)
Rafael Behr, Professor für Polizeiwissenschaften, weiß, warum sich bei der Polizei niemand über Kollegen beschwert und warum die Linken immer der Feind sind.
Quelle: https://www.jetzt.de/politik/rassismus-in-der-polizei-interview-mit-dem-polizeiwissenschaftler-rafael-behr (https://www.jetzt.de/politik/rassismus-in-der-polizei-interview-mit-dem-polizeiwissenschaftler-rafael-behr)


20.07.2017 • Rassismus und Racial Profiling bei der Polizei: Ein junger Polizist berichtet
,,Die Feinde sind immer die Linken und die Ausländer"
Ein junger Polizist spricht über Rassismus und Korpsgeist in der Polizei.
Protokoll von Nadja Schlüter und Charlotte Haunhorst
https://www.jetzt.de/politik/rassismus-in-der-polizei-ein-junger-polizist-berichtet? (https://www.jetzt.de/politik/rassismus-in-der-polizei-ein-junger-polizist-berichtet?)


26.09.2019 • Polizeigewalt: Studie an der Universität Bochum
,,Vielen Opfern wurde von einer Anzeige abgeraten"
Laila und Hannah forschen zu Polizeigewalt in Deutschland. Jetzt legt das Team erste Ergebnisse vor.
Interview von Nadja Schlüter
https://www.jetzt.de/politik/polizeigewalt-studie-an-der-universitaet-bochum (https://www.jetzt.de/politik/polizeigewalt-studie-an-der-universitaet-bochum)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 04, 2020, 11:11:39 AM
Quote[...] In Stuttgart verwüsteten Jugendliche die Innenstadt, in Berlin demonstrierten Verschwörungstheoretiker gegen Corona-Regeln. Und viele Menschen diskutieren gerade über Polizeigewalt und ob es noch Satire ist, wenn eine Kolumnistin Polizisten auf die Müllhalde schicken will. Hier erzählt Nikolai Steckmann, Polizist aus Berlin, wie er die vergangenen Wochen erlebt hat, wie Corona seinen Arbeitsalltag verändert hat und wie er damit umgeht, wenn er beleidigt und bedroht wird.

Polizist Nikolai Steckmann: Ich bin Leiter einer Einsatzhundertschaft in Berlin. Unsere Aufgabe ist es normalerweise größere Veranstaltungen und Versammlungen abzusichern. Doch mein Arbeitsalltag hat sich in der Corona-Krise stark verändert. Mir und meinen Kollegen ist bewusst, dass mit dem Beruf eines Polizisten erhebliche Gefahren einhergehen. Durch unsere gegenseitige Unterstützung sind sie in der Regel aber beherrschbar. Angefangen hat der neue Arbeitsalltag mit den Einschränkungen, die aufgrund der Pandemie beschlossen wurden. Die allermeisten Menschen haben sich an die Regeln gehalten. Und wenn wir mal jemanden ermahnen mussten, konnte man nahezu alles mit Worten regeln. Das hat sich erst mit diesen sogenannten Hygiene-Demos geändert.

In Berlin fand Ende März die erste Demonstration dieser Art am Kottbusser Tor statt, vielleicht 100 oder 150 Menschen haben gegen die Corona-Auflagen des Berliner Senats protestiert. Damals ließ sich die Gruppe nach Eintreffen unserer Hundertschaft noch recht schnell auflösen. In den folgenden Wochen gab es aber zunehmend größere Demonstrationen rund um den Rosa-Luxemburg-Platz und die Volksbühne, am Alexanderplatz und vor dem Reichstag. Die Teilnehmenden zeigten überhaupt kein Verständnis für die Maßnahmen der Politik. Zwar hielten viele von ihnen genügend Abstand zueinander. Vor allem bei der Demo am Alexanderplatz stellten wir aber vermehrt Verstöße fest. Und auch am Reichstag haben die Menschen unsere Ansagen oft ignoriert, wir mussten mit mehreren Hundertschaften den gesamten Platz räumen.

Die Stimmung auf den Hygiene-Demos war dabei sehr unterschiedlich. Es gab etliche Menschen, die vor sich hinredeten. Manche warfen uns vor, wir seien Teil einer Diktatur. Der eine sprach von einer Impfpflicht, der nächste von der Abschaffung der Demokratie und wieder der nächste davon, dass es das Coronavirus gar nicht gebe. Und es gab auch diejenigen, die aggressiv gegenüber der Polizei auftraten. Da kann es dann auch mal zu körperlichen Auseinandersetzungen kommen, einige meiner Kolleginnen und Kollegen wurden sogar geschlagen, angehustet oder angespuckt. Das geht einfach nicht. Bisher waren das aber glücklicherweise Einzelfälle. Aggressiver als bei anderen Demos ging es aber nicht zu. In solchen Situationen greifen wir dann gezielt ein und nehmen die Personen fest. Angst um meine Kolleginnen und Kollegen habe ich dabei nicht, wir sind gut ausgebildet und mit einem hohen Maß an gegenseitiger Unterstützung sind solche Situationen kontrollierbar.

Wir Polizistinnen und Polizisten mussten in den vergangenen Monaten oft als Sündenbock herhalten. Wir sind es ja, die die Bestimmungen der Bundesregierung und des Senats letztendlich durchsetzen. Und das verärgert viele. Aktuell ist ein prägendes, öffentliches Thema die im Zuge der Protestbewegung problematisierte Polizeigewalt. Das wurde unter anderem in einer Kolumne, die in der taz erschienen ist, aufgegriffen. Hier stellte die Autorin Polizisten unter Generalverdacht und sagte, dass wir auf der Mülldeponie arbeiten sollen – das hilft uns überhaupt nicht weiter. So ein Text ist bedauerlich, er ärgert mich. Unser gemeinsames Anliegen sollte doch sein, aufeinander zuzugehen und nicht zusätzliche Gräben aufzureißen. Gerade bei so einem bedeutenden Thema wie übertriebener Polizeigewalt sollte man ein Interesse daran haben, in der Sache voranzukommen und Probleme ernsthaft anzugehen. Da hilft Polemik – egal, in welche Richtung – keinem weiter. Das Ergebnis ist nun, dass sich einige klar hinter die Polizei stellen, den Text verurteilen, und andere sagen: "Das muss man aushalten." Das eigentliche Thema wird aber nicht vorangebracht.

Wir machen doch nur unsere Arbeit. Die Form der Gewalt, die in den USA teilweise durch Polizisten ausgeübt wird, wäre in Deutschland meiner Meinung nach so nicht passiert. Man kann sicher Polizeigewalt auch in Deutschland nicht ausschließen. Ich glaube aber, dass sie der absolute Ausnahmefall ist. Wir haben eine sehr gute und sensible Polizeiausbildung, in der wir lernen, Gewalt und Zwang nur als letztes Mittel zu sehen. Ich glaube, auch die Öffentlichkeit sieht, dass es einen deutlichen Unterschied gibt zwischen den USA und Deutschland. Bei uns wird polizeiliche Gewaltanwendung kontrolliert und überprüft, es gilt ein umfassender Rechtsschutz. Wer meint, Polizisten seien unzulässig eingeschritten, kann das melden und Gerichte überprüfen es. Berichte über Polizeigewalt sind in Deutschland sehr selten. Nicht deswegen, weil sie vertuscht werden, sondern weil diese Form der Gewalt tatsächlich selten vorkommt. Unsere Strategien sind nicht auf Gewalt ausgerichtet. Und ich kenne nur wenige Videoaufnahmen oder Zeugenaussagen zu unrechtmäßiger Gewalt durch Polizeibeamten hierzulande.

Gerade in der aktuellen Krisensituation ist unser Job ein wichtiger. Wir sind dazu da, friedliche Teilnehmende von Demonstrationen zu schützen. Doch im Anschluss der Black-Lives-Matter-Demo auf dem Alexanderplatz kam es zu erheblichen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei. Meine Hundertschaft ist am Nachmittag zur Unterstützung gerufen worden, weil Menschen fortlaufend Flaschen und andere gefährliche Gegenstände auf Polizeibeamte geworfen haben. Das Schwierige für mich war dabei: Das Anliegen der Demo ist wichtig und nachvollziehbar, jeder, der ein demokratisches Verständnis hat, kann nicht verstehen, warum aus rassistischen Motiven polizeiliche Gewalt ausgeübt wird. Das ist ein absolutes No-Go. Jeder demokratisch Denkende steht zu hundert Prozent dahinter, dass kein Mensch aufgrund seiner Hautfarbe oder Religion diskriminiert werden darf. Aber umso schlimmer war dann, was nach der Demonstration passiert ist. So ein wichtiges Anliegen – und dann begehen ein paar Wenige Blödsinn und verletzen dabei auch noch Kolleginnen und Kollegen von mir. Das ist für das eigentliche Anliegen einer gewaltfreien Demonstration doch genau kontraproduktiv. Wir wurden schließlich dazu geholt, um konkrete Straftäter festzunehmen und um sicherzustellen, dass der absolut größte Teil der Menschen in Ruhe die Versammlung verlassen konnte.

Was mich aufmuntert, sind die schönen Momente. Während einer Streife in einem Park hat sich eine Dame, die mit ihrem Hund Gassi ging, bei mir dafür bedankt, dass wir trotz aller Gefahren jeden Tag auf alle aufpassen würde. Der größte Teil der Bevölkerung reagiert mit großer Dankbarkeit, was schön ist. Viele sagen uns, dass sie sich dank der Polizei auf den Straßen sicherer fühlen. Auch nach den Ausschreitungen in Stuttgart haben sich viele mit der Polizei solidarisch gezeigt. Dort hat es eine absurde Form der Verbrüderung gegen die Polizei gegeben, Kollegen wurden massiv angegriffen, in der Innenstadt wurde randaliert. Das Problem ist: Kein Mensch kann ausschließen, dass das nicht nächste Woche bei uns in Berlin oder München in ähnlicher Form passiert. Es ist schwer, sich als Polizist auf solche spontanen Ereignisse vorzubereiten. Aber wenn man auf die vergangenen Jahre blickt, war das eine absolute Ausnahmesituation.

Ich mache meinen Job sehr gerne. Es macht mir Spaß, Menschen zu helfen, ihnen ein Gefühl von Sicherheit zu geben, wenn sie in Not sind. Und ich will, dass sie sicher leben können. Deshalb bin ich Polizist geworden.


Aus: ""Manche warfen uns vor, wir seien Teil einer Diktatur"" Protokoll: Fabian Müller (2. Juli 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/arbeit/2020-07/polizist-berlin-demonstration-polizeigewalt-ausbildung-polizei-ansehen (https://www.zeit.de/arbeit/2020-07/polizist-berlin-demonstration-polizeigewalt-ausbildung-polizei-ansehen)

QuotePapaLa-Papp #31

Bei allem Verständnis für den Menschen in der Uniform und natürlich allen guten Argumenten.
Aber gar keine Selbstkritik im ganzen Artikel? Puh... n bisschen wenig. ...


QuoteMCollins #48

Warum man die Polizei immer kritischer sieht?

Es erfolgt keinerlei Aufschrei / Distanzierung wenn mal wieder "Einzelfälle" wie Morddrohungen als NSU2.0 versendet werden, Rechtsradikale Chats auffallen, Beamte sich entsprechend äußern ...

Stellen zur Beschwerde? 99% aller Fälle werden abgeschmettert, eindeutige Belege nicht anerkannt und bei jedem Vorwurf die Reihen fest geschlossen. Ob Einsätze wie in Hamburg, ob Selbstverbrennungen in Zellen etc usw. Man soll einfach akzeptieren wenn es heißt "es gibt keinen Fall von Polizeigewalt, ... ".

Einmal. Ein einziges mal selbstkritisch sein dann könnte man auch vertrauen haben.


QuoteFreierVogel361 #1.4

Dieses Interview ist konsensgerecht verpackte Polizeipropaganda. ...


Quote
Meforawrainbow #1.7

... bin dankbar für die Arbeit der Polizei. Doch auch bei der deutschen Polizei läuft sicher nicht ALLES gut. Die Balance zwischen Deeskalation und konsequentem Eingreifen ist für die Polizeiführung sicherlich nicht einfach. Dabei kommt es manchmal zu Fehlentwicklungen, zB in Form von unverhältnismäßigen Behandlungen in Hamburg, wie es auch die ZEIT aufgezeigt hat. Hinzu kommt das Problem des Rechtsextremismus bei einigen Polizisten.

Nobody is perfect. Ich finde es fehlt in dem Artikel (neben dem berechtigten Eigenlob) an Selbstkritik.


Quotewolf_niese #2

Ja, darf man nicht vergessen, dass die meisten Polizisten extrem okay sind.


Quotehairy #2.1

Das werden die allermeisten Leute nicht bezweifeln. Die Frage hier ist doch eher, wieviele die 'meisten Polizisten' sind? ...


Quotespringer1 #9

... Ich kann mich noch gut an die Demos gegen Atommülltransporte erinnern. Ein Freund war bei der Bundespolizei, im Dienst musste er sich gegen die Demonstranten stellen, in seiner Freizeit hat er auf der Seite der Demonstranten gestanden.


Quote
M Silenus #11

Schöner, ehrlicher Text und Einblick.

Ich habe in meinem Leben bisher keine negativen Erfahrungen mit der Polizei gemacht, eher im Gegenteil. Auch wenn ich Scheisse gebaut hatte (Verkehrsunfall, Hanfpflanzen) waren sie stets korrekt und freundlich.


QuoteFreierVogel361 #11.1

Zufällig weißer Hauttyp?


Quote
Friedlicher Kampfradler #19

"Wer meint, Polizisten seien unzulässig eingeschritten, kann das melden und Gerichte überprüfen es. "

Das ist sehr lustig. Kein einziges Verfahren nach G20 gegen die Polizisten. Alle eingestellt. Die Gerichte überprüfen gar nichts, das bleibt schon am Staatsanwalt hängen. Aber die Gegenanzeige wegen Widerstand, die holt man sich sicher ab und die wird durchgepeitscht. Und wofür es diese Anzeigen gibt, das kann man kaum fassen. Da setzen sich Polizisten *auf* Festgenommene in Handschellen, und wenn die dabei zu sehr zucken gibt's die Anzeige.

Herr Steckmann erwähnt konkretes Fehlverhalten mit keinem Wort. Denn das gibt es für ihn ja eigentlich nicht.

Da finden Polizisten bei Rechtsextremen illegalen Sprengstoff, und was machen sie damit? Geben ihn den Rechtsextremen zurück. Die damit natürlich sofort einen Anschlag verüben. Wer berichtet darüber? Die taz. Aber die taz ist der Feind, deswegen ist das nie passiert.
https://taz.de/Nach-Beschlagnahme-durch-die-Polizei/!5693202/ (https://taz.de/Nach-Beschlagnahme-durch-die-Polizei/!5693202/)

Zivilpolizisten zerren Altenpfleger vom Fahrrad, zerstören sein Telefon, beschädigen das Fahrrad + Körperverletzung weil, naja, weil er halt so aussieht wie ein Drogendealer, und wenn sie merken dass sie unrecht haben hauen sie einfach ab. "ist alles cool jetzt, ja?"
wer schreibt darüber? die taz. Der Feind.
https://taz.de/Polizeigewalt-in-Hamburg/!5691337/ (https://taz.de/Polizeigewalt-in-Hamburg/!5691337/)

Wie sie überhaupt Kenntnis von dem Artikel von Yaghoobifarah haben ist mir ein Rätsel. Taz liest man bei der Polizei doch überhaupt nicht.

["Mails mit ,,NSU 2.0" unterzeichnet Hessische Linke Wissler wird von Rechtsextremen bedroht"
Seit August 2018 hatte die Frankfurter NSU-Opfer-Anwältin Basay-Yildiz rechte Drohmails erhalten. Jetzt trifft es die hessische Linken-Politikerin Wissler. ... Die Fraktionsvorsitzende der Linken im hessischen Landtag, Janine Wissler, hat mit ,,NSU 2.0" unterzeichnete Drohmails bekommen. ,,Es war eine klare Bedrohung gegen mein Leben", sagte die stellvertretende Bundesparteivorsitzende der Deutschen Presse-Agentur.  ... Mit ,,NSU 2.0" unterzeichnete Drohschreiben hatte wiederholt auch die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz bekommen. Sie vertrat im NSU-Prozess Nebenkläger aus den Familien der Opfer der rechtsextremen Mordserie. In den Schreiben wurde ihr und ihren Angehörigen der Tod angedroht. Der ,,Nationalsozialistische Untergrund" hatte zwischen 2000 und 2007 zehn Morde in Deutschland verübt. ... Bei den Ermittlungen nach den ersten Drohschreiben gegen die Anwältin stellte sich heraus, dass ihre persönlichen Daten von einem Computer in der Dienststelle des 1. Polizeireviers in Frankfurt abgerufen worden waren. Auch eine Chatgruppe mehrerer Beamter mit mutmaßlich rechtsextremen Inhalten wurde entdeckt. ...
https://www.tagesspiegel.de/politik/mails-mit-nsu-2-0-unterzeichnet-hessische-linke-wissler-wird-von-rechtsextremen-bedroht/25975822.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/mails-mit-nsu-2-0-unterzeichnet-hessische-linke-wissler-wird-von-rechtsextremen-bedroht/25975822.html)]

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Quotekielbasam #27

Ich muss Herrn Steckmann bei allen im Artikel genannten Punkten recht geben, da dies auch das Bild der Polizei ist, wie ich sie wahrnehme oder kenne.
Wir sollten dankbar sein, solch engagierte Beamte bei der Polizei zu haben.


QuoteHangmans Lullaby #28

Liebe Polizisten, liebe Polizistinnen,

Da ich besonders im sozialen Bereich engagiert bin, weiss ich, was es bedeutet, wenn man "plötzlich" der Sündenbock ist. In meinem Berufsfeld wird dem mit Supervision und Selbstreflexion begegnet. Das bedeutet auch Kritik an sich selbst, seinen eigenen beruflichen Haltungen üben zu können und dieses zuzulassen.

Es bedeutet aber nicht zu sagen, dass man selbst immer wieder das Opfer ist.

In letzter Zeit mehren sich beispielsweise Berichte wie das Fahrradgate in Leipzig, es mehren sich Verdachtsmomente gegen Polizisten und diese haben sich z.T. auch in Connewitz bestätigt.

Um eins klarzustellen: jede Gewalt gegen einen anderen Menschen ist zu verurteilen.

Dieses "sich selbst als Opfer darzustellen" das hat insbesondere die deutsche Polizei absolut perfektioniert. Das sah man in Stuttgart und zu anderen Gelegenheiten.

Ich will weder die Polizei zerschlagen, noch Polizisten anzeigen. Ich verstehe aber auch nicht, so schlimm an Body Cams oder einer unabhängigen Behörde ist, die möglicherweise Machtmissbrauch und Diskriminierung innerhalb der Polizei ahnden kann. Damit könnten die guten Polizisten ihren Job machen, das Ansehen in der Bevölkerung würde steigen...


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Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 14, 2020, 01:14:39 PM
Quote[...] Ein brutaler Polizeieinsatz in Brasilien hat landesweit Entsetzen ausgelöst. Ein Polizist hat einer schwarzen Frau den Fuß in den Nacken gestemmt und sie auf den Boden gedrückt. Wie in einem Handyvideo zu sehen ist, hebt der Beamte der Militärpolizei in einem Moment sogar den anderen Fuß, um anscheinend sein ganzes Körpergewicht in den Fuß zu legen, mit dem er die Frau mit dem Gesicht nach unten niedergedrückt hält.

Sie habe viermal das Bewusstsein verloren, sagte die 51-Jährige dem Sender TV Globo. "Je mehr ich mich gewehrt habe, desto mehr hat er auf mein Genick gedrückt." Die 51-Jährige ist Besitzerin einer kleinen Bar. Nach ihren eigenen Schilderungen war sie einem Freund zu Hilfe gekommen, der von den Polizisten angegriffen worden sei. Ihren Namen wollte die Frau aus Furcht vor Repressalien durch die Sicherheitsbehörden nicht nennen. Die brasilianische Militärpolizei ist für ihr oftmals brutales Vorgehen bekannt.

Der Vorfall in der Millionenmetropole São Paulo ereignete sich bereits Ende Mai, wurde aber erst jetzt durch das von TV Globo gezeigte Handyvideo bekannt. Die darin gezeigte Szene erinnert an den Tod des schwarzen US-Amerikaners Georg Floyd in der US-Stadt Minneapolis. Er starb, nachdem ihm ein weißer Polizist fast neun Minuten lang das Knie in den Nacken gepresst hatte.

Floyds Tod hat weltweite Proteste gegen Polizeigewalt und Rassismus ausgelöst. Auch in Brasilien fanden solche Demonstrationen statt, wenn auch in kleinerem Umfang als in den USA und anderen Ländern.

In dem Video aus São Paulo ist auch zu sehen, wie der Polizist eine andere Frau über den Asphalt schleift und ihr Handschellen anlegt. Nach Angaben der Regierung des Bundesstaats São Paulo wurden die an dem Vorfall beteiligten Beamten vom Dienst suspendiert und eine Untersuchung gegen sie eingeleitet. Die in dem Video gezeigten Szenen "erzeugen Ekel", schrieb Gouverneur João Doria im Kurzbotschaftendienst Twitter. Derartige "unnötige Gewalt" durch Polizisten sei "inakzeptabel".



Aus: "Polizeieinsatz gegen schwarze Frau in Brasilien sorgt für Empörung" (14. Juli 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-07/polizeibrutalitaet-brasilien-sao-paulo-george-floyd (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-07/polizeibrutalitaet-brasilien-sao-paulo-george-floyd)

Quoteovadinho #1

Rassismus ist in Brasilien ein Alltagsproblem. Hier einen Einzelfall herauszugreifen und medial aufzubereiten mag das Thema in den Fokus rücken. Für den Alltag der Millionen Bewohner der Favelas in Saõ Paulo oder Rio de Janeiro, wo Farbige ja die Mehrheit bilden wird das wenig bis nichts ändern.
Ein Menschenleben in den Großstädten Brasiliens zählt nicht viel. Das jemand umgebracht wird, der in einer Favela lebt ruft bestenfalls Schulterzucken hervor.


QuoteAlan Brito Delgado #4

"Ein brutaler Polizeieinsatz in Brasilien hat landesweit Entsetzen ausgelöst. Ein Polizist hat einer schwarzen Frau den Fuß in den Nacken gestemmt und sie auf den Boden gedrückt."

"Nach ihren eigenen Schilderungen war sie einem Freund zu Hilfe gekommen, der von den Polizisten angegriffen worden sei."

Ich würde sagen, sie hat einiges Glück gehabt, dass alles so glimpflich verlaufen ist und kein Off-Duty-Cop in der Nähe war.


QuoteOtto2 #6

Sadisten gehören nicht in die Polizei!


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Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 27, 2020, 07:23:37 PM
Quote[...] Polizeibeamte bundesweit nutzen in großem Umfang Dienstcomputer, um aus privaten Motiven Daten von Bundesbürgern abzurufen. Das ergab eine Abfrage bei allen Bundesländern. In 400 Fällen wurden deshalb Verfahren gegen Beamte eingeleitet.

Bundesweit sind seit 2018 mehr als 400 Ordnungswidrigkeits-, Straf- oder Disziplinarverfahren infolge unberechtigter Datenabfragen durch Polizeibeamte eingeleitet worden. Das ergab eine Umfrage von WELT AM SONNTAG bei den Innenministerien und Datenschutzbeauftragten der 16 Bundesländer und des Bundes. Aus Sachsen-Anhalt konnten die entsprechenden Stellen bis zum Ablauf der Frist keine konkreten Zahlen mitteilen. Unter den Angaben ist auch eine zweistellige Zahl eingestellter und in Prüfung befindlicher Verfahren.

Je nach Bundesland unterscheiden sich die Kontrollmechanismen sowie die Verfolgungsbefugnisse. Müssen Beamte in Baden-Württemberg jede 50. Abfrage begründen, fordert Hessen das nur bei der 200. Abfrage – und auch erst seit 2019. In Bundesländern wie etwa Sachsen, Hamburg oder Baden-Württemberg ahnden Datenschutzbehörden Ordnungswidrigkeiten, in anderen Ländern fehlen der Behörde entsprechende Befugnisse.

Das Problem der missbräuchlichen Nutzung polizeilicher Datenbanken durch Beamte wird bundesweit diskutiert, seitdem mehrere Dutzend Drohschreiben an Politiker und Prominente mit dem Absender ,,NSU 2.0" kursieren. Bislang ist unklar, wer sie verfasste. In drei Fällen ist bekannt geworden, dass die Angeschriebenen zuvor in Datenbanken der hessischen Polizei recherchiert worden waren.


Aus: "Sicherheitslücken bei Behörden - Polizisten nutzen Dienstcomputer oft für private Abfragen von Bürgern" Alexej Hock, Ricarda Breyton (26.07.2020)
Quelle: https://www.welt.de/politik/article212217181/Polizei-Mehr-als-400-Verfahren-gegen-Beamte-wegen-privater-Abfragen-an-Dienstrechnern.html (https://www.welt.de/politik/article212217181/Polizei-Mehr-als-400-Verfahren-gegen-Beamte-wegen-privater-Abfragen-an-Dienstrechnern.html)

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Quote[...] Seit zwei Jahren kommen diese Drohungen, seit zwei Jahren erhalten Frauen wie die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Başay-Yıldız, die Künstlerin İdil Baydar oder die hessische Linkenpolitikerin Janine Wissler anonyme Schreiben, in denen ihnen im Namen von "NSU 2.0" extreme Gewalt angedroht wird. Immer wieder weisen Spuren in Richtung der hessischen Polizei. Denn immer wieder enthalten die Schreiben vertrauliche Daten, die kurz zuvor an Polizeicomputern in Hessen abgerufen worden sind - so im 1. Polizeirevier in Frankfurt am Main und zuletzt im 4. Polizeirevier in Wiesbaden.

Offenbar hat es solche verdächtigen Datenabfragen aber noch in mehr Bundesländern gegeben als bislang bekannt. Nach Recherchen der Süddeutschen Zeitung und des WDR laufen interne Ermittlungen der Polizei nun auch in Hamburg und Berlin. So sollen am 5. März 2019 persönliche Daten der Künstlerin İdil Baydar an einem Berliner Polizeicomputer abgefragt worden sein, ohne dass ein dienstlicher Grund erkennbar ist. Kurz darauf erhielt die Künstlerin, die in Frankfurt und Berlin lebt, Drohschreiben mit dem Absender "NSU 2.0". Am selben Tag hatte es - was bereits bekannt war - eine solche Abfrage auch an einem Polizeicomputer in Wiesbaden gegeben.

In Hamburg wiederum haben Ermittler festgestellt, dass die Daten von Hengameh Yaghoobifarah im Polizeisystem abgerufen worden sind. Yaghoobifarah schreibt Kolumnen für die taz. In einer Kolumne im Juni 2020 gab es den Vorschlag, Polizisten auf die "Mülldeponie" zu verbannen. Daraufhin hatten Polizeigewerkschaften und Innenpolitiker scharf protestiert. Im Juli tauchte der Name Hengameh Yaghoobifarah erstmals in einem von "NSU 2.0" gezeichneten Drohschreiben auf.

"Es ist zutreffend, dass es im Zusammenhang mit der genannten Journalistin Datenabfragen bei der Polizei Hamburg gegeben hat", bestätigte ein Sprecher der Hamburger Polizei - und zwar "unmittelbar nach Erscheinen" der Onlineberichterstattung über die taz-Kolumne vom 15. Juni. Ob es einen legitimen polizeilichen Grund dafür gegeben habe, werde noch geprüft. Im Fall İdil Baydars wollte sich die Berliner Polizei nicht zu der Abfrage äußern und verwies auf die Frankfurter Staatsanwaltschaft. Eine Sprecherin dort erklärte, "aus ermittlungstaktischen Gründen" keine Angaben zu machen.

Die Künstlerin İdil Baydar befürchtet schon länger, dass der oder die Täter auch in Berlin sitzen könnten. In einer Droh-SMS an Baydar sei einmal auf ein Plakat angespielt worden, das zu der Zeit nur in Berlin gehangen habe, sagt sie. "Ich habe das der Polizei in Berlin auch gesagt: Schaut mal, wer so etwas schreibt, der muss eigentlich in den letzten Tagen in Berlin unterwegs gewesen sein", sagt Baydar. "Aber da gab es keine Antwort. Die sprechen ja nicht mit mir. Mir wird nichts gesagt, weil es angeblich laufende Ermittlungen sind. Ich erfahre nichts."

In Hessen ermittelt das Landeskriminalamt zum Fall "NSU 2.0", bislang ohne Erfolg. Die Täter nutzen häufig Verschlüsselungstechnologien, um ihre Identität zu verschleiern. In Berlin werden bislang keine eigenen Ermittlungen geführt. In der Hauptstadt hat es zuletzt Fälle von Polizisten gegeben, die sich rechtsextrem äußerten. Kürzlich waren im Fall einer mutmaßlich rechtsextremen Anschlagsserie im Stadtteil Neukölln zwei Staatsanwälte versetzt worden, weil der Verdacht bestand, dass Ermittler insgeheim Sympathien für die Täter hegen könnten.

"Man lässt uns hängen", kritisiert İdil Baydar den Umgang der Ermittler mit "NSU 2.0"-Betroffenen. "Wenn das so läuft, können wir nicht davon sprechen, dass man der Polizei vertrauen könnte. Nicht in Hessen, und auch nicht in Berlin."


Aus: "Affäre um rechtsextreme Drohmails weitet sich aus" Florian Flade und Ronen Steinke, Berlin (26. August 2020)
Quelle: https://www.sueddeutsche.de/politik/nsu-2-0-polizei-hamburg-berlin-1.5010893 (https://www.sueddeutsche.de/politik/nsu-2-0-polizei-hamburg-berlin-1.5010893)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 13, 2020, 07:05:10 PM
Quote[...] Bei der Berliner Polizei soll es unerlaubte Datenabfragen im Zusammenhang mit rechtsextremen Morddrohungen gegeben haben. Das teilte Berlins Datenschutzbeauftragte Maja Smoltczyk am Donnerstag mit und beanstandete die Verweigerung der Polizei, den Fall aufzuklären.

,,Die Berliner Polizeibehörde offenbart durch die hartnäckige Verweigerung ihrer Mitwirkung ein bedenkliches Rechtsverständnis", schrieb Smoltczyk. Das Vorgehen der Polizei bezeichnete sie als ,,äußerst irritierend".

Bei den unerlaubten Datenabfragen soll es sich nach Tagesspiegel-Informationen ausgerechnet um Betroffene rund um die rechtsextreme Anschlagsserie in Neukölln handeln. Im Frühjahr 2019 war an mehreren Wohnhäusern die Drohung ,,9mm für (...). Kopfschuss" aufgetaucht.

In einem der Fälle bestätigte die Polizei auf Anfrage der Datenschutzbeauftragten Zugriffe auf die Daten zweier Betroffener, zuvor hatte es eine Beschwerde einer Person gegeben. ,,Lediglich einen Teil dieser Zugriffe konnte die Polizei nachvollziehbar dienstlich begründen", schreibt Smoltczyk.

Der Forderung auch die restlichen Abrufe nachvollziehbar zu machen, sei die Polizei trotz ,,mehrfacher Mahnschreiben" nicht nachgekommen. Die Polizei begründete die Weigerung der Auskünfte mit ,,Verfahrensrechten" der betroffenen Beamten, schreibt die Datenschutzbeauftragte. Nach Tagesspiegel-Informationen sollen die Abrufe direkt aus dem Landeskriminalamt (LKA) gekommen sein.

Die Behörde verstoße damit gegen ,,die Verpflichtungen zur Bereitstellung aller zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Datenschutzaufsichtsbehörde erforderlichen Informationen", schreibt die Datenschutzbeauftrage. Smoltzyk beanstandete das förmlich.

Eine solche Beanstandung ist das schärfste Mittel, das ihr zur Verfügung steht. Sollte die Behörde nicht darauf reagieren, erklärte sie, werden sie den Vorgang dem zuständigen Ausschuss des Abgeordnetenhauses vorlegen und dort Bericht erstatten.

Die lückenlose Aufklärung solcher Bedrohungslagen liege auch im Interesse der Polizeibehörden selbst, erklärte Smoltczyk, ,,die derzeit aufgrund der sich häufenden Fälle von unrechtmäßigen Datenabfragen und Kontakten zum rechtsextremen Spektrum im Fokus der Öffentlichkeit stehen".

Der Innenexperte der Berliner Linksfraktion, Niklas Schrader, schrieb am Donnerstag: "Das muss in den Innenausschuss. Und wir brauchen dringend eine unabhängige Untersuchung!" Das Vertrauen der Betroffenen der mittlerweile rund 70 Taten umfassenden Anschlagsserie sei nicht nur erschüttert, es sei weg.

Erst am Mittwoch war bekannt geworden, dass einer der Beamten der Ermittlungsgruppe Rechtsextremismus (EG Rex), der zu Neuköllner Betroffenen Kontakt hatte, wegen eines rassistischen Übergriffs vor Gericht steht. In der Vorwoche zog die Generalstaatsanwaltschaft den ermittelnden Staatsanwalt ab und kündigte an, jetzt alle Verfahren neu aufzurollen.


Aus: "Dubiose Datenabfragen an Polizeicomputern im Neukölln-Komplex" Julius Betschka (13.08.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/berliner-polizei-verweigert-aufklaerung-dubiose-datenabfragen-an-polizeicomputern-im-neukoelln-komplex/26093050.html (https://www.tagesspiegel.de/berlin/berliner-polizei-verweigert-aufklaerung-dubiose-datenabfragen-an-polizeicomputern-im-neukoelln-komplex/26093050.html)

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Quote[...] Im Streit um möglicherweise illegal abgefragte Daten eines Opfers rechtsextremer Morddrohungen verhärten sich die Fronten zwischen Berlins Datenschutzbeauftragter Maja Smoltczyk und der Polizei. Smoltczyk will drei unklare Datenabfragen näher prüfen. Sie wirft der Polizei vor, dies zu blockieren.

Nach Tagesspiegel-Informationen lassen sich zwei Datenabfragen auf eine für links-motivierte politische Kriminalität zuständige Einheit beim Staatsschutz im Landeskriminalamt zurückverfolgen. Bei der dritten Abfrage ist die Auskunft zum Beamten gesperrt.

Die Datenschutzbeauftragte beanstandet, dass die Polizei gegen ihre gesetzliche Pflicht zur Zusammenarbeit bei der Prüfung verstößt. Smoltczyk will klären, ob die Abfragen in Verbindung zur rechtsextremen Anschlagsserie in Neukölln stehen. Im Frühjahr 2019 war an mehreren Wohnhäusern die Drohung ,,9mm für (...). Kopfschuss" aufgetaucht.

Es geht um zwei Betroffene, eine legte bei Smoltczyk Beschwerde ein. Die verlangte Auskunft von der Polizei zu allen Abfragen für den Zeitraum von Juni 2017 bis März 2019. Angeblich, so hieß es, seien die Protokolldaten von vor Juni 2017 gelöscht worden.

Lediglich einen Teil der Datenzugriffe ,,konnte die Polizei nachvollziehbar dienstlich begründen", sagte Smoltczyk. Die Polizei habe weitere Auskünfte mit ,,Verfahrensrechten" betroffener Beamter abgelehnt.

Die Polizei erklärte hingegen, es gebe ,,lediglich eine unterschiedliche Rechtsauffassung". Klar ist, dass die Polizei Smoltczyk die Abfrageprotokolle gegeben hat.

Aus Sicht der Polizei lässt sich daraus ,,die Plausibilität und eine erste Begründung des Zugriffs ableiten, die Rechtmäßigkeit abschließend jedoch nicht". Dafür wären nähere Ermittlungen nötig, weshalb Smoltczyk eine Ordnungswidrigkeit anzeigen oder einen Strafantrag stellen müsste, erklärte die Polizei.

Das sei ein Zirkelschluss, sagte Smoltczyks Sprecher. ,,Wir sind als Aufsichtsbehörde vollumfänglich befugt zu Ermittlungen." Für einen Strafantrag müsse Smoltczyk prüfen, ob ein Verdacht vorliegt. ,,Es ist nicht ausgeschlossen, das alles rechtmäßig war", sagt ihr Sprecher. Dies festzustellen, werde aber von der Polizei blockiert.

Ferner erklärte die Polizei, sie überwache selbst die Zugriffe und optimiere den Datenschutz. Doch Smoltczyk kritisiert, dass es gerade keine Stichproben gegeben habe. Lediglich bei der Begründung, die Beamte als Schutzmaßnahme bei Abfragen eintippen müssen, gebe es Bewegung. Die Polizei will im Datensystem Poliks ein Zusatzfeld einführen.

Künftig sei neben dem Abfragegrund eine Vorgangsnummer nötig für Zugriffe oder eine Plausibilitätsprüfung. ,,Aufgrund notwendiger Programmierarbeiten durch eine beauftragte Fremdfirma kann die Umsetzung bis zum Frühjahr 2021 dauern", teilte die Polizei mit. Ansonsten seien die Kontrollmechanismen wie Stichproben ausreichend.

Seit 2016 und bis Ende Juni 2020 hat die Polizei 32 Disziplinarmaßnahmen wegen unberechtigter Datenabfragen gegen Beamte eingeleitet. 2017 waren es 12, 2019 vier, im ersten Halbjahr 2020 nur eines.

Die Polizei ist kreativ, um Auskünfte zu Datenabfragen abzulehnen. Ende Januar hatte das Verwaltungsgericht die Polizei dazu verurteilt, einem Beamten die Protokolle der Datenabfragen über ihn auszuhändigen.

Die Polizei hatte dies abgelehnt – wegen der Persönlichkeitsrechte der Beamten, die Daten rechtswidrig abgerufen hatten. Das Gericht befand, die Informationsrechte des Beamten, den die Polizei zwangspensionieren wollte, hätten Vorrang.


Aus: "LKA-Staatsschützer riefen Daten späterer Opfer rechter Morddrohung ab"  Julius Betschka, Alexander Fröhlich (14.08.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/berliner-polizei-blockiert-auskuenfte-lka-staatsschuetzer-riefen-daten-spaeterer-opfer-rechter-morddrohung-ab/26096758.html (https://www.tagesspiegel.de/berlin/berliner-polizei-blockiert-auskuenfte-lka-staatsschuetzer-riefen-daten-spaeterer-opfer-rechter-morddrohung-ab/26096758.html)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 15, 2020, 10:44:40 AM
Folter in Belarus: "Auf dem Boden, an den Wänden, an der Decke, das Blut war überall"
Der Italiener Claudio Locatelli saß 60 Stunden lang in einem Gefängnis für vorübergehende Festnahmen in Minsk. Er berichtet von Willkür und Folter – mitten in Europa.
Interview: Alice Bota (14. August 2020)
https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-08/folter-belarus-claudio-locatelli-minsk-journalismus-aktivismus-proteste-praesidentschaftswahl/komplettansicht (https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-08/folter-belarus-claudio-locatelli-minsk-journalismus-aktivismus-proteste-praesidentschaftswahl/komplettansicht)

QuoteDidier Agris #18

Ich hoffe, dass man Lukaschenko vor Gericht bringen wird. ...


Quotewildlife #24

Lukaschenkos Zeit läuft ab. Gewalt ist nicht gleich Macht.


Quotedemos #27

In meiner Stadt ganz nah gab es Vergleichbares nur in der Nazizeit und ich habe gelernt, so etwas unbedingt mit allen Kräften verhindern zu sollen.
Wer den Vergleich ziehen möchte und damit einen weiteren Grund zur Verurteilung Lukaschankas als Fascho - Typen nachvollziehen möchte, schaue beim NS-Dok in Köln vorbei, der ehemaligen Gestapo - Zentrale:
https://museenkoeln.de/ns-dokumentationszentrum/ (https://museenkoeln.de/ns-dokumentationszentrum/)


QuoteFred Clever #31

Was genau erwarten die Leute denn anderes von einer Diktatur ?... Irak unter Hussein, Syrien unter Assad, Nordkorea unter den Kims, Weißrussland unter Lukaschenko, ...


QuoteLuis Tränker #31.1

Was genau erwarten die Leute denn anderes von einer Diktatur ?.

Geht es wirklich nur um ein "erwarten", oder doch eher um die Menschen und dieses Folterregime ansich?


Quote
Inoagent #38

Bleibt zu hoffen, dass der Tag kommt, an dem diese Leute sich vor einem Gericht verantworten müssen.


QuoteGrosMorse #46

Tut mir echt leid, aber ich habe kein Verständnis für den Mann. Man geht als "freier Journalist" in ein anderes Land um dort über die Proteste zu berichten und zuvor war er in Syrien und hat gegen den IS gekämpft? Heute meint jeder Journalist zu sein und über alles zu berichten zu können, und später ist das Geschrei groß, wenn er was abbekommt.
Habe jahrelang in verschiedenen Diktaturen gelebt, da macht man halt nicht den Mund auf. Besonders nicht als Ausländer. Als 2011 Proteste in Bahrein ausbrachen, bin ich nicht auf die Straße gegangen. Wenn man sich daran nicht beteiligt und nicht einmischt hat man nichts zu befürchten.


QuotePanzerdivision Niedliches Plüschcapybara #46.1

Jetzt stellen Sie sich mal vor, ALLE machen das so wie Sie. Dann wird sich nichts ändern. Und jetzt stellen Sie sich mal vor, alle sind so engagiert wie dieser Italiener...


QuoteBienenking #46.4

Der Kommentar eines Spießbürgers.
Ich habe kein Verständnis für Sie, tut mir Leid.


...

Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 15, 2020, 10:54:44 AM
Quote[...] Im Fall der mutmaßlich rechtsextremen Anschlagserie im Berliner Stadtteil Neukölln will der Berliner Innensenator Andreas Geisel (SPD) Sonderermittler einsetzen. Wie Geisel der taz sagte, soll die sogenannte BAO Fokus im Innenausschuss bis spätestens Mitte September ihren Abschlussbericht vorlegen. "Im nächsten Schritt werde ich eine Kommission mit zwei oder drei Mitgliedern berufen", sagte Geisel.

Bei der Ermittlungen zu der Anschlagserie in Neukölln habe es Fehler gegeben. "Ich hätte mir gewünscht, dass die Leitung des LKA informiert worden wäre. Die Ermittlungsbehörden haben die Brisanz anders beurteilt als wir heute", sagte Geisel.

Der Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln, Martin Hikel (SPD), forderte, die Bundesanwaltschaft möge die Ermittlungen übernehmen. "Der Generalbundesanwalt muss sich in die Ermittlungen zum rechten Terror in Neukölln einschalten", sagte Hikel den Zeitungen des RedaktionsNetzwerks Deutschland. "Die Neonazis sind sehr gut vernetzt, und diese Vernetzung macht an der Stadtgrenze nicht Halt — hier könnte der Generalbundesanwalt Licht ins Dunkel bringen, das fordern auch die Betroffenen." Die Bundesanwaltschaft übernimmt Ermittlungen, wenn zu vermuten ist, dass durch die Straftat die Grundfesten der Bundesrepublik betroffen sein könnten, also etwa bei Terrorverdacht.

Seit Jahren werden in Neukölln Menschen bedroht, die sich für Flüchtlinge und gegen Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus engagieren. Ihre Autos gingen in Flammen auf oder ihre Scheiben wurden mit Steinen beworfen. Der Verdacht fiel auf rechtsextreme Täter. Die Ermittlungen brachten allerdings bisher kaum Resultate. Ende 2019 hatte Polizeipräsidentin Barbara Slowik Fehler in der Polizeiarbeit eingeräumt.

Zuletzt zog die Berliner Generalstaatsanwaltschaft die Ermittlungen zu der Anschlagsserie an sich — wegen des Verdachts, dass ein Staatsanwalt mit der AfD sympathisieren könnte. Bei einem Gespräch sollen der Behörde zufolge zwei Verdächtige aus der rechtsextremen Szene über den Mann gesagt haben, dass er der Partei nahe stehe.

In der Anschlagsserie haben laut einem Bericht des Tagesspiegels zudem Polizisten offenbar unerlaubt Daten von Opfern in Datenbanken aufgerufen. Die Datenschutzbeauftragte des Landes Berlin, Maja Smoltczyk, kritisierte, dass die Polizei die Aufklärung von fragwürdigen Abfragen in Polizeidatenbanken verweigere. Es handele sich dabei um Abfragen von zwei Opfern, an deren Wohnhäuser mutmaßlich Neonazis "9mm für (...) Kopfschuss" geschrieben hatte.

Der Forderung, auch die restlichen Abrufe nachvollziehbar zu machen, sei die Polizei trotz "mehrfacher Mahnschreiben" nicht nachgekommen. Die Polizei begründete die Weigerung der Auskünfte mit "Verfahrensrechten" der betroffenen Beamten, schreibt die Datenschutzbeauftragte. Nach Tagesspiegel-Informationen sollen die Abrufe direkt aus dem Landeskriminalamt (LKA) gekommen sein.   


Aus: "Berlins Innensenator will Sonderermittler für Neukölln" (14. August 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-08/berlin-neukoelln-anschlagsserie-andreas-geisel-ermittlungen-bundesanwaltschaft (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-08/berlin-neukoelln-anschlagsserie-andreas-geisel-ermittlungen-bundesanwaltschaft)

QuoteMarky-Berlin #17

Wenn eine Brandanschlags-Serie auch nur im Verdacht mit einem politischen Hintergund (rechts, links, islamistisch, außerstaatlich oder wie auch immer geartet) in Zusammenhang gebracht werden kann und somit die Verbindung von terroristischen Verbindungen oder Netzwerken nicht auszuschließen ist, dann sollte automatisch der Generalbundesanwalt sowie auch geeignete Ermittlungsbehörden mit länderübergreifenden Kompetenzen eingebunden, oder verantwortlich agierend, eingesetzt werden.

Irgendwelches, wie auch immer geartetes, Geklüngel, Verstrickung oder eine Befangenheit von lokalen, ermittelnen Verantwortlichen wäre dabei auch noch erschwert. Das dies der Berliner Innesenator fordert ist verständlich, das es aber nach NSU, Amrit usw. nicht bereits Standard ist, kaum zu glauben.


Quote
Peter Zar #14

Ich zolle der Polizei - so wie ich sie in meinen bisherigen Heimatstädten kenngelernt habe ( Duisburg und Bochum ) - höchsten Respekt. Aber es hat sich etwas verfestigt.
Fast noch gefährlicher als die offensichtliche " Unterwanderung " der Bundeswehr und ihrer Eliteeinheiten ist eine " Marschkolonne " von Funktionsträgern in Justiz und Polizei, die ihre Neutralität und ihre Schutzfunktion bei ihren Aufgaben gegenüber jedermann zulasten nicht nur von Sympathien , sondern in Richtung Parteinahmen und tätlicher Unterstützung aufgegeben und vergessen haben.
So scheinen sich einige im "Kampfmodus" zu befinden - gegen politische Gegner und unter Missachtung ihrer wirklichen Aufgaben. Solche kleinen " Zellen " sind wegen des Korpsgeistes und wegen der auffallend intensiven Vernetzung auf vielen Kanälen eine echte Gefährdung unserer Demokratie und unseres Staatswesens.
Da bedarf es schon eines offensiven Aufklärungswillens, der nicht aus Gründen falscher Kameradschaft und Angst vor der Offenlegung klarer Verstöße und der entsprechenden Verantwortlichkeiten unterbleiben darf.
Die Gefährdungen sind einfach zu groß.

Da ist über lange Zeit viel versäumt worden. Da sind wirklich große Aufklärungslücken nach NSU geblieben und es scheint jetzt überdeutlich, daß man den " Kampf " in die vermeintlichen anders orientierten Schwerpunkte und gegen die Aktivposten der politischen Gegner tragen will.

Das sollte man gelernt haben. Hier braucht man den Willen zur Transparenz


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Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 18, 2020, 09:37:29 AM
Quote[...]  Hamburg. Bei Twitter sorgt erneut ein Video von einem Polizeieinsatz für Diskussionen. Es zeigt einen 15-jährigen Jungen, der in Hamburg vor einer Hauswand steht und von acht Polizisten umzingelt wird. Der Pressesprecher der Polizei Hamburg, Holger Vehren, bestätigt dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) den Vorfall von Montag um 13 Uhr in der Hamburger Innenstadt: "Es sollte eine Identitätsfeststellung durchgeführt werden."

Der Anlass dafür sei eine Ordnungswidrigkeit gewesen, da der 15-Jährige mit einem E-Scooter auf dem Gehweg gefahren sei. Der Jugendliche habe sich gewehrt und "mit den Armen um sich geschlagen". Auf dem Videoausschnitt ist das nicht erkennbar, jedoch zeigt der Junge sich nicht kooperativ. Er kommt der Aufforderung sich auf den Boden zu legen nicht nach. Als jemand schreit "Auf den Boden" bleibt er stehen.

Wie der Hamburger Polizeisprecher bestätigt, seien zeitweise acht Polizisten im Einsatz gewesen. Ein weiteres Video zeigt, wie der Junge sein T-Shirt auszieht und auf den Boden gedrückt wird. An späterer Stelle ruft er zweimal: "Ich kriege keine Luft". Passanten bleiben stehen und beobachten den Einsatz, einer sagt: "Er weint doch". Die Frau, die das Ganze filmt, sagt wiederholt: "Was tut ihr ihm an?"

Der Junge sei später mit auf das Polizeikommissariat genommen werden, so Polizeisprecher Vehren. Dort wurde er von Erziehungsberechtigten abgeholt. Die Polizei prüft den Fall nun: Wie Vehren dem RND erklärte, sei die Feststellung der Identität des Jungen rechtmäßig gewesen. Hingegen ist "die Verhältnismäßigkeit nun Gegenstand der Prüfung".

RND


Aus: "Kontroverser Polizeieinsatz: Acht Polizisten umzingeln 15-Jährigen in Hamburg" Alisha Mendgen (18.08.2020)
Quelle: https://www.rnd.de/panorama/kontroverser-polizeieinsatz-acht-polizisten-umzingeln-15-jahrigen-in-hamburg-WJIPPSCJPJACFEO7TWIM7LAIOY.html (https://www.rnd.de/panorama/kontroverser-polizeieinsatz-acht-polizisten-umzingeln-15-jahrigen-in-hamburg-WJIPPSCJPJACFEO7TWIM7LAIOY.html)

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Quote[...] Der Anwalt eines Polizisten, gegen den nach einem umstrittenen Einsatz in Düsseldorf ermittelt wird, hat das Vorgehen gegen einen 15-Jährigen verteidigt: "Der Einsatz ist genauso abgelaufen, wie man das trainiert", sagte Rechtsanwalt Christoph Arnold. "Das war ein vorbildlicher Ablauf."

Wie Arnold ausführte, hatte der 15-Jährige am Boden noch einen Arm frei unter dem Körper. Das sei eine gefährliche Situation für die Beamten, da er sich hochstemmen könnte oder zum Beispiel auch eine Waffe hervorholen könnte. Daher habe sein Mandant ihn mit dem Schienbein am Kopf auf dem Boden fixiert. "Das wird so gelehrt", sagte Arnold. Auf den Hals würde ein Beamter niemals drücken.

Der 15-Jährige hatte sich laut Polizei am Samstagabend in einen Einsatz eingemischt, bei dem es eigentlich um zehn Randalierer an einem Schnellimbiss-Restaurant in der Altstadt ging. Nachdem er die Beamten bepöbelte, attackierte und sich nicht fesseln ließ, wurde er laut Ermittlern zu Boden gebracht.

Ein kurzes Video dieser Situation hatte sich rasant im Internet verbreitet. Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul sagte am Montag, er habe sich beim ersten Anblick selbst "erschrocken". Er versprach konsequente Aufklärung.

Gegen den Polizeibeamten wird wegen des Anfangsverdachts der Körperverletzung im Amt ermittelt. Gegen den 15-Jährigen laufen Ermittlungen wegen Beleidigung, tätlichen Angriffs und Widerstands gegen die Staatsgewalt.

Quelle: ntv.de, jog/dpa


Aus: ""Das wird so gelehrt" Anwalt verteidigt Einsatz gegen 15-Jährigen" (Dienstag, 18. August 2020)
Quelle: https://www.n-tv.de/panorama/Anwalt-verteidigt-Einsatz-gegen-15-Jaehrigen-article21979250.html (https://www.n-tv.de/panorama/Anwalt-verteidigt-Einsatz-gegen-15-Jaehrigen-article21979250.html)

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Quote[...] Im Stadtteil Sachsenhausen in Frankfurt am Main sind nach einem fragwürdigen Polizeieinsatz dienstrechtliche Maßnahmen gegen einen Polizisten eingeleitet worden. Dabei wird ihm ein brutaler Einsatz bei einer Festnahme vorgeworfen. Laut Angaben der Polizei hatten Beamte und Beamtinnen einer alkoholisierten Gruppe einen Platzverweis erteilt, wobei ein 29-Jähriger "zu Boden gebracht" wurde, da er Widerstand gegen die Maßnahme geleistet hatte.

Dabei soll es "zu unzulässiger Gewaltanwendung seitens der Polizeibeamten gegen den am Boden liegenden Tatverdächtigen gekommen sein", teilte die Polizei mit. In dieser Phase habe sich der Einsatzleiter eingeschaltet, einen Polizeibeamten zur Seite genommen und den Vorfall später intern gemeldet. Die Frankfurter Staatsanwaltschaft habe Kenntnis von dem Vorfall, hieß es weiter. Ein in den sozialen Netzwerken kursierendes Video zeigt, wie der Polizeibeamte den Verdächtigen am Boden tritt und schlägt. 

"Eine am Boden liegende und fixierte Person zu treten, ist durch nichts zu rechtfertigen", sagte der innenpolitische Sprecher der Linken im hessischen Landtag, Hermann Schaus. "Dass bei der Szene nur zwei von etwa 20 der anwesenden Polizeibeamtinnen und -beamten dagegen einschreiten, oder kritisierende Beobachter der Szene angreifen und durch den Einsatz von Pfefferspray zu vertreiben versuchen, macht mich fassungslos."

Bereits am vergangenen Samstag war es in Düsseldorf zu einem umstrittenen Polizeieinsatz gekommen. In einem Video, das ebenfalls in den sozialen Medien kursiert, ist zu sehen, wie Polizeibeamte einen jungen Mann zu Boden bringen. Einer der Beamten drückte daraufhin sein Knie in den Nacken des Jugendlichen.

Nordrhein-Westfalens Innenminister, Herbert Reul (CDU), hatte daraufhin eine konsequente Aufklärung des Einsatzes angekündigt.
 Die Szene erinnert an den brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis, bei dem der Schwarze George Floyd getötet worden war. 


Aus: "Polizist in Frankfurt wird brutaler Einsatz bei Festnahme vorgeworfen" (17. August 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-08/polizeigewalt-frankfurt-sachsenhausen-polizeieinsatz-kritik (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-08/polizeigewalt-frankfurt-sachsenhausen-polizeieinsatz-kritik)

Quoteder Eine Ring #12

Tritte gegen den Kopf .... so unwürdig ein solches Verhalten einem Vertreter der Exekutive ist, so gut ist es dennoch, dass dies auf einem Video festgehalten wurde.


QuoteGarmirian #2

Video gesehen.
Wie kann man bitte so unfassbar .....sein?
Wie ist es erklärbar das so eine Aktion in Deutschland durchgeführt wird, bei der Diskussion die letzten Monate?
Meine erster Gedanke war: Lag der Polizist im Koma die letzten Monate?


QuoteOncology #8

... "die Polizei spricht von unzulässiger Gewaltanwendung". Das sind ja ganz neue Töne.


QuoteLevin Rosenthal #21

Unglaublich, der Mann ist am Boden fixiert, dennoch treten die Beamten minutenlang auf diese Person ein.
Was bringen diese Leute ihnen auf der Polizeischule bei? ...


QuoteFighter112 #25

Ich bin überrascht wie viele hier systematische Polizeigewalt sehen.
Es war ein Einzelner der die Strafe dafür definitiv bekommen wird,
denn so funktioniert das in unserem System.


QuoteFremdius #15

Man muss sich bewusst machen, dass nur ein minimaler Bruchteil der Fälle von Polizeigewalt eine solche Öffentlichkeit erfahren. Die Dunkelziffer dürfte extrem hoch sein.


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"Polizeigewalt bei Demo in Ingelheim: Blut und Panik im Tunnel" Anett Selle (18. 8. 2020)
Bei einer Demo in Ingelheim scheint die Polizei hundert Menschen in Lebensgefahr gebracht zu haben. Zeug:innen berichten von massiver Gewalt. ... Am Samstag, den 15. August, hielt die Partei Die Rechte, bekannt unter anderem für Holocaustleugnung, in Ingelheim bei Mainz eine Kundgebung ab. Es kamen etwa 20 Menschen. Nun häufen sich Berichte über Polizeigewalt bei angemeldeten Gegenkundgebungen. Die Polizei Mainz hat Aufklärung angekündigt und eine Arbeitsgruppe unter Leitung des Polizeivizepräsidenten eingerichtet. Antworten würden einige Zeit in Anspruch nehmen, so ein Sprecher auf Anfrage ....
https://taz.de/Polizeigewalt-bei-Demo-in-Ingelheim/!5708401&s=Ingelheim/ (https://taz.de/Polizeigewalt-bei-Demo-in-Ingelheim/!5708401&s=Ingelheim/)

"Innenausschuss beschäftigt sich mit Ingelheimer Demonstration" (19.8.2020)
Der Polizeieinsatz bei einer Demonstration gegen Rechtsextreme am vergangenen Samstag in Ingelheim beschäftigt am Nachmittag den Innenausschuss des rheinland-pfälzischen Landtags. In Ingelheim hatte die Partei "Die Rechte" eine Kundgebung zum Gedenken an Rudolf Hess angemeldet. Zu einer Gegendemonstration reisten rund 200 Personen an, die der Antifa zugerechnet werden. ... Die Organisatorinnen des Gegenprotests werfen den Einsatzkräften unverhältnismäßige Polizeigewalt vor. So seien unter anderem durch den Einsatz von Schlagstöcken und Pfefferspray mehr als 100 Personen verletzt worden. Außerdem hätten die Beamten die Gegendemonstranten eingekesselt, wodurch die Einhaltung von Hygieneauflagen kaum noch möglich gewesen sei. Die Polizei hat den Einsatz von Schlagstöcken und Pfefferspray bestätigt. Zur Begründung hieß es, dass die Demonstranten versucht hätten, Absperrungen zu durchbrechen, um zu den Rechten zu gelangen. Ein Sprecher konnte die Zahl der Verletzten jedoch nicht bestätigen. Man werde die Vorkommnisse vom Samstag nun intern auswerten, hieß es am Montag.
Innenminister Roger Lewentz (SPD) hat angekündigt, die Vorwürfe gegen die Polizisten aufzuklären. "Ich kann mir im Moment noch kein Urteil erlauben", sagte Lewentz. Er habe Hinweise der Polizeiführung, dass es sich um ein angemessenes Vorgehen gehandelt habe. "Ich habe gebeten, das mal aufzuarbeiten und mir sehr detailliert vorzulegen", sagte der Sozialdemokrat.
https://www.swr.de/swraktuell/rheinland-pfalz/innenausschuss-ingelheimer-demonstration-polizei-100.html (https://www.swr.de/swraktuell/rheinland-pfalz/innenausschuss-ingelheimer-demonstration-polizei-100.html)

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Quote[...] Studie der Ruhr-Universität Bochum bestätigt langjährige Amnesty-Kritik an Defiziten im Umgang mit Polizeigewalt
Kommentar zum Zwischenbericht des Forschungsberichts "Körperverletzung im Amt durch Polizeibeamt_innen" von Professor Dr. Tobias Singelnstein


BERLIN, 17.09.2019 - "Neun von zehn der befragten Betroffenen von Polizeigewalt haben laut der Studie auf eine Anzeige verzichtet, weil sie keine Hoffnung haben, dass ein Strafverfahren ihnen Gerechtigkeit bringt", sagt Maria Scharlau, Expertin für Polizei und Menschenrechte bei Amnesty International in Deutschland. "Die Statistik gibt ihnen leider recht – mit 97 Prozent werden bundesweit fast alle Verfahren gegen Polizisten eingestellt. Das ist fatal und untergräbt das Vertrauen der Menschen in den deutschen Rechtsstaat: Denn auch wenn feststeht, dass sich der Großteil der deutschen Polizei an Recht und Gesetz hält, müssen doch all jene von ihnen zur Rechenschaft gezogen werden, die ihre umfangreichen Befugnisse – auch die Anwendung von Gewalt – missbraucht haben", so Scharlau. "Polizistinnen und Polizisten müssen daher im Einsatz identifizierbar sein. Es überrascht nicht, dass laut Zwischenbericht viele Betroffene die fehlende Identifizierbarkeit der einzelnen Beamte als Hindernis für ein Strafverfahren nennen – insbesondere während Großveranstaltungen. Insgesamt bestätigt die Studie die Kritik von Amnesty an den menschenrechtlichen Defiziten im Umgang mit rechtswidriger Polizeigewalt in Deutschland."

"Die Erkenntnisse des Zwischenberichts über Dunkelfeld und Anzeigeverhalten im Bereich Polizeigewalt unterstreichen die langjährigen Forderungen von Amnesty International für mehr Transparenz und Kontrolle bei der Polizei: Es ist höchste Zeit für die Einführung von unabhängigen Beschwerdestellen und für eine Pflicht, auf der Polizeiuniform eine individualisierte Nummer zu tragen."


Aus: "Studie der Ruhr-Universität Bochum bestätigt langjährige Amnesty-Kritik an Defiziten im Umgang mit Polizeigewalt" (17. September 2019)
Quelle: https://www.amnesty.de/allgemein/pressemitteilung/deutschland-studie-der-ruhr-universitaet-bochum-bestaetigt-langjaehrige (https://www.amnesty.de/allgemein/pressemitteilung/deutschland-studie-der-ruhr-universitaet-bochum-bestaetigt-langjaehrige)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 23, 2020, 05:48:23 PM
Quote[...] Als Rosen sein Auto verlassen habe, sei er von dem Unbekannten mit einem Holzprügel, offenbar ein Baseballschläger, angegriffen worden. Es sei ihm in letzter Sekunde gelungen, zurück ins Auto zu flüchten. Danach habe der Angreifer noch mit dem Baseballschläger auf das Fahrzeug eingeschlagen, bevor er die Flucht ergriffen habe, erklärte Wimmer. ...


Aus: "Präsident der jüdischen Gemeinde Graz angegriffen: Suche nach Täter" (23. August 2020)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000119525591/praesident-der-juedischen-gemeinde-graz-angegriffen (https://www.derstandard.at/story/2000119525591/praesident-der-juedischen-gemeinde-graz-angegriffen)

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Quote[...] Drei Mal konnte der Täter innerhalb von vier Tagen wiederkehren: In der ersten Nacht beschmierte er die alten Ziegel, Relikte der 1938 niedergebrannten Grazer Synagoge, die vor 20 Jahren in den Neubau des Tempels integriert worden waren. Beim zweiten Besuch schlug er eines der großen Fenster des hellen, transparenten Baus ein.

Beim dritten Mal attackierte er den Präsidenten der Jüdischen Gemeinde Graz, Elie Rosen, mit einem Holzprügel. Erst am Abend dieses Tages wurde verstärkter Polizeischutz für das Gebäude angeordnet. Das macht die Exekutive – auch international – zur Zielscheibe für Kritik. Sie hat die Wiederkehr des Täters nicht verhindert. ...


Aus: "Angriffe auf Grazer Synagogen: Wiederkehr der Täter verhindern" Colette M. Schmidt (23. August 2020)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000119532433/angriffe-auf-grazer-synagogen-wiederkehr-der-taeter-verhindern (https://www.derstandard.at/story/2000119532433/angriffe-auf-grazer-synagogen-wiederkehr-der-taeter-verhindern)

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Quote[...] So sei es nun einmal bei der Polizei, erklärte der Anwalt einer angeklagten Gruppeninspektorin vor Gericht: Man schicke einander "Katzen- und Babyfotos, aber auch grausliche Dinge". Um die "grauslichen Dinge" geht es bei diesem Prozess, dessen erster Verhandlungstag Anfang Juli in Graz stattgefunden hat. Polizist S. – derzeit suspendiert – und Polizistin R. – nicht suspendiert – waren nach dem Verbotsgesetz angeklagt worden. Auf deren Smartphones fanden die Ermittler Ungeheuerliches.

Besonders brisant: Ausgerechnet die betreffende Polizeiinspektion ist normalerweise für den Objektschutz jener Synagoge verantwortlich, die in der vergangenen Woche Opfer mehrerer Anschläge war. Der mutmaßliche Täter wird zudem verdächtigt, Elie Rosen, den Präsident der Jüdischen Gemeinde Graz, am Samstagabend mit einem Holzprügel attackiert zu haben. [https://www.derstandard.at/story/2000119525591/praesident-der-juedischen-gemeinde-graz-angegriffen (https://www.derstandard.at/story/2000119525591/praesident-der-juedischen-gemeinde-graz-angegriffen)]

Gruppeninspektorin R. schickte ihrem Kollegen S. zynische "Memes", die sich über die Grauen des Holocaust lustig machen. Zum Beispiel: "Wie fandet ihr den Ausflug ins KZ? Atemberaubend!" Oder ein Hitlerbild mit dem Aufdruck: "Du bist lustig, dich vergas' ich als letzten". Der Angeklagte dazu: Das Versenden von "Hitlervideos ist in Polizeikreisen Usus", wie eine detaillierte Prozessmitschrift des antifaschistischen DokuService Graz zeigt.

Warum machte R. beim Versand von Nazi-Memes mit? S. hatte eine Kollegin belästigt und daraufhin die mit ihr befreundete R. geschnitten. Da sie wusste, dass ihn "Bezüge zur NS-Zeit" interessieren, wollte sie sich mit Nazi-Memes wieder gut stellen. Und woher sie das wusste? S., der Bruder einer einstigen FPÖ-Abgeordneten, machte aus seiner Gesinnung offenbar keinen Hehl – zumindest, wenn man den Belastungszeugen vor Gericht glaubt. Auch laut der zweiten Angeklagten war seine Gesinnung "allgemein Gesprächsthema".

Am Polizeirevier soll er gemeint haben, "Schwule gehören alle nach Dachau"; als eine Zeitzeugin im Fernsehen auftrat, rief er "Halt die Pappn du alte Drecksau, du gehörst ja auch vergast!". Zwei Kollegen bestätigen, dass R. beim Graz-Marathon meinte, "dem 3. Reich nach sind Frauen Rasse zweiter Klasse".

Bei der Hausdurchsuchung wurden die Ermittler des steirischen Landesamts für Verfassungsschutz fündig: Sie entdeckten einen Pullover mit dem Aufdruck der "Schwarzen Sonne", die von der SS benutzt wurde. Der Angeklagte meint, er sei Fan der Popsängerin Shakira – und das sei deren Symbol. 408 Mal soll er laut Akt den Namen "Adolf Hitler" gegoogelt haben. Adolf soll auch sein Hund geheißen haben, wie Zeugen sagen. "Nein, Idolf", so der Polizist, wie er per notariellem Akt bezeugen will. Weil der Hund wie der gleichnamige Ikea-Stuhl aussehe. Der Staatsanwalt widersprach dem: Er legte ein SMS von S. an seine Schwester, die Ex-Abgeordnete vor: "Wo sind die Entwurmungstabletten für Adolf?" Sie, die zu einer Splittergruppe der Freiheitlichen ging, hatte laut Akt auch Kontakt zum mittlerweile verstorbenen Neonazi Gerd Honsik, fragte ihn: "welchen Vorgang schlagen Sie im Umgang mit Strache und seinen Goi (Nicht-Jude oder nicht-gläubiger Jude, Anm.) vor"?

Doch vor Gericht mauern die meisten von S.' Kollegen: Neun andere Polizisten meinen, von dessen Rechtsextremismus und Frauenfeindlichkeit nichts mitbekommen zu haben. Ein weiterer Zeuge war bereits in einem anderen, später eingestellten Verfahren Beschuldigter; es ging um einen Schneemann mit Hitlergruß-ähnlicher Handhaltung. Ins Rollen gebracht wurde der Fall nur, weil sich sich die zweite Angeklagte an die Gleichstellungsbeauftragte wandte und im Gespräch der Hund namens Adolf Thema wurde. Der Prozess wird im September fortgesetzt, dann sollen weitere Zeugen befragt werden. S.' Anwalt Bernhard Lehofer, der schon Identitäre vertreten hat, sagt dem STANDARD: "Mein Mandant hat sämtliche gegen ihn erhobenen Vorwürfe bereits anlässlich der Hauptverhandlung bestritten". Er werde sich "nicht schuldig bekennen".

Der Prozess fügt sich in eine Reihe von Vorfällen im deutschsprachigen Raum ein und wirft heikle Fragen auf: Wie konnten die Vorgesetzten nichts entdeckt haben? Oder wurde S. wie eine heiße Kartoffel von Dienststelle zu Dienststelle verschoben, damit man sich des Problems entledigt? Und wie ist der Umgang mit Frauen bei der Polizei, wenn diese rasch als "Unruhestifter" abgetan werden, weil sie männliche Annäherungsversuche ablehnen?

Regelmäßig werden vor allem in Deutschland Netzwerke mit Soldaten und Polizisten entdeckt, in denen rechtsextreme bis neonazistische Inhalte geteilt werden. Zuletzt wurde entdeckt, dass ein pensionierter Polizist unter dem Namen "NSU 2.0" Drohmails an Prominente versandt hatte. Wie in anderen Fällen steht die Frage im Raum, ob hier auf Polizeidaten zugegriffen wurde. Auch in der deutschen Bundeswehr gibt es rechtsextreme Tendenzen, vor allem in der Eliteeinheit KSK. Im Herbst startet der Prozess gegen Franco A., der am Flughafen Wien eine Waffe versteckt und sich zuvor als syrischer Flüchtling ausgegeben hatte. In Österreich wurden beispielsweise rechtsextreme und rassistische Tendenzen bei jener Einheit thematisiert, die das damals blaue Innenministerium für die Razzia im Verfassungsschutz vorgeschlagen hatte.

Das Innenministerium sagt auf Anfrage des STANDARD, dass keine eigene Datenbank für rechtsextreme Vorfälle in der Polizei geführt werden. Ermittlungen gab es "in mehreren Fällen". Was tut man dagegen? "Im Rahmen der Grund- und Fortausbildungslehrgänge ist auch der Themenbereich des Rechtsextremismus, Verhalten und der Umgang damit, ein Teil der Ausbildung", so das Ministerium. Die antifaschistische Plattform "Stoppt die Rechten" zählt über zwanzig Vorfälle mit rechtsextremen Polizisten in den vergangenen Jahren; allein im Juni 2019 liefen laut einer parlamentarischen Anfragebeantwortung fünf Verfahren wegen Wiederbetätigung.

Der ehemalige grüne Abgeordnete Karl Öllinger, der die Plattform mitbetreibt, schreibt dazu: "Die Wagenburgmentalität in der Polizei ist eine sehr große Hürde für Polizist*innen, die gegen rassistische und rechtsextreme Kollegen vorgehen wollen." Er denkt, dass die Dunkelziffer an Fällen weit höher ist. Der grüne Sicherheitssprecher Georg Bürstmayr sagt dazu: "Natürlich gilt auch für die jetzt angeklagten BeamtInnen die Unschuldsvermutung. Aber wenn wir im Zusammenhang mit der Polizei bei Anklagen nach dem Verbotsgesetz erst einmal die Unschuldsvermutung bemühen müssen, dann müssen sämtliche Alarmglocken läuten". Er will den Prozess in Graz genau verfolgen und gegebenenfalls parlamentarisch aufrollen.


Aus: "Rechtes Netzwerk - Ein Hund namens "Adolf": Rechtsextreme Umtriebe bei Polizei aufgedeckt" Fabian Schmid (23.8.2020)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000119528008/ein-hund-namens-adolf-rechtsextreme-umtriebe-bei-polizei-aufgedeckt (https://www.derstandard.at/story/2000119528008/ein-hund-namens-adolf-rechtsextreme-umtriebe-bei-polizei-aufgedeckt)

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Quote[...]  Die Polizei hat inzwischen bestätigt, dass es sich bei dem Festgenommenen um einen syrischen Staatsbürger handelt. Laut "Kronen Zeitung" und "Kleiner Zeitung" ist der mutmaßliche Täter vor sechs Jahren nach Österreich gekommen. Der Mann soll auf einem Fahrrad unterwegs gewesen sein, als er von Beamten anhand der Fahndungsfotos erkannt wurde.

Dass der Täter überhaupt ein drittes Mal das Gelände betreten und Rosen dort schutzlos antreffen konnte, sorgt für Kritik an der Exekutive. Der Bezirksvorsteher des Bezirks Gries, wo die Synagoge steht, Tristan Ammerer, beklagte auf Twitter, dass ihn die Polizei nicht ernst genommen habe, als er verstärkten Schutz nach den ersten Attacken anregte. Auch die Konferenz der Europäischen Rabbiner bemängelte, dass die österreichischen Behörden nicht schneller für Sicherheit sorgten.

Elie Rosen teilt diese Kritik nicht: "Die Sicherheitsbehörden sind sehr bemüht, hier etwas zu tun. Ihnen einen Vorwurf zu machen ist politisches Hickhack." Dass jemand dreimal wiederkomme, habe auch Rosen nicht für möglich gehalten: "Ich wurde eines Besseren belehrt." Was Rosen aber "sehr aufstößt, ist der Austausch zwischen links und rechts in sozialen Medien. Die einen werfen den anderen vor, die besseren Antisemiten zu sein. Das ist mehr als unappetitlich." Er rufe "alle dazu auf, sich zurückzunehmen. Mir ist es egal, woher der Angreifer kommt."

Für viele Grazer bleibt die Frage, wie das einst am besten bewachte Gebäude der Stadt dreimal in Folge attackiert werden kann. Die Polizei und das Innenministerium wehren sich entschieden gegen Kritik. Polizeisprecher Fritz Grundnig betonte am Sonntag, dass der verstärkte Schutz auch ohne den Angriff auf Rosen wenig später, am Samstag um 19 Uhr, aktiviert worden wäre.

Dass ausgerechnet ein Beamter aus jenem Wachzimmer, das normalerweise für den Schutz der Synagoge sorgen sollte, im Juli wegen rechtsextremer Nachrichten vor Gericht standen, sieht Grundnig in keinerlei Zusammenhang. "Das ist ein Einzelfall bei diesem Kollegen", so Grundnig, "dass die gesamte Dienststelle betroffen ist, schließe ich aus." Eine "Suspendierung ist noch keine Verurteilung". Das Verfahren laufe noch.

Auch eine Sprecherin des Innenministers sieht auf Nachfrage des STANDARD kein Versagen bei der Polizei vor Ort. Man habe den Schutz jüdischer Einrichtungen verstärkt. Normalerweise gebe es vor allem bei Veranstaltungen verstärkte Bewachung, sonst habe man nachts vor allem auf technischen Schutz, also auf Kameras, gesetzt. "Da wurde nun auch sehr rasch österreichweit reagiert."

Was den Angreifer auf Rosen angeht, gehe man davon aus, dass er für weitere Taten der letzten Tage verantwortlich ist: Dieselben propalästinensischen Parolen fand man auch am Hauptbahnhof, zudem wurden beim schwul-lesbischen Verein Rosalila PantherInnen in der Annenstraße am Mittwoch Fenster eingeschlagen. Der Täter könnte auch der Mann sein, der Freitagnacht auf ein Lokal zwischen Synagoge und Annenstraße Steine warf und eine Prostituierte beschimpfte.

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Aus: "Verdächtiger nach Angriff auf Grazer Synagoge festgenommen" Colette M. Schmidt (24. August 2020)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000119533675/kritik-und-solidaritaet-nach-angriff-auf-grazer-synagoge (https://www.derstandard.at/story/2000119533675/kritik-und-solidaritaet-nach-angriff-auf-grazer-synagoge)

Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 26, 2020, 07:08:24 PM
QuoteAhmad Mansour @AhmadMansour__

Die wirkliche Realität außerhalb der Twitter-Blase. #Polizei #Rechtsstaat

https://twitter.com/AhmadMansour__/status/1297291289130491904 (https://twitter.com/AhmadMansour__/status/1297291289130491904)


QuoteMatthias Hauer @MatthiasHauer

#Vertrauen in die #Polizei:
- sehr groß: 20%
- groß: 62%
- wenig: 15%
- gar kein: 2%

#Rückhalt der Polizei in Politik und Gesellschaft:
- zu groß: 5%
- angemessen: 38%
- zu klein: 52%

Alles gesagt. #DankePolizei

@infratestdimap
#infratestdimap @reportmuenchen
#reportmuenchen

https://twitter.com/MatthiasHauer/status/1296907378881855489 (https://twitter.com/MatthiasHauer/status/1296907378881855489)


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Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 17, 2020, 09:55:01 AM
Quote[....] Der Präsident des Bundeskriminalamts, Münch, sieht nach der Aufdeckung von rechtsextremen Chatgruppen in der nordrhein-westfälischen Polizei das Vertrauen in die Sicherheitsbehörden erschüttert. ...


Aus: "BKA-Präsident befürchtet Verlust von Vertrauen" (17. September 2020)
Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/rechtsextreme-polizisten-bka-praesident-befuerchtet-verlust.1939.de.html?drn:news_id=1173691 (https://www.deutschlandfunk.de/rechtsextreme-polizisten-bka-praesident-befuerchtet-verlust.1939.de.html?drn:news_id=1173691)

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Quote[...] Thema des Tages - Rechtsextreme Chatgruppen in der Polizei NRW: Insgesamt 29 Polizisten in Nordrhein-Westfalen sollen an mehreren nun aufgedeckten rechtsextremen Chatgruppen beteiligt gewesen sein. Alle seien bereits suspendiert worden und gegen alle sei ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden, so der Landesinnenminister Herbert Reul (CDU). In elf Fällen laufen Strafverfahren wegen des Verbreitens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. In den Chatgruppen wurden unter anderem Bilder von Hakenkreuzen sowie fiktive Darstellungen eines Flüchtlings in einer Gaskammer geteilt. Reul bezeichnete die Vorgänge als Schande für die Polizei und gestand sich ein, dass er angesichts der jüngsten Vorfälle nicht mehr von Einzelfällen sprechen könne. Neben der disziplinarrechtlichen sowie der juristischen Aufarbeitung berief Reul als Konsequenz aus dem Vorfall unter anderem einen Sonderermittler, der rechtsextremistische Taten in der Polizei aufdecken soll. Es berichten FAZ (Reiner Burger), zeit.de (Christian Parth), taz (Konrad Litschko) und LTO.

Ronen Steinke (SZ) erinnert an den großen Vertrauensvorschuss, den Polizisten in Deutschland berechtigterweise genießen. Wird dieser jedoch durch die Zustimmung zu Bildern wie in den aufgedeckten Chatgruppen zerstört, müsse notfalls das Disziplinarrecht verschärft werden, um Entlassungen der Staatsbediensteten zu erleichtern. Für Steinke kann es dann "keine zweite Chance" geben.

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Aus: "Die juristische Presseschau vom 17. September 2020: Rechts­ex­tre­me Chat­gruppen in der Polizei NRW" (17.09.2020)
Quelle: https://www.lto.de/recht/presseschau/p/presseschau-2020-09-17-rechtsextreme-chatgruppen-polizei-nrw-e-patientenakte-warnhinweis-doping-prozess-gestartet/ (https://www.lto.de/recht/presseschau/p/presseschau-2020-09-17-rechtsextreme-chatgruppen-polizei-nrw-e-patientenakte-warnhinweis-doping-prozess-gestartet/)

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Quote[...] Gegen 29 Beamte überwiegend aus dem Bereich des Polizeipräsidiums Essen werden Vorwürfe wegen rassistischer Postings in privaten Chatgruppen erhoben. NRW-Innenminister Reul sagte in Düsseldorf, der Fall treffe die Landespolizei bis ins Mark. In den Chatgruppen sei ,,übelste und widerwärtigste Hetze" betrieben worden. Gepostet wurden demnach unter anderem Bilder Adolf Hitlers sowie die fiktive Darstellung eines Flüchtlings in einer Gaskammer. Nach Angaben von Reul wurden insgesamt 34 Polizeidienststellen und Privatwohnungen durchsucht.

Das Bundesinnenministerium erklärte, der Vorfall sei ein Schlag ins Gesicht aller Polizisten, die in großer Loyalität zur demokratischen Grundordnung stünden. Bundesjustizministerin Lambrecht forderte eine lückenlose Aufklärung.

Der FDP-Obmann im Innenausschuss des Bundestags, Strasser, betonte, angesichts des neuen Falls werde ein Lagebild über Rechtsextremismus in den Sicherheitsbehörden immer dringender. Die Grünen-Innenpolitikerin Mihalic sagte im Deutschlandfunk, strukturelle Probleme bei der Polizei ließen sich nicht mehr leugnen. Sie forderte die Schaffung unabhängiger Beauftragter bei den Parlamenten. Mitarbeitende der Sicherheitsbehörden müssten sich ohne Furcht vor negativen Konsequenzen an jemanden wenden können.


Aus: "Rechtsextremismus-Skandal bei NRW-Polizei29 Beamte suspendiert" (16. September 2020)
Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/rechtsextremismus-skandal-bei-nrw-polizei-29-beamte.2932.de.html?drn:news_id=1173595 (https://www.deutschlandfunk.de/rechtsextremismus-skandal-bei-nrw-polizei-29-beamte.2932.de.html?drn:news_id=1173595)

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Quote[...] Die rechtsextreme Propaganda, die in mehreren Chat-Gruppen der nordrhein-westfälischen Polizei stattfand, sei ,,übelste und widerwärtigste Hetze": Da muss man Herbert Reul, dem Innenminister des Bundeslandes, wohl Recht geben. Das Ganze ist ,,eine Schande". Aber leider keine Überraschung, und schon gar kein Einzelfall.

Erst kürzlich ergaben Tagesspiegel-Recherchen, dass es in den vergangenen fünf Jahren mindestens 170 Vorfälle mit rassistischen bis rechtsextremen Tendenzen in den Reihen der Polizei gegeben hat.

Die Behörden in Berlin legten vor ein paar Tagen nach: Allein in der Hauptstadt hat es seit 2017 mehr als 80 Verfahren gegen Polizeibeamte gegeben. Auch dort haben sie sich über Chatgruppen vernetzt, um über Juden und Ausländer herzuziehen.

Leider war das nur die Spitze des Eisbergs. Denn das Problem liegt tiefer. In Strukturen, die so angelegt sind, dass sich Polizisten gegenseitig decken. Dass Vorgesetzte nicht genau hinschauen, weil sie möglicherweise ähnlich ticken.

Das weiß man nicht erst seitdem bekannt ist, dass Polizisten womöglich auch in die Affäre um die Drohmails des rechtsextremen Absenders ,,NSU 2.0" verwickelt sind.

Aus keinem einzigen Bundesland haben die Behörden linksextreme Tendenzen übermittelt, Vorfälle mit islamistischem Hintergrund sind ebenso rar. Die Gesinnung, die immer wieder zu polizeiinternen Ermittlungen führt, richtet sich klar gegen Menschen mit anderer Hautfarbe, anderer Herkunft.

Ja, auch wenn die Täter in der Minderheit sind: Es ist eine Schande. Und es ist nicht damit getan, Netzwerke zu zerschlagen.

Wie ist es möglich, dass ein Polizist, bei dem Zollbeamte neben Nazi-Devotionalien fast 1000 Waffen und Waffenteile sichergestellt hatten, heute noch im Dienst ist? Realität bei der Polizei in Hamburg.

Der Fall zeigt exemplarisch: Bei weitem nicht alle auffälligen Beamten müssen ihren Posten räumen. Die Vorfälle werden noch nicht einmal überall systematisch erfasst. Das ,,Lagebild Rechtsextremer im Öffentlichen Dienst", das Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) eigentlich schon Anfang des Jahres erstellen lassen wollte, lässt immer noch auf sich warten.

Eigentlich sollte längst bekannt sein, wie viele Rechtsextremisten in Deutschlands Behörden, Dienststellen, Revieren und Kasernen arbeiten. Ist es aber nicht. Auch eine Studie zum Racial Profiling hält Seehofer weiterhin für überflüssig.

Ja, auch der intransparente Umgang mit Rechtsextremismus in staatlichen Institutionen ist eine Schande. Dabei mangelt es nicht an Instrumenten. Einige Bundesländer rüsten nach, sehen dringenden Handlungsbedarf. Führen eine Regelprüfung für angehende Polizisten auf Verfassungstreue ein – die es immer noch nicht flächendeckend gibt.

Und natürlich ist es sinnvoll, dass jetzt bundesweit auch mehr Polizisten mit Migrationshintergrund eingestellt werden. Aber all das kommt zu spät, Viel zu halbherzig waren die bisherigen Versuche, die Strukturen aufzubrechen. Der Drohmail-Schreiber mit der Signatur ,,NSU 2.0" ist auch nach mehr als zwei Jahren nicht gefasst.


Aus: "Neonazis in Uniform: 29 rechtsextreme Polizisten in NRW enttarnt – das sind keine Einzelfälle mehr" (16.09.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/neonazis-in-uniform-29-rechtsextreme-polizisten-in-nrw-enttarnt-das-sind-keine-einzelfaelle-mehr/26192378.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/neonazis-in-uniform-29-rechtsextreme-polizisten-in-nrw-enttarnt-das-sind-keine-einzelfaelle-mehr/26192378.html)

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Quote[...] Wissenschaftliche Studien hält auch der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Sebastian Fiedler, für notwendig. Mit Hinweis auf Vorfälle in Mecklenburg-Vorpommern, Hessen und Nordrhein-Westfalen sagte Fiedler im ZDF: "Wer da jetzt wirklich noch die Vokabel Einzelfall in den Mund nimmt, dem ist wirklich nicht mehr zu helfen". ...


Aus: "Folgen aus rechtem Chat-Netz NRW-Fall schürt Vertrauenskrise der Polizei" (Donnerstag, 17. September 2020)
Quelle: https://www.n-tv.de/politik/NRW-Fall-schuert-Vertrauenskrise-der-Polizei-article22041947.html (https://www.n-tv.de/politik/NRW-Fall-schuert-Vertrauenskrise-der-Polizei-article22041947.html)

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"Ermittlungen in Mecklenburg-Vorpommern: Polizisten wegen rechtsextremer Chats vom Dienst suspendiert" (19.09.2020)
Polizeibeamte in Mecklenburg-Vorpommern sollen rassistische und rechtsextreme Nachrichten ausgetauscht haben. Der Innenminister nennt das ,,beschämend". ... "Solch ein Verhalten ist abscheulich und beschämend für die Landespolizei", erklärte Caffier. "Die Zeit, in der wir von Einzelfällen reden, ist vorbei." Allerdings gebe es derzeit keine Hinweise auf ein Netzwerk. ...
https://www.tagesspiegel.de/politik/ermittlungen-in-mecklenburg-vorpommern-polizisten-wegen-rechtsextremer-chats-vom-dienst-suspendiert/26201092.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/ermittlungen-in-mecklenburg-vorpommern-polizisten-wegen-rechtsextremer-chats-vom-dienst-suspendiert/26201092.html)

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"Rechtsextremismus 104 Verdachtsfälle bei NRW-Polizei" Nina Magoley (24.09.2020)
Das Problem Rechtsextremismus bei der Polizei könnte deutlich größer sein, als bisher gedacht: Laut einem aktuellen Bericht gab es seit 2017 in NRW 104 Verdachtsfälle, auch mit Bezügen zur Reichsbürgerszene.
https://www.tagesschau.de/regional/nordrheinwestfalen/nrw-polizei-103.html (https://www.tagesschau.de/regional/nordrheinwestfalen/nrw-polizei-103.html)

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Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 20, 2020, 09:45:39 PM
Quote[...] Ein Polizist hat einem 19 Jahre alten Mann bei einem Einsatz in Göttingen ins Gesicht geschlagen. Ein Video des Vorfalls in der Wohnung des jungen Mannes wurde auf Twitter veröffentlicht und hat für Aufsehen gesorgt. ,,Wir können bestätigen, dass es sich um Beamte der Polizei Göttingen handelt", sagte eine Sprecherin der Polizei am Sonntag.

Das Video wurde der "Frankfurter Rundschau" zufolge aufgezeichnet, da der Jugendliche während des Polizeibesuchs im Chatprogramm "Discord" online war.

Ein weiterer Nutzer nahm den Vorfall per Bildschirmvideo auf. Der 19-Jährige hatte während des Vorfalls sein Mikrofon ausgeschaltet. Ein Gespräch zwischen ihm und den Beamten ist nicht zu hören.

Auf dem 13 Sekunden kurzen Mitschnitt ist zu sehen, wie der Jugendliche sich mit dem Kopf zu drei Polizisten dreht, die hinter ihm stehen, und zu ihnen spricht. Plötzlich schlägt einer von ihnen dem jungen Mann ins Gesicht. Die beiden Kollegen des Polizisten greifen nicht ein, sondern stehen regungslos daneben. Danach endet das Video. Der Beitrag wurde bis Sonntagmittag mehr als 1100 Mal geteilt.

Die Polizei Göttingen reagierte per Twitter auf das Video. "Eure Verärgerung über dieses Video ist verständlich", heißt es in dem Beitrag. Weiter bat die Polizei um die "nötige Zeit", um den "nicht akzeptablen Zwischenfall genau zu untersuchen". Ein Strafverfahren sei eingeleitet.

Am Sonntagnachmittag sollen ein Statement sowie eine Pressemitteilung veröffentlicht werden. Dann sollen "einige unbeantwortete Fragen" anhand des aktuellen Ermittlungsstands beantwortet werden, wie die Polizei Göttingen auf Twitter ankündigte.

Der Polizist und drei weitere Beamte seien am Donnerstagmorgen wegen einer wiederholten, ,,massiven Ruhestörung" zu der Wohnung des 19-Jährigen gefahren. Unklar ist, weshalb der Polizist ihm ins Gesicht schlug und welcher der Beamten genau den Schlag ausführte.

"Die Ermittlungen wegen des Verdachts der Körperverletzung laufen, werden aber von einer anderen Polizeiinspektion übernommen", so die Sprecherin. Dies sei aus Gründen der Neutralität eine übliche Verfahrensweise. (mit dpa)


Aus: "Bei Einsatz in Göttinger Wohnung Polizist schlägt Mann vor laufender Kamera ins Gesicht" Gloria Geyer (20.09.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/bei-einsatz-in-goettinger-wohnung-polizist-schlaegt-mann-vor-laufender-kamera-ins-gesicht/26202724.html (https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/bei-einsatz-in-goettinger-wohnung-polizist-schlaegt-mann-vor-laufender-kamera-ins-gesicht/26202724.html)

QuoteBrotkrume 17:10 Uhr

Es gibt jetzt die angekündigte Presseerklärung. Sie ist erbärmlich.
https://twitter.com/Polizei_GOE/status/1307689032328110082?ref_src=twsrc%5Egoogle%7Ctwcamp%5Eserp%7Ctwgr%5Etweet (https://twitter.com/Polizei_GOE/status/1307689032328110082?ref_src=twsrc%5Egoogle%7Ctwcamp%5Eserp%7Ctwgr%5Etweet)

Der Jugendliche hat wohl ein paar unflätige Bemerkungen gemacht gegenüber den Polizisten. Sonderlich aggressiv können sie in der Gesamtschau nicht gewesen sein. Dass der junge Mann noch sehr entspannt ist, sieht man im Video. Keine aggressive Körperhaltung oder Mimik.
Der Polizeisprecher sagt nicht weiter, was gesagt wurde, außer... "Ihr Polizeispackos haut ab" "Während einer solchen Schimpftirade" - gemeint sind die Spackos! - "ist dann einem Kollegen die Hand ausgerutscht. Das ist menschlich erklärbar aber natürlich von uns nicht hinzunehmen"

Genau das darf nicht sein! Ein derartiger Schlag mit der Hand ins Gesicht ist Körperverletzung und keine "ausgerutschte Hand". Wie will Polizei Vorbild sein und öffentlich darauf wirken, dass Gewalt Gewalt ist, wenn diese Körperverletzung so bagatellisiert wird? Und das nicht etwa vom Täter, sondern als offizielles Statement? Umgekehrt wird dann aus "Spacko" gleich eine "Schimpftirade".

Ich finde dieses Statement des Pressesprechers noch erheblich erschreckender, als die Ohrfeige an sich!

Wenn man sich den Gesamtvorfall ansieht, ist das doch eine Bankrotterklärung!

Ein Polizist, der die Nerven verliert, weil ein Rotzbengel ein paar blöde Sprüche klopft? Ein Polizist, dem nichts besseres einfällt, als eine Ohrfeige? Wäre nicht eine Maßgabe gewesen, einen jungen Mann, der meint, da was proben zu können, einfach mal für ein paar Stunden mit aufs Revier zu nehmen?
Ein Polizist, der die Nerven verliert wegen solcher Sprüche (keiner weitere Aggression!) und das in Anwesenheit von zwei Kollegen? Was macht der denn in wirklich ernsten Situationen?
Und zwei Kollegen, die das offensichtlich völlig OK finden, dass wegen einer solchen Lappalie zugeschlagen wird? Und ein Polizeisprecher, der das ebenfalls zumindest verständlich findet?


Quotemogberlin 18:09 Uhr

Antwort auf den Beitrag von LagoBlanco 17:38 Uhr
In 90 Sekunden Presseerklärung werden 80 Sekunden dem Bemühen gewidmet, das Opfer der Polizeigewalt zu beschuldigen, in der restlichen Zeit wird der Schlag verniedlicht ("Hand ausgerutscht") und als "menschlich verständlich" exkulpiert.  ...


Quote
Klappleiterin 17:39 Uhr
Wie oft sowas wohl passiert, wenn gerade keine Kamera läuft?

...

Quote[...] Bei einer Demonstrationen für die Aufnahme von Flüchtlingen ist es am Sonntagnachmittag in Dresden zu turbulenten Szenen gekommen. Vermummte Mitglieder einer Antifa-Gruppe liefen mit einem großen Banner auf den Pirnaischen Platz im Zentrum Dresdens und blockierten dort die Straßenbahn-Gleise. An der spontanen Demo sollen etwa 250 Leute teilgenommen haben.

Als ein Polizist – laut ,,Bild"-Zeitung soll es sich um den Einsatzleiter handeln – zu den Demonstranten eilte, wurde es kurz noch übersichtlicher. Der Vorfall ist auf einem Video der ,,Undogmatische Radikale Antifa" auf Twitter zu sehen.

Während die Gruppe Rauchbomben zündet, steht der Polizist im Nebel vor den Demonstranten, die laut grölen. Inmitten der Szene ist kurz ,,Du fängst dir ne Kugel" zu hören. Offenbar hatte der Polizist die Worte in Richtung der Gruppe mit dem Banner gesagt. Als Reaktion schreien die Demonstranten. Der Polizist geht ein paar Schritte zurück, die Hand am Holster seiner Waffe.

Laut einem Bericht der ,,Bild"-Zeitung soll der vollständige Satz ,,Schubs mich und du fängst dir ne Kugel" gewesen sein. Der Polizist soll dem Bericht zufolge wenige Minuten später dann erneut zu der Antifa-Gruppe gegangen sein und ,,Sie verlassen..." gesagt haben. Als er erneut weggegangen sein soll, seien weitere Einsatzkräfte hinzugekommen und die Lage habe sich beruhigt.

Der Innen-Experte der Grünen in Sachsen, Valentin Lippmann, schrieb auf Twitter: ,,Die Androhung der Schusswaffe dürfte, wenn die rechtlichen Voraussetzungen dafür nicht vorliegen, von disziplinarrechtlicher Relevanz sein."

Die Polizei Sachsen reagierte bislang lediglich auf das Twitter-Video in einem Kommentar mit den Worten: ,,Wir kennen den Sachverhalt und haben die zuständige Polizeidirektion informiert. Diese wird morgen dazu eine Meldung veröffentlichen." Polizeisprecher Heiko Perlebach sagte der ,,Bild" zufolge: ,,Der Pirnaische Platz wurde kurzzeitig blockiert und der Polizeiführer bedrängt."

Wie in Dresden demonstrierten auch in Berlin am Sonntag Menschen für die Aufnahme von Flüchtlingen – unter dem Motto ,,Wir haben Platz". Laut Polizei lag die Teilnehmerzahl im ,,mittleren vierstelligen Bereich". Anders als in Dresden gab es in Berlin allerdings keinerlei Vorfälle. Weder zwischen Demonstranten noch mit der Polizei. (Tsp)


Aus: ",,Du fängst dir ne Kugel" Polizist bedroht Demonstranten auf Antifa-Demo in Dresden" (20.09.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/du-faengst-dir-ne-kugel-polizist-bedroht-demonstranten-auf-antifa-demo-in-dresden/26203596.html (https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/du-faengst-dir-ne-kugel-polizist-bedroht-demonstranten-auf-antifa-demo-in-dresden/26203596.html)

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Quote[...] Stundenlang ziehen Tausende Personen aus dem Querdenken-Spektrum am Wochenende trotz Verbots durch verschiedene Berliner Kieze. Meist bleiben die Demonstranten dabei von den begleitenden Polizeikräften relativ unbehelligt.Nur vereinzelt werden sogenannte Rädelsführer festgesetzt, die auf die Beamten den Eindruck machen, sie würden die illegalen Aufzüge anführen und koordinieren.

Ein in den sozialen Netzwerken verbreitetes Video von einer Festnahme hat aber nun interne Ermittlungen bei der Polizei ausgelöst. Die Situation spielte sich nach Tagesspiegel-Informationen bereits am Sonnabend in der Torstraße in der Nähe des Rosenthaler Platzes ab.

Zu sehen sind mehrere Beamte, die einen Mann mit Rucksack festnehmen. Unklar bleibt, wieso der Mann festgenommen wird. Die Beamten schleifen den Demonstranten über den Bürgersteig.

Der Mann wehrt sich und versucht mit seinen Füßen auf dem Bürgersteig abzubremsen. Dann rammt ihm schließlich einer der Beamten sein Knie mit voller Wucht ins Gesicht. Der Verdacht liegt nahe: Hier hat ein Beamter völlig unverhältnismäßig Gewalt eingesetzt.

Zwar ist die Polizei grundsätzlich befugt, in bestimmten Situationen körperlichen Zwang und Gewalt einzusetzen. Doch die Behörde selbst erklärte nach dem Kniestoß-Video am Montag via Twitter, Ermittler für Amtsdelikte beim Landeskriminalamt würden den Fall bereits bearbeiten und dienstrechtliche Konsequenzen prüfen.

Nach Tagesspiegel-Informationen handelt es sich bei dem Polizisten um eine Führungskraft. Der Mann trägt auf dem Rücken seiner Uniform die Dienstnummer 11100. Er soll Zugführer in der elften Einsatzhundertschaft sein, dort den ersten Zug mit rund 20 bis 30 Beamte leiten.

Mehrere Beamte sagten dem Tagesspiegel nach Ansicht des Videos, der Kniestoß sei völlig unverhältnismäßig gewesen. Es gebe keinen Grund dafür, der Widerstand sei bereits gebrochen, die Lage längst unter Kontrolle gewesen. Eine Führungskraft habe eine besondere Verantwortung und müsse ein Vorbild sein.

Es ist nicht das erste Mal, dass der Mann bei Einsätzen negativ auffällt. Am Tag der Räumung des linken Hausprojektes Liebigstraße 34 im Oktober 2020 war der Beamte in Friedrichshain eingesetzt.

Abseits des Räumungseinsatzes in der Nähe des Bahnhofs Frankfurter Allee zeigt ein Video, wie er einen jungen Mann scheinbar grundlos körperlich attackiert, schubst und ins Gesicht schlägt.

Der Tagesspiegel hatte damals Gelegenheit mit mehreren Zeugen über den Vorfall zu sprechen. Demnach soll eine Gruppe von drei Freunden Tischtennis auf einem Spielplatz gespielt haben, als Polizisten sie ansprachen. Der Grund dafür ist nach wie vor unbekannt.

Das Video setzt ein, als zwei Freunde mit den Beamten friedlich diskutieren. Plötzlich geht der Polizist mit der Nummer 11100 auf einen der Tischtennis-Spieler los, schubst ihn vor sich her, schlägt ihm ins Gesicht und bringt ihn schließlich zu Boden. Hier schlägt er den jungen Mann abermals mit der Hand ins Gesicht.

Schon nach diesem Vorfall im Herbst vergangenen Jahres seien interne Ermittlungen eingeleitet worden, heißt es bei der Polizei. Wie das Verfahren ausgegangen ist, konnte die Behörde aber nicht mitteilen.

Der Tagesspiegel hat bei der Polizei angefragt, ob der Beamte bereits wegen Gewaltvorwürfen mit Disziplinarverfahren oder Disziplinarmaßnahmen belegt worden ist. Oder ob ihm das Ausüben der Dienstgeschäfte zeitweise untersagt wurde. Das ließ die Polizei mit dem Hinweis auf den Datenschutz unbeantwortet.

Dabei soll es weitere, ähnliche Situationen in den vergangenen Jahren gegeben haben. Stets soll derselbe Beamte unverhältnismäßige Gewalt in Einsatzsituationen anwendet haben. Von mutmaßlich unverhältnismäßiger und unrechtmäßiger Polizeigewalt Betroffene haben nach eigenen Angaben zahlreiche Anzeigen erstattet, sie beklagen aber ,,systematische Falschaussagen" des Beamten in den Verfahren.


Aus: "Ein Zugführer einer Hundertschaft fällt durch Gewalt auf – erneut wird ermittelt"  Julius Geiler, Alexander Fröhlich (01.09.2021)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/berliner-pruegel-polizist-mit-nummer-11100-ein-zugfuehrer-einer-hundertschaft-faellt-durch-gewalt-auf-erneut-wird-ermittelt/27567714.html (https://www.tagesspiegel.de/berlin/berliner-pruegel-polizist-mit-nummer-11100-ein-zugfuehrer-einer-hundertschaft-faellt-durch-gewalt-auf-erneut-wird-ermittelt/27567714.html)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 17, 2020, 01:17:27 PM
QuoteEnno Lenze @ennolenze

,,Der Mord an einer Journalistin stürzte Malta in eine Krise. Nun kommt heraus: Die Regierung war Teil des Komplotts." - was in einem EU Land alles möglich ist.

6:45 PM · Oct 15, 2020


https://twitter.com/ennolenze/status/1316782369341399040 (https://twitter.com/ennolenze/status/1316782369341399040)


"Daphne Caruana Galizia: Wer steckt hinter ihrem Tod?" (15. Oktober 2020 DIE ZEIT Nr. 43/2020)
Der Mord an einer Journalistin stürzte Malta in eine Krise. Nun kommt heraus: Die Regierung war Teil des Komplotts.
Von Holger Stark und Fritz Zimmermann
https://www.zeit.de/2020/43/daphne-caruana-galizia-malta-journalistin-mord-korruption-regierung-kronzeuge (https://www.zeit.de/2020/43/daphne-caruana-galizia-malta-journalistin-mord-korruption-regierung-kronzeuge)

Daphne Caruana Galizia (* 26. August 1964 als Daphne Anne Vella in Sliema; † 16. Oktober 2017 in Bidnija) war eine maltesische Journalistin und Bloggerin. Sie war für ihre investigative Arbeit bekannt und dafür, kontroverse und heikle Informationen offenzulegen. Im Oktober 2017 wurde sie durch ein Attentat mit einer in oder an ihrem Auto platzierten Bombe ermordet. ... Caruana Galizia war die maltesische Partnerin des International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) bei der Auswertung der Panama Papers. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Daphne_Caruana_Galizia (https://de.wikipedia.org/wiki/Daphne_Caruana_Galizia)


Als Panama Papers [ˈpanaˌmaː ˈpeɪpəʳz] (deutsch Panama-Papiere) werden vertrauliche Unterlagen des panamaischen Offshore-Dienstleisters Mossack Fonseca bezeichnet, die infolge eines 2,6 Terabyte großen Datenlecks am 3. April 2016 an die Öffentlichkeit gelangten. Nach Einschätzung der beteiligten Medien belegen die Unterlagen legale Strategien der Steuervermeidung, aber auch Steuer- und Geldwäschedelikte, den Bruch von UN-Sanktionen sowie andere Straftaten durch Kunden von Mossack Fonseca. Die Enthüllungen haben in zahlreichen Ländern zu Ermittlungen gegen Politiker und andere Prominente geführt und öffentliche Debatten über Steuerschlupflöcher, Briefkastenfirmen, Steueroasen, Steuerdelikte und Steuermoral ausgelöst.
https://de.wikipedia.org/wiki/Panama_Papers (https://de.wikipedia.org/wiki/Panama_Papers)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 05, 2020, 08:12:10 PM
Quote[...] Nach dem Mord an dem Investigativjournalisten Ján Kuciak und seiner Verlobten Martina Kušnírová im Februar 2018 hat die slowakische Polizei mehrere Personen ihrer damaligen Leitung festgenommen. Wegen Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung sei die Spezialeinheit NAKA unter dem Code "Fegefeuer" gegen mehrere Personen vorgegangen, wie eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft für organisierte Kriminalität bestätigte. Es habe zudem Hausdurchsuchungen gegeben.

Der TV-Sender Markiza filmte die Durchsuchung des Privathauses eines ehemaligen Polizeipräsidenten sowie dessen Festnahme. Auch die Festnahme eines ehemaligen Leiters der Antikorruptionseinheit, eines ehemaligen NAKA-Chefs und anderer ehemaliger Spitzenfunktionäre der Polizei wurde durch Medienberichte dokumentiert.

Bereits im September war ein Ex-Chef der Steuerfahndung festgenommen worden, im Januar zudem ein ehemaliger Generalstaatsanwalt. Andere Staatsanwälte und Richter sowie die ehemalige Justiz-Staatssekretärin Monika Jankovska sitzen seit Monaten in Untersuchungshaft. 

Die slowakische Polizei ermittelt seit dem Mord an Kuciak gegen Korruption in den eigenen Reihen und in der Justiz. Der als Auftraggeber des Mordes angeklagte Unternehmer Marián Kočner soll systematisch Richter und Staatsanwaltschaft bestochen haben, um sich Freisprüche in Betrugsskandalen zu erkaufen. Kočner war Anfang September freigesprochen worden.

Der seit März regierende konservative Ministerpräsident Igor Matovič bezeichnete die derzeitige Polizeiaktion als "Schlag gegen korrupte Netzwerke der sozialdemokratisch geführten Vorgängerregierungen". Der ehemalige sozialdemokratische Regierungschef Peter Pellegrini wies hingegen darauf hin, dass er den Rücktritt des ehemaligen Polizeichefs veranlasst habe.

Kuciak hatte über Korruption durch Kočner und andere Personen berichtet. Seine Ermordung löste Massendemonstrationen gegen Korruption und den Missbrauch von EU-Förderungen aus. Regierungschef Robert Fico sowie mehrere Minister und der Polizeipräsident traten daraufhin zurück. 


Aus: "Ehemalige Polizeichefs in der Slowakei festgenommen" (5. November 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-11/slowakei-mordfall-jan-kuciak-festnahme-polizeichefs-organisierte-kriminalitaet (https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-11/slowakei-mordfall-jan-kuciak-festnahme-polizeichefs-organisierte-kriminalitaet)

Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 28, 2020, 12:44:21 PM
Quote[...] Frankreichs Präsident reagiert mit Entsetzen auf ein Video, in dem Polizisten einen Schwarzen schlagen und treten – weil der Mann keine Maske trug, so die Beamten.

[...] Vier Beamte wurden am Nachmittag in Polizeigewahrsam genommen und sollten befragt werden, wie die Pariser Staatsanwaltschaft mitteilte. Die Polizei-Aufsichtsbehörde ist für die Ermittlungen zuständig. Ein am Donnerstag veröffentlichtes Video zeigt, wie mehrere Polizisten einen Schwarzen im Eingang seines Musikstudios schlagen und treten.

In einem schriftlichen Protokoll hielten die Polizisten fest, sie hätten den Mann auf der Straße ermahnt, weil er keine Maske trug. "Als wir ihn festhalten wollten, hat er uns mit Gewalt in das Gebäude gezerrt", heißt es in dem Protokoll. Darin ist auch von Schlägen des Mannes gegen die Polizisten die Rede. Das ist auf dem Überwachungsvideo des Studios jedoch nicht zu erkennen, das die Internetplattform Loopsider in ganzer Länge veröffentlichte.

Innenminister Gérald Darmanin erklärte, dass die Beamten entlassen werden sollten, wenn ein Fehlverhalten festgestellt werde. Sie wurden zunächst suspendiert, der Vorfall wird untersucht. Erst Anfang der Woche hatte die brutale Räumung eines Migrantencamps in Paris für Entrüstung gesorgt. Darmanin muss sich nun am Montag in der Nationalversammlung zu den jüngsten Vorfällen erklären.

Die Anwältin des Musikproduzenten, Hafida El Ali, sagte im Gespräch mit dem Sender Franceinfo, dass es ihrem Mandanten mittlerweile besser gehe. Er gerate aber ein wenig in Panik, wenn er in der Nähe seines Studios Polizeifahrzeuge sehe.

Sie ist sich sicher: Hätte die Überwachungskamera in dem Studio den Vorfall nicht gefilmt, säße ihr Mandant jetzt im Gefängnis. Von Anfang an seien ihm "Gewalt gegen einen Amtsträger" sowie "Rebellion" vorgeworfen worden, sagte sie. Die Polizisten hätten schamlos gelogen. "Diese Polizisten haben keinen Mist gebaut, sie sind Straftäter, die schwere Verbrechen begangen haben. Sie haben meinen Mandanten mehrfach fast sieben Minuten lang geschlagen", sagte Al dem Sender BFM TV.

Zahlreiche Politiker, aber auch Sportler zeigten sich nach der Veröffentlichung des Videos schockiert. Die französischen Top-Fußballer Antoine Griezmann und Kylian Mbappé drückten auf Twitter ihr Entsetzen aus. Der Musikproduzent hatte angeben, von den Polizisten mehrfach rassistisch beleidigt worden zu sein.


Aus: "Emmanuel Macron zeigt sich schockiert über Polizei-Video" (27. November 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/2020-11/rankreich-emmanuel-macron-polizeigewalt-video (https://www.zeit.de/gesellschaft/2020-11/rankreich-emmanuel-macron-polizeigewalt-video)

QuoteWasSollManDazuSagen #1

In diesem Zusammenhang wäre ein Hinweis hierauf bestimmt sinnvoll gewesen:
https://www.sueddeutsche.de/politik/frankreich-sicherheitsgesetz-proteste-pressefreiheit-1.5123613 (https://www.sueddeutsche.de/politik/frankreich-sicherheitsgesetz-proteste-pressefreiheit-1.5123613)
Macrons Entrüstung wirkt da irgendwie ziemlich künstlich.


QuoteKaffeebecher #1.1

Damit es solche Bilder nicht mehr geben kann, wird halt das Filmen verboten. Mit dem neuen Sicherheitsgesetz Frankreichs wären nicht die Polizisten, die Floyd umgebracht haben, sondern die Zeugen juristisch verfolgt worden - darauf ist selbst Trump nicht gekommen...


QuoteSi.tacuisses #4

Wer Frankreich kennt, wird nicht überrascht sein. Ich habe länger in Paris gelebt und habe jeden Tag rassistisches Verhalten gesehen seitens der Polizei. Und dass diese häufig extrem brutal vorgeht, ist seit Jahrzehnten bekannt und gut dokumentiert. ...


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Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 14, 2020, 09:36:38 AM
Quote[...] In Frankreich haben erneut Tausende Menschen gegen ein umstrittenes Sicherheitsgesetz demonstriert. Landesweit gab es 125 Protestaktionen. Insgesamt 26.000 Menschen protestierten am Samstag in Frankreich, teilte das Innenministerium mit. Die Demonstrationen verliefen überwiegend friedlich. In Paris demonstrierten nach offiziellen Angaben 5.000 Menschen. Dabei kam es zu einzelnen Zusammenstößen. Die Polizei nahm 142 Personen fest und beschlagnahmte verbotene Gegenstände.

Ein breites Bündnis aus Gewerkschaften, Menschenrechtsorganisationen sowie Journalisten- und Opferschutzverbänden organisierte vielerorts die Demonstrationen. In Paris riefen verschiedene Gruppen zum Protest auf. Neben dem Sicherheitsgesetz kritisierten diese ein Gesetz zum Kampf zur Bekämpfung des Islamismus und forderten den Rücktritt von Innenminister Gérald Darmanin.

Das Bündnis hatte im Vorfeld Befürchtungen geäußert, dass die Sicherheit der Demonstrierenden in Paris nicht gewährleistet sei, und deshalb dort nicht zum Protest aufgerufen. Hintergrund waren schwere Ausschreitungen in Paris bei vorherigen Protesten.

Die Regierung von Präsident Emmanuel Macron will mit dem geplanten Gesetz für "umfassende Sicherheit" die Verbreitung von Foto- oder Filmaufnahmen von Polizeieinsätzen unter Strafe stellen, wenn dadurch die "körperliche oder psychische Unversehrtheit" einzelner Beamter gefährdet wird. Mit dem Gesetz will die Regierung die Einsatzkräfte nach eigenen Angaben besser schützen. Kritikerinnen sehen dagegen die Pressefreiheit bedroht und fürchten, dass Gewalt durch Polizisten künftig häufiger folgenlos bleibt.

Angesichts der Proteste gegen das Gesetz hat die Regierungsmehrheit im Parlament inzwischen angekündigt, das umstrittene Filmverbot im Sicherheitsgesetz neu fassen zu wollen. Allerdings ist noch nicht bekannt, wie der Artikel genau verändert werden soll.


Aus: "Massenproteste gegen Sicherheitsgesetz" (13. Dezember 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-12/proteste-frankreich-sicherheitsgesetz-polizeigewalt-demonstration (https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-12/proteste-frankreich-sicherheitsgesetz-polizeigewalt-demonstration)

Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 06, 2021, 11:47:18 AM
Quote[...] Die Polizei in Hongkong hat ihr Vorgehen gegen die Demokratiebewegung weiter verschärft. Dutzende Oppositionelle wurden aufgrund des sogenannten Sicherheitsgesetzes festgenommen, wie aus Angaben von Aktivisten, Parteien und Polizeikreisen hervorging. Unter den Festgenommenen waren nach Angaben der Opposition mehrere prodemokratische Abgeordnete sowie eine Reihe junger Aktivisten.

Aus hochrangigen Polizeikreisen verlautete, es seien "etwa 50" Menschen festgenommen worden. Medien sprachen von "mehr als 50" Festnahmen. Ihnen wird vorgeworfen, gegen das von China eingeführte, umstrittene nationale Sicherheitsgesetz verstoßen zu haben, berichten die South China Morning Post und die Nachrichtenseite Now News. Vertreter der Opposition bestätigten mindestens 21 Festnahmen, die meisten davon wegen "Subversion".

Medien zufolge geht es bei den Festnahmen um die inoffizielle Vorwahl zum Hongkonger Parlament, dem sogenannten Legislativrat, im vergangenen Jahr. Die Polizei wertet die Teilnahme demnach als staatsgefährdend und als Verstoß gegen das Sicherheitsgesetz.

Unter den Festgenommenen waren mindestens sieben Mitglieder der oppositionellen Demokratischen Partei, darunter der frühere Vorsitzende Wu Chi Wai. Die ehemaligen Abgeordneten Helena Wong, Lam Cheuk Ting und James To seien ebenfalls festgenommen worden, hieß es auf der Facebook-Seite der Partei. Die Wohnung des prominenten Aktivisten Joshua Wong, der wegen der Organisation einer nicht genehmigten Demonstration derzeit eine mehr als einjährige Haftstrafe absitzt, sei durchsucht worden, hieß es auf Wongs Twitter-Account.

China hatte das international umstrittene Sicherheitsgesetz für Hongkong Ende Juni verabschiedet. Es war unter dem Eindruck der prodemokratischen Massenproteste des vergangenen Jahres beschlossen worden. Es stellt Kritik an China unter Strafe und richtet sich gegen Aktivitäten, die China als subversiv, separatistisch oder terroristisch ansieht. Es ist der bisher weitestgehende Eingriff in Hongkongs Autonomie und gibt Chinas Staatssicherheit weitreichende Vollmachten.

Seitdem das Gesetz in Kraft ist, geht die chinesische Regierung mit harter Hand gegen Oppositionskräfte in Hongkong vor. Gleich mehrere bekannte Aktivisten waren in den vergangenen Monaten wegen verhältnismäßig geringer Vergehen zu Gefängnisstrafen verurteilt worden, darunter Wong und Agnes Chow sowie der Verleger Jimmy Lai. Massenfestnahmen im aktuellen Ausmaß, noch dazu begleitet von Hausdurchsuchungen, hat es jedoch seit Einführung des Gesetzes noch nicht gegeben.

Eine Reihe von Aktivisten in Hongkong hatte sich jüngst aus Angst vor Strafverfolgung durch das neue Hongkonger Staatssicherheitsgesetz in andere Staaten abgesetzt.

Seit dem 1. Juli 1997 gehört Hongkong wieder zu China, wird aber nach dem Grundsatz "Ein Land, zwei Systeme" regiert. Diese Vereinbarung sieht eigentlich vor, dass Hongkonger für 50 Jahre, bis 2047, "ein hohes Maß an Autonomie" und viele Freiheiten genießen sollen. Seit der Verabschiedung des Sicherheitsgesetzes reden viele jedoch nur noch von "Ein Land, ein System".


Aus: "Hong Kong: Polizei nimmt mehr als 50 Aktivisten der Demokratiebewegung fest" (6. Januar 2021)
Quelle: https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-01/hong-kong-demokratie-festnahmen-sicherheitsgesetz (https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-01/hong-kong-demokratie-festnahmen-sicherheitsgesetz)

Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 23, 2021, 01:01:34 PM
Quote[...] Bei Protesten von Unterstützern des inhaftierten russischen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny hat die Polizei zahlreiche Menschen festgenommen. Noch vor dem offiziellen Beginn eines Demonstrationszuges in Moskau nahm die Polizei etwa 20 Menschen in Gewahrsam, wie AFP-Reporter am Samstag berichteten.

Auch im Osten Russlands lösten die Sicherheitskräfte nach Angaben der Bürgerrechtsorganisation OWD Proteste auf und nahmen rund 200 Menschen fest. Die Demonstrationen richteten sich gegen die Inhaftierung Nawalnys sowie gegen den russischen Staatschef Wladimir Putin.

Zu den Protesten aufgerufen hatte Nawalny nach seiner Verhaftung am vergangenen Sonntag. Nawalnys Anhänger hatten angekündigt, in mehr als 90 russischen Städten auf die Straße zu gehen. Die Behörden drohen mit hohen Strafen für die Teilnahme an den nicht genehmigten Kundgebungen.

In der Großstadt Chabarowsk, die der Hauptstadt Moskau aufgrund der Zeitverschiebung sieben Stunden voraus ist, veröffentlichten Aktivisten am Samstag Videos von Polizisten, die Demonstranten schlagen und in Gefangenentransporter stecken.

In Moskau begann die Demonstration um 14 Uhr (12 Uhr MEZ). Auf Twitter sind Videos vom brutalen Vorgehen der Polizei zu sehen. Eine ZDF-Journalistin teilt Aufnahmen, in denen ein Polizist ein Kind festhält.

Auch in den Städten Wladiwostok und Irkutsk versammelten sich trotz eisiger Temperaturen Hunderte Demonstranten. Sie skandierten ,,Wir sind die Macht" und ,,Putin ist ein Lügner".

In den vergangenen Tagen waren bereits zahlreiche Mitstreiter Nawalnys festgenommen worden, darunter seine Pressesprecherin Kira Jarmysch.

Für die Demonstration in Moskau hatte Nawalnys Frau Julia ihre Teilnahme angekündigt. Die Demonstranten wollten sich die Anhänger am zentral gelegenen Puschkin-Platz treffen und von dort zum Kreml ziehen.

Prominente russische Kulturschaffende, darunter Musiker, Autoren und Schauspieler, hatten sich zuvor in einem Video mit dem inhaftierten Kremlgegner solidarisiert. Der auch in Deutschland bekannte Schriftsteller Dmitri Gluchowski (Dmitry Glukhovsky) sagte, dass es Momente im Leben gebe, in denen Schweigen fehl am Platz sei.

Auch die Musiker von Noize MC, Anacondaz und der international bekannte Regisseur Witali Manski riefen im Clip ,,Freiheit für Alexej Nawalny!" dazu auf, nicht gleichgültig zuzuschauen, wenn Menschen politisch verfolgt und grundlos eingesperrt würden.

,,Für Freiheit muss gekämpft werden!", sagte Manski. Je häufiger und je größer die Proteste seien, desto schneller komme Nawalny wieder in Freiheit, sagte die Künstlerin Nadeschda Tolokonnikowa von der Punkband Pussy Riot. Sie saß selbst im Straflager, nachdem sie in einer Kirche an einer Protestaktion gegen Kremlchef Wladimir Putin teilgenommen hatte.

Nawalny war am vergangenen Sonntag direkt nach seiner Rückkehr aus Deutschland in Moskau festgenommen worden. In Berlin war der 44-Jährige nach einem Giftanschlag im August behandelt worden, für den der Oppositionelle den Kreml verantwortlich macht. Am Montag verhängte ein russisches Gericht in einem Eilverfahren 30 Tage Haft gegen ihn wegen Verstoßes gegen Bewährungsauflagen.

Laborergebnissen in Deutschland, Frankreich und Schweden zufolge, welche die Organisation für das Verbot Chemischer Waffen (OPCW) bestätigte, wurde Nawalny mit einem chemischen Nervenkampfstoff aus der Nowitschok-Gruppe vergiftet. Nawalny wirft dem russischen Geheimdienst FSB vor, hinter seiner Vergiftung zu stecken und beschuldigt Putin, den Mordanschlag in Auftrag gegeben zu haben. Die russische Regierung bestreitet jede Beteiligung an der Attacke auf Nawalny.

Nach seiner Verhaftung hatte Nawalny zu landesweiten Protesten für seine Freilassung aufgerufen. Die Polizei kündigte ein hartes Vorgehen gegen die Protest-Teilnehmer an. Das russische Investigativkomitee teilte am Freitag mit, es habe Ermittlungen wegen des Aufrufs zu nicht genehmigten Protesten aufgenommen.

Nawalnys enger Verbündeter Leonid Wolkow sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", Straßenproteste seien "in Russland das einzige Mittel, jemanden aus dem Gefängnis herauszubekommen". Es sei zudem schon vorgekommen, dass russische Oppositionelle zweimal hintereinander vergiftet worden seien. Deshalb sei "der einzige Schutz" für Nawalny "maximale Sichtbarkeit und Unterstützung in der Bevölkerung".

Nawalnys Team hatte Anfang der Woche unter dem Titel ,,Ein Palast für Putin" ein Enthüllungsvideo veröffentlicht, das beweisen soll, dass der Präsident sich aus Schmiergeldern ein riesiges Anwesen am Schwarzen Meer bauen ließ. Der fast zweistündige Film hatte nach wenigen Tagen mehr als 65 Millionen Aufrufe auf Youtube. Der Kreml bezeichnet die Vorwürfe als ,,Unsinn" und ,,Lüge".

Nawalny war am Montag in Moskau in einem umstrittenen Eilverfahren zu 30 Tagen Haft verurteilt worden. Er soll gegen Meldeauflagen in einem früheren Strafverfahren verstoßen haben, während er sich in Deutschland von dem Attentat erholte. Ihm drohen weitere Prozesse und viele Jahre Gefängnis. (AFP, dpa)


Aus: "Polizisten gehen brutal gegen Nawalnys Anhänger vor" (23.01.2021)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/demos-in-ganz-russland-polizisten-gehen-brutal-gegen-nawalnys-anhaenger-vor/26845264.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/demos-in-ganz-russland-polizisten-gehen-brutal-gegen-nawalnys-anhaenger-vor/26845264.html)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 26, 2021, 09:31:31 AM
Quote[...] Spätfolgen von Polizeigewalt sind schwer zu beweisen. Am Freitag verhandelt das Berliner Kammergericht über die Folgen eines Übergriffes, der fast 26 Jahre zurückliegt. Iris K. wurde 1995 bei einer Demonstration in Berlin-Kreuzberg von Polizisten schwer verletzt. Eine Haftung für die daraus möglicherweise entstandenen langfristigen körperlichen Schäden lehnt das Land Berlin bis heute ab.

Der 20. April 1995 war ein Tag, der das Leben von Iris K. nachhaltig beeinflusste. Die damals 28-jährige Studentin nahm an der Demonstration ,,Wider den rassistischen Terror" teil – eine Gegenbewegung zu Neonazi-Aufzügen, die zum Geburtstag von Adolf Hitler durch die Stadt zogen und vor allem auf ,,Leute mit migrantischem Hintergrund losgingen", sagt Iris K. Sie weiß noch, dass es ein sehr sonniger Tag war und auf der Demo ziemlich gute Laune. Die Demo sei eigentlich schon vorbei gewesen, als die Polizei plötzlich auf die Demonstrant:innen losgegangen sei.

Was dann passierte, wird in einem dem Tagesspiegel vorliegenden Schreiben der Senatsverwaltung für Finanzen von 2010 genau beschrieben: Ein Polizist habe K. ,,von hinten in den Würgegriff genommen" und ,,auf die Halswirbelsäule sowie den Rippen- und Nierenbereich geschlagen".

Ein anderer Polizist habe währenddessen ,,von vorn an ihr gezogen". So sei eine Gegenbewegung entstanden. ,,Die Gewaltanwendungen führten insb. zu einem Bandscheibenvorfall der Halswirbelsäule", erkennt der Senat zu diesem Zeitpunkt noch an.

Obwohl die verantwortlichen Polizisten nie ermittelt werden konnten, wurde 1998 auf Anraten des Landgerichts Berlin ein Vergleich geschlossen. Darin wurde Iris K. ein Schmerzensgeld von 30.000 DM zugesprochen und das Land Berlin, vertreten durch die Senatsverwaltung für Finanzen, erklärte sich bereit, ,,für eventuell entstehende zukünftige materielle und immaterielle Schäden der Klägerin aus dem Ereignis am 20. April 1995 einzustehen".

Dieser Vergleich, bei dem das Land die Haftung übernahm, macht aus dem Verfahren laut K.s Rechtsanwalt, Helmuth Meyer-Dulheuer, ein ,,sehr ungewöhnliches". In der Regel komme es bei Körperverletzungen auf Demonstrationen nicht zu Schadenersatzklagen –, weil Täter nicht ermittelt, Beweise nicht erbracht oder die Forderungen als erfolglos angesehen werden.

Der Straftatbestand ,,Körperverletzung im Amt" wurde in den 1990er Jahren noch nicht separat in der Polizeistatistik erfasst. Aus den Statistiken geht seit 2005 ein leichter Rückgang hervor, 2019 wurden 484 Beamt:innen angezeigt. Ob die Gewalt allerdings tatsächlich abgenommen hat, ist unklar.

Ein Forschungsprojekt zu rechtswidriger Polizeigewalt der Bochumer Ruhr-Universität kommt zu dem Schluss, dass es in vielen Fällen gar nicht erst zu Strafverfahren kommt. Von November 2018 bis Januar 2019 wurden über 3300 Personen befragt: In 86 Prozent der berichteten Fälle wurde kein Strafverfahren durchgeführt, obwohl über 70 Prozent von körperlichen Verletzungen berichteten.

Die Studie ist nicht repräsentativ, sie bilde die Sicht der Betroffenen ab. Unter Bezugnahme auf die Justizstatistik heißt es darin, dass Strafverfahren gegen Polizist:innen wegen rechtswidriger Gewaltausübung eine ,,auffallend hohe Einstellungs- sowie eine besonders niedrige Anklagequote" aufweisen.

Trotz des erfolgreichen Vergleichs im Fall Iris K. ging der Streit um Entschädigung erst richtig los, als sich ihr Gesundheitszustand ab 2009 laut eigener Aussage verschlechterte. ,,Sie konnte nicht mehr lang genug in einer Position sitzen und keine Arbeit mehr ausführen", sagt ihr Rechtsanwalt. Seitdem bestreitet das Land Berlin, dass die Spätfolgen vom Polizeieinsatz verursacht wurden.

Schon in erster Instanz legte Iris K. medizinische Gutachten vor, die den Zusammenhang zwischen Bandscheibenvorfall und Polizeigewalt nachweisen sollen. Der amtsärztliche Dienst und ein vom Gericht beauftragter Gutachter bestritten das. Das Landgericht wies die Klage ab.

Die zweite Instanz könnte durchaus eine andere Rechtsauffassung haben als die erste. Anwalt Meyer-Dulheuer hat ein neues neurochirurgisches Gutachten eingebracht. Möglicherweise würde auch das Gericht ein neues Gutachten erstellen lassen, vermutet er.

Aus der Senatsfinanzverwaltung hieß es, dass man sich zum laufenden Verfahren nicht äußern könne. Dass das Verfahren länger dauern könnte, damit rechnet auch Iris K. Sie fordert eine ,,vernünftige finanzielle Absicherung" und einen Ausgleich ihres Verdienstausfalls.

Seit fünf Jahren ist Iris K. verrentet: Sie lebe von Sozialhilfe, von der ihre Rente abgezogen wird. Übrig bliebe ein Hartz-IV-Satz. Schmerzen habe sie nach wie vor ununterbrochen, je nach Stärke nehme sie Medikamente, sagt sie.


Aus: "Berliner Gericht verhandelt über Entschädigung nach Übergriff vor 26 Jahren" Corinna von Bodisco (26.02.2021)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/spaetfolgen-durch-polizeigewalt-berliner-gericht-verhandelt-ueber-entschaedigung-nach-uebergriff-vor-26-jahren/26953086.html (https://www.tagesspiegel.de/berlin/spaetfolgen-durch-polizeigewalt-berliner-gericht-verhandelt-ueber-entschaedigung-nach-uebergriff-vor-26-jahren/26953086.html)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 28, 2021, 08:19:44 PM
Quote[...] BERLIN taz | Die vor einem Monat durch einen Putsch an die Macht gekommene Militärregierung in Myanmar hat am Wochenende ihre Repression der landesweiten Protestbewegung massiv verstärkt. Mindestens 18 Personen wurden dabei getötet und mehr als 30 verletzt, teilte das Büro der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte am Sonntag mit. Es war der tödlichste Tag seit dem Putsch.

Oft wurden die De­mons­tran­t:in­nen schon angegriffen, bevor sie sich wie an Yangons wichtigster ,,Protestkreuzung" Hledan überhaupt in großer Zahl sammeln konnten. Auch wurden Menschen bei ihrer Flucht zum Teil bis in Wohnviertel verfolgt. Dort versuchte die Polizei, das Filmen mit Handys zu unterbinden. Denn in den sozialen Medien zeigen Hunderte Clips die Gewalt der offiziellen Sicherheitskräfte gegen friedliche Gegner der Militärherrschaft.

Erstmals setzten Polizei und Militär in größerem Umfang Tränengas und Blendgranaten ein. Doch wurde außer mit Gummigeschossen auch immer wieder mit scharfer Munition gefeuert, mal nur in die Luft, aber auch gezielt auf De­mons­tran­t:in­nen. Vereinzelt wurden auch Pas­san­t:in­nen getroffen. Angriffe auf die friedlichen Proteste wurden aus Yangon, Mandalay, Dawei, Taunggyi, Myitkyina, Bago, Myeik und Pokokkuo gemeldet.

Die Zahl der Opfer von Kugeln von Polizei und Militär könnte im Laufe des Abends noch steigen. Die Hilfsvereinigung für Politische Gefangene (AAPP), eine lokale Menschenrechtsorganisation, hatte schon bis Samstagabend seit dem Putsch 854 Festgenommene gezählt, von denen noch 771 in Haft seien. Und allein bis Samstag zählte die Organisation acht Tote im Zusammenhang mit dem Putsch. Am 1. Februar war die Regierung von Aung San Suu Kyi wegen angeblichem Wahlbetrug vom Militär gestürzt worden. Seitdem gilt der Notstand und gibt es ein Versammlungsverbot.

Die größten Proteste gab es am Sonntag im zentralen Mandalay, der zweitgrößten Stadt des Landes. Dort marschierten Zehntausende in jeweils einheitlicher Kleidung ihrer Ethnie, ihrer Religion oder ihres Berufsstandes auf. So gab es laut dem Nachrichtenportal Frontier etwa Blöcke von Ärzten, Ingenieuren, Lehrern, Mönchen, Nonnen, aber auch von ethnischen Chinesen, die dort am stärksten vertreten sind. Die Zahl der Protestierenden war so groß, dass Polizei und Militär dort zunächst nicht einschritten und erst später zuschlugen.

Mit der wachsenden Gewalt geht der Happeningcharacter der Proteste verloren und steigt das Risiko für die Beteiligten. Eine von der Militärregierung intendierte Einschüchterung ist bisher aber noch nicht bemerkbar.

In der größten Stadt Yangon (Rangun) ist eine Aufrüstung junger De­mons­tran­t:in­nen zu beobachten, ähnlich wie in Hongkong im Sommer 2019. Viele der sogenannten Frontliner tragen inzwischen weiße oder gelbe Bauarbeiterhelme aus Plastik, manche schon Gasmasken oder -brillen.

Auch gibt es auf Seite der De­mons­tran­t:in­nen inzwischen offenbar eine Massenproduktion von Schutzschilden. Mit Schilden aus Sperrholz, Aluminium oder aus aufgeschnittenen Fässern aus Metall oder Plastik stehen Dutzende junge Männer organisiert den Ketten der Polizei gegenüber und schieben mobile Barrikaden etwa aus Mülltonnen vor sich her.

Steht das Wort ,,Police" auf den Schilden der auch mit Schusswaffen ausgerüsteten Polizisten, hinter denen oft Soldaten mit ihren Waffen stehen, tragen die Schutzschilde der De­mons­tran­t:in­nen nicht selten einheitliche Aufschriften wie ,,People". Bisher werfen sie keine Steine oder Brandsätze, sondern agieren defensiv.

In Clips ist auch zu sehen, wie junge De­mons­tran­t:in­nen sich durch die aus Hongkong bekannten Handzeichen zum Rückzug verständigen oder etwa Sanitäter oder ihre eigenen mit Wasser ausgerüsteten ,,Spezialkräfte" zur Ausschaltung von Tränengasgranaten dirigieren.

Unter dem Begriff ,,Milktea Alliance" haben sich junge Ak­ti­vis­t:in­nen aus Taiwan, Hongkong, Thailand und Myanmar untereinander vernetzt und tauschen Tips und Erfahrungen aus. Der 28. Februar sollte ein gemeinsamer Aktionstag sein. Zumindest in Bangkok kam es auch zu einem größeren Protest.

In Mandalay setzten Demonstranten am Sonntag fünf uniformierte Polizisten fest und präsentierten sie im Internet. Sie waren mit einem Zivilfahrzeug in den Demonstrationszug gefahren und hatten den Kofferaum voller Waffen.

Eine Solidaritätskundgebung mit dem Protest gegen die Militärherrschaft in Myanmar gab es am Samstag in Berlin. Vor dem Sitz des Militärattachés von Myanmar in der Clayallee im Bezirk Steglitz-Zehlendorf demonstrierten etwa 100 Personen. Es war bereits der zweite Protest an dieser Stelle.

Die De­mons­tran­t:in­nen schlugen wie allabendlich die Protestbewegung in Yangon auf Töpfe und Pfannen und forderten die Ausweisung des Vertreters des Putschmilitärs aus Deutschland. Das Straßenschild an der Ecke vor dem Haus wurde symbolisch überklebt und die Straße umbenannt in Kyaw Moe Tun Straße. Kyaw Moe Tun ist Myanmars UN-Botschafter, der sich als bisher höchster Diplomat des Landes der neuen Führung verweigert und vor der UN-Generalsversammlung zum Widerstang gegen das Militär aufgerufen hat.


Aus: "Myanmar nach dem Putsch: Junta lässt scharf schießen" Sven Hansen (28. 2. 2021)
Quelle: https://taz.de/Myanmar-nach-dem-Putsch/!5749461/ (https://taz.de/Myanmar-nach-dem-Putsch/!5749461/)
Title: Re: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 21, 2021, 04:59:05 PM
Quote[...] Die Londoner Metropolitan Police (Met) gerät nach einem Bericht des britischen Observers immer stärker unter Druck. Wie die zum Guardian gehörende Sonntagszeitung berichtet, habe es bei der Polizei in den vergangenen Jahren Hunderte Beschwerden wegen sexueller Belästigung gegeben. Zwischen 2012 und 2018 seien insgesamt 594 solcher Beschwerden eingegangen, von denen 119 weiter verfolgt worden seien, bestätigte die Met auf die Anfrage der Zeitung.

Zu den schwersten Fällen gehört die Aussage eines Vergewaltigungsopfers. Die Frau berichtete, der ermittelnde Officer habe "ihre Verletzlichkeit ausgenutzt und zweimal mit ihr Sex gehabt". Der Polizist sei daraufhin entlassen worden, berichtet die Zeitung.

Ein weiterer Polizist habe die Met verlassen müssen, nachdem ihm vorgeworfen worden sei, er habe eine sexuelle Beziehung zu einer Frau begonnen, die als Opfer von Gewalt durch ihren Partner in einem Frauenhaus lebte. Ebenfalls entlassen wurde ein Officer, der online vorgegeben hatte, eine Frau zu sein, "um seinen sexuellen Neigungen nachzugehen". Er habe außerdem eine Frau gefilmt, die in einem Park nicht einvernehmlichen Sex mit einem Mann hatte.

Nicht alle Fälle führten indes zur Kündigung. So berichtet der Observer vom Fall eines Officers, der eine Frau während eines Einsatzes kennengelernt hatte und sie später zu Hause besuchte. Die Frau warf ihm Vergewaltitung vor. Der Polizist habe nur eine verbale Verwarnung erhalten, die geringste Ahndung, die einer Anhörung wegen Amtsmissbrauchs folgen kann. Wie die Zeitung berichtet, hätten 63 der 119 verfolgten Fälle zu Kündigungen, Pensionierungen und Rücktritten geführt. 

Außerdem seien mehrere Vorfälle gemeldet worden, in denen Mitglieder der Met selbst vorgeworfen wird, ihre Partnerinnen misshandelt oder vergewaltigt zu haben. Auch Vorwürfe des Kindesmissbrauchs zählen zu den Vorwürfen oder solche von sexuell übergriffigen Äußerungen auf Onlineportalen. 

Seit ein 48-jähriges Mitglied des Sicherheitsdienstes der Polizei unter dringendem Tatverdacht steht, die 33-jährige Sarah E. entführt und getötet zu haben, steht die Met unter großem Druck. Das Bild der Polizei erlitt weiteren Schaden, als Einsatzkräfte während einer Demonstration Hunderter Menschen gegen Gewalt gegen Frauen brutal gegen die Teilnehmerinnen vorgingen. 

"Wir erwarten höhere Standards von unseren Beschützern", kritisierte der ehemalige Oberste Staatsanwalt Nazir Afzal gegenüber dem Observer.

Die Metropolitan Police erklärte, man nehme die Vorwürfe sehr ernst. "Obwohl von den Vorwürfen nur ein kleiner Anteil unserer Mitarbeiter betroffen ist, erkennen wir die Auswirkungen an, die jeder einzelne Übergriff auf die Beteiligen hat", hieß es in einer Stellungnahme.


Aus: "Großbritannien: Schwere Vorwürfe gegen Londoner Polizei wegen sexueller Übergriffe" (21. März 2021)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2021-03/london-polizei-sexuelle-belaestigung-vorwuerfe-grossbritannien (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2021-03/london-polizei-sexuelle-belaestigung-vorwuerfe-grossbritannien)

Quotemirinord #3

Von 594 Beschwerden wurden 119 (!) weiter verfolgt...


QuotePaul Ericsson #3.1

Es liegt ja, wie bei den Missbrauchsfällen in der kath. Kirche, meist am Machtgefälle zwischen den Tätern (hier Polizisten) und den missbrauchten Menschen.
Ich weise in diesem Zusammenhang auf auf die Stiftung "Brandenburgische Gedenkstätten" hin, die den Band "Krieg und Geschlecht" Band 3 veröffentlicht hat.
Man hat es sich dort zur Aufgabe gemacht, in einer herausragenden Sammlung auf Formen sexueller Gewalt und sexueller Versklavung in den unterschiedlichsten Formen in unseren Gesellschaften aufmerksam zu machen. Es lohnt sich, sich das näher anzusehen.

Hier der link zur Publikation. Sehr sehr lesenswert!
Krieg und Geschlecht - Sexuelle Gewalt im Krieg und Sex-Zwangsarbeit in NS-Konzentrationslagern
https://metropol-verlag.de/produkt/insa-eschebachregina-muehlhaeuser-hrsg-krieg-und-geschlecht/ (https://metropol-verlag.de/produkt/insa-eschebachregina-muehlhaeuser-hrsg-krieg-und-geschlecht/)



Quotemirinord #3.6

Noch ein nachgetragener Link zum Corps-Geist in der deutschen Polizei:
Aufklärung über einen unaufgeklärten TodesfallOury Jalloh und die Toten des Polizeireviers Dessau
Feature, 54 min 13.02.2021Von Margot Overath
https://www.deutschlandfunkkultur.de/aufklaerung-ueber-einen-unaufgeklaerten-todesfall-oury.3682.de.html?dram:article_id=488827 (https://www.deutschlandfunkkultur.de/aufklaerung-ueber-einen-unaufgeklaerten-todesfall-oury.3682.de.html?dram:article_id=488827)


Quoteinitrd #7

Es ist schon erschreckend was Polizisten in demokratischen Ländern wie GB, USA oder auch hier verursachen ohne dafür belangt zu werden. Wozu dieser Machtmißbrauch führt sieht oder hört man aus Ländern wie Nordkora, China oder Iran wo es keine Menschenrechte gibt.


...
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 27, 2021, 01:56:38 PM
Quote[...] In Myanmar sind bei landesweiten Demonstrationen gegen den Militärputsch mindestens 50 Menschen getötet worden. Dies berichteten die Zeitung ,,The Irrawaddy" und andere lokale Medien am Samstag. Nach Informationen von ,,Myanmar Now" sollen sogar mindestens 80 Menschen ums Leben gekommen sein.

Am offiziellen Gedenktag der Armee, dem ,,Tag der Streitkräfte", kam es in weiten Teilen des Landes, wie in der Handelsmetropole Yangon, in der nördlichen Region Mandalay und im südlichen Bago zu Protesten gegen die Machtübernahme. Dabei sollen Militärangehörige und Polizisten mit scharfer Munition und gezielten Kopfschüssen gegen unbewaffnete Zivilisten vorgegangen sein.

Das Militär Myanmars habe Schande über sich gebracht, indem es auf ,,unbewaffnete Zivilisten" geschossen habe, schrieb der britische Botschafter Dan Chugg auf Twitter.

Unter den Opfern in Yangon soll ein 21-jähriger Zivilist namens Chit Bo Nyein sein. Nyein habe in dem Teeladen seiner Familie ausgeholfen, als er erschossen worden sei, sagte ein Familienangehöriger der Deutschen Presse-Agentur.

Das Militär hatte Anfang Februar gegen die faktische Regierungschefin Aung San Suu Kyi geputscht. Die 75-Jährige sitzt seither im Hausarrest und wird von der Justiz verschiedener Vergehen beschuldigt. Die Demonstranten fordern eine Wiedereinsetzung von Suu Kyis ziviler Regierung

Die Hilfsorganisation für politische Gefangene AAPP schätzte die Zahl der Getöteten seit dem Putsch Stand Freitagabend auf mindestens 328. Ihren Angaben zufolge starben mindestens ein Viertel davon durch Kopfschüsse. Dies hat zu Spekulationen über gezielte Tötungen geführt. Mit den Vorfällen vom Samstag beläuft sich die Zahl der Getöteten auf fast 380.

In einer Ansprache in der Hauptstadt Naypidaw verteidigte der Oberbefehlshaber der Streitkräfte, Min Aung Hlaing, die Machtübernahme durch das Militär als ,,unvermeidlich", weil die Regierung von Suu Kyi und ihre Partei in ,,ungesetzliche Handlungen" verwickelt gewesen seien. Er versprach erneut Wahlen abzuhalten, ohne aber ein Datum zu nennen.

General Min Aung Hlaing sagte im staatlichen Fernsehen: ,,Die Armee will sich mit der ganzen Nation zusammentun, um die Demokratie zu sichern." Gewalthandlungen, die die Stabilität und Sicherheit beeinträchtigen würden, seien unangebracht.

Tags zuvor hatte es im staatlichen Fernsehen eine Drohung gegen die Demonstranten gegeben. ,,Sie sollten lernen, dass man Gefahr läuft, in den Kopf und den Rücken geschossen zu werden, hieß es über den Sender MRTV. Mit dem ,,Tag der Streitkräfte" erinnert Myanmar an den Beginn des Widerstands gegen die japanische Besatzung im Zweiten Weltkrieg. ...


Aus: "Militärjunta lässt auf Demonstranten schießen – mindestens 50 Tote" (27.03.2021)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/tag-der-streitkraefte-in-myanmar-militaerjunta-laesst-auf-demonstranten-schiessen-mindestens-50-tote/27047068.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/tag-der-streitkraefte-in-myanmar-militaerjunta-laesst-auf-demonstranten-schiessen-mindestens-50-tote/27047068.html)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 31, 2021, 09:32:37 AM
Quote[...] Bei der Polizei in Niedersachsen sind erneut zwei scharfe Waffen abhanden gekommen. Das hat der NDR Niedersachsen aus Politikerkreisen erfahren. Es ist nicht der erste Fall dieser Art.

Der Vorfall ereignete sich am vergangenen Freitag in Schleswig-Holstein bei einer maritimen Übung, die eine große private Sicherheitsfirma veranstaltet hatte. Teilnehmer waren auch Elitepolizisten eines Spezialeinsatzkommandos (SEK) aus Oldenburg. Solche Kommandos unterstehen in Niedersachsen dem Landeskriminalamt. Bei den Waffen handelt es sich nach NDR Informationen um zwei Pistolen der Marke "Glock 17" und "Glock 26 (Mini)". Verschwunden sind auch 90 Schuss scharfer Munition des passenden Kalibers.

Wann und wie genau die Waffen abhanden gekommen sind, ist unklar. Nach der Rückkehr in Oldenburg waren sie jedenfalls verschwunden. Sicher scheint jedoch, dass die Waffen während der Übung nicht in einem verschlossenen Gebäude, sondern lediglich in Taschen und Rucksäcken in einem Transporter verstaut waren. Aufbruchspuren gab es nicht. Offenbar aber hatte der Polizist den Wagen während der Übung nicht jederzeit im Blickfeld, wie es den Vorschriften entsprochen hätte. Dies jedenfalls führte am Donnerstag zu kritischen Nachfragen im Innenausschuss des Landtages, wo Landespolizeipräsident Axel Brockmann in vertraulicher Sitzung über den Vorfall informierte. Wie das Innenministerium auf NDR Anfrage jetzt mitteilte, müssen insgesamt vier Beamte ihre Spezialeinheit vorerst verlassen. Die Polizeidirektion Hannover sei mit Ermittlungen  auch gegen Unbekannt beauftragt worden. Landespolizeipräsident Axel Brockmann habe vor dem Innenausschuss von gravierenden Fehlern gesprochen und eine umfassende Aufklärung zugesagt.

Im Jahr 2019 waren gleich zweimal niedersächsische Polizeiwaffen abhanden gekommen: eine Maschinenpistole aus der Polizeiinspektion Celle und die Pistole eines Personenschützers, der in Berlin im Einsatz war und seine "Glock" im Hotel vergessen hatte. Keine wurde bisher wiedergefunden.


Aus: "Waffen vom Spezialeinsatzkommando der Polizei verschwunden" Angelika Henkel, Stefan Schölermann (Stand: 04.03.2021)
Quelle: https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/Waffen-vom-Spezialeinsatzkommando-der-Polizei-verschwunden,dienstwaffe120.html (https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/Waffen-vom-Spezialeinsatzkommando-der-Polizei-verschwunden,dienstwaffe120.html)

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Quote[...] LEIPZIG/BERLIN taz | Pistolenmunition, Maschinenpistolenmunition, Sturmgewehrmunition: Mindestens 7000 Schuss sollen Beamte der sächsischen Polizei im November 2018 entwendet haben. Beschuldigt werden insgesamt 17 Beamte des Mobilen Einsatzkommando (MEK) Dresden, einer Spezialeinheit des Landeskriminalamtes. Vier von ihnen werden Diebstahl, Verstoße gegen das Waffengesetz und Bestechlichkeit vorgeworfen, 13 weiteren die Beihilfe zum Diebstahl. Auch der Kommandoführer sowie drei Schießtrainer sind unter den Hauptbeschuldigten.

Die Polizeibeamten stehen im Verdacht, die entwendete Munition gegen ein nicht genehmigtes Schießtraining bei Baltic Shooters in Güstrow eingetauscht zu haben. Der Schießplatz in in Mecklenburg-Vorpommern wird von Frank T. betrieben, der nach taz-Informationen Teil der rechten Preppergruppe Nordkreuz war und bei dem auch der inzwischen verurteilte Ex-SEK-Polizist Marko G. trainierte. Bei Frank T. hatte der damalige Landesinnenminister Lorenz Caffier (CDU) eine Pistole gekauft. Nachdem die taz ihn zu dieser Sache befragt hatte, trat er zurück.

Am Dienstag wurden die Vorwürfe gegen die sächsischen Beamten öffentlich bekannt, nachdem am Morgen Diensträume des LKA sowie Privatwohnungen Beschuldigter durchsucht wurden. Die Beamten konnten die Munition aus Waffenkammern der Spezialeinheiten entwenden, für die Schießtrainer verantwortlich sind. Die beschuldigten Schießtrainer deklarierten die fehlende Munition als verschossen, weshalb ihr Fehlen nicht aufgefallen sei, sagte Petric Kleine, Präsident des LKA Sachsen am Nachmittag auf einer Pressekonferenz.

Die vier Hauptbeschuldigten haben ein sofortiges Dienstverbot auferlegt bekommen, die 13 weiteren Beschuldigten werden zunächst versetzt. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden war im September 2020 von der Staatsanwaltschaft Schwerin auf die sächsischen Beamten aufmerksam gemacht worden. Aufgrund von Verdunklungsgefahr habe man aber erst jetzt personelle Konsequenzen gezogen, sagte LKA-Chef Kleine.

Gegen den Schießplatzbetreiber Frank T. ermitteln die Behörden in Mecklenburg-Vorpommern in mehreren Verfahren. Es gehe dabei unter anderem um mutmaßliche Verstöße gegen das Waffengesetz und das Kriegswaffenkontrollgesetz und handele sich um ,,Vorgänge rund um den Betrieb des Schießplatzes", wie der Sprecher der Staatsanwaltschaft Schwerin der taz sagte. Frank T. soll Munition nicht ordnungsgemäß erlangt und und auch nicht ordnungsgemäß mit ihr umgegangen sein.

Konkret gehen die Er­mitt­le­r:in­nen schon länger der These nach, dass sich T. mit geklauter Behördenmunition bezahlen ließ. Er soll auch von einem Mitarbeiter einer Waffenbehörde Kriegswaffenmunition bekommen haben, die bei Marko G. sichergestellt worden war – und die dann nicht Teil des Verfahrens gegen den Nordkreuz-Admin wurde. Bei Marko G. wurden mindestens 102 Patronen sächsischer Herkunft gefunden. Sie waren im Mai 2018 an das Polizeiverwaltungsamt Sachsen geliefert worden.

Die Staatsanwaltschaft Schwerin hat die meisten Verfahren gegen T. inzwischen wegen der örtlichen Zuständigkeit nach Rostock abgegeben. Sie ermittelt nach wie vor gegen unbekannt, um herauszufinden, wie genau die Munition von Sicherheitsbehörden zu den Nordkreuz-Preppern in Mecklenburg-Vorpommern gelangt ist.

Bemerkenswert ist, dass der Beschuldigte und Schießplatzbetreiber Frank T., dem die sächsischen Polizisten die Munition übergeben haben sollen, bis heute über seine waffenrechtlichen Genehmigungen verfügt. Laut Innenministerium in Schwerin hat das Landeskriminalamt bereits im Mai 2019 ,,rechtsextremistische Bestrebungen" bei Frank T. festgestellt. Diese habe man bei der Auswertung von Chats festgestellt, die er unter anderem mit Marko G. führte.

Die Waffenbehörde prüft aber nach wie vor, ob Frank T. seine Genehmigungen verliert, wie der Sprecher des Landkreises Rostock am Dienstag auf taz-Anfrage bestätigte. Man warte noch auf angeforderte Dokumente von Landesbehörden. Das Überprüfungsverfahren wurde demnach erst Ende vergangenen Jahres eingeleitet.

Im Innenausschuss des Landtages hatte Staatssekretär Thomas Lenz zwar am 19. November behauptet, T.'s ,,waffenrechtlichen Einzelgenehmigungen" seien bereits entzogen worden. Laut Landkreissprecher Fendler hat sich das Innenministerium aber erst einen Tag vor Lenz' Äußerung überhaupt an die Waffenbehörde gewandt. Das Innenministerium von Mecklenburg-Vorpommern beantwortet Fragen der taz zu diesem Sachverhalt seit Monaten nicht oder nur ausweichend.

Auf dem Übungsplatz von Frank T. in Güstrow trainierten Spezialeinheiten aus ganz Deutschland und dem Ausland. LKA-Chef Kleine bestätigte, dass auch sächsische Spezialeinheiten in den Jahren 2017 und 2018 mehrfach dort trainierten. Besagte Übung im November 2018 war jedoch vom LKA-Chef nicht genehmigt worden. Unklar ist derzeit noch warum. Kleine wollte sich zu dieser Frage nicht äußern.

Auf der Pressekonferenz am Dienstag Nachmittag kündigte der sächsische Innenminister Roland Wöller (CDU) Konsequenzen an. Er wolle das MEK am Standort Dresden ,,neu aufbauen", um jeden Zweifel auszuschließen. Ob der Munitionsskandal über die Beschuldigten hinaus weitere personelle Konsequenzen haben wird, sei derzeit noch unklar, so der Innenminister.

Auf Hinweise auf eine mögliche rechtsextreme Gesinnung der Beschuldigten gebe es bislang ,,keine Anhaltspunkte", sagte LKA-Chef Kleine. Es gehe in laufenden Ermittlungen nun auch darum, die Dienstaufsicht und Leitung des LKA zu überprüfen. Er sei ,,stinksauer und unfassbar enttäuscht", sagte Innenminister Wöller.


Aus: "Ermittlungen gegen Polizisten: Munitionsklau in Sachsen" Sebastian Erb, Sarah Ulrich (30.3.2021)
Quelle: https://taz.de/Ermittlungen-gegen-Polizisten/!5763706/ (https://taz.de/Ermittlungen-gegen-Polizisten/!5763706/)

QuoteSenza Parole
heute, 05:50

Und noch ein Einzelfall....


QuoteThomas Brunst
gestern, 22:30

Na da schau her: Eine behördlich-kriminelle Schießplatz-Gang  ...


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"Verdacht des Munitionsdiebstahls im MEK Dresden"
30.03.2021, 14:10 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat Ermittlungen aufgenommen
https://www.medienservice.sachsen.de/medien/news/249620 (https://www.medienservice.sachsen.de/medien/news/249620)

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Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 18, 2021, 09:31:51 AM
Quote[...] Zur Vollstreckung der Todesstrafe will der US-Bundesstaat South Carolina künftig auch Erschießungen erlauben. Der Gouverneur des Staates, Henry McMaster, schrieb am Montag auf Twitter, er habe eine entsprechende Gesetzesänderung unterzeichnet.

Bislang war eine Vollstreckung der Todesstrafe in dem Staat durch eine Giftspritze vorgesehen. In vielen US-Bundesstaaten sind aber die tödlichen Substanzen für die Giftspritzen knapp, weil sich europäische Pharmafirmen weigern, den US-Behörden Nachschub zu liefern. Deshalb gab es in South Carolina in den vergangenen Jahren keine Hinrichtungen.

Durch die Gesetzesänderung sollen zum Tode Verurteilte nun wählen können, ob sie auf dem elektrischen Stuhl oder durch Erschießung sterben wollen, wenn eine Giftspritze nicht verfügbar ist.

In den USA ist die Todesstrafe insgesamt auf dem Rückzug. Nach Angaben des Informationszentrums für Todesstrafe haben bislang 23 der 50 Bundesstaaten die Todesstrafe abgeschafft, zuletzt Virginia. Drei weitere Staaten haben die Vollstreckung der Todesstrafe demnach ausgesetzt.

In Staaten, in denen es noch Hinrichtungen gibt, ist die Verabreichung einer Giftspritze die gängige Methode. Es gibt auf dem Papier jedoch Alternativen, wozu prinzipiell auch Erschießungen gehören. Nach Angaben der Nichtregierungsorganisation Informationszentrum zur Todesstrafe ist South Carolina nach Mississippi, Oklahoma und Utah nun der vierte US-Bundesstaat, der bei Hinrichtungen auch Erschießungen erlaubt. Seit der Oberste US-Gerichtshof die Todesstrafe 1976 grundsätzlich wieder zugelassen hatte, wurden demnach nur drei Verurteilte erschossen - alle drei in Utah.

2020 wurden in den USA nach Angaben des Zentrums von fünf Staaten und der Bundesregierung insgesamt 17 Menschen hingerichtet. Der Bund hatte fast zwei Jahrzehnte lang keine Todesstrafen mehr vollstrecken lassen - die Regierung von Ex-Präsident Donald Trump setzte jedoch deren Wiedereinführung durch. Der neue Präsident Joe Biden lehnt die Todesstrafe dagegen ab. (dpa, AFP)


Aus: "US-Staat South Carolina erlaubt Hinrichtung durch Erschießen" (18.05.2021)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/weil-nachschub-fuer-giftspritzen-knapp-ist-us-staat-south-carolina-erlaubt-hinrichtung-durch-erschiessen/27199934.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/weil-nachschub-fuer-giftspritzen-knapp-ist-us-staat-south-carolina-erlaubt-hinrichtung-durch-erschiessen/27199934.html)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 19, 2021, 08:23:15 PM
"Fahrlässiger Umgang mit Munition - seit Jahren" Stand: 02.03.2021 22:38 Uhr
Die Elitetruppe der Bundeswehr gerät weiter unter Druck. Laut einem Untersuchungsbericht herrschten jahrelang eklatante Missstände beim Umgang mit Munition.
Von Florian Flade, Volkmar Kabisch und Martin Kaul, WDR/NDR
https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/ksk-bericht-munition-101.html (https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/ksk-bericht-munition-101.html)

"KSK soll durchleuchtet werden" (03.05.2021 20:50 Uhr)
Es gab einige rechte Vorfälle bei dem Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr: Zuletzt sorgte ein geheimes Waffenlager eines KSK-Soldaten für Aufsehen. Nun will Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer die Einheit überprüfen lassen.
https://www.tagesschau.de/inland/ksk-pruefung-rechtsextremismus-101.html (https://www.tagesschau.de/inland/ksk-pruefung-rechtsextremismus-101.html)

Quote[...] Der Verteidigungsausschuss des Bundestages hat die Beratungen über die Lage im Kommando Spezialkräfte (KSK) fortgesetzt. Und schon wieder gab es neue Vorwürfe gegen die Eliteeinheit.

"Was wir nach der heutigen Sitzung erkennen müssen, ist, dass wir bei weitem noch nicht am Ende der neuen Informationen sind", sagt Tobias Lindner, Verteidigungsexperte der Grünen.

Er meint damit die mindestens fragwürdige Vergabepraktiken des KSK. Anfang des Monats hatte das Ministerium eingeräumt, es gehe um Verträge in einer Größenordnung von insgesamt 650.000 Euro im Zeitraum zwischen 2014 und 2018.

"Die 650.000 Euro, über die wir bei der letzten Sondersitzung gesprochen haben, das ist nur ein Fall von mehreren. Wenn man die Fälle addiert, dann kommen wir in einen zweistelligen Millionenbereich rein, den man sich anschauen muss", so Lindner.

Der Sonderstatus des KSK habe dazu geführt, dass über Jahre hinweg mit Finanzmitteln, mit Haushaltsmitteln und mit Vergaben völlig schludrig und rechtswidrig umgegangen worden sei. 

Dabei geht es um sogenannte "freihändige Vergaben" von Verträgen ohne Vergleichsangebote - in einer ganz anderen Dimension als bislang angenommen. Einige Verträge gingen sogar an gute Bekannte und Ex-Kameraden - darüber hatten zuerst NDR und WDR berichtet.

Kein Wort von Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer dazu, als sie gegen 21 Uhr den Verteidigungsausschuss verlässt. Schließlich gehe es dort heute sehr früh fast nahtlos weiter, dann aber mit ihren Reformplänen für die Bundeswehr.

Tobias Pflüger von der Linken spricht von einer "unglaublichen Dimension der Skandale" - von den Rechtsextremismus-Fällen bis hin zum Vergaberecht. "Das zeigt einfach, dieses Kommando Spezialkräfte hat ein völlig eigenes Leben, eine eigene Struktur. Unsere Forderung nach der Auflösung des KSK bestätigt sich quasi mit jedem Skandal umso mehr."

Zu den Skandalen gehört auch die Munitionsaffäre. Schon seit Frühjahr vergangenen Jahres konnten Soldaten straffrei Munition zurückgeben, die nach Schießübungen nicht abgegeben oder sogar entwendet worden war. Kramp-Karrenbauer aber versichert immer wieder, erst dieses Jahr davon erfahren zu haben.

Die Opposition kann das nicht so recht glauben, darunter auch die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Deshalb hatte sie Dokumente angefordert. Die gab es jetzt auch - allerdings fast vollständig geschwärzt.

"Wenn man um Unterlagen bittet und die sind schwarz wie die Nacht, dann hat das nicht nur was mit dem Parteibuch der Ministerin zu tun, So Strack-Zimmermann. ...


Aus: "Vorfälle bei Eliteeinheit KSK "Unglaubliche Dimension der Skandale"" Kai Clement, ARD-Hauptstadtstudio (19.05.2021)
Quelle: https://www.tagesschau.de/inland/vergabeverfahren-ksk-101.html (https://www.tagesschau.de/inland/vergabeverfahren-ksk-101.html)

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"Rechtsextreme bei der Bundestagspolizei: Hitlergruß im Reichstag" Kersten Augustin, Sebastian Erb (Berlin, 18.6.2021)
Die Bundestagspolizei soll das Parlament schützen. taz-Recherchen zufolge arbeiten dort Reichsbürger, Rassisten und Coronaleugner. ... Die taz hat mit einem Dutzend aktuellen und ehemaligen Be­am­t*in­nen der Bundestagspolizei und weiteren Personen gesprochen, die für die Sicherheit im Parlament zuständig sind. Wir sind auf eine Gefahr von innen gestoßen. Auf Reichsbürger in Uniform, die das Parlament schützen sollen, aber glauben, dass die Bundesrepublik nicht existiert. Auf Coronaleugner und Rassisten, die Namibia noch heute als Deutsch-Südwestafrika bezeichnen. Auf Pfört­ne­r*in­nen, die aktuell für die AfD-Fraktion arbeiten und bald wieder an einem der Eingänge sitzen könnten. ... wir sind nicht nur auf Rechtsextremismusfälle gestoßen, denen bislang offenbar niemand nachgegangen ist. Je länger wir uns mit der Polizei des Bundestags beschäftigen, desto stärker bekommen wir den Eindruck: Das ist eine Organisation, die sich verselbstständigt hat. In der Parlamentspolizei mit ihrer historischen Sonderstellung mischen sich eine gute finanzielle Ausstattung mit regelmäßiger Unterforderung im Alltag. Das führt beispielsweise dazu, dass die Polizei des Bundestags Scharfschützengewehre angeschafft hat, die sonst nur ein SEK besitzt. Und eine mysteriöse Spezialeinheit gegründet hat, die öffentlich noch nie erwähnt wurde und von der selbst im Bundestag kaum einer weiß. ... Der Bundestag ist der kleinste Polizeibezirk der Republik, rund 200 Be­am­t*in­nen arbeiten hier. Sie sind ausschließlich für die Liegenschaften des Bundestags verantwortlich. Die Bundestagspolizei untersteht dem Bundestagspräsidenten, Wolfgang Schäuble von der CDU. Nur mit seiner Zustimmung dürfen Be­am­t*in­nen in den Parlamentsgebäuden Personen festnehmen oder Büros durchsuchen. Die Polizei des Landes Berlin oder die Bundespolizei sind nicht zuständig, so will es das Grundgesetz. ...
https://taz.de/Rechtsextreme-bei-der-Bundestagspolizei/!5777254/ (https://taz.de/Rechtsextreme-bei-der-Bundestagspolizei/!5777254/)

Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 24, 2021, 03:42:50 PM
Quote[...] Viele Belarussen fragten sich seit Monaten, was wohl als Nächstes kommen möge. Es herrscht Ausnahmezustand in Belarus, das Regime von Alexander Lukaschenko antwortete auf Demonstrationen mit Repressionen, Festnahmen, Folter und Tötungen. Der Pfingstsonntag brachte die Antwort.

Eine Antwort, die wohl selbst schlimme Befürchtungen der Lukaschenko-Gegner übertraf: Ein Passagierflieger der irischen Gesellschaft Ryanair wurde auf dem Weg zwischen zwei EU-Hauptstädten, Athen und Vilnius, im belarussischen Luftraum von einem Kampfflugzeug zu einer Notlandung gezwungen. Dem vorausgegangen war eine fingierte Bombendrohung. Das alles geschah offenbar mit dem Ziel, einen Regimekritiker zu fassen: den Blogger Roman Protasewitsch. Lukaschenko persönlich habe den Befehl dazu gegeben, das Flugzeug in Minsk zu "empfangen", verlautbarte die staatliche Nachrichtenagentur Belta.

Protasewitsch, der in Belarus als Terrorist gilt, könnte in Belarus zum Tod verurteilt werden. Auch seine Freundin, die mit ihm reiste, wurde festgenommen. Laut eines litauischen Regierungssprechers sind von den 171 Passagieren, die in Athen in das Flugzeug stiegen, nur 165 in Vilnius angekommen. Wer die vier weiteren Reisenden sind, die beim Weiterflug nicht mehr an Bord waren, ist bisher nicht bekannt.

Protasewitsch ist ein 26-jähriger Blogger, der bereits 2019 vor politischer Verfolgung nach Polen floh. Dort baute er gemeinsam mit dem belarussischen Aktivisten Stepan Putilo den Telegram- und YouTube-Kanal Nexta auf. Das Medium hat sich offen dem Kampf gegen den belarussischen Langzeitpräsidenten Lukascheno verschrieben und erreicht über den Messengerdienst Telegram ein Millionenpublikum.

Nextas große Stunde schlug im August vergangenen Jahres, als nach den gefälschten Präsidentschaftswahlen in Belarus Massenproteste entstanden. Hunderte Videos von Polizeigewalt wurden über Telegram verbreitet, was die Wut der Belarussen erst recht anfachte und die Demonstrationen anwachsen ließ. Heute hat Nexta mindestens 1,2 Millionen Followerinnen und Follower, ein Film über Lukaschenkos Reichtümer wurde 6,4 Millionen Mal geklickt. Zum Vergleich: Belarus hat 9,4 Millionen Einwohner.

Im September vergangenen Jahres verließ Protasewitsch das Projekt, zuletzt hatte er als Chefredakteur gewirkt. In den vergangenen Monaten übernahm er den Kanal des seit einem Jahr inhaftierten Bloggers Ihar Losik, Belamova. Dieser gilt ebenfalls als sehr einflussreiches Medienprojekt in Belarus.

Im November 2020 setzten die belarussischen Behörden Protasewitsch auf ihre Terroristenliste. Auf dieser befinden sich inzwischen auch die Bürgerrechtlerin Swetlana Tichanowskaja und der zu den Protestierenden übergelaufene Ex-Kulturminister Pawel Latuschko.

Die Entführung eines Flugzeuges ist ein beispielloser Vorgang, allerdings kennt Lukaschenkos Repressionsapparat schon seit Monaten kaum noch Grenzen. Mindestens 35.000 Menschen sind seit der Wahl im August 2020 festgenommen worden, Tausende wurden verhaftet, Zehntausende sind aus dem Land geflohen. Die Menschenrechtsorganisation Wjasna stuft derzeit mehr als 400 Personen als politische Gefangene ein. Omon-Sonderpolizisten haben die Proteste niedergeknüppelt, manche der Teilnehmenden auch zu Tode.

Erst am Freitag ist ein politischer Aktivist in Haft gestorben. Offizielle Todesursache: Herzversagen. Seine Frau sagte in einem Interview, der 50-Jährige habe nie unter Herzproblemen gelitten. Menschenrechtsgruppen haben Tausende Fälle von Folter dokumentiert.

Es ist nicht das erste Mal, dass Lukaschenko und sein Sicherheitsapparat für bizarre Aktionen sorgen. Im April behauptete der Machthaber, sein Sicherheitsapparat habe einen "US-Coup" und ein "Attentat" auf ihn und seine Familie vereitelt. Im Sommer ließ sich Lukaschenko als Vaterlandsverteidiger beklatschen – begleitet von seinem 16-jährigen Sohn Nikolaj, beide in schusssicherer Weste und mit Kalaschnikow. Mit der De-facto-Entführung eines Passagierflugzeuges zwischen zwei EU-Hauptstädten hat Lukaschenko die Grenzen des Machbaren um ein weiteres Stück verschoben.

Was bezweckte Lukaschenko mit der riskanten Aktion? Wahrscheinlich geht es ihm darum, noch mehr Angst verbreiten und Angriffe auf Onlinemedien zu verschärfen. Vergangene Woche erst blockierten belarussische Behörden die größte Nachrichtenseite des Landes, tut.by

Nach dem neuerlichen Vorfall meldete sich die Bürgerrechtlerin Swetlana Tichanowskaja zu Wort. Auch sie war in der Woche zuvor die Strecke Athen–Vilnius geflogen. Womöglich will Lukaschenko den Tausenden vor Repressionen geflohenen Belarussen zeigen, dass sie selbst im EU-Ausland nicht mehr sicher sind. Vor allem die litauische Hauptstadt Vilnius ist zu einem wichtigen Zufluchtsort für die belarussische Zivilgesellschaft geworden. "Niemand ist mehr sicher", sagte Tichanowskaja nun. "An Romans Stelle hätte es jeden treffen können."

Und die EU? Der polnische Premierminister Mateusz Morawiecki verurteilte die "Entführung" als einen "präzedenzlosen Akt des Staatsterrorismus", der nicht ungestraft bleiben könne. Der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis forderte die Union dazu auf, den belarussischen Luftraum für Flüge zu sperren. Der Vorfall sei "eine schwere Verletzung der internationalen Normen. Die gesamte EU wurde brutal attackiert und muss strikt handeln". Der deutsche Außenminister bezeichnete die Landung als "gravierenden Eingriff in den zivilen Luftverkehr in Europa".

Diese Aktion sendet nicht nur Entsetzen durch die belarussische Zivilgesellschaft dies- und jenseits der Landesgrenzen. Sie ist auch ein Test für die EU-Außenpolitik. Lukaschenko bedroht nicht nur die Menschen im eigenen Land, sondern auch in der EU. Protasewitsch fand in der EU Zuflucht, weil er in Belarus, der "letzten Diktatur Europas", politisch verfolgt wird. Der Vorfall werde "nicht ohne Folgen bleiben", versicherte der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, in einem ersten Statement. Am Montag beginnt ein EU-Sondergipfel zu Russland, es wird auch über neue Sanktionen gegen Belarus gesprochen werden.


Aus: "Niemand soll sich sicher fühlen" Eine Analyse von Simone Brunner (24. Mai 2021)
Quelle: https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-05/belarus-roman-protasewitsch-ryanair-flug-alexander-lukaschenko/komplettansicht (https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-05/belarus-roman-protasewitsch-ryanair-flug-alexander-lukaschenko/komplettansicht)

QuoteStopptKraftfahrzeuge #7

Man höre und lese die Empörung vieler Politiker aller Couleur und sehe, dass kaum Taten folgen werden.


Quotehansschnakenhals #8

Nicht eins der angeblichen Qualitätsmedien weißt auf die erzwungene Landung des Flugzeugs von Morales in Wien hin, weil die USA dachten Snowden wäre an Board auf den Weg ins Asyl.
Das Level an Heuchlerei der politischen Akteure, zu denen sich offensichtlich auch die Medien zählen, ist immer wieder unterhaltsam.


QuoteGegenGeschwurbel #8.5

Das ist so nicht richtig. Die von Ihnen so gescholtenen Qualitätsmedien *haben* berichtet:

https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-05/belarus-oppositioneller-festnahme-notlandung-roman-prostasewitsch (https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-05/belarus-oppositioneller-festnahme-notlandung-roman-prostasewitsch)

https://www.sueddeutsche.de/politik/morales-in-wien-gestrandet-ein-direkter-angriff-auf-den-praesidenten-1.1711465 (https://www.sueddeutsche.de/politik/morales-in-wien-gestrandet-ein-direkter-angriff-auf-den-praesidenten-1.1711465)

(hier nur exemplarisch zwei genannt)


QuoteDietersen #8.7

What about....?


QuoteIsawagner #8.8

Die Motive für beide Vorfälle waren gleich, man wollte einen Regierungskritker schnappen. Von daher ist ein Vergleich schon zutreffend. Die Art und Weise der Umsetzung ist dabei irrelevant.


Quotefrentzen001 #16

Starke Reaktion unseres aktuellen Außenminister : " Der deutsche Außenminister bezeichnete die Landung als "gravierenden Eingriff in den zivilen Luftverkehr in Europa."
Jetzt weiß er aber Bescheid dieser Lukaschenko.


QuoteNoopinator #20

Was würden wohl die USA machen wenn Cuba eine Maschine von Mami nach Cancun anfängt um eines Exilcubaners habhaft zu werden?


QuoteGrober Hackbraten #20.1

Was würden Sie eigentlich mit der Zeit anfangen können, in der Sie nicht krampfhaft ablenken wollen?


QuoteSo gut wie Neu #20.2

Was würde wohl Russland machen? Oder Japan? Oder Australien? Oder Südafrica?
Was sollen diese Fragen und Spekulationen in Bezug darauf was ein anderes Land machen würde? Das hat rein gar nichts mit dem zu tun, was sich gerade jetzt in Wirklichkeit in Europa abgespielt hat.


Quotemoeld1103 #20.3

Und was wäre wohl passiert, wenn Hitler das gewusst hätte? Kannste dir nicht ausdenken!


QuoteDocHolliday1992 #42

Es ist zum heulen. Bis vor ein paar Jahren habe ich doch wirklich gedacht, Teil einer sich ständig entwickelnden Welt zu sein und das der Mensch bereit ist zu lernen und auf eine friedlicherere Welt hinarbeitet.
Naiv ich war, das Tier in uns nicht zu sehen und uns als intelligente Lebensform anzuerkennen.

Ich meine, wie weit kommt man bei solch einer Person wie Lukaschenko, wenn man so bescheiden wie die EU reagiert ? Also abwarten falls und wie natürlich.

Meine Osteuropäischen Wurzeln brennen für eine Annäherung, aber durch solche Aktionen wird es leider weiterhin nur eine Utopie bleiben.


QuoteMoralaposteln #51

Naja, bisschen groß die Aufregung! Immerhin wurde schon der Flieger von Morales zur Landung gezwungen. Weil Snowden im Flugzeug vermutet wurde. Und Morales war sogar Präsident eines Landes. Hier handelt sich um einen Ryan-Air Flieger.


QuoteGrober Hackbraten #51.1

Haben Sie außer Diktaturenverteidigung noch weiter Hobbies?


QuoteOtto Mohn #51.5

Durch Snowdon wurde keine Regierung gefährdet. Snowdon hat das Verdienst, dass unsere liebe Merkel, die sich gern naiv gibt, sagte: "Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht". Trotzdem wurde nach ihm gefahndet wie nach einem Schwerverbrecher, wie das eben auch Lukaschenko mit dem Blogger tut.


QuoteComment 21 #51.6

Zur Erinnerung. Morales Flugzeug wurde nicht unter Androhung von Waffengewalt zur Landung gezwungen.
Es fand keine Luftpiraterie und oder Entführung statt.
Soweit ich mich erinnere wurde die Durchsuchung des Flugzeugs durch die Besatzung verhindert.
Der Vorfall löste m.M. nach zu Recht Empörung aus und die USA hatten sich blamiert, aber nicht strafbar gehandelt.


QuoteHugo Henner #56

Man darf die Aktion schon als einen Akt der Luftpiraterie bezeichnen. Sollte aber nicht vergessen, dass dies die Weißrussen nicht selbst erfunden haben, denn die Amerikaner haben das in der Vergangenheit mehrfach auch praktiziert.


QuoteMik67 #56.1

Selbst wenn, macht es das Handeln nicht weniger verachtenswert oder legitimiert es gar noch.


QuoteOtto Mohn #56.2

Es relativiert das Handeln, weil es auch westliche Vorbilder hat.


QuoteMik67 #56.3

Ich wüsste nicht, dass sich die EU jemals solcher kriminellen Methoden bedient hätte.


QuoteClaudius60 #56.4

Die Staaten die solchen Tricks selbst anwenden, sind als Ankläger unglaubwürdig. Als Bürger kann man beides verachtenswert finden


Quote1971koepi #56.6

Es unterscheidet sich lediglich in der Wahl der Mittel. Da Lukaschenko die willigen Mittäter fehlen, wie damals Italien, Frankreich und Spanien, greift er zur militärischen Variante. Ziel und Ergebnis waren und sind identisch.


QuoteFelis.silvestris #56.7

Das Ergebnis zumindest in nicht identisch.
Einer ist im Exil, der andere im Knast.


QuoteGünther Schneider #59

Solange die Weltgemeinschaft und deren Organisationen keine Antwort auf Staatsterrorismus und Unterdrückung finden, wird sich das verstaatlichte Verbrechertum weiter radikalisieren.


QuoteKarl Josef Schleidweiler #73

Mal angenommen, der Pilot wäre ignorant weitergeflogen,
hätte die MiG wirklich das Flugzeug mit Besatzung und Passagieren eliminiert?
Und wäre das noch innerhalb weißrussischen Gebiets,
ohne Grenzverletzung möglich gewesen?
Spekulation, die weitere Spekulationen eröffnet . . .


QuoteSokratesVerbates #73.3

Kein Airline-Pilot der Welt (außer vielleicht von El-Al, der israelischen, die haben ja exorbitante Sicherheitsmaßnahmen) wird ausgebildet, sich den Anweisungen von Streitkräften zu widersetzen. Wenn überhaupt jemand an Richtlinien für so eine krasse Cowboy-Aktion gedacht hat, werden die auch bei der Lufthansa oder Emirates lauten, im Zweifel Folge leisten. Die Folgen aller möglichen Ausgänge sind für die Airline besser als 200 Menschen in der Luft zerfetzen zu lassen.


...


""Sie werden mich hinrichten" Belarussischer Regimekritiker in Todesangst" (Sonntag, 23. Mai 2021)
In einem Akt von "Luftpiraterie" zwingt Belarus ein Flugzeug auf dem Weg zwischen zwei EU-Hauptstädten zur Landung, um eines Regimekritikers habhaft zu werden. Unter Berufung auf Augenzeugen berichtet ein Journalist vom Moment der Festnahme und der Todesangst des Oppositionellen. ...
https://www.n-tv.de/politik/Belarussischer-Regimekritiker-in-Todesangst-article22572603.html (https://www.n-tv.de/politik/Belarussischer-Regimekritiker-in-Todesangst-article22572603.html)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 31, 2021, 02:38:25 PM
Quote[...] Wonsan - In der nordkoreanischen Provinz Gangwon soll ein Mann hingerichtet worden sein, der USB-Sticks und CDs mit südkoreanischen Filmen, Dramen und Musikvideos verkauft haben soll. Die südkoreanische Nachrichtenseite DailyNK berichtet unter Berufung auf eine Quelle in der Provinz von der Hinrichtung. Der Exekutierte sei gemäß dem Ende letzten Jahres eingeführten ,,anti-reaktionären Gedankengesetz" angeordnet worden, nachdem der Mann zuvor als ,,antisozialistisches Element" zum Tode verurteilt worden sei.

Der Mann, der den Nachnamen Lee getragen haben soll, soll als leitender Ingenieur bei der Wonsan Farming Management Commission gearbeitet haben. Er sei von der Tochter des Leiters seiner Volkseinheit (Inminban) beim heimlichen Verkauf der Speichermedien erwischt worden, worauf ihn jene gemeldet habe. Kurz darauf Sei Lee verhaftet worden.

Am 25. April, ungefähr vierzig Tage nach seiner Verhaftung, sei Lee vor fünfhundert Menschen öffentlich hingerichtet worden, darunter Beamte der Stadt Wonsan und ihre Familien, sowie Lehrende und Studierende. Lees engster Familienkreis sei gezwungen worden, bei der Hinrichtung in der ersten Reihe zu stehen. Ein Erschießungskommando habe Lee schließlich vor rund 500 Menschen exekutiert.

Die DailyNK, die bevorzugt Exil-nordkoreanische Angestellte beschäftigt, gibt an, das offizielle Urteil vorliegen zu haben. Darin heißt es laut Angaben der Nachrichtenseite: ,,Dies war die erste Hinrichtung in der Provinz Gangwon wegen antisozialistischer Handlungen nach dem antireaktionären Gedankengesetz." Weiter heißt es, dass ein ähnliches Vergehen in der Vergangenheit das Arbeits- oder Umerziehungslager zur Folge gehabt hätte.

Es sei jedoch ,,ein schwerer Fehler", für ,,antisozialistische Handlungen" – wie es heißt – ,,leichte Strafen" zu verteilen: ,,Solch ein reaktionäres Verhalten hilft Menschen, die versuchen, unseren Sozialismus zu zerstören. Reaktionäre sollten in unserer Gesellschaft nicht ohne Angst leben dürfen." Nachdem die örtlichen Behörden das Urteil verlesen hätten, seien zwölf Schüsse ertönt. Anschließend sei Lees lebloser Körper ,,in einen Strohsack gerollt und in eine Kiste geladen und dann irgendwohin gebracht" worden.

Die Quelle der DailyNK berichtet weiter: ,,Die Nachbarn der Familie brachen in Tränen aus, als sie sahen, wie vier Sicherheitsleute Lees zusammengebrochene Frau aufhoben und sie wie ein Gepäckstück in einen Transporter warfen." Weiter heißt es: ,,Sie waren gezwungen, ihre Lippen zusammenzupressen und in sich hinein zu weinen. Dies gebot ihnen die Angst davor, sich selbst aufgrund ihres Mitgefühls für einen Reaktionär zu Kriminellen zu machen."

Die Quelle führt aus, dass es in Nordkorea unter Kim Jong-un inzwischen reiche, sich ein Video aus Südkorea anzusehen, um zu lebenslanger Haft oder dem Tode verurteilt zu werden. Außerdem drohten Haftstrafen von bis zu sieben Jahren, wenn ,,antisozialistisches" Verhalten nicht gemeldet werde: ,,Die gesamte Bevölkerung zittert vor Angst." Zuletzt war bekannt geworden, dass Nordkorea Waisenkinder als ,,Freiwillige" auf Großbaustellen und in Minen als De-facto-Arbeitssklaven einsetzt. (Mirko Schmid)


Aus: "Nordkorea: Mann vor den Augen seiner Familie hingerichtet" Mirko Schmid (30.05.2021)
Quelle: https://www.fr.de/politik/nordkorea-mann-hingerichtet-kim-jong-un-antisozialistische-handlung-90781356.html (https://www.fr.de/politik/nordkorea-mann-hingerichtet-kim-jong-un-antisozialistische-handlung-90781356.html)

Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 13, 2021, 09:49:20 PM
Quote[...] Unter der Bezeichnung Falsos-Positivos-Skandal wurden Fälle bekannt, bei denen Soldaten der kolumbianischen Armee während des Bewaffneten Konflikts in Kolumbien wahllos Zivilpersonen töteten und die Leichen als im Kampf gefallene Guerilla-Kämpfer präsentierten, um Erfolgsprämien wie zum Beispiel Beförderungen oder Sonderurlaub zu bekommen.

Der spanische Ausdruck ,,Falsos Positivos" (englisch: false positive, deutsch: falsche Positive oder auch Falschalarm) stammt aus dem Bereich der Statistik und bezeichnet Fälle, bei denen ein Testvorgang bei der Beurteilung eines Klassifikators fälschlicherweise ein positives Ergebnis anzeigt, obwohl er ein negatives Ergebnis hätte anzeigen müssen.

Insgesamt gingen die offiziellen Untersuchungen im September 2013 von rund 3.000 Opfern aus. ...

... Der Skandal wurde dadurch ausgelöst, dass 19 junge Männer aus Soacha und Ciudad Bolívar verschwunden waren und kurz darauf in der mehrere 100 Kilometer entfernten Provinz Norte de Santander von der Armee als im Kampf getötete Guerilleros präsentiert wurden. Im September 2008 äußerte Staatssekretärin Clara López Obregón den Verdacht, dass es sich um ,,Falsche Positive" handeln müsse, da es unwahrscheinlich sei, dass jemand innerhalb von 24 Stunden rekrutiert wird und im Kampf fällt. General Paulino Coronado Gámez wies diese Vermutung zurück und bekräftigte, dass die Toten Guerilleros gewesen seien.[2] Im Zuge dessen musste der General Mario Montoya als Oberkommandierender der kolumbianischen Streitkräfte zurücktreten.[3]

Im Mai 2010 informierte die UN über außergerichtliche Hinrichtungen in Kolumbien, die in den seltensten Fällen geahndet würden. Der Menschenrechtler und UN-Sonderberichterstatter Philip Alston hatte 2009 Kolumbien besucht und dort festgestellt, dass im ganzen Land Opfer von Personalvermittlern vorgeblich zum Arbeiten in abgelegene Gebiete gelockt, von Soldaten getötet und ihre Leichen in Uniformen gesteckt wurden.[4]

...


Quelle: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Falsos-Positivos-Skandal&oldid=201865293 (https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Falsos-Positivos-Skandal&oldid=201865293) (14. Juli 2020) | https://de.wikipedia.org/wiki/Falsos-Positivos-Skandal (https://de.wikipedia.org/wiki/Falsos-Positivos-Skandal)


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Quote[...] Bogota – Der ehemalige kolumbianische Staatschef Juan Manuel Santos hat um Entschuldigung für die Tötung von Tausenden Zivilisten in den Jahren 2002 bis 2008 gebeten. "Das hätte nie passieren dürfen, das erkenne ich an und ich bitte um Vergebung, aus tiefster Seele, bei allen Müttern und ihren Familien, die Opfer dieses Grauens wurden", sagte Santos am Freitag vor der sogenannten Wahrheitskommission. Santos war von 2006 bis 2009 Verteidigungsminister, von 2010 bis 2018 Präsident.

Das kolumbianische Militär hatte laut der Sonderjustiz für den Frieden (JEP) zwischen 2002 und 2008 mindestens 6.402 Zivilisten getötet und als feindliche Guerillakämpfer ausgegeben, um Quoten zu erfüllen und dafür Prämien zu bekommen. Santos, der 2016 den Friedensnobelpreis erhalten hatte, sagte, der Druck, beim Feind Verluste zu produzieren und die Belohnungen dafür seien zweifelsohne die Anreize für die Tötungen gewesen. Von systemischen Tötungen wollte der Ex-Präsident allerdings nicht sprechen.

Kolumbien litt über 50 Jahre unter einem bewaffneten Konflikt zwischen Streitkräften, linken Guerillagruppen und rechten Paramilitärs. Während des Bürgerkriegs kamen mehr als 220.000 Menschen ums Leben, Millionen wurden innerhalb Kolumbiens vertrieben. Die größte Rebellen-Organisation Farc schloss 2016 einen Friedensvertrag mit der Regierung von Santos, der Nachfolger von Álvaro Uribe war, und legte die Waffen nieder.

In dem Vertrag wurden auch eine besondere Gerichtsbarkeit und die Wahrheitskommission vereinbart, die den Frieden garantieren soll. Die sogenannten falsos positivos (Falsche Positive) sind einer der schmerzhaftesten und emotionalsten Aspekte der Aufarbeitung des Bürgerkriegs, auch weil es sich dabei häufig um junge Männer handelte, die unter der Aussicht auf eine gut bezahlte Arbeit von zu Hause weggelockt wurden. Mütter und Familienangehörige wie in der Vereinigung "Mütter von Soacha" kämpfen bis heute um Gerechtigkeit. (APA, dpa, 12.6.2021)


Aus: "Kolumbiens Ex-Präsident entschuldigt sich für Tötung von Zivilisten" (12. Juni 2021)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000127345365/kolumbiens-ex-praesident-entschuldigt-sich-fuer-toetung-von-zivilisten (https://www.derstandard.at/story/2000127345365/kolumbiens-ex-praesident-entschuldigt-sich-fuer-toetung-von-zivilisten)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 20, 2021, 03:53:32 PM
Der G8-Gipfel in Genua war ein Treffen der Gruppe der Acht in der italienischen Stadt Genua. Der 27. G8-Gipfel fand vom 18. bis zum 22. Juli 2001 statt. Er wurde von schweren Auseinandersetzungen zwischen der italienischen Polizei und Globalisierungskritikern überschattet, bei denen Carlo Giuliani von einem Polizisten erschossen und hunderte Personen, darunter Journalisten und Ärzte verletzt wurden. Besondere Aufmerksamkeit erregte der Einsatz von Folter und Misshandlungen durch italienische Sicherheitskräfte. Die juristische Aufarbeitung dauert bis heute an.
https://de.wikipedia.org/wiki/G8-Gipfel_in_Genua_2001 (https://de.wikipedia.org/wiki/G8-Gipfel_in_Genua_2001)

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Quote[...] Vor 20 Jahren versank der G-8-Gipfel an der ligurischen Küste im Chaos. Zuerst provozierte der schwarze Block Strassenschlachten, es gab einen Toten. Die Polizei antwortete mit einem nächtlichen Überfall auf wehrlose Demonstranten.

«Er trug noch ein Paar Unterhosen und ein Hemd; seine von der Polizei abgenommenen Sachen, Rucksack, Kleider, Schlafsack und silberner Armreif, habe er nicht zurückerhalten. Dafür hat er am Kopf eine Wunde, die mit ein paar Stichen genäht wurde, sein linker Unterarm steckt mit einem Knochenriss im Gips, an der rechten Wade klebt ein grosses Pflaster auf einer Wunde, an der rechten Schulter sind Blutergüsse zu sehen, und beim Gehen schmerzen beide Beine.» Der Schweizer F. H. gehörte zu hundert oder mehr Personen, die in der Nacht vom 20. auf den 21. Juli 2001 in der Diaz-Schule von 500 Polizisten spitalreif geprügelt wurden. ...

Ein Teil der italienischen Medien blickt derzeit in grossen Beiträgen zurück auf den G-8-Gipfel in Genua und die Gewaltorgie, die ihn begleitete. Vor allem einige Schlüsselereignisse werden beleuchtet:

    Der schwarze Block stürmt am Freitag, dem 20. Juli, das Geschäftszentrum. Gewalttätige Chaoten zertrümmern Schaufenster, sie greifen Bankfilialen und Polizeiwachen an. Sie schlagen zu und ziehen sich zurück, sobald Polizei auftaucht.

    Die Polizei geht gezielt und mit Gewalt auf Demonstranten los, auch auf friedliche, zum Teil auf eigene Faust, entgegen den Befehlen. Die Polizisten wurden im Vorfeld von ihrer Führung regelrecht gegen die Demonstranten aufgehetzt.

    In der aufgeheizten Stimmung wird der Demonstrant Carlo Giuliani erschossen, anschliessend wird er von einem Polizeifahrzeug zweimal überrollt. Der Vorfall wird nie abschliessend gerichtlich beurteilt. Es ist unklar, wer den tödlichen Schuss abgegeben hat, Beweise werden manipuliert.

    Um Mitternacht stürmen 500 Polizisten die Diaz-Schule, wo Demonstranten übernachten. Sie verprügeln alle Anwesenden, immer wieder, es ist eine gezielte Straf- und Racheaktion. Mit untergeschobenen «Beweisen» wird der Öffentlichkeit weisgemacht, es sei ein Kampf mit gewalttätigen und bewaffneten Extremisten gewesen. Die Leute waren aber unbewaffnet.

    93 Demonstranten werden in die Polizeiwache Bolzaneto gebracht und drei Tage lang systematisch weiter verprügelt und erniedrigt. Einigen «Kommunisten» wird beigebracht, «Viva il Duce» zu schreien. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte wird später «Folter» feststellen. Man habe die Opfer physisch und psychisch fertigmachen wollen.

    Die italienische Demokratie sei damals ausgesetzt worden, lautet heute der Vorwurf an die damalige Regierung von Silvio Berlusconi, der gerade erneut Ministerpräsident geworden war. In seinem Kabinett sassen auch die Postfaschisten. Schuld sei die Vorgängerregierung, die die Polizei nicht richtig ausgebildet habe, tönte es dagegen von rechts. Schon an mehreren vorangegangenen Treffen, etwa auch in Davos, war es zu schweren Ausschreitungen gekommen. Der G-8-Gipfel in Genua fand in einer erregten und feindseligen Stimmung statt.

Die Zahl der Demonstranten wird mit 300 000 angegeben, das ist vermutlich zu hoch gegriffen. Viele waren aus dem Ausland angereist, der Protest gegen Globalisierung und Ausbeutung war international organisiert. Exponenten des «weissen Blocks» («tute bianche») hatten mit Gewalt gedroht, sie hätten ihre Waffen schon in der Stadt gelagert, prahlten sie. «Ihr seid acht, wir sind sechs Milliarden», tönte es der versammelten Gruppe der Staats- und Regierungschefs entgegen. Diesen wurde die Legitimation abgesprochen, über das Schicksal der Welt zu beschliessen. Der erste Tag des Gipfels und der Kundgebungen verlief aber friedlich, es gab keine Zusammenstösse.

Über 10 000 Polizisten verschiedener Korps waren in Genua für den Ordnungsdienst aufgeboten. Die Polizeichefs waren darauf eingestellt, Krieg zu führen. Unter anderem hatte man Hunderte von Leichensäcken bereitgelegt. Die «rote Zone» im Stadtzentrum um den Palazzo Ducale war hermetisch abgeriegelt. Der Mannschaft wurde eingeschärft, man müsse mit allem rechnen. Es kursierten sogar Gerüchte über biologische Waffen: Drachenflieger würden Ballone mit HIV-verseuchtem Blut über Polizeieinheiten abwerfen, hiess es.

Die Tötung eines Demonstranten wurde nie richtig aufgeklärt. Er war eindeutig als Krawallmacher unterwegs, er war vermummt und hatte eine Gasflasche erhoben. Doch die Spuren am Tatort wurden manipuliert. Ein Polizist wurde später angeklagt und freigesprochen; er habe in Notwehr gehandelt. Der Polizist könne den tödlichen Schuss gar nicht abgegeben haben, denn die Polizei nutze andere Munition, erklärte dessen Verteidiger. Der Polizist war damals 20 Jahre alt, ein Neuling, und er war für den Ordnungsdienst nicht ausgebildet. Er wurde von Rechtsextremisten als Held gefeiert, heute ist er ein Sozialfall. «Ich lebe noch, aber ich bin damals auch gestorben», sagte er kürzlich in einem Interview [https://www.editorialedomani.it/fatti/g8-genova-2001-piazza-alimonda-carabinieri-carlo-giuliani-mario-placanica-su7cgwyi (https://www.editorialedomani.it/fatti/g8-genova-2001-piazza-alimonda-carabinieri-carlo-giuliani-mario-placanica-su7cgwyi)].

Wegen des Geschehens in der Diaz-Schule wurden 28 Angehörige der Polizei zu Geldbussen verurteilt, eben erst erging in Strassburg das letzte Urteil in diesem Fall. Die juristische Aufarbeitung der Ereignisse scheiterte aber weitgehend am «Korpsgeist» der Polizei. «Kameradschaft und Würde» beschwor ein Offizier in einem Schreiben an seine Untergebenen [https://lab.repubblica.it/2021/g8-la-lezione-di-genova-venti-anni-dopo (https://lab.repubblica.it/2021/g8-la-lezione-di-genova-venti-anni-dopo)]. Dabei hatte die Polizei ihre Würde und diejenige des Staates gerade in der Diaz-Schule nachhaltig zerstört. Die für den Ordnungseinsatz in Genua Verantwortlichen setzten ihre Karrieren ungehindert fort.



Aus: "Die Gewaltorgie von Genua – wie Italiens Polizei ihre Würde zerstörte" Andres Wysling, Rom (20.07.2021)
Quelle: https://www.nzz.ch/international/gewalt-am-g-8-gipfel-genua-italiens-polizei-zerstoert-ihre-wuerde-ld.1636305 (https://www.nzz.ch/international/gewalt-am-g-8-gipfel-genua-italiens-polizei-zerstoert-ihre-wuerde-ld.1636305)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 28, 2021, 11:39:05 AM

Wir sehen echte Macht am Werk.


Quote[...] Ein Gericht in Quito hat dem WikiLeaks-Gründer Julian Assange die ecuadorianische Staatsbürgerschaft entzogen. Als dem gebürtigen Australier 2017 die Staatsbürgerschaft verliehen wurde, seien verwaltungsrechtliche Fehler gemacht worden, berichtete die Zeitung El Comercio unter Berufung auf ein Verwaltungsgericht in der ecuadorianischen Hauptstadt.

... Vor Bundeskanzlerin Angela Merkels (CDU) Reise in die USA Mitte Juli hatten Politiker und Journalisten die Bundeskanzlerin gebeten, sich für die Freilassung von Assange einzusetzen. Auf der Agenda des Besuchs bei US-Präsident Joe Biden stand der Fall Assange allerdings nicht. Der politische Gefangene wurde am 3. Juli 50 Jahre alt. Der WikiLeaks-Gründer gilt als suizidgefährdet und leidet seiner Verlobten Stella Morris zufolge unter "tiefer Depression".

...


Aus: "Gericht entzieht Julian Assange die ecuadorianische Staatsbürgerschaft" (28. Juli 2021)
Quelle: https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-07/wikileaks-julian-assange-ecuador-staatsbuergerschaft-entzug-gericht (https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-07/wikileaks-julian-assange-ecuador-staatsbuergerschaft-entzug-gericht)

QuoteschwattwiepumaII #1.20

... Snowden und Assange haben Kriegsverbrechen und andere Schweinereien veröffentlicht und werden dafür den Rest ihres Lebens bezahlen. Die haben das gemacht was gute Journalisten tun.


QuoteFreedom3 #43

"Verwaltungsrechtlicher Fehler" = Druck aus den USA?!


QuotePeter_Maier #2

Das ecuadorianische Außenministerium teilte mit, das Gericht sei "unabhängig vorgegangen".

Ha, der war gut.


QuoteHägar der Dickliche #3

Der 'burner' wäre ja, wenn sich Nawalny für die Freilassung von Assange einsetzt.
Das würde für spannende Kurzschlüsse in vielen Köpfen sorgen. ;-)


QuoteZwiebelmettbrötchen #3.1

"wenn sich Nawalny für die Freilassung von Assange einsetzt"

... oder Merkel wegen der Verfolgung von Julian Assange Sanktionen gegen die USA verhängen würde.


QuoteSiegfrieds Wanderer #3.2

"Vor Angela Merkels (CDU) Reise in die USA Mitte Juli hatten Politiker und Journalisten die Bundeskanzlerin gebeten, sich für die Freilassung von Assange einzusetzen. Auf der Agenda des Besuchs bei US-Präsident Joe Biden stand der Fall Assange allerdings nicht. "

Jaja, unsere transatlantische Freiheitskanzlerin, so ist sie nun einmal und so war sie immer. Eine unerschütterliche Kämpferin für die Freiheit der anderen - sofern sie Nawalny heißen. ...


QuoteErsetzt mal die Wörter #3.12

... Can Dündar. Der hat sogar innerhalb weniger Tage einen deutschen Pass bekommen.
Von Werten, Demokratie und Freiheit wird nur gefaselt, wenn es um China, Russland und viele andere Staaten geht.
Sobald es an den eigenen Kragen geht, dann ist man ganz ganz ruhig und nix mehr mit Menschenrechten und Meinungsfreiheit.


Quotearea #5

Assanges Niederlagen vor Gericht werden immer berichtet, aber dass der Hauptbelastungszeuge des FBI gelogen hat für Straffreiheit, nicht.

"Key witness in Assange case admits to lies in indictment" (26. júní 2021 10:00)
A maj­or wit­n­ess in the United States' Depart­ment of Justice ca­se against Ju­li­an Assange has admitted to fabricat­ing key accusati­ons in the indict­ment against the Wiki­leaks found­er.
https://stundin.is/grein/13627/key-witness-in-assange-case-admits-to-lies-in-indictment/ (https://stundin.is/grein/13627/key-witness-in-assange-case-admits-to-lies-in-indictment/)

Oder dass Amnesty Assanges Inhaftierung als willkürlich bezeichnet. oder dass der UN Sonderbeauftragte für Folter Nile Melzer sagt, "der Rechtsstaat funktioniert im Fall Assange nicht" und dafür als Assange-Fan abgetan wird - es würde mich interessieren, warum.


QuoteBüro für Handstreiche #5.1

Immerhin können wir oben im Artikel bereits lesen: "Der politische Gefangene wurde am 3. Juli 50 Jahre alt."
Das hat ja nun auch einige Jahre gedauert, dass Assange nun massenmedial als solcher bezeichnet wird.


Quotedeep_franz #9

Wir sehen echte Macht am Werk.


QuoteEinfacher Bürger #13

"Die Vereinigten Staaten werfen ihm vor, gemeinsam mit der Whistleblowerin Chelsea Manning geheimes Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan gestohlen und auf der Internet-Plattform WikiLeaks veröffentlicht zu haben. Damit sei das Leben von Informanten in vielen Ländern in Gefahr gebracht worden."

Die Wahrheit ist, dass es die USA nicht ausstehen kann, wenn man ihre Kriegsverbrechen veröffentlicht. Es ist zu keinem Zeitpunkt das Leben von "Informanten in vielen Ländern" in Gefahr gebracht worden. ...


QuoteHerbertS. #14

"...2019 den Asylstatus und Assange wurde wegen des Verstoßes gegen Kautionsauflagen von der britischen Polizei festgesetzt und nach Belmarsh gebracht."

Seit 2019 im Gefängnis wegen "Verstoßes gegen Kautionsauflagen", unglaublich. Und keinerlei Protest der deutschen Regierung und der Leitmedien.


QuoteTomtell #30

Furchtbar, wie dieser Mann vor den Augen der Welt fertiggebracht wird. Die Politik schaut angestrengt weg. Auch die deutsche.


QuoteHanno Prettner #31

Übrigens: Auch Snowden wurde vorgeworfen, er hätte mit seinen Veröffentlichungen "das Leben zahlreicher Menschen in Gefahr gebracht".
Auch auf Nachfrage konnte die USA nicht eine Person / Zwischenfall benennen.

Es handelt sich um die übliche Floskel, um Verbrechen weiter vertuschen zu können und den Whistleblower zu diskreditieren.


QuoteMainte #33

Der komplette Umgang mit Assange wertet unsere angeblich liberale Gesellschaft auf das Level eines Staates wie China ab. Der Rechtsstaat beweist sich ja nicht darin, dass irgendein Scheidungsverfahren korrekt abläuft (was ja schon mal gut ist, sondern zeigt sich, was passiert, wenn die Mächtigen herausgefordert werden. ...)


QuoteM.P.H #34

Ein Australier, der US-Geheimnisse verraten hat, in Schweden wegen Missbrauchs angezeigt war, sich in einer Ecuadorianische Botschschaft verschanzt hatte und jetzt rechtskräftig in UK inhaftiert ist. Was hat der deutsche Bundeskanzler mit ihm zu tun? warum sollte Frau Merkel da intervenieren?


QuoteFinesseSuccess #34.1

Ein Australier der US Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit öffentlich machte, in Schweden einem falschen Missbrauchsvorwurf entgegensteht und in der ecuadorianischen Botschaft um Asyl gesucht hat.

Ja wieso sollte wir da auch helfen. ...


QuoteHerr Škola #37

Julian Assanges Problem ist, dass er kein Russe, kein Chinese, kein Iraner, Türke oder Kubaner ist. Wäre er einer und hätte er die Weltöffentlichkeit über die Verbrechen der Armeen dieser Regierungen informiert, der Nobelpreis und Co. wären ihm sicher. Merkel, Biden und wie die selbsternannten "Führer der freien Welt" noch heißen mögen, würden ihn medienwirksam empfangen, ihm eine neue Heimat anbieten und ihn grenzenlos dafür loben, dass er im Sinne der Aufklärung und des freien Informationsaustausches seine Gesundheit, seine Sicherheit und sein Leben riskiert.

Julian Assanges Problem ist, dass er Australier ist und über die Verbrechen der US-Armee, die im Auftrag der US-Regierungen der Welt "Freiheit und Demokratie" bringen wollen, die Weltöffentlichkeit aufgeklärt hat. Deswegen ist ihm nicht der berechtigte Nobelpreis sicher, sondern die ewige Verfolgung durch die USA und ihrer hörigen Staaten.

Diese "Wertegemeinschaft" braucht niemand, weil sie eine Gemeinschaft ohne Werte ist.


QuoteSonja D. #45

Hunderttausenden gewähren wir Asyl allein aufgrund der nicht nachprüfbaren Angabe: "Ich werde verfolgt, weil ..." Und einem Mann, wie Assange, einst von auch unseren Medien hofiert für seine so mutigen Veröffentlichungen, erschütternden, gewähren wir kein Asyl. Gleiches betrifft auch den Helden Snowden. Welch verlogene und heuchlerische Politik.


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Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 10, 2021, 03:29:37 PM
Quote[...] Durch das kürzlich erlassene Verbot populärer oppositioneller Organisationen sowie von investigativen Internetmedien drohen Millionen Russinnen und Russen nun Verwaltungsstrafen für frühere Internetveröffentlichungen, die auf nunmehr verbotene Strukturen verweisen. Experten empfehlen Internetnutzern in Russland daher eine schnelle Säuberung und Bearbeitung diesbezüglicher Postings in ihren sozialen Netzwerken.

Der neue Status des Fonds zur Bekämpfung der Korruption (FBK) von Oppositionspolitiker Alexej Nawalny, den ein Moskauer Gericht vergangene Woche rechtskräftig zu einer "extremistischen Organisationen" erklärt hat, sowie die kürzlichen Brandmarkungen von NGOs und kritischen Internetmedien wie proekt.media als "unerwünschten Organisationen" könnte für viele politisch interessierte Russinnen und Russen zu Problemen führen: Wenn bei Internetpostings von Inhalten des verbotenen Nawalny-Fonds dieser nicht explizit als "extremistische Organisation" ausgewiesen wird, gilt dies nun als Verwaltungsübertretung.

Ähnliches gilt für Postings und Likes in Bezug auf "unerwünschte Organisationen", die sich nach dem Inkrafttreten der aktuellen Verbote weiterhin auffinden lassen. Hier sind im Wiederholungsfall auch Gefängnisstrafen möglich.

"Potenziell sind Millionen Menschen betroffen", sagte der Jurist Damir Gajnutdinow, der sich im Rahmen seiner Initiative "Netzfreiheiten" intensiv mit der Frage beschäftigt, der APA am Montagabend. Ende vergangener Woche forderte er Internetnutzer in ganz Russland auf, schnell zu reagieren: Zur Vermeidung von Konsequenzen gelte es, eigene, nunmehr umstrittene Publikationen in sozialen Netzwerken schneller als staatsnahe Aktivisten und Extremismusbeauftragte der Polizei aufzuspüren, informierte der Jurist in einer Internet-Veröffentlichung.

Problematisch sei vor allem die Praxis im russischen Verwaltungsstrafrecht, historische Internet-Publikationen mit erst später verbotenen Inhalten als fortdauernden Verstoß zu interpretieren, bei dem es im Unterschied zum Strafrecht keine Verjährung gebe, sagte Gajnutdinow der APA. Daher könnten auch Internet-Veröffentlichungen von vor 15 oder 20 Jahren zu Strafen führen. Er erinnerte daran, dass zuletzt auch manche Kommentare im Internet auf Grundlage von Extremismusgesetzen wiederholt mit mehrjährigen Haftstrafen sanktioniert worden seien.

Vorsichtsmaßnahmen waren in den letzten Tagen jedenfalls im russischen Internet zu bemerken. Eine Petersburger Aktivistin, die für eine NGO tätig ist, berichtete der APA am Wochenende, dass innerhalb von zwei Tagen zumindest sechs ihrer Freundinnen und Freunde auf Facebook ihr altes Konto gelöscht und ein neues angelegt hätten. "Natürlich habe ich meinen Twitter-Account gesäubert und alle Tweets gelöscht, die auf proekt.media verwiesen haben", sagte auch ein prominenter Moskauer Journalist der APA.

"Es beginnt derzeit die Anpassung an neue Spielregeln", sagte Andrej Kolesnikow vom Moskauer Carnegie-Zentrum am Wochenende. Der Innenpolitikexperte sieht aber auch den Anfang einer zunehmend verbreiteten Angst, die die Vernichtung von Medien durch ihre Erklärung zu "ausländischen Agenten" sowie zu "unerwünschten Organisation" ausgelöst habe. Eine besondere Rolle spiele auch die Erklärung von Personen zum "ausländischen Medienagenten", die Betroffenen das Leben massiv erschwere. "Das ist ein riesiges Problem, jeder fühlt sich schutzlos", so Kolesnikow. Genau so habe sich alles auch in sowjetischen Zeiten entwickelt. Kolesnikow spricht hier von "vorauseilendem Gehorsam". (APA, 10.8.2021)


Aus: "Netzpolitik: Russland: Millionen Nutzern drohen Strafen für kritische Postings" (10. August 2021)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000128820221/russland-millionen-nutzern-drohen-strafen-fuer-kritische-internet-postings (https://www.derstandard.at/story/2000128820221/russland-millionen-nutzern-drohen-strafen-fuer-kritische-internet-postings)

Quote
Kawo

Na holla aber auch. Wer will das nochmal? Putin? Ist das nicht unter den ganzen Schwurblern der "Führer der neuen Welt"? Der, der natürlich immer recht hat im Gegensatz zum "pösen pösen, westlichen Mainstream-linksgrünversifften Staatsfunk"?


Quote
Saedelaere

Man muss sich eben überlegen ob das einfache Volk überhaupt eine Möglichkeit haben soll die Meinung auszudrücken.
Damit entstehen politische Probleme und gesellschaftliche Friktionen die im Wettbewerb mit anderen Staaten sehr schädlich sind.

Es ist Selbstsucht und Eigennutz zu glauben ein Recht auf eine eigene Meinung zu haben. Es ist eine Bürgerpflicht wie die Pflicht zu einem gesunden Lebenswandel und Compliance in allen Lebensbereichen.

Nur wenn alle Störfaktoren beseitigt sind und alle wie in einer riesigen Choreographie ihre Pflichten befolgen ist man der Konkurrenz gewachsen, da geht es schlicht um wirtschaftliche und gesellschaftliche Effizienz.

Die Experten wissen alleine was gut für euch ist: politische, wirtschaftlich, gesundheitliche etc. etc.
Schweigen, Demut und Gehorsam. Das ist die Zukunft.


Quote
reol

Gut so!

(Zwinkersmiley!)


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Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 13, 2021, 09:33:46 AM
Quote[...] NEW YORK taz | Knapp sieben Monate nach dem Sturm auf das US-Kapitol verliert die Polizei in Washington zwei weitere Kollegen. Am 6. Januar hatten die Officer Kyle deFreytag und Gunther Hashida geholfen, Abgeordnete und Senatoren vor gewalttätigen Trump-Anhängern zu verteidigen. Anfang Juli nahm sich erst der 26-jährige deFreytag das Leben, Ende Juli tötete sich sein 43-jähriger Kollege Hashida. Die Öffentlichkeit erfuhr erst jetzt davon.

Damit steigt die Zahl der Opfer in den Polizeireihen auf fünf. Ein Polizist starb am Tag nach dem Sturm auf das Kapitol an einem Schlaganfall. Vier andere haben sich das Leben genommen.

Die Fälle lenken neue Aufmerksamkeit auf die Tatsache, dass Selbsttötungen unter den rund 800.000 US-Polizisten ein bekanntes Phänomen sind. Es ist eine häufigere Todesursache für Polizisten als dienstliche Einsätze. Eine Studie der Ruderman-Stiftung in Boston zählte im Jahr 2017 landesweit 140 Polizisten-Suizide. Im selben Jahr kamen 129 Polizisten bei Einsätzen ums Leben.

Die Autorin der Studie, Miriam Heyman, spricht von ,,Trauma" als ,,regelmäßigem Teil des Jobs von Polizisten". Dies verursache in dieser Gruppe mehr Depressionen und posttraumatischen Stress als im Rest der Bevölkerung. Wegen des Desinteresses der Medien und des gesellschaftlichen Schweigens, der Scham und der Stigmata sei es gerade für Ersthelfer besonders schwer, therapeutische Hilfe zu suchen, die ihnen das Leben retten könnte.

Robert Douglas, einer der Mitarbeiter der Studie, vermutet, dass Polizisten, die das Kapitol am 6. Januar verteidigt haben, verschiedene, möglicherweise traumatisierende Fragen im Kopf hatten: ,,Warum waren wir nicht vorbereitet? Warum sollten wir möglichst keine Schusswaffe benutzen? Haben wir genug für die Sicherheit der Abgeordneten getan?"

Douglas, 75 Jahre alt, war 25 Jahre lang im Polizeidienst in Baltimore im Einsatz. Er arbeitete bei der Drogenfahndung und in Mordkommissionen. Zugleich war er der Kaplan für 4.000 Polizisten. Seit 27 Jahren ist er im Bereich Suizidprävention tätig. ,,Die Polizei zieht Typ-A-Persönlichkeiten an", erklärt er. ,,Sie sind aggressiv, fällen schnelle Entscheidungen und gehen in die Gefahr hinein, aus der andere weglaufen."

Nachdem sich 1985 ein befreundeter Kollege das Leben nahm, entdeckte Douglas, wie häufig Selbsttötungen in seinem Beruf sind. Er gründete die National Police Suicide Foundation, die er bis heute leitet. Und er fand heraus, dass es verschiedene Faktoren gibt, die Polizisten dazu treiben, sich selbst zu töten. Einerseits der schnelle Wechsel zwischen akuten Stresssituationen – Handgreiflichkeiten, Schießereien, Verfolgungsjagden – und ruhigem Alltag. Andererseits die Summe von Traumata, die Polizisten im Laufe ihrer Dienstjahre ansammeln und mit denen sie nicht umzugehen lernen.

Bei seinen Vorträgen für Polizisten, die er überall im Land hält, spricht er über Tabuthemen wie psychische Gesundheit und die Möglichkeiten, frühzeitig zu erkennen, wenn ein Kollege ,,auschecken" will.

,,Es ist ziemlich einfach", sagt Douglas. Nach seiner Ansicht reicht ein dreitägiges Training, um Polizisten für dieses Thema zu sensibilisieren. Aber das Interesse ist nicht groß. Bislang haben nur weniger als fünf Prozent der insgesamt 18.000 Polizeibehörden in den USA an irgendeiner Form von Suizidaufklärung teilgenommen.

,,Wir verbringen jedes Jahr viele Stunden beim Training mit Schusswaffen, obwohl die meisten von uns nie in ihrer Karriere schießen", sagt Douglas. ,,Aber um die Selbsttötungen in unseren Reihen kümmern wir uns nicht".

Der New Yorker Polizeisoziologe Alex Vitale, der für Reformen bei der Polizei eintritt, nennt die Schusswaffen einen ,,Riesenfaktor" bei der hohen Suizidrate von Polizisten: ,,Wenn wir weniger Leute mit Waffen ausstatten und mehr Sozialarbeiter, Gemeindeaktivisten und Experten für psychische Gesundheit arbeiten lassen statt der Polizei, dann werden auch die Selbsttötungen zurückgehen."

Robert Douglas sieht das anders. Er hat seine Dienstwaffe gekauft, als er 1994 als Polizist in Rente ging. Er wohnt längst in Florida. Aber seine alte Waffe aus Baltimore liegt weiter neben seinem Bett: ,,Sie war mein bester Freund und Partner." Er glaubt nicht, dass die Suizidquote sinken würde, wenn Polizisten weniger Schusswaffen hätten: ,,Wenn jemand auschecken will, findet er einen Weg."

Mehr als 2.000 Kilometer weiter nördlich bereitet sich Jeffrey Carek in Michigan auf eine lange Radtour vor. Der pensionierte Polizist wird zusammen mit seiner Frau über 1.000 Kilometer von Detroit nach Washington radeln – er will damit auf Polizisten-Suizide aufmerksam machen. Als Polizist hat er auf der Straße und verdeckt gearbeitet, er war oft an Mordtatorten. Seit er 2016 in Pension gegangen ist, wendet er sich an Polizisten und wirbt für mehr Bewusstsein für psychische Gesundheit. Seine Hauptbotschaft an sie – inklusive der Alpha-Männer – lautet: ,,Es ist okay, sich nicht okay zu fühlen."

Im Laufe seiner Karriere als Polizist in Ann Arbor, Michigan, hat Carek Erfahrungen gesammelt, die ihm in den Sinn kommen, sobald er die Augen schließt. Angefangen mit seinem ersten großen Einsatz Mitte der 90er Jahre, bei dem er einen Verdächtigen bei einem Raubüberfall erschossen hat. ,,Ich habe getan, wozu ich ausgebildet worden war", sagt er. ,,Aber es beunruhigt mich immer noch. Ich wurde dazu erzogen, nicht zu verletzen."

Nach den Schüssen gab es auf der Wache die übliche ,,Nachbesprechung nach einem kritischen Zwischenfall". Es war eine Runde mit den Chefs in einem großen Raum. Carek traute sich nicht, etwas zu sagen. Der Psychologe, zu dem er routinemäßig geschickt wurde, befand, dass er einsatzfähig war und schickte ihn zurück in den Dienst.

Zu Careks traumatischen Erfahrungen gehört auch das vierjährige Mädchen, das seinem Opa auf die Straße hinterherlief, um ihn zum Abschied zu umarmen. Der Mann verlor die Kontrolle über die Bremse, das Kind geriet unter ein Rad des Lasters. Carek war der erste am Unfallort. Stunden später war er auch der erste, der neben der Metallbahre mit dem toten Kind stand.

Als Carek seinen Vorgesetzten meldete, dass er psychische Probleme habe, erklärten die ihn umgehend für dienstuntauglich. Er musste Urlaub nehmen und selbst für die Behandlung zahlen. ,,Hätte ich mir den Arm im Dienst gebrochen, wären alle Kosten übernommen worden", sagt er.

In den 27 Jahren seiner Polizeikarriere hat Carek sieben Suizide von Kollegen erlebt. Er ist überzeugt, dass posttraumatischer Stress bei Polizisten als arbeitsbedingte Erkrankung anerkannt werden muss. Polizisten, denen es psychisch gut ginge, würden auch ihre Arbeit besser machen und selbst weniger Gewalt einsetzen.

Carek tritt dafür ein, dass Polizisten, die sich selbst töten, an der Gedenkstätte für Polizisten in Washington gewürdigt werden. Bislang wird dort nur der 21.183 Polizisten gedacht, die seit der Unabhängigkeit im Dienst getötet wurden.

Am Ende seiner Karriere war Carek Vizedirektor der Polizeiakademie von Michigan. Dort gehören heute vier Stunden mit einem Psychiater zu dem Curriculum der insgesamt 700-stündigen Polizeiausbildung. Das ist mehr Psychologie als an den meisten anderen Polizeiakademien des Landes.

Über die Polizisten, die am 6. Januar im Kapitol im Einsatz waren, sagt Carek, dass sie einen ,,kleinen Bürgerkrieg" bekämpft haben. Er kann sich vorstellen, dass einige darüber in innere Konflikte geraten seien: ,,Möglicherweise hatten sie Sympathien für die Ideen der Leute, die in dem Moment für Chaos sorgten. Und plötzlich mussten sie Gewalt gegen sie einsetzen."

Was die beiden Washingtoner Polizisten im Juli in den Suizid getrieben hat, ist nicht bekannt. Über die beiden ersten Officer, die sich kurz nach dem dramatischen Einsatz im Kapitol das Leben genommen haben, weiß man etwas mehr.

,,Wenn er am 6. Januar nicht zur Arbeit gegangen wäre, würde er leben", hat Erin Smith in einem Interview über ihren Mann Jeffrey gesagt. Weil er im Kapitol mit einer Metallstange auf den Kopf geschlagen worden war, wurde Jeffrey Smith zunächst krankgeschrieben. Nach einer Woche, in der er nach Auskunft seiner Witwe nicht mehr der Alte war, sollte er an seine Dienststelle zurückkehren. Auf dem Weg dorthin erschoss er sich mit seiner Dienstwaffe.

Howard Liebengood arbeitete nach dem Einsatz im Kapitol, den beteiligte Polizisten einen ,,mittelalterlichen Nahkampf" genannt haben, ohne Unterbrechung weiter. Nach mehreren langen Schichten nahm er sich das Leben.

Smiths Witwe will, dass der Suizid ihres Mannes als Tod im Dienst verstanden wird. Serena Liebengood hat an ihren Abgeordneten geschrieben. Ihre Forderung: ,,Es muss mehr für die psychische Gesundheit von Polizisten getan werden."


Aus: "Traumatisierte Polizisten in den USA: Im Innern ist es nicht vorbei" Dorothea Hahn US-Korrespondentin (6. 8. 2021)
Quelle: https://taz.de/Traumatisierte-Polizisten-in-den-USA/!5789426/ (https://taz.de/Traumatisierte-Polizisten-in-den-USA/!5789426/)

QuoteSeitenwechsel
Montag, 14:32

In Frankreich wie in den USA ist die Suizidrate bei Polizisten hoch, in FR sogar noch höher... Die halten ihren Kopf hin gegen Verbrecher und Gewalttäter und kriegen 0 Dankeschön und werden im Gegenteil sogar nur beschimpft und Beleidigt. Ein anderer Grund ist, dass man als Polizist in den USA oder Frankreich (auch in BRD) ein fragwürdiges Kapitalistisches System gegen die einfachen Bürger verteidigen muss, zum Teil mit Waffengewalt (Paris/Portland/Detroit). Am einen Tage werden sie gegen BLM eingesetzt, am nächsten gegen Kapitolstürmer oder in FR am einen Tag im Banlieue und am nächsten gegen die Gelbwesten. Das bedeutet, das aus allen politischen Richtungen Antipathie gegenüber die Polizei aufkommt, da sie ja gegen alles und jeden eingesetzt wird. So was wünscht sich kein Kind, das mal davon träumt Polizist zu werden...


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Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 31, 2021, 09:08:58 AM
Quote[...] Die Türkei hält derzeit fast 120 Bundesbürger fest. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken-Politikerin Gökay Akbulut hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt. Etwas mehr als die Hälfte der Betroffenen sitzt demnach in Haft, die anderen können die Türkei wegen Ausreisesperren nicht verlassen. Nach Angaben von Akbulut werden viele Deutsche wegen kritischer Kommentare über Präsident Recep Tayyip Erdogan oder dessen Regierung in den sozialen Medien festgehalten. Die Bundestagsabgeordnete aus Mannheim wirft der Regierung vor, sich nicht energisch genug für unschuldig inhaftierte Deutsche einzusetzen.

Das Auswärtige Amt in Berlin erklärte in der Antwort auf Akbuluts Anfrage, die Bundesregierung wisse von 61 inhaftierten Bundesbürgern und weiteren 58 Deutschen, die mit Ausreisesperren belegt worden seien. Die Gründe für die Inhaftierungen und Ausreisesperren wurden in der Antwort nicht aufgeführt. Deshalb ist unbekannt, wie viele Deutsche wegen politischer Vorwürfe festgehalten werden und in welchen Fällen es um Straftaten wie Drogenhandel geht.

Deutschland und die Türkei streiten seit Jahren darüber, dass Ankara die Grenzen der freien Meinungsäußerung bereits bei Äußerungen überschritten sieht, die in der Bundesrepublik und nach europäischem Verständnis toleriert werden müssten. Die türkische Oppositionspartei CHP hat ausgerechnet, dass die türkische Justiz seit Erdogans Amtsantritt als Staatschef vor sieben Jahren knapp 38.600 Anklagen wegen Präsidentenbeleidigung erhoben hat. In den Amtszeiten der letzten fünf Präsidenten vor Erdogan lag die Zahl demnach bei insgesamt etwa 1800.

Besonders Deutsche türkischer Herkunft laufen bei Besuchen in der Türkei Gefahr, wegen Äußerungen in den sozialen Medien festgenommen und vor Gericht gebracht zu werden. Anlass sind häufig Kritik an Erdogan oder Kommentare zur Kurdenpolitik, die als Unterstützung für die Terrororganisation PKK gewertet werden.

,,Deutsche Staatsangehörige werden weiterhin willkürlich festgenommen, mit einer Ausreisesperre belegt oder ihnen wird die Einreise in die Türkei verweigert", bestätigt das Auswärtige Amt in seinen aktuellen Reisehinweisen für die Türkei. Der Terrorismus-Begriff werde von den Behörden nach Auffassung des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes ,,rechtsstaatswidrig" ausgeweitet, erklärt das Außenministerium. Die türkische Regierung weist den Vorwurf zurück und betont, die Justiz gehe angemessen gegen staatszersetzende Aktivitäten vor.

Kritiker halten der Bundesregierung vor, wegen der wichtigen Rolle der Türkei in der Flüchtlingsfrage auf Sanktionen gegen Ankara wegen der Verhaftungen zu verzichten. Dabei habe die Bundesregierung viele Möglichkeiten, Druck auf die Türkei auszuüben, erklärte Akbulut. Als Beispiele nannte sie die Kürzung von Hermesbürgschaften, mit denen Türkei-Geschäfte deutscher Unternehmen abgesichert werden, und einen Stopp von Waffenlieferungen an den Nato-Partner.

Die türkisch-stämmige Politikerin berichtete, sie werde von vielen Familienangehörigen von Verhafteten in der Türkei angesprochen. ,,Es darf nicht sein, dass Menschen in der Türkei willkürlich bestraft werden, nur weil sie in sozialen Netzwerken von ihrem Recht der freien Meinungsäußerung Gebrauch machen", erklärte Akbulut.

Die Türkei setze politische Häftlinge als Geiseln ein, kritisierte die Abgeordnete der Linken-Fraktion. Berlin dürfe sich nicht auf einen Handel mit Ankara einlassen, weil dann zwar einige Betroffene freikommen könnten, aber dafür andere in Haft genommen würden. ,,Damit muss Schluss sein. Die Bundesregierung muss endlich klare Kante zeigen", forderte Akbulut.


Aus: "Die Türkei hält 120 Deutsche fest" Susanne Güsten (30.08.2021)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/weiterhin-willkuerlich-festgenommen-die-tuerkei-haelt-120-deutsche-fest/27563674.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/weiterhin-willkuerlich-festgenommen-die-tuerkei-haelt-120-deutsche-fest/27563674.html)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 21, 2021, 12:26:16 PM
"Copservation Plattform dokumentiert Fälle von Polizeigewalt und kontroversem Verhalten der Polizei" Markus Reuter (21.09.2021)
Ein neues ehrenamtliches Projekt schafft eine Datenbank zu kontroversem polizeilichem Verhalten. Schon mehr als 700 Fälle sind dort öffentlich und täglich werden es mehr. Wir haben mit den Macher:innen gesprochen. ... Grundlage für die Recherchearbeit sind dabei Artikel und Berichte öffentlich zugänglicher Print- und Onlinemedien: ,,Wir erfassen polizeiliches Handeln, das Gegenstand öffentlicher Kritik ist, sowie Berichte über Ermittlungs- und Disziplinarverfahren und juristische Verurteilungen von Polizeibeamt:innen", heißt es auf der Webseite. ...
https://netzpolitik.org/2021/copservation-de-plattform-dokumentiert-faelle-von-polizeigewalt-und-kontroversem-verhalten-der-polizei/ (https://netzpolitik.org/2021/copservation-de-plattform-dokumentiert-faelle-von-polizeigewalt-und-kontroversem-verhalten-der-polizei/)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 07, 2022, 02:02:59 PM
Quote[...] Nach schweren Unruhen hat der Präsident der autoritär geführten Republik Kasachstan, Kassym-Jomart Tokajew, einen Schießbefehl gegen militante Demonstranten erteilt. ,,Ich habe den Sicherheitskräften und der Armee den Befehl gegeben, ohne Vorwarnung das Feuer zu eröffnen", sagte Tokajew am Freitag in einer Fernsehansprache.

Aus dem Ausland kämen Aufrufe zu einer friedlichen Lösung der Krise. ,,Welch eine Dummheit! Was für Verhandlungen kann es mit Verbrechern und Mördern geben?", so Tokajew.

Das Staatsoberhaupt erklärte, es hätten insgesamt 20.000 ,,Banditen" die Millionenstadt Almaty im Südosten des zentralasiatischen Landes angegriffen, wo die Unruhen in den vergangenen Tagen besonders heftig waren. Er bezeichnete Demonstranten auch als ,,Terroristen" und als aus dem Ausland gesteuert.

Die Bundesregierung hat die jüngste Eskalation bei den Unruhen in Kaschastan verurteilt. "Wer ohne Vorwarnung auf Demonstranten schießen lässt, um zu töten, hat den Kreis zivilisierter Staaten verlassen", erklärte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) am Freitag auf Twitter.

Am Morgen hatte das Staatsfernsehen berichtet, dass bereits 26 Demonstranten getötet worden seien. Zudem habe es mehr als 3000 Festnahmen gegeben. Befürchtet wurde, dass es nun noch viele weitere zivile Todesopfer geben könnte. Offiziellen Angaben zufolge starben auch mindestens 18 Sicherheitskräfte. Derzeit ist es schwierig, Informationen unabhängig zu überprüfen. Immer wieder wird in Kasachstan das Internet abgestellt, die Grenze wurde für Ausländer geschlossen.

Auslöser der Unruhen in der autoritär regierten Ex-Sowjetrepublik war Unmut über gestiegene Treibstoffpreise an den Tankstellen. Sie schlugen aber schnell in teils gewaltsame Proteste gegen die Regierung um. Als Reaktion auf die Proteste entließ der jetzige Präsident Tokajew die gesamte Regierung und verhängte einen landesweiten Ausnahmezustand. Auf Bitten Kasachstans hatte Russland im Rahmen eines gemeinsamen Militärbündnisses Soldaten zur Unterstützung (OVKS) geschickt.

"Mein besonderer Dank gilt dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Er hat sehr schnell und vor allem freundlich auf meinen Anruf reagiert", sagte Tokajew in seiner Fernsehansprache am Freitag. Die Soldaten wurden nach Angaben der OVKS auf begrenzte Zeit nach Kasachstan geschickt, "um die Lage zu stabilisieren und zu normalisieren". Zur Zahl der entsandten Soldaten machte die OVKS zunächst keine Angaben.

Die chinesische Regierung stellt sich unterdessen hinter die russisch geführte Intervention in Kasachstan. ,,China unterstützt alle Bemühungen, den Behörden in Kasachstan zu helfen, das Chaos so schnell wie möglich zu beenden", sagte Außenamtssprecher Wang Wenbin am Freitag vor der Presse in Peking. Auch wende sich China entschieden gegen ,,ausländische Kräfte, die absichtlich soziale Unruhen erzeugen und zu Gewalt anstiften". Mit der Stellungnahme stellte sich Chinas Außenamtssprecher stärker als zuvor auf eine Linie mit den Regierungen in Kasachstan und Russland. (dpa, AFP)


Aus: "Präsident Tokajew erteilt Schießbefehl gegen Demonstranten" (01.07.2022)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/unruhen-in-kasachstan-praesident-tokajew-erteilt-schiessbefehl-gegen-demonstranten/27954302.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/unruhen-in-kasachstan-praesident-tokajew-erteilt-schiessbefehl-gegen-demonstranten/27954302.html)

QuoteE.Frosch 12:54 Uhr

    Präsident Tokajew erteilt Schießbefehl gegen Demonstranten

    .........will die ,,bewaffneten Banditen eliminieren".


Es ist schon ein erheblicher Unterschied zwischen Demonstranten und Banditen, die Waffen tragen, sie auch benutzen und sie nicht abgeben wollen!
Das sollte schon sauber von einander getrennt werden. Denn mancher könnte dies falsch verstehen und auslegen. Und das ist doch sicher nicht beabsichtigt,


QuoteForseti 12:26 Uhr

Ach spielen wir wieder das Spielchen gute Demonstranten-böse Demonstranten?


QuoteAntigone12 12:51 Uhr

Es wird keine "unabhängige Überprüfung" im Zusammenhang mit den Todesopfern auf beiden Seiten geben.
Die Dynamik lässt Ursache und Wirkung verschwimmen.
Deutschland täte gut daran, dies als mahnendes Beispiel zur Kenntnis zu nehmen, denn die Lage droht auch bei uns ausser Kontrolle zu geraten.


QuoteWestpreussen 13:42 Uhr

Antwort auf den Beitrag von Antigone12 12:51 Uhr
@Antigone12

"denn die Lage droht auch bei uns außer Kontrolle zu geraten."

Wegen der "Spaziergänger"? Das ist doch eine absolute Minderheit, über die viel zu viel berichtet wird.


Quoteherjeh 12:37 Uhr

Meine Güte, wieviele ,,Diktatoren" mittlerweile ihr wahres Gesicht zeigen.


Quotechangnoi 12:40 Uhr

zu meiner schande muss ich gestehen, dass ich Kasachstan nicht auf meinem radar habe. aber die geschichte liest sich wie aus der zeit gefallen. der primus der herrschenden clique, die das land seit jahrzehnten ausnimmt, laesst auf das volk schiessen. Putin und Xi verbuenden sich mit Tokajew. das passt schon. ...


...
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 19, 2022, 03:44:53 PM
Quote[...] Der Anschlag in Hanau am 19. Februar 2020 war ein rechtsextremer Terrorakt, bei dem neun Hanauer Bürger mit Migrationshintergrund ermordet wurden. Der Täter war ein 43-jähriger Hanauer, Tobias R., der anschließend in der elterlichen Wohnung seine Mutter und sich selbst erschoss. Das Bundeskriminalamt stufte die Tat als rechtsextrem und rassistisch motiviert ein. Der Täter war arbeitslos und den Behörden seit Jahren mit paranoiden Wahnvorstellungen aufgefallen. Zu den ungeklärten Tatumständen gehört unter anderem, warum er trotz seiner psychischen Auffälligkeiten ab 2002 legal Waffen besitzen konnte.

...


Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Anschlag_in_Hanau_2020 (https://de.wikipedia.org/wiki/Anschlag_in_Hanau_2020)

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Quote[...] Der Begriff Fehlerkultur stammt aus den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften und bezeichnet die Art und Weise, wie Gesellschaften, Kulturen und soziale Systeme mit Fehlern, Fehlerrisiken und Fehlerfolgen umgehen.  ...


Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Fehlerkultur (https://de.wikipedia.org/wiki/Fehlerkultur)

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Quote[...] Wiesbaden – Es war eine denkwürdige Sitzung des Untersuchungsausschusses zum Terroranschlag von Hanau: Schon zu Beginn sorgte ein Mitarbeiter des Justizministeriums – kein Mitglied des Ausschusses – für einen Eklat. Nachdem der Sachverständige, Polizeiwissenschaftler Thomas Feltes, am Freitag etwa kritisiert hatte, die Staatsanwaltschaft Hanau hätte Lücken in Ermittlungen nachgehen müssen, versuchte der Beamte offenbar, Einfluss zu nehmen und forderte, nicht-öffentlich weiterzumachen. Als der Ausschussvorsitzende Marius Weiß (SPD) ihm klarmachte, dass er nicht das Recht dazu hat, beantragte Jörg Michael Müller (CDU) eine Unterbrechung.

Feltes hat eine detaillierte Stellungnahme verfasst, die sich unter anderem dem teils nicht erreichbaren Notruf und dem wahrscheinlich verschlossenen Notausgang am zweiten Tatort widmet. Er durfte sie aber nicht vortragen. Weiß hatte vor der Pause erklärt, dies gehöre nicht zu den Beweisthemen, zu denen Feltes geladen war, darunter Einsatztaktik und Krisenmanagement der Polizei. Feltes widersprach entschieden und bemängelte mit deutlichen Worten, keine Einsicht in Ermittlungsakten oder Polizeiprotokolle erhalten zu haben, nur Presseerklärungen der Staatsanwaltschaft, die sich kaum mit polizeilichen Versäumnissen befassten. Offensichtlich bestehe kein Interesse an einer echten Aufarbeitung, was er bei Ausschüssen oft erlebe.

Bei dem Anschlag am 19. Februar 2020 wurden aus rassistischen Motiven neun Menschen ermordet. Dann tötete der Täter seine Mutter und sich selbst. Der Ausschuss soll klären, welche Fehler hessische Behörden gemacht haben.

Als die Befragung fortgesetzt wurde, wies Feltes auf zahlreiche Missständen hin, nicht zuletzt im Umgang mit den Hinterbliebenen: Dass sie fünf Tage lang nicht erfuhren, wo die Leichname waren, sei ,,weder nachvollziehbar noch entschuldbar", sagte Feltes, der auch Jurist und Kriminologe ist. Solche Fehler hätten zu einer ,,zweiten Viktimisierung" geführt, die Betroffenen seien erneut Opfer geworden. Das zu verhindern, sei aber eine ganz wesentliche Aufgabe der Polizei, und sie wäre dazu zumindest nach der ersten chaotischen Phase des Anschlags in der Lage gewesen.

Dass ein Beamter den Krankenwagen mit dem schwerverletzten Said Etris Hashemi zunächst am Losfahren gehindert haben soll, bis die Situation geklärt sei, hält Feltes für äußerst bedenklich und unter Umständen justiziabel. Das komme höchstens bei einem Verdächtigen infrage, und selbst dann sollte der Rettungsdienst das letzte Wort haben.

Als weitere wesentliche Probleme nannte Feltes, dass es bei der Polizei keine Fehlerkultur – aus Angst vor Konsequenzen entstehe eine ,,Mauer des Schweigens" –, in Teilen Rassismus und zu wenig Qualitätssicherung gebe. Letzteres sei in Hanau beispielsweise in der mangelhaften Aufnahme des zweiten Tatorts, der Arena-Bar mit angrenzendem Kiosk, deutlich geworden.

Die Polizei müsse ihre Beamten besser auf solche Lagen vorbereiten und viel mehr gegen Rassismus in den eigenen Reihen tun. Sie sollte ihre Rolle beim Anschlag von Hanau von unabhängigen Experten und Expertinnen transparent untersuchen lassen, forderte Thomas Feltes, dann mit den Angehörigen und Überlebenden ins Gespräch kommen und eine Liste mit Fehlern und notwendigen Konsequenzen abarbeiten. Dann komme sie ihrer Verantwortung als Institution nach, nehme die Opfer ernst und stelle den gesellschaftlichen Frieden wieder her.

Der FR liegt Feltes' Stellungnahme, die er dem Ausschuss vorab zukommen ließ, vor. Die Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen zum Notausgang in der Arena-Bar ein, weil sie keinen hinreichenden Verdacht auf fahrlässige Tötung sah. In der Mitteilung dazu erkennt Feltes viele ,,Hinweise für Unstimmigkeiten und Unvollständigkeiten". Er kritisiert zum Beispiel, dass ,,die wesentliche Frage, ob der Notausgang offen oder verschlossen war" in den Vernehmungen im Februar 2020 nicht thematisiert worden sei, erst 2021. Die Aussage von Hashemi, dass die Opfer nicht zum Notausgang gerannt seien, weil sie gewusst hätten, dass dieser immer zu sei, werde zwar von der Staatsanwaltschaft zitiert, aber nicht gewürdigt.

Auch seien Aussagen nicht richtig geprüft worden, nach denen die Fluchttür nach Absprachen mit der Polizei versperrt wurde, damit diese bei Razzien hinten nicht sichern musste. Betreiber und Polizei haben den Vorwurf zurückgewiesen. Um die Angaben zu verifizieren, so Feltes, hätte man Beamte, die bei Kontrollen dabei waren, vernehmen müssen. Und die Behauptung, die Opfer hätten in der Bar nur fünf bis sechs Sekunden Zeit zur Flucht gehabt, sei widerlegt – durch die Rekonstruktion des Recherchekollektivs Forensic Architecture. Demnach wären neun Sekunden Zeit gewesen; fast alle hätten sich sicher retten können. (Gregor Haschnik)

Während Thomas Feltes hauptsächlich die Arbeit der Polizei kritisiert, verteidigte bei einer letzten Sitzung einer der Sachverständigen die Beamten. Die Personallage sei ,,nicht ausreichend" gewesen.

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Kommentar: Auftrag erfüllen

Der Untersuchungsausschuss zum Anschlag von Hanau muss seinen Umgang mit Sachverständigen dringend ändern, wenn er nicht will, dass die Aufarbeitung versandet.

Ein Verdienst des Untersuchungsausschusses zum Anschlag von Hanau ist, dass zu Beginn Opfer-Angehörige gehört wurden. Weil es die Menschlichkeit gebietet und gesellschaftlich notwendig ist. Aber auch, weil sie unmittelbare Zeug:innen sind, die wichtige Angaben machten.

Doch wenn der Ausschuss sie und seinen Auftrag, Versäumnisse hessischer Behörden zu untersuchen sowie notwendige Konsequenzen herbeizuführen, ernstnimmt, muss er seinen Umgang mit Sachverständigen dringend ändern. Wenn sie für ihre Analyse nur Presseerklärungen der Staatsanwaltschaft erhalten und – wie besonders bei den Terminen vor dem Polizeiwissenschaftler Thomas Feltes zu beobachten – fast nur allgemeine Aussagen treffen können, werden die Befragungen zu einem leeren, nebenbei teuren Ritual, das die Aufklärung kaum weiterbringt. Angehörige empfinden dies zu Recht als Hohn.

Es geht jetzt um entscheidende Details. Dafür müssen den Expert:innen alle Informationen zur Verfügung gestellt werden, die notfalls als vertraulich eingestuft und nichtöffentlich besprochen werden. Eigentlich selbstverständlich, andernfalls braucht man die Fachleute nicht zu laden.

Dass ein Nicht-Ausschussmitglied Einfluss nehmen wollte, und Feltes sich bei seiner Vernehmung zeitweise sogar unter Druck gesetzt fühlte, spricht Bände. Die Stellungnahme, die er nicht vorstellen durfte, muss unbedingt auf die Tagesordnung des Ausschusses. (Gregor Haschnik)


Aus:",,Keine Fehlerkultur" bei Polizei: Anschlag von Hanau: Polizeiwissenschaftler darf Stellungnahme nicht vortragen" Gregor Haschnik (19.03.2022)
Quelle: https://www.fr.de/rhein-main/wiesbaden/hanau-anschlag-untersuchungsausschuss-polizeiwissenschaftler-stellungnahme-kritik-91421283.html (https://www.fr.de/rhein-main/wiesbaden/hanau-anschlag-untersuchungsausschuss-polizeiwissenschaftler-stellungnahme-kritik-91421283.html)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 28, 2022, 07:41:45 PM
Quote[...] Sieben schwerbewaffnete Polizisten hätten am Mittwoch um 7.00 Uhr an die Tür des Hauses der Familie in Groß-Enzersdorf gehämmert. ,,Ich wollte den Schlüssel holen und aufsperren, sobald ich aber im Vorzimmer war, wurde die Tür bereits aufgebrochen", schildert die Hausbesitzerin gegenüber noe.ORF.at. Die Polizisten hätten ihr befohlen, sich auf den Boden zu legen, anschließend sei das Erdgeschoß durchsucht worden.

Zu diesem Zeitpunkt hielten sich im Haus außerdem die beiden Kinder der Familie auf. Die 24-Jährige habe noch geschlafen, die 13-Jährige habe sich unter der Dusche befunden, so die Betroffene gegenüber noe.ORF.at. Trotz eindringlicher Bitte der Mutter dementsprechend nicht ins Badezimmer zu gehen, seien zwei Männer dort eingedrungen. ,,Sie haben ihr nicht erlaubt, sich zuvor anzuziehen", erzählt die Mutter.

Der älteren Tochter sei mit Waffe am Kopf die Decke weggezogen worden. ,,Sie haben mitten in der Nacht die Kinder entblößt." Die Mutter sei derweil im Erdgeschoß festgehalten worden.

Erst nach der Hausdurchsuchung sei die Familie über den Grund der Durchsuchung informiert worden. Offenbar habe sich in der Nähe des Hauses eine vom Landeskriminalamt Niederösterreich beschattete Person aus dem Drogenmilieu aufgehalten. ,,Den Menschen kenne ich nicht und habe seinen Namen noch nie gehört", so die Hausbesitzerin und Mutter gegenüber dem ORF Niederösterreich.

Außerdem sei im Durchsuchungsbefehl die Rede von abgedunkelten Fenstern und einem ,,szenetypischen Entlüftungsrohr für Cannabis-Indoorplantagen" im Dachbodenfenster gewesen. ,,Beides stimmt nicht. Es gibt kein einziges abgeklebtes Fenster in meinem Haus und ich habe auch kein Entlüftungsrohr für Indoor-Plantagen", erklärt dazu die Hausbesitzerin.

,,Es ist mir völlig unerklärlich, wieso dieses Vorgehen, besonders der Kinder gegenüber, notwendig gewesen wäre." Einen konkreten Verdacht gegen Familienmitglieder habe der Durchsuchungsbefehl laut ihren Angaben nicht enthalten. Es wurden keine Drogen bei der Familie gefunden. Entschuldigung vonseiten der Beamten habe es keine gegeben.

Für ein ungutes Gefühl sorgt außerdem, dass vor allem die beiden Töchter und deren Zimmer Gegenstand der Durchsuchung waren. ,,Sie haben auch ihre Kosmetika und Unterwäsche durchwühlt, wobei ich mir nicht vorstellen kann, wie sie dort eine Plantage hätten finden wollen," berichtet die Mutter. Die beiden Töchter sind gebürtige Südafrikanerinnen. ,,Wir vermuten deshalb auch einen rassistischen Hintergrund."

Bei der Landespolizeidirektion Niederösterreich spricht man von einer großangelegten Aktion unter der Leitung des Bundeskriminalamtes und verweist diesbezüglich an die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft Wien. Dort bestätigt eine Sprecherin lediglich, dass es am Mittwoch Einsätze mit Verdacht auf Suchtgifthandel in mehreren Bundesländern gegeben habe.


Aus: "Falscher Verdacht: Cobra stürmte Einfamilienhaus" Tobias Mayr, noe.ORF.at (27.04.2022)
Quelle: https://noe.orf.at/stories/3153823/ (https://noe.orf.at/stories/3153823/)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 24, 2022, 11:10:14 AM
Quote[...] Ein internationales Medienkonsortium hat kurz vor dem Besuch der UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet in Xinjiang weitere Belege für die massenhafte Internierung von Uiguren in China veröffentlicht.

Fotos, Reden und Behördenweisungen bewiesen, dass es sich bei den Lagern nicht wie von der chinesischen Regierung behauptet um ,,berufliche Fortbildungseinrichtungen" handele, erklärten der an der Recherche beteiligte Bayerische Rundfunk und ,,Spiegel" am Dienstag.

So finde sich in dem Datensatz namens ,,Xinjiang Police Files" eine bislang unbekannte Rede des ehemaligen Parteichefs der Region Xinjiang aus dem Jahr 2017, in der es heißt, jeder Gefangene, der auch nur versuche, ein paar Schritte weit zu entkommen, sei ,,zu erschießen".

Auf Bildern seien Sicherheitskräfte mit Sturmgewehren zu sehen. Ein Foto zeige zudem einen Häftling in einem sogenannten Tigerstuhl - einer Foltervorrichtung, bei der die Beine überdehnt werden.

Die chinesische Botschaft in den USA erklärte demnach, die Maßnahmen in Xinjiang richteten sich gegen terroristische Bestrebungen, es gehe nicht um ,,Menschenrechte oder eine Religion".

Der Datensatz wurde der Mitteilung zufolge dem deutschen Anthropologen Adrian Zenz zugespielt. Dieser ist in den USA ein bekannter China-Forscher, der schon früh auf die mutmaßlichen Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang hinwies und 2021 von Peking mit Sanktionen belegt wurde. Er teilte die Daten mit insgesamt 14 westlichen Medien.

Der Vorsitzende der Delegation des Europäischen Parlaments für die Beziehungen zu China, Reinhard Bütikofer (Grüne), forderte BR und ,,Spiegel" gegenüber neue Sanktionen gegen China. Die ,,Bilder des Grauens" müssten dazu führen, dass die Europäische Union klar Stellung beziehe.

Die Regierung in Peking wird beschuldigt, mehr als eine Million Uiguren und andere muslimische Minderheiten in der Region im äußersten Westen des Landes in ,,Umerziehungslagern" interniert zu haben. Peking werden unter anderem Zwangssterilisierungen und Zwangsarbeit vorgeworfen.

Außerdem sollen die Behörden kulturelle Stätten dem Erdboden gleichmachen. Die gesamte Region wird streng überwacht. Die USA sprechen von einem Genozid. Sie hatten auch Zweifel daran geäußert, dass Bachelet ein ,,unmanipuliertes" Bild der Lage erhalten würde. China bestreitet die Vorwürfe vehement. (AFP)


Aus: "Datenleck liefert neue Beweise für Chinas brutale Internierung von Uiguren" (24.05.2022)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/kurz-vor-un-besuch-in-xinjiang-datenleck-liefert-neue-beweise-fuer-chinas-brutale-internierung-von-uiguren/28369866.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/kurz-vor-un-besuch-in-xinjiang-datenleck-liefert-neue-beweise-fuer-chinas-brutale-internierung-von-uiguren/28369866.html)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 24, 2022, 11:15:27 AM
Quote[...] Die Zahl der weltweit dokumentierten Hinrichtungen ist im Jahr 2021 um rund 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen - ein Grund dafür sind auch Lockerungen von Corona-Beschränkungen. Nach den am Dienstag veröffentlichten Jahreszahlen der Menschenrechtsorganisation Amnesty International wurde die Todesstrafe in 18 Ländern mindestens 579 Mal vollstreckt.

Der Anstieg war demnach in erster Linie auf den Iran zurückzuführen. Dort stieg die Zahl der Hinrichtungen von mindestens 246 im Jahr 2020 auf mindestens 314 im Jahr 2021 - ein Anstieg von 28 Prozent. Die Zahl der erfassten Todesurteile wuchs im Vergleich zum Vorjahr sogar um fast 40 Prozent auf mindestens 2052 in 56 Ländern.

Die Länder mit den höchsten bekannt gewordenen Hinrichtungszahlen sind nach Amnesty-Angaben China, Iran, Ägypten, Saudi-Arabien und Syrien. In der Statistik sind Tausende von Todesurteilen nicht berücksichtigt, von denen Amnesty International annimmt, dass sie in China verhängt und vollstreckt wurden. China blieb demnach das Land, in dem weltweit die meisten Hinrichtungen stattgefunden haben. Sowohl die Geheimhaltung in Nordkorea und Vietnam als auch der beschränkte Zugang zu Informationen in anderen Ländern hätten eine vollständige Beurteilung der globalen Entwicklung weiterhin behindert.

Unter den 579 Personen, von denen bekannt ist, dass sie 2021 hingerichtet wurden, waren 24 Frauen (4 Prozent) - 8 in Ägypten, 14 im Iran und je eine Frau in Saudi-Arabien und den USA.

Der Generalsekretär von Amnesty International Deutschland, Markus Beeko, kritisierte, für den Anstieg der Zahl von Hinrichtungen sei weiterhin die kleine Gruppe unbelehrbarer Staaten verantwortlich, ,,die an diesen grausamen und unmenschlichen Tötungen festhält, unter anderem Iran und Saudi-Arabien, die staatliche Exekutionen im letzten Jahr stark ausgeweitet haben". Auch in den ersten Monaten des Jahres 2022 habe sich dieser Trend fortgesetzt. So habe Saudi-Arabien im März an einem einzigen Tag 81 Menschen hinrichten lassen.

Die Zahl der Hinrichtungen im Iran war die höchste nach 2017. 132 Menschen wurden wegen Drogendelikten hingerichtet - das entspricht 42 Prozent der Exekutionen und einem Anstieg auf das beinahe Fünffache im Vergleich zu den 23 Exekutionen, die es 2020 aus diesem Grund gegeben hatte, schreibt Amnesty. In Iran sei die Todesstrafe zudem unverhältnismäßig häufig gegen Angehörige ethnischer Minderheiten wegen vager Anklagen wie ,,Feindschaft zu Gott" und als Mittel zur politischen Unterdrückung eingesetzt worden, schreibt Amnesty.

Als ein Grund für die signifikant höheren Zahlen von Hinrichtungen in einigen Ländern wird von Amnesty genannt, dass Einschränkungen wegen der Covid 19-Pandemie vollständig oder teilweise aufgehoben wurden und alternative Abläufe eingeführt worden seien. Zu diesen Ländern zählten Bangladesch, Indien und Pakistan. Aus Singapur sei dagegen zum zweiten Mal in Folge ein hinrichtungsfreies Jahr gemeldet worden.

Trotz Rückschlägen zeigten positive Entwicklungen, dass der Trend nach wie vor in Richtung Abschaffung der Strafe gehe, berichtet Amnesty International. Obwohl die Zahl der Hinrichtungen insgesamt anstieg, sei die globale Gesamtzahl auf einem historisch betrachtet niedrigen Niveau geblieben.

Weitere Erkenntnisse aus dem Bericht:

    Aus Indien, Katar und Taiwan - alles Länder, die im Vorjahr noch Menschen hingerichtet hatten, seien keine Exekutionen bekannt. Nach einer mehrjährigen Unterbrechung hätten dagegen drei Länder die Hinrichtungen wieder aufgenommen: In Belarus und Japan gab es die ersten Hinrichtungen seit 2019, in den Vereinigten Arabischen Emiraten die ersten seit 2017.

    In den USA wurden in Mississippi und Oklahoma zum ersten Mal seit 2012 beziehungsweise 2015 wieder Menschen exekutiert. Die US-Regierung hatte im Juli ein vorübergehendes Moratorium für Hinrichtungen auf Bundesebene verhängt. 2021 markierte die niedrigste Hinrichtungszahl in den USA seit 1988.

    Deutliche Anstiege der Zahl der Hinrichtungen seien in Somalia (von mindestens 11 im Jahr 2020 auf mindestens 21 im Jahr 2021), in Südsudan (von mindestens zwei im Jahr 2020 auf mindestens neun im Jahr 2021) und in Jemen (von mindestens fünf im Jahr 2020 auf mindestens 14 im Jahr 2021) verzeichnet worden, schreibt Amnesty.

    Einen Rückgang der Zahl der Hinrichtungen um 22 Prozent (mindestens 83) beobachtete Amnesty International in Ägypten. Noch 2020 hatte sich in dem Land die Zahl der Exekutionen auf mindestens 107 verdreifacht. Zugleich schreibt Amnesty, die Todesstrafe sei in Ägypten 2021 weiterhin extensiv angewendet worden. Dies sei auch auf der Basis von durch Folter erpressten Aussagen sowie durch Massenhinrichtungen geschehen. Ägypten gehörte im vergangenen Jahr zu den zehn Hauptempfängerländern deutscher Rüstungsexporte.

    Im Irak ging die Zahl um 62 Prozent zurück, von mindestens 45 im Jahr 2020 auf mindestens 17 im Jahr 2021. In den USA sank die Zahl um 35 Prozent, sie betrug 17 im Jahr 2020 und 11 im Jahr 2021.

    In Saudi-Arabien hat sich die Zahl der bekannt gewordenen Hinrichtungen nach Angaben der Organisation von 27 auf 65 mehr als verdoppelt. Syrien exekutierte bei einer Massenhinrichtung im Oktober 2021 24 Menschen. Damit rückte der Staat an die fünfte Stelle weltweit, was die Hinrichtungszahl im Land anging.

    Einen alarmierenden Anstieg bei der Anwendung der Todesstrafe unter Kriegsrecht verzeichnet Amnesty in Myanmar. Fast 90 Menschen seien willkürlich zum Tode verurteilt worden, mehrere in Abwesenheit. Dies werde allgemein als Maßnahme gegen politische Gegner und Protestierende angesehen.

Wie Amnesty erläuterte, hatten Ende des Jahres 2021 insgesamt 108 Länder die Todesstrafe im Gesetz für alle Verbrechen abgeschafft. In mehr als zwei Drittel aller Staaten ist die Todesstrafe gesetzlich oder in der Praxis außer Vollzug gesetzt. 55 Staaten hielten weiterhin an Tötungen als Strafen fest. Die Hinrichtungsmethoden 2021 waren laut Bericht Enthauptung, Erhängen, Giftinjektion und Erschießen. (dpa, KNA)


Aus: "Zahl der Hinrichtungen weltweit steigt um rund ein Fünftel" (24.05.2022)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/mehr-exekutionen-vor-allem-im-iran-zahl-der-hinrichtungen-weltweit-steigt-um-rund-ein-fuenftel/28369772.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/mehr-exekutionen-vor-allem-im-iran-zahl-der-hinrichtungen-weltweit-steigt-um-rund-ein-fuenftel/28369772.html)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 12, 2022, 12:28:46 PM
Quote[...] Sie spielten eine entscheidende Rolle bei der Unterdrückung der Bevölkerung von 1938 bis 1945 und waren wesentlich am Holocaust beteiligt. Österreichische Polizisten schützten die Bevölkerung nicht, sondern halfen dabei, die NS-Diktatur rasch und gnadenlos zu installieren. Doch wie genau vollzog sich die Wandlung der Polizei nach dem sogenannten Anschluss?

Hatten alle Polizisten ihre Hakenkreuz-Armbinden Anfang März 1938 schon im Spind? Was passierte mit jenen, die nicht dem neuen "Führer" dienen wollten? Und wie verfuhr man nach 1945 mit jenen, die als überzeugte Nazis Karriere machten und jahrelang dem Terror dienten? Diesen Fragen will man in Österreich nun auf den Grund gehen.

"Die Polizei in Österreich: Brüche und Kontinuitäten 1938–1945" war der Titel eines Symposiums im Innenministerium Ende Juni, bei dem ein Zwischenstand eines großangelegten Forschungsprojekts präsentiert wurde. Das Innenministerium (BMI) fördert dafür die Untersuchungen international renommierter Wissenschafterinnen und Wissenschafter von Wien bis New York zum Zwecke der Aufarbeitung der düsteren Vergangenheit der Polizei. Angestoßen wurde das schon vom Vorgänger von Innenminister Gerhard Karner, also von Bundeskanzler Karl Nehammer.

Historikerinnen und Historiker der Universität Graz arbeiten hierfür mit dem Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW), der KZ-Gedenkstätte Mauthausen und dem Ludwig-Boltzmann-Institut für Kriegsfolgenforschung (BIK) seit Anfang dieses Jahres eine Geschichte auf, die bisher eigentlich überraschend schlecht beleuchtet war. Dabei kommen auch Namen von Tätern ans Licht, und es werden Akten gesichtet, die seit Ende des Kriegs unangetastet vor sich hin dümpelten. Aber immerhin gibt es sie noch.

"Tausende Akten sind vernichtet worden", erzählte Gerhard Baumgartner vom DÖW beim Symposium entsetzt, "10.000 in den letzten 15 Jahren. Es gilt sicherzustellen, dass damit ein für alle Mal Schluss ist." Auch BIK-Leiterin Barbara Stelzl-Marx betonte, dass es "etwas ganz Besonderes ist, dass das BMI uns jetzt die Möglichkeit gibt, ad fontes zu gehen. Zum Großteil sind das Quellenbestände, die noch nicht im Archiv, noch nicht erschlossen sind." Man gehe zusammen in die Keller von Landespolizeidirektionen, zuletzt in Graz und Innsbruck.

Anhand der Wiener Polizei beschrieb Mark Lewis, Professor an der City University of New York, in seinem Vortrag, wie der Apparat in Österreich ab März 1938 nach reichsdeutschem Vorbild rasend schnell umgebaut wurde. Wie das Wiener Kriminalbeamtenkorps der deutschen Kriminalpolizei einverleibt wurde, illegale Nazis, also Mitglieder der NSDAP in Österreich vor 1938, und ehemalige Putschisten vom Juli 1934 Karriere machten. "Mir fehlt immer der Hinweis, dass die illegale NSDAP eine Terrororganisation mit gleichzeitiger Polizeibeteiligung war", sagte Baumgartner beim Symposium, diese hätte hunderte Anschläge verübt, werde aber von vielen immer noch als "eine Volkstanzgruppe in weißen Sockerl" gesehen.

Otto Steinhäusl, der wegen seiner Beteiligung am Juliputsch im Gefängnis saß, wurde 1938 Polizeipräsident. Die größte Gestapo-Leitstelle des Deutschen Reichs war übrigens in Wien, wie Wolfgang Neugebauer von der Uni Wien erinnerte.

Die "weltanschauliche Schulung" für die Beamten hatte ab '38 ein "beachtliches Themenspektrum", sagte Hans-Christian Harten von der Berliner Humboldt-Uni. An der Polizeischule wurde die NS-Ideologie durch damals moderne Unterrichtsmethoden vermittelt, mit Exkursionen, Schautafeln und Filmbesuchen.

Ein akademischer Kontext sollte die späteren Genozide "legitimieren". Polizisten formten Bataillone gegen Juden und Jüdinnen, Partisaninnen und Partisanen, sie organisierten Deportationen, Umsiedlungen und Massenerschießungen.

Aber es gab auch andere Polizisten in Österreich. "Warte nicht mit dem Abendessen auf mich", sagte Emanuel Stillfried-Rathenitz am 12. März 1938 zu seiner Frau, als die Gestapo ihn in seiner Wiener Wohnung abholte, erzählt Projektleiter Gerald Hesztera aus dem BMI. Stillfried-Rathenitz, ein Polizeibeamter, wurde nach Dachau gebracht.

Schon 30 Jahre lang beschäftigen Hesztera diese und andere Geschichten von denen, die sich keine Hakenkreuzbinde überstreiften. Wie Ludwig Bernegger und Josef Schmierl, die noch am 15. und 14. März 1938 von ehemaligen Kollegen in Linz erschossen wurden. Das Thema sei "sehr emotional" für ihn, sagt Hesztera. Als er als junger Offizier Akten zum Fall Stillfried-Rathenitz fand, habe er sich gefragt: "Wie konnte er solche Illusionen haben, dass er glaubte, er würde die Nazis überleben? Wäre ich auch in meiner Wohnung gesessen und hätte gewartet? Oder wäre ich der Gestapo-Beamte gewesen, der an die Tür klopft?"

1938 verloren immerhin 25 Prozent der mittleren Führungskräfte ihre Posten. Durch Entlassung, frühzeitige Pensionierung – oder sie wurden im KZ umgebracht. Zwölf Prozent waren aber bereits illegale Nazis, 18 Prozent "national eingestellt", 25 Prozent indifferent und rund 45 Prozent Systemanhänger oder eifrige Systemanhänger, recherchierte Hesztera.

Tatsächlich überlebte Stillfried-Rathenitz und wurde nach 1945 der erste Gendarmeriezentralkommandant. Doch Happy End gab es keines. Er wurde aufgrund einer Intrige, der Behauptung, er sei homosexuell, aus dem Amt gedrängt und starb als gebrochener Mann.

"Wir müssen unseren Kollegen beibringen, dass so etwas nicht wieder passieren kann", ist Hesztera überzeugt. Dass künftige Generationen der Polizei die Demokratie schützen und etwa Antisemitismus – wie zuletzt auch auf Querdenker-Demos – erkennen, daran arbeitet Daniel Landau. Der ehemalige Musik- und Mathematiklehrer und begnadete Vernetzer, der zuletzt das Lichtermeer "Yes We Care" initiierte, entwickelte mit dem Antisemitismusexperten Wolfgang Schmutz drei Module für Polizeischülerinnen und Polizeischüler, die nun in die Grundausbildung implementiert werden. Während Corona designten sie auch Online-Formate.

"Eine der wichtigsten Waffen gegen jede Form von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, ob Antisemitismus oder muslimischer Rassismus, sind persönliche Begegnungen", weiß Landau, der selbst Sohn eines Holocaust-Überlebenden ist. Deswegen freue es ihn besonders, dass auch die Initiative Likrat der Israelitischen Kultusgemeinde in ein Modul einfließen wird. Im Rahmen von Likrat werden schon seit Jahren junge religiöse Juden und Jüdinnen ausgebildet, um in Schulen zu gehen. Nun gehen sie auch in Polizeischulen. "Die Polizei ist der einzige Berufsstand, der eine so massive Intervention in die Grundausbildung hineinnimmt", lobt Landau.

(Colette M. Schmidt, 10.7.2022)


Aus: "Die Polizei stellt sich ihrer dunklen Geschichte" Colette M. Schmidt (10. Juli 2022)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000137300255/die-polizei-stellt-sich-ihrer-dunklen-geschichte (https://www.derstandard.at/story/2000137300255/die-polizei-stellt-sich-ihrer-dunklen-geschichte)

Quote
M. Bürger
Für viel mehr Demokratie, gegen totalitäre Regime und Faschismus jeglicher Couleur 1

"... dass so etwas nicht wieder passieren kann."

Das ist leider völlig ausgeschlossen. Immer und überall wurden, werden, und werden Unrechtsregime jeglicher Art von der Polizei ebenso unterstützt werden, wie vom Militär, der Justiz, und anderen Menschen in irgendwelchen Machtpositionen. Von ganz oben, bis ganz unten, mit jeweils nur wenigen Ausnahmen, die nicht in der Lage sind, das Unrecht nachhaltig zu verhindern.

Die Hauptursachen sind durchaus nicht in der häufig entschuldigend angeführten Angst um die eigene Sicherheit gelegen, sondern wohl öfter im durchaus typischen Opportunismus. Dieses Übel ist ja auch in unserer heutigen Gesellschaft deutlich zu erkennen. Nur, dass es derzeit meist weniger dramatische Folgen hat. Was sich aber leider wieder ändern kann und wohl auch wird.


Quote
meister0900, Verein faktenbasierte Politik

Die Polizei würde auch heute ein faschistisches Regime stützen: Die Polizei hat uns noch nie vor dem Faschismus beschützt und wird das auch nie machen. Machen wir uns nichts vor.


Quote
Die_Stadtläuferin

Ein Blick auf eine Weltkarte zeigt, dass die Sicherheitskräfte vieler Staaten undemokratische Systeme verschiedenster Arten unterstützen ...


Quote
Avicenna

Wer nicht aus der Geschichte lernt ist dazu verdammt die zu wiederholen
Es ist sehr zu begrüßen, dass die Polizei sich ihrer dunklen Vergangenheit von 1938 bis 1945 stellt und diese durch internationale Spezialisten aufarbeiten lässt. Die Zeit danach ist sicher auch interessant. Gerade in Österreich war es mit der Entnazifizierung ja nicht weit her. Eh. Nazis waren in der Justiz zu finden, als Universitätsprofessoren, als Beamte und als Polizisten. In diesen Ämtern transportierten sie ihre schreckliche Ideologie noch Jahrzehnte weiter.
Ein bisserl früher wäre halt gut gewesen, aber besser jetzt als nie. Hoffentlich werden dann auch Lehren daraus gezogen. Aufgabe der Polizei ist es auch die Demokratie zu schützen und allen autoritären Tendenzen entgegen zu treten. Auch in den eigenen Reihen...


Quote
austromir01

????????

Sich im Jahr 2022 den Taten von 1938 - 1945 zu stellen ist wahrlich kein Ruhmesblatt. Ihr Beitrag wirkt in etwa so wie eine Mutter die ihren 20-jaehrigen Sohn dafür lobt dass er sich zum ersten mal die Schuhe selber angezogen hat.


...
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 09, 2022, 11:13:26 AM
Quote[...] LONDON taz | Fast jeden Tag hat die Londoner Polizei (Metropolitan Police, genannt ,,Met") an Kindern, manche nur zehn Jahre alt, Leibesvisitationen durchgeführt, zu denen sich die Kinder und Jugendlichen vollkommen entkleiden mussten. ,,Mit großer Sorge" brachte die Kinderkommissarin für England und Wales, Rachel De Souza, am Montag ihren Bericht zum Thema heraus, den sie nach einem besonders markanten Fall veranlasst hatte.

Im Dezember 2020 war eine 15-jährige Schwarze in ihrer Schule im Londoner Stadtteil Hackney von ihren Leh­re­r:in­nen beschuldigt worden, Cannabis zu besitzen. Die Polizei wurde verständigt. Die zwei herbeigeeilten Beamten, eine Frau und ein Mann, ließen das Mädchen, sie ist öffentlich nur als Kind Q bekannt, sich im Krankenraum der Schule nackt ausziehen und durchsuchten es. Dass das Mädchen gerade seine Tage hatte, hielt sie nicht ab. Obendrein war keine erziehungsberechtigte Person anwesend, wie es das Gesetz verlangt. Die beiden Beamten hatten weder die Mutter verständigt, noch ihre Maßnahmen mit ihren Vorgesetzten abgesprochen.

Die zuständige Kinderschutzstelle prüfte den Fall und befand, dass die polizeiliche Maßnahme völlig unverhältnismäßig und höchstwahrscheinlich Rassismus mit im Spiel war. Als der Vorgang im März 2022 öffentlich wurde, kam es zu Protesten. Damals hieß es noch, es sei ein Einzelfall gewesen.

Die staatliche Kinderkommissarin wollte es genauer wissen und stellte Fragen an die Met. Nun liegen die Antworten vor. Zwischen 2018 und 2020 erlebten in London 650 Kinder unter 18 solche Durchsuchungen. In 25 Prozent der Fälle waren die Kinder zwischen 10 und 15 Jahre alt. Bei 23 Prozent war keine erziehungsberechtigte Person anwesend. 8 Prozent der Kinder waren laut Polizei schwarze Jungen, im Jahr 2018 sogar 75 Prozent.

Für 2021 sind die Daten laut Kommissarin nicht robust genug, und generell fehlen Angaben, wo die Kinder durchsucht wurden. Laut einem Bericht der Met im März beträgt die Zahl der Kinder in London, die zwischen 2019 und 2021 durchsucht wurden, sogar 5.279; 75 Prozent von ihnen gehörten ethnischen Minderheiten an.

,,Das Lernen aus solchen Fällen bedeutet, dass sie sich nicht wiederholen", warnte De Souza in ihrem Bericht am Montag und gab an, dass der Fall größere systemische Probleme vermuten lasse. Sie will weitere Berichte von anderen Polizeikräften anfordern. Eine zusätzliche Untersuchung hat die unabhängige Polizeibeschwerdestelle einberufen.

Die Londoner Met steht seit Längerem im Zwielicht. Zuletzt gab es eine Fülle von Skandalen, etwa die Entführung, Vergewaltigung und Ermordung Sarah Everards durch einen Polizeibeamten und die gewaltsame Auflösung einer Trauerkundgebung deswegen durch die Polizei. Danach wurde das Teilen von Fotos ermordeter Frauen unter Polizeibeamten bekannt sowie rassistische und frauenfeindliche Bemerkungen in Whatsapp-Gruppen.

Londons Bürgermeister Sadiq Khan sprach im Februar der Londoner Polizeichefin Cressida Dick das Misstrauen aus, woraufhin sie zurücktrat. Im Juni stellte die staatliche polizeiliche Aufsichtsbehörde die Met unter Ausnahmeverwaltung aufgrund ,,systematischen Versagens". Anfang Juli ernannte das Innenministerium Mark Rowley zum neuen Londoner Polizeichef; er versprach, das Vertrauen durch Reformen wieder aufzubauen.

In einem Statement an die taz erklärte die Met am Montag, manchmal sei es nötig, Kinder zu durchsuchen, die von Gangs und Drogendealern ausgebeutet werden könnten. Man werde dafür sorgen, dass dies korrekt und respektvoll geschehe.


Aus: "Übergriffe durch Londons Polizei: Unverhältnismäßige Durchsuchungen" Daniel Zylbersztajn, Auslandskorrespondent Großbritannien (8. 8. 2022)
Quelle: https://taz.de/Uebergriffe-durch-Londons-Polizei/!5870352/ (https://taz.de/Uebergriffe-durch-Londons-Polizei/!5870352/)

Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 20, 2022, 11:37:36 PM
Quote[...] Jesús Murillo Karam (* 2. März 1947 in Real del Monte, Hidalgo) ist ein mexikanischer Jurist und Politiker. ... Murillo Karam trat 1970 in die Partei der Institutionellen Revolution (PRI) ein. Von 1993 bis 1998 war er Gouverneur des Bundesstaates Hidalgo und von 2006 bis 2012 Senator. Im Dezember 2012 ernannte ihn der Präsident Enrique Peña Nieto zum mexikanischen Generalstaatsanwalt (Procurador General de la República).

Karam trat 2015 von seinem Posten als Generalstaatsanwalt zurück. Am 19. August 2022 wurde Karam verhaftet. Ihm werden Verschwindenlassen von Menschen, Folter und Vergehen gegen die Justizverwaltung vorgeworfen. Es geht um das Verschwinden von 43 Lehramtsstudenten im Bundesstaat Guerrero. ...


Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Jes%C3%BAs_Murillo_Karam (https://de.wikipedia.org/wiki/Jes%C3%BAs_Murillo_Karam) (20. August 2022)

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Quote[...] Fast acht Jahre nach dem Verschwinden von 43 Studenten eines Lehrerseminars in Mexiko ist der frühere Generalstaatsanwalt Jesús Murillo Karam verhaftet worden. Ihm wird gezieltes "Verschwindenlassen", Folter und Behinderung der Justiz vorgeworfen, wie die mexikanische Generalstaatsanwaltschaft mitteilte. Die Polizei habe Murillo aufgrund eines richterlichen Haftbefehls vor seinem Haus in Mexiko-Stadt festgenommen.

Murillo Karam war von 2012 bis 2015 Generalstaatsanwalt unter dem früheren mexikanischen Präsidenten Enrique Peña Nieto. In dieser Zeit hatte er die Aufsicht über die international stark kritisierte Untersuchung des Verschwindens von 43 Studenten des Ayotzinapa Rural Teachers' College in dem südwestlich gelegenen Bundesstaat Guerrero.

Außerdem gab die Staatsanwaltschaft nach seiner Festnahme Haftbefehle gegen insgesamt 83 Personen bekannt. Darunter waren unter anderem 44 Polizisten, 20 Angehörige der Streitkräfte sowie 14 Mitglieder des Drogenkartells Guerreros Unidos. Zudem wurden mehrere Verwaltungs- und Justizbeamte des Bundesstaates Guerrero festgenommen.

Auch Ihnen wird eine Verwicklung in das Verschwinden der Studenten im Jahr 2014 zur Last gelegt. Die in den Haftbefehlen erhobenen Vorwürfe lauteten organisierte Kriminalität, Verschwindenlassen von Menschen, Folter, Mord und Vergehen gegen die Justizverwaltung.

Die Studenten waren in der Nacht zum 27. September 2014 nahe der Stadt Iguala verschwunden, als sie auf dem Weg zu einer Demonstration in Mexiko-Stadt waren. Seitdem wurden zahlreiche Leichen in Massengräbern in den umliegenden Bergen gefunden. Dennoch sind bis heute nur die sterblichen Überreste von drei Opfern identifiziert worden. Der Fall hatte weltweit für Entsetzen gesorgt.

Murillo Karam gilt als Architekt der sogenannten historischen Wahrheit, der offiziellen Erklärung zu den Hintergründen der Tat, die 2015 unter Peña Nieto vorgelegt worden war. Demnach waren die Studenten von korrupten Polizisten verschleppt und an Guerreros Unidos ausgeliefert worden. Bandenmitglieder sollen die Studenten für Angehörige eines verfeindeten Kartells gehalten, ermordet und die Leichen verbrannt haben.

Die Angehörigen der Studenten sowie unabhängige Menschenrechtsexperten zweifeln die offiziellen Ermittlungsergebnisse an. Eine 2019 von Peña Nietos Nachfolger Andrés Manuel López Obrador ins Leben gerufene Wahrheitskommission kam in einem kürzlich vorgelegten Bericht zu dem Schluss, dass auch Soldaten eine Mitschuld tragen. "Ihre Taten, Unterlassungen oder Beteiligung ermöglichten das Verschwinden und die Hinrichtung der Studenten sowie die Ermordung von sechs weiteren Menschen", sagte der Leiter der Wahrheitskommission Ayotzinapa, Alejandro Encinas, bei der Vorstellung des Berichts. Er sprach von einem "Staatsverbrechen". Im Zusammenhang mit dem Fall wurden bereits zahlreiche Personen festgenommen, darunter Polizisten und Soldaten.


Aus: "Mexikos Ex-Generalstaatsanwalt verhaftet" (20. August 2022)
Quelle: https://www.zeit.de/politik/ausland/2022-08/mexiko-justiz-menschenrechte-folter-studenten (https://www.zeit.de/politik/ausland/2022-08/mexiko-justiz-menschenrechte-folter-studenten)

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Quote[...] Mexiko-Stadt – Im Fall der 43 verschwundenen Studenten in Mexiko ist der frühere Generalstaatsanwalt Mexikos verhaftet worden. Die Polizei habe einen Haftbefehl gegen den ehemaligen Top-Ermittler vollstreckt, teilte die Generalstaatsanwalt am Freitag mit. Jesús Murillo Karam war 2014 für die ersten Ermittlungen in dem Fall verantwortlich. Erst am Donnerstag hatte eine Wahrheitskommission den Behörden vorgeworfen, damals Beweise gefälscht zu haben, um die Wahrheit zu vertuschen.

Murillo Karam werden Verschwindenlassen von Menschen, Folter und Vergehen gegen die Justizverwaltung vorgeworfen, wie es in der Mitteilung weiter hieß. Murillo wurde an seinem Wohnsitz in Mexiko-Stadt festgenommen, er habe keinen Widerstand geleistet. Den ersten Ermittlungen unter seiner Leitung zufolge waren die Studenten getötet und in einer Müllhalde verbrannt worden. Diese These wurde später von unabhängigen Experten verworfen. Zudem sollen Zeugen gefoltert worden.

Korrupte Polizisten hatten die Studenten des Lehrerseminars Ayotzinapa in Iguala im Bundesstaat Guerrero im September 2014 verschleppt und dem Verbrechersyndikat Guerreros Unidos übergeben. Auch gegen Soldaten und Mitarbeiter weiterer Behörden wird ermittelt. Die Hintergründe der Tat sind noch immer nicht vollständig aufgeklärt. Die Wahrheitskommission hatte die Studenten zuvor für tot erklärt und den Fall als "Staatsverbrechen" bezeichnet.

Der Fall soll dennoch nicht zu den Akten gelegt werden. Die Generalstaatsanwaltschaft werde weiter daran arbeiten, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, sagte Staatschef Andrés Manuel López Obrador am Freitag in der nördlichen Stadt Tijuana bei seiner täglichen Pressekonferenz. "Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir die Wahrheit sagen, wie schmerzhaft sie auch sein mag", sagte López Obrador.

Die Eltern der jungen Männer wollten den Bericht zunächst gründlich analysieren, bevor sie sich äußern. Der Inhalt sei für sie sehr hart gewesen, teilte die Menschenrechtsorganisation Centro Prodh mit. Bisher waren die Studenten unter der Annahme gesucht worden, dass sie noch leben könnten.

Die Wahrheitskommission wurde vor fast vier Jahren eingesetzt. Sie besteht aus Regierungsvertretern, Angehörigen der Studenten und Fachleuten. Die sterblichen Überreste waren in den vergangenen Jahren von Gerichtsmedizinern in Innsbruck untersucht worden. So konnten manche der Opfer DNA-Untersuchungen durch in Tirol tätigen Forensiker eindeutig identifiziert werden. (APA, 20.8.2022)


Aus: "Mexikos Ex-Generalstaatsanwalt wegen 43 vermisster Studenten festgenommen" (20. August 2022)
Quelle:https://www.derstandard.at/story/2000138411533/mexikos-ex-generalstaatsanwalt-wegen-43-vermisster-studenten-festgenommen (https://www.derstandard.at/story/2000138411533/mexikos-ex-generalstaatsanwalt-wegen-43-vermisster-studenten-festgenommen)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 29, 2022, 12:11:57 PM
Quote[...] Nach einem Polizeieinsatz gegen einen anschließend gestorbenen Randalierer in Oer-Erkenschwick im Kreis Recklinghausen ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen vier Beamte wegen Nötigung. Es bestehe der Anfangsverdacht, dass Einsatzkräfte im Anschluss auf Schaulustige eingewirkt hätten, die das Vorgehen der Polizei gefilmt hatten.

In mindestens einem Fall bestehe der Verdacht, dass Beamte ein Video auf dem Handy eines Zeugen gelöscht haben. Das erfülle den Anfangsverdacht einer Nötigung, teilte die Staatsanwaltschaft Bochum am Sonntag mit. Weitere Einzelheiten wurden nicht genannt. Für Rückfragen waren zunächst weder die Staatsanwaltschaft noch die ermittelnde Polizei Dortmund erreichbar.

Der Fall vom 7. August hatte bundesweit Schlagzeilen gemacht: Der 39-jährige, der in einer Wohnung randaliert haben soll, verlor während des Polizeieinsatzes das Bewusstsein und starb wenige Stunden später im Krankenhaus. Die Polizei hatte damals mitgeteilt, der Mann habe so massiven Widerstand geleistet, dass die Polizisten Pfefferspray eingesetzt habe. Gegen die acht beteiligten Polizisten wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung im Amt eingeleitet.

Woran der 39-Jährige starb, sei auch nach der Obduktion weiterhin unklar, schrieb die Staatsanwaltschaft am Sonntag. Der Mann habe aber wohl unter starkem Drogeneinfluss gestanden.

Den Angaben der Polizei zufolge hatten etwa 150 Schaulustige den Einsatz verfolgt, viele filmten mit ihren Handys. ,,Nach derzeitigem Ermittlungsstand gibt es Anhaltspunkte dafür, dass eingesetzte Beamte Filmaufnahmen auf den Mobiltelefonen der Zeugen im unmittelbaren Anschluss an die polizeilichen Maßnahmen eingesehen und zumindest in einem Fall auch gelöscht haben könnten", schrieb die Staatsanwaltschaft zum Verdacht der Nötigung durch Beamte.

Eine externe Fachfirma sei damit beauftragt worden, die möglicherweise gelöschten Videos auf den Handys der Zeugen wiederherzustellen, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Gleichzeitig appellierten die Ermittler an weitere Zeugen des Einsatzes, sich bei der Polizei Dortmund zu melden.

Die Ermittlungen zu dem Polizeieinsatz im Kreis Recklinghausen führt aus Neutralitätsgründen die Polizei Dortmund - während gleichzeitig die Polizei Recklinghausen im Fall eines von Polizisten erschossenen 16-Jährigen in Dortmund ermittelt. An dieser überkreuzten Zuständigkeit hatte es zuletzt von verschiedenen Seiten Kritik gegeben. (dpa)


Aus: "Polizei gerät nach tödlichem Einsatz weiter in Bedrängnis" (28.08.2022)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/verdacht-der-noetigung-von-zeugen-polizei-geraet-nach-toedlichem-einsatz-weiter-in-bedraengnis/28634258.html (https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/verdacht-der-noetigung-von-zeugen-polizei-geraet-nach-toedlichem-einsatz-weiter-in-bedraengnis/28634258.html)

QuoteAnsgarst 10:59 Uhr

Wir spekulieren alle, für die einen ist der Täter der schuldige für die anderen die Polizei die eh immer Schuld hat. ....


QuoteThomasT. 28.08.2022, 21:22 Uhr

[Es braucht eine] Polizeiunabhängige Beschwerde- und Ermittlungsbehörde ... Bis jetzt ermittelt die Polizei gegen sich selbst.
Das funktioniert nicht.

... Stattdessen kommt jetzt wieder der Tanz mit irgendwie zufällig abgestellten Bodycams. Aber eine MP rattert einen 16-Jährigen Selbstmordgefährdeten um. ... In dem Land wo die die es wissen, bis heute nicht gesagt haben, wie Oury Jalloh starb.

...


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Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 30, 2022, 12:00:12 PM
Quote[...] Erzwingung des spurlosen Verschwindens von Menschen, auch Verschwindenmachen, Verschwindenlassen oder Erzwungenes Verschwinden genannt (span. desaparición forzada, engl. forced disappearance), ist eine Form der staatlichen Willkür, bei der staatliche oder quasi-staatliche Organe Menschen in ihre Gewalt bringen und dem Schutz des Gesetzes längere Zeit entziehen, wobei dies gleichzeitig gegenüber der Öffentlichkeit geleugnet wird. Das Verschwindenlassen wird als Mittel der staatlichen Unterdrückung in der Regel gegen politische Gegner, vermeintliche Straftäter bzw. auch nur der herrschenden Gruppierung missfallende Personen angewendet. Es ist im Völkerrecht als Verbrechen gegen die Menschlichkeit sanktioniert und gilt als eine der schwerwiegendsten Menschenrechtsverletzungen.

... In Lateinamerika wurden in den 1970er- und 1980er-Jahren fast alle Länder längere Zeit von rechtsgerichteten, oft von den USA politisch unterstützten Militärdiktaturen regiert. Diese unterdrückten fast durchweg mit Gewalt die meist links stehende Opposition in so genannten Schmutzigen Kriegen. Ein verbreitetes Mittel dazu war das heimliche Verschwindenlassen von missliebigen Personen durch anonym bleibende Mitglieder von Sicherheitskräften.

...


Aus: "Verschwindenlassen" (30. Juli 2022)
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Verschwindenlassen (https://de.wikipedia.org/wiki/Verschwindenlassen)

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Quote[...] Jedes Jahr verschwinden auf der Welt zahlreiche Menschen durch kriminelle Banden und korrupte Polizei. Hinterbliebenen bleiben oft nur Angst, Trauer und Unverständnis.

... Mal werden die Menschen von der Straße weg entführt oder während einer Demonstration, mal werden sie von zu Hause verschleppt oder an ihrem Arbeitsplatz festgenommen. Was danach mit ihnen passiert, kann nur erahnt werden. Vielleicht werden sie misshandelt, gefoltert, vielleicht verhört, zu Tode gequält, umgebracht und irgendwo im Nirgends "entsorgt", in Säure aufgelöst, ins Meer oder Seen versenkt, in abgelegenen Flächen verscharrt, vergraben. Keine Angaben über ihren Verbleib.

... Gewaltsames Verschwindenlassen von Personen – la desaparición forzada – war eine gängige Praxis der lateinamerikanischen Militärdiktaturen. Mit dieser Praxis "entsorgten" die Militärs Gegner oder politisch Andersdenkende, verbreiteten Angst und Terror. Von 1966 bis 1986 sind ungefähr 90.000 Menschen gewaltsam verschwunden. Angehörigen und Überlebenden gelang es, eine breite, internationale Öffentlichkeit über diese Verbrechen zu informieren. 1978 verabschiedete die UN-Generalversammlung eine Resolution, die gewaltsames Verschwindenlassen als spezifisches Verbrechen und als universales Problem benannte. Eine 1980 gegründete Arbeitsgruppe der UN-Menschenrechtskommission untersuchte, wie gewaltsames Verschwindenlassen völkerrechtlich geahndet werden könnte. Dieser Working Group on Enforced or Involuntary Disappearances (WGEID) wurden in den ersten 30 Jahren seit ihrer Gründung rund 50.000 Fälle gewaltsamen Verschwindenlassens aus über 80 Ländern angezeigt.

... Verschwindenlassen ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit und doch ist es auch im Jahr 2022 nach wie vor eine angewandte Praxis in vielen Ländern dieser Welt. Beteiligt daran sind immer wieder staatliche Sicherheitskräfte, entweder als Täter, um ihre korrupten Praktiken zu sichern, oder indem sie die Täter schützen. Eine Strafverfolgung findet kaum statt und wenn überhaupt nur dann, wenn es gelingt, die Fälle öffentlich als das zu benennen, was sie sind: Verbrechen gegen die Menschlichkeit!

...


Aus: "In Säure aufgelöst, im Meer versenkt, verscharrt, vergraben, verbrannt" Erika Harzer (29. August 2022)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/2022-08/tag-der-verschwundenen-entfuehrungen-gewaltsames-verschwindenlassen-lateinamerika-vereinte-nationen/komplettansicht (https://www.zeit.de/kultur/2022-08/tag-der-verschwundenen-entfuehrungen-gewaltsames-verschwindenlassen-lateinamerika-vereinte-nationen/komplettansicht)

QuoteNiklas Sieber #5

Mexiko macht aber auch Hoffnung. Ständiger Druck durch die Öffentlichkeit und die mutigen Angehörigen hilft.


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Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 17, 2022, 11:55:45 PM
Quote[...] Das Video eines Polizeieinsatzes in der Wohnung eines syrischen Ehepaars in Berlin geht unter die Haut. Der Vorfall ereignete sich am 7. September. Die Wellen der Empörung über das Vorhalten der Polizisten schlagen hoch, seit der fünfminütige Clip im Netz steht.

Zu sehen ist ein aufgelöstes Ehepaar, barfuß und in Nachtbekleidung, das von zwei Polizeibeamten offenbar aus dem Schlaf geklingelt worden ist, zu hören ist Kindergeschrei. Die Beamten tragen dunkle Einsatzkleidung und festes Schuhwerk. Aber das ist es nicht, was die Szene in der Wohnung bedrohlich macht [https://taz.de/Polizeiproblem-in-Berlin/!5878147/ (https://taz.de/Polizeiproblem-in-Berlin/!5878147/)].

Grund des Einsatz ist die Vollstreckung eines Haftbefehls gegen den 30-jährigen Ehemann. Eine Geldbuße von 750 Euro wegen Fahrens ohne Fahrschein hatte er offenbar nicht bezahlt. Zudem sollte die Frau von den Beamten wohl eine Gefährderansprache erhalten, weil sie gegen Personen wiederholt beleidigend geworden sein soll. Die 750 Euro wurden dann im Verlauf des Einsatzes bezahlt.

Die ersten Szenen des Videos lassen noch vermuten, dass es sich um Beamte handelt, die von ihrem Auftrag einfach nur überfordert sind. Aber schnell wird klar, dass man es zumindest bei einem der beiden – groß, kräftig, kahler Kopf – mit einer unangenehmen kaltschnäuzigen Beamtentype zu tun hat, die nicht zum ersten Mal in ihren Leben rassistische Sprüche drischt. ,,Halt die Schauze", schreit er die Ehefrau an.

Die Frau – so sieht man es im Video – will das Schlafzimmer nicht verlassen, denn das hätte bedeutet, ihren Mann mit den Beamten alleine zu lassen. ,,Ich gehe nicht raus, das ist mein Haus", ruft sie, die nur ein Nachthemd trägt. Der Kahlköpfige herrscht sie daraufhin an: ,,Das ist mein Land und du bist hier Gast." Und dann später nochmal: ,,Ihr seid hier in unserem Land und habt euch nach unseren Gesetzen zu verhalten."

Obwohl sie selbst schwer unter Druck steht, gelingt es der Frau, den Ablauf mit ihrem Handy zu filmen. Auch eines der drei Kinder hält das Telefon kurz. So kann nun jeder hören und sehen, was sich in der Wohnung abgespielt hat: Wie der Ehemann, nur mit Unterhose und T-Shirt bekleidet, von den Beamten erst gegen einen Spiegelschrank geschubst, dann auf den Boden geworfen wird und schließlich mit heruntergedrücktem Kopf Handfesseln angelegt bekommt. Dieses rabiate Vorgehen ist durch nichts, was im Film zu sehen ist, gerechtfertigt.

Das Ehepaar hatte nach dem Einsatz Strafanzeige gegen die Beamten erstattet. Die wiederum – man kennt das zur Genüge von anderen Vorfällen – haben das Ehepaar ihrerseits angezeigt. Ohne das Video, das im Netz viral geht, wäre der Fall wohl so ausgegangen wie zumeist: Den Polizisten und nicht den Betroffenen des Einsatzes wäre geglaubt worden, weil Gerichte Polizisten in der Regel mehr Vertrauen schenken.

Noch laufen die Ermittlungen gegen beide Seiten. Die Polizeiführung hat nach Bekanntwerden des Films aber immerhin zumindest soweit reagiert, dass der beteiligte Beamte Jörg K. in den Innendienst versetzt wurde. Die dokumentierten Äußerungen seien nicht mit dem Leitbild der Polizei Berlin vereinbar, sagte Polizeisprecher Thilo Cablitz. Der Staatsschutz habe Ermittlungen gegen den Beamten wegen fremdenfeindlicher Beleidigung aufgenommen.

Was zurück bleibt, ist das schale Gefühl, dass es sich um keinen Einzelfall handelt. Der Linken-Politiker Niklas Schrader formulierte es auf Twitter so: Unabhängig von ,,diesem widerlichen Vorgang" stelle sich natürlich die Frage, wie viele Fälle mit einem derartigen Umgang es bei der Polizei gibt. Fälle, bei denen eben niemand gefilmt hat und sich niemand traut, das anzuzeigen.

Bezeichnend ist, dass der Gewerkschaft der Polizei zu dem Vorfall kaum etwas anders einfällt, als dass geprüften werden müsse, ob durch die Filmaufnahmen die Persönlichkeitsrechte der Beamten verletzt worden seien. Dabei ist das brutale Verhalten der Beamten in der Wohnunge ein Ereignis der Zeitgeschichte: Nach Paragraf 23 des Kunsturhebergesetzes haben die gefilmten Polizisten kein Anspruch auf Schutz ihrer Persönlichkeit.

Und vor allem: Wie, wenn nicht so, können Bürger in vergleichbaren Situationen das Gegenteil beweisen? Darum, schon allein aus Selbstschutz, Kamera an, wenn die Polizei an der Haustür klingelt.



Aus: "Rassismus bei der Berliner Polizei: Filmen aus Selbstschutz" Kommentar von Plutonia Plarre (17. 9. 2022)
Quelle: https://taz.de/Rassismus-bei-der-Berliner-Polizei/!5881952/ (https://taz.de/Rassismus-bei-der-Berliner-Polizei/!5881952/)

"Polizeiproblem in Berlin: Video zeigt rassistischen Übergriff" Timm Kühn (14. 9. 2022)
Im Netz kursieren verstörende Szenen eines Polizeieinsatzes in einer Wohnung. Einer der beteiligten Beamten äußert sich klar rassistisch.
https://taz.de/Polizeiproblem-in-Berlin/!5878147/ (https://taz.de/Polizeiproblem-in-Berlin/!5878147/)

https://twitter.com/der_neukoellner/status/1569781189606612995 (https://twitter.com/der_neukoellner/status/1569781189606612995)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 26, 2022, 02:18:54 PM
Quote[...] Der Iran hat Kritik der Europäische Union am Vorgehen gegen die andauernden Proteste im Land zurückgewiesen. «Das ist Einmischung in die internen Angelegenheiten des Irans und Unterstützung von Krawallmachern», sagte Außenamtssprecher Nasser Kanaani. Der Fall Mahsa Amini werde derzeit untersucht, aber die EU und der Westen ignorierten diese Tatsache und unterstützten Unruhestifter, die die Sicherheit des Irans gefährdeten.

Auslöser der seit neun Tagen anhaltenden regimekritischen Proteste im Iran ist der Tod der 22 Jahre alten Mahsa Amini. Sie war von der Sittenpolizei wegen eines Verstoßes gegen die strenge islamische Kleiderordnung festgenommen worden und am 16. September unter ungeklärten Umständen verstorben.

Indessen beeinträchtigt eine massive Internetsperre im Iran die Verbreitung von Informationen über die Proteste im Land stark. Demonstranten können beispielsweise weniger Videos und Informationen in sozialen Medien posten. Augenzeugen berichteten aber, dass Menschen in der Nacht zum Montag in verschiedenen Teilen der Hauptstadt Teheran gegen die iranische Führung protestiert hatten. «Islamische Republik wollen wir nicht, wollen wir nicht» war einer der meist gehörten Slogans.

Augezeugen berichteten weiter, dass die Polizei einige Hauptstraßen in Teheran blockierte, um eine Ausweitung der Proteste zu verhindern. Auch waren Schüsse zu hören, unklar jedoch, ob in die Luft oder auf Demonstranten. Viele Teheraner lassen auch die Eingangstüren ihrer Gebäude offen, damit Demonstranten sich vor den Sicherheitskräften verstecken können.

Die lokale Presse berichtet entweder überhaupt nicht über die Proteste oder sie reflektiert lediglich den Standpunkt der Regierung. Mehrere iranische Reporter wurden nach Angaben des Journalistenverbands wegen ihrer kritischen Berichterstattungen über die Proteste entweder verhaftet oder mit rechtlichen Konsequenzen verängstigt.

Für Iraner sind daher nur die sozialen Medien und die persischsprachigen Nachrichtensender im Ausland Nachrichtenquellen. Aber die massiven Einschränkungen des Internets haben auch den Zugang zu diesen Quellen erheblich erschwert. 

Dementsprechend gibt es auch keine neuen Angaben zu der Anzahl der Toten oder Festgenommenen. Bislang war inoffiziell von über 40 Toten und über 1000 Festnahmen in zwei Provinzen im Nordiran die Rede. Beobachter befürchten jedoch weitaus mehr Tote – sowohl auf der Seite der Demonstranten als auch der Sicherheitskräfte – und auch eine große Festnahmewelle.

Immer mehr iranische Prominente schließen sich den Protesten an. Einheimische Fußball- bis hin zu Filmstars kritisieren die aggressive Vorgehensweise der Führung gegen die Demonstranten. Besonders aktiv ist der iranische Fußballstar und ehemalige Bundesliga-Profi Ali Karimi. Wegen seiner offenen Kritik sollen nun seine Bankkonten eingefroren werden.

Auch der Regisseur und zweifache Oscarpreisträger Asghar Farhadi und andere renommierte Filmstars sympathisieren mit den Demonstranten. Die Hardliner im Land haben daher ein Arbeitsverbot für all diejenigen Künstler gefordert, die sich auf die Seite der Demonstranten stellen.

Das Auswärtige Amt in Berlin bestellte den iranischen Botschafter ein. Das Gespräch werde an diesem Montagnachmittag stattfinden, teilte ein Sprecher des deutschen Außenministeriums in Berlin mit. Zudem betonte er, man werde auf EU-Ebene rasch über alle Optionen einer Reaktion beraten.

Zuvor hatte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell im Namen der 27 Mitgliedsstaaten erklärt, der unverhältnismäßige Einsatz von Gewalt gegen gewaltlose Demonstranten im Iran sei nicht zu rechtfertigen und nicht hinnehmbar.

Die EU forderte, dass der Iran die Zahl der Toten und Verhafteten klären, alle gewaltlosen Demonstranten freilassen sowie den Inhaftierten ein ordnungsgemäßes Verfahren gewähren müsse. Der Tod von Amini müsse ordnungsgemäß untersucht und die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden. Zugleich drohte die EU vage mit möglichen Sanktionen gegen das Land.



Aus: "Iran weist EU-Kritik am Vorgehen gegen Demonstranten zurück" (26. September 2022)
Quelle: https://www.radio-bamberg.de/iran-weist-eu-kritik-am-vorgehen-gegen-demonstranten-zurueck-10063597/ (https://www.radio-bamberg.de/iran-weist-eu-kritik-am-vorgehen-gegen-demonstranten-zurueck-10063597/)

https://www.radio-bamberg.de/berichte-mehr-als-40-tote-bei-protesten-im-iran-10058722/ (https://www.radio-bamberg.de/berichte-mehr-als-40-tote-bei-protesten-im-iran-10058722/)

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Quote[...] BERLIN taz | Eine Gruppe bewaffneter Soldaten patrouilliert durch die leeren Straßen einer Wohngegend am späten Abend. Ein kleiner Junge beobachtet sie aus einem Fenster, ein Erwachsener steht neben ihm und schiebt die Gardine vorsichtig zur Seite. Sekunden später zielt einer der Soldaten auf das Fenster und schießt. Der kleine Junge duckt sich daraufhin schnell vom Fenster weg. Das zeigt ein Video vom 23. September auf den sozialen Medien. Der Ort? Die kurdische Stadt Bokan in der Provinz West-Aserbaidschan im Nordwesten des Iran.

Seit dem Tod der 22-jährigen Kurdin Zhina Amini am 16. September wüten massive Proteste in über 40 Städten im Iran. Begonnen haben die Proteste in Seqiz, Aminis Heimatstadt in der Provinz Kurdistan im Westen des Landes. Hier vermischt sich die Wut über den Tod Aminis mit der Kritik an der systematischen Diskriminierung der Kurd*innen.

Die Proteste weiten sich schnell auf andere kurdische Städte wie Urmia, Sardascht, Sine/Sanandaj und Bokan aus. Mittlerweile trägt nahezu das gesamte Land die Proteste mit. Neben Forderungen zur Abschaffung des Verschleierungszwangs rufen neben Kur­d*in­nen auch Perser*innen, Araber*innen, Aser­bai­dscha­ne­r*in­nen und Be­lut­sch*in­nen Seite an Seite Parolen gegen das repressive Regime.

Dabei kommt es immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen De­­mons­tran­t*in­nen und Sicherheitskräften. Bislang unbestätigte Videos in den sozia­len Medien zeigen nicht nur das Ausmaß der Gewalt, sondern auch den revolutionären Charakter der Protestwelle, insbesondere in den kurdischen Städten. Einige kurdische Social-Media-Accounts verbreiteten am Freitagabend die Nachricht, dass die kurdische Stadt Shino sich der Kontrolle des iranischen Staates entzogen habe.

Die erste kurdische Republik wurde immerhin 1947 im nur 95 Kilometer von Shino entfernten Mahabad ausgerufen, erinnern die Politikwissenschaftlerin Dastan Jasim und Journalist Pedram Zarei in Analyse & Kritik. Mittlerweile sei die Stadt wieder unter militärischer Kontrolle des Regimes. Das berichtet Hengaw, eine in Oslo ansässige Menschenrechtsorganisation. Solche Berichte können bis dato nicht unabhängig überprüft werden. Laut der Menschenrechtsorganisation Iran Human Rights (IHR) sind seit dem Beginn der Protestwelle mindestens 54 Menschen ums Leben gekommen und mehrere Hunderte verletzt oder verhaftet worden, Tendenz steigend.

Die landesweiten Proteste schlugen laut Onlinevideos immer wieder in Gewalt um. Die Repressionen sind besonders stark in den kurdischen Gebieten. In Piranschahr, Mahabad und Urmia schossen die Sicherheitskräfte den Aufnahmen zufolge mit scharfer Munition auf unbewaffnete Demonstranten. Die meisten Getöteten sind daher Kurd*innen, wie die 20-jährige Hadis Najafi* in Urmia am Wochenende.

Die kurdischen Regionen sind weitgehend von der Außenwelt abgeschnitten. Vergangene Woche hat die Regierung das Internet im ganzen Land weitgehend lahmgelegt. Betroffen ist vor allem die Provinz Kurdistan, berichtet das Projekt Netblocks.org. Unbestätigten Berichten zufolge soll dort der Ausnahmezustand ausgerufen worden sein.

Am Samstag haben iranische Streitkräfte nach eigenen Angaben Stützpunkte kurdischer Separatistengruppen im benachbarten Nordirak angegriffen. Der militärische Angriff wurde als ,,legitime Reaktion" auf vorherige Angriffe kurdischer Gruppen auf iranische Militärbasen im Grenzgebiet gerechtfertigt, wie die dem iranischen Militär nahestehende Nachrichtenagentur Tasnim berichtete.

Einige sehen in den Angriffen eine Reaktion auf die Proteste in den kurdischen Gebieten, denen es anscheinend laut sozialen Medien immer wieder gelingt die Streit- und Sicherheitskräfte des Regimes zu vertreiben. Irans Innenminister Ahmad Wahidi hatte zuvor einigen kurdischen Gruppen vorgeworfen, an den regierungskritischen Protesten der vergangenen Tage im Iran beteiligt gewesen zu sein. Laut der Regierung soll es auch kurdische Waffenlieferungen an De­mons­tran­t*in­nen in den Kurdengebieten Irans gegeben haben.

Das iranische Regime bekämpft Kur­d*in­nen im Iran seit Jahrzehnten mit Gewalt. Dass Zhina Aminis Tod das gesamte Land jedoch derart mobilisieren konnte, das hängt vor allem mit der Person Zhina Amini zusammen. Kurdische Ex­per­t*in­nen weisen auf die mehrfache Diskriminierung Aminis hin.

Ihre Herkunft spiele für die Proteste durchaus eine Rolle. Vor allem als Kurdin und als Frau aus einem wirtschaftlich schwachen Teil des Landes habe sie die historische Frustration und Wut im Land in sich vereinen können und so dazu beigetragen, dass auch viele weitere im Iran lebende Menschen gemeinsam Seite an Seite den kurdischen Slogan ,,Jin, Jiyan, Azadi" (auf deutsch ,,Frau, Freiheit, Leben") rufen und gegen ein jahrzehntelanges System der Diskriminierung und Gewalt protestieren. Ak­ti­vi­si­t*in­nen sind überzeugt: Ohne Kurdistan, ohne Zhina Amini wäre dieser Protest womöglich nicht machbar gewesen.

*Anm. der Red: Auf Twitter war am Samstag vielfach ein Video geteilt worden, dass die 20-jährige Hadis Najafi mit offenem Haar auf dem Weg zu Protesten zeigen soll. Am Sonntag wurde die Meldung verbreitet, dass Hadis Najafi bei den Protesten durch sechs Kugeln getötet worden sei.


Aus: "Frauenrechte im Iran: Protest mit kurdischem Antlitz" Sham Jaff (25. 9. 2022)
Quelle: https://taz.de/Frauenrechte-im-Iran/!5880010/ (https://taz.de/Frauenrechte-im-Iran/!5880010/)

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"Proteste im Iran: Menschenrechtler gehen von mindestens 76 Toten aus" (27. September 2022)
Die Organisation Iran Human Rights wirft Irans Polizei vor, mit scharfer Munition auf Demonstrierende zu schießen. Das Militär fahndet nach "Anführern der Unruhen". ... Amiry-Moghaddam rief die internationale Gemeinschaft dazu auf, entschieden und vereint konkrete Schritte gegen die Tötung und Folter von Demonstranten zu unternehmen. Der Organisation zufolge wurden in 14 Provinzen des Landes Todesfälle gezählt, 25 allein in Masandaran am Kaspischen Meer. In Teheran seien drei Tote zu beklagen, hieß es. Iranische Behörden meldeten mehr als 1.200 Festnahmen und mindestens 41 Tote, darunter zahlreiche Einsatzkräfte. ...
https://www.zeit.de/politik/ausland/2022-09/iran-demonstranten-76-tote-ngo-polizei-schuesse (https://www.zeit.de/politik/ausland/2022-09/iran-demonstranten-76-tote-ngo-polizei-schuesse)


Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 05, 2022, 01:07:15 PM
Quote[...] Der Rapper Saman Yasin hatte die landesweiten Proteste im Iran unterstützt. Auch in seinen Liedern und über Social Media machte er auf die Demos und die getötete Mahsa Amini aufmerksam. Laut der Organisation Hengaw wurde er am 2. Oktober festgenommen. Nach den verfügbaren Informationen wurde Saman Yasin während seiner Haftzeit schweren psychischen und physischen Folterungen ausgesetzt. Am 29. Oktober verurteilte ihn ein Gericht zum Tod.

Auslöser der Massendemonstrationen war der Tod der 22 Jahre alten iranischen Kurdin Mahsa Amini. Die Sittenpolizei hatte sie Mitte September festgenommen, weil sie gegen die islamischen Kleidungsvorschriften verstoßen haben soll. Sie starb dann in Polizeigewahrsam. Seither gehen Zehntausende gegen die repressive Politik der Islamischen Republik auf die Straßen. Mehr als 280 Menschen wurden nach Angaben von Menschenrechtlern seither getötet, mehr als 14.000 verhaftet.


Aus: "Kurdischer Rapper Saman Yasin im Iran zum Tode verurteilt" Christian Gehrke (04.11.2022)
Quelle: https://www.berliner-zeitung.de/news/kurdischer-rapper-saman-yasin-im-iran-zum-tode-verurteilt-li.283587 (https://www.berliner-zeitung.de/news/kurdischer-rapper-saman-yasin-im-iran-zum-tode-verurteilt-li.283587)

Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 30, 2022, 06:41:08 PM
Quote[...] Ganz am Ende, nach zwei Prozesstagen, geht es auf einmal sehr schnell. Gerade noch steht Aussage gegen Aussage, da reicht Rechtsanwalt Jonas Hennig der Richterin einen Stick herüber und bittet sie, das Video darauf abzuspielen. Nur wenige Minuten ist der Film lang. Anschließend spricht die Richterin den Angeklagten sofort mit knappen Worten frei. "Was auf dem Video zu sehen ist", sagt sie, "erschreckt mich sehr."

Viel mehr musste wohl nicht gesagt werden nach diesem Film. Denn darauf zu sehen ist unzweifelhaft ein Fall von Polizeigewalt. Aber nicht die Polizisten, die einen Spaziergänger mit dem Schlagstock zu Boden schlugen, die ihn fesselten und dabei ein Knie auf seinen Hals drückten, saßen auf der Anklagebank, sondern der Spaziergänger Robert B.

Robert B, Feuerwehrmann von Beruf, ist am Nachmittag des 5. Februar 2022 mit Freunden an der Hamburger Binnenalster unterwegs. Es ist die Hochphase der Proteste gegen die Corona-Maßnahmen. Jedes Wochenende gehen Protestierende auf die Straße, in angemeldeten Demonstrationen oder auf verabredeten Spaziergängen in kleinen Gruppen. Auch Robert B. schlendert an diesem Tag mit seiner Lebensgefährtin und Freunden am Jungfernstieg entlang, in der Hand eine Packung Bratreis vom Asia-Schnellimbiss. Ob sie zufällig oder bewusst gerade dort entlanglaufen, wo sich auch die Demonstrierenden versammeln – das weiß man nicht. Was man weiß: Sie stoßen dort auf Polizisten und wenige Minuten später liegt Robert B. mit Handschellen gefesselt auf dem Boden, über ihm uniformierte Beamtinnen und Beamte.

Es gibt zwei Versionen davon, was in den Minuten davor geschah. Die erste trägt die Staatsanwältin am 22. November vor, als sie in Saal 297 des Hamburger Amtsgerichts die Anklage verliest. Sie wirft Robert B. vor, dass er einen Polizisten attackiert und Widerstand gegen ihn geleistet habe. Der Beamte habe ihn gestoppt, weil er glaubte, Robert B. wolle zu einer verbotenen Corona-Demonstration. Er sei mit den Fäusten auf den Polizisten losgegangen. Als der ihn zurückschubste, habe sich Robert B., schon am Boden liegend, heftig gegen seine Festnahme gewehrt.

Ganz anders die Version des Angeklagten. "Mein Mandant bestreitet die Vorwürfe, er ist nachweislich unschuldig", sagt sein Anwalt zu Beginn der Verhandlung und klagt damit implizit die Polizisten an, gewalttätig gewesen zu sein. Wenn Robert B. tatsächlich keinen Widerstand geleistet haben sollte – warum haben die Polizisten ihn dann mit ihrem Schlagstock zu Boden gebracht?

Aussage gegen Aussage. Das ist die klassische Konstellation in Fällen, in denen Polizisten Demonstrierende beschuldigen und umgekehrt. Wirft jemand Polizeibeamten eine Grenzüberschreitung vor, kontern die oft mit einer Anzeige wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt. In der Regel sind es dann die Demonstrierenden, die vor Gericht gebracht werden – Vertretern der Staatsgewalt wird oft schlichtweg mehr geglaubt. Das beste Beispiel dafür kommt aus Hamburg, wo nun auch Robert B. auf der Anklagebank sitzt. Nach den Ausschreitungen beim G20-Staatsgipfel 2017 klagte die Staatsanwaltschaft 449 Gipfel-Gegnerinnen und -Gegner wegen mutmaßlicher Gewalt- und Widerstandshandlungen an. Es gab Hunderte Prozesse, manche G20-Gegnerinnen und -Gegner kamen für Monate oder gar Jahre in Haft. Es gab zwar auch 157 Strafanzeigen und Ermittlungsverfahren gegen Polizistinnen und Polizisten wegen Gewaltvorwürfen – aber keine einzige Anklage.

Die Ruhr-Universität Bochum hat 2019 eine große Studie zu Polizeigewalt in Deutschland durchgeführt. Das Ergebnis: Nur neun Prozent der Befragten, die Polizeigewalt erlebt hatten, zeigten das an. Die anderen Befragten sagten dem Kriminologen und Studienleiter Tobias Singelnstein zufolge, sie hätten bei einer Anzeige gegen Polizisten keine Chance auf Erfolg gesehen oder befürchtet, im Gegenzug selbst eine Anzeige zu kassieren. Und wenn es doch zur Strafanzeige kam, so ein weiteres Ergebnis des 2019 veröffentlichten Zwischenberichts, wurden die Ermittlungen bis auf wenige Ausnahmen eingestellt. Weniger als zwei Prozent der Fälle kamen vor Gericht, weniger als ein Prozent endeten Singelnstein zufolge mit einer Verurteilung.

Auch Robert B. kennt diese Zahlen. Und genau deshalb sitzt er jetzt hier. Denn es gibt dieses Video, das eine Passantin an jenem Februartag mit ihrem Handy aufnahm und das zeigt, dass nicht er den Polizisten angegriffen hatte, sondern umgekehrt: Robert B. stand einfach mit seinem Bratreis da und aß. Als er fertig war, diskutierte er mit dem Polizisten vor ihm darüber, ob er die leere Essenspackung zum Mülleimer bringen dürfe, und der ging unvermittelt mit seinem Schlagstock auf Robert B. los.

Seine Anwälte hätten das Video schon im Ermittlungsverfahren an die Staatsanwaltschaft schicken können, dann hätte die den Feuerwehrmann wohl nie angeklagt. Doch der wollte gerade nicht, dass dieser Fall wie so viele einfach in den Akten verschwindet. Er wollte etwas anderes: einen Freispruch. Und vor allem: "Ein Exempel statuieren", sagt sein Anwalt Jonas Hennig.

Am ersten Verhandlungstag wird Matz H. als Zeuge in den Saal gerufen, ein kräftiger Mann mit breitem Kreuz und dunklem Haar. Der 34-Jährige ist der Polizist, der die kleine Gruppe damals am Jungfernstieg angehalten und der Robert B. schließlich mit seinem Schlagstock zu Boden gebracht hat. "Wir hatten den Auftrag, Leute anzusprechen, die sich den Spaziergängen anschließen wollten", sagt er aus. Bei der Personengruppe rund um Robert B. habe er das Gefühl gehabt, sie könne zu den Protestierenden dazugehören. Also stoppte er sie. "Ich hatte gleich das Gefühl, dass die Grundstimmung aggressiv war. Die wollten gleich eine Konfrontation aufbauen", behauptet der Polizist. Deshalb habe er zusammen mit anderen Beamtinnen und Beamten einen "Sicherungskreis" um Robert B. gezogen. Der aber habe eine Faust gegen den Beamten erhoben – Matz H. spielt den angeblichen Faustschlag im Gerichtssaal sogar vor – und erst daraufhin sei die Situation dynamisch geworden, wie er sagt. Kurz darauf lag Robert B. gefesselt am Boden.

Eine Aussage, die an einzelnen Punkten widersprüchlich erscheint, in sich aber schlüssig ist und von einem Kollegen des Polizisten am zweiten Verhandlungstag bestätigt wird. Es sieht nicht gut aus für den Angeklagten Robert B., aber da holt sein Anwalt den Stick mit dem Video hervor und das Blatt wendet sich: Freispruch für Robert B.

Abgeschlossen ist die Sache damit nicht. Jetzt geht ein zweites Kapitel der Geschichte los: Der Anwalt von Robert B. stellt noch im Gerichtssaal Strafanzeige gegen Matz H. und den anderen Polizeikollegen, der im Gericht ebenfalls eine andere Version des Nachmittags am Jungfernstieg geschildert hat. "Mein Mandant ist Opfer von schweren Straftaten geworden. Und Sie waren schon auf Verurteilungskurs, weil Sie Polizeibeamten einfach immer alles glauben", hält er der Staatsanwältin vor.

Die Staatsanwältin wird nun gegen die beteiligten Polizisten wegen des Verdachts einer Falschaussage vor Gericht und gefährlicher Körperverletzung ermitteln. Das kündigt sie im Gerichtssaal an. Und die Richterin, sichtlich erschrocken über das, was sie soeben erlebt hat, wendet sich mit ihren letzten Worten direkt an Robert B. "Ich finde es richtig, wie Sie sich entschieden haben", sagt sie zu ihm. "Was wir hier gesehen haben, muss an die Öffentlichkeit."


Aus: "Polizeigewalt in Deutschland: Der Polizist tappt in die Falle" Eine Reportage von Elke Spanner, Hamburg (29. November 2022)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/2022-11/polizeigewalt-hamburg-prozess-corona-protest (https://www.zeit.de/gesellschaft/2022-11/polizeigewalt-hamburg-prozess-corona-protest)

QuoteBeckmonk #26

In einem Rechtsstaat darf so etwas nicht passieren. Und doch passiert es, offenbar weitaus häufiger als wir wissen.
In Dänemark gibt es mit der Unabhängigen Polizeibeschwerdebehörde, kurz DUP, eine Institution, die allen Beschwerden über Polizeibeamte bei der Arbeit nachgeht. Hierzulande gibt es nichts vergleichbares, im Gegenteil: hier spielt etwa die Polizeigewerkschaft eine unrühmliche Rolle, die offenbar partout nicht will, dass Maßnahmen gegen Polizeigewalt, gegen Falschaussagen der Beamten und gegen den herrschwenden Korpsgeist ergriffen werden. Das muss sich umgehend ändern.


QuotePittigrill #26.1

... die hat ja Seehofer mit aller Macht verhindert


QuoteDer_Admiral #22

Das hier geschilderte Vorgehen von Robert ist bei vorhandenen Beweisen sehr häufig. Der Beweis wird zurückgehalten, bis die beteiligten Beamten eine falsche Aussage tätigen und erst dann wird der Beweis eingebracht. Nur so erreicht man eine angemessene Bestrafung der Täter in Uniform.
So auch gemacht beispielsweise bei dem krassen Fall in Trier im Frühjahr oder auch in einem Fall bei Potsdam, wo der falsch aussagende Kollege des Gewalttäters bei der Konfrontation mit dem Video in Ohnmacht gefallen ist. Bleibt die Frage, warum die Richterin davon schockiert ist, da solche Fälle regelmäßig vorkommen.


QuoteAlter_Zocker #28

Die vorsitzende Richterin hatte mit ihrem Schlussatz so Recht: Sowas muss an die Öffentlichkeit, leider landet dieser Artikel bei Zon aber hinter der Paywall, soviel dazu.


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Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 10, 2022, 11:26:06 AM
Quote[...] Im Iran ist nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Irna erstmals seit Beginn der Massenproteste vor annähernd drei Monaten ein Demonstrant hingerichtet worden. Der Mann sei Ende September in Teheran verhaftet worden, berichtete die Agentur am Donnerstag.

Jetzt droht mindestens 24 weiteren Demonstranten im Iran einem Bericht zufolge die Hinrichtung wegen ihrer Beteiligung an den systemkritischen Protesten. Die iranische Tageszeitung ,,Etemad" veröffentlichte am Samstag eine von der Justizbehörde zusammengestellten Liste, auf der 25 Demonstranten ,,Kriegsführung gegen Gott" vorgeworfen wird. Gemäß islamischer Rechtsauffassung steht auf diese Anklage das Todesurteil. Der auch auf der Liste aufgeführte Rap-Musiker Mohsen Schekari. war bereits am Donnerstag hingerichtet worden.

Ein Revolutionsgericht in der Hauptstadt Teheran habe ihn gemäß islamischer Rechtsauffassung wegen ,,Kriegsführung gegen Gott" verurteilt. Demnach wurde ihm zur Last gelegt, eine Sicherheitskraft mit einer Waffe angegriffen sowie Schrecken verbreitet zu haben.

Die Justizbehörde berichtet auf ihrer Website Misan Online mitteilte, der Mann habe Ende September bei einer Straßenblockade in Teheran ein Mitglied der paramilitärischen Basidsch-Milizen verletzt. Der ,,Randalierer" Mohsen Schekari habe am 25. September den Sattar-Khan-Boulevard in Teheran blockiert und einem Basidschi in die linke Schulter gestochen, erklärte die Justiz.

Schekari war den Angaben zufolge am 1. November von einem Revolutionsgericht in Teheran verurteilt worden. Am 20. November habe das Oberste Gericht die Berufung abgewiesen und damit die Vollstreckung des Urteils erlaubt.

Laut der Justizbehörde wurde Schekari für schuldig befunden, ,,in der Absicht zu töten, Terror zu verbreiten und die Ordnung und Sicherheit der Gesellschaft zu stören" gekämpft und seine Waffe gezogen zu haben.

Der prominente iranische Blogger und Menschenrechtsaktivist Hossein Ronaghi, der jüngst auf Kaution aus der Haft entlassen wurde, schrieb an die politische Führung gerichtet auf Twitter: ,,Wir werden die Augen angesichts der Exekutionen nicht verschließen, die Hinrichtung eines jeden Demonstranten wird ernste Konsequenzen für Euch haben." Das Leben einer Person zu nehmen sei ,,wie das Leben von uns allen zu nehmen. Könnt Ihr Galgen für uns alle aufstellen?"

Der Direktor der in Norwegen ansässigen Organisation Iran Human Rights, Mahmood Amiry-Moghaddam, forderte in Reaktion auf die Hinrichtung ,,schnelle praktische Konsequenzen auf internationaler Ebene". ,,Andernfalls werden wir täglich mit Hinrichtungen von Demonstranten rechnen müssen", schrieb er auf Twitter.

In den vergangenen Wochen wurden im Iran bereits mehrere Todesurteile gegen Demonstranten verhängt. Die Justiz hat angesichts der Proteste einen harten Kurs angekündigt.

Auch im Parlament forderten Abgeordnete harte Urteile bis zur Todesstrafe für die Tausenden inhaftierten Protestteilnehmer. Nach Einschätzungen von Menschenrechtlern wurden seit Mitte September mindestens 470 Demonstranten getötet und mehr als 18.000 verhaftet.

Auslöser der landesweiten Proteste war der Tod der iranischen Kurdin Mahsa Amini. Sie starb am 16. September im Polizeigewahrsam, nachdem sie von der Sittenpolizei wegen Verstoßes gegen die islamischen Kleidungsvorschriften festgenommen worden war. (dpa, AFP)



Aus: "Wegen ,,Kriegsführung gegen Gott": Erste Hinrichtung im Zusammenhang mit Protesten im Iran" (08.12.2022)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/internationales/erste-hinrichtung-im-zusammenhang-mit-protesten-im-iran-8992753.html (https://www.tagesspiegel.de/internationales/erste-hinrichtung-im-zusammenhang-mit-protesten-im-iran-8992753.html)

Quoteinterstellar2
08.12.22 13:46

Kriegsführung gegen Gott.
Tja, was ist das für ein Gott?

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QuoteDeho
08.12.22 12:06

Ein Aufstand gegen Ayatollah Khamenei ist ein Krieg gegen Gott? Was bildet der sich ein? Das wird Gott gar nicht gefallen, wenn sich einer für ihn ausgibt.


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Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 05, 2023, 10:10:43 AM
Quote[...] US-Polizisten im Einsatz haben 2022 laut einer Erhebung mehr Menschen getötet als in irgendeinem der zehn Jahre zuvor. Die gemeinnützige Initiative ,,Mapping Police Violence" hat 1176 Fälle erfasst, in denen Polizisten im Dienst einen Menschen in den Vereinigten Staaten töteten - mehr als drei pro Tag. 2021 waren dies 1145 gewesen.

24 Prozent der Getöteten seien Schwarze gewesen, obwohl sie nur 13 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen.

Seit Beginn der Erhebung der Statistik 2013 sei in weniger als zwei Prozent der Fälle Anklage gegen Polizisten erhoben worden, meldeten die Aktivisten gegen Polizeigewalt weiter.

Nur in rund einem Drittel der Fälle sei der Übergriff nach Verdacht auf ein Gewaltverbrechen geschehen, in den meisten Fällen seien Menschen beispielsweise bei Verkehrskontrollen, nach Störung der öffentlichen Ordnung oder Überprüfung der geistigen Gesundheit getötet worden. 

In der Statistik würden sowohl Opfer registriert, die durch Waffen als auch ohne Waffen getötet worden seien, nicht aber durch Unfälle, erklären die Autoren auf ihrer Webseite.

Auch die ,,Washington Post" erhebt mit einer eigenen Recherche seit 2015 Tote durch Polizeigewalt, erfasst aber nur Tote, die durch Schusswaffen starben. 2022 gab es laut der Zeitung 1090 solche Fälle - auch dies ist ein Höchstwert seit dem Start der Statistik.

2019 hatte eine Studie der Rutgers University ergeben, dass im Durchschnitt einer von tausend schwarzen Männern in den USA durch Polizisten getötet wird. Für Nicht-Weiße zählt Polizeigewalt laut der in ,,Proceedings of the National Academy of Sciences" veröffentlichten Arbeit zu den häufigsten Todesursachen in den Vereinigten Staaten. (dpa)


Aus: "Überproportional viele Schwarze: Mehr als drei Menschen pro Tag starben 2022 durch US-Polizeigewalt" (05.01.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/uberproportional-viele-schwarze-mehr-als-drei-menschen-pro-tag-starben-2022-durch-us-polizeigewalt-9129712.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/uberproportional-viele-schwarze-mehr-als-drei-menschen-pro-tag-starben-2022-durch-us-polizeigewalt-9129712.html)

https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2023-01/usa-statistik-tote-polizeigewalt (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2023-01/usa-statistik-tote-polizeigewalt)

Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 19, 2023, 11:30:16 AM
Quote[...] Rund 50 Jahre nach dem Beschluss des Radikalenerlasses hat sich der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann bei den zu Unrecht Betroffenen entschuldigt. "Eine ganze Generation wurde unter Verdacht gestellt, das war falsch. Einzelne mögen dann zu Recht sanktioniert worden sein, manche aber eben auch nicht", schreibt der Grünen-Politiker in einem Brief an die Betroffenen. "Sie haben zu Unrecht durch Gesinnungs-Anhörungen, Berufsverbote, langwierige Gerichtsverfahren, Diskriminierungen oder auch Arbeitslosigkeit Leid erlebt. Das bedauere ich als Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg sehr." Bislang habe sich kein Regierungschef eines Landes in der Form geäußert, hieß es aus dem Staatsministerium.

Mit dem Radikalenerlass aus dem Jahr 1972 sollte eine Unterwanderung des Staates verhindert werden. Die Gefahr von Links beunruhigte die damals noch junge Bundesrepublik. Der Beschluss des ersten sozialdemokratischen Kanzlers Willy Brandt und der Ministerpräsidenten der Länder sah unter anderem vor, dass vor jeder Einstellung in den öffentlichen Dienst eine Anfrage beim Verfassungsschutz gestellt werden muss. So sollte der Staatsapparat vor möglichen Verfassungsfeinden geschützt werden. Der Bund und die sozialdemokratisch regierten Länder rückten bereits 1979 wieder von dem Beschluss ab. Bayern schaffte ihn als letztes Bundesland im Jahr 1991 ab.

Wie viele Menschen betroffen waren, ist bis heute nicht abschließend geklärt. Die Schätzungen reichen nach Angaben der Hamburger Forschungsstelle für Zeitgeschichte von 1,8 bis 3,5 Millionen Verfassungsschutz-Anfragen. Bundesweit seien etwa 1000 bis 2000 Menschen nicht eingestellt worden. Damit sei vielen Menschen die Berufs- und Lebensperspektive genommen worden.

Kretschmann schreibt in dem Brief, der Radikalenerlass habe viel mehr Schaden angerichtet als Nutzen gestiftet. "Ein großer Teil der damals jungen Generation kam ohne besonderen Anlass in den Generalverdacht, nicht verfassungstreu zu sein", betont er. "Für diejenigen, die auf dem Rechtsweg nachteilige Entscheidungen revidieren konnten, waren es belastende und zermürbende Kämpfe", bilanziert der Ministerpräsident. "Andere, die diese Kämpfe nicht führen konnten oder wollten, tragen seither die beruflichen und biografischen Folgen des mangelnden Augenmaßes und dazu damit einhergehende Kränkungen."

Der 74-Jährige wäre damals auf dem Weg in den Lehrerberuf selbst fast über den Erlass gestolpert. Kretschmann bezieht sich in dem Brief auf seine linksradikale Studienzeit, die er als "größte Verirrung" seines Lebens bezeichnet. "Mich erschreckt noch heute, dass ein Mensch, selbst wenn er das Glück einer guten Ausbildung hatte wie ich, einen solchen 'Tunnelblick' entwickeln und sich derart in eine verblendete Weltsicht einbohren kann."

Kretschmann bot den Betroffenen dem Staatsministerium zufolge nun ein Gespräch an. Eine Rehabilitierung und Entschädigung sei jedoch nicht vorgesehen, weil eine Einzelfallprüfung kaum umzusetzen sei und weil Akten teils gar nicht mehr vorlägen, hieß es.

Quelle: ntv.de, Nico Pointner, dpa


Aus: "Kretschmann entschuldigt sich für Radikalenerlass" (19.01.2023)
Quelle: https://www.n-tv.de/politik/Kretschmann-entschuldigt-sich-fuer-Radikalenerlass-article23854526.html (https://www.n-tv.de/politik/Kretschmann-entschuldigt-sich-fuer-Radikalenerlass-article23854526.html)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 10, 2023, 10:23:55 AM
Quote[...] Staatsbediensteten und Militärangehörigen in Belarus droht bei Hochverrat künftig die Todesstrafe. Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko unterzeichnete ein entsprechendes Gesetz. Es sieht das Todesurteil für Funktionäre und Soldaten vor, die durch Akte des Verrats "irreparablen Schaden" für die nationale Sicherheit des Landes angerichtet hätten.

Die von Lukaschenko gebilligten Änderungen am Strafrecht umfassen zudem Strafen für die Verbreitung von "Propaganda des Terrorismus, Diffamierung der Streitkräfte sowie paramilitärischer Einheiten und die Verletzung von Regeln zum Schutz von Staatsgeheimnissen". Damit orientiert sich Belarus an ähnlichen Gesetzen wie sein Verbündeter Russland.

Belarus ist das einzige Land in Europa, das die Todesstrafe bisher nicht abgeschafft hat. Hinrichtungen drohen dort bisher bei Verurteilungen wegen Mordes oder Terrorismus. Vollzogen wird die Todesstrafe durch einen Schuss in den Hinterkopf.


Aus: "Belarus führt Todesstrafe bei Hochverrat ein" (10. März 2023)
Quelle: https://www.zeit.de/politik/ausland/2023-03/belarus-lukaschenko-todesstrafe-hochverrat-vorbild-russland (https://www.zeit.de/politik/ausland/2023-03/belarus-lukaschenko-todesstrafe-hochverrat-vorbild-russland)

Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 21, 2023, 11:08:11 AM
Quote[...] Tief sitzender Hass auf Homosexuelle, institutioneller Rassismus sowie weit verbreitete Frauenfeindlichkeit: Ein neuer Untersuchungsbericht hat schonungslos eine verrohte Kultur in der Londoner Polizei aufgedeckt. Die Metropolitan Police (Met) habe dabei versagt, Frauen vor Sexualstraftätern in Uniform zu beschützen, urteilte Louise Casey, die mit dem Report beauftragt worden war. "Es ist nicht unsere Aufgabe als Öffentlichkeit, uns vor der Polizei zu schützen. Es ist die Aufgabe der Polizei, uns Bürger zu schützen", sagte Casey, die als unabhängiges Mitglied im Oberhaus sitzt. "Viel zu viele Londoner haben das Vertrauen in die Polizei verloren."

Seit Jahren kommt die Met nicht aus der Krise. Sinnbildlich steht der Fall Sarah Everard. Dass ein Polizist die 33-Jährige im März 2021 unter Einsatz seines Dienstausweises entführte sowie anschließend vergewaltigte und ermordete, hat das Ansehen der Bobbys - so der freundliche Spitzname der britischen Schutzpolizisten, mit denen Touristen gerne posieren - zutiefst erschüttert. Doch auch nach der Verurteilung des Täters zu lebenslanger Haft treten immer neue Skandale zutage. Erst im Februar wurde ein Beamter, der in derselben Einheit diente wie der Everard-Mörder, zu jahrzehntelanger Haft verurteilt - er hatte über einen Zeitraum von fast 20 Jahren ein Dutzend Frauen immer wieder vergewaltigt und missbraucht.

Der Mörder sowie der Serienvergewaltiger in Uniform sind beileibe keine Einzelfälle, wie Aufklärerin Casey deutlich machte. Auf die Frage, ob es in der Met noch mehr kriminelle Beamte geben könnte, antwortete die ehemalige Regierungsbeschäftigte: "Ich kann Ihnen nicht ausreichend versichern, dass dies nicht der Fall ist." Erst am Montag wurde bekannt, dass mehr als 100 Polizisten, gegen die wegen sexuellen Fehlverhaltens ermittelt wird, regulär im Dienst sind.

Caseys 363 Seiten starker Bericht macht deutlich, dass Gewalt gegen Frauen und Mädchen nicht so ernst genommen wurde wie andere Arten von Gewalt - auch innerhalb der Met sei Mobbing verbreitet. "Beamtinnen und weibliche Beschäftigte sehen sich routinemäßig mit Sexismus und Frauenfeindlichkeit konfrontiert", heißt es. "Die Met hat ihre weiblichen Angestellten oder Mitglieder der Öffentlichkeit weder vor Tätern in der Polizei, die häusliche Gewalt anwenden, noch vor denen geschützt, die ihre Position für sexuelle Zwecke missbrauchen."

Doch das ist nur ein Teil der schmerzhaften Wahrheit. Die Behörde ist zudem institutionell rassistisch, wie Casey betonte. Damit hat sich die Lage seit einer Untersuchung von 1999 so gut wie nicht verändert. Schließlich herrsche in der Met eine "tief sitzende Homophobie", urteilte Casey. Ihr Bericht sei "drastisch, streng und schonungslos".

Zur sexistischen, rassistischen und homophoben Kultur kommen kaum vorstellbare Arbeitsbedingungen hinzu. So müssten Beamte ihre Beweismittel in "überfüllten, baufälligen oder kaputten Kühl- und Gefrierschränken" verstauen. Manche Geräte sind so voll, dass sie zugeschnallt werden müssen. In einem Fall wurde eine Lunchbox im selben Kühlschrank gefunden wie eine Probe aus einem Vergewaltigungsfall. In einem anderen ging ein Kühlschrank kaputt - die dort aufbewahrten Beweismittel waren dadurch unbrauchbar.

Der größte Teil der Belegschaft sei überarbeitet und unerfahren. Vor allem bei häuslicher Gewalt seien Fallzahlen nicht überschaubar, Opfer würden nicht ausreichend unterstützt, heißt es weiter. "Das hat die Abkopplung von den Londonern verschärft." Die Bewohner der britischen Hauptstadt seien die Leidtragenden.

Zu ähnlichen Schlüssen war im Herbst bereits ein Untersuchungsbericht der Aufsichtsbehörde HMICFRS gekommen. Demnach ist die Aufklärungsrate bei Vergewaltigungen und Einbrüchen miserabel, dafür die Zahl der Straftäter in Uniform hoch. Einstellungen würden nicht ausreichend überprüft - wohl auch, weil nach einer radikalen Kürzungswelle seit wenigen Jahren wieder in breitem Maßstab eingestellt wird. In der Pflicht ist nun mehr denn je Londons oberster Polizist Mark Rowley, der seit einem halben Jahr an der Spitze der Met steht.

Seit Amtsantritt hat der Commissioner deutlich gemacht, dass er rigoros gegen korrupte und gewalttätige Polizisten durchgreifen will. Es würde ihn nicht wundern, wenn wöchentlich zwei bis drei Beamte vor Gericht landen, sagte Rowley im Januar. Mit dem neuesten Bericht steht die Met endgültig auf dem Prüfstand, von einer "letzten Chance" war schon vorab die Rede. Nun forderte Casey eine "völlige Überholung" der Behörde. Caseys Fazit: Wenn sich die Truppe nicht reformiert, drohe ihr die Auflösung.

Quelle: Benedikt von Imhoff, dpa


Aus: "Bericht: Londons Polizei tief sexistisch und rassistisch" (21.03.2023)
Quelle: https://www.n-tv.de/panorama/Bericht-Londons-Polizei-tief-sexistisch-und-rassistisch-article23999815.html (https://www.n-tv.de/panorama/Bericht-Londons-Polizei-tief-sexistisch-und-rassistisch-article23999815.html)

Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 21, 2023, 11:34:44 AM
Quote[...] Der ramponierte Ruf der Uniformierten ist so nicht zu verbessern, auch wenn das durch neue Leitbilder, Reformen und Fehlerkultur schon seit Jahren versucht wird. ...


Aus: "Mobbing bei der Polizei Frankfurt: Das nächste Problem" Hanning Voigts (20.06.2023)
Quelle: https://www.fr.de/frankfurt/mobbing-bei-der-polizei-frankfurt-das-naechste-problem-92353629.html (https://www.fr.de/frankfurt/mobbing-bei-der-polizei-frankfurt-das-naechste-problem-92353629.html)

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Quote[...] Frankfurter Polizisten sollen einen Kollegen mit arabischem Vornamen gemobbt und ausgegrenzt haben. Gegen die mutmaßlichen Täter wird ermittelt, das Opfer wurde versetzt.

Frankfurt - Das Erste Frankfurter Polizeirevier an der Konstablerwache wird erneut von mutmaßlich schwerem Fehlverhalten von Polizeibeamt:innen erschüttert. Recherchen der Frankfurter Rundschau zufolge wurde ein Polizist mit arabischem Vornamen dermaßen von Kolleg:innen aus der eigenen Dienstgruppe gemobbt, dass er letztlich einem Angebot zustimmte, sich auf ein anderes innenstadtnahes Revier versetzen zu lassen.

Gegen die mutmaßlichen Täter:innen laufen strafrechtliche Ermittlungen wegen des Verdachts auf Beleidigung und üble Nachrede. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Wie das Frankfurter Polizeipräsidium der FR auf Anfrage mitteilte, haben sich die fraglichen Ereignisse bereits im August vorigen Jahres zugetragen. Im Anschluss an einige personelle Veränderungen durch Versetzungen habe sich im Ersten Revier eine interne Konfliktsituation ergeben, teilte die Behörde mit. Die Dienststellenleitung und das Präsidium hätten auf unterschiedlichen Wegen versucht, die Lage zu entschärfen – allerdings ohne Erfolg.

Zeitweise sei sogar das Zentrum für polizeipsychologische Dienste und Service (ZPD) hinzugezogen worden, um die Streitigkeiten mithilfe von Mediations- und Supervisionsgesprächen beizulegen, teilt das Polizeipräsidium mit. Das ZPD ist der hessischen Hochschule für öffentliches Management und Sicherheit (Höms) in Wiesbaden angegliedert und bietet unter anderem psychosoziale Unterstützung für Polizist:innen sowie Beratung für Führungskräfte an.

Während der Bearbeitung des Konflikts seien Vorwürfe gegen eine Gruppe von Beamt:innen aufgekommen, die einen Kollegen gemobbt und ausgegrenzt haben sollen, teilte die Behörde mit. Zudem seien Sachverhalte bekanntgeworden, die den Anfangsverdacht auf ,,weitere, individuelle Pflichtverletzungen", Beleidigung und üble Nachrede begründet hätten. Die Leitung des Frankfurter Präsidiums habe daher von Amts wegen Anzeige erstattet. Außerdem seien Disziplinarverfahren eingeleitet und Beamt:innen umgesetzt worden. Das mutmaßliche Opfer sei im Oktober vergangenen Jahres mit seiner Zustimmung dann ebenfalls auf ein anderes Revier versetzt worden.

Die Aufklärung des gesamten Vorfalls dauere momentan noch an, teilte das Polizeipräsidium mit. Bisher gebe es keine Hinweise darauf, dass der betroffene Polizist auch rassistisch beleidigt worden wäre. Die FR hatte wegen des arabischen Vornamens des mutmaßlichen Opfers danach gefragt. Der Name ist der Redaktion bekannt.

Das Erste Polizeirevier an der Frankfurter Einkaufsstraße Zeil war der Ausgangspunkt des schwersten Skandals der hessischen Polizei seit vielen Jahren. Bei Ermittlungen wegen der neonazistischen Morddrohungen des sogenannten NSU 2.0 hatte sich herausgestellt, dass die Adresse der zuerst bedrohten Frankfurter Rechtsanwältin Seda Basay-Yil-diz unmittelbar vor dem ersten Drohschreiben illegal an einem Dienstcomputer im Ersten Revier abgefragt worden war.

https://www.fr.de/rhein-main/drohserie-nsu-appelle-fuer-aufklaerung-91923122.html (https://www.fr.de/rhein-main/drohserie-nsu-appelle-fuer-aufklaerung-91923122.html)

Wegen der Drohungen wurde inzwischen der arbeitslose Berliner Alexander M. zu fünf Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt. Die Anwälte von Basay-Yildiz halten es aber anhand vieler Indizien weiterhin für möglich, dass ein Polizist des Ersten Reviers das erste Drohschreiben verschickt hatte.

Bei den Ermittlungen war zudem die Chatgruppe ,,Itiotentreff" aufgeflogen, an der fünf Beamt:innen des Ersten Reviers beteiligt waren. Innerhalb der Gruppe waren antisemitische, nationalsozialistische und rassistische Inhalte und Bilder geteilt worden. Die Frankfurter Staatsanwaltschaft hat wegen der Chats mittlerweile Anklage erhoben, das Landgericht hat die Eröffnung eines Prozesses allerdings abgelehnt. Eine Entscheidung über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft durch das Oberlandesgericht steht derzeit noch aus.

https://www.fr.de/rhein-main/landespolitik/polizei-in-hessen-volle-bezuege-trotz-rechter-chats-92332584.html (https://www.fr.de/rhein-main/landespolitik/polizei-in-hessen-volle-bezuege-trotz-rechter-chats-92332584.html)



Aus: "Polizist lässt sich versetzen: Rassismus und Mobbing beim Ersten Polizeirevier in Frankfurt" Hanning Voigts (20.06.2023)
Quelle: https://www.fr.de/frankfurt/frankfurt-mobbing-im-ersten-polizeirevier-rassismus-polizei-skandal-nazis-nsu-92353487.html (https://www.fr.de/frankfurt/frankfurt-mobbing-im-ersten-polizeirevier-rassismus-polizei-skandal-nazis-nsu-92353487.html)

QuoteBarbara S.

Einzelfälle, alles Einzelfälle.


QuoteTaiga_Wutz -> Barbara S

Mhm... es sind immer bloß Einzelfälle. Auch als Volker Rühe BMdV war, warens an Rechtsextremisten beim Bund Einzelfälle... am Ende glaube ich, warens dann so 600 Einzelfälle.
Einer davon hieß Uwe Mundlos.


...
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 29, 2023, 11:04:39 AM
Quote[...] Nach dem tödlichen Schuss eines Polizisten auf einen 17-Jährigen bei einer Verkehrskontrolle ist es in Frankreich die zweite Nacht in Folge zu gewaltsamen Protesten gekommen. In Nanterre, wo sich der Vorfall ereignet hatte, verschärfte sich die Lage.

In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag wurden 150 Menschen festgenommen. Das gab der französische Innenminister Gérald Darmanin am Donnerstag im Onlinedienst Twitter bekannt, wo er von einer ,,Nacht der unerträglichen Gewalt gegen Symbole der Republik" sprach. ,,Rathäuser, Schulen und Polizeistationen" seien ,,in Brand gesetzt oder angegriffen worden".

Zudem wurden Straßenbarrieren errichtet, berichteten Journalisten der Nachrichtenagentur AFP. Auf Häuserfassaden stand geschrieben ,,Gerechtigkeit für Nahel" und ,,Polizei tötet".

Der 17-jährige Nahel M. war am Dienstag auf dem Fahrersitz eines Autos bei einer Verkehrskontrolle in der Pariser Vorstadt Nanterre erschossen worden. In einem Video war zu sehen, wie zwei Polizisten das Fahrzeug für eine Kontrolle stoppten.

Ein Polizist zielte dabei mit seiner Waffe auf den Fahrer und schoss aus nächster Nähe, als das Auto plötzlich beschleunigte.

Nach wenigen Metern krachte der Wagen dann in einen Pfosten. Nahel M. starb kurze Zeit später trotz Wiederbelebungsversuchen der Rettungskräfte durch eine Schusswunde in der Brust. Im Video war bei der Kontrolle zuvor der Satz zu hören: ,,Du kriegst eine Kugel in den Kopf."

In der Nacht zum Donnerstag wurden im Großraum Paris auch an anderen Orten Feuerwerkskörper gezündet sowie Autos und Mülleimer in Brand gesetzt. Um kurz nach Mitternacht meldete die Polizeipräfektur 16 Festnahmen.

In Essonne südlich von Paris zündete eine Gruppe einen leeren Bus an, wie aus Polizeikreisen verlautete. Auch in der südwestfranzösischen Stadt Toulouse kam es zu Zusammenstößen.

Die Behörden hatten nach den nächtlichen Ausschreitungen in der Vornacht für Mittwochabend 2000 Sicherheitskräfte für Paris und seine Vororte mobilisiert.

Nahel M.s Mutter rief zu einem Trauermarsch für ihren Sohn am Donnerstag ab 14.00 Uhr in der Nähe des Tatorts auf. (AFP)


Aus: "Update Proteste nach tödlichem Polizeischuss auf 17-Jährigen : Frankreich erlebt erneute Krawallnacht – 150 Festnahmen" (29.06.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/proteste-nach-todlichem-polizeischuss-auf-17-jahrigen-frankreich-erlebt-erneute-krawallnacht--150-festnahmen-10066057.html (https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/proteste-nach-todlichem-polizeischuss-auf-17-jahrigen-frankreich-erlebt-erneute-krawallnacht--150-festnahmen-10066057.html)

-.-

Quote[...] Niklas Mönch: Rokhaya Diallo, wieso kommt es in den französischen Banlieues wieder zu heftigen Ausschreitungen? 

Rokhaya Diallo: Viele Jugendliche identifizieren sich mit Nahel, sie denken sich: "Das hätten wir sein können." Sie haben jemanden verloren, der ihnen ähnlich ist, so aussieht wie sie. Diese Wut nährt sich aus einer tiefen Hoffnungslosigkeit. Solche Vorfälle gibt es regelmäßig. In den meisten Fällen steht die Aussage der Polizei gegen die der Opfer. Aber der Mord an Nahel wurde von einer Anwohnerin gefilmt. Das Video ist in den sozialen Medien viral gegangen. Es widerlegt die ursprüngliche Version der Polizei, wonach die Polizisten bedroht worden wären. Diese Ungerechtigkeit ist erdrückend.

...


Aus: "Rokhaya Diallo: "Sie denken: 'Das hätten wir sein können'"" (1. Juli 2023)
Quelle: https://www.zeit.de/zett/politik/2023-07/rokhaya-diallo-frankreich-polizeigewalt-rassismus-journalismus (https://www.zeit.de/zett/politik/2023-07/rokhaya-diallo-frankreich-polizeigewalt-rassismus-journalismus)

QuoteLittle Feller

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Nanterre bemerkten zwei Motorradfahrer der Polizei (Direction de l'ordre public et de la circulation (DOPC)) nach Übernahme ihrer Schicht einen Mercedes-Benz AMG der A-Klasse mit polnischem Kennzeichen, der mit hoher Geschwindigkeit auf der Busspur fuhr und von einer Person in offensichtlich jungem Alter gesteuert wurde. Die Motorradfahrer aktivierten ihre Sondersignalanlagen und forderten den Fahrer an einer roten Ampel auf, zu parken. Der Fahrer überfuhr dann die rote Ampel. Die Polizisten verfolgten das Auto und meldeten den Vorfall. Der Fahrer des Fahrzeugs beging mehrere Verkehrsverstöße, gefährdete einen Fußgänger und einen Radfahrer. Wegen eines Staus musste das Fahrzeug schließlich anhalten.Die abgestiegenen Polizisten befahlen dem Fahrer stehenzubleiben, richteten ihre Waffen auf ihn und forderten ihn auf, die Zündung auszuschalten. Als er der polizeilichen Aufforderung nicht Folge leistete (refus d'obtempérer), sondern anfuhr, gab einer der beiden Polizisten einen Schuss ab, der den Fahrer im Brustkorb traf.

Woanders las ich, dass er konket das Leben eines Fußgängers und eines Radfahrers gefährdete, Aussage Staatsanwaltschaft.

Aber hey, diese Details sind ja unwichtig, war ja eine normale Verkehrskontrolle.

Bin schon gespannt auf das Urteil, wenn ein Gericht auch all das ins Urteil mit einbeziehen muss. Kenne die franz. Gesetze nicht wirklich, könnte mir aber vorstellen, dass es etwas gibt, dass den Schuss rechtfertigt.


Quotevermessene

Wieso? Das Opfer war unbewaffnet und hat die Polizisten nicht bedroht. Das ist mittlerweile hinlänglich bekannt. Was könnte noch einen potentiell tödlichen Schuss rechtfertigen?


Quotedifferenziert

"Nonetheless, this may well be the moment for the French government, and the people who live in France, to begin a longer-term reflection on whether the French republic as it stands is still fit for purpose in the 21st century.""

https://www.theguardian.com/world/2023/jul/01/france-suburbs-emmanuel-macron-anger-communities (https://www.theguardian.com/world/2023/jul/01/france-suburbs-emmanuel-macron-anger-communities)


QuoteTheGreaterFool

Da scheinen viele Franzosen das Vertrauen in den Rechtsstaat verloren zu haben. Etwas schlimmeres kann einer Demokratie im Grunde nicht passieren.

Das ein Jugendlicher von einem Polizisten in den Kopf geschossen wird nur weil er bei einer Kontrolle nicht kooperativ ist DARF aber auch nicht passieren.

Hat der Jugendliche sich falsch verhalten ? Klar, sogar strafbar gemacht - aber eine sofort vollstreckte Todesstrafe führt verständlicherweise zu Aufruhr. Wer ist der nächste ? Erschiesst mich die Polizei das nächste Mal wenn ich einen Beamten schief angucke ? Sowas fragen sich Leute dann.

Die Gewalt bei den Ausschreitungen schockiert mich auch, aber sie kommt nicht aus dem Nichts. Frankreichs Polizei hat nicht umsonst den Ruf als brutalste Europas.


QuoteSumpfmeise

Ausschreitungen sind die Sprache der Ungehörten". Die Jugendlichen fühlen sich ohnmächtig, nicht gehört.

Nein, Frau Diallo. Wenn alle ,,Ungehörten" dieser Welt zu solch unerträglicher Gewalt neigen würden, dann wäre die Welt in einem permanenten Kriegszustand.


QuoteFirlon

Die Welt ist in einem permanenten Gewaltzustand... gegen die Ungehörten. Struktureller Rassismus und strukturelle Armut ist eine langsame Gewaltanwendung (slow violence), weshalb sie in den Medien und im Bewusststein der Privilegierten nicht so präsent ist. Es fällt uns immer dann auf, wenn es zu schneller Gegengewalt kommt (fast violence), die wir dann verurteilen und dazu nutzen, diese Gruppe Menschen weiter (und stärker) zu unterdrücken.

Gerne stellen sich dann Vertreter*innen der privilegierten Gruppen hin und fordern sachliche Debatten, Dialog etc. sprich: die Ordnung aufrecht zu erhalten... was nicht verwundert, da die gegenwärtige Ordnung ihnen ja nutzt.


Quotedeebee56

"Statt von Unruhen zu sprechen, sollte man die Proteste der Jugendlichen ernst nehmen"

Wenn mein Auto abgefackelt, oder mein Geschäft ausgeplündert wird, dann nehme ich das sehr ernst, aber anders als hier gefordert.


QuoteMitarbeiterdompteur

Warum reden alle ständig über Rassismus? Der Polizist, der den 17-Jährigen erschoss, hat selbst einen Migrationshintergrund!


QuoteMitarbeitende

Viele Beamte bei der Polizei und der Feuerwehr haben selbst einen Migrationshintergrund und engagieren sich im Dienst und auch in ihrer Freizeit ehrenamtlich für Kinder und Jugendliche. Aber das hält den Mob nicht davon ab, sie anzugreifen. Verständnis und Toleranz hilft hier nicht mehr weiter.


QuoteDieStockente

Ja, und? Auch Menschen, die selbst zu einer Minderheit gehören, können Vorurteile haben. Sogar gegen die Bevölkerungsgruppe, der man selbst angehört. Die Kritik richtet sich auch nicht allein gegen diesen einen Polizisten, sondern gegen den Rassismus der Polizei an sich. Das hier war kein Einzelfall.


QuoteBCjr.
Antwort auf @felix78

Möchte man hier die Struktur kritisieren, sollte man vielleicht mit den Verkehrsregeln anfangen. Du musst einen Führerschein haben, fahre nicht über rote Ampeln, flüchte nicht mit dem Auto über den Bürgersteig vor der Polizei.


QuoteR. Reagan

In vieler Hinsicht hat sich einiges in diesen Stadtvierteln in den letzten Jahren verbessert, allerdings nicht viel an der Aussichtslosigkeit und der Kriminalität.

Es ist bedauerlich, dass ein Minderjähriger von der Polizei getötet wurde und ob er nun selbst daran einen Anteil hatte, ändert wenig an der jetzigen Lage. Er war wohl ein Kind dieser Banlieues.

Das gewaltige Problem ist die Spirale, in der sich Frankreich jetzt befindet: Die Ausschreitungen und Plünderungen, die legitimen und friedlichen Protesten folgten, sind ein Hauptgewinn für die Rechte in Frankreich. Und sobald LePen ins Präsidentenamt einzieht, werden die Dinge richtig eskalieren und noch hässlichere Formen annehmen.

Hoffen wir, dass es nicht so kommen wird, aber alles deutet darauf hin.


Quotemrami

"sollte man die Proteste der Jugendlichen ernst nehmen"

Sicher - das ist keine Frage. Die Polizei geht wahrscheinlich auch zu oft zu hart vor (auch gegen Gelbwesten, Covid-Querdenker etc.). Das löst und beschreibt aber nicht die gesellschaftlichen Probleme. Auch andere Gruppen müsste man ja ernst nehmen. Alle zusammen kann man aber nicht ernst nehmen, weil das Gespräch mit den Einen die Anderen bis in die Knochen erschüttern und verletzen würde. Frau Diallo ist wahrscheinlich ein Beispiel der Situation: sie redet ruhig und reflektiert, drückt aber doch aus, dass die Gesellschaft und bestimmte (große) Gruppen darin sich radikal ändern müssten, damit es für sie überhaupt erträglich wird. Im Moment ist nicht zu sehen, wie man da irgendeinen Konsens finden könnte. Eine Gesellschaft, außer im Sinne einer funktionierenden Steuereintreibung, gibt es im Moment eben nicht und es ist auch nicht absehbar, dass es sie in naher Zukunft geben wird. Eher ist zu vermuten, dass das gegenseitige Entsetzen übereinander zunehmen wird.



Quotesoylentyellow

ze.tt: In den sozialen Medien gehen Videos von Plünderungen um, auch Autos von Unbeteiligten werden in Brand gesteckt.

Rokhaya Diallo: Natürlich ist das nicht gut. Aber man kann ein Menschenleben nicht mit materiellen Schäden vergleichen. Und man darf das Narrativ nicht umdrehen, den Fokus der Debatte nicht verschieben. Es gibt Gewalt, weil ein 17-jähriger Junge bei einer Polizeikontrolle getötet wurde. Das ist der Ursprung. Wenn das nicht passiert wäre, würden auch keine Autos brennen.

Sorry, aber das ist das "der Rock war zu kurz"-Argument.

Das "ist die Gesellschaft halt selber Schuld wenn der Lidl/Sneakerladen geplündert wird und die Straßenbahn/Grundschule brennt"-Argument.


QuoteWaldemar16

,,Das hätten auch wir sein können"

Das heißt ja wohl dass die Alle dasselbe getan haben/hätten wir das Opfer? Kommt denn Niemand auf die Idee man könnte sich einfach Gesetzeskonform verhalten und nichts wäre passiert? Ist das so abwegig?


QuoteRoland12

Ist es üblich, dass man erschossen wird, wenn man wegläuft?


QuoteOzeanriese

Es gibt einen strukturellen Rassismus bei der französischen Polizei, das kann und darf man nicht leugnen. Aber die Debatte darüber, wie der zu beseitigen ist scheint gesellschaftlich nicht gewollt. Die Polizei agiert in ihrer Rolle als Garant der Republik der Bürger, was von vielen ausdrücklich auch so begrüßt wird. Der Bürger in Uniform bleibt in der Kaserne.

In der Auseinandersetzung zwischen Befürwortern und Gegnern der Politik der harten Hand steht man sich unversöhnlich gegenüber. Das wird auch bei der Politik im Parlament deutlich.

Während die Parteien des rechten Spektrums eher als Verfechter des militanten Auftretens der Polizei gelten, und im Namen der Republik für Recht und Ordnung eintreten, schwingt sich La France Insoumise dazu auf, den politischen Kampf vom Parlament auf die Straße zu verlagern, um nachher mit getrecktem Finger auf den Innenminister zu zeigen, der nach ihren Worten unangemessene Anweisungen an die Sicherheitskräfte gibt. Abrüstung auf beiden Seiten Fehlanzeige.

Da bräuchte es dringend Reformen, die der Franzose aber überhaupt nicht mag. Alles in allem ein Heimspiel für Marine Le Pen, die sich vornehm zurückhält, weil die Zeit für sie arbeitet.

Aber auch die Jugendlichen sind ihrerseits nicht zur Deeskalation bereit. Die Raub- und Brandschatzung arbeitet gegen sie. Da wird der Getötete in einen Status erhoben, der ihm als Rechtsbrecher gar nicht zusteht.


QuoteLe petit prince

Mit Verlaub, aber Menschen, die Geschäfte, Gebäude, Autos Dritter und Schulen (!) anzünden kann und darf man nicht Ernst nehmen. Das sind schlichtweg Kriminelle.
Und aus einem anderen ZON-Artikel: "Langeweile, Perspektivlosigkeit, Angst vor einem Staat, der ihnen nur mit Gewalt begegnet – die Jugendlichen der Vororte wollen Rache."

-> Die Betonung dürfte auf "Rache" liegen. Und Rache ist mit die schwachsinnigste Motivation, die man haben kann.


Quoteleilamiriam

Wenn die Gemeinschaft, durch die Bessergestellten, unfähig gemacht worden ist, Brot und Spiele menschenwürdig zu organisieren ist das Ergebnis gerade bei unseren Nachbarn zu besichtigen.

Über soziale Teilhabe und Respekt reden hilft nicht, das praktische Tun ist entscheidend.
Die Polizei militärisch aufzurüsten lst kontraproduktiv und Vorbereitung zum Bürgerkrieg.

Wie sagte der Präsident? Wir brauchen keine Polizei die mit Kleinkriminellen Fussball spielt. Das hätte sie besser rechtzeitig tun sollen, jetzt ist es zu spät. Aber ein Neustart könnte gelingen, womit schon mal für die Spiele gesorgt wäre.

Und die Angst der Bessergestellten könnte leicht in Aktivitäten für das Brot der am Stadtrand lebenden Menschen umgewandelt werden. Wenn die Einsicht und die Angst groß genug geworden ist, einen kleinen Teil abzugeben.


QuoteJF Struensee

Diese blinde Zerstörungswut, das Plündern von Geschäften und Allahu Akbar-Rufe delegitimieren den Protest und sind extrem kontraproduktiv.

Die Ausschreitungen rücken den auslösenden Vorfall in den Hintergrund und jegliches Verständnis für die Sorgen und Nöte der Jugendlichen bei den Bürgerinnen und Bürger Frankreichs wird im Keim erstickt.

Die große Profiteurin wird am Ende des Tages Marine Le Pen sein.


QuoteMaxim4

Frau Diallo verkürzt das ganze komplexe Thema auf Polizeigewalt.

Die gibt es in Frankreich sicherlich, jedoch muss man beim Thema Gewalt beide Seiten sehen.

Die nahezu ,,normale" Verwendung von Molotov Cocktails auf Franz. Demonstrationen gegen die Polizei/Polizisten, extreme hemmungslose Gewalt auch psychisch (Aufrufe zum Suizid/ zahlreiche Suizide von Polizisten während/nach den Gelbwesten Protesten), der permanente Dauerstress extremer Gewaltsamer Proteste (Gelbweste Proteste, Rentenproteste, jetzt die Vororte)

Auch Polizisten sind letztlich nur Menschen, die irgendwann nicht mehr können. es sind keine Maschinen.



...

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Quote[...] Zur Unterstützung der Mutter des erschossenen Nahel M. sammeln die Franzosen viel Geld. Anscheinend aber nicht so viel wie für den Polizisten, der den tödlichen Schuss abgegeben hat. Damit prahlt der Organisator einer Spendenkampagne, der sich auch für einen rechtsextremen Politiker einsetzt.

Für den Polizisten, der den 17-Jährigen im französischen Nanterre erschossen hat, sind bei einer Spendenaktion anscheinend mehr als 500.000 Euro zusammengekommen. Man wolle die Familie eines Polizisten unterstützen, "der seine Arbeit getan hat und nun einen hohen Preis zahlt", wie es in der Kampagne heißt. Der Spendentopf wurde von Jean Messiha eingerichtet, einem Unterstützer des rechtsextremen Politikers Éric Zemmour.

Nach Angaben der Zeitung "Le Figaro" scheint Messiha in der Spendenaktion einen Wettbewerb zu sehen. Demnach prahlte er damit, mehr Geld für den Polizisten gesammelt zu haben als bei einem ähnlichen Aufruf für die Mutter des getöteten Jugendlichen zusammen kamen.

Der 17-jährige Nahel M. war am Dienstag in Nanterre am Steuer eines Autos von einer Motorradstreife gestoppt worden. Als der junge Mann plötzlich anfuhr, wurde er von einem Polizisten erschossen. Die Beamten gaben zunächst an, der Jugendliche habe sie überfahren wollen. Videoaufnahmen des Vorfalls widerlegen diese Behauptung.

Der Polizist, der auf den 17-Jährigen geschossen hatte, kam in Untersuchungshaft. Gegen ihn wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Totschlags eingeleitet. Seitdem wird Frankreich von heftigen Protesten erschüttert, jede Nacht kommt es zu Plünderungen, Brandanschlägen und Hunderten von Festnahmen. Jede Nacht werden mehrere Hundert Menschen festgenommen.

Die Großmutter des 17-Jährigen rief die Protestierenden inzwischen zur Ruhe auf. "Zum Glück sind die Polizisten da. Die Leute, die gerade etwas kaputt machen, denen sage ich 'Hört auf'. Sie nutzen Nahel als Vorwand", sagte sie dem Fernsehsender BFMTV. Sie sei zwar wütend auf den Beamten, der ihren Sohn erschossen habe, möchte aber nicht verallgemeinern. Er werde bestraft werden wie jeder andere auch. "Ich habe Vertrauen in die Justiz."

Frankreich wird seit Tagen von massiven Krawallen erschüttert. Auslöser war am Dienstag der Tod eines 17-Jährigen durch eine Polizeikugel bei einer Verkehrskontrolle. Seitdem ist es wiederholt zu Plünderungen, Brandanschlägen und Gewalt zwischen Polizisten und Randalierern gekommen.

Das UN-Menschenrechtsbüro in Genf rief die französische Polizei am Freitag dazu auf, den Vorfall zum Anlass zu nehmen, sich mit Rassismus in den eigenen Reihen auseinanderzusetzen. "Dies ist der Zeitpunkt für das Land, sich ernsthaft mit den tiefgreifenden Problemen von Rassismus und Diskriminierung in den Strafverfolgungsbehörden auseinanderzusetzen", sagte eine Sprecherin in Genf. Nach Angaben des britischen "Guardian" sind die meisten Opfer tödlicher Schüsse der französischen Polizei seit 2017 schwarze Menschen oder Menschen mit arabischer Herkunft.

Das Pariser Außenministerium weist die Vorwürfe jedoch zurück. "Jegliche Anschuldigungen, dass die Polizei in Frankreich systematisch Rassismus oder Diskriminierung betreibt, sind völlig unbegründet", hieß es. "Frankreich und seine Ordnungskräfte kämpfen entschlossen gegen Rassismus und alle Formen der Diskriminierung."

Quelle: ntv.de, chr/dpa


Aus: "Todesschütze des 17-Jährigen Franzosen überschütten Polizisten mit Geld" (02.07.2023)
Quelle: https://www.n-tv.de/panorama/Franzosen-ueberschuetten-Polizisten-mit-Geld-article24232828.html (https://www.n-tv.de/panorama/Franzosen-ueberschuetten-Polizisten-mit-Geld-article24232828.html)

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Quote[...] Zur Tötung von Nahel Merzouk kam es am Morgen des 27. Juni 2023 nach einer Verfolgungsjagd mit der Polizei im Pariser Vorort Nanterre. Der 17-jährige Jugendliche wurde erschossen, nachdem er sich einer polizeilichen Aufforderung widersetzt hatte. Ein Amateurvideo von dem Vorfall wurde im Internet veröffentlicht. Als Folge entwickelten sich tagelang anhaltende gewaltsame Unruhen im Großraum Paris und in zahlreichen anderen Städten Frankreichs.

...


https://de.wikipedia.org/wiki/T%C3%B6tung_von_Nahel_Merzouk (https://de.wikipedia.org/wiki/T%C3%B6tung_von_Nahel_Merzouk)

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Quote[...] Im Nachgang zu dem Tod des 17-Jährigen Nahel bei einer Polizeikontrolle in Nanterre, der nächtelange Ausschreitungen ausgelöst hatte, ist in Frankreich ein Machtkampf zwischen der Polizei und der Justiz sowie der Regierung entbrannt.

Die Polizeiführung hatte heftig kritisiert, dass der Kollege, der Nahel erschoss, in Untersuchungshaft kam. Dort sitzt auch ein weiterer Polizist, der wegen möglicher Misshandlung eines Mannes am Rande der Ausschreitungen in Marseille festgenommen worden war.

Der oberste Polizeichef Frédéric Veaux hat Sonderregelungen für Polizisten gefordert. Er finde, ,,dass ein Polizist vor einem möglichen Prozess nicht ins Gefängnis gehört, auch wenn er im Rahmen seiner Arbeit Vergehen oder schwere Fehler begangen haben könnte", sagte Veaux, der Zeitung ,,Le Parisien" am Montag. ,,Ihn im Gefängnis zu wissen, raubt mir den Schlaf."

Der mächtige Polizeipräfekt von Paris, Laurent Nuñez, hatte auf Twitter diese Forderung unterstützt - obwohl die Chefs der beiden historisch rivalisierenden Institutionen selten einig sind. Aus Protest gegen die Untersuchungshaft der Kollegen haben sich in Marseille viele Polizisten krankschreiben lassen oder ihre Arbeit auf Einsätze bei Notrufen beschränkt. ,,Steht die Polizei über dem Gesetz?", titelte daraufhin die linksliberale Tageszeitung ,,Libération".
Die Reaktion der Regierung auf diese Angriffe auf die Justiz fiel zurückhaltend aus. Präsident Macron hatte in seinem Interview am Montag aus dem 12.000 Kilometer entfernten Neukaledonien versichert, dass er die Emotionen der Polizisten verstehe. Allerdings dürfe niemand über dem Gesetz stehen, fügte er noch hinzu.
Der Dienstherr der nationalen Polizei, Innenminister Gérard Darmanin, hatte eine Woche lang geschwiegen. Am Donnerstagabend empfing er schließlich Polizeichefs und Gewerkschaftsführer. So waren es Vertreter der angegriffenen Justiz, die an das Prinzip der Gewaltenteilung erinnern mussten. ,,Die Unabhängigkeit der Justiz ist eine grundlegende Garantie in einem Rechtsstaat", schrieb der Präsident des Tribunals von Marseille, Olivier Leurent, in einer Pressemitteilung.

Der Soziologe und Polizeiexperte Sebastian Roché zeigt sich ,,schockiert" über die Forderung der Polizeiführung, die Gleichheit vor dem Gesetz abzuschaffen, indem sie ,,Privilegien für kriminelle Verantwortungslosigkeit" für Polizisten fordert. Dieses Ansinnen bedeutet für Roché, dass die Polizei ,,die Rolle als vierte Gewalt für sich einfordert".

Zwar hätten die Angriffe der Polizei auf Justiz und Politik eine lange Geschichte – ,,aber neu ist, dass sie von der höchsten Führungsebene der Polizei kommen", sagte Roché dem Tagesspiegel.
Neu sei auch, dass die Regierung so schwach reagiere. 1983 habe Präsident Mitterrand den obersten Polizeichef und den Pariser Polizeipräfekten entlassen, als tausende Polizisten drohten, aus Protest gegen eine angeblich zu laxe Politik von Justizminister Robert Badinter durch Paris zu marschieren. ,,Heute ist die Lage quasi umgekehrt". Die Reaktion von Präsident Macron bezeichnet Roché als ,,ängstlich".

Seit Jahren setzen vor allem die mächtigen Polizeigewerkschaften die Politik unter Druck. Das hat auch Präsident Macron schon zu spüren bekommen. Er hatte 2020 nach einem eklatanten Fall von Polizeigewalt kritisiert, dass nicht-weiße Personen deutlich öfter Identitätskontrollen durch die Polizei unterzogen würden und die Einrichtung einer Meldestelle für diskriminierende Behandlungen angekündigt.
Daraufhin hatte die Gewerkschaft Alliance die Polizisten über soziale Medien dazu aufgerufen, aus Protest überhaupt keine Kontrollen mehr durchzuführen. Und nur bei Notrufen auszurücken. ,,Der Präsident bekommt die Polizei, die er verdient", hieß es damals.

Den Vorgänger von Innenminister Darmanin, Christophe Castaner, haben die Polizeigewerkschaften Mitte 2020 wohl sogar zu Fall gebracht. Nachdem erneut ein Mann bei einer Kontrolle durch den ,,Würgegriff" eines Polizisten gestorben war, hatte der Innenminister die Abschaffung dieser Technik angeordnet. Und er hatte gefordert, bei einem ,,vorliegenden Verdacht" auf rassistische Äußerungen oder Akte ,,systematisch" die Suspendierung vom Dienst eines Polizisten zu prüfen.

Die Reaktionen waren Demonstration von Polizisten auf den Champs-Élysées, Blockade von Kommissariaten und scharfe Wortmeldungen des damaligen Generalsekretärs der Polizeigewerkschaft SGP Police FO, Yves Lefebvre, in den Medien: ,,Die Polizisten betrachten Castaner nicht mehr als ihren legitimen Minister", sagte er. ,,Er ist des Amtes des Innenministers unwürdig". Dass er wegen der Proteste der Polizeigewerkschaften zurücktreten musste, soll Castaner selbst den Investigativjournalisten der Sendung ,,Complément d´enquête" des Senders France 2 bestätigt haben.
Derselbe Gewerkschafter hatte vor der Parlamentswahl im vergangenen Jahr erklärt, ,,ich werde niemals Jean-Luc Mélenchon gehorchen". Der Führer der radikalen linken Partei ,,La France insoumise" war mit einem breiten Links-Grün-Bündnis angetreten, das aber nicht die Regierung stellen konnte. Der Polizist hatte für diesen Fall ,,massive Proteste in der Polizei" angekündigt.

Aber wie können die Polizeigewerkschaften in Frankreich eine solche politische Macht erringen? Einerseits ist da der hohe Organisationsgrad der nationalen Polizei: Etwa70 Prozent der Polizisten sind in Gewerkschaften organisiert – im Vergleich zu etwa acht Prozent im restlichen öffentlichen Dienst.
Hauptsächlich in den beiden großen Gewerkschaften Alliance und SGP Police FO. Insgesamt gibt es aber etwa 30 Polizeigewerkschaften. Sie vertreten die Interessen der Polizisten, die ja nicht streiken dürfen, helfen aber auch bei der Wohnungssuche und haben Einfluss auf Beförderungen.

Das Selbstbewusstsein, das die Gewerkschaftsführer daraus ableiten, sagt Lefebvre ,,seinem" Minister nach eigenen Angaben auch direkt ins Gesicht: ,,Der Unterschied zwischen uns ist: Sie sind ernannt, ich bin gewählt", erzählt er in der Sendung über die Macht der Polizeigewerkschaften von France 2.
Der Generalsekretär der Polizeigewerkschaft Alliance, Fabien VanheMelryck, antwortet auf die Frage, wer mächtiger sei, der Minister oder die Gewerkschaft. ,,Wir sind nicht mächtiger als der Minister, aber wir können gefährlicher sein. Der Präsident weiß das."
Dabei gehen Präsident und Innenminister seit Jahren auf viele Forderungen der Polizeigewerkschaften ein. So konnten diese weitere Privilegien bei der Rentenreform aushandeln. Sie wurden auf ihren Wunsch hin aufgerüstet und dürfen nun Plastikgeschosse nutzen, die auch bei den Gelbwesten-Protesten immer wieder zu schlimmsten Verletzungen geführt haben.
Seit 2017 dürfen sie die Schusswaffe auch einsetzen, wenn sich Verkehrsteilnehmer einer Kontrolle entziehen, ohne dass sich die Polizisten in Lebensgefahr befinden. Anfang 2023 wurde insgesamt 15 Millionen Euro über die nächsten fünf Jahre für die Modernisierung der Ausrüstung und Prämienzahlungen zur Verfügung gestellt.

,,Doch dies führt weder zu weniger Vorwürfen der Polizei noch zu einem besseren Verhältnis der Polizei zur Bevölkerung", beklagen der Soziologe Christian Mouhanna und der Strafrechtsprofessor Olivier Cahn in ,,Le Monde". Sie kritisieren, dass die Polizei immer nur auf mehr Härte setze und es in wenigen Jahren geschafft habe, die Regierung davon zu überzeugen, dass sie eigentlich nur dank ihrer Hilfe noch im Amt sei.

Diese Weltsicht lässt sich durchaus aus der gemeinsamen Mitteilung der zwei großen Polizeigewerkschaften herauslesen, die sie nach den Ausschreitungen im Juni veröffentlicht hatten. Die Polizei befinde sich ,,heute im Kampf" und ,,im Krieg". Von ,,wilde Horden" war darin die Rede, gegen die sie Republik verteidigen müssten. Gefolgt von dem kryptischen und durchaus bedrohlich klingenden Satz: ,,Morgen sind wir im Widerstand und die Regierung muss sich darüber klar werden". 

Der Historiker Jean-Marc Berlière, dessen Schwerpunkt die Geschichte der Polizei in Frankreich ist, bezeichnet die gemeinsame Intervention der beiden mächtigsten Polizeichefs als ,,ungewöhnlich" und ,,schwerwiegend". Allerdings glaubt er nach vielen Gesprächen mit Polizisten nicht, dass diese sich über das Gesetz stellen wollten.

,,Sie haben die Nase voll davon, dass sie die dreckige Arbeit in den Problemvierteln machen müssen", sagt Berlière dem Tagesspiegel. Ausbleibende Anerkennung sei das eine, die U-Haft für den Polizisten in Marseille sei als ,,die eine Demütigung zu viel" empfunden worden. Der Polizeiexperte ist besorgt, weil er nicht den Eindruck hat, dass Präsident Macron das Ausmaß des Unmuts vieler Polizisten erfasst hat.

Der Historiker Emmanuel Blanchard dagegen sieht mit Besorgnis eine Tendenz der ,,Autonomisierung" der Polizei. ,,Die Position der Politik im Verhältnis zur Institution der Polizei ist in den letzten Jahren geschwächt worden", sagt er in ,,Libération". Grund: Regierung und Präsident müssten immer öfter ,,die Polizei zu Hilfe holen, um die sozialen Proteste in Schach zu halten".
Im Gegenzug machten sie immer mehr Zugeständnisse an die Berufsgruppe, das sei wie eine Spirale. Eine Entwicklung, die nach Ansicht vieler Experten, Juristen und linker Parteien die Rechtsstaatlichkeit in Frankreich bedrohen könnte.


Aus: "Nach den Unruhen in Frankreich: Steht die Polizei über dem Gesetz?" Andrea Nüsse (28.07.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/internationales/nach-den-unruhen-in-frankreich-macht-die-polizei-jetzt-die-gesetze-10218025.html (https://www.tagesspiegel.de/internationales/nach-den-unruhen-in-frankreich-macht-die-polizei-jetzt-die-gesetze-10218025.html)

Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 01, 2023, 12:48:52 PM
Quote[...] Für einen Polizeibeamten könnte es nach einem Polizeieinsatz am Bundeskanzleramt in Berlin zu disziplinarischen Konsequenzen kommen. Man prüfe entsprechende Maßnahmen, teilte eine Sprecherin der Polizei mit. Ein Fachkommissariat beim Landeskriminalamt habe den Fall übernommen.

Am Dienstag hatten Klimaaktivistinnen und -aktivisten der Letzten Generation Fassaden des Kanzleramts mit oranger Farbe beschmiert und mehrfach den Slogan "Olaf lügt" angebracht. Nach Angaben eines Reporters der Nachrichtenagentur dpa schritten uniformierte Polizisten und Sicherheitskräfte in Zivil ein und gingen dabei teils mit körperlicher Gewalt gegen die Aktivisten vor. 

Ein von der Berliner Zeitung und der Letzten Generation geteiltes Video soll den Vorfall zeigen. Darin nimmt einer der zivilen Sicherheitskräfte einen der Pinsel und beschmiert eine andere Person mit Farbe. Der Polizeisprecherin zufolge handelt es sich bei dem Mann nach ersten Erkenntnissen um einen Berliner Polizisten. Ob dies der Beamte war, dem nun Konsequenzen drohen, war unklar.

Insgesamt versammelten sich zu der Aktion laut Polizei etwa 70 Demonstrantinnen und Demonstranten vor dem Kanzleramt. In einer Erklärung der Letzten Generation hieß es, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) behaupte, die Maßnahmen der Regierung gegen die "Klimakatastrophe". Dies sei "eine lebensgefährliche Lüge".


Aus: "Polizei prüft Einsatz gegen Letzte Generation am Kanzleramt" (1. November 2023)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2023-11/letzte-generation-polizei-kanzleramt (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2023-11/letzte-generation-polizei-kanzleramt)
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 16, 2023, 04:45:00 PM
Quote[...] Sasha Skochilenko, 33, an artist from St Petersburg, has been in detention since April last year.

She was convicted of spreading "false information" about the Russian army.

Her lawyers pleaded for her acquittal, saying that chronic illnesses she suffers from mean she is at risk of dying in prison.

Weeks after Russia's full-scale invasion of Ukraine, Ms Skochilenko protested by replacing supermarket labels in a St Petersburg supermarket with anti-war messages, a small act called for by a feminist collective.

The replacement labels read: "The Russian army bombed an art school in Mariupol. Around 400 people were hiding inside," and: "My great grandfather did not fight in WWII for four years so that Russia could become a fascist state and attack Ukraine."

Ms Skochilenko admitted the charges.

In her closing statement, the artist struck a defiant tone, asking the court: "How little faith does our prosecutor have in our state and society if he thinks that our statehood and public security can be ruined by five small pieces of paper?"

"Say what you want - I was wrong, or I was brainwashed," she said. "I will stand by my opinion and my truth."

Skochilenko was convicted of "discrediting the Russian army" under repressive laws adopted in the wake of the invasion.

The legislation effectively criminalises all anti-war activism.

The trial lasted a year and a half, apparently because it was one of the first to be brought under the new laws.

"At first, the investigation took a long time. Prosecutors needed to find some evidence somewhere," said her lawyer Yana Nepovinnova.

Sasha Skochilenko's sister Anna told the BBC that her sibling was "a symbol of everything the [Russian] authorities hate".

"She is artistic, fragile, lesbian, has a Ukrainian surname," Anna Skochilenko said.

She said she was terrified that her sister's chronic health conditions meant there was a risk of her dying in prison. Skochilenko has been diagnosed with coeliac disease as well as a heart defect that causes her heart to stop beating for two to three seconds.

Russian President Vladimir Putin has overseen an unprecedented crackdown on domestic opposition in parallel with the full-scale invasion of Ukraine. The laws used to convict Ms Skochilenko have been used to target scores of critics of his rule.

Last month, journalist Marina Ovsyannikova, who protested against the invasion of Ukraine live on state TV, was convicted to 8.5 years in jail in absentia.

In April, British-Russian opposition activist Vladimir Kara-Murza was sentenced to 25 years for his criticism of the war.


From: "Ukraine war: Russian artist Sasha Skochilenko jailed for anti-war messages" Anastasia Golubeva and Ido Vock (16.11.2023)
Source: https://www.bbc.com/news/world-europe-67437171 (https://www.bbc.com/news/world-europe-67437171)


Alexandra Jurjewna Skotschilenko
Alexandra Jurjewna Skotschilenko, auch Sascha Skotschilenko (Aleksandra ,Sasha' Skochilenko; * 13. September 1990 in Leningrad, heute Sankt Petersburg), ist eine russische Künstlerin, Musikerin und Aktivistin gegen den russischen Überfall auf die Ukraine. Seit April 2022 ist sie in Russland in Haft. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Alexandra_Jurjewna_Skotschilenko (https://de.wikipedia.org/wiki/Alexandra_Jurjewna_Skotschilenko)

Wladimir Wladimirowitsch Kara-Mursa
Am 17. April 2023 wurde Kara-Mursa aufgrund seiner öffentlichen Kritik am Ukraine-Krieg wegen Hochverrats zu 25 Jahren Strafkolonie verurteilt, der möglichen Höchststrafe ... . Ein Gericht in Moskau unter Vorsitz des Richters Sergei Podoprigorow urteilte, er sei des Hochverrats sowie weiterer Vergehen wie der Verbreitung von ,,Falschinformationen über die Armee" und Arbeiten für eine ,,unerwünschte" Organisation schuldig...
https://de.wikipedia.org/wiki/Wladimir_Wladimirowitsch_Kara-Mursa (https://de.wikipedia.org/wiki/Wladimir_Wladimirowitsch_Kara-Mursa)

...
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 31, 2024, 01:32:46 PM
Quote[...] Die Umwelt- und Anti-Akw-Aktivistin Cécile Lecomte ist zwar auf einen Rollstuhl angewiesen, braucht aber keinen, wenn sie für ihren Protest auf Bäume klettert. Ihr Aktivismus hat ihr nicht zuletzt in Polizeikreisen Bekanntheit eingebracht. So wurde sie eine Zeit lang zum Zweck der Personenkontrolle zur Fahndung ausgeschrieben, ihre Daten landeten im Informationssystem ,,Inpol". Rechtswidrig, wie das Verwaltungsgericht Hannover im vergangenen Herbst entschied (Az. 10 A 5471/21 und 10 A 602/22).

Etwas unheimlich, was Lecomte im Dezember 2020 widerfuhr. Damals gab es Proteste im Dannenröder Forst rund 80 Kilometer nördlich von Frankfurt am Main. Bäume sollten einer Autobahn weichen. Lecomte unterstützte die Proteste, beteiligte sich aber nicht. Sie saß im ICE, erzählt sie, unterwegs zu einem privaten Termin, bei dem sie Kletterunterricht geben wollte. Deshalb hatte sie ihre Utensilien dabei.

Ausweislich ihres Fahrtverlaufs war sie auch nicht auf dem Weg zum Forst. Bei einem Halt am Frankfurter Bahnhof bestiegen trotzdem Bundespolizisten den Zug, kontrollierten sie – nur sie – und nahmen ihr das Kletterwerkzeug ab. Woher wussten sie, dass die Aktivistin im Zug saß? Lecomte berichtet, sie habe die Fahrt wegen ihres Rollstuhls online anmelden müssen.

Sie hätte es gern genauer gewusst, wollte klagen – aber bekam keine Prozesskostenhilfe. Die Gerichte sahen keine Aussicht auf Erfolg. Dagegen zog sie – allein und ohne Anwalt – bis vor das Bundesverfassungsgericht, das ihr jetzt Recht gab. (Az: 1 BvR 687/22).

Nur weil Lecomte eine ,,polizeibekannte Aktivistin" sei, heiße das nicht, dass man sie jederzeit durchsuchen dürfe, meint das Gericht. Stütze sich die Polizei dabei auf ihre Datenbestände, dürfe nicht automatisch unterstellt werden, dass Speichern und Verwenden der Daten rechtmäßig sei. Schon gar nicht, wenn sie ,,Grundlage für ein gezieltes Herausgreifen" gewesen seien.

Woher wusste die Bundespolizei, dass Frau Lecomte im Zug saß? Was rechtfertigte die Annahme, dass sie sich an Protesten beteiligen würde? Die Fragen führen in die Tiefen der polizeilichen Datensysteme. Sie vor Gericht zu klären, daran sollte nicht nur die Betroffene ein Interesse haben. Geld darf da kein Hindernis sein.


Aus: "Überwachung von Aktivisten: Wenn Polizisten plötzlich zu viel wissen"
Eine Kolumne von Jost Müller-Neuhof (21.01.2024)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/uberwachung-von-aktivisten-wenn-polizisten-plotzlich-zu-viel-wissen-11080927.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/uberwachung-von-aktivisten-wenn-polizisten-plotzlich-zu-viel-wissen-11080927.html)

QuotePolizeiphilosoph
21.01.24 18:10

Schon spannend.

Die Aktivisten mißachten das Recht Dritter, begehren über den sogenannten "Zivilen Ungehorsam" das Recht, die Regeln nach einem eigenen Gut/Böse-Raster beugen zu dürfen. Aber wenn dann der Rechtsstaat ab einem bestimmten Punkt beginnt, Interesse an der Person zu bekommen und aufgrund derer Verhaltensweisen dann ggf. auch sagt: "Das gucke ich mir an", dann gibts Katzenjammer.

Menschen, die sich rechtskonform verhalten, obige Aktivistenschiene nicht bedienen, haben das Problem nicht.


Quotetizian2011
30.01.24 16:52
@Polizeiphilosoph am 21.01.24 18:10

    Schon spannend.

    Die Aktivisten mißachten das Recht Dritter, begehren über den sogenannten "Zivilen Ungehorsam" das Recht, die Regeln nach einem eigenen Gut/Böse-Raster beugen zu dürfen. Aber wenn dann der Rechtsstaat ab einem bestimmten Punkt beginnt, Interesse an der Person zu bekommen und aufgrund derer Verhaltensweisen dann ggf. auch sagt: "Das gucke ich mir an", dann gibts Katzenjammer.

    Menschen, die sich rechtskonform verhalten, obige Aktivistenschiene nicht bedienen, haben das Problem nicht.



Hat sie sich nicht rechtskonform verhalten, als sie im Zug saß und nachweislich gar nicht zu dem Forst fuhr? Und es geht hier nicht um "das gucke ich mir an", sondern hier wurde ihr persönliches Eigentum ohne Rechtsgrund abgenommen, von der Kontrolle mal zu schweigen.

Schon spannend.


QuoteMartin_Kniffke
22.01.24 09:35
@Polizeiphilosoph am 21.01.24 18:10

Ich bin immer wieder erstaunt über das pubertäre Niveau, auf dem die Rechte, auf dem die vermeintlichen Law&Order-Verteidiger argumentieren.

Das bestätigt alle Kritik, berechtigt grundlegend jeden Zweifel, solches Milieu könne selbstverständlich im Staatsbürger-Anerkennungs-Antragsverfahren die deutsche Staatsbürgerschaft erlangen.

Es fehlt ja an den grundlegendsten Begriffen von Rechtsstaat, Demokratie, Bürgerrechten. Hier scheint Großteil Integrationsverweigerung vorzuliegen. Und die Gesetzesgrundlage, auf der Polizei, Behörden, Staat nicht als Obrigkeitsstaat in einem demokratischen Gemeinwesen handeln kann und darf, ist nicht mal im Ansatz geläufig.

Stattdessen argumentieren Reaktionäre wie Pubertierende am elterlichen Abendbrottisch gegen Rechte, Pflichten, Regeln.
Weil er ja nachweisen kann, dass die mächtigen Eltern auch nicht einfach deshalb die Macht haben, weil sie immer unbescholten sind, recht haben oder gar das richtige tun.
Stattdessen versucht er jetzt auch einfach nur die Macht zu haben. Mit den unsinnigsten Argumentationsspiralen, schiefen Vergleichen, rabulistischen Vergleichen und Erzählungen.

Und nun mal zu Ihrer Information: Meine Vorfahren verhielten sich brav rechtskonform, als sie mindestens zu Massenmord nichts sagten.

Frauen mussten Gesetzesverstösse begehen, um neulich, kürzlich erst - in geschichtlichen Dimensionen betrachtet - das Wahlrecht zu erhalten.

Was Sie hier also in Wahrheit vertreten ist: Demokratie wäre schön, wenn sie nicht jeden Tag aufs neue nachweisen muss, auch im Alltag Demokratie zu sein. Dieser Prozess findet in der Regel in Kräfteverhältnissen statt, in der eine Mehrheit glaubt, bereits Eigentümer der Demokratie zu sein. Es gibt aber kein Eigentum an der Demokratie. Sie ist ein dynamischer, konfliktreicher, widersprüchlicher Prozess.
An dessen Ende in dessen Verlauf jene Minderheiten im Recht waren, die eine Mehrheit bis dahin zu Kriminellen erklärt hatte.


QuoteZeitungsleser74
21.01.24 14:41

Sicherheit hat manchmal ihren Preis. Ich gehe davon aus, dass es sich hier um einen bedauerlichen Einzelfall handelt, der juristisch entsprechend Bewertung findet, aber nicht repräsentativ ist.
Im Übrigen dürfte anzunehmen sein, dass man sicherlich nicht polizeilich überwacht wird, wenn man sich nichts zu Schulden kommen lassen hat.


QuoteBaBerlin
21.01.24 12:01

Sicher ... es ist uns lieber, wenn ein Bombenleger durchgewunken wird und hinterher man sich bestürzt zeigt.


Quotealltimehigh
21.01.24 13:16
@BaBerlin am 21.01.24 12:01

Es ging hier aber nicht um einen "Bombenleger".


QuoteBob_der_Baumeister66
20.01.24 10:27

Auf Inpol landet erstmal niemand grundlos. Insoweit hat sie ihren Teil dazu beigtragen. In Zeiten, wo sich Kriminelle gerne weinerlich als Aktivisten tarnen, kann sowas schonmal passieren. Sollte nicht aber acuh Grund die Verfahrensweise grundsätzlich in Frage zu stellen. Hierzu taugt ein Einzelfall nicht.


QuoteMaVo
20.01.24 17:54
@Bob_der_Baumeister66 am 20.01.24 10:27

Ist das Urteil des Gerichts nicht deutlich genug für sie? Rechtswidrig - wie in: verbotener Maßen, ohne Grundlage oder eben ohne guten Grund!

Aber immer wieder bezeichnend, dass diejenigen, die auf die Einhaltung von Recht und Gesetz achten sollen, bei sich selbst vollständig versagen und sich das dann auch noch schön reden!


QuoteJeanLuc7
19.01.24 21:19

Und das alles ohne die angeblich lebensnotwendige Vorratsdatenspeicherung...


...
Title: [Aspekte zur Staatsgewalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 13, 2024, 07:47:02 PM
Quote[...] 2. Februar 2017, eine Personenkontrolle im Pariser Vorort Aulnay-sous-Bois. Innerhalb von Minuten eskaliert die Situation. Der 22-jährige Théodore Luhaka wehrt sich gegen die drei Polizisten, verliert seine Jacke, die Hose rutscht ihm von der Hüfte. Er geht zu Boden, wird geschlagen und mit Tränengas besprüht.
Schließlich wird er von den Beamten wieder hochgezogen, während sie versuchen, ihm die Handschellen anzulegen. Ein Polizist steht hinter Luhaka, versetzt ihm mit der Spitze seines Teleskop-Schlagstocks einen Stoß auf das Gesäß, zerreißt damit die Unterhose und dringt zehn Zentimeter tief in die Haut ein, verletzt den inneren Schließmuskel.

Ein Stoß, der, wenn wie in der Polizeischule gelehrt auf den Oberschenkel angewendet, den Gegner buchstäblich in die Knie zwingen soll. Luhaka sinkt zu Boden, es treffen ihn noch mehrere Schläge.
Eine städtische Überwachungskamera dokumentiert das Geschehen. Der Fall Théo wird schnell zum neuesten Beispiel der Polizeigewalt in Frankreich. Verdeutlicht, wie schnell die Situation eskalieren, wie leicht ein Mensch schwer verletzt werden kann.

Zyed und Bouna, Adama Traoré, Cédric Chouviat, Nahel Merzouk, die Liste der Opfer von Polizeigewalt in den französischen Banlieues ist lang. Immer wieder geraten Polizisten und die Zivilbevölkerung aneinander.
Insbesondere die Banlieues, die Vororte der französischen Großstädte, gelten als Epizentren dieser Konflikte.

Fabien Jobard ist als Politologe spezialisiert auf die Polizei in Frankreich. Er beschreibt dieses System als Erben des autoritären Regimes in Frankreich, in dem die Polizei als Exekutive der Macht agiere. "In diesem System ist die Toleranz der Polizei gegenüber der Unordnung sehr schwach."

Für Loïc Walder der Polizeigewerkschaft UNSA hat der regelmäßige Ausbruch des Konfliktes in der Banlieue viele Gründe: Einerseits gebe es heute keine Nachbarschaftspolizei mehr, "mit ihrer Abschaffung hat man zwangsläufig viel verloren, was die Beziehungen zu den Jugendlichen angeht und die Möglichkeit, ihnen zu erklären, was unsere Aufgabe ist".

Gleichzeitig erkennt Walder auch an, dass die Arbeit in den Brennpunkten der Banlieue auch eine Auswirkung auf die Polizist*innen habe: "Ist man Polizist und patrouilliert in Vierteln, in denen man weiß, dass man nicht willkommen ist, begegnet man einer Person zwangsläufig eher mit Misstrauen." Loïc Walder von der Polizeigewerkschaft UNSA

Dominique Sopo, Präsident der Organisation SOS Racisme spricht statt von dem Feindbild Polizei von der Angst vonseiten der Bevölkerung. Angst vor einer Polizei, die sich gewalttätig, aggressiv und diskriminierend verhalte. Eine Verbesserung der Ausbildung für die Polizeikräfte vor Ort wäre ein erster Schritt.

"Sie werden nicht im Hinblick auf Vorurteile und Stereotype geschult, die sie selbst gegenüber Bevölkerungsgruppen haben könnten, denen sie täglich begegnen oder mit denen sie arbeiten." Diesen und weitere konkrete Lösungsvorschläge für Staat, Polizei und Bevölkerung in Brennpunkten hatte SOS Racisme 2018 erarbeitet und vorgestellt. Ob sich seitdem etwas verändert habe? "Nein."

Immer folgen die Fälle dem gleichen Schema: Gewalt, Demonstrationen, Mediatisierung, dann Stille. Fabien Jobard benennt die Kultur hinter diesem Rhythmus. "Tatsache ist: Die Vorstellung, dass es eine Polizei gibt, die in der Hand des Staates ist und hart gegenüber Jugendlichen in der Banlieue vorgeht, stellt für die Franzosen im Allgemeinen überhaupt kein Problem dar." Fabien Jobard, Politologe

Schließlich begegnet die Jugend der Problemviertel den Einsatzkräften auch nicht gerade sanft. Dominique Sopo beschreibt zusätzlich eine Leugnung des Themas: "Wenn man ein Problem lösen will, muss man es auch als solches benennen." Dies tue in Frankreich weder das Innenministerium noch die Polizei oder die Regierung.

Auch nach der Urteilsverkündung bleibt Sopo pessimistisch, er habe sich eine Öffnung der öffentlichen Debatte um Polizeigewalt und ihre Prävention erhofft.
Für Théodore Luhaka bedeutet das Urteil laut Anwalt Antoine Vey aber vor allem das Ende von "sieben Jahren juristischem Martyrium". Ein Sieg und eine symbolische Entscheidung für die Opfer von Gewalt.


Aus: "Polizeigewalt in Frankreich:Symbolischer Sieg im Fall Théo Luhaka" Carolin Auen (20.01.2024)
Quelle: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ausland/frankreich-polizeigewalt-theodore-luhaka-100.html (https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ausland/frankreich-polizeigewalt-theodore-luhaka-100.html)