COMMUNICATIONS LASER #17

Laser#17 - Fraktal Text Akkumulation => Global-Politix und Micro-Welt, Randnotizen und Fussnoten => Topic started by: Textaris(txt*bot) on March 25, 2007, 08:19:49 PM

Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 25, 2007, 08:19:49 PM
Wer ist ,,Wir"? Wer sind die ,,Anderen"?

Daß wir überhaupt aspekthaft sehen, wird nur auf der Kontrastfolie ... des Aspektwechsels deutlich ...

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Quote[...] 1996 erschien Samuel P. Huntingtons Buch ,,The Clash of Civilizations". Es ging zurück auf einen Aufsatz, den Huntington im Sommer 1993 in der Zeitschrift ,,Foreign Affairs" veröffentlicht hatte. Auf dem deutschen Markt war sein Werk unter dem nicht präzis übersetzten, suggestiven Titel ,,Kampf der Kulturen" zu bekommen. Das Buch wurde ein Weltbestseller.

... Huntington provozierte die Fachwelt in seinem Aufsatz in der angesehenen US-Zeitschrift ,,Foreign Affairs" vor 30 Jahren mit mehreren spektakulären Hypothesen. Er schrieb, dass die wesentlichen Quellen für Konflikte nicht länger ideologischer oder wirtschaftlicher Natur seien, sondern kulturelle Differenzen zwischen Nationen oder Gruppen verschiedener Zivilisationen.
Die ,,Frontlinien der Zukunft" verlaufen nach Huntington dort, wo zwei Zivilisationen aufeinanderprallen. Deren unvereinbare kulturelle Prägungen (insbesondere Religionen) führten zwangsläufig zu gewaltsamen Konflikten, die bestenfalls in einem ,,kalten Frieden" eingefroren werden könnten.

Huntington unterschied acht Zivilisationen oder ,,Kulturkreise" auf der Welt, darunter den westlichen, den orthodoxen, den islamischen, den hinduistischen und den sinischen (chinesischen) Kulturkreis. In dieser multipolaren Welt werde die Dominanz des Westens und insbesondere seine Führungsmacht USA von mehreren Seiten herausgefordert ("The West versus the Rest").
Manche Kulturkreise seien aufsteigend, andere absteigend – ein Konzept, das Anklänge an Oswald Spenglers "Untergang des Abendlandes" verrät, wie deutsche Rezensenten bemerkten. Friedliche und fruchtbare Austauschprozesse zwischen Kulturen kommen in Huntingtons zugespitzter These vom ,,Clash" der Zivilisationen eher nicht vor, ebenso wenig die zahlreichen Konflikte um Ressourcen wie Land, Rohstoffe und Boden.

Bis heute bemühten sich Huntingtons Kritiker darzulegen, warum er falschgelegen habe, sagt der Essayist Florian Felix Weyh. Das hänge auch damit zusammen, dass er sich auf ein längst geräumtes Feld gewagt hatte: das des akademischen Konflikts zwischen Sein und Sollen.
1989 schlug die Stunde des Sollens. Mit der Verschrottung des Eisernen Vorhangs hatten nach übereinstimmender Meinung die guten Sollwerte gesiegt – westlicher Liberalismus inklusive Menschenrechte, Individualismus und Marktwirtschaft. Kräfte wie Religion und Kultur hatten in diesem Modell keinen Platz.
Samuel P. Huntington setzte dem eine archaisch-pessimistische Sicht der menschlichen Verhaltenslenkungskraft Religion entgegen: Sie spalte die Welt. Weitere Freund-Feind-Schemen durchzögen Huntingtons gesamtes Denken, sagt Florian Felix Weyh.

Viele Wissenschaftler haben Huntington vorgeworfen, dass er seine Kulturkreise in ungeschichtlicher, konservativer Weise festschreibt. Über die Zuordnungen vieler Länder oder Landesteile (etwa der Ukraine) zu dieser oder jener ,,Zivilisation" ließ und lässt sich natürlich trefflich streiten.
Auch seine Vorstellungen von Feindschaft und Unverständnis zwischen den Zivilisationen wurden häufig infrage gestellt. Der Philosoph Gregor Paul, der lange in China und Japan lebte, widersprach Huntingtons Annahme einer grundsätzlichen Konfrontation der Kulturen: ,,Nicht die Kulturen stehen quasi naturgemäß in einem gegnerischen Verhältnis, sondern nur die Hardliner der jeweiligen Kulturen, seien sie nun religiös-fanatisch oder nationalistisch."

... Die kulturelle Dimension habe für die weltpolitische Entwicklung seit 1990 eine große Rolle gespielt: ,,Die richtet sich sowohl gegen das Weltbild eines selbstgewissen westlichen Neoliberalismus als auch gegen die Vorstellung eines fortschrittsgläubigen westlichen Universalismus."

... Huntington sei mit dem ,,Clash"-Buch kein Wissenschaftsautor gewesen, urteilt der Essayist Florian Felix Weyh, sondern ein polternder Pamphletist der alten US-Machtpragmatiker-Schule. Mit seinem fast schon romanhaften Einwurf wollte er dem Westen die Scheuklappen vom Kopf reißen, hinter denen dieser das Irrationale von Religionen, Kulten und Kulturen bloß noch auf politisch und soziologisch beherrschbare Kategorien herunterbrach.
So verkürzt manche von Huntingtons Thesen auch sein mögen – heute sieht die Welt viel eher so aus, wie er sie beschrieb, als so, wie sie sich Liberale nach 1989 erträumten.


Aus: "Huntingtons einfache Thesen für eine komplexe Welt" (22.11.2023)
Quelle: https://www.deutschlandfunkkultur.de/kampf-der-kulturen-samuel-huntington-thesen-kritik-100.html (https://www.deutschlandfunkkultur.de/kampf-der-kulturen-samuel-huntington-thesen-kritik-100.html)

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QuoteRoland Weierstall, Maggie Schauer und Thomas Elbert (11.10.2012):  ... Gewalt zählt seit jeher zum Verhaltensrepertoire der Menschheit – genauso wie das Versorgen von Kranken und Verletzten. Woher kommt diese von unserer Ethik so negierte Lust an der Aggression? Und warum schreiben wir sie stets nur den ,,anderen" zu, den Sadisten, Psychopathen oder ,,Wilden"? ... [Menschen] töten gezielt, wobei sie im Vorfeld Strategien entwickeln, um systematisch konkurrierende Gruppen zu vernichten. Dabei nutzt Homo sapiens – der ,,weise Mensch" – just jene Hirnstrukturen, die ihm auch kulturelle Leistungen ermöglichen, mit denen er sich stolz vom Tier abhebt. Der Einsatz von Gewalt erfolgt jedoch selektiv. Denn die vom Menschen geschaffene kulturelle Ordnung definiert, wer zur eigenen Gruppe zählt und damit durch eine verinnerlichte Tötungshemmung vor eskalierender Aggression geschützt ist. Die Sozialisierung prägt also, wer als zu vernichtender Gegner gilt. ...
Quelle: https://www.spektrum.de/news/der-krieger-in-uns/1167018 (https://www.spektrum.de/news/der-krieger-in-uns/1167018)

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Quote"Wie erstaunlich ist der Wahnwitz jener Missionare, die, um »Wilden« Zivilisation und Bildung zu bringen, sie ihren Kirchenglauben lehren."
(Leo Tolstoi, Tagebücher, 1910)

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Quote"ich fick euch alle was labert ihr über [identität x] und [identität y] alter ich fick euch alle ihr huresohne" [identität z, 2007]

Quelle: http://royalbunker.com/mailorder/forum/mornlp_020.php?PHPSESSID=d89d46bffe360bd9f0706af6a56065e8
(15.03.2007: Link + Text nicht mehr verfügbar)

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Quote[...] Die alte Frage, womit man Menschen mehr gerecht wird: mit dem Seziermesser oder mit dem verständnisvollen Blick, der die eigenen anfechtbaren Punkte mit umfasst. ...


Aus: "Christa Wolf: Ein Tag im Jahr 1960-2000" Seite 509 (1993)

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Quote"Derjenige, der zum erstenmal an Stelle eines Speeres ein Schimpfwort benutzte, war der Begründer der Zivilisation."
(Sigmund Freud)

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QuoteIn der zunehmend polarisierten, fragmentierten Öffentlichkeit dominiert vor allem jenes Denken, das Zweifel nur an den Positionen der anderen, aber nicht an den eigenen zulässt. Diesem dogmatischen Denken, das keine Schattierungen berücksichtigt, setzt Carolin Emcke ein Lob des Vielstimmigen, des "Unreinen" entgegen - weil so die Freiheit des Individuellen und auch Abweichenden zu schützen ist. Allein mit dem Mut, dem Hass zu widersprechen, und der Lust, die Pluralität auszuhalten und zu verhandeln, lässt sich Demokratie verwirklichen. Nur so können wir den religiösen und nationalistischen Fanatikern erfolgreich begegnen, weil Differenzierung und Genauigkeit das sind, was sie am meisten ablehnen. ...


Aus: "Klappentext zu: Carolin Emcke: Gegen den Hass"
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2016
ISBN 9783103972313, Gebunden, 240 Seiten
Quelle: https://www.perlentaucher.de/buch/carolin-emcke/gegen-den-hass.html (https://www.perlentaucher.de/buch/carolin-emcke/gegen-den-hass.html)

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Quote[...] Seit der Antike bildet der Dialog, indem er auf der Symmetrie partnerschaftlichen Austauschs gründet, die Urform jedes ästhetischen Diskurses. Die Aufklärung – von Diderot bis Wieland – steckt voller Belege für eine diskursive "Arbeit am Wissen". Diese soll gemeinschaftlicher, das heißt: dialogischer Betrachtung standhalten.

Doch hat sich seit Anbruch der Moderne ein furchtbarer Verdacht geregt. Nur von gleich zu gleich wäre gut miteinander zu reden. Allein: Die Verhältnisse, sie sind nicht so.

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Aus: "Warum schreien alle so laut, wenn sie über Rammstein reden?" Ronald Pohl (19.6.2023)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/3000000175315/warum-schreien-alle-so-laut-wenn-sie-ueber-rammstein-reden (https://www.derstandard.at/story/3000000175315/warum-schreien-alle-so-laut-wenn-sie-ueber-rammstein-reden)

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Quote[...] Natürlich ist Verschiedenheit allein noch keine Garantie für ein kultiviertes Streitgespräch (sonst wären der Mittlere Osten und der Balkan die vornehmsten Debattierclubs). Stattdessen erzeugt sie oft Frustration oder schlimmer: schlägt in Gewalt um. Deshalb brauchen wir eine ausgefeilte und akzeptierte Kultur des Streitgesprächs.  ...


Aus: "Über den Kampf zum Spiel" Carlos Fraenkel (27.03.2013)
Quelle: http://www.zeit.de/2013/14/multikulturelle-gesellschaft-debatten (http://www.zeit.de/2013/14/multikulturelle-gesellschaft-debatten)

QuoteDie Kunst des Kulturkampfs ist es, das Klima so zu vergiften, dass alle nur noch Fehler machen können; dass Sozialdemokraten als Stalinisten, Konservative als Rechtsradikale, Argumente als Ausflüchte, Mäßigung als Konterrevolution, Rationalität als epistemische Gewalt erscheinen.
8:21 AM · Sep 20, 2020
https://twitter.com/joergscheller1/status/1307565649519091714 (https://twitter.com/joergscheller1/status/1307565649519091714)

QuoteJede Identität ist zugleich eine Verschwörungsphantasie.
Aus: "ÜBER IDENTITÄT (UND IHREN WANDEL)" Georg Seeßlen (25.06.2015)
http://www.seesslen-blog.de/2015/06/25/ueber-identitaet-und-ihren-wandel/ (http://www.seesslen-blog.de/2015/06/25/ueber-identitaet-und-ihren-wandel/)

Quote" ... Kein geringerer als John Wayne soll über Fred Zinnemanns klassischen Western ,,High Noon" (1952) geäussert haben, das Ende dieses Films sei ,,unamerikanisch". ..."
Aus: "Rio Bravo Kontra ,,High Noon" ?!" Ulrich Behrens (26. August 2020)
Quelle: https://www.untergrund-blättle.ch/kultur/film/rio-bravo-1388.html (https://www.xn--untergrund-blttle-2qb.ch/kultur/film/rio-bravo-1388.html)

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Quote"Unsere westliche Zivilisation, geprägt durch Christentum, Aufklärung und den Humanismus, die muss jeder anerkennen, sonst hat er bei uns nichts zu suchen."  (Günther Beckstein, SZ, 1. Juli 2002)
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Quote"Daß ich zum Beispiel Österreicher bin, ist mir mit einer solchen Fülle widerwärtigster Individuen gemein, daß ich es mir verbitten möchte, lediglich mit Hilfe jenes Begriffes bestimmt zu werden." - Heimito von Doderer, Tangenten. Tagebuch eines Schriftstellers, 1940-1950. Biederstein, 1964. S. 24

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Quote[...] Je weniger ein Mensch sich - wegen geringerer kognitiver Fähigkeiten - in einen anderen hineinversetzen kann, desto eher reagiert er eben mit Ablehnung. ...


Aus: "Kinder mit geringerem IQ neigen später eher zum Rassismus" Von Sebastian Herrmann (10.01.2012)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/wissen/intelligenz-kinder-mit-geringerem-iq-neigen-spaeter-eher-zum-rassismus-1.1254098 (http://www.sueddeutsche.de/wissen/intelligenz-kinder-mit-geringerem-iq-neigen-spaeter-eher-zum-rassismus-1.1254098)

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Quote[...] Aufbauschen, skandalisieren, beschimpfen: Unsere Gesprächskultur verkommt immer öfter zu strategischer Kommunikation. Das funktioniert, indem gezieltes Falschverstehen zur Taktik wird ... Kein kommunikativer Trend ist so auffällig wie der sich in den sozialen Medien, in Talkshows und auf Demos austobende Hang zur rechthaberischen Fehlinterpretation. Zum Einsatz kommen dabei vor allem drei rhetorische Kampftechniken. Die erste ist die Strategie der Nicht-Interpretation: Man weigert sich, ,,zwischen den Zeilen" zu lesen, nimmt jedes Wort für bare Münze. Damit geht jegliche Doppelbödigkeit des Gesprächs verloren, auch alles Hintergründige und vor allem jede Ironie. ... Die zweite Taktik ist die gezielte Falschinterpretation. ... Die dritte Technik ist die Überinterpretation. ... Traurig ist, dass die Tugend hermeneutischen Wohlwollens dem Laster des hermeneutischen Generalverdachts weicht: Man ist sich stets sicher, und zwar rechts wie links, dass das Gegenüber ein viel schlechterer Mensch ist, als das aus seinen manifesten Äußerungen hervorgeht. Deshalb will man ihn nicht mehr verstehen. ... Verweigertes Verstehen macht freudlos und verbissen.  ...

Aus: "Verrohte Gesprächskultur: Der Wille zum Missverständnis" Arnd Pollmann (30.08.2020)
Quelle: https://www.deutschlandfunkkultur.de/verrohte-gespraechskultur-der-wille-zum-missverstaendnis.2162.de.html?dram:article_id=483182 (https://www.deutschlandfunkkultur.de/verrohte-gespraechskultur-der-wille-zum-missverstaendnis.2162.de.html?dram:article_id=483182)

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Quote[...] Wer ist ,,Wir"? Wer sind die ,,Anderen"? - Drei Neuerscheinungen zerpflücken das Theorem vom ,,Kampf der Kulturen". Nur: wie viel ist damit gewonnen?

Das Muster vom Kampf der Kulturen ist ,,eine intellektuelle Kippfigur", schreibt Nils Minkmar im lesenswerten Sammelband ,,Feindbilder". Wenn man es ,,einmal im Sinn hat, deutet man alle Ereignisse nach diesem Muster". Dann reduziert sich die Welt, mit all ihrer Komplexität, auf den Konflikt religiös-kultureller Identitäten. Die schroff abgegrenzten Identitäten, die als Ursache dieses Konfliktes behauptet werden, sind freilich erst Resultat der Verschärfung. Wenn man die vermeintlich essenzialistische Unvereinbarkeit von Identitäten nur lange genug behauptet, dann kriegt man ihn am Ende auch, den Clash of Civilisations.
Anders gesagt: Menschen, die heute nicht zu sagen vermögen, was sie von ihrem Nachbarn unterscheidet, können in ihm morgen schon den radikal Anderen sehen. Amartya Sen, Wirtschaftsnobelpreisträger und Harvard-Professor, hat diese Erfahrung erstmals als elfjähriger Junge in Indien gemacht. Bei ethnischen Unruhen machten Hindus auf Moslems Jagd und vice versa. Sen sah damals seinen ersten Mord. Vielleicht erklärt diese Erfahrung die Verve seines neuen Buches ,,Die Identitätsfalle".

Sens Hauptthese, zu der er immer wieder zurückkehrt, ist so simpel wie vernünftig: Menschen waren noch nie einfache Produkte ihres kulturell-religiösen Herkommens und sind es heute weniger denn je. Mit einer solchen monokausalen Deutung missverstehe man die Menschen und die Welt. Jeder von uns ist Angehöriger einer Vielzahl von Gruppen. Niemand ist in einem derart trivialen Sinn ,,Moslem", ,,Hindu", ,,Westler", ,,Christ" oder ,,Asiate", wie es das Postulat vom ,,Kampf der Kulturen" unterstellt. Jeder Mensch, mag er noch so simpel gestrickt sein, hat ,,plurale Identitäten". Unser Leben ist nicht nur Schicksal, auch unsere Identität unterliegt ,,freier Wahl". In Wirklichkeit, so Sen, ,,treffen wir alle – und sei es auch nur stillschweigend – ständig Entscheidungen über die Prioritäten, die wir unseren verschiedenen Zugehörigkeiten und Mitgliedschaften beimessen".

,,Fremde Kulturen", von außen scheinbar aus einem Guss, sind in sich selbst heterogen. Aus der Entfernung betrachtet gibt es ,,Österreichertum". Von innen her gesehen habe ich mit Ewald Stadler kaum etwas gemein.
Die erste Schwierigkeit der These vom Kampf der Kulturen, insistiert Sen, besteht also schon in der Fragwürdigkeit, ,,ob es überhaupt möglich und signifikant ist, Menschen nach den Kulturen zu klassifizieren, denen sie angeblich ,angehören'. Diese Frage ergibt sich lange vor den Problemen, die wir mit der Ansicht haben, die solchermaßen in Schubladen diverser Kulturen sortierten Menschen müssten sich irgendwie in einem Gegensatz zueinander befinden."

Freilich hat sich das identitäre Konzept in den vergangenen Jahren so weit durchgesetzt, dass der Reduktionismus, der ihm zugrunde liegt, kaum mehr auffällt. Längst argumentieren nicht nur die Anhänger der Kulturkampfthese auf dessen Grundlage, sondern auch deren Gegner. Ist der Kulturkämpfer der festen Überzeugung, Angehörige unterschiedlicher Großzivilisationen könnten nicht friktionsfrei miteinander auskommen, so lässt der gutmütige Multikulturalist den Optimismus nicht fahren, unterschiedliche Kulturen könnten bunt nebeneinander koexistieren. Aber dies ist oft kein Plädoyer für die Akzeptanz pluraler Identitäten, sondern, so Sen, für einen ,,pluralen Monokulturalismus".
Damit komme aber der Multikulturalismus in Teufels Küche: ,,Wenn ein junges Mädchen aus einer konservativen Einwandererfamilie sich mit einem englischen jungen Mann verabreden möchte, ist das sicherlich ein multikultureller Schritt ... Wenn man im Namen der kulturellen Freiheit für den Multikulturalismus eintritt, kann man sich nicht standhaft und uneingeschränkt dafür aussprechen, jemand habe unerschütterlich an seiner überkommenen kulturellen Tradition festzuhalten."

Sens Buch ist eine einzige Absage an das Konzept der Identitäten und an den damit verbundenen Reduktionismus. Immer wieder verweist er auf das Problem, dass selbst wohlmeinende Zeitgenossen Einwanderer stets als Mitglieder ihrer Community oder religiösen Ethnizität ansprechen und nicht als Bürger ihres eigenen Gemeinwesens. Im Umkehrschluss betonen auch Bürger moslemischer Religion in der Regel stets, ,,wir Muslime sind ja gar nicht so", anstatt die Reduktion auf ihre muslimische Identität als solche zurückzuweisen. Schon diese Form der Zurückweisung bestätigt in einem gewissen Sinn den identitären Wahn, indem er die religiös-kulturelle Identität gegenüber allen anderen Ressourcen personaler Identität überbewertet.

Das Problem mit Kritiken wie jener von Sen, so richtig sie sein mögen, besteht darin, dass die Kritik die Probleme nicht aus der Welt schafft. Zuschreibungen dieser Art, seien sie Selbst- oder Fremdzuschreibungen, führen, einmal in die Welt gesetzt, ihr eigenes Leben, und ihnen ist mit Aufklärung nicht einfach beizukommen. Dass Identitäten immer fiktional sind, ändert nichts an ihrer substanziellen Macht. Auch produzierte Identitäten sind Identitäten. Ja, ihr Ursprung ist Fremdzuschreibung, die als Selbstzuschreibung zurückgespiegelt wird.

Über dieses Problem meditiert der linke New Yorker Sozialhistoriker Immanuel Wallerstein in seinem schmalen Bändchen ,,Die Barbarei der anderen". Für Wallerstein ist der Kern des Dilemmas die Etablierung des anglo-europäischen Weltsystems in den vergangenen fünf Jahrhunderten, das mit dem gegenwärtigen Stand der Globalisierung zu einem ,,europäischen Universalismus" wurde, gegen den ,,die Anderen" mit Lokalismus und Partikularismus aufbegehren.

Der ,,europäische Universalismus" ist für Wallerstein kein Universalismus, sondern nur eine raffiniertere Form des Kolonialismus. Darauf wiederum reagiere die ,,nicht-westliche Welt", indem sie den Barbareivorwurf letztlich umkehrt: Die westlich-christliche Kultur wird ihrerseits als ,,fehlerhafte und minderwertige Form menschlichen Denkens" verdammt. Gegen den ,,europäischen Universalismus" will Wallerstein aber nicht den Lokalismus setzen, sondern einen ,,universalen Universalismus". Einen solchen zu entwickeln, dazu will er die westlichen Intellektuellen anstacheln. Wallerstein selbst hat leider nicht sehr viel Konkretes dazu zu sagen, wie genau dieser ,,universale Universalismus" beschaffen sein könnte.

Vielleicht ist schon einiges gewonnen, so kann man Seyla Benhabibs Essay ,,Der Kampf um die Kultur" im Sammelband ,,Feindbilder" verstehen, wenn man eine gewisse hermeneutische Sensibilität für die kulturellen Strategien der Underdogs entwickelt. Schließlich ist es schon eine Herausforderung, den ,,hochbrisanten politischen Konflikt" nicht stetig zu verschärfen. Die ,,umgekehrte Globalisierung", die Erfindung einer globalen muslimischen Gegentradition, mit der der Islamismus so erfolgreich war, muss überhaupt erst verstanden werden, was, so Benhabib, im jeweils konkreten Fall umso schwieriger ist, da Bedeutungen zunehmend in Fluss geraten. Der Schleier, ursprünglich Zeichen traditioneller Lokalkulturen, dann der weiblichen Unterordnung, hat heute unterschiedliche Bedeutungen angenommen und kann genauso ein Zeichen kultureller Autonomie aufbegehrender junger Frauen sein.
All diese Prozesse sollte man zu verstehen versuchen, statt reflexhaft auf sie zu reagieren.

Die simplen Reduktionismen des ,,Kulturkampfes", das ,,Wir gegen sie", das ,,Die einen gegen die anderen", kurzum: der Jargon der Konfrontation hat die globalen Spannungen dramatisch verschärft. Alle Versuche, das Kippbild wieder aus dem Kopf zu bekommen, sind lobenswert, mag die Sache auch verdammt schwer sein. Um nochmals Amartya Sen zu zitieren: ,,Falsche Beschreibungen und falsche Vorstellungen können die Welt zerbrechlicher machen, als sie sein müsste."


Aus: "Immanuel Wallerstein: Die Barbarei der anderen" Rezensent: Robert Misik (Falter; 21. März 2007)
Quelle: http://www.falter.at/rezensionen/detail.php?id=3667&SESSID=42cd7e69f779ca565c8200f9daaad182 (http://www.falter.at/rezensionen/detail.php?id=3667&SESSID=42cd7e69f779ca565c8200f9daaad182)
Title: [Aspektblindheit und Selbstmodell... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 27, 2007, 01:18:26 PM
" ... #663 (+|-) (Wertung: -13)
Horst Seehofer, CSU: Kreuze raus aus dem Klassenzimmer, Imame weihen öffentliche Gebäude ein, japanische Autos auf den Straßen – das ist nicht unser Bayern. ..." (CSU-Parteitag, 30.10.2010 )
http://polit-bash.org/?663 (http://polit-bash.org/?663)

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Quote[...] Was wir damit als Teil unseres Selbst erleben, hängt also vom jeweiligen Kontext ab, und davon, welche Information vom Gehirn jeweils in unser Selbstmodell eingebettet wird. ...

Aus: "Neurophilosophie" (Stand: 03/2007)
Quelle: http://www.think-systems.ch/lebenslernpark/65_neurophilosophie.htm (http://www.think-systems.ch/lebenslernpark/65_neurophilosophie.htm)

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QuoteEvery kind of ignorance in the world all results from not realizing that our perceptions are gambles. We believe what we see and then we believe our interpretation of it, we don't even know we are making an interpretation most of the time. We think this is reality. – Robert Anton Wilson


https://en.wikipedia.org/wiki/Reality_tunnel (https://en.wikipedia.org/wiki/Reality_tunnel) (Stand: 16 May 2018)

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QuoteSocial constructionism questions what is defined by humans and society to be reality. ...


Quelle: https://en.wikipedia.org/wiki/Social_constructionism (https://en.wikipedia.org/wiki/Social_constructionism) (Stand: 12 September 2018)

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Quote[...] Wittgensteins Aspektblindheit steht in Zusammenhangmit seinen Analysen des Sprachgebrauches. So fragt er, was demjenigen fehlt, der nicht das "Erleben einer Bedeutung eines Wortes" erfährt. Was fehlt demjenigen, so fragt er, der nicht in der Lage ist, "sondern" als Verb zu verstehen, oder der nicht erlebt, daß ein Wort zu einem bloßen Klang wird, wenn man es zehnmal hintereinander hersagt.

Das Erleben der Bedeutung eines Wortes steht in engem Zusammenhang mit Phantasie und Vorstellungsbildern, die wir offenbar haben, wenn wir einer Erzählung zuhören, uns eine Wegbeschreibung geben lassen oder auch Farben oder Eigenschaftswörter mit bestimmten Worten verknüpfen. So fragt Wittgenstein an einer Stelle, ob wir uns eher "Mittwoch" oder "Dienstag" mager vorstellen. Diese "Wortbilder" führen offenbar auch dazu, daß Wörter eine bestimmte Bedeutung haben.

... Noch deutlicher wird die Abhängigkeit von Sehgewohnheiten im Umgang mit Fotografien, worauf Wittgenstein hinweist: Wenn ein Mensch der westlichen Welt eine Fotografie betrachtet, dann betrachtet er das dargestellte Objekt in der Annahme, daß diese Fotografie dasjenige genauso darstellt, wie es in der Wirklichkeit ist. Bei Naturvölkern haben Porträtfotografien großes Erschrecken hervorgerufen, weil sie den abgebildeten Menschen auf einmal ohne Farbe und verkleinert sehen mußten und das für Hexerei oder ähnliches hielten. ... Insbesondere der Umgang mit Bildern ist nichts Selbstverständliches. Er bedarf eines "Sich-Auskennens", das ganz wesentlich durch unsere Kultur geprägt ist und das wir deshalb erst erlernen müssen. Insofern zeichnet sich für das kontinuierliche Aspektsehen ab, daß es ohne die Annahme eines kulturellen Hintergrundes beziehungsweise eines Kontextes nicht auskommt. Was Wittgenstein am Umgang mit Bildern zeigt, gilt dabei auch für unser Sprachverständnis und unsere begrifflichen Vorstellungen.

Daß wir überhaupt aspekthaft sehen, wird nur auf der Kontrastfolie der Aspektblindheit und des Aspektwechsels deutlich ..."


Aus: "Sprache – Sprachspiel – Spiel: Phänomen als Methode bei Heidegger, Wittgenstein und Gadamer"
Juliane Reichel (Oldenburg, 2010)
Quelle: http://oops.uni-oldenburg.de/volltexte/2011/1180/pdf/reispr10.pdf (http://oops.uni-oldenburg.de/volltexte/2011/1180/pdf/reispr10.pdf)

Title: [Des freien Menschen unwürdig... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 31, 2007, 04:09:43 PM
Quote[...] "Margarete, genannt Gretchen, ist ein sehr junges Mädchen, das von dem älteren, respektablen Wissenschaftler Faust umworben wird. Nachdem sie sich schon mehrmals getroffen, auch geküsst, aber noch nicht miteinander geschlafen haben, kommt Gretchen auf einen Punkt zu sprechen, der für sie von äußerster Wichtigkeit ist: Gretchen: ,,Nun sag, wie hast du's mit der Religion? Du bist ein herzlich guter Mann, allein ich glaub, du hältst nicht viel davon." [...] Goethe stellt an dieser Stelle mit Gretchen und Faust zwei Entwürfe einander gegenüber: Zum einen das Mädchen aus einfachen traditionsbestimmten Verhältnissen, das den Glauben an Gott und kirchliche Religiosität als Zentrum auch des eigenen Selbstverständnisses übernommen hat; zum anderen der gelehrte Heinrich Faust, der im Sinne neuzeitlicher Subjektivität auch die überlieferte Religion in Frage stellt, und argumentiert, er könne die gleichen Gefühle für das Gute, Schöne und Anständige haben wie Gretchen. Diese Werte müssten aber nicht unbedingt von der Kanzel gepredigt werden, um beherzigt zu werden. Da zur Zeit von Goethe die christliche Religion und somit der Klerus einen mächtigen Einfluss auf die Menschen hatte, ging es bei der Gretchenfrage auch um die traditionelle Herrschaftsform. Somit wird durch die Gretchenfrage verklausuliert die Frage nach der Akzeptanz der aktuellen Verhältnisse gestellt. Da in dem Milieu, in dem Gretchen zuhause ist, die kirchliche Religion nicht nur eine theoretische Frage ist, sondern den Alltag, das gesamte soziale Leben und das ethische Denken umfasst, lässt ihre Frage nach Faustens religiösem Glauben also auch die Frage nach seiner Lebenspraxis und gesellschaftlichen Eingebundenheit mitschwingen."

http://de.wikipedia.org/wiki/Gretchenfrage (http://de.wikipedia.org/wiki/Gretchenfrage)  (15. August 2008)

[Variationen zur Gretchenfrage (Notizen) ... ]
https://www.subf.net/linklist/index.php/topic,76.0.html (https://www.subf.net/linklist/index.php/topic,76.0.html)


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Quote[...]  Einen konsequenten naturwissenschaftlich begründeten Rationalismus vertritt der Mathematiker und Philosoph Bertrand Russell in seinem berühmten Essay Why I Am Not A Christian (1927). Die Grundlage der Religion sei die Angst – vor dem Mysteriösen, vor der Niederlage, vor dem Tod. Angst sei der Vater der Grausamkeit und so nehme es nicht Wunder, dass Grausamkeit und Religion historisch Hand in Hand gegangen seien. Die Konzeption Gottes entspringe einem altertümlichen orientalischen Despotismus, die des freien Menschen unwürdig sei. Die Welt brauche keine Religion, sondern eine furchtlose Perspektive und freie Intelligenz.

Existenzialismus

Ähnlich argumentiert auch Jean-Paul Sartre mit seinem ,,atheistischen Existentialismus". Für ihn ist Gott nichts als eine Bedrohung der menschlichen Freiheit. Der erste Schritt des Existenzialismus sei es, jeden Menschen in Besitz dessen, was er ist, zu bringen und auf ihm die gänzliche Verantwortung für seine Existenz ruhen zu lassen:

    Selbst wenn es einen Gott gäbe, würde das nichts ändern; das ist unser Standpunkt. Nicht, als ob wir glaubten, dass Gott existiert, aber wir denken, dass die Frage nicht die seiner Existenz ist. Der Mensch muss sich selber wieder finden und sich überzeugen, dass ihn nichts vor ihm selber retten kann, wäre es auch ein gültiger Beweis der Existenz Gottes.

Der deutsche Existenzphilosoph Karl Jaspers vertritt dagegen eine ,,existenziale Interpretation", d.h. eine auf den einzelnen Menschen bezogene Auseinandersetzung mit dem Transzendenten und bezieht sich auf die ,,maßgebenden Menschen" nach der Reihenfolge ihrer Bedeutung: Sokrates , Buddha, Konfuzius und Jesus. Offenbarungsglauben kritisiert er zugunsten eines philosophischen Glaubens, den das Individuum entwickeln muss und der keine Verheißung, sondern lediglich Selbstverantwortung mit sich bringt.


Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Religionskritik (http://de.wikipedia.org/wiki/Religionskritik) (03/2007)

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Quote[...] Dirk Nockemann, ehemaliger Schill-Innensenator und Vorsitzender des Hamburger Landesverbandes der Deutschen Zentrumspartei, wird gemeinsam mit dem Terrorismusexperten Udo Ulfkotte mit einer konservativen und islamkritischen Partei bei der Hamburger Bürgerschaftswahl antreten. Ulfkotte strebt die Nachfolge von Innensenator Udo Nagel (parteilos) an. "Wir wollen alte, christliche Werte neu beleben", so Nockemann. Dazu zählt für sie zum Beispiel ein verpflichtender christlicher Religionsunterricht an den Schulen. Hamburg solle außerdem "eine No-Go-Area" für radikale Islamisten werden, so Nockemann. Dafür müsse der Druck auf diese Menschen erhöht werde. Intoleranz werde in Hamburg nicht geduldet.


Aus: "Islamkritische Partei geplant" (31. März 2007 )
Quelle: http://www.abendblatt.de/daten/2007/03/31/716743.html (http://www.abendblatt.de/daten/2007/03/31/716743.html)

Title: ["als wäre die Islamdebatte eine apokalyptische Schlacht"... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 25, 2007, 01:32:59 PM
Quote[...] SPIEGEL ONLINE: Sie werfen den islamkritischen Autorinnen wie Necla Kelek und Seyran Ates vor, dass es ihnen bei ihren Auftritten auch um Selbstdarstellung geht. Sind sie nicht diejenigen, die für muslimische Frauen in die Bresche springen und die ersten, die Probleme offen aussprechen?

Feridun Zaimoglu: Ich habe nur kritisiert, dass in den Auslassungen der "Islamkritikerinnen" immer wieder nur der Islam Schuld an Problemen ist - für mich ein nicht nachvollziehbares, ziemlich plumpes Weltbild. Denn so einfach ist es nicht. Ich bin kein Ideologe und kein Eiferer und habe keine fixen Ideen. Meine Forderung ist lediglich: Schluss mit den Schuldzuweisungen. Man sollte nicht so tun, als wäre die Islamdebatte eine apokalyptische Schlacht zwischen Gut und Böse, bei der es darum geht, die bösen Orthodoxen niederzumachen, weil sie für alles "Nichtintegrative" stehen. Einige Politikerinnen haben sich nicht entblödet zu verkünden, dass das Kopftuch ein politisches Zeichen ist.


Aus: "INTEGRATION: "Die Idee eines deutschen Islam begeistert mich"" Das Interview führte Anna Reimann (24. April 2007)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,479051,00.html (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,479051,00.html)

### Einschub / Nachtrag (2023)

Quote[...] Der Iran droht Frauen, die sich in der Öffentlichkeit ohne Kopftuch zeigen, mit gnadenloser Verfolgung. "Die Abnahme des Schleiers ist gleichbedeutend mit Feindseligkeit gegenüber unseren Werten", sagte der Justizchef der Islamischen Republik, Gholamhossein Mohseni Edschei, iranischen Medien zufolge. Diejenigen, "die solch anomale Handlungen begehen, werden bestraft" und "ohne Gnade verfolgt". 

Der Justizchef ließ offen, mit welchen Strafen die Frauen zu rechnen haben. Der demonstrative Verzicht auf ein das Haar bedeckendes Kopftuch ist zu einem zentralen Symbol des Widerstands gegen die Regierung in Teheran geworden.

... Ausgelöst wurden die seit Monaten anhaltenden Proteste durch den Tod der 22-jährigen Mahsa Amini, die Mitte September vergangenen Jahres in Polizeigewahrsam starb. Die Sittenpolizei hatte sie festgenommen, weil sie ihr Kopftuch falsch getragen haben soll.

... Vergangenen Donnerstag hatte das Innenministerium das Kopftuch als "eine der zivilisatorischen Grundlagen der iranischen Nation" bezeichnet und an Bürger appelliert, unverschleierte Frauen zur Rede zu stellen. Nach der 1979 eingeführten islamischen Scharia sind Frauen verpflichtet, ihr Haar zu bedecken und lange, locker sitzende Kleidung zu tragen, um ihre Figur zu verbergen. Wer dagegen verstößt, muss mit Geldstrafen oder Verhaftung rechnen.


Aus: "Iranische Regierung droht Frauen ohne Kopftuch mit Verfolgung" (1. April 2023)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2023-04/iran-frauen-kopftuch-verfolgung (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2023-04/iran-frauen-kopftuch-verfolgung)

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Quote[...] Nach einem Auftritt zweier Schauspielerinnen ohne Kopftuch hat Irans Justiz Ermittlungen eingeleitet. Der Fall sei bei den Behörden registriert worden, nachdem Afsaneh Bajegan (62) und Fatemeh Motamed-Aria (61) in Teheran an einer Veranstaltung zu Ehren eines Schauspielkollegen teilnahmen, berichtete die Nachrichtenagentur Tasnim. In den sozialen Medien wurde ein Foto Bajegans bei der Veranstaltung am Sonntag bereits tausendfach geteilt. Im Zuge der von Frauen angeführten Protestwelle im Herbst 2022 im Iran waren mehrere Schauspielerinnen ins Fadenkreuz der Justiz geraten, die sie sich mit der Bewegung solidarisiert hatten. Auslöser der Proteste war der Tod der jungen iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini. Sie starb im Polizeigewahrsam, nachdem sie wegen Verstöße gegen den Kopftuchzwang festgenommen worden war. ...

Aus: "Auftritt ohne Kopftuch: Iran ermittelt gegen Schauspielerinnen" (03.05.2023)
Quelle: https://www.deutschlandfunkkultur.de/auftritt-ohne-kopftuch-iran-ermittelt-gegen-schauspielerinnen-102.html (https://www.deutschlandfunkkultur.de/auftritt-ohne-kopftuch-iran-ermittelt-gegen-schauspielerinnen-102.html)

### Nachtrag Ende

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Quote[...] Jetzt melden sich wieder die zu Wort, die nichts verstanden haben. Jene Konservativen, die so tun, als könne man die Einwanderung rückgängig machen. Und jene Linken, in deren Augen schon die Beschreibung der Probleme, die Einwanderer verursachen, Fremdenfeindlichkeit schürt. Nur wir, die Kinder der Migranten, haben keine Stimme. Dabei könnten wir einiges klarstellen.

[...] Wir sind der Hysteriker und ihrer Mythen müde und wünschen uns, dass man Hoffnung macht und Kraft spendet. Die Einwanderer wollen ihre Integrations- oder einfach ihre Arbeitsleistung gewürdigt wissen. Einwanderung ist eben auch eine Herzenssache. Sage niemand, ein paar warme Worte täten ihre Wirkung nicht. Das kann man erst wissen, wenn man es mal probiert hat und nicht nur mit Ausweisung und Strafe droht.

[...] Natürlich hilft guter Wille allein nicht. Man muss unmissverständliche Leitregeln für alle Beteiligten aufstellen. Zum einen: Gewalt führt ins Abseits. Messer gehören in die Hand von Metzgern und Schächtern, es lassen sich damit sonst nur billige Augenblickstriumphe erdrohen. Zum anderen: Achtung zu haben ist das moralische Gebot der Stunde. Spätestens jetzt sollte man sich von dem Begriff »Respekt« verabschieden.

[...] Jobs, Regeln, Deutsch und freie Religion – das sind die Säulen einer neuen deutschen Gesellschaft. Der Aktionsplan dafür sieht so aus: zunächst ein emotionaler Appell auf hoher Ebene vom Innenminister, noch besser von der Bundeskanzlerin. Womöglich muss die Rede mit türkischen Untertiteln versehen sein. Zusammenarbeit mit der auflagenstärksten türkischen Zeitung Hürriyet. Die Bildungsoffensive muss die türkischen Haushalte, also die Eltern erreichen. Mehr Geld – natürlich –, damit die Kinder Deutschkurse bereits im Vorschulalter erhalten.

Es stimmt schon: Die Einheit ist noch nicht vollendet. Die heute lebenden Westdeutschen, Ostdeutschen und Fremddeutschen sind vielleicht nur Vorfahren des eigenartigen Volkes, das wir in dreißig Jahren abgeben werden. Dann wird zusammenwachsen, was zusammengehört.


Aus: "Mein Deutschland" Warum die Einwanderer auf ihre neue Heimat stolz sein können  - Von Feridun Zaimoglu (DIE ZEIT 12.04.2006 Nr.16)
Quelle: http://www.zeit.de/2006/16/01_leit_1_16?page=1 (http://www.zeit.de/2006/16/01_leit_1_16?page=1)

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Quote[...] Am 2. Mai findet auf Einladung von Bundesinnenminister Schäuble in Berlin die zweite Islam-Konferenz statt. Die Konferenz soll ein Forum zur Verständigung zwischen dem Staat und Vertretern deutscher Muslime sein - nicht nur jener, die in Verbänden organisiert sind. Die Leitfrage ist, wie der Islam als Religionsgemeinschaft in die deutsche Verfassungsordnung zu integrieren ist.

Herr Zaimoglu, Sie haben die Zusammensetzung der Islam-Konferenz kritisiert. Was ist das Problem?

Zunächst einmal halte ich die Islam-Konferenz für einen historisch bedeutsamen Schritt, es geht in die richtige Richtung. Bei der ersten Islam-Konferenz im September war es allerdings schon eine etwas absurde Situation: Auf der einen Seite der großen Tafel saßen die deutschen Politiker und auf der anderen Seite saßen "wir". Es ging zu wie beim Besuch einer ausländischen Delegation. Aber darüber kann ich lächeln. Das Problem ist, dass an diesem Tisch so- genannte fromme Männer und sogenannte, in der medialen Inszenierung als Islamkritikerinnen gehypte Frauen zusammenkamen, säkulare Musliminnen, die sich bei diesem ersten Treffen der Islamkonferenz über die Neo-Musliminnen der zweiten und dritten Generation ausließen. Aber diese Neo-Musliminnen, um die es da ging, die fehlten, sie konnten sich nicht wehren und nicht selbst Stellung beziehen.

Und warum fehlten die?

Ich habe auch angefangen mich zu fragen: Warum blendet man sie aus? Der Schluss liegt nahe, dass man sie nicht dabei haben möchte, weil sie nicht ins Bild passen. Diese Zusammensetzung - auf der einen Seite die orthodoxen Männer und auf der anderen die säkularisierten Frauen - das ergibt zusammen genommen ein sehr primitives Bild vom Islam. Es ist genau das richtige für diejenigen, die die Welt gern in gut und böse einteilen.

Das heißt, die Zusammensetzung der Islam-Konferenz reproduziert gängige Klischees vom Islam?

Genau. Als Herr Schäuble sagte, der Islam ist ein Teil der deutschen Gesellschaft, habe ich mich sehr darüber gefreut. Lange wurde ja nur in Kategorien von "wir" und "ihr" gedacht und gesprochen, und das wird mit so einem Satz zunächst einmal aufgelöst. Aber wenn dem so sein soll, verstehe ich nicht, warum man immerhin ein paar tausend junge selbstbewusste Frauen, die keinesfalls entmündigt oder Vollzugsorgane von männlichen Anordnungen sind, vorführt und diffamiert und ihnen jegliche Beteiligung versagt. Als Privatmeinung bleibt es jedem unbenommen, den islamischen Mann für alle Übel dieser Welt zur Verantwortung zu ziehen. Aber die Entgleisungen und Diffamierungen der so genannten Islamkritikerinnen halte ich für bedenklich. Sie greifen diese jungen gläubigen Frauen ständig, unermüdlich an.

Frauen wie die Soziologin Necla Kelek oder die Rechtsanwältin Seyran Ates, die beide der Islam-Konferenz angehören, üben an vielen Stellen wichtige Kritik. Andererseits behaupten sie, man könne den Koran nicht anders als fundamentalistisch auslegen, und lassen die bestehenden Reform-Ansätze nicht gelten. Ist das das Problem?

Das größte Bollwerk gegen den Fundamentalismus sind die Volksfrommen in den Moscheeverbänden. Wenn man diese Menschen wegen ihrer Frömmigkeit und ihres Glaubens angreift, und wenn man sich nicht entblödet, sie immer und immer wieder aufzurufen, sich zu den Reformkräften zu schlagen, dann will man gar nicht sachlich argumentieren; man will Krawall schlagen. Es ist ja so, dass sich Feminismus und eine rechte Gesinnung nicht ausschließen, und es kann doch nicht sein, dass sich gewendete 68er, konservative Rechtspopulisten und rechte Feministinnen Hand in Hand zu Verteidigern, zu Fußsoldaten der abendländischen Zivilisation stilisieren. Man stellt die Legitimation der konservativen Verbände in Frage, weil sie für zu wenige Leute sprechen würden. Aber wieso kommt in der Presse keiner auf die Idee, sich diese Frage mal bei den so genannten Aufklärern zu stellen? Wen oder was repräsentieren die denn? Es wird ungerecht und unsauber argumentiert, es fehlt in der Auseinandersetzung an Sachlichkeit.

Haben Sie Vorschläge, welche Frauen man in die Islam-Konferenz berufen sollte?

Nein. Es geht nicht um mich oder um meinen Willen, es geht darum, dass die Islam-Konferenz, wenn sie ein demokratisches Forum sein will, nicht jene jungen gläubigen Frauen ausblenden kann, die sich selbstbewusst für das Schamtuch entschieden haben und sich explizit als deutsche Musliminnen begreifen. In dieser Szene gärt und brodelt es, man stößt da im Zusammenhang mit der Islam-Konferenz und den Auslassungen der so genannten Islamkritikerinnen auf großen Zorn.

Von Frauen wie Necla Kelek wird der demokratische Wille dieser Neo-Musliminnen in Frage gestellt. Die Politik scheint dieser Ansicht zu folgen.

Diese jungen Neo-Musliminnen sind doch längst viel weiter. Sie haben das Identitätsproblem hinter sich gebracht, daher rührt auch ihr Selbstbewusstsein. Die haben nichts zu tun mit so einem Blödsinn wie Grenzgängerei oder bin ich deutsch oder türkisch. Hinter den Umschreibungen der Islam-Kritikerinnen verbirgt sich eine ungeheuere Anmaßung und Arroganz. In den 740 Lesungen, die ich in den letzten zwölf Jahren gemacht habe, bin ich auf sehr viele dieser Frauen gestoßen: junge engagierte Neo-Musliminnen, die an der Basis arbeiten, in Frauenhäusern etwa, und die den Frauen der ersten Generation zur Seite stehen. Das sind Heldinnen des Alltags, die kennen sich wirklich mit den Problemen von Musliminnen in Deutschland aus. Aber sie passen nicht ins Bild, weil sie sich - vielleicht ja völlig zu recht - dagegen sperren, sich ins Feld irgendeines europäischen Feminismus zu begeben. Sie brauchen diesen Altfeminismus nicht, über den debattiert man ja auch im deutschen Feuilleton, gegen den wenden sich doch jüngere Frauen schon lange. Aber bei den jungen Neo-Musliminnen, die sich zu weit entfernen und sich mit enormem Selbstbewusstsein noch einmal ganz anders positionieren, tut man lieber so, als wären sie gar nicht existent. Oder man denunziert sie, wie die Islamkritikerinnen es tun, als blöde Frauen, die nur dem Manne gehorchen. Tatsächlich aber handelt es sich um eine breite, selbstbewusste Strömung, und diese Neo-Musliminnen säßen mit sehr viel mehr Berechtigung in der Islam-Konferenz als ich es tue.

Das Gespräch führte Michaela Schlagenwerth.



Aus: "INTERVIEW - Wo sind die jungen Schamtuchträgerinnen?" Der Schriftsteller Feridun Zaimoglu kritisiert die Zusammensetzung der Islam-Konferenz" (Berliner Zeitung, 25.04.2007)
Quelle: http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/print/feuilleton/648225.html (http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/print/feuilleton/648225.html)

Feridun Zaimo?lu:
http://de.wikipedia.org/wiki/Feridun_Zaimo%C4%9Flu (http://de.wikipedia.org/wiki/Feridun_Zaimo%C4%9Flu)

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Quote[...] In dieser Woche treffen sich die Vertreter der Islamkonferenz zum zweiten Mal in ihren Arbeitsgruppen. Es geht um die Integration der Muslime und somit um das Verhältnis der Religion, des Islam zur Gesellschaft, um Menschenrechte, die unteilbar sind, auch für muslimische Frauen und Männer. Es wird über europäische Werte wie die Religionsfreiheit gestritten und den säkularen Staat.

In einem Beitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung setzt sich die Publizistin und Soziologin Necla Kelek (,,Die fremde Braut") mit den Prämissen auseinander, unter denen diese Gespäche geführt werden. Ohne kritische Auseinandersetzung mit dem historischen Kontext, dem Koran, islamischen Traditionen und Sitten, der Freiheitsfeindlichkeit und dem kollektivistischen Gesellschaftsmodell, das der Islam verfolgt, werde es keine Integration der Muslime in Europa geben. Islamwissenschaftlern wie Tariq Ramadan wirft sie Frauenfeindlichkeit und eine Gegenaufklärung vor, die das Ziel hat, die europäische Moderne zu islamisieren und den Westen zu diffamieren.

Der Islam, schreibt Kelek, ,,kennt keine Individualität, sein Menschenbild ist nicht gerüstet für die Moderne, die den selbstverantwortlichen Einzelnen braucht". Als Dilemma des Islam beschreibt die Soziologin, ,,dass er im Persönlichen ein Weg zur Spiritualität sein kann, dass niemand das Erleben des Einzelnen in Frage stellen will, sich aber der einzelne Muslim als ein der Gemeinschaft verpflichtetes Sozialwesen verhält, das die eigene Anschauung für das Ganze hält."

Necla Kelek wendet sich gegen Tariq Ramadan, einen Professor für Islamstudien an der Universität Oxford, den sie als prominenten ,,Vertreter der Antiaufklärung und der Restauration des Islam" beschreibt. ,,Wie für Chomeini sind auch für Ramadan westliche Werte nichts anderes als Geißeln des Imperialismus", schreibt die Autorin und zitiert den Oxford-Gelehrten: ,,Die westliche Lebensweise stützt sich auf und erhält sich durch die Verführung zur Aufstachelung der natürlichsten und primitivsten Instinkte des Menschen: sozialer Erfolg, Wille zur Macht, Drang zur Freiheit, Liebe zu Besitz, sexuelles Bedürfnis usw." Ramadan versuche, ,,die europäische Moderne zu islamisieren".

Nach einer Kritik der ,,Ankaraner Schule", einer Reformbewegung des Islam, die von der türkischen Religionsbehörde Diyanet gefördert wird, und der feministischen Koranauslegung, wie sie von Fatima Mernissi und Nahed Selim entwickelt wird, kommt Kelek auf die ,,Kairoer Erklärung der Menschenrechte" zu sprechen, ein am 5. August 1990 von 45 Außenminister der Organisation der Islamischen Konferenz, des höchsten weltlichen Gremiums der Muslime, unterzeichnetes Dokument.

,,Anders als in demokratischen Verfassungen", schreib sie, ,,ist hier nicht vom Individuum die Rede, sondern von der Umma, der Gemeinschaft der Gläubigen, vom Kollektiv. In konsequenter Fortsetzung dessen erkennt die Erklärung der Muslime nur jene Rechte an, die im Koran festgelegt sind, und wertet - gemäß der Scharia - nur solche Taten als Verbrechen, über die auch Koran und Sunna gleichermaßen urteilen."

Über den Islam in Europa zu reden, schließt Necla Kelek, heiße, ganz grundsätzlich über das Selbstverständnis Europas zu reden. Bei der geforderten Anerkennung der ,,Kultur des Islam" gehe es um Freiheit, Säkularisierung und um Menschenrechte. ,,Können wir", fragt sie, ,,wie Tariq Ramadan fordert, es den Muslimen überlassen, 'selbst zu entscheiden', was Integration für sie heißt?"


Aus: "Streitschrift: Was Integration für die Muslime heißt" 24. April 2007 (Den vollständigen Artikel finden Sie im Feuilleton der F.A.Z. vom Mittwoch, 25. April 2007)
Quelle: http://www.faz.net/s/Rub117C535CDF414415BB243B181B8B60AE/Doc~E5A64EE3808CA4506BF85DF8B505EF0EB~ATpl~Ecommon~Scontent.html (http://www.faz.net/s/Rub117C535CDF414415BB243B181B8B60AE/Doc~E5A64EE3808CA4506BF85DF8B505EF0EB~ATpl~Ecommon~Scontent.html)

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Quote[...] "Musliminnen, legt das Kopftuch ab", forderte die Grüne Ekin Deligöz - und erhielt prompt Hass-Mails und Morddrohungen. Im Interview spricht sie über muslimische Studentinnen, einen aufgeklärten Islam und die Debatte um das Kopftuch.

UniSPIEGEL: Frau Deligöz, warum wollen Sie muslimischen Frauen vorschreiben, wie sie sich zu kleiden haben?

Deligöz: Ich kann und will niemandem vorschreiben, wie er oder sie sich anzuziehen hat, aber ich kann eine Meinung dazu haben. Und beim Kopftuch steht für mich fest, dass es ein politisches Symbol ist, das ich ablehne. Es steht für eine bestimmte Haltung, die den Frauen eine bestimmte Rolle zuweist und auch politisch instrumentalisiert wird. Dagegen verwahre ich mich - gerade als Muslimin, weil ich nicht nur für mich das Kopftuch ablehne, sondern auch die Symbolik, die dahintersteckt.

UniSPIEGEL: Aber die Frauen, die das Kopftuch tragen, sagen, es sei für sie ein religiöses Symbol.

Deligöz: Der Umkehrschluss darf aber nicht sein, dass diejenigen, die das Kopftuch nicht tragen, schlechte Musliminnen sind. Und diese Freiheit zu sagen, ich bin keine schlechte Muslimin und auch gläubig, wenn ich kein Kopftuch trage, gehört für mich zu einem aufgeklärten europäischen Islam dazu, für den ich stehe. Außerdem fordere ich kein Verbot, sondern möchte die Debatte über die Kopftuch-Frage voranbringen. Das muss möglich sein, das muss die Gegenseite ertragen können - sie kann ja auch argumentieren.

UniSPIEGEL: Eine Studentin, die - zum Beispiel - Staatsanwältin werden will, und das mit Kopftuch, wird sich kaum Vorschriften machen lassen.

Deligöz: Sie sprechen von Frauen mit einer akademischen Ausbildung, die ein Kopftuch tragen. Es handelt sich um eine sehr, sehr kleine Minderheit, weil der Anteil an Akademikerinnen, wenn ich jetzt mal die türkischen Migranten nehme, gering ist. Eine Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung bestätigt, dass immer mehr akademische Frauen aus ihrem Glauben heraus ihr Kopftuch tragen. Das klingt zunächst einmal gut. Dort steht aber auch, dass mehr als zehn Prozent der akademisch ausgebildeten Musliminnen einen Gottesstaat für richtig halten. Das ist mit der Verfassung nicht vereinbar - und dann ist es gut und richtig, so etwas offen zu thematisieren.

UniSPIEGEL: Sie haben das getan - und erhielten Morddrohungen. Wie sieht es denn mit der politischen Unterstützung hierzulande für Sie aus?

Deligöz: Ich habe breite Unterstützung erfahren von allen möglichen Seiten. Es geht darum, den Diskurs weiterzubringen: Wenn Migranten mit der Mehrheit der Gesellschaft zusammenwachsen wollen, dann müssen wir auch Tabus brechen und über Tabus reden.

UniSPIEGEL: Bekommen Sie auch Unterstützung von Muslimen?

Deligöz: Ja, sehr viel. Es gibt viele aufgeklärte Frauen, die nicht nur das Kopftuch ablehnen, sondern die damit verknüpften patriarchalischen Gesellschaftsformen. Das Kopftuch wird als Instrument eingesetzt. Und die wenigsten Frauen tragen es wohl vollkommen freiwillig. Wenn sie das tun könnten, dann wären wir schon einen Schritt weiter.

UniSPIEGEL: Es gibt mehrere muslimische Dachverbände. Haben Sie von denen Unterstützung bekommen?

Deligöz: Alle Verbände haben sich hinter mich gestellt, als es darum ging, sich von Gewaltdrohungen abzuwenden. In der Sache selber gibt es da natürlich intensive Debatten.

UniSPIEGEL: Sie sprachen vorhin von einem aufgeklärten Islam, den Sie befürworten. Wer ist da an Ihrer Seite?

Deligöz: Unterscheiden Sie zwischen den Menschen, die in Verbänden und Vereinen organisiert sind, und den Menschen, die es nicht sind. Die Masse der Migranten hier in diesem Land ist eben nicht in diesen Verbänden und Vereinen organisiert, sondern sie leben längst das, worüber wir reden - einen aufgeklärten Islam, der mit universellen Menschenrechten im Einklang ist und der die deutsche Verfassung akzeptiert hat.

Das Interview führte Per Hinrichs


Aus: "INTERVIEW ZUM KOPFTUCH-STREIT: "Wir müssen Tabus brechen"" (24. April 2007)
Quelle: http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,467451,00.html (http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,467451,00.html)

Title: [Frisuren und Kleidung... (Notizen)]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 02, 2007, 11:43:02 AM
Quote[...] In Iran haben die Sittenwächter ihr striktes Vorgehen gegen modische Männer weiter verschärft. Westliche Haarschnitte, Make-up für Männer und das Färben und Zupfen der Augenbrauen seien künftig verboten, berichtete die Zeitung Etemad.

Entsprechende Anordnungen habe die Polizei in den Friseursalons des Landes erteilt. Männliche Friseure dürften außerdem keine Krawatten oder Fliegen mehr tragen. Bei Regelverstoß drohe den Friseuren der Entzug ihrer Lizenz.

[...] Viele junge Leute ließen sich ihren Haarschnitt von Laien-Friseuren verpassen. In Iran sind bei jungen Männern Irokesenschnitte mit viel Gel und gezupfte Augenbrauen im Trend. [...] Frauen werden in Iran neuerdings auf der Straße angehalten, wenn sie sich nach Auffassung der Sittenpolizei in figurbetonter Kleidung oder nicht ausreichend verhüllt zeigen. Schon am Tag nach Beginn der Kampagne wurden nach offiziellen Angaben knapp 1500 Frauen verwarnt. Bei Widerstand droht den Frauen Polizeigewahrsam.


Aus: "Iran: Sittenwächter verbieten westliche Frisuren" (30.04.2007 )
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/panorama/artikel/131/112019/ (http://www.sueddeutsche.de/panorama/artikel/131/112019/)

Quote


30.04.2007 10:24:42

spacebob: Jippieehh

Willkommen im Mittelalter!



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Quote[...] Hessens Verfassungsrichter haben am Mittwoch kritische Fragen zum Kopftuchverbot für Landesbeamte gestellt. In einer mündlichen Verhandlung vor dem Staatsgerichtshof in Wiesbaden wollten einzelne Mitglieder wissen, welche konkreten Gefahren die Landesregierung davon befürchte und warum das Verbot nicht auch für Angestellte gelte. Innenminister Volker Bouffier (CDU) erwiderte, das Gesetz solle das Vertrauen in die staatliche Neutralität sichern und ziele nicht allein auf das Kopftuch. Landesanwältin Ute Sacksofsky forderte eine Aufhebung des aus ihrer Sicht verfassungswidrigen Gesetzes. Ein Termin für eine Entscheidung wurde nicht genannt.

Der Landtag hatte im Herbst 2004 mit der absoluten Mehrheit der CDU den Beamten des Landes und der Kommunen untersagt, im Dienst Kleidungsstücke oder Symbole zu tragen, die das Vertrauen in die Neutralität des Staates gefährden könnten. Ähnliche Gesetze in anderen Bundesländern gelten nur für Lehrer und Hochschuldozenten. Innenminister Bouffier sagte am Mittwoch, er könne dies nicht nachvollziehen: Auch bei Richtern, Polizisten und anderen Beamten müsse der Bürger auf deren Neutralität vertrauen können. Politische Symbole aber zerstörten dieses Vertrauen.

Nach Ansicht der Landesanwältin ist aber das Gesetz selbst nicht neutral, denn es richte sich ausschließlich gegen das islamische Kopftuch. Sie verwies auf sein Zustandekommen: ,,Wenn Sie die parlamentarischen Protokolle lesen, kommt das Wort unendlich oft vor." Damit verstoße das Gesetz gegen die Glaubensfreiheit, benachteilige Frauen und bevorzuge die christliche Religion. Denn bei der Bewertung eines Symbols oder Kleidungsstücks ist laut Gesetz die ,,christlich und humanistisch geprägte abendländische Tradition des Landes Hessen" zu berücksichtigen.

Das Kopftuch sei auch nicht durchweg Ausdruck eines fundamentalistischen Islamismus', sagte Sacksofsky. Studien belegten, dass viele Musliminnen es aus freien Stücken trügen. Die CDU- Landtagsfraktion, die das Gesetz eingebracht hatte, bestritt dies am Mittwoch: ,,Das Kopftuch ist zuallererst eine politische Demonstration und ein Symbol für Unterdrückung und Unfreiheit", sagte die Abgeordnete Birgit Zeimetz-Lorz.

In den drei Jahren seines Bestehens ist das Gesetz laut Landesregierung erst einmal angewandt worden. Auf seiner Grundlage untersagte das Justizministerium einer Rechtsreferendarin in Offenbach, mit ihrem Kopftuch auf der Richterbank zu sitzen. Andere Stationen ihrer Ausbildung darf sie aber absolvieren.

Der Staatsgerichtshof entscheidet über Grundrechtsklagen und Verfassungsstreitigkeiten. Seine elf Mitglieder werden - genauso wie der als öffentlicher Kläger fungierende Landesanwalt - vom Landtag gewählt.


Aus: "Hessen: Verfassungsrichter stellen kritische Fragen zum Kopftuchverbot" (15. August 2007)
Quelle: http://www.faz.net/s/Rub8D05117E1AC946F5BB438374CCC294CC/Doc~E625AD472A1724D8BA0FEAA449F8CF510~ATpl~Ecommon~Scontent.html?rss_googlefeed (http://www.faz.net/s/Rub8D05117E1AC946F5BB438374CCC294CC/Doc~E625AD472A1724D8BA0FEAA449F8CF510~ATpl~Ecommon~Scontent.html?rss_googlefeed)
Title: ["Wir verstricken uns in symbolische Konflikte"... (Notizen)]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 03, 2007, 12:11:57 PM
Quote[...] Der Generalsekretär der großen Türken Gemeinde zu Berlin, Celal Altun, ist im Gegensatz zur Bundesregierung mit dem Verlauf der Islamkonferenz sehr unzufrieden. "Die Entwicklung gibt keine Hoffnung", sagte Altun der Berliner Zeitung. So würde das Aufenthaltsrecht während des Dialogs durch das Zuwanderungsgesetz weiter erschwert. Bei der Konferenz selbst würde nicht das breite Spektrum der Muslime berücksichtigt. "Muslimische Frauen sind durch die Kritikerinnen am Islam einseitig vertreten", so Altun mit Blick auf die im Gremium sitzende Soziologin Necla Kelek. Altun unterstützte den Schriftsteller Feridun Zaimoglu, der sich vor wenigen Tagen dafür ausgesprochen hatte, auch konservative Musliminnen für die Islamkonferenz zu gewinnen. "Deren Ausgrenzung ist paradox", sagte Altun. Er habe zudem den Eindruck, das Gremium sei nach politischem Ermessen zusammengesetzt.

Ähnlich reagierte Burhan Kesici von der konservativen Islamischen Föderation. "Die Zusammensetzung der Islamkonferenz ist problematisch, weil dort viele Islamkritikerinnen Mitglied sind", so Kesici zur Berliner Zeitung. Die konservativen Verbände würden sicherlich eine Muslimin mit Kopftuch finden und in das Gremium schicken, wenn es den Auftrag dazu gebe.

Der Chef der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, sagte dagegen der Berliner Zeitung: "Es bleibt bei der Zusammensetzung." Die Organisationen würden ohnehin nur für ihre Mitglieder sprechen. Außerdem sei zumindest die Mehrheit der türkischen Muslime nicht stark religiös. Erneut kündigte Kolat an, dass die Gemeinde ein Kompetenzzentrum der Religionen plane, wo Wissenschaftler sich mit dem Islam auseinandersetzen.


Aus: "Der Anfang eines steinigen Weges" Marlies Emmerich (Berliner Zeitung, 03.05.2007)
Quelle: http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/print/politik/650399.html (http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/print/politik/650399.html)

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Quote[...]  Schiffauer bemängelt, in Deutschland werde die Zunahme des Kopftuch-Tragens mit einer Zunahme des konservativen Islams gleichgesetzt. "Wir verstricken uns in symbolische Konflikte", mahnt er und vermisst Pragmatismus. "Unsere Schulen haben wichtigere Sorgen als getrennten Schwimmunterricht." Politiker sollten weniger wie Juristen und mehr wie Soziologen denken.


Aus: "In muslimischer Szene ist vieles in Bewegung" Von  Claudia Utermann (01.05.2007)
Quelle: http://www.allgemeine-zeitung.de/politik/objekt.php3?artikel_id=2807855 (http://www.allgemeine-zeitung.de/politik/objekt.php3?artikel_id=2807855)


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Quote[...] Welche Schwierigkeiten bei der Konferenz aufkommen könnten zeigte sich u.a. an der Forderung von Muslimen nach getrenntem Sportunterricht für Jungen und Mädchen noch vor der Konferenz.

Dies stieß bei der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung , Maria Böhmer (CDU) auf harte Kritik. ,,Dies sei alles andere als ein gelungener Auftakt für das zweite Zusammentreffen", sagte Böhmer der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Wir werden nicht zulassen, dass eine kleine Minderheit von Rückwärtsgewandten hier die Regeln ihrer Großväter zu installieren versucht", sagte sie. Kulturelle Vielfalt sei schön und bereichernd, betonte Böhmer, doch die Gleichberechtigung der Geschlechter sei "ein nicht verhandelbares Grundrecht".

Der neu gegründete Zentralrat der Ex- Muslime in Köln forderte ganz offen die Auflösung des Gremiums. Der Zentralrat warf den Beteiligten vor, nicht über die allgemeinen Probleme zu reden, wie eine bessere sprachliche oder berufliche Integration. Sondern vor allem über die von muslimischen Verbänden geforderte Sonderregelungen, wie Islam- Unterricht, den Bau von Moscheen und der nach Geschlechtern getrennte Sportunterricht. "Damit wird die Integration nicht gefördert, sondern dem Ausbau von parallelgesellschaftlichen Strukturen Vorschub geleistet".

Die Konferenz scheint nicht unter den besten Voraussetzungen in die nächste Runde zu gehen und die Beteiligten werden wohl noch einen langen Weg hinter sich bringen müssen. Der offizielle Diskussionsprozess ist auf zwei Jahre angelegt. Und nach der jetzigen Sachlage werden diese zwei Jahre auch notwendig sein.


Aus: "Ein Prozess von Jahren" Von Ivana Miolin (3. Mai 2007)
Quelle: http://www.berlinerumschau.com/index.php?set_language=de&cccpage=03052007ArtikelPolitik2 (http://www.berlinerumschau.com/index.php?set_language=de&cccpage=03052007ArtikelPolitik2)

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Quote[...] Einen Dialog stiften zwischen dem deutschen Staat und den hierzulande lebenden Moslems - das war es wohl, was sich Innenminister Schäuble gedacht hat, als er die Islamkonferenz einberief. Daraus geworden ist bislang etwas anderes, nämlich eine Art Gruppentherapie für die islamischen Wortführer selbst. Nun ist es für Nicht-Moslems ja auch eine Erkenntnis, dass der Islam in Deutschland keineswegs der monolithische Block ist, als den ihn manche gerne fürchten. Vielmehr eine höchst differenzierte Szene von Säkulären, gemäßigt Säkularen, Gläubigen, Tiefgläubigen, deren innere Widersprüche zu erleben auf der Gegenseite auch therapeutisch wirken kann. Insofern kann man Schäuble recht geben: Der wichtigste Erfolg dieses Dialogs ist, dass es ihn gibt. Gut, dass man über die Dinge redet - so ist das bei einer Therapie. (nz/dpa)

Aus: "(«Westfalenpost»: Dialog wichtigster Erfolg) => Presseschau: Schäuble-Therapie für Muslime" (NZ; 03. Mai 2007)
Quelle: http://www.netzeitung.de/deutschland/636070.html (http://www.netzeitung.de/deutschland/636070.html)

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Quote[...] Auf die Frage, weshalb der Zentralrat denn keine Frau zur Teilnahme an der Islamkonferenz gebeten habe, wurde übrigens mitgeteilt, die dafür in Betracht kommende Frau sei berufstätig, andere Frauen hätten im Haushalt zu tun. Vom Schriftsteller Feridun Zaimoglu wiederum, der sich mit dem Angebot, für eine fromme Muslima seinen Platz zu räumen, in die Zeitungen, wie er sagen würde, ,,gehypet" hatte, war auf der Konferenz keine Rede, er selbst war erneut verhindert.

[...] Integration ist alles andere als eine abstrakte Formel, sondern der Inbegriff einer ganzen Reihe von Problemen, die von Bildung über Frauenrechten bis zum Verhältnis zur staatlichen Judikatur reichen. Wenn Klassenfahrten an deutschen Schulen nicht zustandekommen, weil muslimische Eltern das als glaubenswidrig empfinden; wenn nach einer Studie des Bundesfamilienministeriums acht von hundert türkischen Frauen in einer erzwungenen Ehe leben; wenn Koedukation und mitunter sogar Bildung überhaupt von extremen Muslimen für entbehrlich gehalten wird, was heute im Sportunterricht einen Anlass finden mag und morgen in Geschichte oder Deutsch - Empfindlichkeit ist erfinderisch -, dann ist es, in den Worten von Berlins Innensenator Erhart Körting (SPD), tatsächlich nötig, die ,,Zeit der Höflichkeiten" zu beenden.

[...] Eine der wichtigen Leistungen der Islamkonferenz ist es darum, sichtbar zu machen, mit wem man es bei denen eigentlich zu tun hat, die dem Staat Bedingungen setzen wollen, zu denen sie integrationsbereit wären. In diesem Hinsicht ist es bemerkenswert, dass der ,,Koordinierungsrat der Muslime" es abgelehnt hat, die Werte, auf denen das Grundgesetz ruht, als auch für Muslime konsensfähig zu bezeichnen.

Man wisse nicht genau, was das sei, hieß es in der Konferenz. Aber dass sechsjährige Mädchen ein ,,Schamtuch" zu tragen haben und als sexuelle Wesen nicht mit Jungen turnen dürfen, das weiß man schon. Die Bedeutung der Konferenz liegt darin, darauf zu bestehen, dass diese Diskrepanz zwischen politischem Beteiligungswillen, deklarierter Absicht zur Integration und Resistenz gegen die säkularen Prämissen dieses Gemeinwesens nicht akzeptabel ist.

Aus: "Extremer Islam: Der Schariavorbehalt" Von Jürgen Kaube (Text: F.A.Z., 03.05.2007, Nr. 102 / Seite 33)
Quelle: http://www.faz.net/s/RubCF3AEB154CE64960822FA5429A182360/Doc~E5F1623A938A84127960F232FFC26433B~ATpl~Ecommon~Scontent.html (http://www.faz.net/s/RubCF3AEB154CE64960822FA5429A182360/Doc~E5F1623A938A84127960F232FFC26433B~ATpl~Ecommon~Scontent.html)

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Quote[...] während man sich auf der Konferenz geschlossen zeigte, wurde hinter den Kulissen heftig gestritten. Der Schriftsteller Feridun Zaimoglu hatte in der taz gedroht, seinen Platz bei der Islamkonferenz aufzugeben, sollte nicht eine selbstbewusste Kopftuchträgerin an der Runde teilnehmen dürfen. Mit seiner Kritik löste er eine neue Debatte aus und beendete die Zeit der Nettigkeiten. Denn Islamkritikerinnen wie Necla Kelek und Seyran Ates reagierten empört. Das Innenministerium jedoch versicherte der taz, dass über einen weiteren Platz für die umstrittene Kopftuchträgerin nachgedacht werde. Die aber war gestern nur im Hintergrund zu sehen.

Neben derlei öffentlich ausgetragenen Konflikten wird auch in den einzelnen Arbeitsgemeinschaften gestritten. Bei der Bearbeitung eines gemeinsamen Positionspapiers wird vom Innenministerium das Bekenntnis zur "Werteordnung der deutschen Gesellschaft" gefordert. Die Vertreter des neu gegründeten Koordinationsrats der Muslime (KRM) aber wollten das aber nicht unterzeichnet. "Der Ton wurde von Minute zu Minute rauer" erzählt die Zahnärztin Ezhar Cezairli, unabhängige Vertreterin. "Aber wir säkularen Muslime haben schließlich durchgesetzt, dass wir uns auf das Grundgesetz geeinigt haben", sagte Cezairli der taz.


Aus: "Dialog, 2. Versuch" CIGDEM AKYOL (taz vom 3.5.2007, S. 2, 110 Z.)
Quelle: http://www.taz.de/dx/2007/05/03/a0035.1/text.ges,1 (http://www.taz.de/dx/2007/05/03/a0035.1/text.ges,1)

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Quote[...] Muslime, also Deutsche, die ihr grundgesetzlich geschütztes Recht auf freie Religionsausübung genießen wollen, müssen derzeit, insbesondere im Umfeld der Islamkonferenz, erleben, dass man ihnen allerlei Vorschriften, Tipps und Empfehlungen zum besseren Frommsein ins Stammbuch schreibt: Sie sollten besser einheitlich organisiert sein, nämlich so wie die christlichen Kirchen; sie sollten sich in ihrer Außendarstellung, was also Moscheenarchitektur und Muezzinrufe angeht, grundsätzlich und überhaupt in allem bescheidener geben als, sagen wir, die Katholiken in Bayern; und sie müssten, das empfiehlt heute jeder Zeitungsleser, eine Reformation ihrer Religion vollziehen.

Diese Empfehlung geht umso leichter von den Lippen, als längst vergessen ist, welche blutigen Begleiterscheinungen die europäische Reformation zeitigte und dass diese Kosten von Nichtmuslimen ohnehin nicht zu tragen wären. Wer einer Religion nicht angehört, kann alles Mögliche von ihr fordern. Und wer als Atheist im staatlichen deutschen Klassenzimmer immer die Kruzifixe, manchmal das Morgengebet und häufig Nonnen und Priester in Tracht erlebt hat, die unterwegs waren, Religionsunterricht zu erteilen, kann sich nur wundern, mit welcher Verve nun plötzlich gegen die Zurschaustellung religiöser Symbole im Klassenraum vorgegangen wird.

Auch die allgemeine und brennende Sorge um das Wohlergehen und Fortkommen von Mädchen aus muslimischen Migrantenfamilien ist schön, aber überraschend: Jahrzehntelang hat dieses Thema wirklich keinen interessiert, Schulen, Jugendämter, Vereine hätten sich doch schon längst mal um die Förderung türkischer Frauen und Mädchen kümmern können.

Die öffentliche Rede über den Islam in Deutschland klingt immer noch so, als wolle jemand exotische Pflanzenarten importieren: von Besonderheiten, Anpassungsschwierigkeiten und wechselseitigen Prozessen ist die Rede, als gingen nicht längst Millionen von deutschen Migranten in die Moschee zum Beten, ohne dass unser Land auch nur irgendeinen Schaden davon genommen hätte. Aber selbst erfahrenen Journalisten entfährt es bei den Berichten zur Islamkonferenz: "die Deutschen sagen", "die Muslime sagen". Es wird noch lange dauern, bis die schon 1949 erdachte und garantierte Möglichkeit, dass man als deutscher Staatsbürger auch etwas anderes sein mag als ein Christ, sich in der Sprache niederschlägt.

Das Bemühen, den Islam zu kommentieren und unserem Bild gemäß zu korrigieren, übertrumpft derzeit die gebotene Zurückhaltung im Umgang mit einer Religion, der man nicht angehört, und verstellt vor allem den Blick auf die gegenwärtig besorgniserregenden Probleme und Perversionen in den westlichen Demokratien.


Aus: "INTEGRATIONSPROBLEME: Der Hochmut des Westens" Von Nils Minkmar
Quelle: http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,481268,00.html (http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,481268,00.html)

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Quote[...] KÖLN. Der Zentralrat der Ex-Muslime (ZdE) hat den deutschen Innenminister Wolfgang Schäuble aufgefordert, die Islamkonferenz aufzulösen und stattdessen den Integrationsgipfel voranzubringen. Die Islamkonferenz fördere nicht die Integration von Zuwanderern, sondern behindere sie, schreibt der ZdE in seiner heutigen Presseerklärung.

Anstatt gegenüber den Anhängern der islamischen Herrschaftskultur die Prinzipien einer freiheitlichen und säkular-demokratischen Gesellschaft deutlich zu machen, spiele der deutsche Staat mit der Islamkonferenz den Islamisten in die Hände. Gesprochen werde nicht etwa über eine Verbesserung der Sprachintegration und der beruflichen Ausbildung, die allen Zuwanderern zu Gute käme, sondern über die Verfestigung und Ausweitung von Islamisierungstendenzen in Deutschland wie Moscheebau, Islamunterricht, Schächten, geschlechtsgetrennter Sportunterricht, islamkonforme Berichterstattung etc. Damit werde nicht die Integration gefördert, sondern dem Ausbau von parallelgesellschaftlichen Strukturen Vorschub geleistet.

Mit Nachdruck wandte sich der ZdE gegen die staatlich geförderte Schariatisierung des öffentlichen Raumes. Er wertete es als Skandal, dass ,,dogmatische Kopftuchträgerinnen mit ihrem überkommenen Geschlechterrollenmodell" hierzulande als selbstbewusste ,,Vorreiterinnen der Emanzipation" geschönt würden. Integriert werden könnten nur anpassungsbereite Menschen, die moderne demokratische Lebensregeln akzeptieren und sich mit ihnen identifizieren. Grundanforderung hierfür sei die Anerkennung, ,,dass Religion Privatsache ist und islamische Organisationen somit nicht als politische Interessenverbände mit Alleinvertretungsanspruch agieren können."


Aus: "Ex-Muslime fordern Auflösung der Islamkonferenz" (hpd; 30 Apr 2007)
Quelle: http://hpd-online.de/node/1816 (http://hpd-online.de/node/1816)

Title: [Die Wurzeln einer populären wie gefährlichen Denkungsart... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 08, 2007, 12:54:01 PM
Quote[...] Peter Sellers ist ein Schelm. Auf eine Interviewfrage zu seiner Persönlichkeit hat der Schauspieler einmal geantwortet, dass er früher eine Persönlichkeit gehabt habe - diese habe er sich aber operativ entfernen lassen. Glücklich, wer derlei von sich behaupten kann. So ganz ohne Persönlichkeit nämlich entzieht man sich einer wachsenden Gefahr: dem Bedürfnis, sein Gegenüber in enge Schubladen zu stecken. Besonders seit den Terroranschlägen des 11. September ist ein solches Phänomen vermehrt zu beobachten. Waren menschliche Identitäten zuvor noch zusammengesetzt aus Dutzenden Einzelbausteinen - Nationalität, soziale Stellung oder politische Überzeugungen -, so wird im "Kampf der Kulturen" nur noch nach einem Kennzeichen gerastert: der religiösen Zugehörigkeit.

Diese Erfahrung hat zumindest der 1933 in Indien geborene Ökonom Amartya Sen gemacht. In seinem gerade erschienenen Buch "Die Identitätsfalle" warnt der Nobelpreisträger eindringlich davor, menschliche Individuen in zu kleine und farblose Kulturkästchen hineinzuzwängen. Diese nämlich seien mitverantwortlich für die Zuspitzung eines nur oberflächlich religiös codierten Konflikts. Einzig eine erneute Freisetzung des Ichs könne das Steigerungsspiel von Terror und Antiterror durchbrechen. "Die große Hoffnung auf Eintracht in unserer aufgewühlten Welt", so Sen, "beruht auf der Pluralität unserer Identitäten, die sich überschneiden und allen eindeutigen Abgrenzungen entgegenstehen."

Für Amartya Sen ist eine solche Betrachtung der Welt nicht neu. Als Ökonom hat er des Öfteren auf die Bedeutung komplexer Subjekte im Kontext klassischer Marktsituationen verwiesen. War es ihm bis dato jedoch nur darum gegangen, argumentative Lücken in der sogenannten Public Choice Theory aufzuzeigen, indem er daran erinnerte, dass Individuen nicht primär nach marktrationalen Überlegungen, sondern nach persönlichen und kollektiven Entscheidungsmerkmalen agierten, so hat er diese Gedanken nun auf die aktuelle politische Situation übertragen.

Individuen, so Sens Leitidee, richteten ihr Handeln für gewöhnlich nicht nach Glauben und Bekenntnis aus, sondern lassen sich von einer Vielzahl von Einzelkriterien leiten. Ein streng abgrenzbarer Ich-Kern, wie ihn etwa Samuel Huntington in seiner populären Schrift über den "Clash" der Zivilisationen" voraussetzt, ist für den engagierten Wirtschaftswissenschaftler ein Phantom.

Wenn es kein eindeutiges religiöses Ich gibt, dann gibt es auch keinen eindeutigen Religionskrieg, so lautet die Schlussfolgerung aus Sens anregendem Gedankenspiel. Wer künftig den "Kampf der Kulturen" entschärfen wolle, der solle daher nicht einfach das Konzept umdrehen und statt auf Kampf auf Dialog setzen; vielmehr gelte es zu hinterfragen, ob sich die Menschheit tatsächlich in klar voneinander abgrenzbare Kulturen unterteilen lässt. Ein solcher Glaube, so Sen, "vernebelt nicht nur die Gehirne derer, die die These vom Kampf bereitwillig unterstützen, sondern auch derjenigen, die sie in Zweifel ziehen möchten, sich dabei aber an die Grenzen des vorher festgelegten Bezugsrahmens halten".

Amartya Sens Essay mit Überlegungen zu Politik, Philosophie, Kulturgeschichte, Wirtschaftstheorie und Globalisierung ist im besten Sinne radikal. Er legt die Wurzeln einer populären wie gefährlichen Denkungsart frei. Das hochgeschätzte Gerede vom "Kampf der Kulturen" zehrt von logischen Fehlern. Dass die "Identitätsfalle" ein lieb gewonnenes Geplapper wie das von der Frontstellung der Religionen zum Schweigen bringen könnte, ist zu bezweifeln.


Aus: "Gott ist nicht die Antwort" von Ralf Hanselle (06.05.2007)
Quelle: http://www.ftd.de/karriere_management/rezensionen/:Gott%20Antwort/196100.html (http://www.ftd.de/karriere_management/rezensionen/:Gott%20Antwort/196100.html)

Title: [Das staatliche Neutralitätsgebot an den Schulen... (Notiz)]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 06, 2007, 10:13:40 AM
Quote[...] Das Gericht wies die Klage der muslimischen Lehrerin ab, deren Einstellung als Beamtin auf Probe wegen des Kopftuchs abgelehnt worden war. Mit dem Tragen des Kopftuchs aus religiösen Gründen gebe die 28-jährige Deutsche ein Bekenntnis zum Islam ab, und verstoße damit gegen das staatliche Neutralitätsgebot an den Schulen, hieß es in der Begründung des Verwaltungsgerichts.

Die junge Frau hatte ihr zweites Staatsexamen mit der Note 1,9 bestanden. Ihr Weg in den Staatsdienst schien bereits beschlossene Sache, als der Düsseldorfer Bezirksregierung im vergangenen Jahr bekannt wurde, dass die gebürtige Türkin ein Kopftuch trägt. Weil sie sich weigerte, das konfliktträchtige Stück Stoff in der Schule abzunehmen, sprach ihr die Behörde die Eignung für das Lehramt ab. Nun ist sie arbeitslos und überlegt, gegen das Urteil in Berufung zu gehen oder in ein anderes Bundesland zu wechseln.

Das Gericht hatte sich unterdessen mit der Frage zu beschäftigen, was ein "islamisches" Kopftuch ist. Denn die Klägerin hatte zugesichert, eine modische Variante "ohne Assoziationen zum Islam" tragen zu wollen. Allerdings müssten Ohren und Haare vollständig bedeckt sein. Ohnehin sei ihr Kopftuch mehr ein kulturelles Bekenntnis und schon gar kein Unterdrückungs-Symbol: Sie habe es gegen den Willen ihres Vaters zu tragen begonnen. Das Gericht befand aber, die Kopftuch-Varianten unterschieden sich nicht wesentlich vom "islamischen" Kopftuch. Erst im April hatte das Arbeitsgericht Herne die Klage einer türkischen Lehrerin abgewiesen, der gekündigt worden war, weil sie ein Kopftuch trug.

Das Kopftuch-Verbot missachten in NRW insgesamt zwölf Lehrerinnen. Der Streit mit den Behörden dauert schon ein Jahr. Zum 1. Juni 2006 war das neue Schulgesetz gültig geworden - und von den Bezirksregierungen so ausgelegt worden, dass das Tragen des Kopftuches im Unterricht verboten ist. Neben den Lehrerinnen gibt es noch sieben Referendarinnen im Land, die mit Kopftuch unterrichten. Bei ihnen scheint das Verfahren vergleichsweise einfach, sollten sie sich weiterhin weigern, ihre Kopfbedeckung abzulegen: "Die werden dann nicht in den Schuldienst übernommen", erklärte ein Sprecher des Schulministeriums in Düsseldorf.

Am 29. Juni muss das Düsseldorfer Arbeitsgericht einen weiteren Fall entscheiden. Eine Düsseldorfer Sozialpädagogin war nach dem Kopftuchverbot mit einer Baskenmütze in der Schule erschienen.



Aus: "Düsseldorf: Deutsche Muslimin scheitert mit ihrer Klage: Gericht bestätigt Kopftuch-Verbot" (05.06.2007)
Quelle: http://www.wdr.de/themen/politik/nrw/kopftuch_streit/070605.jhtml?rubrikenstyle=politik (http://www.wdr.de/themen/politik/nrw/kopftuch_streit/070605.jhtml?rubrikenstyle=politik)

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Quote[...] Kruzifix-Beschluss (umgangssprachlich auch Kruzifix-Urteil) wird die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts genannt, mit der Teile der Bayerischen Volksschulordnung für verfassungswidrig erklärt und für nichtig erklärt wurden, wonach in jedem Klassenzimmer der Volksschulen in Bayern ein Kruzifix oder zumindest ein Kreuz anzubringen war. Der Kruzifix-Beschluss ist eine bedeutsame Entscheidung zum Verhältnis von Religion und Staat in Deutschland.

Beschwerdeführend waren drei Schüler sowie deren Eltern, die Anhänger der anthroposophischen Weltanschauung und gegen eine christliche Einwirkung auf ihre Kinder durch die Kruzifixe waren.

Das Gericht sah die durch das Grundgesetz uneingeschränkt gewährte Religions- und Glaubensfreiheit der Schüler aus Art. 4 GG verletzt, hier die sog. negative Glaubensfreiheit. In diese dürfe der einfache (Landes-)Gesetzgeber nicht im Rahmen sonst oft vorhandener Grundrechtsschranken eingreifen. Darüber hinaus hob das Gericht hervor, dass der Staat nicht nur eine religiöse Neutralitätspflicht aus der Verfassung habe (Art. 4 GG und Art. 140 GG, Art. 137 Abs. 1 Weimarer Reichsverfassung). Er könne sich vielmehr nicht selbst auf Religionsfreiheit oder eine bestimmte Weltanschauung berufen (hier also die christliche), da jedenfalls der Staat keine Religion hat und keine Grundrechte haben kann.

[...] Für die Rechtsentwicklung in Deutschland ist die Kruzifix-Entscheidung v.a. deshalb bedeutsam, weil das Verfassungsgericht konkretisierende Prinzipien für die Neutralitätspraxis in der Schule formulierte:

    * Neutralität durch Selbstrestriktion, wonach der Staat im Sinne der o.a. Kriterien nicht selbst eine weltanschauliche Position beziehen darf, wie es sonst ein Bürger als Grundrechtsträger tut,
    * Neutralität durch Pluralität, wonach der Staat das Nebeneinander der Religionen im Lichte einer toleranten und gegenseitigen Akzeptanz dulden und fördern soll,
    * keine Neutralität durch Sterilität, wonach der Staat nicht völlig teilnahmslos den Weltanschauungen gegenüber steht oder etwa seinen Bediensteten jegliche religiöse Betätigung untersagt. (Dies ist in der späteren Kopftuch-Entscheidung im Ergebnis fortgeführt, jedoch in Details eingeschränkt worden).

    * Das christliche Kreuz ist kein lediglich kulturelles Symbol und kein überreligiöses Symbol für Humanität oder Barmherzigkeit. Es ist das Symbol einer spezifischen Religion.
    * Art. 4 GG schützt davor, dass der Bürger in einem staatlich geschaffenen Pflichtraum (Schulpflicht) dem Einfluss eines bestimmten Glaubens ausgesetzt wird, ohne sich diesem entziehen zu können.
    * Auch für Personen im Sonderrechtsverhältnis wie etwa Schüler gilt das Grundrecht der Religionsfreiheit uneingeschränkt.
    * Bei Kindern unter 14 Jahren, die sich nicht auf die Religionsfreiheit berufen können, wird durch das "Kreuz in der Schule" die Freiheit der Eltern verletzt, ihre Kinder im Sinne einer bestimmten Weltanschauung zu erziehen (Art. 6 Abs. 2 GG – Erziehungsfreiheit).
    * Die Religionsfreiheit der Schüler bzw. das Erziehungsrecht der Eltern untereinander ist zu einem "schonenden Ausgleich" nach den Grundsätzen praktischer Konkordanz zu bringen.


Aus: "Kruzifix-Beschluss" (06/2007)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Kruzifix-Beschluss (http://de.wikipedia.org/wiki/Kruzifix-Beschluss)

Title: [Welcher Sündenbock gerade zur Stelle ist... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 11, 2007, 03:49:24 PM
Quote[...] Berlin - In der zweiten Halbzeit stand das Spiel der A-Jugend von TuS Makkabi, einem jüdischen Fußballverein, und dem TSV Helgoland mit vorwiegend muslimischen Spielern kurz vor dem Abbruch.

Nach einem 0:2-Pausenrückstand entlud sich der Frust der Helgoländer in groben Fouls und wüsten Beleidigungen. »Guck nicht so hässlich, du Scheißjude, ich ficke deine Mutter«, bekam Christopher Jeckl von seinem Gegenspieler ins Gesicht geschleudert.

Zwei Makkabi-Spieler wurden nach dem Match im November 2006 bespuckt und körperlich angegriffen, eine Strafanzeige wollten sie nicht stellen. Ronald Popp, Trainer des TuS Makkabi: »Die Jungs haben sich aus Angst geweigert. Es kam zu bedrohlichen Äußerungen wie: Wir finden euch auch, wenn ihr uns anzeigt.«

Zwei Monate vorher waren die antisemitischen Ausfälle für die zweite Herrenmannschaft des TuS Makkabi noch unerträglicher – diesmal beim Spiel gegen den VSG Glienicke im Osten Berlins. Nachdem Fans »Jude verrecke« und »Wir bauen eine UBahn nach Auschwitz« gebrüllt hatten und der Schiedsrichter gegen die braunen Krakeeler nicht eingeschritten war, verließ die jüdische Mannschaft den Platz. [...]


Aus: "»Hitler gefällt mir«" Von Joachim Wagner (DIE ZEIT, 07.06.2007 Nr. 24)
Quelle: http://www.zeit.de/2007/24/Muslim-Antisemitismus (http://www.zeit.de/2007/24/Muslim-Antisemitismus)

QuoteHormone, Adrenalin, Dummheit und keine Perspetive
Verfasst von ben_ am So, 10/06/2007 - 11:55.

Ohne die Taten verharmlosen zu wollen, aber. Ich komme aus einer Stadt in der der allergrößte Teil der türkischen Jugendlichen Aramäer und damit Christen sind, und ich kann aus meiner eigenen Jugend berichten, dass die sich auch nicht anders verhalten. Ungebildete pubertierende Kerle aus einem sozial benachteiligten Umfeld sind wenig zimperlich. Hormone und Adrenalin bis zur Oberkante der Unterlippe, keine Erfolg, keine Perspektive und Anerkennung gibt es nur von anderen ungebildeten pubertierenden Kerlen der gleichen Ethnie - da ist Gewalt ein leichter Weg.

"Gewalt ist nun mal die ökonomischste und einfachste Art und Weise, Erfolgserlebnisse und Macht zu erleben. Aggression und Gewalt sind für diese Jugendlichen eine hoch ökonomische Überlebensstrategie."

Quote[Hier wächst eine Generation auf, die ,,Opfer" als Schimpfwort kennt. Das ist bezeichnend. Denn sie sind Opfer, auch wenn sie es nicht wahrnehmen. Sie sind Opfer eines Schulsystems, das Gleichtaktung und Abgrenzung fördert. Dumme bleiben unter Dummen und Schlaue unter Schlauen dumm. Sie sind Opfer eines Wirtschaftssystems, das den Schwachen keine Chance gibt. Das Ergebnis sind elitäre Wichtigtuer, die BWL mit Philosophie verwechseln und eine ghettoisierte Masse ohne Perspektive, die sich ihr Weltbild aus der Bildzeitung und den Talkshows zusammenzimmert. Und die Kinder dieser Menschen blicken nun auf unsere durchökonomisierte Gesellschaft und orientieren sich an ihr. Oliver Lück formuliert dies im spOn-Interview so: ,,Gewalt ist nun mal die ökonomischste und einfachste Art und Weise, Erfolgserlebnisse und Macht zu erleben. Aggression und Gewalt sind für diese Jugendlichen eine hoch ökonomische Überlebensstrategie." Denn nichts anderes lehrt der Markt: das Recht des Stärkeren. In einer Gesellschaft, die sich im großen Maße mit der Ökonomie identifiziert, sind solche Auswüchse nicht wirklich überraschend. Im Grunde sind die Checker in Neukölln also ,,nur" sehr konsequent und haben scheinbar begriffen, wie Deutschland tickt. Ich könnte ihnen fast gratulieren zu diesem Scharfsinn, aber das Thema ist zu ernst für Ironie.

QuoteDie Westdeutsche Allgemeine Zeitung zitiert heute Detlev Buck, den Regisseur des Films "Knallhart" (dpa-Meldung):

    "Das Recht des Stärkeren wird ihnen [den gewalttätigen Jugendlichen] doch in der Gesellschaft vorgelebt, sodass man schon die Frage stellen darf, wer eigentlich brutaler ist, die Jugendlichen in Neukölln oder so mancher Banker oder Manager, wo es oft gleichzeitig um Aktiengewinne in Millionenhöhe und um die Vernichtung von Tausenden von Arbeitsplätzen geht", meint Buck. "Das ist doch das große Tehema in unserer Gesellschaft, da wird Radikalität vorgelebt bis zum Exzess."

achim
03.04.2006 17:09

Quote
Uhf. Heftiges Zeug, ne?

Brachte mich wieder auf ein Gefühl: Hilflosigkeit. Wenn man, wie viele hier, offen ist für anderen (z.B. Ausländer) und klug genug ist zu wissen daß keine diese Probleme nur 1 Ursache hat, oder nur 1 einfache Lösung, was macht man dann? Wenn ich solche Probleme beobachte, ich denke 1000 Sachen gleichzeitig, sehe 1000 Sachen die geändert werden sollten, 1000 Möglichkeiten wie es schlechter oder besser werden könnte. Wo fang ich an, 1. es zu verstehen und 2. es zu ändern?

Zynisch betratchtet, ich wünsch mir ich wäre blöd genug um einfach "scheiss Ausländer!" sagen zu können. Oder vielleicht "wer arbeiten will findet was!" Davon kriegt man zumindest kein Kopfweh.
Matt
07.04.2006 00:12

QuoteIch hasse Blogs. Ich hasse sie, wenn ich 220 Kommentare mit dem Versatzstück ,,es handelt sich um ein gesamtgesellschaftliches Problem" zusammenfassen kann. [...]
Fabian
08.04.2006 13:00

QuoteAlso ich habe ehrlich gesagt den Überblick verloren: wer ist denn nun schuld? Das System an sich, die integrationsunwilligen Einwanderer, die verblödenden Medien, das Schulsystem insbesondere die Hauptschulen, die Lehrerinnen, die Kids selber, die Einwanderungspolitik, das ganze Land, die Schweden oder die rumschwabulierenden Intelektuellen in Blogs wie diesem?
kasos
09.04.2006 23:56

Quelle:  http://www.spreeblick.com/2006/04/02/du-opfer/ (http://www.spreeblick.com/2006/04/02/du-opfer/)
(242 Kommentare zu "Du Opfer!" (Stand: 2007.06.11))



Und weil man sich ja schlecht selber auf die Schnauze hauen kann, suchen sich diese Jungs nuneinmal ANDERE. In meiner Heimatstadt waren das zumeist die Russen, denen das nur gelegen kam, weil sie in der selben Situation waren. Und auch die waren kein Moslems.

Wir haben zuerst ein Problem mit ungebildeten, pubertierenden Kerlen aus sozial Benachteiligten Umfeldern. Gegen wen sich diese Gruppen richten scheint mir fast willkürlich und richtet sich danach, welcher Sündenbock gerade zur Stelle ist.

(Nachtrag: und wer mal am Wochenende in einen Zug mit Fußballfans geraten ist, die gerade von einem verlorenen Auswärtsspiel auf dem Weg nach Hause sind, der weiß, dass Gewalt und Verherrlichung des Nationalsozialismus auch da nicht unüblich sind.
Ich durfte das einmal mit den Fans von Borussia Mönchengladbach selber erleben, die nach 20 Minuten Fahrt und mehreren Bier anfingen, aus voller Kehle die Rückeroberung Ostpreußens zu fordern.)


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Quotedas gleiche paradoxe findet
Verfasst von flexton am So, 10/06/2007 - 10:40.

das gleiche paradoxe findet man auch in russland oder sonstwo. denen sollte mal jemand sagen das die die ersten waren die vom deutschen "herrenmenschen" gegängelt wurden. naja hass und unklugheit findet eben seine kanäle in diversen dingen.. das angebot an ideologien ist ja groß.


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Quoteauf youtube...
Verfasst von Hipper am Mo, 11/06/2007 - 07:28.

..kann man sich die entsprechenden Zeugnisse des Hasses anschauen - man geben einfach nur die Suchbegriffe "Araber + Juden" ein. Eine Entwicklung, die nicht wirklich überrascht, wenn man sich die progromartigen Vorfälle vor Augen führt, die sich unlängst in Frankreich ereigneten.

Übrigens ist Faschismus und Rassenhass keine Frage der Nationalität, sondern der (Un-)Geisteshaltung.

PS: Komisch das die deutschen Medien diese Videos ansonsten kaum thematesieren...na ja da sind halt keine Bundeswehrsoldaten zu sehen....


Quoteto ben
Verfasst von ärztin am So, 10/06/2007 - 16:53.

Adrenalin ist auch ein Hormon.


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Quote[...] Männlichkeit umfasst kulturell dem Mann zugeschriebene Eigenschaften. Dabei steht Männlichkeit dem Begriffspol Weiblichkeit gegenüber und ist wie diese ein kulturell-ideologisch verdichtetes Verständnis (im Gegensatz zum ,,Mannsein", was die tatsächlich gelebte Vielfalt repräsentiert). Die über Männlichkeit den Männern zugeschriebenen Eigenschaften unterliegen unter anderem dem kulturellen und sozialen Wandel (vgl. Weib und Frau); sie werden mit den biologisch männlichen Merkmalen als verbunden angesehen (vgl. Männchen). Inwieweit diese Zuschreibungen für sozialisiert oder angeboren (oder sogar "natürlich" bzw. "göttlich gewollt") erachtet werden, unterliegt ebenfalls dem sozialen Wandel. Unterschiedliche Religionen, Weltanschauungen und wissenschaftliche Positionen bieten dazu verschiedenste Modelle als Antworten an. Im wissenschaftlichen Bereich beschäftigen sich vor allem die Gender Studies mit diesen Fragen.
Aus: "Männlichkeit" (06/2007)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/M%C3%A4nnlichkeit (http://de.wikipedia.org/wiki/M%C3%A4nnlichkeit)

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Quote[...] EY EY IHR HURESÖHNE ICH FICK EUCH ALLEEE WAS LABERT IHR [identität x] ALTER ICH FICK EUCH MAN IHR HUNDE KOMMT BLASEN MAN ICH FICK EUR MÜTTERN ALTER KOMMT DOCH BLASEN WEN IHR SO GROSE FRESE HABT KOMMT BLASEN MAN KOMMT BLASEN MAN IHR HUNDEFICKER WAS WAS LABERT IHR [identität x] MAN ICH WERD EURE MÜTTERN FICKEN ALTER KOMMT BLASEN MAN

[identität y] / - / [ort x] / Sonntag, 30. April 2006 9:44

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[...] ich fick euch alle was labert ihr über [identität x] und [identität x] alter ich fick euch alle ihr huresohne ihr könt nix nur schreiben wer das geschriben hat der sol mal vor eine [identität x] sagen der wird gefickt oder der sol mal vor mir sagen alter ich fick seine mutter kommt alle blasen wer was gehgen [identität x] hat der sol mal bei mir kommen wallah ich fick der jenige der was gehgen [identität x] hat was labert ihr da fürn mül kommt sagt doch vor eine [identität x] sag nur eine mal scheiß [identität x] der wird dir zeigen was scheiß [identität x] ist du hund ich fick alle wer was gehgen [identität x] hat alter und dir [identität x] fick euch auch ihr huresohne kommt blasen ey ich werd deine mutter ein blasen alter du hundeficker deine mutter werd ich ficken du hundefickker hahahahahahahahahahahahaahahhaahhahahahahahahaah KOMMT ALLE BLASEN ALTER ICH WERD EUCH ALLE FICKEN MAN WAS LABERT IHR HIR KOMMT BEI MIR IN BERLIN WALLAH ICH WERD EURE MÜTTERN FICKEN IHR HUNDESÖHNE NUR WER WAS GEHGEN [identität x] HAT ICH WERD MEINE SCHWANZ IN DEINE MUTTER IHR ARSCHLOCH REIN STECKEN KOMMT BLASEN ALTER HAUT MAL AB MAN ICH WERD DEINE KLEINE SCHWESTER FICKEN MAN DU HUND WAS LABERD IHR DA ÜBER [identität x] IHR HUNDEFICKER WER DAS GEDCHRIBEN HAT DER SOL MAL BEI MIR KOMMEN UND DIE WÖRTER SAGEN ALTER ICH WERD DENN INS ARSCHLOCH FICKEN KOMMT BLASEN IHT HUNDE JALLAH BYE IHR HUNDEFICKER

[identität] / [identität]@hotmail.de / [ort x] / Sonntag, 30. April 2006 8:57

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ihr affenkinder Was seit ihr über haupt für votzen [identität x]???
[identität y] / / Freitag, 28. April 2006 13:38

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ich ficke [identität x] [identität y]
ich bin [identität x]  ich ficke [identität y] beharte möpsis o yeahhhhhhhhhhh komm on
[identität x] / [identität x]@hotmail.com / [ort x] / Montag, 24. April 2006 13:09

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Fuck die [identität x] ficken deine ganze [identität y] familie du [identität z]...
[identität x] / [identität x]@hotmail.com / [ort x] / Montag, 17. April 2006 15:56

Bruchstücke aus: "ROYALBUNKER /mailorder:  Forum: M.O.R. : N.L.P. - Kommentare... " (~2006)


Quelle: http://royalbunker.com/mailorder/forum/mornlp_020.php?PHPSESSID=d89d46bffe360bd9f0706af6a56065e8
(15.03.2007: Link + Text nicht mehr verügbar (gelöscht (?))...


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QuoteAls Nahostkonflikt bezeichnet man den bis heute ungelösten Konflikt zwischen Arabern und Israel (und im weiteren Sinne zwischen einer arabischen Fraktion aus Ägypten, Syrien, Jordanien, Libanon) sowie dem Irak und Iran mit Israel. Seine Geschichte ist definiert als der Zeitraum vom Beginn der zionistischen Einwanderung nach Palästina im 19. Jahrhundert bis heute. [...]
http://de.wikipedia.org/wiki/Nahostkonflikt (http://de.wikipedia.org/wiki/Nahostkonflikt)

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QuoteDie psychische Identität stellt keine wie auch immer geartete eindeutige Essenz oder ein unveränderliches Wesen dar. Im Gegenteil: Identität als psychologisches Konzept geht geradezu davon aus, dass sich ein Mensch mit etwas "identifiziert", also ein äußeres Merkmal einer bestehenden Gruppenidentität als sein eigenes Wesensmerkmal annimmt.
Aus: "Identität" (06/2007)
http://de.wikipedia.org/wiki/Identit%C3%A4t (http://de.wikipedia.org/wiki/Identit%C3%A4t)

Title: [Salman Rushdie ist nicht das Problem... (Notizen)]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 02, 2007, 12:43:45 PM
Quote[...] (DCRS/IH) Am Sonntag den 3. Juni berichtete DCRS über den österreichischen Parteichef der FPÖ Christian Strache, der Ausländer als ,,vom Licht angezogene Motten" bezeichnete.
Nun legt Strache nach. Er behauptet der Kulturkampf zwischen christlicher, europäischer Kultur und dem Islam habe längst begonnen. Moslems pflegten einen ,,Rassismus gegen Christen und die europäische Kultur". Der Islamismus sei daher der ,,Faschismus des 21. Jahrhunderts".

Weiter erklärte Strache, dass der Islam wichtige Erkenntnisse der Aufklärung, wie die Trennung von Staat und Religion und die Gewaltenteilung innerhalb eines politischen Systems nicht unterstütze und praktiziere. Wörtlich sagte der Österreicher, der Islam ist ,,Politik, Gesetz und Religion" in einem.

Strache fordere daher für sein Land ein Bauverbot für Minaretten und Deutsch als Pflichtsprache für Predigten. Weiterhin müsse ein jährlicher Bericht über die ,,Islamisierung in Österreich" erstellt werden.

Außerdem fordert Strache, dass finanzielle Familienförderung nur für Staatsbürger geleistet werde.


Aus: "Heinz Christian Strache legt nach: Kampf der Kulturen hat längst begonnen" (05. June 2007)
Quelle: http://www.dcrs.de/news/1099/69.html (http://www.dcrs.de/news/1099/69.html)

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QuoteCHiLLi: In der Debatte wird oft der Huntington'sche ,,Kampf der Kulturen" bemüht. Spielen unterschiedliche Kulturen hier eine Rolle?
Corinna Milborn: Kultur in dieser Debatte allzu oft einfach das Wort, das man heute dafür verwendet, wozu man vor sechzig Jahren Rasse gesagt hat. Ein neues Wort für eine alte Diskussion. Wenn man also von einem Dialog der Kulturen spricht, was ja auch unsere Bundesregierung macht, dann muss sich schon fragen, welche Kulturen hier miteinander reden und wer zu welcher Kultur gehört. Es wird immer so getan, als wäre Kultur etwas Monolithisches, in das man hineingeboren wird und das man dann nie wieder ablegt. Das ist aber völlig falsch. Kultur ist etwas, das sich dauernd verändert, vor allem durch Einwanderung.


Aus: ",,Wir leben in keiner friedlichen Welt" - Corinna Milborn über Einwanderung als Sündenbockpolitik und den G8-Gipfel" (19. Juni 2007)
Quelle: http://www.chilli.cc/index.php?noframes=1&id=72-1-433&from= (http://www.chilli.cc/index.php?noframes=1&id=72-1-433&from=)

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Quote[...] Nach Ansicht zahlreicher muslimischer Geistlicher und Politiker ist Rushdies Ehrung durch die Queen eine ,,Beleidigung für 1,5 Milliarden Moslems"

Quotesyntron-de | 1548 Kommentare (21.06.2007 18:32)
Was für eine Geisteshaltung?
Egal was ein Mensch über wen oder was schreibt, darf es niemals zur Gewalt führen. Kritik an seinen Schriften kann gerechtfertigt sein, aber MEHR nicht. In einem zivilisierten Land darf niemand (niemand!) nur wegen seiner Äußerungen mit dem Tode bedroht werden. Die religiösen Äußerungen in vielen Ländern fallen auf die zurück, die sie gemacht haben. Wenn ähnliche Kritik an Jesus oder dem Papst ähnlich geahndet würde, hätten wir massenhafte Attentate auf der Welt. Wo bleiben in Deutschland die Proteste der entsprechenden geistlichen Führer gegen die Gewaltandrohungen gegen den Schriftsteller oder gegen England. Wir leben in freien Demokratien und nicht mehr im Mittelalter!

QuoteDarkey | 104 Kommentare (22.06.2007 10:44)
Monoperspektiv
Es gibt keinen Grund, sich bei uns auf das hohe Ross des Liberalimus zu setzen. Noch 1971 stand der Kirchenkritiker Deschner in Deutschland wegen ,,Kirchenbeschimpfung" vor Gericht. Wenn der Autor des Artikels fragt, wieviele der muslimischen Politiker Die satanischen Verse jemals gelesen haben, muss er sich auch fragen lassen, ob seine Kenntnisse des Koran ausreichend sind, zu beurteilen, was einen gläubigen Muslim beleidigt. Huntingtons Begriff des ,,Kampf der Kulturen" wirkt aus der Feder eines Kulturredakteurs etwas befremdlich, passt jedoch zur monoperspektiven Aussage des Artikels.

Quoteedewecht | 1624 Kommentare (21.06.2007 17:48)
wem nutzen die Proteste?
Mir kommen die meisten Proteste gegen Rushdie, die Karikaturen usw. usw. doch sehr gelenkt vor. So kann man die Bevölkerung von existierenden Problemen ablenken und binden. Ich kann mir kaum vorstellen, dass gebildete Moslems sich so manipulieren lassen, es sei denn, sie profitieren von diesen Protesten.

Quotearchelys | 187 Kommentare (21.06.2007 16:47)
Ich schäme mich
für jene, die einem Schriftsteller mit dem Tode drohen, und für diese, die hochmütig dagegen angehen.

QuoteWini (21.06.2007 16:14)
Differenzieren
Das würde uns gut tun. Wer provozieren will (br. Königshaus) der wird auch die Folgen tragen müssen. Kritik an einer Person oder an einem Staat oder einer Religion muss nicht in provokanter Art und Weise erfolgen. Denn dann geht es nur um Macht und sonst nichts.

QuoteNickNolte | 185 Kommentare (21.06.2007 23:05)
Ich fühle mich auch beleidigt
Durch die Aufforderung, Großbritannien zu vernichten und der Rechtfertigung der Ermordung Unbeteiligter, wegen nichts anderem als der Anerkennung und Würdigung eines ganzen Lebens voll harter Arbeit und großartiger Leistungen. Vielleicht haben islamische Fanatiker vor allem damit ein Problem?

QuoteModernist | 48 Kommentare (21.06.2007 21:39)
Freude
Wärend ich das so lese, freue ich mich schon auf das Paradies, den mir der Islam bietet - wenn er erst eine Weltreligion ist (freiwillig konvertiere ich nicht!). Dort wird dann nie mehr jemand beleidigt, und wenn doch: Todesstrafe! und der Unfriede ist gelöst. Einfach eine sehr friedliche Lösung. Sollte allerdings nicht der Islam gewinnen, sonder die "Demokraten" so freue ich mich auch. Besteht irgendein Verdacht auf eine Straftat, wird der Beschuldigte einfach nach Quantanamo gebracht. Dort verhört (nichts schlimmes Isolation für ein Jahr, Hitze, Kälte abwechselnd, verprügeln, beleidigen, Elektroschocks, Waterboarding - genehmigte Methoden eben) bis er alles zugiebt und sein Urteil unterschreibt. Auch dann sind wir die Straftäter los. Einfach Friedlich und schön. Der Menschheit sei Dank



Aus: "Sir Salman: Proteste gegen Rushdies Ritterschlag" Von Jochen Krauß (21.06.07)
Quelle: http://www.focus.de/kultur/buecher/sir-salman_aid_64040.html (http://www.focus.de/kultur/buecher/sir-salman_aid_64040.html)

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Quote[...] Während meiner Kindheit in Vancouver bin ich immer samstags in eine islamische Schule gegangen. Mir wurde dort beigebracht, dass man Juden nicht trauen könne, weil sie nicht an Allah glaubten. Außerdem denke der Jude nur ans Geschäft. Aber als ich mich in meiner Nachbarschaft umsah, waren die meisten Geschäftsschilder in asiatischen Sprachen verfasst: Mandarin, Kantonesisch, Japanisch und Urdu - kein Hebräisch. Ich musste kürzlich wieder an diese Situation denken, als ich erfuhr, dass Salman Rushdie, der Autor von "Die satanischen Verse", von der englischen Queen zum Ritter geschlagen werden soll und der pakistanische Religionsminister darauf meinte, dass in Anbetracht der Tatsache, wie Rushdie den Islam beleidigt habe, Selbstmordattentate während der Zeremonie verständlich seien.

Als eine Muslimin sollte ich besser auch beleidigt sein - aber eher wegen dieser absurden Reaktion. Ich bin beleidigt, weil es nicht das erste Mal ist, dass westliche Ehrungen nur auf Gewalt stoßen. 1979, als der pakistanische Physiker Abdus Salam als erster Muslim einen wissenschaftlichen Nobelpreis bekam, begann er seine Dankesrede mit einem Vers aus dem Koran. Dennoch wurde Salam danach nicht in sein Land gelassen. Ich bin beleidigt, weil jedes Jahr mehr Frauen in Pakistan ermordet werden, weil sie angeblich die Familienehre verletzt haben. Ich bin beleidigt, weil im April die Mullahs in einer extremistischen Moschee in Pakistan eine Fatwa über die Umarmung zweier Menschen ausgesprochen haben.

Die Tourismusministerin hatte sich von ihrem Fallschirmlehrer nach einem erfolgreichen Sprung umarmen lassen. Der Sprung fand im Rahmen einer französischen Spendenaktion zugunsten der Opfer des Erdbebens in Pakistan im Jahr 2005 statt. Ich bin beleidigt, weil es eine Fatwa gibt, die Frauen dazu verurteilt, zu Hause zu bleiben und sich jederzeit zu bedecken. Ich bin beleidigt, weil sie Inhaber von Musik- und Videogeschäften dazu zwangen, ihre Läden zu schließen. Ich bin beleidigt, weil die Regierung diese wahnsinnigen Geistlichen mit Samthandschuhen anfasst, da sie andernfalls mit Selbstmordattentaten drohen. Ich bin beleidigt, weil am Sonntag mindestens 35 Muslime von anderen Muslimen bei einem Bombenangriff in Kabul und 80 Muslime in Bagdad in Stücke gerissen wurden, ohne dass Pakistan seine Glaubensgenossen öffentlich betrauert hat. Ich bin beleidigt, weil bei diesem mörderischen Blutbad ein atheistischer Professor namens Salman Rushdie wichtiger ist als das Schicksal all der vielen Muslime.

Ich bin auch beleidigt, weil so viele andere Muslime nicht beleidigt sind und gegen diese selbst ernannten Botschafter Gottes demonstrieren. Wir werden uns wundern, wenn der Islam eines Tages von Fundamentalisten erobert wird und wir immer noch mit der Möglichkeit hadern, uns selbst in der Masse gegen sie zur Wehr zu setzen. Wir sind einfach nur stumm.

Ich sage nicht, dass es einfach ist, sich gegen die Einschüchterungen zu wehren. Der vergangene Frühling hat es der muslimischen Welt noch schwerer gemacht. Ein 56 Mitglieder starkes Komitee der islamischen Länder hat den UN-Menschenrechtsrat dazu gebracht, eine Resolution gegen die Diffamierung von Religionen zu erlassen. Pakistan führte die Initiative an. Die Resolution erlaubt nun extremistischen Regimen, die Freiheit von Menschen noch weiter zu unterdrücken - und das unter dem Deckmantel des internationalen Rechts.

Nur einmal ließen die Menschen in Pakistan sich von den Politikern und den Geistlichen nicht mundtot machen. Als im vergangenen Jahr Bürgergesellschaften drei Jahrzehnte alte frauenfeindliche Gesetze auf sehr vorsichtige und sensible Weise untersuchten, haben selbst die Mullahs angedeutet, dass die Vorschriften möglicherweise nicht aus dem Koran und nicht von Gott stammen, sondern von Männern gemacht wurden. Es ist höchste Zeit, die Scheinheiligkeit im Namen des Islam zu verbannen. Salman Rushdie ist nicht das Problem. Die Muslime selbst sind es. Das erste Kopfgeld für Rushdie belief sich auf zwei Millionen Dollar, dann 2,5 Millionen. Und es steigt weiter. Die iranische Regierung sagte, dass das Geld gut angelegt sei. Es sieht so aus, als hätten nicht nur Juden ein Händchen fürs Geschäft.



Aus: ""Ich fühle mich beleidigt" - Eine Muslimin zu den muslimische Reaktionen auf den Ritterschlag für den Autor der "Satanischen Verse": Nicht Salman Rushdie ist das Problem" (22. Juni 2007)
(Irshad Manji, DER STANDARD/Printausgabe, 23./24.06.2007)
Irshad Manji ist Autorin des Buches "Plädoyer für einen aufgeklärten Islam", das ihr in einer Rezension der "New York Times" den 'Ehrentitel' "Osama bin Ladens schlimmster Alptraum" eintrug; die 1968 als Tochter eines Inders und einer Ägypterin geborene Publizistin musste 1972 mit iher Familie aus Idi Amins Uganda fliehen und lebt seither in Kanda; derzeit ist sie Forschungsstipendiatin an der US-Universität Yale.
Erstpublikation der Orginalfassung: "The Australian"; Übersetzung: Iris Marx
Quelle: http://derstandard.at/Text/?id=2931596 (http://derstandard.at/Text/?id=2931596)
Title: [Filme mit der Wirklichkeit verwechseln... (Notiz)]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 02, 2007, 01:18:09 PM
Quote[...] Ein Gespenst geht um im Hollywood-Kino. Es trägt ein Präzisionsgewehr mit Zielfernrohr und spricht Französisch ohne Akzent, es ruft: ,,Ah, merde, il est échappé!" in sein Funkmikrofon und raucht, wenn wir nicht hinsehen, importierte Gauloises ohne Filter.

Im Ernst: Nicht nur in ,,Stirb langsam 4.0", auch in mittleren Action-Produktionen wie Lee Tamahoris ,,Next", der in ein paar Wochen ins Kino kommt, sind die Schurken der unteren Kommandoebene fast alle Franzosen.

[...] Sollte das eine neue Phase im Kampf der Kulturen sein? Uns kommt ein furchtbarer Verdacht: Schließlich hat jedes größere Studioprojekt eine Vorlaufzeit von drei, vier Jahren. Und vor genau vier Jahren, im Frühling 2003, als amerikanische Panzer und Kampfbomber zum letzten Schlag gegen den Superbösewicht Saddam Hussein ausholten, war der patriotische Teil Hollywoods gerade besonders sauer auf die Franzosen, die partout nicht in der ,,Koalition der Willigen" mittun wollten. Ein Rotwein-Boykott wurde ausgerufen, die halbe Academy verzichtete demonstrativ auf Camembert (der Rest isst sowieso keinen Käse), und in den Hirnen trendbewusster Drehbuchautoren reiften, wie sich jetzt zeigt, furchtbare Pläne.

Stellen wir uns eine Skript-Konferenz in einem typischen Produzentenbüro vor, im Spätherbst 2003. ,,Jungs, wir müssen den Bösen in der Story endlich eine Adresse geben. Es können nicht alles Amerikaner sein, das wäre Nestbeschmutzung." - ,,Wie wär's mit Arabern?" - ,,Vergiss es. Wir haben schon genug Ärger mit denen. Außerdem befreien wir sie ja gerade." - ,,Vielleicht Russen?" - ,,No way. Die hatten wir fünfzig Jahre lang. Die sind durch." - ,,Dann Deutsche!" - ,,Nazis? Die kann ich seit ,Indiana Jones 3' einfach nicht mehr sehen." - ,,Nehmen wir doch Polen oder Tschechen." - ,,Spinnst du? Das sind Freunde, die gehören zur Koalition der Willigen!" - ,,Habt ihr schon mal an Franzosen gedacht?" - ,,Das ist es. Froschfresser! Old Europe! Ich hasse diese Typen. Und lasst sie ruhig Französisch reden, das versteht kein Mensch, aber jeder begreift, dass sie was gegen Amerika aushecken. Habt ihr vielleicht jemanden in der Kartei, der aussieht wie dieser Oberfranzose, dieser Chirac?"

Quote
nichts neues
Harald Rechert (rechert)
28.06.2007, 15:27
Boesewichte hatten in Hollywood schon immer einen Franzoesischen Akzent. Ich erinnere an die "Restaurant-Software" in Matrix 2 und 3 oder die Intriganten in der Handelsallianz in Star Wars Episode 2.
Die Abneigung zwischen Franzosen und Amerikanern beruht auf Gegenseitigkeit und wird sicherlich auf beiden Seiten schon lange im Film karikiert.

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einfaches Denken
Michael J.G. Unger (blnbuddy)
28.06.2007, 14:04
Hoffentlich verwechseln einfache Gemüter nicht wieder die Filme mit der Wirklichkeit, wie leider in der Vergangenheit immer wieder passiert!


Aus: "Kino: Die coolsten Killer kommen aus Paris" (Text: kil / F.A.Z., 28.06.2007, Nr. 147 / Seite 38)
Quelle: http://www.faz.net/s/Rub5A6DAB001EA2420BAC082C25414D2760/Doc~EFF5409ACC66C4F6DB071AF9DDE15ED08~ATpl~Ecommon~Scontent.html (http://www.faz.net/s/Rub5A6DAB001EA2420BAC082C25414D2760/Doc~EFF5409ACC66C4F6DB071AF9DDE15ED08~ATpl~Ecommon~Scontent.html)
Title: [Die Katze des Propheten... (Notiz)]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 02, 2007, 01:45:33 PM
Quote[...] Ihr habt den Islam aus der Zeit unseres Propheten vergessen!, wetterte dieser Prediger. Das ist der Grund für die Teuerung, die Pest und die Niederlagen. Sabbernd und Speichel sprühend geißelte er die Menschen:

"Kaffee zu trinken ist Sünde, o ihr Gläubigen! Unser Prophet und Heiliger hat gewusst, dass Kaffee den Verstand benebelt, den Magen durchlöchert, Kreuzweh hervorbringt und unfruchtbar macht. Kaffeehäuser sind Plätze für vergnügungssüchtige Reiche, die Knie an Knie zusammenhocken und Sittenlosigkeiten jeder Art begehen."

Orhan Pamuk lässt dies Märchen einen Hund erzählen, der sich fragt: Warum räsoniert ein Prediger so über den Islam? Warum macht er die Kaffeehäuser schlecht?

Seine Abneigung gegen den öffentlichen Genuss des Kaffees ist so irrational wie seine Abneigung gegen Hunde, denkt sich der Hund. Denn der Prophet mochte eben Katzen statt Hunde. Einmal hat er sogar ein Stück von seinem Rock abgeschnitten, um eine Katze nicht zu wecken, die auf seinem Schoß eingeschlafen war. So weit Orhan Pamuks Märchen.

Der Islam ist wie die Katze des Propheten: Die einen wollen sie nicht wecken und alles so lassen, wie es war; die anderen mögen das undankbare Tier nicht, wecken es auf und schauen, dass sie ihren Alltag genießen können.

Einmal im Jahr, wenn sich das Meer langsam erwärmt, treffen sich deutsche und türkische Journalisten und sprechen über die Katze des Propheten. Die Türken, vor allem die in Deutschland lebenden, erzählen, wie sich in Istanbul langsam der Alltag verändert. Die Prediger aus der Provinz besetzen die Köpfe der Menschen.

Immer mehr Frauen tragen das Kopftuch, wenn auch ein modisches und teures; der Alkohol verschwindet langsam aus dem Alltag, vor allem im Fastenmonat; die Stadtverwaltung untersagt Bikini-Werbung auf den Plakatwänden.

Dabei ist der Kaffeehaus-Islam statt des Prinzipien-Islams nicht nur die Hoffnung vieler Intellektueller in der Türkei, sondern auch in den arabischen Ländern. "Ich wünsche mir eine Brücke übers Mittelmeer", träumt Professor Tarik Bary aus Kairo. Gerade die Pragmatiker in Ägypten erhoffen den Erfolg der Türkei als Modell eines islamischen Landes, das vom Westen akzeptiert wird.

"Die Türkei erinnert uns an eine Frau, die mit einem Mann zusammenlebt, ihn aber nicht heiraten darf", spielt der Ägypter auf die EU-Verhandlungen an, die aus arabischer Sicht den Stolz der Türkei verletzten: "Hier der türkische Student, dort der europäische Herr!"

Für die Araber sei der türkische Islam, also der Kaffeehaus-Islam, wie ein Hobby, das man mag und pflegt; es habe nichts zu tun mit den radikalen Muslim-Brüdern in Arabien, sagt der ägyptische Professor. So schauen die Araber, die klugen zumindest, gebannt auf die Europäer und fragen:

Schafft es Europa, auch einen nicht-christlichen Staat aufzunehmen?

Ist Europa bereit, die Demokratie in einem nicht-christlichen Land zu fördern (oder geht es davon aus, dass Islam und Demokratie unvereinbar sind)?

Gelingt es Europa, den Islam zu bändigen und mit der modernen Welt zu versöhnen?

Kommen die Türkei und die EU nicht zusammen, wird es kein islamisches Land schaffen. Die Türkei ist das Modell für die modernen Iraner, Ägypter und Marokkaner, für alle, die aus den Beduinenzelten aufbrechen wollen. Scheitert gar die türkische Demokratie, die am besten entwickelte der islamischen Welt, hätte dies fatale Folgen – auch für uns.

In Jordanien schwört man Blutrache nach einem Auto-Unfall: Der Kampf der Kulturen tobt schon in den islamischen Gesellschaften. Offen ist nur: Lösen ihn die islamischen Gesellschaften selber? Oder tragen sie ihn zwischen die Völker – und damit auch zu uns?


Aus: "Gedanken zur Zeit Türkei und Islam" Es gibt nicht einen Islam. Es gibt Muslime, die Raki trinken, es gibt Muslime, die streng sind und alle Regeln beachten. Was das für uns bedeutet, war Thema eines Kongresses in der Türkei. Von Paul-Josef Raue (Samstag, 23.06.2007)
Quelle: http://www.newsclick.de/index.jsp/menuid/472071/artid/6898893 (http://www.newsclick.de/index.jsp/menuid/472071/artid/6898893)
Title: [Der Kampf der Kulturen innerhalb der Familie... (Notiz)]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 02, 2007, 01:51:20 PM
Quote[...] Neben leichter Kost befasst sich die Grande Nation im Kino leidenschaftlich mit dem Thema Integration. Die erste Regiearbeit des Schauspielers Roschdy Zem "Mauvaise foi" ist spannend, weil sie von der Last der Herkunft und Tradition erzählt. Clara ist Jüdin und mit dem Araber Ismael zusammen. Als die beiden ein Kind bekommen, sind sie durch ihre Familien gezwungen, sich mit Beschneidung, dem Ramadan und anderem zu befassen. Diese unbeholfenen, verkrampften Versuche, ihre eigene Identität zu wahren, führen zu kleinen Lügen in dieser bitter-süßen Liebesgeschichte. Roschdy Zem ist selbst Sohn marokkanischer Einwanderer und weiß, wovon er erzählt. Auch in "Mon frère se marie" des Schweizers Jean-Stéphane Bron findet der Kampf der Kulturen zwischen Asien und Europa innerhalb der Familie statt. capa


Aus: "Nicht nur l'amour: Die 7. Französische Filmwoche zeigt, was unsere Nachbarn sonst noch bewegt" (capa; 14.06.2007)
Quelle: http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag/10953483/63369/ (http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag/10953483/63369/)
Title: [Eine Stange zwischen die Rippen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 22, 2007, 01:14:36 PM
Quote[...] Vor der Preisverleihung hatte ein sichtlich und hörbar gebrechlich gewordener Marcel Reich-Ranicki aus Briefen und Schriften des 1786 in Frankfurt geborenen und 1837 im Pariser Exil gestorbenen Börne vorgelesen, der trotz aller Widrigkeiten feststellte: ,,Ich will ein Deutscher bleiben, mit all seinen Mängeln und Auswüchsen."

Anschließend pries Helmut Markwort, der gemäß der Satzung des Preises nicht nur als Laudator, sondern auch als einziger Preisrichter fungierte, Henryk M. Broder als einen Publizisten, ,,der schreibt, wie Börne es verlangt". Der Deutsche, so habe Börne in einem Brief aus Paris geschrieben, liebe den sanften Tadel und die stillen Vorwürfe; er, Börne, jedoch wolle ihnen ,,eine Stange zwischen die Rippen stoßen". Markwort nutzte die Gelegenheit, um vor dem Islamismus als dem gefährlichsten Extremismus des 21. Jahrhunderts zu warnen, vor den demagogischen Fanatikern und deren Mitläufern, von denen jedes diktatorische System getragen werde.

Ein sichtlich gut gelaunter Preisträger verzichtete in seiner Dankesrede zunächst demonstrativ auf jede Bescheidenheit und bescheinigte Markwort, eine gute Wahl getroffen zu haben. Anschließend machte Broder sein vorheriges Nachdenken über den Inhalt seiner Rede öffentlich – er habe überlegt, ob er über einen seiner Lieblingspläne reden solle, eine Maßnahme zur Bekämpfung der Entvölkerung Ostdeutschlands, in deren Rahmen fünf Millionen Asiaten ins Land gelassen und mit jeweils 1000 Euro Startkapital ausgestattet würden.

Dann aber kam Broder doch noch zur Sache: Die Toleranz, beispielsweise gegenüber ,,zukünftigen Völkermördern" wie dem iranischen Staatspräsidenten Mahmud Ahmadineschad, sei ,,eine Untugend, die den Verstand ausgeschaltet habe". Toleranz, so Broder weiter, sei ,,die preiswerte Alternative zum aufrechten Gang". Die ,,Toleranzkeule", mit der der Rücksichtslose um sich schlage, um sich seinen Raum zu erkämpfen, dürfte eine bewusste Anspielung auf die Walser'sche ,,Moralkeule" gewesen sein, die in der Paulskirchen-Friedenspreisrede von 1998 der Auslöser eines monatelangen erbitterten Streits gewesen war. Auch eine Attacke gegen den politisch korrekten Nobelpreisträger Günter Grass durfte nicht fehlen.

,,Ist nur ein toter Polemiker ein guter Polemiker?", hatte Helmut Markwort gefragt. Und Broder hatte in seiner Rede immer wieder die rhetorische Frage gestellt, ob er es sei, der verrückt geworden sei oder all die anderen da draußen. Den Vormittag jedenfalls beschloss er mit einem Text des im Jahr 2005 verstorbenen Kabarettisten Hanns Dieter Hüsch. Dort heißt es: ,,Ich sing für die Verrückten/Die seitlich Umgeknickten/Die eines Tags nach vorne fallen/Und unbemerkt von allen/An ihrem Tisch in Küchen sitzen/Und keiner Weltanschauung nützen."


Aus: "Eine Stange zwischen die Rippen - Publizist Henryk M. Broder ist mit dem Ludwig-Börne-Preis 2007 ausgezeichnet worden." (29.6.2007)
Quelle: http://www.zeit.de/online/2007/26/L-Broder (http://www.zeit.de/online/2007/26/L-Broder)

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Quote[...] Broder wittert alles und jeden, der Menschen für dumm verkaufen will. Das hat ihn als Polemiker berühmt gemacht.

Deshalb schreibt Broder gegen alle, die vor dem Islamismus einknicken. Erst wenn auch Frauen in Saudi-Arabien Bikinis tragen dürfen, ist die Toleranz Europas nicht mehr eine einseitige gegenüber der muslimischen Welt. Amerika ist da kämpferischer, findet Broder und provoziert. ,,Amerika macht zwar vieles falsch, aber zum Schluss doch das Richtige", sagt Broder. Dass er mit seiner jüdischen Familie vor den Nazis gerettet wurde, dazu hat Amerika beigetragen.

[...] Henryk M. Broder: "Anti-Amerikanismus ist kein deutsches Phänomen. Das gibt's überall in Europa, aber er hat eine deutsche Komponente. Der Studienrat, der von einem schwarzen amerikanischen Soldaten befreit wurde, hat einen Groll auf Amerika. Nein, erstmal bin ich von Natur aus pro-amerikanisch. So wie ich pro-sowjetisch bin, weil, wenn ich mich recht erinnere, meine Mutter von den Russen befreit wurde und mein Vater von den Amerikanern. Also in dieser Familie war kein Platz für anti-amerikanische oder anti-russische Ressentiments."

"Gegen das Ressentiment haben die Amerikaner keine Chance – eben so wenig wie die Juden, so Broder: "Der Anti-Amerikanismus hat die gleiche soziale und psychologische Struktur wie der Antisemitismus: Arme Juden wurden verachtet, weil sie arm waren. Reiche Juden wurden verachtet, weil sie Ausbeuter waren. Revolutionäre Juden waren das zersetzende Element der Gesellschaft. Konservative Juden standen dem Fortschritt im Wege. Das ist das Ressentiment."

Was ihn jetzt aufregt, - und dazu holt er die Mohamed – Karikaturen herbei -, ist die Entschuldigung Europas für diese Karikaturen: ein Einknicken vor der Gewalt der Strasse in der muslimischen Welt, ein Verrat der Meinungsfreiheit: "Es hat keinen Fall vorher gegeben," sagt Broder, "da Vertreter der muslimischen Welt sich in einer solchen massiven Welle der Empörung erhoben, um gegen etwas zu protestieren, das im Westen stattgefunden hat. Die meisten Demonstranten hätten ja größte Mühe gehabt, auf einem Globus Dänemark zu zeigen. Also, es hat eine Welle der Empörung gegeben, und wie hat der Westen auf diese Welle der Empörung reagiert? Mit Entschuldigungen, mit Zurücknahmen. Keine einzige englische Zeitung z.B. hat es gewagt, diese Karikaturen nachzudrucken. Dafür hat aber der englische Außenminister Straw erklärt, das sei ein schändlicher Akt gewesen. Er hat sich für etwas entschuldigt, das gar nicht stattgefunden hat."

Belege für diese Art von Kapitulation liest Broder fast täglich in der deutschen Presse. Da wird er mit einer Dosis an Political Correctness konfrontiert, die er unerträglich findet. Mal sind Terroristen fehlgeleitete Idealisten, mal wird begrüßt, dass muslimische Mädchen mit amtlichem Segen vom Schwimmunterricht abgemeldet werden, und geradezu absurd findet Broder, dass so genannte Ehrenmorde kulturell relativiert werden: "Es kann nicht hingenommen werden," - so Broder - "es geht einfach nicht, dass jemand, der aus Anatolien her kommt, wenn er z.B. auf die Idee kommt, ein Mitglied seiner Familie zu misshandeln oder vielleicht seine Tochter umzubringen, weil sie sich unsittlich benommen hat, es geht nicht an, dass der mildernde Umstände zugesprochen bekommt, was bei deutschen Gerichten gang und gebe ist, die ein Allgäuer Bauer nie bekommen würde, wenn der seine Tochter malträtieren oder umbringen würde. Der kulturelle Hintergrund dient heute als Ausrede für alles."

Broder selbst ist Migrant, kam vor 50 Jahren mit seinen Eltern aus Polen in die Bundesrepublik. Am wohlsten fühlt er sich in Holland , wo er schon als Jugendlicher war, weil er dort, anders als in der damaligen Bundesrepublik, den liberalen Umgang mit Minderheiten kennenlernte. Diese Liberalität verteidigt er auch heute und versteht deshalb jene Muslime nicht, die die Vorteile dieser Liberalität für sich zwar nutzen, aber zugleich verachten.

Broder wünscht Europa noch multikultureller, noch vermischter, aber nicht auf Kosten seiner Freiheit. Es wäre ein absoluter Rückfall, wenn aus Angst vor beleidigten Muslimen religiöse Gefühle wieder als etwas Unantastbares gelten, das nicht verletzt werden darf: "Was soll man denn sonst verletzen, wenn nicht religiöse Gefühle? Seit wann kennen Leute, die sich der Aufklärung verpflichtet fühlen, Rücksichten auf religiöse Gefühle? Meine Gefühle als Nicht-Religiöser werden auch ständig verletzt, meine Gefühle werden verletzt, wenn im Iran 16-jährige Homosexuelle aufgehängt werden."

Oder wenn in Amsterdam der Regisseur Theo van Gogh von einem Islamisten ermordet wird, weil sein Film über die Lage der muslimischen Frau den Koran beleidigt habe. Das Drehbuch stammte von der Muslimin Ayaan Hirsi Ali, für Broder ,,die Jeanne d'Arc des 21. Jahrhunderts": "Ayaan Hirsi Ali ist einfach großartig. Sie besteht auf den Werten, - sie als Somalierin, als Afrikanerin, als Frau, als Muslima, - besteht auf den Werten, die für viele Europäer völlig bedeutungslos geworden sind."

So habe man lange hingenommen, dass Lehrerinnen, weil unverschleiert, ,,Schlampen" und ,,Nutten" genannt werden, kritisiert Broder. Dieses Verhalten von muslimischen Schülern überhaupt zu benennen, gilt schon als tabu, und deshalb tut er es.

Henryk M. Broder: "Das ist nichts, was ich sozusagen mache, um die Welt zu verbessern oder um den Guten zum Sieg über das Böse zu verhelfen. Das ist mir eigentlich vollkommen egal."
Samuel Schirmbeck: "Das glaube ich nicht."
Henryk M. Broder: "Doch, doch, doch. Das ist mir alles vollkommen egal. Ich rege mich manchmal auf, manchmal finde ich Sachen komisch, manchmal finde ich Sachen lästig, und manchmal denke ich, das kann man denen nicht durchgehen lassen."

"Hurra, wir kapitulieren!" – seine jüngste Streitschrift ist seit Monaten in Deutschland ein Bestseller. Mal sehen, wen er in der Frankfurter Paulskirche im Namen Börnes der ,,Lust am Einknicken" überführen wird.

QuoteDer Ludwig-Börne-Preis wird seit 1994 vergeben. Zu den bisherigen Trägern gehören der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki, der
frühere "Spiegel"-Herausgeber Rudolf Augstein und der Schriftsteller Hans Magnus Enzensberger. Im vergangenen Jahr wurde der Journalist und Autor Wolfgang Büscher mit dem Preis geehrt.

Benannt ist der Preis nach dem Schriftsteller und Journalisten Ludwig Börne, der als Wegbereiter des politischen Feuilletons gilt. Börne wurde als Löb Baruch 1786 in Frankfurt am Main geboren und starb 1837 im Pariser Exil.


Aus: "Notorischer Nörgler und wacher Demokrat - Henryk M. Broder erhält Börne-Preis" Ein Beitrag von Samuel Schirmbeck für "hauptsache kultur" (24.06.2007)
Quelle: http://www.hr-online.de/website/rubriken/kultur/index.jsp?rubrik=5982&key=standard_document_31664360 (http://www.hr-online.de/website/rubriken/kultur/index.jsp?rubrik=5982&key=standard_document_31664360)

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Quote[...] Der Journalist Henryk Broder hat ein Buch "von der Lust am Einknicken" geschrieben. Gemeint ist die Selbstaufgabe Europas vor den moslemischen Horden - die von den europäischen Polit-Eliten und Medien bereitwillig hingenommene, ja sogar feige vorangetriebene Islamisierung Europas. Es geht also um ein Phantom, das wenig mit der Wirklichkeit und viel mit einer besonders böswilligen Form der Kriegspropaganda zu tun hat.

Das Thema ist nicht wirklich neu und schon gar nicht originell. Die britische Historikerin Gisèle Littman, bekannter unter ihrem Künstlernamen Bat Ye'or, hat seit 2004 in einer Fülle gleichförmiger Artikel und einem Buch (1) beschrieben, "how Europe became Eurabia", wie Europa zu Eurabia wurde. Man beachte die Vergangenheitsform: Der Prozess ist bereits abgeschlossen. Behauptet zumindest die Autorin, die darüber hinaus meint, der gegenwärtige Verrat der europäischen Eliten sei sehr viel schlimmer als das britisch-französische Einknicken vor Hitler in München 1938 (2).

Artikelüberschriften wie "How Europe Died" (3), "While Europe Slept" (4), "Europe's Suicide?" (5), "The Slow Death of Europe" (6), "Eurabia is no Fairytale" (7), "The Rapid Islamization of Europe" (8), "Eurabian Nightmares" (9), "Goodbye Europe, Hello Eurabia" (10), "The Muslim Brotherhood's Conquest of Europe" (11), "Why Al-Qaeda Will Dominate the European Union" (12) und "France: The Republic of Paristan" (13) - solche Artikelüberschriften erinnern mich an die reißerischen Titel antisemitischer Broschüren der 20er und 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts. Und die Liste dieser Headlines, die oft so klingen, als kämen sie direkt aus einem Irrenhaus oder von einem Besäufnis pubertierender Jugendlicher mit einem ziemlich schrägen Humor, ließe sich noch lange fortsetzen. Jeden Moment erwarte ich die Parole "Die Moslems sind unser Unglück" (14) und den Kampfruf "Europa erwache!"

Denn dass Europa endlich erwachen und sich dem von den USA und Israel angeführten neuen Kreuzzug gegen die islamische Welt anschließen möge, das erhoffen sie sich alle als Ergebnis ihrer Klagen und Alarmrufe. Keiner von ihnen macht daraus ein Geheimnis. Letztlich auch Broder nicht, selbst wenn er seine Bekenntnisse zur Notwendigkeit des Straflagers Guantanamo, zu den segensreichen Folgen des Irakkrieges und zur Berechtigung des Einsatzes von Atomwaffen gegen den Iran etwas verdruckst und hintenherum vorträgt, als schäme er sich doch noch ein ganz klein bisschen über sich selbst. Broder leistet seinen Beitrag zum antiislamischen Kreuzzug vorzugsweise, indem er dessen Kritiker mit Schmutz bewirft, ohne selbst mit allerletzter Klarheit Farbe zu bekennen, worauf er eigentlich konkret hinaus will. Statt direkt für den von den Neokonservativen ausgerufenen "Weltkrieg" zu werben, lästert Broder lieber, dass sich Bin Laden über jede Antikriegsdemonstration freue. (S. 137) Und die Schlussfolgerung, bitte?

Broder schreibt zu Guantanamo: "Die Vorstellung, ein Unschuldiger könnte jahrelang festgehalten werden, ist ein Albtraum. Andererseits übersteigt die Idee, man könnte dem Terror nur mit rechtsstaatlichen Mitteln beikommen, die Grenzen zum Irrealen. Es ist, als ob man die Feuerwehr auffordern würde, sich bei ihren Einsätzen an die Straßenverkehrsordnung zu halten und auf keinen Fall eine rote Ampel zu überfahren. (...) Gegenüber Terroristen 'fair' zu sein, auf verdeckte Ermittlungen zu verzichten und im Verfahren alle Quellen offen zu legen, käme einem Verzicht auf eine Verfolgung gleich." (S. 124) - Die Rede ist, wohlgemerkt, von Guantanamo, dessen Gefangene überhaupt nie mit gerichtlich nachprüfbaren Vorwürfen und irgendeiner noch so unperfekten Form von Verfahren konfrontiert werden. Weiß Broder das nicht, oder verdrängt er es einfach nur? Und woher bezieht er seine Gewissheit, dass die US-Regierung mit ihrem "Krieg gegen den Terrorismus" Feuerwehr ist - und nicht etwa Brandstifter?

Den sachlich zutreffenden Hinweis, dass der "Krieg gegen den Terror" jetzt schon um ein Vielfaches mehr Menschenleben gekostet hat als der Terror selbst, kontert Broder mit dem Gegenargument: "Solche Fragen sind nicht zynisch, sie sind dumm. Denn in dieser Rechnung sind die irakischen Opfer des Saddam-Regimes nicht enthalten, hunderttausende von Menschen, die verfolgt, gefoltert und getötet wurden." (S. 134) - Mit runden Zahlen ist Broder sehr flott, Quellen nennt er meist nicht, wie auch in diesem Fall. Wie auch immer: Über den tyrannischen Charakter des Saddam-Regimes muss und kann nicht gestritten werden. Tatsache ist aber, dass sich unter der US-Besatzung eine Situation entwickelt hat, die von einer großen Mehrheit der Iraker als noch erheblich schlimmer als die früheren Zustände empfunden wird. Einem Bericht des UNO-Hochkommissars für Flüchtlinge zufolge haben seit Kriegsbeginn (März 2003) mehr als 1,6 Millionen Iraker das Land verlassen. Laut New York Times vom 8. Dezember 2006 beträgt die Auswanderungsrate im Tagesdurchschnitt 3.000 Menschen, ein Vielfaches mehr als zur Zeit Saddam Husseins.

Grundsätzlich ist die Idee, man dürfe und müsse moslemische Länder überfallen, um deren Bevölkerung zwangsweise zu "befreien", pervers und menschenfeindlich. Im Fall Iraks kommt hinzu, dass der Angriff ausgerechnet einen Staat traf, in dem islamische Fundamentalisten denkbar wenig zu sagen hatten - und ganz sicher weitaus weniger als derzeit.

Zur "Option" eines amerikanisch-israelischen Atomschlags gegen Iran schreibt Broder: "Das Berliner Büro der 'Deutschen Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges' hat ein Papier veröffentlicht, in dem die Folgen eines amerikanischen Atomschlags gegen den Iran beschrieben werden: Mehr als zwei Millionen Menschen würden in den ersten 48 Stunden sterben, eine Million würde schwere Verletzungen erleiden. Zehn Millionen würden verstrahlt. Nur eine Frage wurde in dem Papier weder gestellt noch beantwortet: Was wären die Folgeschäden eines iranischen Atomschlages?" (S. 158)

Was versucht uns der Dichter damit zu sagen? Dass ein Atomschlag gegen den Iran immer noch vergleichsweise das geringere Übel, also "sittlich geboten" ist, wie es der damalige niedersächsische Ministerpräsident Ernst Albrecht 1976 bezüglich der Anwendung der Folter formuliert hatte? Oder was sonst? Der Autor verrät es uns nicht, und er möchte es sich offenbar selbst auch gar nicht so genau eingestehen. Denn sonst bekäme er vielleicht doch beim Blick in den Spiegel, beispielsweise während des Rasierens, ernsthafte Probleme.

Wohlverstanden: Die Rede ist von iranischen Atomwaffen, die selbst in den kühnsten Phantasien neokonservativer Kriegshetzer zumindest derzeit gar nicht existieren und die es nach offiziellen amerikanischen und israelischen Schätzungen auch in den nächsten Jahren nicht geben wird. Die Behauptung, Teheran strebe die Entwicklung solcher Waffen aber immerhin an, obwohl es stets das genaue Gegenteil behauptet, ist reine Glaubenssache. Es gibt dafür nicht die geringsten Beweise. Verglichen damit waren die seinerzeitigen kriegsbegründenden Erzählungen über Saddam Husseins Massenvernichtungswaffen, die später nie gefunden wurden, geradezu grundsolide und hochwissenschaftlich.

Daniel Bax diagnostiziert Broders "psychische Störung" als Hysterie. (15). Mir scheint diese Deutung zwar nicht absolut ausgeschlossen, aber doch unwahrscheinlich. Broder wirkt auf mich in keinem einzigen Moment seines Buches wie jemand, der ernsthaft an das glaubt, was er schreibt. Ich denke, er spielt den Hysteriker lediglich, um dem Zweck zu dienen, den er für den guten hält: literweise Benzin ins entfachte Feuer des "Clash of Civilizations" zu kippen.

Ich will diesen Verdacht auch begründen: Henryk Broder und ich sind derselbe Jahrgang (1946), er knapp zwei Monate jünger als ich. Wir haben also die selben Abschnitte deutscher Nachkriegsgeschichte im selben Alter erlebt. Anfang der 70er Jahre, als ich der Redaktion einer linken Zeitschrift angehörte, hat Henryk Broder, der damals ehrenvolle Fehden mit deutschen Rechten und "Ewiggestrigen" austrug, punktuell mit uns zusammengearbeitet. Ich will damit sagen: Henryk Broder weiß, wovon die Rede ist. Er kennt den gesamten rechten und rechtsextremen Diskurs. Und er merkt vermutlich auch heute noch ganz genau, wenn er sich aus dem Dreck bedient, gegen den er in früheren Jahren angekämpft hat. Wie fühlt man sich denn als Rechtspopulist, der verzweifelt so tut, als wäre er ein geistig minderbemittelter Leserbriefschreiber der BILD-Zeitung? Also kein intellektuell begabter Journalist von 60 Jahren mit einem großen Erfahrungshintergrund, sondern bloß ein ganz armes Würstchen, das außer einem Sack von blödsinnigen Ressentiments nicht viel vorzuweisen hat?

Ein konkretes Beispiel. Broder schreibt, gleich zu Beginn seines Buches, es gehe "um 1,5 Milliarden Moslems in aller Welt, die chronisch zum Beleidigtsein und unvorhersehbaren Reaktionen neigen" (S. 13). "Unvorhersehbare Reaktionen" meint im Kontext, da ist gar kein Zweifel möglich, alle Arten von Gewalttätigkeit, bis hin zum Terrorismus. (16) - 1,5 Milliarden Individuen, von denen Broder doch höchstens einen Bruchteil persönlich kennt. 1,5 Milliarden Individuen, denen Broder exakt die selben Eigenschaften zuschreibt. Menschen völlig unterschiedlicher Kulturen, zwischen denen es riesige Unterschiede auch in religiöser Hinsicht gibt.

Welcher Mensch, und wäre sein IQ noch so niedrig, kann ernsthaft einen solchen Quatsch glauben? Und es geht ja dabei nicht um heitere, harmlose, womöglich sogar selbstironische Vorurteile, wie etwa, dass alle Schotten geizig oder alle Touristen in Brighton schwul seien. Sondern es geht um die Ausgestaltung eines Feindbildes, und zwar letztlich mit knallharten militärischen Konsequenzen. Also um ein widerwärtiges Spiel mit Hunderttausenden von Toten, um nur die Untergrenze zu kennzeichnen.

Ein weiteres konkretes Beispiel. Broder lobt den Fleiß und Bildungshunger der in Deutschland lebenden Vietnamesen und fragt, warum es - seiner Ansicht nach - die Moslems denn nicht ebenso machen. Als Antwort schreibt er: "Vielleicht weil sie" (die Vietnamesen) "aus einer Kultur kommen, in der Arbeit und Lernen zu den primären Tugenden gehören, während es bei den Moslems aus der Türkei und den arabischen Ländern (natürlich mit Abstufungen) vor allem die Ehre, der Respekt und die Unterwerfung sind. Hier stößt eine Kultur des Fleißes und der Betriebsamkeit mit einer Kultur der Scham und der Schande zusammen, die auf jede 'Provokation' beleidigt und aggressiv reagiert." (S. 113)

Ich halte jede Wette, dass Broder, der zwar möglicherweise ein bösartiger Mensch, aber doch alles andere als ein Idiot ist, es besser weiß. Aber selbst wenn nicht: Er müsste nur das Branchenbuch einer deutschen Großstadt zur Hand nehmen, um sich von der Existenz einer Vielzahl kleiner und großer türkischer Geschäftsleute, iranischer Ärzte, und was sonst noch Zeichen einer "Kultur des Fleißes und der Betriebsamkeit" sein mögen, zu überzeugen. Geh rein in einen türkischen Imbiss, sprich mit den Leuten, mach dir ein Bild von ihrem harten Arbeitspensum - und hör auf, Hunderttausende von Menschen zu diffamieren!

Doch, wie gesagt, ich glaube nicht, dass Broder diesen Ratschlag wirklich braucht. Er weiß es. Er hat in Wirklichkeit gar keine persönliche Vorurteile gegen Moslems. Er spielt "aus übergeordneten Interessen" den Ausländerfeind, ohne wirklich einer zu sein. Das macht sein Tun nicht besser, sondern schlimmer.

(Henryk M. Broder: Hurra, wir kapitulieren! Von der Lust am Einknicken. Verlag Wolf Jobst Siedler jr., Berlin. 2006.)

Knut Mellenthin

Erweiterte Fassung eines Artikels, der demnächst in Nr. 1/2007 der Vierteljahreszeitschrift Wissenschaft und Frieden erscheint

Anmerkungen:

1) Bat Ye'or: Eurabia, The Euro-Arab Axis. 2005. Bat Ye'or hat den Begriff "Eurabia" zwar nicht erfunden, wohl aber dessen Anwendung als Schimpfwort für die angebliche "Islamisierung" Europas. Sie behauptet, dass seit der sogenannten Ölkrise von 1973 eine geheime Verschwörung zwischen den europäischen und arabischen Eliten bestehe. Europa habe sich dadurch vom Bündnis mit den USA gelöst und sei "in den arabisch-islamischen Einflussbereich übergewechselt". Deshalb führe Europa, so Bat Ye'or, einen "versteckten Krieg gegen Israel". Als hervorragenden Beweis nennt sie, dass die Europäer die Forderung nach einem Palästinenserstaat akzeptieren.
Ein unübersehbares Netz von Websiten propagiert die "Eurabia"-Ideologie und treibt auf dieser Linie rechtspopulistische "Volksaufklärung". Broders Arbeiten werden dort vielfach zitiert. Einige Beispiele:
www.eurabia.blogse.nl/
www.politicallyincorrect.de/
www.europenews.blogg.de/
www.buergerbewegungen.de/islamheute-2.pdf
www.akte-islam.de/1.html
Henryk Broder selbst betreibt mit einigen Freunden die Website
www.achgut.com/dadgdx/
auf der häufig empfehlende Links zu Texten der "Eurabia"-Ideologen zu finden sind.

2) Bat Ye'or: Beyond Munich - The Spirit of Eurabia. In: FrontPageMagazine.com, July 2, 2004. Das Online-Magazin FrontPage ist ein wichtiger Treffpunkt dieser politischen Strömung. Der Artikel war das Transkript eines Vortrags, den die Autorin auf einem Seminar im Französischen Senat gehalten hatte.

3) Sebastian Villar Rodriguez im FrontPageMagazine, 20.9.2005

4) David Forsmark im FrontPageMagazine, 3.5.2006. Der Autor besprach dort das Buch "While Europe Slept: How Radical Islam is Destroying the West from Within" von Bruce Bawer.

5) Interview mit Morten Messerschmidt im FrontPageMagazine, 26.4.2006. Messerschmidt ist Parlamentsabgeordneter der nationalistischen, rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei, die sich gegen Einwanderung und Multikulturalismus einsetzt.

6) Guy Millière im FrontPageMagazine, 26.4.2006

7) Bruce Bawer im FrontPageMagazine, 18.4.2006

8) Robert Spencer im FrontPageMagazine, 18.9.2004. - Den Wahlsieg der spanischen Sozialisten im März 2004 bezeichnete Spencer als den "größten Sieg der radikalen Moslems seit dem 11. September oder sogar seit der Khomeini-Revolution im Iran". "Osama bin Laden ist dadurch praktisch spanischer Außenminister geworden." (The Rise of "Eurabia", FrontPageMagazine, 18.3.2004)
Spencer ist offiziell verantwortlich für die sehr aufwendig und arbeitsintensiv gemachten antiislamischen Webseiten Jihad Watch und Dhimmi Watch. Der Umfang dieser stets aktuellen Seiten übersteigt bei weitem die Möglichkeiten eines Individuums und lässt den Verdacht auf Geldgeber und Organisatoren zu.

9) Andrew G. Bostom im FrontPageMagazine, 13.3.2006

10) Lowell Ponte im FrontPageMagazine, 28.3.2006. Der Autor malt auf die von Rechtsaußen bekannte vulgär-demographische Weise das Aussterben der Europäer an die Wand.

11) Lorenzo Vidino im FrontPageMagazine, 14.3.2005. Der Autor ist stellvertretender Direktor beim Investigative Project in Washington, das sich als "Antiterror-Forschungsinstitut" bezeichnet, und Autor des neokonservativen Online-Magazins National Review.

12) Der frühere tschechische Präsident Pavel Kohout im FrontPageMagazine, 7.10.2004

13) Pete Fisher im FrontPageMagazine, 7.11.2005.

14) "Die Juden sind unser Unglück", behauptete der deutsche Historiker und Reichtagsabgeordnete Heinrich von Treitschke (1834 - 1896) in seinem 1879 veröffentlichten Artikel "Unsere Aussichten". Der Satz wurde zum Motto des deutschen Antisemitismus. Broder hat sich inzwischen immerhin zu der Parole "Die Europäer sind unser Unglück" vorgearbeitet. So die Headline eines Textes, den er am 28.7.2004 auf seine Website setzte. Broder beklagte sich dort bitter über die europäische Kritik an Israels "Sperranlage", in Israel offiziell als "Fence", Zaun, verniedlicht.

15) "Humoristische Hasspredigt". Im taz Magazin vom 18.11.2006.

16) Als Modell für die allen 1,5 Milliarden Moslems der Welt unterstellte Verbindung von "chronischem Beleidigtsein" und "unvorhersehbaren Reaktionen" gelten Broder die Proteste gegen die dänischen Mohammed-Karikaturen. Er schreibt: "Millionen von Moslems, die keine Gelegenheit hatten, auch nur einen Blick auf die Zeichnungen zu werfen, und die nicht einmal wissen, wo Dänemark liegt, demonstrieren gegen die Kränkung des Propheten, angefeuert von Imamen, die eine eigene Agenda haben." (S. 18) - "Millionen"? Woher nimmt Broder das? Er verrät es nicht. 100.000, höchstens 150.000 Demonstranten weltweit dürfte der Realität nahe kommen. Im Rückblick ist erstaunlich, wie klein die meisten der Demonstrationen (Anfang Februar 2006) waren. In Djakarta, der Hauptstadt Indonesiens (das Land mit der größten Moslembevölkerung der Welt), 300 Menschen. 2.000 bis 5.000 Protestierer in der bengalischen Hauptstadt Dhaka, einer Stadt mit über sechs Millionen Einwohnern. Ungefähr ebenso viele in Islamabad, der Hauptstadt Pakistans, einem Land, in dem es mehrere große islamistische Oppositionsparteien gibt. Ein paar hundert Menschen im afghanischen Kabul. 3.000 Demonstranten in Kairo, einer Stadt mit über 15 Millionen Einwohnern. Die größten Proteste fanden in Beirut und in der marokkanischen Hauptstadt Rabat mit jeweils etwa 20.000 Teilnehmern statt. "Millionen"?
Broder und die Fakten: nicht gerade eine Traumpaarung. An mehreren Stellen seines Buches (u.a. S. 45) behauptet Broder, es gebe in Deutschland "mehr als 2.000 Moscheen". Aus dem Kontext wird deutlich, dass er diese Zahl reichlich groß findet und meint, dass weitere nicht mehr benötigt werden. Das Online-Lexikon Wikipedia schreibt, dass es im Bundesgebiet mehr als 2.600 Räumlichkeiten gibt, die von Moslems religiös genutzt werden. Überwiegend handelt es sich um Gebetsräume in Wohnhäusern, ehemaligen Garagen oder Lagerräumen und ähnliche Provisorien, von denen viele vom immer noch diskriminierten Status der moslemischen Religionsgemeinschaft zeugen. Nur 143 der Objekte seien "echte" Moscheen, so Wikipedia. Also eigene Sakralbauten. Erst seit wenigen Jahren bauen moslemische Gemeinden in Deutschland verstärkt wirkliche Moscheen - und stoßen dabei auf ähnliche Akzeptanzprobleme wie früher die deutschen Juden bei der Errichtung ihrer Synagogen.


Aus: "Broders Kampf gegen den Untergang des Abendlandes" Von Knut Mellenthin (1.1.2007)
Quelle: http://www.knutmellenthin.de/artikel/aktuell/aktuelle-artikel/broders-kampf-gegen-den-untergang-des-abendlandes-112007.html (http://www.knutmellenthin.de/artikel/aktuell/aktuelle-artikel/broders-kampf-gegen-den-untergang-des-abendlandes-112007.html)

-.-

Henryk Modest Broder (* als Henryk Marcin Broder am 20. August 1946 in Katowice, Polen)[1] ist ein deutscher Journalist und Schriftsteller.
http://de.wikipedia.org/wiki/Henryk_Broder (http://de.wikipedia.org/wiki/Henryk_Broder)

-.-

Knut Mellenthin (* 3. Juli 1946 in Wolfsburg) ist ein deutscher Journalist und lebt in Hamburg.
http://de.wikipedia.org/wiki/Knut_Mellenthin (http://de.wikipedia.org/wiki/Knut_Mellenthin)


Title: [Der niederländische Parlamentarier... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 14, 2007, 04:57:44 PM
Quote[...] Der niederländische Parlamentarier Geert Wilders hat in einem Kommentar für die Tageszeitung "Volkskrant" gefordert, man müsse den "Koran verbieten".

Hintergrund sind Angriffe auf einen jungen Mann namens Ehsan Jami, der eine Vereinigung der Ex-Muslime gebildet hatte. Jami, ursprünglich iranischer Herkunft, war am 4. August von drei Männern nach dem Verlassen eines Supermarkts zusammengeschlagen worden.
Jami steht seither unter Personenschutz. Geert Wilders begrüßt dies und ergänzt:

   De kern van het probleem is de fascistische islam, de zieke ideologie van Allah en Mohammed zoals neergelegd in de islamitische Mein Kampf: de Koran. ... Verbied dat ellendige boek zoals ook Mein Kampf verboden is! Geef zo een signaal aan de overvallers van Jami en andere islamisten dat de Koran in ons land nooit en te nimmer als inspiratie of excuus voor geweld mag worden gebruikt.

Will heissen: "Der Kern des Problems ist der faschistische Islam, die kranke Ideologie von Allah und Mohammed, wie sie im islamischen 'Mein Kampf' niedergelegt ist: im Koran. ... Verbietet dieses elende Buch, so wie auch Mein Kampf verboten ist! Gebt denjenigen, die Jami überfallen haben, und anderen Islamisten ein Signal, dass der Koran in unserem Land niemals als Inspiration oder Rechtfertigung von Gewalt benutzt werden darf. "

Na toll! Und um diese Selbstverständlichkeit durchzusetzen - dass religiöse Empfindamkeiten keine Rechtfertigung für Gewalt sein können -, muss man das heilige Buch der Muslime verbieten?

Die Partei von Herrn Wilders heißt "Partij voor de Vrihjheed" - Freiheitspartei! Schöne Liberale sind das, die solche Signale senden möchten.

Ausserdem wäre ich sehr dankbar, wenn die verharmlosenden Nazi-Vergleiche endlich unterbleiben könnten. Das ist wirklich langsam widerlich. "Mein Kampf" ist ein rassistisches Welteroberungs- und Völkermordprogramm. Der Koran ist das ausserordentlich vielschichtige Gründungsbuch einer universalistischen Offenbarungsreligion, deren Eroberungen und Gewaltexzesse ein würdiges Thema sind, aber mit exterminatorischem Rassismus Hitlerscher Art nichts zu tun haben.

Wenn man die Gewalt der jungen Lumpen, die einen (in ihren Augen) Apostaten zusammenschlagen, mit einem Koranverbot beantwortet (oder auch nur mit dem populistischen Ruf danach), bestätigt man sie darin, dass sie den Koran richtig ausgelegt haben.

Aber genau das will der feine Herr Wilders ja. Er ist selbst ein Hassprediger, der berechtigte Kritik am Islam und an der Mentalität junger Muslime für seine paranoide Angstpropaganda benutzt. So endet sein Artikel:

   "Ich habe genug vom Islam in den Niederlanden: keine muslimischen Immigranten mehr. Ich habe genug von der Verherung Allahs in Holland: keine Moscheen mehr. Ich habe genug vom Koran in Hollan: verbietet das faschistische Buch."

Natürlich weiss Wilders ganz genau, dass es nicht möglich ist, den Koran zu verbieten. Es ist ihm letztlich ganz egal. Er ist ein liberaler Ayatollah. Seine Parole heißt: Es gibt keinen moderaten Islam."
Er will den Bürgerkrieg herbeireden. Er ist der beste Partner der verhetzten jungen Marokkaner, die die Gesellschaft hassen, in der sie aufgewachsen sind. Er surft elegant auf den Ängsten einer verunsicherten Gesellschaft.

Wir müssen die freiheitliche Ordnung in Europa gegen die Islamisten und gegen Hetzer wie Geert Wilders verteidigen, die ihnen in die Hände arbeiten.

Ehsan Jami hat andere Verteidiger verdient.

Quote
Ist ihnen schon in den Sinn gekommen, daß Wilders recht hat, und sie gegen Wilders hetzen?
Kommentar von egon | 08.08.2007 | 5:29

Quote"Und um diese Selbstverständlichkeit durchzusetzen..."
Es sind zwei Fragen:

- Wie gehen wir mit Muslimen um, die aufgrund ihres Glaubens den Koran auch in seinen gesetzes- und (unserer) moralwidrigen Vorgaben folgen?

- Wie gehen wir mit einem Buch um, dass literalgläubige Moslems zu gesetzes- und (unserer) moralwidrigen Handlungen auffordert?

Ne, drei:

- Warum müssen "Selbstverständlichkeiten" eigentlich erst durchgesetzt werden?

Es ist nicht der erste Ernstfall in Holland, und schon gar nicht in der Welt.
Herr Wilders ist für mich kein Hetzer, sondern jemand, der die breitere Öffentlichkeit mal darauf aufmerksam macht, was da so alles im Koran STEHT!

"der verhetzten jungen Marokkaner..."
...die Jungs selbst sind die Hetzer, im wahrsten Sinne des Wortes.

Ich finde ihren Kommentar leider sehr nebeldeutsch...
Kommentar von Sebastian D. R. | 08.08.2007 | 5:49

QuoteSchon das Verbot von 'Mein Kampf' ist übrigens eine zweifelhafte Maßnahme:

"Publish and debunk this relic of history" (July 27, 2007)
thttp://www.timesonline.co.uk/tol/comment/columnists/ben_macintyre/article2148193.ece
Kommentar von AM | 08.08.2007 | 6:11

QuoteEndlich mal ein Politiker, der den Anstand hat solche Probleme mal beim Namen zu nennen ! Herr Wilders hat Recht, das der Islam in Europa zu einen SEHR GROßEN PROBLEM geworden ist ! Schade das es nicht mehr Politiker gibt, die wirklich mal solche Missstände aufzeigen und dagegen vorgehen !
Anstatt wie es hier Herr J.L mal wieder in diesem Bericht macht, hätte man sich mit diesem Thema mal intensiver beschäftigen sollen und dann hätte man ( Er ) auch bemerkt, das Herr Wilders, was das Islam Problem betrifft, gar nicht so unrecht hat !
Andere Verteiger für Ehsan Jami, muß man erstmal finden, denn wie gesagt, die meisten Politiker trauen sich ja gar nicht, für solche Menschen sich richtig einzusetzen, weil sie ja nicht den Mut haben, solche Probleme beim Namen zu nennnen !
Kommentar von Andreas | 08.08.2007 | 6:45

QuoteDer Stossrichtung von Herrn Wilders Aussagen ist übrigens nicht ganz neu.
Alice Schwarzer hat bereits den Koran mit "Mein Kampf" verglichen.
"Nennen wir's Faschismus ohne Duce oder Führer .... Den Europäern fällt es schwer, in den Spiegel des Islamo-Faschismus zu blicken und darin die Fratze der eigenen Geschichte auszumachen" (Josef Joffe, März 2004)
ect.pp... [...]

Kommentar von Sebastian D. R. | 08.08.2007 | 7:18

Quote
Der Bürgerkrieg kommt sowieso.
Wenn nicht jetzt, dann spätestens in 15 Jahren.
Nur die, die ihn zu verantworten haben, sind dann alt , tot oder in Forida, wie immer.
Kommentar von Logos | 08.08.2007 | 8:03

QuoteAlle Leserbriefe hier stoßen in das gleiche Horn. Ich persönlich habe die drei Hauptwerke von Ayatholla Khomeni gelesen, und muss auch sagen daß es (wie der Koran) zu 100% mit Hitlers "mein Kampf" zu vergleichen ist. Ohne die allergeringste Abstriche. Wegschauen und Schönreden erlebten wir schon 1932 mit dem bekannten Ergebnis. Heutzutage ist ein gleichartiger Zustand wie 1932 vorhanden. Es wird nicht ein Jahr dauern, sondern 10 bis 20, aber dann haben wier wieder den Schlamassel.
Kommentar von Karl Kaes | 08.08.2007 | 8:18

Quote"Wie die Zeitung «Al-Watan» am Sonntag berichtete, kontaktierte die saudi-arabische Botschaft in Den Haag nun das niederländische Aussenministerium und verlangte eine Entschuldigung. ""
http://www.20min.ch/news/ausland/story/28391690

QuoteSaudis toben über Koranschändung (18.02.07)
Saudi-Arabien dringt nach den Koranschmähungen eines niederländischen Abgeordneten auf ein Eingreifen der Regierung in Den Haag.
Der Chef der Anti-Einwanderer-Partei PPV, Geert Wilders, hatte Muslime in den Niederlanden zuletzt aufgefordert, die Hälfte des Korans wegzuwerfen, falls sie im Land bleiben wollten.
Wie die Zeitung «Al-Watan» am Sonntag berichtete, kontaktierte die saudi-arabische Botschaft in Den Haag nun das niederländische Aussenministerium und verlangte eine Entschuldigung.
«Die Botschaft hat die niederländische Seite aufgefordert, solche Erklärungen und Handlungen zu stoppen», meldete das saudi- arabische Blatt weiter. Die beiden heiligsten Stätten des Islam liegen in Saudi-Arabien.
Wilders, der seit dem Mord an dem Filmemacher und Islamkritiker Theo van Gogh 2004 unter strenger Bewachung lebt, hatte in einem Interview auch gegen den Propheten Mohammed gewettert.
«Wenn Mohammed heute noch leben würde, könnte ich mir vorstellen, dass ich ihn als Extremisten geteert und gefedert aus dem Land jagen würde», sagte er der Zeitung «De Pers».
Quelle: SDA/ATS

Kommentar von Sebastian D. R. | 08.08.2007 | 8:26


Quote
Im realpolitischen Sinne ist es schier unmöglich, den Koran zu verbieten. Wilders ist sich dessen sicher bewusst.
Ich begrüsse es wenn er in dieser durchaus markigen Form sein Missfallen äussert und es ist auch nötig diesen harschen Kontrapunkt zu setzen. Gäbe es solche statements aus der westlichen Welt nicht, würden wir ohne WENN und ABER islamisiert werden.
Durch solche Äusserungen wird den Muslimen, die es verfolgen, vor Augen geführt, dass es kulturelle GRENZEN gibt.
Die Ursachen für Wilders Unbehagen sind Dinge die in Holland geschehen sind - NICHT in Saudi-Arabien, Pakistan oder Afghanistan. Wir verlieren nur allzuleicht aus den Augen, dass es nicht die Europäer sind, die mit der Bibel unterm Arm in Pakistan Kirchen bauen wollen oder dort Ex-Christen verprügeln.
Die Aussage Wilders, er habe genug vom Koran in Holland, ist keine Hetze sondern gesunder Menschenverstand.
ODER WAREN ETWA DIE AUFKLÄRER, DIE UNSERE EIGENE GESCHICHTE VOM JOCH DER KIRCHENAUTORITÄT BEFREIT HABEN AUCH ALLES HETZE  ?
Kommentar von tati | 08.08.2007 | 8:45

QuoteOb der Koran verboten gehört, eine gute Frage. Doch die Vergleiche mit "Mein Kampf" sind berechtigt. Ich habe nach einem Erlebnis mit einem arabischen Bekannten ein Interesse am Koran entwickelt und ihn gelesen. Als Fazit kann ich sagen das der Koran die Verkörperung einer Menschen verachtenden Ideologie ist, die Ihre Anhänger über alle anderen Menschen stellt. Ähnlich wie es die Nazis mit ihren Herrenmenschen Ansichten getan haben. Nicht nur ein Blick in den Koran sondern vor allem auch auf die Geschichte, die Ausbreitung des Islams, sollte einem bewusst machen mit welcher Gewalt und auch Heimtücke sich dieser Politglaube verbreitet hat.
Gerade heutzutage ist der naive Umgang mit dem Islam umso erstaunlicher, das Wissen über die langfristigen Ziele und dem was uns blühen wird wenn hier erstmal eine Muslimische Mehrheitsgesellschaft lebt, lässt sich durch den Koran und die Geschichte ablesen. Doch wem das zu anstregend ist der kann auch gerne mal die aktuelle Situation der Hindus in Kaschmir, einen Buddhisten in Süd-Thailand oder einen Christen im nahen Osten fragen was passiert wenn der Islam erstmal an Schlagstärke gewonnen hat. Aber selbst das würde vermutlich die Politik und die anderen Appeasementen nicht von Ihrem Weg abbringen.
Kommentar von Valkyrie Profile | 08.08.2007 | 8:55

QuoteDer Islam ist totalitär, demokratie- und verfassungsinkompatibel, z.B. aufgrund der Sharia. Die Hetze im Koran gegen die Nichtmuslime ("Ungläubigen") sowie die islamische Forderung an die "Umma" (Gemeinschaft der Muslime), im Dschihad die Ungläubigen zu bekämpfen und auf ihren Gebieten einen Gottesstaat zu errichten, könnte man ohne weiteres als Anstiftung zu extremistischen Terror gegen Nichtmuslime auffassen.

Wann wird der Islam in Deutschland endlich verboten?
Kommentar von Heinrich Koch | 08.08.2007 | 10:14

Quote@ Alle: Diese moralische Mehrheit hier lehrt mich das Grausen.
Kommentar von Jörg Lau | 09.08.2007 | 12:33

Quote
Also mich auch!
Kommentar von J.S. | 09.08.2007 | 12:47

Quote@ Jörg Lau

Hier was wirklich grausiges:

Quote[...] Im September 2006 hatte ich für den "Figaro" einen Artikel geschrieben mit dem Titel "Was muss die freie Welt gegen die Einschüchterungen der Islamisten tun?" Der Artikel war ein scharfer Widerspruch gegen den Druck des Islam auf den Alltag der westlichen Länder. Die extremen Erscheinungsformen dieser Religion wurden dabei kritisiert. Mit dem Artikel nahm ich ein verfassungsmäßiges und ebenso ein intellektuelles Recht in Anspruch. Der Ton war lebhaft und ironisch. In der Geschichte der europäischen Intellektuellen hat die antireligiöse Kritik durch Philosophen und Schriftsteller eine gut belegte Tradition. Die Feststellung, diese Kritik sei ein Element der Freiheit, ist dabei nicht ausreichend: Die Kritik fördert vielmehr die Freiheit. Mein Artikel war also in dieser Hinsicht für einen Europäer nichts Ungewöhnliches.

Sehr schnell jedoch wurde ich mit Todesdrohungen eingedeckt. Im Fernsehsender al-Dschasira gab mich der einflussreiche Prediger Yusuf al-Qaradawi namentlich der öffentlichen Schande preis. Mehr noch: Auf der offiziellen Website des Dschihadismus, Al Hesbah, wurde ich zum Tode verurteilt. Es erging ein Appell an alle Muslime der Welt, mir den Kopf abzuschneiden: "Diesem Schwein, das es gewagt hat, Mohammed zu kritisieren, muss der Kopf vom Leib getrennt werden." Diesem Todesurteil hinzugefügt wurden mein Foto, meine Adresse, meine Telefonnummer, die Adressen meiner verschiedenen Lehrtätigkeiten und eine genaue Wegbeschreibung zu meiner Wohnung. Die Mörder brauchten sich nur noch zu bedienen. Die Anweisung zum Mord und die Anfahrtsskizze wurden in der ganzen Welt verteilt, natürlich auch in den Vororten von Paris mit ihren islamistischen Netzwerken.

In diesem Augenblick brach mein Leben zusammen, ebenso das Leben meiner Frau und unserer Kinder. Die Familie wurde unverzüglich unter Polizeischutz gestellt. Gleichzeitig mussten wir unser Haus verlassen: Ein Foto davon war tatsächlich auf der Website der Terroristen zu sehen. Wir mussten uns verstecken, jeden Tag an einem anderen Ort, auf der Flucht, als wären wir Banditen. Man muss sich das einmal vorstellen: Wir konnten uns in unserm eigenen Land nicht mehr auf die Straße wagen; so schrieb die Polizei es uns vor, die uns in diesem Leben im Untergrund begleitete.

Wir hatten keinen festen Wohnsitz mehr; am Morgen wussten wir nicht, wo wir am Abend schlafen würden. Jeden Tag galt es, eine andere Zufluchtsstätte zu finden. Wir waren - unter dem Schutz des Staates - in unserm eigenen Land auf der Flucht, obwohl wir nichts verbrochen hatten. Wir konnten nur noch bei Nacht aus dem Haus, auf die Straße, einkaufen, irgendwohin spazierengehen, Freunde besuchen. Ich konnte nicht mehr zur Arbeit gehen: Von meiner Tätigkeit als Philosophielehrer wurde ich entbunden. Wir waren zwar noch am Leben, aber nicht mehr im Leben.

Diese Zeit der Treibjagd, dieses Vagabundieren ohne Tisch und Bett, als Nichtsesshafte, dauerte länger als einen Monat. Dann erlaubten die Behörden meiner Frau und mir, in unser altes Haus zurückzukehren, aber nur unter der Bedingung, dass wir dort im Dunkeln wohnten, Fenster und Türen geschlossen hielten, nicht mehr ausgingen und überhaupt den Eindruck erweckten, das Haus sei unbewohnt. Außerdem mussten wir es verkaufen.

Vom 20. September an war dieses Haus plötzlich wichtig genug, dauernd, rund um die Uhr, von der Gendarmerie bewacht zu werden. Ein oder manchmal zwei Mannschaftswagen und durchgehend mehrere Polizisten, gelegentlich mit automatischen Waffen, behielten das Haus im Auge. Die ganze Straße befand sich bis zum Tag unseres Auszugs Ende Dezember im Belagerungszustand.

[...] Ich bin Redaktionsmitglied der von Jean Paul Sartre gegründeten Zeitschrift "Les Temps Modernes", und als solcher sage ich: Noch nie wurde im modernen Frankreich ein Intellektueller wegen seiner Schriften verurteilt. Demzufolge musste auch noch niemand in Frankreich so leben, wie ich jetzt lebe: zurückgezogen in den Untergrund, beschützt von der Polizei, um einem Todesurteil zu entgehen, das Fanatiker im Ausland verhängt haben.

Die Polizei hat mich ermahnt, misstrauisch gegen jedermann zu sein. Das hat eine außerordentlich unschöne Konsequenz: Die Morddrohung, die über meinen Haupt schwebt, zwingt mich dazu, jeden anderen, vor allem wenn er arabisch aussieht, für verdächtig zu halten, für einen potenziellen Mörder, einen Menschen, der mich vom Leben zum Tod befördern möchte.

Ein normales Leben wird mir für alle Zeiten verschlossen bleiben: In dem kleinen südfranzösischen Dorf, in dem ich derzeit lebe, darf ich niemanden sehen, keine Bekannten haben; ich kann morgens nicht einfach aus dem Haus und Brot kaufen oder eine Zeitung, ich darf nicht ins Bistro, um da einen Kaffee oder ein Glas Rotwein zu trinken; ich muss meine Gewohnheiten aufgeben, ich darf nicht mehr Pétanque spielen auf dem Platz unter den Platanen; ich darf nicht mehr durchs Dorf spazierengehen, die Hände in den Hosentaschen, einfach so; ich darf nicht zum Arzt, nicht zum Zahnarzt, nicht zum Friseur. Bei den allernormalsten Alltagsaktivitäten zerbreche ich mir den Kopf, alles, was einfach war, ist jetzt kompliziert. Ich bin ein politischer Flüchtling in meinem Land.
Aus: "PUBLIZIST ROBERT REDEKER: Leben mit der Fatwa" (29. Juli 2007)
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,496745,00.html

Kommentar von Stossdämpfer | 09.08.2007 | 12:57


Quote@ Phygos

"Beim Islam handelt es sich nämlich mitnichten um eine Religion, sondern um eine imperialistische und in vielen Anknüpfungspunkten faschistoide und menschenverachtende Ideologie mit Allmachtsanspruch."

Wieso "entweder-oder"? Der Islam ist für die meisten Muslime eben in erster Linie eine Religion. Darauf kommt es an, denn wäre er nur eine politische Überzeugung, wäre sie leichter abzulehnen und stärkerem Wandel unterworfen. Die Starrheit des Islam -bei allen verschiedenen Strömungen- ergibt sich daraus, dass der Koran GOTTES Wort enthält und kein Parteiprogramm.
Kommentar von Stossdämpfer | 09.08.2007 | 1:56

QuoteWenn wir unsere Freiheit kaputt machen, aus Angst das der Islam unsere Freiheit kaputt macht, was haben wir dann gewonnen?
Wir sind drauf und dran den selben Fehler wie damals bei der RAF zu machen. Damals gab es die ersten Antiterrorgesetze und wir waren auf dem besten Weg in einen Polizeistaat.
Wer hätte etwas davon gehabt, wenn die Bundesrepublik zum Polizeistaat geworden wäre? Natürlich die DDR, deren Bürger ganz sicher keine Lust mehr gehabt hätten in einen Polizeistaat zu flüchten.
Heute wissen wir, das die DDR die RAF massiv unterstützt hat. Also aufpassen und kühlen Kopf bewahren.
Kommentar von J.S. | 09.08.2007 | 1:57

Quote[...] stellen sie sich -Gott bewahre!- einen islamistischen Terroranschlag mit zig Toten in Berlin oder Frankfurt vor.
Der deutsche Michel (Schlagzeile der BILD,etc.) würde nach einer harten Hand verlangen.
Das würde einen Dammbruch in Sachen Antiterrorgesetze bedeuten und die meisten Kritiker Schäubles würden schweigen.
Er selbst könnte sagen: "Seht ihr, ich habe zurecht gewarnt!"
und hätte freie Hand...
Kommentar von Stossdämpfer | 09.08.2007 | 2:07

QuoteIch habe nichts gegen eine Kritik, die den Boden der Sachlichkeit nicht verlässt, was jedoch hier von 95 % der Diskutanten abgeliefert wird, ist absoluter Schwachsinn und ist in der Tat nicht mehr sehr weit vom rassistischen Gejohle auf PI entfernt. Die Werte, die von den hier vertretenen Marktschreiern angeblich verteidigt werden, werden von selbigen mit Füßen getreten.
Kommentar von mc | 09.08.2007 | 8:37

Quote@Jörg Lau
"Die deutsche Geschichte hat viele Menschen so nachdenklich gemacht, dass sie hinter jedweder kritischen Auseinandersetzung mit anderen Kulturen und Religionen gleich Rassismus und Ablehnung wittern." schreibt sehr zutreffend Arzu Toker in einem Artikel vom 08.08.07 der linken "Neue Rheinische Zeitung". Wie weit sind Sie diesem Denkmuster verfallen? "Die Linke in Deutschland tendiert gleichzeitig dazu, einen verkappten Größenwahn zu pflegen in dem Sinne, dass sie den Rest der Welt und insbesondere alle ,,kritisierten Minderheiten" als Opfer betrachtet, die sie zu schützen hat." schreibt Toker weiter, ferner meint sie zutreffend "Das Grundgesetz darf nicht zugunsten irgendeiner Religion unterschiedlich angewendet werden. Weder die Menschenwürde noch die sich daraus ableitbaren Grundrechte individueller Selbstbestimmung und Freiheit sind teilbar. Sie stehen nicht zur Disposition." Ist Ihnen noch nicht aufgefallen, dass an eben diesen Grundrechten gerade massiv gerüttelt wird? Herr Lau, ich bin kein Opfer und ich lasse mir schon gar nicht vorschreiben, wie ich zu denken habe. ICH kenne das alles schon, aber Kulturrelativisten wissen alles besser, wirklich ALLES (zumindest meine sie das)! Egal ob sie über die Geschichte meines Volkes (Kurden) sprechen, Kulturrelativisten reagieren auf unsere eigene Kritik an unserer Herkunftskultur oder am Islam beleidigt, als ob wir sie persönlich angegriffen hätten und unsere Kritik nur Unruhe und Ablehnung schaffe. Dies schreibt nicht nur Toker, dieser Erfahrung kann ich mich in vollem Umfang anschließen! Es nervt! Das sollte nicht Ihr Stil sein, deshalb befreien Sie sich von solchen Denkmustern!

Ich bin wirklich erstaunt, wieviel teils naive Vorstellungen es insbesondere in Deutschland immer noch über den Islam gibt. Ich bin schon vor Jahren vom "wahren Glauben" abgefallen und bereue dies, trotz anfänglich erheblicher Probleme, von ganzem Herzen nicht. Als mittlerweile deutscher Staatsbürger warne ich alle meine Mitbürger vor jedweder Beschönigung oder verklärten Idealisierung des Islam! Der pakistanische Arzt, Rationalist und Aufklärer Dr. Younus Shaikh stellte einmal zutreffend fest: "Islam ist ein organisiertes Verbrechen gegen die Menschlichkeit!" Er hat RECHT!

Auch mir geht die Forderung von Geert Wilders derzeit zu weit und auch er wird wissen, dass sie derzeit kaum durchsetzbar wäre, aber es ist gut, dass dieses brisante Thema mit allen seinen Begleiterscheinungen nicht mehr verschämt totgeschwiegen wird. Ich hatte mir eigentlich geschworen, mich niemals mehr mit diesem Thema auseinandersetzen zu wollen, aber ich stelle mittlerweile fest, dass mich die Realität eingeholt hat und es anscheinend unvermeidbar geworden ist, Stellung zu beziehen. Ich stehe ohne "wenn und aber" zu diesem Land und seinen Menschen und ich denke, dass es vielen meiner (ehemaligen) Landsleute ebenso geht. Es gibt jedenfalls mehr davon, als hier allgemein angenommen wird! Unterstützen Sie den ZdE (Zentralrat der Ex-Muslime) - unsere Kinder werden es Ihnen danken!

[...] Was sind bitte "PI-Leute"? MUSS man das wissen? Kann es mir bitte jemand erklären?

// Anmerkung on:

Quote

Politically Incorrect (Abkürzung: PI oder PI-News) ist ein 2004 von Stefan Herre gegründetes politisches Blog, das sich der Selbstbeschreibung nach gegen eine befürchtete ,,Islamisierung Europas" richtet. ... Mitte September 2011 erschienen in mehreren zu diesem Zeitpunkt zum DuMont Verlag zählenden Tageszeitungen (der Berliner Zeitung, der Frankfurter Rundschau[3] und dem Kölner Stadtanzeiger) fast wortgleiche Artikel, die PI als ,,islamfeindliches Hetz-Blog" darstellten. ...
http://de.wikipedia.org/wiki/Politically_Incorrect (http://de.wikipedia.org/wiki/Politically_Incorrect) (03/2015)

// Anmerkung off:

Abschließend möchte ich noch ein Zitat des hochgeschätzten Philosophen Immanuel Kant erwähnen: "Es gibt Irrtümer, die man nicht widerlegen kann. Man muss den verkehrten Kopf in Erkenntnisse führen, die ihn aufklären; alsdann verliert sich der Irrtum von selbst." Dies gilt an alle hier, nämlich dass man mit Hass allein keine Aufklärung betreiben kann. Betrachten Sie daher nicht jede(n) Muslim(a)* als Todfeind, er weiß es manchmal (noch) nicht besser! Klären Sie ihn auf!

* Ist das politisch korrekt? :)
Kommentar von Hassan Kal | 09.08.2007 | 2:30


QuoteEs gibt hier einige Leute, die es wohl nur wegen der "historischen Belastung" ablehnen würden, jedem Moslem einen gelben Halbmond auf die Jacke zu kleben ...
Kommentar von AM | 09.08.2007 | 9:26


Quote@AM (#62)
Sie mögen recht haben damit, dass es vielfach nur ungenügende Differenzierung gibt. Ich selbst kenne eine ganze Reihe sehr gut integrierter Muslime in Deutschland. Aus traditionellen Gründen wären diese sicherlich auch nicht glücklich über ein Verbot des Koran.
Aber nur die wenigsten von ihnen beteiligen sich aktiv an der Debatte oder wagen gar, ihren Brüdern und Schwestern im Glauben Kontra zu geben. Der Grund ist einfach: Wer das tut, wird schnell als Apostat bezeichnet und 'zum Abschuss freigegeben'.
Ich habe auch schon Kritik von Muslimen vernommen, die z.B. die Bevormundung durch die islamischen Verbände in Deutschland nicht ertragen können und nicht verstehen, warum wir uns das gefallen lassen. Schließlich seien sie aus ihren Heimatländern nach Deutschland gekommen, um solcher religiösen Bevormundung (und Verfolgung) zu entfliehen.
Konsequenterweise ziehen manche der Immigranten weiter in die USA, nach Kanada oder Australien. Das allerdings ist ein Armutszeugnis für Europa! Und ein Zeichen dafür, dass die Freiheit, die sich die Partei von Herrn Wilders - allem Populismus zum Trotz - auf die Fahnen geschrieben hat, in Europa nicht existiert.
Kommentar von Hermes | 09.08.2007 | 9:44

Quote""Mein Kampf" ist ein rassistisches Welteroberungs- und Völkermordprogramm."
Und der Koran? Wie vom höchsten Gericht der Schweiz bestätigt, ist das Ziel des Islams die Welteroberung.

Auszug aus der Urteilsbegründung:
Seite 24: ,,In seiner Anzeige (...) machte der Geschädigte geltend, dem Islam werde durch den Satz ,Der Islam bekennt sich klar dazu, die Weltherrschaft anzustreben' unterschoben, was einst die Nazis dem Judentum vorgeworfen hätten. (...) Der Begriff Islam bedeutet nach Duden ,die im Koran verkündete Religion", wobei einem Leser aber auch ohne Konsultierung eines Lexikons klar sein muss, dass nicht von den Angehörigen des islamischen Religion, sondern von deren religiöser Grundlage die Rede ist. (...) Der Islam möchte, dass alle Menschen Muslime werden.

Seite 28: ,,Die implizite Aussage, dass sich der Terrorismus auf im Koran enthaltene Aufforderungen zur Islamisierung der Welt abstützt, mag Muslime unangenehm berühren oder gar verletzen. Dessen ungeachtet werden Muslime dadurch jedoch nicht in einer gegen die Menschenwürde verstossenden Weise diskriminiert oder herabgesetzt."

Alles klar?
Kommentar von FreeSpeech | 09.08.2007 | 10:18

QuoteAuch diese Verse hier sind als Welteroberungsprogramm ausgelegt worden. Ströme von Blut waren die Folge. Bibel verbieten? Ich frage das als Christ?
Matthäus-Evangelium:
28,18 Und Jesus trat herzu und sprach zu ihnen: Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.
28,19 Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes
28,20 und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.
Kommentar von Joerg Lau | 09.08.2007 | 10:36

QuoteHerr Lau
Ist Ihnen jemand bekannt, der die Bibel an die Stelle des Grundgesetzes stellen will? Mir nicht. Beim Koran schon.
Kommentar von FreeSpeech | 09.08.2007 | 10:43

Quote@ Freespeech: Alle Christen stellen selbstverständlich die Bibel über das Grundgesetz. Sie ist Gottes Wort. Das heisst nicht, dass sie sich der Verfassung nicht verpflichtet fühlen ("gebt dem Kaiser...").
Was soll das heissen, den Koran an Stelle des Grundgesetzes zu stellen? Der Koran ist kein Gesetzeswerk - meinen Sie also die Scharia? Auch die ist kein Kodex, in dem sie herumblättern und Lebensweisheiten entnehmen können.
Jeder fromme Mensch hat das recht, sein Buch über das Grundgesetz zu stellen. Oder Harry Potter, oder den neuen John Le Carré oder Proust. Es kommt darauf an, ob er sich ans Gesetz hält, der Rest ist Gedankenfreiheit.
Kommentar von Jörg Lau | 09.08.2007 | 10:54

Quote@Jörg Lau:
Jede Aussage mit universellem Anspruch ist ein "Welteroberungsprogramm". Nicht nur Islam und Christentum streben die universelle Verbreitung und Akzeptanz ihrer jeweiligen Weltanschauungen an, sondern auch Sozialismus, Liberalismus, Aufklärung, Kommunismus etc.
Da alle diese Weltanschauungen zueinander mehr oder weniger im Widerspruch zueinander stehen, kommt es zu Konflikten. Diesen Konflikten kann man nicht ausweichen, ohne selbst zu kapitulieren.

Ich werfe dem Islam seinen universellen Anspruch nicht vor. Ich werfe dem Islam vor, daß seine Inhalte dem von mir geteilten universellen Anspruch der Vernunft widersprechen. Ich befinde mich somit im Konflikt mit dem Islam (in allen seinen Formen), und Sie tun es auch, auch wenn Sie es vielleicht nicht offen zugeben.

Islamische und islamistische Funktionäre haben zutreffend erkannt, daß Islamkritik, Aufklärung, Säkularismus etc. einen Angriff auf den Islam darstellen. Das ist sozusagen unser "Welteroberungsprogramm", denn auch der Anspruch der Aufklärung ist universell. Setzt sie sich durch, dann ist der Koran nur noch die Schrift eines Warlords des 7. Jhd. Natürlich kann das kein überzeugter Muslim wollen. Die Bekämpfung des Westens und der Aufklärung, die er repräsentiert, wird als Selbstverteidigung verstanden.

Eine Win-Win-Lösung gibt es hier nicht, nur einen Gewinner und einen Verlierer. Es sind entweder alle Menschen frei und gleich geboren, oder sie sind es nicht. Die Wirklichkeit kann entweder durch Beobachtung und Schlußfolgerung oder durch Offenbarung erklärt werden, nicht durch beides gleichzeitig. Der Erfolg der Aufklärung ist die Niederlage des Islam, und umgekehrt.
Kommentar von Wachtmeister | 09.08.2007 | 11:06

QuoteAlso Herr Lau, jetzt werden Ihre Vergleiche wirklich haarsträubend, mal abgesehen das Sie eine erhebliche Unkenntnis hinsichtlich des Korans und Islams zeigen. Ich weis schon gar nicht was ich darauf schreiben soll, also mir ist noch nie ein Christ begegnet der die Bibel über das Grundgesetz stellt, aber viele Moslems. Was versuchen Sie mit einer solchen Relativierung zu erreichen?
Kommentar von Valkyrie Profile | 09.08.2007 | 11:11

Quote@ Wallküre: Ich bereite der Islamisierung Europas den Boden. Ich will die Scharia in Deutschland einführen. Ich bin ein heimlicher Konvertit wie Professor Rohe. In meinem Schrank habe ich einen Bart zum Umhängen und einen Teppich zum Ausrollen, damit ich meine täglichen Gebete im ZEIT-Büro verrichten kann. Mein Schreibtisch ist übrigens nach Mekka ausgericht.
Die Bibel über das Grundgesetz stellen - und sich doch dem Gesetz fügen, das ist die Formel, verstehen Sie? Es ist eine in der Tat offene Frage, ob Muslime zu solch einer Haltung auch fähig sind. Aber Sie werden es nicht glauben: Ich kenne welche.
Kommentar von Jörg Lau | 09.08.2007 | 11:17

Quote@Jörg Lau, Valkyrie Profile
Ein Christ muß die Bibel höher bewerten als das Grundgesetz, da diese nach christlichem Glauben von einer höheren Autorität inspiriert ist das das Grundgesetz. Bei Muslimen ist das ebenfalls der Fall.

Der Vergleich hinkt trotzdem, da Bibel und Koran sehr unterschiedliche Inhalte und Ansprüche haben. Die Bibel ist nach christlicher Auffassung eine Sammlung von Schrifften, die von Menschen verfasst wurden und im NT über das weitgehend jenseitsorientierte Leben des Jesus von Nazareth berichten. Die politischen Implikationen sind minimal.

Der Koran ist nach islamischer Auffassung das unmittelbare und für alle Zeiten gültige Wort Gottes. Aus dem Koran bzw. Ahadith ergeben sich zahlreiche absolute und kaum relativierbare politische Implikationen und detaillierte Vorschriften für alle Bereiche des Lebens. Widersprüche zwischen GG und Islam zeigen sich besonders deutlich in den Bereichen Religionsfreiheit, Meinungsfreiheit sowie rechtliche Gleichheit von Mann und Frau. Wenn es hier überhaupt eine GG-konforme Islaminterpretation gibt, dann ist diese eine absolute Randmeinung.

Wer anderer Meinung ist, beantworte bitte zwei Fragen:
- Hat ein Muslim im Islam das Recht, den Islam aufzugeben und z.B. Atheist zu werden?
- Hat ein Muslim im Islam das Recht, den Koran oder Mohammed abzulehnen oder öffentlich zu kritisieren?

Wenn mir jemand einen Mainstream-Geistlichen nennen kann, der beides bejaht (bitte mit Verweis auf einen entsprechenden Text), dann ziehe ich mein Argument zurück.
Kommentar von Wachtmeister | 09.08.2007 | 11:26

QuoteSehr geehrter Herr Lau,
ich schätze Sie und ihre Kommentare zu Islam und Islamismus in der Regel sehr.
Aber in diesem Punkt irren Sie (siehe Posting Nr. 80) - der Koran ist sehr wohl auch RECHTSBUCH, eben nicht nur spirituelle Botschaft - das unterscheidet ihn GRUNDSÄTZLICH vom Neuen Testament. Koran und Scharia sind keine Gegensätze, sondern der Islam baut auf der Scharia auf, konkretisiert sie lediglich in einigen Punkten- am deutlichsten wird dieser Zusammenhang im FAMILIENRECHT, also dem Rechtsbereich, der unsere INTIMSTEN und GRUNDLEGENDSTEN sozialen Spielregeln bestimmt.

Auch das ALTE TESTAMENT war bei den Juden ursprünglich spiritueller Text, als auch die formulierte Rechtsordnung der jüdischen Gesellschaft - denn in traditionalen Gesellschaften fallen weltliche und geistliche Ordnung in eins.

Erst die Erfahrung des Judentums im dominant christlichen Europa, vor allem aber der geographisch-politische Bruch nach dem Untergang des alten Israel im Kampf gegen die Römer nach der Zeitenwende, haben das Judentum aus dieser ursprünglich einheitlichen Rechts- und Geistesordnung gelöst.
Aber noch nach 1800 wurde im europäischen Judentum diskutiert, inwieweit man sich den neuen, christlich inspirierten Ideen der Aufklärung und einer Teilung von weltlicher und geistlicher Ordnung öffnen durfte.

Das nicht verstehen zu können, ist der Hauptgrund für die GRUNDLEGENDE FEHLEINSCHÄTZUNG des Islam durch (ehemals) links-liberale westliche Intellektuelle - sie machen den Fehler, den Islam mit dem geisteshistorischen Erfahrungen des christianisierten Europas messen zu wollen.
Kommentar von Molinocampo | 09.08.2007 | 11:36

Quote@Lebowski
Das Problem ist ja wohl nicht, dass die breite Masse der Muslime unfähig ist, den koran differenziert zu interpretieren, sondern dass diejenigen, die die Deutungshoheit haben, mehrheitlich eine orthodoxe und fundamentalisistische Auslegung des Korans predigen. Im übrigen gab es sehr wohl intellektuelle Strömungen, die versucht haben, den Koran in EInklang mit dem Gedankengut der griechischen Philosophie zu bringen (es handelt sich dabei um die Mutaziliten). Diese Strömung hat sich leider nicht durchsetzen können.
Man sollte aber auf keinen Fall vergessen, dass die Geschichte der islamischen Philosophie sehr viel reicher und vielschichtiger ist, als die traurige Gegenwart und Verarmung der islamischen Welt es scheinen lässt.
Kommentar von Eipott | 09.08.2007 | 11:49

Quote@ Molinocampo:
... Ich bin wirklich weit entfernt davon, die Krise des Islam mit europäischen Erfahrungen zu parallelisieren. Der Islam ist in Europa, und er muss ein Teil unserer Ordnung werden. Er wird nicht wieder verschwinden. Verbieten und Rausschmeissen wird es einfach nicht geben - also was machen wir?
Kommentar von Jörg Lau | 09.08.2007 | 11:51

QuoteAch Herr Lau, auch ich kenne Moslems (zumeist Aleviten) die keine Probleme mit dem Grundgesetz haben. Nur sollten Sie Ihren Intellektuellen Freundeskreis nicht einfach als Maßstab nehmen. Mir sind schon viele Araber und Türken begegnet die von Ihrer Abscheu gegenüber unserer Gesellschaft keinen hehl gemacht haben. Vielleicht sollten Sie sich mal öfters in ein Problemviertel begeben (aber bitte mit dem ÖPNV) dann können Sie sehen wie es mittlerweile hier aussieht. Unterhalten Sie sich mal mit Lehrern einer Hauptschule eine beliebigen Westdeutschen Großstadt. Angesichts der zukünftigen Demografischen Entwicklung werden die Probleme sicher nicht weniger. Diese Entwicklung hängen mit dem Islam und dem darauf bestehenden Kulturkreis zusammen. Ob Deutschland nun zum islamischen Staat wird oder einfach nur der Verwahrlosung hinnein fällt ist sicher für Talkrunden ein tolles Thema, aber für mich zählt nur die Auswirkung in der Praxis. Die es meinen Kindern nicht ermöglichen wird in einer Humanen und angenehmen Gesellschaft zu leben. Da können Sie noch so viel Polemik und Haarspalterei betreiben, ich habe als Bürger das Recht auf diese Entwicklung hinzuweisen.
Kommentar von Valkyrie Profile | 09.08.2007 | 12:05

QuoteDamit wir uns nicht "persönliche Erfahrungen" um die Ohren schlagen müssen:

http://www.forumamfreitag.zdf.de/ZDFde/inhalt/22/0,1872,5559190,00.html
79 Prozent der Bundesbürger haben den Eindruck, dass die meisten bei uns lebenden Muslime nicht genug tun, um sich hier einzugliedern. Für nur 10 Prozent gehen die Bemühungen weit genug und 11 Prozent können oder wollen dies nicht einschätzen.

Eindeutiger geht´s nimmer. "Verbieten und Rausschmeissen wird es einfach nicht geben - also was machen wir?"

-bestehende Gesetze nutzen
§ 55 Ermessensausweisung
(1) Ein Ausländer kann ausgewiesen werden, wenn sein Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt.
-Integrationsverweigerer, Kriminelle, Islamisten und Sozialbetrüger im Regelfall ausweisen. Einfacher Beschluß im Bundestag.
-Familiennachzug stoppen. Es gibt weder ein Menschenrecht auf Aufenthalt in einem fremden Land, noch einen Anspruch auf Familiennachzug.
...

Kommentar von zen | 09.08.2007 | 12:41

QuoteDer Koran ist ein Jahrhunderte alter Text, die Islamisten von denen hier alle so große Angst zu haben scheinen, sind Interpretanten dieses Textes, sie interprätieren ihn im Sinne ihrer heutigen Interessen, würde man dia Bibel auch so interprätieren kämme auch so eine protofaschistische ideologie heraus (z.b Christliche Fundamentalisten in den USA).
Die Frage ist doch eher wieso diese Menschen sich gezwungen sehen den Islam so militant und Menschenverrachtend zu Interpretieren...
Hat es nichts mit der Struktur des Globalen Systems zu tun???
Sie sind nicht die andere Seite der Medaille des multi-kulti Menschenrechtlers.....verköpern sie nicht dessen versteckten Rassismus (in diesem Forum nicht so versteckt)
Faschisten sind die die jeglichen Antagonismus aus der Gesellschaft entfernen wollen und eine pseudo-homogenität konstruieren wollen...was in Auschwitz endet....
wieder mal hört es sich so an als wenn der Volkskörper gereinigt wird (von Juden,Moslems,Türken,Koran) alle probleme dieser Geselschaft gelöst werden (Arbeitslosigkeit,Harz 4,Renten etc.)
Vorsicht nicht zum dritten mal aufbrechen zu diesen Kampf um Identität und Homogenität.....
sonst muß wir erneut ein D-Day her........
Kommentar von solon | 09.08.2007 | 12:52

Quote[...] Das Erstaunliche ist doch: Selbst aus dem Aufruf von Jesus hat man eine Berechtigung zum Heiligen Krieg, zur gewalttätigen Konversion und zu unglaublichen Schlächtereien herausgelesen. Das ist doch genau mein Punkt! Verstehen Sie? Die Gewaltgeschichte einer Offenbarunsgreligion hat auch mit der Schrift zu tun, aber sie läßt sich nicht aus einer Bibelstelle oder einer Sure 1:1 ableiten. Weder ist eine Religion mit einem Folteropfer als Messias gefeit gegen Exzesse, noch ist eine Religion mit einem als Heerführer erfolgreichem Clanchef als Gründer dazu verdammt, immer wieder Exzesse zu verüben.
In meinem Islam-Ausfatz habe ich geschrieben, der Islam müsse seine Gewaltgeschichte endlich aufarbeiten. Aber wenn mit ein paar Surenzitaten eh schon alles klar ist, können wir das ja auch lassen und gemütlich dem 4. Weltkrieg entgegendämmern.
Kommentar von Jörg Lau | 09.08.2007 | 3:00

Quote[...]Sehr geehrter Herr Lau,
Aus gegebenem Anlass waren Sie, Herr Lau, gegenüber der großen Mehrzahl ihrer Bloggemeinschaft mutig. - Sehr lobenswert. Die Reaktionen allerdings, mit allem Vorlauf in diesem Blog, vorhersehbar! Natürlich genau so vorhersehbar wie die üblichen Vorurteile und Argumentationsmuster.

... Bezüglich des aus dem Koran abgeleiteten kirchlichen Rechtes wird ein grundsätzliche Unvereinbarkeit mit dem Recht unseres säkularen Staates postuliert, obwohl Millionen muslimischer Bürger und Migranten in der EU und deren Kirchengemeinden genau das Gegenteil jeden Tag beweisen.

Die übelste aller Schlagwortkeulen gegen den Islam und die Muslime, sie seien im Grund eine Analogiebildung zu den Faschisten und Nationalsozialisten, sie wird gerne und geradezu genüsslich ausgepackt, von Leuten, deren Argumente und Vorschläge zum Umgang mit den europäischen Muslimen und ihrem Glaubensbuch dazu eine wahrlich viel größere Nähe vermuten lassen.

Zum 8.Mai 1945, die Deutschen hatten bedingungslos kapituliert, brach in Algerien ein Aufstand der Einheimischen gegen die Kolonialmacht Frankreich los.
Trotz der Résistance Erfahrung, Muslime und nun nach Autonomie strebende Algerier hatten in grosser Zahl für das freie Frankreich gekämpft, beklagte sich die veröffentlichte Meinung von links bis rechts, vor allem über die ca.100 getöteten und 100 "bestialisch" misshandelten Europäer. Die im Rahmen der "Gegenmaßnahmen" mindestens getöteten 6000-7000 Algerier, die unter den Aufständischen angerichteten Blutbäder, Folterungen, drakonischen Strafen, sie blieben unbeobachtet und unbeschrieben, ihr Anliegen unverstanden. Dazu mussten erst einmal nochmals Hunderttausende ihr Leben lassen.

Wenige Intellektuelle hatten damals den Mut, gegen die krassierende Überheblichkeit der eigenen Gesellschaft, gegen die ausufernde Selbstermächtigung zur Beleidigung und Vorurteil, anzuschreiben, obwohl das damals so nötig war, wie es heute wieder absolut notwendig ist. Ihr Blog beweist es, schon seit geraumer Zeit. - Die geistige Pest breitet sich in unsrem Denken aus und ist leider hochinfektiös.

Grüße

Christoph Leusch
Kommentar von Christoph Leusch | 09.08.2007 | 3:56


Aus: "Holländischer Politiker: "Verbietet den Koran!"" Jörg Lau
Quelle: http://blog.zeit.de/joerglau/2007/08/08/hollandischer-politiker-verbietet-den-koran_666 (http://blog.zeit.de/joerglau/2007/08/08/hollandischer-politiker-verbietet-den-koran_666)

-.-

Quote[...] Zwei Polizisten in Zivil mussten am Mittwoch den dritten Vortragsabend der Reihe "Vielfalt ist machbar" schützen. Im Internet hatten radikale christliche Islamkritiker dazu aufgerufen, "zahlreich zu erscheinen" und die "Mujahedin-Vasallen auf Kurs zu bringen". Die Rede von Hayrettin Aydin, dem Geschäftsführer der Muslimischen Akademie in Deutschland, wurde dann zwar von provokativen Fragen begleitet, ansonsten blieb es jedoch ruhig.

Anders am 12. Juli: In Sendling wurde die Rede von Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) auf einer Bürgerversammlung über den geplanten Moscheebau am Gotzinger Platz massiv gestört. Man habe ihn "abgewatscht und niedergebuht", heißt es triumphierend im Internet. Vorige Woche kam es dann bei einem Vortrag im Rahmen der städtischen Islam-Reihe zum Eklat.

Etwa sieben Personen hatten einen Vortrag des Erlanger Jura-Professors und Islamwissenschaftlers Mathias Rohe regelrecht gesprengt. Bei der Diskussionsrunde, berichtet Veranstalterin Margret Spohn von der Stelle für interkulturelle Arbeit der Stadt, wurden die Störer immer lauter. Sie hätten andere "niedergeschrien".

Als ein muslimischer Zuhörer ebenfalls in scharfem Tonfall antwortete, entstand ein Tumult. "Ich hatte Angst, dass es zu körperlichen Auseinandersetzungen kommen könnte", sagt die Organisatorin. Er sei von "pöbelhaften Herumschreiern" bedrängt worden, bestätigt auch Rohe. Schließlich brach Spohn die Veranstaltung vorzeitig ab. "Ich finde es entsetzlich, dass es in unserer Stadt Situationen gibt, in denen ein Redner nicht mehr reden kann", sagt sie.

Wenige Tage nach dem Vortrag erhielt Rohe dann per E-Mail eine anonyme Morddrohung, in der es hieß, für sein Tun könne es nur die Todesstrafe geben. Der Wissenschaftler ist einer der Hauptinitiatoren für den staatlichen Islamunterricht in Bayern und arbeitet in der Islamkonferenz der Bundesregierung mit. Rohe will die Polizei einschalten.

Auf zwei Internetseiten wurde über den Abend berichtet und Rohe "Scharia-Verniedlichung" vorgeworfen. In ihrem Onlineauftritt kündigte die Münchner Gruppe "Deus Vult Amorem" (Gott will die Liebe) an, das ganze Jahr über auf zahlreichen Vorträgen "als unliebsame Opponenten zu erscheinen" und "dem Political-Correctness-Geschwätz durch unbequeme Fragen ordentlich Paroli zu bieten".

"Deus vult" war der Schlachtruf des Ersten Kreuzzuges 1096. Auf der Homepage wird der Koran als "religiöse Hetzschrift" bezeichnet. Hauptziel der Eiferer in München ist es, den Bau der Moschee am Gotzinger Platz zu verhindern.

Auf der Titelseite einer Homepage posiert der 42-Jährige Münchner Stefan U. in einem Kreuzritter-Kostüm. Die gesprengte Veranstaltung sei "unglücklich gelaufen", sagte U., der sich als Katholik bezeichnet, der SZ. Er habe lediglich Argumente vorgetragen und sich am Tumult nicht beteiligt. "Ich trete nicht auf, damit die Veranstaltung auseinanderfliegt", sagt U., "das sollen keine Sabotageakte sein." Er wolle nur "die gezielte Fehlinformation des Islam entlarven".

Die meisten Redner auf solchen Vorträgen seien schließlich "eingefleischte Mohammedaner", die den aggressiven politischen Islam in Deutschland etablieren wollten. Am heutigen Freitag will der Oberbürgermeister-Kandidat der CSU, Josef Schmid, am Gotzinger Platz über die Moschee sprechen - die Islamfeinde haben sich im Netz schon angekündigt.


Aus: "Hetze gegen Muslime" - Anonyme Morddrohung gegen Islamkundler. Kleine Gruppen radikaler christlicher Islamfeinde stören systematisch Veranstaltungen, die sich mit Muslimen befassen. Ein Redner erhielt eine Morddrohung - Von Marc Widmann und Roland Preuß (SZ vom 27.07.07)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/,tt5m1/muenchen/artikel/534/125347/ (http://www.sueddeutsche.de/,tt5m1/muenchen/artikel/534/125347/)

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Islamfeindlichkeit bezeichnet die Feindseligkeit gegenüber Muslimen sowie deren kategorische Abwertung und Benachteiligung. Daneben existieren die konkurrierenden Bezeichnungen und Konzepte Islamophobie und antimuslimischer Rassismus, die unterschiedliche Schwerpunkte und Wertungen bei der Betrachtung des Phänomens setzen. Umstritten ist, ob Islamfeindlichkeit als Form des Rassismus oder als eine nahe verwandte Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zu betrachten sei. ...
http://de.wikipedia.org/wiki/Islamfeindlichkeit (http://de.wikipedia.org/wiki/Islamfeindlichkeit) (25. Februar 2015)



Title: [Das Kopftuch als Prüfstein... (Debatten, perlentaucher.de)]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 21, 2007, 02:40:49 PM
Quote[...]  Nach dem 11. September richtete sich das Interesse zunächst auf die Internationale der Dschihadisten und ihre Netzwerke. Es war eine überfällige Diskussion, bei der es bezeichnenderweise nicht um Türken ging, sondern um Informationen und Aufklärungsbedarf über das Who is Who des Terrorismus.

Mit der Ermordung Theo van Goghs im November 2004 hat sich alles verändert. Plötzlich stand nicht mehr der Islamismus, sondern der Islam selbst im Zentrum der Aufmerksamkeit. Positionen, die den Terrorismus als ein dem Islam innewohnendes Wesensmerkmal beschrieben, gewannen an Einfluss. Eine wichtige Rolle in diesem Perspektivwechsel spielte der niederländische Schriftsteller Leon de Winter. In zahlreichen Beiträgen erklärte er dem deutschen Publikum, warum es keine klare Grenzziehung zwischen moderaten Muslimen und Extremisten gebe. Folgerichtig bezeichnet de Winter die Einwanderung von Muslimen nach Westeuropa als Fehler und fordert einen Einwanderungsstopp für Muslime.

Nicht der Islamismus, der Islam ist das Problem, lautet von nun an die Botschaft. Europäische Intellektuelle wie Pascal Bruckner, Ayaan Hirsi Ali und hunderte Journalisten in ihrem Schlepptau konstruierten in einer gemeinsamen Kraftanstrengung einen einheitlichen, homogenen, weltumspannenden und gewalttätigen Islam.

Auf Deutschland konnte dieser neue, aus den Niederlanden herüberklingende Sound erst dann erfolgreich übertragen werden, nachdem aus Türken Muslime gemacht wurden und die Religion zu ihrem primären Identitätsmerkmal. Seit dem Herbst 2004 wurde die seit Jahrzehnten schwelende Integrations- und Türkendebatte tatsächlich hemmungslos religionisiert, sprich: islamisiert.

Beging ein kurdischer Ehemann einen Ehrenmord, wurde nicht über kurdische Stammestraditionen diskutiert, sondern das Verbrechen direkt aus dem Koran abgeleitet. Wurden 15-Jährige Mädchen aus anatolischen Dörfern zwangsverheiratet, sprach man nicht mehr über dörflich-patriarchale Traditionen, sondern über die vermeintliche Legitimation durch den Islam. Meldeten in islamistischen Gruppen organisierte Eltern ihre Kinder mit standardisierten Formularen vom koedukativen Sportunterricht ab, galt die Aufmerksamkeit nicht dem Einfluss islamistischer Organisationen, sondern ganz allgemein der Rolle der Frau im Islam. Und standen die Defizite von Schülerinnen und Schülern aus bildungsfernen türkischen Familien auf der Agenda, fand man auch dafür, anders als bei den noch weniger erfolgreichen italienischen Schülern, die Erklärung in ihrer Religion.

Das tatsächliche Verhalten der überwiegenden Mehrheit der türkischen Familien wurde systematisch ausgeblendet, ihre komplexe Lebensrealität monokausal erklärt. Auch die großen Unterschiede zwischen alevitischen und sunnitischen Türken spielten keine Rolle mehr. Ebenso wenig, wie Muslime den Koran in ihrem Alltagsleben interpretieren. Wer heute darauf verweist, dass der Alltag der meisten Muslime in Deutschland nicht den pauschalisierenden Beschreibungen entspricht, sieht sich schnell dem Vorwurf ausgesetzt, man wolle die Probleme unter den Teppich kehren.

Die Türken haben eine erstaunliche Karriere hinter sich. Nachdem sich die Deutschen ihre Türken in den Achtziger- und Neunzigerjahren vor allem entlang völkischer und ethnischer Kriterien und Zuschreibungen konstruierten und daraus Unverträglichkeiten ableiteten, liegt heute ein neues Türkenbild vor. Unbesehen sozialer Schichtung, religiöser Differenz und unterschiedlicher Traditionen sind die Türken inzwischen als homogen-religiöse Gruppe definiert. Ihr gemeinsamer Nenner: der Islam. Der wiederum basiert auf dem Koran, einer offenbar gewalttätigen Schrift, die unvereinbar ist mit dem Grundgesetz. Das zwingende Ergebnis der Pauschalisierungen und Zirkelschlüsse lautet: Jeder, der sich zum Islam bekennt und sich nicht explizit von der Religion distanziert, ist Verfassungsfeind.

Der Debattenverlauf zeigt Wirkung. In der Kölner CDU nimmt die Zustimmung zum Moscheebau rapide ab. In Baden-Württemberg gibt es einen speziell auf Muslime zugeschnittenen Einbürgerungstest. Das neue Zuwanderungsgesetz sieht restriktive Sonderregelungen vor, die besonders Einwanderer aus der Türkei betreffen werden. Und es ermöglicht in einem Gummiparagrafen die Ausweisung von Personen, die ein "besonders integrationsfeindliches" Verhalten aufweisen.


Aus: "Türkische Karrieren" - Seit Herbst 2004 ist die Integrationsdebatte hemmungslos religionisiert worden. Ein KOMMENTAR VON SANEM KLEFF/EBERHARD SEIDEL (21.08.2007)
Quelle: http://www.taz.de/index.php?id=digitaz-artikel&ressort=me&art=3423&no_cache=1 (http://www.taz.de/index.php?id=digitaz-artikel&ressort=me&art=3423&no_cache=1)

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Quote[...] Im Spectator meint der Philosoph John Gray, die britische Gesellschaft sollte sich von der Vision einer "liberalen Monokultur", in der Muslime zu westlichen Werten bekehrt werden sollen, verabschieden. Im besten Fall sei ein friedliches Zusammenleben denkbar, das Teilen der gleichen Ansichten dagegen unrealistisch. "In Großbritannien findet sich eine noch nie dagewesene Mischung von Lebensstilen und Weltanschauungen. Es gibt Fundamentalisten aller Coleur, meist unauffällige Enklaven traditionellen Lebens und unzählige Menschen, die sich aus den diversen Überlieferungen das heraussuchen, was ihnen passt. Warum sollten ausgerechnet die Muslime dafür an den Pranger gestellt werden, dass sie von einem nationalen Konsens abweichen, der mittlerweile zum großen Teil ein Mythos ist?"

[...] In Slate wendet sich Christopher Hitchens am 7. März (offensichtlich ohne die von Perlentaucher und signandsight.com lancierte Debatte zu kennen) gegen Timothy Garton Ash und Ian Buruma und ihren auf Ayaan Hirsi Ali gemünzten Begriff des "Fundamentalismus der Aufklärung": "Einst hätten Garton Ash und Buruma mit jedem Apologeten, der den Kritikern der UdSSR oder Chinas vorgeworfen hätte, mit Menschenrechtsdebatten den Kalten Krieg anzuheizen, kurzen Prozess gemacht. Warum erlauben sie dem Islam, der zugleich eine Ideologie des Aufstands als auch gewisser unbarmherziger Diktaturen ist, eine Ausnahme: Weil er ein 'Glaube' ist?"

[...] Im Interview mit Beat Stauffer äußert sich der große tunesische Intellektuelle Abdelwahab Meddeb auch indirekt zur europäischen Multikulturalismusdebatte: "Mir scheint, bezüglich des Multikulturalismus müssten wir vorsichtig sein. Natürlich ist es sehr wichtig, dass wir uns in Europa mit anderen Kulturen und deren Werten auseinandersetzen. Doch der Multikulturalismus ist keine 'auberge espagnole', kein Ort, wo jeder tun und lassen kann, was er will. Es darf nicht sein, dass die grundlegenden Werte verschwinden. Wir müssen genau hinsehen, was die Dinge bedeuten. Der Schleier ist ein Zeichen. Was bedeutet dieses Zeichen? Wenn dieses Zeichen gegen meine eigenen Werte verstößt, weshalb soll ich dann dieses Zeichen akzeptieren?"


Aus: "Essay: Reaktionen in der Weltpresse" (17.04.2007)
Quelle: http://www.perlentaucher.de/artikel/3642.html (http://www.perlentaucher.de/artikel/3642.html)

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Quote[...] Vrij Nederland (Amsterdam): In der niederländische Zeitung kommentiert Piet Grijs: "Die Diskussion mit Hirsi Ali kam in der BBC nicht so recht in die Gänge, derweil sie in den letzten Wochen in Amerika, Großbritannien und Frankreich viele Formen annahm. In den Niederlanden muss man sich nur ansehen, welche Artikel die verschiedenen Tageszeitungen aus dem Ausland übernehmen. So verschenkte Trouw, als sei der Moslemhasser Vink nicht verfügbar, zwei volle Seiten an den Franzosen Pascal Bruckner, der behauptete, dass Ali's Kritiker in den Niederlanden sie als Nazi beschimpfen. Seinerseits nannte Bruckner jeden einen Rassisten, der es wagt, Kritik an Ali zu üben. Bruckner ist ein Narr, das weiß in Frankreich jeder."

[...] [Der] Kölner Stadt-Anzeiger:
Berichtet über die Debatte am 22. Februar 2007 und sagt: "Sie hat das, was zu einer Debatte unter Intellektuellen gehört: Sie ist polemisch, verletzend, ausschweifend, aber auch rational, da sie Fragen von Toleranz und Multikulturalität aus unterschiedlichen Ansätzen verhandelt."

Washington Post:
Am 27. Februar greift die Historikerin und Journalistin Anne Applebaum in die Debatte ein: Obwohl Ayaan Hirsi Ali inzwischen Europa verlassen hat, "gelingt es ihr, die Europäer zu provozieren, manchmal sogar ohne überhaupt etwas zu sagen. Nach einer ziemlich herablassenden Rezension ihres ersten Buches - in der der britische Autor Timothy Garton Ash sie eine 'mutige, freimütige und leicht vereinfachende Fundamentalistin der Aufklärung' nannte - galoppierte der französische Philosoph Pascal Bruckner herbei, um sie und die Aufklärung zu verteidigen.
[...] Was die Europäer am meisten zu erstaunen scheint, ist seltsamerweise die Begeisterung, mit der Hirsi Ali ihren eigenen Säkularismus und die westlichen Werte umarmt hat. Obwohl die Intellektuellen dieses Kontinents den Papst gerne als irrelevanten Dinosaurier verspotten, scheint sie Hirsi Alis Zurückweisung von Religion im Namen von Vernunft und Emanzipation irgendwie nervös zu machen."

[...] Deutschlandradio Kultur
[...] Interview mit Thierry Chervel vom 19. Februar 2007 [...]
Ulrike Ackermann, die sich an der Debatte beteiligt, sendet am 25. Februar 2007 einen Beitrag, in dem sie fragt: Was ist eigentlich los in Europa, im freien Westen? In Großbritannien werden die Sparschweine aus den Banken geräumt, weil sie die religiösen Gefühle der Muslime verletzen könnten, die im Schwein ein unreines Tier sehen. In Italien erwägt man, Strände für die muslimischen Frauen abzusperren, damit sie bekleidet und unbehelligt baden können.


Aus: "Essay: Die Multikulturalismus-Debatte - Reaktionen in der Weltpresse" (21.02.2007)
Quelle: http://www.perlentaucher.de/artikel/3710.html (http://www.perlentaucher.de/artikel/3710.html)

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Quote[...] "Was sollte man einem Menschen antworten, der einem sagt, er gehorche lieber Gott als den Menschen, und der sich infolgedessen sicher ist, den Himmel zu verdienen, wenn er einen erdrosselt?" (Voltaire)

"Kolonialismus und Sklaverei haben im Westen ein Gefühl der Schuld hinterlassen, das dazu verführt, andere Kulturen einfach immer ganz wunderbar zu finden. Diese Haltung ist denkfaul, wenn nicht rassistisch." (Ayaan Hirsi Ali)

Es lässt sich nicht leugnen: Die Feinde der Freiheit kommen zuerst aus den freien Gesellschaften, aus einem Teil jener aufgeklärten Eliten, die der übrigen Menschheit - ja sogar den eigenen Mitbürgern - den Genuss demokratischer Rechte verwehren, falls diese das Pech haben, einer anderen Religion oder Ethnie anzugehören als sie selbst. Wer's nicht glauben will, der lese zwei kürzlich erschienene Texte : das Buch des niederländisch-britischen Autors Ian Buruma über den in Amsterdam verübten Mord an Theo van Gogh (1) und die von dem englischen Journalisten und Universitätsprofessor Timothy Garton Ash verfasste und in der New York Review of Books veröffentlichte Rezension desselben Buches (2).

Ian Burumas nach angelsächsischer Art geschriebene Reportage fasziniert insofern, als sie alle Protagonisten des Dramas, den Mörder wie sein Opfer scheinbar unparteiisch zu Wort kommen lässt. Allerdings kann er seinen Ärger über das Engagement Ayaan Hirsi Alis, einer niederländischen Abgeordneten somalischer Herkunft, nur schlecht verbergen. Ayaan Hirsi Ali war mit Theo van Gogh befreundet und steht selbst unter Morddrohung. Ihre Kritik am Koran bringt Buruma in Verlegenheit. Timothy Garton Ash argumentiert noch brutaler: Als Apostel des Multikulturalismus ist er der Meinung, Ayaan Hirsi Alis Haltung sei zugleich verantwortungslos und kontraproduktiv. Sein Urteil ist erbarmungslos: "Ayaan Hirsi Ali ist eine mutige, freimütige und leicht vereinfachende Fundamentalistin der Aufklärung." (3) Als Beweis dafür dient ihm, dass diese junge Frau, die kein Blatt vor den Mund nimmt, in ihrer Jugend der Muslimbruderschaft in Ägypten angehört und lediglich ein Credo durch ein anderes ersetzt habe: den Propheten-Fanatismus durch den Vernunfts-Fanatismus.

Diese Art der Gleichsetzung ist nicht neu: Die Katholische Kirche gebrauchte sie im gesamten 19. Jahrhundert, um Reformen zu blockieren. Im unlängst in Frankreich ausgebrochenen Kopftuchstreit wurde sie von den Gegnern des Gesetzes ins Feld geführt. Im Fall Ayaan Hirsi Alis, die selbst beschnitten wurde und zwangsverheiratet werden sollte, die aus Afrika floh, um in den Niederlanden Asyl zu finden, ist diese Anschuldigung von vornherein falsch: Im Unterschied zu Mohammed Bouyeri, dem Mörder Theo van Goghs, hat sie niemals Mord gepredigt, um ihre Ideen durchzusetzen. In ihrer Autobiografie schreibt sie: "Der Koran ist Menschenwerk, nicht Gotteswerk. Darum müssen wir uns frei fühlen, ihn zu interpretieren und der modernen Zeit anzupassen, anstatt uns schmerzhaft zu verrenken, um wie die ersten Gläubigen in einer fernen und fürchterlichen Vergangenheit zu leben." (4) Hier findet sich keine Spur von Sektierertum. Ihre einzigen Waffen sind die der Überzeugung, der Widerlegung, der Rede. Sie argumentiert mit Vernunft und nicht mit pathologischem Bekehrungseifer.

Die bloße Hoffnung, eines Tages die Tyrannei und den Aberglauben zu besiegen, kann doch wohl nicht als ungesunde Exaltiertheit gelten. Doch Ayaan Hirsi Ali wie auch andere aufbegehrende Musliminnen - Taslima Nasrin, Wafa Sultan (hier ihr unglaubliches Interview auf Al Dschasira), Irshad Manji, Seyran Ates, Necla Kelek - hat in den Augen unserer so wohlwollenden Professoren ein unverzeihliches Verbrechen begangen: Sie nimmt die demokratischen Prinzipien ernst. Wenn sich der Schwache gegen den Starken zur Wehr setzt, ist es bekanntlich bequemer, über ersteren herzufallen als über letzteren. Dem Widerständler wird von den Feiglingen gern vorgeworfen, er fordere den Zorn des Mächtigen heraus.


[...] Dass es tatsächlich einen Fanatismus der Moderne gegeben hat, davon zeugt die gesamte Geschichte des 20. Jahrhunderts. Es ist auch unbestreitbar, dass der Fortschrittsglaube die Gestalt einer Religion samt ihren Hohepriestern - von Saint Simon bis Auguste Comte über Victor Hugo - angenommen hatte. Die abscheulichen weltlichen Religionen des Nationalsozialismus und des Kommunismus standen den schlimmsten Gottesstaaten, deren radikale Negation sie - zumindest im zweiten Fall - sein wollten, mit ihren todbringenden Ritualen und Massenmorden in nichts nach. Man hat im 20. Jahrhundert mehr gegen Gott getötet als in seinem Namen. Und doch wurden der Nationalsozialismus und nach ihm der Kommunismus von demokratischen Regierungen entthront, die ihre Inspiration aus der Aufklärung und der Philosophie der Menschenrechte bezogen und die auf Toleranz und Meinungsvielfalt beruhten. Die Romantik hat die Abstraktheit der Aufklärung, ihren Anspruch, einen neuen, von jeglichem religiösen Gefühl, von jeglichem Fleisch befreiten Menschen zu erschaffen, heilsam gemildert. Wir sind heute die Erben beider Bewegungen und wissen die Besonderheit einer nationalen, sprachlichen und kulturellen Verankerung mit der Universalität des Menschengeschlechts in Einklang zu bringen. Schon seit langem übt die Moderne Selbstkritik, stellt ihre eigenen Ideale unter Verdacht und verurteilt die Anbetung einer Vernunft, die blind für die eigene Maßlosigkeit ist. Kurz, bis zu einem gewissen Grad kennt sie ihre Grenzen.

Die Aufklärung hat sich als fähig erwiesen, auch ihre Irrtümer zu überdenken. Kritik an ihren zum Exzess getriebenen Begriffen ist ein weiterer Beweis der Treue zu ihr. Ja, sie ist so sehr Bestandteil unseres zeitgenössischen geistigen Werkzeugs, dass selbst die von Gott besessenen Eiferer sich auf sie berufen, um ihre Botschaften zu verkünden. Ob wir wollen oder nicht, wir sind die Kinder dieses kontroversen Jahrhunderts, wir sind gezwungen, unsere Väter in der Sprache zu verdammen, die sie an uns weitergegeben haben. Und weil die Aufklärung selbst ihre ärgsten Feinde besiegen konnte, besteht kein Zweifel, dass sie auch die islamistische Hydra niederringen wird. Vorausgesetzt sie glaubt an sich und ächtet nicht ausgerechnet die wenigen Reformer des Islam.

Wir besitzen heute zwei Vorstellungen von Freiheit: die eine stammt aus dem 18. Jahrhundert und beruht auf der Befreiung von Tradition und Autorität, die andere stammt aus der anti-imperialistischen Anthropologie und nimmt an, dass alle Kulturen die gleiche Würde besitzen und darum nicht nach unseren eigenen Kriterien beurteilt werden dürfen. Der Relativismus empfiehlt uns, unsere vorgeblichen Werte als die Glaubenssätze jenes Stammes anzusehen, der sich "der Westen" nennt. Auf diesen Auffassungen beruht der Multikulturalismus: Entstanden 1971 in Kanada, will er vor allem das friedliche Zusammenleben von Bevölkerungsgruppen unterschiedlicher ethnischer oder rassischer Herkunft auf ein und demselben Territorium gewährleisten. Für den Multikulturalismus verfügt jede menschliche Gruppe über eine Einzigartigkeit und Legitimität, die ihr Existenzrecht begründen und ihr Verhältnis zu den anderen definieren. Die Kriterien von Recht und Unrecht, von Verbrechen und Barbarei treten zurück vor dem absoluten Kriterium des Respekts vor dem Anderen. Es gibt keine ewige Wahrheit mehr, der Glaube an sie entspringt einem naiven Ethnozentrismus.

Wer schüchtern daran erinnert, dass Freiheit unteilbar ist, dass ein Menschenleben überall denselben Wert besitzt, dass die Amputation der Hand eines Diebes oder die Steinigung einer ehebrüchigen Frau nirgendwo geduldet werden können, wird im Namen der notwendigen Gleichheit der Kulturen zurechtgewiesen. Wie die anderen leben und leiden, wenn man sie erst einmal in das Ghetto ihrer Eigentümlichkeit eingepfercht hat, darum soll man sich nicht scheren? Man tröstet sich über die Last ihres Schicksals, indem man ihre unantastbare Andersartigkeit hervorhebt. Nun ist es allerdings eine Sache, die Überzeugungen und Riten von Mitbürgern fremder Herkunft anzuerkennen, und eine ganz andere, inselartigen Gemeinschaften den Segen zu geben, die jede Kontamination durch das Fremde abwehren und Schutzwälle zwischen sich und der übrigen Gesellschaft errichten. Wie kann man eine Andersartigkeit akzeptieren, die die Menschen ausgrenzt, statt sie aufzunehmen? Hier stößt man auf das Paradoxon des Multikulturalismus: Er gewährt allen Gemeinschaften die gleiche Behandlung, nicht aber den Menschen, aus denen sie sich bilden, denn er verweigert ihnen die Freiheit, sich von ihren eigenen Traditionen loszusagen. Statt dessen: Anerkennung der Gruppe, Unterdrückung des Individuums. Bevorzugung der Tradition gegen den Willen all jener, die Bräuche und Familie hinter sich lassen, weil sie zum Beispiel die Liebe nach ihrer eigenen Vorstellung leben wollen.

Man vergisst, dass es einen regelrechten Despotismus von Minderheiten gibt, die sich gegen die Assimilation sträuben, solange diese nicht mit einem Status der Exterritorialität und mit Sonderrechten verknüpft ist. So macht man diese Minderheiten zu Nationen innerhalb der Nationen, die sich dann zum Beispiel zuerst als Muslime und dann erst als Engländer, Kanadier oder Holländer ansehen: Identität gewinnt die Oberhand über Staatsangehörigkeit. Schlimmer: Aus lauter Respekt vor Besonderheiten sperrt man die Individuen erneut in eine rassische oder ethnische Definition, stößt sie zurück in eine Abgrenzung, aus der man sie doch gerade herausholen wollte. Da haben wir den Schwarzen, den Araber, den Pakistani, den Muslim, Gefangene ihrer Geschichte auf Lebenszeit, in ihre Hautfarbe und ihren Glauben verbannt, ganz wie in der Kolonialzeit.

Man verweigert ihnen, was bisher unser Privileg gewesen ist: den Übergang von einer Welt in eine andere, von der Tradition zur Moderne, vom blinden Gehorsam zur Vernunftentscheidung. "Ich habe die Welt des Glaubens, der Beschneidung (7) und der Ehe für die der Vernunft und der sexuellen Befreiung verlassen. Ich habe diese Reise gemacht und jetzt weiß ich, dass eine dieser beiden Welten ganz einfach besser ist als die andere, nicht wegen ihrer hübschen blinkenden Dinge, sondern wegen ihrer Grundwerte", schreibt Ayaan Hirsi Ali in ihrer Autobiografie (8). Minderheitenschutz bedingt auch das Recht der Angehörigen dieser Minderheiten, sich ihnen ohne Risiko für die eigene Person zu entziehen - durch Gleichgültigkeit, Atheismus, Mischehe, durch das Vergessen von Klan- oder Familiensolidarität, oder durch das Schmieden eines eigenen Schicksals, das ihnen selbst gehört und nicht in der bloßen Wiederholung der elterlichen Muster besteht.

Mit Rücksicht auf die erlittenen Kränkungen erhebt man die ethnische, sexuelle, religiöse oder regionale Minderheit oft zu einer Art kleiner Nation, bei der auch der maßloseste Chauvinismus in aller Unschuld als Ausdruck einer legitimen Selbstliebe gehandelt wird. Statt die Freiheit als eine den Determinismus aufbrechende Kraft zu feiern, unterstützt man die Wiederholung von Vergangenheit und den Zwang, den die Gemeinschaft auf den Einzelnen ausübt. Randgruppen produzieren zuweilen eine Art von Gesinnungspolizei und fahnenschwenkendem Mikronationalismus, der in einigen Ländern Europas bedauerlicherweise auch noch staatlich gefördert wird. Die Erpressung zu ethnischer, religiöser oder rassischer Solidarität, die Verurteilung Abtrünniger als Verräter, "Türken vom Dienst" "Onkel Toms" und "Bountys" soll jedes Streben nach Autonomie brechen. Unter dem Anschein der Vielfalt schafft man ethnische oder religiöse Kerker, deren Insassen die Privilegien der Mehrheitsgesellschaft verwehrt bleiben.

Dass eine Ayaan Hirsi Ali mit den Sanktionen unserer Intellektuellen zu rechnen hat, ist also kaum überraschend. Nichts fehlt im Porträt, das Timothy Garton Ash von der jungen Frau entwirft, nicht einmal ein altbackener Machismo: Nur die Schönheit und der Glamour der niederländischen Abgeordneten erklären für Ash ihren Medienerfolg, nicht etwa die Triftigkeit ihrer Vorwürfe (9). Dass der integristische Theologe Tariq Ramadan, dem er flammende Loblieder singt, seinen Ruf auch seinem playboyhaften Aussehen verdanken könnte, fällt Ash nicht ein. Stimmt schon: Ayaan Hirsi Ali durchkreuzt die gängigen Stereotypen der political correctness: Als Somalierin verkündet sie die Überlegenheit Europas über Afrika, als Frau ist sie weder verheiratet noch Mutter, als Muslimin kritisiert sie offen die Rückständigkeit des Korans. Dass sie all diese Klischees mit Füßen tritt, macht sie zu einer echten Rebellin im Gegensatz zu den Talmirevolutionären, die unsere Gesellschaften wie am Fließband produzieren.

Was Ian Buruma und Timothy Garton Ash an ihr maßregeln, ist das Verrückte, Hochfahrende, Maßlose und Getriebene, ihr Enthusiasmus. Sie handeln dabei wie jene Inquisitoren, die in jeder etwas zu flamboyanten Frau die vom Satan bewohnte Hexe jagten. Bei der Lektüre ihrer durch und durch herablassenden Äußerungen versteht man, dass der Kampf gegen den muslimischen Fundamentalismus zuallererst auf symbolischer Ebene und zuallererst von Frauen gewonnen werden muss, weil sie der Dreh- und Angelpunkt der Familie und der sozialen Ordnung sind. Sie zu befreien, ihnen in allen Belangen die gleichen Rechte wie den Männern zu gewähren, ist die notwendige Bedingung für einen Fortschritt in den arabisch-muslimischen Gesellschaften. Übrigens: Jedesmal, wenn ein westlicher Staat Minderheitenrechte gesetzlich verankern wollte, waren es Angehörige dieser Minderheiten - meistens Frauen -, die Widerspruch einlegten. Die großzügige Bereitschaft zu einem Entgegenkommen - etwa die Bestrebungen im kanadischen Staat Ontario, Muslime zumindest in Erb- oder Familienstreitigkeiten nach der Scharia richten zu lassen, oder auch der Vorschlag der ehemaligen Bundesverfassungsrichterin und Sozialdemokratin Jutta Limbach, im deutschen Grundgesetz ein Minderheiten-Statut zu schaffen, das zum Beispiel die Befreiung muslimischer Mädchen vom Sportunterricht erlaubt - wird wie ein Rückschritt und eine erneute Einkapselung erlebt (10).

Die Mystik des Respekts vorm Anderen, wie sie sich im Westen entwickelt, ist äußerst dubios: Denn Respekt bedeutet etymologisch gesehen "aus der Ferne betrachten". Im 19. Jahrhundert empfand man die Eingeborenen als so fremd, dass es undenkbar war, ihnen das europäische Modell oder gar die französische Staatsbürgerschaft anzutragen. Damals wurde die Andersartigkeit als Minderwertigkeit gedacht, jetzt wird sie wie eine unüberwindbare Distanz erlebt. Auf die Spitze getrieben führt dieses Lob der Autarkie in sattsam bekannt Politikmodelle: Was war die südafrikanische Apartheid anderes als ein wörtlich genommener Respekt vor der Andersheit, bis hin zu dem Punkt, an dem der Andere so verschieden von mir ist, dass er nicht mehr das Recht hat, sich mir zu nähern?



Aus: "Essay: Fundamentalismus der Aufklärung oder Rassismus der Antirassisten?" Von Pascal Bruckner (24.01.2007)
Bruckner, Pascal

Pascal Bruckner, geboren 1948 in Paris, ist Romancier und Essayist. Er studierte unter anderem an der Sorbonne und der Ecole pratique des hautes etudes. Sein Doktorvater war Roland Barthes. Als Essayist gehört er zum Umkreis der "nouveaux philosophes". Eines seiner bekanntesten Bücher sind die "Tränen des weißen Mannes" (Le Sanglot de l'homme blanc) von 1983, das "Tiermondisme", einen Schuldkomplex der westlichen Welt gegenüber der "Dritten Welt" thematisiert. Sein Roman "Lunes de fiel" wurde von Roman Polanski verfilmt. Zuletzt erschien der Essay "La tyrannie de la penitence : Essai sur le masochisme occidental".
Quelle: http://www.perlentaucher.de/artikel/3594.html (http://www.perlentaucher.de/artikel/3594.html)

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Quote[...] Der Islam, der in Java praktiziert wird, ist nicht derselbe wie der in einem marokkanischen Dorf, im Sudan oder in Rotterdam. In ihrer Autobiografie beschreibt Hirsi Ali selbst die beachtlichen Unterschiede zwischen ihrem Geburtsland Somalia und Saudi Arabien.

In Europa kann selbst das Kopftuch nicht einfach als Symbol religiöser Bigotterie behandelt werden. Manche Frauen tragen es, um männliche Aggression abzuwehren, andere, weil ihre Eltern darauf bestehen, wieder andere tragen es aus eigener Entscheidung, als trotziges Zeichen ihrer Identität oder gar der Rebellion. Bruckner bewundert Rebellen. Sollten wir nur die Rebellen unterstützen, deren Ansichten und Praktiken wir mögen? Oder bedeutet in einer freien Gesellschaft zu leben nicht auch, dass Menschen frei sein sollten zu wählen, wie sie aussehen, sprechen, glauben - selbst wenn wir das nicht mögen - so lange sie keinen anderen dadurch verletzen? Ein freigeistiger Bürger toleriert andere Sitten nicht, weil er sie wundervoll findet, sondern weil er an die Freiheit glaubt.

Tolerant zu sein bedeutet nicht, keine Unterschiede zu machen. Ich würde nicht mal im Traum daran denken, im Namen der Toleranz gegenüber anderen Kulturen eine Diktatur zu verteidigen. Gewalt gegen Frauen, oder auch Männer, ist nicht tolerierbar und sollte vom Gesetz bestraft werden. Ich würde die Beschneidung von Kindern nicht verteidigen, ganz zu schweigen vom Verprügeln der Ehefrauen, egal, wie rational das begründet wird. Ehrenmorde sind Morde und müssen als solche behandelt werden. Aber das sind Fragen der Strafverfolgung. Viel verzwickter ist die Frage, wie man verhindert, dass gewalttätige Ideologien die durchschnittlichen Muslime anstecken und so die freien Gesellschaften bedrohen. Öffentliche Äußerungen wie die von Hirsi Ali, wonach der Islam generell rückständig und sein Prophet "pervers" sei, sind meiner Ansicht nach nicht hilfreich.

Sie hat natürlich jedes Recht, diese Dinge zu sagen, so wie Bruckner das Recht hat, Muslime als "Rohlinge" zu beschreiben. Ich bin nicht im geringsten "verlegen" angesichts ihrer Kritik des Islam, noch habe ich ihr je das Recht abgesprochen, sich "auf Voltaire zu berufen". Aber wenn eine islamische Reform das Ziel ist, sind solche Denunzierungen nicht das beste Mittel, sie zu erreichen - vor allem, wenn sie von einer bekennenden Atheistin kommen. Den Islam zu verurteilen, ohne seine vielen Variationen in Betracht zu ziehen, ist zu unüberlegt. Nicht jeder Muslim, nicht einmal jeder orthodoxe Muslim, ist ein Heiliger Krieger in spe. Die Dschihadisten zu isolieren und ihre gefährlichen Dogmen zu bekämpfen, ist zu wichtig, als dass man darauf mit kruden Polemiken reagieren sollte.

Bruckner, der ein bedeutender französischer Intellektueller ist, muss man dies nicht erklären. So wie ich nicht von ihm über die Risiken des kulturellen Relativismus belehrt werden muss. Aber er scheint weniger an einem scharfsinnigen Argument interessiert zu sein als an billigen rhetorischen Tricks. Dazu gehört der Strohmanntrick oder assoziative Schuldzuweisungen. Nehmen Sie das Beispiel von Ayaan Hirsi Ali, die mit Faschisten oder gar Nazis verglichen werde. Ich für meinen Teil habe sie nie beschuldigt, eins von beiden zu sein. Das von Bruckner zitierte Beispiel eines niederländischen Kritikers, der sie Nazi genannt hat, stammt aus meinem eigenen Buch. Tatsächlich hat der niederländische Autor, Geert Mak, den Ton ihres Films "Submission" mit Nazi-Propaganda verglichen, und ich habe ihn dafür kritisiert. Aber Bruckner benutzt dieses isolierte Beispiel, um zu suggerieren, dass ich und andere "Lehnstuhlphilosophen" die "Verteidiger der Freiheit" als Faschisten brandmarken und die Fanatiker als Opfer beschreiben.


[...] In einem weiteren typischen Anfall von Übertreibung und assoziativer Anschuldigung erwähnt Bruckner die Eröffnung eines islamischen Krankenhauses in Rotterdam und für muslimische Frauen reservierte Strände in Italien. Ich verstehe nicht, warum das so viel schrecklicher sein soll als die Eröffnung koscherer Restaurants, katholischer Krankenhäuser oder für Nudisten reservierte Strände. Aber für Bruckner sind diese Zugeständnisse verwandt mit der Rassentrennung in den Südstaaten der USA oder sogar der Apartheid in Südafrika. Da ist es kein Wunder, dass ich - und andere - auch noch mit der Inquisition und mittelalterlichen Hexenjagd in Verbindung gebracht werde. Warum? Weil Timothy Garton Ash auf Ayaan Hirsi Alis unleugbare Schönheit und ihren Glamour hingewiesen hat. Vielleicht hätte er nicht darauf hinweisen sollen, aber muss man darum gleich mit der Inquisition kommen?

Die Frage ist, wie man mit dem radikalen Islam umgehen soll. Mit einem befremdlichen Taschenspielertrick unterstellt Bruckner Timothy Garton Ash und mir, dass wir uns in die US- und britische Politik "verliebt" haben, obwohl wir "diese Politik missbilligen". Ich verstehe nicht ganz, was er damit meint. Aber dann fährt er fort, Bush und Blair anzugreifen, weil sie "dem militärischen Kampf den Vorrang vor einem Kampf der Ideen" gegeben haben. Ich war in der Tat gegen diesen "Vorrang", vor allem im Fall des zweiten Irakkriegs, während Bruckner eifrig Petitionen unterschrieben hat, die diesen Krieg unterstützen. Er hat das Recht, seine Meinung zu ändern, aber es bleibt unklar, warum die Herren Blair und Bush sich der "Blauäugigkeit" schuldig gemacht haben, Bruckner hingegen nicht. Wie auch immer, jetzt glaubt er, unsere Regierungen sollten "den Kampf da austragen, wo es nötig gewesen wäre: auf dem Terrain des Dogmas, der Interpretation der Schriften und religiösen Texte".

Hier stolpern wir vielleicht wirklich über einen kulturellen Unterschied. In einem Anfall von gallischem Chauvinismus erklärt Bruckner die "Überlegenheit" des französischen Modells. Dieser nationale Stolz ist auf kuriose Art altmodisch, ja sogar erfrischend. Aber was findet Bruckner so überlegen? Laicite, vermute ich, und den Republikanismus. Ich bin sofort bereit einzugestehen, dass es viel Bewundernswertes an Frankreich und seinem "Modell" gibt. Bruckners Bemerkung, dass der Staat sich mit Dogmen befassen sollte oder mit der Interpretation Heiliger Schriften, mag mit der Geschichte des postrevolutionären Frankreich zu tun haben. In jedem Fall halte ich das für eine schlechte Idee. Es gibt viele Gründe, warum es für Muslime, oder jeden anderen, wünschenswert wäre, ihre religiösen Schriften frei zu interpretieren, und für uns alle, Dogmen in Frage zu stellen. Aber das ist sicher nicht Aufgabe des Staates, denn es würde den Weg für einen Autoritarismus bereiten.

Was sollen wir nach Bruckner überhaupt mit den Millionen muslimischen Gläubigen tun, die in Europa leben? Sollen wir ihnen sagen, wie ihre Heiligen Schriften zu interpretieren sind? Sollen wir sie zwingen, Ayaan Hirsi Alis Beispiel zu folgen und ihren Glauben aufzugeben? Vielleicht wäre es besser, wenn sie das täten, aus freien Stücken, aber vom Staat zu erwarten, er solle sie dazu bringen, passt nicht ganz zu Bruckners Selbstimage eines aufklärten Freiheitskämpfers.

Ein wiederkehrendes Motiv in Bruckners Polemiken ist der regelmäßige Gebrauch der Worte "Appeasement" und "Kollaborateur". Diese Worte werden selten unschuldig gebraucht. Dahinter steckt der Versuch, Menschen, die eine Übereinkunft mit der Mehrheit der Muslime suchen, mit Nazi-Kollaborateuren in Verbindung zu bringen. Wenn er nicht einfach bösartig ist, dann kann das nur bedeuten, dass Bruckner die Ausbreitung des Islamismus mit der Entstehung des Dritten Reiches vergleichbar findet. Wenn ja, steht er damit nicht allein. Obwohl ich die Gefahren des Islamismus sehe, halte ich das für zu alarmistisch.

Und hier kommen wir zum letzten Brucknernianischen Taschenspielertrick. Nach all seinem Ärger und Hochputschen, dass man den Muslimen keinen Zentimeter nachgeben soll, der Verteidigung Ayaan Hirsi Alis gegen "Feinde der Freiheit" - wie mich - zieht er plötzlich den Schluss, es gebe "nichts, was der übermächtigen Gefahr des Dritten Reiches ähnlich wäre" und das "selbst das Regime der Mullahs in Teheran ein Papiertiger" sei. Nein, wir sind es, die Lehnstuhlphilosophen sind die von Panik ergriffenen Alarmisten, die den Mut verloren haben, "Europa zu verteidigen". Also wo haben wir so etwas schon mal gehört? Die Notwendigkeit, Europa gegen fremde Bedrohungen zu verteidigen, die müden, selbstzweifelnden, knieweichen Intellektuellen... aber nein, jetzt begebe ich mich auf das Niveau von Pascal Bruckner, dem Rebellenkönig des linken Ufers.

(Aus dem Englischen von Anja Seeliger)


Aus: "Essay: Die Freiheit kann nicht staatlich verordnet werden" Von Ian Buruma (29.01.2007)
Ian Buruma wurde 1951 in Den Haag geboren. Er studierte chinesische Literatur und Geschichte an der Leyden Universität und über den japanischen Film an der Nihon Universität in Tokio. 1981 - 1983 Arbeit als Journalist, Übersetzer, Dokumentarfilmer und Schauspieler in Tokio. 1983 - 1986 Kulturredakteur bei der "Far Eastern Economic Review" in Hongkong. Heute ist er am amerikanischen Bard College Professor für Menschenrechte und Journalismus. Von Ian Buruma zuletzt erschienen sind die Bücher "Murder in Amsterdam", "Chinas Rebellen" und "Okzidentalismus" (zusammen mit Avishai Margalit).
Quelle: http://www.perlentaucher.de/artikel/3627.html (http://www.perlentaucher.de/artikel/3627.html)

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Quote[...] Pascal Bruckner ist das intellektuelle Äquivalent zu einem Betrunkenen, der die Straße hinunter torkelt und dabei laut mit eingebildeten Feinden streitet. Er nennt diese Feinde "Timothy Garton Ash" und "Ian Buruma", doch sie haben wenig gemein mit den echten Autoren gleichen Namens. Ich werde im folgenden einige seiner Falschdarstellungen und Ungenauigkeiten aufzählen und einige Links für die Neugierigen setzen.

Pascal Bruckner spricht im Namen der Aufklärung, doch er verrät ihren eigentlichen Geist. Die Aufklärung glaubte an die freie Rede, ohne Tabus. Weil ich nicht die Sicht einer Frau somalischer Herkunft teile - wobei ich durchaus höflich, genau und klar argumentiere - scheut sich Bruckner nicht, mir zu unterstellen, ich wäre ein Rassist (er nennt mich einen "Apostel des Multikulturalismus" und bezeichnet dann den Multikulturalismus als einen "Rassismus der Antirassisten") und ein Sexist ("altmodischer Machismo", "Geist der Inquisitoren, die in jeder etwas zu flamboyanten Frau die vom Satan bewohnte Hexe sehen"). Das ist genau jene Art von pauschaler Verurteilung, die er selbst in seinem Artikel "Le Chantage a l'Islamophobie" im Figaro kritisiert hat. Damals beklagte er, dass jeder Kritiker des Islam als islamophober Rassist (dis-)qualifiziert wurde. Jetzt ist allerdings er der Erpresser. Voltaire würde sich seiner schämen.

Wirklich grotesk bis an die Grenze der Selbstparodie ist diese Passage: "Die Standpunkte von Ian Buruma und Timothy Garton Ash liegen auf einer Linie mit jenen der amerikanischen und britischen Regierungen (selbst wenn sie in politischer Hinsicht mit ihnen uneins sind): Die Niederlage George W. Bushs und Tony Blairs in ihren Kriegen gegen den Terror ist auch darauf zurückzuführen, dass sie dem militärischen Kampf den Vorrang vor einem Kampf der Ideen gegeben haben." Macht ja nichts, dass ich in genau diesem Punkt ein ausgesprochener Kritiker von Bushs (und Blairs) Vorgehensweise gewesen bin. Für Bruckner ist weiß gleich schwarz und Worte bedeuten, was er möchte, dass sie bedeuten. Objektiv, Genossen, stimmt TGA mit Bush überein. Stalins Iswestija wäre stolz auf seine dialektische Argumentation gewesen.

[...] Für diejenigen unter uns, die einen gewissen Realitätsbezug aufrecht erhalten, ist die Wahrheit offenkundig: Weder die extreme Leben-und-Sterben-Lassen-Version des separatistischen Multikulturalismus, den Hirsi Ali in den Niederlanden gesehen und zu Recht kritisiert hat (und der auch in einigen britischen Städten beobachtet wurde) noch der von Bruckner gepredigte und in Frankreich (teilweise) praktizierte säkulare republikanische Monokulturalismus haben dazu geführt, dass sich muslimische Einwanderer und ihre Nachkommen in Europa zu Hause fühlen - oder auch nur als Bürger Europas. Wir müssen ernsthaft darüber diskutieren, wie wir am besten Elemente aus jedem Denkansatz kombinieren, um dies zu erreichen. Und was wir darüber hinaus noch tun können: zum Beispiel indem wir eine neue europäische Geschichte erzählen [...] - eine über Europäer, die aus sehr verschiedenen Vergangenheiten kommen, aber einer gemeinsamen Zukunft entgegen gehen, die auf gemeinsamen Zielen basiert.

In meinem Essay in der New York Review habe ich geschrieben, dass "ich es für eine Schande für die Niederlande und Europa halte, dass wir es nicht geschafft haben, jemanden wie Ayaan Hirsi Ali bei uns zu behalten". Und ich habe bemerkt, dass ihr Ansatz für die meisten Muslime in Europa zumindest in den kommenden Jahren keinen gangbaren Weg aufzeigt. Eine Politik, die auf der Annahme basiert, Millionen Muslime könnten auf einen Schlag den Glauben ihrer Väter und Mütter aufgeben, ist einfach unrealistisch. Wenn wir ihnen die Botschaft vermitteln, dass sie ihre Religion ablegen müssen, um Europäer zu werden, dann werden sie eben keine Europäer sein wollen. Ich halte dies auch weiterhin für eine offenkundige Wahrheit und einen wichtigen Kritikpunkt an der Position von Hirsi Ali und Bruckner.

Wir müssen die Fundamente einer freien Gesellschaft, wie etwa die Meinungsfreiheit, mit eisernem Willen verteidigen, aber wir brauchen auch eine große Toleranz für kulturelle Unterschiede, die grundlegenden Einblicke, die uns Isaiah Berlins Wertepluralismus vermittelt. Und wir müssen anerkennen, dass religiöse und gläubige Menschen zugleich vernünftige Personen und gute Bürger sein können. Kurz gesagt: weniger Bruckner, mehr Pascal.

(Aus dem Englischen von Thekla Dannenberg)


Aus: "Essay: Lieber Pascal als Pascal Bruckner" Von  Von Timothy Garton Ash (01.02.2007)
Timothy Garton Ash, geboren 1955, ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Isaiah-Berlin-Professorial-Fellow am St. Antony College. Zuletzt erschien von ihm das Buch "Freie Welt".
Quelle: http://www.perlentaucher.de/artikel/3638.html (http://www.perlentaucher.de/artikel/3638.html)

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Quote[...] "Hättest du doch geschwiegen, Ian Buruma" möchte man dem Autor bei Lektüre seiner Antwort auf Pascal Bruckners Essay "Fundamentalismus der Aufklärung oder Rassismus der Antirassisten?" zurufen. Hier fühlt sich einer ertappt und seine Erwiderung führt ihn, trotz gegenteiliger Beteuerung, nur noch weiter in den Sumpf des Kulturrelativismus. Wäre Mr. Buruma mit seiner Meinung allein, könnte man es dabei belassen und dem interessierten Leser stattdessen Bruckners Artikel, eine Antwort auf Timothy Garton Ash, zur Lektüre empfehlen. Aber sowohl Ash wie Buruma sind in ihrer Argumentation durchaus repräsentativ, geradezu exemplarisch in ihrem politisch bedenklichen Kulturrelativismus.

Beide benutzen gern Stereotype. Das erste Stereotyp lautet: Der Islam ist anders. Buruma schreibt: "Der Islam, der in Java praktiziert wird, ist nicht derselbe wie in einem marokkanischen Dorf, im Sudan oder in Rotterdam." Das mit den Unterschieden mag im Detail stimmen, im Grundsatz nicht. Für Buruma aber taugen schon die Details, um zu einer ebenso vernichtenden wie falschen Kritik auszuholen: Man könne nicht, wie Ayaan Hirsi Ali es tue, generelle Aussagen über den Islam treffen. Eine ziemlich verblüffende Aussage aus dem Munde eines Mannes, der Wissenschaftler am Bard College in New York und Professor für Demokratie und Menschenrechte ist. Mr. Buruma versucht mit seinem kleinen Satz die Auseinandersetzung mit dem Islam auf ein persönliches Problem von Ayaan Hirsi Ali zu reduzieren.

Der Islam ist soziale Realität. In seinen Schriften und in seiner Philosophie vertritt er über alle Unterschiede hinweg ein geschlossenes Menschen- und Weltbild. Nehmen wir zum Beispiel die Frage der Menschen- oder Frauenrechte. In der sind sich die Muslime durchaus einig. Am 5. August 1990 unterzeichneten 45 Außenminister der Organisation der Islamischen Konferenz, dem höchsten weltlichen Gremium der Muslime, die "Kairoer Erklärung der Menschenrechte" (hier als pdf). Darin legten Muslime aus aller Welt gemeinsam ihre Haltung zu den Menschenrechten dar. Das Dokument soll das Pendant zur Erklärung der Allgemeinen Menschenrechte der Vereinten Nationen sein. Es hat keinen völkerrechtlich verbindlichen Charakter, erhellt aber die globale Haltung des Islam zu den Grundrechten. Es ist ein Minimalkonsens und kein Extrem und deshalb besonders aufschlussreich.

Die wichtigsten Feststellungen dieser Erklärung stehen in den letzten beiden Artikeln:
Artikel 24: Alle Rechte und Freiheiten, die in dieser Erklärung genannt werden, unterstehen der islamischen Scharia.
Artikel 25: Die islamische Scharia ist die einzig zuständige Quelle für die Auslegung oder Erklärung jedes einzelnen Artikels dieser Erklärung."

Und schon in der Präambel heißt es, im Gegensatz zur Erklärung der Allgemeinen Menschenrechte der Vereinten Nationen: "Die Mitglieder der Organisation der Islamischen Konferenz betonen die kulturelle Rolle der islamischen Umma, die von Gott als die beste Nation geschaffen wurde und die der Menschheit eine universale und wohlausgewogene Zivilisation gebracht hat...".

Anders als in demokratischen Verfassungen ist hier nicht vom Individuum die Rede, sondern von der Umma, der Gemeinschaft der Gläubigen, vom Kollektiv. In konsequenter Fortsetzung dessen erkennt die Erklärung der Muslime nur jene Rechte an, die im Koran festgelegt sind und wertet - gemäß der Scharia - nur solche Taten als Verbrechen, über die auch Koran und Sunna gleichermaßen urteilen: "Über Verbrechen oder Strafen wird ausschließlich nach den Bestimmungen der Scharia entschieden." (Art. 19)

In Artikel 2 d) der Kairoer Erklärung heißt es: "Das Recht auf körperliche Unversehrheit wird garantiert. Jeder Staat ist verpflichtet, dieses Recht zu schützen, und es ist verboten, dieses Recht zu verletzen, außer wenn ein von der Scharia vorgeschriebener Grund vorliegt." Das wäre zum Beispiel der Fall nach Sure 17, Vers 33: "Und tötet niemand, den zu töten Gott verboten hat, außer wenn ihr dazu berechtigt seid! Wenn einer zu Unrecht getötet wird, geben wir seinem nächsten Verwandten Vollmacht zur Rache", heißt es im Koran. Was ist das anderes als eine von den muslimischen Außenministern abgesegnete Lizenz zur Blutrache?

[...] Gleichberechtigung ist in dieser Erklärung nicht vorgesehen, sondern es heißt in Art. 6: "Die Frau ist dem Mann an Würde gleich" - an "Würde", nicht an Rechten, denn so der Koran, Sure 4, Vers 34: "Die Männer stehen über den Frauen, weil Gott sie von Natur vor diesen ausgezeichnet hat" und damit sind sie zu sozialer Kontrolle und Denunziation legitimiert, wie Artikel 22 der Kairoer Erklärung deutlich macht: "Jeder Mensch hat das Recht, in Einklang mit den Normen der Scharia für das Recht einzutreten, das Gute zu verfechten und vor dem Unrecht und dem Bösen zu warnen." Das ist der Koran, verkündet im siebten Jahrhundert christlicher Zeitrechnung und heute noch für Muslime verbindlich.

Und so geht es weiter in der Kairoer Erklärung: Der Islam gilt als die wahre Religion, niemand habe das Recht, die in ihm festgehaltenen Gebote "ganz oder teilweise aufzuheben, sie zu verletzen oder zu missachten, denn sie sind verbindliche Gebote Gottes, die in Gottes offenbarter Schrift enthalten und durch Seinen letzten Propheten überbracht worden sind." Jeder Mensch sei "individuell dafür verantwortlich, sie einzuhalten - und die Umma trägt die Verantwortung für die Gemeinschaft." Das ist nicht nur eine Absage an die Menschenrechte, sondern auch eine mittelbare Rechtfertigung von Selbstjustiz. Mr. Buruma kennt das Problem, er hat in seinem Buch "Murder in Amsterdam" über einen solchen Fall von Selbstjustiz geschrieben.

Die islamischen Staaten haben diese Erklärung als Selbstvergewisserung ihrer Geschlossenheit formuliert. Sie ist darüber hinaus auch politisches Programm, mit dem die kulturelle Identität der islamischen Kultur gegen die kapitalistische Globalisierung verteidigt werden soll. Zur Basis dieser kulturellen Identität wird die Scharia erklärt. Das zu kritisieren, soll ein persönliches Problem von Ayaan Hirsi Ali sein?

Aber Mr. Buruma hat noch weitere Stereotype im Köcher. Das nächste lautet: Der Islam ist eine Religion wie jede andere oder alle Religionen sind gleich (schrecklich). Diesmal geht es gegen seinen Kritiker Pascal Bruckner. Mr. Buruma schreibt: "In einem weiteren typischen Fall von Übertreibung und assoziativer Anschuldigung erwähnt Bruckner die Eröffnung eines islamischen Krankenhauses in Rotterdam und für muslimische Frauen reservierte Strände in Italien. Ich verstehe nicht, warum es soviel schrecklicher sein soll als die Eröffnung koscherer Restaurants, katholischer Krankenhäuser oder für Nudisten reservierte Strände...."

Ich kann Ihnen sagen, Mr. Buruma, warum der für muslimische Frauen reservierte italienische Strand schrecklicher ist. Anders als beim koscheren Essen oder einer krankenhausreifen Grippe geht es beim Strand um eine von den Muslimen angestrebte Veränderung. Der politische Islam will, mit dem Kopftuch, mit der geschlechterspezifischen Trennung öffentlicher Räume die Apartheid der Geschlechter in den freien europäischen Gesellschaften etablieren.

Ein muslimisches Krankenhaus unterscheidet sich grundsätzlich von einem katholischen Krankenhaus. In einem muslimischen Krankenhaus werden die Patienten nach Geschlechtern getrennt - Männer dürfen nur von Männern behandelt werden, Frauen werden nur von Frauen behandelt. Muslimische Krankenschwestern waschen zum Beispiel keine männlichen Patienten, sie fassen sie noch nicht einmal an. In Deutschland häufen sich die Klagen von Ärzten über muslimische Männer, die immer öfter zu verhindern trachten, dass ihre Frauen in Krankenhäusern von Ärzten behandelt oder auch nur untersucht werden. Ich weiß von Müttern, die nur in Begleitung ihres Sohnes zum Arzt dürfen. In islamischen Krankenhäusern wird der Ehemann entscheiden, ob ein Kaiserschnitt durchgeführt wird oder ob sich seine Frau nach vier Geburten sterilisieren lassen darf - in Le Monde gab es hierzu jüngst eine bestürzende Reportage. Und in der türkischen Zeitung Hürriyet wurde kürzlich berichtet , dass sich eine Radiologin in Istanbul aus religiösen Gründen weigerte, einen jungen Mann zu untersuchen, der am Unterleib verletzt war. Das ist schrecklich, Mr. Buruma.

Die Nächstenliebe ist der islamischen Religion genauso fremd wie die Seelsorge. Aber das ist ein anderes Thema. Ich halte es für geschmacklos, die Arbeit von katholischen Nonnen durch diesen "Religionen sind alle gleich"- Relativismus zu denunzieren. Offensichtlich weiß Mr. Buruma nicht, wovon er spricht, wenn er vom Islam spricht. Es geht den islamischen Betreibern von Stränden, von Krankenhäusern oder Moscheen nicht um humane Anliegen, es geht auch nicht um religiöse Kategorien, sondern es geht darum, die vertikale Trennung von Männern und Frauen in den demokratischen Gesellschaften zu etablieren.

Das dritte Stereotyp von Buruma lautet: Islamkritiker sind Denunzianten. Buruma schreibt, die "Denunziationen" Hirsi Alis seien wenig "hilfreich". Ob für ihn historisch belegte Fälle, wie die Heirat Mohammeds mit der sechsjährigen Aishe, die er dann mit neun beschlafen hat, auch unter die "wenig hilfreichen Denunziationen" fallen würden? Hirsi Ali jedenfalls erzählt in ihrem Buch "Ich klage an" davon, um daran die in der Nachfolge Mohammeds sich entwickelnde Sexualmoral des Islam als "Jungfrauenkäfig" zu kritisieren. Nach Mr. Burumas Auffassung sollte sie das nicht tun, denn als "bekennende Atheistin" - nächstes Stereotyp - könne sie ohnehin nicht zur Reform des Islam beitragen. Wiederum eine erstaunliche Auffassung eines für Menschenrechte und Demokratie zuständigen Wissenschaftlers.



Aus: "Essay: Die Stereotype des Mr. Buruma"  Von Necla Kelek (05.02.2007)
Necla Kelek, geboren 1957 in Istanbul, hat in Deutschland Volkswirtschaft und Soziologie studiert und über das Thema "Islam im Alltag" promoviert. Sie forscht zum Thema Parallelgesellschaften und berät unter anderem die Hamburger Justizbehörde zu Fragen der Behandlung türkisch-muslimischer Gefangener. Necla Kelek unterstützt eine aktuelle Gesetzesinitiative in Baden-Württemberg, Zwangsheiraten unter Strafe zu stellen. Sie hat zwei Bücher veröffentlicht: "Die fremde Braut. Ein Bericht aus dem Inneren des türkischen Lebens in Deutschland" (2005) und "Die verlorenen Söhne. Plädoyer für die Befreiung des türkisch-muslimischen Mannes" (2006).
Quelle: http://www.perlentaucher.de/artikel/3644.html (http://www.perlentaucher.de/artikel/3644.html)


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Quote[...] es mag wahr sein, dass radikale Islamisten ebenso an "universelle Werte" glauben, wie es Anhänger der Aufklärung tun. Aber das tat auch Immanuel Kant, das taten auch Philosophen des 20. Jahrhunderts wie Nicolai Hartmann und R. M. Hare. Die meisten Moralphilosophen glauben an universelle Werte. Das macht Kant, Hartmann und Hare nicht zu "Fundamentalisten". Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, verabschiedet von den Vereinten Nationen 1948, ist auch ein "universelles Credo". Die Vereinten Nationen proklamieren diese Liste der Menschenrechte als einen "allgemeinen Standard des Erreichten". Das macht die Vereinten Nationen nicht zur einer Ansammlung von Fundamentalisten oder gefährlichen Terroristen. Oder sind sie das in den Augen postmoderner Kritiker der Moderne?

Die Argumentation von Buruma und anderen postmodernen Relativisten hat absurde Konsequenzen, aber diese Konsequenzen ergeben sich ganz logisch aus der postmodernen Auffassung.

Buruma spielt auch mit dem Wort Reinheit. Er schreibt, dass sich die "versprochene Reinheit des Islam" (5) nicht wirklich von "radikaler Aufklärung" unterscheide. Das würde implizieren, dass Sayyid Qutb, der Ideologe des radikalen Islams, sich nicht vom Paten der radikalen Aufklärung, Baruch de Spinoza, unterscheiden würde.

Was mich an diesen relativistischen - oder eher nihilistischen - Positionen ängstigt, ist, dass sie westliche Gesellschaften zur leichten Beute für die Ideologie des radikalen Islamismus macht. Wenn die westlichen Gesellschaften glauben, sie hätten keine Kernwerte, für die es sich (mit friedlichen Mitteln) zu kämpfen lohnt, dann gibt es für Immigranten auch keinen Grund, diese Werte zu akzeptieren. Wenn es die herrschende Ideologie in den westlichen Gesellschaften ist, dass Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte keine spezifischen Qualitäten haben, die sie Theokratie, Diktatur und Autoritarismus überlegen machen, dann gibt es keinen Grund, sich dem radikalen Anschlag auf die westlichen Demokratien durch Lehrer des Hasses entgegenzustellen.

Es bleibt ein Mysterium, warum viele intelligente Menschen dem postmodernen Denkschema treu bleiben, obwohl so viele intelligente Autoren - Terry Eagleton und John Searle, um nur zwei zu nennen - diesen gründlich dekonstruiert haben. Ich glaube, es hat mit der postmodernen Überzeugung zu tun, dass eine Einstellung, die sie als relativistisch und pragmatisch ansehen, im Kampf gegen den religiösen Terrorismus helfen könnte. Sie hoffen, wenn wir auf eine radikale Kritik der terroristischen Geistesart verzichten, könnten wir die radikalsten Elemente befrieden.

Das ist ein großer Irrtum, wie Buruma verstanden hätte, hätte er über das Material in seinem Buch gründlicher nachgedacht. Buruma porträtiert nicht nur Protagonisten der radikalen Aufklärung, sondern auch den Amsterdamer Stadtrat Ahmed Aboutaleb und den Bürgermeister der Stadt, Job Cohen. Buruma schreibt, er habe Aboutaleb - einen in Marokko geborenen Muslim, der Pluralismus verteidigt - "von Leibwächtern umgeben" angetroffen. "Wie Ayaan Hirsi Ali braucht er rund um die Uhr Schutz". Das hätte Buruma zu weiteren Reflektionen über die Natur des religiösen Terrorismus anregen können. Und Cohen: er gilt vielen als viel zu weich. Er benutzt keine kräftige Sprache gegenüber ethnischen und religiösen Minderheiten. Er ist ein Mann des "Dialogs" und "Respekts", der sich fast jeder Kritik enthält, die die Gefühle religiöser Minderheiten stören könnte. Doch Cohen wurde namentlich in dem Brief kritisiert, den Bouyeri auf dem Körper von Theo van Gogh zurückließ.

Buruma glaubt, er wisse, warum Terroristen van Gogh, Ellian und Hirsi Ali hassen: weil religiöse Terroristen im Streit mit der "radikalen Aufklärung" liegen. Buruma und viele andere Postmodernisten leben in dem Wahn, dass wir die Terroristen befrieden könnten, wenn wir nur radikale Aufklärung ablehnen und damit auch radikale Kritik an Religion und jede Provokation. Aber was würde er Aboutaleb und Cohen raten? Was haben sie falsch gemacht? Offenbar ist religiöser Terrorismus keine Reaktion auf eine zu heftige Kritik am Islam. Er hat andere Wurzeln. Und natürlich gibt es in Ländern wie Ägypten, Pakistan und Saudi Arabien keine radikale Aufklärung, keine beleidigenden Karikaturen von Mohammed und keine Bücher wie Rushdies "Satanische Verse". Dennoch gibt es dort religiösen Terrorismus.

(Aus dem Englischen von Anja Seeliger)


Aus: "Essay: Krieger ist nicht gleich Krieger" (06.02.2007)
Paul Cliteur, geboren 1955 in Amsterdam, ist Juraprofessor an der Universität Leiden in den Niederlanden.
Quelle: http://www.perlentaucher.de/artikel/3652.html (http://www.perlentaucher.de/artikel/3652.html)

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Quote[...] Es ist das Schicksal mancher Bücher und Ausdrücke ("Faschismus", "Orientalismus", "Multikulturalismus", "Rassismus"), dass manch einer mit ihnen auf Leute einprügelt, deren Ansichten ihm nicht gefallen. Wenn Wörter auf diese Weise zu Knüppeln werden, haben sie oft nur noch wenig oder auch gar keinen Bezug mehr zu ihren ursprünglichen Bedeutungen, oder, wenn es sich um Bücher handelt, zu dem, was ihre Autoren tatsächlich geschrieben haben. Wahrscheinlich sollte ich mich geschmeichelt fühlen, dass "Murder in Amsterdam" sich zu einem solchen Buch zu entwickeln scheint.

Professer Cliteur möchte auf Nihilisten, postmoderne kulturelle Relativisten und Multikulturalisten einprügeln, und er benutzt mein Buch als Knüppel. Ich vermute mal, er hat es wirklich gelesen, aber seine Version meines Buches hat mit der meinen wenig zu tun. Nirgends behaupte ich, dass die Ideale der Aufklärung so wenig taugen wie der radikale Islamismus. Meine Beschreibung des Mörders von Theo van Gogh und seiner mörderischen Ideologie sollten doch deutlich machen, was ich von religiösem Extremismus halte. Entweder ist Professor Cliteur unfähig, ein kompliziertes Argument zu verstehen, oder er missversteht mich mit Absicht, um mir das Etikett "postmoderner Relativist" anheften zu können.

Und da ich die höchste Meinung von Professor Cliteurs intellektuellen Fähigkeiten habe, muss ich wohl von letzterem ausgehen. Ein Beispiel für die Art, in der er vorgeht, sollte zur Klarstellung ausreichen. Ich schrieb, dass der radikale Islam auf junge, kulturell heimatlose Muslime in Europa manchmal eine fatale Anziehungskraft ausübt. Da sie sich weder in den Traditionen ihrer Väter noch in den Gesellschaften der europäischen Länder, in denen sie leben, zu Hause fühlen, suchen sie die "Reinheit des modernen Islamismus", der "sich von der kulturellen Tradition abgelöst" hat. Tatsächlich handelt es sich dabei um einen universalistischen Glauben, ebenso wie der Glaube in die fundamentalen Werte der Aufklärung universalistisch ist. Was wir in Europa erleben, ist also "nicht ein frontaler Zusammenstoß zwischen Kultur und Universalismus, sondern zwischen zwei Versionen des Universalismus, der eine radikal säkular, der andere radikal religiös."

Das so zu verstehen, dass ich sie für dasselbe halte, oder dass der eine nicht besser ist als der andere, zeugt entweder von außergewöhnlicher intellektueller Schlampigkeit oder beträchtlichem bösen Willen. Ich bewundere die Leistungen der Aufklärung kein bisschen weniger als es Professor Cliteur zu tun scheint, aber ich glaube auch, dass eine ihrer größten Leistungen die Zurückweisung aller Dogmatismen ist. Es ist möglich, sich Ideen gegenüber dogmatisch zu verhalten, die nicht an sich schlecht sind. Manche Ideologen, in den USA wie in Europa, waren überzeugt, dass der Einmarsch in den Irak mit amerikanischen Truppen der beste Weg sei, eine Demokratie im Mittleren Osten zu errichten. Auf den Fehlschluss in dieser dogmatischen Überzeugung hinzuweisen, ist nicht dasselbe, wie zu behaupten, dass Saddam Husseins Baathismus oder der sunnitische Dschihadismus ein- und dasselbe oder genauso gut wie die liberale Demokratie wären.

Professor Cliteur hängt in so dogmatischer Weise an seiner Idee des Säkularismus und der Aufklärung, dass jeder Versuch, religiösen Glauben, besonders den Islam, zu verstehen, für ihn auf ein Appeasement gegenüber religiösem Extremismus oder auf eine Form nihilistischen Selbsthasses hinausläuft. Mein Einwand richtet sich nicht gegen die Aufklärung als solche, sondern gegen den missionarischen Eifer bei einigen unter denen, die glauben, sie handelten in ihrem Namen. Wenn wir religiösen Extremismus isolieren und besiegen wollen, müssen wir den Mainstream der europäischen Muslime als Verbündete gewinnen. Die reichlich krude Polemik von Professor Cliteur wird dabei kaum hilfreich sein.


(Aus dem Englischen von Ekkehard Knörer)


Aus: "Essay: Der Dogmatismus der Aufklärung" Von Ian Buruma (07.02.2007)
Quelle: http://www.perlentaucher.de/artikel/3658.html (http://www.perlentaucher.de/artikel/3658.html)

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Quote[...] Im Zentrum der gegenwärtigen Debatte zwischen Ian Buruma und Timothy Garton Ash auf der einen sowie Pascal Bruckner auf der anderen Seite scheint mir vor allem die Frage zu stehen, ob Irrationalität in der gleichen Weise unsere Wertschätzung verdient wie Rationalität. Genauer gefragt: Ist der der Anspruch auf Rationalität nur eine Überzeugung neben vielen anderen, die wir nicht mehr, aber auch nicht weniger zu achten haben als andere Ansprüche, welche Art von Irrationalität und Fanatismus auch immer von ihnen ausgehen mag?

Dieser, wie ich meine, nur schwachsinnig zu nennende Relativismus führt - jedenfalls so, wie er in der Debatte unter anderem von Ian Buruma und Timothy Garton Ash vertreten wird - geradewegs zu einer Anklage gegen all jene, die an westliche Toleranz und demokratische Freiheiten glauben: Ihr Glaube sei nichts weiter als eine Art "Aufklärungsfundamentalismus".

Einem solchen Vorwurf liegt die Vorstellung zu Grunde, dass unsere westliche Rationalität aus einer Unzahl von Dogmen besteht, die sich in keiner Weise von anderen dogmatischen Anschauungen und Ansprüchen unterscheiden, so wie sie sich in großer Vielfalt über die ganze Welt verteilen. In dieser äußerst dubiosen Spielart des Multikulturalismus werden wir nun aufgefordert, alle Dogmen, alle autoritären, politischen wie moralischen Ansprüche mit dem gleichen Respekt zu behandeln.

Das ist in der Tat unmöglich. Und zwar nicht nur, weil der allen Ansprüchen oder "Dogmen" gleichermaßen zu Grunde liegende Begriff von Kultur äußerst unscharf ist und der Beliebigkeit Tür und Tor öffnet. Die Folge ist eine Verwechselung zwischen Dogma und Rationalität, zwischen, wie Buckle es nannte, unfehlbarem Glauben und triftigen Argumenten.

Religiöse Überzeugungen auf der einen Seite und die unsere westlichen Gesellschaften auszeichnende wissenschaftliche Rationalität auf der anderen Seite stehen allerdings gar nicht im Wettstreit miteinander. Es gibt, um ein Beispiel zu geben, keine christliche oder muslimische Version der Biochemie. Religionen haben in der Regel kaum etwas zu tun mit empirischen Beobachtungen, experimentellen Anordnungen oder logischen Schlussfolgerungen.

Die eigentliche Punkt aber ist ein anderer: Die verschiedenen Ansprüche oder Anschauungen in den jeweiligen "Kulturen" sind nicht miteinander vereinbar. Selbstverständlich, Monotheisten, Atheisten und Polytheisten sollten idealerweise in der Lage sein, in friedlicher Nachbarschaft zu leben. Aber die Gesetze der Scharia und die Regeln westlicher Demokratien, die othodoxen biblischen Vorschriften, die etwa ein strenge Bestrafung homosexueller Lebensgemeinschaften vorsehen, und unsere modernen Sozial- und Familiengesetze sind vollkommen unvereinbar. Und diese Unvereinbarkeit ist im "multikulturellen Gespräch" nicht einfach wegzudiskutieren.

Es gibt eine eigentümliche Interpretation der Toleranz, die diesen Begriff vollkommen bedeutungslos und leer werden lässt. Aber die Aufforderung, dass wie gegenüber allem und jedem in der gleichen Weise tolerant zu sein haben, ist schlicht gedankenlos. Genauso wie es übrigens absurd wäre, dass alles, was uns in der Erfahrung begegnet, eine Illusion zu nennen - wir könnten dann sofort aufhören, zwischen barer Münze und Falschgeld, zwischen Halluzination und Realität zu unterscheiden.

Vielmehr gibt es etwas, das ich Logik der Toleranz nennen möchte. Sie wird von einem künftigen Philosophen noch auszuarbeiten sein, doch möchte ich damit beginnen, indem ich zwei klare Sätze formuliere:

1. Die Toleranz gegenüber der Intoleranz führt zur Intoleranz.

2. Die Intoleranz gegenüber der Intoleranz führt zur Toleranz.

Etwas pathetischer ließe sich auch sagen: In Fragen der Vernunft und der Freiheit haben Gesellschaften genauso wie Individuen eine klare Antwort zu geben. Sie müssen sich entscheiden. Es gibt hier keinen Mittelweg. Das gilt für die Bürger eines Landes genauso wie für die Zugezogenen.


Aus dem Englischen von Christian Schlüter

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Aus: "Essay: Die Logik der Toleranz" Von Lars Gustafsson (17.02.2007)
Quelle: http://www.perlentaucher.de/artikel/3699.html (http://www.perlentaucher.de/artikel/3699.html)

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etc.



Title: [Giordano spricht von "Kriegserklärung"... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 21, 2007, 03:43:33 PM
Quote[...] Der Schriftsteller Ralph Giordano hat sich im Mai 2007 vehement gegen den Bau einer Zentralmoschee in Köln ausgesprochen. Rechtsextreme Politiker griffen seine Worte auf, von anderer Seite wurde er heftig kritisiert. Außerdem erhielt er Morddrohungen. Im Gastbeitrag bekräftigt Giordano nun seine Ansichten. "Dass einem falsche Bundesgenossen auf die Schulter zu klopfen versuchen, ist hässlich, mundtot machen lassen sollte man sich dadurch aber nicht. Man braucht, verdammt noch mal, kein Überlebender des Holocaust zu sein, um mit bürgerlichem Selbstbewusstsein den nach wie vor in linken Denkschablonen steckenden Multikulti-Illusionisten, xenophilen Einäugigen und Appeasement-Doktrinären couragiert die Stirn zu bieten. Niemand sollte sich durch politische Diffamierung deutscherseits oder muslimische Drohungen einschüchtern lassen."

Frankfurter Allgemeine Zeitung (Deutschland)


Aus: "Ralph Giordano über "Multikulti-Illusionisten"" (13/08/2007)
Quelle: http://europe.courrierinternational.com/eurotopics/article.asp?langue=de&publication=13/08/2007&cat=REFLEXIONEN&pi=1 (http://europe.courrierinternational.com/eurotopics/article.asp?langue=de&publication=13/08/2007&cat=REFLEXIONEN&pi=1)

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QuoteVielleicht haben die Morddrohungen, welche zuletzt von Fanatikern auf Giordanos Anrufbeantworter hinterlassen worden waren, zur Drastik in den Formulierungen des Schriftstellers beigetragen. Seine Auseinandersetzung mit den Kernfragen der Integration lässt sich aber kaum herunterspielen. Giordano entwirft in seinem Brief eine Vision, die nicht ohne Tücke ist: Er glaubt nicht mehr an die Möglichkeit der Integration, sondern hält einen Zustand für realistischer, in welchem Mehrheit und Minderheit nebeneinander auskommen müssen.

Aus: "Moschee-Bau: Giordano spricht von "Kriegserklärung"" Von Tim Farin (Artikel vom 17. August 2007)
Quelle: http://www.stern.de/politik/panorama/:Moschee-Bau-Giordano-Kriegserkl%E4rung/595515.html (http://www.stern.de/politik/panorama/:Moschee-Bau-Giordano-Kriegserkl%E4rung/595515.html)


DOKUMENTATION: Giordanos Brief im Wortlaut (19.08.07)

Quote[...] Sehr geehrte Frau Ilgin Kille, sehr geehrte Herren Ertun Tekbas und Taner Gündüz, (stellvertretend für die anderen Teilnehmer der Anti-Giordano-Demonstration auf dem Gelände der Ditib in Köln am 17. August)

Sie fragen: ,,Meinen Sie uns, Herr Giordano? Ich antworte: Solange Sie wahrheitswidrig so tun, als sei Ihre gelungene Einordnung in die Gesellschaft exemplarisch für den Status quo der muslimischen Minderheit in Deutschland, und dabei wirklichkeitsferne Sätze fallen wie ,,die Frage nach Integration stelle sich gar nicht - solange meine ich Sie.

Sollten Sie aber ebenso erschüttert sein wie ich über das, was türkische Kritikerinnen berichtet haben aus dem Alltag von Unterdrückung, Abschottung, Ausbeutung, Zwangsehe und Gefangenschaft muslimischer Frauen und Mädchen als Norm - dann meine ich Sie nicht.

Solange Sie es widerspruchslos hinnehmen, daß islamische Gebetsstätten in Deutschland nach Eroberern der türkisch-osmanischen Geschichte benannt werden (wie Sultan Selim I. und Mehmet II., Erstürmer von Konstantinopel), sogenannte Fatih-Moscheen - solange meine ich Sie.

Sollten Sie jedoch etwas dagegen haben, daß der Ditib-Vorsitzende Bekir Alboga türkische Faschisten wie die ,,Grauen Wölfe" und vom Verfassungsschutz beobachtete türkische Radikalislamisten der ,,Milli Görus" in Wahlbündnisse einbezieht (wie in Mannheim unter dem Namen ,,Union 2000", Listenplatz 1) - dann meine ich Sie nicht.

Solange Sie darauf beharren, der Islam sei eine undifferenziert friedliche Religion (obwohl sie es so wenig war und ist wie die christliche) und sich dabei blind stellen gegenüber den unzähligen Aufrufen des Koran, Ungläubige zu töten, vor allem aber Juden – solange meine ich Sie.

Sollten Sie aber aufhören, die nachweisbar weit verbreitete Furcht vor einer schleichenden Islamisierung für ein bloßes Luftgebilde zu halten, nicht aber für ein ernstzunehmendes demoskopisches Signal – dann meine ich Sie nicht.

Solange Sie auf Religionsfreiheit in Deutschland pochen, ohne daß die Forderung auch nur von der kleinsten parallelen Bemühung um Religionsfreiheit in der Türkei begleitet wird - solange meine ich Sie.

Sollte aber von Ihrer Seite eine klare, unmißverständliche Abkehr von der Scharia kommt, dem islamischen ,,Rechtssystem", das mit Demokratie, Menschenrechten, Meinungsfreiheit, Gleichstellung der Geschlechter und Pluralismus unvereinbar ist - dann meine ich Sie nicht.

Solange Sie bestreiten, daß es in den Parallelgesellschaften türkische Gewaltkultur gibt, überbordenden Nationalismus, offenen Fundamentalismus, ausgeprägten Antisemitismus und öffentliches Siegergebahren mit demographischer Drohung – solange meine ich Sie. Wie ich Sie auch meine, solange Sie darauf beharren, der Bau einer zentralen Großmoschee mit dem Namen eines osmanischen Eroberers und Minaretten von über 50 m Höhe sei ein Zeichen von Integrationsbereitschaft und nicht von Identitätsbewahrung. Vor allem aber meine ich: Nicht die Moschee, der Islam ist das Problem!

Postscriptum. Ich sehe auf dem Foto in Ihre jungen Gesichter, empfinde dabei große Sympathien und möchte mich mit Ihnen eigentlich gar nicht streiten, sondern viel lieber mit Ihnen sprechen - außerhalb der Ditib. Das ist ein Angebot. Mit freundlichen Grüßen

Ralph Giordano


Aus: "DOKUMENTATION: Giordanos Brief im Wortlaut" (19.08.07)
Quelle: http://www.ksta.de/html/artikel/1187508268469.shtml (http://www.ksta.de/html/artikel/1187508268469.shtml)


Quote[...] Die DITIB erklärte zu dem offenen Brief Giordanos, sie setze auf einen "offenen, sachlichen Diskurs" mit dem Schriftsteller. Zugleich bekräftigte die Bauherrin der geplanten Moschee, sie lehne die Drohungen gegen Giordano entschieden ab. "Auch wenn Giordanos offener Brief geprägt ist von Polemik, Diffamierung und Unkenntnis gegenüber der DITIB, dem Islam und den in Deutschland lebenden Muslimen, rechtfertigt dies in keiner Weise eine unsachliche Auseinandersetzung oder gar die Androhung von Gewalt." Vielmehr widersprächen Terrorismus und Gewalt einer modernen Auffassung des Islam. (mit AFP)


Aus: "Köln: Giordano: Moschee-Bau ist "Kriegserklärung"" (17.08.2007)
Quelle: http://www.zeit.de/news/artikel/2007/08/17/2359957.xml (http://www.zeit.de/news/artikel/2007/08/17/2359957.xml)

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Quote[...] In dem Irak Kapitel (,,Der unaufhaltsame Weg in den Abgrund") beschreibt er den Unfug, der mit der von den USA programmierten Demokratisierung im Irak getrieben wurde. Als ob die Araber darauf warten, dass Ihnen die Demokratie mit unseren westlichen Bajonetten gebracht würde?! Lüders: ,,Mein Eindruck ist, dass die vielbeschworene westliche Rationalität regelmäßig aussetzt, wenn es um den Nahen und Mittleren Osten geht". Die Fehler, die bei diesem Feldzug begangen wurden, liegen auf der Hand: 1. man hatte die Armee, die Polizei, die Baath-Partei abgeschafft und die Gefängnisse waren offen: Anarchie war die Folge; 2. Die Amerikaner rissen sich die privaten Erdöl-Lizenzen unter den Nagel, 3. es wurde kein Nationaler Dialog in dem empfindlichen multiethnischen und mutlireligiösen Irak begonnen.

Ähnlich beschreibt Lüders die voraussehbare Niederlage der NATO in Afghanistan. Auch hier setzt die politische Vernunft aus. Zur Zeit der sowjetischen Besatzung konnten 100.000 sowjetische und 100.000 afghanische Soldaten diese schlecht ausgerüsteten und miteinander konkurrierenden Muschaheddin nicht besiegen. ,,Die Geschichte scheint sich zu wiederholen: damals kontrollierten die Sowjets die Städte, nicht das Land. Den westlichen Truppen könnten es schon bald ähnlich ergehen".

Wieder vergisst man die Geschichte dieser Länder und deren Kultur. Man vergisst, dass ausländische Truppen auf Dauer in Afghanistan nie gern gesehen sind, nicht mal, wenn es Deutsche sind. Die Briten haben sich drei mal im 19. jahrhundert eine blutige Nase geholt. 1841 wurde ein Expeditionskorps von 16.000 Soldaten bis auf einen einzigen aufgerieben, der der westlichen Welt Bericht erstatten sollte.

Die paschtunische Gesellschaft lebt in einem strengen Ehre- und Rache-Korsett des Paschtunwali. Wenn bei einer Anti-Terroroperation 50 Zivilisten bei der Bombardierung einer Hochzeitsgesellschaft getötet werden, die Opfer aus fünf verschiedenen Stämmen kommen, dann hat dieser Irrtum zur Folge, dass nunmehr diese fünf Stämme den Westen allgemein als Feind ansehen.
Lüders beschreibt, dass das Verhältnis der Militärausgaben zu denen für den Wiederaufbau in Afghanistan lächerlich ist. 2002 bis 2006 wurden 82,5 Mrd US Dollar für das Militär, aber nur 7,3 Mrd US $ für den zivilen Aufbau ausgegeben.
Der größte Fehler (um nicht von Verbrechen zu sprechen) war der Krieg gegen den Terror. Damit hat man die nach dem 11. September 2001 geläufige Gleichung Islam = Islamismus= Terror erhärtet. Diese gefährliche Gleichsetzung sei auch in Deutschland schlecht wegzubekommen. Wir haben uns sehr spät klargemacht, dass sich bei uns Deutschen eine neue Religion einbrachte. Allzu spät kapierte man, dass Ausländer sich bei uns eingebürgert hatten. In aller Hektik gab man Fragebögen für einen Einbürgerungstest heraus, in denen Fragen wie Kreuzworträtsel (,,Nennen Sie die drei höchsten Berge in Deutschland?") neben Fragen zur Religion stehen.

Die 3, 5 Millionen Muslime sind selten richtig willkommen. Die Muslime in Deutschland gehören zu großen Teilen zur Unterschicht. Die Arbeitslosigkeit türkischer Jugendlicher liegt bei 40 %. Gewiß sind da große Fehler gemacht worden, man hätte viel klarere Forderungen stellen müssen. Es ist natürlich nicht beliebig, ob jemand die deutsche Sprache lernen will oder nicht, er muss sie beherrschen, wenn er hierbleiben will. Auch in den Medien ist es noch lange nicht gelungen, obwohl das ZDF unter seinem Chefredakteur in dieser Richtung gute Anstrengungen macht. In den gesellschaftlich-repräsentativen Rundfunkräten gibt es selbstverständlich Vertreter der Christlichen Kirchen und jüdische Vertreter aber genau so selbstverständlich noch keine muslimischen Vertreter. Das ,,Wort zum Freitag", das der ZDF Chefredakteur Nikolaus Brender einführte, ganz zaghaft erst mal über das Internet, galt einigen CSU Funktionären schon als der Untergang des Abendlandes. Auch die Bemühungen des Innenministers Wolfgang Schäuble mit seiner Islamkonferenz wertet Lüders sehr positiv.
Es bleibt seine Frage: ,,Wann hat ein Bundeskanzler oder Bundespräsident das letzte Mal eine islamische Gemeinde besucht?"

Es gab immer schon den anderen Islam, es gab auch in Europa immer schon andere Haltungen dem Islam gegenüber. Lüders verweist in seinem Einleitungskapitel darauf: Weit vor Goethe, der uns mit seinem westöstlichen Divan dazu einfällt, war es der römisch-deutsche Kaiser Friedrich II (1194 – 1250), den der Autor als den islamophilsten Herrscher europäischer Geschichte beschreibt.
Der Kaiser holte sich die führenden islamischen Wissenschaftler an seinen Hof nach Palermo. Er brach zwar nach langer Weigerung 1228 zum 5. Kreuzzug nach Jerusalem auf, wollte aber nicht kämpfen. Er erreicht in Gesprächen mit dem Sultan von Kairo den Frieden von Jafa. Dieser Vertrag sollte christlichen Pilgern die wallfahrt nach Jerusalem möglich machen. Als der Muezzin aus Rücksicht auf den Kaiser auf seinen morgendlichen Gebetsruf verzichtete, verbat sich das der Kaiser Friedrich II: ,,Ich habe in Jerusalem übernachtet, um den Gebetsruf der Muslime zu hören und ihr Lob Gottes zu hören."

Michael Lüders: Allahs Schatten. Warum wir vor dem Islam keine Angst haben müssen. Herder Verlag Freiburg 2007, 223 Seiten


Aus: "Der Anti-Giordano oder warum wir keine Angst vor dem Islam haben müssen - Zu einem neuen Buch von Michael Lüders" Von Rupert Neudeck (Sonntag, 19.08.2007)
Quelle: http://islam.de/8831.php (http://islam.de/8831.php)


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Quote[...] "Wir hungern nach dem Tod" ist eine persönliche Tour d'horizon durch die Krisenregionen im Nahen und Mittleren Osten: ein Beitrag, der die Debatte über Terror und Gewalt, Osama bin Laden und die Militäreinsätze versachlicht. Michael Lüders beschäftigt sich seit Jahren auf Reisen und in Gesprächen vor Ort mit der islamischen Welt.

[...] So einfach, wie George Bush in seiner Rhetorik Schwaz-Weiß-Schemata über Gut und Böse aufmacht, sind politische, soziale und religiöse Strukturen nicht zu reduzieren, schreibt Alexandra Senfft und bekundet damit ihre Zustimmung für die Grundannahmen des Islam-Wissenschaftlers und Ex-Zeit-Redakteurs Michael Lüders. Der gehe in seinem Buch sehr kritisch mit dem Westen ins Gericht und argumentiere ähnlich wie die indische Schriftstellerin Arundhati Roy, die nach dem 11. September in der FAZ Osama Bin Laden als "brutalen Zwilling" Bushs bezeichnet hatte, erinnert sich die Rezensentin. "Dschihad-Islam", wie der Autor den radikalen Fundamentalismus nenne, sei ein recht neues Phänomen, das der Westen selbst mit hervorgebracht habe. Lüders "Mischung aus Analyse, Basisinformation und Erlebnisbericht" findet Senfft ganz überzeugend und fragt sich, ob die Kritik des Autors an der Politik der Industriestaaten nicht ein Grund für das Ende des Arbeitsverhältnisses mit der "Zeit" gewesen sein könnte.


Aus: "Michael Lüders - Wir hungern nach dem Tod: Woher kommt die Gewalt im Dschihad-Islam?" (2001)
Quelle: http://www.perlentaucher.de/buch/10694.html (http://www.perlentaucher.de/buch/10694.html)


http://www.michael-lueders.de/ (http://www.michael-lueders.de/)

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Quote[...] Lüders - früher bei der "Zeit", heute bei der Friedrich Ebert Stiftung - ist politisch so korrekt wie ein Falafelbällchen rund ist. Dass er in den Ruf kommen konnte, ein "Experte" für den Islam, für den Nahen und Mittleren Osten und für die arabische Mentalität zu sein, gehört zu den Langzeitschäden, die Karl May zu verantworten hat. Nach eigenem Bekunden sitzt Lüders am liebsten in einem arabischen Café, trinkt arabischen Kaffee, raucht eine arabische Wasserpfeife und hört arabische Musik. Und so fallen dann auch seine Analysen und Einschätzungen aus.


Aus: "D E R   S C H M O C K   D E R   W O C H E: Michael Lüders, Experte für dies und das" (HMB, 15.4.2oo3)
Quelle: http://www.henryk-broder.de/html/schm_lueders.html (http://www.henryk-broder.de/html/schm_lueders.html)

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Quote[...] Kennzeichen von Polemik sind oft scharfe und direkte Äußerungen, nicht selten auch persönliche Angriffe, keineswegs jedoch der Verzicht auf sachliche Argumente. Häufig wird in der Polemik mit den Mitteln der Übertreibung, der Ironie und des Sarkasmus gearbeitet oder vom Strohmann-Argument Gebrauch gemacht.

http://de.wikipedia.org/wiki/Polemik (http://de.wikipedia.org/wiki/Polemik) (08/2007)


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Quote[...] Das Adjektiv sachlich und die Sachlichkeit als positiv besetzte zur Sache gehörige Unvoreingenommenheit entstammen dem 19. Jahrhundert.


http://de.wikipedia.org/wiki/Sachlichkeit (http://de.wikipedia.org/wiki/Sachlichkeit) (08/2007)

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QuoteDefinitionsmacht beschreibt das Potential zu einer der umfassendsten und zugleich subtilsten Formen der Einflussnahme.

http://de.wikipedia.org/wiki/Definitionsmacht (http://de.wikipedia.org/wiki/Definitionsmacht) (08/2007)

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Quote[...] Der Umgang mit Wahn ist teilweise von beträchtlichen Ängsten geprägt, denn das Verhalten als ,,wahnsinnig" empfundener Menschen erscheint häufig als unkalkulierbar.

Es ist für Außenstehende aussichtslos, einen Betroffenen von seiner wahnhaften Überzeugung abbringen zu wollen. Für den Erkrankten besteht eine ,,Wahngewissheit", er braucht keine Beweise für seinen Wahn. Gegenbeweise werden unerschütterlich ignoriert oder in den Wahn eingefügt (,,die haben die Kamera, die mich ausspioniert, jetzt woandershin gebracht"). Es ist ja gerade das Kennzeichen des krankhaften Wahns, dass sich dieser vom Betroffenen nicht rational überprüfen lässt oder die subjektive Wahngewissheit stärker als alle gegenteiligen Belege wirkt.

Man sollte im Umgang mit Betroffenen also den Wahn weder angreifen, noch sich auf den Wahninhalt einlassen und so tun, als ob er real sei (dies kann allenfalls zu einer kurzfristigen Entspannung führen). Stattdessen sollte man anerkennen, dass der Wahninhalt für den Betroffenen eine Realität darstellt, und dass dieser dadurch meistens sehr belastet und geängstigt ist. Neuere Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass das Herstellen eines Realitätsbezuges im Umgang mit Wahnkranken durchaus zu einer beginnenden Distanzierung vom wahnhaften Erleben beitragen kann. Insofern muss die Definition als ,,unerschütterliche Überzeugung" neu gefasst werden.


Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Wahn (http://de.wikipedia.org/wiki/Wahn) (08/2007)

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Quote[...] Der Ausdruck Polarisierung bezeichnet den Prozess des Auseinanderdriftens zumeist zweier völlig entgegengesetzter Positionen und deren Entfernung von einer Masse (Physik) an seine Extreme oder Endpunkte. Speziell unterscheidet man in der Physik zwischen elektrischer und magnetischer Polarisation. Hierbei handelt es sich um die Polarisierung in der Natur.

    * Eine Polarisierung kann in der Gesellschaft geschehen, die z. B. sich in einer politischen Radikalisierung äußert.

    * Entgegensetzungen bei Begriffspaaren mit jeweils einer gegensätzlichen Bedeutung gibt es in Geistes- und Sozialwissenschaften.

    * Auch in der Religion gibt es Polarisierungen wie im Christentum zwischen Gott und Teufel.

    * Die Polarisierung stellt im Märchen die Gegensätzlichkeit zweier Eigenschaften, beispielsweise reich versus arm, gut versus böse, dumm gegen schlau heraus und gehört zu den Erkennungsmerkmalen der europäischen Volksmärchen.



Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Polarisierung (http://de.wikipedia.org/wiki/Polarisierung) (08/2007)

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Quote[...] Soziopathie ist eine veraltete Bezeichnung für eine psychiatrische Störung, vor allem des Sozialverhaltens der erkrankten Person.

Die heutige Bedeutung des Begriffes Soziopath bezieht sich auf Personen, die nicht bzw. nur eingeschränkt fähig sind, Mitleid zu empfinden, sich nur schwer in andere hineinversetzen können und die Folgen ihres Handelns nicht abwägen können.


Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Soziopathie (http://de.wikipedia.org/wiki/Soziopathie) (08/2007)

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Quote[...] Als Zeitgeist wird das allgemeine intellektuelle und kulturelle Klima einer Zeit oder Epoche bezeichnet. Ursprünglich handelte es sich jedoch um einen rein wissenschaftlichen Begriff. Bekannt wurde er durch eine Schrift des Philologen Johann Gottfried Herder, der Ausdruck wurde jedoch von dem Philosophen Christian Adolph Klotz in dessen Werk Genius seculi geprägt, das 1760 erschien. Herder kritisierte sowohl dessen Wortschöpfung als auch das dahinter stehende Konzept, nämlich die Eigentümlichkeiten einer Epoche mit Hilfe bestimmter Kriterien zu erfassen.[1]

Verwendet wurde eine ähnliche Bezeichnung durch Johann Wolfgang von Goethe in Faust, wo Faust vom ,,Geist der Zeiten" spricht.


Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Zeitgeist (http://de.wikipedia.org/wiki/Zeitgeist) (08/2007)

Title: [In den Schnittmengen dieser Kulturen bin ich aufgewachsen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 26, 2007, 06:54:58 PM
Quote[...] Es war ein wenig Little Istanbul an der Elbe. Als schick oder angesagt galt das Viertel nicht, die Wohnungen waren billig. Später kamen Jugoslawen dazu, Afrikaner, Asiaten.

In den Schnittmengen dieser Kulturen bin ich aufgewachsen. Wir Kinder haben uns gemischt, ohne ein Ghetto zu bilden. Es war ein Multikulti-Milieu, und es hat mich geprägt. Vielleicht wäre ich ein anderer Mensch geworden, wäre ich in Blankenese oder Eppendorf aufgewachsen. Aber eins ist gewiss: Wenn ich heute von einer gemeinsamen Welt für alle Menschen träume, dann liegt das an meiner Kindheit und Jugend in Ottensen.

Dort habe ich auch bei einem türkischen Übersetzer an der Bahrenfelder Straße die erste türkische Punkerin gesehen. Das hat mich seinerzeit sehr beeindruckt. Eine Türkin als Punk, das kannte ich nicht, das war die Verschmelzung von zwei Welten.

Als ich später aufs Gymnasium Allee an der Max-Brauer-Allee ging und es mit Schuleschwänzen und den Mädchen losging, also so mit 15 oder 16 Jahren, kam ich zurück nach Ottensen. Stundenlang hockten wir im "Insbeth", einer Kneipe an der Bahrenfelder Straße, wir frühstückten dort, machten unsere Hausaufgaben. Und abends ging ich mit Freunden in die Disco "Le Pala" gegenüber, wo mein Bruder manchmal an der Tür stand.

Damals, also in den späten achtziger Jahren, hatte sich der Stadtteil schon ein wenig verändert. Er war etwas hübscher und schicker geworden und damit auch interessanter. Künstler zogen in leere Fabriken, es gab jetzt Bauwagenplätze, Kulturzentren, manche Leute hatten Obstbäume in den Hinterhöfen gepflanzt oder hielten dort Hühner. Und in den ehemaligen Zeisehallen entstand ein Filmhaus mit Kino, Kneipen und Restaurants.

[...] Es gefällt mir, auf so engem Raum Leute aus aller Welt zu beobachten - etwa in den Telefonläden, wo man billig in die ganze Welt telefonieren kann.

Afrikaner treffen sich dort und Menschen aus arabischen Ländern. Ich unterhalte mich gern mit ihnen oder sehe ihnen einfach nur zu. Seit einigen Jahren eröffnen portugiesische Cafés in Ottensen und bringen eine neue Komponente in den Stadtteil. All diese Menschen sind aus so unterschiedlichen Gründen hier, haben so unterschiedliche Erfahrungen, Wünsche und Träume. Aus dieser Unterschiedlichkeit entsteht eine Reibung, die in mir kreative Kraft erzeugt. Das ist es, was mich fasziniert an diesem Stadtteil. Er inspiriert mich und lässt dennoch die nötige Ruhe für mein Leben und meine Arbeit. Im Moment möchte ich an keinem anderen Ort wohnen als in Ottensen.


Aus: "Der Kiez-Faktor" - Filmemacher Fatih Akin über Ottensen (HH) (26. August 2007)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,501396,00.html (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,501396,00.html)

Title: ["Ich habe nichts gegen Ausländer, aber"... (Kampfkommunikation, Jagdszenen)]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 27, 2007, 05:53:37 PM
Quote[...] Psychodynamische Theorien beschäftigen sich mit Störungen bei der Lösung solcher innerer Konflikte. Belastungen oder Störungen treten auf, wenn der Mensch zur Lösung eines Konfliktes keine angemessene Strategie entwickeln konnte. (Fachlich formuliert ist in diesem Fall das Strukturniveau nicht hoch genug entwickelt.) Wenn ein Anteil des Konfliktes nicht bewusst wahrgenommen werden kann, weil er zum Schutze der noch wenig ausgereiften Persönlichkeit verdrängt werden musste, besteht das Problem, dass der Konflikt nicht bewusst gelöst werden kann.


Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Konflikttypus (http://de.wikipedia.org/wiki/Konflikttypus) (08/2007)

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Quote[...] Die Projektion des Schattenarchetyps, also verdrängter eigener Eigenschaften, Wünsche und Taten - vor allem solcher, die mit gesellschaftlichen Normen in Konflikt stehen, oder für die sich der Projizierende schämt - auf andere Menschen, um sich selbst von diesen distanzieren zu können. Es handelt sich um einen Abwehrmechanismus zur Bewältigung der Negativanteile der eigenen Persönlichkeit, der aber häufig zu sozialen Konflikten führt, bis hin zu Verfolgung von Minderheiten und Krieg.


Aus: "Projektion"
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Projektion_%28Psychologie%29 (http://de.wikipedia.org/wiki/Projektion_%28Psychologie%29) (08/2007)

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Quote[...] Intellektualisierung steht für die Überbetonung des Verstandesmäßigen bei einem Menschen. Dabei werden Emotionen und Gefühle auf die Logik reduziert.

Psychologisch wird das Verhalten damit erklärt, dass die Person durch abstraktes Denken bzw. Generalisierung emotionale Konflikte kontrollieren oder minimieren will.


Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Intellektualisierung (http://de.wikipedia.org/wiki/Intellektualisierung) (08/2007)

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Quote[...] Mechanismen der Emotionsregulation sind vor allem die Abwehrmechanismen wie z.B. Verdrängung, Verleugnung oder Projektion, die von Sigmund Freud beschrieben und später von seiner Tochter Anna Freud (1936) differenziert wurden. Diese Mechanismen richten sich gegen unangenehme Gefühlszustände, die durch mentale Konflikte zwischen unterschiedlichen inneren Motiven ausgelöst werden (wie z.B. Wünsche bzw. "Triebregungen" einerseits und Bewertungen der Vernunft oder des Gewissens andererseits).


Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Emotionsregulation (http://de.wikipedia.org/wiki/Emotionsregulation) (08/2007)

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Quote[...] Alexithymie (Gefühlsblindheit) bedeutet - nach John C. Nemiah und Peter E. Sifneos, die den Begriff 1973 maßgeblich prägten - die Unfähigkeit, Gefühle hinreichend wahrnehmen und beschreiben zu können.


Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Alexithymie (http://de.wikipedia.org/wiki/Alexithymie) (08/2007)


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Quote
QuoteWenn Ausländer kriminell werden ist doch immer die Kultur, die Religion und die gescheiterte multikuligesellschaft schuld. Wenn deutsche Jugendliche auffallen ist es aber immer wegen Gewaltspielen und dem Internet. (Von denny (05.03.2007 19:00 / Quelle: http://www.focus.de/panorama/welt/migranten-gewalt_aid_125798.html))

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Quote[...] Das deutsche Pärchen flüchtete sich in einen Lidl-Supermarkt. ,,Es dauerte keine fünf Minuten, bis unser Laden voll mit Ausländern war", berichtet Verkäuferin Denise Schmiechen. 50 junge Männer ,,türkischer Nationalität", die vor dem Supermarkt tobten, zählte die Polizei. Es herrschte Lynchstimmung. Die Beamten hörten, wie aus der Menge gerufen wurde: ,,Ihr lebt nicht mehr lange, wir schlitzen euch deutsche Schweine auf!"


Leser Kommentar Fraktale:
Quote
gorgo555 (05.03.2007 14:20)
Sind das die ausländischen Topkräfte, die sich bei uns derart aufführen dürfen?

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Bernd (05.03.2007 14:49)
Typisch
Man stelle sich vor, wenn der Verfolgte ein Farbiger und die Verfolger kahlgeschorende Skinheads gewesen wären. Wie wäre das Presseecho (Bild, Spiegel, n-tv) wohl dann gewesen? Es ist alls unerträglich!

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Katja (05.03.2007 15:56)
Ordnungshüter
Bei meinem Aufenthalt in China im letzten Jahr sahen wir überall Studenten und Rentner als Ordnungshüter. Sie waren adrett gekleidet und rügten alle, die Vorschriften übergingen.Als ich bei einer Veranstaltung auf eine Bank steigen wollte, wurde ich sofort freundlich angesprochen. Warum geht das bei uns nicht?

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Maulbeerbaum | 215 Kommentare (05.03.2007 16:24)
Das Gleiche sah ich bei deutschen Jugendlichen!!!!
Genau das Gleiche hab ich häufig bei deutschen Jugendlichen gesehen. Mitunter sogar bei Erwachsenen! Die gingen gegen harmlose Menschen vor, nur weil diese Ausländer waren

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Christoph (05.03.2007 16:42)
Was ich nicht verstehe
Ich bin seit 30 Jahren Kripo-Beamter und habe in den letzten 10 Jahren einen enormen Anstieg der Jugendkriminalität erleben müssen. Das alles kann aber kein polizeilcihes Problem mehr sein, sondern die Politik MUSS endlich gegensteuern! Insofern bin ich insbesondere von der CDU maßlos enttäuscht, von der ich seit Merkel den Eindruck gewinne, sie wolle die Roten und Grünen links überholen.

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Schindler (05.03.2007 16:45)
Bildzeitung-Niveau
Ein reisserischer Artikel, genau richtig, um die Stimmung am Stammtisch anzuheizen. ,,Täglicher Terror" – ja klar... alles Terroristen. Ich kann nur den Kopf schütteln über diesen schlechten Stil.

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achne | 101 Kommentare (05.03.2007 18:16)
Ein großes Problem
Ich habe nichts gegen Ausländer, aber [...]

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Ali (05.03.2007 19:05)
warum nur?
Ich wohne in Remscheid. Hier gibt es eine Ausländerquote von über 10 Prozent und damit die fast höchste Quote in NRW. Allerdings gehört die Kriminalitätsrate zu den niedrigsten in NRW. Warum hat das hier bloß funktioniert und wo anders nicht?

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Musti (05.03.2007 19:11)
Bildung
Das Problem fängt bei der Bildung an und hört auch bei der Bildung auf. Perspektivlose Menschen landen nun mal irgendwann im Dreck. Da wird leider nichts gemacht man beschwert sich immer nur wenn es schon zu spät ist. Es ist doch kein Geheimnis dass Ausländer nicht die gleiche Chance auf Bildung bekommen wie ihre Mitschüler. Ich bin froh dass ich die Chance bekommen habe und habe es auch genutzt.

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MaTeck | 51 Kommentare (05.03.2007 20:36)
Ich habe etwas gegen Ausländer,
wenn sie sich derart verhalten. Ich kann es nicht verstehen - kaum ein Land würde so sein Gastrecht verletzen lassen und unbekümmert zusehen. Diesen Mob kann man nur mit klaren Regeln begegnen: Bei wiederholter Gewalttat raus aus Deutschland!!!

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webster (05.03.2007 16:22)
Hallo Meinugsmache
Fahrlässige Verallgemeinerung ist noch das Mindeste, was man Ihnen vorwerfen muss. Sie können nicht immer den Einzelfall zum Exempel stilisieren, auch wenn es einfach zu schreiben und zu schlucken ist. Ein widerwärtiger Artikel. Ach ja,.. Kann ich villeicht bei Ihnen gegen Ausländer unterschreiben?

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Jensen (05.03.2007 20:40)
Herr Ströbele
Schickt doch mal Multi-Kulti-Ströbele an die "Front"!Dieser "Gutmensch wird diese kriminellen schnell wieder beruhigen denn er will ja auch wieder gewählt werden.

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Margrit2 | 49 Kommentare (05.03.2007 22:13)
nur noch absolute Härte
Die sogenannte "Deutsche Schuld" die uns von den linken Gutmenschen eingeredet wird, befiehlt uns -nun seit Jahrzehnten-dies alles hinzunehmen. [...]

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sozialschmarotzer | 2162 Kommentare (05.03.2007 23:20)
was sie kann
Die Polizei tut, was sie kann. Tut sie das wirklich? - Nein. Sie könnte zum beispiel viel öfter von der schußwaffe gebracuh machen. Das ist die einzige Sprache, die diese Nachwuchs-Verbrecher, verharmlosend "Migranten" genannt, verstehen.

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Carstello | 298 Kommentare (06.03.2007 00:36)
Überall in Deutschland herrscht diese Stimmung von ausländischen Jugendbanden.Beweis dafür sehen wir schon alleine an die Menge der Kommentare. [...]

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NK (06.03.2007 00:51)
One-Way-Ticket nach Kurdistan
Das Schlimme ist ja, dass die Opfer auch gleichzeitig ihre Täter ernähren. Die meisten der kriminellen Pflegefälle sind nicht mal in der Lage, ihren Namen fehlerfrei zu schreiben. Oder sie haben keine Zeit für die Schule, weil sie den nächsten Raubzug planen bzw. mit der Gründung eines neuen Gottesstaates beschäftigt sind.

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SP (06.03.2007 00:54)
Nichts gelernt
Wenn die Polizei nicht bald aufräumt, werden es über kurz oder lang andere für sie tun. So einfach ist das.

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Biggerm | 78 Kommentare (06.03.2007 01:12)
unfassbar
Unglaublich was sich Jugendliche auslaendischer Herkunft mehr oder weniger ungestraft erlauben koennen. Warum greift die Polizei nicht hart durch? Dass unsere Gesetze lau sind, wissen wir ja alle, aber dass kann doch nicht zu Folge haben, dass sich Deutsche in ihrer eigenen Gegend gefaehrdet fuehlen. Und wenns nur mit einer Schusswaffe geht - bitte. Dafuer sind die Dinger doch da. Exempel statuieren - das ist was fehlt. [...]

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bed (06.03.2007 03:19)
Belin, nein auch hier!
Hier wird sich sehr über die Gewalt aufgeregt. Einmal die Kommentare durchgelesen und mich schaudert vor so viel Gewaltbereitschaft. Viele Aussagen zeigen da einige nicht besser sind als die in Berlin, aber mit dem Finger auf andere zeigen. Es ist wirklich so das nur auf andere aufmerksam gemacht wird damit von einem selbst abgelenkt wird. Schimpfen aber selbst soviel Gewaltpotenzial besitzen

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Günni (06.03.2007 08:56)
Gettos und ihre Gefahren
In Bonn-Tannenhof leben schon mehr als 50% Türken. Kein Bonner/Deutscher fühlt sich dort mehr wohl. Es ziehen immer mehr Bonner weg aus Tannenbusch, da ein sich Wohlfühlen für sie nicht mehr möglich ist. Die Bonner Politik schaut zu und lehnt sich zurück. Die "schlauen" Türken wissen sehr genau, wie man den dummen Deutschen unterwandern kann. Ich weiß, was ich in Zukunft zu wählen habe....

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Bürger (06.03.2007 10:01)
Kein Wunder
Wenn ich sehe wieviel Hass einem von diesen Kommentaren entgegenkommt, dann wundert es mich nicht das die Ausländer sich wie Menschen 2. Klasse fühlen. Keiner von Ihnen weiss, wie man sich als Ausländer fühlt.. Wie viele von Ihnen kennen denn Ausländer persönlich? Wenn man nur als Sündenbock für alle Probleme hingestellt wird, ist es nur normal das sich Wut anstaut... Wunder Sie sich nicht...

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ThomasHempel | 4165 Kommentare (06.03.2007 10:09)
Erschreckend
Es ist doch erschreckend wie hier alle Ausländer über einen Kamm geschert werden und als radikal eingestuft werden! [...]

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ausländer (06.03.2007 10:12)
Zahlen?
Ich höre hier immer nur " wir Deutsche müssen dafür zahlen... " was ist denn mit den vielen Erwerbstätigen Ausländern die für Euch Deutsche zahlen!!! Ist unser Geld nichts wert? Ich zahle genauso viel Steuern und Abgaben wie fast jeder von Euch... beschwer ich mich über Euch?? Macht mal halblang und hört auf alle in einen Hut zu werfen... Krimineller ist krimineller und nicht Ausländer..

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Lothar K. (06.03.2007 11:28)
Ausländer sind Opfer
Ich bin der Meinung, Ausländer sind die wahren Opfer der Gesellschaft. Wenn Sie aggressiv werden, ist die Gesellschaft schuld. Wir alle müssen uns an die Nase fassen [...]

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DK (06.03.2007 13:05)
Die grüne Hydra...
verschluckt sich an der eigenen Vernunft. Sie hat zwar 7 Hälse und somit 7 Zungen zum reden [...]

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M. Önur (07.03.2007 08:59)
Sensationspresse
Also ich denke, hier wird wieder einmal die Mücke zum Elefanten gemacht. Es gibt ein paar Einzelfälle, die ich selbst auch als Türke für bedauerlich halte, aber was die Presse daraus macht, ist doch nur übertrieben. Die Deutschen sollen sich mal nicht so anstellen. Im übrigen besitze ich selbst einen deutschen Paß, wohne im Wedding und werde auch nächstes mal wieder die Grünen wählen.

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Arabfriend (25.08.2007 01:00)
auch Deutsche Jugendliche sind brutal
Auch deutsche Jugendbanden und Neonazi-Banden terrorisieren Berlin, der normale Ausländer hat mit sowas nichts zu schaffen. Klar gibts auch Ausnahmen, aber der Normalfall ist das nicht. Wird immer alles völlig übertrieben dargestellt, also ich habe keine Probleme mit den Jungs.

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Tom Müller (26.08.2007 01:16)
Leider die Realität
Der vergleich mit Neonazis in den euen Bundesländern passt mehr als man denkt. Beide Gruppen beherrschen die Straße und genießen eine Omnipotenz welche von der Staatsgewalt nur mit einem Achselzucken zur Kenntnis genommen wird. Beide Gruppen führen sich auf wie Herrenmenschen und sind tickende Zeitbomben für unsere Demokratie.



Aus: "Migranten-Gewalt: Täglicher Terror auf Berlins Straßen" (05.03.07)
Quelle: http://www.focus.de/panorama/welt/migranten-gewalt_aid_125798.html (http://www.focus.de/panorama/welt/migranten-gewalt_aid_125798.html)

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Quote[...] "Die Medien hatten Mügeln vorverurteilt", kritisiert das Stadtoberhaupt bei der Diskussion im Schlosshof. Für seine Aussagen erntet der Bürgermeister von der Menge demonstrativ Beifall. Nach einer turbulenten Woche wollen die Menschen dem stark kritisierten Deuse den Rücken stärken. Der FDP-Politiker hatte unmittelbar nach den Vorfällen betont, dass es in Mügeln keine rechtsextreme Szene gebe.

Aus: "Nach Übergriffen: Bevölkerung stärkt Mügelns Bürgermeister den Rücken" (LVZ-Online vom: Montag, 27. August 2007)
Quelle: http://www.lvz-online.de/aktuell/content/37615.html (http://www.lvz-online.de/aktuell/content/37615.html)

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Quote[...] Was bislang in der Berichterstattung kaum gewürdigt wurde: Die vermeintliche Hatz war nur ein Schauspiel. ,,Seit beinahe 400 Jahren finden bei uns, traditionell am Geburtstag von Rudolf Heß, die altehrwürdigen Pogromspiele statt", erklärt von Braun. Im Pestjahr 1633 hatten die Einwohner von Mügeln gelobt, acht Inder nach Strich und Faden zu versohlen, wenn der Ort von der Plage verschont bliebe. Die schwarze Pest machte tatsächlich einen großen Bogen um die Stadt, wenn auch nur aus Angst vor Übergriffen wegen ihrer Hautfarbe.

Quote
Fred meint:
22-08-2007, 11:35 Uhr
Sehr lustig! Wirklich! *gggggg*
...selten so gelacht! Weiter so!

Quote
Heinz K. meint:
23-08-2007, 11:55 Uhr
Sehr lustig. Schreiben Sie doch mal eine solche Satiere über Kinderschänder, Frauenvergewaltiger und organisierte Verbrecherringe. [...]


Aus: "Satire: Kein Herz für Inder: Mügeln – ein einziges großes Missverständnis" Von Jean Gnatzig (22. August 2007)
Quelle: http://www.welt.de/satire/article1125241/Muegeln__ein_einziges_grosses_Missverstaendnis.html (http://www.welt.de/satire/article1125241/Muegeln__ein_einziges_grosses_Missverstaendnis.html)

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Quote[...] Acht Inder wurden vor einer Woche nach dem Stadtfest von einem Mob zum Teil schwer verletzt. Unklar ist immer noch, wie die Auseinandersetzung begann - aber unzweifelhaft waren rechtsradikale Parolen zu hören, unzweifelhaft waren acht Inder das Ziel der Angriffe.


Aus: "MÜGELN EINE WOCHE DANACH
Beschwichtigen, bemitleiden - und nichts entschuldigen" Von Florian Gathmann, Mügeln (26. August 2007)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,502114,00.html (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,502114,00.html)

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Quote[...] Magdeburg - Eine weitere traurige Fortsetzung der unsäglichen Angriffe auf ausländische Mitbürger hat sich am frühen Samstagmorgen in Magdeburg ereignet: Ein Rechtsextremist attackierte einen Iraker hetzte auf einen Iraker mit dem Baseballschläger und hetzte anschließend seinen abgerichteten Hund auf den Mann. Das Opfer erlitt schwere Verletzungen, der Täter konnte fliehen.

Nach Polizeiangaben wartete der 36-jährige Iraker an einer Bushaltestelle, als ihn ein Unbekannter im Vorübergehen mit ausländerfeindlichen Parolen beleidigte. Ein paar Minuten später kehrte der Rechtsextremist zurück und schlug mit einem Baseballschläger auf den Iraker ein. Nach dieser Aktion hetzte der Täter seinen abgerichteten Kampfhund auf den am Boden liegenden Mann. Das 36-jährige Opfer erlitt eine Platzwunde am Hinterkopf und musste noch am Tatort ambulant versorgt werden.

Eine Zeugin hatte die Gewalttat beobachtet und die Polizei alarmiert, erklärte die Sprecherin der Magdeburger Behörde, Anja Flagmasky. Der Angreifer ließ daraufhin von dem Verletzten ab und konnte unerkannt flüchten. Die Polizei ermittelt nun wegen des Verdachts auf Volksverhetzung und gefährlicher Körperverletzung.

Auch in Rheinland-Pfalz sind am vergangenen Wochenende auf einem Weinfest in der Gemeinde Guntersblum zwei Afrikaner Opfer fremdenfeindlicher Attacken geworden. Ein 26-jähriger Sudanese trug dabei schwere Verletzungen davon, ein 39 Jahre alter Ägypter erlitt schwere Schnittwunden an einer Hand.

Die Behörden hatten den Übergriff bis Freitagabend geheimgehalten. Am gestrigen Sonntag nahm die Polizei den 29-jährigen mutmaßlichen Haupttäter in Gewahrsam. Einen drei Jahre jüngeren Tatverdächtigen setzte die Polizei unter Auflagen wieder auf freien Fuß.

Als Auslöser für die Gewaltorgien gilt die Hetzjagd auf acht Inder im sächsischen Mügeln am vergangenen Wochenende (europolitan berichtete). 14 Menschen erlitten dabei Verletzungen. Inzwischen verhörten die Behörden 50 Zeugen und leiteten gegen zwei 21 und 23 Jahre alte Tatverdächtige Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruch ein.

An einem Friedensgebet gestern Abend in Mügeln nahmen 200 Menschen teil und verteilten Kerzen zum Gedenken an die Opfer. Unterdessen beunruhigt eine Emnid-Umfrage die Gemüter der Politiker. Diese besagt, dass sich 14 Prozent aller deutschen Frauen vorstellen könnten, bei der nächsten Wahl für eine Partei rechts von CDU/CSU zu stimmen. (mk)


Aus: "Rechtsextremer streckt Iraker mit Baseballschläger nieder" (27.08.2007)
Quelle: http://www.europolitan.de/cms/?s=ep_tagesmeldungen&mtid=7940&tid=2 (http://www.europolitan.de/cms/?s=ep_tagesmeldungen&mtid=7940&tid=2)

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Quote[...] Als Sublimierung (von lat. ,,sublimare" = ,,erhöhen") bezeichnet die Psychoanalyse die Umsetzung eines Abwehrmechanismus nicht zugelassener Wünsche und Bedürfnisse in Leistungen, die sozial erwünscht sind oder sogar hoch bewertet werden. Nach psychoanalytischer Ansicht ist die Entstehung der gesamten menschlichen Kultur ein Ergebnis von Sublimierung.

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Sublimierung_%28Psyche%29 (http://de.wikipedia.org/wiki/Sublimierung_%28Psyche%29) (08/2007)

Title: [Endlich a Thema, das aufregt, polarisiert... (Notiz zu Jörg Haider)]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 28, 2007, 09:39:46 AM
Quote[...] LH Jörg Haider (BZÖ) hat angekündigt, Kärnten werde "das erste Land mit einem Bauverbot für Minarette und Moscheen sein". Die Islamische Glaubensgemeinschaft reagierte empört und bezeichnete die Pläne Haiders als Skandal.

[...] "Wir werden den Bau einer Moschee mitten in Spittal an der Drau mittels Sonderwidmung verhindern, weil wir keine Moscheen und Minarette in Kärnten wollen und brauchen. Unter Landeshauptmann Jörg Haider wird es in Kärnten keine Moschee und kein Minarett geben", bekräftigte Petzner.

Quote
Super Jörgi!!!
darthmaul, vor 1 Tag, 1 Stunde, 6 Minuten
Endlich tut einmal einer was gegen die schleichende Islamierung Österreichs. Europa wird dir folgen Jörgi!
Quote
wb0711, vor 1 Tag, 1 Stunde, 5 Minuten
jawohl - der einzig richtige weg!!!

Quote"Kärnten vor einem Krieg der Kulturen schützen"
knabbernossi, vor 1 Tag, 1 Stunde, 10 Minuten
hat Jörgl gesagt. Aber dass er mit solchen Aussagen selber einen Krieg heraufbeschwört...
Es ist immer wieder interessant, welche Themen man findet, um ein Sommerloch in den Medien zu füllen...


QuoteImmer wieder dieselbe Leier.
hexenpower, vor 1 Tag, 1 Stunde, 12 Minuten

Dieses Thema interessiert niemanden.
Islam hin und her ! Es ist die Sache der Muslime ob sie sich in Österreich ein Gebetshaus bauen oder nicht.
Und Haider geht das gar nichts an ob ein Gebetshaus errichtet wird oder nicht. Das ist alleinige Sache der Muslime und dieser Religionsgemeinschaft. Und auf irgendeine Hetzaussage
sollte man gar nicht mehr reagieren.
Sondern sie schlichtweg zurückweisen. Der ORF braucht Gebetshäuser gar nicht mit einem roten Kreuz durchstreichen. Das trägt ebenfalls zur Hetze bei.

QuoteDas erhöht seine Chancen...

triebwerk, vor 1 Tag, 1 Stunde, 27 Minuten
...auf seine Wiederwahl gewaltig.

QuoteMa, bin i was froh!
jauntaler, vor 1 Tag, 1 Stunde, 46 Minuten
Endlich a Thema, das aufregt, polarisiert, die guten und bösen Geister aus ihren Winkeln holt und zeigt, wie klug unser Landeshauptmann ist! [...]


Aus: "Leitkultur schützen" (08/2007)
Quelle: http://kaernten.orf.at/stories/217207/ (http://kaernten.orf.at/stories/217207/)

Title: [Hüfthoch mit Urin vollgesogen... / KW?? / 01.09.2007]
Post by: lemonhorse on September 02, 2007, 02:00:21 PM
Quote[...] Die Mauersockel der Häuser sind hüfthoch mit Urin vollgesogen. Aus Ekelerfahrung laufen die Fußgänger hier nur in gebückter Haltung, um die Hundehaufen rechtzeitig zu erkennen.

Quote[...] Sitze ich als sogenanntes Migrantenkind heute im Bus und höre mir die Gespräche der anwesenden Jugendlichen an (Deutsche wie auch Fremde) krieg ich regelmäßig die Krise.  Sowohl wegen der Art zu reden als auch wegen den Gesprächsinhalten. Als wäre die Intelligenz in den Köpfen der Leute ausgewandert. (Verheerenc (1.9.2007, 18:56 Uhr))



Aus: "Deutschland: Die neue Klassengesellschaft" (Von Walter Wüllenweber, stern-Artikel aus Heft 35/2007)
Quelle: http://www.stern.de/politik/deutschland/:Deutschland-Die-Klassengesellschaft/596663.html (http://www.stern.de/politik/deutschland/:Deutschland-Die-Klassengesellschaft/596663.html)

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http://de.wikipedia.org/wiki/Klassengesellschaft (http://de.wikipedia.org/wiki/Klassengesellschaft)

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Eine Nebenschauplatz Bemerung zu: "Deutschland: Die neue Klassengesellschaft"
(Von Walter Wüllenweber, stern-Artikel aus Heft 35/2007)

Quote[...] Die Sorgen um die Schulbildung der Kinder und die Kultur der Nachbarschaft führen also zu einer wachsenden Spaltung der Gesellschaft.


Quote[...] Der Begriff Kultur gehört zu den belasteten und "amorphen" Erscheinungen des gesamteuropäischen Wortschatzes – wie etwa die Wörter "Rasse", "Ideologie", "Ethnie" etc. Einerseits die nahezu unendlichen semantischen Kontexte, in denen er Anwendung fand und findet , andererseits seine unrühmliche Rolle als Gradmesser bei menschenverachtenden politischen und sozialen Praktiken der Vergangenheit wie der Gegenwart (Kolonialismus, Nationalsozialismus, "Neo-Rassismus", Fremdenfeindlichkeit) machen eine unkritische Rezeption dieses Begriffs problematisch. Hinzu kommt sein aktueller, manchmal durchaus verherrlichender Gebrauch bei politisch brisanten Diskussionen (Multikulturalität, kulturelle Rechte, Kulturkampf, politische Kultur, kulturelle Identität etc.), der ihn entweder ohne jede inhaltliche Bestimmung als Universalbüchsenöffner einsetzt und damit die Konfusion verdichtet – oder aber viele TheoretikerInnen in immer kürzer werdenden Abständen zu Neudefinitionen zwecks Abgrenzung zwingt und damit dem semantischen Pluralismus erneut Tür und Tor öffnet.

Aus: "Hakan Gürses: Der andere Schauspieler - Kritische Bemerkungen zum Kulturbegriff" (2000)
Quelle: http://them.polylog.org/1/agh-de.htm (http://them.polylog.org/1/agh-de.htm)

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http://de.wikipedia.org/wiki/Kultur (http://de.wikipedia.org/wiki/Kultur)

Title: [Size matters im Sakralbau... (Hysterischer Materialismus)]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 03, 2007, 03:26:39 PM
Quote[...] Hysterischer Materialismus
Von Beta @ 14:19   

Der häufig verwendete, aber deswegen nicht minder daneben greifende Begriff Kampf der Kulturen (kültürler çat??mas?) sollte besser durch den adäquateren Ausdruck hysterischer Materialismus (???????????? ???????????) ersetzt werden.

Worum geht es beim Kampf der Kulturen? Um Lebensmittel (Schwein oder Nicht-Schwein), Drogen (Alkohol oder Opium), Kleidung (Kopftuch, Bikini, Turban ...), Bärte, Sex (die ewige Frage, wer darf wie mit wem? oder auch: wer darf wem was wo hineinstecken?) und Häuslebauen. Purer Materialismus also. Das Sein bestimmt das Bewusstsein, oder auch: You are what you eat, beziehungsweise Size matters im Sakralbau.

[...]


Aus: "Hysterischer Materialismus" (Von Beta @ 14:19)
Quelle: http://alpha.blueblog.ch/woerter/hysterischer-materialismus.html (http://alpha.blueblog.ch/woerter/hysterischer-materialismus.html)
Title: [Leitkultur und Frankfurter Handkäse... (Notiz)]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 04, 2007, 01:51:31 PM
Quote[...] Bassam Tibi sprach 1998 in seinem Buch ,,Europa ohne Identität" von einer ,,europäischen Leitkultur". Im selben Jahr verwendete der Zeit-Herausgeber Theo Sommer erstmals den Begriff ,,deutsche Leitkultur", um eine Diskussion über Integration und Kernwerte in Deutschland anzustoßen: ,,Integration bedeutet zwangsläufig ein gutes Stück Assimilation an die deutsche Leitkultur und deren Kernwerte" (,,Der Kopf zählt, nicht das Tuch", ZEIT 30/1998).

Zu einer breiten öffentlichen Diskussion kam es jedoch erst, als Friedrich Merz, damals Fraktionsvorsitzender der CDU im Bundestag, am 25. Oktober 2000 in der ,,Welt" Regeln für Einwanderung und Integration als ,,freiheitlich-demokratische" deutsche Leitkultur forderte und sich gleichzeitig gegen Multikulturalismus wandte. An den Umstand, dass der Begriff ,,deutsche Leitkultur" von Sommer geprägt worden war, hatte Ernst Benda während der polemisch geführten öffentlichen Diskussion in einem Leserbrief an die FAZ erinnert (,,Theo Sommer für Leitkultur", FAZ, 9. November 2000). Auch Merz bezog sich danach ausdrücklich auf Sommer. Dieser wies die Bezugnahme jedoch zurück. Er habe sich nur für Integration, aber nicht gegen Zuwanderung ausgesprochen (,,Einwanderung ja, Ghettos nein - Warum Friedrich Merz sich zu Unrecht auf mich beruft", ZEIT 47/2000). Auch Bassam Tibi wehrte sich gegen die politische Instrumentalisierung und sprach von einer ,,mißglückten deutschen Debatte". Der Begriff ,,deutsche Leitkultur" war teilweise auf öffentliche Ablehnung gestoßen und als ,,Steilvorlage für die Neue Rechte" bezeichnet worden.

2005 hatte der Bundestagspräsident Dr. Norbert Lammert (CDU) in einem ZEIT-Interview für eine Fortsetzung der Debatte um die ,,Leitkultur" gefordert, da die erste ,,sehr kurze Debatte voreilig abgebrochen" worden sei: ,,Zu den Auffälligkeiten dieser Kurzdebatte gehörte, dass es eine breite, reflexartige Ablehnung des Begriffes gab, obwohl – oder weil – sich in der Debatte herausstellte, dass es eine ebenso breite Zustimmung für das gab, worum es in der Debatte ging" (»Das Parlament hat kein Diskussionsmonopol«, ZEIT 43/2005). Eine nennenswerte öffentliche Reaktion auf diesen Vorstoß unmittelbar nach der Wahl zum Parlamentspräsidenten gab es nicht. Lammert forderte später, in einem Gastbeitrag in der Zeitung ,,Die Welt", eine Diskussion über die Leitkultur auch auf europäischer Ebene zu führen, um die Möglichkeit der Identitätsbildung in einer multikulturellen Gesellschaft zu eruieren: ,,Wenn ein Europa der Vielfalt nationale Identitäten bewahren und dennoch eine kollektive Identität entwickeln soll, braucht es eine politische Leitidee, ein gemeinsames Fundament von Werten und Überzeugungen. Eine solche europäische Leitidee bezieht sich notwendigerweise auf gemeinsame kulturelle Wurzeln, auf die gemeinsame Geschichte, auf gemeinsame religiöse Traditionen" (Die Welt, 13. Dezember 2005).

Im Zusammenhang mit dem sog. ,,Karikaturenstreit", bei dem im Februar 2006 in muslimischen Ländern mit meist gewalttätigen Protesten auf die Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen reagiert worden war, erneuerte Lammert seine Forderung nach einer Debatte über Leitkultur. Der Streit um die Mohammed-Karikaturen zeige ,,die Unvermeidlichkeit einer solchen Selbstverständigung unserer Gesellschaft über gemeinsame Grundlagen und ein Mindestmaß an gemeinsamen Orientierungen", wie der Parlamentspräsident im Deutschlandfunk erläuterte. Ein reiner Verfassungspatriotismus reiche nicht aus, da jede Verfassung von kulturellen Voraussetzungen lebe, die ,,ja nicht vom Himmel" fielen. Grundrechte wie die Presse- und Meinungsfreiheit müssten von einem gesellschaftlichen Konsens getragen werden. Die Zusammenhänge zwischen Rechten und Ansprüchen auf der einen Seite und kulturellen Überzeugungen auf der anderen müssten vor dem Hintergrund einer multikulturellen Gesellschaft in einer grundlegenden Debatte wieder hergestellt werden. Die ,,bestenfalls gut gemeinte, aber bei genauerem Hinsehen gedankenlose" Vorstellung von Multikulturalität sei inzwischen an ihr ,,offensichtliches Ende" gekommen. Multikulturalität könne nicht bedeuten, daß in einer Gesellschaft alles gleichzeitig und damit nichts mehr wirklich gelte. In Konfliksituationen müsse klar entschieden werden, was Geltung beanspruchen könne und was nicht. Lammert betonte dabei, dass er bewusst nie von ,,deutscher Leitkultur" gesprochen habe. Das, was für die in Deutschland grundlegende Kultur prägend sei, gehe weit über nationale Grenzen hinaus. Daher sei, wenn der Begriff überhaupt einen Zusatz verdiene, angemessener von einer ,,europäischen Leitkultur" zu sprechen (zitiert nach FAZ, 8. Februar 2006, Nr. 33 / Seite 4).

Paul Nolte spricht in seiner Schrift ,,Generation Reform. Jenseits der blockierten Republik" aus 2004 von einer bürgerlichen Leitkultur, an der sich die Neue Unterschicht zu orientieren habe.

[...] Der Begriff Europäische Leitkultur von Bassam Tibi bezeichnet einen Wertekonsens basierend auf den Werten der ,,kulturellen Moderne" (Jürgen Habermas) und beinhaltet:

    * Vorrang der Vernunft vor religiöser Offenbarung,
    * Demokratie, die auf der Trennung von Religion und Politik basiert,
    * Pluralismus und
    * Toleranz

Im Rahmen der Debatte über Integration von Migranten in Deutschland regte Bassam Tibi an, eine solche Europäische Leitkultur für Deutschland zu entwickeln. Er sprach sich für Kulturpluralismus mit Wertekonsens, gegen wertebeliebigen Multikulturalismus und gegen Parallelgesellschaften aus. Er stellte ,,Einwanderung" (gesteuert, geordnet) gegen ,,Zuwanderung" (wildwüchsig, einschließlich illegale Migration und Menschenschmuggel). In der sich anschließenden Debatte tauchten auch Begriffe wie ,,Westliche Leitkultur", ,,Christliche Leitkultur", oder ,,Freiheitlich-Demokratische Leitkultur" auf.

[...] Leitkultur wurde bei der Wahl für das Wort des Jahres 2000 auf den 8. Platz gewählt, Deutsche Leitkultur im gleichen Jahr von der Pons-Redaktion zum Unwort des Jahres 2000.

2007 griff der CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla den Begriff erneut auf, um ihn in das Parteiprogramm zu übernehmen.


Aus: "http://de.wikipedia.org/wiki/Leitkultur" (09/2007)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Leitkultur (http://de.wikipedia.org/wiki/Leitkultur)

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Quote[...] Werte sind ein zentraler Bestandteil vieler Verhaltensvorschriften, jedoch sind sie nicht selber Verhaltensvorschriften.

[...] Das System aller Werte ist scheinbar nicht widerspruchsfrei bzw. einzelne Werte scheinen mit bestimmten anderen Werten in einem Konkurrenzverhältnis zu stehen. So wird gelegentlich postuliert, dass der Wert des Wohlstands im Konflikt mit dem Wert der Nachhaltigkeit oder der Wert der individuellen Freiheit mit anderen Werten (etwa der Gleichheit) steht.

Eine differenziertere Betrachtung ergibt allerdings auch hier ein entsprechend differenzierteres Bild. So werden bei solchen Debatten oft verschiedene Zeit- und Abstraktionsebenen vermischt. Im obigen Beispiel etwa steht der Wert des Wohlstands nur kurzfristig im Konflikt mit dem Wert der Nachhaltigkeit; langfristig kann ohne Nachhaltigkeit auch kein Wohlstand generiert werden. Auch die Freiheit steht im Grunde nicht im Gegensatz zu anderen Werten, sondern mit anderen Freiheiten (bzw. der Freiheit anderer).

Andererseits können in konkreten Situationen jedoch Werte miteinander in Konflikt treten, die abstrakt gesehen durchaus vereinbar scheinen. Es ist dann nicht möglich, sich so zu verhalten, dass man allen Werten gleichzeitig gerecht wird. Jedoch werden auch nicht alle Werte als gleichrangig angesehen, so dass auch in solchen Fällen meist eine mehr oder weniger klare Orientierung gegeben ist. Die jeweilige Gewichtung eines Wertes ist im Einzelfall sowohl situations- als auch kulturabhängig. Aber auch hier ist zu prüfen, ob es sich tatsächlich um eine Kollision von (abstrakten-generellen) Werte an sich, oder vielmehr nicht doch um einen (konkret-individuellen) normativen Zielkonflikt ("Pflichtenkollision") handelt (vgl. hierzu etwa die von Max Weber geprägte Unterscheidung zwischen Verantwortungs- und Gesinnungsethik).

[...]     * "Küssen in der Öffentlichkeit, Schinken-Sandwiches, offener Streit, scharfe Klamotten, Kino, Musik, Gedankenfreiheit, Schönheit, Liebe." Salman Rushdie auf die Frage wie er die westlichen Werte definiere.

    * Der Volkswirt Hans Wilhelm Ritschl hat in seiner Volkswirtschaftslehre von 1947 (!) angesichts der uferlosen Wertlehren einen nicht unebenen Schüttelreim in einer Fußnote versteckt:

Dem, der da lehrt, wehre
nicht seine Wertlehre.
Denn wer lehrt,
stiftet Lehrwert.

    * Wir erleben gegenwärtig eine Renaissance der Werte-Diskussion, die auch und gerade vor den Unternehmenstoren nicht halt macht. Bernhard von Mutius


http://de.wikipedia.org/wiki/Werte (http://de.wikipedia.org/wiki/Werte)

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Quote[...] Die Einhaltung sozialer Normen wird durch Sanktionen (Belohnung oder Bestrafung) kontrolliert. Diese Sanktionen können durch die Mitmenschen erfolgen oder durch Personen in einer bestimmten Machtposition.

Soziale Normen sind von den meisten Gesellschaftsmitgliedern (sozialen Akteuren) akzeptierte und vertretene Vorstellungen, Handlungsmaximen und Verhaltensmaßregeln wie z. B. (in unserer Kultur!), dass man beim Essen nicht schmatzt, dass man sich den Hosenschlitz in einem unbeobachteten Moment zuzieht, oder dass man andere Menschen nicht anrempelt. Soziale Normen strukturieren so die Erwartungen der Interaktionspartner in einer Situation und machen das Handeln und Reagieren in einem gewissen Maße vorhersagbar, sie reduzieren daher Komplexität im sozialen Miteinander, engen aber die Verhaltensmöglichkeiten auch ein.

Normvorstellungen können miteinander konkurrieren (vgl. Soziale Rolle). Systemtheoretisch aufgefasst, stehen sie jedoch miteinander in einem hierarchischen Bezug, bei dem die jeweils weiter "oben" angesiedelten Handlungsempfehlungen einen Allgemeinbegriff einsetzen, wo die Einzelnorm einen besonderen Fall beschreiben. Beispiel: Eine Einzelnorm besagt, dass man beim Essen (wegen der möglichen Verletzungsgefahr) kein Nahrungsmittel mit dem Messer aufspießen und zum Mund führen soll. Beim Verzehr eines Frankfurter Handkäses gilt jedoch die umgekehrte Norm, dass aufgrund ortsüblicher Sitte ausschließlich mit dem Messer verzehrt werden darf.


Aus: "Soziale Norm" (09/2007)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Soziale_Norm (http://de.wikipedia.org/wiki/Soziale_Norm)

Title: ["und die Kultur entartet"... (Notiz, Kardinal Meisner)]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 17, 2007, 03:21:49 PM
Quote[...] Bei der Eröffnung des Kölner Diözesanmuseums Kolumba hatte Meisner in seiner Predigt am Freitagabend gesagt: "Dort, wo die Kultur vom Kultus, von der Gottesverehrung abgekoppelt wird, erstarrt der Kultus im Ritualismus und die Kultur entartet."

Als "entartete Kunst" hatten die Nazis moderne Werke bezeichnet, die nicht ihrem Kunstverständnis entsprachen.

Der Tübinger Theologe Hans Küng sagte der Zeitung "Welt am Sonntag", man dürfe komplexe Zusammenhänge nicht in solch fahrlässiger und primitiver Form ausdrücken wie der Kardinal. Jede echte Kunst stelle die Sinnfrage, doch dürfe man es keinem Künstler verwehren, "auch das Chaos, das Hässliche und Böse darzustellen".

Der nordrhein-westfälische Kulturstaatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff (CDU) sagte dem "Kölner Stadt-Anzeiger": "Dass Kardinal Meisner sich zu einem solchen Sprachgebrauch hinreißen lässt, ist erschreckend." Das Wort "entartete Kunst" stehe für eines der schlimmsten Kapitel der deutschen Geschichte und einen katastrophalen Umgang mit Kunst und Kultur.

[...] In einer Mitteilung des Erzbistums Köln zu den Vorwürfen wies Meisner darauf hin, dass er sich nicht den Sprachgebrauch der Nazis zu eigen gemacht habe. Wenn die kritisierte Aussage im Gesamtzusammenhang der Predigt gesehen werde, könne ein solcher Vorwurf nur als absurd bezeichnet werden. Die Ideologie und das Kunstverständnis der Nationalsozialisten lägen ihm völlig fern.

Der Kölner Generalvikar Dominik Schwaderlapp verteidigte Meisners Äußerung. "Wer dieses einzelne Wort isoliert und Assoziation des Nationalsozialismus dem unterlegt und damit dem Kardinal vorwirft, dass er dieses Vokabular oder dieses Denken benutzt, dann kann ich dies nur in aller Schärfe zurückweisen", erklärte Generalvikar Dominik Schwaderlapp am Wochenende im domradio. Nichts liege dem Kardinal ferner als das nationalsozialistische Gesellschaft- oder Kulturbild.

Quote[...] Goethe beschreibt die Gefahr des Autonomieverlustes von Kunst vortrefflich im "Torquato Tasso" im 1. Aufzug 4. Auftritt durch das Zwiegespräch von Tasso und Antonio. Dabei geht es um das Wirken eines Papstes Gregor. Tasso:" Erfreut die Wissenschaft, erfreut die Kunst sich seines Schutzes auch? Und eifert er den großen Fürsten alter Zeiten nach?" Antonio:" Er ehrt die Wissenschaft, sofern sie nutzt, den Staat regieren, Völker kennen lehrt; Er schätzt die Kunst, sofern sie ziert, sein Rom verherrlicht und Palast und Tempel zu Wunderwerken dieser Erde macht".

Es bleibt zu hoffen, dass Meisner sein Kunstverständnis einmal überdenkt und sich vielleicht der Lehren des vom Klerus im Mittelalter exkommunizierten Mystikers Meister Eckhart erinnert. Nicht nach draußen solle man nach Meister Eckhart gehen, sondern bei sich selbst einkehren. Denn dort im Grunde der Seele, leuchte das unauslöschliche göttliche Licht, die ungeschaffene Weisheit (aus: "Wer ist Meister Eckhart? herausgegeben von der Erfurter Stadtverwaltung zur gleichnamigen Ausstellung im Erfurter Stadtmuseum).

Für mich ist jedenfalls auch profane Kunst von "Gottlosen" Kunst und nicht mangels Gottesbezug sinnentleert.


Aus: " Gottlose Kunst?" von Baucis  (16.09.07)
Kardinal Meisner vertritt in Festpredigt die Auffassung, die Entkoppelung der Kultur von der Gottesverehrung führe zur Entartung der Kultur.
Quelle: http://www.rp-online.de/hps/client/opinio/public/pjsub/production_long.hbs?hxmain_object_id=PJSUB::ARTICLE::225533&hxmain_category=::pjsub::opinio::/politik___gesellschaft/deutschland/debatte (http://www.rp-online.de/hps/client/opinio/public/pjsub/production_long.hbs?hxmain_object_id=PJSUB::ARTICLE::225533&hxmain_category=::pjsub::opinio::/politik___gesellschaft/deutschland/debatte)


Quote
Erna Weitblick | 16.09.07 |  22:29  Uhr
RE: Gottlose Kunst?
ein schöner Artikel der auch zeigt, dass die kopernikanische Wende im katholischen Denken noch nicht wirklich statt gefunden hat.

liebe Grüße aus Düsseldorf von Erna




Aus: "Streit über "entartete" Kunst: Zentralrat der Juden nennt Meisner geistigen Brandstifter" (16.09.2007)
Quelle: http://www.rp-online.de/public/article/aktuelles/panorama/deutschland/480355 (http://www.rp-online.de/public/article/aktuelles/panorama/deutschland/480355)

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Quote[...] Der Kölner Kardinal Meisner hat gar nicht unrecht, wenn er sagt, die schönsten Menschenbilder Europas seien Bilder von Christus, Maria und den Heiligen. Man muss nur fragen, welche Bilder er meint. Meint er die blutüberströmten, asthenischen Schmerzensmänner der spätmittelalterlichen Skulptur oder den athletischen, mit gebietender Hand richtenden, als neuer Apollo aus blauem Himmel hervortretenden Christus in Michelangelos Jüngstem Gericht?

Meint er die suggestiv gequälten, von Pfeilen durchbohrten nackten Sebastiansfiguren der barocken Malerei? Meint er weibliche Heilige, denen man ihre abgeschnittenen Brüste auf Silbertabletts zum Zeichen ihres Martyriums vor die nach oben gedrehten Augen hält?

Oder doch eher die grotesken Monstren und grausig geöffneten Höllenschlünde der hochmittelalterlichen Kirchenplastik oder das leibhaftig brutzelnde Inferno, das uns nicht nur Dantes Göttliche Komödie, sondern auch so manches Goldgrundbild von Rhein und Maas ausmalt?

Vielleicht zieht Meisner zarte Madonnen vor, die mit spitzen Fingerchen an einer Rose riechen, während unten im Gras der kleine Jesus und der kleine Johannes mit einem Lämmchen spielen. Wenn er ein Mann von Geschmack ist, dann wird er vielleicht würdige Apostelfiguren besonders schätzen, die mit gebauschten Togen wie antike Rhetoren in die Kirchenschiffe grüßen.

Der Feldzug, den der Kardinal derzeit in Kunstdingen führt, und den er mit seiner Kritik an Gerhard Richters Kölner Domfenster begann, hat eine klare Stoßrichtung: gegen abstrakte und für figürliche Kunst; für eine Kunst, die - durch das "Menschenbild" - im übergeordneten Zusammenhang einer christlichen "Kultur" eingeordnet ist und kein Selbstzweck sein darf, sondern der "Gottesverehrung" dienen soll; für eine Kunst also, die den modernen "Verlust der Mitte" nicht für sich gelten lässt. So äußerte sich Meisner jetzt zur Eröffnung des Museums "Kolumba", des neuen Kölner Diözesanmuseums.

Man darf, wenn man diese Position erörtert, die Vokabel "entartet", die der Kirchenfürst gebrauchte, zunächst auf sich beruhen lassen. Sie bedeutet entweder eine Eselei oder eine Provokation (mutmaßlich beides), die bestenfalls Anlass zu einem leichten Sieg gäbe. Man sollte ihn den Politikern und der innerkirchlichen Kritik überlassen.

Wer aber, angeregt von Meisner, Hans Sedlmayrs Klassiker "Verlust der Mitte" noch einmal liest, der wird eine beeindruckende Analyse der neuzeitlichen Kunstentwicklung seit 1800 entdecken und zugleich die Zwangsläufigkeit der von Sedlmayr apokalyptisch verdammten Tendenzen erkennen. Ja, die Bauaufgaben haben sich wegentwickelt von Kirche und Palast - aber sollten wir deshalb keine Theater, Bahnhöfe oder Bürohäuser mehr bauen?

Ja, die Architektur ist "geometrisch" geworden, sie verleugnet vielfach die Schwerkraft - aber soll man deshalb auf Glas und Stahl verzichten? Die Stile sind beliebig wählbar geworden - sollen wir im Gegenzug aufs historische Gedächtnis verzichten? Jede der deskriptiv brillanten Diagnosen Sedlmayrs führt in eine ausweglose Frage, wenn man sie normativ wendet.

Man muss gar nicht die Abstraktion von Hegels Ästhetik erklimmen, die den aufgeklärten Gottesbegriff der christlichen Theologie für nicht mehr kunstfähig erklärte, es genügt vollkommen, auf die materiellen Bedingungen der modernen Welt hinzuweisen, um zu erkennen, warum es mit der alten christlichen Kunst vorbei ist. Nicht nur die Kunstaufgaben haben sich fast grenzenlos diversifiziert, die Kunst selbst hat eine Dynamik angenommen, die sie von "Aufgaben" im traditionellen Sinn weitgehend entbunden hat.

Quote

17.09.2007 08:02:53

Musikwudd: LINGUA TERTII IMPERII - GESINNUNGSNäHE ?

Die Sprache des 3. Reiches ist erschöpfend analysiert worden.
Ergebnisse sind auf die Anwender anzuwenden.
Wollten nicht schon damals stramm national gesinnte Kristen mithilfe der braunen Partei Russland re-christianisieren?
Wodurch hat sich Hr. Meisner als Kunstkritiker qualifiziert? Ist die Kunst- und Kulturkritik im Theologiestudium eingebaut und Teil desselben?

Es liegt an uns, ob der Klerikalfaschismus global weiter im Vormarsch begriffen sein kann.
Ich differnziere dabei nun auch nicht mehr zwischen orthodoxen Juden, Kristen oder Muselmanen!

GOtt ist tot
und
Moses,Jesus, Meisners, Mixas und Mohammed sind seine Pro-Feten!

Quote

16.09.2007 18:54:53

derblauebarbar: Verlust der Mitte

Ertsmal herzlichen Dank an G. Seibt, daß er sich an einer Inhaltsanalyse des Gesagten versucht und leidige Nebenkriegsschauplätze meidet.

Im Einzelnen wird sich wohl nicht eruieren lassen, wogegen Meisner genau ist und es wird wohl auch nicht klar werden, wofür er genau ist.

Meisner hat in einem verbalen Rundumschlag und mit drastischen Mitteln seinen Unmut über eine postmoderne Beliebigkeit zum Ausdruck gebracht - so interpretiere ich (was bleibt mir anderes übrig) seinen Ausbruch, der sich am konkreten Kunstwerk festmachte.

Ich teile seine Auffassung nicht, daß sich Kunst und Kultur überhaupt voneinander entfremden können. Aber da hat Meisner wohl einen anderen Kunstbegriff als ich. Soll er.

[...]




Aus: "Meisner und die "entartete" Kunst: Vor dem Verlust der Mitte" (SZ vom 17.9.2007)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/kultur/artikel/341/133094/4/ (http://www.sueddeutsche.de/kultur/artikel/341/133094/4/)

Title: [Es gibt die Wir-Gruppe und die Sie-Gruppe... (Notiz, Hamburger Lektionen)]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 20, 2007, 12:28:30 PM
Quote[...]
QuoteRomuald Karmakar (42)  ist Autodidakt: 1984 hat er sich eine Super-8-Kamera gekauft und dreht seither Filme. Seine Sujets findet er dort, wo andere die Augen verschließen. "Coup de boule" (1987) befasst sich mit Formen lustvoll-aggressiver Körperlichkeit unter Rekruten in der französischen Armee; "Gallodrome" (1988) mit Hahnenkämpfen, "Hunde aus Samt und Stahl" (1989) mit Kampfhunden und "Warheads" (1993) mit Fremdenlegionären und Söldnern. Oft geht es um die Perspektive von Tätern, von Gewaltausübenden. Für den Spielfilm "Der Totmacher" (1995) erhielt er den Deutschen Filmpreis. Zu seinen jüngeren Arbeiten gehören der Spielfilm "Die Nacht singt ihre Lieder" (2004) und der  Musikfilm "196 BPM" (2002). 2000 drehte Karmakar "Das Himmler-Projekt". Darin liest der Schauspieler Manfred Zapatka eine Rede Heinrich Himmlers.



Quote"HAMBURGER LEKTIONEN"

Ende der 90er-Jahre wurde Mohammed Fazazi Imam der Al-Quds-Moschee im Hamburger Stadtteil St. Georg. Im Januar 2000, in den letzten Tagen des Fastenmonats Ramadan, hielt Fazazi im Gebetsraum der Moschee mehrere "Lektionen", bei denen die Anwesenden Fragen zu verschiedenen Aspekten des korangemäßen Lebens stellen konnten. Diese Sitzungen wurden auf Video aufgenommen. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 wurde bekannt, dass drei der vier Selbstmordattentäter regelmäßig die Al-Quds-Moschee besuchten und in engem Kontakt zu Fazazi standen. 2003 wurde er in Marokko zu 30 Jahren Haft verurteilt - als geistiger Anstifter der Selbstmordattentäter in Casablanca. Für seinen Film "Hamburger Lektionen" hat der Berliner Regisseur Romuald Karmakar die Mitschnitte von zwei dieser Vorträge Fazazis transkribieren und übersetzen lassen. Der Schauspieler Manfred Zapatka trägt den Text nüchtern vor; die Kamera hält meist still, Schnitte und Veränderungen der Einstellungsgröße sind selten. Gerade in dieser Nüchternheit, dieser Reduktion ist "Hamburger Lektionen" beeindruckend. In seinen 130 Minuten Laufzeit gewährt der Film tiefe Einsichten in die innere Logik fundamentalistischen Denkens.

taz: Fazazi ist ein islamistischer Extremist. Wie sieht die Utopie aus, die er seinem Publikum anbietet?

Romuald Karmakar: Die Errichtung eines globalen Kalifats, also die Weltherrschaft des Islam in der rigiden, salafistischen Deutung, die er vertritt. Damit transformiert er das Gefühl, vom Westen dominiert und unterdrückt zu werden, in eine künftige Machtperspektive. Er sagt, dass die Errichtung des Kalifats hunderte von Jahren dauern kann - aber das ist eine sinnstiftende Idee. Es ist ein Projekt, das größer ist als das Leben der Individuen. Es ist ein wasserdichtes Utopie-Projekt, in dem außerdem definiert wird, wie man alltäglich zu leben hat. Ein All-inclusive-Angebot.

taz: Die salafistische Idee, dass das Heil darin besteht, so zu leben wie im 7. Jahrhundert, erscheint uns als obskur. Vertraut ist aber die Struktur der Rede. Es gibt einen Text, der die Offenbarung enthält - so wie die Bibel. Und es gibt den Interpreten, dessen Autorität auf der Textexegese beruht.

Romuald Karmakar: Manche Zuschauer haben gesagt: Ich war Ministrant, mir kommen manche Argumente ziemlich bekannt vor.

taz: Ein weiterer roter Faden des Textes ist die Definition des Feindes. Er geht so weit zu sagen, dass Muslime auch Frauen und Kinder töten dürfen, wenn diese dem Islam schaden. Das ist totalitär, aber auch ein vertrauter Text: Die Freund-Feind-Bestimmung gehört zum Kernbestand modernen politischen Denkens.

Romuald Karmakar: Fazazi beschwört ein binäres System: Es gibt die Wir-Gruppe und die Sie-Gruppe. Fazazi definiert, was man tun muss, um zur Wir-Gruppe zu gehören - nämlich seiner höchst strikten, wortwörtlichen, salafistischen Form des Islam zu folgen. Solche Tugendkataloge, die Wir und Sie unterscheiden, sind typisch für extremistische Gruppen. Die gibt es auch bei der SS. Fazazi vermittelt dem Publikum die Idee, Träger der Offenbarung zu sein. Die Einzelnen handeln nicht als Individuen, sondern als Agenten einer Vision. Auch das erinnert an Himmlers Rhetorik, der die Zukunft des Tausendjährigen Reiches beschwor. Und dass die SS die Elite ist, die sich für diesen Auftrag über alle Regeln hinwegsetzen darf.

taz: Manfred Zapatka liest, in ähnlicher Diktion und Inszenierung, die Texte von Himmler und Fazazi. Liegt darin nicht die Gefahr, ein Gleichheitszeichen zwischen Himmler und Fazazi zu setzen - und damit zwischen Nationalsozialismus und radikalem Islamismus?

Romuald Karmakar: Ach nein, der Unterschied ist doch deutlich. Der Nationalsozialismus 1943 war staatlich legitimierter Terror von völlig anderer Größenordnung. Insofern kann man, was die Ausmaße des Terrors angeht, nichts gleichsetzen. Doch Himmler und Fazazi haben ein ähnliches Thema. Sie versuchen etwas zu legitimieren, was allgemein als Verbrechen gilt, etwa den Massenmord. Und sie wollen ihrem Publikum die Angst nehmen, dies zu tun. Ähnlich sind auch der Absolutheitsanspruch, vollständig im Recht zu sein, und die Selbstermächtigung. Da gibt es auch Parallelen zu Gruppen wie der RAF.

taz: Welche Rolle spielt "Hamburger Lektionen" in Bezug auf den Diskurs über Islamismus in Deutschland?

Romuald Karmakar: Der Film ist klassische Aufklärung. Er vermittelt Wissen über etwas, von dem oft geredet wird, von dem aber die Wenigsten wissen, woraus es sich zusammensetzt - zum Beispiel die Hasspredigt. Das Wort wird oft verwendet. Alle tun so, als wüssten sie, was eine Hasspredigt ist - aber konkret wissen es eben die wenigsten. Es gibt das Klischeebild des Nazis, der schreit. Ein Nazi muss schreien. Wenn er nicht schreit, ist er kein richtiger Nazi. Es hat gedauert, ehe man begriffen hat, dass es auch freundliche, ruhige Nazis gab, die keineswegs weniger extremistisch waren. Ich will zeigen, dass sogenannte Hassprediger auch rational argumentieren.

[...]

taz: Gelassenheit ist aber die klügste Reaktion einer offenen Gesellschaft auf Terrorismus, gegen den es absoluten Schutz nie geben kann.

Romuald Karmakar: Das stimmt. Aber Gelassenheit heißt nicht, dass wir nichts tun. So zu tun, als wäre der gewalttätige Islamismus nicht da, ist einfach, aber falsch.

taz: Im ersten Bild sieht man die Fassade eines Hamburger Hauses, in dessen Hinterhof die Moschee war, in der Fazazi predigte. Ein Alltagsbild, unscheinbar, es könnte überall sein. Liegt darin nicht die Suggestion: Sie sind schon hier, mitten unter uns?

Romuald Karmakar: Nein, das ist ein offenes Bild. Der Text beschreibt ja den konkreten Ort, die Al-Quds-Moschee, und den konkreten Zeitpunkt, den Januar 2000. Das Bild suggeriert nicht, dass so auch in anderen Moscheen geredet wird. Ich wollte mit dem Bild aber zeigen, dass diese Predigt hier gehalten wurde, an einem Ort, an dem deutsche Autos vorbeifahren. Denn es gibt in Deutschland eine Exterritorialisierung des radikalen Islamismus, der überall ist, in London oder Madrid, aber nicht bei uns.

taz: Fazazi ist kein Deutscher. Er ist nicht Teil eines Migrantenkollektivs, wie jene Pakistani der dritten Generation, die britische Staatsbürger sind und Terroristen wurden. Fazazi hingegen ist eine Art Handlungsreisender in Sachen islamistischer Terror, der eine Zeit lang in Hamburg war ?

Romuald Karmakar: Ja, aber er spricht zu Migranten, die sich in Deutschland radikalisiert haben. Insofern gehört dies zu unserer Realität. Das kann man nicht leugnen. 


Aus: "Regisseur Karmakar: "Der islamistische Terror war längst da" ()
Wie hört sich eine Hasspredigt an? Rationaler, als viele denken. In seinem Film "Hamburger Lektionen" zeigt Romuald Karmakar, mit welchen Utopien ein islamistischer Extremist Terror rechtfertigt
Quelle: http://www.taz.de/index.php?id=start&art=4862&id=film-artikel&src=AR&cHash=a66243893d (http://www.taz.de/index.php?id=start&art=4862&id=film-artikel&src=AR&cHash=a66243893d)

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Quote[...] Als Romuald Karmakars Film ,,Hamburger Lektionen" bei der Berlinale 2006 vorgestellt wurde, schrieben wir, dies sei der Film zur Lage – damals war es der Karikaturenstreit, der für Aktualität sorgte. Allerdings konnte sich kein Verleiher entschließen, den Film auch in die Kinos zu bringen. Dies tut nun, nach mehr als einem Dutzend Festivalaufführungen auf der ganzen Welt, mit mehr als eineinhalbjähriger Verspätung der kleine Farbfilm Verleih mit immerhin zehn Kopien – zufällig gerade zeitgleich mit dem Bericht eines Fernsehsenders, die islamistischen Terrorverdächtigen, die kürzlich im Sauerland festgenommen wurden, hätten im Kontakt mit dem in Frankfurt aktiven Hassprediger Said Khobaib Sadat gestanden.

Vielleicht braucht der Film diese direkte Anbindung an die Tagesaktualität, um eine größere Anzahl von Zuschauern zu finden als das spärliche Häuflein, das sich zu einigen Vorpremieren in den letzten Tagen aufmachte. Tatsächlich ist der Entspannungswert des Films gering. Der Erkenntnisgewinn umso größer, jedenfalls für den, der sich an den Gedanken gewöhnt hat, dass eine Verweigerung der Auseinandersetzung mit Islam und Islamismus nicht dazu führen wird, dass unser Leben von ihnen unbeeinflusst bleibt.

[...] Darf man mit einem gefälschten Reisepass auf Pilgerfahrt gehen, will einer wissen. Steht das Gut von Ungläubigen unter dem Schutz des Diebstahlsverbots, ein anderer. Dürfen die Kinder von Ungläubigen getötet werden? Die Frauen? Dürfen Frauen in Not allein reisen?

Gehalten wurden die Predigten in den letzten Tagen des Fastenmonats Ramadan im Januar 2000 in der Hamburger Al-Quds-Moschee. Ein Anwesender hat sie auf Video festgehalten, das Band wurde später in und außerhalb der Moschee verkauft. Fazazi, der seit Ende der neunziger Jahre Imam der Al-Quds-Moschee war, lehrt die salafistische Variante des Islams. Es ist bekannt, dass drei der vier Selbstmordpiloten des 11. September 2001 sowie andere Mitglieder der Hamburger Gruppe mit al-Fazazi in Kontakt standen und regelmäßig seine Predigten hörten.

Im Oktober 2001 kehrt Fazazi in seine Heimat Marokko zurück. Nach den Anschlägen von Casablanca wird er 2003 dort verhaftet und wegen Anstiftung zum Mord und der Teilnahme an der Planung terroristischer Akte zu dreißig Jahren Haft verurteilt. Auch mit den Anschlägen von Madrid ein Jahr später wird er in Verbindung gebracht, er soll ein Mobiltelefon im Gefängnis haben. In Deutschland wurde er nie belangt.

Karmakar ließ die Predigten vom Band transkribieren und von einem Team aus zehn Übersetzern und Bearbeitern unter dem Lektorat von Stan Nadolny in eine wortwörtliche deutsche Fassung übertragen und schließlich von Manfred Zapatka in gleichmäßig neutralem Ton vor der Studiokamera vortragen. Die Einstellungen wechseln kaum. Mal sehen wir Zapatka mehr im Profil, dann wieder frontal, mal ein wenig näher, mal weit genug entfernt, um das Wasserglas in den Blick zu bekommen, das neben ihm auf einem zweiten Hocker steht. Untertitel informieren uns über Lachen, Unruhe, Gemurmel oder Kindergeschrei im Hintergrund – ein Hinweis auf den sozialen Kontext, in dem gepredigt wurde, Erinnerung daran, dass es ein lebendiges Umfeld war, in das diese Worte fielen.

Das ist der ganze Film – zwei, drei Bilder und der lange Text. Keine Musik. Nichts wird nachgestellt, niemals getan, als ob. Was einmal Propaganda war, wird in Karmakars abstraktem Setting zum Dokument aus einem hermetischen Universum mitten in Deutschland, das in dieser Kargheit in vollkommener, brutaler Klarheit vor uns steht: die Lektionen eines Hasspredigers.

Immer wiederkehrende Formulierungen unterstreichen das Sermonhafte des Vortrags – Gott weiß es besser, ist eine dieser Redewendungen und auch die nicht ganz befriedigende Antwort auf die Frage nach der Zulässigkeit des gefälschten Passes auf der Fahrt nach Mekka. Es gibt keinen Gott außer Gott, eine andere, Gott, gepriesen sei er, ist der Zusatz, der niemals fehlen darf. Und zwischen diesen Formeln entwickelt sich langsam eine elliptische Argumentationsführung, aus der so banale Wörter wie Danone oder Zahnpasta (von deren Diebstahl er angesichts fetterer Beute, die zu machen wäre, abrät) herausragen und an deren Ende so etwas steht wie der Aufruf zum totalen Krieg.

Auf dem Weg dorthin wird vor der Gefährlichkeit islamischer Gruppen gewarnt, die die Scharia aus dem Glauben lösen wollen, und daran erinnert, dass der Islam sich in alles einmischt, in die Politik, die Wirtschaft, die Ehe, das Essen, die Beerdigungen, Kleidung und Recht, und dass man sich nicht einfach eine Scheibe von ihm abschneiden und den Rest anderweitig, demokratisch etwa, regeln kann. Härte und Barmherzigkeit des Propheten werden ausgebreitet, wobei die Barmherzigkeit der islamischen Gemeinschaft zuteil wird und die Härte all denen, die sie bedrohen.

Man muss sich, um zu verstehen, was in diesen Predigten vor sich geht, einhören in das, was gesagt wird, den Girlanden folgen, den Abschweifungen und sophistischen Wendungen. Ausschnitte, deftige Passagen, besonders deutliche Aufrufe zum Bruch der Gesetze in Deutschland, ließen sich zwar herauslösen, zerstörten aber, worum es hier eigentlich geht: dass wir verstehen lernen, was eine Hasspredigt ist. Dass wir die Binnenstruktur eines Denkens erkennen, das darum kreist, uns zu vernichten.

Dass wir Narrative, die uns zunächst fremd erscheinen, zu begreifen beginnen und möglicherweise Strukturen wiedererkennen, die in unserer eigenen totalitären Vergangenheit wirksam waren und die Karmakar in seiner ganz ähnlich inszenierten Dokumentation von Himmlers Posener Rede in seinem ,,Himmler-Projekt" vorführte. Und dass wir angesichts des Demagogen der Aufklärung verpflichtet bleiben.


Aus: "Kino Enttarnt" Von Verena Lueken (18. September 2007)
Quelle: http://www.faz.net/s/Rub8A25A66CA9514B9892E0074EDE4E5AFA/Doc~E7E603008B2F74BE4B4D751F5B8DB16A7~ATpl~Ecommon~Scontent.html (http://www.faz.net/s/Rub8A25A66CA9514B9892E0074EDE4E5AFA/Doc~E7E603008B2F74BE4B4D751F5B8DB16A7~ATpl~Ecommon~Scontent.html)


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Quote[...]  Fazazis Lektionen wurden von einem Unbekannten auf Video aufgenommen und als Propagandamaterial vertrieben. Das Drehbuch des Filmes ist nichts anderes als die deutsche Transkription. Zapatka liest den Text nüchtern und distanziert, er führt ihn vor, bringt ihn zur Kenntnis.
Vor der Aussicht, nun 133 Minuten lang den theologischen Haarspaltereien eines Imams folgen zu müsse und angesichts des dicken Manuskriptstapels, den Zapatka in den Händen hält, muss man als Zuschauer zunächst einmal Fluchtreflexe niederkämpfen.
Nichts wie raus aus dem Kino, sagt die innere Stimme. Doch schnell entfaltet das minimalistische Arrangement seine bannende Wirkung. Nicht die extremen Bilder der täglichen Nachrichtenflut, sondern die Worte eines bedächtig sprechenden Mannes vor fast starrer Kamera öffnen den Kosmos des islamistischen Denkens, zeigen die Mentalität seiner Propagandisten und machen die Atmosphäre der Parallelwelt der Moscheen und Gebetshäuser spürbar.

[...]  Dort geht es zum Beispiel um die Frage, wann genau der Ramadan anfange oder in welcher Zwangslage eine Muslima ohne Begleitung ihres Mannes oder eines männlichen Verwandten reisen dürfe. Fazazis Antworten auf solche Fragen der praktischen Lebensführung lassen keinen Zweifel, dass für ihn der Islam das Leben der Gläubigen bis in jede Einzelheit regelt.
Er sei, anders als Judentum und Christentum, die einzige ,,vollständige", die ,,perfekte" Religion, der sich Recht, Politik und Privatleben unterzuordnen hätten. Die grausamen Körperstrafen der Scharia dienten nur dazu, das Wohlergehen der islamischen Gemeinschaft, der Umma, zu sichern. Und diese Gemeinschaft befinde sich im Krieg gegen die ,,Ungläubigen".
Der Westen habe dem Islam den Krieg erklärt, deshalb lebten Muslime in Deutschland und anderen europäischen Ländern in einer feindlichen Umwelt. Deutsche, Franzosen oder Engländer seien nicht Ungläubige, mit denen der Muslim aufgrund einer Vereinbarung friedlich zusammenlebe, sondern Kriegsgegner, die man bei jeder Gelegenheit töten, denen man ,,die Kehle durchschneiden" dürfe.

[...] Ob es geraten sei, das zu tun, hänge vom Kräfteverhältnis ab. Die islamische Welt befinde sich nach Jahrhunderte langer kolonialistischer Ausplünderung in einer Position der Schwäche, Muslime müssten ihre Kräfte klug einsetzen. Fazazis Publikum – das wird auf Untertiteln eingeblendet – kichert gern, wenn der Imam solche Ratschläge gibt.
Zum zweiten Mal hat sich Karmakar der radikalen Reduktion bedient, um durch den Vorhang der massenmedialen Bilder zu dringen. In ,,Himmler-Projekt" sprach Zapatka die Posener Rede des SS-Chefs und schälte so das rassenbiologische Vernichtungsdenken aus aller SS -Kostümverpackung heraus. Die ,,Hamburger Lektionen" beweisen erneut, dass Aufklärung im Kino bedeuten kann, auf Bilder zu verzichten.


Aus: " Kino: Auf Tour im islamistischen Terroristen-Gehirn" Von Eckhard Fuhr (19. September 2007)
Quelle: http://www.welt.de/kultur/article1194151/Auf_Tour_im_islamistischen_Terroristen-Gehirn.html (http://www.welt.de/kultur/article1194151/Auf_Tour_im_islamistischen_Terroristen-Gehirn.html)

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Quote[...] Die Religion der Ungläubigen, sagt Fazazi, ist die Demokratie, und der Gott der Demokratie ist das Volk. Wer wollte dem widersprechen. Wenn Fazazi dann aber von den Menschenrechten und der Demokratie als einer aufgezwungenen Fremdherrschaft spricht und davon, dass alles, was an Feindseligkeit gegen den Islam ausgeübt wird, von eben jenem Volk ausgeht, ahnt man: Da rechtfertigt einer den Tod unschuldiger Zivilisten. Der Westen hat dem Islam die Rohstoffe, die Arbeiter und Fachkräfte gestohlen und hält die Migranten wie Sklaven. Wir holen es uns nur zurück, sagt Fazazi auch noch. Kurz zuvor war es ganz arglos darum gegangen, wann genau der Fastenmonat Ramadan beginnt, ob ein Moslem einer nichtmoslemischen Frau die Hand geben darf, ob er einen Kneipenjob annehmen kann, bei dem er Alkohol ausschenkt, und ob Gott – gepriesen sei er! – mit seiner Vorsehung wirklich alles weiß.

[...] Karmakar wird 2005 durch einen Zeitungsartikel auf die Fazazi-Videos aufmerksam, uraufgeführt werden die ,,Hamburger Lektionen" bei der Berlinale 2006. Seitdem sind eineinhalb Jahre vergangen, mit Festival-Programmierungen und dem 3-Sat-Dokumentarpreis; erst jetzt, sehr spät, kommt der Film in die Kinos.

,,Das Himmler-Projekt" fand nie einen Kinoverleih, auch das Fernsehen scheute sich lange, den Film zu zeigen – weil Neonazis ihn in ihrem Sinne missverstehen könnten. Nach der Ausstrahlung erhielt er dann aber den Grimme-Spezialpreis. Karmakars Annäherung an den Islamisten Fazazi soll am 24. Januar 2008 bei Arte ausgestrahlt werden, immerhin zur Primetime. Dass es wieder so lange gedauert hat, liegt vielleicht am Unbehagen. Daran, dass die ,,Hamburger Lektionen" den gemütlichen Konsens der Bescheidwisser aufkündigen, die den Hass der Hassprediger ohnehin zu kennen glauben und es lieber nicht so genau wissen wollen.



Aus: ""Hamburger Lektionen": Die Musterschüler" Von Christiane Peitz  (Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 20.09.2007)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/kultur/Kino-Hamburger-Lektionen-;art137,2383254 (http://www.tagesspiegel.de/kultur/Kino-Hamburger-Lektionen-;art137,2383254)

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Quote[...] Dann fragt jemand, ob eine Frau eine Flugreise ohne männlichen Begleiter tun darf, vorausgesetzt sie werde zum Flughafen gebracht und abgeholt. Nein, auch dann nicht, dekretiert der Imam, es könnte ja eine Notlandung erforderlich werden, und dann müsse die Frau im Hotel unter einem Dach mit Ungläubigen und Weintrinkern nächtigen.

Fazazi bezeichnet sich selbst als Salafi. Salafisten erkennen einzig den Propheten und die ersten drei Generationen seiner Jünger als Vorbilder an. Sie wollen den perfekten, reinen, unkorrumpierten Islam dieser durch allerlei Innovationen (bidah) verlorenen Frühzeit wiedergewinnen und die Theologie von allen außerislamischen Einflüssen – wie etwa der griechischen Logik – reinigen.

[...] Doch Fazazi geht es um mehr. Allmählich flicht er in die Lebenshilfe Grundsätzliches ein. Wenn ich aufgrund eines Vertrages mit den Ungläubigen – also etwa mit einem deutschen Visum – hierhergekommen bin, muss ich dann nicht nach islamischer Auslegung die Gesetze achten?, fragt einer. Die Visabestimmungen entsprächen nicht der Scharia und seien damit ungültig, antwortet Fazazi. Aber gelten nicht für Ungläubige umgekehrt auch Schutzbestimmungen, sofern sie nicht gegen den Islam arbeiten und ihre Sonderabgaben zahlen? Das sei wohl so, wenn jene in einem islamischen Staat leben, in dem die Scharia gilt. Für die Ungläubigen im Westen aber gebe es keinen solchen Schutz. Ihre Ehre, ihr Hab und Gut, ihre Frauen und Kinder seien halal, sagt er, »antastbar«. Gerade weil sie in Demokratien leben, sind sie alle legitime Ziele des Dschihad. Weil in der Demokratie die Gewalt vom Volke ausgehe, und weil die westlichen Länder ein Weltsystem aufgebaut haben, das überall die Muslime bekriege, entrechte und beraube, seien alle Westler als Kombattanten zu betrachten und dürfen getötet werden, Kinder ebenso wie Soldaten. Den Muslimen Demokratie und Menschenrechte bringen zu wollen, ziele darauf, den Islam zu vernichten: Im Islam gibt es, so Fazazi, statt Volkssouveränität nur die Souveränität Gottes, und alle Rechte des Menschen leiten sich aus den Geboten Gottes.

Fazazi verfügt souverän über alle Register der postkolonialen Klage: Seit Jahrhunderten sind die Muslime beraubt, gedemütigt und betrogen worden. Migranten, sagt er, sind nichts anderes als moderne Sklaven. Der Reichtum des Westens beruht auf Raub von Menschen, Rohstoffen und Ideen. Doch seine Predigt dient nicht bloß der Abfuhr von muslimischen Demütigungs- und Ohnmachtsgefühlen. Ihm geht es um mehr: Fazazis Rede kreist um kriegerische Ermächtigung und politische Machtergreifung im Namen des Islam. Er ist kein Ultraorthodoxer, der das Gesetz besonders streng auslegt. Im altmodischen Gewand des Konservativen vertritt er in Wahrheit eine revolutionäre Botschaft. Er will seine Leute moralisch entsichern. Sie sollen nicht bloß hassen, sie sollen handeln. Und so ist es ja auch gekommen.

Es hat fast zwei Jahre gedauert, bis Romuald Karmakars Film in den Verleih kam. Was er zeigt, ist unwillkommen, weil es bestehende Ängste vor dem Islam verstärken könnte. Karmakar zeigt die Nachtseite unseres mühsamen »Dialogs mit dem Islam«. Darum sollte er auf Islamkonferenzen, in Schulen und vor allem in Moscheen diskutiert werden. Denn am Ende werden nur Muslime, die von der Auslegung ihres Glaubens als Machtergreifungsideologie angewidert sind, den Fazazis das Handwerk legen können.


Aus: "Alles in seinem Namen" Von Jörg Lau (DIE ZEIT, 20.09.2007 Nr. 39)
Quelle: http://www.zeit.de/2007/39/Hamburger-Lektionen (http://www.zeit.de/2007/39/Hamburger-Lektionen)

Title: [Drohungen gegen den Schriftsteller Günter Wallraff... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 25, 2007, 01:45:01 PM
Quote[...] Die Türkisch-Islamische Union Ditib hat islamistische Drohungen gegen den Schriftsteller Günter Wallraff scharf verurteilt. Zugleich lehnte sie am Montag in Köln aber das Vorhaben Wallraffs ab, in Räumen der künftigen Kölner Großmoschee aus den "Satanischen Versen" des Schriftstellers Salman Rushdie zu lesen.

Wallraff wird im Internet von Islamisten bedroht. Hintergrund seien vermutlich seine Pläne, in der geplanten repräsentativen Moschee in Köln aus den "Satanischen Versen" seines Freundes Salman Rushdie zu lesen, sagte Wallraff am Montag in Köln. Der Schriftsteller wird demnach von der Organisation "Islam News Center" im Internet als "Islamfeind Nummer eins" bezeichnet.


Wallraff hatte mit seinem Vorschlag für die Lesung auf die Ankündigung der Ditib reagiert, sie wolle das geplante islamische Gebetshaus für kulturelle Veranstaltungen öffnen.

Radikale Muslime werfen Rushdie vor, mit seinem Buch den Propheten Mohammed beleidigt zu haben. Rushdie hatte nach Veröffentlichung der "Satanischen Verse" aufgrund einer Fatwa des iranischen Ayatollah Chomeini 1989 zeitweise im Verborgenen leben müssen.

Die Ditib, die die umstrittene Großmoschee in Köln bauen will, betonte, die fortschrittliche Religionsauffassung des Islams rechtfertige "unter keinen Umständen die Androhung oder den Einsatz von Gewalt". Ditib-Präsident Sardi Arslan versicherte Wallraff seiner Wertschätzung. "Als Journalist ist es Wallraffs Aufgabe, mit seinen Ideen zu polarisieren und Diskussionen anzustoßen."

Der Schriftsteller bemühe sich um einen konstruktiven Dialog mit den Muslimen in Deutschland und setze sich für die Interessen türkischer Migranten ein, wie schon sein Buch "Ganz unten" zeige. Allerdings würde eine Lesung aus den "Satanischen Versen" in einer Moschee die religiösen Gefühle der Muslime verletzen.

Bei einem letzten gemeinsamen Treffen vor knapp zwei Wochen habe man sich über den Charakter einer solchen Veranstaltung nicht einigen können. "Eine Lesung auf dem Moscheegelände kommt aus Sicht der Ditib sicherlich nicht in Frage."

Wallraff kündigte nun an, er werde demnächst in die Türkei reisen und dort mit führenden Vertretern des Amtes für religiöse Angelegenheiten ein "ernstes Gespräch" über seinen Vorstoß führen. Die von ihm geplante Lesung sei eine "Selbstverständlichkeit".

Wallraff, der den in Teilen der Bevölkerung umstrittenen Moscheebau in Köln-Ehrenfeld befürwortet, will nach eigenen Angaben der Ditib demnächst ein Bücherpaket für deren Bibliothek spenden. Er werde der Trägerin der Bauprojekts ein "Care-Paket mit Weltliteratur" zukommen lassen, sagte der Schriftsteller.

In die Schlagzeilen geraten war Günter Wallraff erstmals in den siebziger Jahren, als er bei der Bild hospitierte und darüber eine Trilogie verfasste, in der er journalistische Versäumnisse und unsaubere Recherchemethoden nachwies. In den achtziger Jahren arbeitete er, als türkischer Gastarbeiter getarnt, bei McDonald's und nahm an lebensgefährlichen Medikamentenversuchen teil, um die Öffentlichkeit über Missstände im Niedriglohnsektor aufzuklären.

Quote

24.09.2007 17:59:56

OxnoxO: Zeit für "Gute Idee - Schlechte Idee"

Schlechte Ideen:

- In einer Synagoge aus "Mein Kampf" lesen
- Auf den Altar des Kölner Doms zu urinieren
- Buddhisten einen saftigen Gulasch servieren
- Aus den "Satanischen Versen" in einer Moshee zu lesen

Gute Ideen:

- Mehr Respekt für Andersgläubige
- Anstand vor Geltungsdrang kommen zu lassen

Sorry... Wer dieses Vorhaben von Herrn Wallraff gut findet, hat eine sehr merkwürdige Geisteshaltung. Ich kann nicht wirklich nachvollziehen, wie dieser gebildete Mensch ausgerechnet auf diese Idee kommen kann?

Bestimmte Dinge macht man eben nicht oder erst dann, wenn die Zeit dafür reif ist - im Moment ist die Zeit ganz sicher nicht reif für solche Aktionen.

Quote

24.09.2007 18:09:47

Dr. Legal: Provokation ist wichtig

Natürlich kann das Angebot, welches Wallraff gemacht hat auch als Provokation begreifen und wahrscheinlich ist es auch teilweise provokativ gemeint. Dennoch bin ich der Meinung, dass sich der Islam, wir müssen jetzt einmal die grobe Verallgemeinerung dulden, diese Art der Provokationen gefallen lassen muss. Denn erst durch wahrhaft kritische und provokante Fragen und Aussagen kann man das wahre Gesicht einer Sache oder einer Institution aufdecken. Das gilt im übrigen für jede Institution, von der Kirche bis zur Politik. Die Moslems sollten sich eher geehrt fühlen, denn Provokation ist für mich auch ein Zeichen, dass man jemanden ernst nimmt. Daher ist Provokation in einer freien Gesellschaft enorm wichtig. Wichtiger als sich immer wieder zurückzunehmen und auf jedermanns Gefühle Rücksicht zu nehmen. Man sollte Wallraff danken, dass er den Mut aufbringt und die richtigen Fragen stellt.

Quote

24.09.2007 19:01:49

Shadowpriest: Offene Diskussion

Wie wäre es denn wenn man mit der gleichen Penetranz darauf bestehen wuerde dass sich die katholische Kirche offen damit auseinandersetzt dass 10-20 % ihrer Wuerden Pädophile und Päderasten sind? Oder ist das ein zu konkretes Problem?

Quote24.09.2007  18:53:23

Rajabi: Vorschlag zur Versöhnung.........

wir schauen alle gemeinsam in Kölner Dom die Poptown und einige andere von Christliche Sicht verpönte Filme und Beiträge und anschließend darf Herr Wallraff auch in Moschee von den satanischen Versen vorlesen.

Und ich werde die Lesung auch besuchen!

Wenn kritisch, dann zu alle seiten.

ich finde, dass die Christen selbst kritisch um ihre eigene religion kümmern sollten und die kritische Moslem sorgen schon für eine Disskusion in Islam.

Man kann jemanden nur dann respektieren, wenn er sich auch respektvoll verhält!

Mit zeige finger löst man keine Probleme sondern schafft man welche!

Wenn Christen den Islam genauso respektieren würden, wie Islam sie respektiert, dann hätten wir auch solche Probleme nicht!

Quote

24.09.2007 19:31:00

lydian: Religionen sind: eine Heimsuchung

Das vor allen Dingen.

Zumindest, ganz sachlich, empirisch.

Ich weiß nicht, wieviel Leid und Morde, Terror und Unterdrückung, Vierteilungen und Vertreibungen, Ausgrenzungen und Redeverbote, Verachtung und Haßtiraden schon im Namen irgendeiner (natürlich allwissenden) Religion, wie sie auch immer heißen mag, begangen und *gerechtfertigt* worden sind. - Tatsache oder *nicht*?!

Dann, und immer noch, und ganz groß, ewig von verletzbaren Gefühlen der Gläubigen zu schwadronieren, ist unerträglicher vorauseilender Gehorsam!, der rein gar nichts mit der Idee lebens- und liebesspendender Kraft zu tun hat, die, wenn ich nicht ganz falsch liege, zum eigentlichen Impuls einer Religion gehören sollte!

Quote24.09.2007  20:21:00

Stratto: Sie haben E-Post von der Scharia...


Selbstverständlich kann man diese Morddrohungen als Gradmesser für die radikale Intoleranz innerhalb des Islams begreifen. Nur, daß dieses Vorhaben die von Wallraff natürlich erwarteten Reaktionen auslösen würde, war so sicher wie der morgendliche Ruf des Muezzins in Konya. Dieses offensichtliche Kalkül des Medienprofis Wallraff, der empört nun an die öffentlichkeit tritt, ist aber das eigentlich Bigotte an der Konstellation.

Der alternde Taktiker Wallfraff entwickelt sich immer mehr zur Desirée Nick der missionarischen linken Polit-Szene, selbstgerecht verdichtet und dabei rasierklingenscharf auf jeden noch so dünnen Hauch von medialer Aufmerksamkeit...

Quote

24.09.2007 20:05:38

emew: Islamische Toleranz

Salman Rushdie ist nicht irgendein Spinner, sondern ein grosser Schriftsteller.
Und sein Buch "Die satanischen Verse" ist keine anti-islamische Hetzschrift,
sondern ein serioeses bedeutendes Werk.

Das scheinen hier einige bei ihrem Herumschwadronieren ganz aus den Augen
zu verlieren.

Deshalb waere die einzig agemessene Reaktion gegenueber denjenigen, die sich
erdreisten, hier Todesdrohungen gegen Wallraff auszusprechen, sie aufzugreifen
und zu langjaehrigen Haftstrafen zu verurteilen.

Angesichts der Ungeheuerlichkeit der Todesdrohung gegen Rushdie seitens eines
hohen islamischen Religionsfuehrers, angesichts immer wieder moerderischer
Feindseligkeit wegen "verletzter religioeser Gefuehle", die in absurd intolerantem
Missverhaeltnis zu den Anlaessen stehen, wie jetzt wieder bei den Karikaturen
eines Schweden, kann ich einer solchen Religion gegenueber keinerlei Sympathie
empfinden.

Meine Gefuehle als ueberzeugter Anhaenger von Mmenschenrechten sind auch aufs
tiefste vereltzt, wenn ich von solchen Drohungen hoere. Das macht mich auch zornig
und laesst mich nach mehr Wehrhaftigkeit der freiheitlichen Demokratie verlangen.
(Ich hoffe, dass moeglichst viele Mitbuerger aehnlich empfinden.)

Ich finde: Muslime sollten hier nicht viel mehr Toleranz erwarten, als umgekehrt Christen
gegenueber in der Tuerkei entgegengebracht wird.
Was dann immer noch mehr als in so gut wie allen anderen muslimischen Laendern ist.

Wallraff sollte sich nicht zum nuetzlichen Ideeoten machen.

Quote24.09.2007  21:06:50

Rajabi: regt sich auch jemand über christliche extrimisten im Irak auf, die töten, töten und töten

von sogenannte tolerante Christen kann ich leider kein Bedauern oder gar Vorwürf darüber lesen, dass mittelamerikanische christliche extrimisten in US-Armee oder als mitarbeiter der Unsicherheitsfirma als Mörder und Vergewaltiger arbeiten.

aber gleichzeitig regen sie sich darüber auf, dass ein paar idioden, die sich als moslem ausgeben, irgend welche Drohungen aussprechen.


ich höre noch keinen Christen, der sich darüber beschwert oder seine stimme erhebt?


Wer das nicht glaubt, dann sollte die Internet seiten der Christliche Extremisten aus der usa, polen, Gb, .... lesen.

da ist google auch hilfreich!

dann sprechen wir über Drohungen!

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24.09.2007 21:14:19

Goldstein13: @Rajabi

Kommen Sie mal wieder runter. Das wird hier allen ganz gut tun. Hier wird lediglich verlangt, dem Extremismus entgegenzutreten, egal welcher Natur. Mehr nicht. Für seinen Glauben zu stehen, ihn zu verteidigen - sehr gerne. Allerdings auch ihn entsprechend richtig zu interpretieren und nicht unter diesem Deckmantel eigene Fehltritte und Fanatismus rechtzufertigen. Im Übrigen, sie pauschalisieren hier genau so ("sie sind alle samt auch gläubige Christen!"), wie die denen sie dieses vorwerfen.

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24.09.2007 21:16:00

lydian: @rajabi Ja!

Es gibt durchaus Menschen, die das sehen und beklagen
In der Regel sind das nicht-religiöse Menschen, die, ganz schlicht, nach humanistischen Grundsätzen handeln. Ohne eine Religion, die sie an die Hand nimmt und zu wer weiß was verleitet.
Aber auch da hilft relativieren wenig. Was nützt es, den anderen pauschal ihre Schwächen und Versäumnisse vorzuwerfen?
Feindbilder sind für rein gar nichts gut. Sie verselbständigen sich höchstens zum eigenwilligen destruktiven Handeln: Unendliches Leid und Kriege im Namen irgendeines Gottes, welchen Namen er auch immer haben mag.

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24.09.2007 22:23:41

sajoh: Bitte Lesen!

Von Wallraffs Vorhaben war schon vor 2 Monaten berichtet worden, es gab u. a. ein Interview im D-Radio.
Dieses ist nachzulesen unter
3w . dradio.de/dkultur/sendungen/thema/646031/

Der SZ-Artikel hier gibt nicht genügend Hintergrundinformationen zu Entstehung der Idee, Wallraffs Einstellung, Reaktionen von islamischen Mitbürgern beim Probelesen im kleinen Kreis, etc.an, deswegen empfehle ich dringend sich genauere Infos über den Link einzuholen.
Danach wird sich hoffentlich der eine oder andere von seinen pauschalen Verurteilungen gegen Wallraff oder Muslime etwas distanzieren.




Aus: "Günter Wallraff im Visier von Radikalen - Mit dem Tode bedroht" (24.09.2007)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/,tt4m2/kultur/artikel/755/134499/?page=1 (http://www.sueddeutsche.de/,tt4m2/kultur/artikel/755/134499/?page=1)

Title: [Ein Foto von dem Feind... (Notiz)]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 27, 2007, 01:42:50 PM
Quote[...] Der Paule aus Wuppertal hat jetzt mal ein Foto gemacht von dem Feind. In der Wuppertaler Schwebebahn haben sie gesessen, Vater mit Vollbart, Mutter und drei Kinder verschleiert, klar: Islamisten. Die wollten das nicht, klar, und einige Fotos, die er gemacht hat, konnte der Paule praktisch wegwerfen hinterher, weil die Frau ihre Augen mit ihren Händen verdeckt hat. Aber der Paule ist nicht blöd, und so hat er beim Aussteigen noch mal die Kamera auf die Eltern gerichtet, ,,so dass die nicht erwartet haben, daß man sie fotografiert". Das Foto hat er dann an den Stefan Herre geschickt, der betreibt ,,das politisch inkorrekte Weblog in Deutschland", das wird sogar von bekannten Vertretern des politischen Inkorrektismus wie Henryk M. Broder empfohlen. Und dieser Stefan Herre also hat das Foto von den beiden Menschen, die nicht fotografiert werden wollten, auf seine Seite gestellt [http://myblog.de/politicallyincorrect/art/4088822 (http://myblog.de/politicallyincorrect/art/4088822)] und aus der E-Mail von Paul zitiert. Er hat ,,Mehr Burkas und Bärte in Wuppertal" darübergeschrieben und seine Leser aufgefordert, ihm ähnliche ,,aussagekräftige Zusendungen" zukommen zu lassen.

Es gab dann in den Kommentaren ein paar vereinzelte kritische Stimmen, ob das nicht undfreundlich oder gar verboten sei, Leute gegen ihren Willen zu fotografieren und das dann zu veröffentlichen. Aber erstens sind die ja selbst schuld, wenn sie sich verschleiern und nicht rasieren und so. Und zweitens kann man diese Islamisten doch eh nicht auseinanderhalten, deshalb haben sie auch kein Recht am eigenen Bild: ,,zumindest verschleierte frauen darf man aufnehmen wo und wann man will, da sie nicht als individuen erkennbar sind."

Die Diskussion danach ist eindrucksvoll. Das Synonym für Deutsche lautet ,,,normale' Einwohner", Ausländer sind Kriminelle und Schläger. Über das Foto, das – wie gesagt – nichts weiter zeigt als einen bärtigen Mann und eine verschleierte Frau, die in der Schwebebahn sitzen, schreibt jemand: ,,Eine Gesellschaft, die sich das bieten lässt, ist selbst schuld, wenn sie untergeht." Und ein anderer: ,,Alleine wenn ich mir diesen Typen auf dem Bild ansehe,kann es ja wohl nicht verkehrt sein, wenn sein Bild irgendwo gespeichert bleibt. Denn sowas, wie der, passt zumindest von der Optik genau in das Raster derer, die Flugzeuge klauen U-Bahnen ind die Luft jagen usw. (...)" Und ein dritter: ,,(...) werde ich weiterhin versuchen unseren Moslemischen ,Freunden' [Feuer] unterm Hi[n]tern zu machen (...)" Einer schreibt von den ,,Säcken" und tut es so, dass nicht ganz klar ist, ob er damit die Burkas meint oder die Moslems.

Noch beeindruckender als den Fremdenhass an sich fand ich zunächst den Stolz, mit dem er hier zur Schau gestellt wird, gelegentlich noch als Verteidigung der Demokratie verbrämt. Aber das liegt sicher nur an meiner Naivität, denn bestimmt kommt der Fremdenhass schon längst bevorzugt in dieser Form daher: nicht verdruckst, latent, unterschwellig, sondern mit der Fanfare: Wir retten das Land, das Volk, die Demokratie! Das kokette modische Label ,,politisch unkorrekt" ist ein Markenzeichen dafür: Man hält sich natürlich für politisch korrekt und gibt sich als unterdrückte Minderheit – so als hätte man nicht zum Beispiel die mit Abstand größte deutsche Tageszeitung auf seiner Seite. Und womöglich den Volkszorn einer schweigenden Mehrheit.

Viele Kommentare sind von himmelschreiender Ahnungslosigkeit. Als einer meint, dass der Abdruck von Fotos, die ohne Einwilligung entstanden sind, doch verboten sei, antwortet ein anderer: ,,Nein – nur die kommerzielle Nutzung wäre verboten." Hey, das stimmt zwar nicht, klingt aber super souverän. Woher der Hass kommt, das kann ich theoretisch noch nachvollziehen. Aber woher nehmen diese Leute das Selbstbewusstsein, neben ihrer Menschenverachtung auch ihre Dummheit so demonstrativ zur Schau zu stellen?

Der Paule ist unterdessen bestimmt schon wieder mit seiner Kamera unterwegs und kämpft für eine bartlose Gesellschaft. Vielleicht hat er die Kamera auch weggelegt und macht den Moslems schon Feuer unterm Hintern. Einer muss es ja tun.


Aus: "Hass" Stefan Niggemeier (01.08.2006)
Quelle: http://www.stefan-niggemeier.de/blog/hass/ (http://www.stefan-niggemeier.de/blog/hass/)

Quelle 2: http://wirres.net/article/articleview/3822/1/6/ (http://wirres.net/article/articleview/3822/1/6/)
-.-

Quote[...]
   
//wirres

_Hass (update)
Das Foto, das ein gewisser Paule von einem bärtigen Familienvater und seiner verschleierten Frau in der Schwebebahn gemacht hat, ist nicht mehr online. myblog.de hat dieses Bild und alle anderen aus dem konkreten Eintrag bei ,,Politically Incorrect" entfernt, weil es zweifelsfrei einen Verstoß gegen das Recht am eigenen Bild darstelle (§ 22 KunstUrhG).

[...]


Aus: "_Hass (update)" (Stefan Niggemeier, 03.08.2006)
Quelle: http://wirres.net/article/articleview/3825/1/6/ (http://wirres.net/article/articleview/3825/1/6/)


Title: [Christen dürften gegenüber Moslems... (Notiz)]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 09, 2007, 01:25:45 PM
Quote[...] Bischof Mixa, in Fulda mit Applaus begrüßt, warnte vor einer Verniedlichung des Christentums. Es habe in den vergangenen 30 Jahren eine Verkündigung im Sinne eines ,,Seid nett zueinander" gegeben. Christen dürften gegenüber Moslems nicht ,,lahm, lau und verspießt" auftreten.


Aus: "Familienpolitik: Papsttreue Katholiken jubeln für Eva Herman" Von Gernot Facius (7. Oktober 2007)
Quelle: http://www.welt.de/politik/article1242934/Papsttreue_Katholiken_jubeln_fuer_Eva_Herman.html (http://www.welt.de/politik/article1242934/Papsttreue_Katholiken_jubeln_fuer_Eva_Herman.html)
Title: [Hass, der sich als Kampf gegen den Hass tarnt... (Notiz, Schlagwörter, PI)]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 29, 2007, 02:56:30 PM
Quote[...] Ihr Glaubensbekenntnis ist kurz und ironisch. Sie schreiben es nicht als Graffiti an die Wände, sondern in jedes Online-Forum, in jedes Kommentarfeld, unter jeden Internetartikel. Kaum hat ein Medium wie ,,Welt Online" eine Meldung veröffentlicht wie ,,108 Tote bei Bombenanschlag auf Benazir Bhutto", hat schon der Erste kommentiert. Er schreibt: ,,Islam ist Frieden". Dahinter hat er einen Augenzwinker-Smiley gemacht.

,,Islam ist Frieden", in der Ironie, mit der der Satz gemeint ist, steckt alles: Die Überzeugung, dass der Islam gleichbedeutend ist mit Krieg, Tod und Verderben, Unterdrückung und Unfreiheit. Die Verachtung gegenüber dem politischen, gesellschaftlichen und medialen Mainstream, der das nicht erkennen will und immer noch von Toleranz und Dialog faselt, von Integration und friedlicher Ko-Existenz träumt. Und eine gewisse, mehr als klammheimliche Freude an jedem im Namen des Islams begangenen Attentat irgendwo auf der Welt, das ihnen recht zu geben scheint, je blutrünstiger und menschenverachtender, desto mehr - und dass vor allem andere Muslime dem Terror zum Opfer fallen, wird kaum erwähnt, Mitleid mit denen ist Mangelware.

Es ist leicht, die Tragweite dieses kurzen Glaubensbekenntnisses zu unterschätzen. Es ist in Wahrheit viel radikaler als zum Beispiel der zweite Kommentar unter dem ,,Welt Online"-Artikel, der schreibt: ,,Anscheinend sind die friedlichen Moslems nicht mehr in der Lage, ihr Packvolk im Griff zu halten." Der klingt drastisch, unterscheidet aber noch in friedliche und nichtfriedliche Muslime. Für die echten Kämpfer der ,,politischen Unkorrektheit" ist das ein zentraler Irrglaube. Sie unterscheiden nur zwischen Muslimen, die heute schon extremistisch sind, und solchen, die sich moderat geben, um ihre wahren, extremistischen Ziele zu verbergen und besser durchsetzen zu können. Im Zweifel feiern sie sogar die ersten. Für ihre Ehrlichkeit.

Das Zentralorgan dieser Kämpfer heißt ,,Politically Incorrect" (PI) und ist eines der erfolgreichsten Weblogs in Deutschland. Es zählt nach eigenen Angaben täglich etwa 10.000 bis 20.000 Besucher. Es nennt sich ,,proisraelisch" und ,,proamerikanisch" - und lehnt doch jeden einzelnen Wert, für den diese pluralistischen Demokratien eintreten, ab. In der Welt von PI ist man als kleiner, hasserfüllter Deutscher im Zweifel der bessere Amerikaner als Al Gore und der aufrechtere Israeli als Amos Oz. Selbst der Kampf gegen den Klimawandel und die Liebe zu Eisbären gelten in diesen Kreisen als antiamerikanische und protoislamische Verirrung: Usama Bin Knut!

PI begründet seine eigene Notwendigkeit damit, dass die Medien uns in einem Akt von Selbstzensur und vorauseilender Unterwerfung vor dem Islam vitale Informationen vorenthielten. Tag für Tag werden hier Schreckensmeldungen zusammengetragen: Über Greueltaten in islamischen Ländern, über Greueltaten von Muslimen in nichtislamischen Ländern, vor allem aber über die Bereitschaft der westlichen, liberalen Gesellschaften, dem Islam noch die Zerstörungsarbeit abzunehmen und sich selbst zu verstümmeln.

Als Unterwerfungsgeste gilt den PI-Autoren ungefähr alles: Der Verzicht der meisten Medien darauf, die Mohammed-Karikaturen abzudrucken, aber auch die Tatsache, dass die Firma Meica auf die Verpackung von Rindwürstchen angeblich in türkischer Sprache schreibe, dass sie auf keinen Fall Schweinefleisch enthielten. ,,Wenn Meica es nötig hat, als deutsches Unternehmen ein in Deutschland hergestelltes und verkauftes und ausschließlich auf Deutsch beschriftetes Produkt dann mit einem Hinweis nur auf Türkisch zu versehen, sollten deutsche Kunden Produkte dieser Firma zukünftig besser meiden", ereifert sich Beate Klein, eine der Hauptautorinnen von PI. Offenbar wolle Meica seinen deutschen Kunden das eigene ,,Dhimmitum" verheimlichen.

,,Dhimmi" ist eines von vielen speziellen Schimpfwörtern, mit denen die Anhänger von PI Andersdenkende verunglimpfen. Als ,,Dhimmi" werden im Islam Juden und Christen bezeichnet, die nicht Muslime werden wollen, aber einen eingeschränkten Rechtsstatus und Schutz des Staates erhalten. Für PI ist es eine beleidigend gemeinte Kurzformel für alle Nichtmuslime, die sich freiwillig dem Islam unterwerfen. Alternativ benutzt man gerne den Begriff des ,,Gutmenschen", der bei PI auch als Synonym für ,,linke Nazis" gebraucht wird.

Der oft erschütternd schlichte Hass auf die Muslime und ihre vermeintlichen und tatsächlichen Unterstützer hat so etwas wie einen intellektuellen Überbau. Es ist das, was Henryk M. Broder die ,,Untugend der Toleranz" genannt hat: ,,Wer heute die Werte der Aufklärung verteidigen will", sagte er in seiner Dankesrede zum Ludwig-Börne-Preis, ,,der muss intolerant sein, der muss Grenzen ziehen und darauf bestehen, dass sie nicht überschritten werden." Er sagte es vor allem unter Bezug auf religiöse Fanatiker und die Gefahr, sogenannte ,,Ehrenmorde" mit dem ,,kulturellen Hintergrund" der Täter zu verklären. Broders Provokation ist berechtigt und vermutlich notwendig, auch vor dem Hintergrund von Romuald Karmakars Film ,,Hamburger Lektionen" über die Hasspredigten des Imams Mohammed Fazazi - und Karmakars Schwierigkeiten, überhaupt einen Verleih zu finden und Kinos, die den Film zeigen wollen.

,,Politically Incorrect" ist so etwas wie der unautorisierte, über die Stränge schlagende Fanklub von Broder und seinen Kollegen aus dem Netzwerk ,,Die Achse des Guten", nur dass bei PI aus dem provokativen Gedanken ,,Intoleranz ist die neue Toleranz" eine Legitimation zum undifferenzierten Hass wird, der den Döner-Händler an der Ecke mit ähnlicher Härte trifft wie den islamischen Selbstmordattentäter, den türkischen Kleinkriminellen, der nicht einmal religiös sein muss, ebenso wie den Brückenbauer zwischen den Kulturen.

Gut gemeinte Medienregeln wie die, die Nationalität eines Täters bei der Berichterstattung nicht zu erwähnen, wenn sie nichts zur Sache tut, lösen bei den PI-Machern und -Lesern das Gegenteil dessen aus, was sie beabsichtigen: Akribisch suchen sie nach Hinweisen, dass es sich um Leute handelt, die sie mit scharfer, routinierter Ironie ,,Kulturbereicherer" nennen, und beschließen, dass die Nationalität immer etwas mit der Sache zu tun hat. Und es reicht ihnen nicht, die Nationalität eines Täters zu wissen: Den Mann, der in Frankfurt einen Rabbiner angegriffen hat, als Deutschen zu bezeichnen, war zum Beispiel nach Ansicht von PI grob irreführend, denn dessen Eltern kamen ja aus Afghanistan. Um es mit der Klarheit eines der Kommentatoren zu sagen: ,,Eine Kuh, die im Pferdestall geboren wird, bleibt eine Kuh." Andere sprechen deshalb zur Unterscheidung nur von ,,Passdeutschen".

Es ist ein unverhohlen rassistischer Mob, der sich im Kommentarbereich von ,,Politically Incorrect" täglich versammelt. Die meisten von ihnen haben gelernt, nicht mehr ,,Kanake" zu sagen, sondern ,,Musel". Manche malen sich genüsslich aus, H-Bomben über Mekka und Medina abzuwerfen, nachdem sie ,,jeden Moslem, der sich anmaßt, ehemals christlichen Boden mit seiner Existenz zu beflecken", niedergemacht haben.

Aber ,,Politically Incorrect" will etwas anderes sein als die NPD. Wann immer die NPD zufällig gegen die gleichen Dinge kämpft, beispielsweise Moscheen in Deutschland, was häufig vorkommt, empört sich PI darüber, wie die gute Sache dadurch diskreditiert werde. Dass bei PI keine Neonazis am Werk seien, könne man schon daran erkennen, erklärt PI-Gründer Stefan Herre, ein Lehrer und manischer Leserbriefschreiber aus Bergisch-Gladbach, weil Nazis nicht für Israel seien. Und der Vorwurf des Rassismus sei schon deshalb absurd, weil der Islam eine Religion und keine Rasse sei. Vielleicht erklärt das die große Anziehungskraft von ,,Politically Incorrect" und einer Vielzahl kleinerer, aber ähnlicher Seiten: Dass die Gefahr des Islams den Menschen eine frische, scheinbar anständige Legitimation für alten Hass liefert. Der Extremismus und die Fremdenfeindlichkeit kommen hier nicht vom Rand, sondern entschieden aus der Mitte der Gesellschaft.

Deshalb werden bei PI auch Schwule nicht dafür gehasst, dass sie schwul sind. Bei PI werden Schwule dafür gehasst, dass sie auf diesen ganzen Multikultischwindel hereinfallen und nicht merken, dass sie an vorderster Front gegen die angeblich fortschreitende Islamisierung Europas kämpfen müssten, weil sie zu den Ersten gehören würden, die dafür nicht nur mit ihrer Freiheit, sondern im Zweifel mit dem Leben bezahlten. Man hasst die Schwulen quasi zu ihrem eigenen Besten, und wer sich das nicht vorstellen kann, muss bei PI nur nach dem Namen des Grünen-Politikers Volker Beck suchen und nachlesen, wie sich die Kämpfer gegen den Islam genüsslich ausmalen, was mit einem wie ihm in Iran passieren würde.

Dieser Hass, der sich als Kampf gegen den Hass tarnt, die praktisch gelebte Intoleranz zur Verteidigung der Toleranz, scheint eine große Anziehungskraft zu haben. Und die Unwahrheiten, die sie verbreitet, natürlich zur Durchsetzung der Wahrheit, sie ziehen ihre Kreise. Das Schauermärchen von den englischen Banken, die aus falsch verstandener Rücksicht auf islamische Gefühle keine Sparschweine mehr verteilen, war zwar schnell als einer von ungezählten Mythen enttarnt. Nicht zuletzt dank ,,Politically Incorrect" fand die Geschichte aber dennoch weite Verbreitung und ist nicht nur im Internet längst zur Tatsache mutiert, sondern findet sich auch in den Texten von Henryk M. Broder.

Der rückt inzwischen ein bisschen ab von seinen Fans. Als er sich in dieser Woche in einer Fernsehdiskussion kritisch über den Gebrauch des Etiketts ,,politically incorrect" äußerte, kommentierte eine PI-Leserin das treffend: ,,Ich glaube, er ist schwul und mag den Beck."


QuoteFAZ verleugnet das Gut der Meinungsfreiheit
johannes höst (donpachi)
25.10.2007, 15:47
Ihr Beitrag ist verwirrend: Sie müssten Stellung zu Gunsten der PI Seite beziehen, weil diese das höchste Gut der Aufklärung verteidigt: die Meinungsfreiheit und die Fürsprache zum Schutz der Demokratischen Werte, für die unser Land zwei Weltkriege überstehen musste. Sie beziehen aber Stellung gegen die Seite, weil sie politisch korrekt sein wollen. Damit sägen sie auf dem Ast, auf dem Journalisten sitzen. Hier müsste ein seriöses Blatt wie die FAZ differenzieren, denn viele Ihrer Leser sind Stammgast bei PI, und ihre Argumente sind fundiert und bestechend.

QuoteSchwachsinn!
Andreas Frick (Hephaistos)
25.10.2007, 16:00
Der Beitrag ist voll des Hasses, den der Autor dem Blog vorwirft. Ich finde die manchmal etwas reißerische Form der Beiträge auch nicht so toll, aber hier wird ein Bereich beackert, den die FAZ (und erst recht die FAS) völlig vernachlässigt. Die Beiträge sind meist gut recherchiert und eigentlich immer mit Hinweisen auf entspechende Koran Suren bzw. die Scharia. Viele dieser Passagen sind leider von einem Haß erfüllt, gegen den die Sticheleien der Beiträge eher harmlos erscheinen. Übrigens müssen die Beiträge wirklich Substanz haben, sonst wäre der Betreiber des Blogs nicht gerade mit dem Tod bedroht worden. Für die FAZ keine Grund, darüber zu berichten, aber ein Zeichen, daß das Recht auf freie Meinungsäußerung hier schon massiv bedroht ist.

QuoteRaser am Werk
jc tyler (jctyler)
25.10.2007, 16:11
Guter Arikel. Aber irgendwie, ich könnts selbst nicht erklären,... Warum kommt mir dieser Artikel so vor wie ein Autofahrer, der zwar in die richtige Richtung fuhr, aber in der Kurve trotzdem herausgetragen wurde? Und zwar genauso weit wie die andern Fahrer, denen er's doch zeigen wollte?

QuoteTabus sind schwierig, weil
Christoph Niederkleine (C.Niederkleine)
25.10.2007, 16:43
Tabus sind schwierig, weil sich der Druck irgendwo anders einen Weg sucht. Tabus lösen das Problem nicht. Die auf diesen Internetseiten ausgedrückten Gedanken werden aus der öffentlichen Diskussion ausgeklammert, aber sie verschwinden dadurch nicht.

Der einzige Weg, den ich kenne, der den Haß wirklich auflösen kann, ist das, was Jesus gesagt hat: "Liebet eure Feinde und tut Gutes denen, die euch hassen." Das ist eine innerliche Überwindung und Entscheidung, die dem Sich-verletzt-fühlenden selber gut tut, daß er den Haß loslassen kann, und auch die Feinde überwinden kann, so daß sie keine mehr sind.

QuoteAn diesem Beitrag stimmt gar nichts
Edgar Gärtner (Edsches)
25.10.2007, 17:08
Das fängt schon bei den Begriffen an. Was soll denn der Begriff "Ressentiment" (der Groll zu kurz gekommener) bei der Analyse des Verhältnisses von Verteidigern der (christlichen) Aufklärung gegenüber barbarischen Tendenzen im Islam? Eher würde der Begriff doch wohl auf die Gefühle der Islamisten passen. Ich habe den Eindruck, dass Intellektuelle, die von christlicher Liebe geprägten Menschen vorwerfen, "islamophob" zu sein, in Wirklichkeit selbst christophob sind. Leider wird diese Haltung mehr und mehr zur vorherrschenden Form des europäischen Selbsthasses. Das Immunsystem der europäischen Aufklärung gegenüber vor-aufklärerischen Einstellungen droht zu kollabieren.

QuoteÜberzogene Kampagne
TOBIAS RÜGER (t.ruger)
25.10.2007, 17:13
In dem Artikel werden Autoren und Kommentatoren in einen Topf geworfen. Das widerspricht den Regeln guten Journalismus', eine billige Vorgehensweise. Ein Blick auf die eingestellten Inhalte auf der PI-Internetseite widerlegt den Tenor des Artikels und entlarvt ihn als Kampagne. Der Betreiber geht ein hohes persönliches Risiko ein, indem er die Feigheit der deutschen Politiker gegenüber dem Agressionspotential des politischen islam konsequant anprangert.

Quote"Man hasst die Schwulen zu ihrem Besten"
Jörg Walter (harrismc)
25.10.2007, 17:14
Seit den Heuschrecken auf dem IG-Metall-Titelblatt ist dieser Artikel das Schockierenste, was in Deutschland veröffentlicht worden ist.

QuoteFreier Hass für freie Bürger - Ein Schwacher Artikel
benjamin speckenbach (spaxben)
25.10.2007, 17:32
Entschuldigung, bin ich hier auf der Seite der TAZ gelandet?!
Was Herr Niggemeier in seine Artikel von sich gibt, ist eine einseitige und engstirnige Betrachtung wesentlich komplexer Zusammenhängen!!!
Selbst angesehene Bürger wie zum Beispiel Ralph Giordano haben das Problem mit dem Islam glaubhaft dargestellt und näher erleutert. Wollen Sie all diese Menschen als radikale Spinner abtun?! Eben ihre unkritische Haltung spiegelt das wieder, was es endlich Abzuschaffen gilt!!!

QuoteSchade um den verschwendeten Platz
Bernd von Socha (gerndrin)
25.10.2007, 17:56
Wenn es die englischen Sparschweine nicht gegeben hätte, hätte man sie glatt erfinden müssen!
Denn sonst sagt der Artikel nicht viel, außer dass in der Bloggersphäre immer wieder Dummspacken vorkommen (für das der Blogbetreiber gar nichts kann - manche kommen mit dem Löschen gar nicht nach) und das gebetsmühlenartige, dass Islam ganz bestimmt Frieden bedeutet.
Sollte dies nicht so sein, ist der Artikel trotzdem schlecht geschrieben. Kein Gegenbeweis der Friedfertigkeit und keine Zeile, dass er nur ansatzweise weiß, was ein Moslem, der seinen Glauben lebt, gegenüber Andersgläubigen zu erfüllen hat.
Dass heute immer mehr Menschen der schleichenden Islamisierung zumindest skeptisch gegenüberstehen, wird, warum auch immer, verdrängt.
Das ganze nennt sich dann Gutmenschenpolitik. Einfach Augen zu - und durch.
Wird schon klappen!

QuoteDanke!
Klaas Bähre (janklaas)
25.10.2007, 18:15
Vielen Dank für diesen ganz vorzüglichen Bericht über das übelste und unappetitlichste deutsche Haß-Blog.

QuoteGuter Beitrag!
Marco Alexandre (mcfly71)
25.10.2007, 18:16
Ein guter Beitrag, der einmal mehr zeigt, dass es immer schwieriger scheint, aus den Grautoenen, die uns die Wirklichkeit praesentiert, das Wahre herauszufiltern. Dies verlangt naemlich neben eigenstaendigem Denken, vor allem aber einen moralischen Kompass. Da nun aber die freie oeffentliche Meinungsaeusserung immer mehr zum Vanbanquespiel verkommt, dass man seinen "guten Ruf" aufs Spiel setzt, wenn man entgegen eines politisch korrekten Geschwaetz aus der Retorte die eigene Meinung zum Besten gibt, verkriecht man sich lieber im Netz der Annonymitaet, wo man sein Herz ausschuetten darf. Hier duerfen dann die Ohnmaechtigen gegen die noch Ohmaechtigeren auftreten; ihren Ressentiment auf alles Andersartige, Andersaussehende, Andersdenkende ausleben. Dieser sieht im uebrigen des oefteren nicht viel anders aus als der Antisemitismus, was das ganze nur umso verwirrender macht. Dass man heute vermeint auf der anderen Seite zu stehen, waehrend man mit exakt den gleichen Ressentiments wie einst gegen die Juden vorgeht, darf nicht verwundern, denn es geht nicht um eine intellektuelle Auseinandersetzung mit dem Islam, sondern um das froenen seines Hasses gegenueber Andersartigen.
Hierzu empfehle ich jedem Adornos Schriften!

QuoteDer Kommentarbereich...
Peter Heinrich (pheinrich)
25.10.2007, 18:35
Hallo!
Ich fordere, dass sämtliche Bürger in Deutschland, die sich nicht jeden Tag rosa Häschenkostüme anziehen wollen, umgehend ausgewiesen werden. Ferner bin ich für die Abschaffung der freiheitlich demokratischen Grundordnung und für das Einsetzen eines Diktators mit Hasenzähnen.
Vorsicht! Nach Niggemeiers Logik ist die FAZ jetzt eine verfassungsfeindliche Zeitung, weil sich im Kommentarbereich Idioten wie ich austoben. Eieiei, wenn man ernsthaft Kritik an PI üben will, sollte man sich ausschließlich auf die Artikel beziehen - und wenn die Kommentare auch noch so ein gefundenes Fressen für Niggemeier sind. Ich bewerte die Qualität der FAZ ja auch nicht an den Leserbriefen.

QuoteFreie Arroganz für freie Journalisten
Walter Gaenger (Gaenger)
25.10.2007, 18:52
Es ist beispiellos, wie arrogant und selbstgerecht Niggemeier über berechtigte Bedenken der Bürger hinweggeht. Wer etwas über die Befürchtungen und Ängste vieler Deutscher hinsichtlich der Ausbreitung des Islam lernen will, der lese "Politically Incorrect". Viele von uns wollen neben sich eben keine "Mitbürger", die unsere Ordnung und unsere Werte infrage stellen. Das ist legitim!

Der Koran, der im Gegensatz zur Bibel oder dem Grundgesetz nur wörtlich ausgelegt wird, ist mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung unvereinbar. Niemand, der noch bei Trost ist, will eines Tages unter der Scharia leben. Gerade in Demokratien gibt aber die Mehrheit den Ton an, und wenn diese Mehrheit eines Tages aufgrund ihrer Fertilität muslimisch ist, wird es keine Menschenrechte mehr geben. Schon jetzt gibt es nicht ein einziges muslimisches Land auf Erden, in dem die Menschenrechte beachtet werden. Zumindest ist das Verhältnis des Islam zu Demokratie und Menschenrechten bis heute unklar. Unsere Politiker machen das mit, weil sie auf die Wähler von morgen schielen. Daher ist klar, daß alles getan wird, um die Befürchtungen vieler deutscher Bürger zu diskreditieren: Unsere Politiker haben uns abgewählt, und die Presse flankiert offenbar.

QuoteMeinungsfreiheit!
Ernst Neid (Iden0815)
25.10.2007, 18:54
Es sind nur Worte WORTE!
Wir leben in einem Land der Meinungsfreiheit.
Gemäss dem guten alten Voltairezitat es mag mir nicht gefallen was du sagst aber ich werde es bis in den Tod verteidigen dass du es sagen darfst
Im Übrigen finde ich die Artikel auf der Seite auch manchmal gut.
Was Leute in Foren machen hat mit der Seite erstmal nichts zu tun.

QuoteFragwürdiger Artikel - 5 Mio PI-Besucher können nicht irren
ralf maier (ralmaid)
25.10.2007, 19:05
Eine Vielzahl von Menschen, die nicht rechts, nicht extrem, nicht ausländer- bzw. judenfeindlich sind, prangern offen die Auswüchse des Islams an. Hier geht es um Gewalt gegen Frauen, Andersgläubige, fundamentale Menschenrechte, unsägliche Hetzpropagande gegen Israel und Entwicklungen in deutschen Zentren, die beängstigend sind. Wenn ein Großteil der muslimischen Bewohner Deutschlands (bzw. Europas) die deutsche Sprache nicht sprechen bzw. sprechen wollen, die deutsche Rechtsordnung öffentlich und erkennbar ablehnen, die 'natives' als Dhimmi verachten, hier streng nach dem Koran leben wollen (mit Rechtsanspruch auf Vielehe auch mit Minderjährigen), gleichwohl jedoch alle Annehmlichkeiten in ihrem Gastland exzessiv nutzen, entwickeln sich eben unterschiedliche Kulturen.Islam ist Frieden - das kann man wirklich nur ironisch zitieren. Wo sehen Sie Muslime auf die Strasse gehen, wenn Attentate auf Unschuldige verübt werden, Frauen gesteinigt, Entführte geköpft, Homosexuelle gehenkt werden? Gibt's nicht!Wenn man den Islam resp. seinen Propheten verunglimpft, stehen Musl. zu 1000en auf. Ich will in keiner Islamischen Gesellschaft leben, wir sind abendländisch geprägt. Und die etablierte Presse schweigt, relativiert, verharmlost...

QuoteUnterstellungen
Franz Wildner (Feluske)
25.10.2007, 19:09
Das unzusammenhängende Sammelsurium erregter Unterstellungen, Mutmassungen und Vorwürfe des Herrn Niggemeier kann man ruhig ignorieren.


Aus: "Freier Hass für freie Bürger" Von Stefan Niggemeier (Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 21.10.2007, Nr. 42 / Seite 31)
Quelle: http://www.faz.net/s/RubCF3AEB154CE64960822FA5429A182360/Doc~E0542026EBF64487992B7CC727CBDDE56~ATpl~Ecommon~Scontent.html (http://www.faz.net/s/RubCF3AEB154CE64960822FA5429A182360/Doc~E0542026EBF64487992B7CC727CBDDE56~ATpl~Ecommon~Scontent.html)

-.-

Quote[...]  Ich habe vergangene Woche für die ,,Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" einen Text über ,,Politically Incorrect" geschrieben. Eine zentrale Aussage lautet:

    Vielleicht erklärt das die große Anziehungskraft von ,,Politically Incorrect" und einer Vielzahl kleinerer, aber ähnlicher Seiten: Dass die Gefahr des Islams den Menschen eine frische, scheinbar anständige Legitimation für alten Hass liefert. Der Extremismus und die Fremdenfeindlichkeit kommen hier nicht vom Rand, sondern entschieden aus der Mitte der Gesellschaft.

Mir haben seitdem einige Menschen geschrieben und widersprochen, insbesondere was den Hass angeht. Ihre Argumente lauteten u.a. so:

QuoteSehr geehrter Hr. Hofnarr des Gulli-Journalismus...

... dämlicher, geschmaks- und stillloser als wie Sie Ihre Tintenprodukte fabrizieren geht es eigentlich kaum.

Sie tun mir eigentlich Leid, daher finde ich auch Schade dass Sie eher früher als später in den eigens produzierten Exkrementen ersticken werden.


QuoteDer o.g. Schmierfink weiß wirklich nicht, welchen Schaden er mit seinem Pamphlet bereits angerichtet hat.


QuoteDonnerwetter! Die FAS ist mittlerweile auch schon bei den Linksfaschisten angekommen.


QuoteGratulation. Als Islam-Fascho-Freund und Demokratiegegner tragen Sie erfolgreich zur Einführung der Scharia bei.


QuoteDas Sie in geradezu FASCHISTISCHER Weise zu einer Hexenjagd aufrufen, ist widerlich und erbärmlich!


Quote...in feinster Stürmer-Manier...


QuoteUnverschämtheit, wie Sie [die FAZ] dem Hetzer Niggemeier ein Forum zur Diffamierung der Betreiber und Leser von PI bieten!!!


QuoteIch spucke aus vor solchem... ,,Journalismus"


QuoteIch an seiner Stelle [der von Stefan Herre, dem Verantwortlichen von ,,Politically Incorrect"] würde Sie nun juristisch zumüllen, bis Ihnen auch der letzte Cent aussgeht. Ihre Hasstirade zeigt mir einmal mehr, welche faschistoide Fratze sich hinter solchen gutmenschlichen Speichelleckern wie Ihnen verbirgt.


Manche der Texte sind sprachlich rätselhaft, aber kraftvoll:

Quote.....besser du achtest genau auf deine Antwort. Ich bin einer von denen die auch um Flueche beten solchen, die den Weg der Achtsamkeit geringmeinen.


Und mein Favorit ist dieser:

QuoteUnter dem Dummi-Pseudonym ,,Fundamentalislam-Niggemeier" lässt der unverhohlen diktatorische FAS-FAZ-Leser-Presskopp-Kartell-Mob seinen Methangasdampf ab gegen die geistigen Promoter des erfolgreichsten PI-Weblogs der BRD, gegen alles was schon ein bisschen anders denkt oder überhaupt mal ein bisschen wissenschaftlich zu denken wagt wie z.B. Dawkins, Kant, Einstein und Konsorten oder gar mal etwas selbständiger zu denken wagt wie z.B. die FAZ-Leser, die sich voller Abscheu von dem neokreativen nichtssagenden Buntigkeits-Profil samt dem FAZ-Abonnement verabschieden, weil sie dennoch diesem FAZ-FAS-Produktfehlprofilsucht-MOB nicht mehr in ihren langfristgesehen wirtschaftlich eher chaotischen Erosionskram zur feuilletonistisch-pseudogerman-istischen Selbstbefriedigung passen, um diese als PI-Konsorten-Widerlinge klammheimlich zwischen den Hass-FAS-Zeilen vergiften zu können.

(Das geht noch viele Absätze so weiter.)

Und bei ,,Politically Incorrect" selbst vergleicht ein leitender Funktionär von Udo Ulfkottes Verein ,,Pax Europa" mich in einem Gastbeitrag mit Abu Hamza al-Masri. Das ist ein Hassprediger, der wegen Volksverhetzung und Aufruf zum Mord in Großbritannien zu einer siebenjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde.
— 29. Oktober 2007, 1:09 —




Aus: "Politically Incorrect: Doch kein Hass" Stefan Niggemeier (29. Oktober 2007, 1:09)
Quelle: http://www.stefan-niggemeier.de/blog/politically-incorrect-doch-kein-hass/ (http://www.stefan-niggemeier.de/blog/politically-incorrect-doch-kein-hass/)

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Quote[...] Und wenn sogar ein journalistisches Leichtgewicht wie Stefan Niggemeier in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN SONNTAGSZEITUNG sich soweit aus dem Fenster lehnen darf, dass er den mit Abstand meistgelesensten deutschsprachigen Politblog POLICALLY INCORRECT (PI), sowie deren Leser undifferenziert als "unverhohlen rassistischen Mob" abqualifiziert, so steht er einem ausgewiesenen Hassprediger wie dem ehemaligen Londoner Imam Abu Hamza al-Masri in wenig nach. Die Konsequenzen sind fatal. Während ein Herr Niggemeier weiterhin ruhig schlafen kann, so müssen die Kritiker einer totalitären Ideologie um ihr Leben fürchten. Der PI- Gründer, Stefan Herre, erhält Morddrohungen zu einem Zeitpunkt, in dem die Islam- Apolegeten nicht müde werden, den Islam als grundgesetzkompatibel anzupreisen, die Bevölkerung mit der Dauerberieselung der "Islam heißt Frieden"- Doktrin zu beglücken und jeden Zweifel daran mit der Rassismuskeule niederknüppeln.
Aus: "Presseerklärung des BDB" (Gastbeitrag, 25. Okt 2007)
http://www.politicallyincorrect.de/2007/10/presseerklaerung-des-bdb/ (http://www.politicallyincorrect.de/2007/10/presseerklaerung-des-bdb/)

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===> [Schauplätze der Kampfbegriffe... (Schlagwörter)]
http://www.subfrequenz.net/forum/index.php/topic,363.0.html (http://www.subfrequenz.net/forum/index.php/topic,363.0.html)


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Title: [Wer darf an die goldenen Krüge... (Noziz, Feridun Zaimoglu)]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 18, 2007, 12:33:33 AM
Quote[...] Feridun Zaimoglu: [...] Ich sehe das Unaufgeklärte – manchmal auch das Negative, aber das Lebendige – beim White Trash und beim Ethnoproletariat. Ich habe keine Lust, über Bürgerliche zu schreiben, ich entdecke nicht den diskreten, dekadenten Charme der Bourgeoisie. Und daran hat sich ja nichts geändert. Es wäre sehr schade, wenn ich mit 41 Jahren immer noch mit geballter Faust in der Tasche den Kiezradikalen mache, der "Kanak Attack" brüllt. Ich glaube nicht, dass ich brav geworden bin. Ich glaube eher, dass ich es mir nicht mehr so einfach mache.

[...] es wird, wie ich denke, in den nächsten Jahren ziemlich heftig werden, weil die Verteilungskämpfe und das Rattenrennen um Jobs und Ausbildungsplätze heftiger werden, und weil auch die Schulen und die Universitäten darauf ausgerichtet sind, geschichtsspezifisch und klassenspezifisch auszusieben. Wer darf an die goldenen Krüge und wer wird ausgeschlossen? Diese Ausschließungsmechanismen gehen ja weiter. Tja, irgendwann hieß es'"Guten Morgen, Freunde!" Der Staat zieht sich zurück aus Kultur und Sozialem und die Privaten können die Lücke nicht füllen, was bedeutet, dass es in Zukunft soziale Konflikte geben wird. Das ist Brennstoff, das gärt.

[...] Es ist doch wie bei Slam Poetry – wer ist am Mic und wer nicht? Es ist immer noch ein Kampf um kulturelle Hegemonie. Der wird nicht in zehn Jahren, nicht in zwanzig, in dreißig, in vierzig Jahren zu Ende gehen. Aber Deutschland ändert sich. Ich werde belächelt von einigen: "Ach guck mal, der Kanakster hat den Leitartikel in der Zeit geschrieben." Die wissen nicht, was sie sagen, diese Idioten! Die haben keine Ahnung, mit Verlaub. Die haben die Gesetze der Kulturhegemonie nicht verstanden, denn das ist ein harter, knallharter Job.

[...] Was für viele Menschen vielleicht unerträglich ist: es gibt keine einheitliche Linie. Man muss mit den Hüften schwingen. Opportunismus ist etwas anderes. Es gibt viele Leute in der Politik, die Opportunisten sind. Das sind Partystinker, die auf den Partys nichts Besseres zu tun haben, als herumzusitzen und zu labern. Dann gibt es aber Leute, die auf der Piste sind. Die bewegen die Hüften. So einfach ist die Sache. Also entweder dabei sein oder am Rand Chips futtern und dann sagen: "Das ist 'ne öde Party!" Nicht die Party ist öde, sie selbst sind öde. Das ist ein großer Unterschied. So ist es in der Politik.

[...] Und dann kommen diese ganzen Türkenvertreter, dann kommen diese Linksliberalen, es kommen all diese Fuzzies und erzählen "Ach, das dürfen wir den Kindern nicht zumuten." Ihr Deppen! Ihr verdient wie viel im Monat? Ihr seid hier fein 'raus. Partizipation ist was? Beteiligung fängt von klein auf an. Wenn meine Eltern mit mir meine Hausaufgaben in der Grundschule nicht durchgehen konnten, was ist das da: Das ist schon mal ein Standortnachteil. Ja und? Habe ich geheult? Nee! In der Schule habe ich mich in Petra verknallt und wollte sie beeindrucken. Ich wollte ein bisschen glänzen durch so ein Bella-figura-Deutsch. Man kann ja eine Frau nicht "Hey Alter!" nennen. Was sind also die Initiativkräfte? Politik ist gut, aber wenn das politische Bewusstsein die menschliche Situation ausklammert, dann hebt sie ab, dann verliert sie die Bodenhaftung. Man muss immer gucken, was passiert da unten!

[...] Gefühle spielen eine große Rolle. Wir dürfen nicht ausbrennen, wir müssen eine lange Puste haben. Ich darf nicht von mir auf Andere schließen – das tue ich auch nicht. Ich habe die Bodenhaftung nicht verloren. Also, ich kann das Eine vom Anderen auseinanderhalten. Ich habe beste Laune. Aber die Lust ist sehr wichtig. Auch das Rebellische. Mittlerweile ist ja jede CDU-Nase ein Rebell. Ich rechne stündlich mit dem Coming-Out von Frau Merkel, dass die sagt "Oh, ich habe früher auch eine Motorradjacke getragen und bin da durch die Gegend geflitzt." Das meine ich nicht damit. Was ich damit meine, ist: Das hat einen guten Duft, wenn man aufbegehrt. Später wird man in den Spiegel schauen: Du hast zwar den Bullenknüppel immer wieder gespürt, aber du warst da draußen und hast dies und jenes gemacht. Vielleicht war das nicht so erfolgreich, aber Mann, das ist doch aufregend! Die Spießer, die kommen aus der rechten Ecke. Das, das kotzt sie an! Und daran hat sich nichts geändert. Aber sie haben auch mehr Erfolg. Und: Ich scheiß auf ihre Villen! Mein Gott. Amen.




Bruchstücke aus: "Man muss mit den Hüften schwingen!" Ein Gespräch mit dem Schriftsteller Feridun Zaimoglu (Ali Fathollah-Nejad, Feridun Zaimoglu, eurozine.com, 16.11.2007)
Quelle: http://www.eurozine.com/articles/article_2007-11-16-zaimoglu-de.html (http://www.eurozine.com/articles/article_2007-11-16-zaimoglu-de.html)

Title: [Trennung des öffentlichen Lebens nach Rasse & Kultur... (Notiz, Wohnungsmarkt)]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 20, 2007, 04:52:30 PM
Quote[...] "Eine 75-jährige deutsche Großmutter hat ein anderes Verständnis von Sauberkeit und Erziehung als eine junge Migrantenfamilie", sagt Dilger. Die Nassauische Heimstätte achte bei der Vergabe leer stehender Wohnungen deshalb darauf, dass nur noch Mieter aus ähnlichen Kulturkreisen in einem Wohnhaus zusammenleben, erläutert der Geschäftsführer: "Wir setzen auf einheitliche ethnische Nachbarschaften in Milieuhäusern."

Damit bezieht erstmals eine große deutsche Wohnungsgesellschaft offen Gegenposition zu der von anderen Unternehmen propagierten Integration von Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen auf engstem Raum. Mit einem Bestand von 64.000 Wohnungen in Hessen und Thüringen ist die Nassauische Heimstätte einer der großen Anbieter der öffentlichen Hand am deutschen Wohnungsmarkt. Zu den Gesellschaftern zählen das Land Hessen sowie zahlreiche hessische Kommunen und Kreise, darunter die Städte Frankfurt/Main oder auch Wiesbaden.

[...] Die Nassauische Heimstätte sieht die Idee des Miteinanders von Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen auf engem Raum innerhalb einzelner Häuser hingegen als gescheitert an. "Bei zunehmendem Übergewicht von Migranten steigt die Fluktuationsrate deutscher Mieter an", sagt Dilger: "Die Integrationsbereitschaft und die Integrationskraft in unseren Siedlungen ist an ihre Grenzen geraten."

[...] Um Milieuhäuser homogener Kulturkreise zu schaffen, werde zwar keinem Mieter die Kündigung ausgesprochen oder der Umzug in andere Miethäuser nahe gelegt. Bei der Belegung freiwerdender Wohnung werde jedoch darauf geachtet, dass die neuen Mieter zu größten ethnischen Gruppe innerhalb des Wohnhauses passen. Dilger: "Es wird Jahre dauern, bis wir das Konzept homogener Nachbarschaften umgesetzt haben."

Quote
Sepp meint:
20-11-2007, 05:58 Uhr
Das ist richtig

Quote
Kaiser von Therm meint:
20-11-2007, 06:02 Uhr

...

Ausweisungen oder Entzug der Staastsbürgerschaft werden in Deutschland noch nicht mal diskutiert. Der Wohnungsgesellschaft ist jedenfalls kein Vorwurf zu machen. Sie hat erkannt wovor Politiker die Augen verschliessen.

Quote
Laborarbeiter meint:
20-11-2007, 06:33 Uhr
Ich hab in Frankfurt in ähnlichen Wohnblöcken gewohnt. Aber ich bin von den ewigen meckernden deutschen Rentnern so terroisiert worden, dass ich umziehen musste, wobei man sagen muss ich bin Deutscher und schon in den mittleren Jahren.
Ein Student sagte, er sei froh in Bornheim (einem Stadtteil mit vielen Ausländern) zu wohnen, sei im lieber als ein deutscher Kampfrenter als Nachbar.
Damit will ich sagen, auch als Deutscher läuft man voll ins Messer, mit der einheimischen Nachbarschaft.
Ganz ehrlich, der mehrmalige Renterterror schädigte meine Gesundheit und auch finanziell hab ich durch die Umzüge viel Geld verloren (und ich verdiene nicht so viel).

Quote
Daros meint:
20-11-2007, 08:15 Uhr
Dazu kann man stehen wie man will, es ist ja fast jedes Argument Nachvollziehbar.
Aber genaugenommen ist das Apartheit, also die gewollte Trennung des öffentlichen Lebens nach Rasse & Kultur.

Auch wenn es erst einmal gar nicht so falsch klingt, sollte man das zu ende denken.
Genauso gut kann man nämlich Wohngebite / Häuser nach Einkommen oder Berufsgruppen trennen.
Oder einfach Familien mit Kindern und Rentner trennen usw. (da ist überall Konflicktpotential.
Das Problem an so einem Beschluss ist das evtl noch ganz andere Forderungen kommen und wir kein Ende finden.

QuoteReik  meint:
20-11-2007, 08:28 Uhr
Wird das Problem der Integration nicht noch stärker, wenn wir so getrennt leben? Man verliert völlig den Kontakt zu anderen Kulturen. Wird eine solche Regelung vielleicht auch andere nach sich ziehen? Beispielsweise Sitzplätze in Restaurants.

...


Quote
Silvercoin meint:
20-11-2007, 08:39 Uhr
Da soll noch mal einer sagen, dass Multi-Kulti nicht funktioniert....

Danke liebe Gutmenschen,dass die Deutschen schon von gewissen Migrantengruppen weichen müssen, um nicht in Konflikt zu geraten. Wieso schmeisst man diese Migranten, die ihre Wohnungen vergammeln lassen, nicht einfach ganz raus aus der Häusergemeinschaft. Aber nein, da werden eben ganze Gemeinschaften nach ethnischen Gruppen getrennt. Tolle Logik.
Dazu sage ich nur : Verfehlte Zuwanderungspolitik.
Irgendwer muss den unliebsamen Migranten (meistens Muslime) mal sagen, dass sie hier eigentlich keiner möchte, wenn diese sich hier so aufführen.Wenn nicht bald Gesetze gegen diese Mißstände erscheinen, werden eben von den anderen Wahnsinnigen wieder sowas wie die Nürnberger Gesetze in die Welt gerufen....
Also Politiker, handelt lieber sofort, als wenn der Nazi-Mob das Ruder ergreift. Irgendwann ist nämlich der Punkt erreicht, wo dem Allgemeinvolk es egal ist, wer sie um das grassierende Migrantenproblem kümmert....

Einen großen Dank nochmal an unsere tollen Gutmenschen, denen wir die Misere zu verdanken haben...
Der Knall ist nur noch eine Frage der Zeit....

Quote
Hans Meier meint:
20-11-2007, 08:55 Uhr
Perfekt, so schafft man sich ein zweites Rostock im Ghetto.
Demnächst Wohnviertel für Arbeitslose,für Behinderte,für Gummistiefelträger.
So legt man Feuer an die Lunte.
Integration unmöglich.

Quote
poitiers meint:
20-11-2007, 09:07 Uhr
Der Multikulturalismus von heute ist der Bürgerkrieg von morgen.

Die Nassauische hat das nur eben schon aus eigener Erfahrung eher erkannt als Grüne Rotweintrinker aus der ethnisch homogenen Vorstadt mit Kindern auf der Privatschule!

Quote
poitiers meint:
20-11-2007, 09:10 Uhr
"Ihr Linken liebt die Banlieus aber Ihr wollt dort nicht leben!"
Nikolas Sarkozy, französischer Staatspräsident

Quote
von Berlichingen meint:
20-11-2007, 09:10 Uhr
Die Mieten für die meisten Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen zahlt doch ohnehin die Bundesanstalt für Arbeit und Soziales.
Der Immoblilienkonzern Nassauische Heimstätten wirbt geradezu um diese Mietergruppen, sonst würden tausende Sozial-Wohnungen, die nach dem Krieg auf die Schnelle für die 20 Millionen Flüchtlinge aus den Deutschen Ostgebieten gebaut wurden, leerstehen.
Deswegen haben wir auch solch einen hohen Bedarf an noch mehr Zuwanderung aus islamischen Ländern - damit den Eigentümern dieser Wohnanlagen und Mietshäusern keine Verluste durch fehlende Mieteinnahmen entstehen.
Gerade hat die Stadt Leipzig 30.000 städtische Wohnungen zu einem Schleuderpreis an ausländische Investoren verkauft. Nun brauchen diese ausländischen Investoren natürlich auch mehr Zuwanderung nach Deutschland, damit die Bundesanstalt für Arbeit und Soziales für sichere Mieteinnahmen sorgen kann.
Da steckt System dahinter. Fragen Sie doch mal den frischgebackenen Verkehrsminister Herrn Tiefensee, der ja noch kürzlich Oberbürgermeister von Leipzig war, warum er diese heruntergewirtschafteten Wohnungen abgestoßen hat.
Für den Deutschen Steuerzahler wäre es besser gewesen diese nicht mehr brauchbaren Plattenbauten abzureißen, anstatt sie für teures Geld zu sanieren. Dass diese Kosten natürlich auf die Mieten umgeschlagen werden ist klar.
Neue Mieter braucht das Land!!!

Richten Sie auch viele Grüße an den Ex-Kanzler Schröder und den Dr. Hartz-IV die diese Entwicklung so vorhergesehen und ein bißchen nachgeholfen haben..

QuoteTKANTE  meint:
20-11-2007, 09:17 Uhr
Sehr mutig, dies öffentlich zu äußern. Respekt , Herr Dilger.
Die hysterische Reaktion der Gutmenschenfraktion lässt bestimmt nicht lange auf sich warten.
Frau Roth, übernehmen Sie.................

Quote
Anton Sch. meint:
20-11-2007, 09:21 Uhr
Die Nassauische Heimstätten reagieren nur: Sie wollen den hier heranreifenden Bürgerkrieg so lange wie möglich hinauszögern. Und ich denke auch, sie richten ihr Unternehmen auf die zukünftigen Herrscher im heutigen Deutschland aus. Das nicht jedenfalls nicht die Deutschen, denn die sind dabei auszusterben.

Quoteumdenken  meint:
20-11-2007, 09:23 Uhr

...

Meiner Meinung nach muß ein Mensch, welcher die Annehmlichkeiten einer anderen Kultur in Anspruch nimmt, sich dieser auch vollkommen anpassen und unterordnen.

...


Quote
Gonzo meint:
20-11-2007, 09:29 Uhr
@ Lokalpatriot

:-)

So ist es. Freie Wohnungen müssen zu 10% mit islamverstehenden Multikultifans belegt werden.


QuoteDomenq  meint:
20-11-2007, 09:32 Uhr
Da ich Gartenpflege, Wasser und Müll nach Quadratmetern zahle, möchte ich - auch aus anderen Gründen - keine Großfamilie in meinem Haus haben.

Pro "Haushalt" ist eine große Ungerechtigkeit !

Quote
Anatoliker meint:
20-11-2007, 09:43 Uhr
Ich finde das richtig, was die Wohnungsbaugesellschaft macht, denn los werden wir diese Immigranten nicht mehr. Leider, dann sollen sie wenigstens alleine in ihrem Dreck glücklich werden oder sich gegenseitig umbringen. Vielleicht ziehen ja Schulen demnächst nach.

Quote
Carla meint:
20-11-2007, 09:59 Uhr
Meine frühere Hausverwaltung hat das auch jahrelang so betrieben. In einem mehrflügeligen Haus wurde der eine Teil nur an Türken und Araber vermietet, der andere Teil nur an Deutsche und andere Nationalitäten (also auch an beispielsweise einen Ami, einen Inder usw.)

Das hat auch gut geklappt: wenn man in den Urlaub fuhr, haben die Nachbarn die Blumen gegossen und wenn jemand ein Fest gemacht hat, wurden alle Nachbarn im jeweiligen Teil gleich miteingeladen.

Dann hat sich die Hausverwaltung leider von dem Konzept verabschiedet (wohl aus Antidiskriminierungsblabla).

Mit dem Ergebnis, dass bei uns in den Teil auch Türken und Araber einzogen und im Laufe von ca. 1 1/2 Jahren bis auf zwei Mietparteien alle ursprünglichen Mieter das Weite gesucht haben. Ständig hingen Gangs im Haus herum, kifften, kokelten (ich habe allein zweimal einen Schwelbrand im Treppenhaus gelöscht, weil unsere lieben randvoll bekifften Muselmanen glühende Briketts einfach im Treppenhaus auf dem Fußboden entsorgten), brachen ein, verprügelten einen Nachbarn, machten von früh bis spät nachts Remmidemmi, verkloppten Frau und Mobiliar.

Und auch wenn nicht alle so drauf sind: wenn es "nur" 30 % sind, ist das mehr als genug. Inzwischen wohne ich woanders. Auch dort gibt es Ausländer, aber nicht solche. Nie wieder würde ich in ein solches Haus ziehen wie damals. Never ever.

Quote
68er-Auslacher meint:
20-11-2007, 10:12 Uhr
Ich unterstütze den Vorschlag von Lokalpatriot: leerstehende Wohnungen in diesen Blocks sollten zuerst an multikultibegeisterte Pädagogen, Sozialarbeiter und Integrationsbeauftragte vergeben werden.

Den verantwortlichen Politikern sei die NECSI Research Group ans Herz gelegt; die können mit ihren Computermodellen die zukünftigen Konflikherde voraussagen....

Quote
der Russisch sprechender, in Kasachstan geborener Deutscher meint:
20-11-2007, 10:13 Uhr
Dilger: "Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Russisch sprechende, in Russland geborene Deutsche den Hessisch sprechenden, in Deutschland geborenen Türken erklären wollen, wem dieses Land eigentlich gehöre und wer hier zu bestimmen habe."

Tja, Herr Dilger, merken Sie was? Eigentlich ist der Satz sehr Aussagend. Die in Russland geborene Deutschen sind und waren schon immer Deutschen, und die Türken bleiben immer Türken. Und beide stehen dazu. Nur die in Deutschland geborene Deutschen wissen nicht so richtig wer sie eigentlich sind. :))

Und was das Konzept von dem Herrn Dilger angeht: Schwachsinn und Gesetzwidrigkeit. Ich habe schon Russen, Türken und Deutsche als Nachbarn gehabt und mit Normalen (!!!) Menschen kann man immer gut zusammen leben (unabhängig von dem Kulturkreis), mit Asozialen nicht! Und Asoziale gibt es in jeder Nation!

Quote
Robb meint:
20-11-2007, 10:15 Uhr
Hoffentlich macht das Konzernbeispiel Schule, dann könnten in Zukunft sogar Menschen verschiedener Kulturkreise in verschiedenen Ländern leben. Das würde allen Bürgern jede menge Ärger ersparen und da die Politiker für gewöhnlich tun was die Konzerne ihnen sagen, macht das Beispiel auch Hoffnung für die Zukunft.

Quote
Aschloch meint:
20-11-2007, 10:19 Uhr
Die Nassauische Heimstätte ist dabei ein 2. Jugoslawien aufzubauen. Schön nebeneinander wohnen bis ein Stadtteil auf den anderen kloppt. Wenn dies denn sein soll, dann macht es doch bitte wie die Israelis. Immer schön strategisch denken. Wasserquellen, Landwirtschaftliche Flächen für die Deutschen, Ödland für die Anderen.

...


Quote
Robb meint:
20-11-2007, 10:30 Uhr
@ Daros

Ich habe gar keinen Reisepass. Ich finde Deutschland ganz schön.

Quote
Dr. Labuv meint:
20-11-2007, 10:28 Uhr
Was im Kleinen nicht geht, funktioniert schon gar nicht im Großen. Letzten Endes folgt daraus, dass sich die ein oder andere Gruppe aus Europa verabschieden muss. Und zwar schnell.

Quote
stegö meint:
20-11-2007, 10:31 Uhr
Mit Kindern muß man einfach wegziehen aus einer vorwiegend von Migranten bewohnten Wohngegend.
Die Erziehungsvorstellungen sind einfach zu unterschiedlich.
Mir ist das schon bei Kindern zu beobachtende Machotum zuviel geworden.
Auch im Kindergarten bemerkten wir, daß es mit genau zwei Ethnien immer wieder zu Problemen kam.
Im Interesse unserer Kinder halten wir uns von diesen Leuten jetzt fern.

Quote
Ray meint:
20-11-2007, 10:34 Uhr
Ich finde die Maßnahmen der Nassauischen Heimstätte richtig. Die passen sich halt den realen Gegebenheiten und nicht irgendwelchen schwachsinnigen Ideologien an...

Quoteufuk  meint:
20-11-2007, 10:41 Uhr
Das ist pure Rassismus! Die Immobiliengesellschaft muss man definitiv verklagen!

Quote
UMDENKER meint:
20-11-2007, 10:41 Uhr
Ich weiß gar nicht wo das Problem liegt. Genau diese Trenung haben wir schon seit Jahren sogar im Schulsystem, da die Hauptschule zum allergrößten Teil nur noch von Immigranten besucht werden, während auf den meisten privaten Gymnasien nur Deutsche sind.

Mir tun wirklich die Deutschen leid, die nicht das Geld und die Möglichkeit haben einfach wegzuziehen. Um diese Klientel sollten sich die sogenannten "Gutmenschen" mal genausosehr kümmern, wie um Ihre Feldhamster und Fledermäuse.

QuoteKlausKinski  meint:
20-11-2007, 10:43 Uhr
Daros 20-11-2007, 08:15 Uhr
"Genauso gut kann man nämlich Wohngebite / Häuser nach Einkommen oder Berufsgruppen trennen. Oder einfach Familien mit Kindern und Rentner trennen usw. (da ist überall Konfliktpotential."

Richtig!

Integration ist Sch... Auch zwischen Deutschen. Arm und reich wohnen heute schon getrennt. Ja und? Ein nörgelnder miesepetrigerr deutscher Renter ist für mich genauso ein Albtraum wie ein Asozialer oder eine türkische Großfamilie als Nachbar. Ich finde es gut dass es verschiedene Quartiere anstatt Einheits-Plattenbau gibt.

Was soll denn dieses ständige zwanghafte alle-lieben-sich Lindenstraßen-Wohlfühlprogramm. Es lieben sich eben nicht ale. Basta! Muss ich jetzt jeden lieben und ertragen nur weil ein paar fehlgeleitete Poltiker es so wollenl. Jeder sucht sich doch auch seinen privaten Freundeskreis aus.


Quote
So sieht es aus meint:
20-11-2007, 10:45 Uhr
Es gibt kein Land auf der Welt in dem richtiges Multi-Kulti funktioniert. Selbst in den viel gerühmten USA gibt es Schwarzenviertel, Latinoviertel und Weißenviertel. Sogar in den US-Gefängnissen ordnen sich die Häftlinge der eigenen ethnischen Gruppe zu.

Die einzige Ausnahme sind Großverdiener, die dank ihres Geldes auf ihr direktes soziales Umfeld nicht mehr angewiesen sind, da sie sich per Flugzeug etc. mit ihren High Society Kollegen überall treffen können und mit anderen Reichen (egal welcher Ethnie, Geld macht offensichtlich gleich) in abgeschotteten Wohnanlagen residieren.

Multi-Kulti ist nicht nur gescheitert, es hat nie existiert. Nun stellt sich die Frage, ob man auf lange Sicht ethnisch homogene Gebiete in Deutschland haben will oder nicht. Es gibt Ethnien die kulturell zu weit auseinander sind, um jemals wirklich miteinander auszukommen. Daher bleibt nur der Schritt der Unterteilung in verschiedene ethnische Zonen.

Da wir hier in Deutschland lange nicht den Platz wie in den USA haben, ist das natürlich fatal für die Bewegungsfreiheit. Aber so hat es die Politik gewollt.

QuoteUMDENKER  meint:
20-11-2007, 10:45 Uhr
Warum schafft es die Politik nicht, in erster Linie mal wieder deutsche Interessen von deutschen Landsleuten zu schützen. So wie es in jedem anderen Land bezpglich ihrer eigenen Landsleute gang und gäbe ist. Stattdessen zahlen, zahlen und zahlen wir.

Wenn man ethnische Konflikte auslösen möchte, so gibt es wirklich kein besseres Mittel. Wenn es so weiter geht, dann kippt die Stimmung in diesem Land in ein paar Jahren wieder !!!!
Und was dann passiert, kennen wir ja alle !

Quote
UMDENKER meint:
20-11-2007, 10:52 Uhr
@HANS MEIER:
Sie verstehen offenbar überhaupt nicht worum es geht. Sie können wirklich noch nie in einem von Ausländern bewohntem Wohnblock gewesen sein ! Es geht weder um meckern, noch um, braunes Gedankengut. Es geht einfach darum, dass man nicht von seinen Nachbarn bedroht, belästigt oder in seiner Freiheit beeinträchtigt werden möchte.

Aber der akademisch gebildete Grün-Wähler in seinem BioMaisfeld versteht das natürlich überhaupt nicht :)

Quote
Wahrheit meint:
20-11-2007, 10:55 Uhr
Mutli-Kulti funktioniert nur unter intelligenten Leuten, da die breite Masse das nicht ist, funktioniert es auch nirgendwo.

Quote
Fabian meint:
20-11-2007, 10:56 Uhr
Umdenker: Also ich, Deutscher, habe drei Jahre lang als einzige deutsche Mietpartei in einem Haus in Neukoelln gelebt und hatte NIE Grund zur Beschwerde. Schwierig wurde es erst, als eine Wohnung von Deutschen als Pornostudio gemietet wurde :) Ich frage mich, wieviele der hier laesternden wirklich schonmal laenger in einem multikulturell bewohnten Haus gelebt haben.

QuoteIsmail  meint:
20-11-2007, 10:58 Uhr
Und wann kommst das Ghetto für Juden wieder?

...


QuoteLebegutmitmultikulti  meint:
20-11-2007, 10:59 Uhr
Der deutsche Staat weigert sich nicht nur in die adäquate Entwicklung kompetenten Humankapitales ausreichend zu investieren sondern zieht sich sogar teilweise aus den öffentlichen Bildungungsaufgaben ohne Ersatzangebot zurück. Statt dessen versucht er nun die eigene mangelnde Ausübung der hoheitlichen Pflichten auf die Wohnungsbaugesellschaften (was für eine abwegige Idee) zu übertragen. Die logische Antwort ist nun die Gettoisierung deren katastrophalen Auswirkungen wir bald schon zu spüren bekommen werden wie andere Länder auch - siehe Frankreich, USA etc.

Multikulti funktioniert nicht - das ist richtig. Aber auf ein Land 100ter autonomer und voneinander isolierter Kulturen habe ich noch weniger lust. Die Konflikte werden sich damit nur verschärfen.

Der deutsche Staat wird sich zunehmend als aggressiver Polizeistaat profilieren müssen um die mit diesem Strategiewechsel einhergehenden zunehmenden Konflikte beherrschbar zu machen.

Da Lobe ich die Idee der Leitkultur. Das war das einzige Konzept das wirklich erfolg versprach - aber von schwachsinnigen Ideologien diskreditiert wurde.

Quote
Anton Sch. meint:
20-11-2007, 11:06 Uhr
@So sieht es aus meint:
.... Sogar in den US-Gefängnissen ordnen sich die Häftlinge der eigenen ethnischen Gruppe zu. *

...das liegt "in den Genen". Kann man nachlesen in jedem Lehrbuch über "Humanethologie". Wenn das dann mal einer öffentlich ausspricht, wird er meist gleich zum Nazi gestempelt.... aber der Realität können sich die Ideologen nicht entziehen, diese Welt läuft nach ihren Gesetzen und nicht nach denen der 68er......... und darum wird es in Zukunft noch "sehr unangenehm" in Deutschland werden. Man sollte sich mit dem Kosovo, Ruanda, Sudan etc. beschäftigen, um zu wissen ,wie die Zukunft Deutschlands aussehen wird.

Quote
Don Eduardo meint:
20-11-2007, 11:12 Uhr
dein Nachbar könnte ein Schläfer sein,
ein Grund ihn näher kennen zu lernen,
Leute ihr müsst euch näher sein!

Multi-kulti gab es schon und es funktionierte auch ganz gut (Bsp. Jerusalem vor den Kreuzzügen; Alexandria; Babylon...), doch nur eben so lange es allen gut geht und keiner dem anderen neidet.
Die Ghettoisierung beruht auf finanzieller und gesellschaftlicher Not - wenn man neu ist, sucht man sich erst das Altbekannte - und -Bewährte.
DOCH SO WIRD JEDES PROBLEM NUR VON DEN HÄUSERN AUF DIE STRAßEN GETRAGEN. Menchen werden verlernen oder nie lernen tolerant gegenüber Neuem zu sein oder es gar zu adaptieren, wenn es in ihren Augen besser erscheint. Das führt zur Entfremdung und zum Chaos.

Liebe Leute, das obige Vorgehen ist eines auf privatwirtschaftlicher Basis durch geführte Rassen - bzw. Ethnetrennung. So was ähnliches gab es vor 70 Jahren schon einmal, nur damals war es von oben aufoktroyiert.

P.S. eine 75 Jährige Frau hat auch ein anderes Verständnis von Sauberkeit ALS EINE JUNGE DEUTSCHE FAMILIE!!!

QuoteFreiherr Troll von Berlichingen  meint:
20-11-2007, 11:15 Uhr
Ja, bei dem Wort "Leitkultur" hat der Nazometer von Harald Schmidt wie wild um sich gehauen und auf der Nazometerskala von 1 - 10 eine glatte 11 erreicht.
Da ist bei dem Nazometer der Deckel weggeflogen und die Feder und die Zahnräder oben rausgeflogen.
Nun ist er futschiama.
Und zudem hat der ARD-Indendant dem Harald Schmidt einen Anschiss im Auftrag von ganz oben verpasst. Und der Johannes Baptist Kerner hat die Einladung die er Harald Schmidt schon zugeschickt hatte, wieder zurückgezogen. Per SMS schrieb er: Harald von Dir verabschiede ich mich hiermit. Es ist aus mit uns! Ich unterhalte mich nur noch mit Nina Hagen und den anderen Gast-Komikern!

QuoteMelanie Gatzke  meint:
20-11-2007, 11:41 Uhr
Was sollte dagegen sprechen?
So kann jeder ungehindert seine Gewohnheiten beibehalten, seine Kultur leben, er findet sein Vertrautes unmittelbar nebenan.
Was soll daran so verwerflich sein.
Warum wollen wir dauernd eine künstliche Zangsvermischung?
Sie funktioniert doch nicht.
Also, wem stört das? Mich nicht.
Treffen und Gemeinsamkeiten pflegen ist doch deshalb nicht ausgeschlossen, niemand wird deshalb daran gehindert.
Aber Geichgesinnte in einem Block verhindert möglicherweise einiges an Konflikten.

QuoteCapetonian  meint:
20-11-2007, 11:45 Uhr
DerwegendemdudieStrassenseitewechselst

Du bist hier offenkundig der größte Rassist unter den Kommentatoren!
Aber selbstreflektion war noch nie "eure" stärke!
Unverholen drohst Du mit der "Machtübernahme". Leute wie Du sind es, die hier alles kaputt machen!

Quote
Realo meint:
20-11-2007, 11:45 Uhr
@ DerwegendemdudieStrassenseitewechselst

Es geht um Ethnien, nicht um Rassen...
Ansonsten hast du aber recht, die weiterhin ungebremste Zuwanderung und die allgemeine Bevölkerungsentwicklung werden aus Europa in einigen Jahrzehnten einen islamischen Kontinent machen. Daran kann auch kein Immobilienkonzern was ändern.

Quote
OnkelHeini meint:
20-11-2007, 11:53 Uhr
@ Realo

"Es geht um Ethnien, nicht um Rassen... "

Wo ist denn da der Unterschied?

Quote
DerwegendemdudieStrassenseitewechselst meint:
20-11-2007, 11:53 Uhr
@Realo
Da sind wir einer Meinung.
Man kann vieles hin und herschieben, die Zustände mal aus der Nazi-Brille, mal aus der 68-er Brille betrachten, Schuldzuweisungen machen usw. und sofort. Aber all dies ändert nichts an den objektiven FAKTEN.

Wie gesagt, wenn keine Kinder mehr bei Deutschen Familien geboren werden, da Mutti und Papi liebe ihre Lifestyleträume ausleben wollen und Kinder da nur nerven, dann beschwert euch doch nicht.

Quote
UMDENKER meint:
20-11-2007, 11:58 Uhr
Wenn es so weiter geht, wird die Stimmung bald kippen in diesem Land !!!

Und dann möchte ich hier kein Türke sein !!!

Quote
Alexander meint:
20-11-2007, 13:29 Uhr
Also meine türkischen Nachbarn sind sehr nett.

QuoteAbwesenheitsnotiz  meint:
20-11-2007, 12:00 Uhr
Die Aufgabe eines Immobilienkonzerns ist definitiv nicht die Durchführung eines von der Politik gerade favorisierten Integrationsgedankens, sondern am Markt erfolgreich zu sein. Das bedeutet u.a. Menschen Wohnungen zu einem fairen Preis anzubieten, in denen sie sich wohlfühlen können.
Der Konzern beruft sich auf Erfahrungen und die kann ihm wohl keiner nehmen, die Geschäftsleitung reagiert nach eigener Aussage auf die Faktenlage und die weicht offensichtlich vom politisch korrekten Wuschtraum deutlich ab.

Was soll man denn auch tun, wenn Kurden partout nicht neben Türken wohnen wollen und umgekehrt? Aus der Organisation von Austauschprogrammen kennt man ja auch die haarsträubendsten Geschichten: Da will Inder A nicht mit Inder B das Zimmer teilen, weil Inder B aus einer zu niedrigen Kaste stammt, da weigern sich Chinesen, sich mit einem Afrikaner den Küchendienst zu teilen, weil das niedere Tätigkeiten sind usw. usf.
Am Ende wünschen sich doch viele der zu integrierenden Zuwanderer, dass alles möglichst wie daheim ist und man sich nicht großartig umstellen und anpassen muss. Der Mensch ist eben bequem und die Maßnahme des Konzerns trifft sicher den Geschmack eines Großteils der (auch deutschen) Kundschaft.

Integration und Multi-Kulti-Harmonie gelingen nicht, wenn man ausschließlich die Einheimischen dazu verdonnert. Die "Zug'roasten" müssen da schon ordentlich mitmachen. An der Maßnahme des genannten Konzerns kann man sehen, was passiert, wenn dies nicht der Fall ist.

QuoteSpinnaker  meint:
20-11-2007, 12:04 Uhr
Ich habe das Klingelschild, wo Fr. Merkel in Berlin wohnt gesehen.
Da ist kein einziger Ausländische Name an der Tür zu sehen.
Erst Recht kein Türkisch/Kurdischer Name.

- Alles klar!

Quote
gf180 meint:
20-11-2007, 12:12 Uhr
Was glaubt ihr wohl, warum in fast allen Städten ganze Stadtteile schon entdeutscht sind.Und es sind immer wieder die integrationsresistenten Türken, die sich einen Dreck um irgendwelche Sitten und Gebräuche oder gar die Sprache ihres Gastlandes kümmern.Von daher hat der Immobilienkonzern absolut recht.

QuoteDon Eduardo  meint:
20-11-2007, 12:53 Uhr
auch auf die Gefahr hin, jetzt zerfleischt zu werden, nutze ich mein Recht auf freie Meinungsäußerung, wie Sie es alle tun:

Wenn ich die Kommentare der Meisten hier lesen, freue ich mich bereits auf die Verfremdung und "Entdeutschung"(wie es jemand so schlimm sagte).
Auch wenn ich sicher die mitteleuropäischen Werte liebe und verteidigen (und auch weitergeben) werde, möchte ich weiterhin offen für Werte anderer Kulturen sein (man möge nachdenken, in welcher Region das Christentum entstanden ist, das wir hier verfechten).
Leider hat die Politik es verpasst, Integration zu fördern UND ZU FORDERN, doch liegt es doch bei jedem selbst, dies nachzuholen, wenn denn Interesse am Menschen besteht. Wir alle kennen doch den Spruch: ich hab ja nichts gegen Ausländer, ABER...
Es steht jedem frei, in reinrassige Viertel zu ziehen, ich wünsche viel Spaß und möchte zu Bedenken geben, dass wir Mitteleuropäer ein Schmelztiegel verschiedenster Völker sind (Völkerwanderung, römische Besatzung) -mit einer aus dem Mittelmehrraum und auch Vorderasien geprägten Kultur...! Früher hat es aufgrund fehlender Möglichkeiten der Kommunikation (heute Zeitung, Internet) und Mobilität sehr lange gedauert, sich zusammenzufinden und auf der Basis von Gemeinsamkeiten Nationen zu bilden (in Dtl. 19 Jh!!!), doch ist dies heute aufgrund der Gegebenheiten doch anders und leichter.
Panta rhei - alles ist im Fluß, so auch unsere Kultur...Sie können ja die Reaktionisten bei dieser Bewegung mimen, aber aufhalten werden Sie es alle nicht können - zum Glück!!!!!!!!

Zum Thema: wenn die Immogesellschaft dies aus rein wirtschaftlichen Beweggründen macht - bitte, ich halte es jedoch für gesellschaftspolitisch kontraproduktiv!

...


Quote
GEGENRECHTS meint:
20-11-2007, 13:33 Uhr
Ich findes es wirklich unmöglich, dass hier andauernd das Wort "Meinung" verwendet wird. Dieses Wort wurde nachweislich auch von den Nazis im dritten Reich verwendet.

Es ist wirklich mehr als typisch für Deutschland, dass das Wort "Meinung" so häufig und unkritisch Verwendung in den Diskussionen findet.

Quote
Varian meint:
20-11-2007, 13:52 Uhr
Die Weichen sind falsch gestellt worden, schon seit Jahrzehnten. Die Ergebnisse sind nun überall sichtbar. Wohnungsgesellschaften, Vermieter und Mieter trifft keine Schuld an der gegenwärtigen Misere, die allein von der Politik zu verantworten ist. Daraus kann es nur eine Konsequenz geben: Schickt die Politiker in die Problemviertel, oder besser noch, gleich in die Wüste.
Mehr dazu unter http://www.pi-news.net/

etc. ...



Aus: "Immobilien: Konzern vermietet Wohnblocks ethnisch getrennt" (welt.de, 19. November 2007)
Quelle: http://www.welt.de/wirtschaft/article1378969/Konzern_vermietet_Wohnblocks_ethnisch_getrennt.html (http://www.welt.de/wirtschaft/article1378969/Konzern_vermietet_Wohnblocks_ethnisch_getrennt.html)

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Quote[...] Nach Angaben des Vermieters, der Schweriner Wohnungsbaugesellschaft, war es in dem Haus immer wieder zu Streit zwischen der jungen Familie und den überwiegend älteren Nachbarn gekommen. Grund dafür seien die beiden Hunde von Stefan T. und Nicole G. sowie die mangelnde Sauberkeit im Treppenhaus gewesen.

[...] Aber was wusste, was ahnte die Hausgemeinschaft? Das abendliche Klingeln des Reporters bei den unmittelbaren Nachbarn von Lea-Sophie verhallt unbeantwortet. Schließlich, nach einer ganzen Weile, krächzt eine Frauenstimme aus der Gegensprechanlage. "Wir können und wir wollen nichts sagen. Gehen Sie weg!"


Aus: "TOD EINES KLEINKINDES: "Eigentlich war doch alles in Ordnung"" Von Jörg Diehl, Schwerin (21. November 2007)
Quelle: http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,518813,00.html (http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,518813,00.html)

Title: [Die Straße gehört uns... (Notiz, BRD, Türken, Kurden)]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 18, 2007, 12:01:01 PM
Quote[...] Berlin - Einfache Beats, drei Akkorde, eine Mädchenstimme fängt an dilettantisch zu rappen. "Kurde verreck', weißt du was, du Hurensohn, du hast es nicht gecheckt: Türken sind am Start, also geh weg!"

Das sind noch die harmlosen Beleidigungen in einem YouTube-Video, das in neun Monaten mehr als 79.000 Mal abgerufen wurde. Fäkalausdrücke und brutale Drohungen werden hier in schlechtem Deutsch aneinander gereiht.

Eine der jüngsten Antworten von kurdischer Seite sieht so aus: "Wir sind Killerkurden, kämpfen für die Freiheit unseres Landes Kurdistan gegen euch Missgeburten!", rappt ein Junge in einem Video mit schlechter Tonqualität. Im Hintergrund sieht man Kemal Atatürk, den Vater der Türken, mit einem Hundekörper, der gerade auf die Türkeifahne pinkelt. Die Rapperstimme schimpft weiter: "Das ist kein Scheiß, ich mein's ernst, wenn ich Krieg sag. Ich ficke jeden Bozkurt!" Aufrufe des Videos: 1100 in einer Woche.

[...] Der Extremismus-Expertin zufolge ziehen die Jugendlichen aus den jeweiligen Ideologien die Symbole von Macht und Überlegenheit – auch um ihr Verlierer-Dasein zu überwinden. Wohl deshalb geht es in den Internetforen so hart her: "Meine Kugel trifft deinen Kopf", rappen türkische Jungs - und kurdische antworten: "Die Straße gehört uns."

"Es handelt es meist um perspektivlose Jugendliche, die sich hier nicht angenommen fühlen, die sich in ihre ethnische Identität zurückziehen und daraus ihr Selbstwertgefühl schöpfen", sagt Dantschke. Das Problem sei "von hier" und "nicht etwa aus der Türkei importiert".


Aus: "HASSVIDEOS VON TÜRKEN UND KURDEN: "Die Straße gehört uns"" Von Ferda Ataman (18. Dezember 2007)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,523367,00.html (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,523367,00.html)

Title: [Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit... (Deutsche Zustände)]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 18, 2007, 03:07:27 PM
Quote[...] B e r l i n (idea) - Langzeitarbeitslose sind die in Deutschland am meisten verachtete Minderheiten-Gruppe. Das hat die jüngste Erhebung ,,Deutsche Zustände" des Bielefelder Soziologieprofessors Wilhelm Heitmeyer gezeigt, die jetzt in Berlin vorgestellt wurde.

Danach haben 56 Prozent der Deutschen eine abwertende oder feindselige Einstellung gegenüber Hartz-IV-Empfängern. Rund 40 Prozent sind der Meinung, es werde zuviel Rücksicht auf Versager genommen. Ablehnend bis feindselig geben sich die Deutschen ferner auch gegenüber Fremden, Obdachlosen, Homosexuellen und Behinderten. Für den für den Aufbau Ost zuständigen Bundesminister Wolfgang Tiefensee (SPD) ist Heitmeyers Untersuchung ,,bestürzend". In den neuen Bundesländern sei die Angst vor ,,denen da oben" der Sorge gewichen, zu ,,denen da unten" zu gehören. Die Langzeitarbeitlosen sind in der zum sechsten Mal durchgeführten Studie erstmals auf Platz eins gerückt, während es bei den anderen Gruppen keine wesentlichen Veränderungen gab.


Aus: "Die meisten Deutschen lehnen Hartz-IV-Empfänger ab" (17.12.07)
Quelle: http://www.idea.de/index.php?id=298&tx_ttnews[tt_news]=60203&tx_ttnews[backPid]=25&cHash=a7526bfcd3


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Quote[...] Dieter Kassel: In Berlin wird die neuste Ausgabe der Langzeituntersuchung "Deutsche Zustände gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit" vorgestellt. Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus Einstellungen gegenüber muslimischen, obdachlosen, homosexuellen Menschen und Menschen, die über längere Zeit arbeitslos sind. Um all das geht es in dieser Studie. Und seit 2002, dem Beginn der Langzeituntersuchung, gibt es zum ersten Mal in einigen dieser Bereichen leichte Rückgänge. Vorgestellt wird die Studie zur Stunde von ihrem Leiter, Professor Wilhelm Heitmeyer von der Universität Bielefeld. Ich habe deshalb kurz vor dieser Sendung schon mit ihm gesprochen und ihn konkret nach zwei Ergebnissen gefragt, einem Rückgang der Angst und einem leichten Rückgang der Fremdenfeindlichkeit. Ich habe ihn deshalb gefragt, ob zum ersten Mal, seit diese Studie durchgeführt wird, die Ergebnisse Anlass zur Freude sind.

Wilhelm Heitmeyer: Zunächst ist es natürlich immer gut, wenn solche feindseligen Mentalitäten auf den ersten Blick nachlassen. Nun wissen wir nicht, ob das eine kurzfristige Veränderung ist oder ob sich ein Trend andeutet. Diese Frage können wir derzeit natürlich nicht beantworten.

Kassel: Wie sind denn die Zusammenhänge? Sie haben zum einen dieses Nachlassen in Teilbereichen festgestellt und ja auch ein Nachlassen der Angst vor der Zukunft, eine größere Zuversicht wieder bei den Deutschen. Ist es also ganz einfach so, mehr gefühlter Wohlstand bedeutet wieder weniger Fremdenfeindlichkeit?

Heitmeyer: Nein, der Punkt ist auf der einen Seite, dass die Wahrnehmung der sozialen Spaltung und das heißt auch eine massive Ungleichverteilung von Wohlstand natürlich gleichgeblieben ist, und das sichern auch die objektiven Daten ab. Gleichwohl hat die Angst vor Desintegration und prekären Lebensverläufen erstmals nach Jahren abgenommen, aber die Angst vor einem schnellen sozialen Absturz durch die Hartz-IV-Gesetzgebung ist weitgehend stabil geblieben.

Kassel: Wie können Sie denn diesen allgemeinen Rückgang der Angst erklären?

Heitmeyer: In der Tat gibt es ja statistisch gesehen durchaus eine Entspannung auf dem Arbeitsmarkt, aber zunächst mal statistisch gesehen. Und gleichzeitig muss man in der Tat in die Arbeitsverhältnisse hineinsehen, und dann bekommt man möglicherweise schon wieder ein etwas anderes Bild. Das heißt, dass man diese statistische Entspannung auch in einem anderen Licht sehen kann.

Kassel: Gibt es da geografische Unterschiede, also was die Entspannung, jetzt nicht nur die statistische, sondern die gefühlte der Menschen angeht, die geringer werdende Angst vor prekären Verhältnissen, ist die überall gleich?

Heitmeyer: Nein, sie ist bei Weitem nicht gleich. In Ostdeutschland ist die Annahme und die Angst, arbeitslos zu werden, nach wie vor sehr viel höher als in Westdeutschland, aber in anderen Bereichen gleicht sich das durchaus an.

Kassel: Nun gucken Sie ja im Rahmen dieser Studie "Deutsche Zustände" nicht nur auf die Fremdenfeindlichkeit, auf Rassismus, sondern Sie gucken auch darauf, wie zum Beispiel Menschen am Rande der Gesellschaft - Obdachlose, aber auch Menschen, die über längere Zeit arbeitslos sind - bewertet werden von den anderen, die nicht arbeitslos sind. Wie hat sich das denn entwickelt?

Heitmeyer: Also zunächst arbeiten wir ja mit diesem Syndrom gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, das heißt, dass Menschen alleine aufgrund ihrer tatsächlichen oder zugewiesenen Gruppenzugehörigkeit, weil sie fremd sind, weil sie Juden sind, weil sie homosexuelle Menschen sind, zentral dann in den Fokus der Abwertung hineingeraten. Und da ist es so, dass etwa bei der Islam-Feindlichkeit, also der generalisierten Abwertung von Muslimen es einen Anstieg gegeben hat bis 2006, aber zwischen 2006 und 2007 ist das stabil geblieben. Auf der anderen Seite haben wir jetzt aufgrund der Beobachtung in der Gesellschaft, wie Eliten sich etwa gegenüber Arbeitslosen verhalten, dieses erstmals in die Untersuchung einbezogen, und wir können feststellen, dass es doch einen erheblichen Anteil der Bevölkerung in dieser Gesellschaft gibt, die Langzeitarbeitslose generalisiert abwerten. Und insofern gehören diese Langzeitarbeitslosen inzwischen zu diesem Syndrom dazu. Das heißt, wer Fremde abwertet, wertet in hohem Maße auch diese Menschen ab.

Kassel: Was haben Sie denn da ganz genau abgefragt bei der Beurteilung von Langzeitarbeitlosen? Haben Sie gefragt, leben die auf unsere Kosten, haben sie gefragt, sind das Menschen zweiter Klasse? Wie kommen Sie denn jetzt zu diesen Schlüssen?

Heitmeyer: Ja, das sind natürlich eine ganze Reihe von Fragestellungen, die wir ihnen gestellt haben. Das geht über die Frage, ob sie selbst schuld sind, wenn sie keine Stelle finden, oder dass sie nicht wirklich interessiert sind, überhaupt einen Job zu finden usw. Das sind solche Dinge, das heißt, generalisierende Stereotype, wenn Sie so wollen, die den Langzeitarbeitslosen unabhängig von ihrem individuellen Schicksal dann entgegengeschleudert werden.

Kassel: Kann man aus den Antworten, die Sie in diesem Zusammenhang und in ähnlichen bekommen haben, tatsächlich schließen, dass wir immer zunehmend in einer konkurrenzbasierten Gesellschaft leben, also dass dieses Leistungsprinzip, das ja, obwohl es einen Linksruck gibt und das viele Leute im Kopf vielleicht ablehnen, dass dieses Leistungsprinzip im Alltag immer wichtiger wird?

Heitmeyer: Das kann man durchaus feststellen, denn wir ermitteln, dass auf der einen Seite ja die Angst bei Arbeitslosigkeit und damit parallel auch zum Teil die konkurrenzbasierte Fremdenfeindlichkeit abnimmt, und das ist kein Zufall, sondern das ist ein kausaler Zusammenhang. Auf der anderen Seite steigt aber das, was wir Flexibilitätszwang nennen, also auch die nahen sozialen Beziehungen zum Teil unter Nutzenkalkülen sehr viel stärker zu beachten, das heißt, ob es mir nützlich ist eigentlich, überhaupt noch soziale Beziehungen zu pflegen, das heißt, dass wirtschaftliche Kalküle, die im Rahmen der Wirtschaft durchaus angemessen sind, dann aber einsickern auch in soziale Lebenszusammenhänge. Und das, glaube ich, ist schon beunruhigend, denn wir können gleichzeitig dann auch Zusammenhänge feststellen mit den Menschen, die man dann nach Nutzenkalkülen beurteilen kann, also zugewanderte Fremde mit zum Teil niedrigen Qualifikationen oder Langzeitarbeitslose oder Obdachlose oder Behinderte. Und das signalisiert uns doch ein erhebliches Problemfeld.

Kassel: Kommen wir also zurück auf diese klassischen Formen der Menschenfeindlichkeit, an die man immer sofort denkt - Sie haben es ja erwähnt, ein Teil Ihrer Untersuchung, ein großer Teil ist natürlich die Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus. Wie verteilt sich denn das geografisch nach den neuesten Ergebnissen in Deutschland?

Heitmeyer: Es ist in der Tat so, wenn man die Ost-West-Schiene betritt, dann zeigen sich die Unterschiede bei der Fremdenfeindlichkeit und beim Rassismus, das heißt, die Werte in Ostdeutschland sind dort signifikant höher. Während andererseits übrigens der Sexismus im Westen höher ist als im Osten.

[...]

Kassel: Sie haben die Gewalt erwähnt. Ist die Gewaltbereitschaft größer als in den vergangenen Jahren?

Heitmeyer: Nein, da hat sich wenig bewegt, das ist stabil geblieben. Wobei man da auch immer wieder sagen muss, bei repräsentativen Stichproben mit einer entsprechenden Bevölkerungsschichtung sind auch keine großen Bewegungen zu erwarten, weil Gewalt immer auch an Dynamiken gebunden ist, die sich dann vor Ort auswirkt und außerdem Gewaltbereitschaft dann doch eher bei den Jüngeren vorhanden ist, weil die tatsächlich die Gewalttäter dann häufig sind. Aber, und jetzt kommt der Punkt, die Älteren zeigen zum Teil deutlich hohe Gewaltbilligung, das heißt, sie liefern dann auch die Legitimation dafür, dass die Jüngeren zulangen.


Aus: "Mehr Wohlstand, weniger Fremdenfeindlichkeit - Neue Studie zur Menschenfeindlichkeit in Deutschland" Moderation: Dieter Kassel (13.12.2007)
Quelle: http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/thema/710690/ (http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/thema/710690/)



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via http://autismuskritik.twoday.net/ (http://autismuskritik.twoday.net/)

Title: [Es geht in diesem Film um... (Notiz, Tatort, BRD, Aleviten, Teil1)]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 27, 2007, 01:52:28 AM
Quote[...] Die Situation der Aleviten ist auch gegenwärtig von starken Spannungen mit Sunniten bestimmt. Zwar dürfen die traditionellen alevitischen Feste inzwischen in der Türkei offen gefeiert werden, allerdings offiziell nicht als religiöse, sondern lediglich als Folkloreveranstaltungen. Dies ist in der recht speziellen Form der Trennung von Staat und Religion in der kemalistischen Türkei begründet und bereitet auch sunnitischen Muslimen große Probleme in ihrer Religionsausübung.

Die Herabsetzung von Ritualen wie dem Cem, die für den alevitischen Glauben zentral sind, wird von Aleviten als Diskriminierung empfunden. Denn trotz der staatlichen Religionsfreiheit in der Türkei gab und gibt es dort seitens der Bevölkerung starken Druck auf ihre Anhänger, sich dem sunnitischen Islam zuzuwenden oder ihren Glauben zumindest nicht offen zu leben. Dies begründet sich in erster Linie in politischer Einflussnahme seitens der Aleviten gegen die Mehrheitsbevölkerung und dessen religiöse Gefühle. So kam es zum Beispiel 1978 in den Städten Çorum und Kahramanmaraş zu anti-alevitischen Pogromen. 1993 wurden bei einem alevitischen Kulturfestival in Sivas ein Brandanschlag auf ein Hotel verübt, bei dem 37 Menschen ums Leben kamen. Die Teilnehmer hatten sich dorthin zurückgezogen, nachdem Gegner das Fest angegriffen und die Teilnehmer massiv bedroht hatten. Ziel der Attacken war Schriftsteller Aziz Nesin, der zuvor das Buch ,,Satanische Verse" von Salman Rushdi ins Türkische übersetzte und die zunehmende Islamisierung und allgemein die Zustände in der Türkei kritisiert hatte. Die Duldung dieses aggressiven Massakers und die nur sehr zögerlichen Rettungsaktionen ließen den Verdacht aufkommen, dass örtliche und staatliche Organe Partei für die Mehrheitsbevölkerung genommen hatten.

[...] Schon seit Jahren werden traditionell alevitische Siedlungen erzwungenermaßen ,,sunnitisiert". Selbst in mehrheitlich alevitischen Dörfern wurden sunnitische Moscheen gebaut. Dies zeigt, dass die Aleviten bis heute von den überwiegenden Muslimen nicht als eigenständige und gleichberechtigte Religionsgemeinschaft anerkannt werden. Es ist aber auch zu erwähnen, dass die alevitische Gemeinschaft, die fast einen Viertel der türkischen Bevölkerung ausmacht, im Gegensatz zu der kurdischen Minderheit keine offizielle Partei besitzt, die die Rechte der Aleviten verteidigen würde.

Die Europäische Kommission hat die Diskriminierung der Aleviten in der Türkei im Rahmen von deren Beitrittsverhandlungen zur Europäischen Union mehrfach kritisiert: zuletzt in der ,,Empfehlung zu den Fortschritten der Türkei auf dem Weg zum Beitritt" vom 4. Oktober 2004. Ein Beitritt der Türkei zur EU ohne Anerkennung der Aleviten als muslimische Minderheit ist aufgrund der alle EU-Staaten verpflichtenden Religionsfreiheit daher undenkbar.

[...] Wie bei vielen Gruppen auch, herrscht oftmals eine mehr oder weniger starke Diskrepanz zwischen den religiösen Vorschriften und dem tatsächlich gelebten Leben in der Gemeinschaft. Abgesehen von der Tradition der alevitischen Sippen (Asiret), sind Toleranz und Verständnis stark vertreten. Ob es letztendlich kurdische, zazaische oder türkische Aleviten sind, spielt keine Rolle. Oft haben die männlichen Familienmitglieder eine Vormachtstellung, was aber nicht an der Religion, sondern an den Traditionen liegt. Heiraten zwischen Aleviten und Nicht-Aleviten sind in der Regel nicht erwünscht, da man dadurch eine Distanzierung vom Alevitentum befürchtet. Ferner spielt es eine Rolle, dass man im Glauben der meisten Aleviten als Alevit geboren wird und man mit einem nicht-alevitischen Elternteil folglich nicht dem Alevitentum angehören könne. Hingegen ist in großen Städten heutezutage eine zunehmende Verschmelzung der religiösen Gruppen zu beobachten, was nicht zuletzt auf eine größere Toleranz zurückzuführen ist. Eine Generalisierung der Lebensweise der Aleviten ist nicht möglich, da die Anwendung der religiösen Vorschriften sehr unterschiedlich gehandhabt wird.


Aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Aleviten (http://de.wikipedia.org/wiki/Aleviten) (12/2007)

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Quote[...] Aleviten konnten Ausstrahlung nicht verhindern

Auch juristisch gehen die Aleviten gegen den ,,Tatort" vor. Die Alevitische Gemeinde Deutschland stellte bereits Strafantrag wegen Volksverhetzung. Der Versuch der alevitischen Dachorganisation, die Ausstrahlung zu verhindern, war gescheitert. Der Norddeutsche Rundfunk (NDR) hatte sich auf die Pressefreiheit berufen und an seinem Programm festgehalten.

In dem Film von Drehbuchautorin und Regisseurin Angelina Maccarone ermittelt Maria Furtwängler als Hauptkommissarin Charlotte Lindholm in Hannover und Lüneburg. Es geht um den Tod einer jungen Deutschtürkin. Zunächst sieht es so aus, als habe sie sich erhängt. Doch die Kommissarin vermutet einen Ehrenmord und ermittelt in der Familie des Opfers.

QuoteFrank Silberberg (26.12.2007 17:47)
Die Demonstration ist doch eine Gluecksfall...
fuer den Verfassungsschutz. Die Teilnehmer der Demo sollten sofort erfasst und bei Bedarf beobachtet werden. Wer Probleme mit unser freiheitlichen Ordung hat, begreift unsere Gesellschaft nicht und wird es auch in Zukunft nicht. Das sich der "Tatort" offensichtlich besonders unter ethnischen Minderheiten tausendfacher Beliebtheit erfreut ist erstaunlich, schaut man dort doch eher andere Sender.

QuoteAlevigirls (26.12.2007 17:46)
Kampf gegen die Vorurteile
Den Aleviten fällt es schon seit Jahrzehnten schwer Anerkennung zu erlangen. Anstatt die Kluft zw. Aleviten u. sunniten zu verkleinern, werden durch diesen Film diese Vorurteile nur bestärkt, was die Demonstrationen dagegen rechtfertigt. Wenn man diesen Film mit einer sunnitischen Familie gedreht hätte, wäre es zu noch mehr Aufruhr gekommen. Man muss die Wahrheit ans Licht bringen....


Quotescratchy | 3 Kommentare (26.12.2007 17:38)
Protestkundgebung
Was wir Deutschen in Deutschland für ein Fernsehprogramm austrahlen, bleibt immernoch uns selbst überlassen. Es ist nicht unser Problem, wenn sich eine Randgruppe auf den Schlips getreten fühlt.


QuoteHN (26.12.2007 17:03)
Demo
Jetzt also auch noch Demonstrationen. Die multikulturell aufgeschlossenen Bürger wird es interessieren, alle anderen sind eher genervt.


QuoteSineIraEtStudio | 55 Kommentare (26.12.2007 15:51)
Ins Schwarze getroffen
Der Aufregung der Aleviten nach zu urteilen, scheint die ARD ja mit ihrem Tatort ins Schwarze getroffen zu haben. PS: Der Krimi war trotzdem ziemlich schwach.


etc.


Aus: "Aleviten demonstrieren gegen ,,Tatort"" (26.12.07)
Quelle: http://www.focus.de/politik/deutschland/protestkundgebung_aid_230724.html (http://www.focus.de/politik/deutschland/protestkundgebung_aid_230724.html)

Title: [Es geht in diesem Film um... (Notiz, Tatort, BRD, Aleviten, Teil2)]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 27, 2007, 01:54:42 AM
Quote[...] Der ARD-"Tatort" mit dem Titel "Wem Ehre gebührt" vom vergangenen Sonntag ist auf scharfen Protest gestoßen. Die Alevitische Gemeinde Deutschland (AABF) kritisierte in einer Mitteilung an den Weihnachtstagen die "zentrale Aussage des Filmes", dass nach einem Inzest-Fall in einer alevitischen Familie die Schwester der Schwangeren umgebracht werde, weil sie zur Aufklärung des Falls beitragen wollte. Aleviten vertreten eine Glaubensrichtung des Islams - nach eigenen Angaben leben in der Türkei 20 Millionen.

AABF-Generalsekretär Ali Toprak sagte der dpa, dass die Berliner Gemeinde Strafanzeige gegen den für die "Tatort"-Folge verantwortlichen Norddeutschen Rundfunk wegen Volksverhetzung gestellt habe. "Wir verlangen vom NDR eine offizielle Entschuldigung und eine Gegendarstellung", sagte Toprak. Der NDR teilte mit, er nehme die Kritik an seinem Film "ernst". "Es geht in dieser Tatort- Folge nicht darum, religiöse Gefühle zu verletzen oder Vorurteile gegen die alevitische Glaubensgemeinschaft zu untermauern", sagte Programmdirektor Volker Herres.

[...] Die Aleviten erklärten, dass sie Jahrhunderte lang "unbegründeten Anschuldigungen" seitens der sunnitischen Muslime ausgesetzt worden seien, in denen behauptet würde, die Aleviten würden in ihren Gemeinden Inzest betreiben, weil sie ihre religiösen Rituale gemeinsam mit Frauen und Kindern durchführten. Bis heute seien derartige Beschuldigungen und Vorurteile unter fanatischen Sunniten gegenwärtig. Die Drehbuchautorin habe sich diese Einstellung zu eigen gemacht. In dem ARD-Krimi ermittelte am Sonntag neben Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) auch ihr türkischer Kollege Kommissar Aslan (Mehmet Kurtulus).

Drehbuchautorin und Regisseurin Angelina Maccarone sagte laut NDR, dass dieser Fall so in jeder Familie überall auf der Welt passieren könnte, egal ob deutsch oder türkisch. "Die Vorurteile, die alle Gruppierungen gegeneinander hegen, lassen letztendlich alle nur in die Irre laufen und tragen zur Aufklärung nicht bei", sagte sie weiter. "Die Tat des Vaters wird in keiner Wiese von seiner Religion getragen oder gerechtfertigt. Im Gegenteil: Kommissar Aslan, selbst Alevit, steht am Ende ebenfalls fassungslos vor der Erkenntnis, welches Drama sich in der Familie abgespielt hat."

Quotezaxxon (26.12.2007, 13:42 Uhr)

wie neu

beleidigte moslems...ein klassiker!

QuoteDerJurist (26.12.2007, 13:46 Uhr)

Verständlich

Stellen Sie Sich mal vor man hätte in dem Tatort Krimi das Thema eines jüdischen Geschäftsmannes aufgegriffen der extrem gierig und Skrupellos ist und sogar über Leichen für seinen Profit geht. Klar, solche Geschäftsmänner gibt es und bestimmt auch unter Juden wie auch anderen Glaubenszugehörigen, jedoch wäre der Fall dann auch wie hier eine gejagte Spezies zu nehmen und nen Film über die Vorurteile zu drehen die man dieser Spezies nachsagt und ihre Verfolgung begründet.
Irgendwie verständlich das man sich da auf den Schlips getreten fühlt.
Andererseits kann man aber keinesfalls damit anfangen zu versuchen Rücksicht auf alles und jeden zu nehmen. Irgendwer fühlt sich immer auf den Schlips getreten.
Das einzige was man wohl tun kann ist einfach etwas leiser zu denken und zu sprechen. Presse wie auch Leser. Dann gibts nämlich solche "Scheinskandale" nicht.

QuoteMusicFreak92 (26.12.2007, 14:02 Uhr)

Eine Frechheit!!!-

Diese Vollidioten sollten sich erst mal um den Glauben der Aleviten informieren, bevor sie so einen MIST ausstahlen!!! Eine bodenlose Frechheit! Deutsche können halt nicht wissen wie das so bei den Sunniten und Aleviten ist, aber so einen Scheiß auszustrahlen ist erniedrigend.. Tausende Deutsche die uns Aleviten nicht kennen, labern jetzt wohl nur das zeug nach das in diesem verachtendem Film gezeigt wurde... wer die wahrheit wissen will sollte diese Internetseite besuchen und nicht mehr so viel Scheiße labern www.alevitentum.de !!! Tzz... als ob mich auch mein Vater vergewaltigt?? Was bilden diese Idioten sich eigentlich ein??

QuoteMindsplitting (26.12.2007, 14:05 Uhr)

Wisst ihr waS?

Wir Deutschen sollten mal alle verklagen die in Filmen deutsche als Nazis darstellen und/oder in verbindung stellen. Damit schürt man den hass auf uns auch.
Wenn ich solche blöden anschuldigungen höre denke ich mir nur das man diese verpeilten und weltfremden einfach rauswerfen sollte. Wer sich integrieren will und es auch tut ist ja herzlich wilkommen. Aber wer UNS in UNSEREM Land nicht akzeptiert soll sich woanders hinbegeben. SO bekommen die Leute nie die Akzeptanz die sie wollen.

QuoteEgalius (26.12.2007, 14:14 Uhr)

Freiheit der Medien....

auch "hier" in Deutschland sollte die Medien immer noch das Recht haben auch solche sozial kritische Themen die andere Religionen oder Gruppen betreffen aufzugreifen. Dafür sind wir eine Demokratie, in der jeder seine Meinung (noch) frei äußern kann. Wenn dieses gewissen Gruppen nicht gefällt, so können sie ja gerne unser Land verlassen....
Wir sollten uns, egal von wem, nicht den Mund verbieten lassen oder auch nur "leise" denken. Was wahr ist, sollte auch wahr bleiben und Themen wie in Tatort gezeigt sind ja nicht aus der Luft gegriffen und schon teilweise Alltag (siehe Zwangsheirat, Ehrenmorde ect.) Danke an den NDR fürs diesen Tatort.

Quotefeldsalat (26.12.2007, 14:15 Uhr)

Nee, nee ...

..., nicht schon wieder. *seufz*
Dies war keine *Dokumentation*, liebe Aleviten, sondern eine *fiktive* Geschichte, also eine künstlerische Darstellung mit all ihren in unseren Regionen gewährleisteten künstlerischen Freiheiten.
So langsam reichts mit dem religiösen Hick-Hack. Schlimm, was Religion mit ihren sogenannten "Glaubens-Wahrheiten" auf der Welt anrichtet. (Für mich nichts als Märchenkram, unhaltbarer Unsinn - ein Relikt aus den Kinderschuhen des Menschseins - mit allen Unsicherheiten und Erklärungsversuchen der Weltphänomenen, Sinnsuche etc. dieser Zeit ...)
Jeder sollte nach seinem (Glaubens-)-Gusto glücklich werden, in seinem Glauben sogar Trost und Halt, einen Sinn fürs eigene Leben finden - meinetwegen, aber was sollen diese ständigen und leider oft auch recht blutrünstigen Kämpfe darum?
Wie wäre es, wenn man die Religionen der Welt endlich mal weniger ernst und als das nähme, was sie eigentlich sein sollten: Privatsache?
Und wenn man in seinem Glauben stark ist, was kann einen dann ein solcher Film wirklich jucken ...?


Quotefeldsalat (26.12.2007, 14:22 Uhr)

@MusicFreak92

Weshalb ziehst du dir einen solchen Schuh denn an? Dieser Film sagt doch nicht, dass ALLE Aleviten-Väter ihre Töchter missbrauchen - genauso wenig wie ein Film über den Missbrauch eines Christen erzählen würde, dass alle Christen Kinderschänder sind.
Was für ein Quatsch!
Dass manche Leute immer alles persönlich nehmen müssen. Man merkt, dass da noch eine Menge an freiheitlichem Denken zu lernen ist ...


QuoteAurum (26.12.2007, 14:24 Uhr)

Den Aleviten

gehören die Leviten gelesen! Wenn es ihnen nicht paßt, dann raus aus Deutschland! Aber flott!
Es ist langsam nicht mehr feierlich, was sich die Muslims in Deutschland raus nehmen. Das ist nicht EUER Land!!!!

Quotefeldsalat (26.12.2007, 14:30 Uhr)

Bitte nicht gleich diese "Raus!"-Rufe!

Dass in solchen Situationen so viele Leute immer gleich "raus!" rufen müssen. Was soll das?
Natürlich ist dies das Land ALLER, die rechtmäßig in ihm leben! Man kann sich bei Meinungsverschiedenheiten nicht immer gleich durch Entfernung der Meinungsgegner des Problems entledigen. Bitte lasst das also!


Quotesalz63 (26.12.2007, 14:32 Uhr)

@MusicFreak92

Was hat das mit dem Glauben zu tun? Die meisten Mörder in Tatortfolgen sind Christen und denen ist das Töten, Stehlen, Ehebrechen usw. direkt von Gott (10 Gebote, Steintafeln, Mose, Berg...etc.) verboten. Ich bin noch nie auf die Idee gekommen, dagegen zu klagen, weil ich nicht dumm genug bin aus den Verboten der 10 Gebote den Schluß zu ziehen, daß nicht sein kann was nicht sein darf. Obendrein kann ich (und Millionen andere können das auch) zwischen Realität und Fiktion unterscheiden.
Das ewige Beleidigtsein der Moslems nervt, denn man darf nicht vergessen: Im Tatort als Täter (aber auch Kommisar!) vorzukommen ist nicht Stigmatisierung sondern Integration. Am echten Kriminalitätsgeschehen nehmen Migraten ja auch Teil, so wie wir bei der Polizei (zum Glück) auch zugewanderte Bemate haben.

QuoteAurum (26.12.2007, 14:34 Uhr)

@MusicFreak92

Die Ausstrahlung ist in keinster Weise eine Frechheit! Deutsche müßen sich auch nicht mit solchen "Kulturen" auseinandersetzen, da wir eine eigene, lange Kultur besitzen! Und wenn Dir das nicht paßt, dann verlasse UNSER Land, denn Du bist nur geduldeter Gast!

Quoteastrea (26.12.2007, 14:49 Uhr)

einsicht

hier geht es nicht um eine sache der moslems!!!
die aleviten sind eine islamische gemeinschaft, die nicht mit dem sunnitischen islam zu vergeleichen ist. darum bitte nicht mit der aussage schon wieder die moslems kommen. solch eine aussage wäre nur falsch und unbegründet. wer die arroganz besitzt muss sie auch vertreten können und ohne hintergrundwissen ist diese nicht vertretbar.
ich habe während der ganzen sendung gehofft, dass kein inzest drin vorkommt und anschliessend war ich mir der folgen sicher. hier hat die autorin ein thema angegriffen, welches seit jahrhunderten als begründung für eine bewusste verfolgung seitens sunnitischer fanatiker benutzt wurde, und heute noch von dummen menschen benutzt wird. musste denn das sein?
man hätte doch nur eine islamische familie darstellen können. nein! dann würde wahrscheinlich das ndr gebäude nicht mehr stehen.
nur das ist die ganze wahrheit, und die autorin eine sehr unwissende person, die sich jetzt mit falschen federn schmücken will.
mag sein, dass ihr es nicht verstehen könnt? verstehen lernen wäre ein erster schritt.


Quotegilda (26.12.2007, 14:58 Uhr)

Enttäuscht

Wenn man einen Film über die Chinesischen Triaden dreht, beschwert sich die Chinesische Gemeinde, wenn der Schurke ein Mafiosi ist, fühlen sich die Italiener diskriminiert.
Wenn die Täterin einfach eine Frau ist, sind die Feministinnen empört.
Nur weiße, männliche Mitteleuropäer dürfen in Zukunft ungestrafft als Bösewichte dargestellt werden!
Dufte!
Die Reaktion dieser Vertreter der Alleviten ist für mich allerdings eine Überraschung und Enttäuschung.
War ich doch tatsächlich der Meinung dass die Alleviten die einzige vernünftige und integrierbare Glaubensrichtung des Islam ist.
Die überzogene Reaktion dieses Ali Toprak zeigt aber wohl, dass auch bei denen so einiges im Argen liegt!


Quoteastrea (26.12.2007, 15:00 Uhr)

aurum

einerseits schreiben sie es ist keine frechheit, andererseits wir müssen uns nicht mit solchen 'kulturen' auseinandersetzen.
damit sie einbisschen lernen, jesus war jude, und die deutsche sprache ist eine indogermanische sprache, d.h. sogar mit der indischen sprache verwandt. ich hoffe für sie sehr, dass sie in einem fremden land leben werden. den sie gehören zu den menschen die fühlen müssen.


Quotemuhtesem1 (26.12.2007, 15:04 Uhr)

Redefreiheit?Demokratie?Medienfreiheit?und und und...

...es muß einfach aufhören mit diesen angeblichen Freiheiten.Man kann,darf und soolte nicht andere Kulturen,Religionen und mio. von Menschen nur unter dem Vorwand der Freiheit beleidigen,kränken und beschmutzen.Was Hitler und die Nazios betrifft,ist eine bewiesene Tatsach und Geschichte.Aber einen Film zu machen,ohne sich vorher über diese zu informieren......?....ist schlicht dumm!Wenn andere Länder ebenso reagieren würden und wenn in anderen Ländern ebensolche dumme Forenberichte zu lesen wären wie hier......dann würden die sofort einen Film darüber drehen, wie und was für Kinderficker und Kinderschänder die Deutschen und Christen sind?!?.....oder etwa nicht ? Wobei das nicht mal so falsch wäre,wenn man in den letzen Jahren die wahren Vorfälle zählt :-)


Quoteastrea (26.12.2007, 15:07 Uhr)

gilda

man hätte einen aleviten als mörder darstellen können. einen verbrecher etc. aber nicht inzest!!!
warum will man das nicht vertehen.
es wurden viele aleviten mit solchen vorurteilen diskriminiert und zum teil auch umgebracht.


Quotegilda (26.12.2007, 15:07 Uhr)

@muhtesem1

Kinderficker gibt es auch in dem Land aus dem du kommst.
Da darf man wohl nur nicht darüber berichten.

Quoteastrea (26.12.2007, 15:14 Uhr)

gilda

die türkischen nachrichten schweigen nicht über sogennante kinderschänder, im gegenteil.
leider schreibt hier jeder nur mit vorurteilen und ich möchte an diesem forum nicht mehr teilnehmen.


Quotefeldsalat (26.12.2007, 15:21 Uhr)

@astrea

Doch, astrea, ich versteh es so langsam ...
Wenn du meine bisherigen Beiträge hier gelesen hast, weißt du ja, was ich über Religionen (ganz allgemein) denke. Umso schlimmer finde ich es daher, dass sich religiöse Gruppen durch Vorurteile von anderen religiösen Strömungen abgrenzen und blutige Kämpfe gegen einander führen. Aber man kann - andererseits - die jahrhundertelang gewachsenen und ge-/erlebten kulturellen Strukturen und ihre dummen Projektionen (in diesem aktuellen Fall meine ich den Vorwurf den Aleviten gegenüber, für gewöhnlich Inzest-Betreiber zu sein), nicht auch noch auf diese Weise (möglicher Weise *wissentlich*) befördern, da gebe ich dir Recht.


Quoteben77 (26.12.2007, 15:21 Uhr)

Brunnenvergifter und Ritualmörder!

also sind die meisten Leser des Sterns wirklich so primitiv das nicht verstehen zu können. Nur um das mal für die Leuchten hier klar zu machen, die Geschichte der Folge ist so gut wie wenn man ein Mitglied der jüdischen Gemeinde Brunnen vergiften ließe oder Kinder in Ritualmorden umbringen lässt, das wäre doch in der Tat ein geschmackloses und völlig daneben gegangenes Drehbuch, und das kann der NDR ruhig eingestehen, das dies hier auch der Fall war. Die Menschen in diesem Zusammenhang, die "Raus" brüllen und "unser Land" sind doch einfach nur dumme Rassisten und Hinterweltler. Die Leute die hier eine islamistische Einschränkung unserer Freiheit sehen sind aber auch nicht viel intelligenter. Gemeint damit sind die Beiträge der Superhirne hier, deren IQ wohl nicht die 30 übersteigt.


QuoteMahir (26.12.2007, 15:32 Uhr)

Vorurteile und Fanatismus

Naja, natürlich könnten sich die Aleviten hier in ihren Gefühlen verletzt fühlen. Schliesslich existieren viele kranke Fanatiker unter den Sunniten die den Aleviten schmutzige Dinge vorwerfen, die sie eigentlich in ihrer schmutzigen Phantasie entwickeln. Das haben sie jahrhunderte gemacht um die Unterdrückung zu rechtfertigen. Gegen Ungläubige, keine richtigen Moslems etc. kann man alles tun ("sevaptir"). Das gilt auch für türk. Fanatiker die Kurden ihre Identität, ihre Kultur und ihr Land aberkennen. Aber die Aleviten sollten hier eher nüchtern reagieren als mit Strafanzeige. Schliesslich wird im Film deutlich, dass dieser Fall überall auf der Welt, in jeder Familie vorkommen kann. Und beispiele von sunnitischen, christlichen Familien etc. gibt es zuhauf bei Kriminalfällen.


QuoteChe24 (26.12.2007, 15:39 Uhr)

SCHADE

finde es echt schade wie blöd manche leute hier sind. was hat das ganze den mit freiheiten zu tun.....
ist es freiheit menschen zu erniedrigen.aber was anderes war ja auch nicht zu erwarten damals in der ns zeit waren es halt juden die man im fernsehen erniedrigt hat und heute sind es moslems.....
damals hat man im fernsehen behauptet dass juden lange nasen haben und für alles schlechte verantwortlich sind und heute behauptet man halt dass moslems verbrecher sind oder dass sie wie hier in diesem fall inzucht betreiben. weiter so deutschland lang lebe die freiheiten hauptsache es trifft nicht die deutschen


Quoteschlotti (26.12.2007, 15:43 Uhr)

Alanis Morissette

Es gibt hier Leute, die mit Verstand bei der Sache sind.
Und sich "feldsalat" nennen.
Und es gibt hier Leute, die deutlich weniger Verstand als Feldsalat haben.
isn`t it ironic?
MfG,
Schlotti


Quotemuhtesem1 (26.12.2007, 16:10 Uhr)

Keil eintreiben........

...für mich sieht das ganze danach aus,als ob die christliche Welt, unter den verschiedenen Gruppen in der Türkei, wieder mal ein Keil eitreiben will. Sunniten,Aliviten und sonstige Gruppen und Völker leben und lebten mit den türken seit Jahrhunderten überwiegend friedlich zusammen.
.
gilda,woher willst du schon wissen,woher ich stamme/komme? nur weil ich einen arabischen nick benutze? tztztz...


QuoteAlex64 (26.12.2007, 16:42 Uhr)

habt ihr sie noch alle

.. liebe Aleviten, liebe Türken und Türkeifreunde?
Ob dieses - fiktive - Phantasieprodukt nun im christlichen, jüdischen, muslimischen, türkischen oder gar alevitischen Kulturkreis spielt ist doch letztendlich sch***egal.
Und sich jedesmal angefressen zu zeigen, nur weil in einem Fall eine Ethnie die "Bösen" sind... - dümmer gehts nimmer. Und ernst nehmen werde ich solche Leute schon gar nicht mehr.


QuoteAlex64 (26.12.2007, 16:44 Uhr)

Aber gleich ...

... wird von einigen Idioten hier wieder die Nazikeule ausgepackt.
Nur weiter so - schneller lässt sich dieses Instrument sicher nicht abnutzen, und letztendlich lacht jeder nur noch darüber ....


QuoteRunner84 (26.12.2007, 17:20 Uhr)

Zu schnell beleidigt

Ich glaube nicht, dass diejenigen, die den Tatort gesehen haben davon ausgehen werden, dass bei den Aleviten inzestiöse Verhältnisse herrschen. Insofern finde ich dieses laute Aufschreien doch arg übertrieben. Ungeachtet dessen hoffe ich, dass alle, die sich hier angegriffen fühlen den Film auch wirklich gesehen haben und nicht nur deswegen rumschreien, weil einer es vormacht. Das wäre in der Tat lächerlich.


QuoteRosaRosa (26.12.2007, 17:32 Uhr)

Das deutsche Grundgesetz

garantiert die Freiheit der Meinung und der Kunst - "eine Zensur findet nicht statt"!!! Wer mit unserem Grundgesetz nicht leben kann, soll dahin gehen, wo der Pfeffer wächst.


Quoteworis (26.12.2007, 17:39 Uhr)

Tatort

Da hat sich der ARD mal die Mühe gemacht und im Vorspann darauf hingewiesen das dies eine Fiktion ist.War man wohl noch kurz beim Chipsholen oder sonstwas.Hat auch keiner gelesen.Auch das MusikFreak96 gesagt hat das das ARD Gebäude nicht mehr stehen würde wenn man andere Muslime außer Alevieten beleidigt hätten gibt einen doch zu denken.Also doch Gewalt in Deutschland von Gästen.Das nenne ich nicht gerade Dankbarkeit.Es ist auf Dauer unabdingbar unsere Freiheit zu verteidigen.Ich lasse mir mein Land nicht von Religionen kapput machen.Diese Irren sind sich selber nicht grün.Sollen sie es da ausfechten wo ihre Heimat ist.Warum haben diese Leute den keine Heimat mehr?Wegen dem bösen Westen,der so verachtet wird.Aber leben kann man da schon.


Quotejara1 (26.12.2007, 17:54 Uhr)

verständnis

Erst seit dem tatort kenn ich den unterschied zwischen aleviten und suniten.der ndr hat am anfang darauf hingewiesen das diese folge kein angriff oder diskremienierung seitens der macher ist. ich habe dies auch nicht so verstanden. leider haben die drehbuchauthoren eine unglückliche handlungsstruktur gewählt, die leider alte geschichtliche differenzen zwischen den religiösen gemeinden aufblühen läßt. ich habe mir eine andere ablauf der gechichte gewünscht in der der vatter nicht der schuldige ist. trotzdem hat diese tatort folge ein gutes. man spricht wieder darüber. es muß immer erst provoziert werden damit die gesellschafft aufwacht. und wir müßen offen diskutieren. weltweit.


QuoteMensch_Leben (26.12.2007, 18:35 Uhr)

Denkt mal nach!!!

Es geht in diesem Film nicht um einen Verbrecher, sondern um den Ruf einer jahrhundertelang verfolgten Gemeinde, die gerade aus solchen unbegründeten Vorwürfen der sunnitischen Gemeinde verfolgt und ermordet wurden. Daher gebe ich diesen Vorwurf an jeden Menschen weiter selber wohl Inzest zu betreiben, der diesen Film positiv kommentiert, da er das ja anscheinend normal empfindet und bitte jeden, der diese Gemeinde nicht kennt, sich Bildung anzueignen, bevor er das kommentiert!!!


Quote.link (26.12.2007, 19:17 Uhr)

.

"Es geht in diesem Film nicht um einen Verbrecher, sondern um den Ruf einer jahrhundertelang verfolgten Gemeinde, ..."
Falsch, es geht in diesem Film um eine fiktive Kriminalgeschichte. Mehr nicht. Und jeder der dort eine politische Dimension hineininterpretiert kann dies tun, oder auch nicht, die daraus resultierenden Probleme sind dann aber nicht mein Problem.
Ich hatte zumindest nach dem Film nicht den Gedanken, dass alle Aleviten Inszest betreiben. Eine negative Meinung gegenüber "den Aleviten" habe ich aus dem Film nicht geschlossen, die kam, wenn überhaupt, erst Heute, als ich von dieser lächerlichen Anzeige las.


Quoteworis (26.12.2007, 19:41 Uhr)

Gemeinde

Die Verbrämung eine Fernsehfilmes zum Politikum ist bezeichnet für die "Gemeinden".Das sind Sekten und nichts Anderes.Da bin ich doch schon froh keiner Religion anzugehören.Muß den alles vorgebetet werden was man nicht in der eigenen Birne hat?Ferngesteuerte aller Länder kommet zu uns,ich werde Euch erquicken.


QuoteMorathAn (26.12.2007, 20:27 Uhr)

Lasst sie halt beleidigt sein

Bitte keine Phrasen mehr wie "da muss man ja Verständnis haben". Ich kann es nicht mehr lesen, nicht mehr hören. Mir ist es auch völlig egal, ob irgendeine Ethnie aus irgend einem Bergdorf sich beleidigt fühlt. Wir leben in einem freien Land mit freier Meinungsäusserung. Wem das nicht passt, soll doch da hin gehen, wo man sein Leben riskiert weil man sich als Christ outet, wo Frauen mit 11 Jahren an alte Männer verheiratet werden, wo man freie Meinungsäusserung nicht kennt. Ich lebe gern im Westen und wer zurück in´s Mittelalter will? Bitte gerne. Je schneller, desto besser.


QuoteChe24 (26.12.2007, 20:41 Uhr)

WEITER SO

ihr werdet nie was lernen aus der vergangenheit. es lohnt sich gar nicht mit euch zu diskutieren um diesen fall weil erstens die hälfte nicht mal weiß um was es geht und zweitens die andere hälfte sowieso rechts eingestellt ist also vergisst es lieber.....
aber wenn marco in türkei verhaftet wird weil er ein kind missbraucht hat dann könnt ihr die fresse weit aufreißen und nach gerechtigkeit forden obwohl er schuld ist
wie gesagt hauptsache es trifft nicht die deutschen alles andere darf erniedrigt werden


QuoteJackintheBox (26.12.2007, 21:10 Uhr)

@mensch-leben

Du forderst, "wir" - ich nehme mal an, damit meinst Du christliche Deutsche - sollten uns Bildung aneignen, bevor wir uns ein Urteil über Aleviten erlauben. Ich interpretiere das mal so, dass Du möchtest, dass man sich über diese Glaubensrichtung informiert. Okay. Aber kurz vorher sagst Du, wir würden alle Inzest betreiben, wenn wir diesen Film "positiv kommentieren", da wir das ja dann wohl normal fänden. Hallo? Du wirbst um Verständnis, aber wir sind alle Kinderschänder, wenn wir eine Meinung haben, die von Deiner abweicht? Weisst Du, ich glaube, Du solltest Dir auch noch eine Menge Bildung aneignen, bevor Du "uns" so übel beleidigst. Tu das lieber nie von Angesicht zu Angesicht - nur ein Tipp.


QuoteChe24 (26.12.2007, 21:20 Uhr)

KEIN PROBLEM

ich kanns bei dir auch von angesicht zu angesicht machen mein freund. hab kein problem damit kollege.


Quote.link (26.12.2007, 21:31 Uhr)

.....

"ihr werdet nie was lernen aus der vergangenheit."
doch, wir lernen aus der vergangenheit.
wir lernen presse-, kunst- und meinungsfreiheit müssen geschützt werden.


Quoteicke10115 (26.12.2007, 21:37 Uhr)

Schon mal 24 gesehen?

In 24 Folgen sieht man wie Muslime Amerika terrorisieren (Botschaft: Es gibt keine guten Muslime).
Es ist Absurd die Begebenheiten in einem fiktiven Film zur Anzeige zu bringen. Demnach müssten alle Muslime 24 anklagen.
Die Aleviten nehmen sich etwas zu ernst, wenn ich die Kommentare hier lese glaube ich fast, daß es tatsächlich ein Inzest-Problem gibt.
Die Alevitische Gemeinde ist aber auch dafür bekannt, vieles unter den Teppich zu kehren. Vielen wird geholfen, wenn man über Probleme redet.
Die Nazi-Parolen (Geht nach Hause etc.) sind hier echt fehl am Platz.
An die Meinunsschweine: Die Aleviten haben das gleiche Recht ihre Meinung über diesen Film zu äußern, klar! Jaaa, man darf auch deutsche kritisieren.


QuoteTheClan (26.12.2007, 21:47 Uhr)

Ich bins leid

Lieber Braune Mob. Bevor ihre so dämliche Bemerkung macht wie "Raus aus unserem Land" etwas nachdenken. Kann sein das das nicht so leicht ist bei einigen mit dem denken. Aber trotzdem versuchen. Die meisten wissen doch garnicht was Aleviten sind oder das es sie überhaupt in Deutschland gab und gibt. Kann sein das es eine Fiktion im Film ist, aber nach E.T. von Spielberg haben bestimmt einige von euch immer im Schrank geschaut ob es nicht doch E.T. in wirklichkeit gibt. Soviel zum Thema Fiktion. Es geht darum, das dieses von einigen ungebildeten Menschen gerne genommen wird um weiter gegen ein ganzes Volk zu hetzen welche es schon schwer haben in ihrem Herkunftsland. Ich sage bewusst Herkunftsland denn Deutschland ist für mich meine Heimat. Ja da war ja der arme arme Marco. Wollte doch nur ein bisschen Spass mit Charlotte aber wer hätte gedacht das die Mutter anzeige erstattet. Armer Marco. Anstelle nach Thailand zu fliegen lieber sein Glück im eigenen Land versuchen. Oder ist euer Selbstbewusstsein so kaputt das ihr euch nicht traut in deutschland??? Also in diesem Sinne Etwas mehr toleranz und respekt vor anderen und es klappt auch mit dem Nachbarn. ;-) Ich liebe euch alle.


Quotetalkingkraut (26.12.2007, 22:47 Uhr)

Friedliche Leute

Immer heißt es Migranten müßten die Regeln unseres Rechtsstaates akzeptieren. Machen sie es, wird es von uns nicht gewürdigt. Was soll daran falsch sein, wenn Aleviten Strafanzeige stellen. Vielleicht gibt ihnen ein Richter ja recht. Die Aleviten wurden in der Türkei dafür geringeachtet, weil sie Frauen als gleichrangig betrachten und mit Inzest-Verleumdungen schlecht gemacht. Wenn die ARD unbedingt diese Verleumdungen fortsetzen möchte, dann kann es sehr wohl sein, dass einer solchen Klage mehr als ein symbolischer Erfolg beschieden ist. Jeder kann sich hier beleidigt fühlen, wenn er dann vor Gericht zieht, ist das sein gutes Recht. Es gab keine Morddrohungen, also das sind das ganz friedliche Leute.



etc.




Aus: "ARD-Sendung: Aleviten erstatten wegen Tatort Anzeige" (Artikel vom 26. Dezember 2007)
Quelle: http://www.stern.de/unterhaltung/tv/:ARD-Sendung-Aleviten-Tatort-Anzeige/606338.html?id=606338&ks=1 (http://www.stern.de/unterhaltung/tv/:ARD-Sendung-Aleviten-Tatort-Anzeige/606338.html?id=606338&ks=1)
Title: [Es geht in diesem Film um... (Notiz, Tatort, BRD, Aleviten, Teil3)]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 27, 2007, 01:56:26 AM
Quote[...] In dem Krimi, der am Sonntag in der ARD gesendet wurde, war es um Inzest in einer alevitischen Familie gegangen. Zunächst habe der Dachverband noch versucht, die Ausstrahlung zu verhindern, aber der NDR hielt an seinem Programm fest. Im Vorspann wurde aber darauf hingewiesen, dass der Inhalt fiktiv sei. Was sich für Ahnungslose nach einem harmlosen Krimi anhört, bediene laut der Gemeinde aber historische Klischees. Bereits seit Jahrhunderten werde die Gemeinschaft von der sunnitischen Mehrheit mit dem Vorwurf der Blutschande zum Zweck der Unterdrückung diffamiert. Bis heute lebten diese Vorurteile bei Sunniten fort, kritisiert Toprak. Die Aleviten gelten als liberal und werden deswegen von einigen strenggläubigen Muslimen diskriminiert. "Mit dem 'Tatort' werden die Vorurteile gegen uns unterstützt", beschwert sich Toprak und schiebt hinterher: "Wir respektieren die Kunstfreiheit, aber sie darf nicht die Würde einer Minderheit verletzen." Die Gemeinde will jetzt in mehreren Städten protestieren.

Das Thema bewegt auch die Leser von taz.de. Unter dem Artikel vom Heiligabend "Alevitische Gemeinde klagt: 'ARD-Tatort ist volksverhetzend'" wird das Thema noch immer kontrovers diskutiert.

Quote[...]
http://www.taz.de/1/leben/medien/artikel/kommentarseite/1/ard-tatort-ist-volksverhetzung/?tx_skpagecomments_pi1%5BshowComments%5D=1&tx_skpagecomments_pi1%5BshowForm%5D=1&cHash=de3e0356ba (http://www.taz.de/1/leben/medien/artikel/kommentarseite/1/ard-tatort-ist-volksverhetzung/?tx_skpagecomments_pi1%5BshowComments%5D=1&tx_skpagecomments_pi1%5BshowForm%5D=1&cHash=de3e0356ba)



Quote24.12.2007 13:28 Uhr:
Von Rainer:

Ich bin als Bürge Europas und Deutschlands über derartiges Vorgehen der Aleviten in unserem Land enttäuscht.

Muslime geben täglich hinweise dafür, dass ein zusammenleben mit den "Ungläubigen" nicht gewünscht ist. Leben aber bei Ihnen. Wie soll ich das verstehen.

Aber zurück zum Film, dem Übel des Anstoßes.
Inzest ist nicht nur bei den Aleviten möglich, sondern in allen Kulturen.
Auch Fanatismus und Irrglaube ist in allen Religionen möglich.
Sich aber ständig in Produkte der Unterhaltung mit Rechtlichen Schritten Einzumischen, sollte unterlassen werden. Wenn aber keine Akzeptanz möglich ist, wer zwingt euch hier zu bleiben.

Frohe Weihnacht.

Quote24.12.2007 14:34 Uhr:
Von Von Dehnert:

Wem die Demokratie nicht passt...?
Sagt mal habt Ihr Demokratiewächter eigentlich auch so gebrüllt, als die Bayern und Katholiken die MTV-Serie "Popetown" so heftig attackiert haben. Aber wie immer gilt christlicher Fundamentalismus als gerade noch demokratisch, aber wenn eine muslimische Gemeinschaft, die von den sittenstrengen Großsekten eigenen Glaubens verfolgt wird, sich mal wehrt, dann ist das gleich demokratiegefährdend.


Quote24.12.2007 14:44 Uhr:
Von havit:

Filme werden von allen möglichen Themen produziert und wiedergegeben. Da sollte sich ein kleiner Teil unserer Bevölkerung nicht daran stossen, zumal der Inhalt in diesem Tatort nichts aussergewöhnliches darstellt. Ausserdem weiss jeder, der nach Deutschland kommt, was sich in diesem Land abspielt. Und damit rechnen muss, zu einem nicht immer willkommenen Teil der Bevölkerung zugeteilt wird. Wem dieses nicht passt, sei freigestellt, sofort in sein Heimatland zurückzukehren und sich mit den dort vorhandenen Verhältnissen abzufinden.


Quote24.12.2007 15:04 Uhr:
Von locuta:

Was sollen wir uns noch alles gefallen lassen? Zensur, wenn es der "Religion des Friedens" nicht in den Kram paßt? Aber, es werden sich schon ein paar Alt68erlinkslinksgrüne Dhimmirichter finden lassen, die dem Antrag nachträglich entsprechen!


Quote24.12.2007 15:11 Uhr:
Von Who Else:

Wieder was gelernt. Irgendjemand "forciert" das Vorurteil, Inzest gehöre zur Kultur der Aleviten. Aha! Ich dachte bislang, Inzest wäre das Privileg des europäischen Adels.

Mal ernsthaft. Ich habe den Tatort gesehen und kann mir keine noch so mühsame Konstruktion ausdenken, weshalb damit Volksverhetzung betrieben worden sein sollte. Im Gegenteil. Der fehlgeleitete Übeltäter traf auf keinerlei Verständnis seiner alevitischen Umgebung. Ebensowenig wie alle protestantischen Mörderinnen und Mörder aller Tatorte vor ihm.

Wir bewegen uns bei der Strafanzeige offenbar auf dem Diskussionsniveau der Empörung über die Mohammed-Karikaturen.


Quote24.12.2007 15:13 Uhr:
Von Michael Henke:

Ob jemand sich so aufregen würde wenn es um eine deutsche Gemeinde gehen würde????


Quote24.12.2007 20:57 Uhr:
Von Georg Wolf:

Dieser Tatort war von Anfang bis Ende so schlecht, den kann mensch einfach nicht ernst nehmen. 


Quote25.12.2007 00:28 Uhr:
Von sahin, ferhat:

Das Alevitentum wird in dieser Folge von "Tatort" schwer verunglimpft, der Grund dafür ist unter anderem die Ausage der LKA Beamtin Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler), die ihren Kollegen Cem Aslan (Mehmet Kurtulus) in einer szene die sich in der Kantine abspielt, für einen Aleviten hält, weil dieser als eigentlicher Muslim Schweinefleisch isst. Diese Ausage sorgte in der Alevitischen Gemeinde für große Empörung, denn die Aleviten werden hier als eine nicht Muslimische Religion dargestellt für die das schweinefleisch essen als legitim erscheint. Mit dieser Folge hat die Regiseuren Angelina Maccarone nicht nur Vorurteile untermauert, sondern sie hat es auch noch geschafft ein falsches Bild über das Alevitentum zu vermitteln.

Quote25.12.2007 00:31 Uhr:
Von Peter Gabriel:

Immer wieder dieser religiöse Terz von allen Seiten.
So gesehen wäre jeder andere Tatort Deutschenfeindlich, meistens sind die ja die Mörder, Misshandler u.s.w.
Ich habe das nicht gesehen, aber: Es ist nur ein Krimi, also Unterhaltung. Nicht mehr und nicht weniger.


Quote25.12.2007 00:44 Uhr:
Von Mustafa:

Warum sind die "Aleviten" so empört? Warum jetzt auf einmal? Wo waren sie als die Muhammed-Karikaturen erschienen sind?


Quote25.12.2007 01:23 Uhr:
Von Sahin:

Wie kann es die NDR verantworten, in einer ohnehin labilen politischen und sozialen Lage in der Türkei & dadurch auch der türkischen Gemeinde in Deutschland, diese Serie auszustrahlen, die die Argumente der Fundamentalisten stützt? Ist der NDR klar gewesen, das vor nicht einmal 15 Jahren das letzte Pogrom an den Aleviten verübt wurde & die Aleviten immer noch keine feste Identität besitzen??? Diese Serie ist nicht fiktiv, sondern vielmehr konstruktiv. Vielen Dank für mögliche Vorfälle gegenüber Aleviten, die nach der Ausstrahlung zu erwarten sind! Klarer Fall von Volksverhetzung!!!


Quote25.12.2007 01:57 Uhr:
Von Meliha:

Bevor jetzt irgendwelche weiteren absurden Kommentaren kommen, die aussagen, dass wenn es einem hier nicht gefällt dann soll man doch das Land verlassen...

Der alevitische Glaube ist Teil des Islams! Im Islam ist Inzest verboten! Es sind die Sunniten, die die Mehrheit an Türken in der Türkei und in Deutschland bilden. Extremistische sunnitische Gruppen haben schon seit Jahrhunderten Aleviten verfolgt, misshandelt, gefoltert und getötet. Sie tun es noch immer, weil wir Aleviten eine offenere Weltanschauung haben, weil wir Männern und Frauen das gleiche Recht geben, weil wir auf den Fortschritt vertrauen.

Wie Nilüfer Wendel es schon erwähnt hat, unser Glaube ist ein friedlicher. In all diesen Jahrhunderten gab es NICHT EINEN EINZIGEN RÜCKSCHLAG von seiten der Aleviten! Aus genau diesem Grund werden wir unterdrückt! Soviel zum Alevitentum.

Es ist unwahrscheinlich, dass ein Deutscher von alleine auf die Idee käme, dass eine Alevitische Familie Inzest betreiben würde. Die meisten Deutschen wissen ja noch nicht einmal den Unterschied zwischen dem Alevitentum und dem Sunnitentum!

Von Meinungsfreiheit kann nicht die Rede sein! Es gibt einen Unterschied zwischen Meinungsfreiheit und Volkverhetzung. Der Unterschied hier ist eindeutig Propaganda! Wo Volksverhetzung beginnt, hat Meinungsfreiheit schon längst kein Recht mehr! Deutsche haben schon eine Geschichte und die ist keine hundert Jahre her. Mit der Unterdrückung der Juden haben sie eine Minderheit unterdrückt. Propagiert, dass Juden mit Schweinen gleichzusetzen wären.

Jetzt wird sogar verbreitet, dass es im Alevitentum normal wäre, dass ein Vater mit seiner Tochter Geschlechtsverkehr haben würde. Über Aleviten wird im Allgemeinen nicht viel geredet. Eine Ausstrahlung im Fernsehen, dazu noch durch so bedeutende Fernsehsender, gibt den Menschen einen ersten Eindruck. Und da ist es irrelevant ob dieser fiktiv oder real ist. Der Eindruck in den Köpfen der Menschen, ist nun ein falscher! Der NDR und die ARD haben die Verantwortung dafür zu tragen.

Kommentar an Rainer: Aleviten respektieren den Menschen! Es steht nirgends geschrieben, dass es unerwünscht ist, in einer "ungläubigen" Gesellschaft zu leben! Zweitens hängt Inzest in den wenigsten Fällen von einer Kultur ab. Etwas derartiges, Inzest wäre in allen Kulturen möglich, zu verallgemeinern, ist absolut absurd. Es gibt einen Unterschied zwischen perversen Abneigungen und einer Kultur. Besser wäre: Es ist in allen Ländern möglich dass es Inzest gibt. Eine Kultur würde nunmal auf eine Lebensweise hindeuten.


Quote25.12.2007 02:31 Uhr:
Von Cem Tanriverdi:

rainer und alster

euch kommt es natürlich gelegen, dass sich türken gegenseitig aufhetzen. typisch deutsch. rainer ist enttäuscht von aleviten und weiß sicherlich nicht was es auf sich hat mit den aleviten. bei den aleviten KANN sowas nicht passieren. also rainer geb dem ganzen keine milde brise.

"wer zwingt euch hier zu bleiben", "wenn euch die "demokratie" nicht passt, dann geht doch". solche sätze kommen komischerweise auch von fanatischen und patriotischen türken. "entweder du liebst oder verschwindest" mentalität.

und zur serie kurz noch...wenn minderheiten oder religiöse ethnien zutiefst beleidigt werden, dann hat das kaum noch mit meinungs- bzw. pressefreiheit zu tun. solange ich dich nicht verletze, ist es demokratie aber 6,9 millionen zuschauern eine sinnlose geschichte vorspielen und aleviten zutiefst beleidigen und dann sich unter dem mantel DEMOKRATIE verstecken, dass hat kaum was mit demokratie oder humanismus zu tuen.


Quote25.12.2007 04:07 Uhr:
Von Nicholai:

Es geht hier nicht um die Thematik Inzest, Pressefreiheit oder dergleichen. Es kann einfach nicht sein, dass hier eine völlig falsche wie auch verkehrte Darstellung von Aleviten vorgenommen wird.
Genau diese Vorurteile haben zu Progromen an Aleviten in der Türkei geführt.

Alster: Und genau dass machen die Aleviten jetzt, sie sagen ihren Meinung, egal wo sie leben.


Quote25.12.2007 07:31 Uhr:
Von Nicht so naiv sein...:

Ja, das Palaver von Meinungsfreiheit... Stimmt alles, nur wird es oft nur in denjenigen Situationen ausgegraben, wenn man die Vorzüge des Westens gegenüber dem Islam usw. herausstellen möchte. Naja, wenn man sich denn immer daran erinnern würde und KONSEQUENT danach agieren würde und es nicht nur immer dann hervorkramen, wenn es denn mal passt...

@Rainer: "Muslime geben täglich hinweise dafür, dass ein zusammenleben mit den "Ungläubigen" nicht gewünscht ist." - Hast Du irgendeine Ahnung vom Islam, seine Strömungen und den inneren Konflikten, z.B. zwischen den Aleviten und den Suniiten in der Türkei?? Ich glaube nicht, denn sonst würdest Du nicht solche 08/15 Floskeln schreiben.

Falls es Dir und Alter unbekannt ist: die Aleviten (in der Minderheit) werden in der Türkei von der sunnitischen Mehrheit verfolgt, politisch und religiös verfolgt und unterdrückt!!! "Den" Islam, den Ihr im Kopf habt, wenn Ihr solche Zeilen schreibt, gibt es nicht, d.h. es handelt sich nicht um den einen großen homogene religiösen Monolith, der Islam ist mindestens so heterogen wie das Christentum!

Die Klage des Alevitenverbandes ist ganz und gar berechtigt, denn die Vorkommnisse der Sendung spiegeln, ob nun beabsichtigt oder nicht, verschiedene starke Vorurteile, ja Verleumdungen wider, denen die Aleviten seit Jahrhunderten in ihrem Heimatland, der Türkei, von Seiten der religiöen Mehrheit ausgesetzt sind. So etwas kann man einfach nicht im deutschen Fernsehen bringen!!! (Aber zugegeben, man muß sich etwas über den Hintergrund im Klaren sein, um die Reaktion der Aleviten zu verstehen.)

Und wenn Ihr so auf unsere Pressefreiheit klopft, dann schlagt doch dem NDR mal vor, eine Sendung über die rechtsradikalen Umtriebe in einer deutschen Familie zu machen (und diese allerdings dann im Ausland auszustrahlen) oder über die kriminellen Machenschaften einer polnischen Familie oder die verschwörungstheoretischen Aktivitäten in einer jüdischen Familie oder aber über die islamistischen Umtriebe in einer x-beliebigen islamischen Familie! Würdet Ihr immer noch meinen, ach, klar, machen wir, ist doch alles Pressefreiheit?

Oh, Deutschland, quo vadis?


Quote25.12.2007 09:20 Uhr:
Von Yalcin:

Es geht hier nicht um die Pressefreiheit, sondern um die Verantwortung der Medien. Sie haben einen enormen Einfluss auf die öffentliche Meinung.
Deutsche können das nicht verstehen, da Sie den dadurch entstehenden Vorurteilen und Klischees nicht ausgesetzt sind.
Das deutsche Fernsehen forciert diese Klischees, wenn Sie die Türken immer als Machos, Dönerverkäufer, Ehrenmörder oder Schläger darstellt. Dieses vertieft die inneren Gräben zwischen Deutschen und Türken. Für das Zusammenleben ist das sicher nicht förderlich.


Quote25.12.2007 12:55 Uhr:
Von BlackMountain:

Ach so, wenn die Deutschen bzw. die BRD eine wirkliche Demokraten sind, dann dreht doch die Folge nocheinmal nur die alevitische Familie soll jetzt eine jüdische sein der Schwiegersohn soll katholik sein mit NS Vorfahren und Tochter soll zum Christentum konvertiert haben.
Wenn ihr euch traut so was zu drehen, dann macht mir die letzte Folge von Tatort auch nichts aus.


Quote25.12.2007 14:44 Uhr:
Von Ich:

Stromberg würde sagen: Immer locker durch dir Hose atmen. Der Film ist nun wirklich kein Anlass zur Aufregung.


Quote25.12.2007 16:03 Uhr:
Von Frank:

Wer mit unserer Demokratie nicht zurecht kommt, darf gerne schnellstens unser Land verlassen.

Frohe Weihnachten!


Quote25.12.2007 16:10 Uhr:
Von Ercan Gül:

Um einige Missverständnisse zu klären!

Die Alleviten regen sich bestimmt nicht darüber
auf, das in einer Tatort-Folge ein Allevit rein fiktiv den Inzest begeht. Vielmehr regen sie sich darüber auf, das in dem Drehbuch ein Allevit den Inzest begeht und der Gottesfürchtige sunnitische Schwiegersohn sich
dem missbrauchten Mädchen annimmt.

Die Alleviten sind eine gemäßigte, offene und
tolerante Gemeinschaft, die Ihre Wurzeln
auch innerhalb des Islam hat, wie die sunnitische Gemeinschaft. Sie beten nicht in Moscheen sondern in Cem-Häusern, wobei Männer und Frauen hier zusammen Beten. Eben deshalb wird von einigen Teilen jener sunnitischen Gemeinschaft den Alleviten mit Verleumdungskampagnen vorgeworfen, sie
würden innerhalb der Familie Inzest begehen.

Die Drehbuchautorin hat in diesem Fall
sehrgut recherchiert. Hätte Sie nämlich den Sunniten als den Inzest begehenden und den Alleviten als Retter des Mädchens dargestellt, hätte Sie Angst um Leib und Leben haben müssen.

Wer sich über die letzten Taten von sunnitischen
Fundamentalisten mit Todesfolge informieren will,
hier eine kleine Liste von Links


- www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,399311,00.html
- www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,478186,00.html
- www.faz.net/s/RubFC06D389EE76479E9E76425072B196C3/Doc~EF9D840BC1DE147B7B2C5A8A30287363E~ATpl~Ecommon~Scontent.html
- de.wikipedia.org/wiki/Sivas-Massaker

Das sich die Allevitische Gemeinde aufgrund dessen mit demokratischen Mitteln zur Wehrt setzt finde ich nur richtig.

Ich bin selbst bekennender Allevit.

Quote25.12.2007 17:19 Uhr:
Von Hasan Balaban:

Zwei taz-Leser fordern dezent auf, dass Land zu verlassen, wenn es nicht passt. Klasse! So weit ist es in diesem Land schon gekommen, dass taz-Leser keinen Unterschied zu Lesern der "Jungen Freiheit" machen. Wenn die ARD seriös gehandelt hätte, dann wäre diese Sendung nicht ausgestrahlt worden. Die Sendung schürrt nicht nur Vorurteile, sondern ist eine Ungeheurlichkeit. In der Türkei wurden Aleviten jahrhundertelang verfolgt und getötet, nun kommt die ARD und giesst Öl ins Feuer. Das it beschämend!


Quote25.12.2007 17:25 Uhr:
Von marzo:

Was soll die künstliche Aufregung? Es ist nur peinlich! Jeder, egal was oder wer er / sie ist, kann Opfer und / oder Täter sein. Das ist normal und hat nichts mit Rassismus und / oder Volksverhetzung zu tun!


Quote25.12.2007 18:17 Uhr:
Von Kay:

Herr Wendel.

wenn Ihnen die freiheitlich-demokratische Grundordung in Deutschland nicht passt, dann steht es Ihnen frei dieses, mein Land zu verlassen. Hier herscht Meinungsfreiheit, zumindest noch. [...]

Quote25.12.2007 18:41 Uhr:
Von Ralf Kovacevic:

Hallo,

sehr geistreiche Kommentare lese ich hier. Ich hätte auf der "Bild" Onlineseite solche Kommentare erwartet: "Wenn es euch nicht passt, dann könnt ihr ja gehen!".

1. An Rainer:

Ich würde mich, bevor ich mir eine Meinung bilde, zuerst über das Alevitentum informieren. Dann würden Ihnen auffallen, dass das Alevitentum eine der tolerantesten und friedlichsten Religionen überhaupt ist. Im Gegensatz zum orthodoxen Islam enstand das Alevitentum im 14. Jahrhundert und ist auf den Grundwerten des Humanismus aufgebaut. Die Alevitische Gemeinde in Deutschland und in Europa ist eine der Vorbildgemeinden in puncto INTEGRATION UND ZUSAMMENLEBEN!

2.An Alster:

Zitat: "Wenn einem die Demokratie nicht passt, dann kann man ja gehen".

Ich bitte auch Sie sich über die Aleviten zu informieren, dann werden Sie erkennen, dass die alevitische Ideologie in keinster Weise demokratiefeindlich ist. Im Gegenteil!

Ich bin sehr verwundert, dass Sie erstens ein so schnelles Ergebnis in Bezug auf die Demokratiefähigkeit des Alevitentums erlangen und zweitens welchen Schluss Sie daraus ziehen.


Zu dem Film:

Künstlerische Freiheit und Kreativität ist ein Grundwert des Alevitentums. In diesem Fall kam es jedoch zu so heftigen Protesten, weil in der türkischen Geselschaft, in der Aleviten (ein drittel der Bevölkerung) unterdrückt und verfolgt werden, permanent Vorurteile und Gerüchte in Richtung Inzest geschürt werden. Eine Hauptaufgabe und -tätigkeit der alevitischen Vereine ist deshalb auch der Abbau und die Widerlegung von solchen Vorurteilen.
Eine ähnliche Entrüstung würde von Statten gehen, wenn in einem Film typisch jüdische Vorurteile und Gerüchte dargestellt würden.
Es ist also verständlich, dass diese gebeultete und unterdrückte Gemeinde, die ihr freiheitliches Leben und Denken vor allem der Demokratie in Deutshland und Europa verdankt, so gereizt auf diese Darstellungen reagiert.

Grüße aus Berlin


etc. (in Summe über 100 Kommentare!)


[...]

Quote26.12.2007 18:03 Uhr:
Von Alevitische Studierende zu Frankfurt am Main:

Frankfurt am Main, den 26.12.2007

Offener Brief an die Öffentlichkeit

Mit Befremden und Bedauern haben wir, die Alevitischen Studierenden zu Frankfurt am Main, den in der ARD am 23. Dezember 2007 um 20.15 Uhr ausgestrahlten Tatort-Krimi ?"Wem Ehre gebührt" (NDR) zur Kenntnis genommen.
Wir möchten verdeutlichen, wieso wir diese Tatort - Folge als für uns würdelos empfinden:
Hier wird ein Film gezeigt, welcher nicht richtig hinterdacht wurde und jeglicher Grundlage entbehrt.

Bei allem Respekt der Meinungs-, Presse- und Filmfreiheit, für die wir Aleviten seit jeher einstehen, muss gesagt werden, dass eine Verunglimpfung der Aleviten stattgefunden hat.
In dieser Tatort-Folge wurde nicht bedacht, dass in gewissen islamisch-fundamentalistischen Bevölkerungskreisen, der Glaube vorherrscht, Inzest sei Teil des alevitischen Glaubens.

Wir sind der Ansicht, dass dieser Film so in dieser Form Feinden der Freiheit, des Zusammenlebens und der Toleranz in die Hände spielt.
Darüber hinaus ist festzustellen, dass diese schamlose Verunglimpfung des Alevitentums nach wie vor von fundamentalistischen Gruppen auch in Deutschland fortgesetzt wird.

Mit dieser Folge hat die Regisseurin und Drehbuchautorin Angelina Maccarone nicht nur Vorurteile untermauert, sondern sie hat leider dazu beigetragen, dass eine falsche Wahrnehmung des alevitischen Glaubens entsteht.

Wir nehmen an, dass diese Art der Darstellung des Alevitentums auf den Informationsmangel und auf die Unkenntnis von Frau Maccarone zurückzuführen ist.

Es ist allgemein bekannt, dass die Aleviten eine sehr moderne, fortschrittliche und liberale Glaubensgemeinschaft sind.
Wir Aleviten setzen uns seit jeher ein für: Gleichberechtigung von Mann und Frau, Gleichwertigkeit aller Religionen, Kulturen und Nationen, ganz gleich welcher Herkunft.
Aus diesen Gründen besteht die alevitische Geschichte aus Verfolgung und systematischem Genozid.

Daher appellieren wir an die Verantwortlichen des Senders und an die Regisseurin und Drehbuchautorin des Films Frau Angelina Maccarone von einer weiteren Ausstrahlung des Films abzusehen.

Weiterhin fordern wir eine öffentliche Entschuldigung und eine richtige Darstellung des alevitischen Glaubens.

Alevitische Studierende zu Frankfurt am Main
An der Steinmühle 16
65934 Frankfurt am Main
Tel: 069/ 41 91 16
Fax: 069/ 66 96 10 44
Mail: alevitische-studierende-frankfurt 'at' googlegroups.com





Aus: "Neue Klagen gegen ARD angekündigt" (27|12|2007)
Quelle:  http://www.taz.de/1/leben/medien/artikel/1/weitere-klagen-angekuendigt/?src=AR&cHash=0177cba91c (http://www.taz.de/1/leben/medien/artikel/1/weitere-klagen-angekuendigt/?src=AR&cHash=0177cba91c)

-.-


Quote[...] Die Tatort-Sendung ,,Wem Ehre gebührt", die vergangenen Sonntag in der ARD ausgestrahlt wurde, hat scharfe Proteste bei der Alevitische Gemeinde Deutschland ausgelöst. Die Aleviten sehen darin ihren Glauben verunglimpft und fordern eine offizielle Entschuldigung des Senders.

[...] # Kommentare => 288 [...]


Quote
Meryem Kara-Özdemir meint:
26.12.2007, 23:28 Uhr
Ich kann nur gut verstehen, dass sich nun viele Deutsche darüber aufregen, dass nun wieder einmal eine muslimische Glaubengemeinschaft sich beleidigt fühlt und auf die Barrikaden geht. Wir haben alle die Bilder aus den Medien über die Aufregungen (vielleicht schon zu milde ausgedrückt?) bzgl. der Mohamed Karrikaturen in Erinnerung...
Nur hier geht es um etwas Anderes. Und da bitte ich gerade die Deutschen sich nicht genervt zu fühlen.
Eine im Islam angesiedelete und bisher keinerlei negativ aufgefallene friedliebende Glaubensgemeinschaft, nämlich die Aleviten, werden nach systematisch vorbereiteten Szenarien diffamiert. Aleviten kennzeichnen sich damit heraus, dass sie sich wohlmöglich als die einzige islamische Glaubensgemeinschaft sehr gut in Deutschland integriert haben. Viele von uns haben es in Deutschland geschafft, sich sowohl beruflich als auch in sozialen Bereichen erfolgreich zu etablieren. Wir haben uns immer für Integration und Anpassung eingesetzt. Unter den eingebürgerten Türken wird man herausfinden, dass 95% Aleviten sind.
Wir sind viel weiter als die Deutschen gegangen und haben uns mehr als diese über Rückzug und Ghettoisierung der Migranten aufgeregt und uns dagegen in Wehr gesetzt. Und, ohne dass die Deutschen es ahnten, sind wir ihnen eine große Unterstützung geworden. Sie können da draußen keine einzige alevitische Frau mit Kopftuch finden. Sie können in keiner einzigen Moschee einen Aleviten auffinden. Kein Alevite wird jemals auf die Idee kommen einen Kofferbomber in Zügen zu deponieren. Und sie werden bei keinen gewalttätigen religiös angehauchten Auseinandersetzungen einen Aleviten ausfindig machen, denn bei sowas machen wir nicht mit!!
Es verletzt uns nur sehr, dass wir immer wieder missverstanden werden und in unserer liberalen Auslebung unseres Glaubens immer wieder in die Ecke gedrängt werden. Frei nach dem Mott: "Warum seid Ihr denn so? Da kann doch was nicht stimmen! Also sind die Aleviten gott- und glaubenslos!" Das denkt ein Großteil des sunnitischen Islams- Nun sollen auch die Deutschen so denken-
Nur ich kann die Frage, warum wir denn so sind auf folgende WEise beantworten: Wir glauben, dass Gott in jedem Einzelnen von uns steckt und daher lieben wir unseren Nächsten wie uns selber. Wir richten unseren Glauben nicht wie einen kleinen Teppich gen Mekka, sondern in die Reinheit der Seele der Menschen und beten das Gute auf der Welt an- UND DAS PASST VIELEN NICHT!!!
Daher ist eine solche Großdemonstration unabdingbar und wenn der Sender eine Eva Harman wegen Symphatieäußerungen über Hitler feuern kann, dann kann er sich auch für diesen großen dummen Fehler entschuldigen.


Quote
DCRS Online meint:
26.12.2007, 21:27 Uhr
Eigentlich sollte der Tatort einfach ein Spielfilm mit Unterhaltungswert sein, doch es drängt sich der Eindruck auf, das man hier das deutsche Staatsfernsehen missbraucht um eine Minderheit in der Türkei tatsächlich zu diffamieren. Warum werden derartige Konflikte überhaupt bei uns ausgetragen ? Haben wir uns hier vielleicht tatsächlich zum Handlanger extremer Gruppierungen machen lassen ? Warum hat man die Täterfamilie nicht dem sunnitischen Islam zugeordnet?


Quotesarahlein  meint:
26.12.2007, 20:34 Uhr
Wäre es eine christliche Tatort-Familie gewesen, in der das Kind missbraucht wird, hätten sich die Christen auch nicht aufgeregt, obwohl den Christen tatsächlich einige Zeit lang vorgewurfen wurde, sie würden kleine Kinder und Babys erst schlachten und dann essen.

Die Muslims sollen nicht so einen Terz machen, sondern einfach friedlich aufklären, das reicht.

Übrigens ist auch jedem klar, dass das nur FERNSEHEN war und nur eine FIKTIONALE Geschichte.

Herrgott, wenn man jedes Buch, jedes Märchen und jedes Foto zensiert, in denen irgendjemand oder irgendetwas schlecht dargestellt wird, dann können wir Kultur und Kunst gleich ganz sein lassen.

Mit Kunst muss man lernen, umzugehen.

Und wenn die Muslims weiter in Deutschland leben wollen, dann sollen sie das gefälligst auch lernen.
Ich will nicht auf Fernsehen, Bilder, Musik, Skulpturen, Tanz, Theater, Kino und Oper verzichten, nur weil ein paar ungebildete muslimische Kulturbanausen mit den Füßen in Deutschland und mit dem Hirn im Frühmittelalter stecken.

Das ist Kultur.

Lernt es gefälligst.

Oder zieht woanders hin.


Quote
Frei meint:
26.12.2007, 19:56 Uhr
Hört bitte auf, euch genauso extrem aufzuregen wie damals bei den Mohammed-Karikaturen!

Wichtig ist Aufklärung! Und dafür muss man nicht vor's Gericht ziehen.
Eine friedliche Aufklärungskampagne und KEINE völlig überzogenen Hasstiraden wie damals die Sunniten bei den Karikaturen!
Seid euch nämlich immer bewusst, welche Lehre ihr befolgt!
Wutgetriebene Beiträge sind vielleicht verständlich, aber beruhigt eure Gemüter, denn wutgetriebene Handlungen FÜR das Alevitentum sind absolut fehl am Platz und haben wenig mit dem Alevitentum zu tun.


Quote
Edda meint:
26.12.2007, 19:12 Uhr
Wie viele Menschen wissen in Deutschland, was Alevismus ist?
Wie viele haben von Haci Bektasi Veli, Yunus Emre, Mevlana, Pir Sultan Abdal,.... usw. gehört?

Ich bin völlig dafür, dass die Künstler ihre Werke frei machen dürfen.
Aber dafür müssen diese 'Künstler' erst wissen was eigentlich Freiheit ist. Wenn man nicht weist was Freiheit ist, kann man es für sich überhaupt nicht nützlich machen


Quote
Gamze-Gizem meint:
26.12.2007, 19:07 Uhr
Ich frage hier die Deutschen Bürger die diesen Film angeschaute haben. Wisst ihr was eine Alevite und was eine Sunnite ist??? Um diesen Film verstehen zu können müssen die leute es wissen was es ist. sonst ist es doch schwachsinnig so etwas zu präsentieren............


Quote
Nervenbündel meint:
26.12.2007, 18:58 Uhr
Ich schlage vor: Am 29. demonstrieren die Aleviten, am 30. die Homosexuellen, am 31. die Tinnitus.Geschädigten, zum neuen Jahr die Kirchen, am 2. die toten Kinder. Bitte lasst die Kirche oder besser die Moschee im Dorf. Wo kommen wir da hin, wenn jeder um jeden Furz beleidigt ist! Ich würde einfach woanders hingehen, z.B. Saudi Arabien?


Quote
HÜSEYIN meint:
26.12.2007, 18:25 Uhr
WIR ALEVITEN GEHÖREN ZUM ISLAM UNSERE ZWEIGE IST DER EHLI-BEYIT. UND WIR WERDEN DIESE UNTERSTELLUNG AUF UNS NICHT LASSEN.


Quote
Frei meint:
26.12.2007, 17:58 Uhr
@Kindergartenterror

hört mal endlich auf, euch so persönlich angegriffen zu fühlen!
Mit eurer Art und Weise zu schreiben zeigt ihr nur, wie absolut kindlich ihr an die sache rangeht!
Bleibt sachlich.
und wer aktiv was machen will, kann am samstag nach köln zur demo!


Quote
tugce meint:
26.12.2007, 17:53 Uhr
iich sag ja mit den kann man nicht reden was versuchst du denn hier frieden herzustellen ,die seit 100 jahren nicht geschafft wurde


Quote
Aral meint:
26.12.2007, 17:41 Uhr
Hiermit protestiere ich aufs Schärfste gegen die Darstellung des alevitischen Glaubens in der am 23.12.2007 ausgestrahlten Tatort-Sendung.


Quote
SARA meint:
26.12.2007, 17:31 Uhr
HALLO SUNNITE, ich versuche neutral zu bleiben, ich akzeptiere genauso deine religion wie auch ander. aber sowas wenn ich die kommentare lesen...! ich finde die darstellung im film sehr falsch...und schade..! jeder site würde sich darüber aufregen...! ohne zu wissen und lesen, reden manche leute einfach ein dreck raus. jeder trägt sein stolz, jeder schützt seine eigene religion man ist mit dieser geboren und hat diese gelernt geliebt.


Quote
SARA meint:
26.12.2007, 17:27 Uhr
also dilara pass mal auf hier, du bist hier die fanatikerin nicht ich, du regst dich brutal auf....! soviel ich gelesen haben hast du nicht so viel wissen über deine religion...! deine ungebildeten kommentare würde ich an deiner stelle sparen...lernt mal zu akzeptieren... reden wir nicht die gleiche sprache..?? du hast im leben zu wenig gesehen und erlebt....

QuoteSunnite  meint:
26.12.2007, 17:25 Uhr
@alle
Mensch wem soll man hier nur antworten... so viele Kommentare...

@wahrer Moslem = Alevite
Danke.. hiermit zeigst Du deine wahre Toleranz.... den ganzen Schmus kannst Du dir sparen... glaube meinetwegen an den Mann im Mond... fuck drauf.... es interessiert mich nicht die Bohne...

@Semra
na da hat sich aber was angestaut.... gelesen, gelesen, gelesen, nicht mehr ausgehalten und.... siehe da... endlich nach langem hin und her einen Kommentar abgelassen... welcher viel Wahrheit, viel Gutes, aber auch einiges schlechtes enthält... nur zum schlechten... wieder zum Muster der alevitischen Kommentare... ihr lieben deutschen ihr seid so schlau, ihr seid so gut, liebt uns.. wir passen uns an.. wir sind nicht wie die bösen sunniten...
Dann im Schluss schreibst Du... bitte bitte kommt alle auch die Sunniten denn wir sind Brüder und Schwestern... bla bla bla bla bla bla bla... kotz kotz kotz


Quote
SARA meint:
26.12.2007, 17:22 Uhr
dilara ich bin friedlich. nur ich habe es satt von irgendwelchen leute immer wieder sachen zu hören was garnicht der fall ist. vor allem von den sunniten die sehr falsch über aleviten denken. die leute die schlechtes über aleviten denken, die kenen gar keine aleviten, aber die sunniten die alevitischen leute kenne, die denken schon ganz anders! über aleviten wie gesagt man sollte nicht alle unter eine decke stecken.


QuoteFrei  meint:
26.12.2007, 17:22 Uhr
Schade lieber SUNNITE, hast dich also auch nur als kleines Rädchen im Islam-Propaganda-Rad entpuppt...

Du meinst also ganz im Ernst, dass einige pubertäre Beiträge von erhitzten kindlichen Gemütern ausreichen um eine Religion zu denunzieren?
Das magst du vielleicht hoffen und wahrscheinlich auch anstiften... Aber auch du kennst die Realität.

In Deutschland gehören die Aleviten zu den "angenehmsten Schwarzköpfen" mein lieber Freund. Eben weil sie so tolerant und liberal sind.
Ich frage mich eigentlich nur, warum das den religiösen Fanatikern ein Dorn im Auge ist... Buhlt man etwa die Gunst des Gastlandes??? :)
Wenn hormongetriebene Beiträge dich hier befriedigen sollten, lebst du anscheinend sehr realitätsfremd, das finde ich ehrlich traurig.
Denn da draußen, in der wirklichen Welt, sind es überwiegend weltoffene moderne Aleviten, die mit ihren Nachbarn sehr gut auskommen.
Schade nur, dass genau das so viele religiösen Fanatiker stört, sind sie doch angeblich so im Einklang mit sich selbst?!


Quote
dilara meint:
26.12.2007, 17:22 Uhr
AN SARA UND MACH ANDERE HIER!! ich glaube für eure reglion würdest du dich ohne mit der wimper zu zucken in die luft sprengen!! das is ja schrecklich!! raus aus Deutschland mit dir wenn du keine satire und pressefreiheit verkraften kannst!!.. ich glaub hier sind manche mehr angepasst als du nur müssen es nicht immer wieder schreiben wie du..... also halt die backen still und benimm dich nicht wie eine Fanatikerin.. ich trage kein Kopftuch und bin nicht sehr gläubig also kannst du dir deine dumme Antwort sparen..

@sunnit... ich weiss is eigentlich auch nicht meine art auf so dumme menschen einzugehen nur so eine scheinheiligkeit missfällt mir


etc.


Aus: "Aleviten planen Großdemonstration in Köln" (25. Dezember 2007)
Quelle: http://www.welt.de/fernsehen/article1492970/Aleviten_planen_Grodemonstration_in_Kln.html (http://www.welt.de/fernsehen/article1492970/Aleviten_planen_Grodemonstration_in_Kln.html)


Title: [Es geht in diesem Film um... (Notiz, Tatort, BRD, Aleviten, Teil4)]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 27, 2007, 01:52:27 PM
Quote[...] Zwei Motive sind auf den ersten Blick denkbar: Da die türkischen Einwanderer in Deutschland zum Einen fast immer auf den sunnitischen Islam reduziert werden und kaum einer weiß, dass mehr ein Viertel der Deutschtürken Aleviten sind, ist ein Tatort eine probate Methode, die liberale quasi-schiitische Religion, die auch von der Schari'a nichts wissen will, ins Feuilleton zu pushen. Der theologische Unterschied zwischen Aleviten und den Sunniten ist größer als der zwischen Katholiken und Protestanten. In den deutschen Medien kommt das aber mit wenigen Ausnahmen so gut wie nicht vor. Zudem  erkennt die Türkei die Aleviten als Religionsgemeinschaft nicht an, obwohl die Aleviten sogar in der Kurdenfrage die offizielle Staatsmeinung vertreten, also sich strikt gegen einen kurdischen Nationalismus wenden.

Zum Anderen muss man die Autorin fragen, ob die Aleviten schlicht als exotische Staffage gemeint sind oder ob das Thema für den Plot tragend ist. Man muss befürchten, dass Letzteres der Fall ist. Der orthodoxe Islam taucht indirekt auf, als Folie, vor dem sich die Religiosität der Familie spiegelt. Die jüngere Tochter Selda trägt ein Kopftuch, obwohl das gerade alevitische Frauen nicht tun. Sie bekennt sich damit symbolisch - im Gegensatz zu ihrer Familie, aus die sie flüchten will - zu denen, die den Aleviten über Jahrhunderte "Blutschande" vorgeworfen heben - den Sunniten.

Dieser Vorwurf ist vergleichbar mit dem des Ritualmords an christlichen Kindern, der den Juden über Jahrhunderte in Europa zum Vorwurf gemacht wurde, um sie zu diskreditieren. Sogar in der Türkei der Neuzeit gab es Pogrome und Anschläge gegen Aleviten. Dieser Hintergrund erschließt sich jemandem, der ein Drehbuch schreibt, schon bei der Lektüre des einschlägigen Wikipedia-Artikels. Der Comedy-reife Hinweis im Vorspann des Tatorts, die Handlung sei "fiktiv", ändert nichts an der historischen Brisanz. Ebenso könnte man - überspitzt formuliert - einen Film drehen, der den Völkermord der Türken an den Armeniern leugnet und im Vorspann behaupten, es sei alles nur Belletristik und zur Unterhaltung gedacht.


Quote27. Dezember 2007 7:17
Wieviel man doch in eine Folge Tatort alles reininterpretieren kann!!
Hannes Blank, Hannes Blank (58 Beiträge seit 14.12.07)

Ich bin beeindruckt.

Auch sollten Juden hinterfragen, ob ihnen nicht unrecht getan wird,
kommt diese Minderheit vermutlich in dieser Tatort-Folge gar nicht
vor.
Wird hier absichtlich oder nur fahrlässig eine Minderheit aussenvor
gelassen?

Man sollte  mal ALLE Tatort-Folgen so auseinander pflücken, mal sehen
wieviel angebliche Diskrimierungen man pro Folge findet.

Noch was....guckt euch mal die Farben der ursprünglichen Mickey Maus
an und vergleicht diese mit den Farben der Flagge des Deutschem
Reiches!
Ja, nicht nur Tatort ist böse...



Quote27. Dezember 2007 12:19
Von der beleidigten Betroffenheitskultur schnurstracks zum Ende der Freiheit!
botsche (405 Beiträge seit 05.01.03)

Auszug aus §130 StGB:
...
    Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu
stören,
    1. zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufstachelt oder zu
Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordert oder
    2. die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er Teile der
Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
...

-hier wurde weder der öffentliche Friede gestört
-noch wurde zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufgestachelt
-noch wurde zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen aufgefordert
-noch wurde irgendjemand beschimpft, böswillig verächtlich gemacht
oder verleumdet

Hier geht es um die Freiheit der Kunst -bei aller Kritik, die man an
Filmen/Kunst jeder Art anbringen kann-, hier geht es um die
Freiheitsrechte im Allgemeinen. Auch hier versucht wieder mal eine
kleine Gruppe mit beleidigtem Betroffenheitsgefasel die öffentliche
Meinung zu dominieren.
Wir dürfen diesem Beleidigtsein -dessen Hintergründe über das
Beleidigtsein weit hinausgehen- nicht nachgeben. Denn sonst darf man
in der Öffentlichkeit gar nichts mehr darstellen -auch nicht fiktiv-,
und am Ende gäbe es dann keine freiheitliche Gesellschaft mehr. Denn
eine freiheitliche Gesellschaft bedeutet eben auch, dass man andere
Meinungen und Darstellungen erträgt und aushält, auch wenn diese
Meinungen einem zuwiderlaufen und sie einem nicht passen. Und nicht
gleich Zeter und Mordio schreit, zum Staatsanwalt läuft und Anzeige
erstattet. Wer ein solches Verhalten an den Tag legt, der benimmt
sich in meinen Augen entweder infantil -wegen des
Beleidigtseinsspielen-, oder es geht ihm nur um die Durchsetzung
seiner Sicht der Dinge, die in der Regel dann auch nur eine
Minderheitenmeinung ist. Wenn aber die Minderheit darüber bestimmt,
was die Mehrheit denken, schreiben, sagen und filmisch oder sonstwie
darstellen darf, dann ist das Ende der freien und offenen
Gesellschaft. Genausowenig wie die "christlichen" Kirchen heute es
verhindern können, dass es kirchen- und "Christentum"-kritische
Berichte, Bücher, Forschungen, Meinungen, Darstellungen in Theater
und Filmen gibt, genauso wenig dürfen wir das den "islamischen"
Gläubigen erlauben. Alles andere wäre kein Zeichen von Freiheit und
Toleranz, sondern ein Ausdruck von Duckmäusertum.




Aus: "Wem keine Ehre gebührt" Von Burkhard Schröder (TP, 27.12.2007)
Quelle: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/26/26943/1.html (http://www.heise.de/tp/r4/artikel/26/26943/1.html)

-.-

Quote[...] Burkhard ,,Burks" Schröder (* 10. August 1952 in Holzwickede) ist ein Berliner Journalist, Schriftsteller, Science-Fiction-Autor und war von 2005 bis 2007 Chefredakteur des Berliner Medienmagazins ,,Berliner Journalisten".

Er schreibt unter anderem für das Online-Magazin Telepolis und beschäftigte sich mit den Themen Netzkultur, Internet und Rechtsradikalismus. Eines seiner bekanntesten Bücher trägt den Titel ,,Nazis sind Pop" und ist im Espresso-Verlag erschienen. Zudem betreibt Burkhard Schröder auf seiner Webseite das umfangreiche, aber auch umstrittene ,,Informationsportal Rassismus und Antisemitismus" mit zahlreichen Links zu sowohl antifaschistischen und antirassistischen als auch zu rechtsradikalen und antisemitischen Webseiten.

Das Buch ,,Tron – Tod eines Hackers", das einen wahren Fall behandelt, sorgte für Kontroversen. Schröders Recherchen legen nahe, dass der Hacker Boris Floricic alias ,,Tron" den Freitod gewählt hat. Die Angehörigen des Toten hingegen vertreten die Ansicht, dass Boris Floricic ermordet worden sei, und verweisen dabei auf die merkwürdigen Umstände seines Todes. Schröder wiederum wirft den Angehörigen vor, eine Verschwörungstheorie zu verbreiten.


Aus: "Burkhard Schröder" (12/2007)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Burkhard_Schr%C3%B6der (http://de.wikipedia.org/wiki/Burkhard_Schr%C3%B6der)




Title: [Roland Koch und die „multi-kulturelle-Verblendung“... (Notiz, BRD, Wahlkampf)]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 30, 2007, 01:23:26 AM
    ,,Der Pass ist der edelste Teil von einem Menschen. Er kommt auch nicht auf so einfache Weise zustande wie ein Mensch. Ein Mensch kann überall zustande kommen, auf leichtsinnigste Art und ohne gescheiten Grund, ein Pass niemals. – Dafür wird er auch anerkannt, wenn er gut ist, während ein Mensch noch so gut sein kann und doch nicht anerkannt wird."

    – Bertolt Brecht



Quote[...] Roland Koch (* 24. März 1958 in Frankfurt am Main) ist ein deutscher Politiker (CDU). Seit 1999 ist er Ministerpräsident des Landes Hessen.

[...] 1979 wurde Koch im Kreisverband Main-Taunus jüngster Vorsitzender eines CDU-Kreisverbandes. Er zählte zu Beginn seiner politischen Karriere zu den ,,jungen Wilden" seiner Partei. Er ist seit 1979 Mitglied des sogenannten ,,Andenpaktes". Von 1983 bis 1987 war er stellvertretender Bundesvorsitzender der Jungen Union Deutschlands. Seit 1998 ist er Landesvorsitzender der CDU in Hessen.

[...] Nachdem die rot-grüne Regierung unter Hans Eichel bei der Landtagswahl im Februar 1999 ihre Mehrheit verloren hatte, bildete die CDU unter Kochs Führung eine Koalition mit der FDP. Koch wurde daraufhin am 7. April 1999 als Nachfolger des SPD-Politikers Hans Eichel zum Ministerpräsidenten des Landes Hessen gewählt. Bei der Landtagswahl in Hessen 2003 erreichte die CDU eine absolute Mehrheit und Koch wurde als Ministerpräsident im Amt bestätigt.


[...] Im Wahlkampf um die Landtagswahl 1999 führte die CDU die umstrittene Unterschriftenaktion gegen die Reform des deutschen Staatsbürgerschaftsrechts durch die damalige rot-grüne Bundesregierung durch. Kritiker warfen Koch deswegen vor, Ausländerfeindlichkeit zu schüren und für den Wahlkampf zu instrumentalisieren. Ähnliche Vorwürfe wurden laut, als Koch im Dezember 2007 anlässlich eines brutalen Angriffs zweier vorbestrafter ausländischer Jugendlicher in Bayern auf einen Rentner eine ,,bis vor kurzem" bestehende ,,multi-kulturelle-Verblendung" [2] als Ursache für derartige Ereignisse nennt.

[...]

Auszeichnungen:

    * 2007: Großes Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband [Bundesanzeiger Nr. 214 vom 16.11.2007, Seite 8029]



Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Roland_Koch (http://de.wikipedia.org/wiki/Roland_Koch) (12/2007)

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Quote[...] 1998/99 organisierten CDU/CSU eine Unterschriftenaktion gegen die von der neugewählten rot-grünen Regierung geplante Reform des deutschen Staatsbürgerschaftsrechts. In dieser Unterschriftensammlung wurden die Bürger aufgefordert, für verstärkte Integrationsbemühungen und gegen die doppelte Staatsangehörigkeit für Migranten zu unterschreiben ("Ja zu Integration - Nein zu doppelter Staatsangehörigkeit" -- Menschen, die von Eltern unterschiedlicher Nationalität geboren wurden, und deswegen doppelte Staatsangehörigkeit hatten, wurden nicht thematisiert, und auf die Eingrenzung der Forderung auf Migranten wurde nicht hingewiesen). Ziel der Vorgesehenen Änderung des deutschen Staatsbürgerschaftsrechts war die Ergänzung des Abstammungsrechts durch Elemente des ius soli unter Hinnahme der Doppelten Staatsangehörigkeit der Betroffenen. Initiiert wurde die Kampagne von Wolfgang Schäuble und Edmund Stoiber.

Vor allem im hessischen Landtagswahlkampf Anfang 1999 wurden an Informationsständen der CDU Unterschriftenlisten ausgelegt. In zahlreichen Städten kam es während der Kampagne zu Protestaktionen und teilweise zu tumultartigen Situationen, die den Einsatz der Polizei erforderlich machten. Zahlreiche Initiativen starteten eigene Unterschriftenaktionen gegen die Aktion der Union und plädierten für die Möglichkeit einer doppelten Staatsbürgerschaft. Die NPD führte ebenfalls eine Unterschriftenaktion gegen die doppelte Staatsangehörigkeit durch, die im Gegensatz zu dem Text der CDU keine Forderung nach verbesserter Integration enthielt. Kritiker warfen der Union vor, rassistische Ressentiments zu schüren und für den Wahlkampf zu instrumentalisieren.

Mit der Unterschriftenaktion konnte Roland Koch die Stimmung im Wahlkampf polarisieren und den Wahlsieg über die von Hans Eichel geführte SPD erringen. Dadurch ging die Mehrheit der rot-grünen Regierung im Bundesrat verloren und die Durchsetzung der Reform wurde erschwert. Erst nach langen Verhandlungen mit der Union konnte ein abgeschwächter Reformvorschlag durchgesetzt werden.


Aus: "CDU/CSU-Unterschriftenaktion gegen die Reform des deutschen Staatsbürgerschaftsrechts" (12/2007)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Unterschriftenaktion_gegen_die_Reform_des_deutschen_Staatsb%C3%BCrgerschaftsrechts (http://de.wikipedia.org/wiki/Unterschriftenaktion_gegen_die_Reform_des_deutschen_Staatsb%C3%BCrgerschaftsrechts)

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Deutsche Staatsangehörigkeit
http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Staatsangeh%C3%B6rigkeit (http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Staatsangeh%C3%B6rigkeit)

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Quote[...] Koch hatte den Überfall in der Münchner U-Bahn zum Anlass genommen, über «zu viele kriminelle junge Ausländer» in Deutschland zu klagen und die bisherige Integrationspolitik als falsch zu geißeln. Er spricht sich dafür aus, dass Kriminelle im Alter zwischen 18 und 21 Jahren in der Regel als Erwachsene behandelt werden und nicht mehr als Jugendliche. Der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung» sagte er: «Die Sozialdemokraten tragen die Verantwortung dafür, dass in den 80er und 90er Jahren nicht konsequent gegen ausländische jugendliche Kriminelle vorgegangen wurde.» Die Union habe im Bundesrat viele Vorschläge für ein effektiveres und härteres Jugendstrafrecht gemacht. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) «hat sie alle verhindert», so Koch.


Aus: "«Volle Unterstützung» der CDU für Koch" (NZ, 29. Dez. 2007)
Quelle: http://www.netzeitung.de/deutschland/862430.html (http://www.netzeitung.de/deutschland/862430.html)


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Quote[...] Ausgelöst wurde der Eklat durch Kochs Äußerungen über die Münchner U-Bahn-Attacke, bei der ein 17-jähriger Grieche und ein 20-jähriger Türke einen 76-Jährigen zusammengeschlagen hatten. Koch hatte den Überfall zum Anlass genommen, über "zu viele kriminelle junge Ausländer" in Deutschland zu klagen und die bisherige Integrationspolitik als falsch zu geißeln. "Bis vor kurzem wurden in multi-kultureller Verblendung Verhaltensweisen toleriert, die inzwischen zu hochexplosiven Gruppen-Aggressionen führen können", hatte er gesagt.

Steinmeier sagte der "Bild am Sonntag", Richter hätten scharfe Instrumente. Die Abschiebung ausländischer Straftäter gehöre ausdrücklich dazu. Koch solle sich lieber um die rechtzeitige Integration ausländischer Jugendlicher kümmern. Hessens FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn sagte, Koch sei seit fast neun Jahren Ministerpräsident - mit seiner Mahnung kritisiere er seine eigene Integrationspolitik. Grünen-Chef Reinhard Bütikofer sagte der "Passauer Neuen Presse", Koch versuche, "sein landespolitisches Scheitern durch Ausschlachtung dieses schlimmen Vorfalls zu überspielen".

Indes hat CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla Koch in Schutz genommen. Koch habe die volle Unterstützung der CDU, erklärte Pofalla in Berlin. "Der Rechtsstaat muss wachsam bleiben und, wenn erforderlich, gesetzlich nachjustieren. Wenn unter den jugendlichen Straftätern überproportional viele Ausländer zu finden sind, dürfen Staat und Politik nicht darüber hinwegsehen." Er warnte Politiker von SPD und Grünen, sie sollten nicht mit einem "absurden Argument wie dem der Ausländerfeindlichkeit" eine notwendige Debatte abwürgen. Die Debatte über Koch wird auf jeden Fall weiter gehen.



Aus: "Roland Koch - Populismus mit Folgen" (29.Dezember 2007)
Quelle: http://www.vanityfair.de/articles/agenda/roland-koch/2007/12/29/05985/ (http://www.vanityfair.de/articles/agenda/roland-koch/2007/12/29/05985/)


Title: [Jeder liebt doch irgendetwas... (Notiz, Bilkay Öney)]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 05, 2008, 12:17:14 PM
Quote[...] Berlin - Sie ist klein und zierlich, die Haare fallen ihr ins schmale Gesicht. Bilkay Öney, 37, trägt Jeans und Turnschuhe. Die Berliner Grünen-Politikerin, die da vor Dutzenden lärmenden Jugendlichen an einer Hauptschule in Berlin-Kreuzberg steht, sieht fast aus, als sei sie selbst noch eine Schülerin. Aber dann hebt sie ihren Blick, ihre Stimme wird laut: "Es fällt mir immer schwerer, mich in der Politik für euch einzusetzen - wenn 80 Prozent aller jungen Intensivtäter in Berlin Migranten sind."

Intensivtäter - das sind Jugendliche, die mindestens zehn Straftaten oder mehrere besonders schwere Taten begangen haben. Mit "euch" meint Öney die Jugendlichen vor ihr, die fast alle aus Einwandererfamilien stammen. "Wenn ihr Mist baut, betrifft das doch nicht nur euch selbst. Es fällt zurück auf eure Landsleute!"

Plötzlich ist es still in der Aula der Kreuzberger Schule. Die meisten Schüler blicken erst mal erschrocken auf die zierliche Frau, die da so deutliche Worte wählt.

Sie hat viel Beifall bekommen bei diesem Auftritt, mit dem sie für eine Anti-Gewalt-Kampagne um den Comedian und früheren Polizisten Murat Topal warb. (mehr...) Der Auftritt war vor zweieinhalb Monaten. Aber was Öney dort gesagt hat, ist angesichts der Debatte über gewaltbereite Jugendliche aktueller denn je. Eine Debatte, zu der sie eine ziemlich eigenständige Haltung hat.

Öney, Parlamentarierin im Berliner Abgeordnetenhaus, sitzt in einem Restaurant bei Wiener Schnitzel und Tee und ärgert sich über den hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU). Dessen Kampagne für schnellere Abschiebung von kriminellen Ausländern macht sie wütend. Das passe zur CDU, sagt sie. "Kriminelle Ausländer werden ohnehin abgeschoben. Und alle, die einen deutschen Pass haben, können wir nicht abschieben." Diese Forderung sei so sinnlos wie populistisch. Gesetze anwenden, klare Worte sprechen, Strafen verhängen, das fordert Öney. "Wir müssen den Straftätern nur klarmachen, dass sie nicht bestraft werden, weil sie Migranten sind - sondern weil sie Mist gebaut haben." Und: "Ich will, dass die sozialen Probleme hier in Deutschland angegangen werden."

Öney ärgert sich allerdings nicht nur über Koch. Sondern auch über Leute, die zum Beispiel die Verantwortung für den Münchner U-Bahn-Übergriff krampfhaft anderswo suchen. Bekannte der Politikerin haben nach der Attacke auf den Rentner gemutmaßt, der junge Türke und sein griechischer Mittäter seien bestimmt vorher provoziert worden. Öney dazu: "Wenn so etwas in der Türkei passiert wäre und ein Deutscher einen Türken fast totgeprügelt hätte, ihn auch noch mit 'Scheiß Türke' beschimpft hätte, dann wäre er vermutlich gelyncht worden."

Die Grünen-Abgeordnete will Migranten "dazu bewegen, sich auch einmal in die Deutschen hineinzuversetzen. Ich sage den Jungs aus den Problemkiezen, dass sie mit jeder Prügelei, mit jedem Abziehen alles an guter Integrationspolitik zunichtemachen können, was bisher gelungen ist".

Bilkay Öney ist in der Türkei geboren. 1973 kam sie nach Deutschland, mit zweieinhalb. Sie wuchs in Berlin-Spandau auf. "Ich habe mich umso mehr angestrengt, weil ich wusste, dass ich hier erst mal schlechtere Startbedingungen hatte als viele Deutsche." Nach dem Abitur studierte sie BWL, dann ging sie als Redakteurin ins Berliner Büro des türkischen Fernsehsenders TRT. 1994 trat sie den Grünen bei, weil sie "schräg sind, Leute, die auch mal ordentlich stänkern können. Und weil sie oft auf der Seite der Schwachen sind." Seit anderthalb Jahren ist sie nun deren integrationspolitische Sprecherin in Berlin. Mehrmals wurde sie gefragt, wieso sie denn allen Klischees entsprechen müsse, denen zufolge eine türkischstämmige Politikerin nur über Integration reden könne.

Sie mache das ganz bewusst, sagt sie. Weil sie Dinge sagen könne, die sich "Biodeutsche" (so nennt sie es) nie trauen würden.

Dinge wie: "Wir geben den Leuten auch nicht viele Gründe, Migranten toll zu finden."

Oder: "Türkische Eltern müssen sich auch mal fragen, ob es Sinn hat, so viele Kinder in die Welt zu setzen, wenn sie es dann nicht schaffen, für sie zu sorgen."

Öney hält Kontakt zu Jugendlichen aus dem Wrangelkiez in Berlin-Kreuzberg und spricht über deren Probleme. Sie versucht ihnen Mut zu machen. Aber sie redet ihnen nicht nur nach dem Mund. Sie kritisiert Missstände in der Migranten-Community deutlich und konsequent - kämpft aber auch dafür, dass junge Einwanderer dieselben Chancen bekommen wie Kinder deutscher Eltern. Sie plant eine Kampagne in der türkischen Gemeinde, damit Migranten ihre Kinder mit spätestens drei Jahren in Kitas geben. "Später sind Sprachdefizite nur noch sehr schwer aufzuholen."

Öney diskutiert auch mit Skinheads. Im Berliner Stadtteil Lichtenberg saß sie einmal auf einer Veranstaltung mit Neonazis. "Irgendwann habe ich gesagt: Wenn Sie hier Ausländer verprügeln, dann schadet das dem Bild Deutschlands." Das habe die Neonazis schockiert: "sich so etwas von einer Türkin - die bin ich ja für sie - anhören zu müssen".

Jeden könne man bei dem packen, was ihm wichtig ist, sagt sie. "Jeder liebt doch irgendetwas."




Aus: "JUGENDGEWALT: "Wir geben den Leuten zu wenig Gründe, uns toll zu finden"" Von Anna Reimann (04. Januar 2008)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,526373,00.html (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,526373,00.html)

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Quote[...] Frankfurt am Main - Aus der evangelischen Kirche kommt Kritik am Thesenpapier über Anstand und Moral, das der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) gestern in der "Bild"-Zeitung veröffentlicht hatte. Bernd Schlüter, sozialpolitischer Vorstand des Diakonischen Werks, kritisierte in der "Frankfurter Rundschau" insbesondere die Passage zur Ausländerintegration, in der Koch "Hausschlachtungen in der Wohnküche" und "ungewohnte Vorstellungen zur Müllentsorgung" erwähnte, die nicht mit "unseren Sitten und Gebräuchen" vereinbar seien.

Der Diakonie-Vorstand sprach von einem "unanständigen Anstandskatalog zu Wahlkampfzwecken, der erheblichen gesellschaftlichen Schaden anrichten kann". Koch habe für seine Pauschalisierungen "haarsträubende Beispiele" herangezogen. Schlüter kritisierte auch, dass sich Koch als "akzeptierter Sprecher einer schweigenden Mehrheit von Deutschen" bezeichnet hatte.

Koch mache Stimmung auf "fragwürdigem Niveau", sagte Schlüter. "Stattdessen sollten wir besser schauen, wie wir mit einer vernünftigen Bildungs- und Sozialpolitik bestimmte Gruppen wieder an die Mitte der Gesellschaft heranführen."

Koch hatte in seinem Papier gefordert, deutsche Sitten und Gebräuche dürften nicht einfach über Bord geworfen werden. Die Deutschen würden die Zuwanderer mit offenen Armen aufnehmen, Integration von Ausländern könne aber nur funktionieren, wenn es klare Regeln für das Zusammenleben gebe. Wer derartige Spielregeln verletze, müsse mit Konsequenzen rechnen.

In Hessen wird am 27. Januar gewählt. Koch muss dabei eine knappe absolute Mehrheit verteidigen. Umfragen deuten derzeit auf schwere Verluste für die CDU hin. In den vergangenen Wochen hatte der Ministerpräsident bereits mehrfach durch Kritik an Ausländern auf sich aufmerksam gemacht. So forderte er ein Burka-Verbot für islamische Mädchen an hessischen Schulen. Nach einem Überfall auf einen Rentner in der Münchner U-Bahn kritisierte Koch, es gebe zu viele kriminelle junge Ausländer.


Aus: "AUSLÄNDERINTEGRATION: Evangelische Kirche zerpflückt Kochs Moralpredigt" (04. Januar 2008)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,526550,00.html (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,526550,00.html)

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[Was labert der mich an?... (Gewalt, BRD + Persönlichkeitsstörungen)]
=> http://www.subfrequenz.net/forum/index.php/topic,214.msg2740.html#msg2740 (http://www.subfrequenz.net/forum/index.php/topic,214.msg2740.html#msg2740)


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Topic: [Gewalt + Persönlichkeitsstörungen... ]
=> http://www.subfrequenz.net/forum/index.php/topic,214.0.html (http://www.subfrequenz.net/forum/index.php/topic,214.0.html)

...

Title: [Kulturkampf in Rom: Kirchenkritiker verhindern Papstrede... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 16, 2008, 01:36:30 PM
Quote[...] Galileo Galilei (* 15. Februar 1564 in Pisa; † 8. Januar 1642 in Arcetri bei Florenz) war ein italienischer Mathematiker, Physiker und Astronom, der bahnbrechende Entdeckungen auf mehreren Gebieten der Naturwissenschaften machte.

[...] Im Jahr 1615 veröffentlichte der Kleriker Paolo Antonio Foscarini (c. 1565-1616) ein Buch, das beweisen sollte, dass die Kopernikanische Astronomie nicht der Heiligen Schrift widersprach. Daraufhin eröffnete die Römische Inquisition nach Vorarbeit des bedeutenden Kirchenlehrers Kardinal Robert Bellarmin ein Untersuchungsverfahren. 1616 wurde Foscarinis Buch gebannt. Zugleich wurden einige nichttheologische Schriften über Kopernikanische Astronomie, darunter auch ein Werk von Johannes Kepler, auf den Index gesetzt. Das Hauptwerk des Kopernikus, De Revolutionibus Orbium Coelestium, in dessen Todesjahr 1543 erschienen, wurde nicht verboten, sondern ,,suspendiert": Es durfte fortan bis 1822 im Einflussbereich der Römischen Inquisition nur noch in Bearbeitungen erscheinen, die betonten, dass das heliozentrische System ein bloßes mathematisches Modell sei.

An diesem Verfahren, das nicht zu den Inquisitionsprozessen gezählt werden kann, war Galilei offiziell nicht beteiligt. Seine Haltung war jedoch ein offenes Geheimnis, auch wenn das Schreiben an die Großherzogin-Mutter noch nicht veröffentlicht war. Wenige Tage nach der förmlichen Index-Beschlussfassung schrieb Bellarmin an Galilei einen Brief mit der Versicherung, Galilei habe keiner Lehre abschwören müssen; gleichzeitig jedoch enthielt dieses Schreiben die nachdrückliche Ermahnung, das Kopernikanische System in keiner Weise als Tatsache zu verteidigen, sondern allenfalls als Hypothese zu diskutieren. Dieser Brief wurde im Prozess von 1632/33 als Beweis für Galileis Ungehorsam zitiert. Allerdings gab es in den Akten zwei verschiedene Fassungen, von denen nur eine korrekt unterschrieben und zugestellt war, weshalb im 19. und 20. Jahrhundert einige Historiker annahmen, die Inquisitionsbehörde habe 1632 zuungunsten Galileis einen Beweis gefälscht.

Galilei hielt sich von nun an mit Äußerungen in der Öffentlichkeit zum Kopernikanischen System zurück. Ab 1616 beschäftigte er sich intensiv mit der Möglichkeit die Bewegungen der Jupitermonde als Zeitmesser zu nutzen, um das Längengradproblem zu lösen. Allerdings blieb er damit erfolglos. Auch veränderte er erstmals ein Teleskop in ein Mikroskop. Die Mikroskopie selbst blieb für ihn aber immer eine Beschäftigung, der er kein besonderes Interesse widmete.

[...] Im Juli 1632 wies Riccardi den Inquisitor von Florenz an, er solle die Verbreitung des Dialogo verhindern. Im September bestellte der Papst Galilei nach Rom ein. Mit Bitte um Aufschub, ärztlichen Attesten, langwieriger Anreise und obendrein Quarantäne infolge der Pestepidemie verging jedoch der gesamte Winter.

In Rom wohnte Galilei in der Residenz des toskanischen Botschafters. Anfang April 1633 wurde er offiziell vernommen und musste für 22 Tage ein Apartment der Inquisition beziehen. Am 30. April bekannte er in einer zweiten Anhörung, in seinem Buch geirrt zu haben, und durfte wieder in die toskanische Botschaft zurück.

Am 10. Mai reichte er seine schriftliche Verteidigung ein, eine Bitte um Gnade. Am 22. Juni 1633 fand der Prozess in der Basilika Santa Maria sopra Minerva statt. Zunächst leugnete Galilei, auf die Dialogform seines Werkes verweisend, das kopernikanische System gelehrt zu haben.

Ihm wurde der Bellarminbrief (welche Fassung, ist nicht bekannt) vorgehalten und man beschuldigte ihn des Ungehorsams. Nachdem er seinen Fehlern abgeschworen, sie verflucht und verabscheut hatte, wurde er zu lebenslänglicher Kerkerhaft verurteilt und war somit der Hinrichtung auf dem Scheiterhaufen entkommen.

Dass Galilei überhaupt verurteilt wurde, war unter den zuständigen zehn Kardinälen durchaus strittig; drei von ihnen (darunter Francesco Barberini, der Neffe des Papstes) unterschrieben das Urteil nicht.

Galilei selbst hielt an seiner Überzeugung fest. Die Behauptung, der zufolge er beim Verlassen des Gerichtssaals gemurmelt haben soll, ,,Eppur si muove" (und sie [die Erde] bewegt sich doch), ist historisch nicht belegt und äußerst unwahrscheinlich. Sie wurde jedoch schon zu seinen Lebzeiten verbreitet, wie ein spanisches Gemälde von ca. 1643/45 zeigt. Diese Worte wurden erstmalig 1757 in den ,,Italian Libraries" von einem Giuseppe Baretti erwähnt.

Galilei sah zeitlebens die Kreisbahnen als zentralen Bestandteil des Kopernikanischen Systems an und lehnte elliptische Bahnen aus diesem Grund ab. Kepler, mit dem er in Briefkontakt stand, hatte mit seinem Modell der Ellipsenbahnen praktisch alle Ungereimtheiten zwischen Beobachtung und dem heliozentrischen Weltbild beseitigt. Zur Rettung seines Konzepts der Kreisbahnen nahm Galileo in Kauf, dass es die beobachtete Position des Planeten Mars wesentlich schlechter voraussagte als die geozentrischen Modelle von Ptolemaios oder Brahe.

Dass Galilei die Kometen zu atmosphärischen Erscheinungen uminterpretierte, weil die alternative Erklärung von sich im Sonnensystem umherbewegenden Objekten sein Weltbild gefährdet hätte, dürfte der Glaubwürdigkeit seines Modells ebenfalls eher abträglich gewesen sein.

Bei den ohnehin nur unter großen Gefahren für das Augenlicht beobachtbaren Sonnenflecken kam hinzu, dass deren Zahl nach 1610 abfiel und sie von 1645 an sogar für fast 75 Jahre völlig ausblieben (sog. Maunderminimum).

Schließlich diskutierte Galilei in seinem Dialog wohlweislich nur die beiden Weltsysteme von Kopernikus und Ptolemaios, (letzteres hatte er anhand der Venusphasen empirisch widerlegt), nicht jedoch das geozentrische Modell von Brahe, das sich mit seinen Beobachtungen ebenfalls vertrug.

[...] Landläufig wird die Politik der Amtskirche Galileo gegenüber als Ausdruck einer ihr angeblich inhärenten Wissenschafts- und Fortschrittsfeindlichkeit verstanden. Diese Sicht kann jedoch auch hinterfragt werden. Zu Galileis Zeit war die Hierarchie bereits gespalten. Die Überlegenheit der neuen Wissenschaften war für die Päpste und Kardinäle nicht weniger offensichtlich als für ihre Gegner.

Andererseits mussten sie, nachdem es ihnen gerade erst gelungen war, im Kampf gegen die Reformation mithilfe der Dominikaner- und Jesuitenorden ihren Einfluss in Italien wieder zu festigen, die Förderung der Wissenschaften in Großbritannien, Holland und Deutschland als fortdauernde Angriffe auf die Erklärungshoheit ihrer Institutionen - des dekretierten Consensus patrum - deuten. Im Abwehrkampf gegen die heraufziehende Aufklärung sahen sie sich zu aus heutiger Sicht starrsinnigem Beharren auf dem Althergebrachten gezwungen. Gott begründet den Erdkreis unbeweglich... (1.Chronik 16,30).

Gleichzeitig gab es schon damals mächtige kirchliche Stimmen, die sich von der wörtlichen Auslegung der Schrift entfernt hatten und die Argumentation, Glauben und Wissenschaft seien getrennte Sphären, akzeptiert hatten. So schrieb Kardinal Bellarmin, ein bedeutender Theologe und zentrale Persönlichkeit der Kurie und Inquisition, dass man, läge ein wirklicher Beweis für das heliozentrische System vor, bei der Auslegung der heiligen Schrift in der Tat vorsichtig vorgehen müsse.

Galilei meinte, mit seiner Gezeitentheorie über einen solchen Beweis zu verfügen. Es scheint, dass Galilei mehr Unterstützung hätte bekommen können, wenn sein Auftreten dem Klerus gegenüber nur bescheiden genug gewesen wäre. Ausdruck der kirchlichen Ambivalenz ihm gegenüber ist die recht milde Ermahnung von 1616, Galilei sei im ,,Irrtum des Glaubens" und möge darum ,,von einer Verbreitung des kopernikanischen Weltbildes absehen".

Erst nachdem Galilei 1632 mit dem Dialogo wieder für das Kopernikanische Weltbild polemisierte und die ersten Exemplare auch noch an seine erklärten Gegner wie z.B. dem Inquisitor Serristori schickte, wurde ein formales Verfahren gegen ihn eröffnet. Auch jetzt noch war das Klima verglichen mit anderen Ketzerprozessen, die zu Folter und Scheiterhaufen führten, freundlich und das Urteil milde. Nachdem Galilei geschworen hatte, ...stets geglaubt zu haben, gegenwärtig zu glauben und in Zukunft mit Gottes Hilfe glauben zu wollen alles das, was die katholische und apostolische Kirche für wahr hält, predigt und lehret, erhielt er ,,lediglich" Kerkerhaft, die bereits nach wenigen Wochen in Hausarrest umgewandelt wurde. In einem Kerker hat Galilei jedoch nie eingesessen.

Die Tragik von Galileos Wirken liegt darin, dass er als ein zeitlebens tiefgläubiges Mitglied seiner Kirche den Versuch unternahm, eben diese Kirche vor einem verhängnisvollen Irrtum zu bewahren. Seine Intention war es nicht, die Kirche zu widerlegen oder zu spalten, sondern vielmehr war ihm an einer Reform der Weltsicht der Kirche gelegen. Seine verschiedenen Aufenthalte in Rom bis zum Jahr 1616 hatten auch den Zweck, Kirchenmänner wie Bellarmin davon zu überzeugen, dass die Peripatetiker nicht unfehlbar waren und die Heilige Schrift nicht immer buchstabengetreu gelesen werden müsse. Auch war Galilei der Überzeugung, die wunderbaren Werke des Herrn durch Experiment und Logik früher oder später vollständig klären zu können. Papst Urban VIII. dagegen blieb bei seiner Meinung, dass die vielfältigen Naturerscheinungen, die der Allmächtige bewirkt, sich dem beschränkten Verstand der Menschen für immer entziehen.


Aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Galileo_Galilei (http://de.wikipedia.org/wiki/Galileo_Galilei) (01/2008)

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Quote[...]  Nach den Protesten der vergangenen Tage hat Papst Benedikt XVI. seinen Besuch in der römischen Sapienza-Universität abgesagt. Das Kirchenoberhaupt wird seine Rede schriftlich übermitteln. Die Studenten werfen Ratzinger vor, in einem Vortrag 1990 den kirchlichen Prozess gegen Galileo Galilei gebilligt zu haben.


Aus: "Streit um Galileo: Das umstrittene Papst-Zitat von Joseph Ratzinger" (15. Januar 2008)
Quelle: http://www.welt.de/politik/article1556958/Das_umstrittene_Papst-Zitat_von_Josef_Ratzinger.html (http://www.welt.de/politik/article1556958/Das_umstrittene_Papst-Zitat_von_Josef_Ratzinger.html)

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Quote
Quote[...] Radikale Physikstudenten haben eine ,,antiklerikale Woche" ausgerufen. Die Extremisten äfften vor ihrem Institut eine Messe nach.

QuoteMittwoch, 16. Januar 2008 09:12
stimme der vernunft: @Filius
ach, und weil es die Universitäten aller Italiener sind, haben die professoren gefälligst hinzunehmen, dass jeder dahergelaufene Typ ort vortragen kann, was er will?
Wie wäre es mit einer Vortragsreihe von Don Corleone ,,die 100 schönsten Morde der Cosa Nostra und wie ich es geschafft habe, nie dafür verurteilt zu werden?"

Jeder Professor hat im Rahmen der freien Meinungsäusserung das Recht, gegen jeden Vortrag zu protestieren. Nur weil sich jemand gerne ,,Heiliger Vater" nennen lässt, hat er keine Sonderrechte oder ist automatisch vor Kritik geschützt.


QuoteMittwoch, 16. Januar 2008 09:05
FiliusEcclesiae:
Quote,,stimme der vernunft": Die Republik Italien ist kein marxistischer Staat
Der Papst würde ja auch nicht wollen, wenn ein Marxist einen Vortrag zum Thema ,,Religion ist das Opium des Volkes" an der päpstlichen Universität hält.

Sind italienische Universitäten im Besitz von Marxisten oder sind sie die Universitäten aller Italiener?


QuoteMittwoch, 16. Januar 2008 02:34
matt2: an dieser Stelle möchte ich es mir in leicht angetrunkenem Zustand wieder gestatten...
auf eine visionäre Webseite aufmerksam zu machen, die angebliche Erscheinungen von Maria, Jesus und anderen heiligen Personen zu Bayside, NY behandelt. Ich persönlich glaube an diese Erscheinungen. Sie sind aber durch die Kirche nicht anerkannt. Die Webseite glänzt täglich mit Schlagzeilen, die eigentlich das Herz eines Tradis hochschlagen lassen sollten. Es wird hier eifrig für die Alte Messe, Mundkommuniion geworben, sowie gegen die Abtreibung gepredigt.

Das Zentralwerk sind aber natürlich die angeblichen Visionen der Seherin Veronika Lueken, wo hauptsächlich Maria und Jesus zu ihr sprechen. Diese Visionen sind ziemlich umfangreich und gehen über mehrere Jahrzehnte. Sie reflektieren auch sehr genau die eigentliche Bedeutung des 3. Geheimnis von Fatima.

Ich glaube, es ist nicht verkehrt sich dieser Inhalte zu widmen. Lehr- und aufschlußreich sind sie allemal.

http://www.tldm.org/ (http://www.tldm.org/)


QuoteMittwoch, 16. Januar 2008 00:52
Alois Bischof: Dem jüdischen Prof. Giorgio Israel
sei gedankt für seine Mitmenschlichkeit, aber ein Zitat von Voltaire ist hier historisch unangebracht. Voltaire wollte nämlich die Ausrottung der Kirche und des Klerus, und seine Meinungsfreiheit galt jedem und allem, außer der Kirche und den 'klerikalen' Katholiken. Es ist aber sehr hoffnungsvoll, daß ein jüdische Gelehrter sich so positiv ausspricht. Möge er auch zur Fülle Israëls in der Kirche Jesu Christi kommen.

In diesem Kontext wird übrigens deutlich, worin sich die künftigen Ereignisse aus dem III. Geheimnis Fatimas ereignen könnten. Es werden darin bekanntlich ja ein Papst und etliche seiner Bischöfe und Priester von (roten? russischen?) Soldaten in einem vom Krieg zerrissenen Italien auf einem Berg erschossen.

Der radikallinke Pöbel in Italien war schon immer stark. 1878 gelang es den Radikalliberalen der Italienischen Freimaurerei zusammen mit marxistisch angehauchten Politikern fast den Leichnam Pius' IX. in den Tiber zu werfen vor der Beisetzung in einer Leichenprozession.


QuoteDienstag, 15. Januar 2008 22:50
Graf von Galen: Für ein freies und heiliges Abendland
Wie armselig ! Wenn solche geistigen Bettnässer, die
Zukunft Italiens sein sollen, dann hat Italien keine
Zukunft. Es gibt ja Prophezeiungen, daß der Hl.
Vater einmal über Leichen aus dem Vatikan werde
fliehen müssen. Bisher hatte ich einen solchen Haß
gegen den Papst in Italien nicht für möglich gehalten.
Dem Pöbel, der sich hier offenbart, traue ich jedoch
auch dies zu.
Wie peinlich auch für die Universität, daß sie sich diese
Blöße gibt.


QuoteDienstag, 15. Januar 2008 22:03
matt2: das passt allerdings zusammen...
die Kommunisten gehören ja zu der gottlosesten Brut, die der Teufel je auf die Menschheit losließ. Sie sind eine kollektive Verstocktheit wider Gott, der blanke Eigensinn einer sinnentlerten Diesseitsgesellschaft, die ausser, fehlgehendem Forscherwahn und sündiger Vergnügungssucht keinen Inhalt kennt. Diese ,,Schöne neue Welt" kennt man bereits aus der Vision Huxleys.


QuoteDienstag, 15. Januar 2008 21:57
Abaelard: Kommunisten
Ich hab's doch geahnt: Besonders die kommunistischen Studentengruppen haben desen Sieg gegen den Obskurantismus errungen!

Ratzinger nicht erwünscht
http://www.jungewelt.de/2008/01-16/037.php


Quote
Juchuhh!!
[*rote Flagge hiss*]

QuoteDienstag, 15. Januar 2008 21:16
Florian Geyer: Typisch
die Gewaltbereitschaft und Fanatisierung dieser chaotischen linken Schweinepest.

QuoteDienstag, 15. Januar 2008 20:22
crossword: aleph
besuche sollte man nur machen, wo man willkommen ist



Aus: "Antiklerikale Woche" (Dienstag, 15. Januar 2008 19:03)
Quelle: http://www.kreuz.net/article.6523.html (http://www.kreuz.net/article.6523.html)

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Quote[...] "Nach den bekannten Ereignissen dieser Tage" sei dies opportun, heißt es schmallippig aus dem Vatikan. Vorangegangen waren heftige Proteste von Hochschullehrern und Studenten, die forderten, Benedikt dürfe nicht an ihrer Uni sprechen. So rügten 67 Professoren in einem Brief an den Rektor, die Einladung des Papstes sei eine "unglaubliche Verletzung der traditionellen Unabhängigkeit der Universität".

Studenten-Gruppen riefen eine "antiklerikale Woche" aus und besetzten das Rektorat. Sie kündigten an, die Statue der Minerva, der Göttin der Weisheit, als schrillen Transvestiten zu verkleiden und die Uni-Kapelle mit Vin santo, einem Dessertwein, zu entweihen.

Andere Kritiker höhnten, wenn der Papst das akademische Jahr eröffne, könne auch ein Professor für Teilchenphysik im Petersdom die Weihnachtsmesse halten. So weit wird es nicht kommen. Benedikt gibt nach und schweigt.

Der Pontifex sei verbittert, sagte Renato Guarini, der Rektor, am Dienstag. Er habe Benedikt eingeladen, um über die Todesstrafe zu sprechen. Proteste habe er daher eher aus Amerika und China als aus seiner Universität erwartet.

Doch in Italien werden immer noch die alten Kämpfe zwischen Christen und Laizisten ausgetragen. Entsprechend heftig sind die Reaktionen. Radio Vatikan spricht von Zensur, der Corriere della Sera zieht Parallelen zu Zeiten, als Faschisten jüdische Professoren am Sprechen hinderten.

Rechte Politiker spotten, die Sapienza - die 1303 von Papst Bonifaz VIII. gegründet wurde - solle sich fortan "Ignoranza" nennen. Auch viele Linke sind entrüstet. "Der Papst ist, jenseits des Glaubens der Einzelnen, eine große moralische Autorität", meint der Philosoph und Bürgermeister von Venedig, Massimo Cacciari, ein Ex-Kommunist. Es sei besser, mit Benedikt zu diskutieren, als gegen ihn zu demonstrieren.

Die Gruppe der 67 verweist dagegen auf einen lange zurückliegenden Auftritt Joseph Ratzingers, bei dem dieser angeblich den Prozess gegen Galileo Galilei rechtfertigte. Dadurch seien sie als Wissenschaftler erniedrigt worden, kritisieren die Professoren. In Wirklichkeit geht es natürlich nicht um Galileo. Kirchenkritiker fühlen sich vielmehr im modernen Italien in der Defensive. Dieser Papst macht seine Ankündigung wahr, die christlichen Werte, in katholischer Interpretation, offensiv in die Gesellschaft zu tragen.

Ob es um den Kampf gegen die Todesstrafe, die Sexualmoral, Familienpolitik oder Bioethik geht - überall scheint der Vatikan auf dem Vormarsch zu sein. So erregte es vergangene Woche größtes Aufsehen, als Benedikt den römischen Bürgermeister Walter Veltroni öffentlich mahnte, den sozialen Verfall der Stadt zu stoppen.

Die Laizisten argwöhnen, hinter dem freundlichen Habitus dieses Papstes verberge sich ein Reaktionär. Der Pontifex wolle Kirche und Staat wieder in einen Kirchenstaat pressen und den Glauben über die wissenschaftliche Vernunft triumphieren lassen. Darüber lässt sich in einer freien Gesellschaft ebenso streiten wie über die Frage, wann die Kirche die Grenze zur unerlaubten Einmischung in Belange des Staates überschreitet. Die Vertreibung Benedikts aus der Universität aber ist kein Beitrag zum Meinungskampf, sondern eher ein Zeichen von Unsicherheit und Schwäche.

Quote

16.01.2008 08:56:38

Klaus12: Mit solch einer Nachricht könnte jeder Morgen beginnen

Es gibt sie noch, die Vernunft und den Protest in ihrem Namen. Herzlichen Glückwunsch dazu und vielen Dank dafür an die Mutigen der Sapienza.


Quote

16.01.2008 08:57:51

seppp80:

sondern eher ein Zeichen von Unsicherheit und Schwäche.

Nein, die Vertreibung Benedikts ist ein großartiges Zeichen, dass sich die wissenschaftliche Welt nicht mehr länger den ewiggestrigen klerikalen Propagandaapparat akzeptieren will.


Quote

16.01.2008 09:21:59

postit: ein mutiges und wichtiges Signal

Herzlichen Glückwunsch auch von meiner Seite.
Die Vermischung von Religion und Wissenschaft mag zwar vom Vatikan erwünscht sein, muss aber unbedingt unterbleiben.
Die Weigerung hat überhaupt nichts mit Unsicherheit zu tun, sondern zeigt deutlich die Grenzen auf.


Quote

16.01.2008 09:30:51

E.Bi:

Es ist schwer mit jemandem offen und tolerant zu diskutieren, der beinahe wöchentlich provoziert. Nach dem Erfolg des Memorandums gegen die Todesstrafe kam sofort das Thema der Abtreibung auf den Tisch, und wer hätte garantiert, dass ein Vortrag über die Todesstrafe nicht auch in diese Richtung gelenkt worden wäre? Was soll die - jede demokratische Legitimation entbehrende - "Abmahnung" von Veltroni? Es war eine freundliche Geste des Römischen Oberbürgermeisters, der Ladung zum Papst überhaupt zu folgen, und eigentlich war es feige, danach nicht die richtige Antwort zu geben, nämlich dass dieser sich um die eigenen Dinge kümmern sollte. In den italienischen Schulen gibt es immer noch meist nur einen, natürlich den katholischen, Religionsunterricht, dem man zwar fern bleiben kann, zu dem es aber nur eine alternative Beschäftigung gibt und keinen anderen Religionsunterrricht, weil z.B. die Protestanten diesen in einer säkularen Schule grundsätzlich ablehnen. Bei einer so alltäglichen, selbstverständlichen Präsenz der katholischen Kirche ist eine harte Reaktion verständlich, sie war nötig, auch wenn am Ende alle verloren haben, weil nackte Polemik an die Stelle einer argumentativen und weiterreichenden Auseinandersetzung getreten ist.


Quote

16.01.2008 11:16:04

Antoninus:

Diesen Kommentar können wir leider nicht veröffentlichen. Bitte beachten Sie unsere netiquette und unsere AGB.



Aus: "Kulturkampf in Rom: Kirchenkritiker verhindern Papstrede" (15.01.2008)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/panorama/artikel/73/152685/ (http://www.sueddeutsche.de/panorama/artikel/73/152685/)

Title: [Der Kampf der Ignoranten... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 22, 2008, 02:27:34 PM
Quote
Quote[...] Nur dumme Deutsche bringen Türken stets mit Döner in Verbindung!


Quote
Don Eduardo meint:
21.01.2008, 15:59 Uhr
@Metin
Vielen Dank für die Beleidigung, sie spricht Bände. Meine Eltern sind erst vor 39 Jahren nach Deutschland gekommen, auch bin bin hier geboren und ich habe sowohl den deutschen Pass als auch den serbischen. Nur haben meine Eltern mich gelehrt, mich zu benehmen, was Ihren Eltern anscheinend nicht gelungen ist. Leider scheinen Sie nichts zu akzeptieren, das deutsch ist. Folglich scheint auch Ihre Integration gescheitert zu sein. Da helfen die deutschen Papiere auch nichts.
Und kocht schon Ihr Blut???

QuoteMetin  meint:
21.01.2008, 16:06 Uhr
@Don Duardo

Ich bin hier sehr gut integriert. Ich bin ein Soldat dieses Landes. ich verbiete mir von einem Serben belehrt zu werden.


Quote
Irrsinn macht Spaß meint:
21.01.2008, 16:21 Uhr
Leute, wenn ich Euer Geschreibsel hier lese, dann bin ich fast sicher, dass die Nazis zurückkommen werden. Und das ist das Schlimmste, was diesem Land zustoßen kann. Das, was Ihr hier von Euch gebt, wird maßgeblich dazu beitragen. Und damit meine ich fast alle hier, die offenbar zuviel Zeit haben und sich gegenseitig in billigster und dümmster Manier und mit miserabler Rechtschreibung gegenseitig beleidigen und anfeinden. Ich gebe Euch einen Tipp: MACHT EUCH NÜTZLICH !!!!


Quote
Metin meint:
21.01.2008, 16:27 Uhr
Was unsere Rassisten die sich fälschlicherweise "Deutsche" bezeichnen verlangen von den hier lebenden Türken und anderen Ausländern keine integration sondern die völlige Unterwerfung.

Genau das aber führt zu Problemen! Jeder Mensch hat das Recht so zu leben wie er es für richtig hält. Die Grenzen müssen menschlicher Natur sein d.h. niemand darf durch den Lebensstil zu schaden kommen. Alles andere ist Rassismus pur!!


Quote
Stephanie meint:
21.01.2008, 16:29 Uhr
Was ist daran Unterwerfung einen Grundschatz an deutschen Wörtern zu beherrschen und eine vernünftige Arbeit auszuführen?

Das verstehe ich nicht, sry wohl doch zu blond..


Quote
betroffene meint:
21.01.2008, 18:22 Uhr
habt ihr euch deutschen eigentliich noch im griff?


Quote
Deutsch meint:
21.01.2008, 18:29 Uhr
@ Betroffene

Ich bin es auch, lassen Sie das "euch" weg, dann funktioniert Ihr Satz besser !


Quote
Einmal Ausländer, immer Ausländer meint:
21.01.2008, 18:46 Uhr
Es ist sicher kein Zufall, dass bei Ausländern jede Körperverletzung an einem Deutschen einen grösseren Skandal darstellt als ein brutaler MORD eines Deutschen an einem Ausländer. Gut, hier war es eine Deutsche, die von einem Deutschen ermordet wurde, bei einem Ausländer als Opfer würden viele nur mit den Schultern zucken.

Mein Wunsch: Es mögen doch bitte alle Rassisten aus Deutschland auswandern, anstatt immer wieder hier die Frage zu stellen, warum Ausländer, die sich über Rassismus beschweren, nicht auswandern.

...



Aus: "KOMMENTARE" (21.01.2008, 15:32 Uhr)
Quelle: http://www.welt.de/vermischtes/article1577140/18-Jaehriger_zielte_vor_allem_auf_den_Kopf.html?page=13#article_readcomments (http://www.welt.de/vermischtes/article1577140/18-Jaehriger_zielte_vor_allem_auf_den_Kopf.html?page=13#article_readcomments)

-.-

Quote[...] Einerseits dürfen diese Entwicklungen und Gefahren nicht ignoriert werden, andererseits muss es auch "... um den Schutz der muslimischen Mehrheit vor islamistischen Ansprüchen" gehen, wie Prof. Dr. Ursula Spuler-Stegemann in einem auf den "Islam in Deutschland" bezogenen und größtenteils ausgesprochen kritischen Text schließt. Sie zitiert einen türkischstämmigen Deutschen mit den Worten:

    ,,Wir wollen nichts anderes als Normalität. Wir wollen keine Benachteiligung, keine Bevorzugung, keine Sonderrechte. Wir wollen nur einfach als Menschen akzeptiert werden!"

Führt ein Kulturbegriff wie jener von Huntington jemals zu dieser Akzeptanz, zu gegenseitigem Respekt? Keineswegs, denn implizit wird das Etikett der schlechteren "Kultur" zuerst selbst konstruiert, dann anderen angeheftet und letztendlich als unablöslich deklariert.
Edward Said, der sich in seinen Arbeiten u.a. mit dem westlichen Blick auf den Islam auseinandersetzte, nahm 2001 in einem Essay der WELT Stellung zum "Kampf der [Kulturen] Ignoranten":

QuoteIn seinen kämpferischen Überlegungen bezieht sich Huntington immer wieder auf einen 1990 erschienenen Aufsatz des altgedienten Orientalisten Bernard Lewis, dessen eigene ideologische Ausrichtung schon im Titel seines Textes deutlich wird: "Die Wurzeln der muslimischen Wut". Beide Aufsätze argumentieren bedenkenlos mit den Großkategorien "der Westen" und "der Islam", als wären so komplexe Fragen wie die nach Identität und Kultur in einer Comicstrip-Welt angesiedelt, in der Popeye und Pluto gnadenlos aufeinander einprügeln und einer der beiden sich immer wieder als der überlegene Schläger erweist. Weder Huntington noch Lewis hielten sich lange bei der Frage nach der inneren Dynamik und Pluralität jeder einzelnen Kultur auf oder bei dem Umstand, dass der Streit in den meisten modernen Kulturen gerade um die Frage nach der Definition oder Interpretation der eigenen Kultur kreist, und noch weniger zogen sie die unerquickliche Möglichkeit in Erwägung, dass ein gehöriges Maß an Demagogie und schlichter Unwissenheit ins Spiel kommt, wenn man glaubt, für eine ganze Religion oder eine ganze Zivilisation sprechen zu können. Nein, Westen bleibt Westen und Islam bleibt Islam, und damit hat es sich. (...) In Wirklichkeit ist Huntington ein Ideologe, der aus "Kulturen" und "Identitäten" etwas machen will, was sie nicht sind - nämlich in sich geschlossene, gegeneinander abgeschottete Wesenheiten, denen all die Nuancierungen, die unzähligen Strömungen und Gegenströmungen ausgetrieben sind, die die Menschheitsgeschichte beleben und die im Laufe der Jahrhunderte dafür gesorgt haben, dass diese Geschichte nicht nur von Religionskämpfen und Eroberungskriegen erfüllt war, sondern auch von Austausch, gegenseitiger Befruchtung und Weitergabe.

[http://www.welt.de/daten/2001/10/20/1020le289901.htx]


Was er bereits damals in Bezug auf 9/11 in dem Essay schrieb, sollte auch heute bedacht werden: "Aus dem von einer kleinen Gruppe geistesgestörter Selbstmordattentäter geplanten, furchtbaren Massenmord hat man nun einen Beweis für Huntingtons These gemacht." Genauso sind die Schreckensnachrichten und Bilder von aufgestachelten radikalen Islamisten kein Beweis dafür, dass die Welt so simpel und einfach gestrickt ist, wie dies Huntington und so mancher Leitartikler gerne hätte; und ganz abgesehen davon, dass damit längst nicht alle Fragen überhaupt nur gestellt wären.



Aus: "Die alte Leier vom Kampf der Kulturen" Markus Biedermann (02/2006)
Quelle: http://www.woweezowee.de/2006/02/07/die-alte-leier-vom-kampf-der-kulturen/ (http://www.woweezowee.de/2006/02/07/die-alte-leier-vom-kampf-der-kulturen/)

-.-

Quote[...] Genf - Die explosionsartige Zunahme der Dialogforen zwischen dem Islam und dem Westen seit den Anschlägen vom 11. September 2001 hatte eine enttäuschende Wirkung. Das ist das Ergebnis einer Studie des Weltwirtschaftsforums (WEF), einer privaten Stiftung mit Sitz in Genf, die am Montag vorgestellt wurde. Fazit der Autoren: "Der Monolog dominiert über den Dialog."

Viele der in den vergangenen Jahren eingerichteten Dialogforen konkurrenzieren miteinander, überlappen sich und werden innerhalb der Gesellschaften kaum wahrgenommen. Das WEF hat mithilfe von Umfragen in 24 Ländern und einer Analyse verschiedener Initiativen, die den Austausch von Ideen fördern sollen, versucht, die Beziehungen zwischen dem Westen und dem Islam zu bewerten. Wobei "Westen" geografisch definiert wird (Europa, Nordamerika, Australien und Neuseeland) und unter "Islam" Länder mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung zu verstehen ist.

Eine der zentralen Erkenntnisse: Sowohl die Mehrheit im Westen als auch in den muslimischen Ländern ist überzeugt, dass die jeweils andere Seite nicht an der Verbesserung der Beziehungen interessiert ist. Eine Ausnahme bildet Israel, wo zwei Drittel der Befragten angaben, dass sich die Muslime um eine Verbesserung der Beziehungen bemühen.

Vor allem in den USA und in Palästina glaubt eine große Mehrheit an eine Verschlechterung des Klimas zwischen den Kulturen. Weit optimistischer sind die Iraner. Der Hintergrund: Die Konflikte (etwa der Atomstreit) werden als politische Differenzen ohne kulturelle und religiöse Bedeutung wahrgenommen.

Besonders die Europäer (60 Prozent) fürchten sich generell vor einer Zunahme des Dialoges mit dem Islam. Das WEF, dessen Jahrestagung am Mittwoch in Davos beginnt, sieht darin vor allem einen Ausdruck der Ressentiments gegen Migranten. In den meisten muslimischen Ländern (Ausnahme: Singapur) herrscht die Meinung vor, dass der Westen den Islam nicht respektiert.

Dagegen denken die Muslime, dass in ihren Gesellschaften der Westen respektiert werde.

...

QuoteS.K.26, 22.01.2008 10:59

Dass der Artikel gleich mit dem 11.September anschlägen beginnt, find ich ja echt professionell.....
Da braucht man sich nicht fragen wieso hass geschürt wird.... Terroranschläge mit islam in verbindung setzen, ja ja, immer das gleiche..... keine positiven fortschritte !


QuoteMBR, 22.01.2008 10:25

am meisten angst haben die europäer
woran das wohl liegt....

...

wie soll man den westen denn respektieren?


QuoteAmalrich, 22.01.2008 09:00

Dagegen denken die Muslime, dass in ihren Gesellschaften der Westen respektiert werde.
No Na.

Äpfel mit Birnen vergleichen hilft auch ned weiter.


QuoteJonBut, 22.01.2008 07:55   
      
Offenbar
Ist die Erde doch nur eine Scheibe.



QuoteBattosai, 22.01.2008 00:06

Wir leben in einer globalisierten welt..
...dieses abgrenzen und abschotten ,hier Okzident, dort Orient, geht nicht mehr.
Umso früher die Menschen dass begreifen um so besser für alle. Wir leben in einer neuen Zeit und müssen ALLE neue Wege gehen.

Oder wir werden keine Zukunft haben, ALLE ZUSAMMEN !!!
In diesem Sinne: Reißt euch zusammen, redet und HÖRT ZU.


QuoteGRMBL! Grrrrr..., 22.01.2008 11:38

Re: Eine Ausnahme bildet Israel, wo zwei Drittel der Befragten angaben, dass sich die Muslime um eine Verbesserung der Beziehungen bemühen.
Weil sie mit Raketen beschossen werden?
Weil sie im Schulbus oder im Cafe gesprengt werden?

Ich bin mir jetzt nicht sicher. Aber ich könnte mir vorstellen, dass das ein Grund ist.


QuoteTetsuwan Atomu, 21.01.2008 20:54

Nicht überraschend, aber trotzdem erschütternd.
Nur ein europäisches Land erreicht mehr positive Einstellungen als die USA mit 40%.
Hauptsache, die Europäer tun so Obergescheit und Weltoffen.

...


Aus: "Islam und der Westen: Neue Studie zeigt Monolog der Kulturen" (21. Jänner 2008)
Quelle: http://derstandard.at/?url=/?id=3191832 (http://derstandard.at/?url=/?id=3191832)

-.-

Quote[...] Der Kampf der Kulturen tobt! Familien gegen Singles, Arm gegen Reich, Aldi-Nord gegen Aldi-Süd. Robert Griess steckt mittendrin: Als Mitteleuropäer ohne nennenswertes Aggressionspotential ist er krasser Außenseiter, obwohl? oder weil - stinknormal! Wo ist da der identitätsstiftende Standpunkt?


Aus: "Robert Griess - "Geht's noch?"" Apex pro art e.V. (2007/2008)
Quelle: http://www.kulturkurier.de/veranstaltung_117086.html (http://www.kulturkurier.de/veranstaltung_117086.html)

-.-

Quote[...] Die Diskussion tobt nun auch hierzulande. Wohl nur Verschwörungstheoretiker werden glauben, dass '300' bewusst als Propagandastreifen angelegt wurde, um die wahren Werte des Westens gegen den bösen Osten auszuspielen. Dass Zack Snyders Streifen aber, um meinen Kollegen Joel Kairo zu zitieren, wie eine Videospielverfilmung von Mel Gibson und Leni Riefenstahl aussieht, diesen Vorwurf muss sich der Regisseur gefallen lassen.

Quotejason21 | vor 284 Tagen, 39 Minuten
Kritik überzogen!
Also diesen Streifen als moralisch fraglich zu sehen ist meiner Meinung nach stark überzogen. Alle Kritiker (und das sind nicht wenige) die das machen übertreiben und sehen in dem Film mehr als wirklich da ist. Geschichtsunterricht ist 300 keiner. Das wird doch spätestens klar als Leonidas die Athener als Knabenliebhaber bezeichnet obwohl doch die Spartaner starke homosexuelle Neigungen hatten. Die Kultur und Lebensweise der Spartaner, einem Volk das vor Jahrtausenden existierte zu kritisieren, da wäre ich vorsichtig. Gescheitert sind jedenfalls auch sie in der Geschichte. (Makedonien übernahm schließlich die führende Rolle in Hellas)

300 ist ein visueller Film, der die Tiefe des Comics nicht übernimmt und historisch stark vereinfacht und oftmals unkorrekt ist. Nicht mehr und nicht weniger. Dass in näherer Zukunkt kein guter Film über die Antike und/oder Schlachten aus dieser Zeit kommen wird, ist mir schon länger traurige Gewissheit. Denn entweder es scheitert am Überzogenen Pathos von Hollywood, die solche Filme auch oft zur monumentalen Seifenoper a la Troja verkommen lassen, oder einfach daran, dass der Europäische oder Amerikanische Independent und arthouse Film stur diese Thematik ignoriert (vielleicht liegt's auch am Budget)


Quotekchristian | vor 287 Tagen, 21 Stunden, 16 Minuten
ich sag nur...
YES, i want it all: wealth, women... and one more thing... a uniform.


Quotemelkin | vor 289 Tagen, 1 Stunde, 57 Minuten
die rezeption des films scheitert meiner ansicht nach vorwiegend am missverständnis der erzählperspektive. diese ist nämlich nicht nur am off-erzähler festzumachen, sondern überträgt sich dann auch auf die optik. der film erzählt tatsächlich sehr unreflektiert aus spartanischer sicht und genau das macht ihn höchst spannend. diese "herr der ringe"-mäßigen überdrehten fantasy sequenzen sind für mich überhaupt das beste am film und sollten doch ganz offensichtlich zeigen, dass hier nicht versucht wird, historisch korrekt geschichte neutral nachzuerzählen, sondern aus der sicht eines einzelnen spartaners in der schlacht. (der hat noch nie elefanten gesehen oder nashörner, der hat geschichten gehört von irgendwelchen monstern, etc. ... wenn der film uns allerdings einen gewöhnlichen elefanten vorsetzen würde, dann wär die illusion zerstört, würden wir den film wieder mit unseren 21. jhdt. augen sehen.)

für völlig unkritisch halte ich den streifen dann aber trotzdem nicht, denn wie schon die erste szene klar macht, taugen die spartaner nach unseren maßstäben kaum als identifikationsfiguren und ich halte das für umso eindringlicher je mehr sich der film einer eindeutigen wertung verweigert.

bildsprachlich und vor allem seitens der musik ist der film schon sehr pathetisch und gerade da geht er mir dann doch mitunter zu weit. allerdings ist das die miller-typische stilisierung, die funktioniert im comic doch noch etwas besser.


Quotegerlinde666 | vor 290 Tagen, 25 Minuten
haha, mir hat's total getaugt!

vor allem: wer der königin blöd kam - rübe ab!

davon abgesehen tolle schlachtengemälde (von mir aus hätten sie die "handlung" auch gleich ganz weglassen können) und gern auch momente der komik. ich sag nur:
an apple a day keeps the persians away.

äusserst motivierender film. hab am heimweg am wuk vorbei gleich mal in die vitrine geguckt, wann die wen-do kurse losgehen.


Quoteewiger87 | vor 290 Tagen, 1 Stunde
naja
Also dieses Film Review erscheint mir ein bisschen zu kritisch ... der Film ist nicht als anspruchsvoller Streifen zum Nachdenken vorgesehen sondern eine reine Comicverfilmung die der Unterhaltung dienen soll. Frank Miller's Stil ... und dazu gehört auch die skurrile Darstellung von Xerxes und den Persiern sowie die gesamten Schwarz-Weiß Darstellung der beiden Seiten ...

Das einzige was mich an dem Film gestört hat, war das pathetische Ende und der Kitsch der durchwegs zu hören war ... aber insgesamt war das vom Unterhaltungsfaktor ein Spitzenfilm ... alleine die Kampfszenen, epischer als Herr der Ringe, intensiver als Matrix, schlagkräftiger als Gladiator ... und der Stil sowie die Kampfszenen sind das was in diesem Film zählen ...


Quotechartbreaker | vor 290 Tagen, 3 Stunden, 32 Minuten
was mich bei der diskussion um '300' etwas stört: immer wieder wird behauptet der film betreibt propaganda für irgendetwas oder irgendwen. dieser vorwurf ist wie gesagt nicht haltbar. jedoch transportiert der film ganz allgemein gefährliches gedankengut. man kann nicht von jedem kinobesucher erwarten, dass er da so gründlich reflektiert.

Quotegrenz | vor 290 Tagen, 1 Stunde, 47 Minuten
doch.


Quotespeedtriple | vor 290 Tagen, 4 Stunden, 44 Minuten
Gibson ist ein Gott :)

Quotespeedtriple | vor 290 Tagen, 4 Stunden, 43 Minuten
...und LENI
die heimliche Mutter des Kinos. Oder?


Quotemerkinball | vor 290 Tagen, 3 Stunden, 55 Minuten
gibson is a anisemitische vollpfeife


Quotespeedtriple | vor 290 Tagen, 2 Stunden, 51 Minuten
..und dennoch liberaler als Hr. Ohmert.


Quoteharald123 | vor 290 Tagen, 1 Stunde, 15 Minuten
Thema verfehlt...






Quotecowboykiller | vor 290 Tagen, 5 Stunden, 15 Minuten
tut mir leid, aber dass dieser film wenig tiefgang, schauspielerische leistungen oder politische aussagen etc. aufweisen wird, war schon irgendwie aus den - eben komplett vor bild, posen und geilheit der figuren strotzenden - trailern ersichtlich bzw. zu erwarten.

mir hat der film genau das geliefert, was ich mir von ihm erwartet habe: geile bilder, geile posen, wenig story zum mitgrübeln.


Aus: "Kampf der Kulturen" Christian Fuchs über '300' (6.4.2007 )
Quelle: http://fm4.orf.at/fuchs/217782/main (http://fm4.orf.at/fuchs/217782/main)

-.-

Quote[...] Die Geschichte von den 300 Spartanern, die sich am Thermopylenpass gegen eine persische Übermacht aufopfern, muss mittlerweile seit fast 2500 Jahren immer wieder herhalten, wenn das Abendland wieder mal verteidigt werden muss. Von dem eigentlichen Ereignis weiß man eigentlich nicht viel. Herodot, der erste Erzähler der Begebenheit, gilt zwar als der erste Historiker, ist aber genau in dieser Rolle, so wie viele seiner Nachfolger, auch als erfinderischer Geist im Umgang mit tatsächlichen Begebenheiten, bekannt. Tatsache ist, dass seit Herodot die Geschichte von den Thermopylen permanente Wiederaufführungen erlebt: In der Fiktion, in der Realität und erst recht in der nachfolgenden propagandistischen Auschlachtung realer Ereignisse.

Custers 7. Kavallerie gegen Horden von Sioux, britische Kolonialsoldaten gegen Horden von Zulus oder Inder oder die deutschen Landser gegen Horden von asiatischen Bolschewiken im Kessel von Stalingrad, den Hermann Göring in einer Rede nach der Niederlage mit den Thermopylen gleichsetzte. Die Moral der Geschichte stellt sich immer gleich dar: Wenige Zivilisierte halten eine Flut von vielen, vielen Unterentwickelten auf, der resultierende Heldentod wird im Nachhinein zum endgültigen Triumph der Zivilisation über die Barbarei. So gesehen ist die Schlacht bei den Thermopylen die Passionsgeschichte in einer militanten Vorstellung einer Überlegenheit der westlichen Zivilisation gegenüber anderen Kulturen.

Der Film folgt in der Erzählung in weiten Bereichen der Comic-Vorlage. Der Unterschied ensteht durch die Ergänzungen, die das ursprüngliche überzeichnete Bild von Frank Miller aufweicht und mit zusätzlichen Botschaften versetzt. Die Lakedaimonier im Film werden neben ihrer Kriegerrolle als Kleinfamilienoberhäupter gezeigt. Väter und Ehemänner stehen so vor dem Wall aus getöteten Persern, der schon im Comic Assoziationen mit den Leichenbergen der Vernichtungslager hervorgerufen hat. Wo die Comic-Vorlage das faschistische Moment des spartanischen Heerhaufens bewusst herauszeichnet, relativiert der Film mit Mitteln zugunsten der Selbstidentifikationmöglichkeiten mit den Protagonisten beim Publikum. Ein anderer Film mit der gleichen Zielrichtung würde die Waffen-SS als harte, aber sympathische Suburbia-Bürgerwehr darstellen. Dazu noch die eigentliche Botschaft, die gerade in der Schlussszene nicht deutlicher zu Wort kommen kann: Man kämpft, so der Appell des spartanischen Anführers vor der siegreichen Schlacht von Platäa, nicht nur für die Freiheit, sondern auch "für die Vernunft". Eine Beifügung, die in der Vorlage natürlich nicht vorkommt.

[...] Woher kommen die propagandistischen Ergänzungen im Film? Anforderungen der Auftragsgeber an die Produktion zugunsten der Publikumsakzeptanz waren sicher ein Faktor. Ein wenig bekannter Einfluss kann in der Rolle des amerikanischen Althistorikers Victor Davis Hanson geortet werden. Der selbstdeklarierte "Neo-Conservative" ist vehementer Befürworter des Irakkrieges und Fachmann für antike Militärgeschichte. Seine Thesen beschränken sich nicht auf die Antike allein. Das Wesen von Gesellschaften, so Hansons Denkweise, ist in ihrer Kriegsführung und umgekehrt erkennbar. Die Überlegenheit des Westens von heute ist für ihn weiters ein Kontinuum seit der griechischen Antike. Die militärische Überlegenheit der Griechen gegenüber nichtwestlichen Völker beruhte für ihn auf der liberalen und kapitalistischen Gesellschaftsform, die für ihn schon damals begonnen hat.

Verkürzt gesagt: 300 Spartaner konnten Hundertausende Perser nur deswegen aufhalten, weil sie republikanische Kleinunternehmer waren. Auch wenn Herr Hansons Interpretation wohl von anderen Kollegen des Faches sicher angezweifelt wird, gelesen wird er. Unter anderem von Kurt Johnstad, dem Drehbuchautor von 300. Durch diesen kam Hanson auch zur Ehre das Vorwort zum Begleitbuch zu schreiben. Egal, wie weit die Inspiration des Althistorikers auf das Drehbuch tatsächlich war, oder ob es tatsächlich, wie schon vorgeworfen, einen Zusammenhang mit den tatsächlichen Spannungen des Westens mit dem Iran gibt, zumindest Victor Davis Hanson sieht die Schlacht bei den Thermopylen noch nicht beendet. In seinem Weblog schreibt er unter dem Titel The Twenty-Five Hundred Years' War:

"Fairly or not, Westerners have always viewed their relations with Persia in terms of freedom versus despotism, of individual citizens at Thermopylae fighting the coerced hordes of Xerxes' subjects."

...


Quotemaven | vor 283 Tagen, 22 Stunden, 48 Minuten
pointierte kritik
für einen verabscheuungswürdigen film... erinnert stark an den glauben an eine leitkultur, an übermenschen, an eine besondere rasse.... einfach nur grauenhaft.....


Quotesicklikejosef | vor 287 Tagen, 18 Stunden, 7 Minuten
Mir war eines wichtig zu betonen:
"300" ist keine Propaganda, sondern Kunst und zwar sehr gute Kunst. Wer dem Herrn Hanson unterstellt, die "Überlegenheit des Westens" zu postulieren, die aus "republikanischen Kleinunternehmern" besteht, hat die Bücher des Herrn Hanson ("The Western Way of War" z.B.) nicht gelesen. Ich aber schon. Und da steht etwas ganz andres drin. Hanson ist ein Militärhistoriker, der im Detail untersucht hat, wie Krieg von den Griechen organisatorisch gelöst wurde, wie die Bewaffnung die Strategie beeinflusst hat und das Übereinkommen der Polis dafür sorgte, dass einem Besiegten nicht die Lebensgrundlage entzogen wurde (indem seine felder und haine unangetastet blieben).
Die Überlegenheit des Westens im Krieg entstand erst später durch überlegene Technologie, die man durch schmerzhafte Niederlagen entwickelte. Hanson bedauert die tendenz moderner Kriegsführung asynchsrone Konflikte zu schaffen, weil Opferzahlen dadurch ins Unermessliche steigen. Der bewaffnete Kampf der Hopliten gegeneinander hielt die zahl der Toten und Verwundeten auf einem Mindestmaß. Daraus leitet Hanson eine Ethik ab, die die griechische Polis zum Begründer menschlicher Individualität macht, zum Träger eines Gedankens der Freiheit des Einzelnen.
Anders gesagt: Würde die Welt heutzutage dem beispiel Chinas folgen oder von China beherrscht werden, hätten wir von menschenrechten und Demokratie noch nie etwas gehört.
Aber stattdessen diesen pseudohalbgebildeten Schwachsinn abzulassen und aus Büchern zu zitieren, die man nicht gelesen hat, ist scheints einfacher.

Quotehanswu | vor 286 Tagen, 21 Stunden, 34 Minuten
woher willst du dir das wissen anmaßen, dass ich den ollen hanson nicht gelesen habe????

der unterschied ist nur, dass du anscheinend seinen wissenschaftlich absolut unzulässigen und unseriösen schlüssen wort für wort glaubst.

egal ob western warfare oder carnage and culture. legitimation für bestehende herrschaft oder verhältnisse zu schaffen, ist geschichtsschreibung, die man vor 100 jahren gepflegt hat.

erst recht schwachsinn, wenn sie sich kausal auf ereignisse beziehen, die über 2000 jahre her sind.

abgesehen davon dass der blick des herrn ohnehin sehr eingeengt auf seine eigenen erfahrungen sind, so wäre auch die abstruse vorliebe des rosinenbauern für die "agrikulturelle hoplitentechnik" nicht zu verstehen.

der regionale ritualkrieg der hopliten ist eine kurze episode der militärgeschichte, spätestens durch das berufsheer der makedonier (und das verneint hanson auch nicht) und in der organisation erst recht durch marianische heeresreform der römer (die vorher organisatorisch über ein ähnliches "bürger-aufgebot" verfügten) obsolet geworden. die überlegenheit von "bürgerlichen fußtruppen" gegenüber reiter, dass ist bitte wirklich keine geunine erfindung der griechen.


Quotehanswu | vor 286 Tagen, 21 Stunden, 29 Minuten
und gerade im fall der spartaner ( und abgesehen, dass diese genauso sklavenhalter, wie die anderen griechischen polis waren) ist es lächerlich bürgerkrieger zu reden, auf dem sich der geist von freiheit und individualismus begründet. was ist das individuelle an einer gleichgeschalteten phalanx?

sein schluss bei carnage, dass der kapitalismus zum sieg bei lepanto geführt hat, missachtet die wirtschaftsgeschichte des osmanischen reiches, dass im sinne von meritokratie und umgang mit kapital in einem größeren umfang nach heutigen maßstäben marktliberaler war.

und das ist das problem bei hanson: aus einer eingeschränkten sicht der dinge von früher zieht er universale schlüsse für heute.

sein vorliebe für das rituelle gentlemankriegs ist nicht nur weltfremd naiv, sondern darüber hinaus gefährlich. und hier muss ich nicht tolstoi zitieren.

auf den allzu dummes china-beispiel möchte ich gar nicht eingehen.

dass du schnarch-slowmo-zu-beschleunigungs-actio
nszenen, den new-metal-musikeinsatz, die fehlfarbenen weizenfelder (wie lange ist gladiator her?) mit enya-artigen musiktapete als gute kunst bezeichnest, so ist auch nicht nur deine reflexion über historische reflexion anzuzweifeln, aber das ist geschmackssache.

auch beim lesen sollte man das hirn einschalten!


Quotesicklikejosef | vor 286 Tagen, 18 Stunden, 41 Minuten
Ixh weiß nicht, ob du den ollen Hanson gelesen hast
aber wenn du Sachen behauptest, die da nicht drinnen stehen, sondern (böswillige) Interpretation sind, was soll ich dann tun?
Dem Herrn Wu sagen, er kann nicht falsch liegen?
Außerdem, warum sollen Hanson's Antworten falsch sein, außer dass sie halt nicht ins Weltbild passen, das gerade genehm ist?
Ich sagte es bereits oben: Hanson leitet aus der Art der Kriegsführung der Epoche zwischen 800 und 300 v. Chr. eine Ethik ab, die er "Western Way of War" nennt. Ob das eurozentristisch ist, oder nicht, who cares. Diese Ethik beschränkt den Krieg auf eine Mindestzahl an Opfern und lässt das gemeinwesen des Besiegten intakt. Dies ist nur unter der Maßgabe möglich, dass es sich um eine Auseinandersetzung handelt, die unter Gleichen geführt wird. Es ist nicht Sache, ob die Griechen politisch nach den Menschenrechten gehandelt haben (haben sie natürlich nicht), es reicht für uns aus, dass sie die ersten waren, die solche Ideen überhaupt entwicklen konnten. (Sloterdijk hat in letzter Zeit ähnliche Ansichten.)
Um ein das China-Beispiel nochmals zu bemühen: Bis in die Mitte des letzten Jahrhunderts gab es im Chinesischen noch nicht einmal ein Wort für Recht (also im Sinne eines Menschen-Rechts). Ob das blödsinnig ist oder nicht ist dir überlassen, es bleibt eine Tatsache.
Es geht hier nicht um links oder rechts, nicht um Frieden oder Krieg und schon gar nicht um ästhetisches Empfinden.
Es geht schlichtweg darum, dass die Kultur, die wir heute als westlich ansehen, in einem stabilen Begriff des Individuums und seiner Freiheit wurzelt. Das unterscheidet den Westen von der sehr viel älteren Kultur Chinas, die gerade im Begriff ist, dominierende Weltmacht zu werden. Ob das gut oder schlecht ist, bleibt auch anderen überlassen.

Quotesicklikejosef | vor 286 Tagen, 18 Stunden, 29 Minuten
Ach ja, noch zuletzt:
Es ist pure Heuchelei, "300" etwas vorzuwerfen, was man jedem Game vorwerfen kann. "Splinter Cell" ist mindestens genau so reaktionär, und "Age of Empires"...na ja, who cares.
Wichtiger ist mir folgendes: "300" ist deshalb Kunst, weil es (ja ich hab die Weizenfelder aus "Gladiator" auch erkannt) einen simplen Unterschied zum "Herrn der Ringe" gibt: "300" ist politisch. Es thematisiert einen historischen Mythos und gibt ihm die Gestalt einer Erzählung, die man als Standpunkt verstehen kann.
Ein anderes beispiel wäre Zhang Yimous "Hero". Ein Film, (den ich übigens sehr mag), wie er reaktionärer nicht sein kann, rechtfertigt er doch den Anspruch eines chinesischen Herrschers auf die Macht in ganz China, (und darum heutzutage natürlich auch Taiwan). Ich hab nicht annähernd so viel Wirbel gehört, als der heraus gekommen ist. In "Hero" und auch in
"300" geht es darum, aus historischen Mythen einen konkreten politischen Standpunkt zu machen, den man vielseitig verwenden kann. Es ist möglich (allerdings nicht besonders intelligent) aus "300" die Notwendigkeit eines Erstschlags auf den Iran abzuleiten. Aber es ist auch möglich, im "Herrn der Ringe" die Notwendigkeit zu lesen, Apartheid als reguläre Gesellschaftsform zu etablieren. Für Erstschlag und Apartheidtheorie kann man Hinweise finden, nur brauchen tun es weder Kriegstreiber noch Rassisten. Auch die chinesische Regierung braucht "Hero" nicht, um ihren Anspruch auf Taiwan zu bekräftigen. "300" ist deswegen ein politisches Statement, eines das den Betrachter dazu auffordert Stellung zu beziehen, indem man über Richtig und Falsch nachdenken muss. Das ist nicht Propaganda, sondern Aufklärung.


Quotehanswu | vor 286 Tagen, 17 Stunden, 31 Minuten
@hanson und Weltbild
Das Stichwort "Weltbild" ist aber gerade das Problem. Es geht nicht darum, ob es mir ins Bild passt oder nicht, sondern dass die Weltbilder über Geschichte, erst recht über Alte Geschichte zu definieren mindestens so veraltet und unseriös ist, wie z.B.: die marxistische Geschichtsdialektik. Das lernen angehende Mittelschullehrer schon in der Einführungsvorlesung Geschichte und in diesem geschichtswissenschaftlichen Zugang bin ich eindeutig eurozentristisch (hinzuzufügen wäre, dass es natürlich sehr gute kritische Fachleute für Ancient History und Classics in den USA, aber auch in den chinesischen Staaten gibt).


Quotehanswu | vor 286 Tagen, 17 Stunden, 31 Minuten
@hanson (2)
...
Der ritualisierte Krieg zwischen Teilen einer Ethnie (der historische Begriff, der dabei nicht Volk, keine sprachliche Einheit oder gar Rasse, sondern eine Zusammenhang, der durch verschiedene Faktoren der Ethnogenese entstanden ist), die ein Minimum von Opfern und beim Gegner und den Erhalt des Gemeinwesen zulässt ist überhaupt nichts originär Griechisches, in einer gewissen Phase zivilisatorischer Organisation findet man dies bei vielen alten Kulturen oder auch bei Naturvölkern, die heute noch existieren. Also kein Western Way of Warfare aus dem man auch sicher keinen historischen Sonderweg auf philosophische, mentale und kulturelle Gesellschaftsentwicklungen schließen kann.

Universell (und da sollte man vorsichtig sein) bestehen Kriege mit hohen Ritualcharakter solange, bis ein Regelbrecher, zumeist mit neuer militärischer Innovation eintritt, so geschehen bei Shaka Zulu, aber auch bei Alexander d. G.

Hinzuzufügen wäre, dass sowohl Griechen, und erst die Römer gegenüber den Xenos als Kriegsgegner (zum Beispiel den Persern) überhaupt nicht zimperlich waren. Hanson selber liefert hier die Zahlen (in der rein militärhistorischen Detailanalyse ist er ja sehr gut):

Marathon: Gefallene 192 (2%) zu 6400 (21%)
Gaugamela: 500 (1%) zu 50 000+ (20%)
Pydna: Römer unbedeutend zu 20000 (45,4%) Makedonier (beide westliche und hellenistisch beeinflusste Kulturen)

...


Quotehanswu | vor 286 Tagen, 17 Stunden, 4 Minuten
@propaganda und hero
Nicht nur als Sohn exilierter taiwanesischer Demokraten befinde ich Hero, genauso wie Du, als absolut reaktionäres propagandistisches Werk (trotz oder wegen schöner Bilder und Jet Li. Auch ein jobtechnisch begründetes Versäumnis, wollte dazu auch was schreiben). Gerade in der Auseinandersetzung zwischen China und Taiwan (oder Tibet oder Sinkiang) in der es viele Ebenen, gerade in der Kommunikation gibt (beide haben ihren Sun Tzu gelesen) war der staatlich aufwendig produzierte Film kein "nicht unbedingt gebrauchtes" Mittel. Die Botschaft "Alles unter einem Himmel" war durchaus an ein großes Publikum jenseits der Taiwanstrasse gerichtet.

Der Vergleich mit 300 geht hier in die richtige Richtung.

Ich verstehe aber deinen Zugang zur Propaganda nicht: aus historischen Mythen durch eine Erzählung eine politischen Standpunkt zu machen. Was wenn nicht das, ist denn Propaganda?


Quotesicklikejosef | vor 285 Tagen, 18 Stunden, 59 Minuten
Propaganda wird von jemandem gebraucht
Leni Riefenstahl wurde benötigt, um den Nazis eine ästhetische Legitimation zu verleihen. Aber keine Regierung braucht "300", um Krieg zu rechtfertigen.
Wie du sicher weißt verteilt das US-Militär gratis Games und Konsolenspiele, um Rekruten zu gewinnen und keine Kinokarten für "Black Hawk Down", (der viel eher Züge von propaganda trägt, aber sie erfolgreich umschifft).
Propaganda lässt gar keinen Standpunkt zu, weil Propaganda gar keine Standpunkte zeigt. Leni Riefenstahl zeigt keine Politik, "300" aber schon (und "Hero" irgendwie auch).






Quotedonraviolo | vor 290 Tagen, 1 Stunde, 17 Minuten
ALSO...
ich hab den film gestern im kino gsehn! und ich find ihn im großen und ganzen... genial!!!

es stimmt schon... man braucht net lang um draufzukommen warum die spartaner das vorbild hitlers waren!...

trotzdem... die kulisse, die charaktere! super!!!


Quotedruid | vor 290 Tagen, 13 Stunden, 57 Minuten
ich persönlich finde den film in der hinsicht gut, dass er soviel reflexionen und diskussionen aufwirft wie schon länger kein film. ob das gewollt ist, kann ich nicht sagen.

der film an sich, hat genau das erfüllt was ich von ihm verlangt habe als ich die 5,5 an der kinokasse bezahlt habe. 2 stunden unterhaltung.


Quotelieblingdergötter | vor 290 Tagen, 9 Stunden, 44 Minuten
gewollt?
wohl kaum. als der iran ein paar wochen nach dem usa-start protestierte, sagte snyder selbst, er wollte einen reinen unterhaltungsfilm drehen.


Quoteostrakosmos | vor 290 Tagen, 20 Stunden, 25 Minuten
Was auch mal gesagt gehört
Was hier doch endlich auch mal gesagt und hervorgehoben gehört ist doch, dass dieser "Opfertod" der 300 Spartiaten bei den Thermopylen völlig sinnlos war!

Die Schlacht bei den Thermopylen ist, militärhistorisch gesehen, das Paradebeispiel für die absolute Sinnlosigkeit eines Kampfes, der nur aus bornierter Dummheit nicht abgebrochen wird.
Leonidas weiß genau, dass die Perser seine Riegelstellung in der Pass-Enge unter der Führung ortskundiger griechischer Überläufer umgangen haben. Somit ist es völlig widersinnig, weiter Widerstand zu leisten. Ein Rückzug ist die einzige rationale Entscheidung in dieser Lage.
Leonidas zieht den sinnlosen Tod dem Rückzug vor. Diese bornierte Dummheit ist historisch unübertroffen.
Sie beweist das Gegenteil von strategischer Klugheit und Führungsstärke.

Quoteelvishasleftthebuilding | vor 290 Tagen, 19 Stunden, 54 Minuten
Kommt darauf an, wenn es darum ging Zeit zu erkaufen, abgesehen vom psychologischen Moment für die Griechen und der Demütigung der Perser unter solchen Verlusten aufgehalten worden zu sein.
Dass die Konfrontation dort nicht zu gewinnen war, war ihnen wohl schon von Beginn an bewusst.
Nur auf Grund von Ratio hätten sich nämlich die Griechen als ganzes nicht gegen die Perser verteidigen dürfen.

Quotedonraviolo | vor 290 Tagen, 4 Stunden, 55 Minuten
EIGENTLICH...
konnten diese "300" (historisch gesehen) die armee der perser so lange aufhalten... bis die eigentliche armee aus dem landesinneren gerüstet und für den krieg bereit war...
durch den langen widerstand der "300"...konnte diese armee nachrücken, die persische armee zerschlagen und so eine invasion verhindern!

also geschichtlich gesehen... war's AM RANDE BEMERKT nicht ganz sinnlos!

Quoteelvishasleftthebuilding | vor 290 Tagen, 22 Stunden, 55 Minuten
Du hast von Herodot WAS gelesen?

...


Aus: "Wanderer, geh einfach weiter..." Von Hans Wu (Wien, 6.4.2007)
Quelle: http://fm4.orf.at/hanswu/217776/main (http://fm4.orf.at/hanswu/217776/main)

Title: [Die Stimmung ist aufgekocht... (Aus dem Fegefeuer der Unterwerfung)]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 11, 2008, 11:54:23 AM
Quote[...] Intellektuelle und Politiker wollen der von Fundamentalisten bedrohten Feministin Ayaan Hirsi Ali die französische Staatsbürgerschaft gewähren. Sie bringen damit Präsident Nicolas Sarkozy in Verlegenheit.

[...] "Jede Frau, die auf der Welt bedroht ist, wird Frankreich an ihrer Seite finden..." Mit diesen Worten, in stockendem Französisch, appellierte die Feministin an Staatschef Nicolas Sarkozy. Sie erzählte ihren Kampf für die Rechte der Frauen, für die sie einst in den Niederlanden vor Gericht übersetzte – und Abgründe von Hass, Gewalt und religiös motivierter Unterdrückung erfuhr. Und sie beschrieb wie ihr Kampf für muslimische Frauen zunehmend beantwortet wurde, durch "Diffamierungen und Drohungen physischer Gewalt". Der Regierung der Niederlande warf Hirsi Ali vor, sie in diesem Kampf allein gelassen zu haben.

In Paris wurde Hirsi Ali gewürdigt wegen ihrer grundsätzlichen Kritik an der Religion, ihrem Eintreten für "Freiheit und den Laizismus nach französischem Vorbild" oder als "Voltaire Somalias". Sie wurde gepriesen für ihren "Kampf um die Meinungsfreiheit, das Recht auf Dissens" oder als "weibliches Gegenstück zu Salman Rushdie" betitelt. Der Schriftsteller war einst wegen seines Romans "Satanische Schriften" von islamistischen Predigern mit einer Fatwa belegt worden und hatte sich jahrelang vor seinen möglichen Häschern verstecken müssen.

Hirsi Ali hatte sich bereits den Hass der Islamisten zugezogen, bevor sie mit ihrem niederländischen Landsmann Theo Van Gogh einen Film ("Unterwerfung") über die Behandlung der Frau in islamisch verfassten Gesellschaften produzierte. Der Regisseur wurde im November 2004 von einem Fanatiker brutal ermordet: Neben dem gemeuchelten Cineasten fand sich der Hinweis, dass die junge Frau das nächste Opfer sein würde. Seither wird die Feministin, deren Eltern einst vor politischer Verfolgung über Saudi-Arabien und Äthiopien nach Kenia flohen, rund um die Uhr von Leibwächtern bewacht.

Nach einer Kontroverse über ihre Einbürgerung – Ayaan Hirsi Ali hatte 1992 offenbar gestützt auf widersprüchliche Angaben politisches Asyl beantragt – legte die Abgeordnete ihr Mandat für die "Volkspartei für Freiheit und Demokratie" nach drei Jahren im Mai 2006 nieder und ging in die Vereinigten Staaten. Dort kam sie am konservativen Think-Tank "The American Enterprise Institute" unter. Mit der Begründung, Ali Hirsi sei keine Parlamentarierin mehr und lebe zudem im Ausland, entzogen ihr die Niederlande nach einer Übergangsfrist darauf hin den Personenschutz – für die Fans der Feministin nicht weniger als Verrat oder gar ein Todesurteil.

Grund genug für französische Sozialisten und rund 70 EU-Parlamentarier, jetzt einen europäischen Fonds zu fordern, um den Schutz von Ayaan Hirsi Ali zu fordern. Der französische Philosoph Bernard-Henri Lévy drängte hingegen darauf, die Einbürgerung der vielfach geehrten Vorkämpferin für Frauenrechte zu fordern, die in Paris mit dem "Simone de Beauvoir-Preis" und einer Auszeichnung der Presse für ihr Engagement gewürdigt wird. Mit der Verleihung der Staatsbürgerschaft, so Lévy, ehre der Präsident eine "mutige Frau", die mit ihrer Stellungnahme zu den Werten der Republik "bereits bewiesen hat, dass sie Französin ist".

In diesem Zusammenhang erinnerte der Philosoph Staatschef Nicolas Sarkozy auch an sein Wahlversprechen. Der Präsident, innenpolitisch zunehmend unter Druck, hielt sich zunächst mit Reaktionen zurück. Fünf Wochen vor den Kommunalwahlen wäre die Zuerkennung der französischen Staatsbürgerschaft für eine landesfremde Feministin bei rechts-konservativen Anhängern des Präsidenten wohlmöglich eher ein Nachteil.

Vor dem überfüllten Auditorium an der Rue d'Ulm bezog stattdessen die Ministerin für Menschenrechte Rama Yade in der delikaten Angelegenheit für ihren Präsidenten Stellung. Nach einer Botschaft Sarkozys, der nur versprach, einen EU-Fonds für bedrohte Mitbürger Europas zu schaffen, die in ihrer Meinungsfreiheit bedroht sind, blieb es Yade überlassen, für die Feministin aus demselben schwarzen Kontinent einzutreten, aus dem sie selber stammt. "Hier ist das Frankreich der Freiheit versammelt", sagte Yade und berief sich auf die Werte der Republik – Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Und eindeutig gab sie zu verstehen: "Ich bin auf Ihrer Seite."


Aus: "FRANZÖSISCHE STAATSBÜRGERSCHAFT - Hirsi Ali bringt Sarkozy in die Bredouille" Von Stefan Simons, Paris ( 10. Februar 2008)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,534352,00.html (http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,534352,00.html)

-.-

Quote[...]
QuoteWeltbürger (11.02.2008 00:52)
[...] Als in den USA lebender Türke verabscheue ich die "Deutsche" Fremdenfeindlichkeit zu tiefst. Hier in den USA fühle ich mich weniger als Ausländer als in Deutschland, obwohl ich in Deutschland geboren und aufgewachsen bin.Warum wohl?Think about that !!



Quoteonkelklausi (11.02.2008 07:12)
Deutsche in Australien
Letztens bei einer Domumentation über Deutsche in Australien: Die haben ihren eigenen Club in dem die Deutschlandkarte mit den Grenzen von 1937 hängt! Integration von Deutschen im Ausland. Die importieren sich ihr Bier, ihre Bratwürste und die Sprache wird oft auch nur soweit gelernt, wie es für den Einkauf nötig ist.



Quotedesreicht | 11 Kommentare (10.02.2008 23:27)

[...] nachdem mir beim Lesen der Übersetzungen der Rede von Herrn Erdogan der Döner im Hals stecken geblieben ist , werde ich wohl in Zukunft wieder Thüringer Bratwürstchen essen. Übrigens finde ich es überaus positiv, dass sich hier unter den Kommentatoren auch einmal türkischstämmige Leute zu Wort melden!


Quoteanpassung (10.02.2008 23:02)
Erdogan hat teilweise Recht
Man muß nicht deutsch sein, um deutsche Werte zu achten und ein rechtschaffendes Leben in Deutschland zu führen. Das gilt auch umgekehrt für Deutsche im Ausland. Ich bin zwar keine Befürworterin von Assimilation, jedoch halte ich es für übertrieben , daß es menschenverachtend sein soll, wenn es Menschen gibt, die trotz Assimilation mit ihrem Leben zufrieden sind.


QuoteMehmet (10.02.2008 22:40)
Anpassung ist immer bedingt
Als Türke muss ich kein Schweinefleisch essen und Bier trinken um "integriert" zu werden. Jedes Volk hat seine gewissen Grundwerte und seine Traditionen, die man akzeptieren muss. Die Türken hier in Deutschland, zumindest die neueren Generationen sind gut angepasst, ich kann auch von mir sprechen. Habe normal Abitur gemacht und dann studiert, habe viele Deutsche Freunde und null Ausgrenzung.


QuoteErdal73 (10.02.2008 22:25)
Erdogan spricht nicht für alle Türken!
Nicht jeder Türke identifiziert sich mit ihm und seiner Partei. Ich bin glücklich hier zu leben und Deutsche Freunde zu haben. Meine Kinder haben erst die deutsche Sprache und dann die türkische erlernt. Sorry Hr.Erdogan.


QuoteLeser (10.02.2008 22:14)
Integration fängt erst an, wenn es beide Seiten wollen. Glaube und Staat gehören getrennt. Religion Ideologie, die jeder selber für sich entscheiden muss. Wenn man in Deutschland lebt, muss man auch davon ausgehen, dass man Deutsche trifft.


QuotePerser (10.02.2008 21:54)
Spielt keine Rolle ob Türke oder nicht
Jeder sollte sich egal wo er lebt, den dortigen Umstände so gut wie es geht anpassen. Ich frage mich aber immer wieder warum das in der Bundesrepublick immer so schwer ist als anderswo auf der Welt. Sind es wirklich nur die Ausländer selbst die es nicht schaffen oder spielen dabei auch vielleicht die Deutschen eine Rolle????


Quote1fatih1 | 76 Kommentare (10.02.2008 21:46)
Integration
Ich betrachte mich als vollendeten integrierten Migranten mit türkischen Hintergund. Ich habe in mir türkiches Blut mit einer deutschen Denkweise. Auch wenn die Denkweise deutsch ist, werde ich NIEMALS meinen türkischen Hintergrund vergessen oder aufgeben. Integrieren oder anpassen ja, aber ich lasse mich nie und nimmer, wie es teilweise scheinbar verlangt wird, assimilieren. Spanier, Italiener oder Albaner lassen sich zum größten Teil auch nicht assimilieren, des Weiteren sprechen sie oft die deutsche Sprache auch nicht perfekt, aber Sie sind halt eine kleinere Volksgruppe und fallen nicht so sehr auf.


QuoteRolf (10.02.2008 21:09)
Entlarvend
Während in der Türkei zehntausende säkuläre Türken gegen die Aufhebung des Kopftuchverbots demonstrieren, macht der Islamist Erdogan Wahlkampf bei den in Deutschland lebenden Türken.

[...]



QuoteErdem (10.02.2008 20:46)
Parallelgesellschaft
Ich finde es sehr traurig das wir allein die Schuld für die fehlende Integration tragen. Schließlich weiß ich das aus persönlicher Erfahrung. Wir mussten oder müssen in bestimmten Bezirken wohnen, weil wir türkischer Herkunft sind, egal ob Akademiker mit oder ohne Dr. Titel. das macht einen sehr wütend, weil wir maßgeblich am Aufbau diese Landes beteiligt waren und sind.


Quotedesreicht | 11 Kommentare (10.02.2008 20:43)
Die Europäer waren doch auch so.
Als die Europäer noch Kolonien hatten, legten sie das gleiche Verhalten an den Tag. Bildeten Ihren eigenen Staat im Staat, hatten Ihre eigenen Clubs und beuteten die Kolonie und die Bevölkerung dort aus. Indisch für Engländer, Afrikanisch für Deutsche, Arabisch für Franzosen. Undenkbar! Natürlich beutet man heute ein Land nicht mehr aus, indem man Bodenschätze oder Erzeugnisse plündert, dass kann man auch durch Ausnutzung der Sozialsysteme.... und alle Statistiken geben das auch her. ...und das "König" Erdogan zu seinen Untergebenen hier spricht und gefeiert wird, das gab es doch genauso.


QuoteTolunay (10.02.2008 20:39)
Erdogan ist unser Held
Erdogan hat völlig recht. Selbst wenn wir 1000 Jahre woanders leben, bleiben wir immer Türken und darauf sind wir stolz. Ein friedliches miteinander Leben... ja! Aber seine eigene Herkunft leugnen und so tun als ob man auch ein geborener deutscher wäre? NEIN DANKE! Wie bereits Mustafa Kemal Atatürk eins sagte: Glücklich schätze sich, wer ein Türke ist.


QuoteKanalarbeiter | 640 Kommentare (10.02.2008 20:09)
Mit der Landesflagge bedeckt man
Helden, die für das Vaterland gestorben sind. Ich möchte mal wissen, wie Erdogan das meint? In der nächsten Woche wird Erdogan sein wirkliches Gesicht zeigen. Was hier abläuft, ist eine schlimme Sache. Eine Leere sollte gezogen werden: Stromklau lohnt sich nicht


QuoteJossip (10.02.2008 19:59)
Es war kein Sonderflugzeug, sondern...
das Präsidentenflugzeug. Finde ich super, wie sich Herr Ministerpräsident um seine Bürger kümmert. Weiter so!


QuotepetitChaton | 95 Kommentare (10.02.2008 19:32)
Stromklau
Erst wird Strom geklaut und dann wird eine Fremdenfeindlichkeit hochgespielt. Für den Durchschnittsdeutschen sind das unerträgliche Zustände.


[...]

Quote

Der Durchschnittsdeutsche ist apathisch und unterwuerfig.


Turing, Tobias Junker, 11. Dezember 2007 21:58, Kanada ist *kein* Modell fuer Deutschland!
[zu: "Kanadische Urheberrechtsreform liegt nach Protesten vorerst auf Eis"
http://www.heise.de/newsticker/foren/go.shtml?read=1&msg_id=14054878&forum_id=128771

[...]


Aus: "Integration: Erdogan warnt Türken vor zu viel Anpassung" (10.02.08)
Quelle: http://www.focus.de/politik/deutschland/integration_aid_237187.html (http://www.focus.de/politik/deutschland/integration_aid_237187.html)

-.-

QuoteEin erfolgreiches YouTube-Video nutzt die Brandkatastrophe in Ludwigshafen, um Hass zu schüren


[...] ein paar Beispiele:

Quotegermans burnt 9 people like the jews in 2 world war!!! all germans are against that turkish minister going to visit the house. the germans they we dont want a turkish president in our country. Germans are all nazis.
   

"Die Nazis bereiten Grossangriff auf Türken vor. Jeder sollte sich jetzt bewaffnen und sein haus und familie schutzen!"

"fuck germany! down with nazi europe!"

"Wir sollen uns verpissen - ok, einverstanden. Aber nicht, damit so was auch niet mehr passiert, sondern damit Eure Bundesskandalerin Amgele Dargele Merkele ihrer Grossmutter Muschi sieht und dann das Geschäftsleben in Deutschland pleite macht."

"du kartoffel ihr könnt ja sowieso nur kartoffeln und schwein fressen gut das du es zugeben kannst du tust mir echt leid du bist kein mensch echt solche wie dich würd ich auch sehr sehr sehrrrrrrr gerne verbrennen ich wünschte du wärst auch dort in den flammen drin du scheiß deutsche echt schwuchtel"



Ein recht ungewöhnlicher deutsch-türkischer Dialog, der auch von deutscher Seite mit stahlharter Haltung geführt wird:

Quote"Scheiß Türken kommen nach Deutschland weil sie in ihren Land keine Zukunft haben. Aber hier dan das große maul aufreißen ich hoffe ihr eselficker werdet mal alle hier verrecken ich hätte als Feuerwehrmann nix getan verbrennt doch es müssen noch mehr Häuser brennen."

"Dumm nur, daß alle Brandopfer Aleviten waren. Denen wird in der Türkei auch schon mal von der sunnitischen Mehrheit das ein- oder andere Haus abgefackelt. Die Krokodilstränen der türkischen Presse sind einfach nur scheinheilig."


Vieles davon mag pubertäres Geschwätz sein. Dennoch scheint eines sicher: Das Video hat seinen Zweck erfüllt. Und es ist leider ganz offensichtlich auf äußerst fruchtbaren Boden gefallen.

Quote11. Februar 2008 1:14
Die Toten von Solingen
LexLuthor (797 Beiträge seit 07.07.00)

haben dazu geführt dass wir enger mit unseren türkischen Nachbarn
zusammen gerückt sind, über die Toten von Ludwigshafen haben wir
zusammen getrauert, und die Versuche gleich welcher Extremisten deren
Leid für ihre Zwecke zu missbrauchen, lässt uns nur stärker
zusammenrücken.

Unsere Kraft heißt Liebe.


Quote11. Februar 2008 1:51
Keine Anteilnahme der "Deutschen"!!
Tuko2000 (272 Beiträge seit 08.03.06)

Man beachte bitte die Fotos und Videos der Trauerfeier, besonders
sollte man sein Augenmerk auf die anwesenden Personen lenken. Keine
Ethno-Deutschen, kein blondes Haar zwischen den Teilnehmern, nur
Türken und Migranten unter dem Publikum. Wo bleibt die Anteilnahme,
das Mitgefühl, die Trauer der nicht-türkischen Ludwigshavener?

Das sagt doch schon alles über das deutsch-türkische Verhältnis.
Türken sagen das sie sich ausgegrenzt,isoliert und diskriminiert
fühlen und man sie dazu zwingt in Parallelgesellschaften zu leben
weil man sie nicht wirklich haben will, ich als Deutscher kann dem
nur beipflichten.


Quote11. Februar 2008 1:56
Bravo
Gunblade, feoe@campus.upb.de (165 Beiträge seit 26.06.00)

> ich als Deutscher kann dem
> nur beipflichten.

Die anderen Deutschen würden dem inhaltlich auch beipflichten - Ihnen
ist es aber im Gegensatz zu Dir nur scheissegal.

Ich als Türke kann Dir als Deutschen auch nur beipflichten :)


Quote11. Februar 2008 2:19
Es traut sich einfach keiner!
Hannes Blank, Hannes Blank (197 Beiträge seit 14.12.07)

Tuko2000 schrieb am 11. Februar 2008 1:51

> Man beachte bitte die Fotos und Videos der Trauerfeier, besonders
> sollte man sein Augenmerk auf die anwesenden Personen lenken. Keine
> Ethno-Deutschen, kein blondes Haar zwischen den Teilnehmern, nur
> Türken und Migranten unter dem Publikum. Wo bleibt die Anteilnahme,
> das Mitgefühl, die Trauer der nicht-türkischen Ludwigshavener?
>
> Das sagt doch schon alles über das deutsch-türkische Verhältnis.
> Türken sagen das sie sich ausgegrenzt,isoliert und diskriminiert
> fühlen und man sie dazu zwingt in Parallelgesellschaften zu leben
> weil man sie nicht wirklich haben will, ich als Deutscher kann dem
> nur beipflichten.
>

Denkst du, "den Deutschen" ist es egal, wenn Menschen (grade Kinder)
egal welcher Herkuft verbrennen??
Sicher nicht.

Aber wenn ich in Ludwigshafen leben würde, würde ich da trotzdem als
Deutscher nicht hingehen, um meine Solidarität und Mitgefühl zu
zeigen.

Die Stimmung ist so aufgekocht, dass selbst Ferwehrmänner die vorher
ihr Leben für die Leute riskierten zusammengeschlagen wurden.
Und in Köln wurden Linke die GEMEINSSAM MIT hauptsächlich Marrokanern
demostrieren wollten verprügelt und als "Scheiss Deutsche", "Nazis",
"Rassisten" beschimpft.

Wer sich in so einen aufgekochte Stimmung mischt, nimmt Gewalttaten
an einem selber ja schon fahrlässig in Kauf. Und selbst wenn 95% der
Türken dort nett und wohlwollend dir gegenüber sind, reichen die 5%
aus, um dich als "dummen Nazi" zu sehen und dich halbtot zu hauen....

Quote11. Februar 2008 2:38
Ein schöne Begründung
Tuko2000 (275 Beiträge seit 08.03.06)

dafür nicht hinzugehen, denn die vielen Frauen und Kinder können ja
einem was tun. Da bleibe ich lieber zuhause und meckere weiter, über
den türkischen Schläger der den Feuerwehrmann verprügelte, über die
türkischen Medien die die Lage angeheizt haben und über die vielen
anderen Dinge die uns von denen trennen.

Quote11. Februar 2008 4:03
Und was willst du mir mit diesem banalen Posting jetzt sagen??
Hannes Blank, Hannes Blank (200 Beiträge seit 14.12.07)

Dass ich mich in eine aufgekochte Stimmung reinbegeben soll, welche
schon einige Unschuldige, bzw gar Helfer am eigenen Leib zu spühren
bekommen haben??

Und nein, vor den Frauen und Kindern die dort trauern habe ich keine
Angst; aber vor der (meinetwegen kleinen) Gruppe von Verrückten,
deren Trauer in Gewalt endet...

Du kannst ja gerne hinfahren! Stattdessen sitzt du bequem auf deinem
Sessel und erzählst hier Leuten, was für schlechte Menschen sie doch
sind....








Quote11. Februar 2008 2:00
Jetzt fahren die "Islamkritiker" die Ernte ein
schmalbier (453 Beiträge seit 23.12.06)

Nach allem was in Europa an Rassissmus abläuft braucht man sich da
langsam nicht mehr zu wundern.

Die Massenmedien schüren Pogromstimmung durch eine bizarre
rassistische "Islamkritik", die alle Vorurteile und Gedankengänge des
Antisemitismus wiederholt, und die Politiker führen Krieg damit der
Laden nicht zusammenbricht. Sonst sind fast alle zu feige irgend
etwas zu sagen, selbst im privaten, so wunderbar ist die Freiheit in
der wir leben.

Es verdichtet sich wohl wirklich langsam in den muslimischen Ländern
das Gefühl das im Westen der nächste Holocaust vorbereitet wird.


Quote11. Februar 2008 9:02
Es zeigt sich vor allem, wie leicht Türken gegen Deutsche aufzuhetzen sind
Messie Kammschott (31 Beiträge seit 26.01.08)

Unter den Türken in Deutschland wabert ein ungeheures Haßpotential.
Seine Quellen sind ein irrationaler Hang zum Selbstmitleid, ein unter
Türken generell erstarkender Chauvinismus/Nationalismus, das Fehlen
jeglicher Fähigkeit zur Selbstkritik, und hinzu kommt die stete
Bestätigung dieser eingebildeten türkischen Opfer-Rolle durch unsere
linksgrünen Spinner.

Unsere Gutmenschen haben mit ihrer Multikulti-Träumerei langsam aber
stetig eine soziale Atombombe geschaffen, die zweifellos eines Tages
hochgehen wird.

Türken und Deutsche mischen sich einfach nicht, es gibt kaum
Mischehen, kaum soziale Kontakte jenseits von Schule, Dönerladen oder
Fließband. Die Unterschiede sind einfach zu groß, es gibt keine
Integration, sondern das Gegenteil davon: Polarisierung. So kommts,
daß Deutschland ganz ohne Not in die Gefahr eines Ethno-Bürgerkrieges
geraten ist, einfach nur aus Übermut und moralischer
Selbstüberschätzung der 68er intellektuellen "Eliten".

Und unsere linksgrün gleichgeschalteten Medien halten mühsam den
Deckel drauf, als könnte man eine Eskalation verhindern, indem man
die Luft anhält und einfach nicht hinschaut.

Unter einfachen Leuten kursiert schon seit mindestens 15 Jahren das
geflügelte Wort: "irgendwann gibts hier nen großen Knall". Das ist
die simple Wahrheit.


Quote11. Februar 2008 2:08
Prinzip: "Teile und Herrsche" auch hier
IchBIN (mehr als 1000 Beiträge seit 18.02.05)

Nun besteht also die Gefahr, dass die deutsch(stämmig)e Bevölkerung
sich gegen die Reichen und Mächtigen endlich mal zur Wehr setzt, und
schon wird von Außen ein Feind kreiert, der möglichst hasserfüllt und
brutal seiner Wege gehen soll. Dabei merken es bisher leider weder
die Deutschen, noch die Türken, dass sie letztendlich vor denselben
Karren gespannt werden, nur mit unterschiedlichen Vorzeichen.



Quote11. Februar 2008 3:15
Trauerfeier...
Katoka (10 Beiträge seit 06.10.07)

Mal im Ernst ich wäre nicht hingegangen zu der Trauerfeier und ich
bin Türke. Ist mir ziemlich egal, dass GENAU DORT 9 Menschen
gestorben sind. Sie hatten hoffentlich ein schönes Leben und dann ist
der Tod auch nicht so schlimm (so sehe ich das zumindest).

Es sterben täglich weit aus mehr (tausende) Menschen auf weitaus
grausamere Art und Weise. Wenn man das akzeptiert und verstanden hat
dann sollte man eher seine Energie dafür aufwenden um das Leben der
Lebenden zu bewahren bzw. ihnen etwas zu ermöglichen was sich
(glückliches) Leben nennt.

Wer von denen die dort zur Trauer aufrufen, trauert um die tausenden
von Kinder die täglich verhungern? Das ist ein grausamer Tod davon
kann man ausgehen und trotzdem wen interessierts? Niemanden. Wie auch
immer die sind ja schon tot. Leider sind da aber noch Milliarden die
auf den Tod warten und da kann man Energie aufwenden und versuchen
etwas zu tun (anstatt zu so einer dämlichen/absolut bescheuerten
Trauerfeier zu gehen).

Mit dem Geld was die gekostet hat inkl. Flug von Erdogan und Anreise
der ganzen anderen Politiker die sich vor dem Volk profilieren wollen
hätte man wieder mind. einigen tausend Kindern auf der Erde ein
langes (wahrscheinlich sogar glückliches) Leben ermöglichen können.
Da gibts dann aber leider keine Kameras... "Echt? Wußte ich garnicht
- TOOOOOOOOOOOOOORRR!!! - Halbzeit schalt mal um."

Schaut mal hier:
http://www.nachdenkseiten.de/cms/front_content.php?idart=1189

Im dritten Absatz steht Zitat:
> Den Stein des Anstoßes für den Kampf gegen den Hunger gab Ziegler ein
> Empfang im Kongo: Durch die Fenster des Luxushotels konnte er allabendlich
> die hungernden Kinder vorbeiziehen sehen, die versuchten eine bewachte
> Barrikade zu erreichen, um zu den Weißen, die in einer Enklave hinter der
> Bewachung leben, vorzudringen. Wenige Meter weiter brachen sie zusammen,
> blieben kraftlos in den Stacheldrahtzäunen hängen und manche starben. Zu
> diesem Zeitpunkt schwor sich Jean Ziegler, nie mehr, auch nicht zufällig, auf
> der Seite der Henker zu stehen. Daraus entstanden...

Ich wette mit den Kindern fühlen bei weitem nicht soviele mit. Die
brauchen Mitgefühl (besser noch: Hilfe) bzw. brauchten sind ja auch
schon wieder tot. Aber da gibts bestimmt noch andere die nur fast tot
sind. Also auf auf fühlt mit (besser man tut was dagegen).

Gruß kato

PS: Falls ernsthaft die Frage aufkommen sollte was man dagegen tun
kann. Hab das hier vor kurzem entdeckt:
http://www.globalmarshallplan.org/ - lohnt sich mMn mal
reinzuschauen. Gibts aber nicht auf Pro7 oder NTV und landet sicher
auch nicht in der BZ




Aus: "Ein ungewöhnlicher deutsch-türkischer Dialog" Ernst Corinth (11.02.2008)
Quelle: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/27/27254/1.html (http://www.heise.de/tp/r4/artikel/27/27254/1.html)

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Quote[...] Die Gewalt in Kenia ruft schmerzhaft in Erinnerung, dass das Denken in Stammeskategorien offenbar nichts von seiner alten Anziehungskraft verloren hat.

Quotevon babuniki | 10.02.2008 18:39:46 Uhr

Koloniales Denken: Es wird allmählich Zeit, das Wort 'Stamm' in die Mottenkiste der Geschichte zu verbannen. Es 'stammt' aus der Kolonialzeit, als der Kolonialadministration lediglich gegeneinander abgegrenzte Volksgruppen gegenüber standen, die sie Stämme nannte. [...] Das Wort 'Stamm' benutzen einige Journalisten nur in Verbindung mit afrikanischen Völkern - bei Auseinandersetzungen zwischen z. B. Kurden und Türken haben ich noch nie das Wort 'Stammesfehde' gehört. 'Stamm' in Verbindung mit afrikanischen Völkern ist herabwürdigend, weil der Begriff den nachkolonialen Staatsformen nicht Rechnung trägt - und in vielen Fällen einfach nicht mehr stimmt.






Aus: "Vom Kap bis Kairo: Afrika denkt mit dem Blut" -  Die Rückkehr des Stammesdenkens verhindert eine Modernisierung des Kontinents - Von Wolfgang Drechsler (Tagesspiegel vom 10.02.2008)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/meinung/kommentare/Afrika;art141,2473737 (http://www.tagesspiegel.de/meinung/kommentare/Afrika;art141,2473737)


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Textfraktales:

QuoteTrostberger Tagblatt - 16. Jan. 2008
Das Konfliktpotential leite sich vor allem vom weit verbreiteten und tief sitzenden Stammesdenken ab. Im kargen Norden Kenias entwickelten sich die ...

und ... Vaterland bilden, ist dem uralten Stammesdenken ähnlich, das zwischen den ...

Nairobi – Nach der Präsidentenwahl in Kenia haben sich Armut und Verbitterung in einer Explosion der Gewalt entladen.

Gefährliche Mischung von Politik und Stammesdenken in Kenya. Die aktuellen Unruhen wurzeln in Kenya in der engen Verbindung von politischen und ethnischen ...

Stammesdenken statt nationale Identität. nzz.ch » 2008 » February » 8th »

Die Spannungen innerhalb der Lehrergewerkschaft NANTU haben erneut gezeigt, wie sehr das gesellschaftliche Zusammenleben von Stammesdenken geprägt ist. ...

Alternativen zum postmodernen Stammesdenken. Mit spitzer Feder nimmt Terry Eagleton die Selbstbezogenheit und Selbstverliebtheit des subkulturellen ...

Eines der Probleme mit dem Stammesdenken ist, dass niemand weiß, wer er ist. ... Stammesdenken führe zu zweierlei Maß: »Wir sind so stammesorientiert, ...

Auch unsere Insel ist geprägt vom ,,Stammesdenken". Jede Sippe hatte ihr eigenes Gebiet, eigene Führer und teilweise eine eigene Sprache. ...


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Quote[...] "Assimilierung ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit", sagte er vor etwa 16.000 überwiegend türkischen Zuhörern, die aus ganz Deutschland, aber auch aus Frankreich, Belgien und den Niederlanden angereist waren. "Ich verstehe sehr gut, dass ihr gegen die Assimilierung seid. Man kann von euch nicht erwarten, euch zu assimilieren."

Es sei zwar wichtig, Deutsch zu lernen, aber die türkische Sprache dürfe darüber nicht vernachlässigt werden. Die Türken stünden in Europa vor der Herausforderung, ihre Identität und ihre Kultur zu bewahren. Im Übrigen betonte er die Friedfertigkeit aller im Ausland lebenden Türken: "Wir haben mit Hass überhaupt nichts zu tun, wir haben mit Feindschaft, mit Streit und Gewalt überhaupt nichts zu tun."

Der Brand in Ludwigshafen mit neun Toten habe nicht nur die Türken erschüttert, sondern auch die deutsche Regierung und das deutsche Volk. "Das muss aufgeklärt werden", verlangte Erdogan. Er hoffe, dass Vorfälle wie in Ludwigshafen nun ein Ende fänden, und wies darauf hin, dass die Türkei auch einige eigene Ermittler zur Aufklärung nach Deutschland geschickt habe. Das weitere Vorgehen werde von der Türkei ganz genau verfolgt.


Aus: ""Assimilierung ist Verbrechen" - Erdogan warnt Landsleute" (10. Februar 2008)
Quelle: http://www.n-tv.de/916864.html (http://www.n-tv.de/916864.html)


-.-

Quote[...] Bei seinem Auftritt vor 16.000 überwiegend türkischstämmigen Zuhörern in der Kölnarena hat der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan die Türken in Deutschland aufgefordert, mehr für die eigene Bildung zu tun. Außerdem äußerte sich Erdogan sehr kritisch zum von der ARD abgesetzten Tatort.

[...] Zum Ende seiner rund ein einhalbstündigen Rede äußert sich Erdogan unerwartet zur der "Tatort"-Folge "Wem Ehre gebührt". In dem NDR-Krimi, der Ende vergangenen Jahres ausgestrahlt wurde, ging es um Inzest und einen Mord innerhalb einer alevitischen Familie. Der Film hatte scharfe Proteste der Alevitischen Gemeinde Deutschland ausgelöst. "Sehr hässliche Unterstellungen in einem Fernsehfilm haben unsere ganze Nation beleidigt", sagt der Ministerpräsident. "Die Verantwortlichen sollten sich bei der alevitischen Gemeinde entschuldigen."

[...]

Quotemackeldei (11.2.2008, 0:41 Uhr)

Kopftuch

Müssen jetzt auch bald deutsche Frauen ein Kopftuch tragen, Herr Erdogan ?


QuoteMannebacher (10.2.2008, 21:34 Uhr)

darf es etwas mehr sein?

wie wäre es mit Koranschulen für deutsche Kinder, damit sie den Islam besser verstehen lernen. Oder Volkshochschulkurse für erwaschene Deutsch die das Türkentum besser verstehen können (dessen Beleidigung in der Türkei ja unter Strafe steht).
Vielleicht auch noch ein Kursus dass Aleviten immer Türken bleiben - egal was sie wollen. Und erst die Armenier denen man die Nachnamen abänderte (von denen die übrig blieben) von -ian auf -oglu. Zwangstürken die nie die Staatsbürgerschaft verlieren. Die Rathäuser sollen besetzt werden von Türken. Ich werd das Gefühl nicht los von der 68 Generation in türkisch zu hören- Marsch durch die Instutionen. [...]


[...] [...] [...] ...

Quotesuvari (11.2.2008, 8:35 Uhr)

Ich fasse mal zusammen:

Während ich die Kommentare hier so lese vergesse ich doch manchmal, dass ich auf stern.de bin, so ignorant und intolerant sind einige Äusserungen. Hier eine Zusammenfassung:

-Türken die hier leben, sollte verboten werden in der Türkei zu wählen. Hier dürfen sie es aber grösstenteils auch nicht. Also liebe Türken: Fresse halten, Steuern zahlen und schön apolitisch bleiben.

-Die ganzen Streitigkeiten werden von Israel provoziert.Wieder einaml die bösen Juden.Wusst ichs doch...

-Bei Staatsbesuchen aus zum Bspl. Italien, Polen oder Griechenland muss dringend unterbunden werden, dass die Regierungschefs zu ihren Landleuten sprechen. Sie könnten ja Deutschlandfeindliche Propaganda betreiben.

-Zu guter Letzt muss jeder Ausländer gezwungen werden sich anzupassen. Dazu gehört natürlich auch, dass er seine Herkunft und seine Wurzeln leugnet und sich an der Deutschen Leitkultur orientiert. Wir reden aber nicht von Asimilation....hmmm was war nochmal Asimilation ?

Bin ich wirklich auf stern.de ???


QuoteDeutscher-Tuerke (11.2.2008, 1:03 Uhr)

Sichtweise eines Deutsch-Türken

[...] Ich gehöre der 2. Generation der "Türken" in Deutschland an. Mein Vater ist vor 40 Jahren als Gastarbeiter nach Deutschland gekommen, ich bin hier geboren und aufgewachsen, bin hier zur Schule gegangen und habe auch meinen akademischen Abschluss in Deutschland gemacht. Man sollte nicht alles polarisierend betrachten und nicht davon ausgehen, dass das eine das andere ausschliesst. Für mich ist Deutschland meine Heimat, ich lebe hier, gehe hier meiner Arbeit nach, zahle hier meine Steuern. Das ich türkischstämmig bin, einer anderen Religion angehöre, diese womöglich mehr oder weniger auslebe, heisst jedoch nicht, dass ich meinen Pflichten als deutscher Staatsbürger nicht nachkomme oder den sozialen und gesetzlichen Normen in Deutschland nicht entspreche. Würde ich besser in der Gesellschaft integriert sein, wenn ich meine Herkunft leugnen würde, wenn ich mein Kind nicht Eray sondern Claus oder Markus nennen würde ? Ich glaube kaum ! Meine Wurzeln sieht man mir an, die wird man auch meinem Kind ansehen.
Dies sollte man jedoch als Bereicherung sehen, und es nicht als abschreckend betrachten. Ich für meinen Teil vereine das beste aus beiden Kulturen in mir und möchte das auch nicht missen. Natürlich interessiere ich mich auch für die Politik in der Türkei, jedoch bleiben wir mal bei den Tatsachen, da kann der Herr Erdogan erzählen was er möchte, die Probleme sind hier in Deutschland sind hausgemacht und werden auch in Deutscland zu lösen sein, daran kann eine Veranstaltung wie diese nichts ändern.
Irgendein Kommentar hier in dieser Diskussion sagte ungefähr aus, wenn man in der Türkei versuchen würde, seinen Glauben als Christ ausleben zu wollen, würde man gelyncht werden. Diese Person weiss leider nichts über die Türkei, ausser dem was er oder sie aus der Bild Zeitung liest.
Nur ein kleiner Link diesbezüglich :
http://www.antalya.de/nikolaus.htm
Es wird tatsächlich versucht, einen Keil zwischen Christen und Moslems zu treiben, auch wenn sie friedlich nebeneinanderherleben , so wie ich es mit meinen Nachbarn seit über 30 Jahren tue. Sie gratulieren mir zum Zuckerfest, ich wünsche ihnen frohe Weihnachten, wo liegt da das Problem ? Jeder rennt dem anderen zur Hilfe, wenn es notwendig ist, unabhängig vom Glauben oder der ethnischen Herkunft.
Was ich immer wieder interessant finde, ist die Tatsache, dass in den meisten Fällen Probleme mit "Ausländern", "Andersgläubigen" von solchen Leuten thematisiert werden, die selber noch nie in Kontakt mit diesen gestanden haben. Wer sich aktiv mit mir auseinandersetzt, wird relativ schnell erkennen, dass ich dieselben grundsätzlichen Normen und Werte vertrete, wie jeder andere unter Ihnen auch. Der Unterschied liegt nur darin, dass ich schwarze Haare habe, türkischer Abstammung bin, einen anderen Glauben vertrete.

QuoteScoutHH (10.2.2008, 21:02 Uhr)

Türkei nicht in EU!!!

Der Auftritt von Erdogan in Köln bestätigt erneut:
Die Türkei darf niemanls in die EU kommen. Frankreich wird hierfür sorgen. Vive la France!

Quotemanesse (10.2.2008, 20:20 Uhr)

Freunde von mir

sind Deutsche türkischer Abstammung. Sie haben nach dem Tod ihrer Eltern ihre dortigen Immobilien verkauft, weil für sie die Türkei kaum mehr als ein Urlaubsland ist. Ihre türkische Staatsbürgerschaft haben sie im Tausch gegen die deutsche aufgegeben. Die Kinder der beiden, inzwischen junge Erwachsene, sprechen als Muttersprache deutsch. Türkisch können sie nur ein bisschen. Englisch viel besser, weil sie gerne in den USA Urlaub machen. Meine Freunde und ihre Kinder sind Deutsche via Pass und per Assimilation. Sie lassen sich von einem Ministerpräsidenten aus dem Ausland selbstverständlich nicht vorschreiben, wie sie zu leben und wie sie sich in den Gegebenheiten ihres Heimatlandes Deutschland einzurichten haben. Die gesellschaftlichen Veränderungen in der Türkei empfinden meine Freunde als Rückschritt. Erdogans Reislamisierungspolitik hat sie vollends der Türkei entfremdet.


[etc.]


Aus: "Erdogan in Köln - Türkische Wahlshow in Deutschland" Von Zacharias Zacharakis, Köln (10. Februar 2008)
Quelle: http://www.stern.de/politik/deutschland/:Erdogan-K%F6ln-T%FCrkische-Wahlshow-Deutschland/610484.html?id=610484&ks=1 (http://www.stern.de/politik/deutschland/:Erdogan-K%F6ln-T%FCrkische-Wahlshow-Deutschland/610484.html?id=610484&ks=1)


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Quote[...] "Das türkische Volk ist ein Volk der Freundschaft und Toleranz" ... "Wo es hingeht, bringt es nur Liebe und Freude" .... "Assimilierung ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit"Ministerpräsident Recep Tayip Erdogan, während seines Besuches in der Bundesrepublik im Februar 2008.

Als Vorreiter von Zwangsislamisierung in Europa hat der Generalsekretär der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), Tilman Zülch, heute die Türkei bezeichnet. In keinem anderen europäischen Land werden Sprachen und Kulturen der Minderheiten im Namen der dominierenden Staatsnation so massiv unterdrückt und verfolgt, wie in der Heimat des türkischen Ministerpräsidenten.

Während der türkische Ministerpräsident Recep Tayip Erdogan jetzt eigene Schulen für türkische Migranten in Deutschland fordert, existiert in der Türkei nicht eine einzige kurdische Schule für eine Bevölkerung, die bereits seit einem Jahrtausend vor der türkischen Besiedlung im Lande ansässig ist und die immer wieder die Eröffnung eigener kurdischer Schulen fordert. Nach Schätzungen der GfbV werden für die etwa drei Millionen kurdischen Kinder im türkischen Kurdistan mindestens 10.000 Schulen benötigt. In diesen müsste, auch nach Auffassung internationaler Minderheiten-Experten, kurdische Sprache und Geschichte auf allen Ebenen neben der türkischen Staatssprache gelehrt werden. Zum Vergleich: In Irakisch-Kurdistan (etwa 4 Mio. Einwohner) gibt es 5303 kurdische Schulen, davon 58 Assyro-Aramäische und - in Arbil - 16 turkmenische Schulen.

In der Türkei werden kurdische Publikationen verboten oder ihre Veröffentlichung wird kontinuierlich von türkischen Behörden, Militärs und Gerichten behindert. Das Erscheinen der einzigen kurdischsprachigen Tageszeitung "Azadiya Welt" wird immer wieder unmöglich gemacht, ihr öffentlicher Vertrieb ist strikt untersagt. Nahezu alle ihre Mitarbeiter verbrachten mindestens ein Jahr in türkischen Gefängnissen. Ihr Chefredakteur Vedat Kursun wurde vor wenigen Tagen, am 06.02.2008, festgenommen und befindet sich bis zum heutigen Tag in Haft. Hunderte kurdische Autoren wurden in der Türkei verurteilt oder sind angeklagt, weil sie über kurdische Geschichte, Kultur oder Sprache geschrieben haben. Zuletzt wurde ein Buch des in Deutschland lebenden Schriftstellers Yilmaz Camlibel verboten, der die Geschichte eines der drei von Kemal Atatürk blutig niedergeschlagenen kurdischen Aufstände beschreibt. Etwa zwei Millionen kurdischen Flüchtlingen wird die Rückkehr in ihre zerstörten Dörfer bis heute verwehrt.


Aus: "Türkei: Europas Vorreiter in Sachen Zwangsturkisierung: Türkischer Alltag für 15 Millionen Kurden: Folter, Inhaftierung, Mord, Massenvertreibung - Zwangsassimilierung" PRESSEMITTEILUNG (Gesellschaft für bedrohte Völker
Postfach 2024, D-37010 Göttingen, 12. Februar 2008)
Quelle: http://www.gfbv.de/pressemit.php?id=1166&PHPSESSID=43924ca4dd0407068ecde28ad773342a (http://www.gfbv.de/pressemit.php?id=1166&PHPSESSID=43924ca4dd0407068ecde28ad773342a)


Title: [Unendlich viele Spiegelungen... (Eigenheit, Fremdheit, Wirklichkeit)]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 12, 2008, 03:56:44 PM
Quote[...] Die Literatur ist ein Experimentierfeld für unendlich viele Spiegelungen dessen, was wir Wirklichkeit nennen. Das Diverse und Geschichtete der Wirklichkeit lässt sich mit literarischen Mitteln adäquater darstellen als mit wissenschaftlichen Vorgehensweisen. Der Schriftsteller kann sich im Gewand seiner literarischen Figuren zu dieser oder jener Position und Haltung, und auch Verfehlung und Irrationalität bekennen.

Der Wissenschaftler dagegen hat diese Möglichkeit zur Travestie, zum Spiel und Rollentausch nur sehr eingeschränkt. Er sieht sich zur Darlegung der Position, von der aus er spricht, zur argumentativen und rationalen Erörterung der beschriebenen und gedeuteten Wirklichkeit genötigt. Zugleich ist die heutige, telekommunikativ, ökonomisch, politisch und kulturell vernetzte Welt in jedem Augenblick als ganze in unserem Blick, so dass alle herkömmlichen strikten Aufteilungen und Zuteilungen von Wirklichkeitssegmenten zu den Wissenschaften hinfällig geworden sind.

[...] Wir sind heute mehr denn je in der Lage, die Verschiedenartigkeit und zugleich Begrenztheit unserer Konstruktionen von "Wirklichkeit", von "Eigenheit" und "Fremdheit" zu erkennen. So kommen nicht nur die Ethnologen, sondern auch Vertreter der unterschiedlichsten Disziplinen, zu dem gleichen Ergebnis, dass wir die vertraute, die vermeintlich "eigene" Wirklichkeit genauso wie den Fremden  erfinden, ihn exotisieren oder erniedrigen, ihn entsprechend unseres eigenen Blicks und unseres Bildes vom Menschen formen. Der Fremde ist für sich selbst, wie jeder von uns, ein "Eigener". Seine Fremdartigkeit ist ein Konstrukt aus vielen Projektionen und Zuschreibungen.

Unerschöpflich ist die Phantasie der Menschen im Erfinden immer neuer Eigenschaften, durch die sie sich von Angehörigen anderer Gesellschaften unterscheiden möchten. Die europäische Geschichte offenbart eine große Fülle deformierender Spiegel, in denen sich der Europäer in seinen eigenen Verzerrungen, Verdrängungen und Erfindungen anschaut.

Zu den schillerndsten Spiegelungen zählen diejenigen des Barbaren, des Wilden, des Teufels und des Juden - allesamt Manifestationen von Ausgrenzung und Verbannung; Trugbilder, um eine eigene Identität herauszubilden, was im Falle Europas ein Kunststück war, besitzt Europa doch weder eine einheitliche ethnische Herkunft noch eine verbindliche Kultur und Sprache. So trafen sich alle Bestrebungen einer europäischen Bewusstseinsbildung und Geschichtsschreibung in der Konstruktion von Gegensatzpaaren, wobei der Barbar und der Wilde die dauerhaftesten Mythen darstellen. Bezeichnete man zu Anfang einen jeden, der nicht fließend Griechisch sprach, der "stammelte", als Fremden, erfuhr diese Ausgrenzung durch das Theater sehr bald eine metaphorische und bildreiche Vielgestaltigkeit, so dass sich fortan der Fremde mühelos mit Inzest, Verbrechen und Menschenopfer in Verbindung bringen ließ.

Unserem Bild von dem Griechen und dem Europäer liegen nicht haltbare Abstraktionen zugrunde: Weder lässt sich eine ursprüngliche Reinrassigkeit konstruieren, noch erfüllten in Wirklichkeit die griechische Polis und Demokratie unsere Vorstellungen von Gleichheit und Freiheit. Ihre Absetzung von der asiatischen Gewaltherrschaft entbehrt jeder Grundlage, genauso wie ihre vermeintliche Überlegenheit in Bildung und Kunst. Es ist gerade die Mehrkulturalität - die Produktivkraft, die jeder kulturellen Begegnung innewohnt -, die Europa entstehen ließ. Der Fremde war dabei stets nur eine Fiktion, um aus der Vielgestaltigkeit eine Einheit zu konstruieren, von der man zu jeder Zeit glaubte, dass sie für das eigene Selbstwertgefühl unabdingbar sei.

Nur die Zuschreibungen des Andersartigen, Minderwertigen und Teuflischen wechselten und trafen dabei auch Gruppen und Ethnien, die bis zu einem bestimmten Zeitpunkt entscheidend zum Aufbau einer Gesellschaft beigetragen hatten und als integere Bestandteile angesehen wurden. Die Historiker haben dies am Beispiel der Juden gezeigt, die bis ins elfte Jahrhundert vollkommen in die Gesellschaften integriert waren. Keine fanatischen, irrational agierenden, einzelgängerischen Ignoranten beraubten die Juden ihrer Verdienste als Gründungsmitglieder des heutigen Europa; es war die Kirche, die den Mythos eines "inneren Feindes" ins Leben rief, dem dann jedes kollektive Unheil ungeniert angelastet werden konnte.

Ob im Spottbild des angeblich typischen Juden, Schwarzen und Asiaten oder im Klischee des Heiden, des Ketzers und Ungläubigen - stets verschwindet der andere Mensch spurlos in einem Mythos, in einer Erfindung, in einer Erzählung und kann dann als Zerrbild wieder angeschaut und zur weiteren Selbststabilisierung benutzt werden. Dieser Prozess ist bis heute nicht abgeschlossen. Täglich erfinden die Menschen den Fremden neu; machen sich ein Bild von ihm, so, wie es dem Stand der eigenen Kultur und den Erfordernissen der Gesellschaft entspricht.

[...] Die Wirklichkeit wird in immer ausgeklügelteren medialen Inszenierungen als Spielform, als eine Art Chatroom vorgeführt. Hiervon geht ein Sog aus, der alle Verhaltensweisen der Menschen im Alltag betrifft, zumindest tangiert. Jede individuelle Handlung und jede noch so persönlich erscheinende Haltung ist den einwirkenden medialen Kräften ausgesetzt. Das Fern-Sehen und Mehr-Sehen ist nicht gleichzusetzen mit einem Mehr-Wissen oder gar Intensiver-Fühlen. Die Medien totalisieren und fragmentarisieren die Wirklichkeit gleichermaßen: sie produzieren die Illusion  einer  Welt, und sie verkürzen jedes gelebte Leben auf Bild-Einstellungen; das  Disparate  wird übersichtlich visualisiert und das  Einheitliche  in Sequenzen zerlegt, das Dramatische entdramatisiert und das eher Belanglose dramatisiert.

Die Moderne ist besessen von dem Wahn, alles sichtbar und hörbar zu machen, keinen Augenblick der Informationslosigkeit entstehen zu lassen, das Fernste in die Nähe und das Nahe in emotionale Ferne zu rücken. Nähe und Ferne werden hergestellt und stehen nicht mehr in einem organischen und emotional gewachsenen und angemessenen Verhältnis zueinander. Das Raum-Zeit-Kontinuum ist gedehnt. Hier und Dort sind zu austauschbaren Größen geworden; unbestimmt und fragil.

Nimmt man zum Beispiel eine Fahrt auf der Autobahn, einen Gang durch den Supermarkt, die Flug-Abfertigung oder die Art und Weise, in der ein Bankautomat zu bedienen ist: es sind vor allem Begegnungen mit Zeichensystemen, weniger mit Menschen. Hinweisschilder geben uns Auskunft über das, was wir tun sollen oder was wir sehen; Computer sprechen uns scheinbar persönlich an - etwa mit dem Satz "Ihr Vorgang wird bearbeitet" - und doch sind damit alle Kunden gemeint.

[...] Befragt man die Zuschauer eines Films, so wird man in der Regel erstaunt feststellen, wie unterschiedlich sie das Geschehen wahrgenommen haben. Gab es in dem Film besonders heikle Szenen, werden diese von vielen Menschen nur sehr ausschnitthaft registriert worden sein. Stets blenden wir aus unserem Gesichtsfeld aus, was uns nicht erträglich scheint.

Dies gilt prinzipiell auch für den Wissenschaftler. Er konstruiert Modelle, um sich das "Nächste" und das "Fremdeste" begreifbar zu machen. Er versucht im Idealfall, seine blinden Flecken zu verkleinern, seine kulturspezifischen Einstellungen und Beurteilungskriterien in ihrer verzerrenden Auswirkung so gering wie möglich zu halten. Seine Forschung wird jedoch nicht dadurch objektiv, dass er sich als Teil der Beobachtungs- und Erkenntnissituation ignoriert, sondern in dem Maße, wie er diese Abhängigkeiten thematisiert, sie ausdrücklich mit in die Untersuchung einbezieht.

Auch der "Empiriker" erklärt immer seine eigenen Erklärungen. Wir wissen heute: Aussagen, die der Sozialwissenschaftler und der Ethnologe treffen, sind Aussagen, die sie an sich selbst gemacht haben. Alles, was ihnen von Informanten zugetragen wird, ist bereits für diese Situation bearbeitet, übersetzt, vernünftig formuliert worden. Jedes allgemeine Wissen trägt die Spuren solcher Veränderungen und verdeckter Daten. Fremderklärungen entstehen im Spannungsfeld des Sprechens, des Dialogs mit andern Menschen und des Selbstgesprächs, der Selbstverständigung. In jedem und aus jedem Text sprechen viele Autoren . Jeder Text ist ein dichtgewobenes Bündel von Perspektiven und Sprachen: ein Zentrum vieler Blicke und Einstellungen.

Ob Ethnologe, Soziologe oder Geschichtswissenschaftler - jeder von ihnen löst Bewegungen aus dem alltäglichen Geschehen heraus, deutet sie im Zusammenhang der jeweiligen Kultur, der sozialen, politischen und symbolischen Ordnungen und Unbewussten Strömungen und überträgt sie in ein erzählerisches Universum.

Es gibt also keine von den Phantasien und Wünschen ablösbare, bloß vernünftige Annäherung an die Wirklichkeit. Stets können wir uns nur schrittweise vom eigenen Blick lösen. Wir können keinen objektiven Standpunkt setzen oder voraussetzen. Alles spielt sich im emotionalen und geistigen Zentrum des Beobachters, in seiner inneren Welt ab. Es besteht eine Resonanzbeziehung zwischen Beobachter und Beobachtetem - der Ethnopsychoanalytiker Georges Devereux hat in seiner Studie Angst und Methode in den Verhaltenswissenschaften dafür die prägnante Formel gefunden. "Jede Beobachtung ist eine Beobachtung am Beobachter."

[...] Jede Wissenschaft und jeder Text liefert immer nur begrenzte und angenäherte Darstellungen der Wirklichkeit, auch wenn viele Autoren uns glauben machen wollen, sie vermittelten  die  Wirklichkeit. Durch jede Wirklichkeitsdarstellung zieht sich eine terra incognita, ein unbekanntes Land, dessen Grenzen wir allerdings beständig verschieben, verzerren - und entzerren können.

In früheren Jahrhunderten ließen weitsichtige Forschungsreisende auf den Landkarten, auf denen sie ihre Reisen verzeichneten, im Umfeld der von ihnen besuchten Gebiete weiße Stellen frei. Das war die terra incognita, über die sie nichts zu sagen vermochten. Vielleicht können die Wissenschaftler in der Achtung vor dem Unbekannten von den Reisenden lernen.



Aus: "An den Schnittstellen von Geschichte und Geschichten" Von Hans-Jürgen Heinrichs (25.12.2007)
Quelle: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/essayunddiskurs/714615/ (http://www.dradio.de/dlf/sendungen/essayunddiskurs/714615/)

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Quote[...] Hans-Jürgen Heinrichs, geboren 1945, hat als Kulturtheoretiker ein umfangreiches Werk vorgelegt. Der mehrfach ausgezeichnete Autor und Publizist unterrichtete Ethnologie und Psychoanalyse an verschiedenen Universitäten. Er lebt in Frankfurt am Main. 2002 erhielt er den "Preis für Dialogisches Denken".


http://www.perlentaucher.de/autoren/2525.html (http://www.perlentaucher.de/autoren/2525.html) (Stand: 02/2008)

Title: [Zorn sei ein befreiendes Gefühl... (Notiz, Westergaard, Giordano)]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 18, 2008, 03:27:41 PM
Quote[...] Zorn sei ein befreiendes Gefühl, sagt Kurt Westergaard über seine Reaktion auf einen Mordplan von Islamisten, weil er den Propheten Mohammed als finsteren Gesellen mit gezündeter Bombe im Turban gezeichnet hat. Nach drei Monaten mit wechselnden Verstecken unter Aufsicht des Geheimdienstes PET lässt der 73-jährige Däne diesem Zorn jetzt in Interviews freien Lauf.

"Ich bin zu alt und starrköpfig, um mich noch zu beugen", sagt Westergaard in Kopenhagen beim TV-Sender DR und begründet seine Wut: "Fanatiker haben mich bedroht und zum Tode verurteilt, nur weil ich meine Arbeit getan und dänische Grundwerte verteidigt habe." Dass der Verdacht der Geheimdienstler gegen drei in seiner Heimatstadt Århus lebende Zuwanderer aus Marokko und Tunesien stichhaltig war, steht für ihn außer Frage: «PET hat mir das Leben gerettet und ist jetzt eine ganz wichtige Autorität in meinem Leben."

Auf Fragen nach dem Hintergrund für seine und elf weitere Mohammed-Karikaturen in der Zeitung "Jyllands-Posten" vor zweieinhalb Jahren antwortet Westergaard in einem für die scharfe dänische Ausländerdebatte nicht untypischen Grundton: "Es muss wohl richtig sein, dass man eine der fürchterlichsten Bedrohungen auf der Welt kommentiert." Terroristen würden "nun einmal ihre Munition vom Islam bekommen".

Dass sein Kommentar mit der Bombe und auch noch einem islamischen Glaubensbekenntnis auf dem Mohammed-Turban Muslime in aller Welt auf die Straße gebracht hat, könne er nicht als eigene Verantwortung akzeptieren: "Der Zusammenstoß zwischen beiden Kulturen wäre auf jeden Fall gekommen. Unsere materiell überlegene westliche wird ihn gewinnen."

Solche Überlegungen hat Westergaard aber erst nachträglich angestellt. Als die betont islamkritische Zeitung "Jyllands-Posten" 2005 bei ihm wie bei anderen Zeichnern anfragte, ob er nicht den im Islam mit einem Abbildungsverbot versehenen Mohammed nach eigenen Vorstellungen porträtieren wolle, war das für ihn "einfach ein Auftrag wie jeder andere": "Ich hab es dann so angelegt, dass es in Dänemark funktionieren sollte."

Funktioniert hat in Dänemark schon seit den 90er Jahren ein rauer Grundton gegen die "Fremden", wie Zuwanderer umgangssprachlich genannt werden. Erst im November wählte die Bevölkerung zum dritten Mal eine Regierung mit betont harter Ausländerpolitik als "Markenzeichen". Westergaard sieht seine Mohammed-Zeichnung als "Beitrag zur Verteidigung der Meinungsfreiheit".

Der persönliche Preis dafür ist hoch. Im Fernsehen musste sich der Karikaturist fragen lassen, ob er sich mitverantwortlich fühle für den Tod von 150 Menschen bei den Protesten gegen seine und die anderen Karikaturen. Das tue er nicht, und er bereue auch nichts, antwortete er. Auf sein Leben mit Umzügen zwischen wechselnden Geheim-Wohnungen im In- und Ausland habe sich eine "trübgraue Depression" als Grundstimmung gelegt.

Zwar fühle er sich nach der Festnahme der drei Verdächtigten nun "ziemlich sicher". Er wisse aber, dass seine Auftritte "einerseits vielleicht präventiv wirken, vielleicht aber auch zu neuen Bedrohungen inspirieren": "Diese Sache wird mich bis an mein Lebensende verfolgen, das ist klar."

QuoteDimitriVolkov, 15.02.2008 um 15:16


Kampf der Zivilisationen?

Zu dem Thema fallen mir zwei Zitate, beide von der gleichen Person ein:

Wir haben nicht einen einzigen Juden gesehen, der sich in einem deutschen Restaurant in die Luft gesprengt hat.



It is a clash between a mentality that belongs to the Middle Ages and another mentality that belongs to the 21st century. It is a clash between civilization and backwardness, between the civilized and the primitive, between barbarity and rationality. It is a clash between freedom and oppression, between democracy and dictatorship. It is a clash between human rights, on the one hand, and the violation of these rights, on other hand. It is a clash between those who treat women like beasts, and those who treat them like human beings. What we see today is not a clash of civilizations. Civilizations do not clash, but compete.

Dr. Wafa Sultan



Wir sollten uns darauf einstellen, dass es in den nächsten Jahren und Jahrzehnten eher schlimmer als besser wird. Der 11. September hat eindrucksvoll gezeigt, wozu diese Fanatiker in der Lage sind. Ich selbst habe an dem Tag, als die Bombe im RE1 von Aachen nach Hamm platziert war, diesen Zug verpasst, den ich sonst immer ab Düsseldorf nehme.

...


Quotekarl20, 15.02.2008 um 16:56

@Kampf der Zivilisationen, Nummer 9

Wie viele Juden haben Selbstmordanschläge verübt?

Man kann auch anders fragen.
Wie viele Bomben haben Amerikaner, Russen, Deutsche, Briten, Franzosen, Israeli, usw. bisher verpulvert oder verpulvern gerade welche. Wie viele Zivilisten, Frauen und Kinder haben diese ach so aufgeklaerten Geister auf dem Gewissen? Die Antwort ist Millionen und Abermillionen.

Ja, Islamisten und Co sind ein Haufen Geisteskranker und/oder ausgesprochene Arschloecher (wurden ja zum Teil vom Westen gefoerdert), aber Geisteskranke und/oder Arschloecher gibt es bitte ueberall sonst auch, in den USA, Russland,  Lateinamerika, BRD, Oesterreich, Schweiz, Liechtenstein, usw.

Insofern ist das statement von Dr. Wafa Sultan ebenso belanglos wie der Clash of Civiliations. Und uebrigens, ein nicht unwesentlicher Teil im Westen ist ja mental auch noch nicht viel weiter als im Mittelalter. Vor diesen arroganten Zivilisations Idioten (die sollten mal darueber meditieren wo Zivilistaion enstanden ist) fuerchte ich mich mehr als vor irgendeinem Moslem.


Quote[...] kaimbecker, 15.02.2008 um 16:28

""Wie viele christliche Fundamentalisten haben Abtreibung durchführende Ärzte enthauptet?" fragte DimitriVolkov.

Enthauptet meines Wissens noch nicht, aber erschossen, erstochen und in die Luft gesprengt, und zwar in der sogenannten Führungsnation unserer westlichen Welt, in den USA.

Es ist durchaus nicht so, dass gewaltätiger Fanatismus nur im Islam vorkäme.




Quotebrux, 15.02.2008 um 16:52


Kirche

Wir sollten nie vergessen, dass wir selbst Jahrhunderte gegen die klerikale Idiotie gekämpft haben (und es noch immer tun, wenn reaktionäre Gestalten wie Ratzinger ihr Haupt erheben). Warum sollte man mit dem Islam kulanter verfahren?

Religion ist Ideologie, und Ideologie macht dumm.


Quotehans1066, 15.02.2008 um 17:07

Die Fundamentalen Christen....

... die Abtreibungsaerzte ermordet haben, sitzen aber alle lebenslange Haftstrafen ab.
Also ein Unterschied zu den Siegesfeiern, die bei Selbstmordattentaetern immer zu sehen sind und ein Beweis dass die Saekularisierung und Gewaltenteilung in USA funktioniert.

Hannes


Quotehajofe (nicht überprüft), 15.02.2008 um 18:47

mein mitleid hält sich in grenzen

Dass die fraglichen Karrikaturen erschienen sind, ist ein Zeichen von Pressefreiheit; dass sie gezeichnet wurden, eines von Anstand- und Respektlosigkeit. Diese Karrikaturen waren eine Beleidigung für sehr viele Gläubige und Beleidigungen sind durch nichts zu rechtfertigen; insbesondere nicht solche, die gegen die Weltanschauung anderer gerichtet sind. Wenn wir uns von diesem Grundprinzip menschlichen Miteinanders verabschieden, ist dadurch mehr verloren, als durch die Verteidigung der Pressefreiheit je gewonnen werden könnte.
Niemand muss Muslime mögen, aber deren Religion zu beleidigen ist unanständig. Es führt nicht weiter, aufzurechnen welche Religion mehr Unheil gebracht hat. Jeder kann glauben was er will! Jeder kann selbst entscheiden ob er Christ, Moslem oder Buddhist wird, ob er sich dem Nihilismus verschreibt, Scientology beitritt oder seinen Lebenssinn in liechtensteiner Bankkonten sieht. Jedem das seine! Wer das in Frage stellt, braucht von Aufklärung und Mittelalter nicht zu reden.
Kritikwürdig (und ggf. sogar bekämpfenswert) wird es erst, wenn Menschen aufgrund ihrer Weltanschauung die Freiheit anderer einschränken. Man kann Islamisten ausweisen, man kann die Taliban bekriegen, man kann in Köln gegen den Bau von Moscheen sein -- aber man kann Muslime nicht beleidigen, weil sie Muslime sind (und jeder intelligente Mensch weiß, dass er das tut, wenn er Mohammed karrikiert!). Man braucht den Papst nicht zu mögen und kann Nächstenliebe für Schwachsinn halten, einen gläubigen Christen deswegen als rückständig zu verteufeln, ist eine zwischenmenschliche Frechheit.
Terroristen gehören hinter Gitter weil sie Terroristen sind; hinter den Gittern können sie weiterhin glauben, was sie wollen. Man sollte auf keinen Fall jedes Handeln tolerieren, aber man muss jeden Glauben tolerieren, solange er andere nicht schädigt. Wer dieses Prinzip verletzt und andere Menschen dadurch tief beleidigt, muss mit den Konsequenzen leben! Das heißt natürlich nicht, dass ich Attacken auf die Gesundheit des Karrikaturisten goutiere, aber ein wenig Fähigkeit zur kritischen Selbstreflexion würde ich diesem Herrn doch wünschen.


QuoteCrusader, 15.02.2008 um 19:20

[@hajofe]

was für ein mentales Delirium.
Der Kommunismus (Gottlosigkeit) beleidigte ununterbrochen die anderen Religionen - meist die Orthodoxen. Und dennoch zündeten die orthodoxen Christen keine lokale KPdSU Zentrale an. Zum Schluss, ohne viel Krach ist der Kommunismus verschwunden und die genügsamen Gläubigen verziehen den Gottlosen ihre vergangenen Monstrositäten...
Der Islam, besitzt diesen Charakterzug nicht.


Quotemcfly71, 15.02.2008 um 19:21

Bravo Karl, sie haben es auf den Punkt gebracht! Als wahrhaft aufgeklärter Geist hat man sich heute nach Art eines abgeschmackten Rambo-Streifens zu entscheiden: Gut gegen Böse; Schwarz gegen Weiß! Wer sich da der Wahrheit zu Liebe nicht auf die Seite der sogenannten Guten schlägt, darf sich sogleich in einem Topf mit Fanatikern und Antidemokraten wieder finden. Die Paranoia dieser Gesellschaft ist mit beiden Händen zu greifen. Wenn man diese Beiträge hier liest, könnte man meinen die Muselmanen stünden vor den Toren Wiens. Nur leider ist es genau umgekehrt und "wir" stehen vor den Toren Teherans! Dazu kommt noch eine unerträgliche Heuchelei. Schon gewußt, dass erst kürzlich GB+ USA den Saudies einmal mehr Kriegsgerät verkauft haben? Waren sie schon mal auf einer Rüstungsmesse in den Emiraten? Nun, ich kann ihnen sagen, dass Messerschmidt und Konsorten das Geschäft ihres Lebens dort machen! Aber anschließend sich beschweren, wenn einem diese Dinger irgendwann auf die eigene Birne fallen. Schon vergessen, dass die Taliban von den USA mit aufgebaut wurden - damals hießen sie noch Freiheitskämpfer! Wer kennt heute noch die Sandinistas in Lateinamerika? Aber auch diese Quid Pro Quo Formel geht mir unheimlich auf den Zeiger! Nur weil also in Saudi Arabien(übrigens die Freunde des Westens!) keine christlichen Kirchen erlaubt sind, so dürfen hier keine Moscheen stehen. Was ist das denn für ein kleingeistiges Denken, wenn ich mich genauso verhalte wie ein Haufen beschränkter Mullahs?!Warum sollen wir uns auf das gleiche Niveau begeben, wenn wir´s besser können?! Zuletzt haben sie sich schon einmal Gedanken darüber gemacht, wieviele Asylbewerber, die in Europa + USA vor diesen Barbaren die Flucht ergreifen, abgewiesen werden und zurück in die Arme der Fanatiker zurück getrieben werden?!...

Wir sind ein Haufen Maulhelden und Zivilisationsbombasten, die nur einmal mehr eine neue Hassfigur brauchen! Denn hassen ist doch soviel einfacher und lenkt nur schön von den wahren Verhältnissen ab! Ihnen Karl wünsch ich weiterhin ihren kritischen Geist, der mir wohl demokratischer scheine, als eine Hysterie in Permanenz!


Quotehajofe (nicht überprüft), 15.02.2008 um 21:25

Nur um es ganz klar zu sagen: rücksichts- und meist auch geschmackloser Umgang mit religiösen Gefühlen lehne ich auch unter dem Deckmantel der Kunstfreiheit ab -- und zwar gleichgültig auf welche Weltanschauung sie dies beziehen mag. Vermutlich sehen einige mittelmäßig begabte Künstler ihre einzige Chance Aufmerksamkeit zu erregen darin, mit den (vermeintlich) letzten Tabus unserer Gesellschaft zu spielen. Die eigene kreative Unzulänglichkeit wird dann zum gesellschaftspolitischen Märtyrertum aufgebauscht -- bemitleidenswert und inakzeptabel.


Quotemolinocampo, 15.02.2008 um 22:31

Me or you?

At a lunch last year celebrating his 25th anniversary with
Jyllands-Posten, Kurt Westergaard told an anecdote. During World War II
Pablo Picasso met a German officer in southern France, and they got
into a conversation. When the German officer figured out whom he was talking

to he said:

"Oh, you are the one who created Guernica?" referring to the famous
painting of the German bombing of a Basque town by that name in 1937.
Picasso paused for a second, and replied, "No, it wasn't me, it was you."


QuoteSachse370, 15.02.2008 um 22:43

Nach dem Bekanntwerden

der Mohammed-Karikaturen haben die Muslime in Nigeria 40 Christen ermordet.
Wer ist schuld?
Westergaar natürlich. Die Mörder, die Muslime, können ja gar nicht schuldig sein.
Oder?


Quoteelturco, 15.02.2008 um 23:31

noch nicht genug gehetzt?

eregt euch die hetzerei?

habt ihr keine anderen probleme als hetzen?

jeder kann jede religion beschmutzen aber normale menschen machen so etwas nicht.

keine religion sollte pauschal beleidigt werden damit meine ich nicht die karikatur sondern die user die hier nur am beleidigen sind.

ich würde gerne einmal wissen wieviele user hier überhaupt einschätzen können was religion bedeutet.

jede religion kann so ausgelegt werden als würde sie nur hass predigen aber auch so ausgelegt werden das es nur frieden und liebe abverlangt.

aber für manch ein user ist der islam gleich terror weil einige fundamentalisten der glaubensrichtung ihre kranken phantasien in die religion hinein interpretieren.

aber das ist nicht nur im islam so , es gibt genügend beispiele auch bei den christen oder hindus oder auch juden.


QuoteElysium1980, 15.02.2008 um 23:38

Der christliche Fundamentalist Bush hat vor der UN die gesamte Weltöffentlichkeit belogen und einen Krieg gegen ein muslimisches Land angezettelt, dem mittlerweile hunderttausende zum Opfer gefallen sind. Wohlbemerkt waren über 99 % der Opfer unschuldige Muslime, die rein gar nichts mit Saddam oder den Islamisten zu tun hatten. Bush hat sehr genau gewußt, das er den Irak destabilisiert und in einen elendigen Bürgerkrieg stürzen wird - Aber das war Ihm und seinen christlichen Verbündeten scheißegal. Ihnen ging es nur darum, Ihren Blut- und Öldurst zu befriedigen.
Wir sind schon mitten im Krieg der Kulturen, angezettelt von einem muslimischen Wahnsinnigen, der in einer Höhle hockt und einem christlichen Wahnsinnigen, der in einem weißen Haus hockt.

@elturco: Sie sprechen die Dinge an, die ich denke. Ein Mensch ist nicht automatisch schlecht, wenn er einer Ethnie oder Religion angehört - Schlecht macht einen Menschen einzig und allein sein Charakter.

Nur bewerten hier einige Kommentatoren Menschen nicht nach Ihrem Charakter - Sondern nach Ihrer Ethnie oder Religionszugehörigkeit. Und mit Ihren Hasspredigten stehen Sie Ihren islamistischen Pendants in nichts nach - Hüben wie Drüben wird nur über den anderen gehetzt bis Schaum vor den Mund tritt und giftiger Schleim das Maul herunter läuft.
Am Besten sollten wir alle Hassprediger - egal ob diejenigen aus den muslimischen Ländern oder aus den christlichen Staaten - Auf eine Insel packen, damit Sie sich dort gegenseitig die Köpfe einschlagen können. Jeder kriegt ein Brett mit einem eingeschlagenen Nagel in die Hand gedrückt und kann damit dem anderen das Leben schwer machen.
Und auf diese Weise können die 99% der Christen und 99% der Muslime endlich wieder in Frieden Koexistieren - Ohne Hass und Zwietracht.


Quotetobiasrueger, 16.02.2008 um 00:09

Der Aufruhr um die Karikaturen...

... legt ein wesentliches Merkmal islamischer Massen offen: Den Hang zu Gewaltausbrüchen gegen Andersdenkende. Vermutlich kennt keiner der Mörder und Brandstifter, die nachdem sie von diversen Rädelsführern aufgrund der - größtenteils gefälschten - Berichte über die nämlichen Zeichnungen zur Gewalt angestachelt wurden, die Fakten. Deshalb ist es falsch, die Zeichner der (originalen) Karikaturen zu beschuldigen.

Der Islam ist anscheinend nicht Weg zu innerer Erleuchtung und Welterkentnis, wie es Religionen vermittelt können, sondern in erster Linie ein Herrschaftskonstrukt, das sich durch Feindschaft gegen alles Fremde speist. Offensichtlich reicht es bereits, nicht Moslem zu sein, den Hass der Islam-Leute auf sich zu ziehen. Wer mehr Energie darauf verwendet, Spötter und Kritiker zu verfolgen, als Schulen und Straßen zu bauen, ist eine Gefahr für unsre Zivilisation. Die Jylands Posten hat den Finger auf die Wunde, die hierzulande so viele so gerne vergessen würden, gelegt.


Quote# globalworx, 16.02.2008

DER SCHUH PASST ! Zurück zum Thema....

Die hier diskutierten Karikaturen beleidigen mitnichten den Islam als Religion und auch nicht alle gläubige Moslems. Sie kritisieren, daß im Namen des Islam Verbechen gegen die Menschheit verübt werden, insbesondere Mord durch Terrorismus.
Und wer kann das bestreiten.

Jenen Moslems, die sich beleidigt fühlten, und daraufhin aus Rache eben gebombt und gemordet haben oder dies noch planen, paßt der Schuh also genau. Die Kritik war und ist also gerechtfertigt.
Und wer kann das bestreiten.

Es gibt aber gläubige Moslems, die sich zwar beleidigt fühlten und fühlen, die aber trotzdem friedlich blieben und bleiben. Sie stellen das Recht auf Leben über das Recht der Scharia.
Und wer kann das bestreiten.

Für mich persönlich sind diese Karikaturen ein wunderbares Lackmuspapier : Sie zeigen, wo es sich um den Islam der Unterwerfung und wo um den Islam des Friedens handelt.
Mission erfolgreich.


QuoteKTDragon, 16.02.2008 um 11:56

@GlobalWorx

America macht auch terror, muss ich Jesus beleidigen?  Nein. mission logische denken


QuoteFlieger51, 16.02.2008 um 15:03

Ob Karrikaturen eine Beleidigung sind, ist vor allem eine Frage der Rechtssprechung. Und liebe Leute, Kunst- und Meinungsfreiheit sind in demokratisch laizistischen Staaten ein hohes Gut, können aber mit anderen Rechtsgütern in Konflikt geraten.

Das ist aber keine Frage für bornierte Fanatiker und gewaltanwendenden Religions- und anderen Pöbel, sondern eine für Gerichte.


Quotelone15, 16.02.2008 um 16:45

Kritikfähig sein

Definition der Karikatur :

"Die Karikatur übertreibt bewusst, spitzt zu und verzerrt
charakteristische Züge eines Ereignisses oder einer Person, um durch
den aufgezeigten Kontrast zur Realität und die dargestellten
Widersprüche den Betrachter der Karikatur zum Nachdenken zu bewegen."

Zum Nachdenken bewegen ! 

Es geht um Kritikfähigkeit... (und auch ein bisschen um Humor).
Klar macht das keinen SpaB, sich selbst kritisch zu betrachten.


Quoteelturco, 18.02.2008 um 07:58

gewalttaten von fundamentalisten verurteile ich.
ich verurteile den bombenlegenden "moslem" in israel genau wie ich all die anderen gewalttäter verurteile.

aber ich würde gerne auch einige kommentare sehen wollen wo jeder gewalttäter verurteilt wird egal welche religionsgemeinschaft oder ethnische herkunft er auch ist.
ich finde es nicht fair das eine religion oder eine ethnie pauschal verurteilt wird.
ich bin ganz ihrer meinung bezüglich das keine religion so schwach ist das mann es mit gewalttaten verteidigen muss.
für mich sind fundamentalisten nur brandstifter und hetzer (egal welche religion) .
ein mensch der gewalt als recht empfindet ist für mich kein religiöser mensch.



Aus: "Ein Däne trotzt den Islamisten" (15.2.2008)
Quelle: http://www.zeit.de/online/2008/08/mohammed-karikaturen-zusammenfassung?page=1 (http://www.zeit.de/online/2008/08/mohammed-karikaturen-zusammenfassung?page=1)

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Quote[...] Noch war der erste Pulverdampf des Kampfes um den Bau einer zentralen Großmoschee in Köln-Ehrenfeld nicht ganz verflogen, da meldete sich auch schon eine spezifische Furcht von bundesweiten Ausmaßen – die Furcht vor einer schleichenden Islamisierung unseres Landes. Sie ist nur zu begründet – lokal, national und international.
Mein öffentlicher Vorstoß gegen den Bau der Moschee vom 11. Mai 2007 in einem vom Kölner Stadtanzeiger initiierten Streitgespräch mit einem Funktionär der Ditib hatte offenbar vielen aus der Seele gesprochen. Anders ist die geradezu sturzflutartige Medienlawine nicht zu erklären, die aufdeckte, wie virulent, überall gegenwärtig und hoch bewusst da etwas vor sich hin geschwelt hat, was von der Politikerklasse über Jahrzehnte hin regierungsübergreifend sträflich verdrängt, hartnäckig geleugnet und immer wieder geschönt worden ist. In Hunderten und Aberhunderten von Briefen, Faxen und Telefonaten an mich hieß es, so einheitlich wie bestürzend: ,,Wir stehen hinter Ihrer Kritik, wagen aber nicht, es auszusprechen, weil wir dann in die falsche, die neonazistische Ecke gestellt werden, wo wir nicht hingehören..."

Auf der ganzen Linie also Triumph des niederträchtigsten aller niederträchtigen Totschlagargumente der ,,political correctness": ,,Wer gegen die Moschee ist oder am Islam Kritik übt und das laut sagt, besorgt die Sache der Nazis von heute." Genau in diese Ecke sollen auch unsere Veranstaltung, ihre Organisatoren und ihre Redner gestellt werden, genau damit sollten auch wir erpresst werden. Darauf eine klare, unmissverständliche Antwort: Man braucht, verdammt noch mal, kein Überlebender des Holocaust zu sein, um mit bürgerlichem Selbstbewusstsein deutschen Diffamierungsversuchen und muslimischer Drohung couragiert die Stirn zu bieten (sage ich, der gerade im Fadenkreuz beider steht).
Ein Wort zu meinem persönlichen Strauß mit ,,Pro Köln". Als die vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestufte Partei mich mit der Losung ,,Giordano auf Pro-Köln-Kurs" zu vereinnahmen suchte, nannte ich sie ,,die lokale Variante des zeitgenössischen Nationalsozialismus, die, wenn sie könnte, wie sie wollte, mich in eine Gaskammer sperren würde." Was die braune Truppe veranlasste, mit einem Verfahren zu drohen, dem ich, falls es zustande käme, mit freudiger Erregung entgegensehe. An meiner politischen Charakteristik jedenfalls hat sich nichts geändert.
Zur lokalen Dimension: Der wahre Bauherr der zentralen Großmoschee in Köln-Ehrenfeld ist, über ihren verlängerten Arm Ditib, die Religionsbehörde Dyanet in Ankara. Dort ist das Projekt ausgeheckt worden, für mich von Anfang an ein Zeichen der Landnahme auf fremdem Territorium, das Symbol einer integrationsfeindlichen Identitätsbewahrung, eine Kriegserklärung. Das einzig Gute an diesem einen verräterischen Schritt zu weit nach vorn: das durch Fehleinschätzung der Reaktionen unfreiwillige Bekenntnis zu den wahren Absichten hinter der Fassade. Sollte der Bau in seiner jetzigen Gigantomanie tatsächlich hochgezogen werden, so geschähe das gegen den erklärten Willen einer nicht unbeträchtlichen Bevölkerungsmehrheit.
Zur nationalen Dimension: Vor uns liegt der Scherbenhaufen einer Immigrationspolitik, die sich zäh geweigert hat, Deutschland zu einem Einwanderungsland zu erklären und es mit den entsprechenden Gesetzen und Regularien auszustatten. Über Jahrzehnte hin gab es deutscherseits nichts als Hilflosigkeit, Konfliktscheue und falsche Toleranz, das ganze Arsenal gutmenschlicher ,,Umarmer": verinnerlichte Defensive christlicherseits bei den sogenannten ,,interreligiösen Dialogen"; verheerende Nachsicht der Justiz bei Straftaten, bis in den Versuch, Teile der Scharia in die deutsche Rechtsprechung einzuspeisen; überängstliches Vorgehen und wehrloses Wegschauen von Polizei und Verfassungsschutz auf dem Gebiet der Sicherheitspolitik; beängstigende Reserve gegenüber islamischen Organisationen, die den Terror unterstützen, wie auch gegenüber Plänen für eine schleichende Umwandlung westlicher Staaten in eine islamische Staatsform.


[...] Ich werde also auch weiterhin auf meiner kulturellen Selbstbestimmung beharren, auf einer Lebensform, die die meine ist und in mannigfacher Hinsicht mit der islamischen nicht übereinstimmt. Ich werde mich auch weiter abgestoßen fühlen durch verhüllte Frauen, wobei sich meine Abscheu nicht gegen die Frauen richtet, sondern gegen ein religiös dominiertes Patriarchat und seine Verwalter. Auch werde ich meine Ansicht von Meinungsfreiheit nicht einem Ungeist anpassen, der sie so auslegt: ,,Alle haben das Recht, ihre Meinung frei auf eine Weise auszudrücken, die der Scharia nicht zuwiderläuft." Nein und dreimal nein! Ich will sagen dürfen, dass ich die Scharia, das Gesetz des Islam, für notorisch grundgesetzwidrig halte, für einen skandalösen Anachronismus, das Fossil einer überholten geistesgeschichtlichen Epoche und ein schweres Hindernis auf dem Wege zur Reformierung und Modernisierung des Islam. Sie wird von mir genauso selbstverständlich in die kritische Methode einbezogen wie der Koran, die Biografie Mohammeds und das Alte und das Neue Testament. All das und mehr will ich sagen, schreiben und denken dürfen – offizielle Fatwa-Drohung hin, inoffizielle her. Und das unter der Überschrift: Nicht die Moschee, der Islam ist das Problem!
Wo sind wir denn, dass wir uns überlegen müssten, ob unser Tun und Handeln radikalen Muslimen gefällt oder nicht? Wo sind wir denn, dass wir uns in vorauseilendem Gehorsam von religiösen und anderen Fanatikern vorschreiben ließen, was wir veröffentlichen dürfen und was nicht? Wo sind wir denn, dass wir in die Knie gehen vor jenen offenbar jederzeit abrufbaren Zorn- und Empörungskollektiven zwischen Kairo und Bali, die der Streit um die dänischen ,,Mohammed"-Karikaturen uns so drastisch vorgeführt hat? Wie lange sollen wir noch strammstehen vor Traditionen, Sitten und Gebräuchen, die jede Kritik in Beleidigung umfälschen, selbst aber höchst verschwenderisch mit Verbalinjurien gegen Andersdenkende zur Hand sind? Ich wehre mich gegen ein Erpresserpotenzial, das uns unter islamischer Beobachtung halten will und seine Tentakeln von Zentral- und Vorderasien bis in die Mitte Europas ausgeworfen hat, mit dem Motto: ,,Wer nicht kuscht, der lebt gefährlich!"
Ich werde mir aber auch weiterhin von der Seele schreiben, was dabei ist, mich auf meine späten Tage das Fürchten zu lehren: der politische, der militante Islam und seine Funktionsträger, die grüne Blauäugigkeit deutscher ,,Umarmer" und die Sirenentöne der professionellen Taqiyya-Rhetoriker.
Und zum Schluss ein Wort an Kölns politische Spitze, die sich mit einer Überheblichkeit sondergleichen über den immer deutlicher artikulierten Protest einer großen Bevölkerungsgruppe hinweggesetzt hat und sich dabei nicht entblödete, mit den verschämten Korrekturen an der – nach wie vor – Großmoschee nichts als architektonische Kosmetik zu betreiben. Wenn es denn wahr ist, dass auch diese Moschee als eine Fatih-Moschee geplant war, also wie viele andere in Deutschland nach einem osmanischen Eroberer benannt werden sollte, dieses Vorhaben nun aber nach der stürmischen Gegenwehr zurückgenommen würde, so bestätigt sich damit nur eine Taktik der Anpassung, die nichts von der ursprünglichen Absicht dahinter wegnähme: mehr Macht, mehr Einfluss – schleichende Islamisierung.
Ich kann deshalb zum Schluss meiner Rede nur noch einmal an den Oberbürgermeister der Stadt Köln und die befürwortenden Stadträte appellieren, den Bau in Ehrenfeld zu stornieren. Zwischen Hinterhof- und Großmoschee gäbe es viele Abstufungen ohne den Abschreckungseffekt, den der Reißbrettentwurf hervorgerufen hat.
Wenn es denn der Preis sein sollte, ohne Schmusekurs in diesem Konflikt Freunde zu verlieren und persönlich bedroht zu werden, dann bin ich bereit, ihn zu zahlen. Und das, wie bisher, weiter an der Seite so tapferer Frauen wie Necla Kelek, Arzu Toker, Emine Özdamar, Seyran Ates¸, Ayaan Hirsi Ali und aller anderen, aller anderen friedlichen Muslimas und Muslime



Aus: " ,,Nicht die Moschee,der Islam ist das Problem"" von Ralph Giordano -  Eigentlich wollte der Publizist Ralph Giordano auf einer zentralen Kundgebung am 11. September 2007 in Köln eine Rede gegen den Bau der geplanten Großmoschee halten. Die Demonstration wurde aus Sicherheitsgründen abgesagt. Wir dokumentieren seine ungehaltene Rede (2007)
Quelle: http://www.cicero.de/97.php?ress_id=4&item=2125 (http://www.cicero.de/97.php?ress_id=4&item=2125)

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QuoteZitate:

[..] Der Mensch ist meine Passion. Ich glaube nicht an Gott. Ich sage das ohne atheistisch missionieren zu wollen. Ich lasse jedem seinen Glauben, aber ich bin fest davon überzeugt, dass Gott eine Projektion des Menschen ist, nicht dass Gott den Menschen nach seinem Ebenbild, sondern der Mensch Gott nach seinem Ebenbild geformt hat, aus dem tiefen Bedürfnis dieses verletzbaren, körperlich und seelisch verletzbaren, dünnhäutigen Wesens Mensch, aus seinem Bedürfnis, aus seiner Bedürftigkeit nach Gott heraus sucht er jemand, den er ansprechen kann, von dem er Hilfe erwarten kann. - Was kommt nach dem Tod? Nichts! Nichts! Dieses Leben ist das einzige, es hat vorher nichts gegeben, es wird nachher nichts geben. (Fernsehsendung MONA LISA: Männergespräche; ZDF 28. März 1992)


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[...] Giordanos Standpunkt

Am 16. Mai 2007 sprach sich Giordano vehement gegen den Bau der geplanten DITIB-Zentralmoschee in Köln-Ehrenfeld aus. Er sehe die ,,Integration für gescheitert" an, daher sei der Bau der Moschee ,,ein falsches Signal". [7]

In verschiedenen Interviews kritisierte Giordano die massive Präsenz von Vertretern des rechten politischen Spektrums, namentlich von ,,Pro Köln", in der Bürgerbewegung gegen den Moscheebau und bekräftigte seine Kritik an dem Bauvorhaben: ,,Dieses 'Aber mit solcher Kritik begibst du dich in die Nähe der Nazis von heute' ist ein Totschlagargument, das sich bei meinem biographischen Hintergrund von selbst ins Absurde führt. [...] da sind wir bei dem eigentlich Unheimlichen der Situation: Dass nämlich viele Menschen, die meinen Hintergrund nicht haben, die gleiche Kritik an dem Bau der Moschee und an den islamischen Parallelgesellschaften in Deutschland überhaupt, äußern möchten. Das jedoch nicht wagen, eben weil sie fürchten, dann erstens in die rechtsextreme, rassistische neonazistische Ecke gestellt zu werden und zweitens plötzlich die falschen Bundesgenossen an ihrer Seite zu sehen." [8]

In einem am 1. Juni 2007 veröffentlichten sogenannten ,,Manifest zur Verteidigung der Meinungsfreiheit" betonte Giordano, er unterstütze ,,säkularisierte" muslimische Kräfte, die den Weg zu einer echten Integration ebnen wollten. Gleichzeitig unterstrich er, die Scharia sei grundgesetzwidrig und daher ein schweres Hindernis auf dem Weg zur Modernisierung. Gegen ihn ergangene Morddrohungen wegen seiner Kritik am Moscheebau bezeichnete er als ,,Erpresserpotenzial, das uns unter islamischer Beobachtung halten will und seine Tentakel von Zentral- und Vorderasien bis in die Mitte Europas ausgeworfen hat: Wer nicht kuscht, lebt gefährlich." [9]

Am 16. August 2007 äußerte sich Giordano erneut zum Moscheebau. Auf ein Gesprächsangebot der für den Bau verantwortlichen Organisation Ditib reagierte er mit einem offenen Brief, in dem er die Vertreter der Ditib zu Leugnern des Völkermords an den Armeniern erklärte, mit denen er Gespräche ablehne. Die Lehren des Korans erklärte er als mit dem Grundgesetz für unvereinbar: ,,Ich frage mich, wie jemand, dem der Koran, diese Stiftungsurkunde einer archaischen Hirtenkultur, heilig ist, auf dem Boden des Grundgesetzes stehen kann ... Das eine schließt das andere aus." [10]

Einen Tag nach dem landesweiten Tag der offenen Moschee am 3. Oktober 2007 (die Überschneidung mit dem Deutschen Feiertag bezeichneten die Verantwortlichen als gewollt) nannte Giordano die geplante Großmoscheen ,,eine Kriegserklärung" und ,,eine Landnahme auf fremden Territorium". [11]

Nach eigenen Angaben erhielt Giordano Morddrohungen von radikalen Muslimen. [12]

Reaktionen auf Giordanos Standpunkt

Hier werden zustimmende und ablehnende Reaktionen auf Giordanos Stellungnahmen zum geplanten Moscheebau dokumentiert.

Zustimmung:

    * In der FAZ schrieb Necla Kelek, Giordano habe Recht mit seiner Kritik am Moscheebau, da der Islam Politik sei und Politik betreibe. Moscheen dienten nicht der Integration, sondern seien ,,Keimzellen einer Gegengesellschaft". Muslime müssten es sich gefallen lassen, mit der Frage konfrontiert zu werden, "wie sie es mit den Grundwerten dieser Gesellschaft halten", so wie es Ralph Giordano getan habe. [13]
    * Die Publizistin Lea Rosh sagte in ihrer Laudatio anlässlich der Verleihung des Preises für Zivilcourage des ,,Freundeskreises Heinrich Heine" an Giordano am 28. September 2007, dass sie im Hinblick auf seine Kritik an dem geplanten Moscheebau in Köln und der Leugnung des Völkermordes an den Armeniern mit Giordano voll übereinstimme und "jede Zeile" unterschreiben könne. [14]
    * Der Sozialwissenschaftler Hartmut Krauss rief zur ,,Solidarität mit Ralph Giordano" auf. Giordanos begründete Kritik an ,,integrationsunwilligen und antidemokratischen Muslimen" werde von proislamischen Kräften als fremdenfeindlich diffamiert. Der Islam könne nicht den vollen Schutz des Grundgesetzes in Anspruch nehmen, da er mit diesem massiv kollidiere. Zudem handele es sich beim vermehrten Moscheebau nur um Symbolpolitik, da die Anzahl der Moscheebesucher nach Angaben des Zentrums für Türkeistudien geschrumpft sei. [15]
    * Der Zentralrat der Ex-Muslime bezeichnete die Kritik von Publizistenkollegen an Giordanos Standpunkt als ,,Angriffe" und ,,absurd". [16]


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Ablehnung

    * Der Frankfurter Erziehungswissenschaftler Micha Brumlik warf Giordano vor, seine Äußerungen seien ,,stark vorurteilsbeladen", da er von einer radikalen Minderheit auf alle Muslime schließe. [17]
    * Vertreter der Ditib sowie Jugendliche aus dem Umfeld der Organisation reagierten auf Giordanos Kritik mit scharfer Gegenkritik. Sein offener Brief sei von ,,Polemik, Diffamierung und Unkenntnis gegenüber der DITIB, dem Islam und den in Deutschland lebenden Muslimen" geprägt. [10] [18]
    * In der Süddeutschen Zeitung schrieb Matthias Drobinski, Giordano werde durch seine Kritik nicht zum ,,Rechtsradikalen", müsse sich aber sagen lassen, dass ,,in seinen Äußerungen derzeit die Wut regelmäßig den Verstand besiegt". Giordano und mit ihm die Bevölkerungsmehrheit könne es einer Minderheit nicht ,,zur Auflage machen, die Probleme mit der Religion zu lösen, ehe sie ein prächtiges Gebetshaus bauen darf". [19]
    * Der Zeit-Autor Jörg Lau schrieb, Giordano habe ,,die bedenkenswerten Elemente seiner Islamkritik unter so viel wütender Polemik versteckt, dass es schwer ist, sie überhaupt noch zur Kenntnis zu nehmen." Wer die Bevölkerung über Sakralbauten abstimmen lassen wolle, wie Giordano es vorschlage, der könne nicht nur weitere Moscheen, sondern auch neue Synagogenbauten wie in Leipzig und München vergessen. Die Erlaubnis zum Bau einer Moschee sei kein Gnadenrecht, das die Bevölkerungsmehrheit für gelungene Integration verleihe, sondern eine Frage von Religionsfreiheit und Baurecht. [20] Die Kooperation Giordanos mit Udo Ulfkottes Pax Europa bedauert Lau als ,,intellektuellen Selbstmord" und ,,die unrühmliche Abdankung eines Mannes, der einmal ein Aufklärer war". [21]
    * Eberhard Seidel schrieb in der taz: ,,Ralph Giordano [...] vertritt heute ein undifferenziertes Freund-Feind-Denken, und seine Auslassungen sind gefährliche Brandreden, die in der Tradition des Anti-Asyl-Diskurses zu Beginn der Neunzigerjahre stehen. Eine wichtige moralische Instanz demontiert sich selbst. Das ist schade. " [22]


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Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Ralph_Giordano (http://de.wikipedia.org/wiki/Ralph_Giordano) (02/2008)

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Quote[...] Offener Brief an die Friedensbewegung:
,Wider die politische Naivität'

An die Friedensbewegung,
an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Friedensdemonstration

Am vergangenen Wochenende nahmen in Berlin gut eine halbe Millionen Menschen unter der einenden Parole ,Kein Krieg im Irak' an der größten Demonstration der vergangenen Jahre teil. In der Öffentlichkeit wird dieses Ereignis als machtvolle Demonstration der um Frieden Besorgten verstanden und nicht nur in Sachen medialer Aufmerksamkeit als politischer Erfolg bewertet. Wir, die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner dieses Briefes, können uns einer solchen Sichtweise nicht anschließen.

Um die Gefährlichkeit und Brutalität des irakischen Regimes und das Leiden der irakischen Bevölkerung unter Saddam Hussein kann man wissen und dennoch unterschiedlicher Auffassung über das Für und Wider eines großangelegten Militärschlages sein. Unsere Stellungnahme ist jedoch kein Beitrag zu dieser Diskussion. Vielmehr geht es uns darum, einige kritische Anmerkungen zum Zustand der Friedensbewegung zu machen.

Im Vorfeld der Demonstration wurde klar, dass auch Gruppierungen dorthin mobilisierten, deren politisches Weltbild durch Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus bestimmt ist. Den drohenden Imageschaden vor Augen und bereits mit vereinzelten Kritiken konfrontiert, kündigten die VeranstalterInnen an, entsprechende Transparente entfernen zu lassen. Es dämmerte den OrganisatorInnen offensichtlich, dass sich eine Demonstration, die sich dem Thema ,Frieden' verschrieben hat, politisch unglaubwürdig macht, wenn sie solche Kräfte in ihren Reihen duldet.

Trotzdem waren am Wochenende neben Deutschlandfahnen und geschichtsrevisionistischen Plakaten u.a. israelfeindliche Sprechchöre zu hören. Daneben wurde auf Transparenten, Israel als Strippenzieher im Irakkonflikt halluziniert, wurden seine Politiker als ,Kindermörder' beschimpft und vereinzelt gar Fahnen der islamistischen Hamas und Hisbollah geschwenkt.

Geprägt war die Demonstration jedoch vor allem durch eine gefährliche Mischung aus Antiamerikanismus und politischer Naivität. So war auf Transparenten und Schildern einerseits das ganze Arsenal des antiamerikanischen Ressentiments zu finden: der Wille zur Weltherrschaft, die Stilisierung des amerikanischen Establishment zu blutrünstigen Kriegstreibern, die Identifizierung der USA mit Geld und kaltem Interesse, die Kulturlosigkeit der Amerikaner und daraus fast zwingend folgend: die einseitig positive Besetzung des europäischen Gegenentwurfs (nicht zuletzt ausgedrückt durch die trotzige Bezugnahme auf das von Donald Rumsfeld ausgemachte ,alte Europa'). Darüber hinaus war eine spezifisch deutsche Wendung dieses Ressentiments unübersehbar. Auf vielen Plakaten und Transparenten wurde die Politik der Amerikaner mit dem deutschen Vernichtungskrieg analogisiert und die Bombardierung Deutschlands durch die Alliierten im zweiten Weltkrieg mit einem möglichen Angriff auf den Irak in eine Reihe gestellt.
Andererseits offenbarte sich der zentrale Topos ,Frieden' als ein Begriff, der zu nichts weiter beizutragen scheint, als das Bedürfnis nach politischer Unschuldigkeit zu bedienen. So durften sich alle unter den Bannern und Gesängen des Friedens als Teil einer großen Familie fühlen. Die Gemeinschaft der Guten, die nichts weiter will, als dass alle in Frieden leben können. Widersprüche haben in diesem naiven Bedürfnis keinen Platz: Dass die Abwesenheit eines Militärschlages im Irak noch lange keinen Frieden bedeutet, dass sich in den letzten Jahrzehnten im arabischen Raum eine schlagkräftige islamistische Terrorbewegung gebildet hat, die allen emanzipatorischen Errungenschaften den Krieg erklärt hat, dass diese Bewegung jüdischen Israelis das Recht auf Leben abspricht und dafür u.a. von Saddam Hussein in Form von finanziellen Zuwendungen für die Familien von Selbstmordattentätern belohnt wird, all das sind Realitäten, die man schnell ausblendet, wenn man den Plänen zu einem gewaltsamen ,Regime-Change' einen abstrakten Wunsch nach Frieden entgegensetzt.

Dieser diffuse Friedensbegriffs, in Verbindung mit antiamerikanischen Feindbildern, ist nicht zuletzt der Grund dafür, dass sich rechtsradikale Gruppierungen zu der Demonstration im Vorfeld durchaus eingeladen fühlen durften. Die Warnung vor einer Weltherrschaft der USA, die Stilisierung ihrer Politiker zu schießwütigen Cowboys, der Verzicht auf eine ernsthafte Analyse und Kritik der Verhältnisse im Irak, die über Lippenbekenntnis hinausginge, die unkritische Haltung gegenüber islamistischen und anderen extremistischen Strömungen im arabischen Raum, die Mobilisierung der deutschen Bevölkerung über das Ticket der Angst, welche man aus eigener Erfahrung, der Bombardierung Dresdens, kenne, all das sind Elemente eines Diskurses, der ohne große Mühe anschlussfähig an rechtsextreme und antisemitische Denkmuster ist.

Es ist anzunehmen, dass die Demonstration vom vergangenen Samstag nicht die letzte ihrer Art gewesen sein wird. Daher rufen wir all jene auf, die sich als kritischer Teil der Friedensbewegung begreifen, inhaltliche Debatten anzustoßen und die Differenzen zu Strömungen deutlich zu machen, deren Weltbild durch Antiamerikanismus und politische Naivität geprägt ist.

17. Februar 2003

Unterzeichnerinnen und Unterzeichner

•    Bündnis gegen Antisemitismus (BgA), Berlin
•    Ralph Giordano, Schriftsteller
•    Lea Rosh, Publizistin, Vorsitzende "Förderkreis Denkmal für die ermordeten Juden Europas"
•    Dr. Alexander Brenner, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin
•    Jakob Schulze-Rohr, Architekt, Vorstand "Förderkreis Denkmal für die ermordeten Juden Europas"
•    Professor Andrei S. Markovits, Harvard University und University of Michigan, USA
•    Anetta Kahane, Vorsitzende des Vorstandes der Amadeu-Antonio-Stiftung, Berlin
•    Prof. Dr. Michael Wolffsohn
•    Prof. Dr. Karl E. Grözinger, Berlin/Potsdam
•    Dr. Elvira Grözinger, Berlin/Potsdam
•    Prof. Dr. Gerald Feldman, Director of the Institute of European Studies University of Berkeley, USA; Present Alexander von Humboldt Foundation Prize Fellow working at the Wissenschaftszentrum Berlin
•    Aktion 3. Welt Saar, aktiv in der Friedensbewegung
•    Bundesverband Jüdischer Studenten in Deutschland e.V.
•    Ilka Schröder, Mitglied des Europäischen Parlaments, parteilos, Berlin
•    Prof. Jeffrey Herf, Department of History, University of Maryland College Park, USA
•    Gitti Götz, Mitglied des Attac-Rats; Mitglied des ver.di-Bezirksvorstands NRW Süd
•    Szabine Adamek, Bündnis "Demokratie jetzt!"
•    Dr. Gideon Richter, Vorsitzender des Landesausschusses der Jüdischen Gemeinden in Hessen; Vorstand der Jüdischen Gemeinde Wiesbaden
•    Boris Schapiro, Unternehmensberater, Repräsentant und Vorstandsmitglied der Jüdischen Gemeinde zu Berlin
•    Thomas Richter, Vorstandsmitglied des Vereins für ein multikulturelles Europa e.V.
•    Dr. Frank Matheus, Pastor
•    Rabbiner Walter Rothschild, Rabbiner Beth Shalom Liberale Jüdische Gemeinde, München
•    Doz. Dr. Dr. Volker Thieme, Arzt
•    Sigmount Königsberg, Berlin
•    Dr. Tobe Levin Freifrau von Gleichen
•    Dr. Martin Kloke
•    Dr. Daniel Korn, Frankfurt am Main, Gründungsmitglied der Initative ,,Honestly Concerned"
•    Dr. Martin Jander
•    Iris und Urs Pollatschek, Frankfurt am Main
•    Jeremiah M. Riemer, Politologe und Freier Übersetzer, USA, z.Zt. Hamburg
•    Prof. Dr. Wolfgang Seibel, Universitaet Konstanz; currently: Institute for Advanced Study, School of Historical Studies, Princeton, USA
•    Prof. Dr. Roland Hornung
•    René Pollak, Vorsitzender des Vorstandes der Zionistischen Organisation Frankfurt e.V. (ZOF)
•    Sharon Wølk, Herausgeberin AVIVA-Berlin.de – Online Magazin für Frauen
•    Marc Neumann, MA Historiker, Siegen
•    Bringfield Lilke, Pasto i.R., Freilingen
•    Andrea Lauser, Deutsch-Israelische Gesellschaft, Freiburg
•    Matthias Küntzel
•    Frank Matheus
•    Elke Schulz
•    Michael Rozov, Bonn
•    Christian Mosch
•    Sebastian Voigt, Student, University of Massechusetts, Amherst
•    Rolf Schnitzel, Düsseldorf
•    Monika Schmitz, Mitglied im ,,Forum für Israel"
•    André Koch, Eberswalde
•    Mario Heidrich, doogy.com – internet consulting
•    Martin Endemann, Berlin
•    Markus Vallen, Möchengladbach
•    Kerstin Heimbold, Borsdorf
•    Albrecht Lohrbächer, evangelischer Schuldekan
•    Hella Stern, Steuerberaterin
•    Ch. Steinwurz, Gehörlosenpädagogin
•    Olaf Lemke, Antiquitätenhändler
•    Heinz und Siegrid Rudolph

[...]

159 Unterzeichnerinnen und Unterzeichner, Stand: 22.02.2003, 17:00 Uhr



Aus: "Offener Brief an die Friedensbewegung: ,Wider die politische Naivität'" Ralph Giordano (2003)
Quelle: http://userpage.fu-berlin.de/~jok/bga/offenerbrief.html (http://userpage.fu-berlin.de/~jok/bga/offenerbrief.html)

-.-

Quote[...] Die Schilderungen des Überlebenskampfes der Familie mit der jüdischen Mutter, versteckt im Kellerverlies auf das Ende des Nazi-Wahnsinns wartend, in Hunger und Kälte und immer in der Bereitschaft, die geliebte Mutter notfalls selbst zu erschießen, damit sie der Gestapo nicht in die Hände fällt, das ging unter die angstfreie Wohlstandshaut, nahm auch den Vorleser sichtlich mit. ,,Die Scheiße hat also ein Ende", heißt es am Schluss, und ,,wir sind befreit".

Giordano nutzte die Zäsur, sich von Tränen zu befreien: schwer vorstellbar und doch Realität – dieser Mann hat das alles so erlebt, dort saß ein Mensch, der auf einzigartige Weise seinen Pakt mit dem ,,grausamen 20. Jahrhundert" geschlossen hat, die Widrigkeiten aussitzt und sein Lebensmotto aus Hamburger Sandkastenzeiten nie vergessen hat: ,,Sei du freundlich zu ihnen, dann sind sie auch freundlich zu dir." Das bestimmte schon sein Verhältnis in der Begegnung mit dem farbigen Micki, Hans-Jürgen Massaquoi, der später sein eigenes Buch ,,Neger, Neger, Schornsteinfeger" schreiben wird.

Fast durch sämtliche vorgetragene Passagen zieht sich der feine Faden von Giordanos Humor, ließ die Zuhörer schmunzeln und erahnen: Er sein ein Glückskind, und er wisse das zu schätzen. Das Buch sei ein Rückblick auf lauter ferne, fremde Giordanos, aber erzähle auch von den ihm Kraft gebenden Kontinuitäten und dem allgegenwärtigen, unglaublichen Gedanken: ,,Du bist davongekommen."


Aus: ",,Ich lebe noch": Der Autor Ralph Giordano stellt in der Kunsthalle Vierseithof seine Autobiografie vor" Von Steffi Pyanoe (12.02.2008)
Quelle: http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag/11131573/61939/Der_Autor_Ralph_Giordano_stellt_in_der_Kunsthalle.html (http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag/11131573/61939/Der_Autor_Ralph_Giordano_stellt_in_der_Kunsthalle.html)


-.-

Quote[...] Köln - Das Gesamtprojekt wird um rund ein Viertel abgespeckt, wie die Türkisch-Islamische Union (Ditib) in Köln im Anschluss an eine Beiratssitzung zum Moscheebau mitteilte. Damit wurde die bereits angekündigte Überarbeitung des hoch umstrittenen Entwurfs erstmals konkretisiert. Absolute Zahlen zur Flächengröße des Bauvorhabens wurden aber nicht genannt.

Die Ditib geht weiter von einer planmäßigen Fertigstellung der Moschee bis Ende 2009 aus, sagte Geschäftsführer Mehmet Yildirim. Für den Bau würden zwischen 15 und 20 Millionen veranschlagt, die über Spenden aus den angeschlossenen 886 Vereinen kommen sollen. Den überarbeiteten Plänen zufolge soll der Gebetsraum Platz für rund 1200 Menschen bieten. Ein Bauantrag wurde aber noch nicht gestellt.

Um das Bauvorhaben hatte sich im vergangenen Jahr eine hitzige Debatte entwickelt, nachdem der in Köln lebende Schriftsteller Ralph Giordano sich dagegen ausgesprochen hatte. Giordano hatte betont, der Moscheebau sei ein falsches Signal, weil nach seiner Ansicht die Integration der muslimischen Minderheit in Deutschland gescheitert sei.

asc/ddp



Aus: "ISLAM: Kölner Moschee soll um ein Viertel kleiner werden" (23. Januar 2008)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,530572,00.html (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,530572,00.html)




Title: [Man kann sich sein Gegenüber auch verzweifelt zurechtkonstruieren... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 20, 2008, 02:32:49 PM
Quote[...]

QuoteFelix Hau, 13 Februar, 2008 19:18

[...] Die schöne Idee von einer multikulturellen Gesellschaft lässt in diesem Fall darüber hinwegsehen, dass der Islam keine "Nur-Religion" und auch keine "Nur-Tradition" (im Sinne eines Brauchtums), sondern außerdem ganz grundlegend politisch ist: er bestimmt das Leben und den Alltag der Muslime in jeder Kleinigkeit - auch und vor allem hinsichtlich des Rechtsverständnisses; und genau da liegt der Hund begraben.

Um es ganz deutlich zu sagen: Es wird nicht ohne die Aufgabe eines großen Teils "kultureller Identität" muslimischer Bevölkerungsgruppen gehen. Sie müssen lernen, das Individuum zu respektieren, seine Freiheit zu schätzen und Gleichberechtigung zu praktizieren. Und von alleine wird das nicht passieren. Es muss von den Aufnahmegesellschaften in einem konfrontativen Kurs bedingungslos eingefordert werden.
Das ist im Übrigen auch der einzige Weg, den wenigen Dissidenten, die über die Welt verstreut in säkularen Staaten vor den reaktionären Rachegelüsten ihrer Ursprungsgesellschaften geschützt werden, den Rücken zu stärken und ihre Mission voranzutreiben: Der Islam braucht eine Epoche der Aufklärung. Dringend.

Herzlich,
Felix


QuoteWillyam (14 Februar, 2008 18:15)

    Vielleicht könnte Herr Hau seine dringende Forderung, der Islam brauche eine "Epoche der Aufklärung", ausformulieren?

    Mit Neugier _ W


   


[...]

QuoteAnonym hat gesagt...

    Lieber Goy,
    im Libanon gab es viel Hoffnung bevor
    Israel die neuaufgebaute Infrastruktur zusammenbombte und die Syrer sind da natürlich kein Deut besser.
    Wir sind mit einem Islam in Europa konfrontiert
    der aus sehr ländlichen, armen und ungebildeten Gegenden kommt. Aber es gibt auch so Menschen wie Kermani und andere. Türkische Muslime sind sehr national eingestellt. Da hängt Atatürk bei jedem Iman in der Moschee. Da wird die religiöse Hierarchie im nationalen Bewusstsein erlebt.
    Nur soviel. Es gäbe noch viel darüber zu berichten, aber hören Sie endlich mit diesem "die Muslime" auf oder fangen Sie an zu differenzieren Herr Hau!
    MFG AG

    15 Februar, 2008 08:29


[...]

QuoteFelix Hau (16 Februar, 2008 16:12)

    Liebes AG,
    die vermeintliche "Verallgemeinerung" ist eine Konkretisierung. Wir haben in Deutschland (als naheliegendes Beispiel) kein Problem mit "Menschen mit Migrationshintergrund" (das wäre eine Verallgemeinerung), sondern ein sehr konkretes mit Türken, Deutschtürken und türkischstämmigen Deutschen in erster, zweiter und verstärkt in dritter Generation und mit Immigranten aus arabischen Staaten. Wir haben kein Problem mit über 500.000 Italienern, jeweils über 300.000 Polen, Griechen, Serben, über 200.000 Kroaten und übrigens auch keines mit Persern.
    Das Problem, das den beiden genannten Gruppierungen gemeinsam ist, nennt sich "Islam" (wenn Sie's noch konkreter haben wollen: "Islam vor allem arabischer Prägung").
    Ich werde hier nicht anfangen die Gründe für die vorprogrammierten und sich in vollem Galopp befindlichen Probleme aufzulisten und beschränke mich stattdessen darauf, auf die überall in Buchläden zu beziehenden Dissidenten-Schriften hinzuweisen. Denn neben fundamentaler Kritik aus dem Westen gibt es ja durchaus sehr kritische "voices from within"; leider werden sie meist nicht geduldet und müssen nun auch vom Westen aus ihre aufrüttelnden Anklagen formulieren, die sich übrigens unisono auch und vor allem gegen die hiesigen kulturrelavistischen Verteidigungen richten, den latenten Rassismus benennen, der den Verteidigungen zugrundeliegt und darauf hinweisen, dass es keinen erfolgversprechenderen Weg gibt, um die islamische Welt im Stadium einer erstarrten archaischen Kultur eingefroren zu lassen, als Verständnis für diesen Unsinn zu zeigen.
   


QuoteAnonym (16 Februar, 2008 16:39)

    Ha dass ich nicht lache. Herr Hau fordert von den "Muslimen" mehr Respekt dem Individuum gegenüber. Was macht er? Herr Hau spricht von den "Muslimen" im Allgemeinen und pauschalisiert. Ich frage Dich Goy mal ganz ehrlich wo bleibt da der Respekt dem Individuum gegenüber? Das ist ungefähr so, als würde ich alle "Christen" zu Freunden einer religiösen SM Kultur zuordnen, nur weil sie ein Foltergerät mit einem lendenbeschürzten 33 jährigen Mann, täglich anbeten.


[...] Herr Hau ist voller Allgemeinplätze und kann nicht differenzieren. Wenn ich Herrn Hau als Anthroposoph bezeichnen würde und deduktiv von diesem Geisteskrieger mir ein Bild von den Anthroposophen machen würde und darüber schreiben würde, dann würde ein Bild von Anthroposophen entstehen was verzerrt oder etwa nicht. Ich respektiere Herrn Hau als Individuum, aber als ein Individuum, das unter einer weit fortgeschrittenen Islamophobie leidet, das unter jeder verschleierten Frau einen Sprengstoffgürtel vermutet.
http://www.islamicsupremecouncil.com/psychopaths.htm
Hier nur ein Link auch von einem "Muslim". Ein interessanter Artikel über einen reformierten Islam. Wer hat diesen Steinzeitislam unterstützt und mit gefördert. Die USA, als der Kommunismus in Afghanistan bekämpft wurde. Und nun nochmals zu Ihnen Herr Hau. Werfen Sie Ihre Kritiker nicht alle in einen Easy Peasy happy dancing around Multi Kulti Topf, aber ich habe langsam die Schnauze voll mir diese primitive Tiraden über Muslime anzuhören. Sie haben doch vergleichende Religionswissenschaften studiert, da müsste man doch ein etwas gehaltvolleres Sinnieren über Muslime und Islam erwartenn dürfen.

[...] Entschuligen Sie Herr Hau. Ich bin halt täglich mit diesen Vorurteilen konfrontiert, wenn ich mit meinen muslimischen Freunden unterwegs bin. Ich bin ganz Ihrer Meinung, dass da vieles im Argen liegt und viele Kulturversteher die Probleme nicht sehen, aber es ist erschreckend wie jeder Muslim heute partout verdächtigt wird mit diesem durchgeknallten Höhlenbewohner und diesem Holocaustleugner aus dem Iran unter einer Decke zu stecken. Ich nenne Sie doch auch nicht Nazi nur weil Sie Deutscher sind Herr Hau. Das ist doch genau das Gleiche mit dem pauschalisierende Antiamerikanismus usw.

MFG AG



QuoteFelix Hau (17 Februar, 2008 02:22)

    ...unter jeder verschleierten Frau einen Sprengstoffgürtel vermutet.

    Nein. Ich vermute unter jeder verschleierten Frau ein Besitztum ihres Ehemannes/der männlichen Mitglieder ihrer Familie, das keine Entscheidungsfreiheit über sich selbst besitzt, das absichtsvoll ungebildet und gesellschaftlich unmündig gehalten wird und das diese schöne Tradition ungebrochen an ihre Söhne weiterreicht (die dann ihre Schwester auf offener Straße in Kreuzberg erschießen, weil sie vorehelichen Geschlechtsverkehr gehabt hat; zwischen 1998 und 2006 gab es allein in Deutschland 45 Opfer von Ehrenmorden; in Großbritannien ermittelt die Polizei derzeit in rund 100 Fällen) - u.a. weil beispielsweise in Deutschland dieser eklatante Verstoß gegen die bürgerlichen Grundrechte unter der Überschrift "kulturelle Identität" verteidigt wird.

    Der sich verständnisvoll gebende Irrsinn geht soweit - ich habe entsprechende Debatten ein paar Mal im ethnologischen Seminar erlebt -, dass das sattsam bekannte arabisch-islamische Komplettprogramm der Frauenunterdrückung nebst aller gesellschaftlichen Folgen und inclusive der Verstümmelung weiblicher Genitalien (auch inclusive ihrer bestialischsten Form - der Infibulation), die nach wie vor in nicht wenigen islamisch geprägten Gesellschaften Afrikas praktiziert wird, nicht kritisierbar sein soll.
   




QuoteWillyam (17 Februar, 2008 02:22):

Ein erneuter Versuch; mein letzter Kommentar scheint Christoph nicht erreicht zu haben. Seine Essenz war:

- Ich möchte noch einmal zu bedenken geben: Man stellt Erwartungskataloge auf, blendet aber gleichzeitig aus, wie sehr die eigene Kultur diesen Horizonten wiederspricht, wenn man sich ähnlichen Situationen ausgesetzt sieht.


- Aufgeklärtes Denken hinterfragt den eigenen Standpunkt nach Vor(ab)urteilen (d.h. voreiligen, emotionalen und daher verzerrenden Standpunkten, die man vertritt), um für sich zu erkennen, inwiefern es durch apriorische Haltungen bestimmt wird. Grundsätzlicher aber noch sollte sich europäisches Denken inzwischen eingestanden haben, dass die Welt nicht durch Dialektiken erklärt werden kann. Die hier herrschende Meinung, die dank der emotionalisierenden Beiträge von AG (warum diese Anonymität???) spiegelt indirekt die leider zum Massengedanken beförderte Furcht vor einem unvermeidbaren "Clash of Civilisations" wieder. Und wer Huntington jemals angelesen hat - und sich dazu als augeklärten Denker ausruft - weiß, wie peinlich, wie banal, ja: wie reaktionär solche Thesen sind. Man kann sich sein Gegenüber auch verzweifelt zurechtkonstruieren. Das Phänomen hat einen Namen: strategic essentialism. Ob das dem Erbe Kants gebührt?

- Ich finde es mehr als bedauerlich, dass sich scheinbar niemand der hier Beitragenden konstruktiv dazu äußern kann, welche Konturen die geforderte Aufklärung des Islams denn nun annehmen kann oder soll. Das würde mich wirklich interessieren. Erst daran wird sich messen lassen, wie aufgeklärt "wir" in diesem kleinen virtuellen Kries, in Deutschland, in Europa derzeit sind. Der gegenwärtige Stand der Diskussion aber ist einfach nur banal.


QuoteFelix Hau (17 Februar, 2008 13:18),

[...] Im Übrigen brauchen wir über Huntingtons "Clash of Civilisations" als These überhaupt nicht zu diskutieren. Es reicht völlig, wenn ich durchs Fenster auf die gegenüberliegende Wohnung schaue und dort eine 60-jährige verschleierte Türkin sitzen sehe, die ich noch nie alleine auf der Sraße gesehen habe, weil es ihr bei Androhung von Schlägen verboten ist, selbstständig das Haus zu verlassen. Das ist keine These; das ist die Wirklichkeit. Und das Warten auf noch mehr "Clash" halte ich für unterlassene Hilfeleistung.
   



QuoteWillyam (18 Februar, 2008 12:11)

    Lieber Herr Hau,

    mit Dir würde ich mich wirklich gerne einmal von Angesicht zu Angesicht austauschen.

    Wenn die Menschheit sich nicht mittels kulturimperialistischer Impulse entwickelt hätte, säßen wir immer noch in Höhlen und würden mit Keulen aufeinander einschlagen.

    Wenn das Deine Zusammenfassung der Kulturgeschichte des homo sapiens sapiens ist: na gut. Fakt aber ist: Du kannst den Konjunktiv nicht beweisen. Vielleicht säßen wir noch in Höhlen, vielleicht aber auch nicht. Diese Spekulation ist vollommen irrelevant. Was in der Tat zählt, ist unsere Bewertung der Gegenwart, der Wirklichkeit. Und ob diese Bewertung aufgeklärt ist, hängt maßgeblich davon ab, ob Du Dich selbst von der Richtigkeit Deiner Argumente überzeugst oder nicht. Ich will Dein Beispiel durchspielen: Die Frau gegenüber magst Du in der Tat noch nie allein auf der Straße gesehen haben. Woher aber willst Du wissen, ob ihr Mann ihr Schläge androht? Beobachtest Du Deine Nachbarn mit einem Fernglas? Oder kennst Du die Nachbarn der Nachbarn, die Dir die Streitigkeiten zutragen? Oder sprichst Du fließend arabisch und kannst auf die Distanz fehlerfrei Lippen lesen? Oder hast Du gesehen, wie sie geschlagen wird? Falls ja - dann wäre das unterlassene Hilfeleistung. Solange aber bleibt Deine Wirklichkeit in meinen Augen bloße These. Worauf ich hinaus will: Viel zu oft und ganz unvermeidlich vermischt sich das, was wir sehen mit dem, was wir von anderen hören - um dann eine Denke zu verstärken, die sich vorschnell von dem entfernt, was wirklich, tatsächlich passiert. Diese Filter gilt es zu "durchschauen". Aufgeklärtes Denken ist meiner Ansicht nach u.a. durch das Streben nach Selbstgewissheit geprägt, einem Streben, dass Gewissheit gegenüber sich selbst sucht, in dem es sich selbst seiner Umwelt vergewissert. Und genau das schränkt Deinen und meinen Erkenntnishorizont ein - immer und im Hinblick auf jede Sache.

    Deine binäre Unterteilung der Welt in Regionen zivilisierter Höhe und hoffnungsloser Rückständigkeit beweist allerdings das Gegenteil. Die Welt ist nicht schwarz-weiß. Sie ist auch nicht in Graustufen gezeichnet.
    Inzwischen lehnst Du Dich sogar noch weiter aus dem Fenster und sprichst anstelle der muslimischen Welt von der arabischen. Auf welche "reine Empirie" willst Du Dich berufen, um Deine Überlegenheit zu beweisen?


    Um vielleicht ein grundsätzlich mögliches Missverständnis auszuäumen: Ich will Deinen Argumenten nicht mit dem relativistischen Bongo-Bongo-Prinzip ("Aber bei den Bongo-Bongo ist das alles gaaanz anders ...!") begegnen. Du hast mehr als Recht, wenn Du die selbstlähmende Wirkung dieses reflexiven Denkens ansprichst und verurteilst. Damit ändert man kein Unrecht. Fakt aber ist, dass die von Dir angepriesene zivilisatorische Höhe des Westens, der sich zuerst aufgeklärt und anschließend modernisiert hat, nicht ohne ihre herumgeisternden ideen- oder bewusstseinsgeschichtlichen Schatten begriffen werden kann. Warum Aufklärung und Moderne bei gleichzeitigem Kolonialismus, Imperialismus, Sozialdarwinismus und zwei erschütternden, barbarischen Weltkriegen?

    Was ist aus Deiner Sicht das Erbe dieser "Errungenschaften"? Wenn die Europäer seit der Neuzeit glaubten, ihre wirtschaftliche und militärische Effektivität und Machtausdehnung als "Überlegenheit" auslegen und die Weltgeschichte als Spiegel eines universalisierbaren Entwicklungsgefälles deuten zu können - nun, was heute? Das Fazit, das Du aus dieser Kritik ziehst, macht mich ratlos. Deine Logik ist doch die, wenn ich recht verstanden habe: Zwar kann man dies alles als vermeintlich und versehentlich gefühlte "Bürde des weißen Mannes" enttarnen, die der rückständigen und unziviliserten (weil nicht den eigenen Maßstäben entsprechenden) Welt nur "Gutes" wollte, aber vielenorts das Gegenteil gebracht hat. Dafür entschuldigen wir uns, aber Recht haben wir immer noch: Erneut stellen wir ganz subjektiv für richtig gehaltene Maßstäbe auf - und modernisieren/globalisieren Euch nach unseren Vorstellungen. Nochmals mit aller Deutlichkeit: Jede/r hat das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Aber warum ein darüber hinaus gehender Eingriff. Warum die erstrebte Selbstexpansion der Europäer bis in jeden Winkel der Erde? Die Sicherung deutscher Interessen erfordert ihre Verteidigung am Hindukusch; aber wieviel Raum lassen diese Interessen für das Selbstbestimmungsrecht der Menschen am Hindukusch? Diese Frage stellt sich keiner. Sie wäre aber eine demokratische, und sie zu stellen Deine Pflicht.

    Wenn Deine Freiheit dort endet, wo die des Anderen beginnt, müsstest Du Dich also entscheiden, mein lieber Herr Hau: Du willst Deinen subjektiven Kulturimperialismus doch nicht in die zivilisatorische Höhe aufgeklärten Denkens erheben? Aber ich bitte Dich: Entweder bist Du Imperialist, oder Du bist Demokrat. Entweder, Du diktierst, oder Du diskutierst.
   



QuoteChristoph (18 Februar, 2008 13:03)

    Entweder bist Du Imperialist, oder Du bist Demokrat. Entweder, Du diktierst, oder Du diskutierst.

    Mit Blick auf das 20. Jahrhundert bin ich gerade als Europäer froh, dass sich in der US-Regierung die Imperialisten durchgesetzt haben. Weder bei den Nazis noch bei den Stalinisten hättest du hier im Blog deine Meinung sagen dürfen; in der DDR auch nicht, im Iran auch nicht.


QuoteWillyam hat gesagt...

    Lieber Christoph,
    ein nettes, undifferenziertes Todschlagargument. Was wir auf jeden Fall festhalten können, ist dass sich ihre Durchsetzung für uns glimpflich ausgewirkt hat. In Afrika dagegen sind sie, d.h. die USA, und wir Europäer (siehe Tschad) noch heute recht fleißig, mit der gleichen Masche weiterzustricken; in Asien (siehe unsere neuerliche Diskussion über den Zustand Pakistans) ebenso. Daher ja meine konsequente Frage: Wenn Du die Einschränkungen, die Deine eigene Sicherheit erfordert, so wie bisher bedingungslos verteidigst, bezeichne Dich nicht mit bescheidener Geste als Demokraten ...



[...]

QuoteLiesel, 19 Februar, 2008 20:55

    Aufklärung ist eine der Vorbedingungen der Moderne; Desideraten wie Menschen-und Minderheitenrechte, Gleichberechtigung der Geschlechter, Rechtssprechung nicht nach dem Racheprinzip, Gewaltenteilung Legislative, Exekutive etc... werden Sie sicherlich auch zustimmen.

    Welche Mixtur von positiver bergender und identitätsstiftender Tradition, Archaismen, struktureller Gewalt und individueller Befreiuung, Freisetzung und neuerlicher Entrechtung sich entwickelt, hängt ohnehin nicht von uns Diskutanten ab.

    Liesel
    19 Februar, 2008 20:55



TextBruchstücke aus: "Erdogan-Rede: Assimilation vs. Integration" (Geschrieben von Christoph um 22:45, 12. Februar 2008)
Quelle: http://goysworld.blogspot.com/2008/02/erdogan-rede-assimilation-vs.html (http://goysworld.blogspot.com/2008/02/erdogan-rede-assimilation-vs.html)

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Quote[...] Mitte der neunziger Jahre flog ich mit einer Delegation des Bundestages nach Usbekistan und Kasachstan. Es ging zu "unseren" deutschen Brüdern und Schwestern, deren Vorfahren sich im 18. Jahrhundert auf Einladung der Zarin Katharina der Großen im damaligen Russland niederließen. Diese Auswanderer waren zumeist Bauern gewesen, die in Russland das fruchtbare, aber brachliegende Land nutzbar machen sollten. Wir besuchten das Deutsche Haus, lauschten deutschem Liedgut und bewunderten deutsche Trachten - mehr als 200 Jahre, nachdem die erste Generation dieser Auswanderer ihre ursprüngliche Heimat verlassen hatte.

Was haben diese beiden Episoden mit dem Streit um die Rede Erdogans in Köln vor 16.000 Menschen zu tun? Viel mehr, als manche wahrhaben wollen und uns recht sein kann. Denn zum einen offenbart sich die Heuchelei der Union, die für sich selbst in Anspruch nimmt, die Interessen der ethnisch Deutschen im Ausland zu vertreten, dies aber einem türkischen Ministerpräsidenten offenbar nicht zugestehen will.

Zum anderen zeigt sich aber auch, dass die Deutsch-Türken tatsächlich die Aussiedler der Türkei werden könnten. An der Tatsache, dass es selbst in der vierten Generation nicht wenige geben dürfte, die (nur) türkische Staatsbürger sind, kann ein Integrationspolitiker verzweifeln. Die Vorstellung, dass in 200 Jahren türkische Politiker nach Deutschland kommen, um türkischem Liedgut zu lauschen und türkische Trachten zu bewundern, mutet jedoch bizarr an. Dabei hat die Türkei schon einen "Aussiedlerbeauftragten". Mustafa Yazicioglu ist für die im Ausland lebenden Türken zuständig. Doch hat sein Ministerpräsident die Angelegenheit diesmal zur Chefsache erklärt.

Im Vorfeld der Veranstaltung in Köln wurde bemängelt, dass fast ausschließlich mit Plakaten in türkischer Sprache geworben wurde. Tatsächlich hätte der Veranstalter hier mehr Sensibilität an den Tag legen können. Hinterher wurde jedoch auch noch kritisiert, dass Erdogan es auf deutschem Boden gewagt habe, eine Rede in türkischer Sprache zu halten. Es muss mir entgangen sein, dass deutsche Regierungsvertreter bei Auslandsbesuchen ihre Ansprachen immer in der jeweiligen Landessprache halten.

Doch führt die Diskussion um Erdogans Rede ins Abseits. Die entscheidende Frage ist doch nach wie vor: Warum werden in Deutschland so wenige Ausländer zu Inländern? Warum muss Angela Merkel ausdrücklich klarstellen, dass sie auch die Bundeskanzlerin der Deutschtürken ist? Wie kann es überhaupt dazu kommen, dass selbst in Deutschland geborene Jugendliche den Ministerpräsidenten eines Landes sehen wollen, das sie selbst nur vom Urlaub kennen dürften. Offenbar fühlen sie sich bei einer solchen Veranstaltung wohler und besser akzeptiert als bei einem Parteitag der CDU - was angesichts des Wahlkampfs dieser Partei in Hessen auch nicht verwunderlich ist.

[...] Früher haben wir uns beklagt, dass es zu wenige Vorbilder und Brückenbauer gäbe. Heute muss ich feststellen, dass es sie gibt, aber ihr Potenzial von Gesellschaft und Politik zu wenig wahrgenommen wird. Ob nun der habilitierte Psychologe Haci Halil Uslucan, der Publizist Zafer Senocak, die Rechtsanwältin Seyran Ates, die Pädagogin Sanem Kleff, der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde Kenan Kolat oder der Generalsekretär der alevitischen Gemeinde Ali Ertan Toprak, um nur einige zu nennen - das sind die zivilgesellschaftlichen Akteure, die Zugang zur türkischstämmigen Bevölkerung haben und mit denen die Partizipation der Migranten verbessert werden kann.

ch will nicht so weit gehen, ihnen die Rolle der 68er bei den Deutschtürken zuzusprechen. Doch genau das braucht es, um zu verhindern, dass Teile der Deutschtürken auf Dauer zu den Aussiedlern der Türkei werden: die Überwindung autoritärer Erziehungsvorstellungen, das Ankommen im Hier und Jetzt und der Marsch durch die Institutionen.


Aus: "INTEGRATIONSDEBATTE: Aufbruch zum Marsch durch die Institutionen" (12. Februar 2008)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,534730,00.html (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,534730,00.html)

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Quote[...]  Ein berühmter jüdischer Witz geht so: ,,Kommt ein Mann zum Rabbi. Rebbe, sagt er, ich möchte mich scheiden lassen."

Jüdische Witze sind in Deutschland so beliebt wie Klezmer-Musik. Vielleicht weil man auf diese Weise zeigen kann, dass man nicht Antisemit ist, ohne sich zu etwas zu verpflichten.
Zum Beispiel zum Nachdenken darüber, was ein solcher Witz über die jüdische Parallelgesellschaft im Shtetl und im Ghetto sagt: Nämlich dass dort in Hochzeits- und Scheidungsdingen das jüdische religiöse Gesetz galt. Und darüber, wie lange es überhaupt eine jüdische Kultur in Europa gegeben hätte, wenn sich die Juden so assimiliert hätten, wie sie es heute von den muslimischen Zuwanderern gefordert wird. Und darüber, was den deutschen Juden ihre Assimilation genutzt hat.

Dieser Tage ist in England der anglikanische Erzbischof von Canterbury Rowan Williams unter Beschuss geraten, weil er laut darüber nachdachte, Imamen eine ähnliche Autorität in den muslimischen Gemeinden einzuräumen wie früher den Rabbinern in den jüdischen. Und in Deutschland empört man sich über den türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan, weil er seinen hier lebenden Landsleuten gesagt hat, Integration sei notwendig, Assimilation aber ein Verbrechen; und weil er über türkische Schulen in Deutschland nachgedacht hat.

Gäbe es eine große deutsche Minderheit in der Türkei, würde man es allerdings für das Selbstverständlichste der Welt halten, wenn deutsche Politiker beim Staatsbesuch die Landsleute zur Pflege ihrer kulturellen Traditionen ermutigen würden. So hielt es Charles de Gaulle bei seinem Besuch bei der französischsprachigen Minderheit in Quebec.

Und was türkische Schule betrifft: In Schlesien etwa, wo es immer noch eine – wenn auch arg dezimierte – deutsche Minderheit gibt, werden selbstverständlich auch deutsche Schulen von der Bundesrepublik Deutschland gefördert. Kein deutscher Politiker hat die Russland- oder Siebenbürgen-Deutschen zur Assimilation, also zur Aufgabe ihres Deutschtums und zur Kappung ihrer Bindungen zu Deutschland aufgefordert.

Und was den Vorschlag des Erzbischofs betrifft: In einem muslimischen Land wie Ägypten, wo es eine bedeutende christliche Minderheit gibt, gelten für die verschiedenen Religionsgemeinschaften verschiedene Regelungen in Sachen Eherecht; in Israel, wo es nicht einmal ein ziviles Eherecht gibt, ist es ähnlich. Übrigens fordert dort niemand die arabischen Bürger des Landes auf, sich zu assimilieren.

Um es mit aller Deutlichkeit zu sagen: In keinem Staat der Erde haben die Staatsbürger das Recht, die Gesetze zu missachten. Daran denken auch weder Williams noch Erdogan. Aber kein Staat der Erde hat das Recht, von seinen Bürgern die Aufgabe ihrer kulturellen und religiösen Identität zu verlangen. Dass Minderheiten auf ihre Eigenheiten bestehen, einschließlich der engen Verbindung zur Heimat, ja auch des Nationalstolzes, ist ihr Menschenrecht.

Dieses Recht wurde mit Füßen getreten, als die deutschen Minderheiten nach dem zweiten Weltkrieg im Namen der ethnischen und kulturellen Homogenisierung aus Polen, der Tschechoslowakei, Rumänien und anderen Teilen Osteuropas vertrieben wurden; dieses Menschenrecht wurde mit Füßen getreten, als die italienische Regierung im Namen der nationalen Einheit eine brutale Italienisierungspolitik in Südtirol durchführte; es würde mit Füßen getreten, wenn man von den hier lebenden Türken nicht nur Integration, sondern auch Assimilation fordern würde. Da hat Erdogan Recht.

Deutschland hat immer noch Schwierigkeiten damit, ein Einwanderungsland zu sein. Ein Einwanderungsland ist nämlich bis zu einem bestimmten Grad auch immer ein multikulturelles Land. Ein Blick in die jiddischen Teile Brooklyns, in die kubanischen Viertel Miamis, in die Chinatowns diverser Großstädte, bestätigt diesen Befund. Mit dem gesellschaftlichen Aufstieg lockert sich für gewöhnlich der ethnisch-kulturelle Zusammenhalt. Wer also Integration will, muss für Aufstieg sorgen; und sich vorher mit dem Faktum des Multikulturalismus anfreunden.

Multikulti, einst eine beliebte Losung, ist selbst unter Linksliberalen zu einem Schimpfwort geworden. Das ist schade. Denn Multikulturalismus heißt doch nicht, dass man Ehrenmorde oder andere Formen des Dunkelmännertums gutheißt. Multikulturalismus heißt, dass man die Sitten von Berlin-Kreuzberg nicht einem bayrischen Bergdorf aufzwingt. Und umgekehrt. Multikulturalismus schließt auch das Recht ein, sich zu keiner Religion oder sonst gearteten Gemeinde zu bekennen – das Recht der Bauerntochter aus Bayern, das katholische Milieu zu verlassen, und der Bauerntochter aus Anatolien, das muslimische Milieu zu verlassen.
Der Staat hat auch dieses Recht – ja gerade dieses Recht - zu garantieren. Jeder moderne Staatsbürger ist selbst multikulturell, definiert sich über die Zugehörigkeit zu verschiedenen Gruppen. Darüber wird die Frage der Integration gelöst – dadurch, dass türkische Zuwanderer eben nicht nur zur türkischen Gemeinde gehören, sondern über ihre Einbindung in Schulen, Betriebe, Vereine, Parteien auch an der Zivilgesellschaft partizipieren.

Ob türkische Schulen dabei eher behilflich oder eher hinderlich sein würden, sollte man im Praxistest prüfen. Statt auf Erdogans Vorschlag mit gereizter Ablehnung zu reagieren, sollte man den türkischen Premier einladen, zwei oder zwanzig Modellschulen zu finanzieren. Deutschlands Türken werden dann mit den Füßen abstimmen; und die Erfahrung lehrt, dass Einwanderer die Schulen wählen werden, die ihren Kindern die besten Aufstiegschancen bieten. Haben die staatlichen Schulen Angst vor diesem Wettbewerb?

P.S. Wie geht der jüdische Witz weiter? ,,Der Mann erzählt dem Rabbi, wie schlimm seine Frau ihn behandle. Mein Sohn, du hast Recht, sagt der Rabbi. Du darfst dich scheiden lassen. Kurz darauf kommt die Frau zum Rabbi und beschwert sich: Ihr Mann habe Lügen über sie erzählt. Dabei wolle er sie bloß loswerden, um eine Jüngere zu heiraten. Meine Tochter, du hast Recht, sagt der Rabbi. Die Scheidung kommt nicht in Frage. Da sagt der Schüler des Rabbi, der die ganze Zeit daneben gestanden hat: Aber Rebbe, zwei Parteien können doch nicht gleichzeitig Recht haben? Auch du hast Recht, sagt der Rabbi."


Aus: "Integration: Regt euch nicht auf – Erdogan hat Recht!" (Von Alan Posener, 13. Februar 2008)
Quelle: http://www.welt.de/meinung/article1667712/Regt_euch_nicht_auf__Erdogan_hat_Recht.html (http://www.welt.de/meinung/article1667712/Regt_euch_nicht_auf__Erdogan_hat_Recht.html)


Title: [Kopftuchverbot... (Baden-Württemberg (VGH))]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 19, 2008, 12:37:06 PM
Quote[...] Baden-Württembergs Kultusminister Helmut Rau dagegen hatte zum Prozessauftakt argumentiert, dass eine Nonnentracht nicht mit dem muslimischen Kopftuch gleichzustellen sei. Die Tracht sei nicht nur Berufskleidung, sondern auch Ausdruck der christlich-abendländischen Kultur.


Aus: "MUSLIMISCHE LEHRERIN: Nonnentracht ja, Kopftuch nein" (18. März 2008)
Quelle: http://www.spiegel.de/schulspiegel/wissen/0,1518,542144,00.html (http://www.spiegel.de/schulspiegel/wissen/0,1518,542144,00.html)

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Quote[...] Der 4. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) hat ein fragwürdiges Urteil gefällt und einer verbeamteten Lehrerin an einer Grund- und Hauptschule, die 1984 zum Islam konvertiert ist, damit untersagt, weiter lehren zu dürfen. Gleichzeitig erlaubt das Gericht ohne weitere Einschränkungen Nonnen in voller Kluft zu unterrichten.


Aus: "Gericht: Kopftuch von Lehrerin verstößt gegen Neutralität" Florian Rötzer (TP, 19.03.2008)
Quelle: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/27/27543/1.html (http://www.heise.de/tp/r4/artikel/27/27543/1.html)

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Quote[...] Warum also das Kopftuch nicht als politisches Symbol statt als Ausdruck einer religiösen Präferenz verstehen? So lassen sich fundamentalistische Gläubige aus den Schulen verbannen, ohne Gefahr zu laufen, dabei die Religionsfreiheit zu beschneiden.

QuoteGerd Dampf  meint:
18.03.2008, 19:01 Uhr

[...] Der Kampf für das Kopftuch in Deutschland ist ein Kampf um die fundamentalistische Ausübung des Islam und ein Kampf gegen deutsche Werte und Traditionen. Deutschland ist numal christlich geprägt, dazu gehören auch Nonnen und Kruzifixe.


Quote
A. Qasem meint:
18.03.2008, 19:04 Uhr
[....] Das Klima in Deutschland ist sehr feindlich geworden, speziell für Moslems. Mich irritiert der letzte Satz des Artikels. Was hat das Kopftuch mit Fundamentalismus zu tun??? Diese pauschalen und völlig haltlosen Aussagen sind eigentlich peinlich. Hier wäre ein tiefergehendes Studium des Islams für den Autor sehr hilfreich, und für alle andere, die schnell mit Vorurteilen um sich schmeissen! So denn, macht weiter so, wir wissen ja wie es enden kann!


Quote
Dr. Labuv meint:
18.03.2008, 19:06 Uhr
Genauso ist es. Das Kopftuch an Schulen gehört als politisches Symbol verboten. Daran unterscheidet es sich auch in wesentlichen Punkten von der Ordenstracht der Nonnen.


Quote
Alibey meint:
18.03.2008, 19:02 Uhr
Stimmt christlichles Land aber DEMOKRATISCH. Oder sind hier die User anderer Meinung? Es geht nicht um Muslime, es geht nicht um Radikale, es geht um Gleichberechtigung.

Quote
CDU-Mitglied meint:
18.03.2008, 19:12 Uhr
Nonnen tragen eine Ordenstracht. Folgerichtig verböte auch niemand einem Imam, in seiner "Berufskleidung" zu unterrichten, insbesondere, wenn islamische Religion an einer öffentlichen Schule oder ein beliebiges Fach an einer konfessionellen Schule unterrichtet würde. Genau dieses ist hier aber nicht der Fall.



Quote
rookie meint:
18.03.2008, 19:13 Uhr

[...] es geht nicht darum das muslime bevorzugt werden sollten. Sondern darum das es gleich ist. Es gibt in deutschland genug Attisten denen es egal welche religion gerade welche tracht anzieht. Doch wenn eine Religion bevorzugt wird (in diesem fall die Christliche) dann gibt es denn anlass dazu, sich gedanken zu machen, das es in ähnlichen fällen genauso bevorzugungen gibt. Ich bin für Kopftuch denn schüler sollten entscheiden ob der Pedagoge gut ist oder nicht, und das nicht anhand der kleidung.

Quote
Judas meint:
18.03.2008, 19:18 Uhr
"wird sind hier in einem 2000 jahre alten christlich geprägten land"

ja genau deswegen gibt es auch keine heidnischen Bräuche,
wie zum Beispiel: Weihnachten, Ostern, Pfingsten


Quote
Papst meint:
18.03.2008, 19:19 Uhr
Selbstverständlich muss das Kopftuchverbot auch für Nonnen gelten.
Weg mit den Kruzifixen über den Klassentüren - weg mit der katholischen Gehirnwäsche!
Entweder ganz neutral - ohne Religionen, oder gleiches Recht für alle Religionen. Dann muß der Religionsuntericht eben mal etwas aufwändiger gestaltet werden.

Selbstverständlich muss man die Nonnentracht mit Kopftüchern vergleichen. Schließlich handelt es sich bei beiden um religiöse Symbole.

Wenn die korrupte katholische Kirche nicht wär', würde es weniger Leid auf dieser Welt geben.


Quote
Weltoffen meint:
18.03.2008, 19:21 Uhr
Kopftuch schlecht - Pinguinkostüm (christliche Ordenstracht) gut! Was hätten wir, ohne die hilfreichen Lebensregeln aus dem Verlagshaus Springer, doch Probleme, unser kompliziertes Leben zu durchblicken.


Quote
manesse meint:
18.03.2008, 19:24 Uhr
Wer sich schämt, sein Haar zu zeigen, gehört ohnehin nicht auf Kinder losgelassen, sondern zum Psychiater. Darin bekundet sich ja ein völlig krankes und schwer gestörtes Verhältnis zum eigenen Körper. Kinder sollten durch solche Personen, die mit ihrer Leibfeindlichkeit ein schlechtes Beispiel geben, nicht verdorben werden. Die Unbefangenheit gegenüber dem eigenen Körper und nicht dessen Tabuisierung ist ein aufklärerisches Erziehungsideal.


Quote
Denker meint:
18.03.2008, 19:25 Uhr
Frage: Darf eine Lehrerin mit Bikini unterrichten?


Quote
mh meint:
18.03.2008, 19:28 Uhr
die ständegeselschaft ist abgeschafft ! unser staat ist säkular !! nonne zu sein ist privatsache !!!

Quotemanesse  meint:
18.03.2008, 19:39 Uhr
Kopftücher sind sinnvoll beim Stallausmisten und beim Melken, aber doch nicht in der Schule.

[...]


Quote
Arr meint:
18.03.2008, 19:47 Uhr
Ich finde es schon faszinierend, dass sich hier in Deutschland die Leute aufregen, dass es Lehrerinnen verboten wird im Unterricht ein Kopftuch zu tragen. Andererseits in der Türkei die Menschen auf die Straße gegangen sind und gegen die Zulassung des Kopftuches im öffentlichen Dienst demonstriert haben.


Quote
Orki72 meint:
18.03.2008, 19:53 Uhr
"Das Kopftuch ist dazu da, dass sich Männer nicht an der Haarpracht von Frauen "ergötzen" können. Denn schließlich könnte ja eine schöne Haarespracht dazu führen, dass die Männer mehr wollen, als nur zuzusehen, wie die Haare im Wind wild vor sich hinwehen. Nur Frauen, die sich aqllen Männern hergeben wollen, verzichten auf ein Kopftuch, und sind dadurch nichts anderes als Schlampen." Diese These wird wahrscheinlich von vielen Muslimen unterstützt und mitgetragen. Um als Frau gleichwertig behandelt zu werden und von einem sexuellen Objekt der Begierde für alle Männer aufzusteigen, muss eine Frau sich verhüllen. Ach ja, und außerdem ist ein tief religiöses und verhülltes Mädchen bzw. eine junge Frau nicht so leicht empfänglich für Laster aller Art und macht dem überforderten Vater, Großvater, Bruder nicht soviel Arbeit bei der Anerziehung von Werten!


Quote
Doc meint:
18.03.2008, 19:56 Uhr
Was ist denn nun das Kopftuch? Ein religiöses oder ein politisches Symobol? Wenn der eine Weg nicht klappt dann versucht man es mit der anderen Definition? Hauptsache ein Grund gegen das Kopftuch? Soviel Hass und Unwissenheit in einer Gesellschaft wie dieser habe ich noch nie erlebt.


Quote
gesetzbeachter meint:
18.03.2008, 20:00 Uhr
Blödsinn.
Kofptücher snd religiös bedingt.
Ausserden stehen Kopftücher auch nicht für Fundamentalismus.
Operdeppen. Kein Wunder, dass es bei dem Redakteur fürs Jurastudium augenscheinlich nicht gereicht hat.
Immer schön Streit und Zwitracht sähen [...]...


Quote
Stolze Türkin meint:
18.03.2008, 20:01 Uhr
Da kann keiner mehr von Gleichberechtigung sprechen,denn es ist ein Stück Stoff, dass beide über dem Kopf tragen!! Wenn ich die Kommentare zu dem Beitrag lese , finde ich es beängstigend wie viele Feinde der Islam doch hat, aber auch lustig wie viel Angst Menschen vor einem Kopftuch haben können.


Quote
BYME meint:
18.03.2008, 20:10 Uhr
Das ist doch irrwitzig. Also entweder Gleichheit für alle oder nicht. Auch Nonnen tragen ihren Habit nur aus religiöser Überzeugung, genauso wie eine Muslimin eben auch. Muslime machen das doch nicht nur aus Fundamentalismus, sondern viele auch aus Überzeugung. Und dieses Recht sollte jeder hier in Deutschland haben. Es wurde das Grundgesetz angeschnitten: Wir haben Religionsfreiheit. Jetzt denkt man auch über Islamischen Religionsunterricht nach. Also soll man doch bitte auch islamische Lehrerinnen mit Kopftuch zulassen.


Quote
Matthew meint:
18.03.2008, 20:20 Uhr
Aus dem Urteil kann man entnehmen, dass theoretisch die Möglichkeit besteht, dass das Kopftuch die Neutralität der Schule gefährdet.
Von Schulen an denen Nonnen unterrichten erwartet man keine Neutralität.


Quote
kotz meint:
18.03.2008, 20:28 Uhr
Wer Nonnen und Kopftuchträgerinnen vergleicht der hat nicht verstanden dass das Kopftuch ein politisches Symbol ist und wohl nicht kapiert dass Nonnen eine Berufskleidung! tragen im Gegensatz zu der Lehrerin!


Quote
amina meint:
18.03.2008, 20:28 Uhr
Wollen Sie wirklich hier behaupten, dass die Kirche noch nie was mit der Politik zu tun hatte, hat und haben wird?Das Urteil ist diskriminierend, ungerecht, Vorurteile unterstützend und nährend. Man würde gerne glauben im Jahre 2008 wäre die Gesellschaft viel weiter, aber............. wer aus der Geschichte nicht lernt, muss sie wiederholen.


Quote
toto meint:
18.03.2008, 20:29 Uhr
Von wegen Europa und Demokratie. Bei einer funktionierenden Demokratie haben alle, egal welcher Religion oder Ethnie sie angehören, das gleiche Recht. Das ist in D leider nicht der Fall. Der Staat unterstützt die Unterdrückung der muslimischen Frauen mit diesem Verbot.
Das Kopftuch bei Musliminnen ist ein religiöses Symbol und bei Nonnen etwa nicht?
Das ist perverse Doppelmoral.


Quote
karzinom meint:
18.03.2008, 20:33 Uhr
merke: das auf dem kopf ist in deutschland immer noch wichtiger als das im kopf


Quote
r. knies meint:
18.03.2008, 20:45 Uhr
mit dem kopftuch wird nicht religion sondern radikale politik verkörpert. hat in der schule nichts verloren!

Quote
umdina meint:
18.03.2008, 20:56 Uhr
Also die Deutschen sind total weltfremd und provinzionell. In England gibt es sogar Polizistinnen mit Kopftuch! Warum soll denn solch ein Kopftuch politisch sein? Ist etwa jeder Glatzkopf auch gleich Neo-Nazi? Das Kopftuch hat vor allem sehr viel mit Tradition zu tun!


Quote
Kalfah meint:
18.03.2008, 20:57 Uhr
Die Muslime sind zu uns ins Land gekommen,demnach müssen Sie sich den Geflogenheiten dieses Landes beugen !Und uns als Christen akzeptieren und nicht umgekehrt trotz Anerkennung Ihrer Religion ,Gebräuche und Traditionen.
Dies ist ein freies Land und demnach können Sie uns auch wieder verlassen wenn sie nicht einverstanden sind!


Quote
Dein Vorbild meint:
18.03.2008, 20:59 Uhr
Der Glaube an Gott bzw. an Götter, der in meinen Augen vollkommen sinnlos und nur ein Ausdruck menschlichen Unvermögens ist, hat seit Anbestehen nur für Zwietracht, Hass und Neid gesorgt oder aber diese Übel noch verstärkt. Der Glaube an Gott ist ein Irrweg, der leider beschritten wird. Das hier ein Kopftuch verboten wird, ist doch nur marginal und unwesentlich. Verboten sollte jeglicher Religionsunterricht werden, um die Köpfe der Menschen davon irgendwann zu befreien.


Quote
ecu meint:
18.03.2008, 21:38 Uhr
Früher oder später werdet ihr diese Realität anrekennen. Wie lange werdet ihr probleme noch in die Zukunft verschieben, indem ihr den Kopf in den Sand zu stecken. Mit den Juden habt Ihr das schlimmste versucht, habt aber am Ende verloren. Also pragmatisch denken. Warum ist die Angst vor Vielfältigkeit. Das kann Deutschland nur bereichern.


QuoteWilly  meint:
18.03.2008, 22:06 Uhr
Irgendwie wird hier gar nicht erwähnt dass es eine deutsche mit "germanischen" Wurzeln ist, die hier für ihre Rechte eintritt.


Quote
funkiestbuddy meint:
18.03.2008, 22:20 Uhr
Hört doch endlich auf mit diesen endlosen Diskussionen um "Gott ist tot" und ähnlichen Quatsch.

Das Kopftuch ist ein politisches Symbol der Unterdrückung und kein religiöses Symbol wie die Gewänder der Nonnen. Deshalb hat das Kopftuch nichts in öffentlichen Gebäuden verloren. Basta!


Quote
Valerus meint:
18.03.2008, 23:34 Uhr
Als das Grundgesetz gefasst wurde, war eine Millionenfache Einwanderung nichtchristlicher Menschen unvorhersehbar. Die muslimischen Zuwanderer haben sich der deutschen Kultur noch nie angepasst. Wenige wurden assimiliert, die Mehrheit lebt in ihrer eigenen Welt. Derzeit sind es etwa 5%. Werden 20% erreicht (in ca. 15 Jahren), geben sie hier den Ton an. Die Deutschen haben also noch genug Zeit, sich darauf einzustellen.


Quote
Laura meint:
18.03.2008, 23:54 Uhr
Gehöre keiner Kirche an, bin auch Ausländerin. Finde das Urteil peinlich schlecht. Gehe davon aus daß es sich auch nicht durchsetzt.
Katholikinnen können jeden Tag Halloween spielen, Muslimmen nicht? Beide Gruppe haben Unmengen Unheil auf dem Konto. Aber vielleicht nicht so viel wie die Deutschen, die m.E. mit ihren Urteilen wirklich zurückhaltender sein sollten.




Aus: " Urteil: Dieses Kopftuchverbot überzeugt nicht" (Von Thorsten Jungholt, 18. März 2008)
Quelle: http://www.welt.de/meinung/article1814915/Dieses_Kopftuchverbot_ueberzeugt_nicht.html (http://www.welt.de/meinung/article1814915/Dieses_Kopftuchverbot_ueberzeugt_nicht.html)

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Quote[...] Landes-Kultusminister Helmut Rau (CDU) begrüßte das Urteil. Wenn die Lehrerin dagegen keine Beschwerde einlege, sei sie verpflichtet, der Weisung der Schulverwaltung zu folgen und "ihren Dienst ohne Kopfbedeckung zu versehen". Der VGH hat eine Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Die Lehrerin kann dagegen nur noch mit einer Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht vorgehen.

In Baden-Württemberg gilt seit 2004 ein im Schulgesetz festgeschriebenes Kopftuchverbot im Unterricht. Die Darstellung christlicher und abendländischer Kulturwerte wurde davon ausgenommen. (cp/dpa)


Aus: "Urteil: Stuttgarter Lehrerin verliert Kopftuchstreit" ZEIT online, Tagesspiegel (18.03.2008 18:30)
Quelle: http://www.zeit.de/news/artikel/2008/03/18/2496995.xml (http://www.zeit.de/news/artikel/2008/03/18/2496995.xml)

-.-

etc.

Title: [Warum auch eine Baskenmütze ein Kopftuch sein kann... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 11, 2008, 10:21:42 AM
Quote[...] Im Juni 2007 verhandelte das Düsseldorfer Arbeitsgericht dann den Fall der Sozialpädagogin, die das Kopftuchverbot umgehen wollte, indem sie eine Baskenmütze aufsetzte.

Baskenmützen sind im Gegensatz zu anderes getragenen Kopftüchern nicht als Bekundung einer Religion oder gar des Islam bekannt. Man würde wohl kaum von der Trägerin eier Baskenmütze darauf schließen, dass es sich um eine bekennende Muslimin handelt. Die Klägerin hatte bis zum Kopftuchverbot ein Kopftuch in der Schule getragen und dann erst gegen die Mütze ausgewechselt, die sie so trug, dass ihre Haare von ihr vollständig bedeckt waren. Das Angebot, statt der Mütze eine "Echthaarperücke" zu tragen, hatte sie abgelehnt und argumentiert, sie trage die Mütze aus kulturellen Gründen. Das Gericht führte an, dass der Gesetzgeber das Recht besitze, das äußere Auftreten von Lehrern zu regeln, zudem wirke die über die Haare gezogene Baskenmütze für die Schüler, die sie mit Kopftuch kennen, "wie ein religiöses Symbol". Die Mütze werde auch weiterhin als Bekundung der Religion getragen. Letztlich kommt es also nicht auf das konkrete Kleidungsstück, sondern eben auf die im Schulgesetz genannte "religiöse Bekundung " an, die dahinter stecke. Das ist natürlich eine Frage der Interpretation, die großen Raum für Willkür eröffnet.

Die Klägerin legte gegen das Urteil Berufung ein, die Klage wurde nun vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf verhandelt, das die Berufung zurückwies. Es wurde noch einmal darauf verwiesen, dass die Klägerin es abgelehnt hat, anstatt der Mütze eine "Echthaarperücke" zu tragen. Offenbar unterscheidet das Gericht eine Mütze, die die echten Haare verdeckt, grundsätzlich von einer Perücke, die nämliches macht, aber nicht nur so aussieht wie Haare, sondern auch aus echten Haaren besteht. Würde die Perücke aus künstlichen Haaren bestehen und dann wohl erkennbar nur eine Vortäuschung von "echten" Haaren sein, wäre möglich auch eine Gleichsetzung von Perücke mit Baskenmütze und Kopftuch möglich. Damit hätte man dann schon fast die theologischen und philosophischen Auseinandersetzungen über die Transsubstantiation erreicht.

Natürlich hat das Gericht im Prinzip Recht, da die Sozialpädagogin wohl deshalb die Echthaarperücke nicht tragen will, weil dies dann für die Nichtinformierten so aussehen würde, als würde sie ihre Haare dennoch offen tragen. Gleichwohl bleibt die Willkür, dass nach den zugrunde gelegten Maßstäben praktisch jede Bekleidung – und möglicherweise auch eine Echthaarperücke – als Ersatz für ein Kopftuch bzw. für eine religiöse Bekundung angesehen werden könnte. Immerhin steht das Urteil einer Revision offen. Der Rechtsanwalt der Klägerin hat sie denn auch schon angekündigt.

Quote11. April 2008 1:00
Wo sind wir eigentlich!?!
g-o-r (mehr als 1000 Beiträge seit 08.05.03)

Man merkt an diesem Verfahren, wie absurd das Kopftuchverbot ist.
Kopftücher waren auch vor nicht allzu langer Zeit unter deutschen
Frauen üblich. Also: Die Christin darf ein Kopftuch tragen, denn es
ist nur Mode, die Muslima darf keine Mütze tragen, denn sie ist ein
Kopftuch ist ein religiöses Bekenntnis? Und die Haare der
gnädigerweise gewährten Perücke müssen echt sein? Und bitte von was?
Echt Pferd? Oder echt Frau? Und muss die Frau, aus deren Haaren die
Perücke besteht, dann Muslima sein, denn nur so wird dem Gesetz
Genüge getan, das offensichtlich verlangt, muslimische Haare zu
sehen?

Was wenn eine Fatwa erlassen wird, nach der Haarfärbemittel die
eigentlichen Haare verdeckt und als "Haarbedeckung" gilt? Ist dann
Blondfärben ein religiöses Bekenntnis? Oder wenn sich die Frau eine
Glatze schneidet? Wollen wir unbedingt auf weibliche Haare stieren,
oder wollen wir eine Lehrerin? zählt gar nicht, wie diese Frau
unterrichtet, zählt bloß die Sichtbarkeit ihrer Haare?

Nein, das NRW, das ich kenne, das NRW des Johannes Rau und der
Toleranz, des rheinischen Miteinanders und des "Versöhnen statt
Spalten" ist das nicht mehr.

Dank der Lehrerin, dass sie uns die Absurdität des Kopftuchverbots
vorführt. Die Frau hätte einen Orden verdient.


Quote11. April 2008 8:14
Rumgeeier - endlich sagen was Sache ist: Der Islam ist frauenfeindlich
AnglizismenEx (mehr als 1000 Beiträge seit 10.07.04)

So, jetzt hab ichs tatsächlich gesagt, Punkt.
Wobei der Kopftuch-Schwachfug ja sogar noch aus vorislamischer Zeit
stammt und bei den arabischen Stämmen seinen Ursprung hat.
Mohammed und Konsorten, nie verlegen wenn es darum ging irgendwo
etwas abzukupfern um an ihrer neuen Volks-Religion zu basteln, haben
dieses "Brauchtum" mehr oder weniger inoffiziell übernommen.
Das hat sich dann über die Jahrhunderte zu dem entwickelt was es
heute ist, einem Symbol der Unterdrückung der Frau. Die Frau soll
sich nämlich in erster Linie nur ihrem Ehemann unverschleiert zeigen,
denn ihm gehört sie ja qusi...
Andere Männer dürfen sie nicht betrachten, denn das könnte ja die
Ehre des Ehemanns verletzen und wir wissen ja, wie wichtig die "Ehre"
für diese Hinterwäldler aus Anatolien und anderen weltoffenen
Gegenden auch im 21. Jahrhundert noch ist.

Weibliche Moslems behaupten zwar gerne, sie binden sich aus freien
Stück einen Lappen um die Rübe, doch ich attestiere diesen Damen eine
Art von Stockholm-Syndrom.
Sie solidarisieren sich mit frauenfeindlicher, im Islam weit
verbreiteter, orientalischer Folklore und merken nicht einmal, wie
sie sich dadurch zu Menschen zweiter Klasse machen, auch hier in
Europa.

Quote11. April 2008 8:21
Das Christentum ist ebenfalls Frauenfeindlich
afreak (mehr als 1000 Beiträge seit 15.03.02)

- Eva ist schuld ander Vertreibung
- Frauen sind aus einer Rippe des Mannes gemacht
- Luther sah in Frauen lediglich Gebärmaschinen
- der Heilige Thomas von Aquin hielt Frauen für ein defektes Abbbild
des Mannes
....
...
..
.
beliebig fortsetzbar





[...]


Aus: "Warum auch eine Baskenmütze ein Kopftuch sein kann" Florian Rötzer (TP, 11.04.2008)
Quelle: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/27/27706/1.html (http://www.heise.de/tp/r4/artikel/27/27706/1.html)

Title: [Die Geschichte vom Balken im eigenen Auge... (Prof. van Helsing)]
Post by: lemonhorse on May 15, 2008, 04:00:53 PM
Quote[...] Ein Pseudonym. Wie jeder weiß, der "Dracula" gesehen oder gelesen hat, ist Professor van Helsing ein großer Vampirjäger. Der Mann dahinter aber heißt Jan Udo Holey. Er legte sich das Pseudonym vor der Veröffentlichung seines Buches "Geheimgesellschaften" zu, weil die "Illuminati", mit denen er sich darin beschäftigt, ja ebenfalls Blutsauger seien, Menschen, "die auf Kosten anderer Menschen existieren". Er habe den Namen einfach witzig gefunden. Man dürfe diese Burschen, die Illuminati, nicht ernst nehmen, dann ärgerten sie sich sehr.

Jene Illuminati sind bei ihm nach der Weltherrschaft strebende Juden. Sie, sagt er, haben den Zweiten Weltkrieg angezettelt, und sie werden auch den Dritten Weltkrieg anzetteln, ihre Führer sitzen in den Schweizer Bergen, wobei hinzukommt, dass selbst diese Führer nur Werkzeuge sind, Gesellen von Außerirdischen, die nach der Macht auf Erden streben, ekelerregende Graue, denen jedoch glücklicherweise gute große blonde Außerirdische gegenüberstehen, Arier in gewisser Weise, die sich im hohlen Erdinnern verborgen halten, wo sie mit Flugscheiben sich bewegen und...

Das ist Blödsinn? Gewiss, aber man wird, wenn man sich ein wenig näher mit Jan Udo Holey und mit all jenen beschäftigt, denen er als Heiland gilt, durchaus auf eine gewisse Systematik stoßen. Und auf eine erstaunliche Wirkung.

Das erwähnte Buch Holeys, sein erstes, war von 1993 bis 1996 auf dem Markt. Es verkaufte sich 100 000mal. Dann wurde es verboten. In der Anklageschrift ist von einer durchgängig antisemitischen Schrift die Rede, von bewusster Verdrehung historischer Tatsachen und von der Absicht, eine feindselige Haltung gegen die Juden zu schüren.

Deshalb liegt es auch nicht auf der Messe. Aber spätere Bücher des Autors, wie auch die Titel weiterer Schreiber, die in ähnliche Richtung zielen, kann man kaufen. Sie gehören längst zur Esoterikszene, braune Sprengsel im bunten Hokuspokus. Dies hier ist etwas anderes als die körperliche Präsenz irgendwelcher Glatzen, dies ist ein Extremismus, der sich ins Spirituelle kleidet, oder auch anders herum, Spirituelles, das ins Extremistische lappt, eins franst ins andere.

Und weil es da nicht so einfach ist, eine Grenze zu ziehen, gibt es, außer den Auflagenhöhen, auch keine gesicherten Zahlen über Protagonisten und Anhänger. Nur so viel ist klar: Es handelt sich um eine selbständige Szene mit eigenem Publikum, das manchmal gar nicht weiß, wohin die Reise geht, wenn es so ein Büchlein zur Hand nimmt.

[...]

Quote

07.04.2008 13:40:50

Mr Careful:

Diesen Kommentar können wir leider nicht veröffentlichen. Bitte beachten Sie unsere netiquette und unsere AGB.

Quote

13.05.2008 18:01:23

brainsheep:

Diesen Kommentar können wir leider nicht veröffentlichen. Bitte beachten Sie unsere netiquette und unsere AGB.

Quote

17.03.2008 12:41:47

escelator:

Diesen Kommentar können wir leider nicht veröffentlichen. Bitte beachten Sie unsere netiquette und unsere AGB.


Quote

18.03.2008 08:12:30

MLP80: Wozu in die Ferne schweifen?

Wenn doch das SZ-Forum gleich hier ist, hier habe ich auch gelernt, dass es eine jüdische Weltverschwörung gibt, der Mossad hinter dem 11. September steckt, die Pharmamafia uns krankt macht und noch vieles mehr, was mir sonst entgangen wäre.....



Aus: "Rechtsextreme Esoterik - Arier im Mikrowellen-Krieg" Von Birk Meinhardt (SZ vom 15./16.3.2008/ehr)
Esoterik trifft Rassismus: Ein Streifzug durch eine Szene, in der sich scheinbar geheimnisvolle Lehren mit Verschwörungstheorien, Antisemitismus und Rassismus vermischen (14.03.2008)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/kultur/artikel/107/163649/ (http://www.sueddeutsche.de/kultur/artikel/107/163649/)



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Quote[...] Wir sollten, im steten Versuch, ein gutes Gewissen zu haben, nicht versuchen, uns in die Wut der anderen hineinzuversetzen. David Brooks hat gezeigt, wohin das führt, als er in der ,,New York Times" die antisemitischen Holocaust-Karikaturen ansah, die die ,,arabisch europäische Liga gemäßiger Muslime" im Internet veröffentlicht: ,,Ihr wolltet, daß wir wissen, wie ihr euch fühlt. Ihr in der arabisch-europäischen Liga veröffentlicht eine sodomistische Karikatur von Hitler im Bett mit Anne Frank, so daß wir im Westen verstehen, warum ihr euch von den dänischen Cartoons so getroffen fühlt (...) Nun, ich habe diese Karikaturen gesehen (...) Aber ich weiß immer noch nicht, wie ihr euch fühlt. Ich möchte immer noch keine Botschaften niederbrennen oder Menschen enthaupten (...) Ich kann eure Wut noch immer nicht nachempfinden."



Aus: "Muslime in Deutschland - Vorbereitungsgesellschaft" Von Frank Schirrmacher
Text: F.A.Z., 13.02.2006, Nr. 37 / Seite 37
http://www.faz.net/s/Rub9DDF988597D94E1689817E2BC0EC289A/Doc~EAB47A199CEB748EF9E770105548F8D95~ATpl~Ecommon~Scontent.html (http://www.faz.net/s/Rub9DDF988597D94E1689817E2BC0EC289A/Doc~EAB47A199CEB748EF9E770105548F8D95~ATpl~Ecommon~Scontent.html)


Title: [Ich bewege mich auf der Nahtstelle... (Günter Wallraff)]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 29, 2008, 02:02:05 PM
"Öffentlichkeit ist der Sauerstoff der Demokratie." - Günter Wallraff (Kölnische Rundschau, 23. September 2007)

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Quote[...] Günter Wallraff fordert von Muslimen eine kritische Auseinandersetzung mit ihrem Glauben. Ein Gespräch über Koranschulen und seine Idee, mit Salman Rushdie als Mullah verkleidet in den Iran zu reisen.

taz: Herr Wallraff, Sie nehmen am Wochenende an der "Kritischen Islamkonferenz" teil. Warum?

Günter Wallraff: Weil ich eingeladen wurde, weil ich eine eigene Meinung und eine eigene Position vertrete. Ich finde es notwendig, dass sich Muslime, die hier leben, kritisch mit ihrem Glauben auseinandersetzen. Denn vieles spielt sich in einem falschen Toleranzrahmen ab, vieles wird beschönigt. Trotzdem teile ich nicht die Meinung aller Diskussionsteilnehmer, die sich am Wochenende treffen werden.

Zum Beispiel?

Günter Wallraff: Ralph Giordano ist gegen den Moscheebau in Köln. Dass sehe ich anders, denn wir haben ein Grundrecht auf Religionsfreiheit. Außerdem treffen sich die Muslime momentan in einem maroden Bau. Ich wünsche mir keine Pappmoschee, sondern eine touristische Attraktion.

Die "Kritische Islamkonferenz" findet unter dem Motto "Aufklären statt verschleiern" statt. Worüber werden Sie denn aufklären?

Günter Wallraff: Wir möchten für die zunehmenden Islamisierungstendenzen sensibilisieren. Schon in Koranschulen werden bekanntlich Kinder indoktriniert, Mädchen und Andersgläubige als minderwertig abqualifiziert.

Sie übertreiben!

Günter Wallraff: Im Gegenteil, ich lege mir gerade sogar eine große Zurückhaltung auf.

Was man von den Gründerinnen des "Zentralrats der Exmuslime" nicht unbedingt behaupten kann. Diese sind bekannt für ihre harten Töne.

Günter Wallraff: Die Frauen, die in diesem Rat sitzen, haben alles Recht der Welt, zu polarisieren. Sie müssen es sogar, denn sie haben Grausames erlebt. Sie müssen konkret und deutlich, und wenn sie kein Gehör finden, auch laut werden dürfen. Denn viele Linksintellektuelle führen einen Pseudodialog über den Kopf der Leidtragenden hinweg.

Wenn Sie aufklären möchten, schleichen Sie sich doch als Imam getarnt in eine Moschee. Dann können Sie vielleicht harte Fakten vorweisen?

Günter Wallraff:  Das habe ich meinem Freund, dem Schriftsteller Salman Rushdie, vorgeschlagen. Mit ihm gemeinsam, als Mullahs verkleidet, undercover im Iran. Aber das war nicht sein Ding - jetzt bringen Sie mich allerdings auf eine neue Idee.

Welche?

Günter Wallraff: Lassen Sie sich überraschen.

Der Journalist Hajo Friedrichs sagte einst: "Ein guter Journalist macht sich mit keiner Sache gemein, auch nicht mit einer guten". Sind Sie ein schlechter Journalist?

Günter Wallraff: Hajo Friedrichs hat sich verdienterweise selbst nicht an dieses Motto gehalten. Als Sportjournalist 1978 hat er über die Fußballweltmeisterschaft in der argentinischen Militärdiktatur berichtet und sich für zigtausende politische Gefangene eingesetzt, woraufhin die Bild-Zeitung eine Kampagne gegen ihn startete und ihn als "politischen Agitator" beschimpfte. Ich bewege mich auf der Nahtstelle zwischen Journalismus und Dokumentarliteratur. Ich bin manchmal auch Fabrikarbeiter, Verbraucherschützer und Menschenrechtler. Ich bin vieles.






QuoteLeserkommentare (4 Kommentare)

28.05.2008 23:39 Uhr:
Von Ihr Hassan Kal:

"Günter Wallraff fordert von Muslimen eine kritische Auseinandersetzung mit ihrem Glauben." Es wird kommen, ganz sicher! Am Tag an dem Ostern und Weihnachten auf einen Tag fallen!

"Seine Idee, mit Salman Rushdie als Mullah verkleidet in den Iran zu reisen." Eine sehr gute Idee für einen sicheren Suizid!

28.05.2008 23:14 Uhr:
Von Atheist:

Ein absolut unprofessionelles Interview eines Journalisten, der es nicht schafft, seine persönliche Einstellung in dieser Angelegenheit aus dem Interview rauszuhalten ("Sie übertreiben!"). Dass ausgerechnet er Wallraff fragt, ob dieser ein schlechter Journalist sei, ist grotesk.

Bewundernswert dagegen ist Wallraffs ruhige und sachliche Art, mit derlei Provokationen umzugehen.

Im Übrigen hat Wallraff mit seiner Kritik am Umgang vieler Linken mit dem Thema Islam vollkommen recht. Vieles an dieser Religion ist in einer aufgeklärten, humanistischen Gesellschaft einfach nicht hinnehmbar und es kann nicht angehen, derlei Unarten quasi als "folkloristische Eigenheiten" einer ethnischen Gruppe zu beschönigen.


28.05.2008 18:21 Uhr:
Von Joe:

Günter Wallraff hat es begriffen! Liebe Deutsche Linke, schließt euch ihm an - der Feind steht vor der eigenen Haustür!!

28.05.2008 16:19 Uhr:
Von NeoCon:

Tja.
Da liegt der Wallraff richtig.
Minderwertig.
Für fromme Muslime ist eine Frau so eine Art Haustier.
Wie eine Kamelstute.
Mit einem Unterschied.
Ein Kamel hat im Islam mehr Rechte.
Die Essenz von Patriarchat
- im Islam wie im Vatikan -
ist die Angst vor und der Haß auf Frauen.



Aus: "Journalist Wallraff über Islam in Deutschland - "Ich wünsche mir keine Pappmoschee""
INTERVIEW: CIGDEM AKYOL (28.05.2008)
Quelle: http://www.taz.de/1/leben/medien/artikel/1/ich-wuensche-mir-keine-pappmoschee/?src=SZ&cHash=3a2d037043 (http://www.taz.de/1/leben/medien/artikel/1/ich-wuensche-mir-keine-pappmoschee/?src=SZ&cHash=3a2d037043)

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Hans-Günter Wallraff (* 1. Oktober 1942 in Burscheid) ist ein deutscher Journalist und Schriftsteller. Er ist durch seine Reportagen über diverse Großunternehmen, die Bild-Redaktion und verschiedene Institutionen bekannt geworden, für die er sich stets der Methoden des Investigativ-Journalismus bediente.
http://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%BCnter_Wallraff (http://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%BCnter_Wallraff)


Title: [Wir werden hier mit einem Generationenproblem konfrontiert... (Olivier Roy)]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 23, 2008, 12:22:37 PM
Quote[...] Einen "verzweifelten Zwischenruf" nennt Rezensent Nils Minkmar dieses Buch des französischen Politikwissenschaftlers Olivier Roy, einen der "besten Kenner" des Islams. Ausdrücklich begrüßt er das Anliegen des Autors, das intellektuelle Diskussionsniveau in den sträflich vereinfacht geführten Debatten über Islamismus und Terrorismus zu heben und ein komplexeres, angemesseneres Bild zeichnen. Minkmar attestiert dem Autor, eindringlich gegen die Vereinfachungen und Irrtümer des Westens anzuschreiben, die letztlich nur zu einer Verschärfung, nicht zu einer Lösung der Situation führen. Zustimmend äußert er sich etwa über Roys Analyse des US-amerikanischen Kriegs gegen den Terror, die sowohl die Fragwürdigkeit ideologisch motivierter Interpretationen wie auch der militärischen Strategie vor Augen führt. Er hebt zudem Roys Ausführungen über die tiefgreifenden Differenz und Zersplitterung der Länder vor Augen, die im Westen immer nur als "die islamische Welt" identifiziert werden. Der Autor verdeutliche hier, dass die Einheit des Islamismus nur an einer Stelle existiere: im von den westlichen Medien geschürten Bedrohungsgefühl, das zur stärksten Waffe der Islamisten werde. ...



Aus: "Olivier Roy: Der falsche Krieg - Islamisten, Terroristen und die Irrtümer des Westens" (Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.02.2008)
Quelle: http://www.perlentaucher.de/buch/28892.html (http://www.perlentaucher.de/buch/28892.html)

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Quote[...] [Olivier Roy]: Die Debatte über die dänischen Cartoons, über Gotteslästerung und Freiheit der Kunst wird nicht zwischen einem liberalen Westen und einem obskuren Osten geführt. Die meisten religiösen Konservativen Europas befürworten eine Begrenzung der Freiheit des Ausdrucks - so gewann die französische katholische Kirche vor zwei Jahren eine Gerichtsschlacht, in der es um die Verbannung einer Darstellung des "Letzten Abendmahles" ging. Die Apostel waren darauf durch halbnackte Frauen ersetzt. Die meisten katholischen Bischöfe sind gegen die Schwulen-Hochzeit. Und nebenbei gesagt, haben viele Muslime eine sehr kritische Sicht zu der fehlenden Freiheit und Demokratie in arabischen Staaten, deren Regime von uns, dem Westen, unterstützt werden wie beispielsweise Tunesien oder Ägypten. Es ist keine Debatte zwischen Kulturen, wohl aber eine zwischen Werten. Zudem ist es eine Debatte, die innerhalb der Grenzen Europas geführt wird: Sollten wir etwa die katholische Kirche Spaniens als muslimisch bestimmen, nur weil sie die Säkularisation ablehnt, wie auch die Trennung von Kirche und Staat, die Schwulen-Hochzeit und die absolute Freiheit der Religion? Die modernen Merkmale des Fundamentalismus sind nicht Produkte traditioneller Kulturen, sondern im Gegenteil Erzeugnisse einer Krise der traditionellen Kulturen, das Produkt der De-Kultivierung und Globalisierung. Religiöse Spannungen verweisen stets auf Krisen traditioneller Kulturen - und sind nicht deren Ausprägung.

[...]  Islamische Reformer betonen, dass der Islam, richtig gedeutet, in keinem Konflikt mit Europa stehe.

Ja, natürlich. Im selben Sinne wie das konservative orthodoxe Judentum, evangelikaler Protestantismus oder konservativer Katholizismus nicht für Konflikte sorgen - oder es eben doch tun. Sie haben eine unterschiedliche Agenda, sie blühen auf in verschiedenen Räumen, aber sie stimmen in einigen Grundregeln überein, was die demokratischen Institutionen und die Regulierung von Uneinigkeit angeht. Niemand fordert den Papst auf, sich seiner Position der Abtreibung zu vergewissern, um ein besserer Europäer zu sein. Religionen können eben nicht einfach unter das Joch der Politik gebracht werden - und dies ist letztlich die Ursache, weshalb Demokratien eine mehr oder weniger große Trennung zwischen Staat und Kirche etabliert haben. [...] Wir tendieren dazu, den Einfluss der Krise des Nahen Ostens für die Radikalisierung von Muslimen im Westen überzubetonen. In Paris bringt eine pro-palästinensische Demonstration auf der Straße nicht mehr als 10 000 Menschen zusammen, obwohl zwei oder drei Millionen Muslime in und um Paris herum leben. Der Mörder von Theo van Gogh in Holland erwähnte niemals Irak, Afghanistan oder Palästina, sondern ausschließlich die Blasphemie. Wir werden hier mit einem Generationenproblem konfrontiert - was exakt dasselbe Problem mit den Ultralinken in den 70er gewesen ist -, nicht mit einer geostrategischen Frage. Bin Laden attackierte New York vor und nicht nach der Irak-Invasion der USA. ...



Aus: "Interview: Lasst uns aufhören, über Religion zu reden!" (22.06.2008)
Interview: Michael Hesse
Quelle: http://fr-aktuell.de/top_news/?em_cnt=1355800&em_cnt_page=1 (http://fr-aktuell.de/top_news/?em_cnt=1355800&em_cnt_page=1)

Title: [Als Udo Ulfkotte klar wurde, dass etwas getan werden muss... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 25, 2008, 02:19:52 PM
Quote[...] Seit vielen Jahren gehe ich morgens zu einer Waldkapelle im Taunus. Ich entzünde dort eine Kerze und schöpfe im Gebet Kraft für den neuen Tag. Über all die Jahre der Demütigungen war mir die nahe gelegene Waldkapelle ein Ort, der mir immer wieder Zuversicht gegeben hat. Seit Februar 2006 wurde die Kapelle mehrfach von Unbekannten verwüstet. Am Morgen des 5. Juli fand ich sie im bislang schlimmsten Zustand vor: die Kerzenleuchter waren von der Wand geschlagen und die aus Lindenholz geschnitzte Madonna hatte als Zielscheibe für Flaschen gedient. Nachdem ich den Vorfall bei der Polizei zur Anzeige gebracht hatte, wurde ich gefragt, was ich denn eigentlich von der Polizei erwarte. Nichts gegen die zuständigen Beamten. Aber mir wurde schlagartig klar, dass sich die Werte unserer Gesellschaft sehr verändert haben.

...




Aus: "Verkehrte Welt" Von Udo Ulfkotte (10. Oktober 2006)
Quelle: http://www.ulfkotte.de/17.html (http://www.ulfkotte.de/17.html)

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Quote[...] Udo Ulfkotte studierte in Freiburg im Breisgau und London Rechtswissenschaften und Politik. Er ist ein Schüler des Schweizer Kriminologen Rüdiger Herren und des Beraters der Kohl-Regierung Dieter Oberndörfer. Ulfkotte arbeitete nach seiner Promotion an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg von 1986 bis Ende 2003 in der außenpolitischen Redaktion der FAZ.

Der Journalist Karl Rössel behauptete 1997, dass Ulfkotte als Afrika-Korrespondent der FAZ von Shell Leistungen entgegengenommen hätte und die FAZ sich damit ,,journalistisch prostituiert" habe. Die FAZ klagte gegen diese Aussage und verlor den Prozess vor dem Kölner Landgericht am 2. November 1997.

Im März 2004 wurden Büro und Wohnhaus des Autors von der Staatsanwaltschaft Frankfurt durchsucht. Der Verdacht auf Bestechung von Polizeibeamten und auf Beihilfe zum Geheimnisverrat wurde im Sommer 2005 fallen gelassen. Das Verfahren wurde eingestellt. Im Oktober 2006 wurden alle restlichen Verfahren eingestellt.

Ulfkotte lebte zwischen 1986 und 1998 überwiegend in islamischen Staaten (Irak, Iran, Afghanistan, Saudi-Arabien, Oman, Vereinigte Arabische Emirate, Ägypten und Jordanien). Er berichtet in einem Interview, dass ihn diese Zeit entscheidend geprägt habe:[1]

    ,,Ich habe Hinrichtungen in Saudi-Arabien erlebt und im Jemen gesehen, wie abgehackte Hände an das Stadttor geheftet wurden. Ich habe Steinigungen gesehen von Frauen, die Einteilung von Menschen in verschiedene Klassen und das menschenverachtende Weltbild der Muslime erlebt."

In demselben Interview sieht er sein Fazit aus dem Buch Der Krieg in unseren Städten bestätigt, wenn nun von der Politik Sicherheitspakete verabschiedet werden, die genau in diese Richtung gingen:

    ,,Ich bin kein Scharfmacher, aber wir leben in einer Demokratie. Ich lege einen Finger in die Wunde, was ich als eine meiner Aufgaben ansehe. Ich will nicht politisch korrekt sein."

Er ist Mitglied des Marshall Memorial Fund der Vereinigten Staaten, war von 1999 bis 2003 Mitglied im Planungsstab der Konrad-Adenauer-Stiftung und ist Träger des Staatsbürgerlichen Preises 2003 der Annette-Barthelt-Stiftung. Er war Referent der Bundesakademie für Sicherheitspolitik und lehrt seit 1999 im Fachbereich Betriebswirtschaft Sicherheitsmanagement an der Universität Lüneburg. Ulfkotte weist regelmäßig in der Öffentlichkeit auf Sicherheitslücken hin. Im November 2006 demonstrierte er gemeinsam mit einem Fernsehteam des Hessischen Rundfunks vor laufender Kamera, dass die neuen Online-Bordkarten der Lufthansa nicht fälschungssicher und leicht zu manipulieren waren. Ulfkotte konnte mit einer in wenigen Minuten manipulierten Bordkarte die Sicherheitskontrollen am Frankfurter Flughafen passieren.

Dem Hamburger Verlag Gruner + Jahr half Ulfkotte seit Sommer 2004 bei der Entwicklung der Zeitschrift Park Avenue, deren Chefkorrespondent er von Juni 2005 bis Juni 2006 war. Ulfkotte ist Herausgeber der Zeitschrift Whistleblower, in der über Themen berichtet wird, die von deutschsprachigen Medien noch nicht aufgegriffen wurden.

[...] Ulfkotte ist ein islamkritischer Autor, der mehrere Bücher vor allem zu den Themen Geheimdienste und Islamismus geschrieben hat, die zum Teil umstritten sind. Darüber hinaus ist die Auseinandersetzung mit dem Islam eine zentrales Thema seiner publizistischen Tätigkeit.

Das im März 2003 vom Frankfurter Eichborn Verlag veröffentlichte Buch Der Krieg in unseren Städten musste vor dem Hintergrund eines Antrags der Islamischen Föderation auf einstweilige Verfügung beim Berliner Landgericht noch im selben Jahr vom Markt genommen werden.[5][6] In dem Rechtsstreit geht es um die im Buch erhobene Behauptung, die Islamische Föderation sei Landesverband der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüş (IGMG). Nach Angaben der taz rollte nachfolgend eine wahre ,,Prozesslawine" auf den Verlag zu, weil verschiedene muslimische Vereine, Organisationen, Firmen und Privatpersonen ebenfalls gegen das Buch klagen.[6]

    ,,In hingebungsvoller Kleinarbeit hat Ulfkotte Berge von Informationen aus dem islamischen Milieu zusammengetragen. Sie sollen belegen, dass Deutschland keineswegs nur ein Ausbildungsort und Ruheraum für arabische Terroristen ist, wie sich nach dem 11. September erwies. Sondern dass religiöse Extremisten Deutschland selbst ins Visier genommen haben, und dass sie zum Angriff auf unseren Rechtsstaat rüsten. Ihr Ziel: ein islamischer Gottesstaat."

    – Die Welt[7]

2004 erschien eine aktualisierte und überarbeitete Neuauflage des Buches im Fischer-Taschenbuch-Verlag, welche inzwischen jedoch vergriffen ist.

Gemeinsam mit anderen gründete Ulfkotte 2006 den Verein Pax Europa. Nach eigenen Angaben will man unabhängig von parteipolitischen Interessen die ,,christlich-jüdische Tradition" der europäischen Kultur bewahren und für eine ,,Aufklärung der Öffentlichkeit" sorgen. Zentraler Gegenstand dabei ist die Auseinandersetzung mit dem Islam und dem Islamismus.

Bevor Ulfkotte zur Zentrumpartei stieß, bestätigte er Mitte März 2007 gegenüber Spiegel Online Pläne zur Gründung einer eigenen ,,Partei gegen die Islamisierung Deutschlands". Als Namen könne er sich Christlich-Ökologische Partei vorstellen, hieß es. Sie soll sich nach eigenen Angaben ,,gegen das Vordringen des radikalen Islam in Europa" richten. Ulfkotte spricht in dem Zusammenhang von ,,Sonderrechten für Muslime". Außerdem will Ulfkotte die Aufnahme der Türkei in die EU verhindern.

Ulfkotte war Redner auf dem vom Bundesverband der Bürgerbewegungen zur Bewahrung von Demokratie, Heimat und Menschenrechten organisierten ersten deutschen Islamkritikertreffen, das am 2. Juni 2007 in Wertheim stattfand und auf dem das so genannte Wertheimer Manifest[8] verabschiedet wurde. Nur einen Tag später, am 3. Juni 2007 referierte Ulfkotte neben Karlheinz Weißmann, Götz Kubitschek und Henry Nitzsche auf einer Veranstaltung des Instituts für Staatspolitik,[9] das der Neuen Rechten zugerechnet wird.

Ulfkottes Pax Europa plante für den 11. September 2007 zusammen mit der dänischen SIAD und der britischen No Sharia Here eine europaweite Demonstration gegen die ,,Islamisierung Europas" in Brüssel. Diese wurde am 9. August 2007 vom Brüsseler Bürgermeister Freddy Thielemans verboten.[10] Daraufhin klagte Ulfkotte gegen das Verbot und wurde hierbei vom belgischen Anwalt Hugo Coveliers vertreten, den ihm Philip Dewinter, der Fraktionsvorsitzende der rechtsextremen Vlaams Belang, vermittelt hatte. [11] Die Klage wurde am 30. August 2007 abgewiesen. [12]

[...] Nach dem Verbot der Demonstration in Brüssel kündigte der Verein Pax Europa an, in Köln demonstrieren zu wollen. Nach anfänglicher Kooperation distanzierten sich Ulfkotte und Pax Europa Anfang September 2007 offiziell vom Vlaams Belang und dem Kölner Ableger der ebenfalls rechtsextremen Deutschen Liga für Volk und Heimat, der Bürgerbewegung pro Köln, [13] die zur Teilnahme an den Demonstrationen aufgerufen hatten:

    ,,Weder die im Verfassungsschutzbericht erwähnte und am extremen rechten Rand des politischen Spektrums stehende Gruppe Pro Köln noch die rechtsextreme belgische Gruppe Vlaamse Belang waren oder sind Mitorganisatoren oder Unterstützer der von Pax Europa in mehreren europäischen Städten am 11. September 2007 angemeldeten Demonstrationen gegen die schleichende Islamisierung Europas.

    [...]

    Pax Europa e.V. und ihr Vorsitzender Udo Ulfkotte distanzieren sich energisch von den Versuchen rechtsextremistischer Gruppen, sich an unsere Demonstrationen anzuschließen. Wir fordern alle Anhänger rechter und rechtsextremer Gruppen hiermit ausdrücklich auf, unseren demokratischen Veranstaltungen fern zu bleiben. Wir verurteilen es auf das Schärfste, mit diesen Menschen in einem Atemzug genannt oder von ihnen als Aushängeschild missbraucht zu werden."


[...] In seiner Ausgabe vom 30. Juli 2007, Seite 5, beschreiben die Redakteure Georg Anastasiadis und Werner Menner vom Münchner Merkur Ulfkotte als Nahost-Kenner, Islamexperten und Islamkritiker. In dem fast ganzseitigen Interview ging es über die schleichende Islamisierung Europas, Moscheen, den Fundamentalismus und die mangelnde Zivilcourage der Deutschen.

Einige Kritiker hingegen werfen Ulfkotte anti-islamisches Agitieren und Mangel an Seriosität vor. So urteilte Die Zeit 2003 in einer Rezension seines Buchs Der Krieg in unseren Städten:

    ,,Selbst wenn alle Namen, Zahlen und Fakten, die Ulfkotte präsentiert, korrekt sind, die Schlüsse, die er daraus zieht, sind zu einem großen Teil fragwürdig, wenn nicht absurd. Das Skandalon dieses Buchs besteht aus den Urteilen, die der Autor fällt, weniger aus den Fakten, die er ans Licht bringt."

Sein ehemaliger Arbeitgeber, die FAZ, hat sich von ihm distanziert. FAZ-Herausgeber Günther Nonnenmacher kommentiert die Pläne zur islamkritischen Parteigründung: [14]

    ,,Er hat kein geschlossenes Weltbild, das ist ja meistens so bei Leuten, die solche Randparteien gründen. Er hüpft auf einer Mode herum, versucht da was ideologisch abzuernten."

Der Publizist Hannes Schwenger urteilte im Tagesspiegel über das Buch Heiliger Krieg in Europa: [15]

[...] ,,[Ulfkotte] sieht den Untergang des Abendlandes greifbar nahe: demografisch, wenn bis zum Jahr 2065 die Hälfte aller Bundesbürger Muslime seien, und politisch, wenn sich bis dahin der Islamismus in ganz Europa durchgesetzt haben werde. Sein Buch befasse sich deshalb «mit dem zentralen Geheimbund, der mit grenzenlosem Hass und einer langfristigen Strategie die europäische Kultur zu zerstören sucht: der Muslimbruderschaft». Zum Beweis dient ein «Masterplan», der 1982 verfasst und 2001 in der Schweiz bei einer Hausdurchsuchung entdeckt worden und Teil eines «100-Jahre-Plans» sei, «um die Ideologie der Muslimbruderschaft rund um die Welt zu verbreiten». Schon 2020 solle «der Rest der Welt durch eineinhalb Milliarden Muslime niedergeworfen sein». Das klingt verdächtig nach den ominösen «Protokollen der Weisen von Zion», mit denen Nazis und andere Antisemiten jüdische Pläne für eine Weltherrschaft beweisen wollten (und die sich längst als Fälschung herausgestellt haben). Aber Ulfkotte ist sicher: «Die Muslimbruderschaft hat einen geheimen Plan zur Unterwanderung nichtmuslimischer Staaten. Das ist keine Verschwörungstheorie, denn sie bekennt sich freimütig zu diesem Ziel». Doch genau darum handelt es sich bei seinem Buch, das auf 300 Seiten noch die abstrusesten Beweise einer neuen Weltverschwörung präsentiert; oft genug ohne Quellenangabe oder unter Berufung auf Zeitungsmeldungen und Verfassungsschutzberichte, deren Quellen nicht bekannt sind."

Für Erheiterung sorgte beim Rezensenten der Frankfurter Rundschau der Umstand, dass Ulfkotte eine Satire-Aktion der Wiener Künstlergruppe Haben wir denn keine anderen Sorgen, die gefordert hatte, die österreichischen Gipfelkreuze durch Halbmonde zu ersetzen, für bare Münze nahm. Des Weiteren wirft er ihm ,,Panikmache", ,,journalistischen Schlendrian" und ,,Dummenfang" vor: [16]

    ,,Da drängt sich der Verdacht auf, hier gehe einer mit überzogenen und falschen Behauptungen zielsicher auf Dummenfang. Die Halbmonde über Europas Gipfeln sind in diesem Buch wahrlich nicht der einzige Fall von journalistischem Schlendrian. Ob Jugendkriminalität unter Migranten, Gammelfleisch in Dönerbuden oder islamische Parallelgesellschaften: Aus Andeutungen, Zeitungsnotizen und oft nicht mehr zugänglichen Internetmeldungen schnürt der Autor ein Panikpaket zusammen."

In der taz steht in einem Artikel, Ulfkotte erzähle vor allem Geschichten: [17]

    ,,Vor allem aber erzählt Ulfkotte seinen Zuhörern Geschichten. Es sind Geschichten aus dem täglichen Leben, die man beim nächsten Geburtstagskaffee weitererzählen kann. Dutzende davon hat er auf Lager. Viele Banken nähmen "die Sparschweine flächendeckend aus dem Sortiment", berichtet Ulfkotte. Aus "vorauseilendem Gehorsam gegenüber dem Islam". Metzger kämen zu ihm und erzählten, dass ihnen Muslime freitags im Laden aufs Schweinefleisch spuckten. Die Fluggesellschaft British Airways habe das Kreuz aus dem Logo an den Heckflossen der Flieger beseitigt. "British Airways", sagt er, "würde dementieren, dass das etwas mit Muslimen zu tun hat." Was er erzähle, sei korrekt und überprüfbar, versichert Ulfkotte: "Sonst wäre das Volksverhetzung." Einige Damen halten sich entsetzt die Hand vor den Mund, andere schütteln den Kopf. Sparschwein, Schnitzel, Kreuz - alles bedroht! Nun ist es belegt.

[...] Andere können kaum fassen, dass ein früherer FAZ-Redakteur mit solchen Geschichten auf Tour ist. "Wer spuckt aufs Schweinefleisch?" Der Sprecher des Deutschen Fleischerverbands muss lachen. "Diese Geschichte höre ich zum allerersten Mal! Ich bin sicher, dass wir davon erfahren würden, wenn dem so wäre." Wie solle das überhaupt klappen: Zwischen Fleisch und Kunden sei doch eine Glasscheibe. Auch der Sprecher des Sparkassenverbandes weiß nichts von einem Trend weg vom Sparschwein. "Die Kunden sollen die Sparschweine doch nicht essen", sagt er verwundert, "die sollen da ihr Geld reinstecken!" Unsinn sei Ulfkottes Behauptung, sagt auch die Sprecherin von British Airways. Ihr Unternehmen habe lange vor den Islamismus-Diskussionen begonnen, das Firmenlogo zu überarbeiten. Und wer wolle, der erkenne auch in dem neuen Design das ursprüngliche Motiv."

Die Behauptung, englische Banken zögen ihre "Sparschweine" zurück, geht auf eine Pressemeldung zurück [18], die jedoch längst als unzutreffend entlarvt ist. [19]

Hans-Christian Ströbele bezweifelte Ulfkottes Glaubwürdigkeit und warf ihm im Rahmen eines ,,Fernsehduells" unter Anderem vor, dass seine Darstellungen und Schilderungen übertrieben wären und nicht auf prüfbaren Fakten, sondern auf ,,irgendwelchem Mumpitz aus dem Internet" beruhten, weshalb seine Argumente unglaubwürdig wirkten.[20]

Im Zusammenhang mit dem Verbot der Demonstration gegen die ,,Islamisierung Europas" in Brüssel äußerte sich der Publizist Jörg Lau dahingehend, dass er ,,die Veranstalter und ihre Unterstützer für eine Horde von ziemlich zwielichtigen Anti-Islam-Hysterikern halte, darunter etwa von deutscher Seite der bekannte Herr Ulfkotte mit seinem "Pax Europa"-Verein."[21] Zudem kritisierte er die halbherzige Distanzierung Ulfkottes von ,,Rechtsradikalen":[22]

    ,,Und in Belgien macht die rechtsradikale Bewegung Vlaams Belang Werbung für die Demo. Ulfkotte, der an dem Projekt einer islamkritischen Rechtspartei für Deutschland arbeitet, beteuert, mit Rechtsextremisten nichts zu tun haben. Doch bei seinem Berufungsverfahren gegen das Demoverbot nahm er sich den Politiker Hugo Coveliers zum Anwalt, der in Antwerpen mit dem Vlaams Belang zusammengearbeitet hat. Und der Expolizist Bart Debie, eine schillernde Figur der rechten Szene Belgiens und stolzes Mitglied des Vlaams Belang, brüstet sich, Ulfkottes Dolmetscher bei der Anhörung in Brüssel gewesen zu sein."

Ulfkottes Roman Gencode J., in dem es darum geht, dass ein rassistischer Agent des Mossad in der Absicht die Menschheit zu vernichten genetisch veränderte Pesterreger aus dem israelischen Forschungszentrum Nes Tsiona in der Londoner U-Bahn und auf dem Flughafen Heathrow freisetzt und ein Attentat auf den Felsendom verübt, ,,um die Sache Bin Laden in die Schuhe zu schieben", bezeichnete Lau als ,,Revolverpistole nach dem Muster der Weisen von Zion". [23]

[...]

Einzelnachweise:
   1. ↑ Münchener Merkur Nr. 173 vom 30. Juli 2007, S. 5
   2. ↑ taz.de: hamburg kompakt: "Zentrum" kandidiert, 23. April 2007
   3. ↑ Bürger in Wut: Udo Ulfkotte unterstützt BÜRGER IN WUT, Pressemitteilung 03/2007, Bremen, 2. Mai 2007
   4. ↑ Bürger in Wut: Dr. Udo Ulfkotte tritt BÜRGER IN WUT bei, Pressemitteilung 07/2007, Berlin, 20. Juni 2007
   5. ↑ Die Zeit: Wie man Bürgerkriegsängste schürt, 15. Mai 2003
   6. ↑ a b taz.de: Im Namen Gottes, 20. Mai 2003
   7. ↑ Welt Online: Flut von Abmahnungen, 30. April 2003
   8. ↑ Bundesverband der Bürgerbewegungen: Wertheimer Appell, 2. Juni 2007
   9. ↑ Institut für Staatspolitik: Kein Ort nirgends?, 3. Juni 2007
  10. ↑ brusselnieuvs.be: Thielemans verbiedt anti-islambetoging, 9. August 2007 (fläm.)
  11. ↑ De Morgen: Ik verdeel de bevolking in twee kampen, ik been en breekijzer, 17 August 2007, S. 6 (,,Anti-Islam-Politiker Udo Ulfkotte trifft sich mit Philip Dewinter und Hugo Coveliers: ,Ich teile die Bevölkerung in zwei Lager, ich bin ein Brecheisen.' Udo Ulfkotte (l.) zu Gast bei Philip Dewinter. ,,Natürlich bin ich gern auf Dewinters Vorschlag eingegangen, einen Anwalt für unsere Organisation zu vermitteln. Auch der Vlaams Belang hatte vorgeschlagen, uns zu helfen, beispielsweise mit seinem Sicherheitsdienst, aber das haben wir abgelehnt. Wir arbeiten nicht mit dieser Partei zusammen.")
  12. ↑ International Herald Tribune: Brussels court upholds ban on anti-Islam protest planned for Sept. 11, 30. August 2007 (engl.)
  13. ↑ www.im.nrw.de: Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 2004, S. 74
  14. ↑ Der Tagesspiegel: Der Dampf der Kulturen, 26. April 2007
  15. ↑ Der Tagesspiegel: Welchen Islam hätten S? denn gern?, 21. Mai 2007
  16. ↑ FR-online.de: Ein Pudel heult den Halbmond an, 9. Mai 2007
  17. ↑ taz.de: Der Kreuzretter, 17. Juli 2007
  18. ↑ news.com.au: Piggy banks face the chop, 25. Oktober 2005
  19. ↑ Vgl. PC Piggy or Hogwash? Media Watch, 31. Oktober 2005.
  20. ↑ Kampf der Kulturen – Wie gefährlich ist der Islam?
  21. ↑ Jörg Lau: Darf man in Brüssel gegen die "Islamisierung Europas" demonstrieren?, 27. August 2007
  22. ↑ Jörg Lau: Wie Rechtspopulisten die Islamkritik diskreditieren, 5. September 2007
  23. ↑ Jörg Lau: Ralph Giordanos intellektueller Selbstmord, 7. September 2007

...


Aus: "Udo Ulfkotte" (18. Juni 2008)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Udo_Ulfkotte (http://de.wikipedia.org/wiki/Udo_Ulfkotte)

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Quote[...] Der immer wieder als Geheimdienstexperte in den Medien genannte 47-Jährige gilt als stramm konservativ. Kritiker werfen ihm vor, das Thema Integration und den Umgang mit dem Islam in der westlichen Gesellschaft unnötig zu dramatisieren. Um sein 2003 erschienenes Buch "Der Krieg in Deutschen Städten" gab es eine Flut von Klagen. Das Werk befasste sich auf der Basis von Geheimdienstquellen mit Islamisten in Deutschland. Vor wenigen Wochen erschien bei Eichborn der Nachfolgeband "Heiliger Krieg in Europa".


Aus: "NEOKONSERVATIVES PROJEKT: Autor Ulfkotte plant anti-islamische Partei" Von Jan-Philipp Hein  (16. März 2007)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,472151,00.html (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,472151,00.html)

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Quote[...] Es war im Herbst vergangenen Jahres, als Udo Ulfkotte klar wurde, dass etwas getan werden muss. Die Frau eines Bekannten, sagt Ulfkotte, sei zur Entbindung ins Krankenhaus eingeliefert worden, doch die Ärzte hätten sie nicht sofort behandelt. Denn zur gleichen Zeit sei eine Türkin eingetroffen, und das Personal habe sich erst einmal damit beschäftigt, die Kreuze abzuhängen.

Für Udo Ulfkotte ist diese Anekdote ein gutes Beispiel. Er erzählt sie, um zu belegen, dass in Deutschland eine schleichende Islamisierung vor sich geht. Ulfkotte, 46 Jahre alt, früher Journalist bei der ,,Frankfurter Allgemeinen Zeitung", Fachgebiet Sicherheit und Terror, ist Dozent und Buchautor. Nun will er eine Partei gründen. Ihm sind die ,,Sonderrechte von Muslimen" zuwider, wie er sagt. Das in etwa wäre das Parteiprogramm.

An diesem Aprilmittag, im Veranstaltungssaal eines Ferienheims, Holzhausen, Siegerland, spricht Ulfkotte über den ,,Einfluss der Islamisierung auf die öffentliche Meinung". Er erzählt, er mokiert sich, er warnt. Das Publikum, 60 Menschen, Durchschnittsalter um die 50, hängt an seinen Lippen. Die Zuhörer sind Mitglieder des Vereins ,,Die Wende – Aktion zur geistig-kulturellen Erneuerung Deutschlands aus seinen christlichen Wurzeln". Sie haben Ulfkotte eingeladen. Und der Gast erzählt seinen Gastgebern Dinge, die sie ungläubig staunen lassen.

Dass zum Beispiel dieses Mädchen in einer französischen Schule gesteinigt werden sollte. Oder jene Blutbank, die in Bremen geplant war, nur für muslimisches Blut. Ulfkotte umfasst mit seinen Händen beide Seiten des Pultes, hinter dem er steht. Europa sei ein Schlachtfeld der Kulturen, sagt er, ,,ein Tsunami der Islamisierung rollt über unseren Kontinent".

Günther Nonnenmacher, einer der Herausgeber der ,,FAZ", kennt Ulfkotte noch als jungen Mann. Als ,,bunten Hund" beschreibt er ihn, der nach 13 Jahren kündigte, weil er ,,seine Karriere weiterbringen wollte". Die Pläne, die Ulfkotte nun verfolgt, kommentiert Nonnenmacher so: ,,Er hat kein geschlossenes Weltbild, das ist ja meistens so bei Leuten, die solche Randparteien gründen. Er hüpft auf einer Mode herum, versucht da was ideologisch abzuernten."

Gegen Ende ähnelt Ulfkottes Vortrag in Holzhausen einer Wahlkampfveranstaltung. Sein Gesicht ist gerötet, er spricht lauter, sagt den Satz: ,,Alle, die unsere Werte verändern wollen, können sich zum Teufel scheren." Applaus begleitet Ulfkotte vom Pult.

Draußen unter dem schattigen Vordach wehrt sich Ulfkotte gegen den Vorwurf, er arbeite sich hier nur wieder ausschließlich am Islam ab, weil es sein Lebensthema sei. Sein letztes Buch heißt ,,Heiliger Krieg in Europa", ein anderes ,,Der Krieg in unseren Städten". Seine Partei werde mehr zu bieten haben, sagt er: Mehrwertsteuererhöhung zurücknehmen, schlanker Staat, Abbruch der EU-Verhandlungen mit der Türkei.

Das reicht, wenn man Ulfkotte glauben darf, um täglich 1500 E-Mails zu bekommen. Darunter genügend Post von Rechten, die er nicht haben wolle. Ulfkottes Frau Doris googelt deshalb jeden Absendernamen. Inzwischen komme sie nicht mehr hinterher, so groß sei das Interesse an der Partei, sagt Ulfkotte.

Er wünscht sich das auch für ein anderes seiner vielen Vorhaben. Im Hamburger Bürgerschaftswahlkampf tritt er für die christlich-konservative Splitterpartei Zentrumspartei an, ,,ich bin kein Mitglied bei denen", sagt er, ,,aber ich unterstütze bundesweit alle Gruppen, die sich für den Erhalt unseres Wertesystems einsetzen."

Er zieht an einer Zigarette und holt seine Sonnenbrille aus dem Etui. Er hätte gern Leute wie Bayerns Innenminister Beckstein, oder Schönbohm, den von Brandenburg. Leute, die die konservativen Flügel von CDU und CSU besetzen. Friedrich Merz, das wäre einer, den könnte sich Ulfkotte auch als Galionsfigur der Partei vorstellen. Leider hat dessen Büro abgesagt. Kann man nichts machen, sagt Ulfkotte. Er muss sich jetzt noch ein wenig unter die Leute mischen, dafür ist er ja hier.

Drinnen dampft Kaffee, dazu gibt es Mandarinenkuchen. Viele Arme winken Ulfkotte heran, schließlich sitzt er eingekeilt zwischen zwei älteren Herren am Tisch. ,,Kann es einen geläuterten Islam geben?", fragt einer der beiden. Ulfkotte antwortet: ,,Der Dialog wird immer als Hoffnung dargestellt, aber es wird ihn nicht geben."

Die beiden Männer nicken. Eigentlich, finden sie, wäre es sowieso die beste Integration, wenn man die Muslime zu Christen machen könnte. Ein wenig reden sie dann noch über den Islam, die Religion mit ,,Herrschaftsanspruch", und wie hier der eigene Untergang vorangetrieben werde, indem man mit Kindergeld die Mehrheit der Muslime finanziere. ,,Und dann wird es hier wie auf dem Balkan damals", sagt einer, gerade als die Klingel zur Fragerunde läutet.

Ulfkotte hat sein Publikum gut vorbereitet, ihm so viele Beispiele der islamischen Unterwanderung gesteckt, dass es sich ausgeliefert vorkommen muss. Da ist es nur logisch, dass die Fragen oft den Tenor haben: Was können wir denn tun?

Ende Mai, Mitte Juni soll die Partei gegründet werden. Momentan suche man noch den richtigen Ort, sagt Ulfkotte, schließlich ,,müssen wir ein Signal setzen". Auch mit dem Namen. Zu Beginn war ,,Christliche Ökologische Partei" im Spiel, jetzt ist ,,Pax Europa" der Favorit.

Ulfkotte gibt den Zuhörern noch ein paar Tipps für den Alltag: Um herauszufinden, ob man es mit einem Islamisten zu tun hat, einfach mal fragen, was das Gegenüber von den neuesten Selbstmordattentaten hält. Spricht es von Märtyrern, ist es in die Falle getappt.

Vieles Kopfschütteln, Raunen und Staunen, später sind aus allen Muslimen Islamisten geworden, und Ulfkotte stellt sich der letzten Frage. Ein älterer Herr steht auf und faltet die Hände vor sich: ,,Also, neben uns wohnen Türken. Wand an Wand. Und die grillen immer. Aber nicht mit Holzkohle, sondern mit Holz." Pause. ,,Was sollen wir denn mit denen machen?"

Da fällt selbst Ulfkotte nichts mehr ein.



Aus: "Der Dampf der Kulturen"  Europa ist ein Schlachtfeld, sagt Udo Ulfkotte. Und gründet eine Partei. Das Ziel: Islam eindämmen - Von Fredy Gareis, Holzhausen  (27.4.2007)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/zeitung/Die-Dritte-Seite;art705,2221213 (http://www.tagesspiegel.de/zeitung/Die-Dritte-Seite;art705,2221213)

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Quote[...] In solchen Momenten denkt man: Es könnte doch klappen. Diese Menschen werden ihn wählen. Er wird groß herauskommen. Denn es läuft blendend an diesem Abend. Menschen strömen in die Nürtinger Stadthalle. Seinetwegen! Die örtliche CDU hat ihn eingeladen. In einigen Minuten beginnt sein Auftritt - Doktor Udo Ulfkotte, bekannt aus FAZ und Fernsehtalkshows. Im Saal sind nur noch Stehplätze zu haben, 250 Stühle, die Fensterbank, alles besetzt. Einige ältere Herrschaften haben sich auf einer Holzbank draußen am Gang niedergelassen. Sie wollen ihn wenigstens hören durch die offene Saaltür.

Mehr als 500 Mal, sagt Udo Ulfkotte, hat er seinen Vortrag über "Die schleichende Islamisierung der Gesellschaft" schon gehalten. Seit Monaten reist er durchs Land. Nicht als Journalist, sondern als Missionar. Sein Thema hat Konjunktur. "Mekka Deutschland" titelte unlängst der Spiegel. Moscheeneubauten, Integrationsgipfel, Kopftücher, Kofferbomber - die Nachrichten sind voll davon und die Debatten treiben die Menschen um. Auch hier in Nürtingen, wo das Abendland so selig selbstzufrieden wirkt an einem sommerlichen Montagabend wie diesem, wenn in der Altstadt die Kirchenglocken schlagen und sich Rentner in den Straßencafés zum Erdbeerkuchen treffen.

"Die Menschen haben kein Ventil", sagt Udo Ulfkotte, während er zusieht, wie die Nürtinger in die Stadthalle eilen. "Die haben etwas im Bauch, ein Unwohlsein. Und die Politik greift das nicht auf." Das Unwohlsein ist seine Hoffnung. Jetzt, mit 47 Jahren, hat Udo Ulfkotte beschlossen, eine Partei zu gründen, die Heilung verspricht. Jenseits der Union soll etwas Neues wachsen. Eine Partei, die propagiert, was die anderen sich so nicht zu sagen trauen: dass das "Vordringen des radikalen Islam in Europa" gestoppt werden muss, dass "Sonderrechte für Muslime" abgeschafft gehören, dass man die "christlichen-jüdischen Werte" retten muss. Udo Ulfkotte arbeitet an einem Bündnis jener, denen die Volksparteien zu lasch erscheinen. Er könnte ihre Integrationsfigur sein. Zu seinem Netzwerk gehören ehemalige Vorkämpfer der Schill-Partei. In Internet-Foren wie Politically Incorrect, wo User sich über "Musel und Co" austauschen, wird er für seine Pläne gefeiert. Als er unlängst in einer Freikirche im Berliner Arme-Leute-Kiez Wedding auftrat, riefen Zuhörer spontan "Amen!" und der Pastor wünschte "Herrn Ulf" den Segen Gottes.

Kollegen wundern sich über den ehemaligen FAZ-Mann. Himmel, was tut der da?

Hans Leyendecker, der wichtigste Rechercheur der Süddeutschen Zeitung, hat Ulfkottes Arbeit jahrelang verfolgt. Im Archiv findet man gehässige Sätze von ihm über die Texte des Kollegen. Heute fällt sein Urteil milde aus. Ulfkotte sei "eine tragische Figur", sagt Leyendecker, "ein Mensch, der heimatlos ist und nun dieses Thema gefunden hat". Ein "Borderliner - in vielfacher Hinsicht".

Udo Ulfkotte war als Journalist weit gekommen. Siebzehn Jahre arbeitete er als FAZ-Redakteur. Er berichtete aus dem Nahen Osten und aus Afrika. Der 11. September 2001 brachte ihn groß raus. Fernsehstationen holten ihn ans Mikro. Er schrieb Sachbücher mit Titeln, die nach Kino klangen: "Der Krieg in unseren Städten" oder "Propheten des Terrors" oder "Grenzenlos kriminell". Er war umstritten, seine Quellen galten als fragwürdig. Aber die Redaktionen lechzten nach Scoops aus der Halbwelt der Sicherheitsbehörden. Und so druckten Capital, Cicero und die Nachrichtenagentur ddp seine Artikel. Zwischendurch wurde er Chefkorrespondent - beim Edelklatschblatt Park Avenue. Zuletzt brachte auch die Junge Freiheit einen seiner Texte. Wenn ein Terrorexperte her muss, ruft noch heute der ARD-"Presseclub" bei ihm an.

"Das war mein Leben! Das war mein Leben, wo ich glücklich war, das habe ich sehr gern gemacht." Udo Ulfkotte spricht in der Vergangenheitsform über seine Zeit als Journalist. Er klingt wehmütig. Er sagt, was er in den letzten Jahren durchmachen musste, habe ihn "persönlich sehr verletzt".

[...]  Bevor er das anti-islamische Parteiprojekt anging, war es nicht gut gelaufen für ihn. Die Staatsanwaltschaft klebte an seinen Fersen. Sein Haus wurde 2004 durchsucht, auch das Büro seiner Ehefrau, die als Unternehmensberaterin arbeitete. Man warf ihm vor, Beamte zum Verrat von Dienstgeheimnissen angestiftet zu haben. Die Bild-Zeitung titelte: "Polizeirazzia bei Enthüllungsjournalisten." Ulfkotte wurde angeklagt. Sein Ruf stand auf dem Spiel.

Ulfkotte sagt, er sei unschuldig gewesen. Er habe keinen Beamten bestochen. Nach monatelangen Ermittlungen wurde das Verfahren eingestellt. Viele Kollegen habe er damals um Hilfe gebeten, erzählt Ulfkotte. Vergeblich. Sie hätten ihn zum "Aussätzigen" gemacht. Seine Frau habe ihre Existenz verloren. Selbst der Journalistenverband habe gesagt, man werde ihm nicht helfen. Seine Stimme kippt, wenn er darüber spricht. "Ich habe gefragt: Hey, warum? Warum?" Er habe in dieser Zeit Halt gesucht, er habe angefangen Kerzen in einer Waldkapelle anzuzünden, seine Religion wiederentdeckt. Er habe das Gefühl gehabt, dass man ihm, "diesem Scheißkerl", das Elend gönnte.

Der Sprecher des Journalistenverbands nennt die Vorwürfe "schieren Unsinn". Ulfkotte sei über Wochen beraten worden. Auf eine öffentliche Initiative für den Kollegen habe man bewusst verzichtet, weil die Fakten unklar gewesen seien. Es ist nicht die einzige Episode, wo Erinnerungen auseinander klaffen.

Udo Ulkotte will sich um das Gerede der anderen nicht mehr scheren. Aber natürlich hat er im Kopf, was ein FAZ-Herausgeber einer Zeitung gesagt hat: Ein "bunter Hund" sei dieser Ulfkotte. Er wiederholt das Zitat. Es klingt, als horche er nach: Bunter Hund? Hört sich das schlimm an? Er sagt selbst, dass er nicht in "Schubladen" passt, er will das auch gar nicht. Während die anderen Solarzellen für ihr Hausdach ordern, hat er ein Trinkwasserrohr mit Glykol in seinen Fischteich gelegt und an eine Wärmepumpe angeschlossen. Damit heizt er nun sein Haus. "Ich bin kein Mainstrem", sagt Ulfkotte, "aber das war ich nie."

Er blickt jetzt nach vorne. Er schäumt über vor Ideen, aber nicht aus allen ist etwas geworden. Bei seinen Vorträgen schwärmt er von den "unvorstellbaren Dimensionen" des Zuspruchs zu seinen Projekten. In Rundmails entschuldigt er sich, dass er kaum dazu komme, alle Anfragen zu beantworten.

Doch seine Partei gibt es noch nicht. Die Kandidatur zur Bürgerschaftswahl in Hamburg im nächsten Frühjahr hat er verworfen. Stattdessen hat er erstmal den "Europäischen Förderverein für Demokratie und Werte" gegründet - mit 44 Mitgliedern. Namen verrät er nicht. Außerdem ist er der rechtspopulistischen Wählervereinigung "Bürger in Wut" beigetreten. Er organisiert eine Demo zum 11. September gegen die Islamisierung. Im Internet kann man Teddybären kaufen, um sein Projekt zu unterstützen. "Da ist viel im Fluss", sagt er.

Nach seinem Vortrag hält es einige Nürtinger kaum noch auf den Stühlen. Sie wollen jetzt auch was sagen. Sofort. Ein Herr will wissen, was der Islam überhaupt für Werte vermittle. "Frauen schlagen!", ruft jemand. Schließlich steht ein Bürger auf: "Wäre es nicht an der Zeit, dass die CDU das alles so offen vertritt wie Sie?", fragt er. "Wir haben lange genug das Büßerhemd getragen."

Als es schon dunkel ist draußen, tritt der Bundestagsabgeordnete Michael Hennrich vor die Reihen. Er lächelt gequält, stammelt etwas von der wichtigen "gemeinsamen Veranstaltung" und dem "zentralen Thema". Man sieht dem jungen Nürtinger CDU-Mann an, wie schwer er sich tut. Diese Wähler sind weit weg vom Kurs der Parteizentrale. Trotzdem soll er sie mitnehmen. Er überlässt das Schlusswort dem örtlichen CDU-Chef. Der ruft den Leuten zu: "Mir elle hends gschpürt - des war a Vortrag mit Power, mit Brisanz!" Die Menschen klatschen. Udo Ulfkotte lächelt dankbar. Es läuft doch.

Quote17.07.2007 23:38 Uhr:
Von Dorothee Breitenstein:

Ist es möglich so blind für Tatsachen zu sein?!
Denkt ihr wirklich der Pleps wäre dauerhaft nur einfältig und manipulierbar!
Herrn Ulfkotte gehört meine ungeteilte Achtung!
Frage: sollte es auch "Kreuzritterinnen" geben, bin ich von Herzen eine solche. Wenn nicht, habe ich sie für mich gerade angenommen!!!


Quote17.07.2007 23:59 Uhr:
Von habedieschnautzevoll:

Sehr geehrte Frau Geisler, es ist immer wieder erschreckend wie Menschen wie Sie, welche überhaupt keine Ahnung von der " Friedensreligion" haben, andere Menschen mit "gesunden Menschenverstand" und diejenigen Menschen welche der Gehirnwäschung der `68 wiederstanden haben und Gottesgläubige Christen sind, nun versuchen einen überzugebraten.Sie selbst ,ihre Kinder und Kindeskinder werden,falls diese Islamisierung nicht gestoppt wird, als Minderheit und als Kuff`r im eigenen Land nichts mehr zu melden haben. Informieren Sie sich lieber über das was Sie schreiben und schauen Sie sich doch bitte mal die realität an!!!!!!


Quote18.07.2007 01:22 Uhr:
Von denis trueltzsch:

meine meinung ist das mann sich bevor mann ein urteil ueber jemand seine aussagen und seine meinung etwas sagt,das mann sich dann auch ernsthaft damit befassen.(lesen der buecher und nicht nur der titel bzw auch einfach nur
mal zu sehen ob es diese probleme wirklich gibt oder nicht!!!und es gibt sie nicht ueberall aber zunehmend und in einer demokratischen gesellschaft sollte mann auch ohne dumm gemacht zu werden diese pkt ansprechen können!!
die menschen hoeren ja nicht ohne grund hin und klatschen auch wenn manche diese erfahrung noch nicht gemacht habenl.

Quote18.07.2007 08:39 Uhr:
Von Jürgen:

Wenn Ihnen erzählt würde, das ganze 20. Jahrhundert Sowjetunion, China, Albanien usw. habe nichts mit dem Kommunismus zu tun - sei alles falsch interpretiert gewesen - und nun wollen Millionen Kommunisten zuwandern, wären Sie dafür? Genau deswegen sollten Sie gegen Zuwanderung aus islamischer Weltanschauung sein. Ich kann Dr. Ulfkotte nur sehr die Daumen drücken. Für uns und besonders unseren Nachfahren.

Quote18.07.2007 09:29 Uhr:
Von cassandra:

Herr Ulfkotte ist tatsächlich eine tragische Figur, ein Maulheld, ein Clown für die wiederauferstandenen, reaktionären "Türken-raus!"-Brüllaffen. Was der so vor sich hindeliriert an Gerüchten, Halbwahrheiten und platten Lügen, da muss er schon ganz feste selber dran glauben, um das auszusprechen ohne rot zu werden. "Islamischer Tsunami"? Bei drei Mio Muslimen und 79 Mio anderen Menschen in D? Der spinnt, der Ulfkotte!

Quote18.07.2007 11:12 Uhr:
Von Richard:

Der Artikel ist eines der besten Beispiele für das reflexartige Rechtsgerucke bei nicht passenden Aussagen.
Wie kann man es Wagen wie Ulfkotte den Islam "die Religion des Friedens" zu kritisieren.
Das passt doch nicht in die Multikultiwelt, Das muss ja ein Nazi sein oder. In dieser Manier versucht die Authorin auch alles um Ulfkotte zu diskreminieren. Kein Wort über die Probleme die Ulfkotte anspricht , passt ja auch nicht ins heile Weltbild oder ? Frau Sager sollte sich mal besser Informieren, vieleicht mal Menschen im Wedding Kreuzberg oder Neukölln besuchen.Vieleicht auch mal die Statistiken fragen welche Gruppe von Migranten die höchste Kriminalstatistik hat. Die Anwohner in Pankow mal fragen was die zu diesen Themen sagen, oder mal Fragen was die
DITIB so treibt oder welche Flugblätter von Mulimrecht verteilt werden. Das wiederum ist ja wohl zu mühselig oder ?. Da ist es ja wohl einfacher einen alten Kollegen der vom rechten (sorry Linken ) Glauben abgefallen ist zu Kreuzigen (ops wieder mal nicht korrekt) auf die quer genagelten Bretter zu nehmen oder

Quote18.07.2007 12:33 Uhr:
Von Andre Kahlmeyer:

Interessant, dass die bisherigen Kommentare von taz-Lesern hier eher aus einer konservativen Richtung zu kommen scheinen... Ich fand den Artikel über und gegen Ulfkotte sehr amüsant, v.a. den Hinweis auf Sparschweine und Schnitzel als wichtige deutsche Kulturgüter, um die es zu kämpfen gilt. Die Debatten um "Islam" sind sonst immer so humorlos; ein bisschen mehr Entspannung auf allen Seiten wäre wünschenswert. Ich glaube, dass es durchaus Probleme gibt mit manchen konservativen und patriarchalischen Muslimen, die in Deutschland leben (ebenso wie mit konservativ-patriarchalischen Spaniern, Vietnamesen, Russen und Deutschen), jedoch bewegt sich das meistens in einem kulturellen, nichtöffentlichen Bereich, dem man weder mit einer Partei extra zu diesem Zweck, noch mit Gesetzen wirklich effektiv begegnen kann. Oder will man Gesetze schreiben, die es Männern verbietet, nicht zu schmunzeln und es ernst zu nehmen, wenn Frauen ihnen bspw. in einer Behörde einen "Befehl" erteilen? Ich habe auch keinen besseren Vorschlag, instinktiv aber das Gefühl, dass Ulfkotte's Ansätze mehr Angst schüren, als Probleme lösen.

Quote18.07.2007 14:40 Uhr:
Von Chris:

Auch ich fand den Artikel sehr amüsant - die dahinterstehende Weltsicht (von Ulfkotte) sehe ich aber kritisch.

Politische Hasadeure gibt es eben in allen Schattierungen.

Und dieses Moslembashing erinnert mich fatal an die "Das Boot ist voll" Rhetorik Anfang der 90er - da brannten daraufhin dann bald einige Häuser.

Wenn es wieder soweit ist, hat das sicherlich nichts mit Ulfkotte zu tun.

Andere Beispiele sind frühere Attacken gegen andere Migrantengruppen. Itaker und Spaghettifresser, waren auch einmal sehr beliebte Feindbilder.

Ja, der "Teutsche" braucht halt sein Feindbild und seinen Sündenbock.


Quote18.07.2007 14:49 Uhr:
Von Zola:

Eine Frau Geisler sollte sich ob ihres Berichtes wirklich ihr Lehrgeld wieder zurückzahlen lassen.

Wer jetzt noch nicht begriffen hat, daß Islam/Koran mit unserem Grundgesetz und unseren Werten nichts, aber auch gar nichts zu tun hat, daß sich auch sprachliche Differenzen auftun, indem der Muslim unter Frieden etwas ganz anderes versteht als wir, sollte sich vielleicht einmal schlau machen.

Dummheit hat leider schon öfter gesiegt als uns lieb war.


Quote18.07.2007 15:11 Uhr:
Von Antirassist:

Falls sich einige wundern, warum hier so viele irrwitzige Kommentare von Rechtsaußen eintrudeln: Der taz-Artikel wurde natürlich auch auf dem Broder-und-Ulfkotte-Fanblog "Politically Incorrect" verlinkt: ein Hassblog mit zahlreichen rassistischen Kommentaren, die in Bürgerkriegsphantasien gegen "die Musels" schwelgen und in ähnlich verrückter Weise ausgerechnet die "taz" mit dem "Stürmer" vergleichen. Da haben sich einige vollständig aus unserer Realität verabschiedet. ...


Quote18.07.2007 15:25 Uhr:
Von Britta:

Für alle, die immer noch auf "Islam heißt Frieden" pochen und jeden Islamkritiker als Nazi verunglimpfen: Schauen Sie sich hier um:
www.ex-muslime.de

Gegen säkulare Türken, Araber oder andere Zuwanderer aus islamischen Ländern, gegen die Atheisten und Aleviten unter ihnen kann man wohl kaum etwas sagen. Diese Menschen integrieren sich in der Regel sehr gut und leben mit uns. Auffällig häufig aber hört man in den Medien von den konservativen und strenggläubigen Moslems unter uns, die gegen den Willen der Mehrheitsgesellschaft überdimensionale Moscheebauten durchboxen wollen (siehe Köln-Ehrenfeld), die das neue Zuwanderungsgesetz für rassistisch halten und den Integrationsgipfel boykottieren, die den Koran über unser Grundgesetz stellen und von denen viele kaum ein Wort Deutsch sprechen, obwohl sie bereits seit 30 Jahren hier leben (ich habe berufsbedingt (leider) häufig mit diesen Menschen zu tun und spreche aus Erfahrung).


Quote18.07.2007 17:42 Uhr:
Von Michael:

Ja, ja. Null Ahnung, null Information, aber von Rassismus schreiben @Antirassist.
Der Islam ist KEINE Rasse, sondern eine politische Ideologie mit religiösem Hintergrund, die keine Trennung von Staat und Politik kennt.
Wenn man mal richtig und in Ruhe recherchiert, dann wird man schnell merken, daß Herr Dr. Ulfkotte eher noch gemäßigt vorträgt. Die Wahrheit sieht noch viel düsterer aus.
Die Warnungen einiger Behörden werden mittlerweile immer lauter und deutlicher. (BKA, Verfassungschutz etc.) Vielleicht sollten sich die sogenannten Anitrassisten mal auf muslimischen Webseiten umsehen. Wer dann dann noch nichts merkt, hats nicht anders verdient.


Quote18.07.2007 19:49 Uhr:
Von Medusa:

Sehr geehrte Frau Geisler,

ist es Ihnen jemals in den Sinn gekommen, dass Islamkritiker auch in einigen Punkten Recht haben könnten, dass es nicht nur tragische Figuren sind, die Ihrer Meinung nach endlich "ihr Thema gefunden" haben? Im Umkehrschluss muss die Frage lauten, warum manche Menschen ein solch vitales Interesse haben, sich mit fremden Kulturen schmücken zu wollen und nahezu alles dafür in Kauf zu nehmen bereit sind?

Menschen, die hier seit vielen Jahren leben, kein Deutsch sprechen und darauf bestehen, dass ihre Töchter nicht am Schwimmunterricht in der Schule teilnehmen dürfen, sind hier fehlt am Platz. Es gibt genügend Länder, in denen sie diese Vorstellungen einer islamischen Welt ausleben können.


Quote18.07.2007 22:05 Uhr:
Von Eberhard:

Wir sind keine Rassisten. Oder ist Islam eine Rasse? Wer das verwechselt, hat sich mit dem Islam noch gar nicht kritisch auseinandergesetzt.
Mangelnde Aufklärung ist das Problem.
Lernt mal lieber was, tut mal etwas für Eure Bildung.
Wissen ist Macht - es öffnet Manchem die Augen.
Unwissenheit ist Ohnmacht
Die Augen und der Verstand könnte sich öffnen, wenn man sich mal unverbindlich den "Minority Report" reinzieht.
Den findet man auf:
www.politicallyincorrect.de
ganz oben rechts(in gelber Schrift)
Wer den Report verstanden hat, weiß über die Thematik "Islam" dann relativ gut bescheid und schreibt in den verschiedenen Blogs nicht so viel dummes Zeug.
Mit der Ruhe in Deutschland ist es auf jeden Fall vorbei.
Na ja,
Wissen ist eben Macht


Quote19.07.2007 00:34 Uhr:
Von mXP:

Hey, Eberhard

>> Wir sind keine Rassisten. Oder ist Islam eine Rasse?

Die Affirmation ist also da, nur das Ziel der gruppenbezogenen Abwertung ist anders umrissen. Na klasse. Klar, klingt ja auch besser, wenn man Auffassungen wie "Türken und Araber stinken" in das zeitgeistkonforme Gewand vermeintlich legitimer Islamkritik hüllt, obwohl man - wie etwa auf PI ständig beobachtbar - nichts anderes meint.

...


Quote19.07.2007 02:02 Uhr:
Von Averroes:

Meine lieben (ehemaligen) Freunde von der TAZ:

Wie blind seid Ihr eigentlich noch? Entweder haben wir in zwanzig Jahren eine Diktatur oder Bürgerkrieg.


Quote19.07.2007 03:04 Uhr:
Von Wahr-Sager:

Oh je, selbst hier ist man vor Rassismus- und Nazi-Keulen nicht sicher. Na, jedenfalls scheint es in diesem Kommentarbereich nicht ganz so arg von selbsternannten "Antifaschisten" zu wimmeln wie z. B. auf Telepolis. Es reicht bei diesen Gutmenschen schon aus, sich als Patriot zu outen, gegen den Islam zu sein und Kriminalität von Ausländern/Migranten anzusprechen, um als "Nazi", mit "rechtsaußen" etc. bezeichnet zu werden. Leider sind diese falschen Antifaschisten nicht zu einer sachlichen Diskussion fähig, sondern hauen in jede Kerbe, die sie finden, um ihre politischen Gegner mundtot zu machen. Für sie ist der Islam mit Ausnahmen generell positiv und Ausländer/Migranten generell gut.


Quote19.07.2007 07:07 Uhr:
Von Katharina B.:

Ach ja, Don Ulfkotte, Sancho PI und ihr Kampf gegen Windmühlen...

"Die Menschen haben kein Ventil"... Das kennen wir doch schon. Vor 80 Jahren hatten die Menschen auch kein Ventil und wen haben sie sich ausgesucht, um ihre Minderwertigkeitsgefühle zu kompensieren? Die Juden.

Das geht heute nicht mehr, heute sind's statt dessen die "Musels", die für alles verantwortlich sind, was im Leben der zu kurz gekommenen nicht so gut gelaufen ist.

Wenn man sich die Tiraden gegen Moslems und "Dhimmis" auch hier ansieht, dann hat man unwillkürlich den Eindruck, eine Gruppe Patienten ist aus der Anstalt ausgebrochen. Ulfkotte kann einem leid tun - das ist also nun sein Umfeld. Eine wahrhaft tragische Gestalt, der Mann. Trotz des Mitleids, dass ich ihm gegenüber empfinde, halte ich ihn für gefährlich. So lächerlich er und seine hysterischen Fußsoldaten sind - wir wissen nur zu genau, was solche vom Leben benachteiligten Deutschen alles zu verbrechen im Stande sind, wenn man ihnen zu viel Raum gibt oder die Gefahr, die für eine Demokratie von solchen Elementen ausgeht.


Quote19.07.2007 07:27 Uhr:
Von FreeSpeech:

@Andre Kahlmeyer

"Ich habe auch keinen besseren Vorschlag, instinktiv aber das Gefühl, dass Ulfkotte's Ansätze mehr Angst schüren, als Probleme lösen."

Ulfkotte benennt die Ängste, statt sie zu verdrängen. Das ist natürlich unangenehm und verdirbt den Kaffeegenuss unter Freundinnen.

Reden wir doch lieber über etwas Schönes. Wie war denn das Wetter im Urlaub?


Quote19.07.2007 10:43 Uhr:
Von Jan:

Ich selbst bewege mich politisch zu weit Links Außen als dass ich mir hier noch die Mühe mache diesen komplett populistischen Schrott den ein verbitterter Extrem-Islam-Kritiker (um mal nicht Rassist zu sagen und aber das selbe zu meinen) überheaupt aufmerksam zu lesen.
Das sind die Parolen die uns die NPD seit Jahren auf Wahlplakaten entgegen wirft.
Dieser Mensch redet von der Erhaltung des Christentums?
Ich würde mal behaupten wollen dass ihm ein wichtiger Aspekt der Christenheit - Liebe deinen Nächsten - abhanden gekommen ist auf seinem kleinen 1-Mann-Kreuzzug.
Klar hat das Christentum auch -Auge um Auge - das steht jedoch im Alten Testament und ist für die Christen dadurch weniger gewichtet als die Worte von dem Langhaarigen da.

Lieber Herr Dr. blabla
Haben sie mal drüber nachgedacht ihr populistisches potenzial der Npd zu gute kommen zu lassen?
So könnte ich wenigstens über die nächsten wahlplakate den furor autotomia beschwören.


Quote19.07.2007 21:26 Uhr:
Von kornpicker:

Es gibt auf beiden Seiten Feinde des friedlichen Zusammenlebens. Auf der einen Seite die Hizb-ut-Tahrir, die von "Kuffar und ihren Dienern" spricht, auf der anderen Seiten die Ulfkottes und die PI-hörigen, die von "Musels und ihren Dhimmis" sprechen. Dass die taz diese Anhänger des vielbeschworenen Clash of Civilizations aufs Korn nimmt, finde ich sehr positiv. Wir brauchen viel mehr solche Stimmen.


Quote20.07.2007 01:01 Uhr:
Von Leonidas:

Es ist schon merkwürdig, dass gerade die Linke den reaktionären, frauenfeindlichen Islam so sehr an ihre Brust drückt und beschützen will.
Die hier so großspurig über den "armen Ulfkotte" tönen, der nur islamistische Windmühlen sieht, werden in einigen Jahrzehnten diejenigen sein, die erkennen müssen, dass reaktionäres Christentum das weit kleinere Übel gegenüber dem orthodoxen Islam ist. Aber dann wird es zu spät sein.


Quote23.07.2007 15:19 Uhr:
Von Holger Ehrlich:

Mit dem Islamisten ist es, wie ein Freund von mir so passend bemerkte, wie mit Fisherman's Friend. Sind sie zu stark bist du zu schwach.
Da bangen die Leute um unsere christlichen Werte, wissen aber nicht einmal, was wir zu Weihnachten eigentlich feiern.


Quote28.07.2007 15:25 Uhr:
Von Ulfkotte-Wähler:

Das was ihr schlechtschreibt, dass muß einfach nur gut und vernünftig sein.... Ich werde ebenfalls Ulfkotte wählen!


Quote02.08.2007 14:27 Uhr:
Von Antikörper:

"Informieren Sie sich lieber über das was Sie schreiben und schauen Sie sich doch bitte mal die realität an!!!!!!"

Wie kommt ihr alle darauf, die Autorin hätte sich nicht informiert? Sie präsentiert hier Rechercheergebnisse, oder nicht? Sie hat sogar die Lächerlichkeiten Schnitzel/Sparschweine ernst genug genommen, bei den Verbänden nachzufragen. Wenn ihr behauptet, sie habe sich nicht informiert, lügt ihr dann oder habt ihr den halben Artikel schon wieder vergessen?

Wir erklärt ihr euch/uns, dass diese Verbandsvertreter nichts von alledem wissen? Gar nicht. Glauben und herumschreien scheint zu genügen.

"Frau Sager sollte sich mal besser Informieren, vieleicht mal Menschen im Wedding Kreuzberg oder Neukölln besuchen."

Ich bin gelegentlich in Kreuzberg, habe dort Bekannte. Die schütteln die Köpfe darüber, dass in den Medien das Bild entsteht, Kreuzberg wäre ein Ghetto, wo sich keiner mehr auf die Straße traut. Kreuzberg ist nämlich vielmehr einer der lebendigsten Stadtteile Berlins; perfekt zum Spazierengehen, Biertrinken, Eisessen an lauen Sommerabenden. Überall Leute auf den Straßen, Bewegung, gutes Essen, Musik. Wenn man sich unter Deutschen dort umhört, wird man erfahren, dass viele aus genau diesem Grunde gezielt aus anderen Städten oder anderen Stadtteilen Berlins dort hingezogen sind.

Was nicht heißt, dass es dort überhaupt keine Probleme gebe. Aber euer Schreckensbild ist pure Propaganda und hat nichts mit der Realität zu tun (wie Schnitzel/Sparschwein).

Habe mich auch neulich mit einer Bekannten aus Wedding unterhalten, die auch von den vielen Türken sprach, die dort leben. Ich: "Hast du Angst, abends auf die Straße zu gehen?" Sie: "Nö."

Aber was red ich - euch wird man nie davon abbringen, dass eure Version "DIE Realität" sei.


Quote02.08.2007 17:11 Uhr:
Von Jonni:

Es ist typisch für die Unkenntnis und die vielen Mißverständnisse über den Islam:

Es geht gerade NICHT um Sparschwein, Schnitzel und Kreuz!!! Nein, es geht um den GEHORSAM, diese Dinge aus irgendwelchen Rücksichtnahmen abschaffen zu wollen! Nur darum geht es! Ist das so schwer zu begreifen?

Wie kommen FREMDE Menschen dazu, mir mein Sparschwein, Schnitzel und Kreuz abnehmen zu wollen?

Auch wenn ich Vegetarier bin und ein Sparbuch habe, mir also nichts wegzunehmen ist, möchte ich nicht, dass in meinem Land auf diese Art in alte, harmlose Gewohnheiten eingegriffen wird. Da möchte ich die Rechte von jedem Sparkind, Schnitzelesser und Christen verteidigen.

Es ist schon schlimm genug, daß in den islamischen Ländern viele Rechte, gerade Menschenrechte, beschnitten sind. Ich möchte nicht, daß solche Rechtsverluste in unser Land einsickern und bin für jeden froh, der den Mut hat, diese schleichenden Verluste ins Gespräch, in die Öffentlichkeit zu bringen.

Wer das verharmlost und lächerlich macht, sollte sich wegen seiner kurzsichtigen Dummheit schämen.


Quote03.03.2008 22:08 Uhr:
Von AHA:

Ulfkotte ist mir vor Jahren bereits durch seine aufschneiderische Art und Weise aufgefallen. Er hat in der FAZ immer schon überzogen und durfte das, weil es gut klang. Rein Sachlich und im engeren Sinne war es immer problematisch, was und wie er es schrieb. Er ist gebildet, aber er hat eine ganz eigene Wahrnehmung und entwickelt sich zu einer durchgeknallten Variante von Scholl-Latour.
Die Autorin war eigentlich noch ziemlich lieb mit ihm.


Quote04.03.2008 06:13 Uhr:
Von bernd:

@jonni
Ich bin Christ (nicht nur im Ausweis sondern auch gläubig) und ich kann sehr gut auf deine Verteidigung MEINER Rechte verzichten. Die die von sich behaupten Christen zu sein und hier so eine scheisse über den Islam schreiben sind mächtig auf dem Holzweg. Was bildet ihr euch eigentlich ein hier mit dem Kreuz anzukommen und von christlichen Werten zu sprechen und dann eine Jagd auf Moslems anzuzetteln? Ihr habt aber auch garnichts verstanden. Eure "christlichen Werte" sind doch nur ein Vorwand um eine AntiIslam Haltung zu rechtfertigen. Das Problem ist aber dass es in den christlichen Werten keine AntiIslam Haltung gibt! Denkt ihr wirklich ihr könnt dem Herrn das Strafgericht abnehmen und selbst Richter spielen??? Ihr habt einen Gottkomplex Leute. Ich bewunder viele Moslems in ihrer treue und demut Gott gegenüber. Da könnten sich so einige Christen etwas von abschneiden.
Was wir hier Deutschland an Problemen haben ist grösstenteils nicht auf den Islam zurrückzuführen sondern auf die Gesellschaft ansich. Warum dröhnen sich die Kids denn heute so früh mit harten Sachen zu?? Die haben keine Perspektive und bekommen kaum Unterstützung weil kaum jemand sie versteht und es ja auch niemanden interessiert. Jeder denkt nur an sein eigenes Leben und wie er rumkommt. Egoistische Scheisse (und ich schliesse mich da garnicht so aus. Mich hat diese "Krankheit" auch schon erwischt aber ich bemerke es wenigstens. Das ist ja schonmal ein Anfang).
Und jetzt ratet mal wer noch weniger Unterstützung bekommt als ein deutscher Teenager... richtig ein Teenager mit ausländischen Wurzeln. Er wird dazu noch gemobbt und hat noch weniger die Chance in dieser Gesellschaft irgendeine höhere Position einzunehmen. Ist es da verwunderlich das man kriminell wird?? Das hat aber rein garnix mit seinem Glauben zu tun (ausser natürlich dass er gerade weil er einen anderen Glauben hat von Ahnungslosen die nur Bild Zeitung und Hetzblätter lesen diskiminiert wird und deshalb keine Chance hat)
Eure hetze ist total fürn Arsch. Kehr mal vor eurer eigenen Tür und nehmt euer Leben in die Hand und macht was draus statt die Schuld für euer verpfuschtes Leben auf andere zu schieben. Ich hab das auch noch vor mir da ich gerade selbst ALGII empfange. Das zermürbt einen aber scheisse ich werds schaffen und ihr könnts auch schaffen und dann werdet ihr auch wieder aus euerm Schlaf erwachen.
Also dann. Ran ans Werk ihr Luschen. Ich wünsch euch (und mir :o)) den Segen des Höchsten. Amen.


...


Aus: "Parteien - Der Kreuzretter" VON ASTRID GEISLER (17.07.2007)
Quelle: http://www.taz.de/index.php?id=start&art=2017&id=442&cHash=9e7eb4fc5a (http://www.taz.de/index.php?id=start&art=2017&id=442&cHash=9e7eb4fc5a)

Title: [Streitfragen zu Rudolf Steiner... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 04, 2008, 12:43:05 PM
Quote[...] Rudolf Joseph Lorenz Steiner, * 25. Februar 1861 in Kraljevec † 30. März 1925 in Dornach, Schweiz, war ein österreichischer Esoteriker und Philosoph. Er begründete die Anthroposophie, eine gnostische Weltanschauung, die an die christliche Theosophie, das Rosenkreuzertum und die idealistische Philosophie anschließt und zu den neumystischen Einheitskonzeptionen der Zeit um 1900[5] gezählt wird. Auf Grundlage dieser Lehre gab Steiner einflussreiche Anregungen für verschiedene Lebensbereiche, etwa Pädagogik (Waldorfpädagogik), Kunst (Eurythmie, Anthroposophische Architektur), Medizin (Anthroposophische Medizin) und Landwirtschaft (Biologisch-dynamische Landwirtschaft)...

[...] Das Werk Rudolf Steiners wurde schon zu seinen Lebzeiten sehr kontrovers diskutiert. Streitfragen dabei waren vor allem die proklamierte Wissenschaftlichkeit der Anthroposophie, die von Vertretern der universitären Wissenschaft nicht akzeptiert wurde, die gnostischen Ansätze seiner Christologie, die von den Amtskirchen scharf verurteilt wurden. Erst lange nach dem zweiten Weltkrieg wurden Äußerungen Steiners zur Rassenfrage, und zum Judentum beanstandet. Dieser Kritik ist Steiners Werk auch heute noch ausgesetzt.

[...] Kritik an Steiner bezieht sich auf die Verwendung von rassen- und geschlechtsspezifischen Stereotypen, wie sie allerdings zu seiner Zeit durchaus üblich waren. Steiner benutze eine Rassensystematik, die sich auf die Hautfarben beziehe und diesen bestimmte Eigenschaften zuschreibe. So werde etwa die ,,weiße Rasse" explizit mit dem ,,Denkleben", die ,,schwarze Rasse" mit dem ,,Triebleben" und die ,,gelbe Rasse" mit dem ,,Gefühlsleben" assoziiert. Weiterhin würden geschlechtsspezifische Muster bedient, etwa wenn Steiner den Außereuropäern eine ,,weibliche Passivität" zuschreibt. Die Kulturwissenschaftlerin Jana Husmann-Kastein, die ihrerseits von der Vorstellung ausgeht, ,,dass es sich bei der Kategorie ,Rasse' nicht um eine biologische Wahrheit handelt, sondern um eine historisch entwickelte soziale Konstruktion", kommt zu dem Urteil: ,,Steiner entwickelt zwar keine geschlossene Rassentheorie für die gegenwärtige Menschheit, aber mehrere rassentheoretische Modelle. Die Differenzierungssystematiken an sich beinhalten Essentialisierungen und Diskriminierungen und verbinden sich mit einem ,kosmologischen Determinismus'. Dabei schreiben sich farb- und geschlechtssymbolische Codierungen des Abendlandes deutlich ein."

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Aus: "Rudolf Steiner" (1. August 2008)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_Steiner (http://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_Steiner)

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Quote[...] Als Zionismus (von Zion) wird die jüdische Nationalbewegung bezeichnet, die sich infolge des europäischen Antisemitismus um 1880 politisch zu organisieren begann und einen eigenen jüdischen Nationalstaat in Palästina anstrebte. Der jüdische Journalist Nathan Birnbaum aus Wien prägte 1890 den Begriff.


Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Zionismus (http://de.wikipedia.org/wiki/Zionismus) (25. Juli 2008)


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Quote[...] In einem 1897 erschienenen Artikel über die "Sehnsucht der Juden nach Palästina" äußerte sich der Redakteur des "Magazins für Literatur" zur Entstehung der nationaljüdischen Bewegung. Seine Aufmerksamkeit galt dem im selben Jahr in Basel stattfindenden Ersten Zionistenkongress, an dem zahlreiche Vertreter des Zionismus aus Osteuropa teilnahmen. Den Vorsitzenden des Kongresses, Theodor Herzl und Max Nordau, attestierte er eitle und demagogische Absichten. Die Anhänger des Zionismus, so der Tenor dieses Beitrags,  zeichne zudem Überempfindlichkeit gegenüber der antisemitischen Agitation aus, deren Bedeutung überschätzt werde, da der Antisemitismus politisch ohnmächtig sei:

"Ich halte die Antisemiten für ungefährliche Leute. Die Besten unter ihnen sind wie die Kinder. Sie wollen etwas haben, dem sie die Schuld zuschreiben können an einem Übel, an dem sie leiden. ... Viel schlimmer als die Antisemiten sind die herzlosen Führer der europamüden Juden, die Herren Herzl und Nordau. Sie machen aus einer unangenehmen Kinderei eine welthistorische Strömung; sie geben ein harmloses Geplänkel für ein furchtbares Kanonenfutter aus. Sie sind Verführer, Versucher ihres Volkes." (37)

Steiners Vorbehalte gegenüber den Protagonisten des Zionismus, die das Übel des Antisemitismus politisch zu instrumentalisieren suchten und in deren Verlautbarungen in manchen Fällen auch die Sehnsucht nach einem ethnisch homogenen Staat Palästina mitschwang, waren nicht völlig unbegründet. In jüngerer Zeit hat zudem der Historiker Michael Brenner auf die narzisstischen Anteile im Selbstverständnis und Auftreten Herzls hingewiesen. (38) Allerdings unterschätzte Steiner in dem oben genannten Beitrag die Gefahr der antisemitischen Bewegung, die ja zu diesem Zeitpunkt sowohl in Österreich, wo  die Christlich-Soziale Partei Karl Luegers seit 1895 den Wiener Stadtrat dominierte, als auch in Deutschland, wo 1893 antisemitische Abgeordnete 16 Reichstagssitze eroberten und judenfeindliche Vereine und Organisationen Zulauf erhielten, einige politische Erfolge zu verbuchen hatte.

Steiners Kritik zionistischer Aktivitäten fügte sich – was Inhalt und Duktus der Ausführungen angeht –  fast nahtlos in das  zeitgenössische Spektrum ablehnender Stimmen zum Zionismus ein. (39) Die pauschale Zurückweisung zionistischer Bestrebungen erscheint aus heutiger Sicht umso unverständlicher, als im Jahr des Basler Kongresses bereits Zehntausende so genannter Ostjuden nach Mittel- und Westeuropa geflohen waren. Hierbei handelte es sich um Menschen, die  Zuflucht vor den nach der Ermordung Zar Alexanders II. 1881 im russischen Reich ausbrechenden Pogromen suchten. Gerade unter den osteuropäischen Aschkenasim, die in ständiger Angst vor Übergriffen, Vertreibung und Ermordung lebten, fiel somit die zionistische Programmatik, welche einen weitgehend souveränen jüdischen Nationalstaat verhieß, auf fruchtbaren Boden. In den Augen Steiners und der meisten seiner Zeitgenossen erschienen jedoch sowohl die zionistische Vision von der Schaffung eines Judenstaates im historischen Stammland Palästina als auch die auf Rassenseparation bedachte Propaganda der Antisemiten als eine ernsthafte Bedrohung des erfolgreich verlaufenden Assimilations- und Akkulturationsprozesses der  westeuropäischen Juden.  Noch im Mai 1924, also wenige Monate vor seinem Tod, begründete  der Anthroposoph seine ablehnende Haltung gegenüber dem Zionismus damit, dass der Forderung nach der Schaffung eines jüdischen Nationalstaates ein reaktionärer Geist  innewohne: "Solch eine Sache ist heute gar nicht zeitgemäß; denn heute ist dasjenige zeitgemäß, dem jeder Mensch, ohne Unterschied von Rasse und Volk und Klasse und so weiter sich anschließen kann."(40)

Eine frühe Berührung mit dem Thema Judentum und Antisemitismus verdankte der Redakteur des "Magazins" der engen Freundschaft zu dem jüdischen Dichter und Dramatiker Ludwig Jacobowski (1868-1900), dessen vor allem lyrisches Werk Steiner in verschiedenen Aufsätzen würdigte. Jacobowski starb im Alter von 32 Jahren an Tuberkulose. Aus der Feder Steiners, der auch für den Verstorbenen die Grabrede auf dem jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee hielt, liegen einige Nachrufe auf den Freund vor. (41) Auch gab Steiner posthum zwei Gedichtbände des Autors mit den Titeln "Stumme Welt"  und "Ausklang" heraus. (42) Jacobowski, der zeit seines Lebens an einem "jüdischen Selbsthass" (43) litt und als dezidierter Assimilationist judenfeindliche Stereotypen verinnerlicht hatte (44), wurde von Steiner als sensibler und rastlos arbeitender Schriftsteller dargestellt, der sich neben seiner Tätigkeit in dem von ihm begründeten Berliner Literatenkreis "Die Kommenden" auch politisch engagierte. (45) Gegen Ende seines Lebens war er Mitarbeiter im Bureau der "Mitteilungen aus dem Verein zur Abwehr des Antisemitismus". (46) Dem Gedächtnis Steiners nach gehörte Jacobowski "zu denen, die mit ihrer inneren Entwicklung längst über das Judentum hinausgewachsen waren. Er gehörte aber auch zu denen, die in tragischer Weise fühlen mussten, welche Zweifel man einem solchen Hinauswachsen aus blinden Vorurteilen heraus entgegenbrachte."(47)

Diese Episode ist insofern interessant, als Steiner – wohl auf Anregung Jacobowskis hin – eine Serie von Artikeln verfasste, die sich mit der judenfeindlichen Ideologie kritisch auseinandersetzten. (48) Seine diesbezüglichen Kommentare, die sowohl in den "Mitteilungen" des Berliner Abwehr-Vereins als auch im "Magazin für Literatur" erschienen, ließen an Eindeutigkeit wenig zu wünschen übrig.  Die antijüdische Ideologie erschien ihm als "Inferiorität des Geistes", den Protagonisten der Judenfeindschaft attestierte Steiner ein "mangelhaftes ethisches Urteilsvermögen" und "Abgeschmacktheit", die "jeder gesunden Vorstellungsart ins Gesicht" schlügen. (49) Begegnungen mit antisemitischen Agitatoren der Wiener Studentenjahre resümierend machte der Schreiber deutlich, dass es für ihn "nie eine Judenfrage gegeben" habe. Denn: "Ich habe den Menschen nie nach etwas anderem beurteilen können als nach den individuellen, persönlichen Charaktereigenschaften, die ich an ihm kennenlerne. Ob einer Jude war oder nicht: das war mir immer ganz gleichgültig." (50) Der Antisemitismus aber sei "ein Hohn auf allen Glauben an die Ideen. Er spricht vor allem der Idee Hohn, dass die Menschheit höher steht als jede einzelne Form (Stamm, Rasse, Volk), in der sich die Menschheit auslebt." (51) Durch die judenfeindliche Argumentation werde "die Logik entthront"(52). Einen "verschämten Antisemitismus" glaubte Steiner gerade unter solchen Hochschulabsolventen auszumachen, die sich von liberalen und demokratischen Idealen verabschiedet hätten: Ihre antijüdische Weltanschauung verfüge "nicht gerade über ein großes Besitztum an Gedanken, nicht einmal über ein solches an geistreichen Phrasen und Schlagwörtern. Man muss immer wieder dieselben abgestandenen Plattheiten hören, wenn die Bekenner dieser ›Lebensauffassung‹ den dumpfen Empfindungen ihrer Brust Ausdruck geben." (53) In der Propaganda der Antisemiten erblickte Steiner eine Gefahr sowohl für Juden als auch für Nichtjuden, die es "auf allen Gebieten so energisch als möglich" zu bekämpfen gelte. (54) Offensichtlich vermochte der Autor der "Mitteilungen" die von der antisemitischen Agitation ausgehende Bedrohung realistischer einzuschätzen als der Kommentator des Basler Zionistenkongresses. Aber auch einem zentralen Topos der antijüdischen Ideologie, dem Steiner in seiner "Homunkulus"-Rezension Jahre zuvor selber noch angehangen hatte, galt nun seine ausdrückliche Kritik:  "Wer offene Augen für die Gegenwart hat, der weiß, dass es unrichtig ist, wenn man meint, es sei die Zusammengehörigkeit der Juden untereinander größer als ihre Zusammengehörigkeit mit den modernen Kulturbestrebungen. Wenn es in den letzten Jahren auch so ausgesehen hat, so hat dazu der Antisemitismus ein Wesentliches beigetragen. Wer, wie ich, mit Schaudern gesehen hat, was der Antisemitismus in den Gemütern edler Juden angerichtet hat, der musste zu dieser Überzeugung kommen." (55)

Steiner beabsichtigte in diesen Beiträgen, der von den Antisemiten gezeichneten Karikatur jüdischen Lebens ein idealistisches Menschenbild entgegen zu setzen, das im Geiste seiner 1894 erschienenen Hauptschrift "Die Philosophie der Freiheit" den Primat der Individualität gegenüber Beschränkungen des Geschlechts und der Abstammung in die Waagschale warf. (56) Seine Annahme einer ewigen Entelechie, die in jedem Menschen – unabhängig von den geno- bzw. phänotypischen Bedingungen ihres In-Erscheinung-Tretens – nach Verwirklichung ihrer vorgeburtlichen Intentionen strebe, bot offenbar einen gewissen Schutz davor, in den Parolen der Rassenantisemiten eine politische Option zur "Lösung" der sozialen Frage zu erblicken.

QuoteAnmerkungen:
(37) Rudolf Steiner: Die Sehnsucht der Juden nach Palästina. Magazin für Literatur (38) 1897, in: ders.: Gesammelte Aufsätze, S. 196-201, 199 f.
(38) Michael Brenner: Warum München nicht zur Hauptstadt des Zionismus wurde - Jüdische Religion und Politik um die Jahrhundertwende, in: Ders./ Yfaat Weiss (Hg.): Zionistische Utopie - israelische Realität. Religion und Nation in Israel, München 1999, S. 39-52, hier 40 ff.
(39) Siehe zum Beispiel Heiko Haumann: "Eine jüdische Schweiz auf Actien?" Innerjüdische Opposition gegen den Zionismus, in: Ders. (Hg.): Der Erste Zionistenkongreß von 1897. Ursachen – Bedeutung – Aktualität, Basel 1997, S. 333-334.
(40) Aus: Rudolf Steiner: Vom Wesen des Judentums. Vortrag vom 8. Mai 1924, in: ders.: Die Geschichte der Menschheit und die Weltanschauung der Kulturvölker (GA 353), S. 179-196, hier 188.
(41) Rudolf Steiner: Ludwig Jacobowski, in: Ders.: Gesammelte Aufsätze zur Literatur 1884-1902 (GA 32), S. 92-104 sowie ders.: Ludwig Jacobowski: Ein Lebens- und Charakterbild des Dichters, in: Ders.: Biographien und biographische Skizzen (GA 33), Dornach 1967, S. 179-213.
(42) Rudolf Steiner (Hg.): Stumme Welt. Symbole. Skizzen aus dem Nachlass von Ludwig Jacobowski, Minden 1901. Siehe auch dens. (Hg.): Ausklang. Neue Gedichte aus dem Nachlass von Ludwig Jacobowski, Minden 1901.
(43) Sander L. Gilman: Jüdischer Selbsthaß. Antisemitismus und die verborgene Sprache der Juden, Frankfurt a.M. 1993, S. 126 f. Vgl. auch Ritchie Robertson: The "Jewish Question" in German Literature 1749-1939, Oxford 1999, S. 279. In seinem Roman Werther, der Jude (Dresden 1892) – nach Gilman ein Zeugnis jüdischen Selbsthasses – lässt Jacobowksi autobiografische Erfahrungen mit der judenfeindlichen Agitation in der fiktiven Gestalt  des assimilierten jüdischen Studenten Leo Wolff Revue passieren.
(44) Ismar Schorsch fasst Ludwig Jacobowskis ambivalentes Verhältnis zum Judentum und zum Antisemitismus folgendermaßen zusammen: "Anti-Semitism is indeed based upon fact and can only be overcome by a drastic ethical reformation of the entire Jewish community." Und weiter: "The response to anti-Semitism of this alienated Jew (Jacobowski) was thus marked by extreme vacillation between criticism of his coreligionists and defiant reaffirmation of Judaism." Aus: Ismar Schorsch: Jewish Reactions to German Anti-Semitism, 1870-1914, New York 1972, S. 47 und 95.
(45) Steiner: Ludwig Jacobowski: Ein Lebens- und Charakterbild, S. 188-191.
(46) Ludwig Jacobowskis genauere Tätigkeit im Verein zur Abwehr des Antisemitismus lässt sich heute nicht mehr verifizieren. Fred B. Stern hält es für wahrscheinlich, dass der Autor für Jahre das Amt des stellvertretenden Schatzmeisters innehatte. Siehe Fred B. Stern: Ludwig Jacobowski. Persönlichkeit und Werk eines Dichters,  Darmstadt 1966, S. 26 f. Lindenberg erbringt leider keinen Quellennachweis für seine Behauptung, Jacobowski habe das Bureau des "Vereins" geleitet. Vergl. Lindenberg: Steiner. Biografie, Bd. 1, S. 283.
(47) Steiner: Ludwig Jacobowski: Ein Lebens- und Charakterbild, S. 191.
(48) Rudolf Steiner: Ahasver; ders.: Verschämter Antisemitismus; ders.: Adolf Bartels, der Literarhistoriker. Mitteilungen aus dem Verein zur Abwehr des Antisemitismus 37 (1901), in: Gesammelte Aufsätze (GA 31), S. 382-386; ders.: Die "Post" als Anwalt des Germanentums. Mitteilungen aus dem Verein zur Abwehr des Antisemitismus 30 (1901), in: ebd., S. 387-388; ders.: Ein Heine-Hasser. Mitteilungen aus dem Verein zur Abwehr des Antisemitismus 38 (1901), in: Eebd., S. 388-393; ders.: Der Wissenschaftsbeweis der Antisemiten. Mitteilungen aus dem Verein zur Abwehr des Antisemitismus 40 (1901), in: ebd., S. 393-398; ders.: Zweierlei Maß. Mitteilungen aus dem Verein zur Abwehr des Antisemitismus 50 (1901), in: ebd., S. 414-417; ders.: Idealismus gegen Antisemitismus. Mitteilungen aus dem Verein zur Abwehr des Antisemitismus 52 (1901), in: ebd., S. 417-429.
(49) Steiner: Ahasver, S.  379.
(50) Ebd., S. 378 f.
(51) Steiner: Verschämter Antisemitismus, S. 412.
(52) Ebd., S. 404.
(53) Ebd., S. 398.
(54) Ebd., S. 413.
(55) Ebd., S. 409.
(56) Steiner Philosophie der Freiheit, S. 226 f. Siehe auch Lorenzo Ravagli: Rudolf Steiners Stellungnahmen zum Antisemitismus im Frühwerk, in: ders.: Jahrbuch für anthroposophische Kritik 2002, München 2002. S. 125-163.



Aus: ""Fehler der Weltgeschichte": Judentum, Zionismus und Antisemitismus aus der Sicht Rudolf Steiners"
Von Ralf Sonnenberg" (hagalil.com, 07-07-2004)
Quelle: http://www.hagalil.com/antisemitismus/deutschland/steiner-4.htm (http://www.hagalil.com/antisemitismus/deutschland/steiner-4.htm)

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Quote[...] Vor allem seit Mitte der neunziger Jahre äußern Autoren den Verdacht, die Anthroposophie transportiere antisemitische bzw. rassistische Inhalte und sei mitunter sogar Wegbereiterin des Nationalsozialismus gewesen. (82) Tatsächlich bediente sich ihr Urheber recht ungeniert aus dem Repertoire theosophischer und anderer Rassentheorien (83), auch wenn der Behandlung des Themas "Rassen" – sofern dieser Begriff somatische Varietäten und nicht bewusstseinsgeschichtliche Etappen im Sinne theosophischer Terminologie meint – in Steiners umfangreichen Werk eine marginale Stellung einnimmt. (84) Als rassistisch muss aus heutiger Sicht Steiners Versuch gewertet werden, biologische "Rassen" mit dem Grad der mentalen "Entwicklungsreife" ihrer Angehörigen zu korrelieren und somit eine Hierarchisierung von Menschengruppen spirituell zu begründen, deren unterste Sprossen den – aufgrund ihrer physischen "Degeneration" zum Aussterben verurteilten –  Indianern (85) sowie den von "Trieben" (86) und "Witterungen" (87) dominierten "Negern" vorbehalten bleiben. Die "arische" oder europäische hielt Steiner für die "zukünftige, da am Geiste schaffende Rasse". (88) Sie repräsentiert innerhalb seines Weltanschauungskosmos die "fünfte nachatlantische Kulturepoche", deren Anfang er auf den Beginn der frühen Neuzeit datierte. (89) Die rassistischen Implikationen dieses Stufenmodells hoffte Steiner durch eine eigentümliche esoterische Dialektik einzuholen, die er seinen rassenkundlichen Erörterungen vorschaltete: Die Reinkarnationsfolgen der menschlichen Individuen führten demnach durch die verschiedenen biologischen "Rassen" hindurch, so dass, "obgleich man uns entgegenhalten kann, dass der Europäer gegen die schwarze und die gelbe Rasse einen Vorsprung hat, doch keine eigentliche Benachteiligung" bestehe. (90)

Nach Auffassung des Politologen Helmut Zander ist Steiners Oeuvre "von einer nicht systematisierten oder hermeneutisch integrierten Ambivalenz gekennzeichnet", "in der Unvereinbares und Widersprechendes stehengeblieben" sei. Es hinge somit vor allem "von den Interessen der Leser ab, ob die Anthroposophie rassistisch interpretiert wird oder nicht." (91) Die völkische Tradition, unter welcher Zander recht allgemein "sozialdarwinistische" und "rassistische" Auffassungen versteht, ließe sich auch heute noch "neben und in den humanistischen Vorstellungen" der Anthroposophie auffinden. (92) Zander konzediert jedoch, dass Steiner kein "scharfmacherischer politischer Rassist oder Antisemit" gewesen sei, auch wenn er "zum intellektuellen Hintergrund und Überbau der deutschen Tragödie" gehöre. (93) Der Autor verortet die Entstehungsgeschichte der theosophisch-anthroposophischen Bewegung im Spektrum völkischer Sondergemeinschaften, wie sie sich seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert im deutschsprachigen Raum zu formieren und  in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg zu konsolidieren begannen.

Die von Helmut Zander nahegelegte Subsumierung der Anthroposophie unter die völkischen Lehren der Kaiserzeit und Weimarer Republik wäre jedoch nur dann sinnvoll, wenn sich der Nachweis erbringen ließe, dass nationalistische, sozialdarwinistische, pangermanische und antisemitische Begründungsmuster einen zentralen Stellenwert innerhalb anthroposophischer Lehren einnähmen und deren kosmopolitischen und humanistischen Gehalt überlagerten bzw. marginalisierten. Programmatische Inhalte völkischer Agitation wie die Forderung nach Segregation der Juden, nach Bildung einer "artgerechten" Religion, nach eugenischer Selektion und Ausmerze oder nach Errichtung eines imperialen Rassenstaates müssten demnach das ideologische Bindeglied für die unterschiedlichen anthroposophischen Ideen und Aktivitäten abgeben und das Selbstverständnis ihrer Protagonisten entscheidend prägen. (94) Aus der partikularen Konvergenz von rassistischen Argumentationssträngen und Ideologemen, wie sie im ersten Quartal des 20. Jahrhunderts den gesellschaftsübergreifenden Diskurs dominierten und somit kein Spezifikum völkischer Ideologiebildungen darstellten, eine strukturelle Koinzidenz von völkischer und anthroposophischer Lehre extrapolieren zu wollen, hieße jedoch den Begriff "völkisch" auf eine Weise zu inflationieren, die diesen als Instrument der geschichtswissenschaftlichen Analyse gänzlich untauglich machte. Historiker wie George L. Mosse (95), Jörn Rüsen (96), Uwe Puschner (97) oder jüngst Michael Rißmann (98) haben daher zu Recht Vorbehalte gegenüber dem Versuch angemeldet, Steiner unter die völkischen "Systembauer" und Aktivisten einzureihen: "Von den völkischen Theorien über die Geschichte des Judentums unterscheidet sich dieser Entwurf (der Steinersche, Anm. R.S.) erheblich. Bereits die Annahme, die Existenz des Judentums habe überhaupt einen Sinn gehabt, hätten Vertreter des völkisch-nationalsozialistischen Spektrums widersprochen, die im Judentum eher einen ›Menschheitsverderber‹ vom Beginn der Geschichte an sahen. Das von Steiner geforderte ›Aufgehen‹ des Judentums in der Menschheit darf ... keinesfalls mit jenem ›Erlösungsantisemitismus‹ der Nationalsozialisten verwechselt werden, der im Genozid seine konsequente Vollendung fand." (99)

Wirft schon die Konnotation des Adjektivs "völkisch" mit dem Substantiv "Religion" Probleme auf, da fragwürdig ist, ob im Hinblick auf den Eklektizismus völkischer Sinntstifungsversuche überhaupt von Religion im herkömmlichen Sinne gesprochen werden kann, so erweist sich der Ausdruck "›arteigenes‹ Glaubenssystem", wie er im Titel eines Sammelbandes auftaucht (100), in Bezug auf eine Charakterisierung des anthroposophischen Selbstverständnisses gleich in zweifacher Hinsicht als irreführend: Steiner begriff die Anthroposophie nicht als Religion, sondern als "Weg meditativer Schulung", welcher dem esoterischen Verständnis der Weltreligionen, vor allem aber des Christentums und (antiken) Judentums, diene. Die Schaffung einer "arteigenen Religion" lehnte er, der sich als Erneuerer der christlichen Esoterik sah, ausdrücklich ab: "Der Christus ist kein Volksgott, ist kein Rassengott, der Christus ist überhaupt nicht der Gott irgendeiner Menschengruppe, sondern der Christus ist der Gott des einzelnen Menschen, insofern dieser einzelne Mensch nur ein Angehöriger der gesamten Menschheit ist". (101)

Anders als Theodor Fritsch, Alfred Rosenberg oder Max Bewer, die einen "arischen Christus" propagierten, sah Steiner in Jesus von Nazareth einen hochstehenden jüdischen "Eingeweihten", der während der Jordan-Taufe den Christus-Geist in sich aufgenommen habe.(102) Im Unterschied zur Argumentationsweise der Rassenantisemiten, die einen manichäischen Antagonismus von "arischer" und "jüdischer" Rasse" konstruierten, erblickte Steiner zudem gerade in den "Ursemiten" die Begründer der "arischen Wurzelrasse", deren Angehörige vor allem die "Denkkraft" entwickelt hätten.(103) Steiner deutete die Weltgeschichte auch nicht wie Arthur Comte de Gobineau als Arena von  "Rassenkämpfen" oder wie Alfred Ploetz als Laboratorium eugenischer Zuchtexperimente, sondern sah in ihr einen Prozess allmählicher Emanzipation von "Gattungsmerkmalen" wie Rasse, Vererbung oder Geschlecht. Dem Selbstverständnis ihres Urhebers nach bildete die Anthroposophie somit einen Gegenentwurf zur zeitgenössischen naturalistischen Anthropologie, welche die vermeintliche genetische Determination des Menschen zur Richtschnur ihres Denkens und Handelns bestimmte und in letzterem oft ein Zielobjekt rassenhygienischer  Manipulation und Selektion erblickte.(104) Es werde dahin kommen, so prognostizierte Rudolf Steiner bereits 1907, "dass alle Rassen- und Stammeszusammenhänge wirklich aufhören. Der Mensch wird vom Menschen immer verschiedener werden. Die Zusammengehörigkeit wird nicht mehr durch das gemeinsame Blut vorhanden sein, sondern durch das, was Seele an Seele bindet. Das ist der Gang der Menschheitsentwicklung".(105)

In dem völkischen Konstrukt einer "Volksgemeinschaft" erblickte er einen gefährlichen Rückfall in atavistische Bewusstseinsformen, dem er seit 1917 seine politische Utopie einer "Dreigliederung des sozialen Organismus" entgegensetzte, die er als Beitrag zur Fortbildung der parlamentarischen Demokratie verstand. Das so genannte Dreigliederungskonzept sah eine Entmachtung des ethnisch definierten Nationalstaates durch die Entflechtung der Bereiche Staat, Bildungswesen und Wirtschaft vor.(106) "Ein Mensch", so urteilte Steiner 1917 im Hinblick auf die Ursachen des Ersten Weltkrieges, "der heute von dem Ideal der Rassen und Nationen und Stammeszugehörigkeiten spricht, der spricht von Niedergangsimpulsen der Menschheit.  Und wenn er in diesen so genannten Idealen glaubt, fortschrittliche Ideale vor die Menschheit hinzustellen, so ist das die Unwahrheit. Denn durch nichts wird sich die Menschheit mehr in den Niedergang hineinbringen, als wenn sich die Rassen-, Volks- und Blutsideale fortpflanzen."(107) Stattdessen sei es notwendig, dass die anthroposophische Bewegung " ... gerade im Grundcharakter dieses Abstreifen des Rassencharakters aufnimmt, dass sie nämlich zu vereinigen sucht Menschen aus allen Rassen, aus allen Nationen, und auf diese Weise überbrückt diese Differenzierung, diese Unterschiede, diese Abgründe, die zwischen den einzelnen Menschengruppen vorhanden sind."(108)

Mit diesen Worten ist ein weiteres Unterscheidungskriterium von anthroposophischen und völkischen Lehren benannt, soweit diese sich in institutionalisierten Formen Ausdruck verschafften. Denn während in völkischen Vereinen oder Organisationen der so genannte Arier-Paragraph über die Homogenität der Gemeinschaft wachte, stand die Mitgliedschaft der Anthroposophischen Gesellschaft Juden offen. Zu den Mitarbeitern und Anhängern Steiners jüdischer Abstammung zählten der Philologe Ernst Müller (1880-1954), der Philosoph und Zionist Hugo Bergmann (1883-1974)(109), der Fabrikant Carl Unger (1878-1929)(110), der in Auschwitz ermordete Komponist Viktor Ullmann (1898-1944)(111), aber auch Berta Fanta (1865-1918), die vor dem Ersten Weltkieg in Prag einen einflussreichen philosophisch-literarischen Salon unterhielt.(112)  Nicht zuletzt der Umstand, dass in der Anthroposophischen Gesellschaft Juden "überrepräsentiert" waren und darüber hinaus Schlüsselpositionen innehatten, brachte ihrem Begründer die Feindschaft völkischer Kreise bis hin zu einem Attentatsversuch ein.(113)

Als Ausdruck der umfassenden Sinn- und Wertekrise in den Jahren vor und nach dem Ersten Weltkrieg partizipierten Steiners esoterische Lehren an dem rassentheoretischen Diskurs jener Zeit, indem er diesem einzelne Elemente entnahm, welche er den theosophischen Ideen der Genese von Rassen und Kulturen anverwandelte. Im Gegenzug adaptierten völkische Theoretiker wie etwa die "Ariosophen" Jörg Lanz von Liebenfels (1874-1954) und Guido von List (1848-1919) Versatzstücke theosophischer Rassentheorien, ohne jedoch deren Einbindung in den universalistischen und kosmopolitischen Horizont der Blavatskyschen Theosophie zu berücksichtigen. (114) Steiners peripheren Auseinandersetzungen mit dem zeitgenössischen Judentum bewegten sich im Spannungsfeld zwischen einem aufgeklärten, die Assimilation bedingungslos einfordernden Antijuduaismus  und der kirchenchristlichen Tradition soteriologisch untermauerter Judenfeindschaft, ohne dass dessen Anschauungen über jüdische Kultur und Religion bereits restlos in dieser ideengeschichtlichen Schnittmenge aufgingen. Es ist jedoch gewiss kein Zufall, dass Steiner wesentliche Anstöße bezüglich der Genese seines philosophisch-anthroposophischen Werkes den Schriften Kants, Fichtes, Hegels und Herders verdankte, die stellvertretend für die Mehrheit der christlichen Aufklärer an der Überzeugung von der Obsoletheit des Judentums festhielten und ein geschichtsevolutives Stufenmodell favorisierten. (115) Im Subkontext transportierten seine Forderungen nach Assimilation der jüdischen Minderheit sowie seine stereotypen Miniaturen jüdischen Daseins Elemente eines "antisemitischen Codes" rechtsbürgerlicher sowie linksliberaler Kreise in den Jahrzehnten vor und nach dem Ersten Weltkrieg. Als manifesten (Rassen-) Antisemiten könnte man Rudolf Steiner freilich nur dann apostrophieren, wenn sich herausstellte, dass seine wiederholten Distanzierungen vom judenfeindlichen, nationalistischen und rassistischen Diskurs damaliger Zeit nicht ernst gemeint waren und somit lediglich als Vorwand dienten,  um unter der Hand eine politische Agitation zu betreiben, die auf eine  gesellschaftliche Ausgrenzung bzw. Benachteiligung von Juden abzielte. Eine solche Deutung erscheint jedoch angesichts der Fülle an gegenteiligen Belegen und Zeugnissen als wenig überzeugend.

Die zuerst von Julia Iwersen (116) verbreitete, dann von Helmut Zander (117) und Micha Brumlik (118) reproduzierte Kolportage, Steiner habe "die Juden" für den Ausbruch des Ersten Weltkrieges verantwortlich gemacht und sei somit als Multiplikator antisemitischer Verschwörungsmythen in Erscheinung getreten, zeigt immerhin, wie ausgeprägt  selbst  unter seriösen Wissenschaftlern die Bereitschaft ist, sich im Umgang mit devianten Strängen der jüngeren Religions- und Ideengeschichte eher auf Vorurteile zu verlassen denn auf ein sorgfältiges Studium einschlägiger Quellen: Den Kontext der betreffenden Aussage bildete eben nicht die von Iwersen postulierte Schuldzuweisung an Juden, sondern eine Kritik an dem europäischen Nationalismus, der zum Ersten Weltkrieg geführt habe. Den Zionismus nahm Steiner von dieser Kritik nicht aus, sofern dessen politische Programme mit dem europäischen Nationalismus konvergierten. (119)

Die  "Protokolle der Weisen von Zion", in denen sich der judeophobe Verschwörungsmythos idealtypisch verdichtete, wies Steiner ausdrücklich als "Fälschung" politisch reaktionärer Kreise zurück. (120) In der Verbreitung der so genannten Dolchstoß-Legende erblickte er den Versuch deutscher Militärs, die Verantwortung für die Niederlage im Ersten Weltkrieg auf politisch missliebige Gruppen abzuwälzen, zu denen vor allem Juden und Kommunisten gehörten. (121) Eine unfreiwillige Pointe liegt freilich darin, dass der frühe Apostat des katholischen Kirchenchristentums und spätere Neognostiker Steiner den antisemitischen Verschwörungsmythos seiner Zeit zu entkräften suchte, indem er bei einem anderen – damals nicht minder populären – Konspirationsglauben Zuflucht nahm: Die "Protokolle" werden nicht den Juden, sondern den Machinationen fortschritts- und demokratiefeindlicher Jesuiten angelastet.

QuoteAnmerkungen:
(82) Die Arbeiten solcher Autoren bieten in der Regel interessantes Quellenmaterial, das jedoch häufig mit stark polemischer Einfärbung präsentiert wird. Die einseitige Auswahl der Quellen, deren absichtliche oder auch unabsichtliche Verstümmelung und Missdeutung spiegelt zudem die oft beträchtlichen Aversionen und auch Vorurteile der Interpreten wider. Bezeichnend hierfür sind die Erträge folgender Schriften: Peter Bierl: Wurzelrassen, Erzengel und Volksgeister. Die Anthroposophie Rudolf Steiners und die Waldorfpädagogik, Hamburg 1999; Oliver Geden: Rechte Ökologie. Umweltschutz zwischen Emanzipation und Faschismus, 2. Aufl., Berlin 1999;  Guido und Michael Grandt: Schwarzbuch Anthroposophie. Rudolf Steiners okkult-rassistische Weltanschauung, Wien 1997; Georg Otto Schmid: Die Anthroposophie und die Rassenlehre Rudolf Steiners zwischen Universalismus, Eurozentrik und Germanophilie, in: Joachim Müller (Hg.): Anthroposophie und Christentum. Eine kritisch-konstruktive Auseinandersetzung,  Freiburg 1995,  S. 138-194; Christian Schüller/ Petrus van der Lett: Rasse Mensch. Jeder Mensch ein Mischling, Aschaffenburg 1999, S. 112-160;  Volkmar Wölk: Natur und Mythos, Duisburg 1992.
Um eine ausgewogenere Darstellung und Interpretation bemüht sich hingegen Helmut Zander in zwei quellengesättigten Beiträgen: Helmut Zander: Sozialdarwinistische Rassentheorien aus dem okkulten Untergrund des Kaiserreiches, in: Uwe Puschner/ Walter Schmitz/ Justus H. Ulbricht (Hg.): Handbuch zur "Völkischen Bewegung" 1871-1918, München 1999, S. 224-251 sowie ders.: Anthroposophische Rassentheorie. Mit der wechselvollen Geschichte anthroposophischer Einrichtungen während des "Dritten Reichs" und der NS-Verfolgung einzelner Mitglieder der 1935 verbotenen Anthroposophischen Gesellschaft beschäftigt sich eine materialreiche Studie, deren Autor jedoch die Frage, inwieweit antisemitische Überzeugungen unter damaligen Anthroposophen verbreitet waren,  vollkommen ausspart. Siehe Uwe Werner: Anthroposophen in der Zeit des Nationalsozialismus (1933-1945), München 1999. Eine kritische Auseinandersetzung mit anthroposophischen Rassenlehren verspricht der Bericht einer von niederländischen Anthroposophen eingesetzten Untersuchungskommission: Anthroposophie und die Frage der Rassen. Zwischenbericht der niederländischen Untersuchungskommission "Anthroposophie und die Frage der Rassen", Frankfurt a.M. 1998. Eine Studie der Autoren Jürgen Bader und  Lorenzo Ravagli  arbeitet entsprechendes Quellenmaterial fundiert, aber in deutlich apologetischer Absicht auf: Jürgen Bader/ Lorenzo Ravagli: Rassenideale sind der Niedergang der Menschheit. Anthroposophie und der Rassismus-Vorwurf, Stuttgart 2002.
Zum Antisemitismus-Verdacht erschienen desweiteren folgende Arbeiten: Julia Iwersen: Rudolf Steiner: Anthroposophie und Antisemitismus. Zu einer wenig bekannten Spielart des christlichen Antisemitismus, in: Babylon – Beiträge zur jüdischen Gegenwart, Nr. 16-17, Oktober 1996, S. 153-163; Ekkehard W. Stegemann:  Antijüdische Stereotypen in der anthroposophischen Tradition? Im Internet aufrufbar unter http://www.akdh.ch/ps/ps_60Ref-Stegemann.html und Bader / Leist/ Ravagli: Rassenideale sind der Niedergang der Menschheit. Anthroposophie und der Antisemitismusvorwurf.
(83) Ideengeber Steiners in puncto Rassenlehren waren neben H.P. Blavatsky und Ernst Haeckel (1834-1919) vermutlich auch Johann Friedrich Blumenbach (1752-1840), Carl Gustav Carus (1789-1869) und Hegel. Vgl. Zander: Anthroposophische Rassentheorie, S. 302 f.
(84) Zur semantischen Aufschlüsselung  in der Anthroposophie gebräuchlicher Periodisierungen wie "Wurzelrasse",  "Unterrasse" oder "Kulturepoche" siehe Bader / Ravagli: Rassenideale sind der Niedergang der Menschheit. Anthroposophie und der Rassismus-Vorwurf. Zur Einordnung des Komplexes "biologische Rassen" im Steinerschen Oeuvre vgl. Anthroposophie und die Frage der Rassen, S. 15-32.
(85) Etwa Steiner: Die Mission,  S. 79 und S. 118.
(86) Rudolf Steiner.: Vom Leben des Menschen und der Erde. Über das Wesen des Christentums (GA 349), Vortrag vom 3. März 1923, Dornach 1980, S. 53.
(87) Rudolf Steiner: Über Gesundheit und Krankheit. Grundlagen einer geisteswissenschaftlichen Sinneslehre (GA 348), Vortrag vom 16. Dezember 1922, Dornach 1959, S. 105 f.
(88) Steiner: Die Mission, S. 67.
(89) Vgl. Jens Heisterkamp: Weltgeschichte als Menschenkunde. Untersuchungen zur Geschichtsauffassung Rudolf Steiners, Diss., Dornach 1989. S. 129 ff.
(90) Steiner: Die Mission, S. 78.
(91) Zander: Sozialdarwinistische Rassentheorien, S.  246.
(92) Ebd., S. 248.
(93) Zander: Anthroposophische Rassentheorie, S. 325.
(94) Zur Definition völkischer Ideologien und Organisationen vgl. Uwe Puschner/ Walter Schmitz/ Justus H. Ulbricht: Vorwort, in: Handbuch zur "Völkischen Bewegung", S. IX-XXVII. Siehe auch Uwe Puschner: Die völkische Bewegung im wilhelminischen Kaiserreich,  Darmstadt 2001, S. 10-25.
(95) George L. Mosse: Die Geschichte des Rassismus in Europa,  Frankfurt a.M. 1990, S. 119 f.
(96) Jörn Rüsen: Rassismus, Modernität und Anthroposophie, in: Info3,  Nr. 12, Dezember 1998, S. 11-15.
(97) Brief Uwe Puschners vom 11.11. 2002 an den Autor.
(98) Michael Rißmann: Nationalsozialismus, völkische Bewegung und Esoterik, in: Zeitschrift für Genozidforschung 2 (2003), S. 58-91, S. 61 ff.
(99) Ebd., S. 63 f.
(100) Schnurbein/ Ulbricht: Völkische Religion.
(101) Rudolf Steiner: Alte und neue Einweihungsmethoden (GA 210), Vortrag vom 7.1.1922,  Dornach 2001, S. 25.
(102) Rudolf Steiner: Aus der Akasha-Forschung. Das Fünfte Evangelium (GA 148), Vortrag vom 6.1.1914, Dornach 1996, S. 155-160.
(103) Rudolf Steiner Aus der Akasha-Chronik (GA 11),  Dornach 1979, S. 30-33.
(104) Rudolf Steiner: Die spirituellen Hintergründe der äußeren Welt. Der Sturz der Geister der Finsternis (GA 177), Vortrag vom 7. Oktober 1917, Dornach 1999, S. 84-86.
(105) Steiner: Theosophie des Rosenkreuzers, Vortrag vom 4. Juni1907, S. 129.
(106) Vgl. Ted van Baarda: Das Selbstbestimmungsrecht der Völker. Steiners Kritik einer folgenreichen Lehre, in: Jens Heisterkamp (Hg.):  Die Jahrhundertillusion. Wilsons Selbstbestimmungsrecht der Völker, Steiners Kritik und die Frage der nationalen Minderheiten heute, Frankfurt a.M. 2002, S. 11-52 sowie Albert Schmelzer: Die Dreigliederungsbewegung 1919. Rudolf Steiners Einsatz für den Selbstverwaltungsimpuls,  Diss., Stuttgart 1991.
(107) Steiner: Die spirituellen Hintergründe,  S. 205.
(108) Rudolf Steiner: Die tieferen Geheimnisse des Menschheitswerdens im Lichte der Evangelien (GA 117),  Dornach 1986, S. 152.
(109) Siehe Sonnenberg: Zionismus.
(110) Ronald Templeton: Carl Unger. Der Weg eines Geistesschülers, Dornach 1990.
(111) Verena Naegele: Viktor Ullmann. Komponieren in verlorener Zeit, Köln 2002.
(112) Georg Gimpl: Weil der Boden selbst hier brennt. Aus dem Prager Salon der Berta Fanta (1865-1918),  Furth im Wald 2002.
(113) Werner: Anthroposophen, S. 8.  Ravagli: Anthroposophie und völkisches Denken. Zur rechtsradikalen Gegnerschaft der Anthroposophen in der Weimarer Zeit vergl. Lorenzo Ravagli: Unter Hammer und Hakenkreuz. Der völkisch-nationalsozialistische Kampf gegen die Anthroposophie, Stuttgart 2004.
(114) Siehe Nicholas Goodrick-Clarke: Die okkulten Wurzeln des Nationalsozialismus,  Stuttgart 1997, S. 36-109; ferner Ulrich Nanko: Das Spektrum völkisch-religiöser Organisationen von der Jahrhundertwende bis ins "Dritte Reich", in: Schnurbein/ Ulbricht: Völkische Religion, S. 208-226, hier 213-217 und Zander: Sozialdarwinistische Rassentheorien, S. 233 ff.
(115) Zur kontroversen Diskussion um antisemitische Positionen in den Werken herausragender Vertreter der Aufklärung, der Romantik und des philosophischen Idealismus siehe etwa folgende Literaturauswahl: Hans-Joachim Becker: Fichtes Idee der Nation und das Judentum,  Amsterdam 2000; Micha Brumlik: Deutscher Geist und Judenhass. Das Verhältnis des philosophischen Idealismus zum Judentum,  München 2000; Horst Gronke/ Thomas Meyer/ Barbara Neißer (Hg.): Antisemitismus bei Kant und anderen Denkern der Aufklärung,  Würzburg 2001; Gudrun Hentges: Schattenseiten der Aufklärung.
(116) Iwersen: Rudolf Steiner, S. 155.
(117) Zander: Sozialdarwinistische Rassentheorien, S. 244.
(118) Micha Brumlik: Die Gnostiker. Der Traum von der Selbsterlösung des Menschen,  Berlin 2000, Vorwort.
(119) Steiner: Wesen des Judentums, S. 189.
(120) Rudolf Steiner Vergangenheits- und Zukunftsimpulse im sozialen Geschehen (GA 190), Vortrag vom 5. April 1919, Dornach 1971, S. 114 f. Einen Überblick über die Entstehungs- und frühe Rezeptionsgeschichte des antisemitisch-antifreimaurerischen Verschwörungsmythos' verschaffen folgende Studien:  Norman Cohn: "Die Protokolle der Weisen von Zion". Der Mythos der jüdischen Weltverschwörung, Zürich 1997; Jeffrey L. Sammons: Die Protokolle der Weisen von Zion. Die Grundlage des modernen Antisemitismus – eine Fälschung. Text und Kommentar, Göttingen 1998 sowie Armin Pfahl-Traughber: Der antisemitisch-antifreimaurerische Verschwörungsmythos in der Weimarer Republik und im NS-Staat, Wien 1993.
(121) Siehe zum Beispiel Rudolf Steiner: Geisteswissenschaftliche Behandlung sozialer und pädagogischer Fragen (GA 192), Dornach 1991, Vortrag vom 18. Mai 1919, S. 118.  Eine Orientierung über die umfangreiche Fachliteratur zur "Dolchstoßlegende" gibt Gerd Krumeich: Die Dolchstoß-Legende, in: Deutsche Erinnerungsorte, Bd. 1,  hg. von Etienne Francois und Hagen Schulze, München 2001, S. 585-599.



Aus: ""Fehler der Weltgeschichte": Judentum, Zionismus und Antisemitismus aus der Sicht Rudolf Steiners"
Von Ralf Sonnenberg (hagalil.com, 07-07-2004)
Quelle: http://www.hagalil.com/antisemitismus/deutschland/steiner-7.htm (http://www.hagalil.com/antisemitismus/deutschland/steiner-7.htm)

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Quote[...] Im Nationalsozialismus wurde am 1. November 1935 die AAG in Deutschland wegen ,,internationaler Einstellung und engen Beziehungen zu ausländischen Freimaurern, Juden und Pazifisten" verboten. ...


Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Anthroposophische_Gesellschaft (http://de.wikipedia.org/wiki/Anthroposophische_Gesellschaft) (31. Oktober 2010)


Title: [Das Fragezeichen, das über seinem Aufsatz stand... (Samuel Huntington)]
Post by: lemonhorse on December 29, 2008, 12:16:53 PM
Quote[...] Zu den Schwächen von Fragezeichen gehört, dass sie bisweilen allzu leicht oder geflissentlich übersehen werden. Dann verwandelt sich das, was zunächst als vorsichtige Mutmaßung gemeint war, in eine dröhnende Behauptung. So sah sich plötzlich auch Samuel Huntington als politischer Marktschreier in Misskredit gebracht. Dabei hatte er seine These vom "Clash of Civilizations", dem "Kampf der Kulturen", zunächst mit einem Fragezeichen versehen. 1993 war das, als er sie erstmals in der Zeitschrift "Foreign Affairs" vorstellte. Dabei trug er durchaus nüchterne, wenig spektakuläre Thesen vor. Die weltweit zu beobachtende Besinnung auf lokale Traditionen entspräche einer tiefen Verunsicherung, hervorgerufen durch den sozialen Wandel in nahezu allen Regionen der Welt, schrieb er. Und verschärft werde er durch den Willen der nicht-westlichen Gesellschaft, sich vom Westen - verstanden als westliche Supermächte mit Amerika an der Spitze - abzusetzen, wozu ihnen ganz wesentlich die Kultur diene. So verstand er seine These vor allem als Beschreibung - aber nicht als politisches Programm.

"Kämpfe zwischen Staaten und Gruppen unterschiedlicher Kulturen lehne auch ich ab. Aber wenn die sagen, dass sie den Kampf der Kulturen ablehnen und meinen, dass sie die Entwicklung weiterer Kämpfe nicht für möglich halten - das ist Ermessensache. Ich habe aber einige Indizien für diese These. Wie wir gesehen haben, gibt es Gruppen auf der Welt, u.a. Osama Bin Laden und Al Qaida auf der einen Seite und viele Amerikaner auf der anderen Seite, die den Kampf der Kulturen offenbar gut finden ... "

Huntingtons Kritiker wiesen darauf hin, dass er die "Zivilisationen" oder "Kulturen" als allzu statisch beschreibe, ihnen also keine innere Wandlungsfähigkeit oder Tendenz zur Öffnung attestierte. Dabei machten die deren Leben doch erst aus, ja sicherten sogar deren Überleben. Gewichtiger ist aber noch ein anderer Einwand: Geht es in den aktuellen Konflikten tatsächlich um Kultur, um ein Ringen um nationale oder regionale Identität? Huntington selbst schrieb, dass der Westen mittels der internationalen Institutionen, seiner militärischen und ökonomischen Macht den Rest der Welt auf eine Art beeinflusse, die westliche Interessen und Werte offensiv vertrete. Zumindest, fügt er hinzu, sähe es der Rest der Welt so. Oft wies er selbst auf die politischen Ursachen hin.
" Islamische Gruppen waren in den letzen zwei Jahrzehnten in ungefähr 15 kleineren Konflikten mit nicht-islamistischen Gruppen involviert. Ich glaube nicht, dass es etwas wesentliches mit der inhärenten Theologie oder Doktrinen des Islams zu tun hat. Ich vermute, es liegt an einigen politischen Problemen, so etwa an der Bevölkerungsexplosion in der islamischen Welt oder daran, dass diese Länder oft von Regierungen gelenkt werden, in denen viele nicht muslimische Politiker sitzen."

Genau diese Analyse untergräbt aber seine These vom Kampf der "Kulturen": Was hier zur Debatte steht, sind eben keine kulturellen Werte, sondern politische und ökonomische Interessen. Auf dasselbe Ergebnis läuft Huntingtons Beschreibung der 1.300 Jahre alten Beziehungen zwischen Orient und Okzident hinaus. So kann man etwa die Kreuzzüge, die Ottomanischen Invasionen und schließlich den westlichen Kolonialismus kaum als ausschließlich kulturellen Konflikt deuten. Dasselbe gilt auch der Konflikt zwischen Palästinensern und Israelis, auf den Huntington sich bezieht: ihm liegen weniger kulturelle sondern territoriale Spannungen zugrunde.
Wer hätte also Interesse daran, die Spannungen zwischen der westlichen und der arabischen Welt kulturell zu deuten? Interesse haben die politischen Demagogen dieser Welt: Einst der Ayatollah Chomeini, dann Bin Laden, dann auch all jene saudi-arabischen Öl-Milliardäre, die in alle Welt den Wahhabismus Fundamentalismus exportieren - sehr zum Ärger der großen Zahl der gemäßigten Muslime im Übrigen. Für sie alle ist der Fundamentalismus ein Instrument zur Sicherung der politischen Macht. Ein zynisches Spiel, an dem sich auf westlicher Seite nicht minder große Zyniker beteiligen, allen voran einige Mitglieder der in wenigen Tagen abtretenden US-amerikanischen Regierung. George Bush, Dick Cheney, Donald Rumsfeld und andere: Inzwischen ist erwiesen, dass sie die Öffentlichkeit ganz bewusst und systematisch täuschten, um den Krieg gegen den Irak zu legitimieren - auch mit Hilfe jener Topoi und Bilder, die seit jeher zum Arsenal des Kulturkampfes gehören. Einen solchen Kampf hat Samuel Huntington nie propagiert. Den Irakkrieg bezeichnete er als großen Fehler. Ein anderer großer Fehler könnte sein, dass er darauf verzichtete, das Fragezeichen, das über seinem Aufsatz stand, nicht auch hinter den Titel seines Buches zu setzen.


Aus: "Kampf der Kulturen - Zum Tode des Politologen Samuel Huntington"
Von Kersten Knipp (28.12.2008)
Quelle: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/kulturheute/896851/ (http://www.dradio.de/dlf/sendungen/kulturheute/896851/)

Title: [Im Kern ein kulturelles Thema... [?!?]]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 09, 2009, 03:02:08 PM
Quote[...] Der Koran sagt die Wahrheit – sagt der Koran. Der Koran ist eine Erzählung – sagen die ,,Satanischen Verse". Sie verraten die Wahrheit. Sie versetzen den Mythos in das Setting eines Schelmenromans, in dem die Offenbarung sich immer wieder arrangiert mit den Widrigkeiten der Tagespolitik. Sie schreiben sich hinein in die historische Bedingtheit, erzählen, wie der Mythos fabriziert wurde. Der Roman wurde geschrieben auf dem Höhepunkt postmoderner Korrosion des Wahrheitsbegriffs. Und man merkt es ihm auch an, mit seinem Wust aus Wundern, Versionen und Visionen. Sein Anliegen aber ist ganz klar ein blasphemisches, zumindest aus der Sicht der Verwalter jener Wahrheit. Der Ajatollah Khomeini hat den Roman nicht gelesen, aber die Kampfansage, die in ihm steckt, hat er vernommen und konsequent gehandelt, als der Donnergott, als der er im Roman auch karikiert wird. Mit der Wucht seiner Reaktion hatte die Postmoderne allerdings nicht gerechnet.

[...] Die Postmoderne war die luftige Rettungsinsel all jener, die von nun an nicht mehr an die ,,großen Erzählungen" glauben wollten. 1966 hatte es noch ein bisschen wehgetan, als Michel Foucault den Streit zwischen Hegelianern und Marxisten als Sturm im Wasserglas abtat. Nun hatte man sich eingerichtet in ein Gespinst gleichschwebender Wahrheiten, verspiegelter Konstruktionen und ironischer Verweise. Die gerade noch so aufgeregten Theoretiker der Weltrevolution ordneten die bunte Welt in die Nippeskästchen der Systemtheorie, des Poststrukturalismus und der Gender Studies. Die Lage schien stabil. Nichts war ernst. Lange vor Francis Fukuyamas Thesen zum ,,Ende der Geschichte" lebte man schon im posthistoire. Theoretiker der Simulation hatten Hochkonjunktur.

Sie müssen bis heute ihre blutigen Nasen verarzten! Drei Realitätssschocks, zuerst Aids, dann die Fatwa und der Mauerfall haben sie in den achtziger Jahren auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Oder träumen sie noch?

[...] Mit dem Bannstrahl der Morddrohung gegen Rushdie zielte der Islamismus, der vielen zuvor als ein finsterer Folklorismus in weit entfernten Ländern erschienen war, direkt in den Westen, um ihn von nun an mitzuregieren.

Die westlichen Reaktionen waren ehrlich erschrocken. Autoren bekannten ihre Solidarität. ,,Ms. Torture" – so wird Regierungschefin Thatcher in den ,,Satanischen Versen" genannt – brachte den britischen Bürger mithilfe ihrer Geheimdienste in Sicherheit. Wie durch einen Zaubertrick war Rushdie über Jahre von der Bildfläche verschwunden. Und hätten nicht einige Organisationen wie ,,Article 19" und engagierte Einzelpersonen in vielen Ländern dauerhaft Druck auf die westlichen Regierungen und den Iran ausgeübt, so lebte er noch heute im Versteck. Als Reformkräfte regierten, lieferte der Iran die nötigen Sicherheitsgarantien. Man möchte heute lieber nicht nachfragen.

Bald zeigte die Solidarität auch Grenzen. Die Medien etwa, an sich die Gralshüter jener Werte, die hier infrage standen, reagierten panisch. In Deutschland schlug Arno Widmann von der ,,taz" vor, dass die überregionalen Zeitungen gemeinsam am selben Tag das erste Kapitel des Romans auf Seite eins abdruckten. So wäre der Druck auf mehrere Akteure verteilt worden. Frank Schirrmacher von der ,,FAZ" war zunächst begeistert, die anderen Feuilletonchefs lavierten. Man verschanzte sich hinter den Geschäftsführern, die ihre Verantwortung fürs Personal beschworen. Die ,,taz" war am Ende allein und wurde von Ulrich Greiner in der ,,Zeit" noch angegriffen, weil sie Rushdies Urheberrechte gebrochen hätte. Und überhaupt: Da ,,orgelt eine abgeschmackte Mut-Rhetorik übers Land". Die Akademie der Künste aber traute sich nicht, eine Lesung aus dem Roman zu organisieren.

Es ist nicht anders als auf einem Schulhof, wenn der Große den Kleinen verprügelt. Die Zuschauer suchen nach einer Rechtfertigung für ihre Passivität und finden sie, indem sie dem Opfer eine Mitschuld zuschreiben. Man munkelte auch über Rushdie. Die Demonstrationen in Pakistan, Indien und Großbritannien, die der Fatwa vorausgingen, seien eine gesteuerte Aktion gewesen, um den Roman ins Gespräch zu bringen. Rushdie hatte viele Neider. Er war gut, er war nicht weiß, und er hatte einen unerhörten Vorschuss bekommen. Nun war die Frage, ob er selbst für den Sicherheitsdienst bezahlen sollte. Obwohl die Feuilletons dem Thema bis heute ausweichen: Die Auseinandersetzung mit Islam und Islamismus, also eine der zentralen politischen Fragen der Gegenwart, ist im Kern ein kulturelles Thema. Die Fatwa funktioniert als Zensurakt und hat im Westen tiefe Spuren hinterlassen. Auch der Kommunismus manipulierte durch Geheimdienste und Korruption die Öffentlichkeit diesseits des Eisernen Vorhangs. Aber der Islamismus, obwohl als System viel informeller, übt auf die Köpfe der westlichen Kultur- und Medienschaffenden ein wesentlich effizienteres Regime aus. Rationalisiert wird die Angst mit dem Zauberwort ,,Respekt". Das Spiel mit den Symbolen, Diskursen und Zwängen des Christentums ist in der westlichen Kultur längst eine Selbstverständlichkeit. Das Spiel mit den Symbolen des Islams aber versagt man sich seit der Fatwa aus ,,Respekt".

Es ist eine riesige Tabuzone entstanden, die von interessierten Kräften, unter wohlwollender Begleitung westlicher Intellektueller, immer neu und immer dichter abgesteckt wird. Tariq Ramadan etwa, der gemäßigte Islamist aus Genf, erwarb sich seine ersten Meriten mit der Verhinderung einer Aufführung von Voltaires ,,Mahomet". Hold lächelnde Kopftuchträgerinnen verteilten in Genf Flugblätter gegen das Stück. Die Stadt setzte es ab. ,,Sie nennen es Zensur, ich sehe darin Taktgefühl", sagte Ramadan zum Dank.

[...] Die Linke hat in der Auseinandersetzung mit dem Islamismus ihre Prinzipien aufgegeben. Sie stand für Loslösung von Sitte und Tradition, aber im Islam setzt sie sie im Namen von Multikulti wieder ins Recht. Sie ist stolz, die Frauenrechte erkämpft zu haben, aber im Islam toleriert sie Kopftücher, arrangierte Ehen und prügelnde Männer. Sie stand für Gleichheit der Rechte, nun plädiert sie für ein Recht auf Differenz – und damit für eine Differenz der Rechte. Sie proklamierte die Freiheit des Worts und gerät beim Islam in hüstelnde Verlegenheit. Sie unterstützte die Emanzipation der Schwulen und beschweigt das Tabu im Islam. Die fällige Selbstrelativierung des Westens nach der kolonialen Ära, die von postmodernen und strukturalistischen Ideen vorangetrieben wurde, führte zu Kulturrelativismus und Kriterienverlust.

Rushdies ,,Satanische Verse" sagen, dass Aufklärung nicht ein Weg in staubtrockene Vernünftigkeit ist. Es ist ja ein Roman voller Rätsel und Wunder, überfrachtet mit Symbolen und postmodernem Brimborium, bunt wie ein Bus aus Pakistan. Es ist ein rasender, inspirierter, extrem ambitionierter Akt der Befreiung. Ein verschlungenes Schinkenbrot. Man erzittert heute vor seiner Unverschämtheit. Der Prophet heißt Mahound. Die zwölf Frauen Mohammeds werden gespiegelt in den zwölf Huren eines Bordells. Nicht allein Aufklärung, Blasphemie ist der Ausgang des Menschengeschlechts aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Das Herz wird bei diesem Befreiungsakt bis zum Halse schlagen, aus Euphorie und Panik. Dieser Roman stellt fest, dass man sein Fahrrad ohne Stützräder fahren kann. Jenseits dieses Aktes wartet das Diesseits. Dieser Roman eines Immigranten fordert Europa auf, sich seiner selbst zu erinnern.



Aus: "Islamismus: Vorauseilende Unterwerfung" Von Thierry Chervel (7.2.2009)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/magazin/wissen/geschichte/Salman-Rushdie-Islamismus-Fatwa;art15504,2725094 (http://www.tagesspiegel.de/magazin/wissen/geschichte/Salman-Rushdie-Islamismus-Fatwa;art15504,2725094)


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Quote[...] Amerikas Führung wird an ihren Taten gemessen werden. Das hat Obama schon nach einer Woche im Amt so stark verinnerlicht wie George Bush in Jahren nicht. Dessen an sich bestechender Ansatz, die Menschen in den islamischen Ländern für Freiheit, Demokratie und westliche Lebensart zu gewinnen, ist im "Modell-Land" Irak nicht zuletzt deshalb so desaströs gescheitert, weil die "Befreier" ihren Werte-Import nicht glaubhaft machen konnten. Panzergrenadiere sind als Werbeträger ungeeignet.

Obama wird den politischen Islamismus nicht in eine Friedensbewegung verwandeln. Aber die Basis der Terroristen wird in dem Maße schrumpfen, in dem die USA sich nicht mehr selbst zum Erzfeind des Islam stilisieren. Wenn wir im Westen auf universelle humane Werte setzen, müssen wir auch darauf bauen, dass Terror den meisten Muslimen ebenso ein Gräuel ist wie uns.

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Aus: "Eine historische Zäsur" VON Joachim Frank (27.01.09)
Quelle: http://www.mz-web.de/servlet/ContentServer?pagename=ksta/page&atype=ksArtikel&aid=1229852978622&openMenu=987490165154&calledPageId=987490165154&listid=994342720546 (http://www.mz-web.de/servlet/ContentServer?pagename=ksta/page&atype=ksArtikel&aid=1229852978622&openMenu=987490165154&calledPageId=987490165154&listid=994342720546)


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Quote[...] Die Ära Bush wird als Beleg für den Untergang des konservativen Denkens interpretiert, der Präsident selber gilt weithin als Versager. Zu Unrecht. Bush verdient Respekt für seine Härte gegenüber dem zivilisationsfeindlichen Islamismus.

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QuoteCoubert     28.01.09 20:25

A propos Killerkommandos:

"SPIEGEL-Informationen zufolge will NATO-Oberbefehlshaber Craddock alle Opiumhändler töten lassen - auch ohne Nachweis, dass sie etwas mit bewaffneten Aufständischen zu tun haben."

http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,604137,00.html

"Es sei "nicht länger nötig, Geheimdienst-Aufklärung zu betreiben oder zusätzliche Beweise zu erbringen, ob jeder der Drogenhändler oder jede Drogen-Einrichtung in Afghanistan auch die Kriterien eines militärischen Zieles erfüllt", schreibt Craddock.
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Dorfbewohner beklagen immer häufiger die Tötung von Angehörigen, die versehentlich bei Militäroperationen der Amerikaner und ihrer Alliierten starben, wie gerade erst in der Ortschaft Masamut in der ostafghanischen Laghman-Provinz. Die US-Armee in Afghanistan erklärte, sie habe dort 32 Taliban-Aufständische "ausgeschaltet". Überlebende behaupten dagegen, bei der Jagd auf einen Taliban-Kommandeur seien auch 13 Zivilisten getötet worden. Aus den ehemaligen Befreiern sind in den Augen vieler Afghanen längst rücksichtslose Besatzer geworden."



Aus: "Editorial - George W. Bush: Der abgelöste US-Präsident war besser als sein Ruf. Aus seinem Abgang werden falsche Schlüsse gezogen" Von Roger Köppel (21.01.2009)
Quelle: http://www.weltwoche.ch/ausgaben/2009-04/artikel-2009-04-editorial-george-w-bush.html (http://www.weltwoche.ch/ausgaben/2009-04/artikel-2009-04-editorial-george-w-bush.html)

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Quote[...] Washington (AFP) — Ein US-Gericht prüft ab heute die Wiederaufnahme eines Verfahrens zur heimlichen Verschleppung von Gefangenen durch die CIA. Die Menschenrechtsorganisation ACLU wird bei der Anhörung vor einem kalifornischen Gericht fordern, den Fall von fünf Männern zu prüfen, die entführt, in Geheimgefängnisse der CIA oder ausländischer Geheimdienste gebracht und dort gefoltert worden seien. Die Beschwerde war vergangenes Jahr abgewiesen worden, weil die Regierung von George W. Bush die Angelegenheit als Staatsgeheimnis eingestuft hatte.

Die Entscheidung über ein Verfahren gilt als Test für die neue Regierung von US-Präsident Barack Obama, die ein Ende zweifelhafter Methoden im Umgang mit Terror-Verdächtigen versprochen hatte.


Aus: "US-Gericht prüft Vorwürfe zu geheimen Gefangenen der CIA" (09.02.2009)
Quelle: http://www.google.com/hostednews/afp/article/ALeqM5iodOSB_BuzL42zDSmqXxmJSvelUA (http://www.google.com/hostednews/afp/article/ALeqM5iodOSB_BuzL42zDSmqXxmJSvelUA)

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Quote[...]  Der Chef der Nachrichtenagentur AP, Tom Curley, erhob am Wochenende schwere Vorwürfe gegen den bis vor Kurzem amtierenden früheren US-Präsidenten George W. Bush; insbesondere kritisierte Curley den Ausbau des Pentagon zu einer "weltweit agierenden Propagandamaschine".

In einer Rede, die Curley anläßlich einer Preisverleihung an der Universität von Kansas hielt, warf der Nachrichtenagenturchef der Regierung unter Präsident Bush vor, dass sie Hunderte von Menschen, darunter Journalisten, der Menschenrechte beraubt habe. Als Beispiel zitierte er einen AP-Fotografen, der im Irak länger als zwei Jahre vom amerikanischen Militär festgehalten wurde, bis ein irakisches Gericht seine Freilassung wegen mangelnder Beweise verlangte. Seit 2003 seien insgesamt 11 AP-Journalisten länger als einen Tag im Irak festgehalten worden. Im letzten Jahr wurden 8 Angestellte länger als 48 Stunden festgehalten.

Curley beklagte den Druck des Militärs auf unabhängige Berichterstatter. Führende Kommandeure hätten ihm zu verstehen gegeben, dass man "die AP und ihn zerstören wird, wenn er und die Nachrichtenagentur weiterhin auf journalistische Prinzipien bestehen" würden. Er habe das allerdings nicht als Drohung verstanden, sondern als "Ausdruck von Ärger" soll Curley später in einem Interview erklärt haben.

In seiner Rede betonte Curley, dass Journalisten, die sich um eine wahrhaftige Berichterstattung aus dem Irak und Afghanistan bemüht haben, schweren Repressionen seitens des US-Militärs ausgesetzt waren. Die Verhaltensregeln für eingebettete Journalisten seien so vage, dass ein Befehlshaber unbequeme Journalisten nach Gutdünken sofort wegschicken könnte.

Unter Bush habe man die Propagandaaktivitäten des Pentagon immens verstärkt, meinte Curley. Laut aktueller Recherchen der Nachrichtenagentur ist das Pentagon mit einem jährlichen Budget von 4,7 Milliarden Dollar und 27.000 Mitarbeitern für Propaganda-Operationen ausgestattet. Das Pentagon halte das meiste davon geheim, beklagte Curley, sogar Informationen, die früher öffentlich gemacht würden. Die Pressestelle des Verteidigungsministeriums würde eher geheimdienstliches Material über Journalisten sammeln, die um Auskunft nachsuchen, als diese zu erteilen.

Zwar sei von der neuen Regierung unter Präsident Obama vieles zurückgenommen worden, was unter Bush eingeführt wurde, aber, so warnte Curley die anwesenden Journalistenschüler, die Erfahrung zeige, wenn das Pentagon unter Druck gerate, etwa durch neue Schwierigkeiten in Afghanistan, dann zeige das Militär wieder Härte gegenüber Journalisten:

"Jetzt ist der richtige Zeitpunkt da, um die Regeln zwischen dem Militär und den Medien neu zu verhandeln. Jetzt muss man insistieren, dass der Verfassungsgrundsatz der freien Meinungsäußerung auch auf das Schlachtfeld angewendet werden kann." (tpa/Telepolis)


Quote9. Februar 2009 13:50
Wo waren die Medien,
Mehrheitsentscheid (mehr als 1000 Beiträge seit 06.07.05)

als noch Zeit war, den Kriegsverbrecher Bush zu stoppen?

Als es an der Zeit war, den Herrn vor ein Kriegsverbechertribunal zu
stellen?

Immer schön Fresse halten, gell?


Quote9. Februar 2009 16:10
Re: Wo waren die Medien,
Tom Stein, Tom Stein (mehr als 1000 Beiträge seit 23.03.04)

Kommando Abdul Rahman schrieb am 9. Februar 2009 13:51

> Mehrheitsentscheid schrieb am 9. Februar 2009 13:50
>
> > als noch Zeit war, den Kriegsverbrecher Bush zu stoppen?

Z.B. hier: http://www.wsws.org/de/2003/feb2003/uno-f28.shtml
Aber niemand hat zugehört.

> Kriegsverbrecher? Von wem wurde er verurteilt?

Er selbst nicht, aber amerikanische Gerichte haben das Vorgehen in
Guantanamo Bay kritisiert.

> > Als es an der Zeit war, den Herrn vor ein Kriegsverbechertribunal zu
> > stellen?
>
> Tja da hat sich keiner gefunden, weils da nichts zu verurteilen gab.

Oh doch:
http://www.knutmellenthin.de/world-war-iv/wwiv-artikel/uno/der-uno-sicherheitsrat-im-dienst-der-us-kriegsstrategie-11112005.html

Tom





Aus: "USA: AP-Chef beklagt den Druck des Militärs auf unabhängige Berichterstatter" (09.02.2009)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/USA-AP-Chef-beklagt-den-Druck-des-Militaers-auf-unabhaengige-Berichterstatter--/meldung/127124 (http://www.heise.de/newsticker/USA-AP-Chef-beklagt-den-Druck-des-Militaers-auf-unabhaengige-Berichterstatter--/meldung/127124)

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Quote[...] Nach dem Willen eines einflussreichen US-Senators soll eine Wahrheitskommission über die Politik des früheren Präsidenten George W. Bush befinden. Dabei sollten die Entscheidungen der Regierung zum Irakkrieg sowie zu Abhöraktionen ohne Vollmacht untersucht werden.

[...] Leahy sagte weiter, er strebe einen Mittelweg an zwischen denjenigen, die eine Verurteilung der Protagonisten der Bush-Präsidentschaft wünschen, und anderen, die alles unter den Tisch kehren wollen. Als Vorbild könne die Wahrheitskommission zur Apartheid-Zeit in Südafrika dienen.

Es gehe nicht um Rache, sondern um eine ehrliche Aufarbeitung, was wirklich passiert sei. «Und wir tun das, um sicherzustellen, dass es nie wieder vorkommt», sagte der Senator in einer Rede an der juristischen Fakultät der Georgetown Universität.

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Aus: "Bushs Amtsführung soll untersucht werden" (10.02.09)
Quelle: http://www.20min.ch/news/ausland/story/11809403 (http://www.20min.ch/news/ausland/story/11809403)

Title: [Kulturalisierung des Politischen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 09, 2009, 03:25:32 PM
Quote[...] Dabei ist die Strategie der rechtspopulistischen Szene auch in Köln subtiler geworden. Früher hatte man klar erkennbar mit ,,Ausländer raus!" - Plakaten um die Wählergunst geworben. Heute nutzen rechtsextreme Bewegungen eher die kulturellen Differenzen der Menschen mit Migrationshintergrund für ihre politischen Ziele aus. Religion ist so ein Beispiel: Christentum gegen Islam. Die Botschaft der rechten Bewegung: Ausländer würden in einer anderen Kultur leben und passten daher nicht in unsere Gesellschaft. Und hätten somit auch nichts in Köln zu suchen.

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Aus: "Nie mehr Rechts-Populismus in Köln" (21.01.2009)
Quelle: =6232&tx_ttnews[backPid]=2923&cHash=5b12dd2718]http://www.koeln-magazin.info/3740.html?&tx_ttnews[tt_news]=6232&tx_ttnews[backPid]=2923&cHash=5b12dd2718 (http://www.koeln-magazin.info/3740.html?&tx_ttnews%5Btt_news)



Title: [Die Familie sei in traditionellen Ehrvorstellungen gefangen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 17, 2009, 04:02:28 PM
,,Die Ehre ist, objektiv, die Meinung anderer von unserem Wert und, subjektiv, unsere Furcht vor dieser Meinung."

    – Arthur Schopenhauer


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Quote[...] Wie kann ein Bruder es über sich bringen, seine eigene Schwester zu töten?

Höchstwahrscheinlich ist der Bruder in einem traditionellen Umfeld aufgewachsen, welches Jungen und Mädchen unterschiedliche Rollen zuweist, die mit unseren Vorstellungen von Gleichberechtigung nicht zusammenpassen. Das Mädchen soll die Aufgaben einer Ehefrau, Mutter und Hausfrau übernehmen und jungfräulich in die Ehe gehen. Meist wird auch der Ehepartner von den Eltern ausgesucht. Der Junge soll später als Familienoberhaupt und Beschützers der weiblichen Familienmitglieder "seinen Mann stehen". Die Mädchen und Frauen sind verantwortlich für den Erhalt dieser hierarchischen Familienordnung und damit Trägerinnen der Familienehre. Sollten sie die Familienehre beschmutzen, in dem sie z.B. vor der Ehe einen Freund haben, dann kann die Familienehre nur durch Verstoßung und im schlimmsten Fall durch einen Mord wiederhergestellt werden. Wahrscheinlich hat der Bruder aus diesem tief verinnerlichtem Denken heraus gehandelt.

Gibt es Schätzungen, wie viele "Ehrenmorde" es pro Jahr in Deutschland gibt und wie vielen Frauen bedroht wird? Wie hoch ist die Dunkelziffer?

Nach einer Studie des BKA gab es in den Jahren von 1996 bis 2005 in Deutschland 48 Tötungsdelikte, die als "Ehrenmord" eingestuft wurden. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass auch hier die Dunkelziffer höher liegt, genaue Angaben liegen jedoch nicht vor.


Wie verbreitet ist der "Ehrenmord" in den Herkunftsländern der Migranten?

Diese Verbrechen geschehen weltweit. Nach einem UN-Bericht aus dem Jahre 2000 werden jährlich mindestens 5.000 Mädchen und Frauen Opfer so genannter "Ehrenmorde". Die Dunkelziffer liegt aber um ein Vielfaches höher, da nur ein kleiner Prozentsatz der Fälle vor Gericht gebracht wird, viele der Verbrechen nicht weiter untersucht werden und der Mord als Unfall oder Selbstmord getarnt wird. Zu den Ländern, in denen Frauen und Mädchen besonders gefährdet sind, gehören zum Beispiel Pakistan, Jordanien, Afghanistan, Irak, Libanon, Israel/Palästina und die Türkei.


Wird die Gewalt "importiert" oder haben "Ehrenmorde" in Deutschland andere Ursachen?

"Ehrenmorde" haben in Deutschland keine anderen Ursachen als in anderen Ländern. Sobald ein Mädchen oder eine Frau gegen den traditionellen Ehrenkodex verstößt, ist sie gefährdet, Opfer von Gewalt durch Familienangehörige zu werden. In Deutschland stehen die Mädchen mit Migrationshintergrund zwischen zwei Welten, auf der einen Seite die traditionelle Familie und auf der anderen Seite die westliche Welt mit ihren Freiheiten. Die jungen Frauen möchten auch so leben wie die meisten ihrer Klassenkameradinnen, sich modisch kleiden, mit Freunden ausgehen, reisen, Sport treiben und sich ihren Partner selbst aussuchen.

Warum halten Migranten in Deutschland teilweise an archaischen Wertvorstellungen fest?

Die Gesellschaft, in der sie leben, empfinden sie als fremd und feindlich gegenüber ihren Wertvorstellungen. Diese Wertvorstellungen geben ihnen Halt in einer fremden Umgebung. Sie haben Angst, dass die Familie zerfällt und vor allem die Mädchen und Frauen sich emanzipieren und eigene Wege gehen. Deshalb müssen die Männer ihre Frauen streng überwachen.

Was muss die Politik tun, um "Ehrenmorde" zu verhindern? Wurde das Thema zu lange ignoriert?

Grundsätzlich die Bedrohung und Gefährdung von Mädchen und Frauen, die nicht nach den traditionellen Normen ihrer Eltern leben wollen, ernst nehmen und Ihnen Fluchtmöglichkeiten bieten. TERRE DES FEMMES fordert seit vielen Jahren mehr anonyme Schutzeinrichtungen und spezielle Beratungsstellen für Migrantinnen. Es sollten Schulungen für diejenigen anboten werden, die mit Betroffenen zu tun haben, wie z.B. MitarbeiterInnen des Jugendamtes, der Polizei und der Schulen. Generell muss mehr für die Integration dieser Familien in unsere Gesellschaft getan werden, etwa durch Bildungsmaßnahmen und Arbeitsmöglichkeiten.

Es muss schon in den Schulen Aufklärungsarbeit geleistet werden, damit Mädchen und Jungen früh lernen, dass sie gleichberechtigt sind und kein Bruder der Welt das Recht hat, seiner Schwester Vorschriften zu machen.

Lange Zeit wurde das Thema "Ehrenmorde" in Deutschland ignoriert. TERRE DES FEMMES organisierte schon vor Jahren eine breit angelegte Bewusstseinskampagne. Erst durch den "Ehrenmord" an Hatun Sürücü im Jahr 2005 wurde durch das große Medieninteresse ein Bewusstsein geschaffen, dass "Ehrenmorde" auch in Deutschland geschehen. Seither haben einige wenige Bundesländer spezielle Krisentelefone und Onlineberatungsangebote in Leben gerufen.


Aus: "Interview vom 16.05.2008 mit Christa Stolle, TDF-Geschäftsführerin mit der Zeitung Bild" (19.05.08)
Quelle: http://www.frauenrechte.de/tdf/index.php?option=com_content&task=view&id=772&Itemid=126 (http://www.frauenrechte.de/tdf/index.php?option=com_content&task=view&id=772&Itemid=126)




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Quote[...] Manche Zuwanderer unterwerfen sich problemlos dem westlichen Lebensstil, sie genießen Frieden und Freiheit und sind dankbar dafür. Andere bleiben, wie der Vorsitzende Richter am Hamburger Landgericht Wolfgang Backen sagte, trotz aller Freiheit "gefangen in ihrer hierarchischen Familienstruktur", sie bleiben den Normen ihres Heimatlandes auch oder gerade in der Fremde verhaftet und passen sich nicht an. Sie wollen von dieser westlichen Welt nichts wissen.

Diese Familien leben nach ihren eigenen Gesetzen, in innerer Unfreiheit, wie die Obeidis aus Kabul, die auf Unbotmäßigkeiten ihrer heranwachsenden Kinder mit nichts anderem zu antworten wussten als mit Gewalt - und sie dadurch aus dem Haus und auf die schiefe Bahn trieben. Ihr ältester Sohn Ahmad, 24, war bei Polizei und Justiz seit längerem als Intensivtäter bekannt, und seine Schwester Morsal sah ihn, bei aller Angst vor seiner Gewalttätigkeit, als Vorbild an.

Nun ist dieser Ahmad wegen Mordes an seiner Schwester Morsal zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden: Er habe die Lebensweise der 16-Jährigen nicht tolerieren wollen, die die Ehre seiner Familie verletzte, befanden die Richter. Ein solches Motiv steht nach Auffassung der deutschen Justiz auf "unterster sittlicher Stufe" und qualifiziert die Tat als Mord.

Auf dem Gerichtsflur empörte sich ein Verwandter der Familie erregt: "Lebenslang wegen so einer Kleinigkeit!"

Da leben Menschen unter uns in einer unzugänglichen Parallelgesellschaft, die sehen die Tötung eines jungen Mädchens als "Kleinigkeit" an. Die toben im Gerichtssaal, drohen, brüllen und schlagen um sich - nicht um der Familienehre willen, sondern weil sie gegen den deutschen Rechtsstaat und gegen unsere Werte und Normen aufbegehren. Von Integration oder auch nur dem Schatten eines Bemühens keine Spur.

Als der Vorsitzende Richter immer wieder auf das Motiv der Familienehre zu sprechen kam, schrie ihn der Angeklagte an: "Sagen Sie mir, was Ehre ist. Ich kenn keine Ehre!" Das dürfte der Wahrheit ziemlich nahekommen.

Denn die Tötung Morsals, diese "Kleinigkeit", ist die Tat ihres unbeherrschten, hochaggressiven, gefährlichen Bruders, der nach der Urteilsverkündung dem Staatsanwalt eine Akte entgegenschleuderte und brüllte: "Du Hurensohn! Ich ficke deine Mutter!"

Daher ist die Auffassung des Gerichts, es sei in jener Nacht im Mai 2008, als Ahmad im Beisein eines Cousins wütend über Morsal herfiel und 23 Mal zustach, um die Rettung der Familienehre gegangen, nur schwer nachvollziehbar. Denn niemand hatte von Ahmad die "Kleinigkeit" verlangt, er handelte auf eigene Verantwortung. Die Familie prügelte auf Morsal ein, doch es gab keine Verabredung innerhalb der Familie, sie um der Ehre willen zu beseitigen. Die Hauptverhandlung ergab auch nicht, dass die Familie unter Druck von außen gestanden hätte, ihr Ansehen mit einer solchen Tat aufbessern zu müssen.

Doch das Gericht wollte offenbar wegen Mordes verurteilen und musste also Mordmerkmale finden. Ob Ahmad Obeidi dabei heimtückisch gehandelt hat, wie das Gericht unterstellt, und ob sein Opfer, als es seiner ansichtig wurde, noch arglos war, wird vermutlich der Bundesgerichtshof entscheiden müssen.

"Er tötete aus reiner Intoleranz", sagten die Richter. "Das ist in Deutschland ein niedriger Beweggrund, wenn der Angeklagte mit deutschen Wertvorstellungen vertraut ist. Dass ihm andere Wertvorstellungen anerzogen wurden, ändert daran nichts." Die deutschen Werte und Normen seien maßgeblich, nicht die "einer afghanischen Volksgruppe."

Das traf die Familie Obeidi und ihr Umfeld offenbar im Innersten. Sie bäumten sich gegen das Urteil und vor allem die Begründung auf, reagierten darauf mit - ja, mit den eingeübten Wut- und Gewaltausbrüchen. Es war in höchstem Maß beängstigend und bedrohlich.

Was wird in dieser Familie noch passieren? Alle Hilfsangebote, alle Bemühungen um Unterstützung gingen bisher ins Leere. Ausweisen kann man die Obeidis nicht, sie sind längst Deutsche. Der Traum von Multikulti ist längst ausgeträumt.


Aus: "MORSAL-URTEIL - In der Fremde gefangen" (13.02.2009)
Quelle: http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,607509,00.html (http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,607509,00.html)


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Quote[...]
Quotevon badjakhanjan (30.05.2008)

hat sich überhaupt einer von euch mal gefragt warum das bei den ausländern allen voran türken und afghanern ehrenmorde genannt werden bei deutschen FAMILIENTRAGÖDIEN?

EIN PAAR BSP:

Familientragödie war möglicherweise eine Eifersuchtstat (SPIEGEL ONLINE, 28 Mai 2008)

Familientragödie: Mann erdrosselt Ehefrau und erhängt Vater. Er hatte finanzielle Probleme und wollte diese "Schande" seiner Familie nicht zumuten. (zeit online 21.05.2008)

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QuoteBozzgholla, 31.05.2008

bandjakhanjan,

nur weil deutschland andere probleme hat, heißt es noch lange nicht, dass man kleinere probleme, die seltener auftauchen nicht versuchen sollte in den griff zu bekommen.

ehrenmorde ollen deiner meinung nach in den letzten 20 jahren nur 3 mal gegeben haben. ich habe mich jetzt nicht nach statistiken erkundigt, kann aber sagen, dass es jedenfalls mehr waren als nur 3 in den letzten 20 jahren. man hört ja in den nachrichten mindestens 3-5 mal im jahr was von ehrenmorden.

es gibt wohl parallelgesellschaften in deutschland. und zwar nicht nur unter älteren immigranten, sondern sogar bei jugendlichen. die punks, gruftis,die asokanaks, die drufis usw. die sich von der gesellschaft abkapseln und nur mit gleichgesinnten den kontakt pflegen.

damit ich dich bzw. deinen beitrag oder deine sichtweise  nicht nur negativ kritisiere, hier noch ein positives feedback: die imame und eltern sollten sich natürlich für die sinnvolle erziehung der kinder und jugendlichen verantwortlich fühlen und diese aufgabe auch ernstnehmen. die frage ist hierbei: wie sollen imame und eltern, vorwiegend mit migrationshintergrund diese wichtigen aufgaben übernehmen, wenn sie selbst zum teil mit parallelgesellschaften in engem kontakt stehen bzw. nur mit solchen verkehren. durch diese art der erziehung entstehen doch wiederum neue parallelgesellschaften, die nicht dem allgemeinwohl dienlich sein können.

der berühmte teufelskreis. . .

_________________
Er war Mathematiker und Sie war Unberechenbar.



Posting
Quelle: http://www.afghanmania.com/de/forums/main/viewtopic_t-9249.html (http://www.afghanmania.com/de/forums/main/viewtopic_t-9249.html)


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Quote[...] Heimtückisch und "aus reiner Intoleranz" gegenüber deren westlichem Lebensstil habe Ahmad-Sobair O. seine Schwester erstochen, sagte der Richter. Der 24-Jährige habe sie im vergangenen Mai von einem Cousin spätabends auf einen dunklen Parkplatz locken lassen, habe sich ihr mit einem Messer hinter dem Rücken genähert und so getan, als wolle er nur mit ihr sprechen. Morsal sei in dieser Situation arg- und wehrlos gewesen, was er bewusst ausgenutzt habe. Den Tatvorsatz habe er bereits Stunden vorher gefasst, nachdem er mehrere Mädchen über seine Schwester tratschen gehört habe - Morsal sei "eine Schlampe", angeblich prostituiere sie sich und verkaufe "Gras".
Zwar leide der Angeklagte - wie von der psychiatrischen Gutachterin diagnostiziert - unter einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung. Dennoch sei er uneingeschränkt schuldfähig, zeigte sich das Gericht überzeugt. "Für den Tod Ihrer Schwester, die Sie als großer Bruder eigentlich hätten beschützen sollen, müssen Sie nun die volle Verantwortung übernehmen", sagte Backen zu dem 24-Jährigen. Andererseits hätten die Eltern beim Einsatz des wegen Gewaltdelikten mehrfach vorbestraften ältesten Sohnes als "Vollstrecker ihrer Erziehungsmethoden" früher oder später mit schwerwiegenden Folgen für Morsal rechnen müssen, betonte er. Die Familie habe sich in Deutschland nicht integriert, sei in ihren traditionellen Ehrvorstellungen gefangen.


Ahmad-Sobair O. ließ die Ausführungen des Richters nicht unkommentiert. "Was ist Ehre? Ich kenne keine Ehre!", rief er in den Gerichtssaal. Auf Backens Hinweis, der Mord an Morsal wäre auch in Afghanistan strafbar gewesen, stieß er hervor: "Da wäre ich schon längst draußen." Am Ende beschimpfte er wüst Staatsanwalt Boris Bochnick, bevor ihn Vollzugsbeamte aus dem Saal zerrten.

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Aus: "Urteil - "Ich kenne keine Ehre"" (Samstag, 14. Februar 2009)
Quelle: http://www.morgenpost.de/printarchiv/panorama/article1034433/Ich_kenne_keine_Ehre.html (http://www.morgenpost.de/printarchiv/panorama/article1034433/Ich_kenne_keine_Ehre.html)

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Quote[...] Die narzisstische Persönlichkeitsstörung zeichnet sich aus durch mangelndes Selbstbewusstsein und Ablehnung der eigenen Person nach innen, wechselnd mit übertriebenem und sehr ausgeprägtem Selbstbewusstsein nach außen. Daher sind diese Personen immer auf der Suche nach Bewunderung und Anerkennung, wobei sie anderen Menschen wenig echte Aufmerksamkeit schenken. Sie haben ein übertriebenes Gefühl von Wichtigkeit, hoffen eine Sonderstellung einzunehmen und auch zu verdienen. Sie zeigen ausbeutendes Verhalten und einen Mangel an Empathie. Es können wahnhafte Störungen mit Größenideen auftreten. Zudem zeigen Betroffene eine auffällige Empfindlichkeit gegenüber Kritik, die sie nicht selten global verstehen, was in ihnen Gefühle der Wut, Scham oder Demütigung hervorruft.

Einige Tiefenpsychologen meinen, dass bei Betroffenen die ideale Vorstellung von sich selbst mit dem realen Selbst in gewisser Weise verschmolzen ist. Weiter ist das Selbst gespalten in Ideal-Selbst und entwertetes Selbst. Diese Selbstrepräsentanzen werden dann auf äußere Objekte projiziert.

Häufigkeit in der Gesamtbevölkerung: etwa 1,0 Prozent, wobei beachtet werden muss, dass verschiedene Klassifizierungsverfahren und unterschiedliche Diagnosen diesen Wert zwischen 0,5 und 2,5 Prozent schwanken lassen.

[...] Nicht selten geht die Narzisstische Persönlichkeitsstörung mit der Borderline-Persönlichkeitsstörung Hand in Hand. Aus diesem Grund kann es passieren, dass Ärzte die Narzisstische Persönlichkeitsstörung mit der Borderline-Persönlichkeitsstörung gleichsetzen.

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Aus: "Persönlichkeitsstörung" (15. Februar 2009)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Narzisstische_Pers%C3%B6nlichkeitsst%C3%B6rung#Narzisstische_Pers.C3.B6nlichkeitsst.C3.B6rung (http://de.wikipedia.org/wiki/Narzisstische_Pers%C3%B6nlichkeitsst%C3%B6rung#Narzisstische_Pers.C3.B6nlichkeitsst.C3.B6rung)



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Quote[...] Bevor der Angeklagte aus dem Gerichtssaal geführt wurde, warf er einen Papierstapel in Richtung Staatsanwalt und beschimpfte ihn unter anderem als ,,Hurensohn". Am Montag war bekanntgeworden, dass gegen den Staatsanwalt eine Todesdrohung aufgetaucht ist.

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Aus: "Staatsanwaltschaft ermittelt - Morsals Bruder unter Vergewaltigungsverdacht" (17. Februar 2009)
Quelle: http://www.welt.de/vermischtes/article3219769/Morsals-Bruder-unter-Vergewaltigungsverdacht.html (http://www.welt.de/vermischtes/article3219769/Morsals-Bruder-unter-Vergewaltigungsverdacht.html)

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Quote[...] Es war Mord - dieses Urteil im Prozess gegen den Bruder der getöteten Morsal O. hat Tumulte im Gerichtssaal ausgelöst. Noch am selben Tag ging eine Morddrohung ein.

Quote

16.02.2009 16:15:23

wahrheitsliebender: Wundert diese Todesdrohung jemanden?

Mich nicht.

Viele muslimischen Migranten leben in ihrem eigenen Paralleluniversum. Gesetze, Werte und Moralvorstellungen des christlichen Abendlandes zählen für sie nicht. Wenn diese ihnen dann in Ausnahmefällen per Richterspruch doch aufgenötigt werden und man ihnen nicht wie üblich Verständnis/Entschuldigungen für ihre Sozialisation/muslimische Herkunft entgegenbringt, bleibt nur noch die übliche Drohung mit nackter Gewalt. Von "Ungläubigen" läßt man sich schließlich nichts vorschreiben. Wäre ja noch schöner, wenn man sich in Deutschland nach christlichen Werten verhalten bzw. be- oder aburteilen lassen müßte - oder?

Mich würde in dem Kontext die Dunkelziffer interessieren. Wäre mit Sicherheit erhellend in Bezug auf die sonst üblichen Kuschelurteile der Justiz, wenn es um Straftaten von Migranten geht.


Quote

16.02.2009 16:17:58

pizzerino: selbstjustiz

die ganze berichterstattung finde ich ein wenig substanzlos. dass ein mensch sich, aus welchen gründen auch immer, nicht an das gegebene rechtssystem gebunden fühlt gibt es leider immer wieder.

dass das geltende rechssystem dennoch mit unschuldsvermutung und der ganzen packung agiert ist konsequent und nötig.

die berichterstattung beschert mir vor diesem hintergrund - ausser grusliger details - nichts wesentlich neues.

Quote

16.02.2009 16:18:31

Lotus61: Man darf....

.... von diesen Reaktionen der Betroffenen im Gerichtssaal bitte nicht auf alle hier lebenden Afghanen schließen.

Rafiq Shirdel vom netzwerk Afghanistan Info hat sich in einem Interview im ZDF von diesem handeln der Betroffenen strikt distanziert. Es ist sehr Schade, dass nun einige wenige Wirrköpfe viele ihrer Landsleute in Misskredit bringen.

Die Morddrohung gegen den Staatsanwalt ist weiter zu verfolgen, der Täter sollte ermittelt und mit aller Härte bestraft werden!

Auch die Beschimpfungen des Angeklagten gegen den Richter sollten nicht ohne Folgen bleiben. Man muß unbedingt Zeichen setzen: So geht es in Deutschland nicht!!!


Quote

17.02.2009 15:44:08

JoJoGerstner: Wenn ich ein Islamkritiker wär ...

... dann würde ich auch eine anonyme Morddrohung an den Staatsanwalt schicken - und mich freuen, wieder Öl ins Feuer gegossen zu haben.


Quote

16.02.2009 17:03:54

wahrheitsliebender: @ Ulla-ulla

haben Sie schon mal was von muslimischer Taquia (dem belügen der "Ungläubigen") gehört und glauben Sie auch sonst noch an den Weihnachtsmann?

Die Ahnungslosigkeit vieler Menschen besonders aber im linken Spektrum ist immer wieder verblüffend und beängstigend.

Quote

16.02.2009 17:25:22

Ulla-ulla: @ wahrheitsliebender

Oh ja, und nein, ich glaube nicht mal an "wahrheitsliebende"!

Quote16.02.2009 17:00:05

Velti01:

Die Familie O. ist eine Schande für Muslime in Deutschland. Allen, die gegen die Aufnahme von Moslems in Deutschland sind, spielt Familie O. mit ihrem Verhalten in die Hände.

Es wäre für alle Parteien von Vorteil, wenn sich die vielen friedlichen Moslems endlich einmal klar und öffentlich von gewalttätigen Wirrköpfen wie diesen distanziert und diese Wirrköpfe von ihrer Gesellschaft ausschließt.

Gerne verlangt der Zentralrates der Muslime von den deutschen Mitbürgern bei rechter Gewalt, sie sollen sich von dem braunen Mopp distanzieren, was man auch gerne tut.

Aber liebe Moslems, wie wäre es einmal wenn ihr eine Lichterkette startet um gegen solchen Mopp wie hier beschrieben zu demonstrieren?


Quote

16.02.2009 16:37:38

Ulla-ulla: Der Generalsekretär

des Zentralrates der Muslime hat das Urteil im übrigen begrüßt!


Quote16.02.2009  18:54:20

Sternenauge: Wenn ich so etwas lese, faellt mir nur eins ein:

ABSCHIEBEN!!!

Damit haben wir natuerlich das Problem im Kern nicht geloest (es wird leider immer wieder "Ehrenmorde" geben, das Wort allein schon laesst mir die Galle hochkommen), aber vielleicht kann Deutschland damit ein Zeichen setzen.

...



etc. ...


Kommentare zu "Nach Urteil im Morsal-Prozess Todesdrohung gegen Staatsanwalt" (16.02.2009)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/panorama/862/458513/text/?page=2#readcomment (http://www.sueddeutsche.de/panorama/862/458513/text/?page=2#readcomment)

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Quote[...] Es gab jedoch auch positive Rektionen aus muslimischen Gemeinden: Der Zentralrat der Muslime in Deutschland hat das Urteil dagegen begrüßt. ,,Ich bin froh, dass der Richter nicht auf Totschlag erkannte, sondern die volle Härte des Gesetzes den Angeklagten hat spüren lassen", sagte Generalsekretär Aiman Mazyek dem Radiosender NDR Info.

,,Wir dichten sehr viel Islam in Sachen hinein, wo er eigentlich gar nicht hingehört", sagte Mazyek. ,,Es gibt keinen leisesten Verdacht, dass Mord aus Ehre oder sonstigen Gründen zu rechtfertigen ist. Mord bleibt Mord."


Aus: "Staatsanwalt erhält Morddrohungen nach Urteil" (16. Februar 2009)
Quelle: http://nachrichten.aol.de/nachrichten-panorama/staatsanwalt-erhaelt-morddrohungen-nach-urteil/artikel/20090216061821478998209 (http://nachrichten.aol.de/nachrichten-panorama/staatsanwalt-erhaelt-morddrohungen-nach-urteil/artikel/20090216061821478998209)

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Quote[..] Das Hamburger Urteil im sogenannten Ehrenmord-Prozess ist ein wichtiges Urteil, ein Leiturteil - weil es feststellt, dass es einen Ehrenmord nicht gibt. Der sogenannte Ehrenmord ist nichts anderes als ein Mord aus niedrigen Beweggründen; er trägt keinerlei entschuldigende Motivationen in sich. In dieser klaren Feststellung liegt die generalpräventive Kraft des Urteils. Diese Kraft ist umso wichtiger, als der Verurteilte und seine Angehörigen mit rasendem Unverständnis auf das Urteil reagiert haben.

Der deutsch-afghanische Mörder hat seine jüngere Schwester grausam und heimtückisch erstochen, weil sie "westlich" leben wollte. Nun pöbeln er und seine Familie gegen das Gericht, weil es dieses verhasste "Westliche" verkörpere. In der Tat: Das Gericht verkörpert ein Recht, das mörderischem Hass keinen Raum gibt. Es verkörpert eine Rechtsordnung, in der Gleichberechtigung gilt und das die archaischen Regeln der Frauenverachtung nicht gelten lassen kann.

Die Justiz verteidigt daher die Menschenwürde gegen mörderischen Ausländerhass und gegen mörderischen Rassismus. Sie verteidigt die Menschenwürde aber auch gegen den Hass auf den Westen und auf seine Werte. Ausländerhass ist inakzeptabel, ob er sich nun verbrecherisch nach außen oder nach innen richtet. Und sogenannte ethnische Säuberungen sind Mordaktionen auch dann, wenn sie sich innerhalb von Familien vollziehen.

Der deutsch-afghanische Mörder seiner Schwester ist mit lebenslanger Haft bestraft worden. Ein anderes Urteil war nicht möglich und durfte nicht sein. Die Strafvollstreckung dient hier nicht der Re-Sozialisierung, sondern der Sozialisierung. Das ist das Signal, das von diesem Urteil ausgeht.

Quote17.02.2009 14:43:55

Dowanda: Maßstab aller Dinge

Der Maßstab aller Dinge scheint in der Welt des jungen Mannes die Unterscheidung der Frauen in "Welche hat es verdient, zwanghaft bekopuliert zu werden" (Konkret die Mutter, des Richters - die er f***** wollte) und auf "Die, von denen ich bestimme, mit wem sie wann zusammen sein dürfen" z.B. seiner Schwester. Aus lauter Empörung darüber, dass die deutsche Gerichtsbarkeit diese unumstösslichen Grundsätze der lieben Familien nicht in ihrer Weisheit anerkennen will, machte die Mutter des Angeklagten Anstalten sich aus dem Fenster zu stürzen.

Das erinnert mich an eine Rede von Papst Johannes XXIII kurz nach seiner Wahl zum Zustand der Katholischen Kirche: Macht die Fenster auf, hier muss frische Luft rein.





Aus: "Urteil im Prozess um Morsal O. - Ehrenmord? Hassmord!" Ein Kommentar von Heribert Prantl (16.02.2009)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/panorama/695/458349/text/ (http://www.sueddeutsche.de/panorama/695/458349/text/)

Title: [Wo die direkte Erfahrung mit dem Fremden fehlt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 18, 2009, 10:40:32 AM
Quote[...] Bemerkenswert: Die Ausländerfeindlichkeit ist in jenen Regionen am höchsten, wo eher wenige Ausländer leben. "Wo die direkte Erfahrung mit dem Fremden fehlt, sind die Vorurteile am größten", erklärte Pfeiffer.

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Aus: "GEWALTSTUDIE - Rechtsextremismus unter Schülern alarmiert Regierung" Von Philipp Wittrock (17.03.2009)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,613844,00.html (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,613844,00.html)

Title: [Ein Mord in der Familie... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 03, 2009, 09:44:41 AM
Quote[...] Rees - Erst bewusstlos gewürgt und dann mit Knüppeln erschlagen: Der brutale Tod der Deutsch-Kurdin Gülsüm S. vor einem Monat war ein Mord in der Familie. Gegen den Vater und den Bruder erging nun wegen gemeinschaftlichen Mordes Haftbefehl, berichteten Polizei und Staatsanwaltschaft am Donnerstag in Kleve. Der Bruder habe die Tat gestanden. Der Vater bestreite eine Beteiligung. Die junge Frau aus dem rheinischen Rees musste demnach sterben, weil sie "die Familienehre beschmutzt" habe. Sie sollte gegen ihren Willen verheiratet werden. Doch dann erfuhr die Familie, dass sie keine Jungfrau mehr war und bereits einmal abgetrieben hatte. Wegen ihres "westlichen Lebensstils" hatte die junge Frau schon seit Jahren Probleme mit ihrer Familie. Sie sei auch mehrfach misshandelt worden. Im vergangenen Jahr habe sie sich dann den Behörden anvertraut und auch Hilfe erhalten, unter anderem eine Wohnung an einem geheimen Ort. "Sie konnte ihre Bindung zur Familie nicht lösen", sagte ein Polizeisprecher. dpa


Aus: "Bruder gesteht Mord an Drillingsschwester " (03.04.2009)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/654387/700/2829879/Bruder-gesteht-Mord-an-Drillingsschwester.html (http://www.sueddeutsche.de/654387/700/2829879/Bruder-gesteht-Mord-an-Drillingsschwester.html)

Title: [Seit dem Jahre 1963 singen die Schalker Fans ihre Vereinshymne... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 06, 2009, 11:32:49 AM
Quote[...] Was ist eigentlich passiert? Seit dem Jahre 1963 singen die Schalker Fans ihre Vereinshymne. Eine Textzeile dieser Hymne lautet:

    ,,Mohammed war ein Prophet, der vom Fußballspielen nichts versteht. Doch aus all der schönen Farbenpracht, hat er sich das Blaue und Weiße ausgedacht."

Wer anfängt, etwas in eine Fußballhymne hineinzuinterpretieren, hat von vornherein verloren. Das seltsam anmutende Auftauchen des muslimischen Propheten hat einen ganz einfachen Grund. Die Schalke-Hymne geht auf das alte Volkslied ,,Lob der grünen Farbe" zurück, das Ludwig Karl Eberhard Heinrich von Wildungen im Jahre 1797 geschrieben hatte. Dort heißt es:

    ,,Mahomed ist mein Patron! Aechte Schönheit kannt´ er schon.
    Er, dem aus der Farbenschaar, nur die grüne heilig war.
    Leben soll er, Herr Prophet, der auf Farben sich versteht!"

Der Text der Schalke-Hymne ist also eine schmissige – vielleicht nicht eben tiefgründige – Persiflage auf ein Volkslied des späten 18. Jahrhunderts. Populäres Liedgut aus dem Umfeld des Fußballs, gesungen und gegröhlt aus zehntausenden von Kehlen.


Die türkische Zeitung Hürriyet fand es jedenfalls mitten im Sommerloch berichtenswert, dass im fernen Gelsenkirchen der Prophet besungen wird. In einem unaufgeregten Artikel berichtete ein Gelsenkirchner Journalist über die Schalke-Hymne. Wäre es dabei geblieben, man hätte nichts mehr über das Thema gehört. Die Hürriyet wird allerdings auch von ein paar Berufsbeleidigten gelesen, die das umstrittene Blog ,,Muslim-Markt" herausgeben. Dort empörten sich die üblichen Verdächtigen und witterten eine Verhöhnung ihres Propheten. Um nicht alleine empört zu sein, bat man die Leser auch gleich, dem FC Schalke 04 ,,in aller Freundlichkeit und Sachlichkeit" Protestmails zu schicken. Natürlich blieben nicht alle Leser freundlich und sachlich, und einige der 350 Mails, die den Verein erreichten, waren wohl so unfreundlich und unsachlich, dass der Fußballverein einen ,,Islam-Experten" hinzuzog.

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Aus: "Sommerposse in blau-weiß" 06. August 2009 von Spiegelfechter
Quelle: http://www.spiegelfechter.com/wordpress/609/sommerposse-in-blau-weis (http://www.spiegelfechter.com/wordpress/609/sommerposse-in-blau-weis)

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Quote[...] Murad Wilfried Hofmann, ursprünglich Wilfried Hofmann (* 6. Juli 1931 in Aschaffenburg) ist ein deutscher Jurist und ehemaliger Diplomat. Der zum Islam konvertierte Hofmann ist Autor von Sachbüchern zum Thema Islam und Bearbeiter einer Koranübersetzung.

[...] Wilfried Hofmann stammt aus einer katholischen Familie. Während seiner Pflichtmitgliedschaft in der Hitlerjugend (Jungvolk 1940-1945) war er auch Mitglied der illegalen, von Jesuiten geleiteten katholischen Jugendorganisation Congregatio Mariana (MC). Nach seinem Abitur als Klassenbester in Aschaffenburg begann er 1950 sein Studium als HELP-Stipendiat (Higher Education for Lasting Peace) und Gast der Psi Upsilon Fraternity am Union College in Schenectady, N.Y. mit Schwerpunkt Soziologie, Arbeitsrecht und angloamerikanische Literatur.

Anschließend studierte er Jura in München. Er schloss dieses Studium am 27. Februar 1955 mit dem 1. juristischen Staatsexamen und am 27. Februar 1957 mit dem Doktorexamen zum Thema "Der Schutz der Gerichte vor Beeinflussung und Verunglimpfung durch die Presse nach deutschem und amerikanischem Recht (Contempt of Court by Publications)" bei Prof. Rudolf Pohle ab.

Während seiner Zeit als Rechtsreferendar in München von 1955 bis 1959 arbeitete Hofmann auch als Assistent für Zivilprozessrecht an der Universität München (Prof. Leo Rosenberg; Prof. Pohle) sowie bei deutschen und amerikanischen Anwaltsfirmen (Dres. Winkelmann; Dres. Oehl & Nörr; Milton M. Crook). Das 2. juristische Staatsexamen legte er am 27. April 1959 in München ab.

Von 1960 bis 1961 studierte er amerikanisches Recht an der Harvard Law School in Cambridge, Massachusetts, mit Schwerpunkt Vertragsrecht, Zivilprozessrecht und Rechtsvergleichung. Gleichzeitig war er dort als Forschungsassistent für den Supreme Court tätig zum Thema: "Welche Ursachen führten zu Reformen des Zivilprozeßrechts in den deutschen Staaten von 1750-1830".

Von 1961 bis 1994 arbeitete Hofmann als Diplomat, zunächst am deutschen Generalkonsulat in Algier, wo er den Algerienkrieg unmittelbar miterlebte. 1970-1972 gehörte er unter Botschafter Dirk Oncken dem Planungsstab des A.A. an. 1973-1976 war er stellv. Leiter der deutsche Delegation bei den MBFR-Verhandlungen zwischen NATO und Warschauer Pakt in Wien. Von 1979 bis 1983 leitete er das Referat "NATO und Verteidigung" im Auswärtigen Amt in Bonn. Von 1983 bis 1987 arbeitete er als Informationsdirektor der NATO in Brüssel und von 1987 bis 1990 war er deutscher Botschafter in Algier. Anschließend bekleidete er bis 1994 dieselbe Funktion in Rabat, Marokko.

[...] 1980 konvertierte Hofmann in Bonn zum (sunnitischen) Islam. Er führte seit 1982 siebenmal die kleine Pilgerfahrt (Umra) und zweimal (1992 und 2003) die große Pilgerfahrt (Haddsch) nach Mekka durch. Seit 1994 hält er häufig Vorträge in Westeuropa, den USA und der islamischen Welt. Er ist Vollmitglied der Ahl al-Bayt Foundation for Islamic Thought in Amman (Jordanien), Beirat und Ehrenmitglied des Zentralrats der Muslime in Deutschland [1] und Mitglied des Scharia-Rats der muslimischen Bosna Bank International in Sarajewo. Von 1994-2008 hielt er in 31 Ländern rund 350 Vorträge über islamische Themen.

Zu Themen des Islam schrieb Hofmann mehrere Bücher. Die meisten davon liegen auch auf Arabisch und Englisch vor; einige auf Albanisch, Arabisch, Bosnisch, Englisch, Französisch, Malayalam, Türkisch und Ungarisch. Seine Schriften veröffentlicht er unter den Namen Murad Wilfried Hofmann, Murad W. Hofmann und Murad Hofmann. Zur ersten Auflage seines 1992 erschienenen Buches "Der Islam als Alternative" schrieb Annemarie Schimmel das Vorwort. 1998 veröffentlichte er eine Neubearbeitung der Koranübersetzung von Max Henning. Außerdem ist er als Literaturkritiker des in Markfield (Leicestershire) vierteljährlich erscheinenden Muslim World Book Review, des Oxford Journal of Islamic Studies und der pakistanischen Vierteljahreszeitschrift "Islamic Studies" tätig (bisher rund 200 Kritiken). Daneben veröffentlicht er unregelmäßig Aufsätze und Artikel in der "Islamischen Zeitung" (Berlin), dem "American Journal of Islamic Social Studies" (Washington, D.C.), "Encounters" (Markfield, LE,UK) und "Islamic Studies" (Islamabad).



Der Islam als Alternative zum westlichen Lebensstil

Entsprechend einem programmatischen Buchtitel versteht Hofmann den Islam als Alternative zu der von ihm als degeneriert empfundenen westlichen Lebenswelt. Er wendet sich gegen die ,,säkularistischen Ideologen" des Westens, die für eine fatale moralische Degeneration verantwortlich seien.[2] Für seine Sicht der westlichen Gesellschaft mag die folgende Aussage über die westliche Jugend aus dem Buch "Der Islam als Alternative" stehen: "Schauen wir sie nur an, diese Opfer einer scheinbar werteneutralen Industriegesellschaft. Sie haben alles - Autonomie, Lebenssicherung von der Wiege bis zur Bahre, Sex ohne Tabus, Drogen fast nach Belieben, viel freie Zeit und alle je erdachten Menschenrechte. Aber sie erfühlen eine existentielle Leere (...)"[3].


Mohammed als politisches Vorbild

Hofmann hat bei der Politik der deutschen "Alkohol-Nikotin-Schweinefleisch-Gesellschaft" den fehlenden Mut zum Verbot des Alkoholgenusses beklagt. Demgegenüber nennt er Mohammeds Verhalten als politisches Vorbild: "Die politisch Verantwortlichen übersehen die Folgen des Alkohols für die Volksgesundheit und Volkswirtschaft (Arbeitsausfall; Ressourcen-Verschwendung; Unfälle) nicht. Doch sie haben nicht die Kraft und den Willen, das Unpopuläre, aber Richtige durchzusetzen. Als ob es seinerzeit für den Propheten in Medina opportuner und populärer gewesen wäre, den Muslimen diese Form des 'Opiums fürs Volk' zu nehmen. Als die Muslime damals ihre Palmweinvorräte auf die Gasse gossen, demonstrierten sie, daß auch Unpopuläres populär werden kann, sofern es an Führung nicht mangelt"[4].

An anderer Stelle betrachtet er das politische, militärische und ökonomische Geschick Mohammeds sogar als eine Art Beweis für seine göttliche Sendung: "Wenn man zeitbedingte Wundergläubigkeit und nachträgliche politische Gewichtungen auch abstreicht, so bleibt doch eine staatsmännische Persönlichkeit von großem Willen, Charisma und taktischer Schläue"[5]. Ausdrücklich nennt er den "diplomatischen Coup" des Waffenstillstands von (al-)Hudaybiya, "der in Wirklichkeit eine vorweggenommene Kapitulation der Mekkaner bedeutete" und "die Stadtverfassung von al-Madina (...), die Muhammad in Form eines Vertrages zwischen den Muslimen und der jüdischen Gemeinde diktierte" [6]. Dazu ergänzt er: "Wenn man den kaufmännischen Erfolg des Propheten hinzu nimmt sowie die Weisheit seiner richterlichen Tätigkeit, dann wird geradezu rätselhaft, wie ein Analphabet im rückständigen Arabien ohne formale Schulung solche Qualitäten entwickelt haben sollte, ganz abgesehen von der sprachlichen Wucht seiner geoffenbarten Mitteilungen. Mit rechten Dingen kann dies nicht zugegangen sein. Muß also wohl mit göttlichen Dingen zugegangen sein".[7]


[...] 

Rationalität und Überlegenheit des Islam

In seinem Vortrag "Ein philosophischer Weg zum Islam"[12] geht Hofmann von einer ausgesprochen kritischen Funktion der Philosophie aus, deren Aufgabe es sei, "ausschließlich nach Vorbild von Fritz Mauthner und Ludwig Wittgenstein - also noch radikaler als Immanuel Kant - Erkenntniskritik zu sein, also die Grenzen des Sagbaren aufzuzeigen"[13]. Aber auch vor dem Hintergrund einer solch kritischen Philosophie sei die Existenz Gottes eine Denknotwendigkeit: "Diese Vorprägung unseres Denkens gebietet es uns, von der Existenz der Welt auf die Existenz eines Schöpfers von höherer Individualität (Intelligenz) als unserer eigenen zu schließen"[14]. Die Aussagen, die sich über die Eigenschaften Gottes machen lassen, seien aber "je konkreter [...], um so ungesicherter und potentiell unsinniger"[15], so dass sich schließlich ergibt, dass das "gewaltige, unvermenschlichte Gottesbild, dem Muhammad als Siegel der Propheten zum Durchbruch verhalf, das dem modernen, naturwissenschaftlich orientierten, emanzipierten Menschen gemäße ist"[16]. Der islamische Gottesbegriff sei "modern geblieben, da er der abstrakteste ist".[17]

Gegenüber dem Christentum mit seiner Auffassung von der Trinität Gottes und anderen Mysterien beruft sich Hofmann auch an anderer Stelle auf die größere Rationalität und Einfachheit des Islam[18] sowie auf die größere Treue der islamischen Überlieferung zu ihrem Ursprung, durch die das Leben und Wirken Mohammeds vollständig im Licht der Geschichte stehe, während das Leben Jesu schon früh von Legenden überwuchert sei.[19] Von dieser Grundlage leitet er ein berechtigtes Überlegenheitsbewusstsein des Muslims ab: "Der muslimische Gläubige mag bettelarm und Analphabet sein und vom Qur'an nur al-Fatiha und al-Ichlas kennen. Gleichwohl wird er sich jedem Nichtmuslim gegenüber wie ein König fühlen, als ein Wissender, haushoch allen überlegen, die ihm etwas von einem 'Gottessohn', einer 'Muttergottes', drei Personen Gottes, Erbsünde und Erlösung, Sakramenten und unfehlbarem Papst erzählen wollen. Der arme, des Lesens unkundige Muslim spricht: 'Es gibt keinen Gott außer GOTT'. Und weiß, daß die Zeit der Unwissenheit nicht hinter allen, aber hinter ihm liegt"[20].

[...]

Verhältnis des Islam zu anderen Religionen

Das islamische Minderheitenrecht bezeichnet Hofmann als ,,das liberalste Statut für Andersgläubige", ,,das die Welt bis heute gesehen oder normiert hat"[1].


Verhältnis zur Bestrafung für den Abfall vom Islam

    "Ursprünglich wurden nur abtrünnige Ex-Muslime strafverfolgt, das aber zu Recht, wenn sie Hochverrat (ar-ridda) begangen hatten, also den Islam im Sinne der 5. Sure (al-Ma'ida): 33 aktiv bekämpften, ihm durch Verweigerung der geschuldeten Steuern schadeten oder auf Erden Unheil stifteten. Die Bestrafung von Hochverrat, vor allem im Krieg möglicherweise mit dem Tod, ist weltweit Praxis und verstößt nicht eo ipso gegen die Menschenrechte."[21]

[...]

Der islamische Staat

In seinen Büchern "Islam"[22] und "Der Islam als Alternative"[23] beschreibt Hofmann Bausteine eines islamischen Staates. Oberhaupt dieses Staates nennt er amir oder Kalif. Dieser müsse Muslim sein. Der Islam sei Staatsreligion.[24]. Die Regierung müsse sich entsprechend dem Prinzip der Schura (Beratung) mit dem Volk abstimmen. Eine unbeschränkte Volkssouveränität herrsche nicht, da die islamische Regierung "Vollstrecker der Scharia im weitesten Sinne" sei "und die Gesetzgebung mit der Scharia als oberste Verfassungsnorm übereinstimmen müsse."[25] Ausgewählte Merkmale dieses Staatsentwurfes:

    * Garantie des Rechts auf Eigentum
    * Verbot von Zinsnehmen, Spekulation, Horten von Waren und Herstellung und Handel mit verbotenen Konsumgütern (z.B. Alkohol und Schweine)
    * Gewährleistung des Schutzes "rassischer Minderheiten". Der Koran lasse den Sklavenstatus nur für Kriegsgefangene zu und behandle Sklaverei als zu überwindende Institution.
    * Religiöse Minderheiten, "in erster Linie Leute des Buches" (ahl al-kitab) dürfen ihren Glauben weiterhin ausüben und ihre Angelegenheiten autonom regeln, "solange sie nicht Staatsbürger [...] werden wollen". Sie zahlen "lediglich ein Kopfsteuer (Dschizya und sind von der Wehrpflicht befreit".[26]
    * "Hundehaltung innerhalb von Wohnung wird im Gegensatz zum Halten reinlicher Katzen als unhygienisch abgelehnt."[27]


[...]


Kritik

Kritiker bezeichnen Hofmanns Beschreibung der moralischen Degeneration der westlichen Gesellschaft als stereotyp gefärbt [...]. Im Gegensatz zu Hofmann bezeichnet Adel Theodor Khoury den Rechtsstatus von Minderheiten im Islam als den von Bürgern zweiter Klasse: "Das klassische Rechtssystem des Islam geht dagegen von einer einheitlichen Gesellschaft aus, der Gesellschaft der Muslime, welche ihre Beziehungen zu den Minderheiten aufgrund von geschlossenen Verträgen regelt. Der Rechtsstatus von Minderheiten beruht hier auf einem Vertrag zwischen Eroberern und Unterworfenen, zwischen Siegern und Besiegten, einem Vertrag, der aus den Muslimen die eigentlichen Vollbürger des Landes und aus den anderen nur 'Schutzbürger' macht".[28] In seinem Taschenbuch Islam, Diederichs kompakt, Kreuzlingen/München 2001, schreibt Hofmann auf S. 74: "Solange sie [=die Nichtmuslime] keine Staatsbürger - mit allen sich daraus ergebenden steuerlichen und wehrrechtlichen Pflichten - werden wollen, zahlen sie lediglich eine Kopfsteuer und sind damit von der Wehrpflicht befreit". Damit wird verschwiegen, dass Nichtmuslime in islamischen Staaten nur dann Staatsbürger im vollen Sinn werden können, wenn sie zum Islam konvertieren. Hofmanns Bezeichnung des islamischen Minderheitenrechts kann laut seinen Kritikern also nicht "liberal" im westlichen Sinne meinen; der evangelische Theologe und Bibelwissenschaftler Meik Gerhards bezeichnet Hofmanns Würdigung des islamischen Minderheitenrechts sogar als einen "Hohn auf unsere liberale Gesellschaftsordnung".[29] Im Bericht des baden-württembergischen Verfassungsschutzes aus dem Jahre 2004 wird Hofmann zudem eine "ablehnende Haltung gegenüber der Rolle des Individuums im Westen" vorgeworfen, "welche er als 'Vergötterung' des Einzelnen empfindet und deren positive Aspekte wie persönliche Freiheit oder Persönlichkeitsrechte er völlig ausblendet".[30]

Kritiker werfen Hofmann eine einseitige Haltung vor: Gegenüber dem Christentum beziehe er sich auf kritische Ergebnisse der Bibelwissenschaften, so etwa auf Gerd Lüdemann, folgere daraus eine "Krise der christlichen Christologie" und hebe die Glaubwürdigkeit des Koran im Unterschied zur Bibel hervor. Zur Entstehung des Koran beschränke er sich hingegen auf ein unkritisches traditionell-islamisches Bild und vernachlässige dabei kritische Ergebnisse der islamwissenschaftlichen Forschung (Christoph Luxenberg).[31]



Tanz und Ballettkritik

Als Gymnasiast war Hofmann Demonstrationstänzer einer Tanzschule und gab Tanzunterricht in München. Am Konservatorium Bern erhielt er Unterricht am Jazz-Schlagzeug. Von 1954 bis 1979 war er als internationaler Ballettkritiker für die Monatszeitschriften "Das Tanzarchiv" (Hamburg, später Köln), "Ballet Today" (London) und "Dance News" (New York) tätig. In München gründete er mit Karl Viktor Prinz zu Wied die "Freunde des Balletts e. V.". Dem Nachwuchsensemble "Les Ballet Sachnowsky" der Ballettpädagogin Lula von Sachnowsky diente er als Manager.


...


Einzelnachweise

Wo nichts anderes angegeben, ist Hofmann der Autor der betreffenden Quelle.

   1. ↑ a b Wir müssen durch Parteieintritt - in alle wirklich demokratisch gesinnten Parteien - dazu beitragen, dass die Parteiprogramme islamkonformer werden. Website des Zentralrats der Muslime in Deutschland, 30. August 2004
   2. ↑ Religion als Privatsache ? - Zur Rolle der Religion im Öffentlichen Raum, M. Hofmanns Aufsatz auf der Website der Islamische Gemeinschaft in Deutschland, 2003
   3. ↑ Der Islam als Alternative, München (2. Auflage) 1993, S. 23.Meik Gerhards, Golgatha und Europa oder: Warum das Evangelium zu den bleibenden Grundlagen des Abendlandes gehört, Universitätsdrucke Göttingen, Göttingen 2007, S. 153, sieht in dieser Stelle eine "Distanzierung von den in unserer Gesellschaft gültigen Grundwerten".
   4. ↑ Vgl. dazu Tagebuch eines deutschen Muslims, München (3. Auflage) 1998, S. 81f. (Zitat: S. 82).
   5. ↑ ebd., S. 105
   6. ↑ ebd.
   7. ↑ ebd.
   8. ↑ Koran, Diederichs kompakt, Kreuzlingen/München 2002, S. 12.
   9. ↑ ebd., S. 12.
  10. ↑ ebd., S. 105f. unter Bezug auf den Besuch einer im ganzen muslimischen Schwarzafrika renommierten Koranschule im südlichen Sudan: "Bei meinem Besuch durfte ich beliebige Schüler zum Vortrag beliebiger Teile des Korans auffordern. Jeder schnurrte den verlangten Text fehlerlos herunter". "Man geht dort davon aus, dass es im aufnahmebereiten jungen Alter das Wichtigste ist, zunächst den Koran-Text zu memorieren. Ihn verstehen zu lernen ist eine lebenslange, endlose Aufgabe".
  11. ↑ ebd., S. 89 ff.
  12. ↑ In mehrfacher Auflage als Publikation erschienen. Zur Entstehungsgeschichte vgl. Tagebuch, S. 60.
  13. ↑ Ein philosophischer Weg zum Islam, Garching (3. Auflage) 1997, S. 6.
  14. ↑ ebd., S. 7f.
  15. ↑ ebd., S. 9.
  16. ↑ ebd., S. 2 (dort als Ziel dessen genannt, was er mit seinem Vortrag zeigen will).
  17. ↑ ebd., S. 14f.
  18. ↑ Vgl. etwa Tagebuch, S. 128f.
  19. ↑ ebd., S. 50f.
  20. ↑ ebd., S. 82.
  21. ↑ Der Islam im 3. Jahrtausend. Eine Religion im Aufbruch. München 2000, S. 99 f.
  22. ↑ Islam. München 2001, S. 69 - 77
  23. ↑ Der Islam als Alternative, München 1992, S. 113 - 123
  24. ↑ ebd., S. 115
  25. ↑ ebd., S. 77
  26. ↑ ebd., S. 73
  27. ↑ Islam. München 2001, S. 75
  28. ↑ Adel Theodor Khoury, Toleranz und Religionsfreiheit im christlichen und islamischen Verständnis, in: Günter Baadte (u. a.) (Hrsg.), Religion, Recht und Politik, Graz (u. a.) 1997, S. 11-37 (Zitat S. 26).
  29. ↑ Gerhards, Golgatha und Europa, S. 152.
  30. ↑ Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2004, S. 37.
  31. ↑ Vgl. dazu Gerhards, Golgatha und Europa, S. 90ff.; 144ff. Hofmann weist kritische Ergebnisse der westlichen Islamwissenschaft in: Koran, Diederichs kompakt, S. 93-96 sehr pauschal als dem Islam nicht angemessen ab.



Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Murad_Wilfried_Hofmann (http://de.wikipedia.org/wiki/Murad_Wilfried_Hofmann) (23. Juni 2009)


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Quote[...] Wegen der Schalke-04-Strophe "Mohammed war ein Prophet, der vom Fußballspielen nichts versteht. Doch aus all der schönen Farbenpracht hat er sich das Blau und Weiße ausgedacht" hagelte es Protest-E-Mails. Murad Wilfried Hofmann, früher Botschafter in Algerien und Marokoo und konvertierter Moslem, versteht die Entrüstung.

Ehemaliger Botschafter über Protest-E-Mails an Schalke
Murad Wilfried Hofmann im Gespräch mit Dirk Müller


Murad Wilfried Hofmann: Guten Morgen!

Dirk Müller: Herr Hofmann, verstehen Muslime keinen Spaß?

Hofmann: Das kann man nicht so sagen. In der früheren Epoche, als der Islam noch nicht präsent war in Deutschland, konnten solche Liedtexte auf das Papier kommen. Das war in einer Zeit, in der man noch recht rassistisch und auch expansionistisch dachte. Aber heute ist, glaube ich, im Zeitalter der Globalisierung jedermann sensibler geworden. Wir sprechen nicht mehr, wir kaufen keine Negerküsse mehr, wir haben keine Negerplastikfiguren mehr vor Kaufhäusern, wir benutzen Indianer nicht mehr für Zigarettenreklame, und selbst "Der Kaufmann von Venedig" von Shakespeare hat heute Probleme. Das heißt, die Muslime sind nicht die einzigen, die im Zeitalter der Globalisierung auch für mehr Sensibilität plädieren.

Müller: Herr Hofmann, gucken wir noch einmal ganz konkret auf die Textzeilen, worüber der Streit nun entfacht ist. "Mohammed war ein Prophet, der vom Fußballspielen nichts versteht. Doch aus all der schönen Farbenpracht hat er sich das Blau und Weiße ausgedacht." Ist das rassistisch?

Hofmann: Nein. Es zeigt sogar eine große Unkenntnis des Islams, denn der Islam hat mit Blau und Weiß nun wirklich nichts zu tun, und das Ganze wäre eine Sommerloch-Geschichte geblieben oder eine Intrige gegen Felix Magath seitens Borussia Dortmund, wenn es nicht - ich weiß nicht von wem - aufgebauscht worden wäre.

Müller: Es sind immerhin ja 400 Protest-Mails eingetroffen bei Schalke.

Hofmann: Ja. Trotzdem muss man in Rechnung stellen, dass die Muslime nicht gerade überempfindlich sind. Das wirkt möglicherweise nur so. In Wirklichkeit sind sie vielleicht gläubiger geblieben als viele andere, die ihren Glauben nicht mehr so ernst nehmen. Jedenfalls haben viele Muslime - und das ist der wahre Hintergrund, nehme ich an - den Eindruck, dass man in dieser Welt heutzutage mit ihnen machen kann, was man will: in Palästina, in Kaschmir, in Tschetschenien, in Bosnien, im Irak, in Afghanistan. Und das scheint mir der wahre Hintergrund dieser als überempfindlich empfundenen Reaktion zu sein.

Müller: Aber, Herr Hofmann, sind das nicht zum Teil jedenfalls, was Sie jetzt aufgezählt haben, auch oft Konflikte von Muslimen gegen Muslime?

Hofmann: Das kann dahingestellt bleiben. Es schildert nur den Hintergrund für das, was man als Überempfindlichkeit empfindet. Ich habe gestern übrigens auch im WDR einen Professor sagen gehört, dass die so protestierenden Muslime noch nicht hinreichend integriert seien. Aber dieser Herr hat dabei übersehen, dass es fast 100.000 deutschbürtige Muslime inzwischen gibt, die auch nicht gerne sehen, wenn ihr Prophet zum Spaßobjekt gemacht wird. Und zweitens hat er übersehen, dass ein Muslim, der eine Beleidigung seines Propheten akzeptieren würde, kein Muslim mehr wäre.

Müller: Aber ist nicht gerade Schalke 04 ein Fußballverein, ein Arbeiterverein, der er zumindest ja einmal war, mit einer großen Tradition, auch mit einer großen Integrationskraft? Da haben immer sehr viele Muslime, sehr viele Türken auch, gespielt - auch an verantwortlicher Stelle. Das war bisher noch nie ein Problem.

Hofmann: Das trifft zu. Trotzdem würde ich meinen, es wäre besser, man unterlässt diese Aussage statt darauf zu hoffen, dass man sich an sie gewöhnt. Man braucht diese Strophe ja nicht formal zu streichen. Es würde ja genügen, wenn sie nicht mehr abgedruckt oder gesungen wird, einfach weil sie nicht mehr in die heutige multikulturelle Zeit passt.

Müller: Also Sie sagen jetzt in diesem konkreten Zusammenhang: Vereinshymne Schalke 04 - das ist nicht überempfindlich, sondern berechtigt?

Hofmann: Ich habe Verständnis dafür, dass Muslime sich getroffen fühlen.

Müller: Reden wir über die anderen Beispiele, die ja auch in unserem Beitrag vorgekommen sind: der Karikaturenstreit, "Idomeneo", dann diverse Kunstausstellungen. Das sind alles berechtigte Vorwürfe gegen die westliche Zivilisation?

Hofmann: Ich stelle fest, dass es in Deutschland inzwischen eine Entwicklung gibt, die eigentlich auf eine Ent-Religionisierung hinausläuft, so dass es inzwischen in Deutschland möglich ist, dass man zum Beispiel auch über Jesus schreckliche Karikaturen veröffentlicht und das hinnimmt unter dem Gesichtspunkt der Pressefreiheit. Aber die Pressefreiheit erlaubt nicht Beleidigung religiöser Gefühle, und bei Muslimen sind diese Gefühle noch stark.

Müller: Das heißt, die Christen sind im Grunde so weit abgestumpft, dass sie "Madonna" am Kreuz akzeptieren?

Hofmann: Die Reaktion, die ausgeblieben ist auf manche dieser Jesus verunglimpfenden Karikaturen, deutet darauf hin. Übrigens: In der deutschen Nationalhymne singt man ja auch eine Strophe nicht mehr, weil sie nicht mehr in die Zeit passt. Und das wäre doch ein gutes Vorbild für das Verhalten der Schalker.

Müller: Halten Sie also in gewisser Weise für vergleichbar?

Hofmann: Ja! Von der Zeit überholt.

Müller: Und wenn die westliche Gesellschaft sich entscheidet, mehr und mehr einen säkularen Weg einzuschlagen, mit Blick auf Freiheit, auf Meinungsfreiheit, auf Pressefreiheit, auf all diese Dinge, also fehlende Religiosität, die Sie beklagen. Ist das nicht eine Entscheidung, die man dann akzeptieren muss in einer freien Gesellschaft?

Hofmann: Wenn man sich an das deutsche Grundgesetz hält - und das bleibt ja hoffentlich für uns maßgeblich - sind unterschiedliche Religionen in Deutschland zulässig; einschließlich ihrer Werteordnung soweit sie nicht der Werteordnung der Bundesrepublik grundsätzlich widerspricht. Die hat aber im deutschen Strafgesetzbuch immer noch den Paragrafen, der Blasphemie strafbar macht, und davon können doch die Muslime in Deutschland auch profitieren.

Müller: Viele, Herr Hofmann, haben in dem Zusammenhang ja den Eindruck - wenn wir jetzt gerade auf das konkrete Beispiel Schalke noch einmal zurückkommen - dass politische Gruppierungen, durchaus auch radikale Gruppierungen solche Aktionen, solche Proteste, ganz, ganz bewusst steuern. Kann das sein?

Hofmann: Das kann sein, und das lässt sich auch leider nicht vermeiden. Und da komme ich wieder auf das Sommerloch zurück. Möglicherweise wäre die Steuerbarkeit dieser Geschichte geringer gewesen, wenn es nicht in das Sommerloch gefallen wäre.

Müller: Muss eine westliche Gesellschaft sämtlichen Protesten klein beigeben?

Hofmann: Ich habe das nicht verstanden, Entschuldigung.

Müller: Muss eine westliche Gesellschaft solchen Protesten - wie auch immer geartet - eine freie Gesellschaft klein beigeben?

Hofmann: Klein beigeben ist, glaube ich, das falsche Wort. Man sollte sich an seine Verfassung halten, und die schützt Religionsgemeinschaften vor blasphemischen Angriffen.

Müller: Sie sagen, die Muslime sind weiterhin religiöser als die meisten Christen in der westlichen Welt dann zumindest.

Hofmann: Ich glaube schon, dass es eine Tendenz gibt, sich heute noch als Christ zu bezeichnen, ohne wirklich im engeren Sinne christlich aktiv zu sein. Und in dem Sinne sind wahrscheinlich mehr Muslime gläubig und aktiv gläubig - prozentual gesehen - als Christen in Deutschland.

Müller: Müssen die Muslime - das war eigentlich meine Frage; die konnte ich noch nicht stellen, Herr Hofmann - auf der anderen Seite, die in der freien, in der westlichen Welt leben, nicht auch ein Stück mehr Toleranz mitbringen?

Hofmann: Ich glaube, dass die Mehrheit der Muslime, die in der westlichen Welt lebt, die Grundlagen der Verfassungen in den westlichen Demokratien akzeptiert.

Müller: Toleranz?

Hofmann: Dazu gehört auch die religiöse Toleranz. Wenn man auf die Grundlagen des Islams geht ist er unter den drei großen monotheistischen Religionen von der Theorie her die toleranteste.

Müller: Aber in dem Zusammenhang Schalke plädieren Sie ja dafür, diese Strophe - in irgendeiner Form zumindest - dann auszuklammern. Dann hätte sich eine Minderheit innerhalb einer Minderheit durchgesetzt.

Hofmann: Das ist nicht eine Frage von Minderheit und Mehrheit, sondern eine Frage von Recht. Ist es der Mehrheit erlaubt, eine Minderheit zu verunglimpfen?

Müller: Murad Wilfried Hofmann bei uns im Deutschlandfunk, ehemals deutscher Botschafter in Algerien und Marokko. Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören.

Hofmann: Bitte schön.


Aus: "Deutschlandfunk - Interview - "Ich habe Verständnis dafür, dass Muslime sich getroffen fühlen"" (05.08.2009)
Quelle: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/1011499/ (http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/1011499/)

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Quote[...] Das Liedgut ist weder Blasphemie und noch stellt es eine Verhöhnung des Propheten dar.
Der ernste Hintergrund ist noch durch die schrecklichen Ereignisse in Dresden präsent: Viele Muslime sind seit dem
Mord an der Muslima Marwa El-Scherbini verunsichert und bei einigen liegen die Nerven etwas blank. Heißsporne haben dadurch einfaches Spiel und instrumentalisieren die Geschichte. Nach dem Motto: Man respektiert uns nicht, wir werden hierzulande stets wie Aussätzige behandelt,und da kommt die Hymne im verkehrten Licht betrachtet einigen gerade recht. Diese Vorgehensweise wird weder dem Opfer in Dresden gerecht, noch der Sommerposse auf Schalke.

Wir sollen unseren Humor bei all dem nicht verlieren: Eine Fußballhymne, die auch aus muslimischer Sicht nichts Falsches widergibt: Sie erwähnt den muslimischen Propheten, und dass er vom Fußball nichts verstehen konnte, liegt in der Natur der Sache. Er lebte nämlich lange vor der Erfindung des Fußballs. Der Prophet hätte darüber wahrscheinlich zustimmend gelacht.

Dennoch sollte die Schalker Führung das Gespräch mit den Muslimen suchen, nicht zuletzt im eigenen Interesse und im Interesse ihrer türkischen Fans und aktiven Spielern, der vielen Mohammads sozusagen. Auf Schalke wird seit Jahren erfolgreich Integrationsarbeit geleistet. Schalkes Führung kann also auf die Irritation, die sich nicht zuletzt durch manch schiefe Berichterstattung in den Medien und durch die Polemik einiger muslimischer Blogger ergeben hat, selbstbewusst eingehen.

Salim Abdullah, Leiter des Zentralinstituts Islam-Archiv-Deutschland in Soest, selber begeisterter Schalkefan, hat das Lied der Blau-Weißen oft gesungen: ,,Mohammed war ein Prophet, der vom Fußballspielen nichts versteht, doch aus all der schönen Farbenpracht, hat er sich das Blau und Weiße ausgedacht." Für Abdullah kein Grund zur Aufregung - im Gegenteil: ,,Mir geht das Herz auf, wenn ich höre, wie der Prophet aus 30 000 Kehlen gelobt wird.", sagte er heute in einer Zeitung.

...

(AIMAN A. MAZYEK)



Aus: "Schalke-Hymne: Lachen wir mit dem Propheten" (05.08.2009)
Quelle: http://islam.de/13516.php (http://islam.de/13516.php)

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Title: [Die Beleidigung an der Schaukel... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 05, 2009, 12:19:51 PM
Quote[...] Die Schaukel von Johannstadt beschäftigt seither die Welt. Auf diesem Spielplatz prallten zwei Leben aufeinander, die wenig miteinander gemein hatten. Hier die junge Ägypterin aus gutem Hause, die Pharmazie studiert hatte und früher im Handballkader der Nationalmannschaft spielte. Die einen hoffnungsvollen Wissenschaftler geheiratet hatte und sich neben dem Kind mit Erfolg um eine Arbeit bemühte. Dort der Russlanddeutsche, der sich als Bauhelfer und Hausmeisterhelfer durchschlug und zuletzt 640 Euro Hartz IV bezog. Der eine hatte ein dauerhaftes Gefühl der Unterlegenheit, die andere stand mit beiden Beinen fest im Leben. Er wohnte im Plattenbau, sie in der hippen Louisenstraße.

Was auf jenem Spielplatz vor einem Jahr passierte, ist inzwischen von den Ermittlern weitgehend rekonstruiert.

Alexander W. saß auf einer der beiden Schaukeln, während seine Nichte die andere benutzte. Marwa al-Schirbini kam hinzu. Sie trug wie immer ihr Kopftuch und bat den Russlanddeutschen, die zweite Schaukel ihrem Sohn Mustafa zu überlassen. Er wolle nicht, dass seine Nichte Islamisten sehe, soll Alexander W. gesagt haben. Ein Wort gab das andere. Sie sei eine Terroristin, und ihr Sohn werde auch mal einer, schimpfte W. Es wurde laut in der beschaulichen Sandkiste, Zeugen riefen die Polizei. Es gab eine Strafanzeige wegen Beleidigung.

Eine Routinesache für Polizisten und Staatsanwälte. Unschön, aber nicht selten. Im Oktober kam ein Strafbefehl über 330 Euro. Alexander W. legte Einspruch ein. Er hatte keinen Anwalt und sagte, er verstehe nicht, was daran strafbar sein solle. Der Russlanddeutsche verlangte ein "Geschworenengericht". Er schimpfte auf das Kopftuch. Islamisten seien seine Feinde, er fühle sich schikaniert. In seinen Briefen ist von Schirbini nur als "diese Frau" die Rede. In Anführungszeichen.

Das Amtsgericht setzte eine Hauptverhandlung an. Im November verdoppelte der Richter in der Sitzung die Geldstrafe. Alexander W. verstand die Welt nicht mehr, legte Berufung ein, die Staatsanwaltschaft auch. Der Spätaussiedler fühlte sich in die Enge getrieben. Er forderte einen Verteidiger, der ihm nach langem Hin und Her zugebilligt wurde. Es gab nun einen Termin am Landgericht. Am 1. Juli. Dem Tag, an dem Marwa al-Schirbini sterben sollte.

Die Lage hatte sich für den Russlanddeutschen weiter verschärft. Die Staatsanwaltschaft wollte jetzt in ihrer Berufung "die Verhängung einer Freiheitsstrafe, gegebenenfalls sogar ohne Bewährung" erreichen, wenn Alexander W. sich "weiterhin so uneinsichtig" zeige. Dem Mann drohte nun Gefängnis wegen des Streits auf dem Spielplatz. Der Pflichtverteidiger wollte noch kurz vor der Verhandlung die Berufung zurückziehen. Es gab kaum Chancen auf einen glimpflichen Ausgang für seinen Mandanten. Doch der blieb stur.

So trafen sich die Beteiligten wieder an jenem Mittwoch im Juli, in Saal 10 des alten Dresdner Landgerichts. Die Ermittler glaubten, dass Alexander W. schon zuvor den Entschluss fasste, die Ägypterin zu töten. Als Beleg gilt ein Anruf des Mannes bei seiner Mutter kurz vor der Verhandlung. Er soll ihr gesagt haben, dass er sie liebe. Dann habe er aufgelegt. Die Mutter sei besorgt gewesen.

Das Gericht erinnert sich im Nachhinein an einen zurückhaltenden Angeklagten, der allerdings durch rechte Parolen auffiel. Muslime seien für ihn Monster, habe er gesagt. Warum habe man die nach den Anschlägen vom 11. September 2001 nicht aus Deutschland entfernt? Er schwafelte von der Rassenfrage und erklärte, er wolle nicht, dass Deutsche sich mit Ausländern vermischten. Und wählen würde er ohnehin die NPD.

Der Richter forderte nun ein Wortprotokoll, der Verteidiger versuchte zu schlichten. Doch Alexander W. drehte weiter auf. Bedauerte, dass die NPD in Sachsen nicht an der Regierung sei. Der Richter fragte, ob er schon mal in einem KZ gewesen sei. Dafür sei die NSDAP verantwortlich gewesen, nicht die NPD, konterte W.

Dann begann Schirbini mit ihrer Aussage. Gefasst und sachlich. Sie bestritt, dass Alexander W. sie wie im Polizeiprotokoll verzeichnet als "Islamistenschlampe" bezeichnet habe. Aber schon als Terroristin und Islamistin. Weitere Fragen an die Zeugin hatte nur der Angeklagte, der keine zwei Meter von ihr entfernt saß. Warum sie denn überhaupt in Deutschland sei, wollte er wissen. Die Frage wurde abgewiesen. Dann wollte der Mann wissen, warum sie zu Hause keine Schaukel habe. Der Verteidiger bat um eine Pause.

Schließlich stand Schirbini mit ihrem dreijährigen Sohn Mustafa und ihrem Mann Elwi Okaz an der Tür des Gerichtssaals. Die Formalitäten waren erledigt, sie wollte sich später telefonisch nach dem Ausgang des Prozesses erkundigen. Plötzlich sprang Alexander W. auf sie zu. In der Hand ein Küchenmesser mit 18 Zentimeter langer Klinge. Er hatte es offenbar in seinem schwarzen Rucksack in den Gerichtssaal geschmuggelt. W. griff die Ägypterin, die im dritten Monat schwanger war, sofort an. Der Ehemann stellte sich dazwischen, der Verteidiger warf mit Stühlen, versuchte einen Tisch zwischen seinen Mandanten und die Zeugin zu schieben.

Um 10.23 Uhr drückte der Richter den Alarmknopf. Justizbedienstete eilten herbei und ein Bundespolizist, der zufällig in der Nähe war. In dem Tumult verwechselte er Täter und Opfer. Er schoss Okaz in den Oberschenkel, der sofort zusammenbrach. Dann wurde Alexander W. festgenommen.

Marwa al-Schirbini starb um 11.07 Uhr. Die Gerichtsmediziner zählten 16 Messerstiche in Rücken, Brust und rechtem Arm. Luftröhre, Speiseröhre, Brutkorb, Lungen, Leber, Milz und Herz waren verletzt. Das Schulterblatt von der Wucht der Attacke gebrochen. Die wehrlose Frau war chancenlos.

Ihr Mann hatte Stiche in Unterkiefer, Hals, Brustkorb, Schulter und Bauch. Der Schuss aus der Waffe des Polizisten durchschlug den linken Oberschenkel und brach den Knochen. Der Mann, der am Dresdner Max-Planck-Institut forscht, musste reanimiert werden und wurde in ein künstliches Koma versetzt. Auch der dreijährige Sohn der Familie wurde bei dem Versuch verletzt, ihn in Sicherheit zu bringen.

Seit jenem Tag befindet sich Alexander W. in Untersuchungshaft. Und seit jenem Tag versuchen Ermittler zu ergründen, was den zuvor unauffälligen Mann zu der Tat getrieben haben könnte. In einer vorläufigen Einschätzung kommt der Dresdner Sachverständige Stephan Sutarski zu dem Schluss, der Russlanddeutsche sei voll schuldfähig. Auch wenn das Gutachten noch aussteht, gibt es doch bisher keine Anzeichen für psychische Probleme.

[...] Erst jetzt, in der Haftanstalt, fiel Alexander W. wieder auf. Er hat zwei Mithäftlinge bedroht. Er soll gesagt haben, er steche sie ab.

Den Lebenslauf des Täters haben die Ermittler weitgehend aufgeklärt. Geboren wurde Alexander W. 1980 in Perm am Ural, der östlichsten Millionenstadt Europas. Er hat einen Hauptschulabschluss, lernte an der Berufsschule Nummer 52 in Perm und gilt als intelligent. W. wurde Stuckateur und Elektromonteur und kam im September 2003 mit Mutter und Schwester nach Deutschland.

Er besuchte Integrationskurse, machte ein Praktikum in einem Baumarkt, wo er als faul und widerspenstig auffiel, aber nicht als Rechtsextremist. In seiner Wohnung fanden sich keine einschlägigen rechten Devotionalien. Selbst die Legende, er habe im Tschetschenien-Krieg gekämpft, scheint widerlegt. Ermittler fanden in Russland Hinweise, dass Alexander W. aus gesundheitlichen Gründen vom Wehrdienst befreit war.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass W. die Tat heimtückisch und aus niederen Beweggründen begangen hat. Ihm droht eine lebenslange Freiheitsstrafe. "Bloßer Hass auf Nichteuropäer" und Muslime hätten den Spätaussiedler getrieben. Die Verteidigung könnte entgegnen, dass der Vorfall eher eine Affekttat war. Der Mann soll bei seiner Verhaftung von Selbstmord gesprochen haben.

Für alle Beteiligten wird es ein kompliziertes Verfahren. Die Zeugen im Gerichtssaal - der Richter, Schöffen, Anwalt, Justizbedienstete - gelten als traumatisiert. Das Verfahren wird am selben Gericht stattfinden, in dem auch Marwa al-Schirbini starb. Der Druck von außen ist extrem. Der Vater der toten Ägypterin forderte in der "Bild"-Zeitung bereits die Todesstrafe für Alexander W. Auch für den Polizisten, der irrtümlich auf Elwi Okaz schoss und gegen den wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt wird, verlangt er die höchstmögliche Strafe. Der Beamte hatte, möglicherweise unbewusst, gerade auf jenen Mann geschossen, der am ehesten wie ein Ausländer aussah. Bei Facebook gibt es inzwischen unzählige Solidaritätsgruppen für Marwa.

Das Landeskriminalamt hat mit allen Beteiligten "Sicherheitsgespräche" geführt. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es bei dem Prozess zu tumultartigen Szenen kommen wird. Das Gericht in Dresden - nur wenige Straßen von dem Spielplatz entfernt - wird einem Hochsicherheitstrakt gleichen. Das Verfahren um die Beleidigung an der Schaukel hat die Staatsanwaltschaft inzwischen eingestellt. Vorläufig.


Aus: ""Bloßer Hass"" Von Steffen Winter (05.09.2009)
Quelle: http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,646122,00.html (http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,646122,00.html)

Title: [...dass nicht jede Formulierung gelungen war]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 02, 2009, 09:02:05 AM
Quote[...] In Bundesbankkreisen geht man zwar nicht davon aus, dass die neuerliche Entgleisung Sarrazins weitere Konsequenzen hat. Berufen werden Bundesbank-Vorstände vom Bundespräsidenten. Doch es gilt als wahrscheinlich, dass es zwischen Weber und Sarrazin zu einer Aussprache kommt, wenn der Bundesbankpräsident von der Weltbanktagung zurückkehrt, die am Wochenende in Istanbul stattfindet.

...

Quote01.10.2009  18:45:25

michael812:
[...]  Die Kassiererin die € 1,80 zu wenig in Kasse gab wurde sofort vor die Tür gesetzt. Wieso also nicht Thilo Sarrazin?

[...]  rausschmeissen und sofort hartz4 ...

dann laesst er vielleicht seine ueblen diffamierungen ...

wenn er dann sein taegliches menue ausrechnet...


Quote


01.10.2009 18:11:17

arano: Wie einseitig!

Wenn der mir auch nicht gerade sympathische Herr Sarrazin die Wahrheit ausspricht, wird er sofort medial gesteinigt.

Als Kenan Kolat, der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, vor der Bundestagswahl an alle türkischstämmigen Wähler denn Appell richtete, dass sie türkischstämmige Abgeordnete wählen sollen, blieb der mediale Aufschrei aus.

Man stelle sich nur einmal vor, was los wäre, wenn ein Deutscher ausschließlich zur Wahl von Deutschen aufrufen würde. Man wurde ihn wegen Rassismus die Hölle heiß machen. Herrn Kolat geschieht als Angehörigen einer Minderheit allerdings nichts.

Wie verlogen ist das denn? Wie dumm sind die Deutschen eigentlich, dass sie sich das bieten lassen?


Quote

01.10.2009 17:53:53

slobodan paessler: Sarrazins Reue

Wir muessen lernen ueber diese Probleme zu diskutieren und nicht nur es den Radikalen zu ueberlassen. Es haette auch anders gesagt werden koennen, wie auch immer, es hat voll den Nerven getroffen und die Aussagen sind nicht falsch. Die Integrationspolitik is gescheitert und wir haben parallel Welten aufgebaut die uns viel Geld kosten. Das wird wohl angesprochen werden koennen ohne gehaengt zu werden? Na ja, ich wuerde sogar sagen dass jemand wie Sarrazin die Pflicht haette dieses Problem anzusprechen und inteligente Loesungen vorzuschlagen (das war ja hier nicht der Fall).

Ich, selber ein Einwanderer, moechte nicht in Istanbul leben und bin deswegen nach Deutschland gekommen um gute Ausbildung zu bekommen, zu arbeiten und bessere Lebensqualitaet zu haben.

Dieses Geschrei von Links und Gruen hilft gar nicht weil es dazu fuehrt dieses Arena nur den Rechtsradikalen zu ueberlassen, und die profitieren davon taeglich.

Servus!


Quote

01.10.2009 17:52:49

wawerka: @muedi

Als Chefredakteur (Bäckerblume?) sollten Sie vielleicht wissen, dass Sarrazin sich mit zwei "r" schreibt.

Und auch, dass es ein Unterschied ist, ob man seine private Meinung am Stammtisch vom Stapel lässt oder als Vorstandsmitglied der Bundesbank einer Zeitung ein Interview gibt.

Herr Sarrazin ist schon mehrfach durch pauschalisierende Pöbeleien auffällig geworden. Dass es Missstände bei der Integration gibt und auch bei der gerechten Verteilung von Geldern des Staates gibt, ist jedem klar denkenden Menschen bekannt. Es gilt an der Behebung dieser Missstände zu arbeiten. Ganze Gruppen generell zu beschimpfen ist wenig dienlich. Schon gar nicht, wenn es auch die Steuergelder dieser Menschen sind, die das eigene Gehalt finanzieren.


Quote

01.10.2009 17:52:07

Felix Fabri: Sarrazin ez cetera et cetera

Beruflich komme ich gelegentlich ins Gefängnis - wer jetzt lacht, hat keine Ahnung.

Die Umgangssprachen dort im Vollzug sind: - Türkisch, - Russisch, -Arabisch in vielen Varianten vom Maghrebinisch bis Irakisch. Haftgründe: BTM ( = Betäubungsmittel), Gewaltkriminalität, Tötungsdelikte; Anteil der Personen mit sogenanntem Migrationsvordergrund: 56% je nach Einzugsgebiet mehr oder weniger.

Und jetzt den Gutmenschen ins Stammbuch geschrieben: Keine türkische Regierung ist auch nur annähernd bereit, die hier sich aufenthaltenden Türken zurückzuholen. Denn jeder in der Türkei weiß, dass hier kein Ausländerproblem vorliegt, sondern ein Schichtenproblem. Seit 1949 war es der BR Deutschland gelungen, das Proletariat abzuschaffen, etwa durch Erhardt Wirtschaftspolitik (K.Adenauer: "Es ist uns noch nie so gut gegangen!"). Erst durch den unverantwortlichen Zuzug von randständigen Personengruppen mit völlig anderem kulturellen und ethischen Vorprägungen, die sich hier nicht einfügen lassen, haben zu der Zeitbombe "Migration" geführt.

Wenn Sarrazin dies etwas dröge formuliert, mag das für die Gutmenschen empörend sein, aber wo er Recht hat, da hat er Recht.

Übrigens verlange ich jetzt für alle katholischen Schüler - in Berlin sicherlich eine verschwindende Minderheit - mittags einen Raum für Mittagsgebet: "Ave Maria, gratia plena". Aber das trifft bei den Gutmenschen sicherlich auf Ablehnung, es sind ja nur Deutsche....


Quote

01.10.2009 17:52:05

Heinrich Koch: Wenn man etwas bereut, dann weil es falsch war,

nicht, weil es richtig war.


Quote

01.10.2009 17:47:55

bringtheheat: muedi

"Sarazin hat seine Meinung gesagt. Man muss nicht dieser Meinung sein, aber man darf ihn auch nicht so fies mobben, wie dies nun in der SZ und dem Spiegel passiert. Ich kann das fast nicht glauben - das ist ja die reinste Hetze gegen den Mann. Von Leuten, die sich selbst vermutlich "Demokraten" nennen."

Wie man in den Wald hinein ruft...so schallt es heraus...


Quote01.10.2009  17:42:06

double1: Reue?

Geht es jetzt darum wie Sarrazin die Probleme ansprach oder geht es um die Probleme selbst. Das die Probleme existieren, türkische und arabische Jugendliche größte Probleme haben sich zu integrieren, wissen nur weiß-bestrumpfte Protestanten nicht.

Die Akzeptanz allerdings gegenüber diesen Migranten scheint erheblich gesunken zu sein, nicht allein wegen ihren Gewaltausbrüchen gegenüber Homosexuellen in Kreuzberg sondern auch wegen anderer diverser Auffälligkeiten, die immer wieder Opfer fordern.

Wer behauptet Berlin sei eine geistige Kaderschmiede, der verkennt tatsächlich, das sich Berlin in erster Linie als Partystadt etalbliert hat und diese Klientel mehr den Spaß sucht als geistige Herausforderung - warum auch nicht.

Weshalb die Süddeutsche glaubt, Sarrazin zeigt nun Reue, wenn er behauptet, er habe seine persönliche Meinung gesagt, ist vielleicht nur für die SZ einsichtig. ...


Quote

01.10.2009 17:10:08

Silverblues: Hört die Worte - und erkennt die Haltung

" ... dass nicht jede Formulierung .. gelungen war" - noch verräterischer könnte man' s nicht ausdrücken. Es geht nicht um Herrn Sarazzins Meinung, nicht um seine Haltung; er bedauer lediglich, dass er nicht Formulierungen gefunden hat, die uns Bürger gegen die Geschmähten anstatt gegen ihn aufbringen. Es bleibt dabei: Herr Sarazzin hat ein Problem, seine ethische Haltung ist verdorben und in seinem Kopf gibt es keinen Zensor, der ihm in solcher Situation sagt: "Hey, Tilo, mach mal halblang!" Das ist zutiefst affektives Handeln. An Schlüsselpositionen der Gesellschaft brauchen wir aber andere Kompetenzen.


...


Aus: "Sarrazins Reue" Von C. von Bullion und M. Hesse (01.10.2009)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/politik/256/489641/text/ (http://www.sueddeutsche.de/politik/256/489641/text/)


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Quote[...] Ein Meister der Diplomatie war er noch nie, aber so wie jetzt ist selbst Thilo Sarrazin noch nie aus der Rolle gefallen. "Die Türken erobern Deutschland genauso, wie die Kosovaren das Kosovo erobert haben: durch eine höhere Geburtenrate", sagte der Bundesbankvorstand und Ex-Finanzsenator in Berlin in einem Interview mit der Kulturzeitschrift "Lettre International": "Das würde mir gefallen, wenn es osteuropäische Juden wären mit einem um 15 Prozent höheren IQ als dem der deutschen Bevölkerung. Ich habe dazu keine Lust bei Bevölkerungsgruppen, die ihre Bringschuld zur Integration nicht akzeptieren."

Es ist nur eines von zahlreichen Zitaten aus dem Gespräch über die Hauptstadt, das in Politik und Finanzwelt für Entsetzen sorgt. "Klasse statt Masse. Von der Hauptstadt der Transferleistungen zur Metropole der Eliten", ist der Artikel überschrieben, in dem Sarrazin über mehr als fünf Seiten hinweg mit seiner ehemaligen Wirkungsstätte abrechnet. Berlin sei belastet von der "68er-Generation" und dem "Westberliner Schlampfaktor", findet der Ex-Senator.

Für besondere Empörung sorgen jetzt vor allem die despektierlichen Beschreibungen der ausländischen Bevölkerung der Stadt. Er müsse "niemanden anerkennen, der vom Staat lebt, diesen Staat ablehnt, für die Ausbildung seiner Kinder nicht vernünftig sorgt und ständig neue kleine Kopftuchmädchen produziert", findet der Bundesbanker. "Das gilt für 70 Prozent der Türken und für 90 Prozent der arabischen Bevölkerung." "Türkische Wärmestuben" könnten die Stadt nicht voranbringen, sagte Sarrazin an anderer Stelle.

Man dürfe von Migranten nicht als Einheit reden, so Sarrazins These. Osteuropäer, Weißrussen, Ukrainer und Vietnamesen etwa seien durchaus "integrationswillig", sagt er. "Bei der Kerngruppe der Jugoslawen sieht man dann schon eher 'türkische' Probleme." Dazu gehört nach seiner Auffassung etwa Folgendes: "Ständig werden Bräute nachgeliefert." Seine Vorstellung wäre: "Generell kein Zuzug mehr außer für Hochqualifizierte und perspektivisch keine Transferleistungen mehr für Einwanderer."

Der niedersächsische Arbeitsminister Philipp Rösler (FDP), der vietnamesische Wurzeln hat, ist entsetzt. Man dürfe Probleme nicht schönreden, "aber das ist Polemik in die andere Richtung", sagt er. "Mit Maß und Mitte hat das nichts zu tun." Sarrazins Aussagen machten "alle Integrationsbemühungen der letzten fünf Jahre kaputt". Der Bundestagsabgeordnete und Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick findet die Äußerungen "geschmacklos und diskriminierend", so etwas dürfe ein Bundesbankvorstand auch "als Privatmann nicht in die Öffentlichkeit husten". Der Grünen-Politiker Özcan Mutlu hält Sarrazin schlicht für "durchgeknallt". Die Aussagen seien "einfach nur peinlich": "In Berlin gibt es allein 6000 deutsch-türkische Unternehmer, die nahezu 20.000 Arbeitsplätze geschaffen haben", fügt Mutlu noch hinzu.

Sarrazin hat sich mittlerweile entschuldigt.

...

[...] Die türkische Gemeinde in Berlin ist dementsprechend sauer über die einseitige Darstellung. "Das ist unerhört", sagte am Donnerstag der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, der Deutschen Presse-Agentur. "Sarrazin schießt häufig über das Ziel hinaus und macht sich keine Gedanken über die Auswirkungen seiner Aussagen."

Auch der Vorstandsvorsitzende der Türkisch-Deutschen Unternehmervereinigung (TDU), Hüsnü Özkanli, und der Sprecher des Türkischen Bunds Berlin-Brandenburg, Safter Cinar, reagierten entrüstet. Cinar sagte, die Aussagen Sarrazins seien einseitig und unüberlegt. "Das ist absolut unter der Gürtellinie und inhaltlich völliger Quatsch." Es gebe auch eine andere, erfolgreiche Seite. "Migranten mit höherer Bildung sind Politiker im Abgeordnetenhaus. Es gibt 80 türkischstämmige Ärzte, die in Berlin eine Praxis haben, und 70 türkische Anwälte."

Özkanli betonte: "Wir tragen zum deutschen Wirtschaftssystem bei, indem wir Ausbildungs- und Arbeitsplätze schaffen, unsere Jugend studiert", sagte er. "Was sollen wir sonst noch machen, um unseren Integrationswillen zu demonstrieren? Uns die Haare blond färben?"


Aus: "Sarrazins türkenfeindliche Tiraden lösen Entsetzen aus" Von Anne Seith, Frankfurt am Main (01.10.2009)
Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,652571,00.html (http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,652571,00.html)


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Quote[...] Bundesbank-Vorstandsmitglied Thilo Sarrazin hat sich am Donnerstag für seine umstrittenen Äußerungen über das Zuwanderermilieu Berlins entschuldigt. "Die Reaktionen, die mein Interview verursacht hat, zeigen mir, dass nicht jede Formulierung gelungen war", heißt es in einer persönlichen Mitteilung. Es sei nicht seine Absicht gewesen, einzelne Volksgruppen zu diskreditieren. "Sollte dieser Eindruck entstanden sein, bedauere ich dies sehr und entschuldige mich dafür", erklärte der frühere Berliner Finanzsenator.

[...] Integration sei eine Bring-Schuld, sagt er im Interview. Und fügt einzelne Sätze hinzu, die Integrations-Politiker schäumen lassen. "Ich muss niemanden anerkennen, der vom Staat lebt, diesen Staat ablehnt, für die Ausbildung seiner Kinder nicht vernünftig sorgt und ständig neue kleine Kopftuchmädchen produziert. Das gilt für 70 Prozent der türkischen und 90 Prozent der arabischen Bevölkerung in Berlin."

An anderer Stelle heißt es: "Eine große Zahl an Arabern und Türken in dieser Stadt (...) hat keine produktive Funktion, außer für den Obst- und Gemüsehandel, und es wird sich vermutlich auch keine Perspektive entwickeln. Das gilt auch für einen Teil der deutschen Unterschicht."

Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, war so entrüstet, dass er eine inhaltliche Debatte ablehnte: "Das ist unerhört! Zu solchen unsachlichen Äußerungen möchte ich gar keine Stellung nehmen. Dazu sage ich nichts."

[...] Vor seiner Entschuldigung hatte Sarrazin seine umstrittenen Äußerungen zur Hauptstadt und zu Integrationsproblemen von Migranten als "Liebeserklärung" an die Stadt bezeichnet. Der Berliner Zeitung B.Z. sagte er: "Denn was man liebt, betrachtet man auch besonders sorgsam und mit scharfem Auge."

Man solle seine Äußerungen im Gesamtzusammenhang sehen und nicht nur einzelne Teile betrachten, hatte er erklärt. Er beziehe sich auf Fakten: Im Problembezirk Neukölln lebe zum Beispiel gut die Hälfte der Menschen von Hartz IV, im Berliner Durchschnitt seien es hingegen 20 Prozent. "Das alles sind Dinge, die mich, als jemand der Berlin liebt und hier lebt, bekümmern." Integrationsprobleme seien durch den Erfolg von Einwanderer-Kindern im gesellschaftlichen System Deutschlands zu lösen. "Sie müssen zur Schule gehen, sie müssen Deutsch sprechen können und den normalen Aufstieg durch Bildung nehmen." Jeder Mensch habe Potenziale. "Er muss sie allerdings auch nutzen."

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Aus: "Integration: Sarrazin muss sich entschuldigen" (ZEIT ONLINE, dpa, Reuters, 1.10.2009)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/deutschland/2009-10/sarrazin-aeusserung-integration (http://www.zeit.de/politik/deutschland/2009-10/sarrazin-aeusserung-integration)

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Title: [Der Tag, der Holland veränderte (Theo van Gogh).... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 03, 2009, 11:25:21 AM
Quote[...] Theo van Gogh (* 23. Juli 1957 in Den Haag; † 2. November 2004 in Amsterdam) war ein niederländischer Filmregisseur, Publizist und Satiriker. Er wurde am 2. November 2004 vom islamischen Fundamentalisten Mohammed Bouyeri ermordet. Der Regisseur war ein Urenkel von Theo van Gogh, dem Bruder Vincent van Goghs.

Van Gogh hatte zunächst Jura studiert, beschloss aber nach dem Abbruch des Studiums, Regisseur zu werden. Daneben arbeitete er für Funk und Fernsehen und schrieb provokante Kolumnen.

[...] Van Gogh galt schon seit langem in den Niederlanden als enfant terrible. Er rief mit provokanten, auch zynischen Äußerungen und Spott immer wieder Kontroversen in den Medien hervor. So kritisierte er die multikulturelle Gesellschaft, die einen Angriff gegen die ,,Normen und Werte der westlichen Gesellschaft" darstelle und den ,,aggressiven und rückständigen Islam" verteidige. Moslems bezeichnete er häufiger als geitenneukers (Niederländisch: Ziegenficker). Dem Schriftsteller Leon de Winter warf van Gogh ,,Vermarktung seines Judentums" vor und provozierte ihn und seine Frau in diesem Zusammenhang mit sexuellen Anzüglichkeiten. Andererseits forderte er Liberalität und Freiheit, zeichnete sich als Interviewer und Regisseur durch Sensibilität sowie Geduld im Umgang mit Gesprächspartnern und Schauspielern aus. Die Presse beschrieb ihn auch als liebevollen Familienmenschen.

1984 brachten ihm geschmacklose Witze ,,zwei kopulierende gelbe Sterne in der Gaskammer" eine Klage wegen Antisemitismus ein; in der Berufungsverhandlung wurde er freigesprochen. Van Gogh beschränkte sich aber keineswegs auf jüdische oder islamische Themen, er attackierte ebenso christliche Werte und Symbole.

Einen seiner letzten Filme, Submission (dt. ,,Unterwerfung"), erstellte er in Zusammenarbeit mit der Islam-Kritikerin und ehemaligen Muslimin Ayaan Hirsi Ali. Der Film handelt von vier islamischen Frauen, die über ihre Missbrauchserfahrungen sprechen. Die Fernsehausstrahlung im Sommer 2004 führte zu heftigen Reaktionen unter Muslimen, woraufhin Hirsi Ali wegen mehrfacher Morddrohungen zeitweilig unter Polizeischutz gestellt wurde, nicht jedoch van Gogh.

[...] Das Debüt van Goghs bestand 1981 in der Veröffentlichung des Films Luger. Für seine Filme Blind Date (1996) und In het belang van de staat (1997, dt. ,,Aus Staatsraison") erhielt er jeweils den Niederländischen Filmpreis Gouden Kalf (Goldenes Kalb). Zusammen mit Ayaan Hirsi Ali hatte er eines seiner letzten Filmprojekte (Submission) verwirklicht, das im Sommer 2004 nach seiner Fernsehausstrahlung für viel kontroverse Diskussion sorgte. Bis zu seinem Tod arbeitete er an einem Film über den 2002 ermordeten Pim Fortuyn (Arbeitstitel 06/05) und an einem Film über marokkanische Jugendliche (Arbeitstitel Cool). Als Schauspieler war er unter anderem zu sehen in De Noorderlingen (1992, dt. ,,Die Leute aus dem Norden").

Van Gogh war ein typischer ,,Aktionsregisseur". Die Qualität seiner Filme beruhte in erster Linie auf der Story und den Leistungen seiner Schauspieler. Die meisten seiner Produktionen waren Low-Budget-Produktionen und in sechs Fällen (von insgesamt 19 fertiggestellten Filmen) auch selbst finanziert. Während er in seinen Kolumnen und Debatten häufig extreme Standpunkte einnahm und sich angriffslustig gab, war er - laut Aussagen seiner Mitarbeiter - am Film-Set ein ruhiger und freundlicher Regisseur. Van Gogh behauptete, dass diese Haltung aus Berechnung resultiere, da er beobachtet habe, Schauspieler arbeiteten besser, wenn man sie nett behandele.

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Nach Ausstrahlung des Films ,,Submission" über die Unterdrückung der Frau durch den Islam erhielt van Gogh Morddrohungen. Am 2. November 2004 wurde er gegen 8.45 Uhr in der Amsterdamer Linnaeusstraat ermordet.

Van Gogh war mit dem Fahrrad unterwegs ins Filmstudio zur Abnahme seines Dokumentarfilmes "06/05" (über die Hintergründe des Mordes an dem Politiker Pim Fortuyn am 6. Mai 2002), als er nach Augenzeugenberichten von einem Mann auf dem Fahrrad eingeholt wurde, der sofort auf ihn zu schießen begann. Van Gogh versuchte noch, auf die andere Straßenseite zu flüchten, wurde aber vom selben Mann weiter beschossen. Als van Gogh schon am Boden lag, durchschnitt ihm der Attentäter die Kehle und heftete mit zwei Messerstichen ein fünfseitiges Bekennerschreiben an den Körper, das auch eine Morddrohung an Ayaan Hirsi Ali enthält. Nach der Tat flüchtete der Täter Richtung Oosterpark, wo er von der Polizei nach einem Schusswechsel verletzt festgenommen werden konnte.

Der Attentäter war der zum Tatzeitpunkt 26 Jahre alte Amsterdamer Marokkaner Mohammed Bouyeri, der in den Niederlanden geboren wurde und aufgewachsen ist. Er besitzt die marokkanische und niederländische Staatsbürgerschaft. Sowohl das auf dem Opfer zurückgelassene Bekennerschreiben als auch ein Abschiedsbrief, den der Attentäter bei sich trug, ließen darauf schließen, dass der Täter aus einem radikal-islamistischen Hintergrund heraus handelte; siehe dazu auch Faradsch Fauda. Laut Meldungen des Justizministeriums war der Täter beim Algemene Inlichtingen- en Veiligheidsdienst (AIVD) – dem Niederländischen Geheimdienst – in Zusammenhang mit Ermittlungen zu Samir A. bereits bekannt. Dieser war Mitte des Jahres wegen der Vorbereitung terroristischer Anschläge verhaftet worden.

Nach dem Mord an Theo van Gogh kam es in den Niederlanden zu Brandanschlägen auf islamische und daraufhin auch auf christliche Einrichtungen. Diese Unruhen haben sowohl in den Niederlanden als auch im europäischen Ausland eine breite Diskussion über das Zusammenleben zwischen Europäern und islamischen Einwanderern ausgelöst. Van Goghs Sohn wurde laut seiner Familie mehrfach Opfer von Übergriffen muslimischer Jugendlicher.

Bei einem Staatsbesuch des niederländischen Kronprinzen Willem-Alexander und seiner Frau Prinzessin Maxima in Marokko entschuldigte sich ein Schüler einer islamischen Schule in Marrakesch für die Ermordung Theo van Goghs.

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Quote[...] Liebe Fatima Elatik,

in "De Volkskrant" war neulich aus ihrem Munde zu vernehmen: "Die Freiheit der Meinungsäußerung ist in den Niederlanden sehr weit gegangen und wird oft mißbraucht. Sie wird als eine Selbstverständlichkeit angesehen, als ein Banner, unter dem man alles sagen darf, vor allem über den Gottesdienst. Das beste Vorbild dafür ist Theo van Gogh, der die furchtbarsten Dinge über Moslems und Juden sagt. Ich bin mir nicht so sicher, ob die Absetzung des Theaterstücks über Mohammeds Frau in Rotterdam wirklich ungerecht ist. Wenn eine große Gruppe von Menschen das als verletzend empfindet, wäre es auch mutig, so etwas nicht zu tun." Und davor sagen Sie sogar: "Das Tragen eines Kopftuchs erfordert auch Mut, wirklich." Ich schließe die Augen und träume hinüber ins ferne Marokko, wo - wie wir alle wissen - die Freiheit der Meinungsäußerung wenig zählt in den Kerkern des Königs und wo Ihre Schwestern auf die Straße gehen, um für ein weniger einseitiges, den Mann bevorzugendes Scheidungsrecht zu demonstrieren, was sie ohne Kopftuch tun, sondern durch ihren Protest. War nur so ein Gedanke...

Wenn Sie behaupten, es gehöre Mut dazu, unter dem Terror irgendeines Fanatikers ein Theaterstück abzusetzen, also die Aufführung unmöglich zu machen, haben Sie dann nicht das Gefühl, daß die "Freiheit der Meinungsäußerung" einer "großen Gruppe" von Neugierigen in Bedrängnis gerät? Wer sind Sie eigentlich, daß Sie beschließen können, Theo van Gogh dürfe keine Betrachtungen anstellen über die fleischlichen Versuchungen des Propheten?

Und, Fräulein Elatik, versuchen Sie auch Ihre sozialdemokratische Partei davon zu überzeugen, daß gewisse Theaterstücke besser nicht aufgeführt werden sollten, weil einige Gläubige - eventuell natürlich nur, denn sie haben das Stück ja nicht gesehen, stimmt's? - daran Anstoß nehmen könnten? Und paßt Ihr erfrischender Standpunkt in Sachen freie Meinungsäußerung vielleicht auch auf den Schriftsteller Salman Rushdie, der - wie man hört - den Rest seines Lebens unter Polizeischutz stehen wird, weil es Gläubige gab, die sich nicht die Mühe machten, die "Satanischen Verse" zu lesen, aber dennoch der Meinung waren, daß der verurteilte Ketzer brennen müsse?

Fräulein Elatik, haben Sie schon mal etwas mitbekommen davon, daß der Sozialismus, und damit auch die Sozialdemokratie, aus der Aufklärung hervorgegangen sind, so etwa vor 200 Jahren, als man jedermann das Recht einräumte ungläubig zu sein, das heißt, nicht zu knien vor Gott, Jahwe, Allah - oder wer auch sonst dem menschlichen Aberglauben entsprungen ist? Und daß damit auch das Recht des Ungläubigen, sich über den Glauben lustig zu machen, ein Recht für alle Menschen geworden ist? Sie sagen: "Es gehört Mut dazu, mit dem Kopftuch zu zeigen, wofür man steht." Wofür stehen Sie? Für Terror, Zensur und düsteres Mittelalter, so steht zu befürchten. Wenn ich Unrecht habe, bekenne ich das gern. Antworten Sie mir und überzeugen Sie meine Leser, daß Sie Recht haben. Im Krieg der Ideen ist kein Einsatz zu hoch. Einstweilen bekomme ich einen Hexenschuß, wenn ich vor Pygmäen knien muß - und an Sie denke.

Mit feierlichem Augenzwinkern, Theo van Gogh

Übersetzung: Rainer Haubrich

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Aus: ""Im Krieg der Ideen"" (8. November 2004)
Quelle: http://www.welt.de/print-welt/article351047/Im_Krieg_der_Ideen.html (http://www.welt.de/print-welt/article351047/Im_Krieg_der_Ideen.html)

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Quote[...] Van Goghs letzte Kolumne in der Gratiszeitung ,,Metro" war wieder einmal dem Bürgermeister gewidmet. Dessen Schmusekurs gegenüber einer umstrittenen Muslimorganisation und der Minimalanspruch, den ,,Laden irgendwie zusammenhalten" zu wollen, hatten van Goghs Zorn erregt. Denn Theo van Gogh hatte für versöhnliche Tendenzen keinen Sinn. Sein Spott war verletzend. Selbst vor den plumpesten Beleidigungen schreckte er in seinen Kommentaren nicht zurück, lief erst jenseits der Grenze des guten Geschmacks zu Hochform auf.

Bemerkungen beispielsweise über ,,zwei kopulierende gelbe Sterne in der Gaskammer" brachten ihm 1984 eine Klage wegen Antisemitismus ein. Neun Jahre später wurde er nach endlosen Berufungsverfahren freigesprochen. Dem Schriftsteller Leon de Winter warf er vor, sein Judentum zu vermarkten. Er wickele sich beim Sex wohl ,,Stacheldraht um den Schwanz" und schreie laut ,,Auschwitz, Auschwitz", hieß das dann bei van Gogh.

In letzter Zeit arbeitete sich der Provokateur vornehmlich am Islam ab, dessen Anhänger er mit dem Prädikat ,,Ziegenficker" bedachte. Den Propheten Mohammed nannte er einen ,,pädophilen Vergewaltiger", und der Vorsitzende einer radikal-islamischen Organisation in den Niederlanden war für ihn nur ,,der Scheißer des Propheten". Morddrohungen zog ein Film nach sich, den er gemeinsam mit der rechtsliberalen Abgeordneten Ayaan Hirsi Ali produziert hatte. Vier teils verstümmelte Frauen erzählen in ,,Submission" ihre grausamen Geschichten. Unter ihren durchsichtigen Ganzkörperschleiern scheinen frauenfeindliche Koranverse durch, die man ihnen auf den nackten Körper kalligraphiert hat.

Der Film sollte auf die Mißhandlung von Frauen in islamischen Kreisen aufmerksam machen. Hirsi Ali, die sich als ,,Exmuslimin" bezeichnet, in Somalia geboren wurde und vor einem Ehearrangement später aus Kenia flüchtete, wurde unter Polizeischutz gestellt. Van Gogh hielt das für sich nicht für nötig. ,,Wer schießt schon auf den Dorfdeppen?" fragte er in einem Interview. Am vergangenen Dienstag erschoß der 26 Jahre alte Mohammed B. auf offener Straße den ,,Dorfdeppen", schnitt ihm die Kehle durch und rammte ihm zwei Messer mit daran befestigen Botschaften in den Leib.

Die archaische Brutalität eines Ritualmordes sandte Schockwellen durch die Niederlande und schien van Gogh postum recht zu geben. War das Land nicht längst zu einem Frontstaat im "Kampf der Kulturen" geworden? War van Gogh das erste Opfer in einer Schlacht um die Entscheidung zwischen westlichen Werten und dem Gesetz des "islamistischen Dschungels"?
Vor gut zwei Jahren erlebten die Niederlande ihren ersten politischen Mord seit dem Jahr 1584.

Theo van Goghs - unvollendet gebliebener - letzter Film, "0605", hat das Attentat auf den Rechtspopulisten Pim Fortuyn zum Thema. Fortuyn war ein Narziß, ein Flamboyant, der sich im Bentley chauffieren ließ und seine Krawatten mit den dicksten Knoten band, die das Land je gesehen hatte. Eigentlich war auch Fortuyn mehr Künstler als Politiker, stilisierte jeden Auftritt zum Medienspektakel, wiewohl er bisweilen kaum etwas zu sagen hatte. Dennoch brachte er neues Leben in die verschlafene politische Kultur des Landes.

[...] Nur fünf Prozent der niederländischen Muslime seien dem radikalen Flügel zuzuordnen, hat der Geheimdienst BVD in einem Bericht Anfang des Jahres festgestellt. Doch das sind immerhin 50000. Bisher taten ihre moderaten Glaubensbrüder wenig, um sich von den Fanatikern abzugrenzen. Nach dem Mord am Dienstag aber war die Abscheu auch in muslimischen Kreisen groß. ,,Wir verurteilen diese grauenhafte und durch nichts zu rechtfertigende Tat", stand auf der Internetseite der Al-Tawheed-Moschee in Amsterdam, deren Imam in der Vergangenheit auch schon mal zur Steinigung von Homosexuellen aufgerufen hat. Viele Geistliche nutzten nun die Freitagsgebete, um deutlich für Demokratie und Streitkultur zu plädieren.

Der Mord an van Gogh hat die Niederlande aus dem Schlaf der Selbstgerechten gerissen. Ein Nationalheiligtum, die Meinungsfreiheit, scheint in Gefahr. Die linken Intellektuellen des Landes treibt nun ein häßlicher Verdacht um: Was, wenn sie den staatszersetzenden bösen Geistern mit ihrer Duldsamkeit erst den Raum zur Entfaltung gegeben hätten? Was, wenn ihre Toleranz längst nichts Tugendhaftes mehr hätte, sondern euphemistisch eine bequeme Wegschau-Mentalität umschriebe? Und muß eine offene Gesellschaft neben Prostitution, Euthanasie, Abtreibung und Homo-Ehe tatsächlich auch radikale Islamisten akzeptieren, selbst dann, wenn diesen ebenjene Toleranz hassenswert ist? Oder trifft Toleranz da auf ihre Grenzen, wo sie zu ihrer eigenen Destruktion mißbraucht werden soll?

Und was, vor allen Dingen, ist jetzt zu tun? Die Politiker üben sich in Volksbefriedigung: Die Einwanderungsquote soll eingeschränkt werden, verpflichtende Sprach-Einbürgerungskurse sollen ,,zwangsintegrieren" und radikale Moscheen geschlossen werden. Daß sich das Problem damit lösen läßt, glaubt niemand ernsthaft. ,,Wir sind auf dem falschen Weg", stellte Ministerpräsident Balkenende nach dem Mord fast überrascht fest. Und auch Bürgermeister Cohen hatte keine neuen Ideen. ,,Wir müssen eben weiter versuchen, den Laden beieinanderzuhalten."

Text: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 07.11.2004, Nr. 45 / Seite 10


Aus: "Theo van Gogh - Holland erschreckt über sich selbst" Von Michael Borgstede, Amsterdam (07. November 2004)
Quelle: http://www.faz.net/s/RubDDBDABB9457A437BAA85A49C26FB23A0/Doc~EED222D3996FE49279067F7D05A9CB7EC~ATpl~Ecommon~Scontent.html (http://www.faz.net/s/RubDDBDABB9457A437BAA85A49C26FB23A0/Doc~EED222D3996FE49279067F7D05A9CB7EC~ATpl~Ecommon~Scontent.html)

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Quote[...] Der Täter hatte dem Regisseur des islamkritischen Streifens "Submission" aufgelauert, auf ihn geschossen, seinem Opfer dann die Kehle durchgeschnitten und ihm mit einem Messer eine Morddrohung an die Politikerin Ayaan Hirsi Ali an den Brustkorb geheftet. Mit der Bluttat im Amsterdamer Westen endete die Ära der scheinbar uneingeschränkten niederländischen Toleranz, die schon mir dem Mordanschlag auf den Rechtspopulisten Pim Fortuyn 2002 einen schweren Rückschlag erlitten hatte. Es begann eine kältere Ära, in der Ahmed Aboutalebs Einzug in das Rotterdamer Bürgermeisterbüro wie ein kleines Wunder wirkt.

"Wer ist der nächste?", fragten niederländische Revolverblätter nach dem Mord an Theo van Gogh. Über Wochen hinweg wütete in dem 16-Millionen-Staat ein Kulturkampf, im Wortsinn: 20 Kirchen und Moscheen wurden beschädigt, Schulen brannten, das ganze Land wurde von Anschlägen beider Seiten, rechter Ausländerfeinde wie radikaler Islamanhänger, heimgesucht. Viele Niederländer fühlten sich durch religiöse Fanatiker in ihrer Freiheit und Sicherheit bedroht - zugewanderte Muslime sahen sich plötzlich einem nie dagewesenen Hass gegenüber und fürchteten täglich die große Vergeltung für den symbolträchtigen Mord. Das Bilderbuchland der Toleranz hatte seine Unschuld verloren und geriet in eine tiefe Identitätskrise.

Ende des Kuschelkurses

Nach Umfragen aus den Tagen nach van Goghs Tod hielt über die Hälfte der Befragten den Islam für die große Bedrohung und die Niederlande für unangebracht liberal. Mit dem alten Kuschelkurs sollte endgültig Schluss sein - mit Coffee-Shops und liberalen Drogengesetze, aktiver Sterbehilfe und Homo-Ehe. Kurz: Der 2. November 2004 versetzt die Niederlande in den absoluten Ausnahmezustand, vergleichbar nur mit den USA nach dem 11. September 2001.

Wenn ein scheinbar gut integrierter und gebildeter junger Mann wie der 26-jährige Van-Gogh-Mörder Bouyeri, Sohn marokkanischer Eltern, einen Intellektuellen auf offener Straße regelrecht hinrichtet, dann geschieht das nicht im Affekt - etwas ist grundlegend schiefgelaufen. Hätte man die sich abzeichnenden Entwicklungen ernster nehmen müssen, fragten sich schockierten Niederländer.

Es war das Mordopfer van Gogh gewesen, das davor gewarnt hatte, Muslimen in Holland unter Berufung auf die Meinungsfreiheit all zu viele Zugeständnisse zu machen. Und es hätte durchaus nahegelegen, sich Gedanken über Reaktionen auf van Goghs radikale Provokationen zu machen - spätestens nachdem der Regisseur angefangen hatte, von Muslimen als "geitenneuker" zu sprechen, als Menschen, die sexuelle Handlungen an Ziegen ausführen. Aber das liberale "Laisser-faire"-Image war für die Niederländer gerade im weltoffenen Amsterdam, wo der Mord geschah, ein willkommene Ausrede, um Konflikten auszuweichen.

Der Fluch des Imam

Zugespitzt hatte der Konflikt sich bereits in den Monaten vor dem 2. November 2004. Zusammen mit der gebürtigen Somalierin und christdemokratischen Politikerin Hirsi Ali hatte Theo van Gogh im August 2004 den Film "Submission" produziert - er führte Regie, das Drehbuch war ein Gemeinschaftswerk. Der elfminütige Kurzfilm lief nur ein einziges Mal. Er zeigt eine junge Muslimin, die dem Zuschauer die Rolle der Frau im Islam ausbreiten soll. Während des gesamten Films werden Koran-Suren auf den transparent verschleierten Körper des Mädchens projiziert. "Submission" sorgte für Aufsehen und rief sofort heftig Kritik auf den Plan. Keinen Monat später verfluchte ein radikaler Imam in Den Haag die beiden Verantwortlichen - Bouyeri, van Goghs späterer Mörder, wohnte dieser Predigt bei.

Der Filmemacher und sein Mörder lebten im gleichen Viertel: Amsterdam-West, wo fast nur Zuwanderer wohnen. Am Morgen der Tat war van Gogh auf dem Weg ins Studio, um einen Film fertig stellen über einen Mann, den er in gewisser Hinsicht bewunderte: Pim Fortuyn. Der Rechtspopulist war am 6. Mai 2002 erschossen worden; genau 911 Tage später - für rechte Verschwörungstheoretiker seither Anlass für Spekulation über einen Zusammenhang mit den Anschlägen am 11. September 2001 - stirbt van Gogh. Sein Fortuyn-Film lief später im niederländischen Fernsehen und bescherte dem toten Ausländerfeind eine zweifelhafte Welle postumer Anerkennung.

Anders als Fortuyn, der sich während seines politischen Lebens mit allen großen niederländischen Parteien überwarf und deswegen im Februar 2004 seine eigene Partei gründete, war van Gogh kein Rechtsaußen, kein Fanatiker, kein Mann des Hasses. Der Filmemacher war nur ein glühender Anhänger der Freiheit des Wortes, der uneingeschränkten Redefreiheit - koste sie, was sie wolle. Aus ganz unterschiedlichen Motiven wollten Fortuyn und van Gogh keine Rücksicht auf Tabus, Religion oder soziale Codes nehmen. Beide mussten deshalb sterben.

Abschiebung statt Aufwertung

Der Tod Theo van Goghs hat die Niederlande verändert. Bis heute steht er für den schmerzhaften Abschied von einem lange gepflegten gesellschaftlichen Ideal. Zwei Wochen nach van Goghs Ermordung sollten die Zuschauer einer Fernsehshow den größten Niederländer aller Zeiten küren. Volkshelden wie Rembrandt oder Johan Cruijf verloren gegen einen Mann, der noch Wochen zuvor nicht den Hauch einer Chance auf einen der vorderen Plätze gehabt hätte: Pim Fortuyn.

Die hochemotionale Debatte über Leitkultur, Zuwanderung und Integration, die auf van Goghs Tod folgte, stellte alles in Frage, was in Holland bis dahin als Konsens gegolten hatte. Auf die Politik für selbstbewusste Minderheiten, die Zuwanderer in der Tradition ihrer Kultur und Sprache förderte, folgte nun die große Abschiebungswelle. Lange vor Deutschland führten die Niederlande einen Einbürgerungstest und das ausdrückliche Bekenntnis zu Staat und Verfassung vor, forderte die umstrittene Integrationsministerin Rita Verdonk ein Burka-Verbot und die Abschiebung aller Ausländer, denen es an Geld und gutem Willen mangele.

Im Oosterpark in der Nähe des Tatorts erinnert seit zwei Jahren ein Denkmal an die Ermordung Theo van Goghs. Ein halbes Jahrzehnt nach dem Jahrhundertschock für die Niederländer haben sich die Wogen etwas geglättet. Aber es ist nichts mehr wie früher - die Gräben von damals sind geblieben.

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Aus: "Der Tag, der Holland veränderte" Sibel Sen (1.11.2009 )
Quelle: http://einestages.spiegel.de/static/topicalbumbackground/5343/der_tag_der_holland_veraendert.html (http://einestages.spiegel.de/static/topicalbumbackground/5343/der_tag_der_holland_veraendert.html)

Title: [Dahinter steckt dasselbe paranoide Denken... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 03, 2009, 02:22:05 PM
Quote[...] Der Begriff der Fremde spielt unter anderem eine Rolle in der Gruppendynamik ...


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QuoteTP: [...] Gerade hat der Prozess um den Mord an der Ägypterin Marwa El-Sherbini begonnen. Was lehrt uns dieser Mord über gesellschaftliche Konflikte in Deutschland?

Kay Sokolowsky: Dass sie in gewissen Fällen gern verharmlost werden. Dass in gewissen Fällen das Entsetzen vor einem Mord nicht so schwer wiegt wie die Sorge, der alltägliche, allgegenwärtige Rassismus in Deutschland könnte zur Sprache kommen. Viele dieser gewissen Fälle betreffen in jüngster Zeit vor allem das Verhältnis der alteingesessenen Deutschen zu Mitbürgern aus dem islamischen Kulturkreis.

Der Mann, der Marwa El-Sherbini erstochen hat, wurde laut Staatsanwaltschaft von blankem Hass auf Muslime geleitet. Mit diesem Hass ist der Täter leider nicht allein. Es gibt sehr viele Menschen in Deutschland, die verstehen und sogar rechtfertigen, warum Alex W. eine schwangere Frau getötet und beinahe auch ihren Mann ums Leben gebracht hat, die diesen Messerstecher geradezu für einen Helden halten. Marwa El-Sherbini sei selbst schuld, heißt es dann, sie hätte ja auf ihre Anzeige gegen den Rassisten verzichten können. Sie habe ihn durch diese Anzeige ja überhaupt erst gereizt. Und was bilde so eine Fremde sich eigentlich ein, solch eine Kopftuchträgerin zumal?! So und noch viel schlimmer tönen User-Kommentare auf den muslimfeindlichen Websites. Diese grauenhafte Tat ist Ausdruck eines Hasses, der sich in Deutschland breitgemacht hat wie eine Epidemie. Doch über diesen Hass und über seine Verbreitung möchte man lieber nicht reden.


TP: Im Rotbuch Verlag ist Ihr Buch "Feindbild Moslem" soeben erschienen. Sie schildern in diesem Buch die Lage der Muslime in Deutschland und stellen fest, dass sich besonders seit dem 11. September antimuslimische Ressentiments verbreiten. Was sind die Gründe dieses Antiislamismus? Wer sind die Wortführer?

Kay Sokolowsky:  Der Antiislamismus ist nur ein Vorwand, eine Ausrede, um rassistische Hetze und migrantenfeindliche Bösartigkeit auszutoben. Die Muslimhasser diffamieren "die Muslime" und meinen damit jeden Menschen, der in erster, zweiter oder dritter Generation aus dem islamischen Kulturraum stammt. Es ist dabei ganz gleichgültig, ob die Menschen, die diskriminiert werden, tatsächlich Muslime sind. Die Muslimfeinde unterstellen kurzerhand jedem Menschen mit türkischen oder arabischen Eltern, er sei ein Muslim. Das ist bereits blanker Rassismus. Niemand wird durch seine Geburt ein Muslim, sondern allein durch das Glaubensbekenntnis. Aber genau das bestreiten die Islamfeinde. Für sie steht jeder Migrant aus einem islamischen Land, der nicht öffentlich auf den Koran schimpft, stehen alle Kinder dieser Migranten im Verdacht, fanatische Muslime zu sein und deshalb Ehrenmörder, Zwangsverheirater, Parallelgesellschafter, Selbstmordattentäter, Massenmörder.

Wer Jude sei, bestimme er, sagte Hermann Göring einmal. Die Muslimhasser definieren auf die gleiche Art, wer Muslim ist. Sie bauen sich ein Feindbild, um alle zu Feinden des Menschengeschlechts erklären zu können, denen sie feindselige Gefühle entgegenbringen. Auch das ist rassistische Praxis in Reinkultur. Mit Religionskritik und Aufklärung im seriösen Sinn hat das nichts, überhaupt nichts zu tun. Aber indem die Muslimhasser erregt mit dubiosen Koranstellen wedeln und auf die Brandprediger zeigen, die es ja leider gibt, erscheint ihr rassistisches Gerede gedeckt durch den Anspruch der Aufklärung, mantelt es sich auf als "Verteidigung unserer westlichen Grundwerte". Von den Imamen, die ihre Gläubigen zu Toleranz und Friedfertigkeit ermahnen, will der Muslimhasser entweder nichts wissen oder er unterstellt diesen Predigern, sie würden lügen. Aus der hermetischen Wahnwelt der Rassisten gibt es kein Entrinnen. Weder für die Objekte dieses Wahns noch für die, die von ihm besessen sind.

Im Kern ist den Islamfeinden nicht der Islam verhasst, sondern der Türke, der Araber, der Fremde an sich. Es ist ja auch völlig unmöglich, etwas so Abstraktes wie eine Religion zu hassen. Hass kann sich nur gegen Menschen richten, nicht gegen Abstraktionen. "Die Muslime" sind verhasst aus dem schlichten Grund, dass sie Muslime sind - oder weil sie im Verdacht stehen, Muslime zu sein. Der bloße Verdacht genügt dem Rassisten schon, um menschenfeindlich zu hetzen. Rassismus ist eine Ideologie des Verdachts und der Unterstellung.

Für die Islamfeindlichkeit, die wir heute erleben, haben die Attentate vom 11. September 2001 wie eine Initialzündung gewirkt. In den Staaten des Westens haben sich vorher die wenigsten darum geschert, was militante Islamisten anrichten. Die Verbrechen der Taliban, die Brutalität der Pasdaran, die Massaker in Somalia oder Algerien waren vor "9/11" kein großes Thema in der westlichen Öffentlichkeit. Schließlich handelte es sich bei den Opfern "nur" um irgendwelche Einwohner der Dritten Welt. Erst als der militante Islamismus seine Gewalt auch gegen die Metropolen des Westens entfesselte, entdeckten wir Ignoranten den Islam als Schreckgespenst des 21. Jahrhunderts. Die Angst, die Al-Qaida verbreitet, ist der Nährboden für die Ideologie der Muslimhasser. Plötzlich sind Moscheenbauten und Kopftücher zu Politika geworden, und gewisse Publizisten haben sich fulminante Karrieren aufbauen können, indem sie der diffusen Furcht vor dem Islam Futter gaben.

Echte Wortführer - wie etwa den Rechtspopulisten Geert Wilders in den Niederlanden - hat die Islamfeindschaft in Deutschland nicht. Aber viele prominente Stichwortgeber. Dazu zählen etwa der Orientalist Hans-Peter Raddatz, der Journalist Udo Ulfkotte, die Soziologin Necla Kelek, die Bundesverdienstkreuzträgerin Alice Schwarzer und ganz besonders die Publizisten Henryk M. Broder und Ralph Giordano. Aus deren bösen Stichworten eine rassistische Ideologie zu erarbeiten, haben sich Tausende anonyme Hetzer in Internet-Blogs und -Foren auf die Fahne geschrieben.

TP: Was für eine Rolle spielen die sogenannten "Islamkritiker" darin?

Kay Sokolowsky: Promovierte Autoren wie Raddatz oder Kelek geben dem muslimfeindlichen Gerede den Anstrich wissenschaftlicher Seriosität. Broder und zumal Giordano, die selber Zielscheiben antisemitischer Hetze sind, scheinen über den Verdacht erhaben, rassistische Ressentiments zu verbreiten. Die Hass-Blogger berufen sich nur zu gern auf solche Autoren, um von ihren eigenen rassistischen Motiven und von ihrem Wahn abzulenken. Deshalb habe ich in meinem Buch überprüft, wie glaubwürdig Kelek, Broder oder Giordano argumentieren. Das Resultat ist, um es zurückhaltend auszudrücken, wenig schmeichelhaft für die Autoren. Als Kronzeugen für die Islamfeindlichkeit sind sie nur so lange Gold wert, wie der Großteil des deutschen Publikums nicht merkt, dass diese Kronzeugen vor allem Blech reden. Ich hoffe, dass mein Buch dazu beiträgt, das Image dieser Stichwortgeber zu korrigieren.

TP: In den ersten Tagen und Wochen wurde der Mord an der Muslimin El-Sherbini in den Medien nur am Rande wahrgenommen. Erst nach Protesten im Ausland wurde diesem Verbrechen mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Warum war der Tod einer Kopftuchträgerin, die nicht Opfer eines Ehrenmordes wurde, eine Woche lang nur eine kurze Meldung in den Nachrichtenagenturen?

Kay Sokolowsky:  Es ist seit vielen Jahren deutsche Tradition, Rassismus zu verharmlosen, kleinzureden und ins Vermischte zu verbannen. Der Fall der armen Frau El-Sherbini hat das wieder vorgeführt: Die Bundeskanzlerin hatte anfangs nicht mal ein Wort des Mitleids für die Familie übrig. Und der damalige Innenminister Schäuble, der sonst hinter jeder Facebook-Seite eine islamistische Terrorzelle vermutete, bekam den Mund nicht auf, um diesen eindeutig terroristischen Akt zu verurteilen. Stattdessen fürchtete man sich allenthalben vor den Reaktionen der bekanntlich völlig unberechenbaren Muslime. Das Dresdener Gericht, in das Alex W. am Tag der Tat problemlos ein 18 Zentimeter langes Messer einschmuggeln konnte, ist heute ein Hochsicherheitstrakt, inklusive Scharfschützen - aus lauter Angst vor muslimischer Vergeltung. Auf Nachfrage musste das LKA Sachsen übrigens einräumen, es gebe für die Scharfschützen auf dem Dach keinen konkreten Anlass.

Dahinter steckt dasselbe paranoide Denken, das einen Gerichtspolizisten bewegte, auf den blutenden, am Boden liegenden Mann von Marwa El-Sherbini zu schießen statt auf den Täter Alex W. Der Muslim an sich, der Fremde aus dem Orient ist eine Gefahr: So denken sehr viel Deutsche, und so denken die Sicherheitsbehörden - nicht nur die in Sachsen. Zu Prozessbeginn war es vielen Berichterstattern wichtiger, über eine höchstwahrscheinlich gefakete Morddrohung "aus islamistischen Kreisen" gegen Alex W. zu berichten, als sich endlich einmal mit der ausgeprägten Muslimfeindschaft zu befassen, die in Deutschland herrscht. Zum Glück nicht allen Berichterstattern. Doch bestürzend vielen.


TP: Wie weit verbreitet sind antimuslimische Ressentiments in der deutschen Gesellschaft?

Kay Sokolowsky: Auf jeden Fall weiter verbreitet als promuslimische. Wer auch immer wagt, den Islamhass als neue Form des Rassismus zu benennen und vor den Muslimhassern zu warnen, sieht sich sofort einer breiten Front von Entrüsteten gegenüber, die "Ehrenmord" schreien und "Zwangsheirat", "Al-Qaida" oder "Ahmanidedschad". Kaum spricht einer aus, dass Islamkritik sehr vielen Rassisten als Vorwand dient, um hemmungslos gegen türkische und arabische Migranten zu hetzen, fordern die Kritiker von ihm ein, er solle erst mal was über den Glaubensterror in Saudi-Arabien sagen, bevor er sich über den muslimfeindlichen Rassismus beklagt. Ich erlebe das seit Veröffentlichung meines Buchs ständig.

Broder, Kelek und Giordano behaupten ja sehr gern, dass sie gegen eine überwältigende Meinungsdominanz von "Gutmenschen" in den Medien und der Politik anschreiben. Das ist absoluter Blödsinn. Es gehört in Deutschland kein bisschen Courage dazu, auf Muslime zu schimpfen. Man ist da ganz sicher auf der Seite der Mehrheitsmeinung, und man darf sich darauf verlassen, für das Angstschüren vor den Muslimen mit guten Platzierungen auf der "Spiegel"-Bestsellerliste und mit allerlei Literaturpreisen belohnt zu werden. Die Diffamierung der Muslime - und derer, die man dafür hält - ist ein erheblich einträglicheres Geschäft als die Abwehr dieser Diffamierung.

Laut einer Studie des amerikanischen Pew Research Center aus dem vergangenen Jahr ist jeder zweite Deutsche negativ gegenüber Muslimen eingestellt. Nicht nur gegen radikale, fanatisierte Islamisten, sondern gegen alle Muslime. Untersuchungen deutscher Institute - etwa der Friedrich-Ebert-Stiftung - kommen zu ähnlichen Ergebnissen. Dabei ist auch klar geworden, dass die Vorurteile gegen Muslime untrennbar verbunden sind mit älteren fremdenfeindlichen Ressentiments. Im Rahmen des Langzeitprojekts "Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit", das seit 2002 von der Universität Hannover durchgeführt wird, wurden 2008 knapp 1.800 Menschen befragt, ob sie folgender Aussage zustimmen könnten: "Durch die vielen Muslime hier fühle ich mich manchmal wie ein Fremder im eigenen Land." 34,9 Prozent der Interviewten pflichteten dem Satz bei. Ich bin sicher, dass die meisten dieser Leute in Gegenden wohnen, wo weit und breit kein Muslim zu Hause ist. So wie der Antisemit keine Juden kennen muss, um die Juden zu hassen, braucht der Antiislamist noch nie einem Muslim begegnet zu sein und weiß trotzdem, dass alle Muslime Schurken sind. Übrigens hat das Pew Research Center auch herausgefunden, dass die meisten Muslimfeinde zugleich überzeugte Antisemiten sind.

Nachdem der Bundesbanker Thilo Sarrazin in "Lettre International" gegen Türken und Araber gepöbelt hatte, gaben ihm in einer Emnid-Umfrage 51 Prozent der Befragten in allen Punkten recht. Sarrazin hatte es nicht einmal nötig, explizit darauf hinzuweisen, welchem Glauben viele dieser Migranten anhängen. Das antimuslimische und das allgemein fremdenfeindliche Vorurteil sind längst eins.


TP: Was für eine Rolle spielen die sogenannten Prangerwebseiten wie etwa Politically Incorrect? Wer sind die Betreiber von Politically Incorrect, und was ist ihre Motivation?

Kay Sokolowsky:  Was bei PI gehetzt wird, das sickert hinaus in zahllose andere Weblogs und Internetforen, das findet sich in den Leserkommentarspalten sämtlicher Online-Ausgaben seriöser deutscher Zeitungen wieder - also nicht nur bei "Bild", sondern auch bei der "Süddeutschen" oder der "FAZ" und immer häufiger auf den Digitalseiten der multikulturellen "Taz". Die Autoren und Hardcore-User von PI sind die Avantgarde des Muslimhasses. Sie tummeln sich überall, wo das Web 2.0 ihnen die Möglichkeit gibt, ihr Gift zu verspritzen und den nicht ganz so fanatischen Fremdenfeind mit Angst- und Hassargumenten zu bestücken. Was Thilo Sarrazin und Henryk M. Broder erzählen, das ist bei PI vorgedacht worden - nicht umgekehrt.

Dabei glaube ich nicht, dass Sarrazin PI jemals angeklickt hat. Aber die stille Post funktioniert in Zeiten des Internet besser denn je, und die wichtigste Strategie von PI ist eben die stille Post. Diese Seite ist die fette Spinne in einem Netzwerk der Fremdenfeindlichkeit. Jede Halbwahrheit und jede Gemeinheit, die hier steht, wird binnen kurzer Zeit Gemeingut vieler Millionen Menschen. Die übrigens meistens gar nicht wissen, woher die Diffamierungen stammen, die sie nachbeten. Wahrscheinlich wären sie zutiefst angeekelt, wenn sie die Hetztiraden auf PI einmal ungefiltert lesen würden. Und ihre eventuell gute Meinung über Broder könnte sich rasch ändern, wenn sie wüssten, wie die Autoren und User von PI hetzen. Denn Broder hat die systematische Hetzerei von PI nicht nur verharmlost, sondern sogar verteidigt.

Gegründet wurde PI von dem Sportlehrer Stefan Herre. Über seine Motivation hat Herre der rechtsradikalen "Jungen Freiheit" erzählt, er wolle "die Öffentlichkeit über die schleichende Islamisierung Europas informieren und alles Erdenkliche dafür tun, dass auch in Zukunft bei uns das Grundgesetz und nicht die Scharia gilt". Wer aber glaubt, Europa drohe zu einem islamischen Gottesstaat zu werden, der hat nicht nur nicht alle Tassen im Schrank, der hat auch keine Beweise für seine Behauptung aufzubieten außer solchen, die er sich zurechtbiegt und -lügt. Der will auch nicht das Grundgesetz schützen, von wegen. PI ist voll von demokratiefeindlichen Ergüssen. Es gehört zum täglichen Geschäft dieser Website, gegen die Unabhängigkeit der Justiz zu pöbeln, das "dumme Wahlvolk", das leider schon wieder nicht rechtsradikal abgestimmt hat, zu verunglimpfen, und die verfassungsrechtlich garantierten Freiheitsrechte all denen abzusprechen, die nicht so ticken wie Stefan Herre und seine Volksgenossen. Dass Migranten auf ihre Bürgerrechte bestehen, erscheint diesen ach so grundgesetzloyalen Hasspredigern als ungeheurer Skandal. Ginge es nach Herre und PI, wäre das Grundgesetz längst abgeschafft worden. Wenn Sie nachprüfen wollen, ob ich nicht vielleicht übertreibe, geben Sie einfach mal in die Suchmaske dieses Hetzblogs die Stichworte "Kuscheljustiz" oder "Dhimmitum" ein.

...

Quote2. November 2009 01:23
Der Islam darf kritisiert werden
Simulacrum (mehr als 1000 Beiträge seit 21.02.09)

Es ist sicherlich bedauerlich, daß PI und andere Rechtsextremisten
die Islamkritik als Vorwand benutzen, um gegen Ausländer und Linke zu
hetzen.

Aber die Wahrheit ist deswegen nicht weniger wahr, weil sie von ein
paar Verfassungsfeinden für ihre Zwecke missbraucht wird.

Es gibt also keinen Grund, die antidemokratische,
gewaltverherrlichende, sexistische, homophobe, kurz gesagt:
rechtskonservative Ideologie nicht als solche zu bezeichnen.

Quote2. November 2009 02:02
Es überrascht mich, ...
Sissy Fuß (mehr als 1000 Beiträge seit 12.12.07)

daß auch Du Islamkritik und Islamhaß durcheinanderwürfelst.
Sokolowsky befaßt sich mit letzterem.

Man kann sich sehr wohl gegen den als Islamkritik getarnten Rassismus
wenden UND den Islam der Kritik unterziehen, die jede Religion
verdient.



Quote2. November 2009 04:15
Hass hat immer auch etwas mit Angst zu tun
Awotank (mehr als 1000 Beiträge seit 20.07.03)

Die Geschichte hat hier gute Beispiele.
Es ist aber nun nix neues, das bei Wirtschaftskrisen der Rassismus
zunimmt, wenn dann noch  die Zuarbeit von Seitens der Politik stimmt,
.....


Quote2. November 2009 09:54
Die Berichterstattung der Islamischen Medien darüber ist noch rassistischer.
Saturnous, saturnous@hotmail.de (654 Beiträge seit 11.03.02)

Wer etwas googled wird kaum einen ehrlichen objektiven Bericht in den
englisch sprachigen muslimischen Medien finden. Der Täter wird als
deutscher Christ aus der Mitte der Gesellschaft dargestellt.

1. Er ist Russe, aufgewachsen jenseits eines aufgeklärten
Kosmopolitismus der der deutschen Realität entspricht.

2. Er ist bekennender Neonazi .. schert sich die Presse den über die
Taten von verwirrten Taliban ?

3. Er war nicht mal Kirchenmitglied.

z.B.:

http://blog.derbraunemob.info/2009/07/06/antiislamischer-mord-in-dres
den-die-hintergruende/

MFG
ein linker Monotheismuskritiker


Quote2. November 2009 10:28
Sicher kann man Religionen verabscheuen
OilJunkie.XL (205 Beiträge seit 24.07.08)

Es ist mir reichlich egal, ob mir ein strammer Katholik ein
Neuapostole oder Muslim gegenüber steht. Sobald dieser Mensch
versucht zu missionieren, haben wir eine Dysharmonie.
In Europa erholen wir uns gerade von fast 2000 Jahren massiven
Einfluß der Kirche.

Quote2. November 2009 10:59
Mein lieber Eren Güvercin
Jeropac (mehr als 1000 Beiträge seit 30.10.01)

Wenn ich so einen Mist lese dann bekomme ich auch meinen Hass.

Euch Muslims geht es doch noch gut in Deutschland. Ich will hier
nicht sagen, daß alles supi spitze ist, aber im Vergleich mit den
anderen Ländern oder vielleicht sogar mit dem Land wo ihr her kommt,
doch immer noch ziemlich gut.

Aber vielleicht kann ein Muslim einem deutschen Christen wie mir
vielleicht erklären warum in Dresden vor dem Gerichtsgebäude
muslimische Demonstranten stehen die "Tod Deutschland" rufen?

Wird hier vielleicht nicht ein Hass der Muslime gegenüber den
Christen oder der Deutschen geschürt?

Kann mich nicht nicht erinnern, daß sich Deutsche in Ankara vor das
Gericht stellen und "Tod der Türkei" oder "Tod Ägypten" rufen.

Quote2. November 2009 11:09
Quellen?
Chrysophylax (mehr als 1000 Beiträge seit 22.01.00)

Jeropac schrieb am 2. November 2009 10:59

> Aber vielleicht kann ein Muslim einem deutschen Christen wie mir
> vielleicht erklären warum in Dresden vor dem Gerichtsgebäude
> muslimische Demonstranten stehen die "Tod Deutschland" rufen?

Gibt es dafür auch Belge? OO

Vielleicht waren es mit Kopftuch verkleidete PI-Sektler? :)


Quote2. November 2009 21:21
Re: Quellen?
Freund Hein (40 Beiträge seit 30.07.03)

Chrysophylax schrieb am 2. November 2009 11:09

2009 10:59
>
> > Aber vielleicht kann ein Muslim einem deutschen Christen wie mir
> > vielleicht erklären warum in Dresden vor dem Gerichtsgebäude
> > muslimische Demonstranten stehen die "Tod Deutschland" rufen?
>
> Gibt es dafür auch Belge? OO
>
Vermutlich hat er da was durcheinandergebracht: in den Berichten über
den Prozeßauftakt stand auch immer, daß in Teheran Demonstranten vor
dem Tor der Deutschen Botschaft "Tod Deutschland" gerufen hätten.

Hier kamen die Demonstranten wg. der ausgedehnten Absperrungen ja gar
nicht bis vor das Gerichtsgebäude




Quote2. November 2009 11:40
Re: Mein lieber Eren Güvercin
Dexter_S (142 Beiträge seit 28.03.00)

> Aber vielleicht kann ein Muslim einem deutschen Christen wie mir
> vielleicht erklären warum in Dresden vor dem Gerichtsgebäude
> muslimische Demonstranten stehen die "Tod Deutschland" rufen?

Vielleicht kann ich, als deutscher Agnostiker, Dir dazu was sagen.
Da stehen Demonstranten, die eine total bescheuerte Meinung
vertreten.
Warum? Weil sie es dürfen.
Aber genauso, wie ich nicht mit den genauso bescheuerten
Demonstranten der NPD in einen Topf geworfen werden will, werfe ich
nicht alle Muslime mit diesen Idioten vor dem Gerichtsgebäude in
einen Topf.
Und genau darum geht es in dem Artikel - man darf nicht
verallgemeinern.


Quote2. November 2009 15:36
Re: Mein lieber Eren Güvercin
Farshid (186 Beiträge seit 24.07.09)

Basti98 schrieb am 2. November 2009 12:10

> Farshid schrieb am 2. November 2009 11:56
>
> >  Eren Güvercin = moslem
> > woher hast du das ?
>
> Vielleicht weil Güvercins Artikel den üblichen leicht beleidigten
> Unterton hat.
>
> Vielleicht hat der VP aber auch einfach gegoogelt und dies aus
> Themenwahl, Interviewpartnern und Fragestellung geschlossen...
> http://www.igmg.de/nachrichten/artikel/9842.html?L=.html.html.html&ty
> pe=98
> http://erenguevercin.wordpress.com/uber-mich/
>
> Ich wette nen Zehner, daß er Recht hat...

ich wette nen zehner , dass du nicht alle tassen im ....


Quote2. November 2009 17:31
Re: Mein lieber Eren Güvercin
Basti98 (mehr als 1000 Beiträge seit 10.04.00)

Dann kriege ich schon zwanzig von Dir.



Quote2. November 2009 11:52
Re: Mein lieber Eren Güvercin
Basti98 (mehr als 1000 Beiträge seit 10.04.00)

Dexter_S schrieb am 2. November 2009 11:40

> Und genau darum geht es in dem Artikel - man darf nicht
> verallgemeinern.

Wie gut, daß das der Eren G. in seinem Artikel nicht macht und seine
Thesen nicht auf undiffernezierten Verallgemeinerungen aufbaut. ("Es
ist seit vielen Jahren deutsche Tradition, Rassismus zu
verharmlosen", "Junge Freiheit rechtsradikal", berechtigte Kritik ist
"muslimfeindliche Hetzte").

Wer im Schlachhaus sitzt, soll nicht mit Schweinen schmeißen. Das ist
nicht halal...


Quote2. November 2009 23:05
Interessant ist:
John.S (85 Beiträge seit 03.08.05)

Solche Diskusionen werden eigentlich fast nur in er westlichen Welt
und speziell in Deutschland geführt aber in keinem muslimischen Land,
umgekehrt übertragen auf andere Religionsgemeinschaften bzw. die
dortigen Ausländer. Dort kommt man nichtmal auf die Idee, dass an der
eigenen Kultur was nicht stimmen könnte( Wie auch, wenn man meint die
ewige Wahrheit Allahs gepachtet zu haben=?).
Da beschleiht mich doch der Verdacht, dass so einige Muslime für sich
Toleranz einfordern, die sie selber keinen Milimeter bereit sind zu
geben.
Komischerweise würde dann auch so ein sturres und intolerantes
Verhalten auch genau die Probleme mit den Einheimischen verursachen,
die man so hier in Deutschland und Europa beobachten kann.

Sind aber natürlich alles nur Zufälle und die Schuld liegt
selbstverständlich bei den Deutschen!


Quote2. November 2009 17:22
Man kann es drehen und wenden, wie man will
Bundschuh (823 Beiträge seit 03.08.06)

Eine Gesellschaft, die mit einer anderen nicht kompatiblen Kultur in
Berührung kommt, erzeugt automatisch erstmal Reibungspunkte. Völlig
egal, um welche Kultur es sich handelt.

Die deutsche Gesellschaft und Kultur ist nunmal mehrere tausend jahre
alt und hatte bedeutende kulturelle Einflüße (Germanische Stämme,
Christentum, Hochmittelalter, Hanse, Bauernkriege, Protestantismus,
Sozialismus, Kapitalismus, Humanismus) was sie zu dem gemacht hat,
was sie heute ist.

Jede andere Kultur, die versucht diese Kultur zu stören, zu
vereinnahmen, zu verdrängen, wird ebendfalls automatisch auf
wiederstand stoßen.
Wir Deustche begreifen uns nicht durch die Grenzen von 1848, 1937, 49
oder 89, sondern eben durch die Kultur.

Diese zu respektieren und als Solche anzuerkennen ist für Einige
einfach,
für Andere unmöglich.
Ich persönlich glaube nicht, daß ein Großteil der Konservativen
Kräfte Nazis sind, sondern sich dadurch bedroht fühlen, daß die
unsrige Kultur nicht respektiert wird. Natürlich gibts auch nazis,
die gibts überall.

Das zu reflektieren und auch offen auszusprechen, darf kein Tabu
sein.
Desweiteren darf die Religion, als Auslöser von sooo vielen
kulturellen kriegen keine machtbasis besitzen. Das heißt, das
sämtliche staatliche Unterstützung der Kirchen sofort eingestellt
werden muß. Religion ist Privatsache. Sie darf niemals, ich
wiederhole NIEMALS die MAcht besitzen, in staatliche Prozesse
eingreifen zu können. Ich weiß, leichter gesagt, als getan, da
Zentraleuropa seit dem Mittelalter in fester Hand der Christen ist.
Zum Glück wurde eine atheistische Oase auf dem Gebiet der DDR
gechaffen, egal wie man dazu steht. Wichtig ist, daß Kommunikation
und Reflektion erzeugt wird.

Das Problem ist, das der Islam und das Christentum monotheistische
Religionen sind, die jeweils in ihren Statuten (Bibel, Koran) einige
physische Angriffs und Verteidigungspositionen beinhalten, um die
eigene Machtbasis zu sichern.

Es muß ein klare Strategie durchgesetzt werden, die das Leben für uns
Deutsche und für Migranten/Ausländer einfach macht.

- Die Kultur des Gastlandes ist bindend
- Religion ist Privatsache

Aus, Fertig, das wars. Mehr bedarf es nicht. Alles Andere sind
Folgeerscheinungen.

Wenn ich nach China auswandere, muß ich eben lernen, meine
kleinlichen persönlichen Bedürfnisse zum Wohle der ganzen Gruppe
unterzuorden.

Wenn ich nach Iran auswandere, muß ich mich den dortigen islamischen
Regeln anpassen

Wenn ich nach Europa, Deutschland auswandere, dann muß ich lernen
damit umzugehen, das Deutsche:

- Sehr direkt und offen denken, reden, Kritik äußern
- idealistisch geprägt sind ( Etwas immer besser(für das Gemeinwohl)
zu machen)
- romantisch veranlagt sind (emotionaler Idealismus)
- Treehugger sind;-)
- wahrheitsliebend sind
- ehrlich sind (noch, es wird leider schlimmer)
- Anständig und ehrenvoll sind (ebendfalls stark schwinded)

Wir haben kein Problem, das Kopftücher oder Burkas aus dem Islam
stammen, wir haben ein problem damit, weil die Person verschleiert
ist, sich versteckt, wir ihre 'wahre' Gestalt nicht sehen können.
Sowas stört mich persönlich, weil ich nicht gleichberechtigt mit
dieser Person kommunizieren kann.

Wir haben kein Problem damit, wenn sich Deutsche mit Türken, Arabern,
Russen kloppen, wir haben ein Problem damit, wenn 10 zusammen auf
einen einzigen herfallen, weil das unehrenhaft ist.

Wir haben kein problem damit, wenn eine Bank clever ohne das Personen
zu schaden gekommen sind, ausgeraubt wurde, wir lächeln oder
schmunzeln über den Einfallsreichtum. Wir haben ein problem damit
wenn Jacken auf dem Schulhof abgezogen werden, Gegenstände geklaut
werden oder Steuergelder in korrupte and desaströse Banken gestopft
wird. Wir haben einne starken gerechtigkeissinn, der seit einigen
Jahren seeeehr belastet wird, thanks to Kohl und Ängie.

Beispiele lißene sich haufenweise so weiterführen, die Tendenz sollte
klar sein.
Kein Deutscher hat ein Problem mit einem Ausländer oder Migrant, wenn
sich dieser anständig und ehrenhaft verhält. Und was anständig und
ehrenhaft ist, das bestimmt nunmal unsere Kultur, die Kultur des
Gastlandes. Egal wo und in welchem Gastland ich mich befinde.

so,
my 2 cents,
greez,

Bundschuh


Quote2. November 2009 20:21
Re: Man kann es drehen und wenden, wie man will
K4M (55 Beiträge seit 04.02.08)

Bundschuh schrieb am 2. November 2009 17:22

> Wir Deustche begreifen uns nicht durch die Grenzen von 1848, 1937, 49
> oder 89, sondern eben durch die Kultur.

Ich nicht. Der Gedanke, daß ich zur gleichen Kultur gehören soll wie
die Bande von tollwütigen Hasspredigern, die sich auf PI und anderswo
rumtreibt, ist geradezu absurd.

Ich bin übrigens auch kein "Treehugger", ich halte Bankraub für eine
schwere Straftat, egal wie raffiniert er ausgeführt wird und ich
bevorzuge es im Angesicht eines Menschen für gewöhnlich, höflich und
zurückhaltend statt "direkt und ehrlich" (=beleidigend und
bollerköppig) zu sein. Mich können Sie dann wohl aus der deutschen
Kultur streichen, obwohl meine Vorfahren, so wie ich das überblicke,
schon ein paar Jahrhunderte ansässig sind.




Aus: "Der Hass auf Muslims hat sich in Deutschland wie eine Epidemie breitgemacht" Eren Güvercin (02.11.2009)
Kay Sokolowsky über das "Feindbild Moslem", die Medien und die Hassprediger
Quelle: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/31/31419/1.html (http://www.heise.de/tp/r4/artikel/31/31419/1.html)

Title: [...das Recht der Kinder, zu glauben oder nicht zu glauben (EU, IT)]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 04, 2009, 09:50:00 AM
Quote[...] Straßburg - Ein christliches Kreuz im Klassenzimmer einer Staatsschule verletzt die Religionsfreiheit der Schüler. Sie nimmt zudem Eltern die Freiheit, ihre Kinder nach ihren philosophischen Überzeugungen zu erziehen, und ist nicht mit der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar. Zu diesem Urteil kam der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte einstimmig am Dienstag in Straßburg.

Das Gericht sprach der italienischen Mutter Soile Lautsi 5000 Euro Entschädigung zu. Im Schuljahr 2001/02 besuchten ihre Kinder, damals 11 und 13 Jahre alt, in Abano Terme eine staatliche Schule, in der alle Klassenzimmer ein Kreuz an der Wand hatten. Lautsi verlangte, die Kreuze zu entfernen und ihre Kinder in Räumen ohne religiöse Symbole unterrichten zu lassen. Sie berief sich dabei auf ein Urteil des italienischen Kassationsgerichts, dem zufolge Kreuze in Wahlbüros gegen die religiöse Neutralität des Staates verstoßen.

Die streitbare Mutter klagte sich durch alle italienischen Instanzen und scheiterte stets. So stellte ein Verwaltungsgericht 2005 fest, das Kruzifix in der Schule sei "ein Symbol der italienischen Geschichte und Kultur und folglich der italienischen Identität". Auch die obersten Richter Italiens wiesen die Klage 2006 ab, weil die Kreuze in der verfassungsmäßigen Trennung von Staat und Kirche zu einem eigenen Wert geworden seien.

Die Straßburger Richter sahen das ganz anders: Die Schüler könnten das Kreuz leicht als religiöses Zeichen interpretieren. Für Schüler anderer Religionen oder für bekenntnislose Kinder könne dies störend sein. Die Freiheit, keiner Religion anzugehören, brauche jedoch besonderen Schutz. Es sei nicht zu erkennen, wie das Zeigen eines "Symbols, das vernünftigerweise mit dem Katholizismus verbunden werden kann", dem für eine demokratische Gesellschaft wesentlichen Bildungspluralismus dienen könne.

Der Gerichtshof stellte eine Verletzung des Rechts der Eltern auf Erziehung ihrer Kinder und einen Verstoß gegen die Religionsfreiheit der Kinder fest. Das obligatorische Anbringen des Symbols einer bestimmten Glaubensüberzeugung in Klassenzimmern beschränke unzulässig das Recht der Eltern, ihre Kinder in Übereinstimmung mit ihren Überzeugungen zu erziehen, sowie "das Recht der Kinder, zu glauben oder nicht zu glauben".

Das italienische Bildungsministerium reagierte empört und verbat sich die Verurteilung. Das Kruzifix in den Klassenzimmern sei nicht als "Zustimmung zum Katholizismus" zu sehen, sondern als "Zeichen unserer Tradition", zitierte die italienische Nachrichtenagentur Ansa eine zornige Stellungnahme des Ministeriums. "Niemandem, und schon gar nicht einem ideologischen europäischen Gericht, wird es gelingen, unsere Identität zu unterdrücken."

Um Kreuze in Klassenzimmer hat es auch im ähnlich katholisch geprägten Bayern wiederholt heftige Auseinandersetzungen gegeben. 1995 verkündete das Bundesverfassungsgericht sein umstrittenes Kruzifix-Urteil und entschied, dass die staatlich angeordnete Anbringung eines Kreuzes oder Kruzifixes in den Unterrichtsräumen gegen die Religionsfreiheit verstoße. Mit diesem Urteil wurde das bayerische Gesetz für nichtig erklärt, nach dem in bayerischen Schulen Kreuze oder Kruzifixe angebracht werden mussten.

Daraufhin verabschiedete der bayerische Landtag ein neues Gesetz, wonach das Kreuz abgehängt werden muss, wenn ein Erziehungsberechtigter dem Anbringen des Kreuzes aus Gründen des Glaubens oder der Weltanschauung widerspricht. Völlige Klarheit geschaffen hat das eher nicht. So klagten mehrfach Lehrer gegen religiöse Symbole im Unterricht. Die Kreuze bleiben trotzdem hängen, entschied zum Beispiel das Verwaltungsgericht Augsburg 2008: Der Lehrer habe zwar ein Recht auf Gewissensfreiheit, sei aber als Erwachsener im Gegensatz zu minderjährigen Schülern in seiner Persönlichkeit gefestigt.

jol/DDP/dpa/AFP


Aus: "Kruzifix im Klassenzimmer verletzt Religionsfreiheit" (03.11.2009)
Quelle: http://www.spiegel.de/schulspiegel/wissen/0,1518,659041,00.html (http://www.spiegel.de/schulspiegel/wissen/0,1518,659041,00.html)
Title: [An der Hauptschule im Kreis Unna... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 19, 2009, 05:25:01 PM
Quote[...] Schule im Schockzustand: Nach der Prügelattacke durch zwei Jugendliche auf eine Lehrerin will die Staatsanwaltschaft Dortmund Haftbefehl gegen die beiden polizeibekannten Jugendlichen beantragen. Der Unterricht fand am Tag nach der Gewalttat nicht statt, stattdessen trafen sich Schüler und Lehrer mit Schulpsychologen des "Netzwerks Krisenintervention" in Bergkamen.

An der Hauptschule im Kreis Unna waren am Mittwoch ein 16-jähriger Schüler und sein 14-jähriger Freund mit einer Schreckschusswaffe während des Unterrichts in die Klasse des Älteren, eine neunte Klasse, gestürmt. Der 16-Jährige schlug der jungen Frau mit der Waffe ins Gesicht, sodass sie ins Krankenhaus eingeliefert werden musste.

Die beiden wurden nach kurzer Flucht gefasst. Zunächst war ein Amoklauf befürchtet worden. Entsprechend massiv war der Polizeieinsatz unter anderem mit Spezialkräften und einem Hubschrauber. Zwei Schülerinnen erlitten einen Schock.

Der 14-Jährige gilt nach mehreren Raubstraftaten als sogenannter Intensivtäter. Gegen den 16-Jährigen laufe derzeit ein Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung, sagte Oberstaatsanwältin Ina Holznagel.

Als Motiv des 16-Jährigen vermutet Schulleiter Rüdiger Weiß "Wut, Frust und Enttäuschung" über einen fünftägigen Schulverweis.

Nach seinen Angaben hatte der Jugendliche Mitschülern Prügel angedroht. An einem klärenden Gespräch darüber mit mehreren Lehrern sei auch die junge Kollegin beteiligt gewesen. Der Schüler sei bekannt dafür gewesen, dass er große Schwierigkeiten gehabt habe, mit weiblichen Lehrern zurechtzukommen. Er soll nun dauerhaft der Schule verwiesen werden. Der 14-Jährige war dagegen kein Schüler der städtischen "Heideschule".

...

...

Quote19.11.2009  16:48:07

Nightwish007: @xpeten

Hier gehts nicht um Winnenden, sondern um Yusuf und Ismael, beide türkische Straftäter!




Quote

19.11.2009 16:48:07

Svensk: @Nightwish007

Ja, exakt in diesem Falle aber in den vorherigen? Solms usw.? Das waren die knackigen deutschen Sprösslinge. Aber wenn Sie ja für solche Verallgemeinerungen und Sippenhaft sind, dann wissen Sie ja auch, dass Fritz A. und Josef B. mit den Holocaust veranstaltet haben. Sie fühlen sich deshalb sicher auch verantwortlich, weil das ja Ihrer Meinung und Iher Theorie ja im deutschen Wesen liegt.

Nicht meine Meinung, aber bitte.


Quote

19.11.2009 16:46:56

xpeten: @Nightwish007

Was war denn das kürzlich für ein Amokläufer in Winnenden? Kam der auch aus einem "muslimischen Elternhaus"?

Würg


...

Quote

19.11.2009 16:56:52

Carmor:

Diesen Kommentar können wir leider nicht veröffentlichen. Bitte beachten Sie unsere netiquette und unsere AGB.


Quote

19.11.2009 16:53:43

Backpacker: Jugendkriminalität...

"Vorherrschend sind Gewalttaten, Raub und Körperverletzungen: 38 Prozent der erfassten Straftaten sind Gewaltdelikte. Bei den Gewaltdelikten sind die ,,Vielfachtäter" mit Migrationshintergrund überrepräsentiert."

http://www.faz.net/s/RubA24ECD630CAE40E483841DB7D16F4211/Doc~E0EC5F7949CD040DBBB29538048AB2D10~ATpl~Ecommon~Scontent.html

ich freue mich schon auf die Gegendarstellungen, und deren Quellen (Bitte keine von der "Jungen Welt")


Quote

19.11.2009 17:02:02

Guhvieh: Die Sache ist ganz einfach:

Wer Moscheen sät, wird Fundamentalisten ernten.

Nur die allerdümmsten Kälber wählen ihren Metzger selber.


Quote

19.11.2009 17:01:50

WTF: @namedesbenutzers

... wenn die von Ihnen angesprochene mangelnde Bildung bestimmter Einwanderergruppen mit einem tendenziell frauenfeindlich-chauvinistisches Selbstverständnis, wie es anatolische und arabischstämmige Einwanderer häufig innehaben, zusammentreffen, wirkt dies halt oftmals leider gewaltverstärkend im Umgang gegenüber Frauen...


Quote

19.11.2009 17:00:25

Carmor:

@Svensk: Gegenargumente...

Kroaten die aus mitten aus dem Kriegsgebieten gekommen waren sprechen heute meist perfekt Deutsch und arbeiten in fast jedem Büro. Afrikaner die wirklich mit Rassismus zu kämpfen haben kommen in der Kriminalstatistik gehäuft nur bei leichteren Delikten vor. Aber Türken und Araber besetzen in den Großstädten 85% der Intensivstraftaten und das seit Jahren bald Jahrzehnten.

Übrigens für alle diese Jungs gibt es Sportvereine, Hilfen und Geld. Deren Eltern haben meist Geschäfte. Nein hier versagen nicht wir (nur beim schutz des Staates und der Bevölkerung vor denenen) Hier versagt deren Kultur und Wertegemeinschaft.


Quote19.11.2009  16:26:42

Nachdenkliche:

Es gibt auch aggressive deutsche Jugendliche [...] Bereits vor Jahrzehnten reisten Italiener und Türken in dieses Land ein, um hier zu arbeiten, um meist die Arbeiten zu verrichten, für die sich die meisten Deutschen zu schade waren. Ihre Nachkommen sind Deutsche, manche haben vielleicht eine doppelte Nationalität! Sie sind aber in Deutschland aufgewachsen, zur Schule gegangen, sie haben hier gelebt wie die Deutschen dies tun! Vor Jahrzehnten wurden sie in diesem Wirtschaftswunder-Land erfreut begrüßt!

Dann kam die Öffnung zum Osten, und viele deutschstämmige Menschen kamen nach Deutschland, weil es ihre Heimat ist!

Es wird wohl niemandem entgangen sein, dass es viele schreckliche Vorfälle in verschiedenen Bahnhöfen gab in der letzten Zeit, an denen auch deutsche Jugendliche beteiligt waren, nicht zu vergessen Amokläufe in Schulen, das waren deutsche Jugendliche!

Für mich ist es immer wieder erschreckend, wenn ich irgendwo mit der Meinung konfrontiert werde, dass Ausländer schlechter sind als Deutsche - die Menschen sind alle gleich, auch vor dem deutschen Grundgesetz.

Es ist die Aufgabe dieses Staates, sich darum zu kümmern, dass alle Jugendlichen eine Chance bekommen, ein "normales" Leben zu führen, und das geht nicht, indem diese Regierung die Benachteiligten noch mehr benachteiligt und jene, die mehr als genug haben noch reicher werden lässt. Wir sind noch nicht an der Spitze des Eisberges angekommen!


Quote

19.11.2009 16:38:57

Guhvieh: @Nachdenkliche

Sie wissen nicht wovon Sie schreiben. Sie haben keinerlei Berührung damit. Sie plappern nur die linken/grünen Parolen nach.

Der deutsche Staat hat nicht die Aufgabe irgendwelche Leute zu "integrieren". Die Menschen müssen sich selbst integrieren, überall auf der Welt! Auch in Deutschland!

Ich empfehle ihnen nicht sich in Saudi-Arabien so zu verhalten, wie in München oder Frankfurt. Das könnte brechtigterweise größte Probleme bringen, sobald Sie die Gepflogenheiten dort mißachten.

Gleiches erwarte ich auch in Deutschland.


Quote

19.11.2009 16:36:06

junkperplex: @nachdenkliche ...
Sie übersehen offensichtlich in vorauseilendem Verständnis für diese Schläger die Brutalität dieses Gewaltsaktes gegen eine Lehrerin: sie wurde von türkischen Jugendlichen als FRAU geschlagen, weil diese Jugendlichen keinen Respekt vor Frauen haben, das dürfte an der Erziehung und dem "kulturellen" Hintergrund liegen. Das hat nix mit benachteiligten Jugendlichen zu tun. Überhaupt " benachteiligt": wieso schlägt ein angeblich Benachteiligter eine Lehrerin, wer schlägt überhaupt eine Frau oder einen anderen Menschen? Was sind denn das für Verhältnisse, für die Sie da Verständnis aufbringen? Das müßte Sie doch nachdenklich machen. Ihr Verständnis für die "Benachteiligten" macht jedenfalls mich nachdenklich.




Aus: "Schüler schlagen Lehrerin mit Waffe ins Gesicht" (19.11.2009)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/panorama/622/494953/text/?page=1#readcomment (http://www.sueddeutsche.de/panorama/622/494953/text/?page=1#readcomment)

Title: [Instrumentalisierte Angst... (Schweiz, Minarettverbot)]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 30, 2009, 12:11:50 PM
Quote[...] Laut der NZZ hat der Bundesrat am 27. August 2008 in seiner Botschaft zur Anti-Minarett-Initiative treffend bemerkt: "Minarette haben mit religiösen Fanatikern ebenso wenig zu tun wie Beleuchtungsmasten in Fussballstadien mit gewaltbereiten Hooligans."

...


Aus: "Minarett-Initiative" Cosmopolis (Artikel vom 1. Dezember 2009)
Quelle: http://www.cosmopolis.ch/politik/d0125/minarett_initiative_d00125.htm (http://www.cosmopolis.ch/politik/d0125/minarett_initiative_d00125.htm)

-.-

Quote[...] Die Justizministerin kommentierte das Ja zum Minarettverbot betont sachlich und vermied Kritik am Entscheid des Souveräns. Der neue Verfassungsartikel mit dem Bauverbot sei sofort anwendbar. Er betreffe somit auch das laufende Bewilligungsverfahren in Langenthal, nicht aber die bestehenden vier Minarette in Zürich, Genf, Winterthur und Wangen. Und er gelte nur für Minarette und nicht für Moscheen und andere muslimische Gebetsstätten, von denen es in der Schweiz bereits rund 150 gebe. «Muslime können ihren Glauben also auch nach dem Volksentscheid wie bis anhin ausüben. Der Entscheid ist keine Absage an die Gemeinschaft der Muslime, ihre Religion und Kultur», erklärte Eveline Widmer-Schlumpf.

[...]

QuoteRoger Wigert (30. November 2009, 07:46)
Wer sät der erntet

[...] Die ständigen rechten, fremdenfeindlichen Diskussionen, welche angeblich alle unsere Probleme lösen sollen trägt "endlich" Früchte. Man muss lange zurück in den Geschichtsbüchern suchen, aber man findet dann doch ähnliches.
So um 1930 herrum. Helvetia wohin gehts Du?

QuoteWalter Gerber (30. November 2009, 07:33)
56%
Die Schweiz kann sich bei wesentlichen Abstimmungen auf ihre Stimmbürger verlassen. 56% haben den Volkswillen zum Ausdruck gebracht.
Für den Bundesrat, der jetzt schon EU nahe Gelüste an den Tag legt, wo alles über die Köpfe der Bürger entschieden und bestimmt wird, ist dieses Resultat, den Wählern sei Dank, ein Kübel Eiswasser ins Gesicht.
Wenn sich der Bundesrat nicht voll und ganz hinter diesen Volksentscheid stellt, soll er sich ein anders Volk aussuchen und für die Schweiz ist es höchste Zeit, in Zukunft den Bundesrat durch das Volk zu wählen.
Walter Gerber, Nongprue


QuoteLidija Jametti (30. November 2009, 05:44)
Regierung sollte " nicht Elitär" sein, sondern fürs VOLK.
Das unappetitliche mediale Brei gemischt aus den Vorwürfen an die Bevölkerung, nicht Akzeptanz "der Elite", die gegen die Initiative war, die plötzliche Angst, was, ach, das Ausland über uns Schweizer sagen würde, die Angst von den islamischen Ländern, was auch sie wohl auch zu unserer Abstimmung sagen würde, Was soll das? Wir wollen keine Minarette im Land haben. Und da die ganze Diskussion schon ziemlich lange dauert, möchte ich einem Gast, der da bei uns zu Besuch ist sagen, dass er sich bei uns sich anzupassen braucht.


etc.


Aus: "«Gegen Minarette, nicht gegen eine Glaubensgemeinschaft»" (29. November 2009)
Quelle: http://www.nzz.ch/nachrichten/schweiz/anti_minarett_initiative_reaktion_bundesrat_1.4080627.html (http://www.nzz.ch/nachrichten/schweiz/anti_minarett_initiative_reaktion_bundesrat_1.4080627.html)


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Quote[...] Damit hatte kaum jemand gerechnet. Die Schweizer haben sich in ihrer Mehrheit für ein Verbot, Minarette zu bauen, ausgesprochen - und dies obwohl die Regierung, alle großen Parteien außer der rechtspopulistischen SVP, die beiden Landeskirchen, die Gewerkschaften und der Unternehmerverband sich einmütig gegen die Initiative ausgesprochen haben.

Um Minarette ging es allerdings nur vordergründig. Nichts zeigt dies deutlicher als ein Satz auf der Website der Volksinitiative. Wörtlich heißt es dort: "Wer Minarette baut, will hier bleiben." Genau so ist es. Und man darf den Protagonisten im Umkehrschluss getrost unterstellen: Sie wollen, dass die Muslime gehen. Und wenn man sie schon nicht rausschaffen kann, dann sollen sie wenigstens Bürger zweiter Klasse sein - mit weniger Rechten als Christen.

...


Aus: "Schweizer Türme der Angst" Von Thomas Schmid (29.11.2009)
Quelle: http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/meinung/2110905_Analyse-Schweizer-Tuerme-der-Angst.html (http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/meinung/2110905_Analyse-Schweizer-Tuerme-der-Angst.html)

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Quote...

Quote

Minarett

Der Turm einer islamischen Moschee heißt Minarett. Von der Brüstung erschallt der Gebetsruf. Es ist nicht nur Wahrzeichen einer Moschee, früher diente es auch als Wachtturm und Machtsymbol. Die genaue Herkunft des Minarettbaus ist umstritten, heißt es in der Enzyklopädie des Islam. Die ersten Moscheen hatten zwar Plattformen, aber keine Minarette im engeren Sinn.

höchste Minarett der Welt ist 210 Meter hoch und steht in Casablanca. In Teheran werden derzeit zwei 230 Meter hohe Minarette gebaut. Auch in Deutschland sorgen Bauanträge für Moscheen immer wieder für Streit über die Höhe des Turms.



[...] Genf. Die Schweiz ist das erste Land der Welt, das die Errichtung von neuen Minaretten untersagen will. Nach einer aggressiven Kampagne verbuchten die Gegner der Moscheetürme einen durchschlagenden Erfolg: Rund 58 Prozent der Bürger sagten am Sonntag "Ja" zu einem Bauverbot. Die Initiative erreichte nach den Hochrechnungen auch eine Mehrheit in den Kantonen. Vertreter der 400.000 Muslime in dem Land mit seinen fast acht Millionen Einwohnern waren geschockt. "Die Moslems fühlen sich als Glaubensgemeinschaft in der Schweiz nicht akzeptiert", kommentierte Farhad Afshar, Präsident der Koordination islamischer Organisationen Schweiz, das Resultat.

[...] Das Nein der Schweizer zu Moscheetürmen markiert auch einen weiteren Erfolg für die SVP als nationalkonservative Kraft - als einzige große Partei unterstützte sie die Anti-Minarett-Initiative. Die SVP um ihren Anführer Christoph Blocher gewann in den vergangenen Jahren immer mehr Anhänger. Mit harter Rhetorik macht die Partei generell gegen alles Fremde mobil. Dabei nahm sie zuletzt verstärkt die Muslime ins Visier. Im Vorfeld hatten Experten gewarnt: Schlüer und seine Helfer wollen mit der Minarett-Initiative eine Abstimmung über den Islam erzwingen. Genau das scheint ihnen jetzt gelungen zu sein.

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Aus: "Eidgenossen schocken Muslime" Von Jan Dirk Herbermann und Holger Schmale (29.11.2009)
Quelle: http://www.fr-online.de/top_news/2110934_Schweizer-Minarett-Verbot-Eidgenossen-schocken-Muslime.html (http://www.fr-online.de/top_news/2110934_Schweizer-Minarett-Verbot-Eidgenossen-schocken-Muslime.html)

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Quote[...] Die SVP setzte mit der Initiative dagegen unmissverständlich auf eine großpolitische Botschaft der Angst vor Überfremdung und vor der "Ausbreitung des Islam". Die Minarette wurden, wie Plakate deutlich zeigten, als Symbole für einen agressiven Islam dargestellt; mit Minaretten war auch gemeint: die Ausbreitung von Scharia, Vollverschleierung, Zwangsehen, genitale Verstümmelungen, Konspiration, Unterwanderung, Dschihad etc. , und ganz speziell: der Aufbau von Parallelgesellschaften.

Dass man mit dem Bau von Minaretten auch das Auftreten von Muezzins befürchtete, deren Gebetsrufe nicht nur an Bergwänden ein Echo finden, ist die harmloseste Erscheinung einer politisch instrumentalisierten Angst, die mit einem groß aufgehängten "Machtanspruch des Islam" argumentiert, um viele kleine Stimmen zu fangen, die Angst vor der Arbeitslosigkeit und vor Kriminalität haben - von Anfang an war die Intiative mit Problemen verbunden, die manche Kommentatoren darauf zurückführen, "dass ein Großteil der Schweizer Muslime ethnische Albaner sind, und diese Volksgruppe im Bild der Schweizer Öffentlichkeit auch das organisierte Verbrechen dominiert. Dadurch erfolgt in der Wahrnehmung auch eine Verbindung von Islam und Kriminalität".

Das Statement zur Volksabstimmung liest sich bei der SVP noch um einiges schärfer und aggressiver als dasjenige der EDU:

QuoteDie Zustimmung zum Verbot der Minarette zeigt auch, dass sich das Schweizer Stimmvolk klar gegen die Entstehung von Parallelgesellschaften durch eine zunehmende Ausdehnung des Islams in der Schweiz stellt. Unsere Rechte haben für alle zu gelten. Die Zuwanderung ist zu kontrollieren. Wer sich nicht an unser Recht hält, hat das Land zu verlassen.

Das Resultat bringt klar zum Ausdruck, wie gross das Unbehagen der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger gegen eine schleichende Islamisierung des Landes ist.

Wer sich nicht an unsere Regeln hält, hat sein Aufenthaltsrecht verwirkt. Die Duldung von an die Scharia angelehntem Ausnahmerecht kommt für die SVP nicht in Frage (z.B. Dispens vom Schwimmunterricht, Zwangsverheiratungen, separate Friedhöfe).

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Quote[...] 30. November 2009 09:46
Demokratischer Beschluss: wir haben Angst
goldeneye_1 (mehr als 1000 Beiträge seit 01.06.04)

Wir wissen jetzt also, dass 57% der teilnehmenden Wahlberechtigten
Schweizer Angst haben. Vor Minaretten (dem Symbol), dem Islam (dem
Symbolraum) und den Moslems (den Fremden). Hätte mich nicht
gewundert, wenn sie vor 100 Jahren den Davidsstern verboten hätten
oder eine ebensogroße Zahl am Wochenende für die Errichtung einer
Mauer zwischen Deutschland und der Schweiz gestimmt hätte.

Was glauben die Initiatoren und Wähler eigentlich, was sie da gerade
erreicht haben? Nur mal eine Sekunde angenommen, der Islam sei eine
echte Gefahr und nicht einfach nur eine Religion - würde sie dann vor
den Toren der Schweiz halt machen? Haben sich die Schweizer der
schleichenden Amerikanisierung entgegenstemmen können? Sicher nicht,
obwohl die jetzige Rentnergeneration seinerzeit höchste Bedenken
anzumelden hatte.

[...] Genau wie das Minarettverbot ein Symbol gegen "Islamisierung" ist, ist auch der
Islam ein Symbol. Ein Symbol für alles Fremde, ein greifbares und
diskutierbares. Tragen die Islamisten nicht alberne Trachten (im
Gegensatz zu den Schweizern)? Sprechen sie nicht eine komische
Sprache (...)? Haben die nicht alle eine Waffe im Schrank (...)?


Quote30. November 2009 10:18
Angst? Welche Angst?
Berthold Bricht (334 Beiträge seit 27.01.06)

Seltsam zu betrachten, dass jetzt wieder durch alle
gleichgeschalteten Medien das Reizwort Angst flatert? Doch welche ist
nun gemeint?

Die Angst der Bevölkerung vor den radikalen Islamisten, die uns im
Zuge von 9/11 von den Medien gebetsmühlenartig und im absoluten
Gleichklang mit der Bush Administration mühsam indoktriniert wurde?

Die Angst vor einer zunehmenden Entfremdung und Entwurzelung der
Bevökerung, da jener von den selben Medien nicht das zugestanden
wird, was sie Zuziehenden zustehen: Ein deutliches Bekenntnis zu
ihrem Kulturkreis wird bestenfalls als einfältig und
hinterwäldlerisch verurteilt, falls nicht gleich die erzkatholische
und nationalsozialistische Argumentkeule geschwungen wird.

Oder ist es die Angst der "Mächtigen" vor dem Verlust der Kontolle
und der Meinungshoheit? Dass es eben mitnichten in Europa ein
Verständnis für die inflationär einseitig betriebene
Verständnispolitik gibt und nicht weiter zur Tagesordnung übergangen
werden kann. Nach den,als äusserst liberal bekannten Holländern nun
die Schweizer, die sich trauen. Das hat nichts mit Angst zu tun.


Quote30. November 2009 01:07
Jetzt nur noch den Bau von Kirchtürmen verbieten
Arbeit Nein Danke (351 Beiträge seit 27.04.07)

und ich will auch in die Schweiz migrieren.




Aus: "Kein Muezzin-Ruf aus der Toblerone" Thomas Pany (30.11.2009)
Quelle: http://www.heise.de/tp/foren/S-Kein-Muezzin-Ruf-aus-der-Toblerone/ (http://www.heise.de/tp/foren/S-Kein-Muezzin-Ruf-aus-der-Toblerone/)

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Quote[...] In der Schweiz, wo etwa 400.000 Muslime unter zusammen mehr als sechs Millionen katholischen und protestantischen Christen leben, gibt es derzeit vier Minarette.

...

Der Zentralrat der Ex-Muslime begrüßte hingegen die Schweizer Volksabstimmung zum Bauverbot von Minaretten begrüßt. "Das Nein zu Minaretten ist eigentlich ein Signal gegen Islamismus, Scharia und Kopftuchzwang. Das Minarett steht da nur als Symbol für eine begründete Furcht vor dem politischen Islam", sagte Zentralratsvorsitzende Mina Ahadi der Leipziger Volkszeitung.

Es sei gut, dass die Schweizer Bürger in diese Entwicklung eingegriffen und deutlich Nein gesagt hätten. "Ich wünsche mir, dass es auch in Deutschland eine breitere Debatte über die Beschneidung von Frauen- oder Kinderrechten gibt", so Ahadi weiter. Der Zentralrat rechnet mit aggressiven Reaktionen der muslimischen Verbände und der arabischen Welt auf die Schweizer Volksabstimmung. Die ersten Drohungen seien schon da.

(dpa/Reuters/gal/hai)

Quote

30.11.2009 08:29:38

kommentat0r:

... Der Hass wird tagtäglich mehr geschürt, äußere Faktoren wie Finanzkrisen, Arbeitslosikgeit und sinkender Lebensstandard kommen noch hinzu; man darf gespannt sein worüber in 50 Jahren in Europa so alles abgestimmt werden wird...



Aus: ""Angst vor der Islamisierung" - Verbot von Minaretten" (30.11.2009)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/politik/691/496011/text/ (http://www.sueddeutsche.de/politik/691/496011/text/)

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Quote[...] Die nächsten Verbote in der Schweiz nach der überraschenden Entscheidung über Minarettbauten sind schon ausgemacht: Die Christliche Volkspartei (CVP) will schnell die Burka, die Ganzkörperverhüllung für Frauen, verbieten.

[...] Die Burka sei "gleichbedeutend mit islamischem Fundamentalismus", sagte CVP-Parteichef Christophe Darbellay der "Basler Zeitung". Zwar gibt er zu, dass es nur wenige Burka-Trägerinnen in der Schweiz gibt. "Aber man verbietet etwas lieber zu früh als zu spät", führt der Christdemokrat entlarvend hinzu, der auch Kopftücher bei Frauen in offiziellen Funktionen verbieten will.

[...] die "Neue Zürcher Zeitung" befand: "Das Minarett offerierte sich als Symbol für die Bedrohung unserer Identität und sein Verbot als Zeichen, wer hier der Herr im Hause ist.




Aus: "Der nächste Volksentscheid - Schweiz will Burka verbieten" (30.11.2009)
Quelle: http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/2112575_Der-naechste-Volksentscheid-Schweiz-will-Burka-verbieten.html (http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/2112575_Der-naechste-Volksentscheid-Schweiz-will-Burka-verbieten.html)

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Quote[...] Die Verbände der Muslime in Deutschland zeigten sich geschockt über die Entscheidung in der Schweiz. "Ich bin sehr erschrocken, dass eine rechtspopulistische Bewegung und eine rechtspopulistische Partei eine so überwältigende Mehrheit für so ein Verbot erringen konnte", sagte der Zentralratsvorsitzende Ayyub Axel Köhler auf N24.

Gemeint ist die Schweizerische Volkspartei, die mit der Warnung vor einer "schleichenden Islamisierung" für das Minarett-Verbot gekämpft hatte. Ihr Züricher Büro wurde in der Nacht zum Montag demoliert. Unbekannte schlugen die Tür ein, nach Angaben der Partei ging der gesamte gläserne Eingang zu Bruch.

Das Schweizer Außenministerium reagierte am Montag, indem es mehrere Botschafter muslimischer Länder empfing. Laut Berichten der Schweizerischen Depeschenagentur SDA folgten die die diplomatischen Vertreter Saudi-Arabiens und Irans der Einladung von Ministerin Micheline Calmy-Rey.

"Wir haben gemeinsame Interessen", sagte Calmy-Rey dem Sender RTL und rief dazu auf, den Dialog zwischen den unterschiedlichen Religionsgemeinschaften zu stärken. Die Schweiz bezeichnete sie ausdrücklich als "multikulturelles Land".

Die Vereinten Nationen wollen die Rechtmäßigkeit des Bauverbots prüfen. Experten untersuchten, ob das Verbot mit internationalem Recht vereinbar sei, sagte ein Sprecher des Uno-Hochkommissariats für Menschenrechte am Montag in Genf. Schon während der Abstimmungskampagne hatten Uno-Experten die Schweizer Behörden mehrfach vor einem "diskriminierenden Charakter" eines Minarett-Verbots gewarnt.

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Aus: "Islamische Welt entsetzt über Minarett-Verbot" Von Hasnain Kazim und Daniel Steinvorth (30.11.2009)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,664337,00.html (http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,664337,00.html)

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Quote[...] Welche Rolle spielt die Sprache in brisanten Diskussionen wie dieser?

Eine große. Dabei geht es hauptsächlich um bestimmte Schlüsselwörter. Da muss man auf beiden Seiten vorsichtig sein, nicht in Extreme zu verfallen und zu Diskriminierungen zu greifen.

Wie läuft die derzeitige Diskussion aus Ihrer Sicht ab?

Gemessen an den genannten Schlüsselwörtern läuft sie schlecht ab. Andererseits wühlt das Minarett-Verbot Dinge auf, die sonst verdrängt werden, weil man nicht politisch danebenliegen will. Insofern müssen beide Seiten ehrlicher werden, ohne die eigenen Unsicherheiten zu verdecken, indem man die Vorwürfe an die jeweils andere Seite richtet.

CSU-Politiker Uhl spricht von "Überfremdung", der türkische Ministerpräsident Erdogan von einer "faschistischen Haltung in Europa". Sehen so sachliche Diskussionen aus?

Nein. Ich muss immer lachen, wenn ich einige Politiker in Frontstellung sehe, die seinerzeit die Gastarbeiter nach Deutschland geholt haben. Und der Faschismusvorwurf ist noch billiger.

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Aus: "Sprachexperte zur Minarett-Diskussion - "Die Debatte ist schlecht""
Aus einem Interview von Silke Rummel mit Horst Dieter Schlosser (01.12.2009)
Quelle: http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/2115258_Sprachexperte-zur-Minarett-Diskussion-Die-Debatte-ist-schlecht.html (http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/2115258_Sprachexperte-zur-Minarett-Diskussion-Die-Debatte-ist-schlecht.html)

Title: [Die Welt ist nicht nur schwarz-weiß. Auch nicht braun-rot.... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 02, 2009, 04:24:41 PM
Quote[...] Das Dilemma der Eidgenossen ist nicht, dass sich eine Mehrheit von ihnen gegen den Bau neuer Minarette ausgesprochen hat. Eine ähnliche Angst vor Überfremdung würde sich vermutlich auch in anderen europäischen Ländern Luft machen, wenn die Bürger dort zu derart heiklen Fragen direkt ihre Meinung sagen dürften.

Nein, die angeknackste Seele des Alpenvolkes zeigt sich erst, wenn man auch das zweite Ergebnis der Volksabstimmung betrachtet. Mit einer überwältigenden Mehrheit haben sich die Eidgenossen nämlich gegen ein Verbot von Waffenexporten ausgesprochen. In der Zusammenschau dieser beiden Entscheidungen wird deutlich, was die Schweizer umtreibt. Einerseits der Wunsch, sich gegen die Einflüsse einer globalisierten Welt abzuschotten. Und andererseits der wirtschaftliche Ehrgeiz, von weltoffenen Märkten kräftig zu profitieren. Diese beiden Extreme markieren den Spagat, mit dem sich nicht nur die Eidgenossen durch die Globalisierung mogeln wollen. Wer aber in der weiten Welt reüssieren will, kann sich politisch nicht in die Berge zurückziehen.

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Aus: "Auch für die Schweiz ist Globalisierung unteilbar" von Torsten Riecke (30.11.2009)
Quelle: http://www.handelsblatt.com/meinung/kommentar-politik/minarette-auch-fuer-die-schweiz-ist-globalisierung-unteilbar;2492001 (http://www.handelsblatt.com/meinung/kommentar-politik/minarette-auch-fuer-die-schweiz-ist-globalisierung-unteilbar;2492001)


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Quote[...] Genf/Berlin (dpa) - Das mit einer Volksabstimmung in der Schweiz durchgesetzte Bauverbot für neue Minarette könnte nach Ansicht der Vereinten Nationen gegen die Menschenrechte verstoßen. Das erklärte die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, am Dienstag in Genf.

«Es (das Verbot) riskiert, das Land auf einen Kollisionskurs mit den Verpflichtungen zu internationalen Menschenrechten zu bringen», sagte Pillay. Zwar nehme sie zur Kenntnis, dass die Regierung versucht habe, diese Zustimmung zu verhindern. Allerdings sei das Verbot eines Anbaus, der mit nur einer Religion verbunden sei, eine eindeutige Diskriminierung.

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Aus: "UN: Schweiz auf Kollisionskurs mit Menschenrechten" (1.12.2009)
Quelle: http://www.zeit.de/newsticker/2009/12/1/iptc-bdt-20091129-58-23133932xml (http://www.zeit.de/newsticker/2009/12/1/iptc-bdt-20091129-58-23133932xml)

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Quote[...] Weniger durch die Blume, sondern in gewohnt überdeutlicher Manier äußerte sich Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan. Das Referendum sei Zeichen einer "zunehmenden rassistischen und faschistischen Haltung in Europa", sagte er. In einer Fraktionssitzung seiner AKP im türkischen Parlament sagte Erdogan, Religions- und Meinungsfreiheit seien Grundrechte der Menschheit, die nicht zur Abstimmung gestellt werden dürften. "Ebenso wie Antisemitismus ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist, so ist auch Islamophobie ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit", sagte Erdogan und rief alle Länder auf, gegen das Verbot aufzutreten. "Diese chauvinistische Haltung ist in diesem Zeitalter nicht zu rechtfertigen", sagte er.

Yilmaz Ensaroglu, ein Mitgründer der türkischen Menschenrechtsgruppe Mazlum-Der, wurde in der regierungsnahen Zeitung "Zaman" mit den Worten zitiert, das einst weithin undemokratische Europa habe es "nicht vermocht, die Freiheiten und Menschenrechte zu verinnerlichen, als deren Verteidiger es sich aufspielt." Die Entscheidung stelle ganz allgemein "die Aufrichtigkeit des Westens infrage, der überall auf der Welt im Namen der Menschenrechte interveniert", sagte Ensaroglu.

Der Chef der türkischen Menschenrechtsorganisation IHD, Öztürk Türkdogan, beklagte, dass die Schweiz es "gewagt" habe, die in der UN-Charta festgeschriebenen Menschenrechte zu verletzen - jenes Land, wo der Hohe Repräsentant der UN für Menschenrechte seinen Sitz hat. Die Wähler hätten "einen Diskurs des Hasses und der Fremdenfeindlichkeit bejaht".

Ähnlich klangen die Reaktionen aus der weiteren muslimischen Welt. Der (ebenfalls türkische) Vorsitzende der Organisation der Islamischen Länder (OIC), Ekmeleddin Ihsanoglu, sprach von einem Signal "wachsender, antiislamischer Hetze in Europa durch extremistische, fremden- und einwanderungsfeindliche, rassistische, Panik machende, ultrarechte Politiker", die sich seiner Meinung nach immer mehr durchsetzen "gegen Vernunft, Weisheit und universelle Werte". Ägyptens Großmufti, Scheich Ali Gomaa, wurde von der Zeitung "al-Achbar" mit den Worten zitiert, das Referendum "demütige" Muslime "in aller Welt" und vertiefe die Diskriminierung der Muslime in der Schweiz.

In Indonesien wurde die Entscheidung als "Ausdruck des Hasses der Schweizer gegen die Muslime" gewertet. Maskuri Abdullah, Vorsteher der Nahdlatul Ulema (40 Millionen Anhänger), sagte, "sie wollen keine Muslime in ihrem Land sehen, und dieser Hass hat sie intolerant gemacht". In der Debatte zwischen muslimischen und westlichen Ländern, wer denn nun intoleranter sei, gab das Schweizer Referendum der muslimischen Seite Gelegenheit, den Spieß einmal umzudrehen und effektvoll dem "christlichen Westen" einen "Mangel an Menschlichkeit" vorzuwerfen. Zugleich profilierte sich die Türkei erneut als entschiedener Wortführer der muslimischen Welt.

EU-Ratspräsident Carl Bildt vom Wiener "Standard" wird mit den Worten zitiert: "Während sich die Türkei in Richtung auf zunehmende Toleranz und Offenheit bewegt, gibt es jetzt ein europäisches Land, das ganz ausgeprägt in die entgegengesetzte Richtung geht."

In der islamischen Welt fürchtet man noch etwas tiefer Liegendes: Nicht die Schweiz, nicht einmal Europa auf der Ebene der Regierungen, sondern die Menschen gehen in die "entgegengesetzte Richtung".


Aus: "Erdogan sieht Rassismus und Faschismus in der Schweiz"
Von Boris Kalnoky 2. Dezember 2009, 11:00 Uhr
Quelle: http://www.welt.de/die-welt/politik/article5398878/Erdogan-sieht-Rassismus-und-Faschismus-in-der-Schweiz.html (http://www.welt.de/die-welt/politik/article5398878/Erdogan-sieht-Rassismus-und-Faschismus-in-der-Schweiz.html)

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Quote[...] Aus Sicht von Hans-Jürgen Jakobs, "Süddeutsche Zeitung", zeige das Abstimmungsergebnis die "tiefe Kluft zwischen veröffentlichter und öffentlicher Meinung, zwischen dem politisch für vernünftig Gehaltenen und der wirklichen Meinung der Leute. Der Staat tickt anders, als jene, die den Staat ausmachen."

[...] Für Andreas Zumach, UN-Korrespondent der Tageszeitung "taz" in Genf, ist dies eine Initiative, die auf eine zunehmend verunsicherte Schweizer Bevölkerung gemünzt ist." Die Initiative für das Minarettverbot habe ein "kommodes Feindbild", das die Initiatoren zu weiteren Schritten veranlassen werde. "Und auch in anderen Ländern Europas dürfte die Hetze gegen den Islam, gegen Muslime und Musliminnen nach dieser traurigen Schweizer Vorleistung zunehmen."

[...] Die Frage nach der Integration und den bestehenden Realitäten sei "eine landesweite Debatte wert, nicht aber der Bau von Minaretten, von denen es in der Schweiz im Übrigen nur vier gibt", schreibt der Redakteur der "Frankfurter Rundschau" Thomas Schmid.


[...] "Tagesspiegel"-Redakteur Jost Müller-Neuhof sieht den Medienrummel kritisch: "Wie kann es sein, dass wir ein Minarettverbot als Verstoß gegen die Religionsfreiheit in der Schweiz kritisieren, wir uns aber andererseits von den Kirchen vorschreiben lassen müssen, wie besinnlich die Adventssonntage in Berlin zu bleiben haben?" Damit verweist er auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe. Die Richter hatten entschieden, dass die Ladenöffnung an Sonntagen nur eine Ausnahme vom grundgesetzlichen Sonntagsschutz darstellt und nicht zur Regel werden dürfe.


Aus: "Geteiltes Medienecho zum Minarettverbot" VON: JW (02.12.2009)
Quelle: http://www.pro-medienmagazin.de

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Quote[...] Nach dem Minarett-Votum hat der türkische Europaminister Muslime weltweit aufgerufen, ihr Geld aus der Schweiz abzuziehen – und in der Türkei anzulegen.

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Quote
qwertz22 (02.12.2009 10:58)
Pah!
Das Geld hat sich noch nie für Ethik und Religion interessiert, dass wissen die Schweizer!


QuoteStupidWhiteMan | 200 Kommentare  (02.12.2009 13:22)
Hier geht es um ein Minaret.

Hier geht es nicht um Musleme, Glaubensfreiheit oder Moscheen. Hier geht es um der Bau eines Minarets und den dazu gehörige Gebetsaufrufe vom Minaret. Das gehört nicht in das westliche Abendland rein und sei mal ehrlich, wer sich das mal angehört hat, wollen Sie das mehrmal am Tag? Das Klockengeläut ist beschränkt und an strenge Auflagen gebunden und das wollen wir zulassen?


Quote
Flamingo (02.12.2009 10:14)
Soviel zur Toleranz auf beiden Seiten.



Aus: "Minarett-Verbot - Muslime sollen Geld aus Schweiz abziehen" (02.12.2009)
Quelle: http://www.focus.de/politik/ausland/minarett-verbot-muslime-sollen-geld-aus-schweiz-abziehen_aid_459398.html (http://www.focus.de/politik/ausland/minarett-verbot-muslime-sollen-geld-aus-schweiz-abziehen_aid_459398.html)

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Quote[...] Zehn Jahre haben sie an ihrem Gotteshaus gebaut, Anfang Oktober eröffnete das Islamische Zentrum im schleswig-holsteinischen Rendsburg feierlich die größte Moschee des Nordens. Ein bisschen Tausendundeine Nacht in der mittelholsteinischen Provinz: große Kuppel, Fenster mit Arkaden, zwei Minarette von 26 Meter Höhe - alles in lichtem Gelb mit kunstvollen Intarsien. Proteste gab es nicht, der Bau der Centrum-Moschee galt lange als Musterbeispiel für das friedliche Zusammenleben der Religionen.

Doch inzwischen tobt auch in Rendsburg und Büdelsdorf, auf dessen Grenze der Großbau im Niemandsland zwischen Bahngleisen, Altenheim und Schule liegt, ein erbitterter Streit. Zwei Anwohner haben 800 Unterschriften gesammelt - gegen den geplanten Ruf des Muezzins. "Der Gebetsruf zwingt die Umgebung, an einer religiösen Übung teilzunehmen", sagt Volkhard von Bonin. Der 74-jährige Soldat a. D. ist einer der Protagonisten des Widerstands. "Natürlich begrüßen wir den Schweizer Volksentscheid, auch wenn er nicht unbedingt übertragbar ist." Die Schweizer Kampagne hat sich übrigens ein gebürtiger Hamburger, Alexander Segert, ausgedacht.

Ganz anders die Lage in Hamburg: "Es gibt Moscheen mit Minaretten in St. Georg, an der Alster und in Stellingen. Probleme mit Anwohnern haben wir nicht", sagt der Vorsitzende des Bündnisses der Islamischen Gemeinden in Norddeutschland, Ramazan Ucar. Einen Muezzin gibt es an keinem Standort. "Wir überlegen, ob wir nach der Neugestaltung der Minarette der Centrum-Moschee in St. Georg einen Antrag für den Gebetsruf stellen sollen", so Ucar.

Im Rendsburger Glaubenskrieg warten die Beteiligten auf ein Schallgutachtens, das für eine städtische Genehmigung notwendig ist. In den vergangenen Wochen war es für die Lärmmessungen zu stürmisch. Direkte Gespräche zwischen den Parteien gab es nicht. "Das Islamische Zentrum hat aber jetzt zugesagt, dass der Muezzin nur am Freitagmittag rufen soll", sagt Bürgermeister Andreas Breitner (SPD). Ob das Angebot den Konflikt befrieden kann, ist äußerst fraglich. Anti-Muezzin-Aktivist von Bonin: "Wir finden es merkwürdig, dass in einem Gottesbau auch mehrere Geschäfte untergebracht sind." Sobald das Schallgutachten vorliege, werde man die gesamten Bauunterlagen von einem Sachverständigen prüfen lassen.(mik)


Aus: "In Rendsburg tobt der Kampf um den Freitagsruf" (1. Dezember 2009)
Quelle: http://www.abendblatt.de/politik/deutschland/article1290319/In-Rendsburg-tobt-der-Kampf-um-den-Freitagsruf.html (http://www.abendblatt.de/politik/deutschland/article1290319/In-Rendsburg-tobt-der-Kampf-um-den-Freitagsruf.html)

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Quote[...] Eine Instrumentalisierung der Religion habe stets ,,schlechte, giftige Früchte gebracht", sagte der Chefredakteur der Vatikanzeitung ,,Osservatore Romano", Giovanni Maria Vian und brachte sein Bedauern zum Ausdruck. Auch die katholische Kirche müsse Selbstkritik üben, weil es ihr nicht gelungen sei, die Wähler zur Zurückweisung des Minarettverbots zu überzeugen.

[...] die Deutsche Bischofskonferenz [reagierte] ,,mit großer Sorge" auf den Volksentscheid. Den Christen in islamischen Ländern werde die Entscheidung nicht helfen. Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Ayyub Axel Köhler, bedauerte das Ergebnis des Volksentscheids. Er sei ,,sehr erschrocken, dass eine rechtspopulistische Bewegung und eine rechtspopulistische Partei eine so überwältigende Mehrheit für so ein Verbot erringen konnte".

Auch der Vorsitzende des Islamrates für die Bundesrepublik, Ali Kizilkaya, war ,,entsetzt" über die Schweizer Volksabstimmung gegen den Bau von Minaretten. Dieses Ergebnis beschädige das Ansehen ganz Europas, sagte Kizilkaya. Er forderte zugleich den neuen Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) auf, sich verstärkt für den Abbau von Vorurteilen gegenüber dem Islam einzusetzen.

de Maizière hingegen sagte, dass der Bau von Moscheen in der Bundesrepublik der Religionsfreiheit unterliege. Von der Schweizer Entscheidung könne Deutschland aber lernen, dass Religionsgemeinschaften mit Kommunen zu behutsamen Entscheidungen kommen müssten, die niemanden überforderten.

Grünen-Politiker Memet Kilic (Bündnis 90/Die Grünen) warnte vielmehr davor, Grundrechte zum Gegenstand von Volksabstimmungen zu machen. ,,Grundrechte wie die Religionsfreiheit sind durch die Grundrechte Dritter einschränkbar nicht per populistischen Volksabstimmungen", so Kilic. Wer den ,,Kampf der Kulturen" nicht schüren, sondern vermeiden wolle, müsse eine sachliche und gelassene Diskussion über das Zusammenleben und die Grenzen der Freiheiten führen und herabschauende Diskussionen à la ,,Leitkultur" vermeiden.

Für FDP-Innenexperte Hartfrid Wolff hingegen ist der Anspruch auf öffentlichen Religionsausübung in würdigen Moscheen ,,berechtigt – erfordert aber keine Bauten die als ,Machtanspruch' oder politische Demonstration empfunden werden können". Religionsfreiheit garantiere, so der Liberale Politiker, den Bau von Moscheen, ebenso wie den Bau von Kirchen – aber nicht schrankenlos.

Wolff weiter: ,,Toleranz zwischen unterschiedlichen Bekenntnissen gehört zum Fundament unserer Gesellschaft. Bedenken der Bevölkerung dürfen gleichwohl nicht einfach als "islamfeindlich" abgetan werden, sondern sollten zum Nachdenken anregen, wie die Akzeptanz des Islam und der beidseitige Dialog verbessert werden kann."

Ähnlich rief der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), dazu auf, die Schweizer Entscheidung ernst zu nehmen. Das Ergebnis der Volksabstimmung sei Ausdruck einer auch in Deutschland weit verbreiteten Angst vor der Islamisierung der Gesellschaft.

Mit ,,kein Wunder", kommentierte Sevim Dagdelen (Die Linke) Bosbachs Vorstoß. ,,Trägt er und insbesondere die CDU/CSU zum ,Feindbild Islam' und zur Verbreitung in der so genannten Mitte der Gesellschaft bei und instrumentalisiert die Integrationsdebatten durch das populistische Schüren von Vorurteilen." Die rechtskonservativen Parteien in der Schweiz, die gegen die Musliminnen und Muslime mobil gemacht haben, ,,wurden gehört", so Dagdelen. Diese Stimmungsmache und Hetze sei aber auch in Deutschland erfolgreich , ,,weil die demokratischen Institutionen das Spiel nicht nur mitmachen, sondern maßgeblich bestimmen"

Für Ismail Ertug, SPD-Abgeordneter im Europäischen Parlament, ist die ablehnende Haltung der Eidgenossen gegenüber dem Bau weiterer Minaretten ,,die logische Konsequenz fehlender Aufklärung und populistischer Panikmache hinsichtlich einer angeblichen Islamisierung der Gesellschaft." Ertug fordert daher auch seine eigene Partei auf, sich stärker zu bewegen.

Die SPD müsse und könne beweisen, dass sie Lösungen für die Probleme des 21. Jahrhunderts anzubieten habe: ,,Wir müssen ein europäisches Wir-Gefühl entwickeln, das alle Bürger umfasst – Christen wie Muslime, Juden wie Atheisten, Konservative wie Progressive.

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Aus: "Reaktionen auf das Schweizer "Nein" zum Minarettenbau"
Redaktion 1. Dezember 2009, Leitartikel, Politik
Quelle: http://www.migazin.de/2009/12/01/schweiz-nein-zum-minarettenbau-nach-volksabstimmung/all/1/ (http://www.migazin.de/2009/12/01/schweiz-nein-zum-minarettenbau-nach-volksabstimmung/all/1/)

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Quote[...] Wenn es in Bonn eine König-Fahd-Akademie geben kann, die nicht der Schulaufsicht untersteht, muss es in Riad oder Jedda eine Evangelische, eine Katholische oder eine Akademie für Theorie und Praxis des Atheismus geben können. Wenn iranische Frauen in Vollverschleierung durch München flanieren können, müssen europäische Frauen in der Kleidung ihrer Wahl durch Teheran oder Isfahan gehen dürfen, ohne von den notgeilen Greifern der Sittenpolizei belästigt zu werden.

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Aus: "Kommentar zum Minarettverbot - Einer muss den Anfang machen"
Mittwoch, 2. Dezember 2009 08:48  - Von Henryk M. Broder
Quelle: http://www.morgenpost.de/politik/article1215747/Einer-muss-den-Anfang-machen.html (http://www.morgenpost.de/politik/article1215747/Einer-muss-den-Anfang-machen.html)

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Quote[...] Das Schweizer Volksbegehren gegen Minarettbauten als Akt der Solidarität mit nahöstlichen Christen umzudeuten , wie es manche tun, ist hingegen bizarr.

Einige der Unterstützer des Schweizer Volksbegehrens argumentieren so: Solange in Saudi-Arabien keine Kirchen gebaut werden dürfen, haben wir das Recht, Muslimen ihre Minarette zu verwehren. Doch das ist ein Scheinargument.

Das Problem ist, dass sich in dieser Gedankenkette ein vormodernes und unaufgeklärtes Denken offenbart. Denn hier werden plötzlich "die Muslime", egal woher sie stammen mögen, egal wie unterschiedlich sie sind, einfach als geschichtliche, religiöse und politische Einheit gefasst, die mutmaßlich in einer Art ewigem Konflikt mit den Nachbarzivilisationen steht. Und die wachsende Zahl der Minarette soll dafür das bildmächtige Symbol sein. "Wir" gegen "Die".

Und die Frage, als was sich ein seit Jahrzehnten in der Schweiz lebender Muslim denn noch fühlen könnte außer als Muslim, wird vorsorglich für ihn beantwortet: als nichts.

Pauschale Scheinlösungen

Das ist zum einen bitterironisch, denn es ist haargenau das, was eingefleischte Islamisten freitags gerne von sich geben - vorzugsweise übrigens in Hinterhofmoscheen ohne Minarett, weil man da unbeobachtet ist.

Und zum anderen ist es tragisch, weil es jahrzehntelange Bemühungen um Differenzierung vergessen macht. Es gibt ja gute Gründe, bestimmte Moscheegemeinden kritisch zu beäugen. Sogar dafür, ihre Bauvorhaben in Zweifel zu ziehen. Geht es hier wirklich nur um einen schönen Bau - oder doch um einen in Mauern gegossenen Dominanzanspruch? Dann bleibt immer noch die Möglichkeit, sich im Einzelfall dagegen zu engagieren.

Stattdessen bejubeln Europas Rechtspopulisten das Schweizer Votum als Beginn eines neuen Zeitalters: Wie du mir, so ich dir - das soll die neue Devise sein. Dahinter verbirgt sich aber nicht nur ein schiefer Vergleich von muslimischen Äpfeln und christlichen Birnen, sondern auch die geballte Macht der gedanklichen Faulheit und der gefühlten Zusammenhänge.

Es hilft keinem Christen in Kairo, wenn in Winterthur kein Minarett mehr gebaut wird.

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Aus: "Wirre Logik des Minarettverbots - Wie du mir, so ich dir"
Ein Kommentar von Yassin Musharbash (03.12.2009)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,664752,00.html (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,664752,00.html)

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Quote[...] Minarett-Verbot in der Schweiz: Die Sonntagsausgabe der MILLIYET räumt dem Referendum zum Bauverbot für Minaretten großen Platz ein und meint, dass beim Referendum nicht um einen Minarett-Verbot geht, sondern um Islam-Verbot.

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Aus: "Türkische Presse Europa 29. und 30.11.2009 – Schweizer Minarett-Verbot, Ehrenmord, Medien" (29.11.2009)
Quelle: http://www.migazin.de/2009/12/01/turkische-presse-europa-29-und-30-11-2009-schweizer-minarett-verbot-ehrenmord-medien/ (http://www.migazin.de/2009/12/01/turkische-presse-europa-29-und-30-11-2009-schweizer-minarett-verbot-ehrenmord-medien/)


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Quote[...] Zur Volksinitiative in der Schweiz gegen den Bau von Minaretten sagte die türkischstämmige Islamkritikerin und Frauenrechtlerin: "Ich sehe dahinter nicht nur, dass populistische Menschen mit rechten Gedankengut im Kopf gehandelt haben. Ich sehe da auch Bürger, die besorgt sind, die sehr, sehr viele Fragen haben und seit Jahrzehnten keine Antworten - weder von Islamverbänden noch von türkischen Verbänden - darauf bekommen."

Zwar betonte Kelek, sie lehne die Art und Weise ab, wie die Schweizer Initiative mit dem Thema umgegangen sei. Gleichwohl gebe es in der Schweiz vor allem deshalb Probleme zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen, weil viele muslimische Familien sich deutlich abgrenzten und zurückzögen: "Ich kenne keinen Moscheeverein in der Schweiz, der einen säkularen, bürgerlichen und fortschrittlichen Islam vertreten würde."

Die öffentliche Debatte über den Islam sei keine inhaltliche Debatte: Es werde immer nur darüber debattiert, wie die Muslime ihren Glauben praktizieren wollten und "mit Anwälten gedroht". Das mache vielen Bürgern Angst. Kelek weiter: Die politischen Parteien, vor allem die des bürgerlichen Lagers, müssten die Ängste "endlich ernst nehmen", auch die Moscheenvereine müssten für "einen offenen Dialog werben."


Aus: "Necla Kelek: Schweizer Entscheidung ist Zeichen für Misstrauen"
Islamkritikerin: Muslime müssen sich mehr öffnen (30.11.2009)
Quelle: http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/thema/1079102/ (http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/thema/1079102/)


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Quote[...] interessant auch, dass besonders viele Frauen mit Ja gestimmt haben sollen. Das fand der Politologe Michael Hermann heraus, wie er in einem Interview mit der Zeitung "Le Temps" sagte. Ein wichtiger Grund seien feministische Argumente gewesen. Obwohl diese Frauenthemen von der sonst wertkonservativen Rechten eingebracht worden sind, schienen sie bei den Frauen Befürchtungen geweckt zu haben. Die symbolische Minarett-Frage habe zahlreiche Ängste in der Bevölkerung aktiviert, sagt Hermann. "Ich kann mir vorstellen, dass Frauen, die den Islam mit Kopftüchern, der Scharia und der allgemeinen Unterdrückung der Frauen in Verbindung bringen, für ein Minarett-Verbot gestimmt haben", hielt Hermann fest. Über Massen-E-Mails sollen Frauen zur Abstimmung aufgerufen worden sein.

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QuoteHallo ihr GutmenschInnen!

Das Votum in der Schweiz geht zum großen Teil auf Frauenstimmen zurück!
Da schauts gell?
Ich wußte doch auf echte Frauen ist Verlaß!
;)


Quoteheinrichjasomirgott am 01.12.2009, 20:28Kommentar melden
Haben die Schweizerinnen eine Revolution eingeläutet ?

Der Politologe Michael Hermann bestätigt einen feministischen Trend gegen patriachalische-islamische Strömungen.
Das haben aber einige Parteien ganz schön verschlafen und sie haben auf das falsche Pferd gesetzt.

QuoteAntwort von GerhardsSachwalter am 01.12.2009, 22:32
*brüll*

Der nicht mal mehr als rückwärtsgewandt zu nennende kleingeistige Kläffer (der Herr Karl dieses Forums) obelixius entdeckt den Feminismus!
Ich schmeiß mich weg! Bruhahahahahah!!!!!!!!!!!!!

QuoteAntwort von kleina am 02.12.2009, 15:03
....

aber bitte machen sie das gründlich , ihre beiträge sind ja auch zum bruhahaha oder wie sie das nennen





Aus: "Schweiz im Empörungssturm ratlos" (01.12.2009)
Quelle: http://www.kleinezeitung.at/nachrichten/chronik/2221276/schweiz-empoerungssturm-ratlos.story (http://www.kleinezeitung.at/nachrichten/chronik/2221276/schweiz-empoerungssturm-ratlos.story)


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Quote[...] Nach der völlig überraschenden Mehrheit von 57,2 Prozent für ein Minarettverbot in der Schweiz stellt sich die Frage, wer diejenigen waren, die am Sonntag für das Referendum gestimmt haben. Statistisch nachweisbar ist ein starkes Stadt-Land-Gefälle zwischen GegnerInnen und Befürworterinnen. Und wie bei ähnlichen Abstimmungen in den Niederlanden und Belgien fand die Verbotsinitiative dort am stärksten Unterstützung, wo die wenigsten oder keine der rund 380.000 Schweizer MuslimInnen leben.

[...] Ausschlaggebend für die landesweite Mehrheit war - ebenfalls ähnlich wie in den Niederlanden und Belgien - nach Überzeugung der beiden PolitologInnen Regula Stämpli und Michael Hermann die hohe Zustimmung von Frauen, die sich als Feministinnen und als links verstehen und zum Teil bei den Grünen oder der Sozialdemokratischen Partei aktiv sind. "Diese Frauen wollten ein Zeichen setzen gegen eine Kultur, die sie als autoritär, machohaft und aggressiv empfinden", erklärt Hermann. Sie verbänden mit dem Islam vor allem Burka, Scharia, "Ehrenmorde" und andere Formen der Unterdrückung von Frauen.

...

Quote01.12.2009 18:40 Uhr:
Von patrick:

Die Welt der taz Redaktion stützt in sich zusammen, man/frau würde so gerne in dem Islamkritiker einen primitiven, rechtsradikalen Stammtischproleten sehen, aber siehe hier, auch linke Frauen oder sogar Piratenpertei halten nichts von der "Bereicherung" durch den Islam.


Quote01.12.2009 19:02 Uhr:
Von Name:

Herzlichen Glückwunsch, liebe linksgerichtete Frauen. Da stellt ihr also schön auf eine Stufe mit ignoranten, intoleranten, chauvinistischen, revanchistischen Rechtspopulisten, weil ihr "ein Zeichen setzen" wolltet. Ja, so fängt es an, die Paktiererei mit den Hetzern und Verblendern. Seht ihr denn nicht den Irrsinn in solch einem Zeichen? Die Ablehnung des Baus neuer Minarette ist nichts weiter als ein Zeichen der Ablehnung und Ausgrenzung. Wie ergeht es bitte einer Kultur, die Bestandteil einer Gesellschaft sein möchte, von dieser aber so abgelehnt wird?

Oder ist das Minarett gar ein Phallussymbol? Und mit Kirchtürmen wird der Himmel schon genug penetriert und überhaupt wird dadurch nur männlicher Machtanspruch manifestiert? Ich hoffe doch nicht...

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Quote01.12.2009 19:07 Uhr:
Von Helen:

Gut, dass es nun sogar Herr Zumach und die taz bemerkt haben, dass Frauen es nicht länger hinnehmen, wenn sie von islamischen Machos belästigt oder bevormundet werden. Das passiert leider immer wieder in Deutschland, etwa im Schwimmbad bei Oben-Ohne-Sonnenbaden; die taz hat ja selber im Sommer darüber berichtet, dass Frauen in Berlin nur deshalb von islamischen Männern belästigt werden, weil sie ortsübliche leichte Sommerkleidung tragen.

Gestern Nacht kam im Mitteldeutschen Rundfunk ein Bericht, wonach in Hessen Frauenhäuser vor allem von Türkinnen und Araberinnen in Anspruch genommen werden müssen. Das wird in der Schweiz ähnlich sein.

Vorgestern/gestern hat die taz noch Leserinnenbriefe zensiert, wenn diese sinngemäß besagten, dass die erfolgreiche schweizerische Anti-Minarett-Initiative ein Sieg der Frauenemanzipation ist.

...


Quote

01.12.2009 19:15 Uhr:
Von dr.vielguuth:

Aha! Also linke frauen, die uns gerettet haben! das ist gut zu lesen, denn ich habe mich schon die ganze zeit gewundert, wie frauen diese muslimische machoscheiße hinnehmen können. ...


Quote

01.12.2009 19:35 Uhr:
Von Felicite:

Man muss bei den Erklärungen nicht unbedingt auf die theoretische Ebene gehen. Die Autorin meint, dass es beim Islambild der linken Befürworterinnen "vor allem Burka, Scharia, "Ehrenmorde" und andere Formen der Unterdrückung von Frauen" gehe - also Aspekte, die "bislang in der Schweiz keine Rolle" spielten.
Man kann das Ganze auch eine Stufe niedriger einordnen: auf der höchst persönlichen Ebene, wo halt viele Frauen von ihnen unbekannten Männern angegangen und sexuell beleigt werden - "Schlampe" und "Fotze" ist ja in gewissen Kreisen beinahe schon Alltagssprache.
Es ist mit Sicherheit eine absolute Minderheit unter den Türken und Nordafrikaner, die dermaßen ausfallend werden. Aber wenn man derartige Erniedrigungen am eigenen Leib erleben muss und eine Verachtung Frauen gegenüber spürt, die man sich vorher noch nicht mal ausmalen konnte, bleibt das nicht in den Kleidern hängen.


Quote

01.12.2009 19:37 Uhr:
Von Eckhardt Kiwitt:

Eine Frage wurde in der Debatte um das Minarett-Verbot in der Schweiz noch nicht erörtert :

Welches sind die Ursachen für die Ressentiments gegenüber dem Islam in Europa.

Woher rührt das offenbar tief sitzende Unbehagen gegenüber dieser Religion.

Liegen die Ursachen dafür in der Unkenntnis der Menschen über das wahre Wesen des Islams, oder speisen sie sich aus der Boebachtung über die Zustände in islamischen Staaten und Gesellschaften -- auch den muslimischen Parallelgesellschaften in Europa -- sowie aus der Berichterstattung darüber.

Diese Fragen sollten von qualifizierten Journalisten und Politikern, aber auch von Muslimen beantwortet werden !

Eckhardt Kiwitt, Freising


Quote

01.12.2009 19:42 Uhr:
Von Politaktivist:

So eine Idiotie!

Was hat Doppelmoral, Verfälschung von Umfragen, ein primitives Welt- und Islambild und Einschränkung der Religionsfreiheit (ja, Minarette SIND in der Bauweise von Moscheen vorgesehen und daher Teil der Religionsausübung) mit links sein zu tun?
Richtig, dass es das Gegenteil davon ist.


Quote

01.12.2009 20:01 Uhr:
Von Arne Hoffmann:

Also lieber Seit an Seit mit Rechtsextremen als mit Muslimen? Die feministische "Patriarchatskritik" hat sich in den letzten Jahren offenkundig nicht verbessert.


Quote

01.12.2009 20:02 Uhr:
Von Helen:

Nach genauer Überlegung verstehe ich gar nicht, wozu diese Minarett-Initiative nötig war.

Dass Frauen und Männer gleichberechtigt sind, dürfte in der Schweiz ebenso als Verfassungsgrundsatz gelten wie in Deutschland, Europa und vielen anderen Staaten. Rund 50 islamische Staaten jedoch haben per Kairoer Erklärung von 1990 die Gleichberechtigung von Mann und Frau explizit abgelehnt.

Damit ist der Islam, allein schon insofern er Frauen entrechtet, ohnehin verfassungsrechtlich bedenklich. Es ist daran zu erinnern, dass die KPD verboten worden ist und ein NPD-Verbot in Diskussion ist - aus verfassungsrechtlichen Gründen!


Quote

01.12.2009 20:03 Uhr:
Von tayfun istanbuli:

1. die schweiz ist ein "christenland"..
2. migranten verschiedener religionen müssen sich an ihren gastgebern gegenüber mehr respektvoll verhalten..
3. man braucht keine minarette um den islam auszuüben..
4. der koran schreibt keine minarette vor..
5ç stadtplaner und architekten sollten sich gedanken machen, was für eine art von gebetshaeusern in europa "integriert" und angepasst werden können...
5. der protest gegen das volksbegehren ist unsinn..
6. ich als türke habe genausowenig symphatien für minarette und die islamisten wie die konservativen europas..
7. der papst sollte sich raushalten aus dieser affaere...
8. der türkische praesident, der premierminister sollten sich bei der schweiz entschuldigen für ihre ungehobelten vorwürfe und beleidigungen...


Quote

01.12.2009 20:11 Uhr:
Von Ahmed:

Was fuer eine Ironie der Geschichte! Soweit ich weiss, ist das Frauenstimmrecht in der Schweiz erst 1971 eingefuehrt worden. Anstatt auf proto-faschistische Rechtspopulisten reinzufallen, sollten die Schweizer "Feministinnen" vielleicht mal eine Referendums-Initiative fuer die Frauengleichstellung in Politik und Wirtschaft starten. Diese wuerde aber bestimmt scheitern und dann wuessten sie, dass das Patriarchat in der Schweiz fest verwurzelt ist, und nicht erst durch Schweizer Muslime "importiert" wurde.


Quote

01.12.2009 20:18 Uhr:
Von keetenheuve:

Das kann doch nicht überraschend sein, oder? Ich zitiere einfach Alice Schwarzer: "Der Islam als politische Strategie ist der Faschismus des 21. Jahrhunderts"

[ALICE SCHWARZER FÜR DIE WELTWOCHE
"Wir müssen handeln" - Die gezielte Unterwanderung muslimischer Gemeinschaften durch Islamisten muss gestoppt werden.  ...

Doch auf einem bestehe ich als Nicht-Muslimin auch weiterhin: Mir geht es nicht um den Islam als Glauben – dessen beunruhigenden Reformstau sollen die MuslimInnen bitte unter sich regeln, und zwar möglichst bald. Mir geht es ausschließlich um den Missbrauch des Islams als politische Strategie. Denn eines ist klar: Das ist der Faschismus des 21. Jahrhunderts. Und diesmal im Weltmaßstab.

Alice Schwarzer, 12.10.2009 ]
www.aliceschwarzer.de/aktuelles.html


Quote

01.12.2009 20:29 Uhr:
Von Dood:

Wird ja immer lustiger mit den Zuordnungen wer oder welche Sache nun "links" oder "rechts" einzuordnen ist.
Wie wärs mit einfach mal mit "atheistisch"?
Ich persönlich fände die Entscheidung gut, WENN der Umgang mit Symbolen anderer Religionen (Kirchtürme und Kreuze sind wohl die bekanntesten) ebenfalls "eingeschränkt" werden würde - was aber wohl in manchen Ländern (Italien?) nie passieren wird.

Bei der ganzen Diskussion wird doch eh wieder nix konstruktives bei rauskommen...schade drum


Quote

01.12.2009 21:06 Uhr:
Von Heinz:

"Ebenso wenig wie die Doppelmoral der Verbotsinitiatoren, der rechtspopulistischen Parteien SVP und EDU, die in ihren Parteiprogrammen ein rückständiges Frauenbild propagieren."

Ich kenne mich in der Schweizer Politik nicht aus. Vertreten die Schweizer Rechtspopulisten wirklich eine Doppelmoral, indem sie die Unterdrueckung von Frauen im konservativen Islam kritisieren, aber im konservativen Christentum foerdern, oder sind sie vielmehr offen auslaenderfeindlich? Das bekannte Minarett-Wahlplakat zeigt eine Frau in einer schwarzen Burka, allerdings schien mir dies mehr einer Daemonisierung von Muslimen als vermummten Gewalttaeter zu dienen...

Wahrscheinlich spielt diese Propaganda auf vielerlei Aengsten und Vorurteilen. Scheusslich.

(Wir koennen uns sicher sein, dass das Geld korrupter Herrscher aus der muslimischen Welt, die ihre Untertanen beklauen -- Familie Saud z.B. -- allerdings weiterhin in der Schweiz willkommen sein wird.)


Quote

01.12.2009 21:20 Uhr:
Von Christian Alexander Tietgen:

Mit Rechtspopulismus und Symbolpolitik besiegt man sicher keine Intoleranz. Im Gegenteil.


Quote01.12.2009 21:41 Uhr:
Von Hatem:

Frauen an die Macht!


Quote

01.12.2009 21:54 Uhr:
Von klaaaus:

na klasse...
"nach Überzeugung der beiden PolitologInnen Regula Stämpli und Michael Hermann."
an zwei meinungen so einen artikel aufzuziehen ist aber etwas heftig!


Quote

01.12.2009 22:04 Uhr:
Von petersson:

gibt's da auch zahlen zu, oder mutmaßen die politologinnen da einfach mal so herum?

mich würd ja durchaus interessieren, wieviele feministinnen es in der schweiz so gibt, auch und gerade in ländlichen gebieten, dass es bei einer mehrheit von 57% ausgerechnet auf ihre stimmen angekommen sein soll.

womit ich keineswegs ausschließen möchte, dass solche frauen für ein verbot gestimmt haben.


Quote01.12.2009 22:09 Uhr:
Von egal:

Gerade im Kanton Appenzell Innerrhoden ist das Wahlrecht für Frauen erst in der 70er Jahren eingeführt worden, und zwar per Beschluss, da ja nur die Männer wählen konnten und sie sich somit auch immer gegen ein Wahlrecht für Frauen ausgesprochen hatten.

...


Quote

01.12.2009 23:12 Uhr:
Von Sawadee:

Ich habe auf meinen Vorträgen in der Schweiz zahlreiche Menschen getroffen, die genau wussten, dass ein Minarettverbot in der Verfassung im Grunde grober Unfug ist und wohl auch gegen die ,,Europäische Menschenrechtskonvention" verstößt. Dennoch haben sich einige von ihnen ,,mit schlechtem Gewissen", wie sie sagten, für die Minarettverbots-Initiative ausgesprochen. Warum? Weil sie mit dieser Entscheidung ein Zeichen setzen wollten gegen den politischen Islam, gegen Kopftuchzwang und Ehrenmorde, gegen die Diskriminierung von Frauen und Homosexuellen, kurzum: gegen all die reaktionären Werte, die von einigen führenden Islamlobbyisten (und leider auch einer steigenden Anzahl von Muslimen in der Bevölkerung) tatsächlich vertreten werden und die so gar nicht mit den Leitideen einer modernen, aufgeklärten Gesellschaft in Einklang zu bringen sind.

www.hpd.de/node/8349

...


Quote

01.12.2009 23:22 Uhr:
Von Klaus A.:

Was soll eigentlich immer gleich rechts oder rechtspopulistisch daran sein wenn man Minarette ablehnt. Ich finde man kann den ganzen Islam ablehnen ohne gleich rechts zu sein. Wenn man dieses Buch liest und sich mit den Inhalten und auch mit dem Lebensweg von Mohammed beschäftigt stößt man auf genug Gründe gerade als klassisch Linker diese Religion abzulehnen. Da kann man durchaus als Linker unterstützen, dass diese Weltanschauung oder Religion nicht noch in Ihrer Verbreitung unterstützt wird. Auch diese Schublade Islamismus ist doch eine Erfindung des Westens um das Problem Islam greifbar zu machen ohne in den Verdacht zu geraten alle Muslime gleichzusetzen. Diese Unterscheidung gibt es so in den islamischen Ländern gar nicht. Der sogenannte Jihad findet im Islam auf vielfältigen Wegen statt. Neben dem Schwert gehört auch der Bau von Moscheen etc. dazu. Alles was der Ausdehnung des "Hauses des Islam" also der Ausdehnung des Islam dient ist "Heiliger Krieg". Da braucht die Presse auch nicht von Angst vorm Islam der Schweizer schreiben. Für mich ist das Signal einfach Ablehnung dieser Weltanschauung/Religion und die ist für mich nachvollziehbar. Wenn erst Rechte gebraucht werden um solche Themen auf die Tagesordnung zu bringen, dann ist das das eigentlich traurige. Das zeigt mir, dass die Gesellschaft dem Thema Islam, der ja im Kern eine Starke Ablehnung von uns Ungläubigen bzw. Andersgläubigen beinhaltet ausweichen. Wir sollten nicht davor scheuen mit den Muslimen in eine inhaltliche Diskussion ihrer Lehre zu gehen. Da dürfen sich auch gerne Islamgelehrte der islamischen Welt in diese Diskussion einschalten ohne bei kritischen Fragen sich gleich beleidigt zu fühlen und eine Empörungswelle zu starten.


Quote

01.12.2009 23:46 Uhr:
Von Der andere Andre:

Das man gerade durch ein Minarettverbot die Werte der Aufklärung, also Freiheit, Gleichheit, Demokratie, unseren islamischen Mitbürgern näher bringen will, erscheint mir zutiefst paradox.
Zwar mag es in der Tat stimmen, das manch ein Muslime ein einseitiges Familien- und Gesellschaftsbild aus seiner alten Heimat mitbringt, doch sollte das "aufgeklärte" Europa gerade deshalb als leuchtendes Beispiel für Freiheit und Toleranz vorangehen. Intoleranz kann nicht mit Intoleranz bekämpft werden.
Was ich besonders bedenklich finde, ist, dass durch das Minarettverbot die architektonische Freiheit explizit für eine religiöse Gruppe eingeschränkt wird.
Einen Turm zu bauen ist nämlich nicht einmal das Privileg von Religionsgemeinschaften. JEDER darf einen Turm in seinen Vorgarten bauen, was zum Beispiel Autobahnrasthöfe oder McDonalds auch fleißig tun, soweit dies nicht mit örtlichen Bebaungsplänen kolidiert. Somit werden Muslime explizit von Jedermannsrecht ausgeschlossen.
Mit solcher Willkür ein Zeichen für Frauenrechte setzen zu wollen halte ich für überaus zynisch.


Quote

01.12.2009 23:55 Uhr:
Von GTI DRIVER:

Ach was, zivilisierte Europäerinnen mögen den Islam nicht? Haben ein Problem mit der Scharia? Also, das war ja nun wirklich völlig unvorhersehbar!

Irgendwie unbegreiflich: Nach allem, was ich in unserer Presse lese, müssen das ja rechtsradikale - oder zumindest "rechtspopulistische" - Feministinnen sein. Kann es soetwas überhaupt geben?

Liebe taz, bitte klärt mich auf!!


Quote

02.12.2009 00:03 Uhr:
Von frauausberlin:

Ich bin Feministin, ich dachte ich wäre links und ... ich bin Muslima. Ich bin nicht unterdrückt und ich lasse mich auch nicht von meinen Schwestern unterdrücken. Im Gegenteil ich schäme mich für Ihre Haltung in der Schweiz. Allah schenke Hirn vom Himmel für meine Schwestern.


Quote02.12.2009 01:53 Uhr:
Von Hans Peter Vögtli:

Sind sie da so sicher, Herr Zumach, dass es in der Schweiz um die Integration von ausländischen Arbeitskräften so gut bestellt war / ist?

[...] Heute leben die verschiedenen Ethnien eher Rücken an Rücken. Eine kleinliche Einbürgerungspraxis (Film: Die Schweizermacher) und die Wellen fremdenfeindlicher Initiativen sowie die Scharfmacher der SVP mit ihren Asylverschärfungsrunden trugen das übrige zum frostigen gesellschaftlichen Klima in der Schweiz bei, wie wir es heute sehen. Gratiszeitungen punkten mit storys über brutale Gewalttaten, an denen sich die gelangweilten Pendler in den überfüllten Verkehrsmitteln sensationslüstern aufgeilen. Schwarz-weiss - oberflächlich ist die Bevölkerung im Bild; immer mit der Gewissheit: Wir sind die guten Schweizer, wir waren schon immer da und die fremden Fötzel sollen doch ihren Plunder packen und verreisen. Am besten ins Pfefferland. Wir wollen nämlich nur unsere Ruhe haben. So ein verdammtes Gstürm, immer.

Ist das jetzt für Sie so nachvollziehbar - oder transportiere ich bloss ein abgedroschenes Cliché?


Quote02.12.2009 02:05 Uhr:
Von me./freiburg:

Zitat aus dem Artikel:
"..ein Zeichen setzen gegen eine Kultur, die sie als autoritär, machohaft und aggressiv empfinden"

Jawoll. Jawoll. Jawoll.

Wir machen jetzt eine Volksabstimmung über diese Autoritäre, Machohafte und Aggressive Architektur der Banken und Versicherungen!!!!!!!!!

Ich finde die total schlimm, die bringen Elend über die Welt. Beuten Arbeiterinnen auf das Brutalste aus, versauen die Umwelt, schmeißen Leute aus ihren Häusern und aus ihrem Job - und so weiter und so weiter

Mann Leute, wie ihr auch immer abgestimmt habt, das war ne Übersprungshandlung.

ich kann's kaum glauben. und jetzt waren's linke Frauen?
So doof ist links nicht, es sei den es gibt Anti-Deutsche in der Schweiz.

grüsse


Quote02.12.2009 03:09 Uhr:
Von Johannes M.:

Ich als Leser, der die gemachten Behauptungen nicht mal eben so bestätigen kann, vertraue dem Autor nicht.
Hier riecht etwas ganz stark nach Polemik und Heuchelei, aber ich möchte es gerne etwas näher erläutern.
Das Gendern wie z.B. "MuslimInnen", "PolitologInnen" oder "VerbotsbefürworterInnen" in Verbindung mit den geäußerten Vorwürfen kratzt sehr stark an der Seriösität des Artikels und des Autors!

Auch ich bin gegen das Minarettverbot und finde, dass es eine Katastrophe für die westliche aufgeklärte und zivilisierte Welt ist.
Dass die Integration von verschiedenen Kulturen in einander einen schwierigen Prozess darstellt ist uns allen klar. Durch das Minarettverbot wird die Integration aber nicht verbessert oder vereinfacht, sondern weiter Öl ins Feuer gegossen.

Im Artikel macht der Autor nur Jagd auf die Minarettsverbotbefürworter. Eigentlich geht es sogar nur um die linksgerichteten Emanzen in der Schweiz, die dafür gestimmt haben.
Dass deren Entscheidung schwachsinnig ist, muss ich hier nicht nocheinmal erwähnen, aber die haben auch genügend anderen Schwachsinn in der Vergangenheit verzapft und stehen für den ein. Wie z.B. das übermäßtig politisch korrekte Gender Mainstreaming in der deutschen Sprache.
Weswegen ich den Autor ganz stark kritisieren möchte und ihn der Heuchelei bezichtige ist folgender Punkt:
Sie beziehen sich auf Werte, für die unter anderem diese schweizer Frauen gekämpft haben. Sie benutzen z.B. statt des geschlechtslosen "die Befürworter" den Begriff "die BefürworterInnen". Gleichzeitig kritisieren sie aber, dass diese Frauen genau dafür einstehen. Das ist Heuchelei und Doppelmoral!

Es ist dennoch sehr traurig und nicht unüblich bei sehr vielen Linken, wie einfach linksgerichtete Feministen der Hauptagenda "Gegen Sexismus" wegen andere mindestens gleichwichtige Werte wie Menschenrechte oder Religionsfreiheit verraten. Jaja, der Zweck heiligt die Mittel.
Die Rechten machen wenigstens keinen Hehl draus, dass sie von Anfang an gegen die Religionsfreiheit waren. Die drücken einem ihre Meinung direkt ins Gesicht und sei sie auch noch so Menschenfeindlich.
Aber nein, bei den Linken läuft das anders, da kann man auch mal eben Werte für die man in Europa hart gekämpft hat vergessen um weiterhin Klugscheißer spielen zu können. Das ganze nennt sich Paradigmenwechsel und läuft so: "Was kümmert mich was ich gestern gesagt hab".

Ist doch alles nicht mehr ernst zu nehmen und alles voller Doppelmoral und Heuchelei.

...


Quote

02.12.2009 05:51 Uhr:
Von Dieter Feigenwinter, Basel:

Ich habe mir letzte Woche mal die kurze Reise von Basel nach dem von Andreas Zumach erwähnten Dörfchen Wangen bei Olten gegönnt, um das inkriminierte Minarett zu besichtigen, bevor ich gegen das Verbot stimmte. Das Bauwerk war nicht einfach zu finden, denn es ist ein Mini-Minarett und sitzt auf einer kleinen Moschee in einem hässlichen Gewerbegebiet. Das Minarettchen ist ca. 5 Meter hoch, bunt lackiert und würde eigentlich besser in den Europa-Freizeitpark oder gleich nach Disneyland passen, so niedlich ist es. Wie sich 57% der abstimmenden Schweizer/innen wegen sowas weltweit der Lächerlichkeit preisgaben, ist mir immer mehr ein Rätsel. Umso mehr, als linksbewegte Frauen den Reaktionären der SVP und der EDU auf den Leim gingen und zusammen mit unseren rückständigen Appenzeller Mitbürgern in ein Boot gingen, die lieber heute als morgen das Frauenstimmrecht wieder abschaffen würden.



Quote

02.12.2009 07:19 Uhr:
Von Tucho:

Schwierig. Daraus lernen wir, dass Frauen, die sich als Feministinnen und als links verstehen und zum Teil bei den Grünen oder der Sozialdemokratischen Partei aktiv sind, eigentlich Nazis sind. Oder?



Quote

02.12.2009 08:37 Uhr:
Von Marco:

So ist nun einmal die Demokratie. Die Leute haben abgestimmt und sich so entschieden. Sie würden nicht schlecht staunen, wenn es in Deutschland zu einer ähnlichen Abstimmungen kommen würde.
Warum die Leute so gewählt haben? Das kann ich mir nur damit erklären, dass die Integration noch nicht vollständig funktioniert hat. Jemand, der seine muslimischen Mitmenschen kennt, na, zumindest versteht und toleriert, der lässt sich auch nicht von Rechtspopulisten umpolen.


Quote

02.12.2009 09:06 Uhr:
Von Filtor:

tolle meldung, basierend allein auf einer vermutung von politologen. wirkt auf den ersten blick bei den deutlichen 57,5% gegen 42,5% auch extrem unwahrscheinlich, dass "linksgerichtete, feministische frauen" da den ausschlag gegeben haben könnten - (leider) dürfte deren bevölkerungsanteil dafür viel zu klein sein.

Quote

02.12.2009 09:13 Uhr:
Von Annicke:

"Sie wollten ein Zeichen gegen eine autoritäre Kultur setzen."

autoritäre? etwa mild ausgedruckt, finde ich! in viele muslimische Länder sind Frauen Opfer unausprechende Grausamkeiten. Auch in Deutschland sehen Frauen, wie Turkische Frauen nicht ahnähernd gleichberechtigt sind.

Frauen sind mehr als alle anderen die Opfer.

Die Schweizerinnen haben spät Wahlrecht bekommen aber sie aufgeholt. Und sie kriegen mit, was in Schweden, Dänemark, England und in die USA passiert.

Ich wünsche, Menschen würden sich DARÜBER protestieren, anstatt für irgendwelche Bauverbote!!


Quote

02.12.2009 09:18 Uhr:
Von Empört:

Liebe Frauen!
Findet euch mit eurem Platze am Herd ab!
Wir drehen die Aufklärung von 1750 jetzt zurück!


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02.12.2009 09:23 Uhr:
Von gaspard:

Es ist schon verblüffend, wie diese Abstimmung alle Regeln der Political Correctness durcheinanderwirft. Eben die Kräfte (SPD, LINKE, Grüne), die in Deutschland für eine Stärkung plebiszitärer Demokratie kämpfen, sind jetzt empört und verstört, dass die EidgenossInnen nicht wie erwünscht votiert haben. Linke Frauen wollen keine Minarette - wie entsetzlich ! Großartig ! Selbst wenn es sich hier nur um Symbolpolitik handelt: Politik lebt von Symbolik, auch islamistische. Kopftuch und Minarette sind dabei wichtige Zeichen für Frauenunterdrückung und Dominanzstreben. Intelligente Frauen wissen, was ihnen in einer islamisch regulierten Gesellschaft blüht - sie merken es jetzt schon ! Anmache wegen "unislamischer" Kleidung in Bädern zum Beispiel durch arabische Machos ! Und was tun die "frauenbewegten" Grünen ? Sie schwärmen von der bunten "multikulturellen" Gesellschaft wie im LSD-Rausch in ihrer hochgesicherten Politikparallelwelt und schicken ihre Kinder auf Privat- oder Steinerschulen, wo ihnen der Migrationsdruck erspart bleibt. Liebe Eidgenossinnen, Ihr seid Klasse !! Klar, dass die Vereinigte Islamisten-Liga im In- und Ausland jetzt loswettert und zum ersten Mal im Leben das Wort "Toleranz" in den Mund nimmt ! Lasst Euch nicht irritieren !


Quote02.12.2009 09:48 Uhr:
Von werkor:

Da sieht man's mal wieder. Kaum haben die Frauen in der Schweiz das Wahlrecht erhalten, passiert wieder so ein Unfug


Quote02.12.2009 09:51 Uhr:
Von derSeher:

Und wann wird endlich die Kennzeichnungspflicht für Muslime eingeführt? Ich denke da an einen roten Halbmond auf dem Revers...

...


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02.12.2009 10:01 Uhr:
Von caf:

Und da sag noch einer die taz waere links, hahaa
das klingt genauso lustig wie mit den gruenen...

ich hoffe sehr, dass Schramm, Pispers und co. dieses Blatt bald auseinandernehmen, dann haette ich auch was zum lachen. Im moment kann ich nur den Kopf schuetteln, wenn ich sehe wie viele woelfe sich hinter schafspelzen verstecken. Wo steuern wir blos hin?

mfg
Sichaufunterlippebeisser

PS: Wie soll ein Schweizer zukuenftig in Bezug auf Freiheitsberaubung und Toleranz eigentlich argumentieren? Man ist in ein Glashaus umgezogen. super


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02.12.2009 10:20 Uhr:
Von Apfel und Birne:

@ziegenpeter

"Afghanische Frauen müssen Burkas tragen und in der Schweiz isst man Hunde. Was zum Teufel glaubt Ihr Almhütten-Feministinnen eigentlich ändert das Minarett-Verbot an Misständen wie Frauen-Beschneidungen in Afrika oder der Bekleidungsordnung in Afghanistan?
Richtig: Gar nichts."

Na und? Wir wollen und koennen auch nichts gegen die Zustaende in Afghanistan oder Afrika machen. Es duerfen daher auch keine Soldaten nach Afghanistan geschickt werden!

Aber wo ist der Zusammenhang?

Es geht um die Schweiz, eine Mehrheit der Abstimmenden hat sich gegen ein religioeses Machtsymbol in ihrer eigenen HEIMAT entschieden.
Capito?





Aus: "Analyse des Schweizer Referendums - Frauen stimmten gegen Minarette" (02.12.2009)
Quelle: http://www.taz.de/1/politik/europa/artikel/1/frauen-gegen-minarette/ (http://www.taz.de/1/politik/europa/artikel/1/frauen-gegen-minarette/)

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Quote[...] Starker Links-Rechts-Gegensatz

Das Stimmverhalten zur Minarettinitiative war stark vom Links-Rechts-Gegensatz geprägt: Die Linke lehnte sie mit über 80 Prozent Nein-Stimmen deutlich ab; die Rechte stimmte ihr fast ebenso klar zu. Entscheidend für den Ausgang der Volksabstimmung war deshalb das Verhalten der politischen Mitte. Die Sympathisantinnen und Sympathisanten der SVP standen nahezu geschlossen hinter der Initiative, die Anhänger der Grünen und der SP lehnten sie massiv ab. Die Sympathisanten der FDP und der CVP entschieden sich mehrheitlich gegen die Parole ihrer eigenen Partei (54 Prozent Ja bei der CVP, 60 Prozent Ja bei der FDP).

Das Verdikt der Volksabstimmung lässt sich nicht allein mit Fremdenfeindlichkeit und dem Widerstand gegen die Globalisierung und einen daraus resultierenden Identitätsverlust der Schweiz erklären. Auch Bürgerinnen und Bürger, die sich für die Chancengleichheit zwischen Schweizern und Ausländern aussprechen respektive sich für eine weltoffene und moderne Schweiz einsetzen, stimmten zu rund 40 Prozent für das Minarettverbot.

...


Aus: "Befürworter wollten ein symbolisches Zeichen setzen"
Universität Bern | Abteilung Kommunikation (25.01.2010 )
Quelle: http://www.kommunikation.unibe.ch/content/medien/medienmitteilungen/news/2010/vox_analyse/ (http://www.kommunikation.unibe.ch/content/medien/medienmitteilungen/news/2010/vox_analyse/)


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Quote[...] Man mache es sich zu einfach, schreibt Aaron Koenig in seinem Blog, die Schweizer "pauschal in die rechtspopulistische Ecke zu stellen". Das Bundesvorstandsmitglied der Piratenpartei führt an, die Schweizer seien es seit Jahrhunderten gewöhnt, "ihre Meinung auszudrücken, insbesondere bei Volksentscheiden."

Die bundesdeutsche parlamentarische Demokratie bekommt von ihm noch einmal ihr Fett ab: "Wir hingegen haben uns daran gewöhnt, dass Parteienvertreter über unsere Köpfe hinweg für uns entscheiden – kein Wunder, dass sich Politikverdrossenheit und ein Gefühl von Ohnmacht ausbreiten."

Und nicht zuletzt keilt Koenig gegen einen "politischen Islam". Er schreibt, es drücke sich in der Entscheidung für das Minarett-Verbot "vielmehr ein Unbehagen gegen eine politische Bewegung mit Allmachtsanspruch aus". Koenig setzt Islam mit Islamismus gleich und ist offenbar der Meinung, dass der Islam nicht von der Religionsfreiheit geschützt sein soll, denn "Freiheit geht immer nur so weit, wie sie die Freiheit eines anderen nicht verletzt".

Kleiner Fauxpas eines Politik-Unerfahrenen? Laut "Political Compass" versteht sich Koenig als klar linksliberal. Sein Parteikollege Wolfgang Dudda hingegen setzt Koenig in seinem Blog in eine Reihe mit tabubrechenden Klartextrednern wie Thilo Sarrazin und Hanns-Olaf Henkel. Also doch eher Stammtischpopulismus: das, was eben in der Mitte der Gesellschaft so geredet wird, und eben auch in der Piratenpartei. Vielleicht. Bekannt ist zumindest, dass Aaron Koenig große Sorge davor hat, dass "sich Stadtteile mit hoher Einwandererdichte in 'No-Go-Areas' verwandeln".

Den Beitrag des Anstoßes, "Respekt an die Schweiz", würzte Koenig mit einem Link auf Informationen zum "politischen Islam". Die Quelle ist der Webauftritt "Zukunft Europa", wo nebenbei auch Unterschriften gegen den EU-Beitritt der Türkei gesammelt werden.

[...] Für seinen Blogbeitrag "Respekt für die Schweiz" hat Aaron Koenig im Netz zwar auch Zustimmung geerntet, mindestens aber auch genauso viel Kritik – auf unterschiedlichen Ebenen. Zahlreiche Kommentatoren, von denen viele Koenig auch mit "Du" ansprechen, zeigten sich enttäuscht von "der undifferenzierten Sichtweise" auf den Islam.

[...] Die Pressestelle der Piraten hingegen wiegelt ab: Nein, es habe noch keine Kritik gegeben, das Ganze sei "bisher relativ harmlos" aufgenommen worden. Koenig habe schließlich in seinem Blog einen zweiten Beitrag nachgeschoben, zudem finde sich dort doch der klare Hinweis, dass es sich bei den dort veröffentlichten Inhalten um die private Meinung eines Parteimitglieds handele.

...


Quote

01.12.2009 17:11 Uhr:
Von Julia Reda:

Herr König macht sich mit seinem Verhalten zunehmend untragbar und sollte endlich seinen Hut nehmen. Seine Ausführungen zu dem Schweizer Volksentscheid werden nach meinen Beobachtungen von einer überwältigenden Mehrheit der Piraten entschieden abgelehnt.


Quote01.12.2009 17:19 Uhr:
Von Stadler:

Man muss die Meinung von König nicht teilen, ebensowenig wie Deine Meinung zu König. Einen Beleg dafür, dass er Rechtspopulist sein soll, bietet sein Blogbeitrag aber nicht.


Quote01.12.2009 21:33 Uhr:
Von hatem:

Ja, das kapieren viele Linke nicht, dass man links sein kann und islamkritisch.

Und ich verstehe nicht, wie man links sein kann und NICHT islamkritisch.

Denn was ist denn, liebe Freunde, mit dem RECHT DER FRAU gleichberechtigt und selbstbestimmt zu leben - im Islam?

Das ist der Punkt, in dem ich von vielen Freunden ganz merwkürdig gewundene Erklärungen bekomme.
Und hier sollten wir, die wir uns als links begreifen (in welcher Schattierung auch immer) mal in uns gehen, nachdenken und ein bisschen Selbstkritik könnte nicht schaden.

Islamkritik sollte selbstverständlich sein für jeden denkenden Linken!


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01.12.2009 17:21 Uhr:
Von Thomas:

LOL..und was sind wohl sie liebe TAZ? Ganz klar in ihrem spiessigen Alt-68-er Weltbild müssten sie dann Linkspopulisten sein, also nicht besser als die meisten anderen auch. Auch für sie hat sich die Zeit geändert, nur weil sie gegen die USA und den Kapitalismus stehen, heisst es nicht, dass sie bessere Menschen sind. Kommen sie von ihrem hohen Ross herunter, neben den Rechten waren die Linken die grössten Verbrecher des letzten Jahrhunderts, mir nicht nachvollziehbar, wie sie andauernd Geschichtsglättung - und das straffrei - begehen !


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01.12.2009 17:39 Uhr:
Von Piratin:

(ich recycle mal meinen ctrl-kommentar):

erstmal: Liebe Mitpiraten und -sympathisanten, bitte nicht sofort auf die Redakteurin einschlagen. Aaron ist im Parteivorstand und der Artikel ist sachlich und differenziert und sie hat in vielem Recht. Es ist Aufgabe der Presse, auch über Privatmeinungen von Parteifunktionären zu berichten.

Auch ich sag´s aber nochmal: Aarons Meinung ist nicht Parteimeinung. Wir sind eine Partei der Grundrechte sind und dazu gehört auch die Religionsfreiheit. Zu unserer Ideologiefreiheit gehört, dass "etwas war (z.b. in der Schweiz) schon immer so und ist Tradition" nicht gegen seinen Wandel spricht. Die Piraten stehen für eine pluralistische Gemeinschaft ein.
Zwar ist die Piratenpartei für mehr Volksentscheide, aber über (Grund-, Bürger-, Menschen-, Minderheiten-)rechte darf natürlich nicht abgestimmt werden.

Wenn die Bundespresse sagte, es habe bisher wenig Kritik gegeben, kann sie sich nicht auf die internen Prozesse der Piratenpartei bezogen haben, dort gibt es diese zuhauf.

Ich bedaure das Ergebnis in der Schweiz sehr und alle mir bekannten Piraten mit Aarons Ausnahme tun das ebenfalls.

Grüße,
Piratin


Quote

01.12.2009 17:45 Uhr:
Von RandyFisher:

Ich sehe nicht das Problem. Die Piratenpartei ist eine Partei, die sich auch und vor allem für die Meinungsfreiheit einsetzt. Bei Königs Blogbeitrag handelt es sich um einen privaten Blog, in dem er seine persönliche Meinung preisgibt. Ein Recht, das man ihm gewähren sollte. Die Meinung der Partei spiegelt dies jedenfalls nicht automatisch wieder.


Quote01.12.2009 17:49 Uhr:
Von casi:

Eines gefällt mir bei den Piraten immer wieder: Dass Piraten Privatmeinungen äußern können und das Meinungen zulässig sind, die vor allem abgelehnt werden, weil sie nicht pc sind.
Ich bin gegen Verbote von Minaretten, finde es aber gut und richtig, das eine Mehrheit andere andere Meinung haben kann und sie durchsetzt. Die Religionsfreiheit wäre meines erachtens auch dann nicht bedroht, wenn man Kirchtürme verbietet.


Quote

01.12.2009 18:00 Uhr:
Von Dolph:

Und wo ist da jetzt der Fauxpas? Da finde ich die Reaktionen von Grünen und SPD aber weitaus unerträglicher!


Quote

01.12.2009 18:20 Uhr:
Von h.yurén:

natürlich sitzt a.koenig rechts, wenn er das schweizer votum gutheißt. das ist keine frage. aber diese verortung des piratenkönigs ist bloß an der oberfläche des tagesklatsches interessant.
dem piraten ist vorzuwerfen, dass er so schlicht an die sache geht. das kommt vielleicht davon, dass mensch keine klare linie verfolgt, sondern nach dem vorbild der anerkannten politclowns opportunistisch hier und da zu diesem und jenem seine unmaßgebliche meinung kundtun muss.

das minarett ist ein symbol. es steht gefährlich spitz gegen den himmel der christenheit. niemand schiebt ein plebiszit gegen die christlichen glockentürme an, die noch lauter bängeln und bellen als der technisch verstärkte ruf des muezzin. ganz abgesehen vom menschenrecht auf freie religionsausübung schicken die schalltürme der christen und der muslime aggressive emissionen in die bewohnte umwelt. wenn es gegen dieses übel ein plebiszit gäbe, das angenommen würde, wäre das gerechter und vernünftiger als das votum jetzt, ohne einschränkung der religionsfreiheit. denn lärm und religion passen nicht zusammen.



Quote

01.12.2009 18:47 Uhr:
Von symphatisant:

Populismus ist, wenn jemand immer das redet, was die Mehrheit nicht nur der einfachen Leute hören will. Rechtspopulismus würde bedeuten, daß es eine Mehrheit an solchen Leuten gäbe, die mit manchen ihrer Überzeugungen und Wertvorstellungen gut in die politische Argumentation der Rechten passen würden. Mithin eine Spielart der Demokratie. Und das ist nichts Schlechtes.

Schlecht ist, wenn den Leuten gesagt wird, welche Meinung sie haben sollen.



Quote01.12.2009 19:14 Uhr:
Von Helen:

Wenn die etablierten Parteien, insbesondere die roten und die grünen, nicht wahrhaben wollen, dass der Islam frauenfeindlich ist, dann muss dieses Problem eben von einer neuen Partei auf die politische Bühne gebracht werden.

Oder soll dieses Problem der Emanzipationsfeindlichkeit des Islam den ganz Rechten (die tendenziell genauso frauenfeindlich sind wie der Islam) überlassen werden, wie etwa denen, die in der Schweiz die Anti-Minarett-Inditiative gestartet haben?


Quote

01.12.2009 19:32 Uhr:
Von Shrike:


Ich bin auch Sympathisant der Piraten und überlege, beizutreten.
Und ich bin gegen das Minarett-Verbot.

Aber ich bin für mehr direkte Demokratie auch in Deutschland und respektiere dementspechend erstmal, dass die Schweizer votiert haben.

Und hoffentlich wird die Piratenpartei keine politisch korrekte linke Partei, denn dann wäre sie rasch überflüssig und könnte mit den Grünen fusionieren.

Dementsprechend verweise ich auf die Meinungsfreiheit.
Auch für sogennante "Rechtspopulisten".


Quote01.12.2009 19:43 Uhr:
Von anonymous:

Es ist sehr schade, dass Stefan "Aaron" Koenig mit seinem unreflektierten Geschreibsel wieder mal von Piratenthemen ablenkt.

Es ist frustrierend für mich als Pirat, dass dieses Geschreibsel dann auch noch mehr Aufmerksamkeit bekommt, als das, was zwei Landesparteitage der Piraten gerade erst beschlossen haben, nämlich eine deutliche nochmalige Klarstellung der Abgrenzung von rechts:

wiki.piratenpartei.de/Landesverband_Niedersachsen/LPT2009.1/Positionspapier/Explizite_Erklärung_zur_Menschenwürde_und_des_Irrsinns_des_Extremismus'

wiki.piratenpartei.de/RP:2009-11-29_-_LPT_Rheinland-Pfalz/Sonstige_Anträge


Quote


01.12.2009 23:22 Uhr:
Von Sorokan:

Links, rechts, links, rechts... ich bin Pirat. Ich bin für Religionsfreiheit. Ich bin linksliberal. Ich habe muslimische Freunde, sogar familiäre Bindungen. Und auch ich finde die Schweizer Abstimmung ok. Das alte links rechts Schema ist ziemlich überholt. Die Welt ist nicht nur schwarz-weiß. Auch nicht braun-rot.



...


Aus: "Ein Pirat und der Rechtspopulismus - König der Minarette" (01.12.2009)
Quelle: http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/koenig-der-minarette/ (http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/koenig-der-minarette/)

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Quote[...] Leben in Deutschland: Ein freies und auch sexuell selbstbestimmtes Leben zu führen, das ist hier möglich. Das war jedoch nicht immer so. Es ist auch eine Folge der der 1968-er Revolution, mit der sich die Jugendlichen damals gegen die strengen Sittenregeln der Nachkriegszeit auflehnten und für ein freiheitliches Leben auf die Straße gingen, können wir heute wie selbstverständlich eigenständige Entscheidungen treffen, wie wir leben wollen. Dieser Veränderung sollte sich nach Meinung von Seyran Ates, Juristin türkisch-kurdischer Herkunft, auch die muslimische Gesellschaft stellen.

Die Frauenrechtlerin kennt sich bestens damit aus, wie die Frauen in ihrer Religion und Gesellschaft unterdrückt werden. In ihrem gerade erschienenen Buch ,,Der Islam braucht eine sexuelle Revolution" beschreibt sie die Ungleichbehandlung von Mann und Frau in der muslimischen Gesellschaft anhand konkreter Beispiele. So etwa wird die Scheide des Mädchens zumeist mit Schande und Scham in Verbindung gebracht, während die Genitalien der Jungen bei Beschneidungszeremonien nahezu angebetet werden. Vorehelicher Sex ist laut Koran eine Sünde und von daher verboten. Verliert ein Mädchen seine Jungfräulichkeit vor der Ehe, beschmutzt es die Ehre der Familie. Selbst bei Sex innerhalb der Ehe gibt es Regeln, die zu beachten sind, damit der Akt nicht unrein ist.
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Dabei geht es Seyran Ates keineswegs darum, vorehelichen Sex zu propagieren, sondern auf die Notwendigkeit sexueller Selbstbestimmung und die damit verbundene Gleichbehandlung zwischen Männern und Frauen hinzuweisen.

[...] So plädiert Seyran Ates mutig für eine tolerantere Gesellschaft, in der man sich ohne Angst zu seiner sexuellen Identität bekennen, den Partner frei wählen kann. Für eine Gesellschaft, in der Homosexualität akzeptiert wird, Ehrenmorde der Vergangenheit angehören und der Wahn um das Jungfernhäutchen ein Ende findet. Kurz gesagt: Der Mensch müsse das Recht auf seine eigene sexuelle Bestimmung haben. Man müsse frei leben und lieben können, ohne in Lebensgefahr zu geraten!

Dass solche Meinungsäußerungen nicht ohne Widerspruch und Widerstand seitens der muslimischen Gesellschaft hingenommen werden, musste die Autorin am eigenen Leib erfahren. Schon in früheren Jahren wurde sie für ihre mutige Haltung mit dem Tode bedroht und gefährlich verletzt. So erhielt sie auch umgehend mit dem Erscheinen ihres neuen Buches Morddrohungen und hat sich vorläufig aus der Öffentlichkeit zurückgezogen.

In ihrem Buch greift sie vielfach auf Bespiele aus ihrem Leben zurück. Dies tut sie in einer beeindruckenden Klarheit. Sie zeigt, dass es vor allem für junge Muslime in Deutschland, die mit beiden ,,Welten" konfrontiert werden, häufig zu Identitätskonflikten komme, da sie im inneren Konflikt stehen und nicht wissen, was denn jetzt das ,,richtige Verhalten und Denken" sei.

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Aus: "Seyran Ates: ,,Der Islam braucht eine sexuelle Revolution""
Dienstag, 24. November 2009 17:30  - Von C. Beyaz, Anna-Freud-Oberschule, Charlottenburg
Quelle: http://www.morgenpost.de/schueler/article1205462/Seyran-Ates-Der-Islam-braucht-eine-sexuelle-Revolution.html (http://www.morgenpost.de/schueler/article1205462/Seyran-Ates-Der-Islam-braucht-eine-sexuelle-Revolution.html)

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Quote[...] Der Ex-Präsident des Päpstlichen Rates für Krankenpastoral, Kardinal Javier Lozano Barragan, hat Homo- und Transsexuellen das "Himmelreich" verwehrt. "Homosexuelle und Transsexuelle werden niemals in das Himmelreich kommen. Das sage nicht ich, sondern der Heilige Paulus", erklärte Barragan in einem Interview mit dem katholischen Online-Magazin "Pontifex". Man komme nicht als Homosexueller auf die Welt, man werde es.

Die katholische Kirche unterscheidet in ihrer Lehre zwischen Personen mit homosexueller Veranlagung einerseits und homosexuellen Akten andererseits. Während der Katechismus festhält, dass homosexuell veranlagten Menschen "mit Achtung, Mitleid und Takt" zu begegnen sei, bezeichnet er zugleich sexuelle Akte zwischen Personen des gleichen Geschlechts als "schlimme Abirrung". Diese "verstoßen gegen das natürliche Gesetz" und seien "in keinem Fall zu billigen". Homosexuelle Menschen seien dementsprechend "zur Keuschheit berufen", hält der Katechismus fest. Das bedeutet nach der Lehre der Kirche sexuelle Enthaltsamkeit bei unverheirateten und ein treues eheliches Verhältnis bei verheirateten Menschen.

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Aus: "Kardinal warnt - Homosexuelle kommen nicht in den Himmel" (Rom, 02. Dezember 2009)
Quelle: http://www.oe24.at/welt/weltpolitik/Homosexuelle-kommen-nicht-in-den-Himmel-0589663.ece?utm_source=feedburner&utm_medium=feed&utm_campaign=Feed%3A+oe24+%28oe24+-+Front%29 (http://www.oe24.at/welt/weltpolitik/Homosexuelle-kommen-nicht-in-den-Himmel-0589663.ece?utm_source=feedburner&utm_medium=feed&utm_campaign=Feed%3A+oe24+%28oe24+-+Front%29)

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Quote[...] Warum könnten für die SVP und den zustimmenden Teil der Bevölkerung ausgerechnet Minarette ein Stein des Anstoßes sein?

Sabine Schiffer: Nun, einerseits sind Minarette leicht sichtbar und würden sicher das Erscheinungsbild von den Straßenzügen verändern, wo sie gebaut werden – das sind bisher vor allem Industrie- oder andere Randgebiete. Die Minarette sind hier aber nur als Aufhänger benutzt worden. Bei der PR-Kampagne der SVP ging es ja gezielt um eine Vermischung der Themen Religionsausübung, also Moschee und Minarett, mit Fragen einer angeblichen Schariaeinführung und ganz wichtig "Frauenunterdrückung". Darum schmückte ja auch eine vollverschleierte dunkle Gestalt das bekannteste Anti-Minarett-Plakat, die zudem noch mit Themen wie z.B. die Genitalverstümmelung assoziiert wurde. Das hat sich in den letzten Jahren als sehr effektives Mittel einer vermeintlich aufgeklärten Propaganda erwiesen.

Mit dem Verweis auf unterdrückte Frauen nur in islamischen Communities wird nicht nur von vergleichbaren Phänomen anderswo abgelenkt (z.B. Beschneidung in christlichen Communities Afrikas), sondern gleichzeitig unter dem Vorwand, muslimische Frauen retten zu wollen, deren Ausgrenzung aktiv betrieben. Es sind ja nicht die kopftuchtragenden Putzfrauen, die stören, sondern die kopftuchtragenden Akademikerinnen – und da geht es um Privilegienschutz und um sonst nichts. Die Widersprüchlichkeit der Argumentationen wird kaum bemerkt, so emotional wird die Debatte – gerade um die Frauen – geführt. 

[...] ist das nicht absurd, dass wegen dieses Votums in der Schweiz alle möglichen Vertreter Presseerklärungen abgeben und ein regelrechter Medienhype entsteht? Bis heute warten Muslime vergeblich auf ein offizielles Wort von Religionsvertretern, dem Innenminister oder der Kanzlerin zum antiislamisch motivierten Mord in Dresden. Nein, hier haben die anderen ja das Problem – da kann man sich getrost äußern, die Selbstidealisierung wie auch die Leugnung des eigenen Ressentiments sind damit nicht gefährdet. Das alles verstärkt die Verunsicherung der Muslime und ich habe den Eindruck, es gibt wenig wirkliches Mitgefühl für die – inzwischen auch physischen – Ängste von Muslimen und vor allem kopftuchtragenden Musliminnen.

...


Aus: ""Islamfeindlichkeit kommt nicht vom Rand"" Birgit v. Criegern (02.12.2009)
Sabine Schiffer vom Institut für Medienverantwortung über das Schweizer Minarett-Verbot, deutsche Integrationsdebatten und den Fall Marwa el-Sherbini
Quelle: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/31/31635/1.html (http://www.heise.de/tp/r4/artikel/31/31635/1.html)

Title: [Die Wirklichkeit - man ahnt es - ist komplexer... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 06, 2009, 01:07:09 PM
Quote[...·] Die Bandbreite der Fragen verlockt dazu, schnelle, schlichte Antworten zu suchen. Wer gegen die Minarette gestimmt hat, ist demnach xenophob, schließlich sind ja viele Moslems, die in der Schweiz leben, Ausländer. Und wer keine Minarette möchte, muss darüber hinaus kulturfeindlich sein, denn die Türmchen sehen doch so schön aus.

Die Wirklichkeit - man ahnt es - ist komplexer.

...

[...] Zu den einflussreichsten Aktivisten, die in Deutschland Stimmung gegen Muslime und deren Religion machen, gehören die Autoren der Internetseite Politically Incorrect. Die Nachrichten-Agenda rund um die schweizerische Anti-Minarett-Initiative bescherte der Webseite, die seit Februar 2006 regelmäßig aktualisiert wird, nach eigenen Angaben einen kräftigen Zuwachs in den Leserzahlen: Bis zu 65.000 Zugriffe verzeichnet PI derzeit täglich.

Insbesondere im Kommentarbereich der Webseite, in dem nach kurzer Registrierung jeder Leser seine Meinung kundtun darf, sind die Texte radikal anti-muslimisch, gelegentlich grundsätzlich ausländerfeindlich und fast immer von simplen, stereotypen Denkkategorien gekennzeichnet. "Liebe Musels!", schreibt einer mit dem Pseudonym r2d2, "Was wäre wenn wir eure Frauen und Töchter sexuell belästigen würden? Hättet ihr das gerne?"

Politically Incorrect ist dem Verfassungsschutz bekannt, wird dort aber nicht als verfassungsfeindlich eingeschätzt. Denn so harsch auf der Webseite Moslems angegangen werden, so radikal ihre Autoren gegen die Europäische Union, die arabische Welt und den Islam wettern, so eindeutig beziehen sie Stellung für das, was ihre Leser als "pro-westliche Werte" bezeichnen würden: Die amerikanischen Republikaner, Israel und das Christentum.

Und das ist nicht verfassungsfeindlich, sondern eher ein rechtsaußen angesiedeltes, aber eben nicht rechtsradikales Gegengewicht im sonst einseitig gegen andere ausgerichteten Verbalkampf. Dass ausgerechnet die Unterstützung durch die Radikalen von PI-News dem Image Israels in Deutschland helfen dürfte, darf allerdings bezweifelt werden.

Diese Zweifel hegen zum Beispiel die selbsternannten "Freunde der Offenen Gesellschaft", einer mittlerweile eher lose verbundenen Berliner Gruppe liberaler bis libertärer Geister, deren kluge Mitglieder und assoziierten Freundeskreise sich einerseits in der Nähe der wirtschaftspolitischen Ideen Ludwig von Mises verorten, andererseits durch eine besondere Treue zu Israel auffallen. Und die als logische Konsequenz dieses Bündnisses ein besonders kritisches Augenmerk auf die Entwicklungen islamischer Aktivitäten in Deutschland und der gesamten Welt legen, zum Beispiel auf der seit 2008 stattfindenden Konferenz "Stop the Bomb", die unter anderem von dem Politikwissenschaftler Matthias Küntzel unterstützt wird.

Ihre Kritik ist durchdacht und fundiert, sie konzentriert sich viel mehr auf wirtschaftliche und politische Gegebenheiten - zum Beispiel auf die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und dem Iran - als auf das marktschreierische Anprangern von "Ehrenmorden", wie es auf der Webseite PI-News gepflegt wird.

Nur einzelne der Berliner Denker können auch anders: Man sieht sie alljährlich beim Al-Quds-Tag in Berlin, wo sie radikalen Islamisten mit Mut und Witz den Weg abzuschneiden versuchen. Als Marktradikale und auch aufgrund ihrer Intelligenz können die Berliner von nichts weiter entfernt sein als vom konservativen Denken einer nach rechtsaußen orientierten Gruppierung.

Und doch trifft man sich ungewollt bei der Beurteilung des Islam auf einer sehr grundsätzlichen inhaltlichen Ebene. Nicht nur mit den rechtsorientierten, geistigen Krawallmachern von PI-News, sondern sogar mit der stark umstrittenen Pro-Bewegung, die vor allem in Nordrhein-Westfalen um Einfluss auf kommunaler Ebene kämpft. Sie ist ein Auffangbecken für enttäuschte Konservative, denen der Kurs der CDU zu sanft geworden ist. "Wir alle sind Schweizer!", schreiben die Aktiven der Pro-Bewegung derzeit auf ihrer Webseite. Wer ihren Mitgliedern zuhört, hört einen Mix aus dem Stumpfsinn der Stammtische und uraltem xenophobem Denken.

Einer, dem die CDU ebenfalls zu nachgiebig im Umgang mit dem Islam ist, ist René Stadtkewitz. Der auf PI-News gefeierte Volksvertreter im Abgeordnetenhaus Berlin kämpfte energisch gegen die Ahmadiyya-Moschee in Berlin-Heinersdorf und erklärte wegen interner Streitigkeiten über den Umgang mit dem Islam im November seinen Austritt aus der CDU.

Stadtkewitz, der weiterhin in der CDU-Fraktion mitarbeitet, ist seit September 2008 Landesvorsitzender beim Verein "Pax Europa", dessen Zweck es nach eigenen Angaben ist, "das demokratische Staatswesen dadurch zu fördern, dass er die Öffentlichkeit wertneutral über die Ausbreitung des Islam in Europa und die damit verbundenen Folgen für das Staatswesen unterrichtet." Etwas konkreter wird das Ziel im Weblog der Organisation, in dem qua Manifest gefordert wird, "Entwicklungshilfe und sonstige wirtschaftliche Unterstützung für islamische Länder" zu beenden.

[...] Die Bürgerintiative Ausländerstopp wird für ihre nach der Schweizer Entscheidung öffentlich in München gestellte Frage "Wie viel Islam brauchen wir?" auf dem rechtsradikalen Internetportal Altermedia gefeiert. Das ist dann jener Teil der Islam-"Kritik", der mit Denken nichts mehr zu tun - hier wird nur noch gehasst, ganz gleich ob Moschee oder Synagoge, Amerikaner oder Türke.

Was würden sich die Nazis ärgern, wenn sie wüssten, dass sie sich in ihrer Ablehnung der Minarette mit einer aktiven Feministin einig sind: Die politisch gewiss nichts rechts denkende Feministin Julia Onken hält Vorträge zu Themen wie "Wechseljahre, Lust statt Frust". Im Vorfeld der Anti-Minarett-Initiative sprach sie sich aber klar gegen die Türme aus: "Moscheen sind Männerhäuser, Minarette sind männliche Machtsymbole."

...

Quote

04.12.2009 18:50:30

backfire: A Propos Bosbach

Ich fordere ein Fiffi-Verbot* im Bundestag! (Und natürlich in allen öffentlichen Einrichtungen der Bundesrepublik Deutschland.) Wer weiß denn schon, was er darunter trägt?!?

*Toupet

[...] PI ist der Stammtisch der "Türken-Raus-Brüller" im Internet

Und ist es unerträglich, was dort in den Kommentaren zum Besten gegeben wird. Wo die so genannten "News", die in Wirklichkeit nichts als um Vorurteile angereicherte Paraphrasen anderswo erschienener Artikel sind, sich noch einigermaßen im Rahmen eines wie auch immer gearteten Ethos bewegen, geben die jeweiligen Kommentare den Rest dazu: So wird aus einfachem, rechtspopulistischem Geschmier ein gefährlich-braunes Gebräu der besonderen Art.

Nicht umsonst muss von PI-Seite immmer und immer wieder betont werden, man sei ja soooo pro-westlich und nicht umsonst beruft man sich immer wieder auf solche "differenzierten" "Denker" wie Broder, der sich kürzlich dazu verstieg, das - sicher nicht demokratische - Regime in Teheran als "Diktatur pädophiler Greise" zu denunzieren oder einen Ralph Giordano, der sich bis heute nicht dafür entschuldigt hat, muslimische Frauen zu vertieren, indem er sie als "Pinguine" verunglimpfte*.

Aber vielleicht wächst da ja auch zusammen, was in seiner Schlichtheit zusammen gehört.

Schade wär's.

*Herr Giordano sollte sich eigentlich noch daran erinnern, wie Menschen im 3. Reich entmenschlicht wurden und so etwas grundsätzlich unterlassen. Aber so werden aus Opfern eben manchmal Täter.




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04.12.2009 17:23:48

gunnarsson: Friedmann´s Sternstunde

In einer Talkshow am Mittwoch wurden wie erwartet von Bosbach die ewigen Phrasen gedroschen, ohne Lösungsvorschläge vorzubringen. Er mußte sich, wie stets mehrerer Spickzettel bedienen. Daß man nun den Schweizern von deutscher Seite den Besser-Wessi spielt (die Ossis würden ohnehin alle ihnen fremd erscheinenden herausjagen), halte ich für anmaßend. Gerade durch Bosbach und seine CDU einschl. der CSU o. der FDP wurde der Fremdenhaß in Deutschland geschürt. Auch weil diese stets ignorierten, daß D längst ein Einwanderungsland war - durch sie hervorgerufen, weil man mit billigen Gastarbeitern die deutschen Löhne drücken wollte.

Sie haben die Situation nicht einmal erkennen wollen, als Andersgläubige vom deutschen Mob in Ost und West verbrannt wurden.

Friedmann plädierte leidenschaftlich für ein friedliches Zusammenleben aller Konfessionen in Deutschland u. prangerte das Versagen deutscher Politik an. Da Bosbach so gern mit Zahlen hantiert, bewies er ihm das Gegenteil. Nachdem Friedmann den Konservativen (selbst Parteimitglied) ihr Integrationsversagen gegenüber allen Migranten - 5 % einschl. Muslime - vorwarf, kam sein Spitzenhammer:

Er warf Bosbach vor, sich auch nicht um die 15 % ausgegrenzten Deutschen zu kümmern, unter denen weit mehr gewaltbereite Neo-Nazis sind, als der verschwindend kleine Anteil an evtl. gewaltbereiten Muslime.

Es hat nicht viel gefehlt - sonst wäre Bosbach an seiner Sprachlosigkeit erstickt - oder weil ihm der nötige Spickzettel fehlte.


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04.12.2009 13:32:07

backfire: Holger Jung

Der Grüner und Chef der Werbeagentur Jung von Matt (Sixt et al.) hat die Blogs einmal als "die Klowände des Internet" bezeichnet, die jeder mit allem beschmieren dürfe, was ihm grade einfalle. Jung hatte nur zum Teil Recht: Die einzigen "Klowände", die im Internet existieren, sind PI und Konsorten und deren Claqueure.


Quote04.12.2009  13:47:17

supermat: PI-News.net ist unverzichtbar

Ich selbst lese PI-News als wichtiges Korrektiv zu den etablierten deutschen Publikationen (auch SZ). Eine offenere, kritischere und damit ehrlichere Diskussion zum Thema Islam wie bei PI habe ich anderen Online-Medien bisher nicht entdeckt. ...


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04.12.2009 13:23:08

balublue:

"Tja, PI macht eben was Zeitungen wie die SZ schon lange verlernt haben. Die Wahrheit aufzeigen,"

Dass Ihre erwünschte Opferrolle eine Farce ist, zeigt sich schon daran, dass Sie mit Ihrem islamophoben Geflame

"auch wenn es der Multikultifreude von Gutmenschen entgegengesetzt ist" ... "Gesülze" ... "Unterwerfung"

hier anstandslos die 'Moderation passieren und kritische Anmerkungen dazu erst gar nicht veröffentlicht werden.

[...] Das PI-Publikum ist mit seinem "Gutmenschen"- und "Multikulti"-Geflame längst in den Mainstream-Medien vertreten.

[...] Die Hass-Seite PI macht nur das, was Sie auch tun: Sich in einer eingebildeten Opferrolle suhlen und sich als im Besitz der 'Wahrheit' stilisieren.

...



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04.12.2009 13:05:33

Musikwudd: RELIGION IST UND BLEIBT OPIUM FÜRS VOLK

Der moderne Mensch strebt und sucht nach echten,wirklichen spirituellen Werten.

Glaube an einen persönlicher GOtt irgendwo im " Himmel " ( Himmel ! ) ist einfach infantil !

Ich erinnere mich gut an meine rustikale, inkontinente Grossmutter bei der ich als kleiner Bub manchmal im Doppelbett zu nächtigen hatte : Sie löschte das Licht und begann mit lauter Stimme mit ihrem GOtt zu telefonieren.......

Christen habe ihre 10 Gebote / Befehle, Buddhisten sprechen von den Zwanzig Schwierigkeiten - welch ein eklatanter Unterschied !

Der Islam steckt per Zeitrechnung in seiner Mittelkalterlichkeit - im 15. Jahrhundert.

Wen wunderts, dass sich die etablierten christlichen Kirchen, denen vor einigen Jahrzehnten die Mitglieder empfindlich zu schwinden begannen, nun gerne an den neuen Religionshype anschliessen ?

Ist es nicht Zeit, sich einer neuen Dimension des Spirituellen ohne projiziertes Vaterbild im " Himmel ", ohne versklavende Gehrrsams- und Dogmenpostulaten, ohne die alten Hypothesen zuzuwenden ?


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04.12.2009 12:59:33

fahnenschänder: "die brennende Problematik der Migrantengewalt"

Ich persönlich habe den Eindruck, daß Migranten eher Gewalt und Unterdrückung ausgesetzt sind, als das welche von Ihnen ausgeht.


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04.12.2009 12:36:13

Nightwish007:

Meiner Meinung nach muss es in unseren freiheitlich demokratischen Breitengraden möglich sein seine begründet kritische Meinung gegenüber dem Islam kund zu tun, ohne, dass man gleich in die braune Ecke gedrängt wird.

Wenn ich also behaupte, dass eine Inanspruchnahme von Rechten wie z.Bsp. Toleranz gegenüber Andersgläubigen und freie Religionsausübung durch die islamische Gemeinde nur einseitig begründet wird, dann kann hier etwas nicht stimmen. Der Vergleich zwischen dem was in Saudi Arabien, Iran oder der Türkei toleriert wird (oder eben nicht toleriert wird), und das, was hier bei uns stets garantiert sein muss, ist durchaus in Ordnung und muss als Argument akzeptiert werden.

Wir haben nun mal unsere eigenen Wertevorstellungen und eine durchaus andere Weltanschauung als der Islam. Die Europäische Geschichte ist definitiv durch das Christentum geprägt, weniger durch den Islam (außer im negativen Sinne, als das Osmanische Reich von 1250 bis 1850 seine Gräultaten in ganz Europa verübte und ganze Länder unterjochte und zur Konvertierung zwang!)

Ich kann auch nicht einsehen, weshalb ein Hardliner wie der türkische Ministerpräsident Erdogan stets mit scharfen Äußerungen gegenüber der BRD öffentlich auftreten kann, ohne, dass ein westlicher Politiker dies verurteilt. Die Sache hinkt gewaltig und wie gesagt, es muss möglich sein sich sachlich und auch kritisch dazu äußern zu können!


Quote

04.12.2009 11:51:18

Diego666:

"Die amerikanischen Republikaner, Israel und das Christentum. "

Westliche Werte?

Für mich sind amerikanische Republikaner latent antidemokratisch und fundamenal christlich.

Israel ist ein religiös definierter Staat und das Christentum in einem säkular defenierten System nicht definierend.

Das sind keine westlichen Werte.

Und da kommen wir auch gleich zu einer Gruppe, die ihr vergessen habt.

Menschen, denen es so schon genug öffentliche Religion gibt, denen es hier nicht um Islamkritik, sondern um die Gottesreligionen insgesamt geht...

Und die sind auch nicht konservativ


Quote04.12.2009  11:41:43

DiaLÜG:

Tja, PI macht eben was Zeitungen wie die SZ schon lange verlernt haben. Die Wahrheit aufzeigen, auch wenn es der Multikultifreude von Gutmenschen entgegengesetzt ist. Und die Wahrheit ist immer noch besser, als das "Islam ist Frieden" Gesülze von eurer Seite.



//
Quote[...] ,,Es gibt keine wahre Aussage, denn die Position des Menschen ist die Unsicherheit des Schwebens. Wahrheit wird nicht gefunden, sondern produziert. Sie ist relativ.[56]" -- ↑ Nach Philosophische Lehrjahre (Bd. 18 der Kritischen Schlegel-Ausgabe), Nr. 1149, formuliert in: Hans Jörg Sandkühler (Hrsg.): Handbuch Deutscher Idealismus. Metzler, Stuttgart/Weimar 2005, ISBN 978-3-476-02118-2, S. 350.

http://de.wikipedia.org/wiki/Wahrheit#cite_note-55 (http://de.wikipedia.org/wiki/Wahrheit#cite_note-55)

    * Seitentitel: Wahrheit
    * Herausgeber: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie.
    * Autor(en): Wikipedia-Autoren, siehe Versionsgeschichte
    * Datum der letzten Bearbeitung: 5. Dezember 2009, 18:12 UTC
    * Versions-ID der Seite: 67646712
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    * Datum des Abrufs: 6. Dezember 2009, 12:02 UTC

//

Quote

04.12.2009 12:33:03

Pirx:

Diesen Kommentar können wir leider nicht veröffentlichen. Bitte beachten Sie unsere netiquette und unsere AGB.


Quote04.12.2009  11:35:27

Leukozyt: Alles eine Frage der Ignoranz.

[...] Wenn die Angst vor der eigenen Haustür lauert, sei es in diffuser Form von Großmoscheen oder in konkreter Form von türkisch-arabischen Schlägerbanden, dann haben unsere Volksvertreter die verdammte Pflicht sich diesen Ängsten anzunehmen. Statt dessen wird aber mit einer fast schon kriminellen Ignoranz, die an unterlassener Hilfeleistung grenzt, verleugnet, beschwichtigt, moralisiert und schöngeredet.



Aus: "Wie Islamkritik entfremdete Konservative anspricht" (04.12.2009)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/computer/260/496575/text/ (http://www.sueddeutsche.de/computer/260/496575/text/)


-.-

Quote[...] Ich habe auch was gegen islamische Fundamentalisten. Die Situation verlangt, dass man das dazuschreiben muss. Neuerdings.

...


Aus: "Kolumne: Liebe Rechtspopulisten!" Von Mely Kiyak (04.12.2009)
Quelle: http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/meinung/2121843_Kolumne-Liebe-Rechtspopulisten.html (http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/meinung/2121843_Kolumne-Liebe-Rechtspopulisten.html)

-.-

Quote[...] Ja glauben denn diese Herrschaften, dass durch das Verbot auch nur eines Minaretts der islamistische Terror bekämpft werden kann? Nicht einmal die sogenannten Terrorbekämpfer der USA sind derart naiv. Diese Herrschaften lassen sich instrumentalisieren, sie lassen sich auf ein Spiel ein, welches wir in Europa bereits in den dreißigerjahren des vergangenen Jahrhunderts ausgiebig beobachten konnten.

[...] Gibt es gewaltbereite Muslime? Freilich, genauso wie es gewaltbereite Christen gibt, diese sind Fälle für das Strafrecht, eine Religion unter Pauschalverdacht zu stellen zeigt, dass man einerseits diese Religion nicht versteht und andererseits ein Klima des Hasses schürt und Hass ist ein Weg zur Hölle, nicht zum Paradies.

(Johannes Auer) Geostrategie


Aus: "Minarettverbot und der Kampf gegen den Islam: Willkommen in Absurdistan"
Islamic Republic of Iran Broadcasting (05. Dezember 2009)
Quelle: http://german.irib.ir/index.php?option=com_content&view=article&id=30641:minarettverbot-und-der-kampf-gegen-den-islam-willkommen-in-absurdistan-&catid=95:beitraege&Itemid=43 (http://german.irib.ir/index.php?option=com_content&view=article&id=30641:minarettverbot-und-der-kampf-gegen-den-islam-willkommen-in-absurdistan-&catid=95:beitraege&Itemid=43) | http://de.wikipedia.org/wiki/Islamic_Republic_of_Iran_Broadcasting (http://de.wikipedia.org/wiki/Islamic_Republic_of_Iran_Broadcasting)


-.-

Quote[...] Berlin/Frankfurt. Im Gegensatz zu den Schweizern lehnen die Deutschen ein Bauverbot von Minaretten mehrheitlich ab. In einer repräsentativen Emnid-Umfrage im Auftrag der "Bild am Sonntag" sprachen sich 48 Prozent gegen ein solches Bauverbot aus. 38 Prozent sind dafür, Gebetstürme an Moschee zu verbieten.

Vor allem in Westdeutschland seien die Befürworter von Minaretten deutlich in der Mehrheit. Hier seien 51 Prozent gegen ein Verbot und nur 37 Prozent dafür. Im Osten stimmten dagegen 44 Prozent der Befragten für ein Minarett-Verbot und 37 Prozent dagegen.

Mehrheitlich für ein Verbot der Gebetstürme seien Befragte über 65 Jahren, Bürger mit Volksschlussabschluss sowie die Anhänger der SPD. Die größte Ablehnung eines Verbots gebe es bei den Wählern der Grünen sowie den Befragten mit Abitur. (Emnid befragte am Mittwoch und Donnerstag 1000 Menschen.)

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hat die Schweiz gegen die heftige Kritik nach dem Minarett-Verbot in Schutz genommen. Die Schweiz sei eine der ältesten Demokratien und auf Ausgleich und Toleranz gebaut, sagte Westerwelle der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Samstag).

Er selbst hätte sich bei der Volksabstimmung am vergangenen Sonntag ein anderes Ergebnis gewünscht. Die Behauptung, die Schweiz sei nun ein undemokratisches und intolerantes Land geworden, sei jedoch "völlig unangemessen". (dpa)

QuoteIch lach mich schlapp

Da hat die linke Zensur ja mal wieder zugeschlagen: jede Umfrage in D war klar pro Minarett-Verbot. Emnid ist ja erfahren in politisch bestellten Umfrageergebnissen. Dream on!

geschrieben von haha09 am 04.12.2009 um 18:14 Uhr


QuoteUmfrage ist nicht glaubwürdig

Ich liebe meine Frau und die Statistik. Die EMID-Umfrage betrachte ich als Muslim Nicht glaubwürdig! Da ist massiv manipuliert worden. Ich glaube, dass in Deutschland - 85% der Deutschen - gegen den Minarettenbau sind. Die Masse ist doch seit Jahren von den Medienmacher dahin manipuliert worden, dass der Islam eine böse anti-christliche und satanisch Kraft ist und Zionisten (ich meine nicht die gläubigen Juden damit) IMMER gut sind. Eine Umfrage, wo die Stichprobe nicht genau bekannt ist, ist das Ergebnis immer zweifelhaft. Leider tut hier der deutsche Staat einfach zu wenig für die Integration der Minderheiten. Die ARD und ZDF strahlen mehr Programme über die Tiere als über die Minderheitenprobleme aus. Die Muslime zahlen die GEZ-Gebühren als Kopfsteuern.

geschrieben von Luckman aus Südhessen am 05.12.2009 um 19:42 Uhr


QuoteLasst das Volk endlich abstimmen !
... und glaube keiner Umfrage, die du nicht selbst gefälscht hast. In der Schweiz hatten die Umfragen auch total daneben gelegen und in unserer Welt der "Political correctness" trauen sich offenbar viele nicht mehr, ihre wirkliche (!) Meinung offen und ehrlich auszusprechen - darum sollte man die Deutschen wie die Schweizer per Volksentscheid abstimmen lassen - beim Rauchverbot gehrt das zumindest in Bayern ja auch. Die Minarettfrage halte ich für wichtiger als sich verflüchtigenden Rauch.

geschrieben von Joachim Bovier am 04.12.2009 um 17:31 Uhr

QuoteDas ist ja nun glatt gelogen!

Nun, seit der Initiative gegen Minarette in der Schweiz, habe ich alle verfügbaren europäischen Umfragen bezüglich dieser Abstimmung gelesen.
In allen Umfragen ergab sich ein Ergebnis von durchschnittlich 75 % pro und 25 % Kontra des Verbots von Minaretten.
Haben die Macher von FR kein Internet?
Ach so, ist natürlich nicht repräsentativ, könnte beeinflusst sein.
Oh, beeinflusst in die Ihnen nicht genehme Richtung, denn die FR beeinflusst selbst mit solchen unsäglichen Artikeln.
Die Zeit (nicht die Zeitung) wird erweisen, wer auf der Seite des Lebens oder des Todes steht, denn um nichts anderes geht es!
Dem Tod eurer Auflagen.
Und dafür verbiegt Ihr die Wahrheit.

geschrieben von Meinungsmache am 04.12.2009 um 18:11 Uhr


QuoteUnd das Kruzifix Verbot?

Villeicht hat der abstimmende Deutsche das verordnete Verbot von Kruzifixen in Klassenzimmern nicht vergessen, das in gewisser Kohärenz zum Kopftuchverbot von Lehrerinnen an Schulen vielen Bundesländern steht.
Die Lage ist da etwas verwirrend. Säkularisierung und Toleranz: Gar keine Symbole oder alle zulassen?
Zur Logik: Keine Minarette bedeutete auch keine Kirchtürme muss nicht immer Zeit und Musse genug beim Abstimmenden gewesen sein.
Die Feuerpolizei oder der Denkmalschutz hat doch schon viel kleinlichere Vorschriften
gemacht.

geschrieben von Dr. Harald Wenk am 05.12.2009 um 16:06 Uhr


QuoteMinarette ja - Hardliner nein

Das Interview in dieser Angelegenheit mit Wallraff finde ich äußerst interessant. Wenn man was gegen Menschen hat die die Religion für ihre Vorstellungen und Ansprüche "mißbrauchen" und dies im Schutze unseres Rechtsstaates ungehindert tun, dann sollte man dies offen und ehrlich ansprechen. Man grenzt dadurch nicht "die Muslime" aus, sondern nur ein paar Haßprediger und Funktionäre denen endlich mal die Grenzen aufgezeigt werden müssen, auch von den Parteien wie den GRÜNEN, der SPD und Die Linke. Die Mehrheit der Muslime würden auch dies begrüßen. Ein Minarett zu verbieten oder nicht bauen zu lassen, würde die Hardliner doch nur bestätigen.

geschrieben von earnie am 05.12.2009 um 14:40 Uhr



Aus: "Umfrage in Deutschland: Mehrheit gegen Minarett-Verbot" (04.12.2009)
Quelle: http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/2122077_Umfrage-in-Deutschland-Mehrheit-gegen-Minarett-Verbot.html (http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/2122077_Umfrage-in-Deutschland-Mehrheit-gegen-Minarett-Verbot.html)

-.-


Quote[...] Herr Wallraff, für die Schwachen einzutreten, ist bei Ihnen ein Stück Programm. Auf wessen Seite stehen Sie, wenn es um Muslime und Nicht-Muslime in Deutschland geht?

Günter Wallraff: Zunächst mal stehe ich auf der Seite der Verfassung. Deshalb glaube ich zum Beispiel, dass der Bau würdiger Moscheen ein selbstverständliches Recht ist. Aber ich merke auch, ich bin nicht in allen Streitpunkten immer so ganz meiner Meinung.

Selbstwiderspruch in Person?

Günter Wallraff: Ja, denn je mehr ich über den Islam und über bestimmte islamische Organisationen in Deutschland erfahre, desto mehr erkenne ich, dass das Grundrecht auf Religionsfreiheit auch missbraucht wird.

Wo denn?

Günter Wallraff: Ich denke etwa an strikte Geschlechtertrennung, an die Diskriminierung von Mädchen, die drangsaliert werden, wenn sie kein Kopftuch tragen wollen. Ich denke an Prediger, die den Toleranzspielraum schamlos ausnutzen und sich mit Ausgrenzungs- und Hassparolen in einem Land, in dem Meinungsfreiheit als Grundrecht garantiert wird, auf der sicheren Seite wähnen. Jede religiöse Praxis muss ihre Grenze an den Vorgaben der universalen Menschenrechte finden. Und das muss klar formuliert und auch eingefordert werden.


[...] Sie fordern den Muslimen in Deutschland eine Bringschuld ab?

Günter Wallraff: Nicht "den Muslimen". Gerade die integrierten - die Mehrheit übrigens -, die sich dieser Gesellschaft zugehörig fühlen, sagen mir: "Wir verstehen euch nicht. Ihr seid viel zu blauäugig und lasst euch von den Funktionären bestimmter Hardliner-Verbände hinters Licht führen." Gerade bei den Verbandsfunktionären werde ich das Gefühl nicht los, dass viele von ihnen eine doppelte Agenda haben: nach außen smart, innerlich hart. Ihre "Dialogpartner" sehen sie oft als "nützliche Idioten" an, und als solche verhalten sich manche auch, indem sie sich vereinnahmen oder instrumentalisieren lassen.


Was heißt das - ganz aktuell - für den Wunsch, Moscheen mit Minaretten zu bauen? Die Kritiker sagen, weder das Minarett an sich noch dessen Form und Höhe fielen unter Religionsfreiheit. Ein Verbot sei die legitime Gegenwehr gegen die Symbolik eines aggressiven islamischen Expansionsdrangs.

Günter Wallraff: Mein Gott, was hat nicht alles "Symbolik"! Ein in den Himmel ragender Kirchturm signalisiert doch auch einen Anspruch. Moscheen mit Kuppel wirken ohne Minarett auf mich bedrohlicher als mit, weil sie mich immer an Atommeiler erinnern. Da ist mir das Minarett deutlich lieber. Und wenn die Muslime meinen, auch sie bräuchten ihr steinernes Phallus-Symbol - sollen sie es doch haben! Über Penisneid können sich die Minarett-Gegner ja dann gerne bei Sigmund Freud schlau machen. Dieses Hin und Her um die Minarette ist ohnehin die völlig falsche Diskussion.


Was ist die richtige?

Günter Wallraff: Was in den Moscheen gepredigt wird. Darum geht es. Mit dem Bau repräsentativer Moscheen werden Aufmerksamkeit und Interesse für die Inhalte steigen - zumal wenn das Ganze auch auf Deutsch stattfinden sollte. Bei der Frage nach der Finanzierung sollte man eine nachprüfbare Offenlegung verlangen. Sollten irgendwelche arabische Scheichtümer oder gar der Iran mit großzügigem Sponsorierung dubiose Interessen verfolgen - dann muss das ans Licht. Ich kann nur hoffen, dass die Transparenz-Zusagen erfüllt werden. Genau wie das Versprechen, an den Minaretten keine Lautsprecher für den Muezzin-Ruf anzubringen. Das ist ebenso sehr eine Frage des Maßes und des Taktgefühls wie Größe und Proportion von Moscheen. Irgendwo auf dem Land brauchen Sie keinen demonstrativen Riesenbau - zumal die wenigsten Muslime überhaupt in die Moschee gehen.


Nach dem Volksentscheid in der Schweiz gegen den Bau von Minaretten gab und gibt es ein Erschrecken der Eliten, wie so ein Votum zustande kommen konnte. Teilen Sie dieses Erschrecken?

Günter Wallraff: Ich finde es geheuchelt. Politiker oder Wirtschaftsvertreter erschrecken weniger über die Intoleranz der Schweizer als über die Reaktionen aus der islamischen Welt: Drohungen mit Finanz- oder Wirtschaftsboykotten, das treibt diese Herren um.

[...] Sie haben vor einigen Jahren Furore gemacht mit dem Vorschlag, aus Salman Rushdies "Satanischen Versen" in der Kölner Moschee zu lesen. Was ist daraus geworden?

Günter Wallraff: Erste positive Reaktionen auf meinen Vorschlag wurden von der Türkisch-Islamischen Union Ditib Stück für Stück abgewürgt. Derselbe Verbandssprecher, der sich anfangs aufgeschlossen für meine Idee gezeigt hatte, geißelte sie später als "unmöglich" und sagte, ich hätte die Gefühle aller Muslime weltweit verletzt. Aller Muslime! Weltweit! Das heißt, die angeblich so liberale Ditib hat hier gleich für alle Radikalen - Islamisten, Extremisten, Terroristen - mitgesprochen. Das hat mich schon erschreckt. Das eigentlich Paradoxe an der Sache ist aber, dass Rushdies Buch in keinem islamischen Land erschienen ist. Diejenigen, die es verdammen, kennen es überhaupt nicht.

Ergebnis also: viel Gedöns um nichts.

Günter Wallraff: Es gibt für die Rushdie-Lesung die Zusage einer kleinen Moscheegemeinde, allerdings - aus Furcht vor den eigenen Glaubensgeschwistern - nur für eine nicht-öffentliche. Das hätte natürlich keinerlei Signalwirkung. Ich ärgere mich inzwischen, dass ich das Angebot der Ditib ausgeschlagen habe, in der Moschee aus meinem Buch "Ganz unten" über Ausländer-Diskriminierung vorzulesen und darüber zu diskutieren.

Wieso?

Günter Wallraff: Na, ich hätte mit der Lesung aus meinem Buch begonnen und dann immer wieder Passagen aus den "Satanischen Versen" eingeflochten. Ich wette, das hätte keiner gemerkt, und es wäre eine sehr aufschlussreiche Diskussion geworden. Erst ganz zum Schluss hätte es offenbart. Und dann wäre ich auf die Reaktionen gespannt gewesen.

(Interview: Joachim Frank)


Aus: "Günter Wallraff: "Sollen sie ihr Phallus-Symbol doch haben"" (04.12.2009)
Quelle: http://www.fr-online.de/top_news/?em_cnt=2122271&em_cnt_page=1 (http://www.fr-online.de/top_news/?em_cnt=2122271&em_cnt_page=1)

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Quote[...] Die Integrationsbeauftragte fordert, dass sie - also die Muslime, Türken und Migranten - die deutschen Werte anerkennen, was immer das sein mag; das deutsche Grundgesetz schweigt sich da jedenfalls aus.

Wenn dies jedoch die Anerkennung der Menschenwürde, die Freiheit, das eigene Leben zu gestalten, Religionsfreiheit, Meinungsfreiheit und die Gleichberechtigung von Mann und Frau bedeutet, dann sind das selbstverständliche Dinge, die zumindest die nicht bildungsfernen Muslime oder Türken längst in ihrem Alltag verinnerlichen, das weiß auch Frau Böhmer sehr genau.

Es ist eben nicht damit getan, dass wir eine paar Sprachkurse anbieten und gebetsmühlenartig auf Anpassung und Assimilierung pochen. Wir haben z.B. topp ausgebildete Türken und Muslime in Deutschland, sie sind bestens integriert, doch erlebt gerade diese Gruppe eine erhebliche Benachteiligung, wenn es u.a. um die Vergabe eines Arbeitsplatzes oder einer Wohnung geht.

Viele hegen deswegen Auswanderungsgedanken und z.T. sind die Besten schon weg. Darüber schweigt sich die Politik aus, auch dass unsere Zuwanderungszahlen rapide abnehmen, obgleich die Wirtschaft ständig bessere Rahmenbedingungen fordert, damit diese Zahlen wieder steigen.

Es sind aber nicht die wirtschaftliche Rahmenbedingungen, welche abschrecken, sondern die mangelnde Anerkennungskultur in Deutschland. Das finde ich ehrlich gesagt ein schlimme Entwicklung, auch darüber soll Frau Böhmer zukünftig sprechen.

Es fehlt in weiten Teilen bei dem Thema der gesamtgesellschaftliche Ansatz: Wir müssen die Integration unserer Neudeutschen wie eine 2. deutsche Einheit begreifen und können dafür einen Gesellschaftsvertrag heranziehen. Dieser ist zwar so nicht in unserer Verfassung vorgesehen, doch ist die erforderliche Toleranzbereitschaft bei beiden – also Deutschen und Neudeutschen – offenkundig wohl eine zu große Herausforderung, als dass sie ohne Regelung auskommt.


Aus: ",,Worüber wir bei der Integration noch nicht gesprochen haben, Frau Böhmer"" Von Aiman A. Mazyek (30.11.2009)
Quelle: http://islam.de/14943.php (http://islam.de/14943.php)

Title: [Es gehören immer 2 Seiten zu einer Medaille...... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 14, 2009, 10:40:20 AM
Quote[...] Obgleich Muslime in Großbritannien unter verschärfter Beobachtung stehen, fühlen sie sich dem Land starker verbunden als dies in anderen europäischen Staaten der Fall ist. Nach einer vom Open Society Institute finanzierten Studie At Home in Europe betrachten sich 78 Prozent der Muslime in Großbritannien als Briten.

In Frankreich sehen sich nur 49 Prozent als Franzosen, am unteren Ende liegt Deutschland, wo sich nur 23 Prozent als Deutsche betrachten, so gibt die Times die Ergebnisse der Studie wieder, die noch nicht veröffentlicht ist. Man darf annehmen, dass dies etwas damit zu tun hat, wie Muslime in eine Kultur und Gesellschaft integriert werden, wozu sicherlich auch gehört, wie weit sie ihre Kultur fortführen können. In Deutschland ist die geringe Identifikation vermutlich auch darauf zurückzuführen, so die Studie, dass Muslime erst seit 2000 leichter deutsche Staatsbürger werden können, allerdings ist seit 2002 die Zahl der Einbürgerungen, vor allem bei den Muslimen, aber auch bei anderen Ausländern, kontinuierlich gesunken.

Muslime in Großbritannien identifizieren sich sogar stärker mit dem Land als der Rest der Bevölkerung, wo dies nur 50 Prozent sagen. Allerdings sehen sich die Muslime zwar meist selbst als Briten, aber sie werden meist vom Rest der Gesellschaft nicht als Briten betrachtet, sagt Nazia Hussain, Leiterin des Projekts.

Befragt wurden Muslime in 11 europäischen Städten: Antwerpen, Kopenhagen, Marseille und Paris, Berlin und Hamburg, Amsterdam und Rotterdam, Stockholm sowie Leicester und Waltham Forest-London.

Gegenwärtig leben etwa 20 Millionen Muslime in Europa und stoßen hier vor allem nach dem 11.9., unlängst wieder deutlich geworden an der Schweizer Abstimmung zum Minarettverbot, auf wachsende Ängste und Ablehnung. Politische Parteien profilieren sich durch das Schüren der Ängste vor den Muslimen, die zum Zielobjekt der Ausländerfeindlichkeit wurden und andere Gruppen inzwischen abgelöst haben. 55 Prozent der Muslime sagen in den 11 Städten, dass die Diskriminierung in den letzten Jahren zugenommen habe.

Quote14. Dezember 2009 08:44
77 Prozent der Deutschen lehnen die Integration der Muslime in Deutschland ab
Hinz & Kunz (mehr als 1000 Beiträge seit 28.09.01)

es gehören immer 2 Seiten zu einer Medaille...
hinz & kunz


Quote14. Dezember 2009 08:31
Hier lebende Italiener, Griechen, Franzosen betrachten sich nicht als Deutsche .
MZC (mehr als 1000 Beiträge seit 13.03.00)

... Ich fühl mich als Europäer und ich denke, das wäre anzustreben.


Quote14. Dezember 2009 08:19
Wer will schon typisch deutsch sein?
rebzilla (mehr als 1000 Beiträge seit 28.06.01)

Was ist eigentlich typisch deutsch?

Sind wir Barbaren vor denen sich das Weltreich Rom so sehr fürchtete,
das es einen sprichwörtlichen Grenzwall, den Limes gezogen hat?

Sind wir die religiösen Fanatiker die über Jahrhunderte Hexen auf
Scheiterhaufen verbrennen?

Sind wir die Arbeiter und Techniker die hervorragende technische
Produkte herstellen und entwickeln, wie z.B. das Auto oder
Flugzeugtriebwerke und Raketen?
Oder Bauingenieure die die erste höhere Computersprache entwickeln
(Plankalül)?
Ärzte die erkennen das Wärme nichts anderes ist als mechanische
Energie?

Sind wir die Irren die U-Boote und Panzer bauen und den Iraelis mit
Hilfe von Argentinien das Nuklearprogramm ermöglichten?

Oder sind wir noch der Kulturkreis der Dichter und Denker?

Gottfried Wilhelm Leibniz
Immanuel Kant
Arthur Schopenhauer
Ludwig Feuerbach
Friedrich Nietzsche
Karl Marx
und für Österreich
Karl Poppers

Man möge mir meine beschränkte Sichtweise verzeihen, aber wo gibt es
diesbezüglich eine gemeinsame Schnittmenge mit dem Muslimen in der
sich die Muslime auch heimisch fühlen können?

Und wenn man die oben aufgeführten Philosophen berücksichtigt, die
die Philosophie der Gegenwart signifikant geprägt und gestaltet
haben, wo können sich bei anwendung der Philosophie besagter
Philosophen Christen heimisch fühlen?

Wenn es heute kein so großes Stigma mehr ist "schwarz" zu sein und
auch Frau zu sein ...

... so haben diesbezüglich Muslimas wirklich die Arschkarte gezogen.

Eine nachdenkliche von Migräne geplagte ...

rebzilla





Aus: "Nur 23 Prozent der Muslime in Deutschland betrachten sich als Deutsche" Florian Rötzer (14.12.2009)
Quelle: http://www.heise.de/tp/blogs/8/146747 (http://www.heise.de/tp/blogs/8/146747)

Title: [Schröder, Kelek (Notiz)... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 21, 2009, 03:30:21 PM
Quote[...] Das Votum der Schweizer für ein Bauverbot von Minaretten hat weltweit zu Irritationen und Empörung geführt. Vordergründig mag es um ein Bauverbot gegangen sein, im Kern jedoch ging es um etwas anderes: Minarette machen die tief greifende Veränderung unserer Gesellschaft durch die Zuwanderung von Menschen aus anderen Kulturkreisen und Religionen deutlich erkennbar. Wer den Bau von Minaretten verbietet, der will, dass diese gesellschaftliche Veränderung nicht sichtbar wird. Er ignoriert die Wirklichkeit und möchte, dass Menschen mit islamischem Glauben weiterhin ihre Religion in Gebetsräumen ausüben, die in Hinterhäusern oder abseits in Industriegebieten versteckt liegen. Dieses Verdrängen an den sprichwörtlichen Rand der Gesellschaft ist der Versuch einer Ausgrenzung.

[...] Lange herrschte die Auffassung vor, Deutschland sei kein Einwanderungsland. Als ich 1998 Bundeskanzler wurde, war es mir wichtig, mit dieser Lebenslüge Schluss zu machen. Deswegen schufen wir ein modernes Zuwanderungsrecht, das die Einwanderung transparent steuert, aber zugleich die Integration fördert. Zudem haben wir das Staatsangehörigkeitsrecht grundlegend geändert, um das Abstammungsprinzip – Deutscher konnte nur sein, wer von Deutschen abstammt – durch das sogenannte Geburtsortsprinzip zu ergänzen. Wer in unserem Land geboren ist, kann die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben. Das waren wichtige erste Schritte.
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Menschen aus anderen Ländern und Kulturen, die bei uns leben und leben wollen, müssen sich klar und unmissverständlich zu unserer Rechtsordnung und unseren demokratischen Spielregeln bekennen. Nicht ohne Grund bezeichnen wir die Werte der Demokratie und der Aufklärung als universelle Werte. Und das sind Werte, die auch diejenigen akzeptieren und verinnerlichen müssen, die aus einer anderen Kultur stammen. Sie sind die Basis unseres Zusammenlebens, und zwar unabhängig von den kulturellen Unterschieden. Aber Integration bedeutet nicht Assimilation. Sie darf nicht bedeuten, kulturelle und religiöse Unterschiede beseitigen zu wollen. Ein solcher Integrationsansatz ist zum Scheitern verurteilt. Es gibt nicht wenige, insbesondere in konservativen Parteien, die genau dies anstreben. Und dazu passt, dass das Bild vom Islam und von den Muslimen in unserem Land negativ geprägt ist. Es wird hauptsächlich über Defizite definiert – etwa über die Betonung von Integrationsproblemen, die Konflikte um das Kopftuchverbot, die seltenen Fälle von Zwangsehen oder aber den Kampf gegen den internationalen Terrorismus, der als religiös motiviert dargestellt wird.

Wir sollten uns jedoch hüten vor Verzerrungen und vorschnellen Verallgemeinerungen. Diese haben in den vergangenen Jahren unsere Vorstellungen von islamischen Gesellschaften und der islamischen Religion leider mehr und mehr geprägt. Allzu leichtfertig, gedankenlos, teilweise auch aus Unwissenheit, werden pauschale Urteile gefällt. Wer sich aber vor Vorurteilen hüten will, der muss bereit sein zu differenzieren. Wir sollten uns vor Augen führen, was das kulturelle Fundament unserer Gesellschaft bildet: der Respekt vor anderen Kulturen, die Toleranz gegenüber Andersdenkenden und Andersgläubigen, die Anerkennung von Vielfalt und Verschiedenartigkeit. Wir dürfen nicht zulassen, dass Fremdes von vornherein als feindlich angesehen wird. Die Anerkennung des anderen als eines Gleichen ist ein kultureller Fortschritt, der unser Land auszeichnet und für den wir überall in der Welt eintreten wollen. Zur Differenzierung gehört Fairness, und die muss unseren Umgang mit jeder Minderheit prägen.

Der Islam ist keineswegs, wie es in der aktuellen Debatte dargestellt wird, ein monolithischer Block. Im Gegenteil: Der Islam ist verschiedenartig, und die islamischen Gesellschaften sind vielfältig. Wir sollten Menschen nicht einzig und allein über ihre Religion definieren. Jeder Mensch handelt im Rahmen seiner gesellschaftlichen Bedingungen, die nicht nur durch die Religion definiert werden, sondern auch durch ökonomische, soziale und politische Faktoren. Das betrifft Muslime ebenso wie Christen, Hindus oder Buddhisten. Wir sollten aufhören, pauschal von »dem Islam« zu sprechen.

[...] Im Mittelalter waren es arabische Gelehrte, die der Welt den Schlüssel zur Medizin und Astronomie, zur Chemie und Mathematik, aber eben auch zur Wiederentdeckung der klassischen Philosophie geliefert haben. Die islamische Kultur hat uns architektonische Wunderwerke, großartige Literatur und Musik geschenkt. Dieser Einfluss hat uns kulturell bereichert, ebenso wie die kulturellen Einflüsse des Westens die muslimische Welt verändern. Das »Abendland« hat eben nicht nur christliche und jüdische Wurzeln, sondern auch islamische.

Der Islam ist keine politische Ideologie, sondern eine friedliche Religion. Das lehrt der Koran. Und dies ist der Glaube von mehr als einer Milliarde Menschen, die wie alle Menschen in Frieden, Wohlstand und Sicherheit leben wollen. Der interreligiöse Dialog ist wichtig, um Frieden zu erlangen, denn es gibt in jeder Religion fundamentalistische Minderheiten. Aber wenn wir uns von diesen Minderheiten das gesellschaftliche Zusammenleben definieren lassen, haben wir schon verloren. Und wenn der falsche Vorwurf aufkommt, der Islam sei gewalttätig und kriegerisch, sollten gerade wir Europäer, vor allem wir Deutsche, einen Blick auf unsere Geschichte werfen. Es waren die christlich geprägten Staaten Europas, die im 19. und 20. Jahrhundert andere Länder kolonialisierten, davon nicht wenige mit islamischer Bevölkerung. Und es waren keine islamischen Staaten, die die beiden Weltkriege des vergangenen Jahrhunderts verbrochen haben. Für Überheblichkeit gegenüber anderen gibt es für uns keinen Grund. Die historische Erfahrung verpflichtet uns zur Toleranz, die nicht zu verwechseln ist mit Gleichgültigkeit oder Beliebigkeit.

Nun wird in der Debatte um den Bau von Moscheen und Minaretten häufig ein Argument ins Feld geführt. Es heißt: »Solange in islamischen Ländern keine Kirchen gebaut werden dürfen, sollen auch bei uns keine Moscheen gebaut werden.« Was dabei vergessen wird: Millionen Christen leben etwa im Libanon, in Ägypten und in Syrien. Aber auch wo christliches Gemeindeleben neu entsteht, wird der Kirchenbau erlaubt, etwa in den aufstrebenden Golfstaaten oder in Indonesien. Defizite bei der Religionsfreiheit in einigen islamischen Staaten sind nicht zu bestreiten, aber sie können nicht als Begründung für eine Einschränkung der Rechte in unserem eigenen Land dienen. Wir verstehen uns als eine aufgeklärte Gesellschaft. Und Aufklärung heißt nicht, Unzulänglichkeiten anderer Gesellschaften bei uns zu wiederholen. Die Religionsfreiheit ist ein hohes Gut, das wir aus guten Gründen im Grundgesetz schützen.

Der Begriff der Aufklärung darf nicht zur Abgrenzung benutzt werden. So wird gelegentlich behauptet, christliche Gesellschaften seien aufgeklärt, die islamischen nicht. Hier ist dringend Differenzierung angezeigt, statt sich selbstgerecht über Andere zu erheben. Aufklärung gibt es selbstverständlich auch im Islam. In unseren europäischen Gesellschaften leben Millionen aufgeklärter Muslime, die unsere Grundwerte teilen und vollkommen integriert sind. Sie sind erfolgreich im Beruf, etwa als Juristen, Ingenieure, Wissenschaftler und Unternehmer. Deutsche Muslime dienen und kämpfen in der Bundeswehr, sind hervorragende Sportler und engagieren sich ehrenamtlich in Vereinen. Sie sind also, auch wenn das gelegentlich bestritten wird, »hochproduktiv«. Zu einer aufgeklärten Gesellschaft gehört es, den Erfolg dieser Menschen anzuerkennen, und zwar unabhängig von ihrem religiösen Hintergrund. Die Bezeichnung »muslimisch« wird ja nicht selten dazu benutzt, um jemanden auszugrenzen. Nach der eher peinlichen Auseinandersetzung um die Verleihung des Hessischen Kulturpreises an den Schriftsteller Navid Kermani hat dieser in einer bemerkenswerten Rede Folgendes gesagt: »Ja, ich bin Muslim, und ja, ich bin Schriftsteller. Aber ich bin kein muslimischer Schriftsteller... Ich bin ein deutscher Schriftsteller.« Und damit hat er vollkommen recht. Wir bezeichnen Günter Grass ja auch nicht als einen »christlichen Nobelpreisträger«.

[...] Ein veränderter Blick auf die islamische Welt sowie ein veränderter Blick auf die Muslime, die in unserem Land und in Europa leben, sind dringend notwendig. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, der sich alle Kräfte in unserem Land stellen müssen – Politik, Wirtschaft, Kultur und Medien. Gerade die Medien sind aufgerufen, differenziert und fair zu berichten. Aber den größten Beitrag zur Integration kann jeder Einzelne leisten. Warum nicht seinen muslimischen Nachbarn, Kollegen oder Vereinskameraden einmal zu sich einladen? Nur wenn wir einander begegnen und gegenseitiges Interesse entwickeln, wächst das Verständnis. Das Zusammenleben in multikulturellen Gesellschaften kann nicht konfliktfrei sein. Es braucht auch nicht konfliktfrei zu sein, aber wesentlich ist, dass diese Konflikte friedlich und im Dialog gelöst werden. Es geht nicht um einen Kampf der Kulturen, sondern um einen Kampf um die Kultur. Dabei brauchen wir weder vor Kirchtürmen noch vor Minaretten Angst zu haben.

Quote11.12.2009 um 9:26 Uhr, elisha

4. Herr Schröder, Sie haben mir

Herr Schröder,
Sie haben mir aus dem Herzen gesprochen.


Quote11.12.2009 um 9:34 Uhr, adamriese

8. Es wird sicher nicht mehr lange dauern, ...

bis Schröder von den Saudis einen lukrativen "Berater"-Vertrag angeboten bekommt. Oder hat er den vielleicht schon?


Quote11.12.2009 um 12:15 Uhr, Tom Lee

41. [entfernt]

(Bitte bleiben Sie sachlich. Die Redaktion /ft)



Quote11.12.2009 um 12:40 Uhr, meinemeinung123

50. hi

"Im Islam werden u.a. homosexuelle verteufelt"

im Christentum nicht ?


Quote11.12.2009 um 14:21 Uhr, websingularität

76. Zeitversetzt

[...] Der Koran wird wörtlich ausgelegt? Nun, es gibt auch Christen welche die Bibel wörtlich auslegen. Sicher gibt es mehr gewaltbereite Islamisten, doch ist die Religion nur Vorwand für soziale, ökonomische Missstände. Man kann auch das Christentum gewalttätig auslegen. Die Kreuzzüge hatten nicht stattgefunden, weil die Leute fromm waren [...]

Man sollte hier schon gleiche Maßstäbe verwenden.
Denn es ist nunmal so, dass man die radikale Minderheit stärker wahrnimmt, als den Großteil der 'aufgeklärteren' Muslime. Minderheiten bestimmen das Bild des Islam und die Form unseres Miteinander.


Quote11.12.2009 um 14:35 Uhr, KasperKlatsche

83. Liebe Redaktion,

was hat Ihnen der Schröder dafür gezahlt, um hier wieder mal öffentlich zu Wort kommen und seinen Senf abgeben zu können?!

Es ist doch so, dass sich kaum mehr eine Person des öffentlichen Interesses, noch gerne mit Schröder ablichten oder gar in engere Verbindung bringen lassen möchte.
Selbst die eigene Partei, wen sollte es auch wundern, sieht diesen Herren, wenn überhaupt, dann lieber von hinten!

Was will nun die Redaktion erreichen? Normalerweise sind Sie doch stets darauf bedacht, dass hier allen in einem netten, freundlichen und friedlichen Rahmen abläuft. Und nun erteilen Sie einem Mann das Wort, im Rahmen eines ausgewachsenen Kommentars, der wie kein anderer Kanzler vor ihm, den Menschen und den Solidarsystemen in Deutschland so viel Schaden zugefügt hat, den "normalen" arbeitenden Bürger dermaßen mit Füßen getreten, ja dem sozialen Gau kaltherzig anheim gegeben hat, wie einst Schröder.

Und Sie lassen es nun zu, dass der Schröder hier in ein weiteres, latent schwelendes Feuer von tief verwurzelten Ängsten, ohnehin schon tagtäglich auf's neue von den vielfältigen Berichten über die erschreckenden Geschehnisse in islamisch dominierten Ländern gespeisten, weiteres Benzin kippt?!
Diesem Herren zu einem so brisanten Thema das Wort zu geben, halte ich schon für etwas gewagt, nicht nur wegen der Kombination von 2 dermaßen arg belastenden Faktoren, wie Schröder/Agenda2010 mit der, auf eine Mehrheit sehr bedrohlich wirkenden, voranschreitenden Islamisierung der EU.


Quote11.12.2009 um 15:21 Uhr, hschwager

95. Pauschalisierungen

Wenn "wir" aufhören sollen, pauschal von "dem Islam" zu sprechen, dann müssen wir ebenso auhören, von "dem Christentum" und "dem Buddismus" zu sprechen!
Eigenartigerweise schreibt aber Genosse Schröder in seinem Text selber sechsmal "der Islam".



Quote* 11.12.2009 um 17:04 Uhr
    * Spieß Bürger

107. Dümmer geht ümmer!

[entfernt. Bitte verzichten Sie auf persönliche Angriffe und bleiben Sie im Rahmen des guten Geschmacks. Danke. Die Redaktion/ew]


Quote11.12.2009 um 19:15 Uhr, Perseusgorgona

122. Wie viele Muslime lesen die Zeit..

[entfernt aufgrund von pauschalisierenden und herabwürdigenden Inhalten. Die Redaktion/vv]


Quote11.12.2009 um 19:17 Uhr, BettyFord

123. --

[entfernt aufgrund von islamfeindlichen und pauschalisierenden Inhalten. Die Redaktion/vv]


Quote11.12.2009 um 19:43 Uhr, DerDuisburger

124. Wo sind unsere Werte geblieben?

In Deutschland und Europa wird von Migranten erwartet, dass sie sich in der Gesellschaft einbringen und sich nicht von ihr abschotten. Wir erwarten von allen Menschen, die in unserem Land leben, dass sie unsere Werte akzeptieren und respektieren. Wir möchten, dass sie sich keine Parallelgesellschaft aufbauen und rufen ihnen zu, dass wir sie unter uns begrüßen wollen.

Das tun wir so lange, bis sie in unserer Gesellschaft ihre Gotteshäuser bauen und offen ihre Religion ausüben wollen. In diesem Moment entgegnen wir: Geht doch wieder in eure Stadtteile, bleibt unter euch und übt euren Glauben gefälligst in irgendwelchen Gewerbe- oder Industriegebieten aus. Anscheinend sind wir nur so lange zu Toleranz bereit, wie unser Auge nicht von andersartigen überstrapaziert wird.

Wenn wir das nächste mal Migranten dafür verurteilen, dass sie nicht zu unseren Werten stehen, sollten wir uns vielleicht selber fragen, ob wir denn zu diesen Werten stehen: Gleichheit, Toleranz, Nächstenliebe

Geboren als Kind von Migranten mit islamischen Glauben bin ich in Deutschland aufgewachsen und habe mir - soweit ich das beurteilen kann - die deutschen Werte angeeignet und mit islamischen Werten kombiniert. Das ist tatsächlich möglich. So wie die meisten Christen zu Weihnachten und Ostern in die Kirsche gehen, gehe ich zu Ramazan und am Opferfest in die Moschee. Und jetzt frage ich mich, warum ich nicht in eine moderne Moschee mit Minarett gehen dürfen soll, in der ich mich wohl fühlen kann?


Quote11.12.2009 um 21:57 Uhr, Trixi777

137. Zweierlei Maß

Wenn Sie den Unterschied zwischen einer Burka und einer Nonnentracht nicht kennen, sollten Sie sich vielleicht ein wenig eingehender darüber informieren. Zudem: Würden Sie sich auch bei einer Meldung ereifern, die besagte, dass einer westlichen Frau im Bikini in einem islamischen Land nahegelegt wurde, sich vor einer Bedienung den Landessitten entsprechend zu bekleiden? Ich denke, eher nicht. Sie würden sagen, dass sich eine westliche Frau selbstverständlich den Landessitten anzupassen und Toleranz sowie Respekt gegenüber diesen Sitten zu zeigen habe. Dies sei schließlich in der heutigen globalisierten Welt selbstverständlich. Genau diese Mentalität geht vielen Menschen auf die Nerven. Wenn schon Respekt und Toleranz, dann bitte gegenüber allen Kulturen. Wenn schon Respekt gegenüber den Landessitten, dann bitte auch in europäischen Ländern. Ein Kommentar wie Ihrer hält leider nur fremde Sitten für toleranz- bzw. respektwürdig. Europäische Sitten und Gepflogenheiten sind demnach völlig unbedeutend.


Quote11.12.2009 um 22:15 Uhr, el-commandante

138.

nun, inwiefern tut eine burka denn der gequälten seele eines mitteleuropäers weh?
Ich krieg irgendwie keine migräne, ein wenig mitleid kommt vlt auf, und der wunsch das der islam es auch bald schafft sich ein aufklärerisches Zeitalter zuzulegen, aber angegriffen fühl ich mich weder durch kopftücher noch durch sikh-turbane, rosenkränze, irokesenschnitte oder diese lustigen zentralafrikanische kitenge-schlafanzüge.
Und, nochmals, die tatsache das araber in arabischen staaten der meinung sind, sie müssen sich von nackter haut europäeischer frauen angewiedert fühlen, zwingt uns doch nicht ebenso zu denken.
Wenn jeder hier behauptet die westliche welt wäre aufgeklärter und toleranter (auch wenn einigen die toleranz zu weit geht) dann sollte man daran auch grade festhalten, wenn andere erdteile weniger aufgeklärt und tolerant sind.
Es ist ja schön und gut das man als christ in der türkei wenig zu lachen hat, oder als demokrat im iran, und das dort die kirchen "rückgebaut" werden, das heist aber noch lange nicht das wir moscheen rückbauen müssen.
frei nach erich "müssen wir denn jeden scheiss der aus dem osten kommt einfach so kopieren".
Ich freu mich eher das es menschen nach europa zieht, weil sie die werte der freiheit, freien meinungsäußerung und religionsaußübung, die sie in ihren heimatländern oft nicht haben, schätzen.
Ihnen hier jetzt ebenso zu begegnen wie in ihren herkunftsländern ist bigott.
Europa ist frei, aufgeklärt, tolarant und modern... aber nur für Europäer. toll


Quote

Quote11.12.2009 um 21:37 Uhr, el-commandante

133.

außerdem, wie einige vorschreiber schona gemerkt haben, hängen deutsche muslime keine homosexuellen auf, ich glaube auch nicht das sie das bedürfnis dazu haben, und wenn sie schwule und lesben "nur" ausgrenzen und verdammen... nun dann haben sie sich wahrlich in unsere gesellschaft integriert.


12.12.2009 um 0:09 Uhr, BettyFord

162. moslems und schwule

Sie verharmlosen ein problem, das ohnehin kaum öffentliche beachtung findet. die aggression und gewalttätigkeit gegen homosexuelle vonseiten (nicht nur) jugendlicher türken und araber hat in hamburg und hier in berlin bedenklich zugenommen. sind es in den ostbezirken berlins v.a. rechte hools und fitnesscenter-prolls, die schwule und lesben bedrohen und angreifen, geht die anti-homosexuelle gewalt im westen mehr und mehr von muslimen aus. in diesem punkt (und - nebenbeibemerkt - auch hinsichtlich ihrer judenfeindlichkeit) gibt es zwischen neonazis und militanten moslems keinen unterschied! es ist hier inzwischen eine art gesundheits-tip, dass man als gleichgeschlechtliches paar nicht hand in hand durch bestimmte gegenden in neukölln und kreuzberg laufen sollte. schwulenfeindliche beleidigungen (übr. gegenüber allen, die nicht ins archaisch-männerbündische und stolz- und ehrerpichte geschlechter- und menschenbild passen) bekommt hier jeder tagtäglich mit. Sie gehen bezeichnenderweise mit vorliebe von inniglich verbandelten jungs-gruppen aus - aggression und destruktivität ist eben oft nur ein effekt der wiederkehr von (kulturell) verdrängtem.


Quote* 12.12.2009 um 0:27 Uhr, el-commandante, 164.

ja und?
also im osten werden die homosexuellen von faschisten angepöblet, im westen also eher von jungen muslimen.
Wenn das ein argument sein soll, das die homophobie und schwulenfeindlichket des islam an sich ist, ist es, in logischer konsequens, ein nachweis für die homophobie und schwulenfeindlichkeit der deutschen.
scheiss beispiel digger.


Quote12.12.2009 um 1:51 Uhr, BettyFord

166. falsche adresse, alda. mit

falsche adresse, alda.
mit "islam an sich", islamophobie und deutsch-christlicher heimatfront hab ich nix am hut (siehe #123). und dass schwulenhass ein spezifisch muslimisches problem ist, hab ich auch nicht gesagt (obwohl sich die homosexuellen-angst im islam doch überdurchschnittlich aggressiv ausdrückt). dass die deutschen ein nachweisliches homophobie-problem haben, ändert auch nichts an der tatsache, dass auch türken und araber, wo sie der kulturelle hegemoniewahn überkommt, ein ziemlich ungemütliches klima für schwule und lesben schaffen. ich empfehle señor commandante einen gleichgeschlechtlichen zungenkuss nachts um eins am u-bahnhof sonnenallee - dürfte sich nicht viel lauschiger anfühlen als in der national befreiten weitlingstraße.


Quote12.12.2009 um 10:40 Uhr, ch2009

Ist Schröder fromm geworden?

Schröders Kommentar ist wirklich bedenkenswert, aber er wirkt irgendwie heuchlerisch und unglaubwürdig. Beitrag 165 sagt treffend: "Gerne höre ich von Deinem Gesinnungswandel, zumal die SPD immer noch Wahlen haushoch verliert wegen Deiner Politik, die wesentlich mehr Menschen in das Abseits gestellt hat, als jedes Minarettverbot es je könnte." - Jaja, Herr Schröder, ihre Glaubwürdigkeit als Humanist ist trotz Ihres guten Textes im Eimer, Ihr Image des Politchamäleons mit dem gleichen Text aber erneut bewiesen.


Quote12.12.2009 um 10:59 Uhr, Tiefscharf

173. Beobachtungen

Viel interessanter, als Gerede darum, ob ein Türmchen an einer Moschee sein darf oder nicht, sind Beobachtungen im Alltag, die die Haltung einiger - nicht aller - Moslems uns gegenüber bebildern.

Spätnachmittag am Savigny-Platz, Westberlin. Am Tisch einer Bar sitzen zwei arabischstämmige junge Männer Ende 20. Sie sind gut gekleidet, ihre Handys liegen auf dem Tisch und sie unterhalten sich, wie viele andere Gäste auch. Sie wirken europäisch, voll integriert, sprechen ein nahezu akzentfreies Deutsch. Alles ist normal. Wirklich?

Wäre da nicht der Inhalt ihres Gespräches, könnte man zufrieden sein, doch ein ungutes Gefühl kommt auf, als der Eine dem Anderen aggressiv entgegen wirft: "Hast Du es immer noch nicht begriffen? Alles kommt von Allah - nur er zählt." Daraufhin entgegnet sein Gegenüber leise und unverständlich etwas. Die Antwort: "Dieses Land ist verloren. Sie wollen immer noch schöne Frauen, Autos und Luxus. Sie wollen nicht lernen."

Derlei Gespräche, und das konnte man an Gästen erkennen, machen nervös. Es ist die Haltung, die hier hervortritt - nicht die eines vollbärtigen Taliban, sondern die zweier vordergründig moderner muslimischer Männer, die wirken, wie wir alle. Es ist Feindseligkeit und Verachtung für unsere Lebensart, die aus ihnen spricht - und das, obwohl sie die Vorteile unserer Gemeinschaft ganz offenbar gerne wahrnehmen. Es sind nicht mehr die Verlierer, die sich in ein Extrem begeben, es sind zunehmend auch die Erfolgreichen.


Quote12.12.2009 um 11:09 Uhr, Freiheitdemokratie

175. Ach so, Tiefscharf

aber die reden der Rechten Dumpbacken "Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!" - die scheinen Ihnen zu gefallen.
Oder warum haben Sie dagegen keine Einwände?


Quote12.12.2009 um 11:15 Uhr, Tiefscharf

176. Au weia

Freiheitsdemokratie - ich verbitte mir derlei diskreditierende Rückschlüsse.

Die Reden der "Rechten Dumpfbacken" sind mir genau so zuwider, wie das Gespräch, was ich hier wiedergegeben habe. Warum das so ist? Die Parolen beider Seiten entspringen der gleichen Mentalität und keine Seite ist besser als die andere.

Zudem geht es hier nicht um retardierte Glatzköpfe oder die NPD. Das ist eine andere Diskussion und ich wüsste nicht, warum ich die in den paar Zeichen, die man hier schreiben kann auch noch unterbringen sollte.


Quote12.12.2009 um 18:27 Uhr, Boono

208. ich war über'm Tellerrand...

...und möchte hier weniger auf die Einlassungen von Frau Kelek eingehen, sondern mehr auf das FAZ.net-Forum selbst. Praktisch ausnahmslos sind dort alle Beiträge, die etwas mehr differenzieren und den Islam nicht pauschal verurteilen, von den Lesern als "rot" oder fast rot gekennzeichnet, was dort im Forensystem "belanglos", also nicht lesenswert bedeutet. Alle Beiträge, die gegen Schröder wettern und sich dem Chor der Islam-Basher anschließen, stehen auf "grün" (= "lesenswert"). Wenn sich daraus ein Durchschnittsbild des FAZ-Lesers ableiten lässt, dann ...




Aus: "Das Recht auf Türme" Von Gerhard Schröder (11.12.2009)
Quelle: http://www.zeit.de/2009/51/Religionsfreiheit? (http://www.zeit.de/2009/51/Religionsfreiheit?)

-.-

Quote[...] Das Café PositHiv im Berliner Bezirk Schöneberg wird schließen müssen, weil die Fenster mehr und mehr von Kids beschmiert werden, deren Aussehen, so heißt es überaus vorsichtig, auf einen türkischen oder arabischen Hintergrund hindeutet. Die Bundesgeschäftsstelle des Lesben- und Schwulenverbands Deutschlands (LSVD) am Willmanndamm im gleichen Bezirk ist ein ebenso beliebtes Objekt des aggressiven Spotts. Jörg Litwinschuh, der beim LSVD für die dem Islam gewidmete Aufklärungsreihe Miles & More verantwortlich ist, sagt: "Wir sind souverän genug, neugierige, manchmal aggressive Blicke aushalten zu können. Aber ich will nicht bestreiten, dass ich mich nicht immer wohl fühle."

Das Problem ist womöglich komplizierter. Die Rechnung "Hier die Homos, dort Menschen mit islamischem Hintergrund" stimme nicht, sagt Hakan Tas, Mitglied von Gladt (Gays and Lesbians aus der Türkei). Der 37-jährige sagt, Schwule würden auch in Gegenden mit urdeutscher Bevölkerung wie in Hellersdorf und Marzahn behelligt - aber für ihn komme noch hinzu, dass er dort vor allem als Ausländer diskriminiert werde. Den Zahlen des Schwulen Überfalltelefons traut er nicht so ganz, "statistisch lässt sich alles beweisen", wie auch Koray Ali Günay sagt. Der 29-jährige Herausgeber des Magazins Lubunya ("Schwuchtel"), dessen dunkelblonde Haare nicht eben auf eine türkische Herkunft verweisen, meint, viele schwule Gewaltopfer seien möglicherweise gar nicht in der Lage, genau zu sagen, ob ein Täter aus dem arabischen oder türkischen oder bosnischen Raum kommt: "Viele Jugendliche, die aggressiv auf Schwule reagieren, sind selbst Opfer - als Ausländer; sie sind arbeitslos, haben keine Perspektive und suchen etwas zum Abreagieren."

[...] Ein Argument, das Alexander Zinn vom LSVD besonders erbost: "Die Gründe für das Bashing von Schwulen sind vielfältig. Ich will auch keine eindimensionalen Erklärungen. Aber die christlichen Kirchen haben schon lange eine Debatte um Homosexuelle am Hals. Selbst der Papst gilt nicht mehr als letzte Instanz. Aus dem islamischen Kreis ist über eine solche Differenzierung nichts bekannt - weil es sie nicht gibt." Tatsächlich gibt es keine theologische Stellungnahme aus islamischem Umfeld, die grundsätzlich Homosexualität als Lebensform akzeptiert - das höchste der besseren Gefühle ist die Meinung, es sei nur eine Sünde - allerdings ein gewaltiger Unterschied zur Androhung der Todesstrafe, wie sie in einigen islamischen Ländern für praktizierte Homosexualität vorgesehen ist.

Vielleicht sind Männer, die als Schwule überfallen und verfolgt werden, auch lediglich "Liberalisierungsopfer", wie der Sexualwissenschaftler Martin Dannecker sagt: Weil viele schwule Männer glauben, überall in Deutschland sei es easy, Homosexualität nicht mehr schamvoll zu verdecken, verhalten sie sich in der Öffentlichkeit zu erkennbar. Ebendiese Selbstverständlichkeit, Liebe und Zuneigung beispielsweise auch unter Männern zu zeigen, werde von vielen Homofeinden als Ermutigung zum triebhaften Eingreifen aufgefasst.

Alexander Zinn jedenfalls will auf politische Korrektheiten keine Rücksicht nehmen: "Wo ein Problem ist, können wir auf andere Probleme keine Rücksicht nehmen. Wir gehören zur Bürgerrechtsbewegung der Homosexuellen - und wenn Einwanderer uns angreifen, dann darf das nicht tabuisiert werden. Erst das Tabu macht einen Politikstil wie den Pim Fortuyns salonfähig." Gerade junge Männer aus arabisch- oder türkischstämmigen Familien seien in einem Familiensystem aufgewachsen, in dem sich Sexualität mit anderen Männern schon deshalb für jeden Mann verbietet, weil das als weiblich, als minderwertig gilt - und also als unmännlich. Da kein Mann den Vorwurf auf sich ziehen will, seines Geschlechts unwürdig zu sein, liege die Aggression gegen Schwule nahe.

...


Aus: "Was guckst du? Bist du schwul?" von JAN FEDDERSEN (08.11.2003)
Quelle: http://www.taz.de/index.php?id=archivseite&dig=2003/11/08/a0081 (http://www.taz.de/index.php?id=archivseite&dig=2003/11/08/a0081)

-.-

Quote[...] Der frühere Bundeskanzler schreibt vom Mond: ,,Der Islam ist keine politische Ideologie, sondern eine friedliche Religion. Das lehrt der Koran." Und als Beweis legt er eine falsche Spur: ,,Es waren keine islamischen Staaten, die die beiden Weltkriege des vergangenen Jahrhunderts verbrochen worden." Das mit den Weltkriegen hat ja auch niemand behauptet, aber was ist mit dem heiligen Krieg, der seit seiner Erfindung im siebten Jahrhundert die Hälfte der damals bekannten Welt unter sein Schwert brachte und erst tausend Jahre später von den Polen vor Wien 1683 gestoppt werden konnte? Lehrte das der Koran?

Tilman Nagel und Bassam Tibi, zwei hervorragende Islamexperten unserer Zeit, forschten und lehrten in Schröders Nähe, in Göttingen. Sie hätten es ihm besser erklären können als ich: Der Islam ist Hingabe an den einen Gott. Er ist Glaube, Kultur, Weltanschauung und Politik. Seine Lehre kennt keine Trennung von Staat und Religion. Er ist unbestritten auch eine politische Ideologie, auch wenn Schröder das vom Tisch wischen will. Es gibt säkulare aufgeklärte Muslime, aber der Islam selbst kennt bisher keine Aufklärung, relativiert Menschenrechte unter den Vorgaben der Scharia, dem islamischen Recht, wie auch aus der Kairoer Erklärung der islamischen Staaten hervorgeht.

Was Schröder über den Minarettstreit schreibt, ist schlicht diskriminierend - für säkulare Muslime hier und zum Beispiel in der Türkei. Er beschreibt die Werte der Demokratie und Aufklärung ganz richtig als ,,universell", und gleichzeitig dürfe das nicht bedeuten, ,,kulturelle und religiöse Unterschiede beseitigen zu wollen." Ja, was denn? Es geht bei der Auseinandersetzung mit dem Islam doch gerade um die Grundfragen, um die Freiheit des Einzelnen, die religiös und kulturell zum Beispiel durch den Zwang zur Heirat eingeschränkt werden, und um die Freiheit von religiöser Bevormundung. Schröder legt zweierlei Maß an und relativiert.

Da sind die Europäer, die die Aufklärung für sich gepachtet haben, und auf der anderen Seite die Muslime, die noch nicht soweit sind, von denen man nicht verlangen kann, dass sie die Menschenrechte achten und zulassen mögen, dass man Kirchen in ihrem Land zulässt. Schröders Männerfreundschaft mit Erdogan und die Hoffnung auf Demokratie in allen Ehren, aber die Frauen in der Türkei werden unter der AKP-Regierung immer weiter gesellschaftlich an den Rand, also ins Haus gedrängt. Nur noch jede vierte Frau ist erwerbstätig. Vor Erdogan war es noch jede Dritte. Aber das scheint Schröder nicht so wichtig, bei dem die ,,seltenen Fälle von Zwangsehen" und das ,,Kopftuchverbot" angeblich für das schlechte Image der Muslime herhalten müssen. Den Alltag der Muslime scheint der ,,Zeit"-Autor nur aus den Nachrichten zu kennen.

Seine Haltung ist die eines Machtmenschen, der Probleme relativiert und Werte formuliert, wenn sie ins politische Kalkül passen. Diese Haltung hat nicht nur die Sozialdemokratie und die Sozialarbeit jahrzehntelang auch in der Integrationspolitik vor sich hergetragen. Die muslimischen Migranten, so wurde unterstellt, sind noch nicht soweit, wir können von ihnen nicht zuviel Eigenverantwortung verlangen.

Dass der Islam ein ,,System" ist und nicht nur der Glaube an den einen Gott, will auch Schröder nicht verstehen, und wieder sind es die Europäer und ihre Medien, die sich ändern sollen, die die Muslime die Muslime mit ,,verändertem Blick" betrachten müssen. Mit dieser wieder nur an den Westen gerichteten Aufforderung fällt der Altkanzler uns säkularen Muslimen im Streit mit den Wächtern des Islam in den Rücken. Ich kenne mich nicht mit Gasleitungen aus, deshalb schreibe ich auch nicht darüber. Ich schreibe über den Islam und der ist, Gerhard Schröder möge es mir glauben, nicht das, was man im Schatten des Halbmondes sieht. Als anatolische Migrantin möchte ich mit dem Staatsmann, die Weisheit Nasreddins teilen: Der Hodscha setzte sich immer verkehrt herum auf sein Reittier, weil er nicht in dieselbe Richtung wie sein Esel gucken wollte.

QuoteDezember 2009

Die Aufklärung des Islam: Wenn nicht in Europa, wo sonst ?
Paul Rabe (heidelpaul)

Frau Necla Kelek beklagt, daß die Aufklärung am Islam vorbeigegangen sei. Das der Islam nicht nur Religion sondern auch Weltanschauung und Ideologie sei.
Das war das Christentum auch. Vor der Aufklärung war auch in Europa weltliche Macht nicht vom Christentum zu trennen.
Die vielen kirchlichen Prachtbauten die wir heute noch überall in Europa bestaunen waren nicht tiefer Religiösität geschuldet, sondern es waren pure Macht- und Statussymbole. Die Regeln aus dieser Epoche gelten zum Teil bis heute. Die Yavuz-Sultan-Selim-Moschee in Mannheim hat z.B. deshalb ein kleineres Minarett als der benachbarte Kirchturm, weil in der aktuell(!) geltenden Bauordnung steht, daß kein Gebäude den Kirchturm der Kirche überragen darf.
Wo auf der Welt wenn nicht in Europa sollte man mit der Aufklärung auch des Islam anfangen ? Oder was will Frau Necla Kelek ? Soll Europa sich von über 1,2 Milliarden Muslime auf der Erde auf Dauer abgrenzen ?
Wer nicht will, daß der Islam auf Dauer in dem Zustand der Vor-Aufklärung verbleibt der muss ihn ändern.
Nur Europa kann das !


Quote11. Dezember 2009 12:58
Wer hat Ihnen den Islam gelehrt Frau Kelek?

[...] Ich werde nicht mit den Kreuzzügen der mittelalterlichen Christen gegenargumentieren. Ich werde auch nicht mit den interessanten Selbstfolterunsakten von südamerikanischen und südeuropaeischen Christen gegenargumentiren.
Es ist nur schade, dass ausgerechnet eine Soziologin nicht zwischen Religion und Kultur unterscheiden und so einen Unsinn über den Islam schreiben kann.
Mustafa Aydoğdu
Bursa/Türkei


Quote18. Dezember 2009
Gleiches Recht für alle Relligionen
Thomas Lahme (Mungo1981)

Wenn wir einer Religion verbiten wollen ihre Religiösen Einrichtungen zu bauen so müssen wir dies auch bei allen anderen Religionen tun. Deswegen müsste man nicht nur den Bau von Minaretten verbieten nein auch die Kreuze müssten aus den Klassen der Schulen verbannt werden. Wenn wir das Kopftuch verbieten darf auch keinem Schüler nur die Wahl zwischen Evangelischem oder Katholischen Glauben gelassen werden, oder er wird zum Aussenseiter gemacht. Nein dass Recht muss für alle Religionen gleich sein.


Quote11. Dezember 2009 22:12

Als Schweizer
Gabor von Zoltan (Putinras)

... werde ich mich dem Geblöcke "Es geht doch gar nicht um Religiionsfreiheit!"nicht anschliessen.
Zwar meine auch ich, was sowieso offenkundig ist: Ein Verbot von Minaretten schränkt doch die Glaubensfreiheit in keiner Weise ein. Es kann ja umgekehrt auch nicht sein, dass die Verfassung ein grundsätzliches Recht auf Minarettbau zugestehen würde (welches ich auch Christen nicht schenken würde).
Was ich allerdings wirklich begrüsse ist die Diskussion um "Religion" und was wir darunter zu verstehen haben.
Um Religionsfreiheit, ja. Oder - um es klar zu benennen - um die Frage, welche Freiheit wir einer Religion zugestehen wollen und sollten.
Wo genau sollte, wo muss diese Freiheit in einer Demokratie aufhören?
Macht es Sinn, Dinge, die wir ohne den Kontext "Religion" niemals in einer freiheitlichen Gesellschaft akzeptieren würden, einfach devot zu schlucken, sobald jemand zu klagen wagt, er werde in seiner Glaubensfreiheit eingeschränkt?
Die Schweizer haben nicht zuletzt über dieses zunehmende Unwohlsein abgestimmt. Da bringt es - gerade auch moderaten Muslimen - überhaupt nix, jede weitere Diskussion einfach nur mit Totschlagargumenten à la "Die Angst hat gesiegt!" zu verhindern.


Quote11. Dezember 2009 20:27

Keine Angst vor Minaretten
Monika Ziegenkemper (Ziegenkemper)

Ich bin sehr gern in Istanbul, die Muezzins, die Minarette. Als Westeuropäerin nehme ich nehme sie wahr als Teil einer mir fremden Kultur, die ich schätze, mit dem Christentum vergleiche ich nicht, ich vermisse keine Kirchtürme in Istanbul, würde von einem möglicherweise bestehenden Recht darauf nicht Gebrauch machen. Zurück, habe ich das Bedürfnis mich zu Hause zu fühlen, in einer vertrauten Umgebung zu sein, Kirchtürme zu sehen und ihr Glockengeläut zu hören, nicht weil ich das Christentum höher bewerte, nicht weil wir in einer säkularen Gesellschaft leben würden, sondern weil ich mit dieser Kultur aufgewachsen bin, durch sie geprägt wurde. Dieser Wunsch ankommen zu dürfen in einer vertrauten Umgebung - ist er berechtigt? Sollte es etwas geben wie Kulturschutzgebiete? Hat die Schweizer vielleicht dieses Gefühl bewogen, so abzustimmen? Mir scheint, viele haben ganz unabhängig von einer Bewertung anderer Kulturen angesichts der vielen Daten über andere Kulturen, mit denen wir uns beschäftigen (müssen), das Anliegen, ihre eigene Kultur zu schützen und zu pflegen. Manche Religionsausübungsbefugnisse sollten daran anknüpfend in der Öffentlichkeit an die seit Jahrhunderten bestehende Tradition gebunden sein.


Quote
11. Dezember 2009 16:39
Trennung Religion - Kultur
Maryam Zilcha (alarichi)

@Mustafa Aydogdu: Warum wollen Sie unbedingt einen scharfen Unterschied zwischen Religion und Kultur machen ? Hier in den Niederlanden ist es uns egal, ob eine Frau den Niqab tragen will, weil es mit Religion oder weil es mit Kultur zu tun hat. Wir wissen nur eins: es ist in unserem Kulturkreis nicht gängig und es ist nach NL-Gesetz nicht erlaubt so voll verschleiert am Schulunterricht teil zu nehmen oder am Arbeitsplatz zu erscheinen. Und wie das nun im Koran steht ist unerheblich: hier gelten unsere heutige Gesetze, Teil unserer Kultur. Und Religion hat auch Schnittstellen mit Kultur und mit Wirtschaft.


Quote11. Dezember 2009 13:17

was für ein wahnsinn....was für eine idiotie!
Shpend Jusufi (Jusufish)

Ich bin ein Atteist, aber wenn ich solche Texte lese, dann macht es mich wütend. Nennen sie mir doch eine Religion, die auch annäherend die Trennung von Staat und Kirche propagieren?
Im Christentum hat man Jahrtausende gebraucht um das zu verstehen und jetzt tut man so, als wäre es immer säkular gewesen.
Was für eine Heuchelei.


Quote11. Dezember 2009 14:27

Bedenklich
Hans C. Kienzler (Trivalent)

ist die Inkompetenz einerseits und die bewusste Vorteilsnahme für religiöse Besitzansprüche andererseits, die sich in einigen Kommentaren zu obigem Artikel spiegelt.
Ja, es stimmt, die Vorteilsnahme christlicher Ansprüche erscheint uns Christen hier in Europa selbstverständlich. Hier sehen wir, nehmen wir den nichtchristlichen "Referenzrahmen", tatsächlich den Spies im Auge der Andern und den Balken im eigenen Auge merken wir kaum.
Wer selbst einmal nach Gott sucht und ihn finden will, der kann ihn auch finden. Das eigentliche Problem sind religiöse Eiferer aller Coleur, die ganz genau wissen was Alle Anderen zu tun haben. Und wehe, Selbige wollen nicht spuren, Theokratien gehören zum Brutalsten, was sich menschliche Machtgier ausdenkt.


...


Aus: "Gerhard Schröders fauler Friede" Von Necla Kelek (11. Dezember 2009)
Quelle: http://www.faz.net/s/Rub117C535CDF414415BB243B181B8B60AE/Doc~ED4F4E4BB5D074299BE8D457A45FEAE1A~ATpl~Ecommon~Scontent.html?rss_feuilleton (http://www.faz.net/s/Rub117C535CDF414415BB243B181B8B60AE/Doc~ED4F4E4BB5D074299BE8D457A45FEAE1A~ATpl~Ecommon~Scontent.html?rss_feuilleton)


Title: [Das Böse ist immer und überall... (Tach, ich krich zwei Brötchen!)]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 31, 2009, 10:04:33 AM
Quote[...] Das Böse ist immer und überall. Wo genau, darauf weiß die Schweizerische Volkspartei (SVP) stets eine Antwort: Es seien vor allem Muslime, Schwarzafrikaner und Einwanderer aus Balkanländern, die das Alpenparadies gefährden - und auch Deutsche. Gemeint sind Arbeitnehmer aus der Bundesrepublik, die den Einheimischen die Jobs wegnehmen sollen - vor allem die attraktiven und hochbezahlten Stellen in der Forschung und an Kliniken.

So zumindest verkündet es die Zürcher SVP derzeit in ihrer Kampagne im Vorfeld der Gemeinderatswahlen 2010. "Ausländische Ellbögler drängen an unsere Arbeitsplätze", erklärt die Partei im Schweizer Idiom in einer Anzeige, die am 15. Dezember in der "Neuen Zürcher Zeitung" (NZZ) erschien. Schuld seien "arrogante Ausländer" auch an den Mondmieten in Zürich. Und weiter: "Deutscher Filz macht sich breit. Denn Deutsche stellen vor allem Deutsche an - an der Uni und in den Spitälern." Eines der Inserate trägt die Überschrift "Immer mehr ausländische Arroganz!" und ist illustriert mit einem Foto des vormaligen deutschen Finanzministers Peer Steinbrück.

Eingebettet ist die Anzeige in eine Kampagne mit Plakaten und Inseraten, in der die SVP offen fremdenfeindlich auftritt: Die Zürcher Rechtspopulisten beklagen "Mord und Totschlag" auf den Straßen der Stadt. Die meisten Täter seien "Ausländer", viele davon "gefühlslose Schlägerkinder". Es geht gegen Einwanderer, die es sich auf Steuerzahlers Kosten "in der sozialen Hängematte bequem machen" und auf Ämtern Angestellte "beleidigen und bedrohen". Schuld seien die "Linken und Naiven": "Sie holen immer mehr Ausländer in unsere Stadt", heißt es auf den Plakaten und Inseraten.

Die Radikal-Rhetorik folgt SVP-Kampagnen in früheren Wahlkämpfen - und ist den Deutschen in dieser Form nur von der NPD oder der DVU bekannt. Nun aber ist Zürcher Professoren der Kragen geplatzt. Am Mittwoch schalteten sie eine ganzseitige Anzeige, ebenfalls in der "NZZ", und finden darin scharfe Widerworte. "Die rassistische und fremdenfeindliche Rhetorik, Ideologie und Politik der SVP torpediert die Ausbildung unserer Jugend, setzt unsere Zukunft aufs Spiel, vergiftet unsere Gesellschaft und gefährdet das, was unsere Stadt und unser Land lebenswert macht: die freundschaftliche Nachbarschaft unterschiedlicher Kulturen", heißt es darin, "wer sich abschottet, hat verloren".

200 Wissenschaftler an der Universität Zürich und der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) haben unterschrieben. Sie geben sich stolz auf den internationalen Ruf ihrer Hochschulen und froh, dass "exzellente Studierende und herausragende Kolleginnen und Kollegen aus Deutschland und vielen anderen Ländern bei uns tätig sind". Forschung und Lehre seien international, gerade darauf gründe die Stärke der beiden Hochschulen.

Die "neue deutsche Welle" der Einwanderer ist in der Schweiz ein notorisch heikles Thema. Oft sind deutsche Zuwanderer gut ausgebildet und konkurrieren auf dem Arbeitsmarkt direkt mit Einheimischen, an den Hochschulen zum Beispiel um Professoren- und Doktorandenstellen und an den Krankenhäusern um Ärzteposten.

...

Quotechelsea, 30.12.2009

"Self fulfilling prophecy"
So etwas nennt man wohl eine "self fulfilling prophecy": einer der Gründe, wenn nicht sogar der häufigste, warum Deutsche in der Schweiz oft unbeliebt sind, ist ihre wahnsinnige Arroganz. Warum das so ist, dafür braucht man gar keine SVP und nicht mit dem Finger auf Wahnvorstellungen bei beschränkten Bergbewohnern zu zeigen - eine Lektüre der Beiträge zu dieser Diskussion reicht schon völlig aus. Grosskotziger geht's kaum noch.

Und das aus einem Land mit niedrigerem Lebensstandard, niedrigerem Entwicklungsstandard, niedrigerer Lebensqualität, schlechterer Infrastruktur, schlechterer Wirtschaftskraft, schlechterer Innovationskraft. Von wo aus es wohl doch sehr viele auswanderungswillige Gastarbeiter gibt, nämlich in Richtung Schweiz. Wer aus dem eigenen Land weg muss um woanders seine Chancen zu suchen und dann auf das Gastland herablassend hinabschaut, der muss man schon arg von sich selbst überzeugt sein. Aber daran mangelt es vielen Deutschen ja nicht.

Die Kritik am Volksentscheid zum Minarettverbot ist berechtigt - aber aus einem Land, das in diesem Bereich so viel Schaden angerichtet hat und immer noch tut, dessen moralischer Kontostand immer noch so tief ist dass es ausser ein paar Dimpfelmosern am Hindukusch sich zu keinem massgeblichen Beitrag zu UNO-Missionen traut und sich seit Jahrzehnten den Goodwill der restlichen Welt mit viel Geld erkaufen muss: das kann ja wohl nicht ernstgenommen werden.

Ja, die Schweiz braucht Gastarbeiter. Das ist nun einmal so in einer Wirtschaft mit Fast-Vollbeschäftigung (das kennt man in Deutschland nicht, daher erwartet man von dort aus auch kein Verständnis für diese Situation). Aber wer mit so viel überheblichkeit in die Schweiz kommt der darf doch gerne in seinem verwahrlosten Bautzen, tristen Hannover oder spiessigen Koblenz bleiben und sich für das Grösste in der Welt halten. Wie sehr Hochmut vor den Fall kommt, zeigen die höheren Selbstmordraten in Deutschland.



QuoteIngmar E., 31.12.2009

Machen wir uns nichts vor, diese breite Masse von fremdenfeindlichen Menschen gibts überall. Ist ja auch klar, das ist ja ein tiefer Instinkt die eigene Horde vor Fremden zu schützen. Selbst als Affen lebten wir schon in Horden und mussten uns gegen andere Horden zur Wehr setzen.

Diesen Instinkt kann man als feinfühliger Mensch auch an sich selbst beobachten, wenn man Fremden vorsichtiger begegnet, selbst wenn man es begrüsst. Je nachdem wie stark ein Mensch sich selbst und seine Instinkte reflektieren kann, wird er ihn entweder als veraltet erkennen, oder ihn auf hochintellektuellem Niveau in sein Denken einflechten, oder ihm auf sehr niedrigem Niveau völlig unreflektiert im gesamten Denken präsent haben.

Es geht bei Fremdenfeindlichkeit also mMn immer um selbstreflexion, kann man diesen uralten "meine Horde"-Instinkt, der ja vermutlich schon in tierischen Zeiten entstand, in seinem Kern erkennen.

Wenn man das nicht tut, wird keine Argumentation wirklich anschlagen. Man kann Fremdenfeinden auch in Deutschland jederzeit per Zahlen nachweisen dass Migranten dem Staat mehr Einkünfte bringen und brachten als sie kosten, aber das wird nie ankommen. Genauso könnte man einem Schläger, der also unreflektiert diesen alten Instinkt zur Aggression auslebt, erklären dass Worte effektiver sind. Er wird es sich anhören aber nicht verstehen können!

Die Schweiz hat mMn ein massives Problem in Selbstreflexion, ich hab das Land mittlerweile 3mal per Fahrrad bereist, und durchreist. Das Land ist toll, und sicher auch die gebildeteren Städter (habe sehr nette Menschen kennengelernt), aber bei vielen einfacheren Menschen kam ne sehr offen gelebte Fremdenfeindlichkeit rüber. Die Masse sagt dir's natürlich nicht ins Gesicht, wie kaum ein Deutscher nen Deutschen mit türkischen Vorfahren in der Öffentlichkeit beschimpft, aber im Verhalten wars eindeutig spürbar.
Meine Lehre daraus: in der Schweiz wird nur wildgecampt und die einheimische Wirtschaft so wenig wie möglich unterstützt, soviel Schweiz wie möglich und soviel Schweizer wie nötig ;).

In Südfrankreich hab ich mit Kriegsveteranen und Resistance-Kämpfern, also ziemlich alten, aber sehr fidelen Männern, Boule gespielt und Wein getrunken.


Quotecomfon, 30.12.2009

... In Polen und in den Niederlanden sind wir aus ähnlichen Gründen genau so unbeliebt, weil wir auch da mit unserem großen Mundwerk und oberlehrerhaften Ansichten herum laufen, wir sollten uns besser Gedanken machen wie wir mit unseren Nachbarländern umgehen. An Diktaturen verkaufen wir modernes Kriegsgerät, den Türken helfen wir beim Völkermord leugnen, aber den Schweizern drohen wir wegen jedem kleinen Fitzelchen, sei es Steuerpolitik oder Bauvorschriften. Der Deutsche Bierzelt-Trampel hat immer was zu schimpfen und zu mälkeln, außer an sich selbst:

http://www.youtube.com/watch?v=GR17Y6AV_qQ&feature=related (http://www.youtube.com/watch?v=GR17Y6AV_qQ&feature=related)

Und bevor jemand fragt, ja ich habe auch so einen gehässigen Nachbarn. Gerüchte verbreiten und die Nase in anderer Leute Angelegenheiten stecken...


QuoteMarc Schaut, 31.12.2009

Streik

Hallo,

die Einwanderer und "Fremd"arbeiter in der Schweiz sollten sich mal solidarisieren und für 2-3 Tage geschlossen die Arbeit niederlegen. Ob nun Muslime, Deutsche - es kann ja jeden treffen. Dann wäre ganz schnell klar, dass es ohne nicht geht.


Quotelemming51, 31.12.2009

Langsam !

Als gelernter Bundesrepublikaner (Jg.1951) habe ich Zeit meines Lebens Anfeindungen wegen meiner Herkunft und wegen 33-45 gelegentlich erleben müssen, überall.
Gleichzeitig beobachte ich diese unglaublich dumpfe Fremdenfeindlichkeit in meinem eigenen Land Minderheiten und Migranten gegenüber, für die ich mich in dem Maße schäme, wie ich mich für die gelegentliche Deutschfeindlichkeit des Auslandes schäme.
Und trotzdem: wenn mich ein Ausländer "anpinkelt" ist es für mich erst recht ein Ansporn, denen zu zeigen, dass ich dem sog. "Deutschenbild", was sich so unausrottbar in den Hirnen festgesetzt hat, NICHT zu entsprechen gewillt bin.

Wie ??

Mit Höflichkeit, Freundlichkeit,Geduld und der Überzeugung, dass auch hier der stete Tropfen den Stein höhlt.
Um mich als Bundesbürger zu treffen, muss man sich was anderes einfallen lassen als dumpfe Vorurteile.
So einfach ist das.

Den Schweizern, die jetzt diese Dumpfheit lostreten, stehen in der Schweiz genug Eidgenossen gegenüber, die das eben NICHT tun.


Quotepoupoun, 31.12.2009

Und ich bin Bayer...

... Die "Preißn", wie man hier die Teutonen nennt, unterschätzen in gleicher Weise die Unterschiede zwischen ihrer Heimat und Bayern was Umgangsformen und Verhaltensweisen angeht. Nur dass Bayern nicht auf den Mund gefallen sind und selbstbewusst genug sind dass es ihnen sonstwo vorbei geht, es nervt höchstens wenn mal wieder ein Teutone in die Bäckerei stürmt und im Kasernenton "Tach, ich krich zwei Brötchen!" schmettert, kein Grußwort, kein "Bitte" und dazu dieses klingonisch-fauchend klingende "Tach". Da ist gleich die Stimmung in der Backstube im Keller. Das sind Dinge die werden aber meist humoristisch aufgegriffen und dann geht das schon irgendwie. Dass die Schweizer daraus einen Deutschenhass entwickeln zeugt nur von deren mangelnden Selbstwertgefühl, wie das immer im Leben ist wenn jemand so reagiert.

...


http://forum.spiegel.de/showthread.php?t=10393 (http://forum.spiegel.de/showthread.php?t=10393)


Aus: "Zürcher Professoren kontern Anti-Deutschen-Kampagne" Von Jochen Leffers (30.12.2009)
Quelle: http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,669635,00.html (http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,669635,00.html)

Title: [Komplexe Wesen in einer komplexen Umwelt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 13, 2010, 09:38:41 AM
Quote[...] Kermani studierte Orientalistik, Philosophie und Theaterwissenschaft in Köln, Kairo und Bonn. Unterstützt von der Studienstiftung des deutschen Volkes verfasste er eine Dissertation mit dem Titel ,,Gott ist schön".[1] Damit wurde er 1998 im Fach Islamwissenschaft an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn promoviert; 2006 habilitierte er sich im Fach Orientalistik. Von 2000 bis 2003 war er Long Term Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin. Seit 2006 ist Kermani Mitglied der deutschen Islamkonferenz. Heute lebt er als freier Schriftsteller und Regisseur in Köln. Wichtige Themen seiner Arbeit sind das Verhältnis zwischen Westen und Orient, der Kampf bzw. Dialog der Religionen sowie die menschliche Ursuche nach dem Gottesbild und dem Sinn des Leids. Seit Oktober 2007 ist Kermani Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, seit 2008 wissenschaftlicher Beirat im Einstein Forum und seit Oktober 2009 Senior Fellow am Kulturwissenschaftlichen Institut Essen (KWI).

[...] Kermani kritisiert die Verzerrung religiöser Texte. So werde etwa im schulischen Religionsunterricht aus der Bibel ein ,,Wohlfühlgott" abgeleitet und ein Gott behauptet, ,,der alle lieb hat". Tatsächlich jedoch sei bei einer Betrachtung von Bergpredigt und weiteren Teilen der Bibel deren Gewalttätigkeit zu erkennen. Eine ähnliche Verzerrung erkennt Kermani im Islam und den gewaltorientierten Passagen des Koran.

Kermani setzt sich für die Trennung von Religionen und Staat ein. Religion dürfe nie zu einem Gesetz werden, das Unbeteiligte leiten darf.

...


Aus: Navid Kermani
# Datum der letzten Bearbeitung: 12. Januar 2010, 11:53 UTC
# Versions-ID der Seite: 69199475
# Permanentlink: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Navid_Kermani&oldid=69199475 (http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Navid_Kermani&oldid=69199475)
# Datum des Abrufs: 13. Januar 2010, 08:43 UTC
http://de.wikipedia.org/wiki/Navid_Kermani (http://de.wikipedia.org/wiki/Navid_Kermani)

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Quote[...] Kermani sagt, dass er zwar Muslim sei, aber eben auch Ehemann, Deutscher, Schriftsteller oder einfach nur: Mensch. Er verwehrt sich gegen jedes Schubladendenken und jegliche Bewertung allein aufgrund von religiösen Überzeugungen. Daher ist für ihn ,,Wer ist wir?" eigentlich eine falsche Frage. Denn Menschen sind nicht nur dies oder jenes; sondern komplexe Wesen in einer komplexen Umwelt. Und daher nicht aufgrund einer alleinigen Zuschreibung zu definieren.

Andererseits stellt der Autor die Frage danach, weshalb selbst Migranten der dritten oder gar vierten Generation sich immer mehr von der Gesellschaft abgrenzen. Kermani stellt dazu fest: ,,Es ist der Eindruck, niemals dazugehören zu können - niemals gemeint zu sein, wenn ein Staatsführer oder Fernsehkommentator ,wir' sagt." (S. 88) und schlussfolgert daraus, dass, wenn die Gesellschaft die Integration der muslimischen (aber auch aller anderen) Migranten erreichen möchte, sie dies auch ermöglichen muss. Deshalb ist das Buch vor allem ein Plädoyer dafür, sich gegenseitig erst einmal kennenzulernen; zu verstehen, wie der ,,Andere" denkt, fühlt und leben möchte.

Und anders als Arikan und Ham stellt sich Navid Kermani auch den Fragen, die sich im öffentlichen Diskurs des Westens immer wieder stellen: wie verhält sich der Islam zum ihm zugeschriebenen Terror? Wie kompatibel ist er mit den universellen Menschenrechten? Und weshalb erstarkt innerhalb des Islam der Fundamentalismus zu einer Zeit, da die technische Entwicklung weltweit in immer stärkerem Maße von der Menschheit verlangt, global zu denken und zu handeln. Hier bestätigt er auch meine eigenen Überlegungen; dass nämlich durch die Globalisierung der Mensch sich immer kleiner, immer ungeschützter und verlorener vorkommt. Wir Menschen sind – meiner Meinung nach – evolutionär noch immer nur in der Lage, in und von Menschengruppen von der Größe eines Stammes zu denken. Das globale Dorf überfordert uns ganz einfach. Anders ist auch kaum zu begreifen, dass unsere Spiegelneuronen regieren, wenn wir des Nachbars Hund heulen hören und gleichfalls relativ unbeeindruckt die Nachricht von tausendfachem Sterben auf fernen Kontinenten ertragen können. Navid Kermani schreibt: ,,Fundamentalistische Lebensentwürfe sind attraktiv, weil sie die Menschen mit dem versorgen, was ihnen in der modernen, globalisierten Welt am meisten fehlt: Eindeutigkeit, verbindliche Regeln, feste Zugehörigkeiten - eine Identität." (S. 15) Ein – wie irrationaler auch immer – Wertekanon kann Halt geben. Einen Halt, den die Gesellschaft offensichtlich nicht bieten kann. (Vgl. auch Peter Boldt's Thesen in ,,Zur Evolution des Glaubens und der Ethik".)

Daraus entwickelt er die Frage: wie zugehörig kann sich ein muslimischer Migrant in Deutschland fühlen? Kann sich überhaupt so etwas wie eine muslimisch-deutschen Identität herausbilden? Kermani bejaht diese Frage uneingeschränkt. "Gerade weil die europäischen Werte säkular sind, sind sie an keine bestimmte Herkunft oder Religion gebunden, sondern lassen sich prinzipiell übertragen." (S. 137) Und genau deshalb ist er der Auffassung, dass eine Integration in die westliche Gesellschaft sehr wohl möglich ist.

[...] Dabei geht Kermani aber von der Grundthese aus, dass es überhaupt keiner Diskussion darüber bedarf, ob und welcher Religion ein Mensch anhängt, sondern dass es der Gesellschaft in ihrer Gesamtheit nur darum gehen kann, ob die Grundrechte jedem Menschen zugestanden werden und ob jeder Mensch auch die Pflichten, die sich daraus ergeben, auf sich nimmt. Wenn dem religiöse Vorstellungen entgegenstehen, hat jegliche Religion hinter dem Allgemeininteresse zurückzustehen.

Kermani – und das finde ich sehr beachtenswert – lässt sich an keiner Stelle des Buches dazu hinreißen, eine Wertung der westlichen, der christlichen Religion als Gegenüberstellung zum Islam vorzunehmen. Der Schuster bleibt bei seinen Leisten, selbst wenn er mit seinen Glaubensgenossen hart zu Gericht geht ,,Ja, es gibt ein Feindbild Islam. Aber die Muslime sollte es mehr beunruhigen, dass es einen Islam gibt, der sich als Feind gebärdet." (S. 40) Allerdings belässt er es nicht dabei. Sondern appelliert auch an die Gesellschaft und erinnert daran ,,... was immer über oder gegen den Islam geschrieben wird, bei allen schrillen Tönen - in der Gesellschaft funktioniert das Zusammenleben weitaus besser, ist die Toleranz gegenüber Muslimen weitaus größer, als es in der medialen Wirklichkeit erscheint." (S. 54) Damit stimmt er dem Eindruck, den ich habe und auf den auch die bereits erwähnten Autoren Arikan und Ham hinweisen, zu. Der Islam ist längst in der Mitte unserer Gesellschaft – in den Großstädten zumal – angekommen.

Deshalb gilt es darüber nachzudenken, ob die Grenzen, die wir oft setzen, reale Grenzen sind. Kermani meint, dass der reale Konflikt innerhalb der islamischen Welt ausgetragen wird (Stichwort: aufgeklärter Islam), wobei natürlich auch das Verhältnis zum Westen gewertet wird. Aber der Riss, so man denn davon reden kann, trennt nicht die Religionen oder Wertvorstellungen, es ist keine Grenze zwischen ,,dem Islam" und ,,dem Westen" - was es beides nach Kermanis Verständnis so vereinfacht nicht gibt. Es ist ein Riss, der durch die gesamte menschliche Gesellschaft geht; ein Riss entlang einer eher sozialen Linie denn einer religiösen/ideologischen. So meint er, dass ihm jeder Großstadt-Mensch, egal wo auf der Welt, näher und verständlicher ist als selbst ein Muslim, der vom Lande und ungebildet ist.

Er fragt sich und den Leser, weshalb es in diesem Land so schwierig zu sein scheint, den Islam zu integrieren – sprich: Muslime zu integrieren. Dabei schreibt er einen bemerkenswerten Satz: ,,Eine spezifisch deutsche Schwierigkeit für die Einbürgerung des Islams besteht darin, dass das Verhältnis von Staat und Religion in Deutschland komplizierter ist als in vielen anderen Ländern Europas. Der deutsche Staat ist nicht laizistisch. Das erschwert eine strikte Gleichbehandlung und macht es einer neuen Religion schwerer, ihren Platz zu finden." (S. 151/152)

...


Aus: "Rezension: Wer ist wir? - Deutschland und seine Muslime" Von Frank Navissi (Nr. 8562, 11 Jan 2010)
Über: Navid Kermani – Wer ist wir? - Deutschland und seine Muslime, Verlag C.H. Beck München, 2009, 173 Seiten
Quelle: http://hpd.de/node/8562 (http://hpd.de/node/8562)

Title: [Emanzipation und Symbolkraft... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 19, 2010, 11:39:47 AM
Quote[...] Geschlechterrolle oder Geschlechtsrolle (engl. gender role) nennt man die Verhaltensweisen, die in einer Kultur für ein bestimmtes Geschlecht als typisch oder akzeptabel gelten (und Individuen zugewiesen werden), oder die Verhaltensweisen eines Individuums, die dieses mit seiner Geschlechtsidentität in Verbindung bringt und/oder mit denen es seine Geschlechtsidentität zum Ausdruck bringen will.

...

Der ,,traditionellen" Rollenzuschreibung wird vorgeworfen, sie impliziere die Behauptung, es gebe ,,natürliche" und strikt voneinander getrennte Geschlechtsrollen, die männliche und die weibliche, welche Männern und Frauen automatisch zugeschrieben werden. Diese Geschlechtsrollen seien im Wesentlichen:

    * Männer
          o Oberhaupt und Ernährer der Frau und Familie
          o Zuständig für Kontakte nach Außen
          o Stark, rational, kämpferisch, sexuell aktiv
          o Männer als auf Frauen bzw. ,,Versorgerinnen" kaum angewiesene ,,Jäger"

    * Frauen
          o Abhängig von und unterworfen einem männlichen Beschützer (Vater, Ehemann etc.)
          o Zuständig für die sozialen Bindungen innerhalb der Partnerschaft und Familie
          o Schwach, emotional und irrational, ausgleichend, sexuell passiv oder desinteressiert
          o Frauen als auf ,,Jäger" angewiesene ,,Brutversorgerinnen"


...


Aus: Geschlechterrolle
# Datum der letzten Bearbeitung: 31. Dezember 2009, 02:24 UTC
# Versions-ID der Seite: 68638976
# Permanentlink: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Geschlechterrolle&oldid=68638976
# Datum des Abrufs: 19. Januar 2010, 10:18 UTC
http://de.wikipedia.org/wiki/Geschlechtsrolle (http://de.wikipedia.org/wiki/Geschlechtsrolle)

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Quote[...] [Seyran Ates]: Und es gibt sogar türkische Männer, die mich auf der Straße ansprechen und sagen: "Hey, Sie sind doch die mutige Rechtsanwältin."

Wie kommt es, dass Ihre Meinung so gefragt ist?

[Seyran Ates]: Das hat etwas mit dem 11. September zu tun, mit van Goghs Tod, den Anschlägen in Madrid und in London. Sehr viele in der deutschen Öffentlichkeit realisieren nun, dass es eine Parallelwelt gibt. Etliche waren noch dagegen, als ich erstmals gefordert habe, dass Zwangsheirat ein Straftatbestand wird. Und nun werden wir den bald haben.

Wie diskutiert man derzeit das Thema Frauenrechte unter Türken?

[Seyran Ates]: Da brodelt es, gerade wegen des Falles Hatun Sürücü, die von ihrem Bruder umgebracht wurde. Es gibt einerseits eine extreme Stimmung gegen die deutsche Presse, weil die den Fall angeblich missbraucht, um Türken wieder als Barbaren darzustellen. Gleichzeitig haben die Jugendlichen die Nase voll von dieser Gesellschaft und lassen die Wut am schwächsten Glied aus, den Frauen.


[...] Meine Eltern haben mich als Kind nur deshalb nicht gerne vor die Tür gehen lassen, weil sie Angst hatten, was die Umgebung sagt. Die Leute haben etwa gefragt, warum die Seyran in die Volkshochschule geht. Da kamen Andeutungen, dass meine Keuschheit gefährdet sei.

In der Volkshochschule?

[Seyran Ates]: Sehen Sie, da ist für Sie keine Verbindung. Aber sobald ein türkisches Mädchen wissbegierig ist und zu einem Schreibmaschinenkurs geht, gilt das schon als offenes westliches Leben. Da könnte ja was passieren.

Sie sind in einer traditionellen Familie in Wedding aufgewachsen. Heute führen Sie ein selbstbestimmtes Leben und wohnen im schicken Mitte. Wie kam es dazu?

[Seyran Ates]: Ich hatte das Glück, dass ich die einzige Türkin in der Klasse war, da nimmt man die deutsche Gesellschaft anders wahr. Und ich habe nach vielen Besuchen deutscher Ämter schon mit 15 Jahren beschlossen, Jura zu studieren und mich für Minderheiten einzusetzen. Das half.

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Aus: ""In der türkischen Community brodelt es"" Interview: Brenda Strohmaier (05. November 2005, Berlin)
Quelle: http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2005/1105/lokales/0017/index.html (http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2005/1105/lokales/0017/index.html)


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Quote[...] Seyran Ateş (phon. atɛʃ, * 20. April 1963 in Istanbul, Türkei) ist eine deutsche Frauenrechtlerin und Autorin türkisch-kurdischer Herkunft,[1] die sich als Rechtsanwältin in Berlin hauptsächlich mit Strafrecht und Familienrecht befasst und sich außerdem in der deutschen Ausländerpolitik engagiert.

[...] Wegen gewalttätiger Angriffe und Bedrohungen durch Prozessgegner sowie wegen Anfeindungen von verbandspolitischer Seite gab sie im August 2006 vorübergehend ihre Anwaltszulassung zurück. Im Oktober 2009 teilte der Ullstein Verlag mit, dass sich Ateş nach neuen Morddrohungen und unmittelbarer Gefahr für sie selbst und ihre Familie ganz aus der Öffentlichkeit zurückziehen werde.[2]

[...] Zur Finanzierung ihres Jurastudiums an der Freien Universität Berlin arbeitete sie in dem Kreuzberger Treff- und Informationsort für Frauen aus der Türkei TIO für türkische und kurdische Migrantinnen, die sich vor der häuslichen Gewalt in ihren Familien schützen wollten. 1984 erschoss während der Beratungszeit ein Mann eine Klientin und verletzte Seyran Ateş lebensgefährlich.[3] Der Tatverdächtige wurde von ihr und sechs anderen Zeugen identifiziert und später konnte seine Mitgliedschaft in der nationalistischen türkischen Gruppe Graue Wölfe nachgewiesen werden, für die er als Auftragskiller gearbeitet haben soll. Ateş warf den Behörden Ermittlungsfehler und Schlamperei vor, deretwegen der Tatverdächtige freigesprochen werden musste, sodass er bis heute unbehelligt in Berlin-Kreuzberg lebt.[3] Die Genesung und Heilung von den Folgen des Attentats zog sich über sechs Jahre hin. 1997 legte sie ihr zweites Staatsexamen am Kammergericht Berlin ab und beendete damit erfolgreich ihr Rechtsreferendariat.

[...] Am 19. Oktober 2009 berichtete Deutschlandradio Kultur unter Berufung auf den Ullstein Verlag, dass Ateş sich ganz aus der Öffentlichkeit zurückziehen werde. Der Grund für diesen Schritt waren Morddrohungen, die sie nach dem Erscheinen ihres jüngsten Werks, Der Islam braucht eine sexuelle Revolution, erhalten hatte. Laut Ullstein, das neben diesem Buch auch Ateşs Der Multikulti-Irrtum verlegt, befanden sich Ateş und ihre Familie zum Zeitpunkt dieser Entscheidung in unmittelbarer Gefahr.


...

Mitgliedschaften:
    * Vorstandsmitglied im »Bund gegen ethnische Diskriminierung in der Bundesrepublik Deutschland (BDB)«
    * Ateş war SPD-Mitglied von 2004 bis 2007 und Bundestagskandidatin 2005 für den Ortsverband Berlin-Mitte
    * Teilnehmerin an der Deutschen Islamkonferenz ab 2006



Aus: Seyran Ateş
# Datum der letzten Bearbeitung: 1. Dezember 2009, 15:07 UTC
# Versions-ID der Seite: 67489076
# Permanentlink: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Seyran_Ate%C5%9F&oldid=67489076
# Datum des Abrufs: 19. Januar 2010, 10:14 UTC
http://de.wikipedia.org/wiki/Seyran_Ates (http://de.wikipedia.org/wiki/Seyran_Ates)

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Quote[...] [Seyran Ateş]: Es gibt eine Tendenz, dass sich der Druck auf die dritte Generation der Zuwanderer erhöht. Schon die zweite Generation, der ich angehöre, hat sich teilweise zurückentwickelt und das Kopftuch aufgesetzt.

Was hat sie dazu bewogen?

[Seyran Ateş]: Die Ausgrenzung; dass viele sich nicht als Teil dieser Gesellschaft empfinden. Sie suchen einen Ort der Heimat und finden ihn in einer religiösen Sichtweise. Sie müssen sehen, dass sehr viele Menschen der zweiten Generation unter psychischen Erkrankungen leiden, unter Depressionen, unter Melancholie. Das ist kein böser Wille, das ist Verzweiflung.

Unterstellen Sie etwa Kopftuch-Trägerinnen, sie seien unglücklicher?

[Seyran Ateş]: Definitiv sind sie das, das unterstelle ich ganz eindeutig. Bei der Masse auf jeden Fall, weil sie ganz einfach nicht frei leben.

Es steht jedem frei, das Kopftuch als Phänomen nicht zu mögen. Deshalb kann ich es doch einer Lehrerin nicht gleich verbieten.

[Seyran Ateş]: Das muss ich. Der Platz der Lehrerin ist vorne an der Tafel, wo alle Blicke auf sie gerichtet sind. Wenn da eine Frau mit Kopftuch steht, dann macht sie eine wichtige Aussage: Sie hat sich entschieden, dass der Koran vorschreibt, dass eine Frau ihre Reize für den Mann bedecken soll. Das Kopftuch symbolisiert nicht eine Unterordnung unter Gott, sondern unter den Mann.

Das ist Ihre Interpretation; es gibt auch andere.

[Seyran Ateş]: Es gibt im Koran keine einzige Stelle, wonach Gott bestimmt hat, dass eine Frau ein Kopftuch tragen soll. Es gibt nur Stellen, die besagen, dass Frauen auf Grund ihrer Stellung in der Gesellschaft sich mäßigen und zurückhalten sollen. Beim Kopftuch geht es um das Verhältnis zum Mann. Das ist keine Interpretation, die ich mir ausgedacht habe.

Symbole bedeuten aber nicht immer dasselbe. Bischof Huber hat jüngst gesagt, das Kreuz stehe "ohne jeden Zweifel vollständig für Gewaltlosigkeit". Für Huber mag das so sein, aber in anderen Kulturen? Eine Lehrerin mit Kopftuch kann doch sagen: für mich bedeutet das Symbol eben nicht das, wofür es früher stand. Das müssen Sie doch akzeptieren?

[Seyran Ateş]: Natürlich - in zweihundert Jahren. Das Nonnenhabit ist so ein Beispiel. Zeigen Sie mir ein einziges christliches Mädchen, dass heute noch gegen seinen Willen ins Kloster gesteckt oder verheiratet wird, und ich wäre gegen das Nonnenhabit. Das Kreuz ist heutzutage sogar ein Mode-Accessoire. Es gibt Menschen, die tragen ein Kreuz, ohne irgendeine religiöse Verbindung herzustellen.

Und beim Kopftuch?

[Seyran Ateş]: Eben nicht. In der Zeit leben wir noch nicht. Schauen Sie sich an, wie Frau Fereshta Ludin das Kopftuch trägt! Das hat eine ganz klare politische Aussage. Frau Ludin gehört zu denen, die auch die Ohren nicht zeigen, nur Hände und Gesicht, und sie gibt Männern nicht die Hand. Wenn wir das Kopftuch so weit hätten wie Nonnenhabit und Kreuz und Kippa, dann wäre ich eine der letzten, die damit ein Problem hätte. Das Kopftuch demonstriert aber genau das Gegenteil: die Rückwendung in den Islam des Mittelalters. Die Religion soll wieder die Stellung haben, die sie im Mittelalter hatte. Ich würde es genauso ablehnen, wenn Christen anfangen würden, Hexen zu verbrennen.

Hexenverbrennen und Kopftuchtragen sind unterschiedlicheDinge.

[Seyran Ateş]: Nein! Das sind Parallelen. Da bin ich ganz klar und vielleicht krass. Die Hexenverbrennungen standen unter dem Zeichen, dass Frauen von Natur aus schlecht sind oder empfänglich für den Teufel. In islamischen Kreisen wird gesagt, die Frau ist von Natur aus anders als der Mann, und deshalb hat sie andere Rechte und Pflichten.

"Anders" heißt nicht "schlechter", sagen Anhängerinnen des Kopftuchs. Es drücke ihre Würde als Frau aus.

[Seyran Ateş]: Haben die anderen Frauen keine Würde? Der Umkehrschluss ist doch: trage ich kein Kopftuch, bin ich für alle Männer frei verfügbar. [...] Es geht doch auch um die Männer - dass sie wissen, meine Frau geht mit Kopftuch auf die Straße, damit ist sie klar meins.

Sie können sich tatsächlich keinen Fall vorstellen, wo eine Frau das für sich selbst will? Auch wenn es in 100 000 anderen Fällen fremdbestimmt sein mag?

[Seyran Ateş]: In der logischen Schlussfolgerung akzeptiere ich das bei keiner einzigen. Es gibt keine Interpretation des Koran, die das Kopftuch nur als Symbol der Religion darstellt - immer nur in Bezug zum Mann. Diese Symbolkraft kann ihm keine Frau nehmen.

In Frankreich ist Ihre strenge Position zum Kopftuch Realität. Sehen Sie dort nicht auch eine Parallelkultur?

[Seyran Ateş]: Dort ist es zum Teil schlimmer als hier. Es reicht eben nicht, ein Gesetz zu erlassen, aber die Parallelgesellschaft zu ignorieren und zu sagen: wenn Ihr über diese Schwelle tretet, will ich Euch ohne Kopftuch sehen, was Ihr da drüben macht, ist mir egal. Sie betrachten doch Ihre christliche Welt mit ganz anderen Augen! Wo sind die Bildungschancen für die Kinder? Man geht mit sozial schwachen deutschen Kindern auch schlecht um - aber da ist man sich des Problems immerhin bewusst.

Das Gespräch führte Christian Esch.

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In "Großer Weg ins Feuer" (Rowohlt Berlin, 2003) beschrieb Ates ihre Emanzipation aus den Zwängen von Herkunft und Familie.


Aus: "Das ist Verzweiflung" (Archiv » 2004 » 06. April » Feuilleton)
Quelle: http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2004/0406/feuilleton/0001/ (http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2004/0406/feuilleton/0001/)


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Quote[...] Der Islam braucht eine sexuelle Revolution, fordert die Anwältin und Frauenrechtlerin Seyran Ates in ihrem jüngsten Buch. Sie zählt zu den wenigen Islam-Dissidentinnen, die nicht nur den Islamismus kritisieren, sondern unerschrocken auf die großen Probleme hinweisen, die der Islam mit den westlichen Bürger- und Freiheitsrechten hat.

Dafür zahlte sie in der Vergangenheit bereits einen hohen Preis: Nachdem sie bedroht, zusammengeschlagen und angeschossen wurde, gab sie zeitweise ihre Tätigkeit als Anwältin auf. Mit ihrer neuesten Streitschrift berührt Seyran Ates einen äußerst wunden Punkt: die Sexualität. Ob Individuen ihre Sexualität selbstbestimmt leben können oder eben nicht, darin sieht sie die gravierendste Kluft zwischen dem Westen und der muslimischen Welt.

Als Ates 1969 aus der Türkei nach Deutschland kam erlebte sie selbst einen großen Kulturschock. In ihrer Kindheit und Jugend begleitete sie als ständige Mahnung das Wort "ayip": unanständig. Ein anständiges Mädchen hatte die strikte Geschlechtertrennung zu beachten, hatte schamvoll mit dem eigenen Körper umzugehen und durfte sich nicht mit Jungs treffen. Mit 18 Jahren verließ sie ihr zu Hause:

"Ich wollte einfach frei sein. Frei leben, denken und fühlen. So fing meine sanfte sexuelle Revolution an."

Auch sie hatte anfangs innerlich zu kämpfen: im Gepäck die Prüderie und Sexualfeindlichkeit ihrer türkischen Sippe und zugleich ihre eigene Sehnsucht nach Freiheit. Die sexuelle Selbstbestimmung, nämlich das Recht einer jeden Frau und eines jeden Mannes, ihre Sexualität unabhängig von ihrer Religion frei entfalten zu können, stand für sie fortan auf der Agenda.

"Wenn die islamische Welt wirklich und wahrhaftig an einer Demokratisierung ihrer Gesellschaften interessiert ist, geht das nur über die Anerkennung der Gleichberechtigung von Mann und Frau, was eng mit der sexuellen Selbstbestimmung der Frauen verbunden ist ... Die religiös begründete Sexualmoral hindert sie daran, eine moderne demokratische Gesellschaft zu schaffen."

In Absetzung zum sogenannten "unmoralischen Westen" hat die Sexualität im Islam nur in der Ehe ihren erlaubten Raum, flankiert vom Jungfrauenkult, Zwangsheiraten, der Verhüllung der Frauen in Kopftuch, Tschador und Burka, der strikten Geschlechtertrennung und der Ächtung der Homosexualität. Dem Mythos von der Sinnenfreudigkeit des Islam hält Seyran Ates entgegen:

"Wenn überhaupt so gilt dies nur für Männer. Ihnen ist es laut Koran erlaubt, bis zu vier Frauen zu 'besitzen', und im Paradies werden sie dann angeblich auch noch von 72 Jungfrauen erwartet. Aber ist das ein Beweis für Sinnenfreude, wenn es immer nur um die Lust einer der beiden am Sex Beteiligten geht?"

In einigen islamischen Ländern werden Frauen, die außerhalb der Ehe ihre Sexualität leben, bis heute ausgepeitscht, gesteinigt oder getötet. Aber auch hier bei uns wollten Brüder die Ehre der Familie retten, als sie ihre Schwestern wegen ihres westlichen Lebenstils ermordeten. Man erinnere sich nur an die 23-jährige Kurdin Hatun S. in Berlin und die 16-jährige Afghanin Morsal O. in Hamburg.

Seyran Ates ist fest davon überzeugt, wenn der Islam die Zeitmauer zur Moderne durchbrechen will, muss dort ebenso wie Ende der Sechzigerjahre im Westen eine sexuelle Revolution stattfinden und müssen die Geschlechterverhältnisse neu gestaltet werden. Auch dies war das Ergebnis eines langwierigen komplexen gesellschaftlichen Prozesses. Fiebrig las man hier damals Wilhelm Reichs "Sexuelle Revolution". Breitenwirkung erlangte der Tabubruch dann mit den Aufklärungsfilmen Oswald Kolles. Rückblickend sagt Ates:

"Die sexuelle Revolution von 1968 hat im Westen die gesamte Gesellschaft aus den Angeln gehoben, alte Autoritäten entmachtet und die Gesellschaftsordnung verändert. Der repressive Umgang mit Sexualität und die damit einhergehende unerträgliche Doppelmoral wurden entlarvt und öffentlich angeprangert. Man sprach laut aus, was allen bewusst war, dass nämlich die sexuelle Lust sich nicht entfalten kann, solange die Religion als Sitten- und Moralwächter auftritt."

Verglichen damit beschert der Islam den Frauen wahre Abgründe der Unfreiheit: solange die Jungfräulichkeit der Töchter für Ehre und Anstand der Familie steht, solange Ehen arrangiert werden, Frauen ihren Kopf und Körper verhüllen müssen, weil sie ansonsten schutzlos der Triebhaftigkeit der Männer ausgeliefert seien.

Es verwundert nicht, dass der Männlichkeitswahn, entstanden aus der religiös begründeten Geschlechterhierarchie und der übertriebenen Sexualisierung auch in Gewalt mündet. Doch nicht nur den Frauen, so Ates, sondern auch den Männern werde durch religiöse Vorschriften letztlich die Erotik, das Intime und Persönliche am Sex geraubt.

In den westlichen Gesellschaften hat die in zähem Kampf auf den Weg gebrachte Gleichberechtigung der Geschlechter den gesamtgesellschaftlichen Fortschritt beschleunigt. Der Islam verhindert aber gerade diese Entwicklung, so Ates:

"In muslimischen Gesellschaften zeigt sich in vielen Bereichen, dass die Geschlechtertrennung und die damit einhergehende permanente Sexualisierung des gesellschaftlichen Lebens Stillstand und mangelnden Fortschritt bedeuten. Denn der Umgang der Geschlechter miteinander, im Privaten wie im Öffentlichen, prägt eine Gesellschaft, ist ein Maßstab für Toleranz und Demokratie.

Für eine wirkliche Entwicklung in Richtung Moderne, in Richtung Demokratie und Gleichberechtigung der Geschlechter müssten die muslimischen Politiker und die religiösen Führer begreifen, dass Politik und Religion zu trennen sind und dass eine funktionierende Zivilgesellschaft nur dann entstehen kann, wenn archaische Lebensmodelle überwunden, wenn die weiblichen Mitglieder der Gesellschaft nicht länger zu Menschen zweiter Klasse, zu Bediensteten und Sklavinnen der Männer degradiert werden."

Der Impuls zu dieser Veränderung muss aus der Mitte der islamischen Gesellschaft kommen, in den einzelnen Ländern - wie sich inzwischen in Iran zeigt - ebenso wie in den im Westen verstreuten muslimischen Communities. Getragen von liberalen und säkularen Muslimen, die so wagemutig sind wie Seyran Ates. Denn dissidente Kreativität befördert die Freiheit allemal!


Seyran Ates: Der Islam braucht eine sexuelle Revolution', Ullstein Verlag (Berlin)


Aus: "Sehnsucht nach Freiheit" (17.01.2010)
Seyran Ates: "Der Islam braucht eine sexuelle Revolution"
Rezensiert von Ulrike Ackermann
Quelle: http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/lesart/1106432/ (http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/lesart/1106432/)

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Quote[...] Hamburg (dpa) - Die katholische Kirche reagiert mit Scham und Schuldbekenntnissen, aber auch Schweigen auf den Missbrauchsskandal an deutschen Jesuiten-Schulen. Am Sonntag kam das tabuisierte Thema auch in Predigten in einigen katholischen Gotteshäusern zur Sprache.

Jedoch bieten nur wenige Bistümer möglichen Opfern offensiv ihre Hilfe an. Das ergab eine dpa-Auswertung der Internetseiten von allen 27 Bistümern und Erzbistümern. Nur fünf von ihnen hatten am Samstag eine offizielle Stellungnahme zu den Vorwürfen auf ihrer Startseite im Web. Die Zahl der bekannten Opfer stieg derweil auf etwa 40. Die Laien-Bewegung «Wir sind Kirche» forderte erneut mehr Aufklärung.

«Es wäre wohl wirklichkeitsfremd anzunehmen, dass nach den jetzigen Enthüllungen schon alles offenbar geworden ist», sagte der Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz, der Jesuit Hans Langendörfer, zu «Spiegel Online». «Aber wir wollen ausdrücklich die Aufklärung, damit wir helfen können. Die Enthüllungen zeigen ein dunkles Gesicht der Kirche, das mich erschreckt.» Bei ihrem Treffen vom 22. bis zum 25. Februar in Freiburg will die Bischofskonferenz das Thema erneut erörtern, so wie sie es schon öfter gemacht habe.

Die ganze Institution Kirche habe Schuld, weil sie für eine Mentalität nach dem Motto «Bitte nicht darüber reden» gesorgt habe, sagte Propst Martin Tenge im Sonntagsgottesdienst der Basilika St. Clemens in Hannover. In allen Kirchen des Bistums Hildesheim wurde am Sonntag ein Brief verlesen, in dem Bischof Norbert Trelle «mit Scham und Empörung» auf die Missbrauchsfälle reagierte und mögliche weitere Opfer aufrief, sich zu melden.

Von manchen Amtskollegen zeichnete Tenge ein erschütterndes Bild. «Teilweise kenne ich die Kombination des Priesters als Täter und Opfer. Wir sind in der Situation, in der wir uns sehr schämen müssen als Kirche.» Doch er sagte auch: «Missbrauch findet an so vielen Stellen statt und wird an so vielen Stellen nicht nach draußen gebracht.» Überall in der Gesellschaft müsse darauf mehr geachtet werden. Auch Bischof Trelle bat die Menschen in seinem Brief darum, vom Einzelfall nicht auf einen ganzen Berufsstand zu schließen.

In der St.-Hedwigs-Kathedrale - dem Bischofssitz des Erzbistums Berlin - sagte Dom-Kapitular Ulrich Bonin, es falle ihm schwer, «zu Beginn des Gottesdienstes nicht an die Opfer der Missbrauchsfälle zu denken». Es sei wichtig, auch an die zu erinnern, «die Schaden genommen haben». Es müsse Licht auf die Missbrauchsfälle fallen. «Aber es darf kein künstliches Licht sein, sondern ein Licht des Glaubens. Kein Blitzlichtgewitter des Medien-Hypes, sondern Gottes Licht.» Im Dom St. Blasius in St. Blasien im Schwarzwald wurde laut Predigttext allerdings nicht auf den aktuellen Skandal eingegangen.

Der Hamburger Erzbischof Werner Thissen sagte: «Ich bin der Leitung der Jesuiten dankbar, dass sie jetzt so schnell und konsequent reagiert hat, damit Licht in dieses Dunkel kommt.»

Am Berliner Jesuiten-Gymnasium Canisius-Kolleg, wo vor zehn Tagen der Skandal um sexuellen Missbrauch zuerst bekanntwurde, steige die Zahl der Betroffenen von Tag zu Tag, berichtete die «Berliner Morgenpost» unter Berufung auf die Anwältin Ursula Raue, die von dem Orden mit einer Untersuchung beauftragt wurde. «Insgesamt dürften es jetzt um die 30 Opfer sein», zitierte das Blatt die Anwältin.

Zusammen mit den anderen bekanntgewordenen Fällen summiert sich die Zahl der Opfer inzwischen auf etwa 40. Von allen drei deutschen Jesuiten-Gymnasien - in Berlin, Bonn und St. Blasien im Schwarzwald - sowie einer ehemaligen Ordensschule in Hamburg sind Fälle bekannt. Die meisten ereigneten sich in den 70er und 80er Jahren.

Das Erzbistum Berlin gehört zu den wenigen Diözesen, die im Internet aktiv auf die Affäre eingehen. Auch das Bistum Hildesheim und das Erzbistum Hamburg, die ebenfalls direkt betroffen sind, äußern sich auf den Startseiten ihrer Homepages zu dem Skandal. Auch das Bistum Osnabrück hatte einen Text zum Thema, während Köln auf seiner Startseite meldete: «Erzbistum rechnet 2010 mit weniger Kirchensteuern.»

Mit ihren Stellungnahmen verlinkten die Internetseiten meist zu den offiziellen Ansprechpartnern der Bistümer für Opfer sexuellen Missbrauchs durch Geistliche. Diese Stellen waren 2002 nach einer neuen Leitlinie der Deutschen Bischofskonferenz in allen Bistümern eingerichtet worden. Auf den Homepages vieler Bistümer waren die Ansprechpartner allerdings nur schwer zu finden: Häufig mussten mehrere Untermenüs angesteuert werden.

Einem Bericht des Nachrichtenmagazins «Der Spiegel» zufolge sind fast 100 Mitarbeiter der katholischen Kirche in Deutschland in den vergangenen 15 Jahren unter Missbrauchsverdacht geraten. Eine Umfrage bei allen 27 deutschen Bistümern, von denen 24 antworteten, habe ergeben, «dass seit 1995 mindestens 94 Kleriker und Laien unter Missbrauchsverdacht geraten sind», berichtete das Hamburger Magazin.

Die Bewegung «Wir sind Kirche» forderte am Sonntag erneut, «endlich die tieferen, strukturellen Ursachen in den Blick zu nehmen: die strikte Sexualmoral, ein überhöhtes männliches Priesterbild und autoritäre hierarchische Strukturen.» Ohne eine Enttabuisierung in der Sexuallehre und eine grundlegende Änderung in der Einstellung zur menschlichen Sexualität werde «der Teufelskreis von Machtmissbrauch und sexualisierter Gewalt in der römisch-katholischen Kirche nicht zu durchbrechen sein».

«Wir sind Kirche» erinnerte auch an die großen Missbrauchsskandale in den katholischen Kirchen Österreichs, der USA, Australiens und Irlands in den vergangenen Jahren. «Für die Opfer und auch für die Kirche selber wäre es das Schlimmste, wenn dieses Thema, so schwierig es auch ist, nach einigen vagen Entschuldigungen wieder in der Versenkung verschwinden würde.»


Aus: "Kirche reagiert auf wachsenden Missbrauchsskandal" (sueddeutsche.de, 07.02.2010)
Quelle: http://newsticker.sueddeutsche.de/list/id/927465 (http://newsticker.sueddeutsche.de/list/id/927465)

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Quote[...] In den USA kamen die Missbrauchsfälle 2002 durch eine Reihe von Berichten des "Boston Globe" ans Licht, die den Pulitzerpreis gewann. Zwei Jahre später zog ein Report der US-Bischofskonferenz ein erschütterndes Fazit: Von 1950 bis 2004 bestätigten sich 6700 Missbrauchsvorwürfe gegen 4392 US-Priester. Die Opfer waren zwischen 11 und 17 Jahren alt. 3300 Priester waren bereits verstorben, von den restlichen wurde gegen 384 ermittelt, 252 wurden verurteilt, 100 kamen ins Gefängnis - nur zwei Prozent der insgesamt Beschuldigten.

Die katholische Kirche der USA geriet ins Kreuzfeuer: Sie hatte die fraglichen Priester nicht angezeigt, sondern lange nur versetzt und somit Skandale vertuscht, sie sogar noch verschlimmert - manche Priester setzten ihre Missetaten einfach anderswo fort. Die Bischofskonferenz erklärte das damit, dass Missbrauch früher als "spirituelles Problem" angesehen worden sei, von dem man meinte, es "durch Gebet" lösen zu können.

Das war erst der Anfang. Die Enthüllungen 2002 traten eine Lawine los. Immer neue Opfer meldeten sich zu Wort und zogen vor Gericht. Eine Diözese nach der anderen musste zahlen, bisher eine Summe von mehr als 1,2 Milliarden Dollar Wiedergutmachung. Darunter: Louisville (26 Millionen Dollar), Boston (85 Millionen Dollar), Tucson (22 Millionen Dollar), Orange County (100 Millionen Dollar), San Diego (198 Millionen Dollar). Und eine nach der anderen musste dann Insolvenz anmelden, zuletzt Wilmington (Delaware), Heimatstadt von US- Vizepräsident Joe Biden.

[...] Ein besonders dramatischer Fall war der des Priesters John Geoghan [...]. Geoghan soll über drei Jahrzehnte hinweg mehr als 130 Jungen missbraucht haben, die Diözese schob ihn aber immer nur von einer Gemeinde zur anderen.

2002 wurde Geoghan in einem einzigen Fall zu neun bis zehn Jahren Haft verurteilt. Im August 2003 dann wurde der 68-Jährige von einem Mithäftling in seiner Zelle erwürgt. "Keine Kinder mehr für dich, mein Freund", will der dem Sterbenden noch zugeflüstert haben.

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Aus: "Missbrauchsskandal in US-Kirchen - Schuldig, reuig, pleite" Von Marc Pitzke, New York (10.02.2010)
Quelle: http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,676748,00.html
(http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,676748,00.html)
Title: [Islamismus-Debatte in starren Mustern... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 01, 2010, 11:38:23 AM
Quote[...] In politischer Hinsicht verfolgt der Perlentaucher eine Richtung, die ihn in bedenkliche Nähe zu manchen agitatorischen Websites bringt. Insbesondere beargwöhnt er den Islam und gefällt sich darin, Essays zum Kulturkampf als erkenntnisfördernd zu präsentieren. Jeder, der nicht »islamkritisch« genug berichtet, wird abgewatscht, von deftiger »Islamkritik« dagegen bekommt der Perlentaucher niemals genug. »Islamkritik muss militant werden«, hieß es vergangene Woche in dem Blog von Henryk M. Broder und Co., der Achse des Guten – auch dieses Medium würdigt der Perlentaucher, immerhin zählen zur Achse viele Autoren, die auch der Perlentaucher gern zu sich einlädt. Doch wozu eigentlich der Umweg? Vor zwei Tagen besprach der Perlentaucher gleich direkt den Blog seines Geschäftsführers Thierry Chervel, der behauptete: »Klassisch liberale, aufklärerische Positionen lassen sich in praktisch keinem einzigen Feuilleton der Republik mehr artikulieren.« Ursache dafür sei wohl eine Art vorauseilender Gehorsam gegenüber den »mächtigen Lobbys« der Muslime. Chervel fragt: »Wie mürbe sind eigentlich die Hirne von Intellektuellen, die die Konsequenzen ... vorauseilend selbst ziehen?«

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Aus: "Ihr Feiglinge!" Von Hilal Sezgin (21.1.2010)
Quelle: http://www.zeit.de/2010/04/Perlentaucher (http://www.zeit.de/2010/04/Perlentaucher)

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Quote[...] Es muss nur irgendetwas geschehen, ein missglücktes Attentat wie zu Anfang des Monats zum Beispiel, und schon geht die Debatte wieder los, mit immer den gleichen Argumenten - halt, nein, was da angeführt wird, sind schon lange keine Argumente mehr, sondern es sind Parolen: "Die Muslime müssen sich von der Scharia lösen, sie müssen den politischen Islam ächten und sich vorbehaltlos zur Bürgergesellschaft und (zu) deren Rechten und Pflichten bekennen", sagte die Berliner Soziologin Necla Kelek in der vergangenen Woche. "Es gibt keinen anderen Weg, außer man setzt auf Konfrontation."

Sie bemerkt offenbar nicht, dass die Forderung, die Muslime hätten dem Vertrauen in ihre religiösen Autoritäten und Führer abzuschwören, schon die Konfrontation ist, mit der sie erst droht. Es herrscht Kulturkampf, und wie immer, wenn gekämpft wird, erscheint, wer nachdenken will, als "Duckmäuser" (Necla Kelek), und bereits der Versuch eines Abwägens und Begründens gilt als Schwäche. Absolut selbstgerecht schauen die Kulturkämpfer auf sich selbst, und was ihnen entgegentritt, das wird geächtet.

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Aus: "Unsere Hassprediger" Von Thomas Steinfeld (14.01.2010)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/politik/846/500117/text/ (http://www.sueddeutsche.de/politik/846/500117/text/)

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Quote[...] Henryk Broder ist ein Riese! Ganz allein ist er in der Mehrheit gegenüber all den kleinen Feuilletons. Die tapfere kleinere Minderheit aus Freitag, taz, Zeit, Süddeutsche, FAZ und FAS hat in den letzten Wochen ihren ganzen Mut zusammengenommen, um hinter dem anarchistischen Witz Broders den dunkel schimmernden "Fundamentalismus der Aufklärung" bloßzulegen. ...

[...] Die "Fundamentalisten der Aufklärung" sind darum perfekte Ersatzobjekte für Leitartikler, um sich überhaupt noch in Positur werfen zu können. Die Öffentlichkeit wird dadurch öde, weil die Gegenposition in den meisten dieser Medien gar nicht mehr zugelassen wird. So dankbar man sein muss, dass die Öffentlichkeit nicht mehr der Filter von "Qualitätsmedien" wie den Feuilletons der FAZ und der SZ bedarf: Die Artikel der Thomas Steinfelds, Claudius Seidls, Thomas Assheuers und Andrian Kreyes sind ja doch Chefsache. Sie markieren ein weithin abgestecktes Terrain. Steinfeld münzt es auf die Gegenseite und beschreibt doch sich selbst: "Absolut selbstgerecht schauen die Kulturkämpfer auf sich selbst, und was ihnen entgegentritt, das wird geächtet. Der Debatte tut das nicht gut", schreibt er in der SZ. Als würde nicht er selbst die Debatte organisieren, und als hätten die Keleks und Broders, die in der SZ in kurzer Zeit mehrmals angegriffen wurden, in dieser Zeitung je noch die Chance auf Erwiderung!

Und so kommt es, dass ausgerechnet diejenigen, die permanent die Differenzierung zwischen Islam und Islamismus fordern, den Witz der Kritik als Hasspredigt verteufeln.

Wie mürbe sind eigentlich die Hirne von Intellektuellen, die die Konsequenzen aus einer politischen Setzung wie dem Begriff der "Islamophobie" vorauseilend selbst ziehen: Ausgerechnet der Antisemitismusforscher Wolfgang Benz sieht in der SZ, die sich zum Zentralorgan der Kritikophobie gemausert hat, eine Parallele zwischen "Islamophobie" und dem Antisemitismus. In einer Antwort auf seinen Kollegen Benz schreibt Julius Schoeps im österreichischen Portal juedische.at (warum eigentlich nicht in der SZ?): "Wo, frage ich mich, sind in diesem Vergleichskonzept die 'parallelen Wahnvorstellungen', gemäß denen Muslime 'aus rituellen Gründen' Kinder töten, Brunnen vergiften, Kulturen und Völker zerstören, den Ärmsten de Welt das letzte Hemd nehmen oder wahlweise blutige Revolutionen anzetteln? Wo ist der muslimische Alfred Dreyfus, dem in Europa öffentlich die Epauletten abgerissen werden? Wer unterstellt (gemäßigten) Muslimen hierzulande den Plan von der großen Weltverschwörung?"

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QuoteJuwelier

20.01.2010 um 09:21:11 Uhr

Lieber Thierry Chervel,

bei allem Respekt für Ihre sonstige Arbeit: Das ist eine ganz schön dreiste Nummer, die Sie hier abziehen.

Zunächst einmal bin ich erstaunt, wie sehr Sie in Ihrem Beitrag auf die Tränendrüse drücken und die "Islamkritiker" als verfolgte Opfer verkaufen wollen. Da sind die Herren Broder & Co. bekannt dafür, Ihre Kritiker (etwa Sabine Schiffer) nur mit den übelsten rufschädigenden Beschimpfungen, Unterstellungen und Beleidigungen anzugehen, in der Regel unter dem zustimmenden Gejohle ihrer Unterstützer auf Politically Incorrect und ähnlichen Blogs. Trotz solcher Methoden werden Broder und Anhang von einer Talkshow in die andere gereicht, können von SPIEGEL bis WELT überall ihre Artikel platzieren, werden mit Preisen geehrt und erreichen eine Massenauflage. Jetzt äußert sich erstmals eine Handvoll von Kritikern ebenfalls in der Massenpresse zu Wort und schon sind die "Islamkritiker" dermaßen beleidigt und inszenieren sich als Opfer, wie sie es sonst nur den Muslimen unterstellen. Das ist schon bemerkenswert.

Des weiteren zitieren Sie hier die rhetorische Frage von Julius Schoeps, wo es bei den Islamophoben vergleichbare Wahnvorstellungen zu den Antisemiten gebe, lassen aber den Kommentarbereich zu schließen, so dass man hier, anders als etwa auf der "Achse des Guten", auf rhetorische Fragen Antworten geben kann. Diese Parallelen gibt es etwa

- wenn Henryk M. Broder und Ulrike Ackermann das Gerücht verbreiten, in britischen Banken dürften aus Rücksichtnahme auf Muslime keine Sparschweine mehr aufgestellt werden, was sich später als Ente herausstellt,

- wenn Udo Ulfkotte behauptet, wegen des Drucks von Muslimen müssten in Österreich Gipfelkreuze abgeschafft und durch Halbmonde ersetzt werden und hinter dieser Forderung in Wahrheit eine satirische Wiener Künstlergruppe mit dem Namen "Haben wir denn keine anderen Sorgen?" steckt,

- wenn derselbe Ulfkotte behauptet, Muslime würden in Metzgereien auf die Fleischauslagen spucken, weil diese nicht halal seien, und die deutsche Fleischerinnung in Wahrheit nichts von solchen Vorfällen weiß,

- wenn Broder immer wieder mit Sprüchen hausieren geht wie "Es sind zwar nicht alle Muslime Terroristen aber fast alle Terroristen Muslime" und im Europol-Jahresbericht dann von hunderten terroristischer Akte nur einer einen muslimischen Hintergrund aufweist,

- wenn von einem "Geburtendjihad" die Rede ist, also aufgrund häufigerer Geburten in muslimischen Familien Deutschland immer mehr "zugemuselt" werde, seriöse Quellen aber belegen, dass sich die Geburtenzahlen der Muslime und Nicht-Muslime längst aneinander angeglichen haben,

- wenn in den Massenmedien so getan wird, als gäbe es deutschlandweit Probleme, weil Muslime ihre Kinder vom gemeinsamen Schwimm-, sport- und Sexualkundeunterricht abmeldeten, "Die Zeit" dann nachrecherchiert und trotz aller mühe auf keinen einzigen belegbaren Fall stößt

- wenn eine Website wie politblogger.net eine eigene Rubrik über ständige, aufhetzende Falschmeldungen auf Politically Incorrect anlegt, die sich inzwischen dem dreistelligen Bereich nähert und daraufhin der Politblogger durch eine Hacker-Attacke ausgeschaltet werden soll, damit solche Aufklärung nicht länger stattfinden kann,

Das alles sind nur einige wenige Beispiele für eine immense Bandbreite aufhetzender Falschinformation. Ich könnte seitenweise weitere Beispiele liefern, habe aber heute noch etwas anderes vor. Auch Stefan Niggemeiers BILDblog hat schon einige solcher Fälle aufgedeckt. (Seitdem wird Niggemeier von Broder mit Inbrunst öffentlich angehasst, aber da ist er nur einer von vielen.) Noch vor wenigen Wochen geisterte die Meldung durchs Netz, auf Rücksicht auf Muslime dürfe in Alpenländern nicht mehr "Grüß Gott" gesagt werden. Eine weitere Falschmeldung, was sonst? Geglaubt von zahllosen "Islamkritikern" - was sonst?

Verächtlich gemachte Kritiker der Islamkritik, beispielsweise Sabine Schiffer und Dietmar Näher, erhalten in dieser aufgeheizten Atmosphäre mittlerweile Gewalt- und Morddrohungen. Rechtsradikale Parteien wie die NPD haben inzwischen beschlossen, das Thema "Angst vor dem Islam" als Türöffner für eine genrelle Hatz auf Ausländer zu benutzen. Den roten Teppich dafür ausgerollt haben ihn Broders Sprüche wie "Der Unterschied zwischen Islam und Islamismus ist so groß wie der zwischen Terror und Terrorismus". Und da soll man sich wundern, wenn für viele Muslime als verkappte Terroristen gelten? Gemeinsam mit der Islamophobie steigt auch der Antisemitismus in allen Umfragen an.

Lieber Thierry Chervel, merken Sie eigentlich noch, was hier abgeht? Lesen Sie nur die Choräle Ihrer Gesinnungsgenossen oder auch einmal Bücher mit Gegenpositionen wie etwa den von Thorsten Gerald Scneider herausgegebenen hervorragenden Band "Islamfeindlichkeit. Wenn die Grenzen der Kritik verschimmen" oder Sokolowskys nicht minder erhellendes "Feindbild Moslem"? Offenbar nicht, so sehr sie in Ihrem Artikel aus allen Wolken zu fallen scheinen, nachdem sich jetzt unverschämterweise auch die Islamkritiker Kritik gefallen lassen müssen. Herr Chervel, Sie können sich doch nicht beständig die Augen und Ohre zuhalten und "Wir sind die Guten! Wir sind die Guuhuuhuuuten!" vor sich hin singen, um Ihre Wahrnehmung hochbedenklicher Entwicklungen auszuschalten. Es ist kein dummer Zufall, dass Broder inzwischen das Titelbild der "Jungen Freiheit" zierte, die sich vor Lobpreisungen gar nicht mehr einkriegen konnte. Nein, Sie sind nicht "die Guten", und wenn sich Ihre Mitstreiter von der "Achse" zehnmal selbst so bezeichnen. Das könnten Sie vielleicht werden, wenn Broder sich bei allen, die er im Laufe der Jahre auf unfairste Weise niedergemacht hat entschuldigen und sich von seinen Unterstützern auf rechtsradikalen Blogs wie "Politically Incorrect" klar distanzieren würde, statt zu bekunden, tja, da könne man halt unterschiedlicher Meinung sein. Täte Broder das aber, würden die Verkaufszahlen seiner Bücher massiv einbrechen. Und das scheint immer noch das ausschlaggebende Kriterium zu sein. Mit persönlicher Integrität hat dieses Vorgehen wenig zu tun.



Aus: "Das Behagen an der Unkultur"
Von Thierry Chervel, 18.01.2010, 14:01
Quelle: http://www.perlentaucher.de/blog/75_das_behagen_an_der_unkultur (http://www.perlentaucher.de/blog/75_das_behagen_an_der_unkultur)

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Quote[...] Au weia, bei Thierry Chervel vom Perlentaucher sind jetzt alle Sicherungen durchgebrannt. In seiner wutschnaubenden Suada gegen alle, die es wagen, die ,,Achse des Blöden Guten" zu kritisieren, ist ihm vor lauter Um-sich-beißen offenbar einiges durcheinander geraten.

[...] Und nebenbei: Inwieweit die exzessive Islamkritik von Broder & Co. noch als Aufklärung durchgehen kann, scheint mir doch auch äußerst fragwürdig. Aufklärung jedenfalls, die immer nur blindwütig in eine Richtung schlägt, geht am Kern des Begriffs völlig vorbei; denn so schafft man nur neue vorurteilsbehaftete Ideologien. So suspekt mir jede Religion an sich auch ist, so mittelalterlich und menschenverachtend der Islam oftmals daherkommt, so durchgeknallt und gefährlich seine fanatischen Anhänger auch sind und so peinlich das Lavieren vieler Politiker und Journalisten im Umgang mit ihm – so lange man sich im Tunnelblick nur darin verbeißt und damit hunderte Millionen Menschen, die den ganzen Klimbim allahseidank nur so am Rande schadlos mitglauben, wie das ja auch bei erfreulich vielen Mitgliedern anderer Religionsclubs mit ihrem ganz spezifischen Aberglauben der Fall ist, so lange ist das keine Aufklärung, sondern eben Hetze.
Im Vergleich zur ,,Achse des Guten" jedenfalls wäre selbst die ,,Sendung mit der Maus" mit dem Begriff ,,fundamentalistische Aufklärung" treffender charakterisiert.

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QuoteKonrad Fischer
22.01.2010

Was tun mit "Dumpfbacken" usw.? Aufhängen, verbannen, verbrennen, einsperren, wegschließen, verbieten, beschimpfen, verachten, mißachten?

Und wie ich sehe, gibt es weitere Eristiker hier. Schön!


Quotejournalist
22.01.2010

@ Konrad Fischer: Dumpfbacken ignoriert man, so weit sie in ihrer selbst verschuldeten Dumpfbackigkeit verharren.


Quotejournalist, 21.01.2010

Wenn ich es richtig verstehe, geht es Chervel im "Perlentaucher" um das Argument, dass die Aufklärung an ihre Grenzen gerät, wo sie die Meinungsfreiheit - eines ihrer unerlässlichen Fundamente - im Namen der Toleranz aufzugeben bereit ist. Denn da stellt sich die Frage, was dies für eine Toleranz sei, die auf einer Einschränkung eines universellen Toleranzbegriffs beruht. Das unterkomplexe Denken derer, die "selber schuld" rufen, wenn der Zeichner einer provokanten und satirischen Zeitungsillustration mit Morddrohungen überzogen wird, jenen aber, die dies als Einschränkung der Freiheit und Zurückweichen vor deren Feinden bezeichnen, Rigorismus vorwerfen, erfüllt mich intellektuell mit Sorge und emotional mit Übelkeit. "Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung", schrieb, nur zur Erinnerung, Kant. Ich weigere mich geradezu, von Morddrohern meinen Verstand leiten zu lassen ... Dass sie sich "Achse des Guten" nennen, auch das möge stets mit bedacht werden, zeugt von einer Selbstironie, die eine weitere aufklärerische Grundtugend demonstriert, die Skepsis, die sich im Idealfall auch gegen sich selbst zu richten habe. Chervel reiht sich da ein und differenziert, das ist sehr ehrenwert. Seine Analyse, dass die Feuilletons sich mit ihrem falsch verstandenen Toleranzgesäusel selbst die Spitze genommen haben, ist leider in sich stimmig. Sie arbeiten sich an Broder ab, indem sie ihm den Fundamentalismus vorwerfen, den sie jenen, die ihnen sofort jede Freiheit beschneiden würden, sobald sie die Kontrolle über sie gewönnen, offenbar jederzeit nachzusehen bereit sind. Da fehlt jeder Maßstab. Und richtig traurig ist, dass hier unterschwellig unterstellt wird, dies sei im Sinne der Toleranz gegenüber dem Islam. Nein! Das wäre nur dann im Sinne einer solchen Toleranz, wenn man den Islam mit dessen fundamentalistischen Glaubensbrüdern identifizieren könnte. Das ist aber nicht der Fall. Die allermeisten Moslems lehnen diese scheinheilige, sie im Grunde diskriminierende Toleranz ebensosehr ab, wie sie Terror und Fundamentalismus in den eigenen Reihen nicht tolerieren.


QuoteHeiko Werning
21.01.2010

Herr Albert, Herr Journalist,

dann will ich es noch mal versuchen, es aus meiner Sicht zu darzustellen.

Zunächst: In der Kritik am Relativismus von Meinungsfreiheit sind wir uns sicher einig - so uninteresant ich persönlich die dänischen Karrikaturen auch fand, so klar ist es, dass diese veröffentlicht werden durften und das man das auch verteidigen muss. Es wird sowieso viel zu viel Rücksicht auf irgendwelche religiösen Befindlichkeiten genommen, keineswegs nur dem Islam gegenüber. (Wer nimmt eigentich Rücksicht auf die Befindlichkeiten von Nichtgläubigen?)

[...] Chervel nimmt in seiner Suada Broder und die Achse generell in Schutz unter dem Primat, diese seien Aufklärer - ich sage: jemand, der sich um allgemein anerkannte naturwissenschaftliche Erkenntnisse einen Dreck schert und stumpf irgendeinen mythologischen Weltverschwörungsquark erzählt (und nichts anderes ist der Klimaskeptizismus), ist das Gegenteil eines Aufklärers.

Und in einem zweiten Schritt habe ich dann außerdem die Meinung vertreten, dass die Form der Islamkritik, wie sie zunehmend betrieben wird (und man lese auf der Achse nur die Beiträge des Pardon-Ruinierers Bernd Zeller), hat mit Aufklärung auch nichts mehr am Hut, sondern nur noch mit Hetze.

Diese Hetze zu kritisieren ist in meinen Augen kein Widerspruch zur Notwendigkeit einer Islamkritik, zum Entgegentreten gegen die Gläubischen, zum Zurückweisen ihres Befindlichkeitsgequatsches. Das kann man aber machen, ohne gleich jeden Anhänger dieser Religion unter terroristischen oder terrorismusduldsamen Generalverdacht zu stellen und zu diskriminieren. Das verstehe ich unter Aufklärung, und das sehe ich bei der Achse und anderen quasi hauptberuflichen Islamkritikern eben als nicht gegeben. (Und das schien mir auch der wesentliche Tenor der Mehrzahl der von Chervel angegriffenen Artikel zu sein.)

Ich habe mich im Einzelnen ja nicht zu den von Chervel kritisierten Islamkritikerartikeln geäußert, denen ich auch nicht vollständig zustimme. Aber Chervel hat die (und mich) ja auch nur in einen Topf geworfen, um sich dann letztlich an den eigentlich gar nicht unbedingt strittigen Teilen abzuarbeiten. Und das ist schlicht demagogisch und einen kleinen Klapps aus diesem kleinen Blog allemal wert.

...



Aus: "Climategate und die Achse des Blöden (8): Thierry Chervel sieht rot" von Heiko Werning (19.01.2010)
Quelle: http://blogs.taz.de/reptilienfonds/2010/01/19/climategate_und_die_achse_des_bloeden_8_thierry_chervel_sieht_rot/ (http://blogs.taz.de/reptilienfonds/2010/01/19/climategate_und_die_achse_des_bloeden_8_thierry_chervel_sieht_rot/)

-.-

Quote[...] Henryk M. Broder, der polternde Schwarz-Weiß-Maler im Dauerdienst, schreibt in seinem neu aufgelegten Pamphlet "Kritik der Toleranz", dass die liberale Gesellschaft an ihrer eigenen Toleranz zugrunde gehe: "Ich halte Toleranz für keine Tugend, sondern für eine Schwäche - und Intoleranz für ein Gebot der Stunde." Broders schlichte Kampfmaxime lautet: Die Islamkritik muss militant werden. Necla Kelek, die deutsche Soziologin türkischer Herrschaft, argumentiert in dieselbe Richtung: Der Islam sei eben keine Religion wie das Christentum, sondern ein System mit totalitärem Anspruch. Und Ayaan Hirsi Ali, die niederländische Politikerin mit somalischen Wurzeln, spricht von einer verbrecherischen Weltanschauung.

Thomas Steinfeld beharrt in der Süddeutschen Zeitung dagegen darauf, dass, wer auf Toleranz pocht, auch dann nicht intolerant sein dürfe, wenn es andere sind. Im Übrigen seien demokratische Grundwerte keine "Glaubensartikel". Broder ist für ihn entsprechend ein fundamentalistischer "Hassprediger". Und Claudius Seidl, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, nennt Broder & Co. "unsere heiligen Krieger".

Der Ton ist auf beiden Seiten eitelkeitsgetränkt und herablassend, ja geradezu gesinnungsmilitaristisch - mit Siegermiene starren sich zwei Ideologien an. Beängstigend ist auch hier die Verschlossenheit gegenüber dem Anderen, mit dem sich die beiden Lager der Islamkritik gegenüberstehen. Wo sind sie denn, die westlichen Tugenden der Rationalität und des Dialogs? Broder wird immer, wenn es um die Sache geht, persönlich verletzend, Steinfeld schleudert der Gegenseite grobe Begriffsklötze ins Gesicht, Greiner mimt den zeigefingerwedelnden Oberlehrer, der alles schon immer gewusst haben will. So kommen wir nicht weiter.

[...] Denn diese Grabenkämpfe sind offenkundig Ausdruck von Hilflosigkeit, auf beiden Seiten. Verständlicherweise: Wo soll man, historisch gesehen, eigentlich anfangen, wenn man über das Verhältnis von Islam und Westen nachdenkt? Für die Intoleranz-Prediger ist das einfach: Radikale Moslems sind mit Bomben auf den Westen losgegangen, und mit Bombenwerfern kann man nicht diskutieren. Was aber ist mit der jahrhundertelangen Geschichte davor? Ist der Westen nicht auch mit Schwertern und Bibeln in den Orient gezogen? Ist das Christentum nicht ebenso eine Religion mit universalistischem Anspruch? Und wie kann man das in die Debatte einbringen, ohne eines entschuldigenden Relativismus verdächtigt zu werden? - Ich weiß es auch nicht.

Vielleicht aber wäre es ein erster Schritt, ehrlich zu sein, so ehrlich wie Lévi-Strauss war: Wir haben Angst vor dem hegemonialen Anspruch eines radikalen Islam, weil er unsere Ruhe stört. Im Grunde will ja die Mehrheit des Westens von religiösen Fragen und ganz besonders vom Islam schlicht in Ruhe gelassen werden. Mögen Moslems, Christen, Juden beten zu wem auch immer, mögen sie glauben, was sie wollen, aber bitte, sie sollen uns verschonen damit. Genau dieser privatistische Blick auf die Religion ist für radikale Islamisten aber eine Provokation - und für uns säkulare Westler eine Selbstverständlichkeit.

[...] Es fällt den meisten ja schon schwer, zwischen Islam und Islamismus überhaupt zu unterscheiden. Und dass das Tragen von Kopftüchern kein Zeichen von Unterdrückung ist, können wir uns schlechterdings nicht vorstellen. Dass eine Religion tatsächlich alle Lebensbereiche durchdringt, erst recht nicht. Die Art und Weise, wie wir auf den Islam blicken, sagt eben auch etwas über uns - man lese dazu den Aufsatz "Orient und Okzident" des Pariser Essayisten Adelwahab Meddeb in der aktuellen Ausgabe von Lettre International. Und man lese die soeben bei Suhrkamp erschienen Studien "Begriffsgeschichten" von Reinhart Koselleck. Dort ist eindrücklich dargestellt, dass jene Aufklärung, die der Westen für sich reklamiert, mit einem "Ausschließlichkeitsanspruch" auftritt, der sie selbst in Aporien treibt: Das aufklärerische Denken vermag alles Mögliche zu tolerieren, nur nicht jene Kräfte, die ihm entgegenstreben.

Ehrlich zu sein hieße aber auch, zu sehen, dass wir einstweilen einem Verständnis von Aufklärung anhängen, das diesen Namen nicht mehr verdient. Aufklärung war ja nie ein Toleranz-Einübungsprogramm; sie ist seit Descartes vor allem eine Schule des Zweifelns. Und sie ist etwas, das man nicht sicher in der Tasche hat: Aufklärung ist eine Haltung, die täglich errungen sein will.

[...] Die wichtigste Tugend aufklärerischen Denkens ist deshalb die Fähigkeit, selbstkritisch zu sein. So gesehen sind wir weitaus weniger aufklärerisch als wir glauben. Wird Aufklärung, wie bei Broder, zur leeren, vollständig geschichtslosen Polemik-Formel, hat sie alles verloren, was sie auszeichnet: Es gibt keine Aufklärung, die sich "militant" verteidigen lässt. Ein bisschen sollte man sich, werte militante Intoleranzler, im westlichen Aufklärungsdenken schon auskennen, wenn man es verteidigen will. Und ganz vergessen sollte man nicht, liebe Toleranz-Verfechter, dass jede Toleranz Grenzen haben muss, wenn sie nicht zum Geschwätz werden will.

Was das alles für den konkreten Umgang mit einem terroristischen Islamismus bedeutet? Keiner weiß darauf eine politisch umsetzbare Antwort. So viel aber ist klar: Krieg und Intoleranz haben sich als untaugliche Mittel erwiesen, und verhandeln lässt sich mit Terroristen nur äußerst bedingt. Die Politik agiert genauso ratlos und aktionistisch wie das Feuilleton mit dieser neuerlichen Islamismus-Debatte. Der eine hektische Vorschlag folgt dem anderen. So kommen wir offenkundig auch nicht weiter.

Es bleibt uns keine Wahl: Wir müssen das anwenden, was wir als unsere westliche Errungenschaft betrachten - das freie, kreative Denken. Momentan ist die Islamismus-Debatte in starren Mustern gefangen. Haben wir den Mut, nach neuen, unerhörten Wegen wenigstens zu suchen, statt uns gegenseitig zu beschimpfen.


Aus: "Der Krieg und seine Krieger" Dirk Pilz (Archiv 01. Februar 2010 » Feuilleton)
Quelle: http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2010/0201/feuilleton/0003/index.html (http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2010/0201/feuilleton/0003/index.html)

Title: [Bestimmte Realitätsausschnitte... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 04, 2010, 10:22:57 AM
Quote[...] Statistisch lässt sich beweisen, dass ab Schuhgröße 39 eine erhöhte Kriminalitätsgefahr besteht. Spätestens hier erkennen wir, dass die Entscheidung für bestimmte Realitätsausschnitte, die berichtet werden, nicht die Realität abbilden. Wir sind es gewöhnt zur Charakterisierung einer Person ,Geschlecht', ,Nationalität', ,Beruf' und neuerdings zunehmend wieder ,Religion' zu erwähnen. Hier steckt weniger Absicht dahinter als vielmehr die unreflektierte Übernahme von Darstellungstraditionen, die sich durch ständige Wiederholung als Muss geradezu aufdrängen.

Hält man sich nicht an das vorgegebene Muster, steht schnell ein Unterlassensvorwurf im Raum - nämlich die Unterstellung, man wolle sein Publikum täuschen. Dabei täuscht man es häufig gerade durch die Nennung irrelevanter Merkmale, weil unsere Wahrnehmung automatisch einen Sinnzusammenhang konstruiert zwischen den einzelnen Äußerungsteilen. Würden wir uns angewöhnen die Haarfarbe von Personen mitzuerwähnen, dann würden wir bald die Menschen in Blonde und Dunkelhaarige einteilen. Auch hier würden sich - dem Prinzip der stereotypen Traditionenbildung entsprechend - Gruppenmerkmale einstellen, die dann später den Blick auf die fehlerhafte Kategorienbildung verstellen.

Unsere Aufgabe ist es, zu unterscheiden, in welchen Kontexten die genannten Merkmale relevant sind und wann nicht - auch wenn hier alte Gewohnheiten bestehen. Denn die suggerierten Rückschlüsse sind fatal. Kausale Zusammenhänge werden wahrgenommen zwischen Kriminalität und Nationalität, politischem Einfluss und Religionszugehörigkeit usw., obwohl die Statistiken anderes belegen und genügend Gegenbeispiele existieren. So ist für einen Mord der Beruf des Täters völlig irrelevant, ebenso wie seine Nationalität oder Religion. Da das Miterwähnen irrelevanter Merkmale aber eben Relevanz für den Sachverhalt, um den es eigentlich gehen soll,
suggeriert, führt dies zu falschen Rückschlüssen, die unsere zukünftige Erwartungshaltung bestimmen. Dann nehmen wir vermehrt genau dieses Gruppenmerkmal wahr und finden: ,,Ja, stimmt doch, was man über die da sagt." So etwa: ,,Der Täter war doch ein Schwarzer. Also stimmt es, was man über die Schwarzen nie sagen durfte." Nicht nur das omnipräsente Prinzip der Verallgemeinerung trägt hierfür die Verantwortung, sondern auch die Aktualisierung einer Kategorie - in dem Fall ,Hautfarbe' - außerhalb eines relevanten Kontexts.

Eine solche überflüssige Markierung geschah bezüglich der Juden im 19. Jahrhundert. Beim Börsenskandal 1873 wurde die Religion von Börsenmaklern und Firmengründern dann miterwähnt, wenn es sich um Juden handelte - sonst nicht. Der Vorwurf des Rassismus wurde damals erfolgreich mit dem Hinweis darauf zurückgewiesen, dass die genannten Personen doch real Juden seien. Ein vermeintlich harmloses und doch erschreckendes Beispiel für die Nennung von Fakten in falschenKontexten angesichts der historischen Entwicklung. Denn wäre die Kategorie ,Jude ist anders' und die fatalen Rückschlüsse daraus nicht längst etabliert gewesen, hätten es die nationalsozialistischen ,,Rassengesetze" später nicht so leicht gehabt. Nicht erst die offene Beschimpfung, sondern bereits die Markierung der Gruppe als ,anders' hat hier vorbereitende Arbeit geleistet. Also, eine historische Aufgabe, die Relevanz der zu nennenden Merkmale zu überprüfen.

Schwierig wird es aber dann, wenn Täter ihre Taten auch noch mit einer bestimmten Gruppenzugehörigkeit begründen - wie dies zurzeit vor allem bei so genannten islamistischen Attentätern geschieht. Auch hier ist zu prüfen, inwiefern das Merkmal ,Religion' wirklich relevant ist bzw. inwiefern man sich als Journalist zum Sprachrohr verblendeter Täter macht. Hier wartet viel Arbeit auf einen aufgeklärten Journalismus ebenso wie auf den Presserat, um nicht dem Trugschluss zu erliegen: wenn man nur Fakten berichte, könne man nicht rassistisch sein.

Die unbewusste Unterwerfung unter die etablierte Tradition, die unseren Blickwinkel erheblich einschränkt, entwickelt dabei ihre ganz eigene Dynamik.

...


Aus: "Botschaft des Presserates" Von Dr. Sabine Schiffer
(Online-Flyer Nr. 235  vom 03.02.2010, NRhZ-Online - Neue Rheinische Zeitung)
Dr. Sabine Schiffer ist Gründerin und Leiterin des Instituts für Medienverantwortung in Erlangen
Quelle: http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=14750 (http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=14750)

Title: [Debatten mit hochgezogenen Ärmeln... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 10, 2010, 10:21:01 AM
Quote[...] Henryk M. Broder wird ein "Hassprediger" genannt. Denken Sie, dass hier die Verhältnismäßigkeit gewahrt wird?

Thierry Chervel: Meiner Meinung nach nicht. Ich bin immer dafür, dass man Debatten mit hochgezogenen Ärmeln führen kann. Wir leben in einer Demokratie und sollten auch ein scharfes Wort ertragen. Das gilt für Sarrazin und Broder und auch für die Gegenseite. Aber hinter dieser Bezeichnung steckt eine Gleichsetzung, die ich skandalös finde, weil jemand, der wie Kelek oder Broder mit Worten kämpft, mit jemandem gleichgesetzt wird, der zum Mord aufruft. Gleichzeitig steckt darin auch eine Umdrehung der Tatsachen, weil Menschen wie Seyran Ates, die mit dem Leben bedroht werden, als die eigentlichen Brandstifter dargestellt werden. Denjenigen, die wirklich gefährdet sind - Ayaan Hirsi Ali musste nach Amerika emigrieren, weil man in Europa offensichtlich unfähig ist, sie zu schützen -, wird die Schuld aufgebürdet. Dass ein solcher Mechanismus einschnappt, spricht wirklich nicht für das Reflexionsvermögen der Kritiker der Islamkritik.

Gleichzeitig wird z.B. dem Attentäter auf Westergaard sehr viel Verständnis entgegen gebracht...

Thierry Chervel: Ja. Andrian Kreye schreibt z.B.: "Wer provoziert, muss eben auch mit Reaktionen rechnen", als sei es das Gleiche, eine Karikatur zu zeichnen oder zu versuchen, jemanden mit einer Axt umzubringen. Das ist der Mechanismus einer Identifikation mit dem Täter. Solche Debatten erinnern immer wieder an die Schulhofsituation, in der man sich ausgerechnet mit dem Drangsalierer identifiziert. Wer da nicht ein bisschen Pfadfinderethik gelernt hat und dem Kleinen zur Seite springt, kommt dann zu solchen Schlüssen wie Andrian Kreye.

Warum finden diese Debatten eigentlich im Feuilleton statt - und nicht etwa im Politikteil?

Thierry Chervel: Das hat mit der Geschichte der deutschen Zeitungen zu tun. Schließlich gibt es in Deutschland die Tradition der Feuilletondebatte und zwar nicht erst seit dem Historikerstreit. Es erklärt sich meiner Meinung nach aus der "geschenkten Demokratie" in Deutschland: Nach dem Krieg wurden unbescholtenen Leuten Zeitungslizenzen gegeben, die den Deutschen erzählen sollten, was Demokratie ist, aber diese sollten um Gotteswillen nicht selber zu Wort kommen. Gleichzeitig haben wir in Deutschland eine Zeitungskultur, in der die Meinungsseite - mit Ausnahme vielleicht von der WELT oder der taz - ausschließlich von Redakteuren geschrieben wird. D.h. auf den Meinungsseiten kann die gesellschaftliche Debatte gar nicht stattfinden und deswegen ereignet sie sich im Feuilleton. Das ist ein Spezifikum der deutschen Medienlandschaft, dass bestimmte wichtige gesellschaftliche Debatten in Feuilletons stattfinden. Ein anderer Punkt ist natürlich, dass die Islamdebatte auch ins Feuilleton gehört, denn man spricht - ob man sich darauf positiv bezieht oder negativ - nicht von ungefähr von einem "Kampf der Kulturen". Die Debatte ist auch ein Kulturthema, weil seit der Rushdie-Debatte der Islamismus eine ganz brachiale Zensurbewegung gegenüber der westlichen Kultur darstellt. Es wird programmatisch versucht, den Raum der freien Meinungsäußerung und der Kunstfreiheit einzuschränken. Der Karikatur-Streit hat gezeigt, wie weit die Selbstzensur im Westen schon geht. Heute sind wir soweit, dass das Metropolitan Museum in New York von sich aus Mohammed-Abbildungen aus der Ausstellung seiner islamischen Sammlung entfernt. Das Feuilleton wäre der Ort für eine Debatte hierüber.

[...]

Es könnte auch sein, dass in den Köpfen immer noch sehr stark die Erinnerung an nationalistische Sprüche wie Türken raus! vorhanden ist und man deswegen den Rassismus gleichsetzt mit einer rationalen Kritik zum Islam ...

Thierry Chervel: Es gab und gibt in Deutschland Fremdenfeindlichkeit und Rassismus. Wenn wir uns aber an die fremdenfeindliche Angriffe nach der Wiedervereinigung nicht nur in Ostdeutschland erinnern, richteten sich diese keineswegs gegen den Islam, sondern gegen alles, was anders war: Das waren Vietnamesen in Ost- und Türken in Westdeutschland. Sie richteten sich nicht gegen eine Religion, sondern waren ganz einfach rassistisch. Ich kann mich auch erinnern, wie verspätet die deutsche Öffentlichkeit auf diese Ausschreitungen reagiert hat und dass z.B. Helmut Kohl niemals eine Geste gegenüber den Opfern gezeigt hat. Das ist leider auch eine schlechte deutsche Tradition: Die mangelnde Solidarisierung aufgrund einer dumpfen Angst, man würde dadurch Wähler verlieren.

...

Quote"Islamisten lesen keine Feuilletons"
Leser-Feedback zum Beitrag
10. Februar 2010 09:56
Was erlaube Chervel!!??

Von Cpt.JackSparrow

Aha!

... "Antisemitismus ist keine Religionskritik, sondern eine
Verschwörungstheorie."

Sehr gut erkannt. Wenn wir jetzt noch herausfinden, was Herrn Chervel
die Einsicht verwehrt, dass "Hurra, wir kapitulieren!" und "Eurabia"
auch keine Religionskritiken sind, sondern handfeste
Verschwörungstheorien, dann hat der Mann durchaus noch Aussicht auf
Genesung.

Wer wissen will, was Meinungsfreiheit in der Demokratie wirklich
bedeutet, der sollte Frau Merkel fragen, welche sich nach eigener
Aussage durch öffentliche Umfragen nicht irritieren lässt. Diese Frau
steht zu ihrer Meinung, meine der Rest was er wolle. Da schätzt die
Rechtskonservative das Individuum natürlich sehr hoch.

Und wer da meint, Allah sei das wichtigste auf der Welt und
ausserhalb der Welt, der soll das meinen dürfen, ohne tagtäglich als
terrorfinanzierendes Arschloch gebrandmarkt zu werden, welches Europa
in eine Hölle auf Erden verwandeln möchte. Das nennt man
Religionsfreiheit, so provokant diese Ansicht sein mag. Aber solch
eine Provokation muss eine Demokratie aushalten können!

Guten Morgen, übrigens!



Quote10. Februar 2010 08:03
Broder hetzt
Anblau (123 Beiträge seit 02.07.09)

Broder wird nicht angegriffen, weil er mal ein
paar pointierte Bemerkungen zum Islam macht, sondern
weil er hetzt und lügt. Zudem arbeitet er mit
Argumenten, die man (zumindest in einem öffentlichen
Diskurs) noch nicht mal als solche bezeichnen kann.

Bestes Beispiel ist hier sein Vergleich von Moscheen
in Deutschland und Kirchen in irgendwelchen Diktaturen.
Sein "Argument": Bevor die Christen in Diktaturen nicht
besser behandelt werden, werden Muslime in Deutschland
eben auch nicht besser behandelt.

Neben der ganz offensichtlichen Absurdität, dem deutschen
Muslim irgendwelche Rechte zu verweigern, weil in
Saudi Arabien keine Kirchen gebaut werden dürfen, zeigt
sich hier, worum es Broder geht: Wir gegen die.

Im nächsten Absatz (oder vielleicht auch im
übernächsten) verweisen diese Art "Kritiker" dann sogleich
lammfromm auf die Menschenrechte, die es vor den Muslimen(!)
zu schützen gilt. Man könnte es fast für Schizophrenie halten.

Und so geht das weiter. Bei praktisch allen Argumenten wird
entweder gelogen, verkürzt dargestellt oder eben einfach
quellenfrei behauptet. Auch schön: Massenhaft muslimische Mädchen,
die angeblich nicht zum Schwimmunterricht dürfen. Auch das hat sich
als Ente herausgestellt, wird aber natürlich weiterhin von den sog.
Kritikern als Argument für die Integrationsunwilligkeit der Muslime
(wenn nicht gar für die Islamisierung Europas!) benutzt.

Interessantes Detail am Rand ist die Tatsache, dass viele der
prominenten Kritiker natürlich auch dafür waren/sind, den Irak,
Afghanistan oder der Iran zu "befreien".  ...



Aus: ""Islamisten lesen keine Feuilletons"" Von Reinhard Jellen (10.02.2010)
Interview mit Thierry Chervel über die hiesige Islamdebatte
Quelle: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/32/32052/1.html (http://www.heise.de/tp/r4/artikel/32/32052/1.html)

Title: [Kommunalwahl in Holland... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 04, 2010, 12:28:33 PM
Quote[...] Am Regierungssitz Den Haag wurde die Wilders-Partei, die unter anderem ein Kopftuchverbot in Behörden und die Aufstellung von Bürgerwehren zur Kontrolle muslimischer Jugendlicher forderte, am Mittwoch mit nur knappem Abstand auf die Sozialdemokraten zweitstärkste Kraft.

Die PvdA und die Christdemokratische Appell (CDA) des als Chef einer Interimsregierung amtierenden Ministerpräsidenten Jan Peter Balkenende gehörten ebenso wie die Sozialistische Partei (SP) zu den großen Verlierern der Kommunalwahlen. Teils erhebliche Zugewinne konnte die rechtsliberale Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD) verbuchen. Zu den Siegern zählten auch die linksliberale Partei D66 und die linke Umweltpartei GroenLinks.
Anzeige

Ministerpräsident Balkenende räumte die "bedauerlichen Verluste" seiner Partei ein und gratulierte den Gewinnern, ausdrücklich auch der Wilders-Partei PVV. Die 2006 gegründete Freiheitspartei war erstmals bei Kommunalwahlen angetreten und hatte nur in den beiden Städten Almere und Den Haag Kandidaten aufgestellt. Im Parlament in Den Haag hat sie seit 2006 neun der 150 Sitze. Laut Umfragen am Tag der Kommunalwahlen würde sie jetzt auf 24 bis 27 Sitze kommen und damit dritt- oder gar zweitstärksten Partei des Königreichs werden.

"Was in Den Haag und Almere geschah, ist überall in den Niederlanden möglich", sagte Wilders und verwies auf die Parlamentswahlen am 9. Juni. Die PVV wolle dabei stärkste politische Kraft des Landes werden. "Wir werden die Niederlande zurückerobern von der linken Elite, die immer noch an den Islam, an Multikulti, an den Unsinn von Entwicklungshilfe und den europäischen Superstaat glaubt", rief Wilders jubelnden Anhängern in der knapp 190.000 Einwohner zählenden Stadt Almere zu.

...

Quote#
04.03.2010 10:08 Uhr:
von Rick:

Liebe TAZ-Redaktion!

Sie müssen endlich mit dem Begriff "Rechtspopulist" aufhören! Populist hat eine vorverurteilende und herablassende Wirkung. Wenn der Leser "Populist" liest, wird er damit praktisch vorgewarnt, dass die betreffende Person im Folgenden nicht ernst zu nehmen ist und man sich mit den Inhalten dieser Person auch gar nicht erst auseinanderzusetzen braucht. Mit Kampfbegriffen wie "Populist" wird eine Entscheidung darüber, wessen Argumente überhaupt zählen und wessen nicht, selbstgerecht vorweggenommen.

Unterlassen Sie das!


...


Aus: "Kommunalwahl in Holland - Rechtspopulisten siegen" (04.03.2010)
Quelle: http://www.taz.de/1/politik/europa/artikel/1/rechtspopulistische-wahlsieger/ (http://www.taz.de/1/politik/europa/artikel/1/rechtspopulistische-wahlsieger/)

Title: [Die Entmenschlichung des Fremden... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 10, 2010, 10:09:14 AM
Quote[...] Zu Recht beschäftigen sich Kay Sokolowsky und Sabine Schiffer, die zum Thema auch einen Aufsatz zum Münsteraner Band beisteuert, ausführlich mit den Widerwärtigkeiten der islamkritischen Bloggerszene. Seiten wie ,,Politically Incorrect" stehen für eine Verrohung und Enthemmung der öffentlichen Rede, die ohne Beispiel ist, was jedenfalls die technischen Möglichkeiten der Selbstreproduktion und der Rückkopplung mit stärker von Anstandsregeln reglementierten Foren angeht. Die anonymen Autoren berauschen sich an der Entmenschlichung des Fremden, die die Antisemitismusforschung beschrieben hat. Das Wort ,,Muslim" wird durch Schimpfwörter ersetzt; mit Schandnamen, die witzig sein sollen, belegt man auch die vermeintlichen Unterstützer der Volksfeinde, die Kollaborateure, Appeaser und Gutmenschen. Die Konsumenten der Greuelgeschichten schwelgen in Phantasien der Gegenwehr. Frage: ,,Welche Möglichkeiten bestehen, Moscheen in Deutschland moderat ,zurückzubauen'? Wer hat eine zündende Idee?" Antwort: ,,Man braucht keinen zündenden Funken. Ein paar Eimer Schweineblut gut versprüht tun's auch." So rottet sich Tag für Tag ein virtueller Mob zusammen.

Was hat die respektable Islamkritik der preisgekrönten Bestsellerautoren mit dieser hässlichen Unterseite der Debatte zu schaffen? Sie liefert die verschwörungstheoretischen Stichworte. So gab Necla Kelek in dieser Zeitung (F.A.Z. vom 5. Juni 2007) den Kritikern des Kölner Moscheebaus einen Grund, keinem Versprechen des Bauherrn zu trauen: Im Islam ,,wird die taqiyya, die Kunst der Verstellung und des Verschweigens der wahren Haltung gegenüber ,Ungläubigen' praktiziert". Dass es sich bei dieser Lizenz zum Lügen nicht um einen Notbehelf für Situationen der Lebensgefahr gemäß einer schiitischen Sonderlehre handele, sondern um ein Prinzip der muslimischen Moral, ist eine feste Überzeugung der Islamfeinde. Ähnliches wurde Jesuiten und Juden nachgesagt.

Wie Birgit Rommelspacher im Münsteraner Sammelband feststellt, dringen durch die Islamkritik ,,Panikargumentationen" in die politische Debatte ein, die ,,uns vor allem aus dem Rechtsextremismus bekannt" sind. Als Beispiel führt sie die auch von Sokolowsky eingehend erörterte Aufregung um die Frankfurter Familienrichterin an, die einer Frau aus Tunesien die Ehescheidung unter Verweis auf ein kulturkreisübliches Züchtigungsrecht des Ehemannes verweigerte. Dem ,,Spiegel" war der Fall Anlass für die Titelgeschichte ,,Mekka Deutschland - Die stille Islamisierung", die behauptete, das Frankfurter Urteil sei symptomatisch für eine Tendenz der Rechtsprechung. Von einer solchen Tendenz konnte aber keine Rede sein. Die Frankfurter Richterin wurde von dem Fall abgezogen und entschuldigte sich sogar selbst für die Rechtsverweigerung, zu deren Entschuldigung sie auf keinen einzigen Präzedenzfall verweisen konnte. Als das Amtsgericht schon auf Befangenheit der Richterin entschieden hatte, ließ die Bundestagsabgeordnete Kristina Köhler noch eine Pressemitteilung hinausgehen: ,,Wo soll das enden? Bei der Steinigung für Ehebruch? Diese Entwicklung muss gestoppt werden."

Die meisten Autoren des Münsteraner Bandes sehen das Schlechte der Islamkritik schon in dem Umstand, dass vom Islam im Singular und mit bestimmtem Artikel die Rede ist. In seinem abgewogenen Beitrag ,,Zum öffentlichen Umgang mit der Angst vor dem Islam" macht sich Heiner Bielefeldt, der frühere Leiter des Deutschen Instituts für Menschenrechte die Forderung der Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen Asma Jahangir zueigen, Anhänger von Religionen ,,nicht als Teile homogener Einheiten" anzusehen. Unter Verweis auf die ,,Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz" verlangt Bielefeldt ,,die Überwindung deterministischer Sichtweisen des Islam - also die Eröffnung einer Perspektive auf die handelnden Subjekte".

Hier geraten politisches Postulat und wissenschaftliche Prämisse durcheinander. Von einem Demokraten ist zu erwarten, dass er der Mitbürgerin nicht ohne Grund unterstellt, sie trage ihr Kopftuch nicht aus freiem Entschluss. Aber warum Frauen typischerweise Kopftücher tragen, das darf die Wissenschaft untersuchen und in die politische Diskussion eingehen. Die sozialwissenschaftliche Feindbildforschung des Münsteraner Bandes wird Historiker nicht überzeugen, weil sie von der Realität von Feindschaft nichts wissen will. Wenn Sabine Schiffer fordert, bei der kausalen Betrachtung der Frauenunterdrückung nur nichtreligiöse Ursachen zu berücksichtigen, dann negiert ein solcher methodologischer Laizismus die Religion als unableitbare soziale Wirkungsmacht.

Dass die Islamkritik vom Islam spricht, ist ihr nicht vorzuwerfen; was sie ihm nachsagt und anhängt, ist zu untersuchen, auf die Triftigkeit der Kritik wie auf mögliche Motive der Kritiker. Für eine Ideologiekritik der Islamkritik geben alle drei Bücher wertvolle Hinweise. Das komplette Reservoir der islamfeindlichen Topoi, von den Minaretten als Zeichen der Landnahme bis zur ,,taqiyya", findet sich lange vor dem 11. September 2001 im Programm der Splitterpartei ,,Christliche Mitte". Der Buchautor Hans-Peter Raddatz, als Orientalist eine Ausnahme unter den berufsmäßigen Islamkritikern, prophezeit den Untergang des Abendlandes im Stil von Erzbischof Lefebvre. Andererseits erklärt Ralph Giordano, der im Kampf um die Kölner Moschee die Losung ,,Der Islam ist das Problem!" ausgab, in seinen Memoiren jede Religion zur Neurose. Und die Diskrepanz zwischen Umfragen, nach denen die große Mehrheit der in Deutschland lebenden Muslime sich integrieren will, und Necla Keleks These, sie verweigerten die Integration, löst sich mit Birgit Rommelspacher in der Einsicht auf, dass Integration für Frau Kelek die Aufgabe der Religion bedeutet.

Ein Bündnis von strenggläubigen Christen und religionskritischen Rationalisten mit Erfolg bei einem bürgerlichen Publikum, das über die weltanschaulichen Antriebe der Protagonisten nicht nachdenkt: Als ein so beschriebenes Phänomen der Ideologiegeschichte lässt sich die Islamkritik tatsächlich mit dem Antisemitismus der Gebildeten im deutschen Kaiserreich vergleichen.

Kay Sokolowsky: ,,Feindbild Moslem". Rotbuch Verlag, Berlin 2009. 256 S.

Thorsten Gerald Schneiders: ,,Islamfeindlichkeit". Wenn die Grenzen der Kritik verschwimmen. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2009. 482 S.

Sabine Schiffer, Constantin Wagner: ,,Antisemitismus und Islamophobie - ein Vergleich". HWK Verlag, Wassertrüdingen 2009. 260 S.




Aus: "Kay Sokolowsky: Feindbild Moslem - Zur Mobilisierung des Ekels" Von Patrick Bahners (04. März 2010)
Quelle: http://www.faz.net/s/RubC17179D529AB4E2BBEDB095D7C41F468/Doc~E2BF0896FE114482083C30F8AA63BE865~ATpl~Ecommon~Scontent.html (http://www.faz.net/s/RubC17179D529AB4E2BBEDB095D7C41F468/Doc~E2BF0896FE114482083C30F8AA63BE865~ATpl~Ecommon~Scontent.html)

Title: [Hier irrte Heine (Pfanni, Du Kartoffeln)... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 18, 2010, 10:27:28 AM
Quote...

Südländer-Gang mit Axt, bedrohlich aufgebaut, böse blickend, Mundwinkel nach unten, aggressive Gestik des Sängers, teilweise auch der Gangmitglieder im Hintergrund, in Richtung Kamera.

Liedtext, im Rap-Gesangsstil vorgetragen:

Ich zerquetsch' dich, du Kartoffel.

Die Zeit ist reif
ich werde nicht mehr warten.
Opfer, begreif': Ich hol dich aus dem Garten.
Ich werde dich klatschen, zerfetzen, zerquetschen
Mach keine Faxen, jetzt gibt's action.

100 Prozent, deutsche Kartoffel
100 Prozent, ich tu dir weh.
100 Prozent, deutsche Kartoffel
100 Prozent, Kartoffelpüree.

(Sänger hebt die Hand, zerdrückt eine Kartoffel, die zwischen seinen Fingern hervorquillt. Es erscheint die Bildunterschrit: "Unser Mitarbeiter des Monats").

(Schwarzer Hintergrund. Pfanni-Emblem. Text: 100% deutsche Kartoffeln).

...


####

Angesichts dieser unfaßbaren Instrumentalisierung täglich erfahrenen Leids von Deutschen ohne Migrationsbiographie zu Werbezwecken möchte ich mich bei Ihnen höflich erkundigen, ob dieser Werbefilm von Ihnen autorisiert wurde und eine offizielle Werbemaßnahme darstellt.

Falls die Antwort "ja" lauten sollte, möchte ich Ihnen Nachstehendes mitteilen:

Ihnen ist, wie es den Anschein hat, der Umstand bekannt, daß die rassistisch-chauvinistisch gebrauchte Anrede "Du Kartoffel" zum Standardrepertoire deutschenfeindlicher Beschimpfungen gehört, die regelmäßig von aggressiv auftretenden Personen türkischen, arabischen oder sonstigen "südländischen" Hintergrunds gebraucht werden. (Ungeahndet, wie Sie offenbar auch wissen, denn die herrschende Rechtsprechung erblickt darin keine Straftat nach Paragraph 130 Strafgesetzbuch.) Und mutmaßlich auch gebraucht wurden gegenüber den ungezählten, auch im Film so angeredeten, "Opfern", die sich nach überfallartigen Kopftritten von großen Gruppen presse- und polizeiberichtnotorischer "südländischer Jugendlicher" (Personalstärke also etwa wie im Film) mit Kiefer-, Schädel-, Rippen-, Nasen- und Jochbeinfrakturen sowie überhaupt gebrochenen Seelen im Krankenhaus wiederfinden, oft für viele Wochen, gesundheitlich geschädigt nicht selten für den Rest ihres Lebens. Die Täter erhalten für solche Verbrechen unter der gegenwärtig herrschenden Rechtsprechung, die erziehen statt strafen und Integrationschancen wahren will, mit entsetzlicher Regelmäßigkeit läppische Bewährungsstrafen und können anschließend an das Gerichtsverfahren mit dem im Film so drollig verkauften "Kartoffel-Klatschen" weitermachen. Ebenso regelmäßig erhalten diese Täter im Wiederholungsfall Bewährung in der Bewährung, nicht selten viele dutzend Male.

Mit solchem Kontext machen Sie ernsthaft Werbung? Sie wollen Produktinteresse mit dem höchst realen schmerzhaften "Opfer"-Alltag erregen? Sie finden es in Ordnung, daß Deutsche wegen ihres Deutschseins rassistisch beschimpft werden? Dreimal Pfui, Pfanni!!!

In Erwartung Ihrer Nachricht verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Götz Wiedenroth

Das Video auf der Website des Werbefilmfestivals wurde inzwischen entfernt und auch in der Awards-Kategorie taucht es nicht mehr auf. Der Film "Deutsche Kartoffeln" ist mittlerweile auf Youtube zu sehen.

Kontakt:

Pfanni-Service
Unilever Deutschland GmbH
Strandkai 1
20457 Hamburg
Tel.: 040-34930
Fax: 040-354742
Geschäftsführer: Henricus Brouwer

...



Aus: ""Deutsche Kartoffel, ich zerquetsch Dich!"" (PI-News, 16.03.2010 20:30 | Politik + Gesellschaft)
Quelle: http://www.pr-presse.de/news/deutsche-kartoffel-ich-zerquetsch-dich/37056 (http://www.pr-presse.de/news/deutsche-kartoffel-ich-zerquetsch-dich/37056)


-.-

Quote[...] Die widerstandsfähige deutsche Kartoffel. Nur Raimund Harmstorf hat sie vor langer Zeit mal klein gekriegt. Auf einem Schiff. Mitten im Meer.

Die Feinde von heute lauern an Land. Im Netz. Gestalten wie der muskulöse, tätowierte, glatzköpfige und migrationshintergründige Kerl, der derzeit durch das Internet geistert. Bewaffnet mit Baseballschläger und mit grimmigem Blick rappt er dort in bester Bushido-Manier ein garstig´ Lied: "Die Zeit ist reif / ich werde nicht mehr warten / Opfer, begreif: / Ich hol dich aus dem Garten / Ich werd dich klatschen, zerfetzen, zerquetschen / mach keine Faxen, jetzt gibt´s Action." Den Refrain singt dann seine ganze Gang mit: "100 Prozent, deutsche Kartoffeln / 100 Prozent, ich tu dir weh / 100 Prozent, deutsche Kartoffeln / 100 Prozent, Kartoffelpüree." Dann zerquetscht der Glatzkopf mit bloßer Faust eine Kartoffel. Ein Schriftzug erscheint: "Unser Mitarbeiter des Monats." Und ein Logo: "Pfanni - 100 Prozent deutsche Kartoffeln."

Der Film ist natürlich, selbst eine deutsche Kartoffel müsste das eigentlich erkennen, kein Werbespot der Firma Pfanni. Es ist schlicht die erfrischende HipHop-Parodie eines Studenten der Hochschule für Fernsehen und Film München. Auf dem Spotlight-Festival in Mannheim, einem internationalen Werbefilmwettbewerb, gewann der einminütige Spot einen Publikumspreis in Silber. Man kann das Filmchen also witzig finden.

Finden aber nicht alle. In den einschlägigen Islamhasser-Blogs schlug das Video hohe Wellen. Die "unfassbare Instrumentalisierung täglich erfahrenen Leids von Deutschen ohne Migrationsbiografie zu Werbezwecken", wie es ein User ausdrückte, führte zu einer Flut von Boykottandrohungen, die direkt an die völlig unschuldige Firma Pfanni gerichtet waren. Schließlich, so ein anderer User, gehöre "die rassistisch-chauvinistisch gebrauchte Anrede ,Du Kartoffel´ zum Standardrepertoire deutschenfeindlicher Beschimpfungen". "Wie blöd muss man eigentlich sein, liebe Firma Pfanni?", echauffierte sich der Nutzer "Der letzte freilebende Preuße". "Ab sofort wird in meinem Haus kein Pfanni mehr auf den Tisch kommen. Ich hoffe sehr, dass sich diesem Boykott noch viele anschließen." Taten sie.

Pfanni sah sich zum Handeln gezwungen. Denn auch wenn der Konzern selbst den Slogan "100 Prozent deutsche Kartoffeln" geprägt und in einem Werbefilm der Agentur Jung von Matt selbstironisch damit gespielt hatte: Hier ging es plötzlich um wütende Kunden und bares Geld, und da hört der Spaß auf. Im Internet ließ der Konzern eine Stellungnahme verbreiten, in der er sich "aufs Schärfste von diesem Spot" distanziert. "Ungefragt und unerlaubterweise wurde hier unser Pfanni-Logo missbraucht. Leider haben wir keinen Einfluss auf diverse Internetseiten, die diesen Image-schädigenden Spot verbreiten", erklärte das Unternehmen im Netz. Man habe nichts mit dem Spot zu schaffen.

"Das Problem ist nur, dass das einigen Konsumenten nicht klar ist", sagt Merlin Koene, Pressesprecher bei Unilever. Dort ist man unglücklich über die Angelegenheit. Das Unternehmen plant nach Koenes Aussage trotzdem nicht, den armen Studenten, die Wurzel allen Übels, zu verklagen. Man habe bislang lediglich die Festival-Betreiber aufgefordert, den Spot von der Homepage zu nehmen. Das ist mittlerweile geschehen. Doch die Eigendynamik des Internet hat dafür gesorgt, dass die Kartoffel-Affäre weite Kreise zieht.

Er hoffe dennoch, "dass unsere Kunden auch weiterhin unseren Produkten vertrauen", sagt Koene. Das sind Sätze, die Pressesprecher sagen, wenn sie wissen, dass es um hochsensible Themen geht. Die Brisanz haben offenbar auch andere erkannt: Für eine Stellungnahme war gestern keiner der Spotlight-Festival-Verantwortlichen erreichbar, ebensowenig wie der Student, der mit seinem Film die ganze Aufregung verursacht hat.

Wenn man irgendeine Moral aus der seltsamen Geschicht´ ziehen kann, dann die, dass Dummheit und Borniertheit, die natürlichen Feinde der Kunst, im Internet einen unfassbar fruchtbaren Humus gefunden haben. Die Kunst aber auch. Denn mit der Breitenwirkung, die sein Festival-Beitrag nun hat, hätte der junge Student niemals rechnen können. Seiner Karriere dürfte es kaum abträglich sein.

"Luther erschütterte Deutschland - aber Francis Drake beruhigte es wieder: Er gab uns die Kartoffel", hat Heinrich Heine mal gesagt. Hier irrte Heine.


Aus: "Streit um Werbe-Parodie - Kleinkrieg um die Kartoffel" Von Stefan Behr (18.03.2010)
Quelle: http://www.fr-online.de/in_und_ausland/panorama/2434748_Streit-um-Werbe-Parodie-Kleinkrieg-um-die-Kartoffel.html (http://www.fr-online.de/in_und_ausland/panorama/2434748_Streit-um-Werbe-Parodie-Kleinkrieg-um-die-Kartoffel.html)

Title: [Kein Kopftuch im Fitnessstudio... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 31, 2010, 09:56:52 AM
Quote[...] Mit einem Monatsbeitrag von knapp 20 Euro, einem Ladyfitnessbereich und kostenlosen Getränken wirbt das "All inclusive Fitness Bielefeld" um seine Kunden. "Bei unserem Publikum achten wir stark darauf, dass keine Raudis & Co. bei uns trainieren. Da wir uns strikt vom Body-Building distanzieren, sind Muscle-Shirts und Unterhemden für Männer verboten", ist auf der Homepage des Studios zu lesen.

Hoda Elias erweckt nicht den Eindruck, als sei sie ein "Raudi" und ähnelt auch keinem muskelbepacktem Mann. Die 27-Jährige fällt durch ihre bestechenden blauen Augen auf, sie ist Arzthelferin und Kopftuchträgerin. Und genau das scheint ein Problem im "All inclusive Fitness Bielefeld".

Im Oktober letzten Jahres schaute Hoda Elias sich das Sportstudio an, sie wurde vom Geschäftsführer herumgeführt und entschloss sich zu einer Mitgliedschaft. Als sie das erste Mal zum Training ging, wurde Hoda Elias von dem vormals so freundlichem Geschäftsführer Sascha Westrup an der Tür aufgehalten, erzählt sie. Sie solle doch bitte ihr Kopftuch abnehmen, ansonsten sei ein Training hier nicht erwünscht, hieß es. Denn es gebe eine neue Hausordnung, Kopfbedeckungen seien nicht erlaubt. Oben ohne will Hoda Elias aber nicht trainieren.

Die Ägypterin hat sich einen Anwalt genommen, der eine Klage vorbereitet - Hoda Elias fühlt sich diskriminiert. Dabei geht es ihr nicht um eine finanzielle Entschädigung, "ich will Recht bekommen." Denn was folgt als nächstes, fragt sie sich. "Werde ich demnächst nicht in ein Einkaufszentrum reingelassen?"

Wo den genau das Problem dabei sei, wenn eine sportliche Muslimin unter ihrem Kopftuch schwitzt? Geschäftsführer Sascha Westrup ist für die taz nicht erreichbar. Gegenüber einem WDR-Fernsehteam sagte er: "Wir sind ein privat geführtes Fitnessstudio und wollen uns rein auf das Thema Fitness, Gesundheit und Sport konzentrieren. Dem Thema Religion wollen wir keine Plattform bieten."

Westrups Auswahlkriterien sind umstritten. Ali Ekber Agu, Vorsitzender des Internationalen Begegnungszentrums Friedenshaus (IBZ) in Bielefeld, erzählt, er habe versucht, Mitglied in dem Studio zu werden. Der Türke sei abgelehnt worden, weil es schon zu voll sei. Dass muss kein Indiz für eine Form von Fremdenfeindlichkeit sein, aber das Studio wirbt weiter für seine günstigen Angebote - obwohl es ja eigentlich überlaufen sei. Außerdem gibt es schon mehrere Beschwerden von Migranten, die abgelehnt wurden.

Karl-Heinz Voßhans, Leiter des städtischem Amtes für Integration und interkulturelle Angelegenheiten, weiß von diesen Vorwürfen. Wegen der zahlreichen Proteste hat die Stadt das Studio darauf hingewiesen, die Aufnahmekriterien zu ändern. Aber Voßhans räumt auch ein, dass sie nicht viel mehr machen kann. Deswegen rät er allen Betroffenen, sich einen Anwalt zu suchen.



Aus: "Kein Kopftuch im Fitnessstudio - Oben mit verboten"  VON CIGDEM AKYOL (31.03.2010)
Quelle: http://www.taz.de/1/leben/alltag/artikel/1/oben-mit-verboten/ (http://www.taz.de/1/leben/alltag/artikel/1/oben-mit-verboten/)

Title: [Dann gab Özkan der Zeitschrift Focus ein Interview... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 27, 2010, 10:20:42 AM
Quote[...] Die Juristin Aygül Özkan, bislang Bürgerschaftsabgeordnete in Hamburg, wird an diesem Dienstag in Hannover als neue Sozialministerin des Landes Niedersachsen vereidigt, als erste türkischstämmige Ministerin in Deutschland überhaupt. Einen Coup wollte Ministerpräsident Christian Wulff damit landen, es sollte eine Demonstration werden. Auch gegenüber der SPD, die zwar von Einwandern gewählt wird, aber so wenige der ihren in Spitzenpositionen vorweisen kann wie keine andere Partei.

Dann gab Özkan der Zeitschrift Focus ein Interview, in dem sie sich gegen Kopftücher und andere religiöse Symbole im Unterricht aussprach. Auf die Frage, ob das auch für Kruzifixe gelte, sagte sie: "Christliche Symbole gehören nicht an staatliche Schulen."

Damit war es wieder da, das langfristig vielleicht heikelste Thema für die CDU. Zwei Wochen vor der Wahl im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen, das nicht nur die Hochburg des westdeutschen Katholizismus ist, sondern auch die Region mit den meisten Muslimen in Deutschland.

Klar, zuerst protestierte die bayerische CSU. "Mit solchen abstrusen Ideen wird man jedenfalls in Bayern nicht Ministerin", sagte Generalsekretär Alexander Dobrindt. Aber auch die CDU/CSU-Kirchenbeauftragte Maria Flachsbarth stellte klar, das Kreuz habe seinen "selbstverständlichen Platz in der Öffentlichkeit". Aus dem Kanzleramt erklärte schließlich die Integrationsbeauftragte Maria Böhmer, die Kreuze seien Ausdruck einer jahrhundertealten christlichen Tradition. Die Ernennung der ersten türkischstämmigen Ministerin sei gleichwohl "richtungsweisend". Am Montagmittag schaltete sich die Bundeskanzlerin in die Debatte ein. Sie sehe die Sache genau wie Böhmer, ließ sie einen Regierungssprecher verlautbaren.

Für Merkel ist das Thema besonders heikel. Ihr Verhältnis zu den Katholiken gilt als gestört, seit sie im Vorjahr den Papst für seine Absicht, einen Holocaust-Leugner wieder als Bischof aufzunehmen, rüde abkanzelte. Im Januar hatte sie sich eine Analyse der Bundestagswahl bestellt. Vor dem versammelten Parteivorstand erläuterte der Demoskop Matthias Jung von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen, regelmäßige Kirchgänger seien heute keine relevante Wählergruppe mehr. Auch das erheiterte in der Partei nicht jeden Kirchentreuen.

Noch etwas anderes sagen Wahlforscher: Gesellschaftspolitisch denken die Muslime in Deutschland im Durchschnitt konservativ, konservativer jedenfalls als der Durchschnitt der Gesamtbevölkerung. Die CDU wählen sie trotzdem nicht, weil sich die Partei allzu lang gegen Migranten sperrte. Das hat sich inzwischen geändert, nicht nur in Niedersachsen. Es bleibt das "C", das weiterhin irritiert.

Konservativ zu sein und nicht katholisch oder evangelisch, ist in Deutschland schwieriger als als in Frankreich etwa, wo sich die Gaullisten dem Laizismus verschrieben haben, der strikten Trennung zwischen Staat und Kirche. In Deutschland, das mindestens seit 1918 über die religiöse Unterweisung an Staatsschulen streitet, wo der Staat für die Versorgung verheirateter Theologieprofessoren aufkommt und in Bayern sogar die Bischöfe bezahlt, ist das anders.

Dabei könnte es einfach sein. Vielleicht sollten die Christdemokraten im Kruzifix-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts nachlesen. Das Kreuz sei nicht bloß ein kulturelles Symbol, ein Sinnbild für Humanität oder Barmherzigkeit, stellten die Richter 1995 fest, sondern das Symbol einer spezifischen Religion. Aygül Özkan hat nicht mehr getan, als darauf hinzuweisen.

...

Quote26.04.2010 23:38 Uhr:
von glamorama:

Merke: Wer in der CDU einen Ministerposten bekommen will, hat verdammt nochmal das Grundgesetz zu missachten. Wo kämen wir denn sonst hin?


Quote#
27.04.2010 00:19 Uhr:
von Juergen K:

Ich verleihe mal den

"kleinen Preis der Überschrift"

an Ralph Bollmann.





Aus: "Erste deutsch-türkische Ministerin - Ja, Kruzitürken!" (27.04.2010)
Quelle: http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/ja-kruzituerken/ (http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/ja-kruzituerken/)

-.-

Quote[...] Armbrüster: Eine Muslima, die zu Kreuze kriecht. Wie hilfreich ist das für die Integration von Ausländern?

Laschet: Nein, das ist eine nun wirklich völlig falsche Formulierung. Sie hat da eine Position vertreten, die nicht die Position der niedersächsischen Landesregierung und nicht die Position der CDU ist. Die hat sie korrigiert und damit hat sich der Fall.

Die Freude darüber, dass zum ersten Mal das Kind eines türkischen Gastarbeiters, eines Schneiders, Abitur macht, studiert, zwei juristische Staatsexamen macht und jetzt in einem hohen deutschen Staatsamt landet, das ist doch die eigentliche Geschichte, und die bleibt. Und jedem von uns, auch mir, passiert mal etwas, dass man mal einen Schritt zu weit geht und die Partei sagt, nein, das ist nicht meine Position. Das hat mit Muslima oder nicht Muslima gar nichts zu tun. Das ist jetzt korrigiert. Heute wird sie vereidigt und das ist das, was eigentlich das Entscheidende ist.

Armbrüster: Aber was glauben Sie denn, wie kommt das an bei jungen Ausländern in Deutschland, wenn eine türkischstämmige Ministerin auf einmal zurückrudern muss, weil sie Kreuze im Klassenzimmer kritisiert?

Laschet: Aber türkische Minister müssen auch in der Türkei schon mal zurückrudern. Jeder von uns muss immer mal zurückrudern. Diese Frage Kreuze ist für die Muslime nicht eine so große. Wir haben hier vor wenigen Wochen in Düsseldorf erlebt, da wurden in den Gerichten die Kreuze abgehängt, da gab es auch Protest und dann hat der Verband der Muslime gesagt, wir wollen, dass das Kreuz hängen bleibt, das ist ein religiöses Symbol, da haben wir Respekt vor. Also diese Debatte um Kreuze in Klassenzimmern haben wir in Deutschland doch schon geführt, bevor es überhaupt um Muslime oder nicht Muslime ging. Sie erinnern sich an das Kruzifixurteil des Bundesverfassungsgerichtes. Das ist eine politische Frage, und in Niedersachsen ist die Tradition halt so, wie sie ist, in Nordrhein-Westfalen übrigens auch, und deshalb würde ich wirklich diese Frage nicht überbewerten. Sie werden erleben: In den nächsten Tagen, auch in den türkischen Medien und Gemeinschaften, wird die Freude darüber, dass es endlich einmal gelungen ist, eine Zuwandererin zur Ministerin in Deutschland zu machen, weit überwiegen diesen Streit des gestrigen Tages.

Armbrüster: Sie haben das Bundesverfassungsgericht erwähnt. Hat denn Frau Özkan nicht genau im Sinne von Karlsruhe argumentiert?

Laschet: Sie hat so argumentiert, wie auch Karlsruhe aus meiner Sicht einmal falsch argumentiert hat, denn ich finde, dass die Kreuze ...

Armbrüster: Moment, Herr Laschet! Heißt das, Sie kritisieren nachträglich noch mal das Kruzifix-Urteil aus Karlsruhe aus den 90er-Jahren?

Laschet: Ich habe das damals kritisiert und in nordrhein-westfälischen Klassenzimmern hängen selbstverständlich Kreuze. Das ist auch gar kein Problem. Wenn das jemanden stört in einer Klasse, wird vor Ort eine Lösung gefunden. Das wird ganz pragmatisch gehandhabt. Aber die Theorie, Kreuze nun aus allen Klassenzimmern zu verbannen, die das Bundesverfassungsgericht damals sehr zugespitzt ja formuliert hatte, ist nicht die Realität in so gut wie keinem deutschen Bundesland, und ich glaube, dass man doch sehr vernünftig vor Ort mit solchen, auch für die Menschen sehr wichtigen Symbolen umgehen sollte. Es geht nicht darum, dass eine Religion die andere dominiert, sondern es geht darum, dass das Kreuz für viele Menschen eine Prägung, die über Jahrhunderte gewachsen ist, darstellt, und wenn niemand daran Anstoß nimmt, warum sollte man es dann abhängen.

Das ist eine pragmatische Lösung. Die gibt es in Niedersachsen, die gibt es in Nordrhein-Westfalen, die gibt es natürlich auch in Bayern, das ja damals Auslöser war für dieses Urteil, und das Urteil ist 10, 15 Jahre her und trotzdem ist die Praxis in den Klassenzimmern meiner Ansicht nach eine sehr friedvolle, auch im Umgang mit den Religionen.

Armbrüster: Können Sie sich dann, Herr Laschet, auch muslimische Symbole im Klassenzimmer vorstellen?

Laschet: Ich glaube nicht, dass - - Es gibt natürlich, wenn Sie heute in Klassenzimmer von Schulen hineingehen und Religionsunterricht wird besprochen, sind da auch schon mal muslimische Symbole.

Armbrüster: Die werden aber nur mal aufgehängt oder an der Tafel gezeigt. Die werden nicht ständig gezeigt wie ein Kreuz.

Laschet: Ja, das ist schon wahr, aber das Christentum hat nun über Jahrhunderte Deutschland geprägt mit seinen Werten. Das ist eingemündet in das Grundgesetz. Unsere Geschichte ist geprägt von christlich-jüdischen Werten und der Aufklärung. Man muss beides immer zusammen sagen. Und dass das Bestandteil unserer Geschichte ist, das ändert sich doch nicht dadurch, dass heute auch Muslime in unserem Land sind.

Ich bin dafür, dass der Islam auch in unseren Schulen stattfindet. Wir wollen islamischen Religionsunterricht, so wie es christlichen Religionsunterricht gibt, aber das kann man nun nicht an Symbolen festmachen. Und wir haben hier beispielsweise in Nordrhein-Westfalen ein Kopftuchverbot für Lehrerinnen erlassen, das es trotzdem ermöglicht, dass christliche Symbole nicht verbannt werden müssen. Der Staat ist nicht neutral nach der deutschen Verfassung und viele Gerichte haben dieses Urteil auch bestätigt. Es ist meistens nur nicht so hochgekocht wie die Debatte der letzten Tage und ich finde auch die Kritik an Frau Özkan maßlos. Wir sollten die Tassen im Schrank lassen. Man muss sie nicht wegen einer solchen Äußerung so angehen, wie das auch in den letzten Tagen auch aus der Union geschehen ist.

[...] Armbrüster: Da kamen ja aus der Union sogar Rücktrittsforderungen gegen Frau Özkan. Meinen Sie, wären die auch gekommen, wenn sie nicht Muslima wäre?

Laschet: Das ist das, wo ich mir nicht so sicher bin. Ich weiß es nicht. Das ist ein Thema, das sehr natürlich an die Emotionen geht. Diese Rücktrittsforderungen waren völlig überzogen, denn das ist ein politischer Streit. Herr Wowereit ist ihr ja beigesprungen. Die SPD oder Die Linke vertreten ja in weiten Teilen diese These und deshalb ist meine Antwort, das liegt nicht an Muslimin oder nicht Muslimin, das ist ein politischer Streit, und alle, die in den letzten Tagen so scharf über Frau Özkan hergezogen sind, sollten vielleicht mal ihre Lebensleistung in den Blick nehmen, ihre gesamte politische Aussage in den Blick nehmen, auch das gesamte Interview, das sie gegeben hat, in den Blick nehmen ...

[...] Armbrüster: Wann streichen Sie dann das C aus dem Kürzel CDU?

Laschet: Das brauchen wir nicht zu streiche, weil Frau Özkan, als sie in die CDU eingetreten ist, gesagt hat, ja, zu den Werten stehe ich, deshalb trete ich in diese Partei ein. Wir haben auch viele Nichtchristen, die Mitglieder in einer solchen Partei sein können, aber denen die Programmatik und die Werteorientierung gefällt, und insofern gehe ich davon aus, das wird nicht gestrichen, im Gegenteil. Religiöse Werte, die einem wichtig sind, die in allen drei Weltreligionen vorhanden sind, bei Juden, bei Christen und Muslimen, die haben heute auch noch eine Attraktivität für die Gestaltung unserer Gesellschaft.

Armbrüster: Armin Laschet, Integrationsminister in Nordrhein-Westfalen. Vielen Dank für dieses Interview.

Laschet: Bitte schön.



Aus: ""Jeder von uns muss immer mal zurückrudern" - NRW-Integrationsminister hält Kruzifix-Debatte für überflüssig
Armin Laschet im Gespräch mit Tobias Armbrüster" (27.04.2010)
Quelle: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/1171265/ (http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/1171265/)

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Quote[...] Als "reine Symbolpolitik" hatte Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) die Berufung von Aygül Özkan zur niedersächsischen Sozialministerin noch vor ein paar Tagen hämisch abgetan. Doch nach den ersten Äußerungen der Frau, die heute in Hannover als erste türkischstämmige Ministerin der Republik vereidigt wird, kann davon keine Rede mehr sein. Denn mit ihren forschen Statements zu Kopftüchern, Kruzifixen und Integration hat die Senkrechtstarterin klargemacht, für welche Inhalte sie steht. Die 38-Jährige ist damit mehr als nur ein neues Gesicht für eine CDU, die sich modernisiert. Sie selbst steht für diese Modernisierung der Union ein.

[...] Symbolpolitik ist eben auch Politik. Und aus Wowereits Häme spricht nur der Neid darüber, dass seine Partei auf dem Terrain der Integration so alt aussieht. Die Grünen haben einen Parteivorsitzenden mit Migrationshintergrund, die CDU nun die erste muslimische Ministerin. Und was hat die SPD? Einen Sarrazin, der gegen Migranten aus der Unterschicht pöbelt - und dessen schlichte Thesen die Tochter eines Änderungsschneiders aus Hamburg-Altona allein schon mit ihrer Aufstiegsgeschichte Lügen straft.


Aus: "Symbolpolitik mit Folgen" KOMMENTAR VON DANIEL BAX (27.04.2010)
Quelle: http://www.taz.de/1/debatte/kommentar/artikel/1/symbolpolitik-mit-folgen/ (http://www.taz.de/1/debatte/kommentar/artikel/1/symbolpolitik-mit-folgen/)

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Quote[...] Eine selbstbewusste muslimische Ministerin scheint auch im "Zukunftsland Niedersachen" kaum ertragbar zu sein.

Kaum hatte der niedersächsische Ministerpräsident Wulff eine gute Idee und hat mit Aygül Özkan eine türkischstämmige Frau zur Sozialministerin erkürt, durchkreuzte diese den schönen Coup mit der Forderung, dass alle religiösen Symbole, also sowohl Schleier als auch Kruzifixe, aus den Schulen verbannt werden sollten. Schulen sollen ein neutraler Ort sein.

Ist eigentlich ganz vernünftig und sowieso verfassungskonform, aber das traf auf verbitterten Widerstand derjenigen, die irgendwie noch nicht in der Gegenwart angekommen sind und weiterhin glauben, unbedingt die christliche Tradition als Ursprung der westlichen Kultur, des Humanismus, der Wissenschaft und der Menschenrechte verteidigen zu müssen. Noch dazu vertrat Özkan – wie erstaunlich! – die Position, dass ergebnisoffene Verhandlungen mit der Türkei über den EU-Beitritt geführt werden müssten.

Wer eine selbstbewusste muslimische, schiitische Ministerin in Deutschland beruft, wird nicht davon ausgehen können, dass sie dem Profil der konservativen Deutschen entspricht. Zwar hat sich die Ministerin in spe schnell wieder von ihren Forderungen distanziert, weil Macht verführt, aber sie wurde nun offenbar schon Ziel von Morddrohungen, weswegen sie unter den Schutz des LKA gestellt wurde. Selbst die Bild schreibt nun: Morddrohungen gegen schöne Ministerin. Gleichwohl schoss Bilds Hugo Möller-Vogg den Vogel ab, als er die Zurückweisung der Forderung kommentierte: "Eines hat die erste türkischstämmige Ministerin offenbar nicht verstanden: Dass es bei uns so tolerant zugeht, das ist das Erbe unserer christlich-abendländischen Tradition." Ja, so tolerant sind wir, dass wir nichts neben "unserem" Erbe akzeptieren.

Unglaublich, sollte man meinen, dass die Trennung von Staat und Kirche in Deutschland von der Union nicht akzeptiert wird, die damit vor den radikalen Kräften der Realitätsverweigerung kuschen. So modern, wie Wulff die CDU machen wollte, ist sie schlicht noch nicht. Die CDU muss erst noch wenig erwachsener werden, um selbstbewusste Frauen, die noch dazu Musliminnen sind, ertragen zu können.

Nach den Attacken aus der eigenen Partei hat Özkan ihren Vorstoß inzwischen zurückgenommen und sich entschuldigt. Wie die Welt berichtet, sagte sie, sie habe das entsprechende Interview voreilig und ohne ausreichende Kenntnis des Landes Niedersachsen gegeben. Wulff sagte, die CDU freue sich über Kreuze in den Schulen, weil sie die Schüler nach christlichen Wertemaßstäben erziehen wolle. Özkan hätte dies "akzeptiert" und werde diese Politik mittragen. Damit sei das Thema für ihn erledigt. Für ihn schon, vielleicht auch für die CDU und Özkan, aber auf Dauer wird der Staat neutral werden müssen.

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Aus: "Verunglückte Demonstration der christlichen Toleranz" Florian Rötzer (27.04.2010)
Quelle: http://www.heise.de/tp/blogs/8/147515 (http://www.heise.de/tp/blogs/8/147515)

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Quote[...] ,,Ich finde diese Personalentscheidung gut", sagte der CDU-Politiker der ,,Saarbrücker Zeitung" laut Vorabmeldung. ,,Sie ist ein Beweis für die Integrationsbereitschaft unseres politischen Systems und insbesondere der CDU." Mit ihrem Vorstoß für ein Kreuzverbot in Schulen ,,liegt die künftige Ministerin Özkan aber falsch", erklärte der saarländische Regierungschef. Seine Partei sage ,,ja zur Integration, aber nein zu strikter Säkularisierung". Die CDU sei eine offene und tolerante Volkspartei. ,,Selbstverständlich spiegelt sich die Bandbreite der gesellschaftlichen Diskussion in ihr wieder", sagte Müller.

Als ,,völlig indiskutabel" bezeichnete der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) den Vorstoß Özkans nach einem Kruzifix-Verbot an öffentlichen Schulen. ,,Ich erwarte den nötigen Respekt vor unserer christlichen Tradition", sagte Herrmann der ,,Passauer Neuen Presse". Vom niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff (CDU) erwarte er, dass er Özkan ,,die Grundsätze von CDU und CSU" beibringe. In Bayern halte die überwältigende Mehrheit Kreuze in Klassenzimmern für richtig.

Die katholischen Laien bedauerten die Äußerungen Özkans. ,,Ich halte die Position in der Sache für falsch und ich bedauere die Aussage sehr, denn diese Benennung war durchaus ein interessantes Signal in Richtung Integration", sagte der Vorsitzende des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Alois Glück, zu Focus Online. ,,Mit diesen Äußerungen ist ihr Start als Ministerin schwer belastet. Die Worte wirken gegen Integration."

[...] Mit Özkan soll erstmals eine Muslimin in Deutschland einen Ministerposten einnehmen. Zudem wird 20 Jahre nach der Deutschen Einheit mit Johanna Wanka im Wissenschaftsressort erstmals eine ostdeutsche Politikerin Ministerin in einem westdeutschen Landeskabinett. Für das Landwirtschaftsressort ist Astrid Grotelüschen ernannt. Das Kultusministerium soll Bernd Althusmann übernehmen. Alle vier neuen Minister gehören der CDU an.

QuoteSonja (27.04.2010 09:10)
Begründung von Özkan
Ich glaube sie hat diese Ausage nur gesagt weil einige Politiker auch meinten das die Kopftücher auf den Schulen verboten werden sollen.



Aus: "CDU: Kruzifixe bleiben hängen – Missverständliche Aussagen von Aygül Özkan ausgeräumt" ()
Quelle: http://www.focus.de/politik/weitere-meldungen/cdu-kruzifixe-bleiben-haengen-missverstaendliche-aussagen-von-ayguel-oezkan-ausgeraeumt_aid_502441.html (http://www.focus.de/politik/weitere-meldungen/cdu-kruzifixe-bleiben-haengen-missverstaendliche-aussagen-von-ayguel-oezkan-ausgeraeumt_aid_502441.html)

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Quote[...] Unions-Fraktionsvize Johannes Singhammer (CSU) nannte die Forderung Özkans derweil ,,schlicht abwegig" und warnte vor einem ,,neuen Kulturkampf in deutschen Klassenzimmern". Auch eine muslimische Landesministerin habe die christlich geprägte Kultur in Deutschland zu respektieren.

[...]  die kirchenpolitische Sprecherin Maria Flachsbarth (CDU) erklärte, das Kreuz habe auch in einer pluralen Gesellschaft ,,seinen selbstverständlichen Platz in der Öffentlichkeit".

CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sprach von einer ,,abstrusen Idee". Solche ,,Verunsicherungen unserer Stammwähler" seien überflüssig, sagte er in München. ,,Bei uns bleiben die Kruzifixe in den Klassen und die Gipfelkreuze auf den Bergen."

...

Quote27.04.2010,
09:35 Uhr
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Aus: "Aygül Özkan: Merkel weist Forderung nach Kruzifix-Verbot zurück" (26. April 2010)
Quelle: http://www.welt.de/aktuell/article7342908/Merkel-weist-Forderung-nach-Kruzifix-Verbot-zurueck.html (http://www.welt.de/aktuell/article7342908/Merkel-weist-Forderung-nach-Kruzifix-Verbot-zurueck.html)

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Quote[...] Wenn [ ] die erste muslimische Ministerin der Christlich-Demokratischen Union, noch nicht im Amt, sich über das Kreuz hermacht, dann ist das keine x-beliebige Einzelmeinung. Dann mutet sie einem Teil ihrer Partei und einem Teil ihrer Wähler mehr zu, als die emotional zu verkraften in der Lage wären.

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Aus: "Falsches Timing" Von Ulrich Exner  (26. April 2010)
Quelle: http://www.welt.de/die-welt/debatte/article7337363/Falsches-Timing.html (http://www.welt.de/die-welt/debatte/article7337363/Falsches-Timing.html)

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Quote[...] Im hessischen Landtag hat ein kritischer Kommentar des stellvertretenden CDU-Fraktionschefs, Hans-Jürgen Irmer, zur Ernennung der Deutsch-Türkin Aygül Özkan (CDU) zur Sozialministerin in Niedersachsen einen Eklat ausgelöst. Irmer hatte Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) in diesem Zusammenhang eine ,,Fehlentscheidung" vorgeworfen.

Özkans ablehnende Äußerungen zu Kruzifixen in staatlichen Schulen beweise, dass sie mit ,,ihrer Denke" nicht in der Lage sei, ,,deutsche Interessen zu vertreten". Zudem hatte der CDU-Politiker vor einer Islamisierung Deutschlands gewarnt. Menschen aus Polen und anderen christlich geprägten Ländern seien mit ihrer Heimat verwurzelt und kämen nur vorübergehend. Wenn Muslime nach Deutschland kämen, sei das ein ,,gefühlte Landnahme", so Irmer: ,,Der Islam ist auf die Eroberung der Weltherrschaft fixiert. Wir brauchen nicht mehr Muslime, sondern weniger."

Die Landtagsopposition hatte diese Äußerungen als ungeheuerliche Entgleisung (Grüne) und als ,,rassistisch" (Linke) kritisiert. Die Regierungsparteien CDU und FDP lehnten zunächst eine Debatte zu diesem Thema ab. Am Nachmittag entschuldigte sich Irmer schließlich in einer persönlichen Erklärung und nahm die Bemerkungen zurück. Er sei über das Ziel hinausgeschossen, sagte Irmer, der in der Vergangenheit wiederholt mit kritischen Bemerkungen zum Islam angeeckt war.

Die beiden großen Kirchen haben unterdessen den religiös gefassten Amtseid der neuen niedersächsischen Sozialministerin begrüßt. ,,Die Situation in unserer religiös pluralen Gesellschaft ist darauf angewiesen, dass wir bei allen Differenzen zwischen Christen und Muslimen gemeinsame Überzeugungen und Schnittmengen haben", sagte der Präsident des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Hermann Barth, am Mittwoch in Hannover. ,,Wir sollten sie pfleglich behandeln."

Für die katholische Kirche bezeichnete der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke den Amtseid von Aygül Özkan als ,,richtiges Signal". Özkan hatte ihren Eid mit der Formel ,,So wahr mir Gott helfe" beschlossen. Sie war am Dienstag als erste muslimische Ministerin in Deutschland im Landtag in Hannover vereidigt worden. In einer persönlichen Erklärung hatte sie erläutert, dass sie sich als gläubige Muslimin auf den einen und einzigen Gott berufe, der dem Judentum, dem Christentum und dem Islam bei allen Unterschieden in den dogmatischen Lehren gemeinsam sei.Der Sprecher der Hannoverschen Landeskirche, Johannes Neukirch, sagte der ,,Bild"-Zeitung, ,,dass alle drei monotheistischen Religionen denselben Gott verehren, ist ein sehr unspezifisches Gottesbild". Er fügte hinzu: ,,Wir Christen sehen schon einen deutlichen Unterschied zwischen unserem Gott und Allah. Der Sprecher des katholischen Bistums Essen, Ulrich Lota, sagte, ,,theologisch sind der Gott der Christen und der Gott des Islam nicht gleichzusetzen"

Quote* 29.04.2010 um 8:56 Uhr
    * gerthans

2. Geschichte wiederholt sich

Die konservativen CSUler werden es schlucken, dass eine Frau mit türkischen Wurzeln (und wahrscheinlich türkischer Muttersprache) Ministerin wird und vielleicht sogar später Bundeskanzlerin, so wie es auch die konservativen römischen Senatoren schluckten, dass zum Beispiel mit Septimius Severus ein dunkelhäutiger Reichsbürger mit afrikanischen Wurzeln, dessen Muttersprache wahrscheinlich Punisch (Sprache des Feindes!) war, den Kaiserthron bestieg. Durch solche Integration auch mittels sozialem Aufstieg konnte das durch Geburtenschwund niedergehende Reich seinen Zusammenbruch noch lange hinausschieben.

Typisch für das späte Römische Reich war auch religiöse Vielfalt. Religionen besonders aus dem Orient (Mithras, Sonnenkult) fassten in Rom Fuß, man kann von einer religiösen Orientalisierung sprechen, zu der auch das Christentum, eine östliche Religion, die sich immer breiter machte, gehörte. Geschichte wiederholt sich!





Aus: "Eklat um Özkan im hessischen Landtag" Von Christoph Schmidt Lunau, Wiesbaden (29.4.2010)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/deutschland/2010-04/oezkan-irmer (http://www.zeit.de/politik/deutschland/2010-04/oezkan-irmer)

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QuoteZentralrat der Muslime befürwortet Kreuze in deutschen Schulen
Mittwoch, 28. April 2010 um 13:04

Nachdem die neue niedersächsische Sozialministerin Aygül Özkan (CDU) noch vor ihrer Amtseinführung ein Kruzifix-Verbot in deutschen Schulen angesprochen hatte, hat sich jetzt der Vorsitzende des Zentralrates der Muslime in Deutschland Ayyub Axel Köhler zu Wort gemeldet und Kreuze in deutschen Schulen befürwortet: "Schließlich ist die Bundesrepublik ein zutiefst christlich geprägtes Land."

Quote#1 wait4the12thimam 2010-04-28 15:52
Assalam u alaikum,

Wir Muslime sollten uns auf keinen Fall auf die Seite unserer Feinde stellen. Ihnen geht es nicht um die Kreuze, denn diese Diskussion gab es schon vorher. Jedoch wurden die Gegner dieser Kruzifixe in Schulen nicht so niedergemacht wie die Frau Özkan. Sie haben doch nur einen Grund gesucht um ihren Hass und ihre Wut über die Wahl einer Muslima als Ministern, freien Lauf zu lassen. Heute lese ich im Spiegel (zionist enmagazin), dass mehrere kirchliche Vertreter empört darüber sind, dass die Muslima Özkan in ihrem Amtseid "so wahr mir Gott helfe " sagte. Sie nehmen offen Stellung gegen den Islam und von Annäherung kann gar nicht erst die Rede sein. Auch wenn Herr Ayyub Köhler im grund genommen recht hat, dass es den Deutschen zusteht christliche Symbole in ihren Schulen aufzuhängen. Jedoch hätte er lieber Schweigen sollen.



Aus: "Zentralrat der Muslime befürwortet Kreuze in deutschen Schulen" (Mittwoch, 28. April 2010)
Quelle: http://german.irib.ir/index.php/weitere-kurzmeldungen/37818-zentralrat-der-muslime-befuerwortet-kreuze-in-deutschen-schulen (http://german.irib.ir/index.php/weitere-kurzmeldungen/37818-zentralrat-der-muslime-befuerwortet-kreuze-in-deutschen-schulen)

Title: [Es gehe ums Prinzip meint Waldo Teppans... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 11, 2010, 09:54:36 AM
Quote[...] STOCKHOLM taz | Sara ist 16 Jahre alt, besucht die neunte Klasse der Attarp-Schule im südschwedischen Bankeryd und spielt Basketball. Das darf sie jetzt nicht mehr. Denn Sara spielt regelwidrig. Läuft sie mit "Bankeryds Basket", einem der im Jugendbereich erfolgreichsten Klubs zum Match auf, trägt sie ein T-Shirt unter dem Trikot. Das bedeckt ihre Achseln. Die würde das ärmellose Basketballspielhemd sichtbar lassen. Und ihre Achseln öffentlich zu zeigen, so sagt Sara, verbietet ihr ihr Glauben.

Saras Fall beschäftigt nun den schwedischen Diskriminierungsombudsman (DO). Schiedsrichter hätten ihr wegen ihres T-Shirts die Spielteilnahme untersagt oder bei ihrer Einwechslung das Match abgepfiffen und sie auf die Bank zurückgeschickt. Auch bei einer wichtigen Begegnung im Rahmen der schwedischen Jugendmeisterschaften. "Vor allen anderen Spielern und vielen Zuschauern. Ich fühlte mich angeprangert, schlecht behandelt und gekränkt. Es war fürchterlich peinlich, so ausgewiesen zu werden", erzählt Sara: "Ich will vom DO wissen, ob man das wirklich darf. Ich bin in Schweden geboren, habe mich nie diskriminiert gefühlt, aber fühle mich das jetzt."


Aufgrund entsprechender Richtlinien des Internationalen Basketballverbandes Fiba änderte auch der schwedische Verband vor gut einem Jahr seine Regeln. Seither ist das sichtbare Tragen von Unterhemden unter den Spieltrikots unzulässig. Ein entsprechendes Verbot gab es zwar schon vorher, allerdings mit Ausnahmeregelungen. Das T-Shirt-Verbot gilt auch in Deutschland.

Das sei eine Bestimmung, die nicht etwa etwas mit der Sicherheit der Spieler zu tun habe oder wegen von solcher Bekleidung möglicherweise ausgehender Behinderung für andere Spieler oder Schiedsrichter erlassen worden sei, erläutert Lena Wallin-Kantzy vom "Svenska Basketbollförbundet" (SBBF) das Verbot. Sondern es gehe um Ästhetik: "Ich finde es nicht komisch, wenn Regeln fordern, dass alle Spieler während eines Basketballmatchs gleiche Kleidung tragen müssen." Es gehe ums Prinzip, meint Waldo Teppans, Spielverantwortlicher beim SBBF: Nachdem die Vereine die neuen Vorschriften in der ersten Zeit nicht so ernst genommen hätten, habe man die Schiedsrichter angewiesen, die Regeln strikt anzuwenden.


Aus: "Umstrittenes T-Shirt-Verbot" VON REINHARD WOLFF (11.05.2010)
Quelle: http://www.taz.de/1/sport/artikel/1/umstrittenes-t-shirt-verbot/ (http://www.taz.de/1/sport/artikel/1/umstrittenes-t-shirt-verbot/)

Title: [Unter der Oberfläche eines künstlerischen Wettbewerbs... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 03, 2010, 09:47:03 AM
Quote[...] BERLIN taz | Gleich nachdem Israel "unserer Lena" beim Eurovision Song Contest in Oslo Null Punkte gab, ging im Netz die Hetze gegen "die Juden" los.

Als israelische Soldaten am Montag den Hilfskonvoi für Gaza attackierten, lösten sie scharfe internationale Kritik und Debatten aus. Und lenkten ganz nebenbei von einem anderen Ereignis ab, dass die antisemitischen Reflexe der Deutschen auf geradezu groteske Weise vorführt.

Gleich nach dem Auftritt von Lena Meyer-Landrut beim Eurovision Song Contest zeigte sich, wie knapp unter der Oberfläche eines künstlerischen Wettbewerbs der Judenhass liegt.

Samstagabend in Oslo: Nach und nach verkünden die Länder ihre Wertungen. Israel gibt Lena - ach was, gibt Deutschland! - keinen einzigen Punkt. Ein Skandal, der natürlich sofort getwittert werden muss.

Sofort geht es gegen "die Juden" - auf 140 Zeichen: "Und wir bauen den Juden ein Denkmal in Berlin" zählt noch zu den harmloseren Kurznachrichten, die der Journalist und Blogger Jörg Marx als Screenshot auf Marxblog.de veröffentlichte. "Deutschland im Siegestaumel", betitelte er seine Sammlung dort sarkastisch, was ihm seinerseits einen Antisemitismusvorwurf einbrachte.

Zwar sind besonnene Leserkommentare zu diesem Blogeintrag in der Mehrheit. Einige Bemerkungen seien aber derartig rassistisch und beleidigend gewesen, dass er sie lieber gelöscht habe, sagt Marx.

Dass die Israelis nicht nur der deutschen Teilnehmerin Lena Meyer-Landrut, sondern auch 13 weiteren Künstlern, die beim Grand Prix auftraten, keine Punkte gaben, wird in der Diskussion vorsichtshalber verschiegen. Dass es für den israelischen Sänger Harel Skaat mit seinem Song "Milim" ebenfalls keine Punkte aus Deutschland gab, wird ebenfalls nicht erwähnt.

"Was wollen die überhaupt bei einem europäischen Wettbewerb?", fragten dagegen mehrere Kommentatoren in Unkenntnis der Eurovisionsstruktur - und haben auch gleich die Erklärung parat: "Juden-Extrawurst".

Natürlich fehlen in der Diskussion weder der Vergleich Holocaust/israelische Besatzungspolitik noch der übliche Hinweis auf die Meinungsfreiheit.

Übrigens: Nicole bekam bei ihrem Grand-Prix-Sieg 1982 mit "Ein bisschen Frieden" auch aus Israel Punkte - und zwar die vollen zwölf. Offenbar hatten uns "die Juden" den Holocaust doch schon mal verziehen.


Aus: "Antisemitismus per Twitter - Pöbel im Netz" VON MAIK NOLTE (03.06.2010)
Quelle: http://www.taz.de/1/netz/netzkultur/artikel/1/poebel-im-netz/ (http://www.taz.de/1/netz/netzkultur/artikel/1/poebel-im-netz/)

Title: [Das Erbintelligenzlertum (D, 2010, Sarrazin)... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 30, 2010, 11:32:57 AM
Quote[...] Die 18-jährige Duygu muss sich ständig rechtfertigen. Denn die muslimische Enkelin eines türkischen Gastarbeiters macht Abitur, trägt kein Kopftuch und jobbt in einer Kneipe.

[...] Sie möchte einfach ihr Leben und ihre Träume leben. Gerne in diesem Land, dessen Staatsbürgerin sie ist. Sie hat ihre "Bringschuld" Deutschland gegenüber erbracht. Vorbehaltlose Akzeptanz im Gegenzug wäre nur fair.

[...] Eingeholt hat sie die Sarrazin-Debatte dann doch. Letzte Woche im Philosophieunterricht hat ein türkischer Mitschüler spaßeshalber das Thema aufgebracht. Die Lehrerin wollte wissen, was die Abiturienten über die Thesen Sarrazins denken. Und plötzlich war Schweigen. Ein bedrückendes, weil beredtes Schweigen. Niemand wollte sich zu dem Thema äußern.

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Quote* 07.09.2010 um 16:56 Uhr
   * TDU

... Das betretene Schweigen ist klar. In Anwesenheit eine Managersohnes über Managergier zu sprechen, das wäre einfacher nicht wahr?


Quote* 07.09.2010 um 16:10 Uhr
   * Döderi

Wo leben wir eigentlich?

Also ich weiß ja nicht wo so etwas wie eine türkische Abiturientin etwas besonderes ist, oder woher Sarrazin sein Meinung hat, aber in meinen Abiturjahrgang war der Anteil der Migranten oder Migrantenkinder bei ca. 40%. Und ich komme weder aus einer Migrantenhochburg, noch aus einem Problemviertel.

Die ganze Debatte ist sowieso nur von ewig Gestrigen geführt. Ich bin in meinen Zwanzigern und bin mit Multikulti aufgewachsen und würde es wirklich vermissen, wenn es nicht mehr da wäre.





Aus: "Sarrazin-Debatte: Wie eine türkische Abiturientin gegen Klischees ankämpft" Von Deniz Baspinar  (7.9.2010)
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/familie/2010-09/bildung-migranten-abiturientin (http://www.zeit.de/gesellschaft/familie/2010-09/bildung-migranten-abiturientin)


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Quote[...] ansonsten hat die öffentliche Debatte um den Islam und die Muslime in Deutschland hysterische Züge angenommen; die Islamkritiker sehen in der Religion eine fundamentale Bedrohung westlicher Werte, unreformierbar und absolut. Verfechtern einer differenzierteren Sicht werfen sie Verrat an den Idealen der Aufklärung und der westlichen Zivilisation vor. Dazwischen gibt es wenig. Alles oder Nichts, Gut und Böse.

Munition liefern ihnen immer wieder Irrungen wie Steinigungsurteile in Iran oder die Morddrohungen gegen den Zeichner der Mohammed-Karikaturen, Kurt Westergaard. Dagegen wird zu Recht protestiert. Und dem Dänen Westergaard wird der Rücken mit Auszeichnungen gestärkt – etwa mit dem Medienpreis der Potsdamer Journalistenvereinigung, den er an diesem Mittwoch erhält.

Beunruhigend ist aber, dass der Diskurs der Islamkritiker wie ein Spiegelbild des Diskurses fundamentalistischer Islamisten wirkt, die meinen, ihre eigene Kultur gegen die Bedrohungen durch die westliche Moderne verteidigen zu müssen. Auf beiden Seiten gibt es dann ebenso parallel Zustimmung breiter Bevölkerungsschichten zu den provokantesten Thesen in diesem Kampf um Identitäten.

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Aus: "Islamdebatte: Verrat an der Aufklärung" Von Andrea Nüsse (8.9.2010)
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2010-09/islam-integration-muslime (http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2010-09/islam-integration-muslime)

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Quote[...] ,,Ich bin kein Rassist", sagt Sarrazin in der ,,Welt am Sonntag". ,,In meinem Buch rede ich zudem nicht von Türken oder Arabern, sondern von muslimischen Migranten. Diese integrieren sich überall in Europa deutlich schlechter als andere Gruppen von Migranten. Die Ursachen dafür sind nicht ethnisch, sondern liegen offenbar in der Kultur des Islam. Vergleichen sie, wie groß die Integrationserfolge von Pakistani oder Indern in Großbritannien sind."

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Aus: "Wie Sarrazins Buch die Feuilletons beherrscht"
(30.08.2010, DerWesten) Kommentare: 103 [30.08.2010]
Quelle: http://www.derwesten.de/nachrichten/politik/Wie-Sarrazins-Buch-die-Feuilletons-beherrscht-id3620512.html (http://www.derwesten.de/nachrichten/politik/Wie-Sarrazins-Buch-die-Feuilletons-beherrscht-id3620512.html)


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Quote[...] Die SPD hat ein Problem mit älteren Herren. Der frühere Superminister Wolfgang Clement (70) ist nach zähem Parteiausschlussverfahren selbst gegangen und wirbt nun für die FDP. Der ehemalige Innenminister Otto Schily (77) unterstützt eine Anzeigenkampagne der Atomlobby, die SPD-Chef Gabriel für "beispiellose Propaganda" hält. Aber diese Ausfälle sind harmlos im Vergleich zu dem, was Thilo Sarrazin (65) mit seinem publizistischen Feldzug gegen die Zuwanderung von Muslimen nach Deutschland anrichtet. ...


Aus: "Die SPD und Sarrazin: "Wir sollten uns trennen"" VON ST. REINECKE & G. REPINSKI / S. AM ORDE (30.08.2010)
Quelle: http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/wir-sollten-uns-trennen/ (http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/wir-sollten-uns-trennen/)

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Quote[...]  Sarrazins Argumentationsweg lässt sich mit fünf Schritten abkürzen:

Erstens: ,,Intelligenz ist zu 50 bis 80 Prozent angeboren." Zweitens: Die Hochbegabung konzentriert sich in der Oberschicht, die Mittelschicht bringt gut Begabte hervor, in der Unterschicht ist überdurchschnittliche Intelligenz selten, in der von staatlichen Transferleistungen lebenden Unterschicht schon normale Intelligenz die Ausnahme. Drittens: Die Fruchtbarkeit in der Ober- und Mittelschicht ist zu gering, diejenige in der deutschen wie ausländischen Unterschicht zu groß. Je niedriger der Intelligenzquotient, desto höher die Fertilitätsrate. Viertens: Dies führt zum Sinken der gesellschaftlichen Gesamtintelligenz und zum Steigen der staatlichen Transferkosten. Fünftens: Zur Korrektur dieser Entwicklung müssen die dummen Leute aus der Unterschicht am Kinderkriegen gehindert und die klugen Leute aus der Mittel- und Oberschicht zum Kinderkriegen animiert werden. Des Weiteren ist die Zuwanderung dummer Türken, Araber und Afrikaner zu unterbinden und durch eine gesteuerte Migration gebildeter Menschen aus intelligenteren Ländern zu ersetzen.

Was hier in fünf Punkten zusammengefasst ist, setzt Sarrazin in neun Kapiteln auseinander. Das hat damit zu tun, dass Sarrazin bekennender Einhämmerer ist und ihm der Zweck der Zustimmungsbeschaffung das Mittel der Redundanz heiligt. Der andere Grund dafür, dass eine überschaubare Thesenführung ein undurchsichtiges Buch hervorbringt, hat mit der kabarettistischen Selbstverliebtheit des Autors zu tun.

Wenn er sich als Geschichtsphilosoph, Anthropologe, Religionshistoriker und Genetiker äußert klingt das so: ,,Es bleibt niemals etwas so, wie es ist, und kein gesellschaftlicher Zustand ist konservierungsfähig." – ,,Das Knochengerüst und die Sinnesorgane des Menschen sind phylogenetisch auf seine einstmalige Existenz als Jäger und Sammler abgestellt. Deshalb brauchen viele ab Mitte 40 eine Brille, ab Mitte 50 neue Hüften und ab Mitte 60 ein Hörgerät." – ,,Bei den Katholiken hat", im Unterschied zu evangelischen Pfarrersfamilien, ,,das Zölibat eine Vermehrung dieses Teils der intelligenten Bevölkerung verhindert." – ,,Eine über Jahrhunderte betriebene Familien- und Heiratspolitik, die dem intellektuellen Element überdurchschnittliche Fortpflanzungschancen gab, führte allmählich zur Ausbildung der überdurchschnittlichen Intelligenz."

Die zuletzt zitierte Bemerkung bezieht sich auf die europäischen Juden und ist eine der Stellen, an denen das Komische zum kapitalen Ernst wird. Denn viele Akademiker mit Familientradition sind auch bei ihrem eigenen Nachwuchs von der natur- und gengegebenen Begabung überzeugt. Promoviert gezeugte Kinder gehen nicht auf die Hauptschule. Und das hat dem genfetischistischen Mainstream zufolge viel mit dem biologischen und wenig mit dem sozialen Erbe zu tun. Wie früher der liebe Gott den Menschen ihren Platz in der Gesellschaft anwies, so tun das heute die guten Gene.

Von diesem Punkt aus, der je nach (genetischem?) Naturell von manchen Akademikern mit Vorsicht, von anderen mit Nachdruck geltend gemacht wird, führt der Ideenweg schnurstracks von der Sozial- zur Biopolitik. Diesen Weg geht Thilo Sarrazin ohne nach rechts und links zu blicken mit der Bravour des Überzeugungstäters. Ihm ist egal, ob seine Äußerungen den fleißig geschmähten Gutmenschen wie Hasspredigten in den Ohren klingen.

Jedoch haben auch gute Menschen schlimme Gedanken, wenn ihre allgemeine Moral mit der besonderen Sorgfalt für den eigenen Nachwuchs über Kreuz gerät. Frei nach Tucholskys ,,Tapfer ist, wenn weit weg" ließe sich für das luxurierende Multikultimilieu sagen: Tolerant ist, wenn weit weg. Man kann sich einleben in einen Migrantenkiez, einschulen will man seine Kinder dort nicht.

Sarrazin lügt mit seiner Beschreibung der Missstände und auch der Missbräuche in den Unterschichts- und Migrantenfamilien keineswegs das Blaue vom Himmel, sondern spricht Wahrheiten aus, die zum Himmel stinken. Sie lassen sich mit sozialromantischer Empörung nicht wegprotestieren. Und dem Schönreden von Verhältnissen, die zu ändern man mehr als verbale Solidarität nicht hat, ist die aggressive Bestandsaufnahme à la Sarrazin trotz ihrer zwanghaften Züge vorzuziehen.

Das Problematische der sarrazininschen Ideen besteht nicht in den Einzeldiagnosen, sondern in der biologistischen Logik, mit der er Bruchstücke der gesellschaftlichen Wirklichkeit zu einer pseudonaturwissenschaftlichen Weltanschauung fügt. Aber gerade diese Dimension bleibt in der sich selbst befriedigenden öffentlichen Empörung beschämend unbeachtet. Vielleicht auch, weil der so übereifrig den Bösewicht spielende Sarrazin mit seinem biologistischen Gesellschaftsbild, seinem Erbintelligenzlertum und seiner Gen-Rhetorik vielen Menschen der akademischen Mitte mehr aus der Seele spricht, als ihr Mund zugeben würde.

Und weil das kalte Interesse des Geldbeutels meistens über die Wärme des Herzens siegt, fände sicher manche Akademikerfamilie an dem Vorschlag Geschmack, den Sarrazin am Ende seines mit der Peitsche geschriebenen Buches als Zuckerbrot reicht: Das Kindergeld für alle wird gestrichen und durch eine akademische Fortpflanzungsprämie ersetzt: Frauen mit Hochschulabschluss bekommen für jedes Kind, das sie vor Abschluss des dreißigsten Lebensjahres zur Welt bringen, die schöne Summe von 50 000 Euro. Sarrazin hat nichts gegen Staatsknete, er will sie nur nicht politisch, sondern biologisch korrekt verteilen.


Aus: "Sarrazins Buch "Intelligenz ist zu 50 bis 80 Prozent angeboren""
Von Bruno Preisendörfer (27.08.2010 ) [Kommentare: 199 Stand 30.08.2010]
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/meinung/intelligenz-ist-zu-50-bis-80-prozent-angeboren/1912078.html (http://www.tagesspiegel.de/meinung/intelligenz-ist-zu-50-bis-80-prozent-angeboren/1912078.html)


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Quote[...] ZEIT: Sie führen die Verdummung der Gesellschaft darauf zurück, dass Intelligenz vererbbar sei.

Sarrazin: Eben nicht. Da bringen Sie etwas durcheinander.

ZEIT: Sie sagen, dass Intelligenz vererbbar ist.

Sarrazin: Das ist richtig.

ZEIT: Und Sie sagen, dass – weil die Besten und Klügsten weniger Kinder bekommen – die Intelligenz immer weniger vererbt wird. Und die Besten und Klügsten finden sich in Ihrem Buch nicht in der Unterschicht und nicht unter Muslimen.

Sarrazin: Wissenschaftlich belegt ist, dass Intelligenz zu 50 bis 80 Prozent vererbbar ist. Damit ist das, was ich sage, eine Folge einfacher logischer Analyse: Wenn die im Durchschnitt weniger Intelligenten eine höhere Fertilität haben, sinkt die Durchschnittsintelligenz der Population.

ZEIT: Woher wissen Sie denn, dass diejenigen, die »unten« sind, im Durchschnitt weniger intelligent sind? Das würde ja bedeuten, dass unsere Gesellschaft perfekt auswählt und die, die intelligent sind, stets nach oben befördert.

Sarrazin: Es gibt relativ viele Menschen von überaus mäßiger Intelligenz, die es bis in sehr hohe Positionen schaffen. Das durfte ich immer wieder beobachten. Sicherlich gibt es genauso viele kluge Menschen, die aus Gründen des persönlichen Lebenspechs ihr Dasein als Hilfsarbeiter oder Taxifahrer fristen. Es geht aber nicht um den Einzelfall, sondern um den statistischen Zusammenhang.

ZEIT: Die »unten« sind dümmer als die »oben«? Der Arbeiter ist dümmer als der Direktor?

Sarrazin: Das ist eine polemische Frage. Sie müssen schon auf dem Niveau meines Buches argumentieren.

ZEIT: Machen Sie sich um unser Niveau keine Sorgen.

Sarrazin: Eine derartig polemische Frage werde ich nicht beantworten.

ZEIT: Ist die Unterschicht dümmer als die Mittel- und Oberschicht?

Sarrazin: Intelligenz ist zu 50 bis 80 Prozent erblich. Zwischen Intelligenz, sozioökonomischem Hintergrund und Bildungsgrad besteht ein positiver statistischer Zusammenhang, der sich auch kausal erklären lässt.

[...] ZEIT: Sie fordern in Ihrem Buch nicht »Chancengleichheit für alle«, sondern schreiben, dass für einen großen Teil der Kinder aus der Unterschicht und aus muslimischen Familien die Chancen mit ihrer Geburt besiegelt sind. Sie sprechen ihnen pauschal einen Aufstiegswillen ab.

Sarrazin: Das ist falsch. Ich fordere ein Bildungssystem, das Chancengleichheit ermöglicht. Gleichwohl schreit es nach Erklärung, dass Migranten türkischer Herkunft auch in der dritten Generation weit hinter anderen Migrantengruppen zurückbleiben, was den Bildungserfolg angeht. Die Erklärung dafür kann nur aus dieser Gruppe selbst kommen. Denn äußere Benachteiligungen in unserer Gesellschaft, die sie zwingen würden, weniger Erfolg zu haben als Inder, Chinesen oder Süditaliener, gibt es nicht.

ZEIT: Also schreiben Sie es der Ethnie zu: »Die Türken sind zu Recht unten.«

Sarrazin: Sie fallen hinter Ihre Intelligenz zurück.

ZEIT: Danke. Zitieren wir noch einmal aus Ihrem Buch: »Je besser die Durchlässigkeit eines Bildungssystems ist, umso eher und umso nachhaltiger erschöpft sich das Potenzial an Höchst- und Hochbegabten.« Dann bringen Sie das Beispiel DDR und sagen, dass sich dort die Zahl der Studenten, die aus der Arbeiterschicht stammten, schnell erschöpft habe. Was heißt das?

Sarrazin: In jeder Gesellschaft gibt es Formen von Aufstieg und von Eliteauswahl.

ZEIT: Sie schreiben, dass es diesen Aufstieg in der Unterschicht und bei muslimischen Migranten nicht gibt.

Sarrazin: Das habe ich nicht gesagt. Ich habe eine logische Wahrheit ausgesprochen: Je durchlässiger ein System ist, umso mehr folgt die Schichtung im System der angeborenen Intelligenz, genau wie es die Bildungsforscherin Elsbeth Stern beschrieben hat.

ZEIT: Sind Sie der Meinung, dass die in Deutschland lebenden Muslime im Durchschnitt genotypisch weniger intelligent sind als die in Deutschland lebenden autochthonen Deutschen?

Sarrazin: Das habe ich nicht gesagt. Ich habe gesagt und zitiere wörtlich aus meinem Buch: »Der relative Misserfolg muslimischer Migranten kann wohl kaum auf angeborene Fähigkeiten und Begabungen zurückgeführt werden, denn er betrifft muslimische Migranten unterschiedlicher Herkunft gleichermaßen.«

ZEIT: Die Frage war, ob das Ihre Auffassung ist.

Sarrazin: Die Intelligenz muslimischer Migranten habe ich nicht überprüft und mache dazu auch keine Aussage.

ZEIT: Sie ethnisieren Intelligenz. Die Konsequenz daraus, dass muslimische Migranten weniger bildungsnah sind als andere, wäre: Wir müssen sie näher an die Bildung bringen. Das macht man mit Fordern und Fördern. Wenn das gelingt, ist Ihr Problem doch gelöst: Deutschland wird nicht dümmer, und die Muslime können hierbleiben.

Sarrazin: Ich habe geschrieben, wer hier ist und einen legalen Aufenthaltsstatus hat, ist willkommen. Aber wir erwarten, dass Zuwanderer die Sprache lernen, ihren Lebensunterhalt mit Arbeit verdienen und Bildungsehrgeiz für ihre Kinder haben – dass sie mit der Zeit Deutsche werden.

ZEIT: Sie wollen aber die Familienzusammenführung unterbinden. Warum?

Sarrazin: Schauen wir uns die Gesamtbilanz an: Aus 750.000 türkischen Gastarbeitern wurden drei Millionen bei uns lebende Türken. Wenn man die Unterstützungsquoten betrachtet, war die Einwanderung muslimischer Bevölkerungsgruppen kein ökonomischer Vorteil.

ZEIT: Immerhin mussten wir die Drecksarbeit nicht mehr machen.

Sarrazin: Es ist in der Summe ein ökonomischer Nachteil.

ZEIT: Mittlerweile wollen 30 bis 40 Prozent aller deutsch-türkischen Akademiker das Land verlassen. Warum ist das dann so?

Sarrazin: Dazu kenne ich keine belastbare Statistik. Richtig ist aber zweifellos, dass nur jene Türken Deutschland verlassen, die in ihrem Heimatland eine Chance sehen. Ihren ungebildeten und transferabhängigen Landsleuten geht es ja in Deutschland viel besser als in der Türkei. [...]

ZEIT: Woran liegt das denn, dass die türkischen Schüler nicht gut mitmachen?

Sarrazin: Das ist offenbar ein kulturelles Problem.

[...] ZEIT: Sie nennen diese Frauen »Importbräute« und »Kopftuchmädchen«. Wo ist da bei Ihnen Respekt, den Sie diesen Männern absprechen?

Sarrazin: Den Menschen erweise ich stets Respekt, einer rückwärtsgewandten Unterdrückungskultur allerdings nicht. Das zwölfjährige Mädchen, das von seiner Familie unters Kopftuch gesteckt wird, hat doch gar keine Wahl. Es ist Opfer seines kulturellen Hintergrundes. Respekt wird von Moslems immer dann ins Feld geführt, wenn es um Unterordnung geht. Ich möchte, dass sich die bei uns Eingewanderten in unsere Mehrheitskultur integrieren. Der tägliche Terror, der in vielen Schulen mit mehrheitlich muslimischer Schülerschaft gegen die wenigen verbliebenen deutschen Schüler ausgeübt wird, zeigt, was hier im Argen liegt.

ZEIT: Sie sagen, die linksliberale Elite erkenne dieses Problem nicht, weil sie Muslime höchstens als Putzhilfen kennen. Wie viele Türken haben denn Sie in seinem Freundes- und Bekanntenkreis?

Sarrazin: Das ist eine in diesem Zusammenhang völlig irrelevante Frage. Ein libanesischer Taxifahrer, der mich auf dem Höhepunkt der medialen Aufmerksamkeit des Interviews in Lettre International nach Hause gefahren hat...

ZEIT: ...wir sprechen von Freunden, nicht von Taxifahrern...

Sarrazin: ...hat mir beim Bezahlen auf die Schulter geklopft und gesagt: Gut gemacht! Ich habe das meiner Frau erzählt. Ich habe gedacht, ich werd' nicht mehr!

ZEIT: An manchen Stellen kann man sich über Ihr Buch sogar amüsieren. Sie sagen, muslimische Männer würden auch deshalb gewalttätig, weil sie sexuell frustriert seien, was daran liege, dass die muslimischen Frauen vor der Ehe sexuell nicht verfügbar seien. Mit Verlaub: Das ist recht blauäugig und realitätsfern.

Sarrazin: Unter der Jugend geschieht immer mehr, als man nach außen sieht. Das ist das Vorrecht der Jugend, und Eltern sollten das auch gar nicht so genau wissen. Aber in Neukölln zum Beispiel ist es nicht möglich, dass ein türkischer Junge seine Fatma aus dem Nachbarhaus abholt...

ZEIT: Nein, der trifft sich gleich mit ihr im Park, ohne dass die Eltern das mitkriegen!

Sarrazin: ...um mit ihr Händchen haltend durch die Gegend zu gehen. Normale Beziehungen sind einfach schwieriger.

ZEIT: Wie definieren Sie normale Beziehungen?

Sarrazin: Das ungeheure Aggressionspotenzial dieser Gruppe ist leider offensichtlich. Die Araberjungen kommen an ihre arabischen Mädchen nicht ran.

ZEIT: Die kommen ran, da können Sie sicher sein.

Sarrazin: Letztlich nutzen sie die leichter zu kriegenden deutschen Unterschichtmädchen, um sie dann dafür zu verachten, dass sie so leicht verfügbar sind.

Das Gespräch führten Özlem Topcu und Bernd Ulrich

Mitarbeit: Jonathan Rosenkranz



Aus: "Sind Muslime dümmer?"
Von Bernd Ulrich | Özlem Topcu (26.8.2010)
# Kommentare 1117 (Stand 30.08.2010)
http://www.zeit.de/2010/35/Sarrazin (http://www.zeit.de/2010/35/Sarrazin)

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"Migrationsdebatte: Bundesbank nimmt Stellung zu Sarrazin"  (30.8.2010)
Unterdessen hat sich Thilo Sarrazin gegen die Empörung wegen seiner Aussagen verwahrt. Er bestritt, andere als kulturelle Gründe dafür angeführt zu haben, dass er den Muslimen Integrationsunwilligkeit bescheinigt. Es kämen "ethnische Gründe für dieses Anderssein nicht infrage", sagte das SPD-Mitglied in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2010-08/sarrazin-reaktion-bundesbank (http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2010-08/sarrazin-reaktion-bundesbank)


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http://de.wikipedia.org/wiki/Biologismus (http://de.wikipedia.org/wiki/Biologismus)

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Quote[...] Vor vierzig Jahren wäre das Wirtschaftswunderland konkurrenzunfähig geworden, wenn es nicht die Bildungsreserven der Kinder aus bildungsfernen Schichten mobilisiert hätte. Vor dreißig Jahren war die Sozialstruktur viel durchlässiger. Sarrazins Partei, die SPD, glaubt nicht nur daran, sie hat auch bewiesen, dass der Sohn einer Putzfrau Kanzler werden kann. Längst gibt es in Deutschland die Rechtsanwältin, die Publizistin, die Schriftstellerin, die als Töchter analphabetischer muslimischer Mütter aufgewachsen sind. Den Tellerwäschertraum kann keine Demokratie ungestraft aufgeben.

...


Aus: "Sarrazins Thesen: Die Stunde der Selbstgerechten" Von Tissy Bruns (27.08.2010)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/meinung/die-stunde-der-selbstgerechten/1913012.html (http://www.tagesspiegel.de/meinung/die-stunde-der-selbstgerechten/1913012.html)

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Aus: "Netzlese: Sarrazins "Flucht in den Biologismus""
Von Robin Meyer-Lucht
http://carta.info/32978/sarrazins-flucht-in-den-biologismus/ (http://carta.info/32978/sarrazins-flucht-in-den-biologismus/)


Quote[...] Die Zahl der Menschen, die ihm hinter vorgehaltener oder nicht vorgehaltener Hand recht geben, ist beträchtlich.

[...] Es geht um die Verbindung von Erbbiologie und Kultur und damit letztlich um, ein Wort, das Sarrazin (Darwin zitierend) so unerschrocken benutzt, wie einst Gottfried Benn, ,,Zuchtwahl" und ,,Auslese". Sarrazin redet nicht von Goethe und Schiller, obwohl auch Dichter in seinem Buch vorkommen. Kultur ist ihm der Reflex biologischer Prozesse. Die Schichtenabhängigkeit des generativen Verhaltens in Deutschland - die Tatsache, dass immer mehr Kinder in Unterschichtenmilieus geboren werden - führt zwangsläufig zu einer Verdummung der Gesellschaft, Aufsteigerkarrieren widersprechen dem Befund nicht. Auch diese These ist keineswegs neu. Im Gegenteil: sie steckt im Kern der gesamten aufklärerischen Idee von Bildung, Schule und Erziehung. Sarrazins Botschaft ist eine andere: Bildung, von der er höhnend als ,,Mantra" spricht, ist letztlich nicht in der Lage, das Vehikel des intellektuellen Aufstiegs zu werden. Genetische und ethnische Disposition begrenzen die Fähigkeiten des Individuums ebenso sehr wie die ganzer Völker.

Man muss einräumen, dass der vorgeblich so unverblümte Sarrazin sich in seinem Buch etliche Hintertüren offenlässt. Aber gerade sie sind in Wahrheit Falltüren. Ist Intelligenz erblich bedingt oder ebenso sehr von Umwelteinflüssen geprägt? Von der Beantwortung dieser Frage hängt die Hauptthese des Buches ab. In Interviews redet Sarrazin von einem Mischungsverhältnis von fünfzig bis achtzig Prozent, im Buch von sechzig Prozent, in einer Fußnote heißt es dann, eine ,,Erblichkeitsannahme von 80 Prozent" sei ,,grundsätzlich schlüssig". Das aber sind, was man einem Banker nicht sagen müssen sollte, enorme Unterschiede. Wenn der IQ nur zu fünfzig Prozent vom Genpool abhängt, dann besteht eine ebenso große Wahrscheinlichkeit, ihn durch Bildung zu steigern, bei achtzig Prozent ist die Wahrscheinlichkeit gleich null. ...

[...] Ist er deshalb, wie manche behaupten, ein Rassist? Gewiss nicht, denn in Wahrheit bezieht er sich, ohne auch das deutlich zu machen, auf die große Einwanderungs- und Intelligenzdebatte, die vor fast genau hundert Jahren in den Vereinigten Staaten stattfand und dort zu einer Gesetzgebung führte, die bis 1965 in Kraft blieb. Wer nachliest, was damals unter dem Eindruck der Zuwanderungsströme im Ersten Weltkrieg in Amerika diskutiert wurde, befindet sich mitten in der Sarrazin-Diskussion. Die Zukunft des Landes war in Gefahr, die Intelligenz verkümmerte, Ethnien wurden analysiert und selektiert. Am schlimmsten waren die Japaner und die Süditaliener. ,,Nein, wir arbeiten nicht", heißt es etwa in einem der einflussreichsten Werke der damaligen Zeit (,,The Old World in the New") über die Italiener. ,,Wir haben andere, die für uns arbeiten. Es sind diese Parasiten, die die meisten Verbrechen begehen." Sie verlassen die Schule bei der ersten Gelegenheit, sie können nicht lesen und nicht schreiben, sind schlecht in Mathematik, und ,,ihnen fehlt die Fähigkeit zu denken".

...

QuoteUnsinn
Dirk Kleinloh (Medijo)

Islam ist kein biologisches Gebilde, sondern ein religiöses, welches ganz anders als wir es vom westlichen Christentum kennen das Leben der Menschen beeinflusst und kontrolliert. Um den Druck, den es auf die Geselleschaft ausübt wirklich verstehen zu können, empfehle ich ein paar Monate in einem moslemischen Dorf der Türkei oder der Arabischen Welt zu leben.


QuoteSehr gut!
Thomas Wedel (zeromancer44)

... Der Mensch hat bei Thilo Sarrazin offenbar nur dann einen Wert, wenn er genetisch und volkswirtschaftlich von Nutzen ist. Wer das nicht ist, muss draußen bleiben. In letzter Konsequenz müsste Herr Sarrazin eigentlich von "Volksschädlingen" sprechen.




Aus: "Sarrazins Konsequenz: Ein fataler Irrweg" Von Frank Schirrmacher (30. August 2010)
Quelle: http://www.faz.net/s/RubCF3AEB154CE64960822FA5429A182360/Doc~E1E30FB65E1E44794BFFEB5A2B73DE7EA~ATpl~Ecommon~Scontent.html (http://www.faz.net/s/RubCF3AEB154CE64960822FA5429A182360/Doc~E1E30FB65E1E44794BFFEB5A2B73DE7EA~ATpl~Ecommon~Scontent.html)

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Quote[...] Unterdessen erhält Sarrazin neue Stellenangebote. "Es würde mich freuen, wenn er als Berater dem NPD-Parteivorstand zur Verfügung stünde", sagte NPD-Parteichef Udo Voigt, "oder gar als Ausländerrückführungs-Beauftragter der NPD fungiert."


Aus: "Reaktionen auf Biologismus-Thesen: Zirkus Sarrazani" (30.08.2010)
VON U.HERRMANN & G.REPINSKI & A. Wierth
Quelle: http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/zirkus-sarrazani/ (http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/zirkus-sarrazani/)

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Quote[...] In Israel ruft die Interviewäußerung des "Rassentheoretikers" Sarrazins, wonach alle Juden ein bestimmtes Gen teilen sollen, keine Resonanz ("unnoticed") hervor, berichtet die Zeitung Ha'aretz. In diesem Zusammenhang verweist die Zeitung etwas süffisant auf eine Äußerung des amtierenden Innenministers und Chefs der orthodoxen Shas-Partei, Eli Jishai. Dieser hatte in einem Interview mit der Jerusalem Post  zur Frage des Übertritts zum jüdischen Glauben eine laut Interviewer David Horovitz "seltsame Behauptung" aufgestellt, für die er "unbestimmte akademische Forschung" zitierte:

"Wenn ein Konvertit zum orthodoxen Glauben übertritt, dann hat er das jüdische Gen. Wenn er nicht zu den Orthodoxen übertritt, dann hat er das jüdische Gen nicht. So einfach ist das."

Jishai wollte sich damit, wie es aus seinen weiteren Ausführungen klar wird, vor allem gegen den in seinen Augen zu leicht gemachten Übertritt zum reformierten Judentum und der damit einhergehenden Assimilierung von Juden in den USA abgrenzen. Der Übertritt via Reform sei sehr leicht, "leichter noch als in einem Club aufgenommen zu werden". Aber es geht dem Innenminister, der vor kurzem mit seiner Forderung, Migrantenkinder nachhause zu schicken, für Aufruhr und heftigen Protest (u.a. bei der Gattin des Ministerpräsidenten, Sara Netanjahu) sorgte, auch um die Gefahr der Überfremdung und die innere Sicherheit - ein Thema, an dem Innenminister überall ihren Narren fressen.

Würde Israel Übertritte zum reformierten Glauben zulassen, dann hätte man sehr bald 100. 000 ausländische Arbeitskräfte, die konvertieren. Es würde dann kein Ende geben, so Jishai, man würde den jüdischen Charakter des jüdischen Staates verlieren:

"Ausländische Arbeiter und Palästinenser würden den Übertritt dazu nutzen, um hierzubleiben."


Aus: "Orthodoxes Gen" Thomas Pany (01.09.2010)
Quelle: http://www.heise.de/tp/blogs/6/148300 (http://www.heise.de/tp/blogs/6/148300)

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Quote[...] Der Publizist Friedman, als krawalliger Bescheidwisser unübertroffen, biss sich einmal die Silbe gerade noch vom Mund ab. Was er dann doch von sich gab, war pointiert genug: Sarrazin reduziere Menschen zu Zahlen, das sei "menschenfeindlich und respektlos". Er verlasse "die republikanische Tradition", dass jeder alles erreichen kann, rassistisch sei Sarrazins Gedanke, Kollektive hätten eine gemeinsame genetische Identität, dergleichen stelle "eine Schande für die Bundesbank" dar: "Sie können nicht ganze Gruppen verurteilen und beurteilen."

Leise, doch sehr schnell erwiderte der Angesprochene, "das tue ich nicht." Ja, es sei ein "Riesenunfug" gewesen, den er "extrem bedaure", sich im Zeitungsinterview über die genetische Disposition der Juden zu äußern, eine "inhaltliche Dummheit", ein "Blackout". Aber nein, nie und nirgends argumentiere er im Buch ethnisch oder rassistisch, ihm sei der "kulturelle Hintergrund" jener Migranten wichtig, die sich nachweisbar am schlechtesten integrierten, der Türken und Araber.

Der Islam als Integrationshindernis ist Sarrazins Hauptthema. Darüber aber wollte niemand mit ihm reden.

Stattdessen wurde Friedman zum Anwalt der eigenen Ehre. Doch, rief er retour, Sarrazin schlage auf Ausländer ein, sei ein Brandstifter, verurteile Bevölkerungsgruppen en bloc: "Ich habe das Buch gelesen."

Mit ruckhaft aufgerichtetem Oberkörper und blitzendem Auge gab Sarrazin ein Kontra, mit dem er Friedman in den Schmollwinkel drängte: "Ich habe jetzt mal versuchsweise unterstellt, dass Sie die Wahrheit gesagt und das Buch ganz gelesen haben - wenn Sie es ganz gelesen hätten und das sagen, was Sie gesagt haben, können Sie nicht sehr klug sein."

Friedmans blubbernde Replik versuchte er einzufangen: "Aber Sie haben doch Humor!" Es nutzte nichts. Der Publizist gab den Gekränkten, Sarrazin aber den Musterschüler, der am letzten Schultag zum Erstaunen aller mit dem Schwamm nach dem Lehrer geworfen hat und nun nicht weiß, ob er auf sich stolz sein soll.

Die Fernsehmoderatorin Asli Sevindim, vorgestellt als Muster geglückter Integration, hielt Sarrazin entgegen, er biete "keine einzige Lösung" an, "definitiv rassistisch" und beleidigend seien dessen Auffassungen von der vererbten Bildung. Getreu seinem altpreußischen Lebensmotto - "ich renne nie weg, ich schlage keine Haken" - beharrte Sarrazin: Alle menschlichen Eigenschaften hätten auch eine Erbkomponente, "das ist weltweiter Stand der Intelligenzforschung".

Fortan setzte ein ums andere Mal Sevindim ihre Familiengeschichte den Migrationsstatistiken entgegen. "Sie rechnen mich permanent raus", sagte sie schließlich zum Herrn ganz links außen, müde und enttäuscht ob ihrer eintönig gewordenen Einwände.

Dem Moderator war's recht, er ließ es laufen zwischen Renitenz und Resignation, schuf allerdings sinnvolle Zäsuren und war so ein souveräner Lotse durch das Gestrüpp der Abneigungsverhältnisse.

Einmal gelang seiner Redaktion ein Coup. Sarrazins Berechnungen für ein schrumpfendes und islamisiertes Deutschland liegen demnach starre Zuwanderungs- und Geburtenraten zugrunde. Hätte man nach dieser Methode von 1890 auf 2010 hochgerechnet, müssten heute 253 Millionen Menschen in Deutschland leben. Zwei Weltkriege und die Antibabypille, lernten wir, verhinderten den Triumph der Statistik.

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Quotejosky01 schreibt

Die Sendung war überflüssig

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Das kleinbürgerliche Gefühl, daß da irgendwas bei Sarrazin richtig ist, konnte nicht entkräftet werden...


QuoteDiaula schreibt Das

Das neue Idol des deutschen Kleinbürgertums

wirkte recht angeschlagen .....


Quotebgresser schreibt Ablenkungen

Das nun in die soundso-vielte Runde gehende Getümmel um so halbgare wie unüberlegte Auslassungen eines Möchtegern-Intellektuellen lenkt offenbar besonders gut ab von den unerledigten Geschäften im Land, die uns über den Kopf wachsen, während in einer so unwichtigen wie armseligen Bashrunde die Papier-Fetzen fliegen.
Der Blätterwald zeigt sich hier von seiner wahren Seite und alle fetzen ungestört weiter, bis nichts mehr groß genug ist, um noch zerredet zu werden
Die Probleme unseres Zusammenlebens erledigen sich nicht von selbst. Da können wir wirklich Erfolge feiern, wenn wir auf Menschen zugehen, bevor wir sie verbal "platt" machen.
Jede Bewegung braucht Spannungen und Pole. Je besser sich die Gegenspieler verstehen, desto vielseitiger und offener wird der Spielraum aller. Hier wird aber mit der Würde von Menschen gespielt und das macht aus dieser Debatte eine oft unwürdige Demonstration der Selbstherrlichkeit.


Quotee.do schreibt Habe ich eine andere Sendung gesehen?

Kann es sein, dass der Kritiker nicht ganz neutral über die Sendung berichtet? Aber vielleicht habe ich auch eine andere Sendung gesehen. Der Kritiker sollte sich vielleicht mal mit seinen eigenen Adjektiven auseinander setzen.
Dreßler: liest ab, spricht technokratisch
Sevindim: eintönig
Friedman: krawallig, schmollend, blubbernd, humorlos
Baring: lobend
Sarrazin: schalkhaft, blitzenden Auges, preußisch, ok - auch spröde aber nicht mürbe zu kriegend

Neben der klar gestellten Hochrechnung auf 2110 war ein deutlich stärkerer Haken die Aussage der Intelligenzforscherin Frau Elsbeth Stern, die Herrn Sarrazin klar unterstellte, dass er keine Ahnung von ihrem Fachgebiet habe und sie falsch interpretiere und zitiere.

Auch bei der Welt(.de) scheint man die gleiche Sendung wie ich gesehen zu haben: "Statt Argumente zu bringen, entschied sich Sarrazin für Beleidigungen".


Quotejuergen2008 schreibt genetische Dispositionen

Wenn ich es richtig verstanden habe, dann sieht Sarrazin gerade nicht die Ursache für mangelnde Bereitschaft zur Integration in der Erbsubstanz, sondern in einem Sozialverhalten, das vor allem durch die Regeln des Islam beeinflußt werden.
Es ist eigentlich ein Angriff auf die Religion, über den man natürlich diskutieren kann. Sein Ansinnen untermauert er, indem er das zur Verfügung stehende Zahlenmaterial aufbereitet. Plassbergs Sendung aber hat erstaunliches zu Tage tretem lassen: die Linken in der Runde haben sich eher konservativ, die konservativen eher gesellschaftskritisch geoutet. Friedmann mutiert zum Schützer des Islam und Dressler zum Bewahrer des Israel. Wirklich amüsant, streckenweise.
Nur zum Kern der Aussage Sarrazins wollte (außer ihm selbst) keiner einen Beitrag leisten, nämlich, was muß der Islam tun, um seine Gläubigen in einer modernen Welt unterzubringen, in der das gesellschaftliche Zusammenleben vor allem und zu erst durch den Staat geregelt ist, und erst weiter hinten durch Religionen.


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Aus: "TV-Kritik: Sarrazin bei "Hart aber fair" Krawalliger Bescheidwisser"
Eine kleine Nachtkritik von Alexander Kissler (02.09.2010)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/medien/tv-kritik-sarrazin-bei-hart-aber-fair-renn-doch-nicht-immer-weg-1.994895-2 (http://www.sueddeutsche.de/medien/tv-kritik-sarrazin-bei-hart-aber-fair-renn-doch-nicht-immer-weg-1.994895-2)

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Quote[...] Im Lettre-Interview ist alles schon enthalten – die feine eugenische Note, die Unterschichtenverachtung, die Suggestion, dass Deutschland durch die Fruchtbarkeit der Türken und Araber immer dümmer wird.

[...] Nur eins noch: Dass ein Mann erst in dem Moment ins "Reich des Widerlichen" eintritt, in dem er etwas über Juden und Gene sagt, während er vorher ungestraft und unter großem Gejohle und bedächtigem Kopfwiegen des Publikums über türkische und arabische Gene bramarbasieren kann – das kann einem auch zu denken geben.

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Aus: "Im Reich des Widerlichen: kein Kommentar zu Sarrazin"
Von Jörg Lau 6. September 2010
Quelle: http://blog.zeit.de/joerglau/2010/09/06/im-reich-des-widerlichen-kein-kommentar-zu-sarrazin_4105 (http://blog.zeit.de/joerglau/2010/09/06/im-reich-des-widerlichen-kein-kommentar-zu-sarrazin_4105)

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Quote[...] Sarrazin wird aus dem Bundesbank-Vorstand verstoßen. Sarrazin soll aus der SPD ausgeschlossen werden. Sarrazin wird aus bereits gebuchten Veranstaltungen ausgeladen. Die Feuilletonisten der "Zeit" rufen igitt und die bei der "FAZ" verdammen bei Sarrazin besonders jene anstößigen Passagen, die er nicht geschrieben hat, aber eigentlich hätte schreiben wollen, und die also erst mühsam konstruiert werden mussten, was sicher eine Heidenarbeit war.

Was all die Ausgrenzungstechniker nicht begreifen, ist, dass sich das, was Sarrazin verkörpert, nicht ausgrenzen lässt. Es ist die Wut von Leuten, die es satt haben, das Mittelalter in ihrer Gesellschaft, die einen langen und mühevollen Prozess der Aufklärung hinter sich hat, zurückkehren zu sehen. Die es satt haben, für ihre Angebote an Eingliederungshilfen beschimpft und ausgelacht zu werden. Die es satt haben, über terrornahe islamistische Vereine zu lesen, über Ehrenmorde, über Morddrohungen gegen Karikaturisten und Filmemacher oder zu hören, dass auf Hauptschulhöfen "du Christ!" als Schimpfwort benutzt wird. Die wütend zur Kenntnis nehmend lesen, dass sich westliche Staatsmänner für Frauen in einem islamischen Land einsetzen müssen, weil diese dort als Ehebrecherinnen gesteinigt werden sollen.

Merkwürdigerweise aber sind nun zumindest viele der bei uns lebenden türkischen Mitbürger - und in der "SZ" am Wochenende werden acht junge vorgestellt - nicht darüber empört, sondern über Sarrazins Buch.

[...] Klaus von Dohnanyi, der Sarrazin vor den SPD-Gremien zu verteidigen gedenkt, wies in der "SZ" darauf hin, wie in Deutschland vor dem Hintergrund der Holocaust-Vergangenheit eine Kultur der Gesinnungsverdächtigung blüht, kaum nimmt einer die Worte "Gen" und "Jude" in den Mund.

Mit Recht beklagt er, dass wir Debatten scheuen, die "in anderen Ländern gang und gäbe sind". Dazu gehöre die Diskussion darüber, "dass bestimmte Volksgruppen bestimmte Eigenschaften haben".

Debatten aber über Identität und Leitkulturen werden überall geführt in einer zunehmend globalisierten Welt, in den USA genauso wie in Großbritannien, in Frankreich, Holland oder Dänemark. Das schließt Weltoffenheit nicht im geringsten aus. Es bedeutet nur ein Beharren auf Traditionen und Werten, zu denen auch die Religion gehört, die man nicht einfach an der nächsten Bude abgeben möchte.

Es sind diese Passagen in Sarrazins Buch, die mir die interessantesten scheinen. In ihnen spricht sich die Melancholie darüber aus, dass die Deutschen nicht nur demografisch an ihrem Verschwinden arbeiten, sondern sich auch von ihren Kultur- und Bildungshorizonten verabschieden. Wer das rassistisch nennt, hat nichts kapiert.

Fest steht aber seit Sarrazin, dass Einschüchterungen durch das publizistische Justemilieu und seine Drohungen mit dem gesellschaftlichen Abseits nicht mehr funktionieren, denn das Publikum hat einen hochentwickelten Instinkt für Fairness.

Der Beistand für Sarrazin beweist es. Die Deutschen lernen dazu. Vielleicht kommen sogar die Redaktionen des Landes eines Tages dahin, wo die britischen Kollegen längst sind: wie man frei und ohne Scheuklappen und Sprachregelungen Debatten führt.

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Aus: "Sarrazin-Debatte: Die Gegenwut - Ein Debattenbeitrag von Matthias Matussek" (06.09.2010)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,715836,00.html (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,715836,00.html)

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Quote[...] Matussek reitet heute auf spiegel.online  eine blindwütige populistische Attacke auf die Sarrazinkritiker – also auch auf mich. Ich nehme die Herausforderung an. Matussek-Zitate sind kursiv und eingerückt.

Aber seine Befunde zur missglückten Integration der türkischen und arabischen Immigranten sind über jeden Zweifel erhaben.

Über jeden Zweifel erhaben? Gegen Sarrazin stelle ich fest: Die meisten Türken in Deutschland sind gut integriert. Der Erfolg der Integration vieler – wohl der meisten – türkischen Immigranten ist über jeden Zweifel erhaben (sollte es in einem solchen Fall überhaupt möglich sein, dass etwas über jeden Zweifel erhaben sein kann).

Wie kommt Matussek zu seiner Behauptung? Worauf stützt er sie? Warum schränkt er nicht wenigstens ein und spricht von ,,vielen" türkischen Migranten? (Über die arabischen Migranten kann ich nicht viel sagen. Alle, die ich kenne, sind vorbildlich integriert, aber ich kenne nur etwa 10, die schon länger in Deutschland leben.)

(Nachtrag: Interview mit Klaus Bade spiegel online: ,,Es gibt keine Integrationsmisere in Deutschland." )

Was all die Ausgrenzungstechniker nicht begreifen, ist, dass sich das, was Sarrazin verkörpert, nicht ausgrenzen lässt.

Der Ausgrenzungstechniker Sarrazin wird also ausgegrenzt. Für Matussek sind es nicht die Millionen Muslime, die Millionen Menschen türkischer Herkunft, die als nicht-zu-uns-passend und nicht-zu-uns-gehörend ausgegrenzt werden – nein, für ihn ist es Sarrazin, der in allen Medien seinen Auftritt bekommt, der gerade zum Millionär wird, der für einen Teil der Deutschen ein Volksheld geworden ist. Für Matussek ist Sarrazin ausgegrenzt, aber diejenigen, die sich gegen die Ausgrenzer-Pöbleien wehren, sind die Ausgrenzungstechniker.

Es ist die Wut von Leuten, die es satt haben, das Mittelalter in ihrer Gesellschaft, die einen langen und mühevollen Prozess der Aufklärung hinter sich hat, zurückkehren zu sehen.

Die das Mittelalter satt haben – und es deshalb nachspielen, als Hetzmob gegen Minderheiten? Aufklärung besteht nicht darin, dass man seine Kultur oder Meinung, die man für aufgeklärt hält, fundamentalisiert. Niemand und nichts kehrt in Deutschland ins Mittelalter zurück, außer vielleicht diejenigen, die rot vor Wut Zivilisation und Grundgesetz vergessen und eine Minderheit, die sich gerade in einem mühevollen Prozess integriert, zu seinen neuen Juden macht.

Die es satt haben, für ihre Angebote an Eingliederungshilfen beschimpft und ausgelacht zu werden.

Ihre Angebote? Wessen Angebote? – Als ob diese Angebote von denen kommen, die am liebsten alle gläubigen Muslime und alle, die sich ihr Türkisches nicht umgehend wegassimilieren lassen, ausweisen lassen würden. Es gibt Eingliederungshilfen, und die haben zum Teil Erfolg und könnten noch erfolgreicher sein, wären sie besser finanziert und gestaltet, aber wer zum Teufel wird für diese Eingliederungshilfen beschimpft oder ausgelacht? Wer soll das sein, der ,,uns" wegen dieser Eingliederungshilfen beschimpft oder auslacht?

Kann schon sein, dass ein paar einzelne wütende deutschtürkische Jugendliche mal blödes Zeug daherreden. Hat das irgend eine Bedeutung? Bedeutet es die Wiederkehr des 3. Reiches, wenn irgend ein deutscher Depp davon spricht, die Türken gehörten alle vergast?

Die es satt haben, über terrornahe islamistische Vereine zu lesen, über Ehrenmorde, über Morddrohungen gegen Karikaturisten und Filmemacher oder zu hören, dass auf Hauptschulhöfen ,,du Christ!" als Schimpfwort benutzt wird.

Wenn man sieht, wie geil eben diese Wütenden darauf sind, ständig etwas über muslimische Terror-Imame, über Ehrenmorde und Morddrohungen zu lesen ...  ,,Terrornahe islamistische Vereine" sind in Deutschland ohnehin geschlossen und verboten, Ehrenmorde werden von so gut wie allen Imamen und gläubigen Muslimen heftigst abgelehnt und bekämpft, über die Karikaturen regen sich Muslime in Deutschland kaum auf, und wenn in einer Hauptschule mal ein muslimischer Jungmacho jemand als Christen beschimpft, ja mei, was schreien die pubertierenden aller Völker alles im Schulhof herum?

Die wütend zur Kenntnis nehmend lesen, dass sich westliche Staatsmänner für Frauen in einem islamischen Land einsetzen müssen, weil diese dort als Ehebrecherinnen gesteinigt werden sollen.

Was um Gottes Willen haben unsere in Deutschland lebenden Muslime für eine Schuld oder Verantwortung, wenn im Iran Unmenschlichkeiten passieren? Wenn überhaupt, dann werden die Iraner in Deutschland etwas dazu sagen wollen – und die sind ja ganz überwiegend gegen das Regime dort und selber noch mehr entsetzt als wir Nicht-Iraner.

Gradeso könnten uns die Muslime in Pakistan fragen, warum wir Christen nicht alle auf die Straße gehen, um gegen die Ermordung von pakistanischen Zivilisten durch US-amerikanische Dronenangriffe zu protestieren.

Merkwürdigerweise aber sind nun zumindest viele der bei uns lebenden türkischen Mitbürger – und in der ,,SZ" am Wochenende werden acht junge vorgestellt – nicht darüber empört, sondern über Sarrazins Buch.

Sie leben nun mal in Deutschland, fühlen sich diesem Land, dieser Kultur zugehörig – und merken, dass sie gemeint sind, wenn auf Muslime und Türken eingeprügelt wird. Sie merken, dass sie ausgegrenzt werden. Also sind sie empört über den Ausgrenzer und sein Buch. Fragen Sie sie, Herr Matussek, und sie werden sich entschieden gegen die Steinigung einer Ehebrecherin äußern.

Sollten die Repräsentanten geglückter türkischer Vorzeigebiografien nicht einwirken auf ihre Landsleute und Milieus, damit der Koran endlich sein Gesicht von Sanftmut und Nächstenliebe zeigt? Vor allem aber wäre es schön, wenn sie sich irgendwo zu Pluralität und Meinungsfreiheit ausließen.

Sie tun es doch, und jeden Tag, indem sie die Pluralität und Meinungsfreiheit hier in Deutschland leben. Indem sie durch ihr Hiersein für das Land plädieren. Leben die gut Integrierten mit ihrem relativen Erfolg in der deutschen Arbeitswelt nicht den weniger Integrierten vor, wie es gehen könnte?

Über die Sanftmut des Korans und seiner Gläubigen könnten Sie sich bei tausend Gelegenheiten überzeugen, Herr Matussek, aber darüber lassen sich keine spektakulären Spiegelkommentare schreiben.

Fest steht aber seit Sarrazin, dass Einschüchterungen durch das publizistische Justemilieu und seine Drohungen mit dem gesellschaftlichen Abseits nicht mehr funktionieren, denn das Publikum hat einen hochentwickelten Instinkt für Fairness.

Den es schlagend beweist, indem es hemmungslos auf eine wehrlose Minderheit einprügelt.

Im übrigen steht es publizistisch – nach Auflage gerechnet – ungefähr 3:1 für Sarrazin. Die Minderheit der Sarrazinkritiker schüchtert die Mehrheit der Sarrazinfans ein? Vielleicht ist das wahr. Wenn es wahr ist, dann wohl deshalb, weil Menschlichkeit & Kompetenz diejenigen einschüchtern, die hauptsächlich nur pöbeln.



Aus: "Contra Spiegels Matussek (in Sachen Sarrazin)"
Veröffentlicht am 7. September 2010 von InitiativGruppe
Abgelegt unter: Integration_scheitert, Islamophobie, Migration, Sarrazin-Debatte | Mit Tag(s) versehen: Sarrazin, Matussek
Quelle: http://initiativgruppe.wordpress.com/2010/09/07/contra-spiegels-matussek-in-sachen-sarrazin/ (http://initiativgruppe.wordpress.com/2010/09/07/contra-spiegels-matussek-in-sachen-sarrazin/)

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Quote[...] Extreme Unterschiede in der Qualität elterlicher Entwicklungsmilieus stabilisieren eine solche Schichtung: Für die Vereinigten Staaten konnten Betty Hart und Todd Risley feststellen, dass dreijährige Kinder aus ,,Welfare"-Familien von ihren Eltern etwa zehn Millionen Wörter gehört haben, gleichalte Kinder aus ,,Professional"-Familien von ihren Eltern aber schon dreißig Millionen Wörter. Manche Eltern schienen kaum mit ihren Kindern zu sprechen. Ausschlaggebend für Intelligenz- und Sprachentwicklung der Kinder war hier nicht so sehr die Schichtzugehörigkeit oder Ethnie, sondern die Erziehungsqualität und insbesondere das Sprechverhalten der Eltern, was, und das darf nicht ausgeschlossen werden, genetisch mitbeeinflusst ist.

Diese Studie gibt einen Hinweis, dass und wie (nicht nur) Migrantenkinder schon früh und nachhaltig intellektuell gefördert werden können: Erwachsene sollten mit kleinen Kindern möglichst viel und variantenreich sprechen und den Kindern möglichst viele Sprechanlässe geben. Migrantenkinder, bei denen die familiären Verhältnisse dies nicht zulassen, sollte man möglichst frühzeitig in eine Kinderkrippe aufnehmen, in der, und das ist sehr wichtig, eine hohe sprachliche Interaktionsdichte zwischen Betreuerin und Kind gewährleistet ist, was ausgesprochen kleine Gruppengrößen erfordert, Ähnliches gilt auch für Kindergärten. Das kostet kurzfristig viel Geld, bringt langfristig aber hohe volkswirtschaftliche Renditen.

Sarrazins Thesen zum Zusammenhang von Migration, Bildung und Intelligenz sind besonders umstritten. Vorab ist festzuhalten, dass empirische Studien stets nur Mittelwerte berichten. Es gibt eine beträchtliche Variabilität innerhalb der Gruppen, zwischen verschiedenen Gruppen existieren große Überlappungen. Mittelwertsunterschiede führen aber auch zu unterschiedlichen Häufigkeiten schwacher und günstiger Werte. Für die Praxis kann immer nur das Individuum von Bedeutung sein.

In der Tat schneiden türkische Immigrantenkinder in Schulleistungs- und Intelligenzteststudien schwach ab. Diese Werte korrespondieren mit ähnlichen Werten in den Herkunftsländern und einer geringeren Bildung Erwachsener sowie einem intellektuell weniger stimulierendem Familienklima. Deshalb sind die Befunde vermutlich gültig. Die Ergebnismuster sind über die Einwanderungsländer hinweg recht robust; dennoch gibt es beachtliche Unterschiede: Türkischstämmige Schüler in den Niederlanden schneiden besser ab als türkischstämmige Kinder in Deutschland, in Bayern Migranten besser als in Berlin. Die Leistungen von Schülern, nicht nur von Immigranten, hängen also sowohl von Faktoren ab, die die Schüler mitbringen, als auch von länderspezifischen Besonderheiten (z. B. Qualität des Schulsystems).

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Heiner Rindermann lehrt Pädagogische und Entwicklungspsychologie an der TU Chemnitz. Er beschäftigt sich mit Bedingungen und Folgen kognitiver Kompetenzen für Personen und Gesellschaften. Zuletzt erschien von ihm G. W. Oesterdiekhoff, H. Rindermann (Hrsg.): Kultur und Kognition, Münster 2008.

Detlef Rost lehrt Pädagogische und Entwicklungspsychologie an der Philipps-Universität Marburg. Er beschäftigt sich mit Hochbegabungs- und Intelligenzforschung sowie mit pädagogisch-psychologischer Diagnostik. Zuletzt erschien: Intelligenz: Fakten und Mythen. Weinheim: Beltz-Verlag, 2009.


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Aus: "Intelligenz von Menschen und Ethnien: Was ist dran an Sarrazins Thesen?" (07. September 2010)
Quelle: http://www.faz.net/s/Rub9B4326FE2669456BAC0CF17E0C7E9105/Doc~EBFC72F0534A149BE84CA714A883B6B5C~ATpl~Ecommon~Scontent.html (http://www.faz.net/s/Rub9B4326FE2669456BAC0CF17E0C7E9105/Doc~EBFC72F0534A149BE84CA714A883B6B5C~ATpl~Ecommon~Scontent.html)

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Quote[...] Sarrazin habe ,,mit seinen Äußerungen zu den besonderen Genen von Juden und Basken für mich eine rote Linie überschritten", sagte Westerwelle der ,,Passauer Neuen Presse" vom Mittwoch. Dennoch bekräftigte er: ,,Ein solches Buch muss Deutschland aushalten."

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Aus: "Westerwelle über Sarrazin – "Ein solches Buch muss Deutschland aushalten"" (08.09.2010)
Quelle: http://www.focus.de/politik/weitere-meldungen/fdp-westerwelle-ueber-sarrazin-ein-solches-buch-muss-deutschland-aushalten_aid_549722.html (http://www.focus.de/politik/weitere-meldungen/fdp-westerwelle-ueber-sarrazin-ein-solches-buch-muss-deutschland-aushalten_aid_549722.html)

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Quote[...] Neu aber ist, dass seit ein paar Jahren auch gut ausgebildete Migranten der zweiten und dritten Generation zurückkehren, weil sie bessere Berufschancen in der Türkei sehen. "Deren Problem ist nicht ihre gescheiterte Integration," erklärt Susan Rottmann, "sondern die fehlenden Perspektiven in Deutschland."

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Aus: "Rückkehrende Migranten: Nie mehr braver Türke" Von Kristina Tirier, Istanbul (14.09.2010)
Quelle: http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/0,1518,716677,00.html (http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/0,1518,716677,00.html)

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Title: [Frankreich verbietet Frauen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 15, 2010, 09:43:07 AM
Quote[...] Frankreich verbietet Frauen das Tragen von Vollschleiern wie Burka und Nikab. Ein entsprechendes Gesetz nahm mit der Verabschiedung durch den Senat die letzte Hürde. Von Frühjahr kommenden Jahres an soll es auf allen öffentlichen Straßen und Plätzen gelten - ebenso in Bussen, Bahnen, Bibliotheken und Behörden.

Wer dennoch sein Gesicht verhüllt, muss mit einem Bußgeld von bis zu 150 Euro rechnen. Zusätzlich oder alternativ kann die Teilnahme an einem Kurs in Staatsbürgerkunde angeordnet werden. Männer, die Frauen zum Tragen eines Schleiers zwingen, sollen sogar mit bis zu einem Jahr Haft und einer Geldstrafe in Höhe von 30.000 Euro büßen. Sind die Betroffenen minderjährig, ist zudem eine Verdoppelung der Strafe möglich.

Nach Ansicht von Präsident Nicolas Sarkozy und der konservativ- rechten Regierung sind Vollschleier wie Burka und Nikab Symbole der Unterdrückung und verstoßen gegen Grundsätze wie die Gleichberechtigung von Frau und Mann. Justizministerin Michèle Alliot-Marie betonte, dass es bei dem Gesetz nicht um Fragen der Sicherheit oder Religion gehe.

...


Aus: "Senat stimmt fast einstimmig für Burka-Verbot" (14.09.2010)
Quelle: http://www.tagesschau.de/ausland/burkaverbot110.html (http://www.tagesschau.de/ausland/burkaverbot110.html)

Title: [Was Molly Norris unterschätzte... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 05, 2010, 11:11:39 AM
Quote[...] Das Ganze war als Statement in Sachen Meinungsfreiheit gedacht und sollte zugleich als Solidaritätsbekundung für die "South Park"-Erfinder Matt Stone und Trey Parker dienen. Denn deren 201. Folge der Serie war vom Sender "Cartoon Network" zensiert worden, nachdem es nach Ausstrahlung der vorherigen Episode, der ersten Hälfte einer Doppelfolge, in der Mohammed in einem Bärenkostüm auftritt, zu massiven Drohungen vonseiten radikaler Islamisten gekommen war.

In Norris' Cartoon sind unter anderem eine Kaffeetasse, ein Dominostein und eine Kirsche zu sehen, die allesamt von sich behaupten, die einzig legitime Abbildung von Mohammed zu sein. Flankiert wird der Cartoon von der Aufforderung, bis zum 20. Mai eine Zeichnung des Propheten anzufertigen.

Was Molly Norris unterschätzte, war die Eigendynamik, die ein derart brisantes Thema in Zeiten von Blogs und sozialen Netzwerken innerhalb kürzester Zeit entwickeln kann.

Denn nicht nur unzählige Blogger griffen die Idee bereitwillig auf, auch eine nicht von Norris autorisierte Facebook-Seite nahm sich ihrer an. Auf dem Höhepunkt ihrer Popularität hatte die Seite mehr als einhunderttausend Besucher. Der Rummel um den "Everybody Draw Mohammed Day" führte gar zu einem zeitweiligen Facebook-Verbot in Pakistan.

Je größer der Trubel wurde, desto bedrohlicher wurde die Situation für Molly Norris, die massiv an Körpergewicht zu verlieren begann und ihr Leben nur noch als "horrible" bezeichnete. Vielleicht hatte sie da schon eine vage Ahnung davon, was noch auf sie zukommen sollte. Denn im Juni erklärte der Islamist Anwar al-Aulaqi Molly Norris in einer Zeitschrift mit dem zynisch klingenden Titel Inspire (zu Deutsch: Anregung, Begeisterung) zur "prime target" ("Hauptziel") eines Mordanschlags.

...


Aus: "Facebook-Aufruf von US-Karikaturistin: Neuer Name wegen Netz-Hetzjagd" VON ANDREAS RESCH (04.10.2010)
Quelle: http://www.taz.de/1/leben/kuenste/artikel/1/neuer-name-wegen-facebook-hetzjagd/ (http://www.taz.de/1/leben/kuenste/artikel/1/neuer-name-wegen-facebook-hetzjagd/)

Title: [Die Debatte um die Äußerungen von Bundespräsident Wulff... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 05, 2010, 11:24:30 AM
Quote[...] Das Christentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland. Das Judentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland. Das ist unsere christliche-jüdische Tradition. Aber der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland.

Das mag bei den fremdenfeindlichen und islamophoben Bewegungen nicht gut ankommen, die sich seltsamerweise mit Freiheit identifizieren, während sie Rassismus, Ausgrenzung und Intoleranz predigen, ist aber ebenso eine Selbstverständlichkeit wie die Tatsache, dass Deutschland schon seit Jahrzehnten ein Einwanderungsland ist und dies nun endlich, auch in der Union, akzeptiert werden muss. Dass Wulff sich auch als Präsident der deutschen Muslime präsentierte, mag der gegenwärtigen Diskussion geschuldet sein, aber was könnte er anderes sein, etwa nur der Präsident für die "autochthonen" Deutschen? Das wäre geradezu absurd und würde nur in einen veränderten Ariernachweis münden.

...

Quotekulinux, 4. Oktober 2010 02:00
"Gott schütze Deutschland" ....???? Hat der sie noch alle?


Dass er Zeus/Jupiter, Marduk, Ishtar, Shiva, Wischnu, Brahma,
Quetzalcoatl, Thor, The Flying Spaghetti Monster und ihre ca. 8000
Kollegen vergessen hat, wird sich fürchterlich rächen: Sie werden
sich alle gegen uns wenden - da kann dann der misogyne, homophobe,
kleingeistige Stammesgott dieses vorderasiatischen Ziegenhirtenvolkes
GAR NIX gegen ausrichten!
Wir sind verloooooren!!

...



Aus: "Bundespräsident Wulff: "Gott schütze Deutschland"" Florian Rötzer (04.10.2010)
Quelle: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/33/33433/1.html (http://www.heise.de/tp/r4/artikel/33/33433/1.html)

-.-

Quote[...] Die Debatte um die Äußerungen von Bundespräsident Wulff zum Islam hält an. Nach Ansicht des Vorsitzenden des Bundestags-Innenausschusses, Bosbach, ist der Islam zwar Teil der deutschen Lebenswirklichkeit. Geprägt werde die Bundesrepublik aber durch christlich-jüdische Traditionen, meinte der CDU-Politiker in der "Bild"-Zeitung. Ähnlich äußerte sich der CSU-Europapolitiker Weber. Der Islam habe bislang keinen Beitrag zur Identität des Landes geleistet, sagte der stellvertretende Vorsitzende der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament im Deutschlandfunk. Unterstützung erhielt Wulff vom ehemaligen Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, Huber. Er erklärte im Deutschlandradio Kultur, der Islam gehöre zu Deutschland. Es müsse aber mit den Muslimen offen über die Grundwerte der Gesellschaft gesprochen werden.


Aus: "Diskussion um Wulffs Islam-Äußerungen geht weiter" (05. Oktober 2010)
Quelle: http://www.dradio.de/nachrichten/201010050800/2 (http://www.dradio.de/nachrichten/201010050800/2)

-.-

Quote[...] Christen, Juden und Muslime OK, aber...

ist Christian Wulff auch der Präsident der Hindus, Buddhisten, der Zeugen Jehovas, der nicht ganz kleinen Gruppe der Atheisten und ähm... der Scientologen in Deutschland?

Müssen sich die Deutschen und ihre Mitbüger künftig ihre Religion besser beim Bundespräsidenten anerkennen lassen:

,,Geht klar, mach ich, ... bin ich!"

,,Nein, nein, völlig ausgeschlossen, ich bin nicht ihr Präsident, Sie perverses Schwein, Sie!"

Unser Präsident gibt uns Rätsel auf, denn die Religion Schalke 04 zum Beispiel, die kann doch keine zwei Präsidenten haben?

...


Aus: "Christen, Juden und Muslime OK, aber..." (2010/10/04/)
Quelle: http://almabu.wordpress.com/2010/10/04/christen-juden-und-muslime-ok-aber/ (http://almabu.wordpress.com/2010/10/04/christen-juden-und-muslime-ok-aber/)

-.-

Quote[...] An dieser Stelle muss sich der Autor selbst korrigieren. Nachdem er am Sonntag Christian Wulff zugehört hatte, schrieb er, der Bundespräsident habe eine solide, aber keine große Rede gehalten. Und er urteilte: Die Passage, in der Wulff über den Islam sprach, sei die stärkste einer "ganz normalen Bundespräsidenten-Rede" gewesen.
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Allerdings: Eine Rede, die derart heftige Reaktionen hervorruft, kann nicht (mehr) gewöhnlich genannt werden. Auch dann nicht, wenn der Satz des Anstoßes von banaler Richtigkeit ist. "Der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland", hat Christian Wulff gesagt und damit eine schlichte Wahrheit ausgesprochen.

Zwischen 3,8 und 4,3 Millionen Muslime leben in Deutschland. Sie sind mehr oder weniger religiös. Die meisten haben Arbeit, zahlen Steuern, manche sind deutsche Staatsbürger. Der Islam gehört zu Deutschland, wie es ultrakonservative Katholiken und protestantische Freikirchler tun, die im Übrigen bisweilen eine ähnliche Tendenz zur Parallelgesellschaft in sich tragen wie manche Muslime.

Wulffs Rede war eine Einladung, gemeinsam in diesem Land zu leben und gemeinsam Integrationsdefizite, die es zweifellos gibt, anzugehen. Was die Union derzeit aber betreibt, ist der absurde Versuch, Integration mithilfe von Ausgrenzung zu erreichen.

Der CSU-Politiker Norbert Geis etwa. Er sagte den kuriosen Satz, dass der Islam erst dann zu Deutschland gehöre, wenn die Integration gelungen sei. Mit derselben Argumentation könnte man behaupten, Deutschland sei erst dann eine Demokratie, wenn 100 Prozent der Wähler ihre Stimme abgeben.

...

Quote* 07.10.2010 um 17:22 Uhr
    * JohannesHans

Die Leitkultur-Debatte ist nötiger denn je!

Sehr erfreulich, daß Herr Horeld einige zutreffende Sachverhalte anspricht wie etwa den Vergleich: "Der Islam gehört zu Deutschland, wie es ultrakonservative Katholiken und protestantische Freikirchler tun." Oder: "Es war ein langer Prozess, bis auch rot-grüne Politiker und Migrantenverbände die Tatsache anerkannt haben, dass es in Deutschland Integrationsprobleme gibt." Nur die Schlußfolgerung daraus, wir bräuchten deshalb keine Leitkultur-Debatte ist nicht konsequent noch nachvollziehbar!!!
1. ultrakonservative Katholiken und der Islam haben viel gemeinsam. Richtig! Aber genau dafür, daß ultrakonservative Katholiken in Deutschland heute keinen nennenswerten Einfluß mehr haben, haben wir in Deutschland und Europa jahrhundertlang gekämpft. Warum sollten wir also einen Islam willkommen heißen, der jedenfalls in seinen politisch aktivsten Teilen genauso rückwärtsgewandt ist wie diese Katholiken???
2. wie also ausgerechnet aus dem Islam ein Beitrag zur Leitkultur kommen soll, ist mir schleierhaft. Und dass diese äußerst nötig ist, kann nach den letzten Wochen voller Sarrazin-Debatte überhaupt keine Frage mehr sein: offensichtlich wühlt dieses Thema die Deutschen und das Land gewaltig auf, es geht um unsere Identität! Nichts anderes ist die "Leitkultur"!
3. Es ist offensichtlich, daß die Gleichberechtigung von Mann und Frau und die Meinungsfreiheit zentraler Bestandteil dieser Leitkultur sind. Und davon ist der bewußt gelebte Islam genauso weit entfernt wie diese Katholiken.



Quote* 07.10.2010 um 17:17 Uhr
    * happy loser

Leidige Leitkultur

Danke an den Verfasser des obigen Artikels.

Ich bin die ganze Leitkultur-Debatte herzlich leid!
Der Bundespräsident hat nur gesagt, dass die Muslime ein Teil Deutschlands sind, dass der Islam nach Deutschland gehört.

Nicht mehr und nicht weniger.
Ich bin in Deutschland geboren und aufgewachsen, in einer Zeit, die geprägt von den Greueln des Naziregiems eine Demokratie wurde, sich nach außen öffnete, offen war für anderes Denken und andere Kulturen.

In diesem Geist bin ich, Jahrgang 1949, aufgewachsen.

Mich haben andere Länder, ihre Sitten, ihre Rituale, ihre Religionen immer sehr interessiert.

1985 bin ich zum Islam konvertiert und gehöre, wie einige hier im Forum aus meinen Kommentaren wissen, zu einem gemässigten, liberalen Islam.
Trotzdem ist er mir wichtig, ans Herz gewachsen, ein wichtiger Teil meiner Identität.

Die gegenwärtige Debatte, losgetreten von Sarrazin, aber bereits vorher in den Köpfen vieler Menschen, die Angst vor dem Fremden haben, auf einemal ihre christlichen Wurzeln wieder entdecken, vorhanden gewesen.

Heute, nach 40 Jahren in einem Sozialberuf, auch in der Integrationsarbeit tätig, bin ich einigermaßen verzweifelt.
Ich zweifle nicht an meinem Glauben, ich verzweifle an Deutschland!

Ich bin eine Fremde in meinem eigenen Land.

...


Quote* 07.10.2010 um 17:27 Uhr
    * Storch Heinar

Danke Herr Horeld,

für Ihren Kommentar. Dem bleibt nicht viel hinzuzufügen. Auch ich habe den Eindruck, dass Teile der Union und andere selbsternannte Retter des Abendlandes sich mal besser in unsere Gesellschaft integrieren sollten, anstatt so zu tun, als wären Aufklärung und Säkularisierung nie passiert, als seien irgendwelche schwammigen, verquasten christlich-jüdischen Traditionen die "Leitkultur" in diesem Lande und nicht Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Wenn man so will, gehört Religionsfreiheit zur deutschen Leitkultur und nicht das chauvinistische Gebahren wie es Teile der Union und Hardcore-Islamkritiker wie Wilders, Broder und Co. an den Tag legen.


Quote* 07.10.2010 um 18:00 Uhr
    * NDM

Der Knackpunkt

Das ist der Knackpunkt der Moslemfeindlichkeit. Sie versucht, einen Gegensatz zwischen "Deutsch" und "Moslem" zu konstruieren. Wer Deutscher ist, könne kein Moslem sein, und wer Moslem ist, könne kein Deutscher sein.

Der Widerspruch hierbei: "Deutschsein" ist weder eine Religion noch an eine bestimmte Religion geknüpft. Die Staatsangehörigkeit mit einer Religion (z.B. Islam oder Judentum) in Widerspruch zu setzen, ist demnach konstruiert.

Personen, die dies tun, meinen zwischen den Zeilen nicht den Islam als Religion, sondern Türken und Araber als Zuwanderer.



usw.


Aus: "Islam-Debatte: Integriert die Union!" Von Markus Horeld  (7.10.2010)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/deutschland/2010-10/islam-integration-wulff-union (http://www.zeit.de/politik/deutschland/2010-10/islam-integration-wulff-union)

-.-

Quote[...] Die Debatte über den Islam, von Thilo Sarrazin entfacht und den Fehlinterpreten der Rede von Christian Wulff befeuert, wird ahistorisch geführt, aufs Nationale verengt, und sie zeugt von Unverständnis fürs Religiöse an sich. Die drei zentralen Vorwürfe lauten, Muslime würden, erstens, das religiöse Recht, die Scharia, über das weltliche Recht stellen; zweitens sei der Islam mehr als eine Religion, er mache Politik und positioniere sich weltanschaulich; drittens sei er antiemanzipatorisch und homophob. Alle diese Vorwürfe haben einen richtigen Kern. Aber nichts an ihnen ist exklusiv islamisch. Zumindest die ersten beiden berühren das Wesen von Religion überhaupt.
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Auch der gläubige Christ stellt seinen Gott im Zweifelsfall über die weltlichen Gesetze. Seit es sie gibt, rebellierten Christen gegen die bestehende Ordnung. Wenn der Obrigkeit Gebot nicht ohne Sünde befolgt werden kann, heißt es etwa im "Augsburger Bekenntnis" von 1530, "soll man Gott mehr gehorchen als den Menschen". Dieser Geist durchzieht ebenfalls die sechs Thesen der "Barmer Theologischen Erklärung" von 1934. Natürlich darf der Rechtsstaat keine Gesetzesverstöße dulden. Das Recht darf vor religiöser Andersartigkeit, die zum Verbrechen führt, nicht kapitulieren. Außerdem befindet sich der christliche Glaube derzeit zum Glück in Übereinstimmung mit der herrschenden Ordnung. Aber den Grundsatz der obersten Bindung an Gottes Wort und Gottes Gebote haben Christen und Muslime durchaus gemein.

Ist der Islam eine Weltanschauung, das Christentum nicht? Wer jemals die 2865 Abschnitte des Katechismus der Katholischen Kirche gelesen hat, weiß, dass er so ziemlich alle Bereiche des menschlichen Lebens umfasst. Wer an die Rolle von Papst Johannes Paul II. beim Sieg über den Kommunismus denkt oder an die lateinamerikanische Befreiungstheologie, sieht, wie politisch der Katholizismus schon immer war. Der Anspruch des Protestantismus ist kaum bescheidener. Ob Armutsbekämpfung, Globalisierung, Kernkraft, Klimawandel, Rüstung – jedes politische Großthema wird mit Denkschriften, Initiativen und Kirchentagen bedacht. Aus christlichem Selbstverständnis mischt man sich ein.

Bleibt die Stellung der Frau und die Ablehnung der Homosexualität. Doch auch die sind nicht exklusiv islamisch. Bis heute dürfen katholische Frauen nicht zu Priestern geweiht werden, bei den Amish-Gemeinden oder Mennoniten müssen sie Kopfbedeckung tragen und in traditionell vorgezeichnete Rollen schlüpfen. Und dort, wo das Christentum, global gesehen, am stärksten wächst – in Afrika und Asien –, wird es von Charismatikern und Evangelikalen geprägt, die in Emanzipationsfragen auch nicht gerade fortschrittlich sind.

Nein, so platt, wie es die Gegenüberstellung suggeriert, ist die Wirklichkeit nicht: hier ein privat praktiziertes Christentum, das sich dem Staat unterordnet und politisch neutral bleibt, dort ein allumfassender, kulturell konservativer Islam, der sich anmaßt, die Welt verändernd zu gestalten. Vielmehr drückt sich im Abwehrreflex gegen das I-Wort (Islam) auch eine allgemeine Religionsaversion aus. Manch einer erträgt es nicht, dass in einem demokratischen Rechtsstaat zwar die Gesetze befolgt werden müssen, die Gedanken aber frei und die Forderungen nach Wertbekenntnissen Gesinnungsschnüffelei sind.

Quote* 10.10.2010 um 9:25 Uhr
    * gerthans

Zähmung der Religion

Malte Lehming hat Recht mit seiner Feststellung, dass sowohl Christentum als auch Islam Herrschaft über Staat und Privatleben beanspruchen und die Frauen unterdrücken wollen.

Doch ist das Chistentum zumindest im Westen weit mehr als der Islam gezähmt und zivilisiert worden. Und diese wohltätige Zähmung und Zivilisierung verdanken wir Aufklärung, Humanismus, Renaissance und 68. Mitgewirkt an der Zähmung haben im Zuge von Humanismus und Renaissance christentumsphobe Blasphemien wie zum Beispiel Goethes Ballade "Die Braut von Korinth" oder Wilhelm Buschs antiklerikale Satire "Der heilige Antonius von Padua". Von den GRÜNEN als den Nachfolgern der Aufklärer und der 68er erwarte ich, dass sie diesen Traditionen die Treue halten!


Quote* 10.10.2010 um 9:29 Uhr
    * Aahz

Kriminalgeschichte des Christentums

Ein sehr Interessantes Buch ebenso Das Kreuz mit der Kirche.
Jede Religion im Extrem ist von Übel dann lieber einen gesunden Humanismus mit oder ohne religiöser Prägung


Quote* 10.10.2010 um 9:41 Uhr
    * Marco Antonio Bragadin

Eine Frage an den Autor

Haben Sie den Koran gelesen?
Kennen Sie den Schwertvers?

[...] Wo sind ähnliche Bewegungen im islamischen Raum zu finden?
Wo sind die Mozarts, Kants, Einsteins im islamischen Raum?

Ich wünsche allen Relativisten einen schönen Tag und verbleibe mit freundlichen Grüßen Marco Antonio Bragadin


Quote* 10.10.2010 um 10:29 Uhr
    * jumamo

@marco antonio bragadin

Verehrter Marco Antonio Bragadin,

Sie haben nur wenige Zeilen gebraucht, um deutlich zu machen,
wie wenig Ahnung Sie von den kulturellen Leistungen des Islam haben, von seinen philosophischen, naturwissenschaftlichen und künstlerischen Geistesgrössen und Leistungen ganz abgesehen.

Complimenti!


Quote* 10.10.2010 um 11:29 Uhr
    * libertin

Mozarts, Kants,Einsteins...

....die islamische Kultur hat u.A. große Erkenntnisse in Mathematik und Medizin hervorgebracht. Während Europa im Mittelalter durch den Einfluss der Kirchen jeglichen wissenschaftlichen Fortschritt verweiger hat gab es im Nahen Osten fortschrittliche Universitäten und Krankenhäuser, die ersten Chirurgen der Welt waren Moslems. Sogar die Dampfmaschine haben die Osmanen als erfunden - leider haben sie die Tragweite dieser Erfindung nicht erkannt.

Steigen wir von unseren hohen abendländischen Rössern. Es gibt Genies auch in anderen Kulturkreisen.



Quote* 10.10.2010 um 9:52 Uhr
    * lepkeb

Wenn man einen

solchen Artikel verfasst, sollte man zumindestens den Begriff monotheistische Religionen verwenden.
Dann noch die Menonites und Amish (da hat der Autor noch die Hutterer vergessen) als Beispiel anzuführen, und diese mit dem Islam zu vergleichen ist dann der intellektuelle Tiefpunkt des Artikels. Die Frauen tragen keine Kopftücher sondern Häubchen (Amish) und teilwiese Hütte (Menonites).
Wie sieht es mit der Gewalt bei den genannten Religionen (Stichwort Pazifismus), woraus sind sie entstanden (Stichwort Reformation), hat der Autor schon mal Menoniten besucht. Die Menonites fordern die Trennung von Kirche und Staat. Und lieber Autor man muss in diesen Religionsgemeinschaften nichts tun. Man kann sie verlassen und auch konvertieren ohne verfolgt zu werden. Auch werden bei den Menonites alle Entscheidung der Gemeinde demokratisch von der Gemeinde getroffen und man hat Entscheidungsfreiheit. Auch gibt es bei den Menonites Frauen als Pastorinnen(dei erste Anna Zernike - 1911) soviel zum Thema in Rollen gedrängt werden.
Vielleicht kann die ZEIT dem Autor mal eine Reise nach Manitoba oder Saskatchewan sponsorn oder die Niederlande wird nicht so teuer, so dass er sich Menonites vor Ort anschauen und sich mit ihnen unterhalten kann. Im Ersten Fall ist es dann auch nicht mehr so weit zu den Amish.
Gehöre übrigens keiner der genannten Religionen an.


Quote* 10.10.2010 um 10:27 Uhr
    * Laoyafo

Woher kommt das?

Seit über 40 Jahren leben die Migranten in "Feindesland", sprich, in einem Land, in dem ihnen mit offener oder versteckter Feindseligkeit begegnet wurde. Sie waren zwar willkommen, um Müll zu fahren und in Bergwerken zu rackern, aber wann hat je eine deutsche Familie eine türkische zu sich eingeladen? Das ist praktisch nicht passiert. Wenn man mal erlebt hat, wie Fremde in der Türkei in der Familie aufgenommen werden (meine Erfahrung), kann man sich das Befremden auf Seite der "Gäste" vorstellen. Man hat sie zwar Gastarbeiter genannt, aber als Fremdarbeiter behandelt. Ich glaube, manche müssen sich gefühlt haben wie Polen in Deutschland vor 1945. Fraternisieren verboten! Wir hatten die historische Chance, es dieses Mal anders, besser, zu machen, und wir haben es vergeigt. Die Feindseligkeiten, die uns in der 3. Generation entgegenschlagen, sind die Quittung.

Quote@ Laoyafo # 22   Hräswelger

Was zimmern Sie sich denn da zusammen?
Zudem, bleiben Sie doch beim Thema, da gibt es genug zu kommentieren, und sogar zu erfahren!

QuoteTrauerkloß

Günther Wallraff

Lesen sie doch einfach mal das Buch "Ganz Unten" von Günther Wallraff. Da muss man sich nichts zusammenzimmern. Ist alles gut Dokumentiert. Wie deutsche sind nicht die Gastfreundlichsten Menschen. Hat es etwas mit unserne christlichen Werten zu tun?




Quote* 10.10.2010 um 11:54 Uhr
    * rebarrov

Aufklärung

Es dauerte mehrere Jahrhunderte, um die Macht der katholischen Kirche auf das derzeitige Niveau zu senken. Dank Humanismus, Aufklärung – im Grunde dank des zunehmenden Widerstandes und Protests der EIGENEN Kirchenmitglieder, braucht sich heute vor dem Papst in Deutschland niemand mehr zu fürchten.

Stellen Sie sich vor, ein muslimischer Karikaturist zeichnete eine Jesus-Karikatur und der Papst oder ein Bischof riefe dazu auf, den muslimischen Karikaturisten zu ermorden.
Worüber wäre Ihre Empörung größer: über die Karikatur, oder über den Aufruf zum Mord? Ich denke, über Letzteres.

Es ist schockierend, wenn muslimische Mitbürger im tatsächlichen Karikaturenstreit Aufrufe zur Ermordung von Karikaturisten zwar verurteilen, im gleichen Atemzug aber auch die Karikaturisten selbst tadeln, da sie ihre religiösen Gefühle verletzt hätten, und somit diesen Karikaturisten quasi eine Mitschuld an der Sache geben. Ganz so, als ob der Aufruf zum Mord und das Zeichnen einer kritischen Karikatur dasselbe Maß an moralischer Entrüstung verdient hätten. Das ist schlicht und einfach schockierend.

Der Islam, bzw. islamische Gesellschaften, haben noch einen weiten Weg zu beschreiten. Ob sie diesen Weg der Aufklärung überhaupt gehen wollen oder nicht, müssen sie selbst entscheiden; der Antrieb dazu wird jedenfalls von innen her kommen müssen.



Quote* 10.10.2010 um 11:22 Uhr
    * Wahrsprecher

Obwohl der Artikel erfrischend

mit Wissen daher kommt, er sieht einen Punkt wohl falsch. Es geht bei dieser Debatte kaum auf eine Gegnerschaft von Christentum zu Islam. Zwar reden einige wenige durchaus davon, aber das sind eher die biederen Bürgerlichen, die kaum weiter als über ihren Gartenzaun blicken und die - gewohnte - Kirche immer noch als Teil ihrer Welt empfinden. Sie haben häufig genug ausschließlich Vorurteile statt Kenntnis, sowohl gegen den Islam als auch für das Christliche. Wortführender sind aber die Kräfte, die im Islam grundsätzlich das zu bekämpfende Fremde sehen und sehen wollen. Ihnen ist es ziemlich egal, ob der Islam dabei auch eine Religion ist; eher nutzen sie diese Zufälligkeit, wo es ihnen genehm ist. So kann man in Kommentaren immer wieder auch Vorurteile gegen Araber oder Türken lesen, gleichgesetzt mit Muslimen. Sie stehen einfach gegen das ihnen Angst machende Fremde und suchen nach dessen Anzeichen, ob es ein Minarett, ein Kopftuch, eine Hautfarbe oder eine Sure ist. Xenophobie nennt man dies und in genau diesem Krankheitsbild der Psyche finden sich auch die gewöhnlich beobachtbaren, paranoiden Emotionalitäten und hysterischen Anfälle. Diesen Menschen kann man nicht mit einer korrigierenden Belehrung kommen, da stellen sie sich taub. Manchen würde noch eine Therapie helfen. Der Rest ist wohl verloren für uns. Aber vielleicht hilft der Text noch jenen, die schwanken und offen sind.


Quote* 10.10.2010 um 12:26 Uhr
    * Araberphilosoph

... Glauben Sie mir, wir - als islam theologen - versuchen und versuchen und leiden viel mehr unter diesen "blöden" radikalen als Sie (uns kann das buchstäblich das Leben kosten, wenn sie uns als Verräter bezeihnen) Aber von uns können sie nicht erwarten, dass wir die Islamischen Theologie in Paar Jahren ändern können. In unseren Heimatländer sind die meisten "Aufklärer" hinter den Gittern. Hier in Deutschland kriegen wir schläge von allen seiten, von den muslimen selbst, von den rechtradikalen, von den "Halb kenner". Und am Ende wird uns gesagt, dass wir "genetisch" Dumm sind. Es ist nicht einfach.



Aus: "Islam und Christentum: Mit zweierlei Maß gemessen" Von Malte Lehming (10.10.2010)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/2010-10/islam-christentum-sarrazin (http://www.zeit.de/politik/2010-10/islam-christentum-sarrazin)

Title: [Fremde Kulturkreise... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 09, 2010, 07:03:23 PM
Quote[...] In der Integrationsdebatte  hat CSU-Chef Horst Seehofer eine Beschränkung der Zuwanderung aus "fremden Kulturkreisen" gefordert. "Es ist doch klar, dass sich Zuwanderer aus anderen Kulturkreisen wie aus der Türkei und arabischen Ländern insgesamt schwerer tun", sagte der bayerische Ministerpräsident dem Magazin Focus mit Blick auf deren Integrationsfähigkeit. "Daraus ziehe ich auf jeden Fall den Schluss, dass wir keine zusätzliche Zuwanderung aus anderen Kulturkreisen brauchen."


Seehofer sagte weiter: "Wir müssen uns mit den Menschen beschäftigen, die bereits hier leben. 80 bis 90 Prozent sind ja gut integriert. Die Integrationsverweigerer müssen wir aber härter anpacken." Neben dem Erlernen der deutschen Sprache und der Akzeptanz der Grundwerte der Bundesrepublik verlangte er, dass Zuwanderer ihren Lebensunterhalt selbst verdienen müssten.

...

Quote* 09.10.2010 um 13:14 Uhr
   * lapidar

Bitte aufwachen Herr Seehofer,

wo waren Sie denn 1960, als die CDU/CSU-Regierung auf Wunsch der deutschen Industrie mit der Anwerbung von Türken in Ostanatolien begann.

Die deutschen Ärzte, die die türkischen Bewerber begutachteten, hatten nicht die Aufgabe auf Bildung und Intelligenz zu achten, die waren Nebensache, sondern auf physische Kraft und Gesundheit. Man wollte schließlich Malocher und keine Intellektuellen.


Quote* 09.10.2010 um 13:17 Uhr
   * ChrisHamburg

Auswanderer

[...] Wenn eine deutsche Familie vor einer Generation nach Australien ausgewandert ist und die Kinder nun (auch) noch die deutsche Sprache beherrschen, deutsche Traditionen behalten und sich womöglich über den Sieg einer deutschen Mannschaft freuen, wird das von den hier lebenden Deutschen als normal angesehen. Wenn nach D eingewanderte Türken Vergleichbares machen, sind sie plötzlich die Nichtintegrierten.


Quote* 09.10.2010 um 13:18 Uhr
   * arvedson

Billige Polemik!

Also,ich weiß ebenso von Japanern,die sowas von "fast Null" deutsch können,japanische Privatschulen besuchen ect.pp.
Sushi essen,japanisches Fernsehen usw.
Nur sind diese Menschen einer anderen "Schicht","Klasse" oder wie auch immer zuzuordnen.
Ich frage mich allerdings,was mit den 100000en deutschen "No chance"-kids in Problembezirken zu tun ist,die genauso wenig in unsere Gesellschaft integriert sind wie der von Seehofer gedisste Personenkreis.


Quote* 9.10.2010 um 13:20 Uhr
   * Jürgen Hubert

Vielen Dank, Herr Seehofer!

Mit diesem Ausspruch begehen Sie Verrat am Wissenschaftsstandort Deutschland!

In welchem modernen Forschungsinstitut in Deutschland gibt es _keine_ Mitarbeiter aus anderen Kulturkreisen? Bitte verraten Sie uns, wer die alle ersetzen soll!


Quote* 09.10.2010 um 13:29 Uhr
   * Furchensumpf

[...] Meine Frau ist gebürtige Polin, mittlerweile besitzt sie die deutsche Staatsangehörigkeit. Sie wird im Herzen aber immer eine Polin bleiben. Und das wird sich nie ändern. Und ganz ehrlich? Ich bin froh drumm. Denn die Polen sind mir als Völkchen wesentlich sympathischer als wir Deutschen.

[...] Fahren Sie mal nach Amerika und schauen mal wieviele Siedlungen oder Ortsteile es gibt, wo die Menschen sich auch nur auf Deutsch untehalten, in deutschen Läden kaufen und teilweise recht rassistisch sind. Unser Land agiert also genauso wie das was Sie anderen vorwerfen. Darf man überhaupt etwas fordern was man selber nicht bereit ist zu geben?


Quote* 09.10.2010 um 13:30 Uhr
   * Duckmichnichtweg

Sehr durchsichtig: Herr Seehofer (wie auch Frau Merkel) versuchen jetzt ihr konservatives Lager zu halten, sowie die Menschen anzusprechen, die diesem Unsinn von Sarrazin zugestimmt haben. Mehr ist es nicht.


Quote* 09.10.2010 um 13:49 Uhr
   * bookmark

Seehofer ist ein Opportunist

Er wäre nie von sich aus zu diesem Thema gekommen. Er hat in Ruhe abgewartet, bis Sarrazin und Co. verschlissen waren und schwingt sich nun auf die Welle der Volkesmeinung.

...



Aus: "Seehofer gegen Zuwanderung aus "fremden Kulturkreisen"" (9.10.2010)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/deutschland/2010-10/seehofer-integration-zuwanderer (http://www.zeit.de/politik/deutschland/2010-10/seehofer-integration-zuwanderer)

Title: [Der entkoffeinierte Andere (Slavoj Žižek, 2010, EU)... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 11, 2010, 02:44:30 PM
Quote[...] In Europa etabliert sich eine Politik, die offenen Rassismus ablehnt, um eine ,,angemessene" Distanz zum Fremden zu praktizieren ...

... Heutzutage ist eine ganze Reihe von Produkten auf dem Markt, denen ihre schlechten Eigenschaften entzogen wurden: Kaffee ohne Koffein, Sahne ohne Fett, Bier ohne Alkohol. Und die Liste lässt sich fortführen: Wie wäre es mit virtuellem Sex als Sex ohne Geschlechtsverkehr? Oder mit Colin ­Powells Doktrin vom Krieg ohne Opfer (auf unserer Seite, natürlich) als Krieg ohne Krieg? Und was ist mit der aktuellen Neudefinition der Politik als Kunst der Expertengremien – eine Politik ohne Politik? Womit wir bei dem toleranten, liberalen Multikulturalismus von heute wären, der dem Anderen seine Andersartigkeit aberkennt – ihn zum entkoffeinierten Anderen macht.

Der Mechanismus hinter einer solchen Neutralisierung wurde bereits 1938 von dem französischen Faschisten Robert Brasillach am besten auf den Punkt gebracht, der sich selbst für einen ,,moderaten" Antisemiten hielt und die Formel vom angemessenen Antisemitismus erfand. ,,Wir erlauben uns, Charlie Chaplin als Halbjuden zu applaudieren; Proust, den Halbjuden, zu bewundern; Yehudi Menuhin, einem Halbjuden, Beifall zu spenden; ... Wir wollen niemanden umbringen, wir wollen keine Pogrome organisieren. Doch wir glauben auch, der beste Weg, um die stets unvorhersehbaren Handlungen eines instinktiven Antisemitismus zu verhindern, ist ein angemessener Antisemitismus."

Ist es nicht eben diese Haltung, die unsere Regierungen an den Tag legen, wenn es um die ,,Bedrohung durch Einwanderung" geht? Nachdem der unverblümt populistische Rassismus rechtschaffen als ,,unangemessen" und mit unseren demokratischen Standards nicht vereinbar abgelehnt wurde, befürworten sie ,,angemessene" rassistische Sicherheitsmaßnahmen ...


"Der entkoffeinierte Andere" Kultur | Bequemlichkeit | 08.10.2010 14:00 | Slavoj Žižek
=> http://www.freitag.de/kultur/1040-der-entkoffeinierte-andere (http://www.freitag.de/kultur/1040-der-entkoffeinierte-andere)

Title: [Vor dem Tribunal der Kulturwächter... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 12, 2010, 09:47:58 AM
Quote[...] Es vergeht mittlerweile kaum eine Woche, in der nicht ein neuer Streit um die Muslime in Deutschland vom Zaun gebrochen wird. Eine der Fragen, die ich mir dabei stelle, lautet: Wie wirken sich diese hoch erregten Debatten eigentlich auf das Verhältnis der Muslime Deutschlands zur Mehrheitsgesellschaft aus? Von vielen muslimischen Bürgern - auch von jenen, die als integriert und säkular gelten - ist in solchen Zeiten zu hören, dass sie sich schon seit langem nicht mehr so türkisch, muslimisch oder einfach nur fremd in Deutschland gefühlt haben. Auch wenn dies emotional nachvollziehbar ist - ist das im Grunde nicht eine Fluchtreaktion? Eine Reaktion, die alles, wofür zahllose Deutsche wie Türken seit Jahrzehnten gemeinsam gearbeitet haben, auf einen Schlag für gescheitert erklärt?

Um dieser emotionalen Reaktion Alternativen entgegensetzen zu können, muss man wohl etwas weiter ausholen. An mir selbst erkenne ich z. B. Folgendes: Bis vor wenigen Jahren hatte ich mich im Kontext Islam fast ausschließlich mit eher theoretischen Themen befasst, sprich mit Fragen der Metaphysik, der Erkenntnistheorie und den Möglichkeiten einer Integration von Islam und Moderne. Die gesellschaftliche Realität da draußen samt ihren Problemen im Zusammenleben und der gegenseitigen Wahrnehmung ihrer Bürger kannte ich zwar gut - aber irgendwas hinderte mich lange daran dazu schriftlich Stellung zu beziehen. Da war offensichtlich eine internalisierte Zensur am Werk.

Im türkischen Umfeld - so ist zumindest mein Eindruck - wird die öffentliche ideelle Auseinandersetzung mit der deutsch-türkischen Lebenswirklichkeit in Deutschland oftmals gemieden. Dahinter steckt meist die Angst massiv angefeindet zu werden, oder zu viel von einer eventuell türkisch-zentrierten Weltanschauung aufgeben zu müssen. Aber dieses Konzept des Meidens und Ignorierens kann für die Zukunft der jungen Generation keine Option mehr sein.

Hat man sich die Unmöglichkeit einer als rein türkisch (oder deutsch) angesetzten Identität für türkischsstämmige Jugendliche in Deutschland einmal eingestanden, dann erkennt man viel leichter die Massen junger Leute, die ein eigenes Profil entwickelt haben - Profile, von dem weder die deutschen, noch die türkischen Gemeinplätze einen echten Begriff haben. Ich bezeichne dieses Profil als deutsch-türkisch-islamische Identität, wohl wissend, dass dies nur eine spezielle, aber doch relevante Gruppe umfasst. Wir müssen der Realität einen Namen geben - und wenn wir es nicht tun, dann tun es andere für uns, und das leider zu selten in unserem Interesse.

Unser Verhältnis zum Deutschen, zum Türkischen und zum Islamischen ist nichts Unabänderliches, sondern etwas Dynamisches, für das wir zunehmend selbst Verantwortung übernehmen müssen. Ja, es ist hier etwas völlig Neues entstanden, auch wenn es viele nicht so recht fassen wollen: Wir sind keine "Türken" im Sinne unserer Eltern mehr. Aber es ist viel Türkisches in uns, viel Gutes, aber eben auch Problematisches. Wenn nicht wir dies thematisieren, dann machen das andere, abermals nicht in unserem Interesse.

Unser Islamverständnis wiederum hat die Lehre der klassischen Islamgelehrten in vielen Punkten längst überholt. Es haben sich neue Formen islamischer Religiösität entwickelt, zwar aus den alten Formen heraus, aber anlässlich der neuen Lebenswirklichkeit - also jener Wirklichkeit, die nur wir kennen und mit der wir uns auseinandersetzen müssen. Wieder müssen wir selbst bestimmen, wie wir uns zu den tradierten und den neuen Islamverständnissen positionieren, und ob der Islam überhaupt etwas für uns bedeutet, und wenn ja, was. Dies sind Fragen, die viel Wissen und Gewissen voraussetzen. Fragen, die uns im Moment hoffnungslos zu überfordern scheinen.

Wenn wir sie jedoch nicht beantworten, oder zumindest daran arbeiten, dann werden es unsere Kinder eines Tages machen müssen. Womöglich wird es dann jedoch viel schwieriger werden als heute, wo man sich noch blind darauf verlassen kann, dass die chronische Verstimmung einer anonymen Öffentlichkeit nicht unmittelbar in unser Leben eingreift. Es ist höchste Zeit zu realisieren, dass wir, oder zumindest die Minderheiten, denen wir auch angehören, zu einem der brisantesten Streitthemen in Europa geworden sind. Aber dass unsere Stimmen immer noch nahezu unhörbar sind. Ich finde das manchmal unheimlich. Aber ohne jetzt pathetisch klingen zu wollen: Ist das nicht auch die einmalige Gelegenheit selbst den Verlauf der europäischen und islamischen Geschichte mitbestimmen zu können?

Es ist die selten bewusst aufgearbeitete deutsche Stimme in uns, die die türkischen und islamischen Elemente in uns selektiert, formt, kürzt, erweitert und in eine andere Prioritätenabfolge bringt - es ist nichts von außen Herangetragenes, nein, es ist ein Teil von uns. Und man sollte den Mut haben dies klar und deutlich auszusprechen, ohne die Absicht zu hegen die einen zu vergraulen oder sich bei den anderen anbiedern zu wollen: Wir sind - nicht nur, aber auch - ein deutscher Teil der deutschen Gesellschaft, mit vielen unserer Freuden, Werte und Sorgen. Wir sind oft so unvorstellbar inländisch in unserem Denken, Genießen und  Verhalten, aber dennoch oft versucht uns als "echte" Türken zu fühlen. Und die Gesellschaft bestätigt uns dann unser Türke-Sein auch noch regelmäßig. Einen schlimmeren Gefallen könnte sie uns wohl nicht tun. Und was passiert, wenn wir uns mal in der Türkei aufhalten? Wenn man uns an jeder Bewegung, an jedem verschüchterten Zögern, und an jedem deplazierten Vorspringen anmerkt, dass wir Almancıs (zu deutsch: Deutschländer) sind?

[...] Wir müssen jedoch akzeptieren, dass unsere in Entwicklung befindlichen Lebenskonzepte nicht erst von allen Seiten applaudiert und beglaubigt werden müssen, damit sie gut und legitim sind. Selbstbewusstsein definiert sich zu großen Teilen aus dem Vermögen sich selbst die Bestätigung dafür zu geben, dass das, was man nach reiflicher Abwägung tut, in Ordnung ist. Dass man als Mensch vor Gott und seinem Gewissen gerechtfertigt ist. Und dass man nicht als verunreinigter Schuldiger auf die Absolution durch das Tribunal von deutschen oder türkischen Kultur-, und Identitätswächtern warten muss.

Wir allein sind das Tribunal! Jeder über sich selbst!

Und erst, wenn man keinen Groll mehr gegen die Hetzer und Unverständigen verspürt, und wenn der Eifer allen etwas beweisen zu wollen einer toleranten Gelassenheit gewichen ist, kann man sagen, dass das unbefriedbare Tribunal da draußen überwunden wurde. Es hat dann seinen Schrecken verloren und ist zu einem Stück Normalität, zu einem Umstand unter vielen zusammengeschrumpft. Es steht auf Augenhöhe mit mir - nicht darunter, nicht darüber, sondern auf Augenhöhe...

In diesem Sinne...


Aus: "Vor dem Tribunal der Kulturwächter" Von Hakan Turan
andalusian.de - Deutsches, Türkisches und Islamisches | http://andalusian.de/
Sonntag, 10 Oktober 2010. Gepostet in Islam, Integration, Identität, Islamkritik
Quelle: http://andalusian.de/index.php?option=com_zoo&task=item&item_id=54&Itemid=62 (http://andalusian.de/index.php?option=com_zoo&task=item&item_id=54&Itemid=62)

Title: [Es liegt ein Hauch von Panik in der Luft... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 12, 2010, 12:30:53 PM
Quote[...] Während zu Antisemitismus und Homophobie belastbares Zahlenmaterial vorliegt, ist das beim Reizthema Deutschenfeindlichkeit nicht der Fall. Ein vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen erstellter Bericht will Hinweise auf deutschenfeindliche Haltungen jugendlicher Migranten mit islamischen Inhalt erkannt haben. Eine im Auftrag des Bundesinnenministeriums erstellte Studie konnte dafür allerdings keine Hinweise finden.

Die aktuelle Debatte wird auch nicht von Empirie sondern von einer Stimmungspolitik geleitet, wie sie die FAZ auch dem bayerischen Ministerpräsident Seehofer bei seinen Einlassungen zur Einwanderungspolitik attestiert hat. Nur werden diese Stimmungen heute längst nicht nur von Konservativen bedient. Spätestens seit der Sarrazin-Debatte will sich niemand nachsagen lassen, linken Träumereien nachzuhängen, ein Gutmensch zu sein oder gar Tabus zu haben.

...


Aus: "Die Deutschen als Opfer" Peter Nowak (12.10.2010)
Quelle: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/33/33478/1.html (http://www.heise.de/tp/r4/artikel/33/33478/1.html)

-.-

Quote[...] Es liegt ein Hauch von Panik in der Luft, als die Lehrerin endlich zu sprechen beginnt. Sie schluckt. Sie sagt: »Ich bekomme immer mehr Ehrfurcht und Respekt vor diesem Thema.« Dieses Thema, das ist die »sogenannte Deutschenfeindlichkeit« ihrer türkisch- und arabischstämmigen Schüler.

Kein Wunder, dass die Lehrerin so beklommen ist. Nur zwei Straßen entfernt vom Tagungsort hetzt der Rechtspopulist Geert Wilders gegen Muslime, die angeblich Deutschland durch Masseneinwanderung unterwerfen wollen. Die Lehrerin, die ihr halbes Leben an einer Schule in Neukölln verbracht hat, will mit der politisierenden Islamophobie nichts zu tun haben. Dies hier ist eine Veranstaltung des multikulturellen Ausschusses der linken Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Die Furcht, eine ohnehin schon hysterische Debatte noch weiter anzuheizen, füllt den Raum.

Zwei Mitglieder des GEW-Ausschusses für multikulturelle Angelegenheiten, Andrea Posor und Christian Meyer, hatten in einem Artikel für die Berliner Lehrerzeitung Alarm geschlagen, in den zunehmend segregierten Schulen verstärke sich das Mobbing gegen deutsche Schüler. Dieser bereits vor einem Jahr erschienene Hilferuf löste so heftige Diskussionen unter den Lehrern aus, dass man sich, wenn auch unter großen ideologischen Bauchschmerzen, entschloss, eine Tagung zum Thema einzuberufen. Alles selbstverständlich hochseriös, abgesichert mit Rassismusexperten, Migrantenvertretern, Bildungsforschern. Zu groß ist die Angst, selbst unter Rassismusverdacht zu geraten.

Aber am Ende schaut dann eben alles auf diese Frau, die von der Pöbelei berichtet, der deutsche Schüler – und Lehrer – ausgesetzt sind. Sie lehrt seit mehr als zwanzig Jahren an der Otto-Hahn-Gesamtschule im Stadtteil Neukölln und heißt Mechthild Unverzagt.

»Ist ja irre, dass die auch noch diesen Nachnamen hat«, flachst ein Lehrerkollege in der hintersten Reihe vor lauter Anspannung. Dann redet Frau Unverzagt, und sofort wird es leise im vollen Tagungsraum des Berliner GEW-Hauses.

Sie spricht von »Ghettoisierungstendenzen« in Neukölln, einem sogenannten »A-Bezirk« (»A« für Alte, Arbeitslose, Ausländer, Alleinerziehende). An ihrer Schule seien über 80 Prozent der Kinder »nichtdeutscher Herkunftssprache«, die große Mehrheit davon türkisch- oder arabischstämmig. Fast alle Familien seien arm, viele zerrüttet. Die türkischen und arabischen Schüler seien tonangebend in ihrer Respektlosigkeit gegenüber Lehrern. Sie bekämen dafür Anerkennung unter ihresgleichen und stärkten so ihr Selbstwertgefühl: »Wenn es bei uns mal sogenannten Unterricht gibt, erleben sie Misserfolge. Also tun sie alles, um ihn zu sabotieren.« Die deutschen Kinder hätten als kleine Minderheit »alle Qualitäten, die ein Opfer haben muss«. Sie müssten lernen, »sich unsichtbar zu machen«. Sie wollten während der Pausen nicht mehr auf den Schulhof, weil draußen nur ein Spießrutenlauf mit Beschimpfungen und Drohungen auf sie warte. Nicht nur deutsche, auch leistungsbereite türkische und arabische Schüler würden von den Wortführern niedergemacht. Ein türkischer Junge, der zu den guten Schülern zähle, werde als »schwul« beschimpft: »Jeder, der irgendwas erreichen will in der Schule, ist der Gegner. Es wird alles gemobbt, was anders ist.« Auch sie selber ist in demütigender und sexistischer Weise angemacht worden.

Es dauert eine Weile, bis die Teilnehmer sich nach Unverzagts Schilderungen fangen. An diesem Samstagmorgen kann man erleben, wie schwer es manchen Linken immer noch fällt, offen von den Konflikten des Einwanderungslandes zu reden. Eine Professorin für Rassismusforschung versucht nachzuweisen, dass die »strukturell benachteiligten Schüler« türkischer oder arabischer Herkunft per definitionem nicht zum Rassismus fähig seien, weil sie ja eine machtlose Minderheit darstellten. Nach dem Bericht von Mechthild Unverzagt wirkt das einigermaßen bizarr. »Diese Kinder waren noch nie in einer Minderheitensituation«, erwidert die Lehrerin.

Vielleicht liegt ja darin das Problem. Christian Meyer, selber Lehrer an der Hector-Peterson-Gesamtschule in Kreuzberg und einer der beiden Autoren des Artikels, der die Debatte ins Rollen brachte, spricht von der »doppelten Segregationsfalle«: Nicht nur die Deutschen ziehen aus den »A-Bezirken« weg, sondern auch die bildungsbewussten Migranten. Die verbliebenen Schüler »kompensieren Frustrationen und Perspektivlosigkeit durch Macho-Gehabe«. Sie definierten sich stolz als Nichtdeutsche und blickten verachtend auf Deutsche als Ungläubige, »Schweinefleischfresser« und – wenn es sich um Mädchen handelt – »Schlampen«. Die trotzige Selbstausgrenzung von Losern, die sich an noch Schwächeren abarbeiten, ist für sich nichts Neues – nur dass die Schwächeren jetzt in manchen Berliner Kiezen Deutsche sind. Jagen nicht anderswo deutsche Rechtsradikale Juden, Linke und alles irgendwie Fremde?

Mancher bei der Tagung neigt dazu, die Sache allzu schnell wegzuerklären. Bei dem Verhalten der Jugendlichen müsse es sich wohl um die »Rückgabe erlebter eigener Diskriminierung« handeln, sagt ein Teilnehmer. Sofort sind Beispiele zur Hand, bei denen Mädchen mit Kopftüchern diskriminiert und arabische Jungs nicht in die Disco gelassen werden. Ein Teilnehmer fordert daraufhin mehr »Lehrer mit Migrationshintergrund«, andere verlangen eine Nachschulung der Pädagogen in »interkultureller Kompetenz«, ergänzt um die Möglichkeit für »ausgebrannte Kollegen, sich früh pensionieren zu lassen«. Und auf einmal wendet sich der Verdacht gegen die Lehrer, die von ihrer Ohnmacht erzählt hatten: Sind sie einfach zu wenig »kultursensibel«?

Christian Meyer lässt das nicht auf sich sitzen. Seit über 30 Jahren ist er an der Schule in Kreuzberg, und er hat einen »interkulturellen Kalender« produziert, der die Feste aller Religionen verzeichnet: »Wir haben Türkischunterricht, wir machen Fahrten in die Türkei, Lehrer haben Türkisch gelernt. Gegen die Segregation kommen wir aber mit mehr Interkulturalität alleine nicht an.«

Meyer macht sich Sorgen, dass neuerdings die religiöse Differenz zunehmend zur Selbststigmatisierung benutzt wird. Und er möchte, dass gerade diejenigen verstehen, wie alarmierend das ist, die sich für die Integration des Islams einsetzen. Wenn die Religion zum Mittel der Abgrenzung wird, spielt das am Ende gerade denjenigen in die Hände, die sich darin einig sind, dass der Islam mit westlichen Werten unvereinbar sei: Hasspredigern und Islamophoben.

Das Unbehagen, Deutsche als Opfer von Diskriminierung zu thematisieren, bleibt bei der Tagung bis zum Ende. Mechthild Unverzagt sagt schließlich fast reumütig, sie wolle den politisierten Begriff der Deutschenfeindlichkeit »nicht mehr hören«. Sie will sich nicht vor den Karren der Demagogen spannen lassen, die auch ohne Kenntnis der Verhältnisse per Ferndiagnose schon »den Islam« als Ursache ausgemacht haben. Aber sie möchte doch, dass man zur Kenntnis nimmt, dass ausgerechnet sie, die engagierte Lehrerin, den Hass der Verlierer abbekommt, der dieser Gesellschaft im Ganzen gilt.

Was tun? Gewerkschafter sind nie lange verlegen, Rezepte gegen Benachteiligung zu formulieren. Eine bessere Schule, ganztags und mit mehr Ausstattung, wurde dann auch gefordert, neue Unterrichtsformen, interreligiös ausgebildete Lehrer, eine größere soziale Mischung. Also genau das, was an der einst als hoffnungslos geltenden Rütli-Schule die Wende gebracht hat. »Es ist ein Verbrechen, wie das Potenzial dieser Kinder verschwendet wird«, sagte Mechthild Unverzagt, so als müsse sie noch einmal klarstellen, dass die Schüler nicht ihre Gegner sind. »Wir brauchen eine Lobby«, sagt sie fast flehend.

Für Lehrer wie Mechthild Unverzagt und Christian Meyer ist es wichtig, in der Öffentlichkeit Gehör zu finden. Sie fühlen sich alleingelassen. Sie brauchen keine Belehrung über die sozialen Ursachen des Mobbings, dem sie und andere ausgesetzt sind. Sie brauchen die Anerkennung, dass bestimmte Verhaltensweisen inakzeptabel sind, auch unter schlimmsten Bedingungen. Und so sind sie am Ende erleichtert, dass die Gewerkschaft die Angst vor der eigenen Courage überwunden hat.

Den Kampf mit der neu erstarkenden Rechten in Deutschland und Europa kann man auch so sehen: Wenn dieses Land eine Linke hat, die den öffentlichen Raum gegen jeden Rassismus verteidigt – auch den von Nichtdeutschen –, haben Rechtspopulisten ein Thema weniger.

Quote* 12.10.2010 um 7:20 Uhr
   * claviger

Politische Prinzipien

Ich teile die Einschätzung von Frau Unverzagt. Und ich hoffe, dass Sie entweder den Beruf oder den Ort wechselt. Einwanderung bedeutet, dass sich Stadtteile ändern - und dass man nicht mehr mit der gleichen Rhetorik fortfahren kann. Ein Blick nach USA reicht. Ich wünsche wir von Herzen Mut und - ganz offen - Bedacht, Umsicht, auch um ihr eigenes Lebensglück.

Ich teile aber nicht Laus Einschätzung, man könne diese Debatte zu Ungunsten der Linken führen: "Wenn dieses Land eine Linke hat, die den öffentlichen Raum gegen jeden Rassismus verteidigt – auch den von Nichtdeutschen –, haben Rechtspopulisten ein Thema weniger."

Was möchte er mir damit sagen? Etwa, dass jetzt die Nicht-Linken kommen, um aufzuräumen? Mit Verlaub: Noch waren die CDU und FDP die am längsten regierenden Parteien seit Kohl. Sie haben größtenteils versagt, will ich meinen. Diese öffentliche Verdrehung der politischen Tatsachen und Hetze gegen ein politisches Lager (das ich nicht unterstütze: es geht um politische Prinzipien), finde ich bedenklich, weil die größten liberalen Zeitungen (Die Zeit, FAZ) auf eine beängstigende Weise gleichgeschaltet argumentieren.

Meines Erachtens sollte man die Integrations- und Einwanderungsdebatte ohne die Christ-Demokraten führen. Die ganze Debatte ist hochreligiös geworden. Das führt zu nichts als Hass und Ausgrenzung.


Quote* 12.10.2010 um 7:30 Uhr
   * claviger

Wir haben kein Verfahren für die Armen

Die Liberalen wollen nicht anerkennen, dass wir ein Armen- und Unterschichtenproblem in den betroffenen Gegenden haben. Sie sehen: Einwanderung führt zu Zunahme der Armenschicht. Sie argumentieren: Es gibt kein Armenschichtproblem in unserer Gesellschaft. Wir haben ein Problem mit bestimmten Einwanderungskulturen.

Anstatt ökonomische Antworten zu liefern, verständigt man sich darauf Christentum und Deutschtum zu predigen.

Als leitender Teil des politischen Betriebes - kann ich bloß sagen, dass die Verwaltungen - von den Politikern ganz zu schweigen -, kein Konzept für den Umgang mit den Armen- und Unterschichtsvierteln haben. In Berlin gut zu erkennen. Dort werden allenfalls Wohnungen künstlich aufgewertet, um die Armen in noch ärmere Gegenden ziehen zu lassen.

Eine Frau Unverzagts Klagen bleiben für gewöhnlich ungehört. Ich selbst musste, aus formalen Gründen, ähnliche Klagen bereits zurückweisen. Wir, in der Verwaltung, hatten einfach kein Verfahren für Probleme wie diese.


Quote* 12.10.2010 um 7:35 Uhr
   * Infamia

Noch so ein Käsethema

Wie wäre es, wenn wir uns einfach darauf einigen können, das Mobbing ein generelles Problem in Schulen (und auch am Arbeitsplatz) ist? Der Verweis, wer hier wen mobbt ist mir relativ schnuppe und ich ahne schon, dass dieses spezielle Mobbingthema schon sehr schnell wieder die auf den Plan ruft, die sagen, sie hätten ja schon immer gewusst, das Migranten das Problem sind.


Quote* 12.10.2010 um 7:48 Uhr
   * Peter Weins

Hört auf engagierte Lehrer vor Ort!

Meiner Meinung nach sind die Ursachen für das inakzeptable Mobbingverhalten von Frau Unverzagt sehr gut beschrieben. Hier suchen Kinder und Jugendliche nach Anerkennung und mehr Selbstwert innerhalb einer Gruppe von Menschen, mit denen sie sich identifizieren können. Das Mobbingverhalten hier ist eine der Antworten, die Kinder und Jugendliche auf ihre Lebensverhältnisse geben. Die Nationalität oder Religion spielt dabei unter den beschriebenen Bedingungen keine wesentliche Rolle.

Änderungen können auf mindestens 2 Arten gelingen: Entweder verändert man die Lebensbedingungen von Kindern und Jugendlichen oder man versucht das Spektrum ihrer Antwortmöglichkeiten zu verändern bzw. zu erweitern. Beides ist mit einem großen Aufwand verbunden, der sich aber als Investition in unsere Zukunft immer lohnt!

Ich habe den allergrößten Respekt vor KollegInnen wie Frau Unverzagt!!! Letztendlich muss sie täglich das Kunststück fertig bringen, mit den Konsequenzen dessen umzugehen, was an anderer Stelle falsch läuft. Dabei nicht zu verzweifeln und nicht eilig auf den Zug der Demagogen, wie Wilders und CO., aufzuspringen, ist eine sehr große Leistung.


Quote* 12.10.2010 um 8:01 Uhr
   * maddus

"Deutschenfeindlichkeit"

Diese Dachzeile verwirrt mich etwas. Sind nicht die allermeisten Mobber selbst Deutsche? Macht "Deutschenfeindlichkeit" dann überhaupt Sinn? Oder warum werden Deutsche(!) mit Migrationshintergrund nicht als Deutsche wahrgenommen? Vor allem gibt es aber an jeder Schule Mobbing. Wieso wird jetzt aus jedem Problem ein Einwanderungsproblem gemacht?


Quote* 12.10.2010 um 8:32 Uhr
   * Tieftraurig

Rassismus an sich

Zu der Darstellung der hier genannten Migranten möchte ich nur folgendes loswerden:

Alle Rassisten sind Arschlöcher. Überall.

Ihr Verhalten macht sie genau so verabscheuungswürdig wie das deutsche Pendant mit dem Aussehen (und IQ) einer Billardkugel vom rechten Rand. Es macht keinen Unterschied, wer wen unterdrückt, mobbt oder sonst etwas. Es ist alles der gleiche Schlag Mensch, der sich für etwas besseres hält und andere deshalb unterdrückt, weil er/sie nicht so ist wie er selbst.


Quote* 12.10.2010 um 8:48 Uhr
   * wulewuu

Mobbing

Ganz genau dasselbe Mobbing habe ich schon vor vielen Jahren gegenüber türkischen Kindern und Jugendlichen von Seiten deutschstämmiger Kinder und Jugendlicher erlebt. Grundsätzlich wurde jeder Türke als "du scheiß Kümmeltürke" bezeichnet.

Grundsätzlich hat das Lehrerkollegium einer Schule, in der gemobbte Kinder leiden, sofort und mit allen Mitteln einzugreifen. Das beginnt mit einer gut organisierten, straffen Aufsicht auf dem Schulhof, mit dem Herausholen der Mobber aus ihrer Gruppe, mit unangenehmen Gesprächen etc. etc. für die in der Regel wenigen Anführer.

Mein jüngster Sohn, ein Mischling, wurde in zwei öffentlichen Schulen im Elsaß derart gemobbt, wobei das Lehrerkollegium nichts gegen die Mobber unternahm, dass er sich weigerte, in die Schule zu gehen. Er hat daraufhin das Schuljahr nachholen müssen. Wir haben ihn auf eine katholische Privatschule geschickt, wo von der Rektorin und dem Lehrerkollegium jegliches Mobben sofort geahndet wird. Hier fühlt er sich gut aufgehoben, entwickelt sich glücklich, hat sehr gute Noten.

Ich hoffe, dass die jetzt so entsetzten Berliner Lehrer lernen, jegliches Mobbing, von gleich welcher Seite, zu unterbinden. Dies kann man, wenn man will!

Traurig, dass das Thema Mobbing erst dann in die Schlagzeilen gerät, wenn es um die eigenen Kinder und nicht um die Kinder der anderen geht.


Quote* 12.10.2010 um 8:58 Uhr
   * lonetal

Ghettoisierung

/Zitat
Sie spricht von »Ghettoisierungstendenzen« in Neukölln, einem sogenannten »A-Bezirk« (»A« für Alte, Arbeitslose, Ausländer, Alleinerziehende). An ihrer Schule seien über 80 Prozent der Kinder »nichtdeutscher Herkunftssprache«, die große Mehrheit davon türkisch- oder arabischstämmig.
Zitat/

Die Frage lautet nicht, was tun wir gegen den Islam, wie verhindern wir Rassismus und/oder Deutschenfeindlichlichkeit. Die Frag lautet, wie verhindern wir Ghettoisierung.

Und davor stehen wir alle ratlos in der Gegend. Wir haben noch nicht einmal das Problem erkannt.


Quote* 12.10.2010 um 9:34 Uhr
   * gerthans

Liegt es nur an zu wenig Disziplin und Respekt?

vascorossi schreibt:

"Man kann das Problem unter dem Aspekt Einwanderung oder Islam behandeln. Doch zielführend ist das nicht. Diese Missstände sind das Resultat einer Erziehung, die auf Tugenden wie Respekt und Disziplin keinen Wert mehr legt."

Sie machen für die im obigen Artikel beschriebenen Missstände einen Mangel an Respekt und Disziplin in der Erziehung verantwortlich. Wahrscheinlich stammen aber die muslimischen Jugendlichen, die mobben, aus autoritären patriarchalischen Elternhäusern, in denen "Disziplin" und "Respekt" durchaus eine starke Rolle spielen. Und ein Blick auf den Islam scheint mir durchaus zielführend zu sein: Jörg Laus Artikel trägt die Dachzeile "Schweinefesser" und liefert damit ein wichtiges Stichwort: das Mobben fließt aus religiösem Überlegenheitsgefühl, denn die Opfer werden so beschimpft, weil sie eines der Tabus des Islam, den Verzehr von Schweinefleisch, missachten.


Quote* 12.10.2010 um 10:23 Uhr
   * MAYY

hmmmmm...aber...

was ist mit denen die Ausländer wahllos verprügeln, verbrennen und beschimpfen????


Quote* 12.10.2010 um 10:25 Uhr
   * Chaotica

Es geht nicht um...

Deutsche, Türken oder sonstwen.

Kinder und Jugendliche haben sich schon immer abgegrenzt und werden das auch immer tun. Wenn's nicht "die Koreaner" sind, dann eben "die Kurzbeinigen", "die Langhaarigen", "die Linkshänder" oder welches Kriterium auch immer gerade greifbar ist.
Wichtiger wäre also eine Umgebung zu schaffen in der Kinder und Jugendliche ihre eigene Identität entwickeln dürfen ohne auf Mobbing welcher Art auch immer zurückgreifen zu müssen.
Ich behaupte, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen dem Anpassungsdruck im Schulsystem und der Zahl der Mobbingvorfälle gibt.

Uns sollte vor allem dieser Satz in dem Artikel sehr nachdenklich machen: "Jeder, der irgendwas erreichen will in der Schule, ist der Gegner."


Quote* 12.10.2010 um 10:33 Uhr
   * th

39. Ja dann tut doch was!

Anstatt Leute moralisierend niederzumachen, welche die Probleme, wenn auch in etwas hysterischem oder demagogischem Tonfall, ansprechen.

Der "politische Betrieb" ist doch kein Selbstzweck!

Mir scheint, ein großes Problem der sog. "Linken" ist, dass zuviel darüber nachgedacht wird, wie die Welt einzurichten bzw. zu verbessern sei, und zuwenig darüber, wer die Bude aufräumt, den Abwasch macht und den Müll runterträgt.

Im Zweifelsfall beschließt man "symbolische" Gesetze, die man gar nicht durchsetzen kan oder will, um "Zeichen zu setzen", u.ä., stellt Blumenkästen "für die Bevölkerung" im Bundestag auf, um die Konservativen zu ärgern, versagt aber bei der einfachen Aufgabe, Flüchtlingen aus Iran oder Bangladesh mit Ingenieursdiplom eine deutsche Äquivalenz oder falls nötig eine Zusatzausbildung zu verschaffen, um sie hier einzugliedern. Und gegen die Klimaprobleme verbietet man Glühbirnen.

Man demonstriert großartig "gegen rechts" - aber wo ist der Untersuchungsausschuss, der den Fall Oury Djallo untersucht - was dort tatsächlich schiefgelaufen ist, und wie man dafür sorgen kann, dass so etwas nie wieder vorkommt? Die Justiz hat es ja bekanntlich nicht geschafft, den Fall aufzuklären.

Dieses theatralische Getue macht sich irgendwann selbst lächerlich.

"Eine Frau Unverzagts Klagen bleiben für gewöhnlich ungehört. Ich selbst musste, aus formalen Gründen, ähnliche Klagen bereits zurückweisen. Wir, in der Verwaltung, hatten einfach kein Verfahren für Probleme wie diese."


   * 12.10.2010 um 12:16 Uhr
   * politikverdrossen

Fehlverhalten nicht nur an Schulen

Das gibt es auch im Berufsleben in schlecht geführten Betrieben. Leider! Deutsche gegen Deutsche, Türken gegen Deutsche, Deutsche gegen Türken, Türken gegen Türken, etc.!


Quote* 12.10.2010 um 11:18 Uhr
   * Chaotica

Kulturell bedingtes Mobbing?

... So zu tun, als wären einige Kulturen über dieses Phänomen erhaben oder andere anfälliger dafür, ist nicht nur an den Haaren herbeigezogen, sondern trägt seinerseits dazu bei Öl ins Feuer zu gießen.





Aus: "Deutschenfeindlichkeit: "Schweinefresser"" Von Jörg Lau  (8.10.2010)
Quelle: http://www.zeit.de/2010/41/Schule-Mobbing-Gewalt (http://www.zeit.de/2010/41/Schule-Mobbing-Gewalt)

-.-

Quote

...

Quote12. Oktober 2010 21:34
Feindseligkeit oder -bild? Schönreden einer falschen Verallgemeinerung
Alex Kloss, Alex Kloss (mehr als 1000 Beiträge seit 22.07.04)

Geht es hier wirklich um Feindseligkeit, oder darum die falsche
Verallgemeinerung, die sich aus dem Feindbild "Türken" ergibt, schön
zu reden?

Ich kenne sowohl nette und unfreundliche Leute aus ganz verschiedenen
Nationen. Integration ist für manche Deutsche ein größeres Problem
als für angepaßte Immigranten.

Wenn man Menschen in einen Topf wirft, macht man immer einen Fehler,
unabhängig davon, ob das Etikett jetzt biologisch, ethisch oder
sozia
l begründet erscheint. Wer den Leuten freundlich und offen
gegenübertritt, kann wenigstens sicher sein, dass es nicht an ihm
liegt, wenn er angefeindet wird.

Wer das nicht glaubt, soll in den nächsten Dönerladen gehen, wenn
wenig los ist und die Bedienung bitten, zusammen mit ihm einen Tee zu
trinken. Beim unweigerlich folgenden Gespräch wird sich
herausstellen, dass diese Leute eigentlich auch nur einigermaßen über
die Runden kommen wollen und ziemlich ähnliche Probleme hat wie wir
auch.

Gruß, Alex



"Die kalte Schulter der Deutschen" Thomas Pany (12.10.2010)
Quelle: http://www.heise.de/tp/blogs/8/148551 (http://www.heise.de/tp/blogs/8/148551)

-.-

Quote[...] Mehr als ein Drittel der Deutschen meint, ein Deutschland ohne Islam wäre besser. Kein Wunder nach all der emotionalen Aufstachelung und Wiederholungen von Stereotypen, die nur einen kleineren Teil der Muslime charakterisieren, ist es, dass die Islamfeindlichkeit in Deutschland zunimmt. Man kann derzeit bei der Entstehung einer von Brandstiftern geschürten Meinung zusehen, die sich wie beim Faschismus ihre Sündenböcke in einer Zeit aussucht, die nach ganz anderen Problemlösungen verlangt als der Bildung einer homogenen Gesellschaft durch Fremdenfeindlichkeit oder der Ablehnung einer Minderheit. Die Erregungspolitik verweigert sich konkreten Verbesserungen und Veränderungen, sie denkt im Prinzip, dass das vermeintliche Problem, der beschworene Untergang des Abendlandes oder Deutschlands, durch Elimination der "Schädlinge" gelöst werden muss.

Besonders seitdem die Rechten in Deutschland vom Antisemitismus und einer allgemeinen Ausländerfeindlichkeit auf pauschalen Antiislamismus umgeschaltet haben, scheinen sich die Reihen zu schließen, auf denen dann Menschen wie Sarrazin schwimmen, die sich offenbar keinerlei Gedanken machen, was sie bewirken, wenn sie durch das Spielen mit der Angst und primitiven Pauschalisierungen die Mehrheit gegen Minderheiten scharf machen.

Nach einer von Report Mainz in Auftrag gegebenen repräsentativen Umfrage von Infratest dimap, haben 37 Prozent der Befragten der Aussage zugestimmt: "Ein Deutschland ohne Islam wäre besser." 44 Prozent sind der Ansicht, dass man sich seit Sarrazins Buch eher trauen kann, "den Islam offener zu kritisieren". Und mehr als ein Drittel macht sich "große Sorgen, dass sich der Islam in unserer Gesellschaft zu stark ausbreitet". Ausgerechnet in einer Zeit, in der mehr Muslime auswandern als einwandern, und in der vor allem die besser gebildeten auswandern, während der Fachkräftemangel zunimmt, Deutschland also um Einwanderer werben müsste, um seinen Lebensstandard zu halten.

Was sich überall in Foren - auch bei Telepolis - beobachten lässt, sind die Muslimphobiker höchst hysterisch und von Hass erfüllt, der sich offenbar jenseits aller Gepflogenheiten entladen muss, die in einer demokratischen Gesellschaft notwendig wären, um diskursiv, argumentativ und ohne Gewalt, also vernünftig, zu mehrheitsfähigen Entscheidungen kommen zu können. Auch Report Mainz berichtet, der Redaktion lägen zahlreiche Hass- und Drohmails an Wissenschaftler vor. Die angeblichen Schützer der demokratischen Gesellschaft der westlichen Kultur erweisen sich praktisch als die Verächter der Toleranz, der Menschenrechte und des argumentativen Diskurses und gleichen darin den fundamentalistischen Muslimen, die auch nur unter sich bleiben wollen und nicht die Vernunft, sondern nur überkommenen Traditionen und reaktionären Geistlichen vertrauen.

Report Mainz verweist auch auf eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung, die am Mittwoch veröffentlicht wird. Aus dieser gehe hervor, dass die Islamfeindlichkeit in Deutschland erheblich zugenommen habe. Der wissenschaftliche Leiter der Studie, Dr. Oliver Decker von der Universität Leipzig, konstatiert eine "deutlichen Zunahme an islamfeindlicher Einstellung". Die Menschen würden leichter Ressentiments äußern. Die Hemmschwelle scheint zu fallen, je öfter und lauter die Brandstifter werden, die mehr und mehr auch die Politiker wie den bayerischen Ministerpräsidenten Seehofer dazu führen, auf diese Stimmung zum Machterhalt zu setzen.

Allerdings ist auch interessant, wer in der Infratest-dimap-Umfrage stärker zum Antiislamismus neigt. Es sind stärker die Nicht-Berufstätigen, also vermutlich die Rentner und Arbeitslosen, die Geringverdiener mit einem monatlichen Einkommen unter 1500 Euro, die Wähler der Union, die Nichtwähler oder die "Sonstigen". Die Ostdeutschen stimmen eher der Aussage zu, dass ein Deutschland ohne Islam besser wäre, obgleich die Westdeutschen deutlich länger Erfahrung mit muslimischen Einwanderern haben. Das weist auf die bekannte Tatsache hin, dass oft die Ängste dort am größten sind, wo man am wenigsten Kontakt mit bestimmten Phänomenen hat.

Sarrazin, Broder, Wilders und Co. können auch darauf setzen, dass sie am ehesten die Menschen erreichen, die über 60 Jahre alt sind. Antiislamismus ist jedenfalls keine Jugendbewegung. Offenbar sind für diesen auch eher die Männer anfällig, die, besonders im Alter über 60, für die Emanzipation der muslimischen und allgemein für die Gleichberechtigung der Frauen eintreten. Wenig verwunderlich ist auch, dass mit steigender Bildung der Hang zum Ressentiment oder zum Islamhass abnimmt. Da müssten sich einmal die Antiislamisten fragen, wie es um die genetische Verteilung der Intelligenz steht, die Sarrazin aufgeworfen hat.

Quote12. Oktober 2010 08:48
Deutschland ohne Religion wäre besser
TheBug (mehr als 1000 Beiträge seit 08.05.00)

Wir wollen da mal keine Einzelrichtung der Esoterik diskriminieren.


Quote12. Oktober 2010 09:49

Türken sogar noch unbeliebter als Juden und Neger

Chrysophylax

Schreibt heute die SZ auf ihrer Homepage.

Jeder mit zwei Gehirnzellen oder mehr, der unvoreingenommen diese
Debatte beobachtet erkennt recht schnell, dass angesichts der
bürgerfeindlichen Politik (HRE, S21, H4 etc. pp.) und dem damit
verbundenen Abstürzen der "Volksparteien" bei der Gunst der Wähler,
mit diesem Thema ein gewaltiges Ablenkungsmanöver inszeniert wird, um
eben vor den echten Problemen und dem verbreiteten Politikfilz
abzulenken

Für die Deutschen kann man nur hoffen, dass sie diesen schäbigen
Trick erkennen, wenn nicht, werden die Führung in Berlin und in den
Landeszentralen eben weiter mit den Steuerzahlern Schlitten fahren,
dann kann man nur sagen: selbst Schuld.





Aus: "Islamfeindlichkeit in Deutschland nimmt zu" Florian Rötzer (12.10.2010)
Quelle: http://www.heise.de/tp/blogs/8/148547 (http://www.heise.de/tp/blogs/8/148547)

Title: [...der an kulturellen Unterschieden ansetzt]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 14, 2010, 09:51:23 AM
Quote[...] In zigtausenden Beiträgen in Online-Foren wird inzwischen überwiegend undiffierenzierte und überbordende Kritik an Muslimen geübt. Oft zeigt sich unverhohlener Hass auf alles, was verdächtig ist, islamisch zu sein. Manchmal reicht es, für Sachlichkeit zu plädieren, um geschmäht zu werden.

Wie konnte es dazu kommen? Gibt es in Deutschland tatsächlich ein sattes Potential für xenophobe, rechtspopulistische Einstellungen? Grassiert in dem von Bundespräsident Christian Wulff bei seiner Antrittsrede als "Bunte Republik" bezeichneten Land inzwischen die Islam- und Fremdenfeindlichkeit?

Die Studie der Ebert-Stiftung weist nun darauf hin, dass dies in Teilen zutrifft.

[...] Der nun veröffentlichten Studie zufolge tut sich aber noch weiter rechts ein Abgrund auf: Mehr als jeder Zehnte sehnt sich nach einem "Führer", der "Deutschland zum Wohle aller mit harter Hand regiert", ergab die Umfrage. 65 Jahre nach dem Untergang des nationalsozialistischen Staats und 21 Jahre nach dem Ende der DDR hält jeder Zehnte eine Diktatur für "die bessere Staatsform".

[...] Die als gemeinsames nationales Interesse formulierte ökonomische Rationalität sei zur dominanten Argumentationsfigur geworden und habe die demokratischen Institutionen geschwächt. Es komme nun nicht zu einer "Solidarisierung mit den Marginalisierten und Prekarisierten, sondern die Identifikation mit den Instanzen, die 'zum Wohle aller' gegen 'Fremde' und Sozialschmarotzer' diese Sanktionen verhängt haben".

...


Aus: "Umfrage unter Deutschen Wuchernder Fremdenhass, ersehnte Diktatur" (13.10.2010)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/politik/umfrage-unter-deutschen-wuchernder-fremdenhass-ersehnte-diktatur-1.1011569 (http://www.sueddeutsche.de/politik/umfrage-unter-deutschen-wuchernder-fremdenhass-ersehnte-diktatur-1.1011569)


-.-

Quote[...] Rechtsextremismus und Islamfeindlichkeit sind tief verankert in der gesellschaftlichen Mitte Deutschlands. Das zeigt eine am Mittwoch in Berlin vorgelegte Studie. Besonders gravierend sind die Ergebnisse im Hinblick auf eine steigende Islamfeindlichkeit in Deutschland.

Demnach sprechen sich mit 58,4 Prozent mehr als die Hälfte der Deutschen dafür aus, die Religionsausübung für Muslime erheblich einzuschränken. Im Osten ist diese Zahl dramatisch: Dort schließen sich 75,7 Prozent der Menschen dieser Forderung an. Das sind drei Viertel der befragten Ostdeutschen.


Laut der Studie der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung stimmen 55,4 Prozent der Deutschen der Aussage zu, sie könnten "gut verstehen, dass manchen Leuten Araber unangenehm sind". Das ist ein Anstieg gegenüber 2003 um 11,2 Prozentpunkte. Damals stimmten dieser Aussage bereits 44,2 Prozent der Befragten zu.

In der Studie "Die Mitte in der Krise. Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland" haben die Forscher Oliver Decker von der Universität Siegen und Elmar Brähler von der Universität Leipzig 2.411 deutsche Staatsangehörige zwischen 14 und 90 Jahren befragt. Nach der Befragung diagnostizieren die Forscher für das Jahr 2010 einen "Anstieg von dezidiert antidemokratischen und und rassistischen Einstellungen" gegenüber dem Jahr 2008.

[...] Erstmals gefragt wurde, ob die Religionsausübung für Muslime in Deutschland erheblich eingeschränkt werden sollte. 58,4 Prozent stimmten dieser Aussage zu, mit dem Grundgesetz ist sie freilich nicht vereinbar. Im Westen mit 53,9 Prozent etwas weniger, im Osten mit 75,7 Prozent deutlich mehr - obwohl dort deutlich weniger Muslime leben.

Bemerkenswert ist, dass dieser Aussage selbst 55,5 Prozent derjenigen zustimmen, die rechtsextremen Aussagen ansonsten überwiegend ablehnend gegenüberstehen. Die Autoren der Studie sprechen deswegen von einem "modernen Rassismus", der an kulturellen Unterschieden ansetzt und nicht an vermeintlichen genetischen Merkmalen.

...


Aus: "Fanatismus auf dem Vormarsch" Von Ole Reißmann (13.10.2010)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,722751,00.html (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,722751,00.html)

-.-

Quote[...] Beate Küpper: Eines fällt ja in der aktuellen Islamdebatte durchaus auf: Gerade erst haben wir eine Wirtschaftskrise hinter uns, die die Gesellschaft auf eine harte Probe gestellt hat, und schon folgt eine Debatte über Muslime. Unsere Studien zeigen, dass sich viele Menschen durch die Krise betroffen und bedroht fühlen. Das hätte dazu führen können, dass die Frage nach der Verantwortung der Eliten gestellt wird. Was macht zu dieser Zeit ein Vorstand der Bundesbank? Er schreibt nicht über Banken und Bänker, sondern präsentiert einen "äußeren Feind", gegen den die Abgrenzungsbereitschaft auch vorher schon hoch war. In diesem Zusammenhang wird sehr deutlich: Die populistische Projektion von "Muslimen" wird hier instrumentalisiert.

...

Quote#
13.10.2010 17:32 Uhr:
von Henrik:

"Eines fällt ja in der aktuellen Islamdebatte durchaus auf: Gerade erst haben wir eine Wirtschaftskrise hinter uns, die die Gesellschaft auf eine harte Probe gestellt hat, und schon folgt eine Debatte über Muslime"

Was ist denn DAS für ein unreflektierter Analyse. In Norwegen, Dänemark, Holland, Frankreich, Belgien und England hat man diesen Themen schon lange diskutiert. Pim Fortuyn wurde 2002 getötet, die Norwegische Vorschrittspartei gewann schon 2003 die Wahlen, die Dänische Volkspartei in 2001 - lange, lange vor die Krise.

Es ist einfach erbärmlich zu behaupten. das die Leute Islamkritsich sind, weil sie keine Muslime kennen. Vielleicht ist es umgekehrt. Je mehr Erfahrungen sie haben - je mehr lenen sie den Islam ab.


Quote13.10.2010 17:21 Uhr:
von Polia:

Was sind denn hier unter den Kommentator_innen für rassistische Pfeifen unterwegs?

Ich bin in Neukölln aufgewachsen und lebe jetzt in Kreuzberg. D.h. ich habe seit 22 Jahren ziemlich viel Kontakt zu Muslimen und Leuten, die "aussehen wie welche". Mich hat noch NIE NIE NIE irgendein Muslim verkloppt oder begrapscht oder sonstwas!

Das sind Menschen, die cool und nett sind genau wie andere auch, verdammt.

Ich habe viel mehr Angst vor Leuten, die so üble Kommentare schreiben wie hier, als vor irgendeinem Türken oder Araber.

REDET doch mal mit denen, lernt sie kennen, lächelt sie an, keine Ahnung, aber verschanzt Euch nicht hinter euren Scheiß-Sarrazin-Büchern.


Quote#
13.10.2010 16:52 Uhr:
von Noa:

Es nicht so, dass alle, die sich derzeit über Muslime beklagen, dumm, rassistisch und uninformiert wären. Die Menschen gehen einfach mit offenen Augen und wachem Verstand durch die Straßen und merken, hier stimmt was nicht! Ich kenne einige Türken, die sehr gut gebildet und interkulturell qualifiziert sind und somit eine wahre Bereicherung für Deutschland sind. Wäre doch nur jeder Deutsche so! Allerdings gibt es auch unzählige Türken, die sich in ihren sogenannten Deutsch-Türkischen Kulturvereinen treffen, wo Deutsche eher weniger willkommen sind und die Scheiben bis über die Sichthöhe zugeklebt sind. Super Bereitschaft zur Integration! Es gibt bereits genügend Deutsche, die ungebildet, simpel und kulturell minderbemittelt sind. Muslime, die Deutschland nicht ausstehen können, nach 10 Jahren immer noch kein Deutsch sprechen, den Koran zum Grundgesetzt erklären, Christen als Ungläubige beleidigen, grobe Umgangsformen haben etc., braucht Deutschland nicht! Diese können folglich in ihrem Land bleiben und rückwandern. Ich bin für eine Mischung von gering- und hochqualifizierten Migranten, die gerne so schnell wie möglich die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten dürfen, wenn sie es wollen und sich in die Gesellschaft eingegliedert haben. Dazu gehört aber auch, dass bestimmte türkische Jugendliche (gemeinsam mit ihren deutschen Kollegen) nicht wie die letzten Assis durch die Straßen ziehen, rumlümmeln, spucken, beleidigen und im Zweifel auch mal zulangen. Als Deutscher bin ich im Ausland stets bemüht, mich gut zu verhalten, höflich und zuvorkommend zu sein, außerdem beherrsche ich bereits nach wenigen Tagen die wichtigsten Wörter und Sätze und respektierte und akzeptiere die andere Kultur. Das kann man von vielen Muslimen in Deutschland nicht gerade behaupten. Warum beschwert sich niemand über Spanier, Italiener, Griechen Franzosen? Ist es alleine der Islam, der eine Integration erschwert? An der misslungenen Integration tragen sowohl der deutsche Staat, aber auch bestimmte Muslime zu gleichen Teilen die Verantwortung!


Quote#
13.10.2010 16:31 Uhr:
von Daedalus:

Ich glaube es gibt dafür andere Ursachen als die Wirtschaftskrise die ja eh niemanden wirklich betroffen hat.

Ich glaube die Menschen fühlen sich bedroht von Jugendlichen mit migrantischem Hintergrund die vielleicht selbstbewusster auftreten als noch vor einigen Jahren und die - weil sie einen mehr oder weniger grossen Hass auf das Deutschland haben, von dem sie sich ausgegrenzt fühlen sich stärker mit dem Islam identifizieren als die Generationen vor ihnen. In der öffentlichen Wahrnehmung werden die Probleme mit diesen Jugendlichen dann mit dem Islam verknüpft (und nicht mit Erfahrungen von Ausgrenzung und vernachlässigter Erziehung usw.).

Ich denke das ist auch ein möglicher Grund warum das Kopftuch unter migrantischen jungen Frauen populär wird (siehe Kolumne "das Tuch"). Es ist vielleicht eine Art Anker zu einer Tradition der ausgeworfen wird, weil die Gesellschaft hier hermetisch verschlossen ist für Menschen die optisch von der deutschen Norm abweichen oder einen fremden Namen haben. Mit dem Kopftuch und der Hinwendung zur Religion der Eltern und Grosseltern schafft man sich eine Heimat aber leider oft in Abgrenzung zu dem was als westliche Kultur betrachtet wird.

Ausserdem tragen die Berichte über Ehrenmorde zu dieser Anti-Islamischen Stimmung bei. Ehrenmorde werden in der Wahrnehmung stark mit dem Islam verknüpft dazu tragen aber auch - eigentlich illegitime - Vertreter des Islam in Deutschland wie Puerre Vogel bei. Die lautetesten Vertreter des Islam vertreten nunmal sehr krude und extreme Ansichten - die anderen werden nicht wahrgenommen.

Man könnte die Ablehnung des Islam in seiner extremistischen Variante aber auch als Eintreten der Bevölkerung für die Grundrechte der Verfassung interpretieren - dem ganzen also etwas positives Abgewinnen. Ich glaube nicht, dass wir kurz vor Pogromen stehen - aber es gibt offensichtlich Probleme die nicht unter den Tisch gekehrt werden sollten.


Quote#
13.10.2010 16:30 Uhr:
von atypixx:

Es ist nicht Angst vor Muslimen, sondern eine Ablehnung einer Überfrachtung. "Angst" ist in diesem Zusammenhang ein Diffamierungsbegriff, den man nicht als Selbstverständlichkeit stehen lassen sollte. Es geht um emotionale *und* intellektuelle Präferenzen, nicht um Angstgefühle.


Quote#
13.10.2010 16:20 Uhr:
von Sternchen:

Wäre ja auch doof wenn bei dem interdisziplinärem Forschungsprojekt "Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in Deutschland" herauskommen würde: Nicht vorhanden!



Aus: "Psychologin über Islamophobie: "Da sind derzeit alle Schleusen offen"" (13.10.2010)
Quelle: http://www.taz.de/1/leben/alltag/artikel/1/da-sind-derzeit-alle-schleusen-offen/ (http://www.taz.de/1/leben/alltag/artikel/1/da-sind-derzeit-alle-schleusen-offen/)

Title: [Es gibt also einige Winkel in Deutschland... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 14, 2010, 10:44:28 AM
Quote

,,Deutschfeindlichkeit"
Veröffentlicht am 13. Oktober 2010 von InitiativGruppe

1

Ein Junge, schulisch eine Null, schreit einem deutschen Mädchen ,,Schlampe, Hure!" nach. Der Junge stammt – zum Beispiel – aus einem arabischen Land. Er ist zuhause in Berlin-Neukölln-Nord.

Ein anderer Junge rempelt einen ,,deutschen" Jungen von seiner Schule an, einen, der dort in der Minderheit ist, beleidigt ihn, raubt ihm seine Mütze.

Es geschieht nicht einmal, sondern so oft, dass es – an diesem Ort – typisch wird.

Die Mehrheit sind hier – ausnahmsweise mal – die Migrantenjungs, die kleine, bedrängte Minderheit sind hier – ausnahmsweise mal – die Nichtmigranten.

2

Es gibt also einige Winkel in Deutschland, in denen eine verfehlte städtische Planung es zugelassen hat, dass sich vorwiegend junge Verlierer an den Schulen tummeln.

Junge Machos ohne Perspektive, die zu Hause nur wenig Deutsch gelernt haben, die in der Schule keine Chance haben, die ihren Stolz in Machogehabe umsetzen und die dadurch völlig entgleisen.

Destruktive Typen, destruktiv geworden in einer für sie destruktiven Umwelt.

Sie suchen sich andere, die sie mobben können, sie richten ihre Aggression auf Schüler, die besser sind als sie, auf Schüler, die richtig Deutsch sprechen, manchmal auf Nichtmigranten generell ... greifen sie an, verbal meistens nur, aber auch rempelnd und gelegentlich schlagend.

Sie merken, die ganze Welt ist gegen sie. Und die heißt hier Deutschland.

3

Wenn es zu so etwas kommt, ist das schlimm. Stadt und Staat sind herausgefordert, den Zustand zu ändern. Es ist ein politisch-praktisches Problem.

Es ist ein Unterschichtenproblem, verschärft durch die ethnische Komponente.

Zufällig sind diese Jungs in Berlin türkischer und arabischer Herkunft und Muslime. Sie könnten auch russischer Herkunft oder Roma oder Nigerianer sein.

4

Wir könnten nun darüber sprechen, was politisch-praktisch zu tun sei, Konzepte überlegen, finanzieren, umsetzen, überprüfen. Wir könnten Maßnahmen treffen, die bewirken, dass sich Unterschichtendasein nicht mehr zeitlich und räumlich verfestigt.

Das geschieht ansatzweise, aber nicht entschlossen genug.

Dieselben, die sich über diese ,,deutschfeindlichen" Zustände empören, wollen nicht, dass Zeit, Energie, Geld investiert wird in eine konstruktive Lösung.

5

Wir wissen: Ausgrenzung und Isolation und Marginalisierung führen zu destruktivem Verhalten.

Antwortet man auf diese Zustände wiederum nur gewaltsam und ausgrenzend, verschlimmert man sie.

Kirsten Heisig hat recht: Jetzt, wo diese Jungs entgleist sind, braucht es auch Härte. Sie sagt aber auch: Es braucht zugleich konstruktive Angebote, damit diese jungen Leute eine Perspektive bekommen können.

6

Berlin-Neukölln-Nord ist in Deutschland, aber es ist nicht Deutschland.

In Berlin-Neukölln-Nord hat sich die ethnisch angeheizte Unterschichts-Misere verdichtet. An vielen anderen Orten zeigt sie sich nur in Einzelfällen, die leichter handhabbar sind, an den allermeisten Schulen Deutschlands zeigt sie sich gar nicht.

7

Das eigentlich Gefährliche an dieser ,,Deutschfeindlichkeit" für Deutschland ist nicht das, was in Berlin-Neukölln-Nord passiert.

Das eigentlich Gefährliche ist das, was populistischen Hysteriker daraus machen: Hetze gegen Migranten, Hetze gegen Türken, Hetze gegen Muslime generell.

Als ob die Migranten in Deutschland, die Türken, die Muslime verantwortlich wären für das, was in einigen wenigen Ecken Deutschlands schief gelaufen ist.

Gefährlich ist diese Hetze, wenn sie in der politischen Mitte Fuß fasst. Dann wird erstens das Problem selber unlösbar, und zweitens gehen Verfassung, Demokratie und Zivilisation den Bach runter, weil mal (wieder) das Gesunde Volksempfinden meint, brutal durchgreifen zu müssen.

QuoteRalf, am 13. Oktober 2010 um 09:38 sagte:

,,Zufällig sind diese Jungs in Berlin türkischer und arabischer Herkunft und Muslime. Sie könnten auch russischer Herkunft oder Roma oder Nigerianer sein."

Dieser Punkt war Ihnen sicherlich besonders wichtig.
Seltsamerweise kennt man dieses ,,Machogehabe" aber fast ausschließlich von Türken und Arabern. Ganz so beliebig austauschbar ist das also nicht.

Immerhin: Vor einigen Monaten hätten Sie wahrscheinlich noch geleugnet, dass es überhaupt so etwas wie Deutschfeindlichkeit in Deutschland gibt. Schön, dass dieses Problem nun auch Ihre Wahrnehmungsschwelle überschritten hat, auch wenn Sie natürlich nicht darum herum kommen, zu beschwichtigen und wortreiche Entschuldigungen für Ihre Freunde zu finden.


QuoteKaiserliche Majestät, am 13. Oktober 2010 um 11:27 sagte:

Ralf, die größte Deutschfeindlichkeit geht hier leider von Ihnen aus.


QuoteKaiserliche Majestät, am 13. Oktober 2010 um 11:48 sagte:

Zum Thema: Ich bin der Meinung, dass die Ursachen besonders in zwei Dingen liegen: schlechte Deutschkenntnisse und fehlende Perspektive. Wie bekannt ist, ist die zu erreichende Schulbildung in Deutschland insbesondere davon abhängig, wie vermögend die Familie des Schülers ist. Durch die katastrophale Ansammlung von vielen armen Einwanderen in bestimmten Stadtteilen, wurde hier eine entsprechende Grundlage geschaffen. Man ist unter sich und spricht kein Deutsch. Man ist frustriert, da man keine Schulperspektive hat. Woher sollen die Menschen das Geld nehmen um in ,,bessere" Stadtteile zu ziehen? Es entwickelt sich eine Gleichgültigkeit und eine Disziplinlosigkeit in der Schule. Kleine Gruppen reichen bereits aus, um die Unterrichtung ganzer Klassen unmöglich zu machen. Selbst wenn es ein paar Schüler gibt, die lernen WOLLEN, ist dies nicht möglich wenn im Unterricht der Lehrer vom Großteil der Klasse nicht respektiert wird. Man sucht den Erfolg außerhalb der Schule, denn hier hat man entsprechende Möglichkeiten z.B. Familie, Religion, Kriminalität (gegen Minderheiten, hier Deutsche) etc. Die Deutschfeindlichkeit ist ein Symptom, keine Ursache. Fremdenfeindlichkeit ist auch immer nur ein Symptom (Existenzangst). Das ist wie ein Kreislauf. Durchbrechen kann der Staat ihn nur über die Schule.


QuoteRalf, am 13. Oktober 2010 um 12:16 sagte:

,,Zum Thema: Ich bin der Meinung, dass die Ursachen besonders in zwei Dingen liegen: schlechte Deutschkenntnisse und fehlende Perspektive."

Da haben Sie mal ein Korn gefunden, KM. Richtige Brisanz erhält diese Problematik jedoche rst durch typische, islamisch(?) geprägte Machogehabe: Jungs, die keine Grenzen und oftmals keinen Respekt vor Frauen kennen und in der Familie oft ,,kleine Prinzen" sind. Oder, noch schlimmer: Der strenge Vater lässt seinen Frust in Form von Gewalt an den Söhnen aus und diese tragen diese ,,Werte" in die Schulen...


QuoteInitiativGruppe, am 13. Oktober 2010 um 13:50 sagte:

Ralf,
Deutschfeindlichkeit türkischer Jugendlicher kenne ich seit 30 Jahren. Wir haben das schon immer mit diesem Wort bezeichnet. Mit Religion hatte das nichts zu tun, sondern damit, dass die türkischen Jungs ziemlich gelitten haben unter der Anmache der Deutschen – und sich auf juvenile Weise revanchiert haben.
Also schon vor 30 Jahren.

Diese Jungs sind inzwischen alle brave Erwachsene ...



Mit Religion hat diese Deutschfeindlichkeit nur insofern zu tun, als sich diskriminierte Jugendliche auf etwas zurückziehen, wovon sie meinen, es sei Teil ihrer Identität. Wären sie Russen und griechisch-orthodox, könnten sie das für sich mobilisieren.

Wenn in den USA schwarze Jungs den Macho spielen, hat das nichts mit Religion zu tun, sondern mit der Unterschichtszugehörigkeit, mit der Perspektivlosigkeit.

Es ist ja nicht wirklich die Hautfarbe, von der das Problem kommt, auch wenn es für Rassisten dort so ausschaut.



In Deutschland habe ich das Machogehabe als Junge erlebt, in den 50er Jahren — damals waren es Flüchtling-Jungs aus den Flüchtlingsbaracken nicht weit von unserer Wohnung. Was haben die Einheimischen damals gelästert über die ,,Halbstarken" ... die dann später fast alle gut in den Arbeitsmarkt integriert worden sind ...



Pedter,
Deutschland ist ja nun gottseidank kein ,,Ausländerfeindliches Naziland".
Ich hoffe, du möchtest es nicht zu so einem machen.

Wenn Migranten Sozialtransfers brauchen, dann deshalb, weil der Arbeitsmarkt nicht genug Arbeitsmöglichkeiten bietet. Das ist vor allem in Berlin ein Problem – und nicht die Schuld der Berliner Migranten. In München sieht das alles sehr viel besser aus. Hier gibt es fast Vollbeschäftigung, und siehe da, man arbeitet – und nur relativ wenige Migranten und Nichtmigranten brauchen Hartz IV.

...


Quoteandreas, am 13. Oktober 2010 um 20:01 sagte:

Fragen verlangen Antworten: Ein bißchen Kommentar von mir:
- Was genau verursacht deiner Meinung nach die Deutschfeindlichkeit?
Ich denke die Debatte geht am Kern des Problems vorbei. Das sehe ich in der spontan auftretenden menschlichen Natur. Ich denke ,,Deutschenfeindlichkeit" ist weder ein Türken – spezifisches Problem, noch ein durch den Islam verursachtes Problem. Es ist ein Problem isolierter Subkulturen und mangelnder Integration humanistischer Ideale (wie Toleranz und Gleichwertigkeit).
Es ist ein in der Psycholgie seit langem bekanntes Phänomen, das Mitglieder eine wohl definierten Gruppe dazu neigen, die Mitglieder und Werte der eigenen Gruppe aufzuwerten und demgegenüber die Mitglieder und Werte anderer Gruppen abzuwerten. Diese Tendenz wirkt Selbstwerterhöhend auf das Individuum und wird durch soziale Interaktion bestärkt. Solche Mechanismen können auch experimentell in Gruppen beobachtet werden, z.B. wenn Gruppenmitgliedschaft durch Armbinden, o.ä. Definiert werden und den Gruppen Gelegenheit gegeben wird Kohärenz aufzubauen, d.h. Zusammenzuwachsen. Das kennt man von Fangruppen beim Fussball, Klassen und Paralellklassen in der Schule, etc. Wenn Gruppen einander Kulturell fern sind und ein verschiedenes Wertesystem haben ist es leicht differenzierende Merkmale aufzugreifen um die ,,anderen" abzuwerten.
Unterschiedliche Ethnien unterstützen die Gruppenbildung noch zusätzlich, da Mermale wie Aussehen, Haltung und Mimik schwerer entschlüsselt werden können.
Türken sind die stärkste Gruppe in Deutschland und haben zudem (scheinbar), eine Tendenz größere isolierte Gruppen zu bilden. Insofern haben sie ein hohes Potential für diskriminierendes Verhalten. Das tritt vermutlich überall auf, nicht nur wenn Migranten in der Mehrheit sind, und eben auch umgekehrt.
Die Konformität mit westlichen, humanistischen Werten wie Toleranz, Gleichheit und Freiheit wirken schwächend auf diese Mechanismen. Die Vermittlung dieser Werte ist Teil des Bildungsauftrages. Insofern ist Bildungsferne ein ungünstiger Umstand. Das gilt auch für bildungsferne Deutsche, bei denen Ausländerfeindlichkeit stärker ausgeprägt zu sein scheint.

- Wie lässt sich das belegen?
Wer mag kann sich mit dem Thema sozialer Identität auseinandersetzen das ich hier dilettantisch umrissen und unzureichend angewandt habe. Es gäbe dazu viel mehr zu schreiben und zu analysieren. Mir ist unklar warum das ausbleibt, da es eigentlich psychologisches und soziologisches Grundlagenwissen ist. Aber da kommen dann halt keine bösen anderen dabei heraus, nur fehlgeleitete Menschen.
- Inwiefern ist es ein Jugendproblem?
Es ist ein generelles Problem. Aber mit zunehmendem Alter werden andere Dinge wichtiger (Familie, Beruf) und stärken den Selbstwert, so das es für Jugendliche, die ja mit Identitätssuche befasst sind, ein deutlicheres Thema ist.
- Inwiefern ist es ein Unterschichtenproblem?
Unterschichten sind häufiger Bildungsfern und haben weniger Resscourcen um ihren Selbstwert zu stärken, demgegenüber aber mehr Selbstwertangreifende Erfahrungen. Unterschichten sind wahrscheinlich stärker Betroffen
- Warum ist das in Berlin ein Problem, aber nicht in München, Augsburg, Ingolstadt, Regensburg, Nürnberg, Würzburg, Stuttgart, Freiburg, Karlsruhe, Kaiserslautern, Mainz, ...
Es wird überall dort ein Problem sein wo sich isolierte Gruppen bilden. In Berlin gibt es einfach Bereiche mit sehr hohem Ausländeranteil, so das die Problematik hier offensichtlich wird.
Bei geringerem Ausländeranteil in Schulen lässt sich das Problem der geäußerten Deutschenfeindlichkeit vermutlich besser handhaben, da die Gruppe weniger mächtig (da kleiner) ist. Es ist ein Höheres Gewaltpotential nötig um sich offene feindschaft ungestraft leisten zu können.
Die inneren Überzeugungen sind aber vermutlich auch dort ähnlich.

- Wie hängt die Deutschfeindlichkeit zusammen mit der Erfahrung der Ausländerfeindlichkeit?
Es mag auch reaktive Elemente geben, aber die sind m.E. nicht das Grundproblem.

Eine Frage Fehlt:

Wie könnte das Problem angegangen werden?
a) Siedlungspolitik: Die Bildung von Brennpunkten vermeiden und ein System schaffen das zu einer homogeneren Verteilung der Menschen mit Migrationshintergrund führt

b) Bildung: Z.B. Homogene Klassen oder Schulen in denen zunächst Bildung zweisprachig und auf den Kulturellen Hintergrund angepasst vermittelt wird, so das Kinder mit Migrationshintergrund bessere chancen haben durch schulischen Erfolg Selbstwert zu gewinnen. Erst ein entsprechendes Niveau erreicht ist findet eine Integration statt (z.B. nach der Grundschule) mit höherem Anteil an sozialen Angeboten (auf Lernen haben viele zu der Zeit eh keine Lust).
Der Unterrichtsstil müsste stärker auf Gruppenarbeit ausgerichtet sein, für die Kooperation erforderlich ist. Die Zusammensetzung für solche Gruppen muss von der Lehrperson vorgegeben werden, so das ein möglichst gute Durchmischung erreicht wird.
Bis dahin könnten Inhalte integriert unterrichtet werden, bei denen Chancengleichheit besteht, z.B. Sport. Da gibt es dann vielleicht die sportlichen und die unsportlichen, aber das betrifft beide Gruppen gleichermassen.

Viel spass beim Weiterdiskutieren


QuoteInitiativGruppe, am 13. Oktober 2010 um 21:19 sagte:

    Die Deutschfeindlichkeit ist ist Ergebnis eines psychologischen Kofliktes zwischen dem Selbstbild der Muslime, nach dem sie die ,,beste Gemeinschaft aller Menschen" (so steht´s wohl im Koran) sind und eine entsprechende soziale Position einnehmen müssten, und der sozialen Realität, in der sie mehrheitlich Loser sind. Der Anspruch auf Anerkennung und Respekt gründet sich auf das Muslimsein, nicht auf individuelle Leisung, und deshalb ist die Reaktion auch nicht Selbstreflexion (Was machen wir falsch?), sondern Agression gegen alles Andersartige, einschließlich angepassterer und erfolgreicherer Muslime.

Fritz,
diese Ansicht ist typisch für jemand, der die Muslime in Deutschland nicht kennt. Nicht die Muslime in Deutschland sind deutschfeindlich – junge männliche Jugendliche in einigen Stadtvierteln sind es, in einigen Stadtvierteln geballt, in anderen vereinzelt.

Wie kommst du darauf, dass DIE Muslime in Deutschland deutschfeindlich seien? Hast du dafür Belege? Wieso schließt du von der Deutschfeindlichkeit einiger Jugendlicher hauptsächlich in Berlin auf die 4 Millionen Muslime in Deutschland?

Den psychologischen Konflikt, auf den du dich beziehst, gibt es schon bei vielen gläubigen Muslimen, aber er führt in der Regel nicht zur Deutschfeindlichkeit, sondern zum manchmal etwas künstlichen Auseinanderhalten zweier Sphären. Türken haben im allgemeinen ziemlichen Respekt vor Deutschland und schätzen die Leistungen dieses Landes und seiner Menschen. Umso schmerzlicher ist die ressentimentbedingte Zurückweisung. Man ist verletzt, aber das führt kaum je zu Deutschfeindlichkeit. Nur bei den Jugendlichen ist das öfters mal anders. Die leben ihren Stolz auf deutsche (!) Weise aus: aggressiv, angriffslustig, hemmungslos.



Ich stimme KM zu:
Respekt muss man sich nicht verdienen.

Respekt kann man generell erwarten. Ein anständiger Mensch respektiert von vorne herein andere, auch wenn sie ganz anders sein sollten, auch wenn sie Mängel haben sollten. Respekt kann man insofern verspielen, als man vielleicht hohen Respekt genießt und sich dessen nicht als würdig erweist. Aber ein Minimum muss immer vorausgesetzt werden – in einer Welt zivilisierter Menschen jedenfalls. In einer Welt, die von sich behauptet, christlich geprägt zu sein.


...


Aus: ",,Deutschfeindlichkeit""
Veröffentlicht am 13. Oktober 2010 von InitiativGruppe
Quelle: http://initiativgruppe.wordpress.com/2010/10/13/deutschfeindlichkeit/ (http://initiativgruppe.wordpress.com/2010/10/13/deutschfeindlichkeit/)

Title: [Über Integrations-Probleme auf Mallorca... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 18, 2010, 12:22:51 PM
Quote[...] Die sagen "Gra-tzi-ass", die Deutschen und dann glauben sie, sie hätten spanisch gesprochen und sich genug integriert, empört sich der Mann von der Inselregierung, vom "Govern des les Illes Balears" und seufzt: Allein auf Mallorca leben ständig an die 80.000 Deutsche, das ist ein höherer Ausländeranteil als in Berlin und wenn von denen tausend halbwegs Spanisch sprechen können, dann ist das schon verdammt viel. Von den Millionen, die im Sommer unsere Strände überfluten, will ich gar nicht reden. Die gehen ja nach ein paar Wochen wieder nach Hause, aber diese Ständigen, die bilden eine echte Parallel-Gesellschaft. Damit meine ich sowohl die "Residentes", meist ältere Leute, die hier wohnen, als auch die deutschen Ticketeros, die Reklame-Verteiler, die deutschen Elektriker, Klempner und Monteure, die bei uns schnelles Geld verdienen wollen. Und, nicht zuletzt, die deutschen Obdachlosen, die unseren Sozialeinrichtungen auf der Tasche liegen.

Deutsche Bäcker, deutsche Metzger, deutsche Wandervereine, das lasse ich mir ja noch gefallen, aber die vielen deutschen Schulen und Kindergärten auf Mallorca? Das stinkt geradezu nach Integrationsverweigerung. Die wollen unter sich bleiben. Haben sie schon mal gesehen was die essen? Eisbein! Wabbeliges fettes Fleisch, dazu Sauerkraut. Einfach eklig. Multi-Kulti? Dieser Ansatz ist gescheitert (*1). Sie haben ja in Deutschland eine Debatte über Verschleierung, Verhüllung, wir führen eine über Enthüllung. Ihre Landsleute haben einfach kein natürliches Schamgefühl: Zweihundert Kilo Lebendgewicht in Hot Pants auf den Straßen von Palma! Gammelfleisch im Tanga! So rennen die auch in unsere Kirchen. Denen fehlt jeder Respekt vor unserer Leitkultur.

Zur Zeit feiern die Deutschen gerade ihr Oktoberfest. Ja, können die das nicht zu Hause machen, diese elende Sauferei, diese widerliche Krachmusik? Aber wenn es dabei bliebe. Es gibt zwei deutsche Zeitungen und einen Radio-Sender, Dudelfunk unterhalb jeden Niveaus. Aber wer bei uns leben will, von dem erwarte ich Integrationsbereitschaft und Integrationsfähigkeit als zusätzliches Kriterium (*2) für die Zuwanderung. Weder sehe ich bei den Deutschen auf Mallorca eine Bereitschaft noch eine Fähigkeit dazu. Dann diese kriminellen Schlägereien: Sobald junge Deutsche und junge Engländer in der selben Kneipe sind, geht es los. Wir haben schon neue Gefängnisse bauen lassen, um diesem Problem zu begegnen. Die Zone um den berüchtigten "Ballermann" ist ganz klar eine No-Go-Area für uns, da herrscht das Unterschichten-Deutschland.

Ich sage Ihnen, wenn man die Sprache des Landes, in dem man lebt, nicht spricht, nutzt das niemandem: Nicht dem Einzelnen, nicht dem Land, nicht der Gesellschaft (*3). Aber kann man diese Erkenntnis vielleicht mal von Frau Merkel hören? Keine Aufforderung an ihre Landsleute sich auf unserer Insel zu integrieren. Im Gegenteil: Ein Bundestags-Abgeordneter der Merkelpartei hat Mallorca sogar zum 17. Bundesland erklärt und den Anschluss an Deutschland verlangt. Habe ich eine Entschuldigung der deutschen Regierung gehört? Nein, natürlich nicht. Dieses übersteigerte Nationalbewusstsein der Deutschen ist für uns schwer zu ertragen. Ich kann nur sagen: Deutsche? No, gracias!

*1. Angela Merkel auf dem Kongress der Jungen Union in Potsdam

*2. Horst Seehofer, Interview mit dem "Focus"

*3. Abdullah Gül, Staatspräsident der Türkei, Interview in der Süddeutschen Zeitung


Aus: "DEUTSCHE? NO, GRACIAS! - Über Integrations-Probleme auf Mallorca" (17. Oktober 2010)
Quelle: http://spreegurke.twoday.net/stories/8391158/ (http://spreegurke.twoday.net/stories/8391158/)

Title: [Ausgrenzungsdebatten... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 18, 2010, 12:36:51 PM
Quote[...] Hetze postmodern: Die Muslime sind an allem schuld

Zwar liegt mir Religion fern wie eine andere Milchstrasse, aber es kommt vor, dass ich z.B. Muslime knutschen könnte; oder sogar Muslima, was diese sich natürlich verbieten würden. Auf der Seite muslim-markt schreibt mir heute Fatima Özoguz aus dem Herzen: Die von Sarrazin angeleierte neue "Integrationsdebatte" ist in Wirklichkeit eine Ausgrenzungsdebatte, mit der nichts anderes bezweckt wird als die Ablenkung von den wirklichen Problemen der Masse der Bevölkerung. Der alte Trick. Die einzige Neuerung ist, dass von der postmodernen Hetze das Wort Juden durch das Wort Muslime ersetzt wird.

Quote

Fatima Özoguz schreibt:

Es wird in letzter Zeit so getan, als hätte Deutschland keine anderen Probleme als die Anwesenheit von Muslimen, wenn man sich MEdien und Fernsehprogramme anschaut. Kein Tag vergeht ohne Diskussionsrunden , wie man uns "besser integrieren" könnte, oder es wird von Neunmalklugen (vulgo Dummschwätzern) lang und breit dargelegt, warum wir nicht integrierbar sind, nämlich aufgrund unserer Religion, wie diese Herrschaften meinen.
In Wirklichkeit wird doch so ein Theater gemacht, weil viel gravierendere Probleme vertuscht werden sollen. So herrscht beispielsweise an Schulen ein eklatanter Bildungsnotstand durch Lehrermangel Lehrer müssen von einer Schule zur anderen hüpfen, um "auszuhelfen", weil nicht genügend eingestellt werden. Grundschulen sind "verlässlich", was die Dauer der Anwesenheit der Kinder in der Schule angeht, nicht etwa des Unterrichts! Dies, damit diese nicht wieder um 10 uhr vor verschlossener Tür stehen. Aber das bedeutet nur, dass sie dort beschäftigt sind, nicht etwa, dass auch Unterricht erteilt wird, sondern irgendwelche Mütter werden eingesetzt, die dann mit den Kindern spielen, damit man sie nicht nach Hause schicken muss.
Jedenfalls verkommen die Schulen zu Verwahranstalten, aber darüber redet so gut wie niemand! Es redet auch so gut wie niemand darüber, dass immer mehr Hauptschüler ihren Abschluss nicht mehr schaffen, vor allem in Ostdeutschland, wo es kaum Migranten gibt, denen man das anlasten könnte.
Und dann wundert man sich über schlechte PISA-Ergebnisse. Dass auch noch ein Sarrazin daherkommt und dummdreist behauptet, es läge an Migranten, dass wir immer dümmer werden, ist an Zynismus nicht mehr zu überbieten.

Auch tut man so, als sei die Wirtschaftskrise vorbei, aber ich fürchte,die hat noch nicht mal angefangen. Es wird kaum noch davon gesprochen, wie fatal sich der Niedriglohnsektor auswirkt, so dass viele TROTZ Erwerbstätigkeit nicht mehr ihre Familien ernähren können und auf aufstockende Hilfen angewiesen sind, was auch nicht im Interesse des Staates sein kann.
Man könnte noch so vieles anführen, um das sich die Politik mal vordergründig kümmern sollte, statt dessen lässt man die Medien spalten, was das Zeug hält, damit wir nicht merken, was hinter unserem Rücken alles so beschlossen wird. Bzw. wenn wir es merken, ist es zu spät.



Quelle: http://www.muslim-markt.de/forum/messages/2124.htm


Quote

Huntigtons Clash - genau das, glaube ich. Ein künstlicher Feind, ein Popanz, mit dem die Herrschaften von sich selber ablenken, also von denen, die die Wut eigentlich treffen sollte. Die alte Taktik eben, kein bisschen anders als das Nazigeplärr vom "ewigen Juden".

Es ist ganz natürlich, dass bei grüsseren Immigrationswellen ein Teil der Zuwanderer ein oder zwei Gnerationen braucht, um "anzukommen". Ich weiss aus eigener Erfahrung, dass es nicht so einfach ist, sich in ein anderes Land und eine andere Sprache einzufügen. In Frankreich kann man auch gut sehen, dass sich Gettos herausbilden können, die sich abschotten und abgeschottet werden - die Orte künftiger Pogrome, wenn sich die wirtschaftlichen Nöte vergrössern und lang hinziehen.

Antwort von Sepp Aigner heute à 00h01


...


Aus: "Hetze postmodern: Die Muslime sind an allem schuld" (17. oktober 2010)
Quelle: http://kritische-massen.over-blog.de/article-hetze-postmodern-die-muslime-sind-an-allem-schuld-59069758.html (http://kritische-massen.over-blog.de/article-hetze-postmodern-die-muslime-sind-an-allem-schuld-59069758.html)

Title: [Ein Arzt aus dem hessischen Wächtersbach... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 19, 2010, 10:33:49 AM
Quote[...] Es ist kein Geheimnis, dass Menschen die benachteiligt, ausgegrenzt oder zu Unrecht behandelt werden, psychisch und körperlich krank werden. Eine Studie der Uni Leipzig zeigt, dass eine gefühlte Diskriminierung bei Menschen mit Migrationshintergrund die Gesundheit stark beeinflusst. Derzeit leben in Deutschland rund 16 Millionen Menschen nicht-deutscher Herkunft. Obwohl die die Gruppe der Zugewanderten sehr groß ist, war bislang kaum bekannt, wie sie sich körperlich und psychisch fühlen. Aus diesem Grund werteten die Sozialforscher um Dipl. Ulrike Igel die Daten von 1844 Männer und Frauen aus, die im Durchschnitt seit rund 20 Jahren in Deutschland leben. Dabei zeigte sich, dass sozioökonomische Faktoren wie die Höhe des Einkommens, die Ausbildungsdauer oder der Erwerbsstatus kaum einen Einfluss auf das psychische Befinden der Migranten hat. Allerdings schlägt die gefühlte Diskriminierung verhältnismäßig stark zu Buche. Wer sich diskriminiert fühlt, der leidet seelisch und erkrankt schließlich auch psychisch und körperlich daran.

... Die Wissenschaftler betrachteten sich die Herkunftsländer der in Deutschland lebenden Migranten etwas genauer. Hierbei wurde deutlich, dass Männer aus dem Ursprungsland Türkei sich wesentlich stärker ausgrenzt fühlen, als beispielsweise Menschen aus Griechenland oder Osteuropa.

Die Befunde und die Sozialforscher Igel und Team zeigen eindrucksvoll, wie stark vermeintlich oder tatsächlich erlebte Ausgrenzung und Zurückweisung auf das Wohlergehen von Migranten durchschlagen. Dabei wirken sich Geld oder beruflicher Status weniger stark auf das Befinden der Menschen, wie die erlebte oder subjektive Ausgrenzung. Diese Ergebnisse decken sich im Übrigen mit den anderen internationalen Studien, aus denen hervorgeht, dass erlebte Benachteiligungen den körperlichen und psychischen Zustand von Migranten verschlechtert und damit die Gesundheit der Betroffenen stark beeinflusst wird. Die Gründe, warum die subjektive oder tatsächliche erlebte Diskriminierung so sehr zur Verschlechterung der Gesundheit beiträgt, ist bislang noch ungeklärt. Hierzu sind weitere Studien notwendig, wie die Autoren in der Fachzeitschrift "Psychiatrische Praxis" schreiben.


Aus: "Rassismus schadet Körper und Psyche"  (sb, 18.10.2010)
Quellnachweis: Der Einfluss von Diskriminierungserfahrungen auf die Gesundheit von Migranten
Psychiatrische Praxis 2010; 37 (4): S. 183-190.
Quelle: http://www.heilpraxisnet.de/naturheilpraxis/rassismus-schadet-koerper-und-psyche-36631.php (http://www.heilpraxisnet.de/naturheilpraxis/rassismus-schadet-koerper-und-psyche-36631.php)

-.-

Quote[...] Ein Arzt aus dem hessischen Wächtersbach hatte in seiner Arztpraxis Anfang September ein Schild aufgehängt, auf dem Mädchen und Frauen muslimischer Herkunft untersagt wurde, ein Kopftuch in der Praxis zu tragen. Ferner sollten Patienten über "Grundkenntnisse der deutschen Sprache" verfügen. ,,Kinderreichen islamischen Familien mit mehr als 5 leiblichen Kindern" wollte der Arzt ebenfalls nicht behandeln und verweigerte ihnen quasi mit den aufgesetzten ,,Spielregeln" den Zugang zur Praxis. Nun muss sich der Arzt, der inzwischen das Schild wieder abgehangen hat, sich vor der Kassenärztlichen Vereinigung verantworten. Bei einer mündlichen Unterredung soll der Arzt sein Handeln erklären. Unter Umständen droht dem Arzt der Entzug seiner Zulassung.

Bundesweit hatte der Arzt mit seiner Aktion für Aufsehen gesorgt. Nach zahlreichen Protesten und Berichten in der Presse sah sich der Arzt Missverstanden und hängte seine selbst verfassten ,,Spielregeln" wieder ab. Doch das Kopftuchverbot wird für den Arzt nun möglicherweise schwerwiegende Konsequenzen haben. Die Kassenärztliche Vereinigung hat nun beschlossen, gegen den Mediziner ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Nun muss sich der Arzt in einer mündlichen Verhandlung vor einem Gremium erklären. Das entschied der ein zuständiger Ausschuss in Frankfurt, wie eine KV-Sprecherin erklärte. Doch damit nicht genug, auch die Landesärztekammer will den Fall ebenfalls prüfen. Auch der örtliche türkische Verein sah damals in dem Handel eine Diskriminierung muslimischer Patienten. Allerdings setze man eher auf einen Dialog.

Bei der Unterredung muss der Mediziner dem Gremium der Kassenärztlichen Vereinigung Fragen zu seinem Handeln beantworten. Verläuft die Verhandlung für den Arzt negativ, so könnte er schwerwiegende Sanktionen bis hin zum Entzug der KV- Zulassung davon tragen. Wenn dieser Fall eintritt, darf der Arzt keine Patienten mehr behandeln, die in der gesetzlichen Krankenkasse versichert sind. Entscheidet sich das Gremium gegen eine Einstellung des Verfahrens, könnte auch eine einfache Verwarnung oder eine Geldstrafe folgen. Wann die Verhandlung tatsächlich statt findet, steht bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht fest.

Mittlerweile hat sich der Arzt für sein Handeln entschuldigt. "Ich habe mich im Ton vergriffen", resümierte er schon im September. Der Mediziner hatte kurz nach den Berichten in der Presse sein Schild mit den Spielregeln wieder abgehängt und wollte an einer Neufassung arbeiten, die er zuvor mit dem türkisch-islamischen Kulturverein abstimmt. Nach eigenen Angaben hatte der Arzt das Schild aufgehängt, weil es in der Vergangenheit Schwierigkeiten in der Behandlung muslimischer Patienten gab. Ob der Arzt inzwischen abermals ein neues Schild auf gehangen hat, dürfte aufgrund des anberaumten Verfahrens unwahrscheinlich sein.

Das Plakat war zwar mit der Überschrift ,,Spielregeln" versehen, doch standen auf dem Schild Wörter wie ,,striktes Verbot von Kopftüchern" oder ,,Kinderreiche islamische Familien mit mehr als 5 leiblichen Kindern" werden in der Arztpraxis nicht behandelt.
Warum genau das Disziplinarverfahren eingeleitet wurde, wollte die Kässenärtzliche Vereinigung nicht begründen. Allerdings hatte man bereits im September verlautbaren lassen, dass diese aufgehängten ,,Spielregeln" vermutlich gegen den ärztlichen hippokratischen Eid verstoßen, ,,der so nicht hinnehmbar ist", wie es damals hieß. Nun spricht man von einem "internen Vorgang". Dem Untersuchungsausschuss gehören zwei Ärzte und in Vorsitzender mit der Befähigung zum Richteramt an. Der Mediziner kann bei der Verhandlung einen Rechtsbeistand mitbringen.


Aus: "Verfahren gegen Arzt wegen Kopftuchverbot" (sb, 16.10.2010)
Quelle: http://www.heilpraxisnet.de/naturheilpraxis/verfahren-gegen-arzt-wegen-kopftuchverbot-8781.php (http://www.heilpraxisnet.de/naturheilpraxis/verfahren-gegen-arzt-wegen-kopftuchverbot-8781.php)

Title: [Leitkultur mit ein paar Schwachstellen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 19, 2010, 05:14:41 PM
QuoteDanke, wir können nicht klagen! (Herdentrieb - So funktioniert Kapitalismus)
Von Dieter Wermuth 14. Oktober 2010 um 18:25 Uhr

...

Quote
    *  15. Oktober 2010 um 09:26 Uhr
    * KäptnBlaubär


Besonders gefällt mir dieser Absatz: "All dieser Hokuspokus von Financial Engineering, Dienst am Kunden, oder von der angemessenen Belohnung für die Übernahme von Risiken ist eine Verschwendung von Zeit, Kapital und Talent. Am Ende kommt nichts dabei raus, was der Allgemeinheit nützen würde – den Nutzen haben nur diejenigen, die in dem Bereich arbeiten. "..." Die hohen Gehälter locken eine unangemessen große Zahl intelligenter Leute in den Sektor, die an anderer Stelle echte Wertschöpfung betreiben könnten."

Der heutige Finanzsektor ist aus meiner Sicht ein Auswuchs des Kapitalismus, der für die Volkswirtschaft zumindest nutzlos, vermutlich aber eher schädlich ist. Hochbezahlte Menschen können dort durch schnelle Mausschubserei und etwas Glück virtuelle Milliarden erzeugen und auch in Sekundenbruchteilen wieder vernichten. Das wäre nicht weiter schlimm, solange dieses Kasino nur die Banken untereinander beträfe; schlauerweise holt man sich aber zwischendurch, wenn die ersten Fantasiemilliarden kreiert sind, echtes Geld von Leuten, die glauben, dass die künstlich erzeugten hohen Gewinne so weitergehen, steckt sich dieses Geld dann als Bonus in die eigene Tasche, und wenn dann der "unvorhersehbare" Crash kommt, holt man sich noch einen Nachschlag von allen Steuerzahlern.

Das ist ja das Tolle – man redet immer davon, dass die Finanzkrise riesige Summen "vernichtet" habe ... das stimmt so nicht: ein großer Teil der "vernichteten" Werte hat real nie existiert; und der Teil, der vielen ganz konkret auf dem Konto fehlt, liegt jetzt auf den Konten der Banker. Wenn man die rhetorischen Verbrämungen ("innovative Finanzprodukte") mal weglässt, kann man das Ganze eigentlich nur als Diebstahl bezeichnen ...

Und dann muss man sich noch anhören, wir müssten in Deutschland ja unbedingt auch so hohe Gehälter bezahlen, um die "Besten" zu halten oder zu bekommen – Unsinn: alles was man damit erreicht ist, dass man die Gierigsten und Skrupellosesten bekommt.

Ich bin ein klarer Anhänger der (sozialen) Marktwirtschaft, aber solange der Mensch die Gier genetisch in sich trägt, braucht die – notwendige – Organisation des Geldtransfers offensichtlich massive demokratisch legitimierte Kontrolle. Im Extremfall hilft wohl nur eine Verstaatlichung des Bankensektors; bis mich jemand vom Gegenteil überzeugt, sehe ich diesen als nachrangig gegenüber der Realwirtschaft an. Banken sind dazu da, die Geldströme derjenigen, die echte Wertschöpfung betrieben, zu organisieren, und ggf. Kapital bereit zu stellen, damit gute Ideen realisiert werden können, auch wenn diejenigen die sie haben, die dazu nötigen Anfangs-Investionen nicht stemmen können. Alles andere, insbesondere eine Verselbständigung des Bankensektors ist volkswirtschaftllich sinnlos.

Um schnell noch ein ganz anderes Thema mit einzumischen: an dieser Stelle könnten wir ein wenig muslimische Tradition brauchen: der Islam verbietet es, mit Bankgschäften Gewinne zu machen ... in dieser Hinsicht hat unsere "christlich-jüdische" Leitkultur ein paar Schwachstellen.



http://blog.zeit.de/herdentrieb/2010/10/14/danke-wir-konnen-nicht-klagen_2387/comment-page-4#comments (http://blog.zeit.de/herdentrieb/2010/10/14/danke-wir-konnen-nicht-klagen_2387/comment-page-4#comments)

Title: [Die Lufthoheit über den Stammtischen... (D, 2010)]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 20, 2010, 12:36:43 PM
Quote[...] Potsdam - CSU-Chef Horst Seehofer hat bei seinem Auftritt auf dem Deutschlandtag der Jungen Union (JU) in Potsdam seine umstrittenen Äußerungen zur Zuwanderungspolitik noch einmal bekräftigt - und ordentlich nachgelegt. Es gebe bei diesem Thema eine Zustimmung aus der Bevölkerung, wie er sie noch nie erlebt habe. Seehofer betonte: "Wir als Union treten für die deutsche Leitkultur und gegen Multikulti ein - Multikulti ist tot."

Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigt sich moderater - aber auch sie hat die in Deutschland lebenden Ausländer aufgefordert, sich besser in die Gesellschaft zu integrieren. Die Bereitschaft dazu sei bei Menschen aus Einwandererfamilien dringend nötig, sagte Merkel am Freitagabend bei einer CDU-Regionalkonferenz in Berlin. "Die Voraussetzung für die Integration ist, dass man die Sprache hier spricht."

Seehofer betonte bei seiner Rede, einen "Rechtsdrall" der Union strebe er keineswegs an. Er wolle vielmehr "die rechten Spinner verhindern". Man müsse die politischen Verführer von den Parlamenten fernhalten, indem man auf die Sorgen der Bürger eingehe.

Der bayerische Ministerpräsident erklärte, wer in Deutschland leben wolle, der müsse auch bereit sein, die Alltagskultur zu akzeptieren. Außerdem müsse man beim Kampf gegen den Fachkräftemangel zunächst auf die Qualifizierung der Arbeitslosen setzen, bevor man Personal aus dem Ausland rekrutiere. Für hochqualifizierte Fachkräfte gebe es bereits eine Sonderregelung, die sich in der Praxis gut bewährt habe. Auf keinen Fall dürfte Deutschland aber "zum Sozialamt für die ganze Welt werden", so Seehofer.

Der CSU-Vorsitzende forderte die Union vor dem Hintergrund ihres Umfragetiefs zu einem "gesunden Patriotismus" auf. Seehofer sagte am Freitagabend vor dem Parteinachwuchs von CDU und CSU, die Bürger müssten wissen, wofür die Unionsparteien stehen. Man dürfe sich nicht "ständig dafür entschuldigen, dass sie eine Liebe zum eigenen Land hat". Es gebe allen Grund, stolz auf Deutschland zu sein.

Der JU-Vorsitzende Philipp Mißfelder (CDU) begrüßte die Zuwanderungsthesen des CSU-Chefs. Aufgabe der CSU sei es, "für die Union insgesamt die Lufthoheit über den Stammtischen zurückzugewinnen". Mißfelder, der am Freitagabend als Vorsitzender der JU bestätigt wurde, mahnte, rechts von der Union dürfe es niemals eine demokratisch legitimierte Kraft geben. Er fügte hinzu: "Und der Garant dafür in Deutschland ist und bleibt die CSU."

Vom Zentralrat der Juden in Deutschland erntete Seehofer dagegen scharfe Kritik für seine Äußerungen zur Zuwanderung und Integration in Deutschland. "Da werden alle möglichen Kulturkreise stigmatisiert, diffamiert und über einen Kamm geschert. Das finde ich einerseits verantwortungslos, andererseits schäbig", sagte der Generalsekretär des Zentralrats, Stephan Kramer.

Es bereite ihm "Unbehagen und Angst", dass in der aktuellen Debatte über Integration von Migranten und Zuwanderung die Hemmschwelle sinke. Seehofer wolle offenbar mit diesen populistischen Äußerungen Wählerstimmen gewinnen.

Merkel lastete die Schuld an aktuellen Problemen bei der Integration auch den Vorgängerregierungen an. "Die Versäumnisse von 30, 40 Jahren können nicht so schnell aufgeholt werden", sagte sie.

Auch die CDU-Vorsitzende versicherte: "Wir fühlen uns dem christlichen Menschenbild verbunden, das ist das, was uns ausmacht." Wer das nicht akzeptiere, "der ist bei uns fehl am Platz". Gleichzeitig sollten die Deutschen über ihre Werte und die zunehmende Entfremdung von Religion sprechen, um sich über ihr Land und ihre Gesellschaft zu vergewissern.

jok/itz/APD/dpa


Aus: "Seehofer und Merkel befeuern Leitkultur-Debatte" (15.10.2010)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,723466,00.html (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,723466,00.html)
Title: [Ein Blick in die Mitte... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 21, 2010, 11:12:48 AM
Quote[...] Nach dem die sogenannte Integrationsdebatte, befeuert von den populistischen und zum Teil sachlich schlicht falschen Äußerungen vom ehemaligen Bundesbank-Vorstandsmitglied Thilo Sarrazin, quer durch alle Lager diskutiert wurde, ist gerade eine bemerkenswerte Studie erschienen: Die Studie "Die Mitte in der Krise. Rechtsextremismus in Deutschland 2010" haben Leipziger Wissenschaftlicher im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung durchgeführt. Ihre Vorläufer hat sie in den Studien zu rechtsextremen, Gewalt verherrlichenden und menschenverachtenden Einstellungen in Deutschland – "Vom Rand zur Mitte" (2006) und "Ein Blick in die Mitte" (2008).

Der derzeitigen öffentlichen Debatte um die mangelnde Integrationsbereitschaft einiger Migranten und um die geistige Verfasstheit eines großen Teils der Nicht-Migranten, in deren Mitte erstgenannte sich bitteschön ordentlich hinein integrieren sollen, geben die Ergebnisse dieser Studie eine unerwartete Pointe: Ein paradoxer Befund der Studie ist, dass die Motive der schärfsten Migranten-und-Parallelgesellschaften-Kritiker oftmals selbst alles andere als fortschrittlich sind.

Demnach speist sich die Ablehnung vieler Deutscher vor allem gegen muslimische Migranten selbst aus zutiefst undemokratischen und oft menschenverachtenden Ressentiments. Sie singen nicht das Hohelied der Aufklärung und der "open society", sondern machen mit zum Teil rechtsextremen Vorstellungen gegen eine angebliche Überfremdung mobil (über die vor allem diejenigen klagen, in deren Regionen die wenigsten Ausländer in Deutschland leben). Sie sind nicht viel weniger antisemitisch und chauvinistisch gesinnt, als die von ihnen als fremd empfundenen und abgelehnten muslimisch geprägten Migranten.

[...] Dazu passen auch die Befunde des Bielefelder Soziologen Wilhelm Heitmeyer, der in seiner Langzeitstudie "Deutsche Zustände" seit Jahren eine kontinuierliche Zunahme "gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit" konstatiert: Betroffen davon sind vor allem sozial und wirtschaftlich marginalisierte Schichten. Eine Entwicklung, die durch die Weltwirtschaftskrise in den vergangenen Jahren deutlich an Dynamik gewonnen hat.

Besonders Horst Seehofer bedient derzeit das Ressentiment mit einer Rhetorik, die aus dem 19. Jahrhundert stammen könnte. Die nationalistische Floskel von "Kulturferner Zuwanderung" bedient ein Ressentiment, das auf ein angeblich homogenes Staatsvolk rekurriert und sehr an die Wahlkampfparole "Mehr Mut für unser Wiener Blut" der rechtspopulistischen FPÖ erinnert.

Dabei steht der Wunsch nach einer ethnisch homogeneren Bevölkerung im völligen Widerspruch zu dem ansonsten so wirtschaftsfreundlichen Kurs der Konservativen.

Wie irrational die Debatte verläuft, zeigt sich an ganz anderen Zahlen. So hat nach Meinung von Annette Schavan, immerhin Bildungsministerin einer konservativen Partei, Deutschland nicht zu viel, sondern zu wenig Ausländer: "Nicht Einwanderung muss uns aufregen, sondern Auswanderung aus Deutschland", erklärte sie vor wenigen Tagen angesichts der Tatsache, dass in den vergangenen zwei Jahren mehr Menschen aus Deutschland fortziehen statt einwandern. Nach Aussage der Wirtschaftsverbände fehlen heute schon rund 400.000 Fachkräfte. Es ist ein großes Versäumnis, dass erst jetzt zaghaft überlegt wird, im Ausland erlangte Abschlüsse in Deutschland mit einfacheren Verfahren anzuerkennen. Bisher sind viel zu viele gut ausgebildete ausländische Fachkräfte hierzulande Taxi gefahren oder Toiletten putzen gegangen. Bleibt es bei dem Mangel an Fachkräften, dann fehlen in wenigen Jahren Millionen Steuer- und Beitragszahler. Dann heißt es auch für Horst Seehofer: Rente gibt es erst mit 72. Bleibt abzuwarten, was Seehofer nach seiner Pensionierung machen wird – in jedem Fall dürfte er Mitglied einer kleinen, feinen Parallelgesellschaft bleiben: Der selbst ernannten Kultur- und Bildungselite dieses Landes.

Quote* 20.10.2010 um 15:34 Uhr
    * glume


[...]


Kritik an einer Studie/einem Artikel können Sie gerne äußern. Kritik setzt jedoch Differenziertheit voraus und bedeutet auf Unterstellungen und Pauschalisierungen zu verzichten Danke, die Redaktion/fk.




Quote* 20.10.2010 um 15:31 Uhr
    * Pünktchen

80. Jahrzehntelang hat es weder die Industrie

noch die Politik gekümmert, Menschen als Gastarbeiter ins Land zu holen, die alle die Arbeiten übernahmen, die Deutsche nicht mehr erledigen wollten. Man hat sie nicht von den Steuern und Sozialabgaben befreit; sie haben sie geleistet! - Es zählte für Industrie und Politik nur der ökonomische Vorteil. Jetzt steht man vor dem Scherbenhaufen, zumal die Industrie wiederum seit zwei Jahrzehnten versäumt hat, den Nachwuchs auszubilden. Man hat sich lieber eingebildet, Hochleistungsfähige zu geringem Entgelt einkaufen zu können - und zwischenzeitlich dafür gesorgt, daß eine Gruppe der Unausgebildeten entsteht, aus der man je nach Gusto Leiharbeiter entnehmen und wieder dorthin entlassen kann - wie die Wanderarbeiter in China oder die Angehörigen der Kaste der Unberührbaren in Indien! Dafür gehen deutsche Ingenieure und Ärzte zu wesentlich besseren Bedingungen ins Ausland - und zu uns kommt keiner mehr: siehe Flop mit der Greencard; da hilft auch kein Punktesystem. - Die deutsche selbsternannte christliche Kulturelite hat Warnungen nicht gelten lassen und kläglich versagt; so bleibt statt Leitkultur nur Leidkultur. - Es ist höchste Zeit, dem vorhandenen inländischen Potenzial von seiten der Industrie seine Chance zu geben - es zu fordern und zu fördern, aber nicht auszubeuten! - DANKE an Tanja Dückers für den Artikel. -


Quote* 20.10.2010 um 15:01 Uhr
    * fidalgo

Wo Gruppen entstehen folgen Konflikte.

Der Artikel erinnert mich an das Robbers Cave Experiment. Wo Gruppen entstehen, auch wenn ihre Einteilung vollkommen willkürlich ist, entsteht eine Aufwertung der eigenen und eine Abwertung der anderen Gruppe. Spannungen zwischen den Gruppen sind fast unvermeidbar.

Ich denke es ist für unser Zusammenleben sehr sinnvoll, wenn die Presse darauf hinweist, dass die Mehrheit sich selbst in unrealistischer Weise überhöht, und das wir in Wirklichkeit gemeinsame Probleme haben, die uns einen, ob wir wollen oder nicht.


Quote* 20.10.2010 um 15:48 Uhr
    * zuckerman

populistisch gegen Populismus argumentiert

Werte Frau Dückers,

selbstverständlich gibt es noch viele andere Parallelgesellschaften als jene gerade im Fokus der politischen Debatte stehenden. Doch warum soll man deshalb den Begriff Parallelgesellschaft nicht mehr benutzen dürfen? Mal abgesehen davon, dass die Probleme einer Parallelgesellschaft nicht verschwinden, indem man auf die Probleme verweist, die es auch mit anderen Parallelgesellschaften gibt.

Einfach ärgerlich, wie die ganze Diskussion abläuft.

Anekdotisch: Die eine Seite echauffiert sich über jeden Kriminalfall eines Migranten, die andere Seite präsentiert Vorzeigemigranten.
Wer mit statistischen Aussagen argumentiert, dem wird unterstellt, er mache kausale Aussagen auf der Individualebene, was man dann flott wieder anekdotisch widerlegt.

Und nun die allerneueste Erkenntnis. Das Problem, über das so heftig gestritten wird, ist gar nicht so wichtig, das Problem liegt vielmehr in der Hauptgesellschaft, wie jetzt ,,wissenschaftlich belegt" ist.

So dumpf die Argumente einiger Sarrazin-Anhänger sind, so dumpf sind auch jene, mit denen die Debatte nun gedreht werden soll: Gut, dass wir jetzt wissen, was wir nie geahnt hätten, dass mehr Mitglieder der Hauptgesellschaft uns eher die letzten Bohlen-Sprüche zitieren können, denn Goethes Faust.

Dumpfbacken gibt es in allen Gruppen. Wie kann man Probleme lösen (wollen) wenn man sich immer nur auf diese fixiert?

Da wird der anderen Seite Populismus vorgeworfen und man selbst arbeitet mit den gleichen Mitteln.


Quote* 20.10.2010 um 16:24 Uhr
    * Medim Üzgözlü

Deutschland wird sich demokratisch verändern

als deutscher Staatsbürger türkischer Nationalität bin ich nach 30 Jahren erfolgreicher Integration stolz auf mein türkisch sein.
Einzig und allein dem deutschen GG und Gesetzen verpflichtet, die keinen Gegensatz zu meiner türkischen Nationalität und islamischen Religiösität bilden.
Was spricht dagegen, dass Deutschland etwas islamischer und türkischer wird, wenn das auf friedlicher und demokratischer Grundlage und im Zuge der zukünftigen demografischen Entwicklung erfolgt?

Dagegen können nur Menschen sein, die den demokratischen und freiheitlichen Konsens aufkündigen wollen.


Quote* 20.10.2010 um 16:25 Uhr
    * R.Wackermann

129. Deutschland uneinig Vaterland

Sie sprechen (schreiben) da in Bezug auf die DDR ein sehr delikates Thema an, auch wenn's off-topic ist.
Neulich habe ich mich daran erinnert, was da 1989/1990 geschah und war wieder sehr bewegt - da hatte sich ein Volk befreit und seinen Käfig eingerissen.
Als damals 31-jähriger Wessi hatte ich ganz ehrlich die Hoffnung, dass Einiges der sozialen Errungenschaften aus dem Osten zu uns herüberkommen würde.
Leider wurde da nix draus, stattdessen sah ich allenthalben die Häme der Sieger.

Nun da der Counterpart im Osten "besiegt" wurde hat sich völlig ungeniert und unwidersprochen eine Geiz-ist-geil nimm-was-du-kriegen-kannst Gesellschaft etabliert in der Ökonomisches alles Andere verdrängt hat.
Natürlich ist in einem so gearteten Umfeld jede zusätzliche Gruppierung eine Konkurrenz und somit eine Bedrohung der eigenen Pfründe.

Aber wie gesagt, ein heikles und delikates Thema... aber irgendwie passt es auch wieder, stossen doch nun ideell gefestigte Gruppierungen von Außerhalb in ein ideelles Vakuum hierzulande.

Bitte kehren Sie zu einer Diskussion des Artikelthemas zurück. Danke, die Redaktion/fk.



Quote* 20.10.2010 um 16:34 Uhr
    * Thrudheim

Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?

Die Strukturursache für Fremdenfeindlichkeit ist neoliberale Ausrichtung der Wirtschaft, die in den letzten Jahren zu einer ökonomischen Bedrohung der "Unter-" und Mittelschichten führte. Mittelbar ist es der faktische Mangel an Arbeitsplätzen und die ständige Bedrohung des eigenen Arbeitsplatzes. Es glaubt in der Realität keiner an die Heilsversprechen eines drohenden wie immer gearteten Fachkräftemangels in der Zukunft. Unterschwellig weiß jeder, dass es sich um in propagandistischer Absicht halluzinierte Szenarien handelt. Reale Erfahrungen haben dem Durchschnittsbürger ein vollkommen anderes Bild der Realität vermittelt. Die Politik hat ihre Glaubwürdigkeit fast vollständig eingebüßt. Sie hat die suggestive Wirkung ihrer Parolen überschätzt. Es bildet sich eine Resistenz.

Das ist dann das Surrogat auf dem Fremdenfeindlichkeit wächst.

Ich persönliche schätze Migranten ebenso wie meine deutschen Mitbürger. Es gibt gute und weniger gute Mitbürger in beiden Bevölkerungsgruppen. Trotzdem darf man doch wohl feststellen, dass Migranten zusätzlich einen schon ohnehin desolaten Arbeitsmarkt belasten. Also bringen wir doch erstmal wieder den Arbeitsmarkt in ein akzeptables Gleichgewicht was Angebot und Nachfrage betrifft. Starten wir eine große Qualifizierungsoffensive für alle die schon hier sind. Wenn das vollbracht ist und es reicht immer noch nicht, dann kann man über weitere Einwanderung reden. Aber keine Diskussion auf der Grundlage von Arbeitgebern erhobenen Daten. Diese Daten müssen unter echter demokratischer Kontrolle erhoben werden. Sonst glaubt denen sowieso keiner.


Quote* 20.10.2010 um 16:38 Uhr
    * wise

Soo alter Käse, das Thema.. ...

Ich empfehle: "Etablierte und Außenseiter" Elias/Scott ursprgl. 1965)

Womöglich erkennt sich der Eine oder Andere ja wieder ;-)

Die Soziologie kennt schon seit Jahrzehnten die Problematik, hat sie hinreichend analysiert und bereits Lösungen vorgestellt. Nur, wenn sie keiner höhren will, dann werden wir wohl 'alle Jahre wieder' die gleichen Argumente zur gleichen Debatte lesen müssen...ermüdend ist das!


Quote* 20.10.2010 um 16:42 Uhr
    * Medim Üzgözlü

Woher kommt die Angst vor Veränderungen

Es will doch niemand der deutschen Mehrheit durch Zwang die türkische Kultur aufzwingen.
Woher kommt nur diese Angst vor dem Fremden und die Unfähigkeit sich verändern zu wollen?


Quote* 20.10.2010 um 17:26 Uhr
    * Der Genesende

Die Dümmsten sind die am wenigsten Informierten

Oh ja, was können Leute wie die Islamwissenschaftler Tilman Nagel, Hans-Peter Raddatz, Gerd-Rüdiger Puin oder Bernhard Lewis? Was kann die Soziologin Necla Kelek oder der Politologe Hamad Abdel-Samad? Was können Bat Ye'or, Bassam Tibi schon zum Thema beitragen (sollten Sie den Namen überhaupt kennen.) Ich weiß, Wissenschaftler können neben Grass oder Müller nicht bestehen, denn sie urteilen zu nüchtern, mit "Zahlen", "Fakten" und ähnlich Verpöntem. Deshalb scheiden auch Karl Döhring und Heinrich Wehler aus. Was können Leute wie Matthias Küntzel, Michael Mannheimer oder Egon Flaig (noch nie gehört? Sie sollten nicht nur das Ihnen Genehme wahrnehmen)
Natürlich ist Sarrazin einer, der nichts versteht, und wenn ihm Forscher wie Rindermann, Rost, Lehr, Weiß, Heinnsohn recht geben, so weil sie nichts von ihrem Fach verstehen. Wenn Christopher Hitchens, Siegfried Kohlhammer, Monika Maron, Journalisten wie Cora Stephan, Henryk M. Broder oder Volker Zastrow, das Thema Islamkritik oder Integration aufgreifen, so steht wohl fest, wie ahnungslos sie sein müssen. Salman Rushdi oder Ayaan Hirsi Ali, Seyran Ateş, Irshad Manji, Turan Dursun, Wafa Sultan oder Ibn Warraq zählen ohnehin nicht, da Betroffene - da fehlt es an der Neutralität eines Grass, nicht wahr?

Ralph Giordano oder Daniel Goldhagen sind geistlose, verwilderte, haßzerfressene Gesellen - unwürdig, uns etwas zu sagen; Oriana Fallaci oder der Philosoph Michel Onfray - sie sind nicht ernst zu nehmen, denn sie vertreten die falsche Meinung.
Das kann man nun auf die hunderte Namen, die weiter hier stehen könnten, gleichermaßen anwenden - Und so wird alles "Geistlose" Schritt für Schritt ausgeschieden, bis am Ende die übrig bleiben, die Ihre Meinung vertreten - als die einzigen mit "Geist" - Und haben Sie die versächtigen Gesellen ausgeschieden, so sagen Sie: "Wo ist euer Beitrag? Was könnt ihr ausser rumschreien?" Dabei ist es nur angenehm, wenn man im Vorfeld diejenigen, die diesem Diktum gefährlich werden könnten und die eigene Überlegenheit anknabbern, verworfen hat, oder, wie ich eher annehme: überhaupt nicht kennt.


Quote* 20.10.2010 um 17:51 Uhr
    * hardtalk

Giordano, Broder

Wuerde man so viel Hass gegen Judentum praedigen, wie diese jungs gegen Islam paedigen, wuerde man in Deutschland ins Gefaengniss kommen. ...


Quote* 20.10.2010 um 17:53 Uhr
    * HerrMustermann

197. Chaos-Argumentation

Der Zeit-Aufsatz wirft alles durcheinander. Rechtsextremismus, Islam, Parallelgesellschaften, demokratische Werte, linksliberale Werte, Umfragen und Realitäten, die Argumentation ist chaotisch.

Es gibt eine sprachliche Ungeschicklichkeiten. Dazu gehören die Vorwürfe, die Muslime "integrieren" sich zu wenig und bildeten "Parallelgesellschaften". Nun, Parallelgesellschaften sind an sich kein Problem, es muss sich auch niemand sozial integrieren. Außenseiter und Eigenbrödler sind keine Feinde unserer Gesellschaftsordnung und Parallelgesellschaften sind das erkennungszeichen jeder pluralistisch-freiheitlichen Gesellschaft und für sich nichts Schlimmes. Aber gerade ganz speziell die desintegrierten Parallelgesellschaften von in Deutschland lebenden Muslimen sind ein Problem.

Es geht nicht um Integration. Es geht eigentlich nur um drei Dinge:

1. Muslime sollen gefälligest Arbeiten und dem Steuerzahler nicht (überdurchscnittlich oft) auf der Tasche liegen.

2. Muslime sollen gefälligste aufhören, (überdurchschnittlich oft)Banden zu bilden und Einheimische anzupöbeln und körperlich anzugreifen, sondern nett zu uns sein.

3. Muslime sollen gefälligst von bestimmen religiös begründeten Wertüberzeugungen abstand nehmen, die wir hier zurecht als abstoßend und grob unmoralisch empfinden.

Das klingt aber nicht so nett. Also sagt man lieber, sie sollten sich "integrieren", (in den arbeitende - freundlich und nichtkriminelle - sowie religiös nicht verblendete - Mehrheitsgesellschaft).


usw.


Aus: "Parallelgesellschaften gibt es nicht nur unter Muslimen" # Von Tanja Dückers (20.10.2010)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/deutschland/2010-10/rechtsextremismus (http://www.zeit.de/politik/deutschland/2010-10/rechtsextremismus)

Title: [Berliner Antisemitismusstreit (1879 bis 1881)... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 24, 2010, 01:27:00 PM
Quote[...] Walther Rathenau wurde als ältester Sohn des deutsch-jüdischen Industriellen Emil Rathenau (des späteren Gründers der AEG) und seiner Ehefrau Mathilde (geb. Nachmann) in Berlin geboren. Er wuchs zusammen mit seinen jüngeren Geschwistern Erich (1871–1903) und Edith (1883–1952) in Berlin auf und besuchte das Königliche Wilhelms-Gymnasium in Berlin. 1886–1889 studierte er in Straßburg und Berlin Physik, Philosophie und Chemie bis zur Promotion (,,Die Absorption des Lichts in Metallen"). 1889/1890 studierte er Maschinenbau an der Technischen Universität München. Rückblickend schrieb er über seine Jugendzeit:

    ,,In den Jugendjahren eines jeden deutschen Juden gibt es einen schmerzlichen Augenblick, an den er sich zeitlebens erinnert: wenn ihm zum ersten Male voll bewußt wird, daß er als Bürger zweiter Klasse in die Welt getreten ist und keine Tüchtigkeit und kein Verdienst ihn aus dieser Lage befreien kann.[1]"


...


Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Walther_Rathenau (http://de.wikipedia.org/wiki/Walther_Rathenau) (19. Oktober 2010)


-.-

[...] Heinrich Gotthardt von Treitschke (* 15. September 1834 in Dresden; † 28. April 1896 in Berlin) war ein deutscher Historiker, politischer Publizist und Mitglied des Reichstags (von 1871 bis 1884, zunächst als nationalliberaler Abgeordneter, seit 1879 ohne Parteizugehörigkeit). ... Von Treitschke stammt der Satz ,,Die Juden sind unser Unglück", der später das Schlagwort des nationalsozialistischen Hetzblattes Der Stürmer wurde.  ...
http://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_von_Treitschke (http://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_von_Treitschke)

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Quote[...] Der Berliner Antisemitismusstreit war eine öffentliche Debatte von 1879 bis 1881 im Kaiserreich über den Einfluss des Judentums, die sogenannte Judenfrage. ...

[...] im Herbst [wurde] die antisemitische Agitation im Kaiserreich verstärkt. Adolf Stöcker hatte nach Misserfolgen seiner 1878 gegründeten Christlich-sozialen Partei  am 16. September 1879 mit einer Rede ,,Unsere Forderungen an das Judentum" gestellt, um damit unzufriedene Kleinbürger und Handwerker, aber auch konservative Großbürger als neue Wähler zu gewinnen. Das kulturpessimistische und rassistische Buch von Wilhelm Marr Der Sieg des Judenthums über das Germanenthum  fand damals reißenden Absatz. [...] Es fanden sich politische Führer, die seinen Bruch mit dem Liberalismus begrüßten und den Antisemitismus benutzten, um den nationalen Geist zu verstärken, von dem das deutsche Reich noch zu wenig zu haben schien.

[...] Am 15. November 1879 veröffentlichte Treitschke in den von ihm herausgegebenen ,,Preußischen Jahrbüchern" einen Aufsatz mit dem Titel: ,,Unsere Aussichten"[2]. Gut zwei Drittel bestanden aus einem Jahresrückblick auf die Außen- und Innenpolitik des Deutschen Reiches. Er begrüßte Bismarcks Verhalten auf dem Berliner Kongress  vom Juli des Jahres als Ausdruck nationalen Selbstbewusstseins, das sich auf weltanschauliche und kulturelle Homogenität stütze. Der Vollendung der äußeren Einheit müsse die ,,innere Reichsgründung", nämlich ein ,,gekräftigtes Nationalgefühl" folgen. Das ,,constitutionelle Königthum" sei gegen ,,innere Reichsfeinde" offensiv zu verteidigen.

Auf den letzten fünf Seiten thematisierte Treitschke Gefahren, die er für die nationale Einheit zu erkennen glaubte. Er sah sie durch ,,die weichliche Philanthropie unseres Zeitalters" und eine ,,nationale Sonderexistenz" der deutschen Juden bedroht und behauptete, sie seien Gegner der nationalen Einigung Deutschlands und nicht willens zur gesellschaftlichen Assimilation. Gleichwohl seien sie Deutschland für die Emanzipation Dank schuldig ...

[...] Daher müssten die Juden ,,sich den Sitten und Gedanken ihrer christlichen Mitbürger annähern" und ,,Pietät  zeigen gegen den Glauben, die Sitten und Gefühle des deutschen Volks, das alte Unbill längst gesühnt und ihnen die Rechte des Menschen und des Bürgers geschenkt hat ...", indem sie nun ,,auch innerlich Deutsche werden." Er entrüstete sich über ihren Undank und Egoismus:

   ,,Kaum war die Emancipation errungen, so bestand man dreist auf seinem ,Schein'; man forderte die buchstäbliche Parität in Allem und Jedem und wollte nicht mehr sehen, dass wir Deutschen denn doch ein christliches Volk sind..."

Dagegen sei mit Recht eine ,,natürliche Reaktion des germanischen Volksgefühls gegen ein fremdes Element" entstanden:

   ...der Instinkt der Massen hat in der That eine schwere Gefahr, einen hochbedenklichen Schaden des neuen deutschen Lebens richtig erkannt: es ist keine leere Redensart, wenn man heute von einer deutschen Judenfrage spricht. [...]

Wie schon Ernst Moritz Arndt (1821) beschwor er einen angeblichen Zustrom sogenannter ,,Ostjuden":

   ,,Über unsere Ostgrenze aber dringt Jahr für Jahr aus der unerschöpflichen polnischen Wiege eine Schaar strebsamer hosenverkaufender Jünglinge herein, deren Kinder und Kindeskinder dereinst Deutschlands Börsen und Zeitungen beherrschen sollen; die Einwanderung wächst zusehends, und immer ernster wird die Frage, wie wir dies fremde Volksthum mit dem unseren verschmelzen können."

,,Der Jude" sitze bereits ,,in tausenden deutscher Dörfer", wo er ,,seine Nachbarn wuchernd" ausverkaufe. Die Diskussion dieser Frage werde nur durch die ,,Tabuisierung jüdischer Schwäche" in der Presse gehemmt. Dieses Tabu gelte es zu brechen.

Treitschke verlangte wie Stöcker, Juden sollten ihre angebliche Überheblichkeit zurücknehmen. Sie seien ,,Deutsch redende Orientalen", die auf ihren traditionellen Unterschieden beharrten; daher müsse von ihnen Bescheidenheit, Demut, Toleranz gegenüber den Deutschen verlangt werden. Er forderte ,,unsere israelitischen Mitbürger" auf:

   ,,Sie sollen Deutsche werden, sich schlicht und recht als Deutsche fühlen – unbeschadet ihres Glaubens und ihrer alten heiligen Erinnerungen, die uns allen ehrwürdig sind; denn wir wollen nicht, daß auf die Jahrtausende germanischer Gesittung ein Zeitalter deutsch-jüdischer Mischcultur folge."

Er schloss mit dem Satz:[3]

   ,,Bis in die Kreise der höchsten Bildung hinauf, unter Männern, die jeden Gedanken kirchlicher Unduldsamkeit oder nationalen Hochmuths mit Abscheu von sich weisen würden, ertönt es heute wie aus einem Munde: die Juden sind unser Unglück!"

Treitschke wollte die Gleichberechtigung der Juden also nicht zurücknehmen. Doch er verstand diese nicht als Folge unveräußerlicher Menschenrechte, die der Nationalstaat zu schützen habe, sondern als Geschenk der preußischen Monarchie, die daher Ansprüche an die Beschenkten stellen könne. Der Führungsanspruch einer als Leitkultur aufgefassten Synthese von Deutschtum und Christentum stand für ihn außer Frage.

...

[...] Bis zum Sommer 1880 reagierten fast nur politische Gegner und jüdische Akademiker auf Treitschkes Angriffe. Die Öffentlichkeit nahm den Streit daher zunächst als Kontroverse zwischen einem angesehenen deutschen Professor und einigen betroffenen Juden wahr, die seine Angriffe abzuwehren versuchten.

Der Kommentar der ,,Allgemeinen Zeitung des Judenthums" vom 9. Dezember 1879 stellte Treitschkes Aussagen über jüdische Börsenjobber, Zeitungsmagnaten und Hosenverkäufer in eine Linie mit mittelalterlicher Pogromhetze[4]:

   ,,Es sind dies nichts anderes als die alten Beschuldigungen der Brunnenvergiftung, der Hostienentweihung, der Schuld am Schwarzen Tod [...] in neuer Gestalt... Und dazu gibt sich auch ein Herr von Treitschke her!"

Als erster Akademiker reagierte der Breslauer Rabbiner und Philosoph Manuel Joël (1826–1890) im Dezember 1879 mit einem offenen Brief, in dem er Treitschke vorwarf, die Juden zu Unrecht allein für Missstände im Land verantwortlich zu machen und damit erst recht als Sonderkörper [...] im nationalen Organismus zu isolieren. Treitschke übertreibe die angebliche Masseneinwanderung aus Polen. Jüdischer und germanischer Geist seien miteinander verträglich, da das Christentum jüdischen Ursprungs sei.

Der zum Protestantismus konvertierte Paulus Stephanus Cassel veröffentlichte ebenfalls noch im Dezember seine Schrift Wider Heinrich von Treitschke. Für die Juden. Er war zunächst der einzige Christ, der den Angriffen öffentlich entgegentrat.

Von Ludwig Bamberger erschien im Januar 1880 in der Zeitschrift Unsere Zeit. Deutsche Revue der Gegenwart der lange Aufsatz Deutschtum und Judentum, der historische und politische Unzulänglichkeiten Treitschkes ironisch aufdeckte und das Selbstverständnis deutscher Juden erklärte. Er stellte abschließend fest:[5]

   ,,Darin hat Herr von Treitschke den Juden einen Dienst geleistet, dass er viele, die unter dem Eindruck der letzten Jahrzehnte sich Illusionen hingegeben, auf das wahre Sachverhältnis wieder aufmerksam machte ... Es ist besser, die Juden kennen das Gefühl des Widerstrebens, welches unter dem Zwange der äußeren Höflichkeit sich verbirgt."

Der jüdische Historiker Heinrich Graetz (1817–1891), Autor einer bis heute berühmten Geschichte der Juden, versuchte Treitschkes Vorwürfe als unhaltbar zu widerlegen. Er wollte nicht als jüdischer Nationalist betrachtet werden, betonte aber im letzten Band seines Werks, dass die Eigenart des ,,jüdischen Volksstamms" in der Nachwirkung und Erinnerung seiner biblischen Berufung am Berg Sinai bestehe. Ohne Kenntnis dieses Ursprungs bleibe das Gemeinschaftsgefühl heutiger Juden unverständlich.[6]

Treitschke griff Graetz mit einem zweiten Aufsatz persönlich an und stellte ihn als Beispiel für jüdischen ,,Todhass" gegen bedeutende Vertreter deutscher Kultur hin.  ...

... Von den konservativen Zeitungen hatte anfangs nur die der katholischen Zentrumspartei  nahestehende ,,Germania" schon am 28. November 1879 Stellung bezogen: Sie druckte Treitschkes ersten Aufsatz teilweise ab und wies ihre Leser darauf hin, dass dieser ihre judenfeindliche Agitation seit 1873 bestätigt habe.

Wilhelm Marr und andere Antisemiten begrüßten Treitschke emphatisch als Bundesgenossen, der ihre Position mit seiner wissenschaftlichen Autorität aufwerte. Ab Januar bis April 1880 nahmen antisemitische Stimmen in der Presse wie auch unter Akademikern zu. So erschien im ,,Reichsboten" ein Artikel über Treitschkes Bedeutung für die ,,antisemitische Bewegung". Auch die von Wilhelm Marr gegründete, damals bereits aber nicht mehr von ihm redigierte ,,Deutsche Wacht" begrüßte Treitschkes Forderungen als Zustimmung zu ihrer Agitation.

Der Berliner Professor Wilhelm Endner beantwortete im Januar 1880 Bresslaus Schrift. Treitschkes Antwort darauf sei zu milde gewesen. Von den Juden, die das Land aussaugten, müsse verlangt werden, endlich körperlich zu arbeiten. Sie sollten ihre Auffassung von koscheren Lebensmitteln fallen lassen und die jüdischen Feiertage aufgeben. Christen und Juden könnten sich sonst nie annähern und zusammenleben. Eine Verschmelzung sei unmöglich, da dann auch die Deutschen – die Endner mit den Christen gleichsetzte – einen Teil ihrer Identität opfern müssten. Das Eigentümliche des Juden sei dem natürlichen Gefühl des Deutschen eben unsympathisch, unangenehm, zum Teil selbst widerlich.[10]

...


[...] veröffentlichten 75 angesehene Berliner Bürger am 14. November 1880 eine sogenannte Notabeln-Erklärung gegen den Antisemitismus in der Nationalzeitung Berlin. Darin hieß es:[15]

   ,,In unerwarteter und tief beschämender Weise wird jetzt und an verschiedenen Orten, zumal in den größten Städten des Reiches, der Rassenhass und der Fanatismus des Mittelalters wieder ins Leben gerufen und gegen unsere jüdischen Mitbürger gerichtet. [...]
   ... gebrochen wird die Vorschrift des Gesetzes wie die Vorschrift der Ehre, dass alle Deutschen in Rechten und Pflichten gleich sind. [...] Schon hört man den Ruf nach Ausnahmegesetzen und Ausschließung der Juden von diesem oder jenem Beruf oder Erwerb, von Auszeichnungen und Vertrauensstellungen. Wie lange noch wird es währen, bis der Haufe auch in diesen einstimmt?
   Noch ist es Zeit, der Verwirrung entgegenzutreten und nationale Schmach abzuwenden, noch kann die künstlich angefachte Leidenschaft der Menge gebrochen werden durch den Widerstand besonnener Männer. [...]
   Verteidigt in öffentlicher Erklärung und ruhiger Belehrung den Boden unseres gemeinsamen Lebens: Achtung jedes Bekenntnisses, gleiches Recht, gleiche Sonne im Wettkampf, gleiche Anerkennung tüchtigen Strebens für Christen und Juden."

Erstunterzeichner waren u. a. die Professoren Johann Gustav Droysen, Rudolf von Gneist, Rudolf Virchow und Theodor Mommsen. ...

...


Aus: "Berliner Antisemitismusstreit" (15. September 2010)
Quelle:  http://de.wikipedia.org/wiki/Berliner_Antisemitismusstreit (http://de.wikipedia.org/wiki/Berliner_Antisemitismusstreit)

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Der Antisemitismus ist eine mit Nationalismus, Sozialdarwinismus und Rassismus begründete Judenfeindlichkeit ...
Als Erfinder des Wortes Antisemitismus gilt der deutsche Journalist Wilhelm Marr (1879), von antisemitischen Vorurteilen sprach erstmals Moritz Steinschneider 1860 in Bezug auf die Werke von Ernest Renan. Die internationale Antisemitismusforschung widmet sich seit 1945 der Erklärung des Phänomens. Die Artikelaufteilung berücksichtigt ihre begrifflichen und epochalen Differenzierungen. ...
http://de.wikipedia.org/wiki/Antisemitismus_%28bis_1945%29 (http://de.wikipedia.org/wiki/Antisemitismus_%28bis_1945%29)


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Geschichte der Juden in Deutschland
http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Juden_in_Deutschland (http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Juden_in_Deutschland)


Title: [Die Debatte über eine Leitkultur... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 26, 2010, 01:52:41 PM
Quote[...] Berlin - Die deutsche "Leitkultur" ist in der Union derzeit wieder in Mode. Wirklich weg war sie zwar nie, seit Friedrich Merz den Begriff vor rund zehn Jahren in die breitere politische Debatte eingeführt hatte. 2007 schrieb sich die CDU das Bekenntnis zur Leitkultur auch ins Grundsatzprogramm. Doch seit die Integrationsdebatte in Deutschland an Fahrt gewonnen hat, berufen sich führende Christdemokraten wieder besonders gerne auf eine Werteordnung, an der sich hier lebende Ausländer zu orientieren hätten.

"Unsere kulturellen Werte, geprägt durch eine christlich-jüdische Tradition, der sich die CDU besonders verbunden fühlt, und historischen Erfahrungen sind die Grundlage für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und bilden unsere Leitkultur", heißt es nun in einem Antrag der CDU-Spitze für den Bundesparteitag im November. "Wir erwarten von denjenigen, die zu uns kommen, dass sie diese respektieren."

Den Antragsentwurf will der CDU-Bundesvorstand am kommenden Montag beschließen. Das Papier mit dem Titel "Verantwortung Zukunft" umfasst elf Seiten, das Kapitel zur Integrations- und Zuwanderungspolitik nimmt dabei den größten Raum ein. "Deutsches Interesse statt Multi-Kulti" ist der Abschnitt überschrieben. Die CDU habe als Regierungspartei die "rot-grüne Multi-Kulti-Politik beendet", heißt es. "Wir haben damit die Integrationspolitik an unseren Interessen ausgerichtet und Schluss gemacht mit einer Politik falsch verstandener Toleranz."

Die besondere Betonung der christlich-jüdischen Tradition findet sich im Grundsatzprogramm der CDU im Zusammenhang mit dem Leitkulturbegriff nicht. Dass sie nun im Parteitagsantrag der CDU-Spitze auftaucht, kann auch als Abgrenzung zu den Worten von Bundespräsident Christian Wulff verstanden werden.

... "Keine Toleranz" will die CDU künftig gegenüber sogenannten Integrationsverweigerern walten lassen. "Wer sich seinen Pflichten entzieht, für den sind Sanktionen mit Folgen für seinen Aufenthaltsstatus und seine Leistungsansprüche vorgesehen", schreiben die Autoren. "Wir werden deshalb künftig noch stärker dafür Sorge tragen, dass die Sanktionsmöglichkeiten konsequent angewandt werden und prüfen, ob weitere Verschärfungen notwendig sind."

Die Parteiführung geht in dem Entwurf auch auf die aktuelle Profildebatte in der Union ein - allerdings ohne dabei Defizite auf der konservativen Flanke einzuräumen. Die CDU als "Volkspartei der Mitte", bekenne sich zu ihren konservativen, liberalen und christlich-sozialen Wurzeln. "Die CDU ist nicht von jedem ein bisschen, sondern alles in einem. Keine dieser Wurzeln ist die alleinig Bestimmende", heißt es, verbunden mit der Mahnung, diese Begriffe nicht gegeneinander auszuspielen.

Indirekt warnt die Parteispitze in dem Papier auch vor dem Entstehen einer neuen politischen Gruppierung rechts der Union: "Aus unserer Integrationskraft leiten wir die Aufgabe ab, einer Zersplitterung der Parteienlandschaft entschlossen entgegenzutreten."


Aus: "Antrag zum Parteitag: CDU-Spitze beschwört die deutsche Leitkultur" Von Philipp Wittrock (20.10.2010)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,724259,00.html (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,724259,00.html)


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Quote[...] Am 17. Oktober 2010 erklärte Kanzlerin Angela Merkel, dass der multikulturelle Ansatz des Zusammenlebens gescheitert sei. Nun sollte man ihr zumindest anrechnen, dass sie die konservative Linie der Debatte über eine "Leitkultur" von vor zwei Jahren konsequent weiterführte. Diese vertrat die Ansicht, dass jeder Staat auf einem vorherrschenden Kulturraum basiert, den die Mitglieder anderer Kulturen, die dort leben, respektieren sollten.

Anstatt nun einfach das Lamento anzustimmen, dass solche Standpunkte den neuen aufkeimenden Rassismus in Europa begleiten, sollten wir unseren kritischen Blick auf uns selbst richten und uns fragen, inwieweit unser abstrakter Multikulturalismus zu diesem traurigen Stand der Dinge geführt hat.


Und da beginnen schon die Schwierigkeiten: Gründet sich nicht jede Praxis des Universalismus auf ein bestimmtes kulturelles Feld? Das macht die Frage nach einer verpflichtenden universellen Bildung zu so einem heiklen Thema. Liberale bestehen darauf, dass Kinder das Recht haben sollen, Teil ihrer jeweiligen Gemeinde zu bleiben, jedenfalls dann, wenn dies aus wirklich freiem Willen geschieht. Kinder der Amish in den USA sollten beispielsweise effektiv die freie Wahl haben, ob sie das Leben ihrer Eltern oder der "Englischen" wählen. Das aber kann nur funktionieren, wenn sie sich ausreichend kundig machen können - der einzige Weg, dies zu tun, wäre also, sie aus ihrer Amish-Gemeinde herauszureißen.

Entsprechend stößt die übliche liberale Haltung an Grenzen, wenn es um moslemische Frauen geht, die einen Schleier tragen: Sie könnten diese gerne tun, heißt es, sofern die Verschleierung ihre eigene Entscheidung sei und ihnen nicht von ihren Ehemännern und Familien aufgezwungen werde. Sobald diese Frauen den Schleier jedoch auf Grund ihres freien Willens tragen, verändert sich auch die Bedeutung des Schleiers grundlegend: Er ist dann eben nicht mehr ein Zeichen ihrer Zugehörigkeit zur Gemeinschaft der Muslime, sondern ein Ausdruck ihres idiosynkratischen Individualismus, ihrer spirituellen Sinnsuche und ihrer Ablehnung einer kommerzialisierten Sexualität, oder gar eine politische Geste des Protests gegen den Westen.

Das ist auch der Grund, warum Menschen, die sich in unseren säkularen Gesellschaften einen tiefen Glauben bewahren, in einer defensiven Rolle wiederfinden.

Selbst wenn es ihnen erlaubt ist, ihrem Glauben nachzugehen, wird dieser Glaube doch nur als ihre idiosynkratische persönliche Auffassung "toleriert". Sobald sie diesen Glauben und das, was er ihnen bedeutet, öffentlich bekunden, sobald sie eine starke religiöse Zugehörigkeit demonstrieren, werden sie des "Fundamentalismus" bezichtigt. Das aber bedeutet, dass der "freie Wille" im "toleranten" multikulturellen Sinne des Westens nur als Ergebnis eines extrem brutalen Vorgangs gefunden werden kann, in dem man mit seinen eigenen Wurzeln bricht.

Die weltlichen Gesetze des Westens unterscheiden sich nicht nur inhaltlich von religiösen Rechtssystemen, sie funktionieren auch formal ganz anders. Damit reduziert sich die schlichte Unterscheidung zwischen liberalem Universalismus und besonderen ethnischen Identitäten auf eine Unterscheidung zwischen zwei Besonderheiten. Der Universalismus einer westlichen liberalen Gesellschaft beruht nicht auf der Tatsache, dass seine Werte wie die Menschenrechte in dem Sinne universal sind, dass sie für alle Kulturen gültig sind, sondern in einem viel radikaleren Sinne: dass Individuen sich selbst als "universell" verstehen, dass sie an der universellen Dimension direkt teilhaben, ohne Rücksicht auf ihren jeweiligen sozialen Ort.

Das Problematische an Gesetzen für eine bestimmte ethnische oder religiöse Gruppe ist, dass sich nicht alle Menschen einer bestimmten Gruppe zugehörig fühlen. Außer Personen, die zu solchen Gruppen gehören, sollte es deswegen universelle Individuen geben, die ausschließlich den Gesetzen des Staates unterliegen. Außer Äpfeln, Birnen und Trauben sollte es also auch einen Raum für Obst an sich geben.

Auch wenn liberale Linke die Idee einer "Leitkultur" als heimlichen Rassismus verdammen, so wäre doch zuzugestehen, dass diese Idee zumindest eine angemessene Tatsachenbeschreibung darstellt.

Der Respekt individueller Freiheiten und Rechte, auch auf Kosten von Rechten einzelner Gruppen die volle Gleichberechtigung von Frauen, die Religionsfreiheit (inklusive des Atheismus), die Freiheit der sexuellen Orientierung, die Freiheit jeden und alles zu kritisieren, sind zentrale Bestandteile einer liberalen Leitkultur.

Das sollte auch die Antwort an all jene Moslems sein, die in westlichen Ländern gegen ihre Behandlung protestieren, während sie beispielsweise akzeptieren, dass es in Saudi-Arabien verboten ist, öffentlich nach einem anderen Glauben zu beten als dem Islam. Sie sollten akzeptieren, dass die gleiche Leitkultur, die ihnen ihre religiöse Freiheit im Westen garantiert, von ihnen den Respekt aller anderen Freiheiten abverlangt. Die Freiheit der Moslems ist Teil der Freiheit Salman Rushdies, zu schreiben, was er will. Man kann nicht nur die westlichen Freiheiten einklagen, die einem passen.

In meiner Heimat Slowenien tobt seit einigen Jahren eine Debatte darüber, ob Moslems, die meisten von ihnen Einwanderer aus Republiken des ehemaligen Jugoslawiens, in Ljubljana eine Moschee bauen dürfen. Während sich Konservative aus kulturellen, politischen und architektonischen Gründen gegen die Moschee aussprachen, blieb die Wochenzeitschrift Mladina deutlich auf ihrer Linie, für die Rechte von Menschen aus anderen ehemals jugoslawischen Republiken einzutreten, und unterstützte den Bau. Es überrascht nicht, dass Mladina auch die einzige Zeitschrift war, die die Mohammed-Karikaturen abdruckte. Auf der anderen Seite waren diejenigen, die das größte "Verständnis" für die gewalttätigen moslemischen Proteste zeigten, diejenigen, die immer wieder ihre Sorge um das christliche Europa bekundeten.

Um jedes Missverständnis zu vermeiden - das alles sollte natürlich auch für den christlichen Glauben gelten. Am 2.Mai 2007 bezichtigte die Vatikan-Zeitung L'Osservatore Romano den italienischen Komiker Andrea Rivera für seine Kritik am Papst des "Terrorismus". Als Moderator eines Rockfestivals im Fernsehen hatte River die Haltung des Papstes zur Evolution angegriffen. Außerdem hatte er die Kirche kritisiert, weil sie Piergiorgio Welby ein katholisches Begräbnis verweigerten, einem Opfer der Muskelatrophie, der für die Sterbehilfe gekämpft hatte und gestorben war, nachdem sein Arzt sein Beatmungsgerät ausgeschaltet hatte.

Der Vatikan reagierte wie folgt darauf: "Auch dies ist Terrorismus. Es ist Terrorismus, die Kirche anzugreifen. Es ist Terrorismus, blinde und irrationale Wut gegen jemanden zu richten, der immer im Namen der Liebe spricht." Diese Gleichsetzung intellektueller Kritik mit physischem Terrorismus verletzt die westeuropäische Leitkultur, die auf einer universellen Sphäre einer "öffentlichen Vernunft" besteht.

Die Meinungsfreiheit funktioniert nur, wenn alle den gleichen ungeschriebenen Höflichkeitsregeln folgen, die festlegen, welche Formen von Angriff unannehmbar sind, auch wenn sie letztlich vom Gesetz geschützt werden. Diese Höflichkeitsregeln können uns auch aufzeigen, welche Merkmale eines ethnischen oder religiösen Lebenswandels akzeptabel sind und welche nicht. Wenn sich allerdings nicht alle Beteiligten auf solche ungeschriebenen Formen einigen, wandelt sich der Multikulturalismus in gesetzlich geregelte Ignoranz und Hass.

Das ist der Grund, warum es die essenzielle Aufgabe aller ist, die heute für Emanzipation kämpfen, über den reinen Respekt für andere hinauszuwachsen und eine positive, emanzipatorische Leitkultur zu finden, in der die Koexistenz und die Vermischung verschiedener Kulturen möglich wird. Und den kommenden Kampf für eine solche Leitkultur aufzunehmen.

...

Quote26.10.2010 um 11:04 Uhr, RuppertK schreibt

Oh Wunder

Wer hätte das gedacht? Ein Beitrag zum Integrationsthema mit intellektuellem, gar analytischem Anspruch. Keine 100+xte Wiederholung des ewiggleichen Talkshow-Gebrabbels, ohne Gähnanfall und nicht in 10 Sekunden lesbar! Und das im Jahre 2010, nach Pisa und Bologna und jahrzehntelanger ungebremster Verflachung der öffentlichen Debatte. Unfaßbar.



Quote26.10.2010 um 10:23 Uhr, likewise schreibt

Multikulturalismus ist eine gelebte Alltäglichkeit

Wir vergessen lediglich stets, daß unterschiedliche Kulturen nicht notwendigerweise unterschiedliche Nationalitäten voraussetzen. Wir alle reden mit einem dreijährigen Kind anders als mit einem Hausmeister oder Zahnarzt, einem Vorgesetzten oder Untergebenen und gehen mit ihnen entsprechend um. Auch unterdiesen Berufsgruppen haben sich in gewisser Weise unterschiedliche Kulturen gebildet, vbzw. sind die Voraussetzungen der Kommunikation und des Umgangs grundverschieden.

Gleiche Höflichkeitsformen helfen sicher, übrhaupt, um Knigge neklingen zu lassen, Umgangsformen. Es ließen sich eine Reihe ähnlicher Voraussetzungen/Forderungen finden (z.B. aktive Bereitschaft zum Verständnis, nicht-diskriminiernde Einstellung, Erkennen und Beseitigen eigener Ressentiments) -- alles läßt sich aber subsummieren unter den Begriff soziale Kompetenz, vielleicht konkretisiert auf intrkulturelle Kompetenz. Diese muß gefördert werden. Auf allen Seiten. Höflichkeit dagegen ist diesbezüglich nur eine Sekundärtugend.



Aus: "Zur Integrations-Debatte Der kommende Kampf" Von Slavoj Zizek (26.10.2010)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/kultur/zur-integrations-debatte-der-kommende-kampf-1.1015975 (http://www.sueddeutsche.de/kultur/zur-integrations-debatte-der-kommende-kampf-1.1015975)

Slavoj Žižek
http://de.wikipedia.org/wiki/Slavoj_%C5%BDi%C5%BEek (http://de.wikipedia.org/wiki/Slavoj_%C5%BDi%C5%BEek)

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Quote[...] Slavoj Žižek: Die Sozialdemokratie in Europa wird geschwächt. Die Zukunft besteht in liberalem Kapitalismus und fundamentalistischer, nationalistischer, gegen Immigranten gerichteter Reaktion. Berlusconi könnte das Gesicht der Zukunft sein. Er ist eine Art Groucho Marx an der Macht. Es könnte ein neuer Autoritarismus entstehen, in dem lediglich die kleinen Freiheiten der Sexualität und des Konsums bestehen. Und die Finanzkrise ist nicht der Anfang vom Ende, sondern nach Naomi Klein eine Schocktherapie, die den Kapitalismus stützt.

[...] Oft werden Sie für einen guten Entertainer gehalten, der inhaltlich ein Scharlatan ist. Stört Sie das?

Slavoj Žižek: Ich mag es, die Leute zum Denken zu bringen, und da helfen manchmal auch Witze. Aber ich stimme Ihnen zu, vielleicht bin ich zu weit gegangen. Die Vorwürfe gegen mich werden härter. Mittlerweile bezichtigt man mich des Antisemitismus wegen dieser Hitler-Stelle. Das verschlägt mir den Atem. Das ist doch eine Position, die ich kritisiere. Trotzdem glaube ich, dass ich nicht ganz falsch liege, denn in der ägyptischen Zeitung Al-Ahram wurde mein Buch ["Auf verlorenem Posten" (Suhrkamp, 2009)] als prozionistisch kritisiert. Aber ich gebe Ihnen recht. Ich hab es satt, und deswegen kehre ich jetzt zurück zur reinen Theorie. Ich schreibe gerade an einem dicken, fetten Buch über Hegel und habe schon 700 Seiten.

Auf der letzten Kommunismus-Konferenz wollten Sie die "Internationale" singen. Was singen Sie dieses Mal?

Slavoj Žižek: Das war völliger Blödsinn. Rammstein passt viel besser. Die sind absolut fortschrittlich.

Wie kommen Sie denn jetzt darauf?

Slavoj Žižek: So wie Charlie Chaplin in "Der große Diktator" Hitler zwischen Gebrabbel nur "Apfelstrudel" und "Wiener Schnitzel" sagen lässt, so sabotiert Rammstein auf obszöne Weise die faschistische Utopie. Ich kenne nur zwei Stücke von Rammstein. Als Theoretiker hat man das Recht, über Dinge zu schreiben, die man nicht kennt. Ich glaube an die absolute Theorie.

...


Aus: "Slavoj Zizek - Wir wollen ein neues Produkt"  (7. Oktober 2010 )
Quelle: http://kosova-aktuell.de/index.php?option=com_content&task=view&id=1581&Itemid=1 (http://kosova-aktuell.de/index.php?option=com_content&task=view&id=1581&Itemid=1)


Title: [Es sei denn, man schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 26, 2010, 02:27:25 PM
Quote[...] Wie also sähe eine kluge feministische Position aus? Sie sollte sich beschränken und klar machen, dass die hiesige Debatte um ein Burkaverbot nichts mit der arabischen Welt zu tun hat, sondern mit einer Selbstverständigung Europas über den Umgang mit dem religiösen wie politischen Islam. Es geht hier Symbolpolitik, ausgetragen am Körper von Frauen. Letztlich bleibt die europäische Debatte eine abstrakte Selbstbespiegelung, denn eigentlich können wir nicht wirklich über die Bedeutung der Verschleierung sprechen, solange wir nicht in den entsprechenden Regionen oder Milieus selbst gelebt haben.

[...] Ohne die Gewalt, die in der Vollverschleierung steckt, zu verleugnen, gilt doch, dass ein Verbot der Verschleierung muslimische Frauen hier eher beschneidet als befreit. Um Frauen zu unterstützen, hilft eher der "Ausbau von institutionellen Maßnahmen, welche Frauen dabei helfen, ihre individuellen Rechte besser einzufordern", argumentieren Katrin Rieder und Elisabeth Joris in der NZZ.

Es bleibt, dass es eine eindeutige Position nicht geben kann. Es sei denn, man schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe. In Paris sind neulich "Niquabitches" - obenrum voll verschleiert, unten fast ohne - an verschiedenen Ministerien vorbeiflaniert, um zu testen, ob sie wohl verhaftet werden (zu sehen auf Youtube). Die Frauen, die in ihrer oberen Körperhälfte zum Ärgernis des laizistischen Staates werden und in der unteren zum Affront gegen den orthodoxen Islam, bringen es auf den Punkt: Wer es schafft, entgegen gesetzte Regime gleichzeitig zu verprellen, ist - feministisch gesehen - auf der richtigen Seite. (Andrea Roedig/dieStandard.at, 20.10.2010)

Andrea Roedig ist promovierte Philosophin; von 2001 bis 2006 leitete sie das Kulturressort der deutschen Wochenzeitung "Freitag". Seit 2007 lebt und arbeitet sie in Wien.


Aus: "Gastkommentar: Schleier der Wahrheit" (19. Oktober 2010)
Quelle: http://diestandard.at/1287099456822/Gastkommentar-Schleier-der-Wahrheit (http://diestandard.at/1287099456822/Gastkommentar-Schleier-der-Wahrheit)

Title: [Die Debatte, so wie sie geführt wird, beschädigt und verletzt uns... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 03, 2010, 09:20:02 AM
Quote[...] Heute findet der Integrationsgipfel im Bundeskanzleramt statt. Es ist bereits der vierte. Anstatt aber die Integration voranzubringen, hat sich die von rechten und xenophoben Gruppen geschürte Stimmung gegen die Ausländer gewandt. Statt von Integration zu sprechen, stehen Sanktionen oder Abschiebungen auf der Agenda der erregten und zugleich verängstigten Menschen. Obgleich allen klar ist, dass die Zahl der Integrationsunwilligen marginal ist und die Vorstellung einer deutschen Festung, die sich vor Ausländern einschließt, gerade die Zukunft des Landes verspielt, steht das Thema ganz oben und verdrängt weitaus wichtigere.

Nun machen endlich mal einige Wirtschaftsverbände von Migranten ihrer Verbitterung Luft, schließlich kokettieren viele Politiker mit den ausländerfeindlichen Parolen, um ihr Mäntelchen in den vermeintlich günstigen Wind zu hängen. Sie schreiben in einem Appell an die Regierung:

"Deutschland verdumme durch Einwanderer, brauche keine zusätzliche Zuwanderung aus anderen Kulturkreisen, heißt es von einigen deutschen Politikern mit einem Seitenblick auf den Stammtisch. Wir, die Integrierten, haben die Debatte, die in unserem Land stattfindet, satt. Und zwar gründlich!" In 600.000 Betrieben in Deutschland würden 2,5 Millionen Menschen beschäftigt sein, 2010 hätten ausländische Existentgründer 150.000 neue Jobs geschaffen.

Gefordert wird, dass die deutsche Politik sich zu den Eingewanderten als Teil der deutschen Identität bekennt. Die Steuergelder, die von diesen stammen, müssten stärker für die bessere Integration verwendet werden. Endlich sollten die ausländischen Berufs- und Bildungsqualifizierungen anerkannt werden.

"In Deutschland leben fast 16 Millionen Zuwanderer und Menschen mit Migrationshintergrund. Die Debatte, so wie sie geführt wird, beschädigt und verletzt uns. Sie beschädigt auch die Motivation unserer Kinder, sich in Deutschland zu integrieren. Wir fordern deshalb von der deutschen Politik, dass sie sich endlich zu uns bekennt. Wir erwarten, dass uns die deutsche Politik vor der Hetze von Populisten in Schutz nimmt! Wir wollen mit dem, was wir leisten, anerkannt werden."

Deutschland war allerdings auch schon vor der Sarrazin-Debatte nicht sonderlich attraktiv, wie zwei Wissenschaftler der Hochschule Pforzheim anhand einer Umfrage im letzten Jahr bei 2000 Studenten an europäischen Hochschulen. Der deutsche Arbeitsmarkt ist, so das Ergebnis der von Markus-Oliver Schwaab und Wolfgang Schäfer durchgeführten Studie, nicht besonders attraktiv für Akademiker. Prinzipiell will schon ein Viertel der Befragten nicht in Deutschland arbeiten.

Allgemein haben die englischsprachigen Länder einen Vorteil wegen der Sprache und weil sie meist eine lange Geschichte der Integration sind. Das Drängen auf das Erlernen von Deutsch ist bei den Hochqualifizierten wohl eher kontraproduktiv. Wenn Studenten schon einmal in Deutschland waren, verbessert das nicht ihre Lust, hierher zu kommen, sondern verringert die Bereitschaft. Die Deutschen gelten nicht als sonderlich aktiv im Hinblick auf Integration und offenbar auch nicht als besonders gastfreundlich, was der Ton in den letzten Wochen wohl noch einmal verstärkt hat: "Die Deutschen (konnten) bei den Integrationsaktivitäten, dem menschlichen Umfeld oder auch bei der Offenheit gegenüber anderer Kulturen nicht wirklich überzeugen.

Im Frühjahr führten die Wissenschaftler noch eine Umfrage unter türkischen Studenten durch, wo Deutschland noch einmal schlechter wegkam. "Für die Repräsentanten der größten nichtdeutschen Gruppe in der Bundesrepublik sind Offenheit gegenüber anderen Kulturen, Integrationsaktivitäten und das menschliche Umfeld besonders wichtige Faktoren bei der Bewertung der Attraktivität eines künftigen Gastlandes. Deutschland überzeugte diese Akademiker in dieser Hinsicht nicht. Hatten die türkischen Studierenden bereits Erfahrung in Deutschland gesammelt, war das Urteil noch skeptischer." Von einem Run auf den deutschen Arbeitsmarkt, so das Fazit, könne keine Rede sein.



Aus: "Integrierte Ausländer fordern von der Politik endlich Anerkennung" Florian Rötzer (03.11.2010)
Quelle: http://www.heise.de/tp/blogs/8/148666 (http://www.heise.de/tp/blogs/8/148666)

Title: [Worum es eigentlich gehen müsste... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 05, 2010, 07:38:53 AM
Quote[...] BERLIN taz/afp | Die Jugendorganisationen von SPD und Grünen haben einen gemeinsamen Aufruf für eine andere Integrationspolitik gestartet. In dem Papier "Chancengleichheit, Teilhabe, Anerkennung, Antidiskriminierung - worum es in der Integrationsdebatte eigentlich gehen müsste" kritisieren die Verfasser Sascha Vogt (SPD) und Gesine Agena (Grüne) den "weit verbreiteten Rassismus auch in der sogenannten Mitte und bei den Eliten der Gesellschaft".

...


Aus: "Jungpolitiker fordern Ausländerwahlrecht" VON GORDON REPINSKI (04.11.2010)
Quelle: http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/jungpolitiker-fordern-auslaenderwahlrecht/ (http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/jungpolitiker-fordern-auslaenderwahlrecht/)

Title: [Tabu & Doppelte Standards... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 08, 2010, 10:51:41 AM
Quote[...] Ein Tabu beruht auf einem stillschweigend praktizierten gesellschaftlichen Regelwerk, auf einer kulturell überformten Übereinkunft, die Verhalten auf elementare Weise gebietet oder verbietet. Tabus sind unhinterfragt, strikt, bedingungslos, sie sind universell und ubiquitär, sie sind mithin Bestandteil einer funktionierenden menschlichen Gesellschaft. Dabei bleiben Tabus als Verhaltensregeln unausgesprochen oder werden allenfalls durch indirekte Thematisierung (z. B. Ironie) oder beredtes Schweigen angedeutet: Insofern ist das mit Tabu Belegte jeglicher rationalen Begründung und Kritik entzogen. Gerade auf Grund ihres stillschweigenden Charakters unterscheiden sich Tabus von den ausdrücklichen Verboten mit formalen Strafen aus dem Bereich kodifizierter Gesetze. Nahezu alle Lebewesen, Gegenstände oder Situationen, die ins menschliche Blickfeld rücken, können tabuisiert werden: Demzufolge können sich Tabus beziehen auf Wörter, Dinge, Handlungen, Konfliktpunkte, auf Pflanzen und Tiere, einzelne Menschen oder soziale Gruppen. ...


http://de.wikipedia.org/wiki/Tabu (http://de.wikipedia.org/wiki/Tabu) (30. Oktober 2010)

-.-

Quote[...] Was Einwanderer besonders stört, sind doppelte Standards. Etablierte Kirche für das Christentum, aber nicht für den Islam. Das gilt auch für Tabus. Hier Kriminalisierung der Holocaustleugnung, aber freies Feld für Mohammedkarikaturen. ... Wir müssen uns entscheiden. Entweder gehen wir den Weg einer Multiplizierung der Tabus. Dann bleibt herzlich wenig übrig, worüber wir noch sprechen können. Oder wir gehen den konsequent liberalen Weg, das heißt, auch eigene Tabus abzubauen. Ich bin sehr für den zweiten Weg. ... Ich halte die Meinungsfreiheit für ein Schlüsselthema in dieser Debatte. ... Das Prinzip der individuellen Freiheit besagt: Ich bin frei zu denken, was ich will, zu sagen, was ich will, und zu tragen, was ich will. Solange es die Freiheit von anderen nicht beeinträchtigt. Das ist eine persönliche Wahl. Schauen Sie sich doch den Band des Fotografen Henri Cartier-Bresson über die Europäer an, mit Bildern aus den 1930er bis 1970er Jahren. Jede zweite Frau trägt ein Kopftuch, vor allem auf den katholischen Land. Jetzt sagen wir auf einmal: Es gehört zum Wesen einer freien Gesellschaft, dass man kein Kopftuch trägt? Was für ein Unsinn!

... Goethe sagt irgendwo: Tolerieren heißt beleidigen. Weil es etwas anderes als volle Anerkennung ist. Aber ich bin sehr für Toleranz. Und ich bin sehr für die offene, aber zivilisierte Austragung von Konflikten.

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Aus: "Timothy Garton Ash über Religionen: "Fort mit den Tabus"" (07.11.2010)
Quelle: http://www.taz.de/1/debatte/theorie/artikel/1/fort-mit-den-tabus/ (http://www.taz.de/1/debatte/theorie/artikel/1/fort-mit-den-tabus/)

http://de.wikipedia.org/wiki/Timothy_Garton_Ash (http://de.wikipedia.org/wiki/Timothy_Garton_Ash)


Title: [Argumentationslinien von Ressentimentbewegungen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 11, 2010, 12:36:49 PM
Quote[...] Ich möchte hier vor allem offenlegen, welchen Argumentationslinien Ressentimentbewegungen folgen und weshalb sie sich einer offenen und vor allem ergebnisoffenen Diskussion nicht stellen, und weshalb sie sich ihr auch nicht stellen können.



1.

Das erste und grundlegende Element einer jeden Ressentimentbewegung ist die Konstruktion einer Bedrohung für die Mehrheit durch eine kleine Gruppe, deren Einfluß auf die Gesellschaft, die öffentliche Meinung und die Gesetzgebung viel stärker sei, als es dieser Minderheit aufgrund ihrer Zahl eigentlich zustünde. Das können, um nur die häufigsten zu nennen, wahlweise die Juden, die katholische Kirche, die Homosexuellen, der Islam, die Ausländer, die Linken oder die Feministinnen sein. Auffällig, weil allen Ressentimentbewegungen gemein, ist in allererster Linie, daß sie die Rechte der Mehrheit gegen die vermeintliche Bedrohung durch eine Minderheit verteidigen wollen. Wie kann man auf eine solch absurde Idee kommen, und wieso wird ein derartig offenkundiger Blödsinn nicht sofort von jedem vernünftigen Menschen als solcher erkannt?

Ein naheliegendes und schlüssiges Argument sieht in der Wirksamkeit der Ressentimentbewegungen ein Symptom für eine tief verwurzelte und häufig unbewußte Verunsicherung, wie sie für moderne Gesellschaften und/oder Gesellschaften im Umbruch typisch ist. Diese Unsicherheit und die Angst vor Statusverlust führen in der Regel zu einer Sehnsucht nach – häufig vormodernen – überschaubaren Strukturen, wobei mittlerweile schon die Jahre vor der gesellschaftlichen Öffnung unter der Chiffre ,,1968" zu diesem Bild der überschaubaren vormodernen Idylle zählen.

Daß eine Rückkehr in die Vergangenheit nicht möglich ist, das ist allerdings auch den meisten Vertretern der Ressentimentbewegungen klar. Also führen sie – was in der Regel unbewußt geschieht – einen Stellvertreterkrieg, und nun wird auch klar, warum sie sich stets gegen Minderheiten richten. Es sind die vermeintlichen Profiteure einer gesellschaftlichen Entwicklung, die die Mehrheit verunsichern. Wer davon profitiert, so der kurze Schluß, der muß sie begrüßen, wahrscheinlich vorantreiben, und vielleicht sogar ursächlich für sie verantwortlich sein.

Zudem ist schlichter und simpler Neid eine Ursache für Ressentimentbewegungen: Denn wie kann jemand, der einer Minderheit angehört, die es am besten gar nicht geben sollte, die zumindest aber nicht stören oder auffallen darf und froh sein sollte, geduldet zu sein von der schweigenden Mehrheit, wie kann so jemand von einer Entwicklung profitieren, wenn die Mehrheit nicht von ihr profitiert? So sieht die Angst des Kleinbürgers aus. Daß eine lesbische jüdische schwarze Deutsche in der modernen Gesellschaft die gleiche Unsicherheit erfährt und in der gleichen Verunsicherung in Hinsicht auf Zukunft, Arbeit, Rentensicherheit usw. lebt wie eine jede andere deutsche Mittelstandsfamilie, wird bei dieser Sichtweise völlig ausgeblendet.

Zum einen werden also Gruppen verdächtigt, die in der Vormoderne überhaupt noch nicht in nennenswerter Zahl in der Gesellschaft existierten, wie etwa die eingewanderten Migranten. Zum anderen sind es gerne die Juden allein schon aus schlechter alter Tradition, und Katholiken werden stets immer nur da verdächtigt, wo sie in der Diaspora existieren und als von Rom regiert und daher als potentiell illoyal gegenüber dem Staat, in dem sie leben, gelten.

Linke, oder wie es in den USA heißt, Liberale, sind verdächtig, weil sie diese Sehnsucht nach einer überschaubaren Vormoderne nicht teilen und statt dessen eine weitere Öffnung der Gesellschaft begrüßen und fordern. Damit, mit der Ablehnung der Bunkermentalität, machen sie sich verdächtig. Denn wer in diesen unsicheren Zeiten nicht verunsichert ist, mit dem kann ja irgendetwas nicht stimmen, so das Bauchgefühl derer, deren ganze Verunsicherung auch nur so ein diffuses Bauchgefühl ist, die sich aber nicht aktiv und erkennend mit ihm auseinandersetzen wollen oder können.

Und was ist mit nun dem Antifeminismus, könnte man fragen? Denn Frauen sind keine gesellschaftliche Minderheit, und schon gar nicht sind sie in den letzten Jahren massenhaft nach Deutschland eingewandert. Aber die Rolle der Frau hat sich seit den letzten vierzig Jahren stark gewandelt, und das viel stärker als in den tausend Jahren zuvor, und ihre Rechte – das Wahlrecht, das Recht, einen Mann ihrer Wahl zu heiraten oder auch nur mit ihm zusammenzuleben, das Recht, sich scheiden zu lassen, und so weiter – werden auch noch immer weiter ausgeweitet. So ist beispielsweise die Vergewaltigung in der Ehe seit 1998 strafbar, und so lange der Anteil an weiblichen Führungskräften in der Politik, vor allem aber in der Wirtschaft, noch unter 50 % liegt und das durchschnittliche Gehalt für Frauen unter dem für Männer, wird es noch viele Veränderungen geben.

Das veränderte und sich auch weiterhin verändernde Frauenbild steigert ganz massiv die Verunsicherung von Männern, da es nicht nur Auswirkungen auf die Gesellschaft hat, sondern ganz konkret in das Leben eines jeden (heterosexuellen) Mannes hineinwirkt. Man kann sich zuhause, in seiner Wohnung und im Privatleben den gesellschaftlichen Einflüssen weitgehend entziehen und den modernen Entwicklungen und Zumutungen durchaus verweigern, das zeigen unter anderem Eichenfurnierschrankwand und Hirschgeweih in vielen deutschen Wohnzimmern ebenso wie der Gartenzwerg vor der Haustür, aber man kann sich kaum einem veränderten Rollenverständnis entziehen, will man in einer (,,normalen" heterosexuellen) Partnerschaft leben.

Das veränderte Rollenmodell und die erweiterten Handlungsmöglichkeiten für Frauen haben zudem zur Folge, daß auch männliche Rollen neu gedacht werden müssen, da sie sich ebenfalls nur als Geschlechterrolle, und damit in direktem Bezug zur Rolle der Frauen, definieren und konstruieren lassen.

Doch der Antifeminismus richtet sich, wie der Name schon sagt, nicht gegen Frauen allgemein, und schon gar nicht gegen alle Frauen, sondern gegen den Feminismus, der als existentielle Bedrohung für Männer, für die Familien und die ganze Gesellschaft dargestellt wird.

PS: Nach einer klugen Anmerkung von I.D.A. Liszt: Selbstverständlich ist dieser Versuch, Frauen in "Feministinnen", die eine angebliche Bedrohung darstellen, und in "gute, tatsächliche, unverdorbene und feminin gebliebene" Frauen zu unterscheiden, nichts anderes als eine Methode, die Frauenrechtsbewegung, die nichts anderes als das Menschenrecht auf eine freie Persönlichkeitsentfaltung auch und speziell für alle Frauen einfordert, gegen alle Frauen, und damit gegen alle Menschen, gerichtet.  Jede Behinderung einer Emanzipationsbewegung ist letztlich eine Menschenrechtsverletzung.

Doch der Kampf der Ressentimentbewegungen muß immer gegen vermeintlich Schwächere, gegen Minderheiten, geführt werden und er versteht sich gut darauf, eine vermeintliche Mehrheit zu konstruieren und in diesem Falle eine vermeintliche Mehrheit der "normalen" Frauen in ihr zu subsummieren und in sich zu intergrieren, d.h. dafür zu vereinnahmen, ohne sie nach ihrer Zustimmung gefragt zu haben.



2.

Im zweiten Schritt behaupten nun die Vertreter der Ressentimentbewegungen, heißen sie nun Thilo Sarrazin oder Sarah Palin, Holger Apfel, Pater Tadeusz Rydzyk oder wie auch immer, diesen zu großen und für die Mehrheit vermeintlich gefährlichen Einfluß einer gefährlichen Minderheit trotz deren Verschleierungstaktik erkannt zu haben und ihn, im Namen der ,,schweigenden Mehrheit", der ,,Wahrheit" oder der ,,Gerechtigkeit", aufzudecken, zu entlarven und zurückzudrängen. Das heißt, zum einen stilisieren sie sich nun als Verteidiger dieser ,,schweigenden" bedrohten Mehrheit gegen die als bedrohlich und gefährlich dargestellte Minderheit, die auf dem besten Wege sei, die Macht völlig an sich zu reißen und damit der Mehrheit ihren letzten Rest an Status, der ihr aufgrund ihrer Zahl zukomme, zu entreißen.

Zum anderen unterstellen sie ihren Gegnern eine perfide Doppelstrategie: Der Einfluß dieser kleinen Gruppe wird von ihnen erstens als sehr weitgehend und überproportional dargestellt. Die ganze Gesellschaft, der ,,Mainstream", wie es immer wieder heißt, sei von ihnen bereits völlig durchsetzt und sie stünden quasi kurz davor, die Macht völlig an sich zu reißen. Aber diese geschickten Gegner hätten es zweitens auch geschafft, daß kaum jemand diesen Einfluß überhaupt wahrnehme. Durch ,,eine Art Gehirnwäsche" der ,,gleichgeschaltete Mainstrem-Medien", wie es immer wieder heißt, ist jeder, der ihren Argumenten nicht folgen will, im besten Falle ein naiver Gutgläubiger, der keine Augen im Kopf hat, meist aber ein dogmatischer Dummkopf, der nur nachplappere, was er in der Zeitung läse oder ein nützlicher Idiot der Gegenseite, dem Dogmatismus des Mainstreams verfallen.

Daher ist ein Gespräch mit Vertretern von Ressentimentbewegungen auch nicht möglich. Entkräftet man ein einzelnes Argument mit Zahlen und Fakten, dann wird das entweder als ,,Ausnahme, die die Regel bestätigt" zugelassen und das nächste auf den Tisch gepackt, oder aber die Argumentationsweise als eine Folge der ,,Gehirnwäsche" betrachtet.

Dieser verschwörungstheoretische Aspekt bei Ressentimentbewegungen ist nicht zu unterschätzen, denn ohne ihn würde die ganze Argumentation nicht funktionieren und zusammenbrechen. Denn wenn diese kleine, aber äußerst bedrohliche Minderheit nicht schon beinahe alle Zeitungen, Fernsehkanäle und Köpfe beherrschen würde wie unterstellt, dann gäbe es ja auch keine Gehirnwäsche durch die Mainstream-Medien. Und dann könnte auch derjenige, der ihre Argumente ablehnt, auch kein Dogmatiker sein, der sie in eine verschwörungstheoretische Schublade stecke.



3.

Ein einzelnes Argument oder Beispiel zu widerlegen funktioniert nicht, wie eben gezeigt. Aber das kann auch nicht das Ziel einer Auseinandersetzung sein. Ob nun ein Beispiel stimmt oder nicht, ist vor allem deswegen nicht von Belang, weil alle Vertreter von Ressentimentbewegungen eine Unzahl von Beispielen parat haben, die man im Gespräch im Einzelnen gar nicht widerlegen kann, weil man sie oft nicht kennt. Aber auch das ist nicht weiter von Bedeutung, denn oft genug sind die Beispiele – wie Sarrazins Buch zeigt – zurechtgebogen, verfälscht oder auch erfunden. Denn sie sollen auch gar nicht eine Realität abbilden und zu einer Debatte beitragen, wie das in einer offenen Diskussion der Fall wäre. Sie haben allein die Funktion, die These, daß ,,die uns bedrohen", zu untermauern.

Nur hier kann man ansetzen, ansonsten verstrickt man sich in endlose Debatten darüber, wie viele Kopftuchträgerinnen in Berlin leben, wie viele Kinder im letzten Jahr von Homosexuellen mißbraucht wurden, und wie vielen Vätern pro Woche das Sorgerecht entzogen wird. Das ist mühselig und führt nur zu Verstimmung auf beiden Seiten.

...


[...] In seiner tieferen Bedeutung handelt es sich bei Ressentimentbewegungen um einen Kampf gegen eine innere Verunsicherung, gegen eine weitere Gefährdung des ohnehin geschwächten Selbstbildes. Zugeben, daß er verunsichert ist, wird ein Vertreter einer Ressentimentbewegung nicht. Im Gegenteil, dieses Argument wird er als gemeingefährliche ,,Psychologisierung", als ,,Pathologisierung" seines heroischen Kampfes um Gerechtigkeit betrachten. Mit solchen Argumenten kann man sich einen Feind fürs Leben schaffen. Was aber die Richtigkeit einer solchen Diagnose nur bestätigt. Doch der Vertreter einer Ressentimentbewegung wird in einem solchen Argument, das darauf zielt, daß es eigentlich egal ist, gegen welche Minderheit er gerade zu Felde zieht, und daß dieser Stellvertreterkrieg einzig dem Ziel dient, seine bröckelnde Identität vor einem weiteren Verfall zu bewahren, als eine Ablenkung vom eigentlichen Thema – obwohl es sein Grundthema ist – und einen unzulässigen hinterhältigen persönlichen Angriff verstehen.

Doch der Kampf gegen die eigene Verunsicherung kann nur erfolgreich sein, wenn man sich ihr stellt, sie zuläßt und sich immer wieder die Frage stellt, wie mit dieser Verunsicherung umzugehen ist. Doch das bedroht Selbstbilder, die auf überkommenen Weltbildern ruhen, und das ahnen die Anhänger von Ressentimentbewegungen – unbewußt – meist ganz genau.

Statt dessen bekämpfen sie einen imaginierten und personifizierten Feind, in der Hoffnung, den befürchteten Statusverlust wenigstens zu verzögern, wenn sie ihn schon nicht ganz aufhalten können. Denn noch wähnen sie sich ja einig mit einer schweigenden Mehrheit. Das wird deutlich darin, daß die Ressentimentbewegungen auch stets die Rechte der Mehrheit zu verteidigen vorgeben, und dadurch, daß sie auf eine Verunsicherung in der Mitte der Gesellschaft, verbunden mit dem Unwillen oder der Unfähigkeit, analytisch zu denken, zählen kann, wird sie mit immer wieder mit dem schönen Satz: ,,Das muß man doch noch mal sagen dürfen!" aufwarten und immer wieder hohe Zustimmung erfahren.

Gegenargumente oder Proteste gegen ihre manichäische Weltsicht und ihre Einteilung in Mitstreiter und Feinde dienen ihnen dann dazu, ihre These der gleichgeschalteten Mainstreamedien zu wiederholen, die nicht richtiger wird, wenn man sie wiederholt.

Sarrazins rassistischer Auswurf steht seit Monaten auf Platz 1 der Bestsellerliste, aber er beklagt sich darüber, daß ihn seine Gegner mundtot machen wollten. Woran man sofort einen lupenreinen Vertreter einer Ressentimentbewegung erkennen kann, denn er darf in einer offenen Gesellschaft selbstverständlich jeden Unfug zwischen zwei Buchdeckel schreiben, der ihm einfällt. Niemand hindert ihn daran.

Das wird man doch noch mal sagen dürfen...


Quote
Ernst schrieb am 11.11.2010 um 07:58

... Ressentiments haben ihre ursprüngliche Heimat nach nicht im Intellekt, sondern im Gefühl; von dort aus erobern sie klammheimlich den Intellekt. Sie lähmen ihn und sie mißbrauchen ihn. Wie ein Virus befallen sie den Verstand und machen sich auch die Sinne zu Untertanen.

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Aus: ""Das wird man doch noch mal sagen dürfen!"" DanielW (10.11.2010)
Quelle: http://www.freitag.de/community/blogs/danielw/das-wird-man-doch-noch-mal-sagen-duerfen (http://www.freitag.de/community/blogs/danielw/das-wird-man-doch-noch-mal-sagen-duerfen)


Title: [Man kann in seiner warmen Stube hocken... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 23, 2010, 02:55:56 PM
Quote[...] Güvercin: Sind Begriffe wie Multikulturalismus oder Integration längst überholte Begriffe, wie der Migrationsforscher Mark Terkessidis in seinem Buch "Interkultur" ausführt? Sie beispielsweise wurden zu Anfang Ihrer Schriftstellerlaufbahn der "Migrantenliteratur" zugeordnet.

Zaimoğlu: Es ist mir eine große Freude zu sehen, dass die Technokraten, die das Leben ideologisch verkrümmen, und die Populisten und Hysteriker der Wirklichkeit hinterher hecheln. Man kann es natürlich tun. Man kann in seiner warmen Stube hocken und auf eine bestimmte Klientel schielen, und dann anfangen zu fluchen. Man kann Menschen, die sich zunächst einmal nicht wehren können, denunzieren. Das ist eine Frage des Niveaus und sei jedem freigestellt. ... Man darf einen Fehler nicht begehen: Man darf nicht versuchen, mit den Begriffen aus dem Soziologie-Seminar und den Redaktionsstuben Phänomene der sogenannten Unterschicht begreifen zu wollen. Das ist ein großer Fehler, und ich sehe seit 20 Jahren, dass dieser Fehler bewusst oder unbewusst begangen wird, um zu bestimmten Schlüssen zu kommen. Was sind das für Schlüsse? Die Türken können nichts! Wenn man von Ausländern spricht, dann meint man eigentlich die Türken. In den vergangenen Jahren wurde das Fremde mit dem Begriff "Moslem" kodiert. Also man meint den Türken oder Moslem, wenn man Ausländer sagt. Dann sagt man, diese Leute sind nicht angekommen, diese Leute können nichts, sie seien dumm und wollten sich abschotten. In jeder Szene und Schicht der deutschen Gesellschaft, in jeder Klasse gibt es Menschen, die sich abschotten. Wenn man von Abschottungspolitik spricht, dann sollte man sich nicht an die fremdstämmigen Deutschen halten, sondern eher an die Großbürger, also an die Spitzen der Gesellschaft. Da lernt man, was Abschottungspolitik ist. Auf die einfachen Menschen, das einfache Volk einzudreschen, hat eine lange Tradition. Ich bin nicht willens darauf einzugehen. Tatsächlich sollte man auch nicht mehr versuchen, mit den alten Dickköpfen zu sprechen. Das langweilt mich, und das langweilt vor allem die Menschen da draußen. Es ist so oft gesagt worden: Es ist ein soziales Problem und kein kulturelles. Wenn man, statt auf die eigentlichen ökonomischen und sozialen Probleme Deutschlands hinzuweisen, die Diskussion kulturalisiert, dann ist das lumpig. Deutschland ist viel weiter.

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Aus: ""Ich bestehe darauf!"" (23. November 2010)
Quelle: http://www.migazin.de/2010/11/23/ich-bestehe-darauf/ (http://www.migazin.de/2010/11/23/ich-bestehe-darauf/)

Title: [Am Tatort hinterließen die Täter eine Nachricht... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 08, 2011, 12:49:59 PM
Quote[...] Die Polizei gab Details zu dem Anschlag bekannt: Unbekannte versuchten demnach, die Eingangstür der Moschee anzuzünden. Ein Passant entdeckte gegen 1.45 Uhr das Feuer, alarmierte die Polizei und begann mit dem Löschen des Brandes. Polizisten gelang es, die Flammen mit Autofeuerlöschern zu ersticken. Am Tatort hinterließen die Täter eine Nachricht, wie es weiter heißt. Nähere Einzelheiten zu dieser Nachricht gibt es bisher offenbar nicht.

Die Ahmadiyya-Gemeinschaft ist eine besondere islamische Strömung, die pazifistisch ausgerichtet ist. Die Wilmersdorfer Moschee ist das älteste islamische Gebetshaus in Deutschland. Es wurde 1928 eröffnet.

Schon im vergangenen Jahr hatte eine Serie von Brandanschlägen auf islamische Einrichtungen in Berlin Empörung ausgelöst. Allein die Sehitlik-Moschee am Columbiadamm - Berlins größtes islamisches Gotteshaus - wurde vier Mal angegriffen. Wer hinter den Anschlägen steckt, wissen die Behörden noch nicht.

(sueddeutsche.de/dapd/dpa)

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Aus: "Brandanschlag auf Berliner Moschee" (08.01.2011)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/politik/politik-kompakt-brandanschlag-auf-berliner-moschee-1.1043861 (http://www.sueddeutsche.de/politik/politik-kompakt-brandanschlag-auf-berliner-moschee-1.1043861)

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Berliner Polizei fasst mutmaßlichen Feuerteufel (22.01.2011)
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,741034,00.html (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,741034,00.html)

Title: [...ein großer Trugschluss]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 10, 2011, 05:11:05 PM
Quote[...] Pünktlich zum Ende des Jahres erscheint Gazelle in einer ,,unisex" Sonderausgabe mit dem Thema ,,Muslime in Deutschland". Der Titel des Heftes im handlichen Pocketformat lautet ,,Der ewige Muslim". Kaum eine Gruppe in diesem Land steht derzeit so stark im Fokus der Diskussion. Ob in der Politik, im Kulturbetrieb oder Wissenschaft: alle haben eine wichtige Meinung über Muslime zu äußern. Profund muss sie dabei nicht immer sein. Denn schon der Gedanke, dass es DIE Muslime gibt und dass es sich um eine homogene Gruppe handelt, ist ein großer Trugschluss. Auch die verbreitete Meinung, dass ihre Zugehörigkeit zum Islam ein Integrationshindernis darstellt, entlarvt eine große Wissenslücke.

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Aus: "Aktuelle Ausgabe - Eine Gazelle Sonderausgabe" (2011)
Quelle: http://www.gazelle-magazin.de/newsdetails/article/1/1293539084.html

Title: [Im Kulturkampf rund um den dritten Korb... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 25, 2011, 09:18:08 AM
Quote[...] Ansgar Heveling, CDU-Berichterstatter für das Urheberrecht und Mitglied der Enquete-Kommission Digitale Gesellschaft des Bundestags, hat den auf der Musikmesse Midem in Cannes versammelten Vertretern der deutschen Musikindustrie Unterstützung im "Kulturkampf" rund um den dritten Korb der Urheberrechtsnovelle zugesagt. Der Politiker sagte zur Eröffnung des deutschen Midem-Gemeinschaftsstands, er habe zuweilen den Eindruck, die "Ideologen der Freiheit arbeiten kräftig daran, unsere Kultur und Wertschöpfungsketten zu zerstören". Eine Gesellschaft, die das geistige Eigentum nicht schütze, sei keine freie Gesellschaft, so Heveling unter Verweis auf den ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog.

...

(Monika Ermert) / (anw)

Quote24. Januar 2011 14:09
Jetzt bedrohen Raubmordkopierer schon die Freiheit der Gesellschaft ?
Volker Putt (mehr als 1000 Beiträge seit 26.04.07)

Warum tut denn der Staat nix, um uns zu beschützen ?
Unter Honecker hätts sowas nicht gegeben.


Quote24. Januar 2011 14:13
Meldung in kurz
exil (mehr als 1000 Beiträge seit 31.12.02)

Hallo $INDUSTRIE,

sende $GELD an $POLITIK und Du wirst geholfen.

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Quote24. Januar 2011 14:17
CDU-ideologisches Gefasel
mopsfidel, heise2010@verbloggt.de (mehr als 1000 Beiträge seit 01.06.07)

> Heveling habe zuweilen den Eindruck, die "Ideologen der Freiheit arbeiten
> kräftig daran, unsere Kultur und Wertschöpfungsketten zu zerstören".

Die Kultur wird kaum durch illegales Filesharing bedroht. Oder ist
uns Mozart, Bach, etc. gerade deshalb heute noch bekannt, weil für
deren Werke kein Entgeld bezahlt wurde?
Die Bedrohung der Wertschöpfungskette ist die eigentliche
Kernbotschaft. Aber die verpackt Herr Heveling geschickt mit der
Bedrohung der Kultur. Clever. So könnte man den Eindruck gewinnen,
Kultur gibt es nur mit Wertschöpfungskette. Das wiederum ist purer
Unsinn.

> Eine Gesellschaft, die das geistige Eigentum nicht schütze,
> sei keine freie Gesellschaft, sagte Heveling.

Puh! An dem Satz hat ein Referent bestimmt eine halbe Nacht
gearbeitet. ...


Quote24. Januar 2011 14:32
Was kostet so ein Statement?
FrogmasterL (mehr als 1000 Beiträge seit 02.11.05)

Bzw. was kostet ein Politiker, der so einen Schwachsinn mit dem
Brustton der Überzeugung von sich gibt?

...




Aus: "Midem: CDU-Politiker stärkt Musikindustrie den Rücken" (24.01.2011)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/Midem-CDU-Politiker-staerkt-Musikindustrie-den-Ruecken-1175793.html (http://www.heise.de/newsticker/meldung/Midem-CDU-Politiker-staerkt-Musikindustrie-den-Ruecken-1175793.html)

Title: [Schizophrene Wahrnehmungsstrukturen zum politischen Machterhalt... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 05, 2011, 09:40:38 AM
Quote[...] Der Islam gehöre nicht zu Deutschland, hatte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) kurz nach der Übergabe seiner Ernennungsurkunde durch Bundespräsident Christian Wulff gesagt. Kabinettskollegin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) reagiert nun: Der Islam gehöre "selbstverständlich zu Deutschland".

... Friedrichs Äußerungen seien ein eher schlechter Start ins Amt, sagte der FDP-Innenexperte Hartfrid Wolff. "Ich bin schon etwas überrascht, dass sich der neue Innenminister gleich mit einer Aussage zu Wort meldet, die ausgrenzt statt zu integrieren." Wolff forderte Friedrich auf, "schnell" von seiner geäußerten Position abzurücken und "im modernen Deutschland 2011" anzukommen.

Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt hatte Friedrich gesagt, die in der Bundesrepublik lebenden Menschen islamischen Glaubens gehörten zu Deutschland. "Aber dass der Islam zu Deutschland gehört, ist eine Tatsache, die sich auch aus der Historie nirgends belegen lässt."

Damit hatte er Bundespräsident Christian Wulff widersprochen. Wulff hatte am Tag der Deutschen Einheit vergangenen Oktober gesagt, "der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland".

Regierungssprecher Steffen Seibert sagte hingegen, er sehe keinen Gegensatz zwischen der Position von Wulff und der Friedrichs. Friedrich habe nicht in Abrede gestellt, dass der Islam Teil der Gegenwart sei. Der Kontrast zu Wulff werde überbewertet. Die Geschichte und Kultur des Landes sei aber tatsächlich vom Christentum, vom Judentum und von der Aufklärung geprägt. "Da kann man also von einer historischen Prägung Deutschlands durch den Islam nicht reden", sagte Seibert. Der Regierungssprecher mahnte, sich von "Definitionskämpfen" zu lösen und sich auf die Aufgabe zu konzentrieren, Menschen verschiedener Herkunft in diesem Land zu integrieren.

...

Quote* Alarcos
    * 04.03.2011 um 16:33 Uhr

geballter unsinn realitätsfern und von grund auf idiotisch. drastische fehlbesetzung.


Quote* michaelrenner
    * 04.03.2011 um 17:07 Uhr

Bayern gehört nicht zu Deutschland

Der Freistaat gibt sich viel Mühe nicht als Teil Deutschlands zu erscheinen. In nahezu allen Medien (ja selbst im Wetterbericht) wird zwischen Bayern und Deutschland streng getrennt (O-Ton B3: die Wolkenfront zieht über Franken nach Deutschland weiter .....). Viele Bayern sprechen kein Deutsch, zum Glück verstehen alle Bayern wenigsens Deutsch! In keinem anderen deutschen Bundesland dürfte es derart viele religiöse Eiferer geben wie in Bayern. Die bayrische Variante der Integrationsverweigerung wird seit 1871 konsequent von jeder Regierung in München mit Billigung der Bevölkerung betrieben. Aber vielleicht hat der CSU-Mann von seiner (rechts-) Aussenposition ja einen besonders guten Blick nach Deutschland und kann wagt deshalb zu beurteilen wer zu uns gehört und wer nicht.


Quote* ASasse
    * 04.03.2011 um 17:02 Uhr

Kopftuchträgerinnen, Bibel, Fundamentalisten?

In unserem Dorf gibt es auch jede Menge Kopftuchträgerinnen. Ich bin davon überzeugt, dass die zu unserem Dorf gehören. Das Kopftuch ist komisch, aber diese Diakonissen sind eigentlich ganz nett. Leben in unserem Dorf fast wie so eine Hippiekommune, nichts von bürgerlicher Familie und so...

Die Bibel wurde nicht in Deutschland geschrieben, sondern irgendwo anders. Allerdings scheint es an Weihnachten so zu sein, dass einige in christliche Kirchen gehen. Wenn deshalb das Christentum zu Deutschland gehören soll, dann habe ich nicht verstanden weshalb eine andere Religion zu deren Events auch Leute scharenweise hingehen nicht zu Deutschland gehören soll. Vielleicht verwechselt Herr Friedrich seine C-Partei mit Deutschland? Fundamentalisten...


Quote* drxt
    * 04.03.2011 um 16:25 Uhr

... Dass der Islam zu Deutschland gehört, ist ein unbestreitbarer Fakt - "In Deutschland leben rund vier Millionen Muslime, knapp die Hälfte besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit." Daher bedeutet "Der Islam gehört nicht zu Deutschland." eigentlich "Ich will nicht, dass der Islam zu Deutschland gehört." Darum geht es im Kern und nicht um die scheinheilige "Leitkulturdebatten"...


Quote* Wir
    * 04.03.2011 um 16:49 Uhr

Epidemie des Kulturkreis-Historismus

,,Ohne die Islamische Philosophie hätte es weder Scholastik noch Aufklärung geben können", Frieder Otto Wolf (Philosoph).
Auch Lutz Berger (Islamwissenschaftler) spricht von einem entscheidenden islam-wissenschaftlichen Einfluss auf die europäische Aufklärung.

Über die geschichtliche Rolle des Koran, dem Offenbarungsbuch der Muslime, schreibt Prof. Dr. Paul Schwarzenau einführend in seinem erhellenden Buch: Korankunde für Christen – Ein Zugang zum heiligen Buch der Moslems – (2001): ,,Der Koran ist zugleich das letzte antike und das erste moderne Buch. Im Zusammenhang damit ist an den mächtigen Geschichtsimpuls zu denken, den der auf dem Koran fußende Islam dem Abendland für die Bildung eines modernen Bewusstsein gegeben hat".
,,...Doch sind wir Europäer blind für die kulturelle Schuld, in der wir beim Islam stehen", schreibt einer der weltweit renommiertesten Islamwissenschaftler W. Montgomery Watt in seinem Meisterwerk: Der Einfluss des Islam auf das europäische Mittelalter, Berlin 1989, S. 13, 14.

Hans Küngs "Islam" sowie Karl-Josef Kuschels "Vom Streit zum Wettstreit der Religionen - Lessing und die Herausforderung des Islam" sind in diesem Zusammenhang auch sehr lesenswert.
Nicht zu vergessen ist Sigrid Hunkes "Allah´s Sonne über dem Abendland"!

...


Quote* Ida Tschichoflos
    * 04.03.2011 um 17:09 Uhr

Schizophrenie als Modewelle

Die liebe CDU/CSU kultiviert offenbar eine eifrige Vorliebe fürs Sich-Blamieren. Das verbale Aktionsprogramm der entsprechenden Regierungsmitglieder verwandelt sich dabei nachhaltig in potentielles Dissertationsmaterial zum Thema "Über den lebensnotwendigen Einsatz schizophrener Wahrnehmungsstrukturen zum politischen Machterhalt".
Erst spaltet Frau Merkel ihren Ex-Verteidigungsminister liebenswürdigerweise auf in eine losgelöste wissenschaftliche(sic!) Teilpersönlichkeit versus die heldisch-begabte Minister-Hauptpersönlichkeit, dann tritt Herr Friedrich baldmöglichst in ihre Fußstapfen, um zwischen zu Deutschland gehörenden Menschen islamischen Glaubens versus nicht zu Deutschland gehörendem islamischem Glauben strikt zu trennen.
Möglicherweise finden die Damen und Herren der CDU/CSU-Regierung ja mittlerweile keine Zeit mehr, um auch nur ansatzweise über die naheliegenden gedanklichen Konsequenzen ihrer eigenen postdoktoralen Aussagen nachzudenken. ...



Aus: "Friedrichs Islam-Äußerungen sorgen für Ärger in der Koalition" (4.3.2011)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/deutschland/2011-03/friedrich-islam-kritik (http://www.zeit.de/politik/deutschland/2011-03/friedrich-islam-kritik)

Title: [Diskussion über mögliche geistige Brandstifter... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 26, 2011, 05:27:57 PM
Anders Behring Breivik (IPA: ['andəʂ 'beːriŋ 'bræɪviːk]; * 13. Februar 1979 in Oslo[1], nach anderen Quellen in London[2]) ist der Täter der Anschläge in Norwegen 2011, bei denen 77 Menschen ums Leben kamen, überwiegend Teilnehmer am Zeltlager einer sozialdemokratischen Jugendorganisation. Er wurde am 22. Juli 2011 festgenommen und gestand am nächsten Tag die Taten umfassend.[3] Als Motiv für die Anschläge gab der zum Tatzeitpunkt 32-jährige Mann an, Norwegen gegen den Islam und den ,,Kulturmarxismus" verteidigen zu wollen. Er habe die regierenden Sozialdemokraten ,,so hart wie möglich" treffen wollen, da sie zum ,,Massenimport von Moslems" nach Norwegen stark beigetragen hätten.[4][5] .... (6. Oktober 2011)

http://de.wikipedia.org/wiki/Anders_Behring_Breivik (http://de.wikipedia.org/wiki/Anders_Behring_Breivik)


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Quote[...] Die mehr als 1.500 Seiten seines Manifestes offenbaren einen guten Einblick in die Weltanschauung des norwegischen Attentäters Anders Behring Breivik. Der Autor verortet sich selbst als Teil einer "Paneuropäischen Patriotischen Widerstandsbewegung". Er bedient sich dabei christlich-fundamentalistischer, rechtspopulistischer und extrem rechter Denkfiguren und Argumentationsmuster.

Neben der biografischen Inszenierung und den organisatorischen und militärischen Anleitungen zum Krieg ziehen sich besonders zwei Perspektiven durch das Manifest. Zum einen: ein apokalyptische Szenarien ausmalender antimuslimischer Rassismus, der sich ausgiebig am Rechtspopulismus bedient.

Zum anderen beschwört Breivik einen "Kulturmarxismus", den er für die Zerstörung traditioneller Familienmodelle und die Einwanderung nach Europa in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verantwortlich macht. Die Dämonisierung der Vertreter der Kritischen Theorie als Zerstörer traditioneller Werte reicht bei ihm so weit, dass er selbst die europäischen christdemokratischen Parteien als deren Apologeten ansieht und zu Feinden im bereits begonnen Krieg erklärt.

Breivik distanziert sich von Hitler und vom Antisemitismus. Seine Warnung an mögliche Sympathisanten vor der Verwendung biologistisch-rassistischer Argumentationsmuster ist auch taktisch motiviert, um eine Stigmatisierung als "Rassist" oder "Nazi" zu vermeiden. In Einklang mit gängigen rechtspopulistischen Denkfiguren bezeichnet er Kultur und Religion als überzeitlich gegebene gesellschaftliche Ordnungsmuster.

Ebenfalls gemäß der rechtspopulistischen Ideologie warnt Breivik vor der Zerstörung angestammter Gemeinschaften durch eine multikulturell globalisierte Gesellschaft. Er beschwört dabei das Szenario einer Fremdherrschaft durch einen als homogen und expansiv gedeuteten Islam. Dieser werde durch einen inneren Feind hofiert, nämlich eben: durch den linken Internationalismus und den Multikulturalismus.

Breivik sieht seine Attentate als Bestandteile eines jahrhundertealten Kampfes, bei dem sich das christliche Europa gegen die islamische Bedrohung und seine Helfer zu wehren habe.

Die historischen Anleihen von Breiviks terroristischem Kulturkampf werden auf dem Deckblatt des Traktats deutlich. Der Bezug auf Symbolik und Ideengut der Tempelritter transportiert nicht nur die Idee eines permanenten Kreuzzugs, sondern auch die Vision von der Aufstellung einer neuen elitären Miliz. Diese dient in seinen Plänen als Vorkämpferin einer elitären und explizit patriarchalen Form der Gemeinschaft, die nicht zuletzt durch eugenische Maßnahmen bevölkerungspolitisch kontrolliert wird.

Dieser Miliz weist Breivik im Rahmen eines auf Jahrzehnte prognostizierten Kampfes eine entscheidende Rolle zu. Durch rücksichtslose und spektakuläre Taten müsse, ganz im Sinne der faschistischen "Tatgemeinschaft", Aufmerksamkeit geschaffen werden: "Um die kulturmarxistische/multikulturelle Medienzensur erfolgreich zu durchbrechen, müssen wir erheblich brutalere und atemberaubende Operationen durchführen, die Opfer fordern werden. Damit der Angriff an Einfluss gewinnt, müssen Attentate und der Gebrauch von Massenvernichtungswaffen hinzugezogen werden", heißt es in Breiviks Traktat.

Breivik selbst sieht sich als Anhänger einer "Wiener Denkschule" – eine direkte Referenz auf den antimuslimischen Blog Gates of Vienna. Auch die Jahreszahl 2083 auf dem Titelblatt seines Manifests beschwört die Wiederkehr der Entscheidungsschlacht gegen den Islam. Entsprechend weist sein Text signifikante Schnittmengen zu Verschwörungstraktaten wie dem Minority Report oder dem Eurasia-Code des skandinavischen Bloggers Fjordman auf, die seit Längerem in der Blogger-Szene zirkulieren.

Breivik bezeichnet seine Weltsicht als "Kreuzzugsnationalismus" und als "Hybrid verschiedener rechter Ansätze", für den er auf die Unterstützung von etwa 35 Prozent der Europäer hofft.

Kaum etwas an Breiviks Botschaften ist neu; die weltanschauliche Rahmung für dieses Traktat stammt zu großen Teilen aus dem virtuell feilgebotenen Selbstbedienungsladen der rechtspopulistischen Bloggerszene und deren parteipolitischen Akteuren sowie von neonazistischen Internetseiten.

Bei Breivik verdichten sich auf ebenso extreme wie profane Weise unterschiedlich gelagerte Feindbilder und Verschwörungstheorien zu einem apokalyptischen und terroristischen Kulturkampf-Szenario.


Aus: "Breiviks profane Apokalypsen" Alexander Häusler | Fabian Virchow (26.7.2011)
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2011-07/norwegen-manifest-breivik (http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2011-07/norwegen-manifest-breivik)

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Quote[...] Rechtspopulisten in Europa verurteilen die Attentate von Oslo und Utøya als die eines psychopathischen Einzeltäters. Auch der Niederländer Geert Wilders sagt, weder seine Freiheitspartei noch er selbst seien ,,verantwortlich für einen einsamen Idioten". ...

QuoteNatürlich...
René Fitzmann

Unheimlich scheinheilig das Ganze. Wenn ich die Kommentare und die Artikel auf einschlägigen Seiten lese, dann kommt es mir so vor als könnte man die Zeit um 80 Jahre zurückdrehen, Muslime mit Juden ersetzen und es hätte den gleichen Sinn. Das ist rassistischer Extremismus in seiner reinsten Form und hat nichts mit einer sachlichen Islamkritik zu tun. Floskeln werden ständig wiederholt, beleidigende und hetzende Bezeichnungen kreiert und man lässt jeglichen Konstruktivismus vermissen.



Aus: ",,Schlag ins Gesicht der Anti-Islam-Bewegung"" (26. Juli 2011)
Quelle: http://www.faz.net/artikel/C32742/reaktionen-rechtspopulistischer-parteien-schlag-ins-gesicht-der-anti-islam-bewegung-30473716.html (http://www.faz.net/artikel/C32742/reaktionen-rechtspopulistischer-parteien-schlag-ins-gesicht-der-anti-islam-bewegung-30473716.html)

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Quote[...] Das Massaker von Norwegen ruft Trauer und Bestürzung hervor, auch Tage später noch, begleitet von tiefer Ratlosigkeit. Wie konnte so etwas passieren? ...

... rechte Spinner [bringen] in Internetforen Verständnis für den Mörder auf. Sie gestehen ihm Notwehr zu gegen einen Mainstream, der Überfremdung und Islamisierung Tür und Tor öffne.

... Woher solche Täter kommen, welche Motive und Umfelder sie haben, ist Kern jeder professionellen Analyse.

... es eint [...] die extremistischen Ideologien, vom Kommunismus über den Faschismus bis zum Islamismus, dass sie besondere Umstände geltend machen, in denen auf dem Weg zur vermeintlichen Weltrettung Mord legitim wird. "Schrecklich, aber notwendig" sei der Anschlag, schrieb der mutmaßliche Täter in Norwegen. "Schrecklich, aber notwendig" waren auch die Gulags und ist jeder Anschlag von Bagdad bis Bali.

... Ebenso gefährlich wie die Relativierung ist der Reflex, dem jeweiligen politischen Gegner eine Mitschuld zu geben. Die Bluttat ist ein verführerisches Vehikel für die These, es gäbe eine direkte Linie vom Populisten Geert Wilders über das schwache Buch des Thilo Sarrazin bis nach Oslo - es gäbe gar eine mehrheitsfähige gesellschaftliche Stimmung in Europa, die diesen Massenmord begünstigte. Zugespitzt: Das rechtspopulistische Milieu, dem der irrsinnige Täter angehört, sei mindestens so gefährlich und einflussreich wie das islamistische - und wir sollten unsere Antennen entsprechend justieren. Diese These ist absurd. Denn es gibt keinen Vertreter irgendeiner Regierung in der westlichen Welt, der diese Tat eines Wahnsinnigen offen oder heimlich beklatscht oder relativiert. Aber es gibt Dutzende Beispiele in islamischen Staaten, vom Iran bis Malaysia, in denen Terror und Mord bejubelt und verharmlost wurde und wird.

Das Massaker von Norwegen eignet sich nicht für Rechthaberei und ideologische Triumphe. Es ergibt keinen Sinn.

...

QuoteBermerkenswerte These- leider aber falsch
26.07.2011, 13.15 Uhr, peterschmitz

Jemand, der wie Sarrazin, Wilders oder Broder Hass und Diskiminierung das Wort redet und solchen Gewalttätern den theoretischen Hintergrund liefert, soll also frei von jeder Schuld sein?

Komische Vorstellungen haben sie.


QuoteStimmt
26.07.2011, 12.43 Uhr, Bliesheimer

Der islamische Atttentäter hat offizielle Befürworter und auf der rechten Seite sind die Täter Spinner ohne Rückhalt. Sie bleiben ihrem Weltbild treu. Es gut zu wissen, dass kein Rechtspopulist heimlich Beifall klatscht. Tobias Kaufmann kennt sich aus.



Aus: "Keine Linie zu Wilders und Sarrazin" Tobias Kaufmann (26.07.2011)
Quelle: http://www.ksta.de/html/artikel/1311518161944.shtml (http://www.ksta.de/html/artikel/1311518161944.shtml)

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Quote[...] 26. Juli 2011 2011-07-26 14:43:00 Den bevorstehenden Wahlkampf haben Norwegens Parteien nach den blutigen Attentaten am vergangenen Freitag verschoben. Die Entscheidung dazu fiel ihnen nicht schwer – welches Plakat, welche Kampagne wäre nach der Bombenexplosion in Oslo und dem Massaker auf der Insel Utøya auch angemessen?

Besonders nötig hat diesen Aufschub die rechtspopulistische Fortschrittspartei: Ihr hatte der Attentäter Anders Behring Breivik einige Jahre lang angehört, sie hat seit Ende der achtziger Jahre mit der Warnung vor einer Überfremdung Norwegens stetig Wähler hinzugewonnen. Doch am Dienstag hat ein streitbarer Professor die Schonfrist gebrochen. In einem Interview mit dem öffentlich-rechtlichen Radiosender NRK sagte Per Fugelli, der an der Osloer Universität den Lehrstuhl für Sozialmedizin innehat und in Norwegen ein häufiger Gast von Talkshows ist, die Fortschrittspartei trage ,,eine Mitverantwortung" für die grausamen Geschehnisse.

Siv Jensen, die Vorsitzende der Partei, kritisierte den Vorwurf umgehend als einen Verstoß gegen die politischen Sitten. Sie hatte schon am Wochenende alle Fortschrittsparteiler symbolisch zu Mitgliedern der Jungsozialisten erklärt, deren Sommerlager der Massenmörder heimgesucht hatte. Doch im sozialen Netzwerk Facebook schicken sich Gegner der Partei schon seit dem Wochenende Links zu den Texten, die nach ihrer Ansicht den wahren Geist der mit 41 Sitzen und knapp 23 Prozent der Stimmen zweitstärksten politischen Kraft im Storting ausmachen.

Sie müssen dazu in den Archiven nur ein knappes Jahr zurückblättern. Damals veröffentlichte Christian Tybring-Gjedde, der die Fortschrittspartei seit sechs Jahren im norwegischen Parlament vertritt, in der Zeitung ,,Aftenposten" einen geharnischten Gastbeitrag: Eine ungebremste Zuwanderung werde ,,Norwegen in Stücke reißen", heißt es darin; einige Stadtteile im Osten Oslos seien schon jetzt ,,Enklaven ohne ethnische Norweger". Weil sie diese Entwicklung befördere, sei die sozialdemokratische Arbeiterpartei ,,ein Dolch im Rücken der norwegischen Kultur".  ... Später verteidigte sich Tybring-Gjedde damit, seine Überzeugung entspreche der Mehrheitsmeinung, die auf Partys geäußert werde, aber nie in der öffentlichen Debatte.

,,Auf die Fortschrittspartei wartet eine deftige Rechnung", prophezeit nun der Politologe Magnus Marsdal, der mehrere kritische Bücher über den Aufstieg der Partei geschrieben hat. Die Partei vertrete seit einem Vierteljahrhundert die Theorie, dass eine von der Arbeiterpartei repräsentierte Elite die breite Bevölkerung verrate. Spätestens seit den Anschlägen vom 11. September 2001 sei eine Tendenz zur Stigmatisierung des Islam hinzugetreten. Im Wahlkampf vor den Parlamentswahlen 2009 hatte etwa Siv Jensen selbst, die im Gegensatz zu Tybring-Gjedde nicht dem rechten Flügel ihrer Partei zuzurechnen ist, vor einer schleichenden ,,Islamisierung" Norwegens gewarnt.

,,Verschwörungstheorie und Islamophobie, das ist das Grundgerüst im Weltbild des Terroristen", sagte Politologe Marsdal am Dienstag dieser Zeitung. ,,Man darf Handlung und Haltung zwar nicht gleichsetzen. Aber nicht jede Haltung ist unschuldig."


Aus: "Rechtspopulisten in Norwegen: Haltung, Handlung, Rechnung" Von Sebastian Balzter, Oslo (26. Juli 2011)
Quelle: http://www.faz.net/artikel/C32742/rechtspopulisten-in-norwegen-haltung-handlung-rechnung-30473439.html (http://www.faz.net/artikel/C32742/rechtspopulisten-in-norwegen-haltung-handlung-rechnung-30473439.html)

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Quote[...] Moskau/Wien/Rom/Prag (dpa) - Der brutale Doppelanschlag von Oslo hat in vielen Ländern eine Diskussion über mögliche geistige Brandstifter ausgelöst. Die Menschen fragen sich, auf welchem Nährboden Hass entstehen kann, wie er sich in Anders Behring Breiviks Bluttat entladen hat. Andere sehen in ihm einen Psychopathen, der auch losgelöst vom politischen Umfeld gemordet hätte.

In RUSSLAND greifen Medien die Sicht des Attentäters auf, dass Europa von einer «islamistischen Eroberung» bedroht werde. Die Boulevardzeitung «Komsomolskaja Prawda» zieht Parallelen zu Adolf Hitler, dessen Rassenideologie in Russland heute viele Anhänger habe. «Breivik hat die geheimsten Wünsche einiger seiner russischen Gefolgsleute erfüllt», kommentiert die Zeitung.

Auch in ÖSTERREICH debattiert man über etwaige geistige Grundlagen des Massakers. Dabei gerät die FPÖ ins Visier, die mit Hetze gegen den Islam für Schlagzeilen sorgt. Denn eines ihrer Wahlkampfcomics zeigt Türken während der Belagerung Wiens mit aufgespießten Kinderköpfen, und eine Kommunalpolitikerin bezeichnet den Propheten Mohammed als «Kinderschänder». Breivik spricht in seinem «Manifest» unter anderm von «Brüdern und Schwestern» in dem Alpenland und nimmt Bezug auf die Belagerung Wiens durch die Türken 1683.

Auch andere Journalisten, Experten und Wissenschaftler werfen den Rechten verbale «Brandstiftung» vor: «Wenn man lange genug hetzt, dann findet man Leute, die zur Tat schreiten», sagt der Politikwissenschaftler Thomas Schmidinger der österreichischen Nachrichtenagentur APA. Die FPÖ reagiert entrüstet: Es sei unfassbar, dass man nun versuche, so ein grausames Verbrechen politisch zu missbrauchen, erregt sich FPÖ-Parteichef Heinz-Christian Strache.

In ITALIEN herrscht in der Presse eher die Idee vor, dass Breivik ein verrückter Einzeltäter sei. So meint etwa die linksliberale römische «La Repubblica»: «Es wäre absurd zu behaupten, dass der Mörder mit einer Bombe und dem Schnellfeuergewehr Ideen herausragender europäischer Politiker ausgedrückt hat.» Jedoch gebe es in Europa extremistische Ideen wie die von Breivik.

Bei der extremistischen Lega Nord stößt Breiviks Gedankengut nicht auf vollständige Ablehnung: Der für polemische Sprüche bekannte Europaparlamentarier Mario Borghezio erklärte im Radio: «100 Prozent der Ideen Breiviks sind richtig, manche sind sogar ausgezeichnet» - nicht ohne vorher das Massaker zu verurteilen.

In den NIEDERLANDEN kreist die Diskussion um die Partei für die Freiheit (PVV). Deren Vorsitzender und Islamkritiker Geert Wilders hat die Terroranschläge in Norwegen verurteilt und den Täter als «Wahnsinnigen» bezeichnet. Zugleich wies er am Dienstag jedwede potenzielle Mitschuld durch seine islamkritischen Reden zurück. Breivik hatte in seinem «Manifest» diese Reden zitiert. «Es erfüllt mich mit Abscheu, dass der Täter in seinem Manifest auf die PVV und mich verweist», erklärte Wilders.

In POLEN schreibt die «Gazeta Wyborcza»: «Das (Attentat) sollte vor allem eine Warnung an rechtsextreme Parteien und Organisationen sein, aus deren Ideologie Breivik mit vollen Händen geschöpft hat - Englische Liga der Verteidigung, niederländische Partei der Freiheit von Geert Wilders, Schwedische Demokraten oder die Partei der echten Finnen».

Die polnische Linke rief die Regierung in Warschau auf, den Kampf gegen rechtsextreme Gruppierungen im Internet zu verstärken. Internetseiten von «Redwatch Polska» oder «Blood and Honour» seien weiterhin zugänglich, obwohl sie längst geschlossen werden sollten.

In FRANKREICH rückt die Front National ins Zentrum der Debatte. Die Partei habe mit ihrer ausländerfeindlichen Politik dazu beigetragen, den Nährboden für den Terror von Oslo zu schaffen, kritisierte die Anti-Rassismus-Initiative Mrap. Eine Gruppe führender Sozialisten schrieb, das Attentat von Norwegen zeige, wohin die «Hassreden» der Rechtsextremen führten. Das linksgerichtete Nachrichtenmagazin «Nouvelle Observateur» sieht in dem Attentäter von Oslo gar die «Verkörperung eines neuen Gespenstes, das in Europa umgeht». Die Front National selbst wehrte sich hingegen vehement gegen alle Vorwürfe, mit ihrer Politik Terroristen Vorschub zu leisten.

Der Außenminister von TSCHECHIEN, Karel Schwarzenberg, hat die Terrorakte als Taten eines psychologisch gestörten Einzeltäters verurteilt. Er sehe aber die Verbreitung verschiedener extremistischer Gruppierungen in der ganzen Welt mit Sorge, sagte er dem Nachrichtenportal «aktualne.cz». Diese Aggressivität trete überall dort auf, wo es zu einer deutlichen Einwanderung aus einem anderen kulturellen Umfeld gekommen sei.

Die Wirtschaftszeitung «Hospodarske Noviny» sieht das anders: «Alles, was wir über Breivik erfahren, beweist, dass er morden würde, auch wenn es in ganz Europa keinen einzigen muslimischen Einwanderer gäbe.»


Aus: "Europa debattiert über geistige Brandstifter" (26. Juli 2011)
Quelle: http://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/infoline_nt/thema_nt/article13508668/Europa-debattiert-ueber-geistige-Brandstifter.html (http://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/infoline_nt/thema_nt/article13508668/Europa-debattiert-ueber-geistige-Brandstifter.html)

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Quote[...] Die Tat des Norwegers ist dermaßen ungeheuerlich, so abseitig und unbegreiflich, dass man versucht ist, irgendeine Erklärung für sie zu finden, um nicht selber irre zu werden.

... Ja, hätte man Hitler damals an der Kunstakademie angenommen, wäre er nicht in die Politik gegangen, wäre der Zweite Weltkrieg ausgefallen, würde Wroclaw noch immer Breslau heißen.

Und hätte der blonde und blauäugige Norweger nicht Broder und Sarrazin gelesen, sondern Patrick Bahners und Roger Willemsen, wäre er nicht zum Massenmörder geworden.

Ich weiß, ich vereinfache, ich versuche nur, mit der Gegenseite Schritt zu halten, die mit einer Schamlosigkeit sondergleichen versucht, sich einen moralischen Vorsprung zu verschaffen, indem sie die Verantwortung für einen Massenmord ,,Islamkritikern" von Ates bis Sarrazin, von Broder bis Wilders in die Schuhe zu schieben versucht. Umgekehrt wird ein Schuh daraus.

Breivik ist ein Monster in Menschengestalt, dumm ist er nicht. Er hat seine Tat sorgfältig vorbereitet. Dazu gehört auch jenes ,,Manifest", in dem außer mir auch andere bekannte ,,Islamkritiker" wie Richard Rorty, Immanuel Kant und Franz Kafka erwähnt werden.

Breivik wusste, dass er seine Tat ,,rational" begründen muss. Und das hat er nicht bei mir und Thilo Sarrazin gelernt, sondern bei Mohammed Atta und Osama Bin Laden, bei den Attentätern von Madrid, London, Mumbai, Bali; bei Carlos, dem Schakal, und den ,,Märtyrern", die ein Video aufnehmen, bevor sie ins Paradies aufbrechen.

Und wann immer ein Terroranschlag passiert war oder im Ansatz vereitelt wurde, von den Semiprofis der Hamburger Zelle bis zu den Amateuren der Sauerland-Gruppe, eilten sofort Experten an den Tatort, das heißt in die nächste Ausgabe der ,,Tagesschau", um die Mutter aller Fragen in den Raum zu stellen: Wie verzweifelt müssen Menschen sein, die so etwas tun?

...  Nach dem Mord an Theo van Gogh mochte sich kein Kommentator den Hinweis verkneifen, der holländische Filmemacher habe viele Muslime ,,beleidigt"; wie später der dänische Zeichner Kurt Westergaard, der seinen Beinahe-Mörder mit einer Mohammed-Karikatur herausgefordert hatte.

Breivik hat das alles mitbekommen. Gut möglich, dass er sich gedacht hat: ,,Was die können, das kann ich auch." Und hätte er sich als Ziel nicht ein Ferienlager der Sozialistischen Jugend ausgesucht, sondern eine amerikanische Einrichtung oder eine israelische Sportlergruppe, wären die Differenzierer und Versteher wieder unterwegs: Schrecklich, diese Tat, aber...

Auf Wikipedia findet man eine Liste der ,,suicide bombings" im Irak im Jahre 2010. Es sind Dutzende von Anschlägen mit Hunderten von Toten. Ich kann mich an keinen einzigen Bericht erinnern, in dem die Frage gestellt worden wäre, was die Terroristen gelesen hatten, welche Art von Lektüre sie zu ihren Taten animiert hatte.


QuoteFDGO
vor 21 Stunden

Es ist doch gar nicht so schwer: Wer Broder für die Verbrechen in Norwegen verantwortlich macht, der muss auch den Grünen die Schuld an der RAF geben und Muslime für islamistischen Terror zur Verantwortung ziehen.
Gerade diese simplifizierten Denkstrukturen sind es, die unsere Gesellschaft zerstören.
Was ist eigentlich mit den Biobauern? Der Attentäter war Biobauer! Muss man jetzt den Staatsschutz auf die Biohöfe schicken? Wie ist das mit Patchwork- Familien. Der Attentäter wuchs in solchen Verhältnissen auf. Müssen wir nun Patchwork- Kinder unter Beobachtung stellen?


QuotePontius Pilatus

vor 21 Stunden
Auch ich wusch meine Hände in Unschuld!


QuoteMike
vor 21 Stunden

Er hat doch vollkommen Recht. Wieviele Menschen mussten eigentlich aufgrund des kommunisitischen Manifestes sterben ? Millionen und Abermillionen. Stalin, Mao , Pol Pot und Jim Kong Il sind nur einige Namen .....

QuoteGast 1 Kommentar eingeklappt Einklappen Ausklappen
vor 21 Stunden Antwort auf Mike
Sie haben natürlich recht. Dadurch, dass irgendwo anders auch Menschen umgebracht wurden, ist das ganze jetzt nicht mehr so schlimm...

Wie kann man nur so argumentieren? ...



QuoteBurschwoi
vor 21 Stunden

Ja Potzblitz Herr Broder, Sie differenzieren ja. Was Ihnen am eigenen Beispiel gelingt, das könnten Sie nun ja auch mal spaßeshalber an den anderen, den Moslems, erproben.



Aus: "Das Manifest des Anders Behring Breivik und ich" Henryk M. Broder (25.07.2011)
Quelle: http://www.welt.de/debatte/kommentare/article13506649/Das-Manifest-des-Anders-Behring-Breivik-und-ich.html (http://www.welt.de/debatte/kommentare/article13506649/Das-Manifest-des-Anders-Behring-Breivik-und-ich.html)

-.-

Quote[...] Der norwegische Bombenbastler und Mörder Anders Behring Breivik bezeichnet sich in seinem 1.500 Seiten starken Internet-Manifest als ,,Kulturkonservativer", als christlicher Kämpfer (,,Tempelritter") gegen Marxismus und Multikulturalismus. Freilich wäre es ein unzulänglicher Kurzschluss, Breivik wegen seiner Nähe zur ,,Islamkritik" oder zum christlichen Fundamentalismus umstandslos als Produkt dieser beiden Ideologiefabriken zu bezeichnen. Die Geschichte anderer Terroristen und Terrorgruppen zeigt, dass es keine linearen Verbindungen gibt zwischen Gewissen, Ideologie und Tat. Mit anderen Worten, ,,islamkritisches" Talk-Show-Gerede von Broder-Kelek-Sarrazin und Konsorten ist so wenig eine Keimzelle von Terrorismus, wie die ,,klammheimliche Freude" über Terrorakte an linken Stammtischen die Wiege bildete für neue ,,Generationen" von Terroristen. ...

... Breivik wählte als Codewort den Namen des Kreuzfahrers Sigurd. Sein Manifest trägt den Titel 2083. Europäische Unabhängigkeitserklärung. Er spielt damit auf das Jahr 1683 an, als die Türken vor Wien standen. Das ganze Manifest Breiviks zeugt weniger von geistiger Verwirrung, Wahnsinn oder Irrsinn als von intellektueller Verhetzung. Breiviks Vorbild ist Theodore Kaczynski, genannt der Unabomber, der zwischen 1976 und 1995 16 Briefbomben verschickte und damit drei Menschen tötete. Er war ein brillanter Mathematiker, bevor er sich aus seiner Karriere in Berkeley zurückzog und in die Berge Montanas ging, wo er in einer kleinen Holzhütte hauste und ein Manifest mit dem Titel Die industrielle Gesellschaft und ihre Zukunft (1995) verfasste, das 2005 als Unabomber-Manifest in der Edition Nautilus auf Deutsch erschien.

Vom ersten bis zum 232. und letzten Satz ist das Manifest so wenig ein Dokument des Wahnsinns wie Breiviks Textcollage, in der er sich auf Churchill, Atatürk, Herzl, die Frankfurter Schule, Bismarck und viele andere bezieht. Gefährlich wird Breiviks Pamphlet erst durch seine hermetische Abdichtung und die Imprägnierung mit Parolen rechtskonservativer Parteipolitik zur ,,kulturellen marxistischen Vergewaltigung seit 1968", zur ,,marxistisch-islamischen Allianz" oder zum ,,Krieg für das europäische Christentum". Breivik sog sich förmlich voll mit derlei Gebräu und verdickte es – im rechtspopulistisch geprägten Klima – zum mörderischen Gemisch. Über den langen Weg von der Rede zur Tat kann man nur spekulieren, bevor das Gericht vielleicht Licht ins Dunkel von Breiviks Leben bringt.

Quotelebowski schrieb am 26.07.2011 um 15:18
"Vom ersten bis zum 232. und letzten Satz ist das Manifest so wenig ein Dokument des Wahnsinns wie Breiviks Textcollage, in der er sich auf Churchill, Atatürk, Herzl, die Frankfurter Schule, Bismarck und viele andere bezieht."

Ich hab das Manifest des Una-Bombers gelesen. Hochinteressant und intelligent. Aber für die Gesellschaft ist es bequemer, solche Leute als armselige Irre auszuweisen. Wenn Kaczynski schreibt, dass ihm die Morde leidtun, ihm aber keine andere Wahl geblieben ist, um die nötige Aufmerksamkeit für sein Pamphlet zu kriegen, so hat Kaczynski die Mechanik der Medien verstanden.
Die Medien urteilen diese Leute von oben herab, obwohl sie selbst nichts anderes als lächerliche Schachfiguren sind, die von Breivik und Co. übers Spielfeld geschoben werden.
Wenn ein Doofmann wie Andreas Rosenfeld auf WON schreibt, dass Breiviks Manifest "eine krude Mischung aus zusammenkopierter Theorie, kulturkritischen Aphorismen, romanhaften Tagebuchpassagen und technischen Anleitungen" ist, dann sollte ihn mal jemand darauf aufmerksam machen, dass das Blatt, für das er arbeitet, zu einem Großteil aus nichts anderem besteht.




Aus: "Codewort Sigurd" Rudolf Walther (26.07.2011)
Quelle: http://www.freitag.de/politik/1129-codewort-sigurd (http://www.freitag.de/politik/1129-codewort-sigurd)

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Quote[...] Als bekannt wurde, dass der Täter kein Islamist sondern ein weißer Norweger ist, redete plötzlich keiner mehr von einem terroristischen Angriff auf unseren Lebensstil.

... Der Terror, den Norwegen am 22. Juli erlebt hat, kam weder von islamischen Extremisten noch von gewaltbereiten Linken, obwohl beide Gruppen immer wieder als innere Bedrohung unseres ,,Lebensstils" diffamiert werden. Bis zu den schrecklichen Stunden am Nachmittag des 22. Juli – und diese eingeschlossen – kam das geringe Maß an Terror, das mein Land bis dahin erfahren musste, stets von der extremen Rechten. Jahrzehntelang war politische Gewalt in diesem Land allein Neo-Nazis und anderen rassistischen Gruppen vorbehalten. In den Siebzigern verübten sie Bombenanschläge auf linke Buchläden und Erste-Mai-Demonstrationen. In den achtziger Jahren wurden zwei Neo-Nazis wegen des Verdachts getötet, sie hätten ihre Gruppe verraten. Und seit 1990 wurden zwei nicht-weiße norwegische Jungen bei rassistischen Angriffen umgebracht. Keine ausländische Gruppe hat seit dem II. Weltkrieg auf norwegischem Territorium Menschen verletzt oder getötet. Einzige Ausnahme stellt die versehentliche Tötung eines Mannes durch den israelischen Geheimdienst Mossad 1973 in Lillehammer dar.

Selbst vor diesem Hintergrund haben wir nach dem ersten Anschlag sofort die islamische Welt verdächtigt. Die Jihadisten sind es gewesen. Sie mussten es sein. Sofort wurden die Anschläge als Angriffe auf Norwegen und auf unseren Lebensstil verurteilt. Auf den Straßen von Oslo wurden Hijab tragende Frauen und arabisch aussehende Männer angepöbelt, nachdem sich die Nachricht verbreitet hatte.

Das kann nicht weiter verwundern. Schließlich wird uns seit zehn Jahren erzählt, der Terror komme aus dem Osten und alle Araber seien verdächtig. Regelmäßig sehen wir, wie Menschen mit dunklerer Haut von den Sicherheitskräften am Flughafen in separaten Räumen durchsucht werden; wir haben endlose Debatten über die Grenzen ,,unserer" Toleranz geführt. Indem die islamische Welt zu ,,dem Anderen" geworden ist, haben wir damit begonnen zu glauben, das, was ,,die" von ,,uns" unterscheidet, sei die Fähigkeit, kaltblütig Zivilisten abzuschlachten. Es gibt natürlich noch einen anderen Grund, warum alle sofort an al-Qaida gedacht haben. Norwegen beteiligt sich seit zehn Jahren am Krieg in Afghanistan. Wir haben eine Zeitlang beim Irak-Krieg mitgemacht und werfen eifrig Bomben auf Tripolis. Man kann sich nur eine bestimmte Zeit lang an einem Krieg beteiligen, bis der Krieg einen selbst erreicht.

Obwohl wir alle dies wussten, wurde der Krieg nach dem Anschlag kaum erwähnt. Unsere erste Reaktion war irrational: ,,Sie" mussten es sein. Ich habe es selbst gespürt. Ich fürchtete, dass der Krieg, den wir im Ausland führen, nach Norwegen gekommen war. Und was dann? Was würde mit unserer Gesellschaft geschehen? Mit unserer Toleranz, der öffentlichen Debatte und mit all den Einwanderern, die sich hier niedergelassen haben, und deren Kindern?
Aber es war nicht so. Einmal mehr liegt das Herz der Finsternis tief in uns selbst begraben. Der Terrorist war ein weißer nordischer Mann – kein Muslim, sondern ein Muslim-Hasser. Sobald sich dies durchgesetzt hatte, wurde das Massaker als die Tat eines Verrückten diskutiert und galt nicht mehr länger in erster Linie als Angriff auf unsere Gesellschaft. Die Rhetorik veränderte sich, die Schlagzeilen bekamen einen anderen Fokus. Niemand spricht mehr vom Krieg. Wenn jetzt von ,,Terrorist" die Rede ist, wird das Wort meist im Singular benutzt, nicht im Plural – ein besonderes Individuum und nicht so sehr eine undefinierte Gruppe, der leicht auch Sympathisanten zugerechnet werden können. Die schreckliche Tat ist nun offiziell eine nationale Tragödie. Es stellt sich die Frage, ob sie dies auch gewesen wäre, sollte der Mörder ein Verrückter mit islamischem Hintergrund sein.

Ich glaube auch, dass der Mörder verrückt war. Um eine Stunde lang Jagd auf Teenager zu machen und sie regelrecht hinzurichten, dazu muss man wirklich von allen guten Geistern verlassen sein. Aber wie der 11. September 2001 und die Anschläge auf die Londoner U-Bahn hat dieser Wahnsinn sowohl eine klinische wie auch eine politische Seite.

Jeder, der schon einmal einen Blick auf die Internetseiten rassistischer Gruppen geworfen oder die Online-Debatten der norwegischen Zeitungen verfolgt hat, kennt den Furor, mit dem sich die Islamophobie verbreitet. Der vergiftete Hass, mit dem anonyme Schreiber antirassistische Liberale und Linke bedenken, ist nur zu offensichtlich. Der Terrorist vom 22. Juli hat sich an vielen derartigen Debatten beteiligt. Er war bis 2006 aktives Mitglied in einer der größten politischen Parteien Norwegens – der populistischen Fortschrittspartei. Dann trat er aus und verbreitete seine Ideologie stattdessen unter den anti-islamistischen Gruppen im Internet. Würde die Welt die Tat für ein Werk des internationalen islamischen Terrorismus halten, würden Staatsführer von Obama bis Cameron allesamt erklären, sie stehen Norwegen in diesem Kampf zur Seite.
Wie wird der Kampf aber jetzt aussehen? Alle Führer westlicher Staaten haben in ihren Ländern das gleiche Problem. Werden sie nun dem Rechtsextremismus den Krieg erklären und gegen Islamophobie und Rassismus zu Felde ziehen?

Ein paar Stunden nach der Explosion der Bombe sagt Norwegens Premier Stoltenberg, die Antwort auf diesen Angriff müsse in mehr Demokratie und mehr Offenheit bestehen. Wenn man dies mit Bushs Reaktion auf die Anschläge vom 11. September vergleicht, kann man darauf stolz sein. Ich würde aber nach der abscheulichsten Erfahrung, die Norwegen nach dem Zweiten Weltkrieg machen musste, weitergehen wollen. Wir müssen diesen Vorfall zum Anlass nehmen, um der Intoleranz, dem Rassismus und dem Hass, der nicht nur in Norwegen und Skandinavien, sondern in ganz Europa wächst, einen entscheidenden Schlag zu versetzen.


Aus: "Unser Herz der Finsternis" Aslak Sira Myhre (25.07.2011)
Quelle: http://www.freitag.de/politik/1129-unser-herz-der-finsternis (http://www.freitag.de/politik/1129-unser-herz-der-finsternis)

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Quote[...] Träfe man Peder Nøstvold Jensen zufällig in Oslo, man würde ihn kaum bemerken. Wie ein netter junger Mann wirkt er, mit seinen kastanienbraunen Locken, die ein rundes Gesicht umrahmen. Tagsüber arbeitet er in einem Behindertenheim. Doch abends, an seinem Computer, verwandelte er sich in "Fjordman", einen der bekanntesten rechtsradikalen Blogger Europas, Vorbild für Anders Behring Breivik, den Massenmörder von Utøya. Kaum einer ahnte es - weder Kollegen noch Familie hatte Jensen in sein Doppelleben eingeweiht.

Den Computer hat die Polizei inzwischen beschlagnahmt und Jensen mehrere Stunden lang verhört. Er trat die Flucht nach vorn an. "Ich verstehe, dass ich ein Hassobjekt geworden bin", sagt der 36-Jährige in einem am Freitag veröffentlichten Interview mit der Zeitung VG, bei dem er erstmals Fjordmans wahre Identität preisgibt. Er sei aber genauso schockiert wie alle anderen. Breivik habe er nie getroffen, obwohl dieser in E-Mails um ein Treffen gebeten hatte. "Ich fand ihn langweilig - wie einen Staubsaugervertreter." Er sei kein Extremist, so Jensen, sondern eine "stille Person", wenn auch "passioniert bei den Dingen, über die ich schreibe".

Wie Jensen seine Passion auslebt, konnten Leser der islamfeindlichen Webseite "Gates of Vienna" zum Beispiel am 22. Juli verfolgen. Fjordman bloggte live aus Oslo, wie viele andere vermutete er zunächst Islamisten hinter den Terroranschlägen. Man solle nicht vergessen, ermahnte Fjordman kurz nach der Attacke, dass die Bombe die "feigste und selbstmörderischste Regierung" getroffen habe, eine, die immer besonders lasch gewesen sei im Kampf gegen den Islam. Dieser erste Kommentar entsprach den Verschwörungstheorien, die Jensen seit 2005 als Fjordman verbreitet. In der Welt, wie er sie sieht, steht Europa kurz davor, von muslimischen Einwanderern übernommen zu werden. Schuld an der "Islamisierung" trügen Politiker und Medien, die ein friedliches Nebeneinander der Kulturen befürworteten.

Diese Gedankengänge hatte Breivik übernommen, um seinen Massenmord zu rechtfertigen. 111-mal zitiert er Fjordman in seinem Manifest. Der fühlt sich missverstanden. Er habe nie zu Gewalt aufgefordert, versichert Jensen. Doch das ist wohl Interpretationssache. Von ihm stammen Sätze wie: "Der Islam, und alle, die ihn praktizieren, müssen total und physisch aus der gesamten westlichen Welt entfernt werden."

Er verpackt solche Hassbotschaften meist in langen Essays, die akademisch anmuten. Jensen hat Medienwissenschaften in Oslo studiert und Arabisch an der American University in Kairo. Seine 2004 eingereichte Magisterarbeit handelt von der Blogger-Szene in Iran. Er hatte also Kontakt zu der ihm verhassten Kultur.

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Aus: "Vorbild für einen Mörder" Von Gunnar Herrmann (06.08.2011)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/digital/blogger-fjordman-deckt-seine-identitaet-auf-vorbild-fuer-einen-moerder-1.1128759 (http://www.sueddeutsche.de/digital/blogger-fjordman-deckt-seine-identitaet-auf-vorbild-fuer-einen-moerder-1.1128759)

Title: [Das ist ein Warnzeichen.... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 20, 2011, 11:05:07 AM
Quote[...] Die Welt: Die norwegisch-somalische Frau Kadra Yusuf ist eine von vielen, die beschrieben hat, wie norwegische Einwanderer in den Stunden nach dem Bombenanschlag im Regierungsviertel nach dem 22. Juli beschimpft worden sind. Wie denken Sie darüber?

Jens Stoltenberg: Ich habe viele Geschichten darüber gehört, wie Muslime sich verdächtigt und einige sogar verfolgt gefühlt haben an diesem Freitag. Das ist ein Warnzeichen. Das ist eine große Krux. Das zeugt von einem Gruppendenken, das wir bekämpfen müssen. Aber Taten werden nicht von Gruppen begangen, sondern von einzelnen Menschen.

Die Welt: Sind Sie sicher, dass Norwegen auf den Terror mit dieser Umarmung von Liebe und Vielfalt geantwortet hätte, wenn hinter den Anschlägen ein Muslim gestanden hätte?

Jens Stoltenberg: Ich hoffe es, aber ganz sicher bin ich nicht. Es gibt ein Gruppendenken, das gefährlich ist. Wie wichtig es ist, den einzelnen Menschen zu sehen, glaube ich, ist eine der Lehren aus dem 22. Juli.

Die Welt: Viele haben gesagt, dass Sie ein Gefühl der Erleichterung verspürten, dass der Täter ethnisch norwegisch ist. Haben Sie sich auch so gefühlt?

Jens Stoltenberg: Erleichterung ist wohl nicht das richtige Wort. Aber als wir erfuhren, dass es höchstwahrscheinlich ein ethnisch-norwegischer Täter war, wusste ich, dass etwas nicht eintritt, was sonst vielleicht der Fall gewesen wäre, nämlich, dass wir mehr Hass auf die muslimische Minorität in Norwegen bekommen würden.

Die Welt: Sie haben den Namen des Angeklagten Anders Behring Breivik bisher öffentlich nicht erwähnt. Warum nicht?

Jens Stoltenberg: Es ist nicht so, dass ich diesen Namen in allen möglichen Zusammenhängen öffentlich vermieden hätte ...

Die Welt: ...werden Sie den Namen jetzt in diesem Interview aussprechen?

Jens Stoltenberg: (Stoltenberg macht eine Pause) Ich habe mir kein absolutes Verbot auferlegt, seinen Namen zu verwenden. Ich kann sagen: Anders Behring Breivik. Es wäre zu anstrengend, das zu einem absoluten Verbot zu machen. Aber ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, ihm und das wofür er steht, nicht mehr Aufmerksamkeit als nötig zukommen zu lassen.

...

(Übersetzung aus dem Norwegischen von Per Hinrichs)


Aus: ""Es gibt nur einen, der Schuld hat"" Thomas Boe Hornburg (08/2011)
Quelle: http://www.welt.de/politik/ausland/article13555049/Es-gibt-nur-einen-der-Schuld-hat.html (http://www.welt.de/politik/ausland/article13555049/Es-gibt-nur-einen-der-Schuld-hat.html)

Title: [Ich träume auf Deutsch... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 23, 2011, 11:42:55 AM
Quote[...] Richte nie über einen Menschen, solange du nicht zwei Monde lang in seinen Schuhen gelaufen bist, heißt es in einem indianischen Sprichwort. Dieser Satz kommt mir immer in den Sinn, wenn ich den "Integrationsdebatte" genannten täglichen Wahnsinn verfolge. Es fängt schon damit an, mit welcher Selbstverständlichkeit noch von "wir" und "ihr" gesprochen wird. Es sind bald 50 Jahre her, seit meine Mutter nach Deutschland aufbrach. Ich bin hier in Deutschland geboren und aufgewachsen. Ich träume auf Deutsch. Ich habe keine andere Heimat und möchte auch keine andere. Ich bin gerne Deutscher - eigentlich ...

Nicht alle Ur-Deutschen kennen einen echten Ausländer oder Deutschtürken oder einen Deutschen mit Migrationshintergrund - nennt es, wie ihr wollt, ihr wisst, was ich meine. Aber ich finde es problematisch, dass fast alle Ur-Deutschen eine feste, oft von Fakten unbeschwerte Meinung über Neu-Deutsche haben. Das wäre nicht weiter schlimm, wenn diese Meinung nicht zumeist brutal schlecht ausfallen würde. Früher, vor dem 11. September 2001, musste ich mich immer für die Türkei und ihre wirklichen oder vermeintlichen Missstände rechtfertigen. Was macht "ihr" mit den Kurden? Wieso wird bei "euch" gefoltert? Wieso hat "dein" Militär geputscht? Nach 9/11 wurde alles schlimmer. Anstatt "ihr Ausländer" heißt es jetzt "ihr Moslems". "Ihr" unterdrückt Frauen, "ihr" seid Terroristen, "ihr" seid demokratieunfähig. Zwei Monde lang in den Schuhen eines anderen laufen? Ich kann nur allen eingeborenen Deutschen sagen: Seid heilfroh, dass ihr nicht in unseren Schuhen laufen müsst. Wenn wir über euch so sprechen würden, wie ihr es über uns zu tun pflegt, würde es sich ungefähr so anhören:

Ich kann euer Integrationsgequatsche nicht mehr ertragen. Ihr wisst ja noch nicht einmal, was ihr damit meint. Wenn mit Integration gemeint wäre, Deutsch lernen zu müssen und die Werteordnung des Grundgesetzes halbwegs verinnerlicht zu haben, dann wäre es ja akzeptabel. Aber das reicht vielen von euch nicht. Wir sollen uns auch eurer Leitkultur anpassen. Was ist das denn überhaupt? Wie sieht die aus? Ich lehne es ja nicht grundsätzlich ab, am deutschen Wesen zu genesen. Kommt mir jetzt aber nicht mit dem christlich-jüdischen Erbe des Landes. Das wäre einfach nur schäbig! Erst Millionen Juden in die Gaskammern zu treiben und nur ein paar Jahrzehnte später die Überlebenden zu missbrauchen, um sich gegenüber einer anderen Minderheit abzugrenzen und sich selbst als gut zu definieren.

Solange ihr Ur-Deutschen nicht in der Lage seid, ein Gesellschafts- und Menschenbild zu beschreiben, an dem wir ahnungslosen Schwarzköpfe uns orientieren sollen, sage ich mal, worauf ich keine Lust habe. Der Umkehrschluss hilft vielleicht:

* Wenn Integration bedeutet, euer Familienleben zu übernehmen, sage ich: Nein danke! Bei uns steckt man nicht Oma und Opa bei der erstbesten Gelegenheit ins Altersheim.

* Bei uns sieht man sich nicht nur an den Feiertagen einmal im Jahr, besäuft sich und streitet sich dann unter dem Weihnachtsbaum wie die Kesselflicker.

* Wenn Integration bedeutet, eine durch und durch pornografierte Gesellschaft anzunehmen, in der noch nicht einmal für eine Tüte Milch geworben wird, ohne dass sich eine Frau ausziehen muss, dann sage ich: Nein.

* Wenn Integration bedeutet, dass Tausende und Zehntausende Kinder Opfer sexueller Gewalt durch Priester werden und die Gesellschaft so lange wie möglich die Augen davor verschließt, dann sage ich: Nein danke!

* Wenn Integration bedeutet, ein ungerechtes Bildungssystem zu akzeptieren, das zwar nach außen Chancengleichheit suggeriert, in Wirklichkeit aber genau das Gegenteil befördert, dann sage ich: Nein danke!

* Deutschland ist ein Land, in dem die Krankenkassen Abtreibungen bezahlen, aber kinderlose Paare die hohen Kosten für eine künstliche Befruchtung aus eigener Tasche finanzieren müssen. Im Jahr 2010 gaben die Deutschen dreimal soviel Geld für Haustierfutter aus als für Babynahrung.

* Mein Freund Ernst von Münchhausen und seine Frau sind Eltern von Drillingen geworden. Die einzigen Passanten auf den Straßen Berlins, die sich über den Anblick der drei Babys freuen würden, seien Türken. Die Deutschen würden immer gleich ausrufen: "Oh Gott! Drei auf einmal? Schrecklich!" Eine Gesellschaft, in der viele den Kindersegen als Fluch begreifen, kann kein Vorbild sein.

* Ständig höre ich von deutschen Politikern, Deutschland sei ein weltoffenes und tolerantes Land. Das nervt. Ihr attestiert euch Weltoffenheit und Toleranz, weil ihr einmal im Jahr nach Mallorca fliegt oder beim Italiener an der Ecke eure Pizza esst. Ich verrate euch ein Geheimnis: Es gehört mehr dazu als das. Ein türkischer Mandant führte einen Schnellimbiss in Rostock. Die gleichen Typen, die tagsüber nett und freundlich seine Döner kauften, spuckten ihm des Nachts besoffen ins Gesicht.

* Dass heute viele über Muslime sprechen und urteilen wie vor kurzer Zeit noch über Juden, spricht nicht gerade für eure Lernfähigkeit aus der Geschichte. Nach 60 Jahren Sendepause kategorisiert ihr ganz ungeniert nach "Deutschen" und "Deutschen mit Migrationshintergrund" - oder aber ihr nennt uns gleich Papierdeutsche. Nürnberg lässt grüßen.

* Ihr zeigt euch ganz besorgt über "Ehrenmorde", aber ihr schweigt schamlos über eure eigenen Ehrenmorde. Ja, die gibt es bei euch auch, sogar viel öfter als bei uns! Ihr nennt eure "Ehrenmorde" verniedlichend Familientragödie. Ein weiterer Unterschied: Eure Männer machen kurzen Prozess und knallen nicht nur die Frau, sondern gleich auch die Kinder ab."

Ich weiß, ihr denkt: Mein Urteil ist zu pauschal, ich übertreibe, ich konzentriere mich auf Negativbeispiele, ich ignoriere alles Gute, ich schere alle über einen Kamm, ich nehme es mit der Wahrheit nicht so genau, ich rede nicht mit, sondern nur über euch, ich will gar nicht aufklären, sondern hetzen, kurz: Ich habe tendenziell etwas gegen Deutsche und mir ist jedes Mittel recht, euch schlecht aussehen zu lassen. Was soll ich dazu sagen? Stimmt! Aber, ich sage auch: WILLKOMMEN IN MEINER WELT! Solche Vorurteile begleiten mich schon mein ganzes Leben.

Ich will nicht jammern. Ich hatte großes Glück im Leben, und wie gesagt, ich lebe ja sehr gern in Deutschland. Es ist aber trotzdem ein schlechtes Gefühl, sich ständig wehren zu müssen, immer auf der Hut zu sein. Und es ist auch nicht nur mein eigenes privates Dilemma, dass ich mich so fühle, denn so wie mir geht es vielen Einwanderern. Wenn sich ein Einzelner so fühlt wie ich, ist es persönliches Pech. Wenn sich aber Millionen so fühlen, dann ist das ein gesellschaftliches und sozialpolitisches Problem.

Dabei müsste es gar nicht so sein. Wir haben wesentlich mehr Gemeinsames als Unterschiedliches. Und unsere Differenzen müssen uns nicht zwangsläufig auf immer und ewig trennen. Im Gegenteil. Solange wir eine gemeinsame Basis haben und uns als Gemeinschaft verstehen, ist unsere Unterschiedlichkeit sogar ein Gewinn. Wer möchte schon in einem eintönigen Land leben? Ich vermute, die Nordkoreaner langweilen sich in Nordkorea zu Tode. Die Einwandererquote dort liegt bei null Prozent. Vielfalt ist keine Gefahr für Deutschland, sondern zwingende Voraussetzung für die erfolgreiche gesellschaftliche, politische, wirtschaftliche, kulturelle und soziale Entwicklung unseres Landes. Wir müssen uns zu ihr bekennen und aufhören, sie als Bedrohung für unsere Zukunft zu fürchten. Daran mangelt es leider. Die Integrationsdebatte ist eine Angstdebatte. Ich finde es fast schon müßig, Sarrazin-Anhänger von der Falschheit seiner Thesen überzeugen zu wollen. Seine Fans glauben ihm, weil sie ihm glauben wollen .

So kann es nicht weitergehen; so kommen wir keinen Schritt weiter. Die Welt dreht und entwickelt sich weiter, auch wenn wir auf der Stelle treten. Und ein weiterer banaler wie starker Fakt: Wir haben keine Alternative. Entweder bekennen wir uns zueinander oder wir sehen dabei zu, wie Deutschland sich abschafft. Es kommt nicht darauf an, woher man kommt und wie lange man schon hier gelebt hat, ob man Hans oder Ali heißt. Dieses Land ist unser gemeinsames Land.

Integration ist keine bloße Aufgabe der Politik. Integration ist die Aufgabe von uns allen. Natürlich müssen Einwanderer integrationsbereit sein. Aber das ist nur die eine Seite. Genauso muss die Mehrheitsgesellschaft integrationsbereit sein. Es ist wahnsinnig frustrierend, wenn man trotz aller Bemühungen vor verschlossenen Türen und vor verschlossenen Herzen stehen muss.

Ich bin immer wieder überrascht, wie wenig wir voneinander wissen. Ich selber war erst mit Mitte 20 zum ersten Mal auf einer Taufe und mit Ende 20 bei einer kirchlichen Trauung. Ich kenne einige türkischstämmige Landsleute im Rheinland, die noch nie im Kölner Dom waren.

Meine Meinung ist: Einwanderer, die keinen Kontakt zu Deutschen haben wollen, sollten umziehen. Zum Beispiel nach Saudi-Arabien. Ur-Deutsche, die in keiner modernen, vielfältigen Gesellschaft leben wollen, sollten umziehen. Zum Beispiel nach Nordkorea - siehe oben ...

Lasst uns stolz sein auf das gemeinsam Erreichte und nicht immer voller Inbrunst die Probleme wälzen. Probleme sind dazu da, gelöst zu werden, nicht um sich daran aufzugeilen.



Aus: "Ich bin gerne Deutscher, eigentlich" Mehmet Daimagüler (10/2011)
Quelle: http://www.welt.de/print/wams/vermischtes/article13675861/Ich-bin-gerne-Deutscher-eigentlich.html (http://www.welt.de/print/wams/vermischtes/article13675861/Ich-bin-gerne-Deutscher-eigentlich.html)

Title: [Ein Feuer in der Redaktion... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 02, 2011, 04:07:25 PM
Quote[...] Berlin/Paris - Ein Feuer in der Redaktion, durch Hitze und Löschwasser zerstörte Computer, unbrauchbar gewordene Unterlagen: Das ist die vorläufige Bilanz des Brandanschlags, den Unbekannte in der Nacht zum Mittwoch mit Hilfe von Molotow-Cocktails auf das Pariser Satiremagazin "Charlie Hebdo" verübten. "Wir haben keine Zeitung mehr", fasste der Herausgeber mit dem Künstlernamen "Charb" das Geschehen zusammen - versprach aber zugleich, dass "Charlie Hebdo" weiter publizieren werde.

Der Hintergrund des Brandanschlags ist noch nicht geklärt, aber es wird vermutet, dass es einen Zusammenhang zur gerade erschienenen Ausgabe des Magazins gibt - in der befassten sich die Satiriker mit dem Wahlsieg der islamistischen Nahda-Partei im postrevolutionären Tunesien. Aus diesem Anlass ließ man den Propheten Mohammed als Gast-Herausgeber agieren.

Der Schabernack, den Charb und Co. mit dem Gottesgesandten trieben, umfasste beispielsweise eine Titelseite, in der eine Karikatur des Propheten sagt: "100 Peitschenhiebe, wenn ihr euch nicht totlacht." Im Heftinneren werden unter anderem Burka-Späße getrieben. Dem Propheten wird überdies ein Editorial zugeschrieben; ein Bild zeigt ihn außerdem mit Clownsnase.

Das Cover war bereits vor Veröffentlichung des Hefts online gestellt worden. Beim Magazin gingen daraufhin Beschimpfungen und Drohungen via Facebook und Twitter ein, wurde berichtet.

Bei dem Anschlag gab es keine Verletzten, und noch ist nicht gewiss, was die Motive der Angreifer waren. Doch die Tatsache, dass eine Redaktion mit Gewalt attackiert wird, weckt Erinnerungen an die Anschlagsversuche auf jene Karikaturisten, die 2005 für die dänische "Jyllands-Posten" aktiv geworden waren; einige leben seitdem unter permanentem Polizeischutz.

Die Nachricht von dem Brandanschlag in Paris wurde in extremistischen arabischsprachigen Internetforen, in denen sich Anhänger von al-Qaida und Co. austauschen, naturgemäß begrüßt. Am Mittwochmittag wurden aber andere Themen wesentlich stärker diskutiert: der Aufstand in Syrien oder die Lage in Libyen.

In Foren, in denen radikale Islamisten auf moderate Islamisten treffen, war das Bild differenzierter. Ein Hetzer rief dort zwar dazu auf, sofort "die Jungs in den Vororten zu mobilisieren" um Ausschreitungen "wie vor kurzem in London" herbeizuführen, andere User mahnten jedoch zur Besonnenheit: Das Magazin sei zu verurteilen, "aber dafür gibt es Gerichte". Es helfe niemandem, wenn mit Gewalt reagiert werde - im Gegenteil: Unkontrollierte Reaktionen der Radikalen würden dann wie immer den Muslimen insgesamt angerechnet werden.

Ähnlich gemischt waren die ersten Reaktionen auf Facebook-Seiten. Viele User versuchten, die Gemüter zu beruhigen. Doch einer schrieb: "Wir werden Frankreich in Brand setzen".

Bekannte dschihadistische Organisationen haben sich bisher nicht zu Wort gemeldet. Die dänischen Karikaturen sind für al-Qaida ein Dauerthema, das noch immer regelmäßig aufgegriffen wird. Den Terrororganisationen sind Provokationen dieser Art willkommen, denn sie lösen Empörung auch außerhalb des Lagers ihrer eingefleischten Anhänger aus. So war es auch im Fall der dänischen Karikaturen, eine zeigte damals, wie aus einem Turban eine Bombe wächst.

Dieses subtile In-Beziehung-Setzen von islamischem Glauben und terroristischer Tat hatte damals viele fromme Muslime empört. Den Radikalen reichte es schon, dass der Prophet überhaupt bildlich dargestellt wurde - was Muslimen verboten ist und radikale Islamisten als generelles Tabu durchsetzen wollen.

Im Fall der dänischen Karikaturen-Krise konnten damals viele Empörte nicht verstehen, wieso der Staat die Publikation nicht unterband und sich nicht für die Bilder entschuldigte. Anklänge an die Vorstellung, dass auch im Westen der Staat die Presse kontrolliere, fanden sich am Mittwoch in einem Posting auf einer islamischen Website, in dem die Nachricht unter der Überschrift "Frankreich veröffentlicht Mohammed-Zeichnungen - eilig und gefährlich!" verbreitet wurde.

"Charlie Hebdo" ist einer der wichtigsten Satiremagazine Frankreichs, laut Wikipedia beträgt die Auflage 140.000 Hefte wöchentlich. Das Magazin hatte vor Jahren die dänischen Karikaturen nachgedruckt; außerdem wurde in dem Blatt, ebenfalls laut Wikipedia, 2006 ein Aufruf gegen den Islamismus veröffentlicht, den unter anderem der Schriftsteller Salman Rushdie unterzeichnet hatte.




Aus: "Mohammed-Witze erzürnen Radikale" Von Yassin Musharbash (02.11.2011)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,795421,00.html (http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,795421,00.html)

Title: [Nun droht dem Land ein Kulturkampf... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 08, 2012, 03:11:25 PM
Quote[...] Israels Präsident Schimon Peres hat seine Landsleute aufgerufen, religiöse Fanatiker in die Schranken zu weisen. Hintergrund ist der eskalierende Streit um die von ultra-orthodoxen Juden geforderte Geschlechtertrennung in der Öffentlichkeit. In der Stadt Beit Schemesch westlich von Jerusalem war es am Montag zu gewalttätigen Protesten ultra-orthodoxer Juden gekommen. ...



Aus: "Peres fordert Protest gegen religiöse Fanatiker" (27.12.2011)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/politik/kulturkampf-in-israel-peres-fordert-protest-gegen-religioese-fanatiker-1.1244772 (http://www.sueddeutsche.de/politik/kulturkampf-in-israel-peres-fordert-protest-gegen-religioese-fanatiker-1.1244772)

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Quote[...] dieses Mal reichte es der jungen israelischen Soldatin. Sie war in der Nähe ihres Militärstützpunktes in den Linienbus gestiegen und schon fast an ihrem Ziel, als ein 45-Jähriger Mann sie anpöbelte, sie solle in den hinteren Busteil gehen. Matalon weigerte sich, wie sie in der Zeitung "Haaretz" sagte, aus Prinzip, und weil es dort stickig und eklig sei. Da begann der militant Religiöse die junge Frau als Hure zu beschimpfen, andere Männer stimmten mit ein. Der Bus wurde gestoppt, die Polizei gerufen.

Der Pöbler, ein Vater von elf Kindern, wurde festgenommen und vom Haftrichter gegen eine Kaution von umgerechnet 4000 Euro wieder auf freien Fuß gesetzt. Bis zu seinem Gerichtstermin darf er nicht mehr mit dem Bus fahren.

Der Vorfall zeigt den wachsenden Riss, der durch die israelische Gesellschaft geht: Ungefähr zehn Prozent der Sechs-Millionen-Bevölkerung sind ultraorthodox, ein Teil von ihnen ist extrem und militant. Den säkularen Israelis steht damit eine Minderheit ultrafrommer Juden gegenüber - klein, aber lautstark. Einzig vereint im Widerstand gegen die Palästinenser, könnten die Gruppen unterschiedlicher nicht sein: Während in Tel Aviv Körperkult und westliche Lebensweisen das Stadtbild bestimmen, wollen die Ultras an immer mehr Orten ihre Vorstellungen von Geschlechtertrennung in der Öffentlichkeit durchsetzen.

Am Donnerstag war zu diesem Zweck eine Kundgebung in Beit Schemesch geplant. Doch die Demo wurde abgesagt. Daraufhin randalierten die Ultrafrommen, zündeten Mülleimer an und warfen mit Steinen um sich. Die Stadt, 25 Autominuten von Jerusalem entfernt, war schon in den vergangenen Tagen zum Symbol für den Streit geworden. Nachdem dort der Schulweg für ein achtjähriges Mädchen, eine orthodoxe Jüdin, zu einem Spießrutenlauf wurde, weil sie aus Sicht der Radikalen nicht angemessen gekleidet war, demonstrierten am Dienstag Tausende Israelis. "Israel ist nicht Teheran", war auf ihren Schildern zu lesen.

... Experten erklären die jüngste Radikalisierung anhand zweier Ursachen. Der Rabbiner Uri Ayalon sieht die Ultraorthodoxie in einer Krise. "Internet, Arbeitsmarkt und Medien setzen die Jugend fremden Einflüssen aus, vor denen die Eltern sie abschirmen wollen. Ihre Schwäche macht sie militanter", so Ayalon. Mordechai Kremnitzer vom Israelischen Institut für Demokratie spricht hingegen vom Machtzuwachs der Orthodoxen, die im Durchschnitt dreimal so viele Kinder haben als andere Paare. Sie stellen zwar nur zehn Prozent der Bevölkerung, aber rund ein Viertel der Erstklässler. Dank dieser Demografie hätten sie in der Koalition von Netanjahu "so viel Einfluss wie noch nie", sagt Kremnitzer.

...


Aus: "Kulturkampf der Ultrafrommen" Von Lena Greiner und Gil Yaron, Hamburg und Jerusalem (29.12.2011)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,806246,00.html (http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,806246,00.html)

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Quote[...] Nun droht dem Land ein Kulturkampf, den viele so nicht mehr für möglich hielten: Ultraorthodoxe - der Begriff findet auch in Israel selbst inzwischen Verwendung, obwohl man eigentlich nicht orthodoxer als orthodox sein kann - erheben immer stärker und aggressiver Forderungen, wie man sie bisher allenfalls aus Teheran, Afghanistan und anderen Zentren des Islamismus, eines fundamentalistischen Islams, kannte: Männer und Frauen sollen, nicht nur in der Synagoge, in der Öffentlichkeit wieder weitgehend getrennt werden, in Bussen etwa oder an Badestränden. Immer häufiger werden Plakate abgerissen, auf denen Frauen abgebildet sind, keineswegs nur in werblicher Absicht. Sollen Frauen überhaupt singen dürfen?, fragen diese Ultras der Religion.

Es erübrigt sich zu sagen, dass der oft libertäre Lebensstil den Frommen missfällt. Ihr Druck ist so stark geworden, dass sich die Säkularen mit Gegendemonstrationen zu Wort melden, Staatspräsident Peres eingeschlossen. Sie fürchten, die Offenheit der israelischen Gesellschaft könnte in Gefahr geraten, abgesehen davon, dass es in Israel auch Muslime, Drusen, Christen, Bahai und andere Religionsgemeinschaften gibt, die Religion des ,,neuen Atheismus" nicht zu vergessen.

Allzu lange hatte man dem Thema Fundamentalismus nur im Kontext mit dem Islam oder allenfalls den christlichen Evangelikalen Aufmerksamkeit gewidmet. Doch die ,,Rache Gottes" (so vor vielen Jahren Gilles Kepel) ist in fast allen Religionen zu beobachten. Selbst der religiös eigentlich tolerante Hinduismus hat im Zusammenstoß mit der modernen Welt hier und da wieder fanatische, politisch-radikale Züge entwickelt. War es nur eine Frage der Zeit, bis auch das stark vom Religionsgesetz geprägte, darin dem Islam nicht unähnliche Judentum solche Tendenzen zeigte?

Über die Gründe wird so schnell kein einheitliches Urteil zu finden sein. Sie dürften vom Einfluss politischer Krisen bis hin zu Fragen der Identität im Zeitalter der Globalisierung reichen. In Israel mit seiner engen Verflechtung von jüdischer Religion und Staatsverständnis hat auch die - religiös begründete - Duldung der Siedlungspolitik im biblischen ,,Judäa und Samaria" daran ihren Anteil.

QuoteKlaus Bloemker,  07.01.2012 19:53 Uhr

Judea und Samaria - the Westbank

Wolfgang Lerch trifft den Nagel fast auf den Kopf, wenn er von der "religiös begründeten Siedlungspolitik" in 'Judea und Samaria' (was wir 'Westjordanland' nennen) spricht. Hören wir, was Netanyahu dazu vor dem US Kongress im Sommer 2011 gesagt hat: "In Judea und Samaria ist das jüdische Volk kein fremder Besatzer. Dies ist das Land unserer Väter, das Land Israels, in das Abraham die Idee des einen Gottes brachte." - zitiert in The New Yorker, 6. 6. 2011

Natanyahu argumentiert nicht nur religiös sondern auch historisch stammesmäßig. - Für seine Rede vor dem Kongress bekam er mehrere standing ovations!

... Zvi Zohar, ein Professor für jüdische Studien an der Bar-Ilan Universität in Israel gibt folgende Definition:
"In der klassischen Sicht des Judaismus, sind Juden eine große, erweiterte Familie, die einen Bund mit Gott akzeptiert haben. Diejenigen, die den Glauben nicht praktizieren, bleiben Mitglieder der Familie, auch wenn sie traditionell als schwarze Schaafe betrachtet werden. Zum Judentum Konvertierte sind adoptierte Kinder des Clans." - New York Times, 2.3. 2008

In der traditionellen Sicht sind also die säkularen Juden 'die schwarzen Schaafe' - und nicht etwa die streng orthodoxen, so wie es bei uns heute dargestellt wird.


QuoteAxel Lüssow, 07.01.2012 11:51 Uhr

Obelix meint: Die spinnen, die Ultras – überall.

"Nun droht dem Land ein Kulturkampf, den viele so nicht mehr für möglich hielten.". Dem Autor sei ein Blick auf die Wikipedia-Guidelines empfohlen, Abschnitt "Weasel-Words": Wer sind denn die vielen?

Meine Wahrnehmung nach Aufenthalt in Israel und Gesprächen mit Israelis ist eher: Diese Eskalation haben "viele" schon lange kommen sehen. Genauso wie die Hamas sich als Sozialhilfe-Ersatz betätigt, arbeiten die Ultraorthodoxen seit Jahrzehnten an der Indoktrination vieler osteuropäischer Immigranten, die vom arroganten Establishment lange ignoriert wurden.

Eine Waffe gegen die Radikalisierung bleibt leider gänzlich ungenutzt: die der Komödie und der Glosse. Warum wird nicht öfter herausgestellt, dass radikale Glaubensauslegungen das Niveau von Ufo-Sekten erreichen? Eine solche Zurückhaltung nutzt denen am wenigsten, die man aus guten Gründen besonders schützt – den israelischen Bürgern und der israelischen Demokratie [...] .



Aus: "Kulturkampf in Israel" Von Wolfgang Günter Lerch (06.01.2012)
Quelle: http://www.faz.net/aktuell/politik/wer-ist-jude-kulturkampf-in-israel-11595266.html (http://www.faz.net/aktuell/politik/wer-ist-jude-kulturkampf-in-israel-11595266.html)

Title: [Asymmetrie... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 13, 2012, 02:53:23 PM
Quote[...] Das Verhältnis zwischen Säkularen und Orthodoxen ist von einer Asymmetrie geprägt. Die Säkularen erkennen an, dass die Orthodoxen einen Anspruch auf einen Platz am großen runden Tisch des Judentums haben. Vielleicht auch zwei oder drei, weil sie das ,,authentische", das historische Judentum vertreten. Die Säkularen zwingen niemand, am Schabbat auszugehen, aber sie möchten von niemand daran gehindert werden.

Den Orthodoxen sind solche Überlegungen fremd. Sie bekommen ihre Befehle direkt vom Allmächtigen, und der kann sich weder irren noch Ungehorsam zulassen. Ihre Haltung zur individuellen Freiheit kann man mit der christlicher und moslemischer Fundamentalisten vergleichen, die sich ebenfalls als Vollstrecker göttlichen Willens verstehen.

...


Aus: "Wie Ultraorthodoxe den Judenstaat zerstören" Von Henryk M. Broder (01/2012)
Quelle: http://www.welt.de/kultur/article13813401/Wie-Ultraorthodoxe-den-Judenstaat-zerstoeren.html (http://www.welt.de/kultur/article13813401/Wie-Ultraorthodoxe-den-Judenstaat-zerstoeren.html)

Title: [Die Selbst- und die Fremdwahrnehmung... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 02, 2012, 10:43:37 AM
Quote[...] Wieso führt die banale Tatsache, dass es auch nicht strenggläubige Muslime gibt, zu schockierten Gesichtern? "Verzerrte Bilder in den Medien", sagt Azra. Manuel räumt ein, dass das auch mit Muslimen zu tun habe, die sich schlicht nicht anpassen wollten. Allerdings gebe es auch Druck von Strenggläubigen, die ihren lockeren Umgang mit Religion nicht akzeptieren würden. Die Muslime seien untereinander weit weniger homogen und stimmig, als man das vielleicht glauben wolle.

Von außen, durch die Mehrheitsgesellschaft scheint etwas aufgetragen worden zu sein, das niemand von den DiskussionsteilnehmerInnen erfüllt. Die Selbst- und die Fremdwahrnehmung würden weit auseinanderklaffen. "Es gibt keinen Prototyp vom Moslem", betont S.K. Viele seien unterschiedlich, auch im Vergleich zueinander.
Azra fügt hinzu, dass es verschiedene "Grade" des Glaubens im Islam gebe. Die Strenggläubigen praktizierten den Islam so, wie dieser auch in der medialen Debatte gezeigt werde, dazwischen gebe es aber viele andere, die eher weniger medial behandelt würden - so entstehe ein Bild, das dann für alle Muslime gelte.

... Auf die Frage, ob sie sich durch die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) vertreten fühlen, gibt es ein deutliches Nein - keiner kennt auch nur den Namen des Präsidenten der IGGÖ. S.K. fühlt sich von ihr "absolut nicht vertreten", sie zweifelt an der Sinnhaftigkeit derartiger Organisationen. Sie unterstreicht, dass institutionalisierte Verbände wie die IGGÖ nicht den Anspruch erheben sollten, alle Muslime in Österreich - inklusive der weniger Gläubigen - zu vertreten. Bei Debatten würden dann "komplett falsche Bilder" über alle Muslime transportiert werden, die nur für eine sichtbare Gruppe gelten.

... S.K. sieht sich in der Integrationsdebatte weniger als "Muslimin", lieber als eine Vertreterin der zweiten Generation, "die schon längst in der österreichischen Gesellschaft angekommen ist - ob es die Mehrheitsgesellschaft will oder nicht". Und natürlich sei sie integriert! Sie verkehrt mehr in österreichischen Kreisen als in orientalischen. Die Lebensform, die der westlichen Welt oder den Österreichern zugeschrieben wird, ist für sie die Art von Lebensweise, die ihr am meisten zusagt. Viele Wiener würden das Multikulti-Thema nicht ernst nehmen, das würde seit Jahren so funktionieren, fährt S.K. fort "Die multikulturelle Welt ist schon längst Teil der österreichischen Gesellschaft."

Daran sei aber nicht nur die aggressive Politik der Rechten schuld, wirft Manuel ein: Bei Schwarzen, Türken oder Muslimen würde die Kriminalerichterstattung deutlich negativer ausfallen, als bei anderen Bevölkerungsgruppen was den 23-Jährigen besonders ärgert, weil er sich dann ausdrücklich als "Migrant" oder "Muslim" angesprochen fühlt. Azra stellt fest, dass das "Temperament" auch die Beziehungen zu autochthonen Österreichern beeinflusst: "Ich kann nicht so sein wie ein Roboter, ich gestikuliere viel mit den Händen, bin lauter", sagt die 29-Jährige.

Auf die Frage, ob sich das Bild der "Migranten" in Zukunft ändern wird, fallen die Meinungen nahezu einstimmig aus: Bis "Normalität" einkehrt, wird auch die kommende Generation viele Fremdzuschreibungen und Vorurteile hinnehmen müssen. Die Selbstwahrnehmung ist allerdings eine andere Geschichte: S.K. führt das Beispiel ihrer Neffen und Nichten an. Sie würden nur Deutsch sprechen und sich auch wenig für die Religion interessieren. "Ihre Identität ist größtenteils österreichisch." (Yilmaz Gülüm, Toumaj Khakpour, Olivera Stajić, daStandard.at, 1.2.2012)



Aus: "Muslime in Österreich - Untypisch muslimisch" (01. Februar 2012)
Quelle: http://dastandard.at/1326504363423/Muslime-in-Oesterreich-Untypisch-muslimisch (http://dastandard.at/1326504363423/Muslime-in-Oesterreich-Untypisch-muslimisch)

Title: [Anglizismen sind völlig gesellschaftsfähig.. ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 14, 2012, 02:00:56 PM
Quote[...] Ist Kiezdeutsch eine Nachlässigkeit unserer Sprache oder wird es zu Unrecht stigmatisiert? Ein Gespräch mit dem in Griechenland geborenen Linguisten Jannis Androutsopoulos ...


Wieso kommen wir mit der Fremdheit von Anglizismen besser zurecht?

Anglizismen sind viel selbstverständlicher im Alltag. In allen gesellschaftlichen Schichten fließen englische und französische Wörter ein. Lehnwörter im Bereich der Technik sind Gang und Gäbe. Anglizismen sind völlig gesellschaftsfähig, aber bei arabischen und türkischen Lehnwörtern regen sich alle auf. Für mich ist das verlogen, denn man misst hier mit zweierlei Maß.


Aus: "Streitfall Kiezdeutsch: ,,Man misst hier mit zweierlei Maß"" (13.03.2012)
Quelle: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/streitfall-kiezdeutsch-man-misst-hier-mit-zweierlei-mass-11682110.html (http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/streitfall-kiezdeutsch-man-misst-hier-mit-zweierlei-mass-11682110.html)

Title: [Der Islam sei kein Teil Deutschlands... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 19, 2012, 11:18:18 AM
Quote[...] Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) hat vor dem Treffen der Islamkonferenz bekräftigt, der Islam sei kein Teil Deutschlands. "Der Islam ist nicht Teil unserer Tradition und Identität in Deutschland und gehört somit nicht zu Deutschland", sagte Kauder der Passauer Neuen Presse. "Muslime gehören aber sehr wohl zu Deutschland. Sie genießen selbstverständlich als Staatsbürger die vollen Rechte."

Damit widersprach Kauder erneut der Aussage des früheren Bundespräsidenten Christian Wulff, der Islam sei ein Teil Deutschlands.

...

QuoteHorizonte
    19.04.2012 um 8:19 Uhr

Kauderdeutsch
Für mich gehört Kauder nicht zu Deutschland.
Er ist für mich ein Vertreter der konservativen "Christlichen". Vertritt Meinungen und Ansichten, die in die heutige deutsche Zeit nicht mehr passen.
Er ist das wahre Gesicht der CDU und grenzt aus, was nicht seiner Meinung ist.


Quotepulviscinisnihil
    19.04.2012 um 8:28 Uhr

Kaugummi, CocaCola und MacDonalds sind nicht Teil unserer Tradition und Identität in Deutschland und gehören somit nicht zu Deutschland.


Quoteeklipz
    19.04.2012 um 8:29 Uhr

Kauder halt...
Im Ernst, in welch dichotomen Mustern denkt der Mensch denn bitte? Hier sind "wir" und dort sind die "anderen".


QuoteRegineH
    19.04.2012 um 8:31 Uhr

Wo immer verschiedene Bevölkerungsgruppen zusammen leben ist es für die Herrschenden ein Leichtes, diese gegeneinander auszuspielen. Schwarze gegen Weiße, Arme gegen Reiche etc. Und am besten funktioniert das mit verschiedenen Völkern. Kroaten gegen Serben, Sunniten gegen Paschtunen usw.


QuoteBlumenkohl
    19.04.2012 um 8:32 Uhr

Und, was bedeutet das jetzt praktisch für uns? Nix.
Der Satz taugt einzig um rechte, frustrierte Pöbler an die Urne holen. Stichwort: "Der Mann hat recht, gut das es mal jemand sagt. Hicks."


QuoteBoono
    19.04.2012 um 8:55 Uhr

36. Kauder's Mund-Diarrhoe

Es soll ja Parlamentarier geben, die sich gelegentlich auf Zeit Online umsehen...

Also Herr Kauder, was soll diese total überflüssige Spitzfindigkeit, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, die Muslime dagegen schon?
Gibt es in Deutschland jetzt eine Staatsreligion, oder was? Und wenn Sie das meinen, wäre das dann die römisch-katholische oder was? ...


...


Aus: "Islam gehört für Kauder nicht zu Deutschland" (19.04.2012)
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2012-04/islamkonferenz-kauder (http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2012-04/islamkonferenz-kauder)

Title: [Religionsfreiheit sei ein hohes Gut, aber... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 19, 2012, 03:17:19 PM
Quote[...] Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat zum Auftakt der Islamkonferenz die Aktivitäten radikaler Salafisten verurteilt. Es gehe prinzipiell nicht um die Verteilung des Koran, denn Religionsfreiheit sei ein hohes Gut, aber: "Die Salafisten wollen nicht für eine Religion werben, sondern für eine Ideologie."

Friedrich fügte hinzu: "Wir lassen es nicht zu, dass uns die Salafisten mit ihrer Propaganda die Tagesordnung aufzwingen." Dennoch müsse ein klares Zeichen gesetzt werden. Grundsätzlich ist der Bundesinnenminister jedoch der Meinung, radikale Salafisten seien unter Muslimen in Deutschland nicht mehrheitsfähig.

Salafisten hatten am Wochenende in deutschen Städten wieder kostenlose Koranexemplare verteilt und damit eine Debatte ausgelöst. Einige Politiker wie Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) forderten, das Thema auf die Tagesordnung der Islamkonferenz zu setzen.

Tuba Isik-Yigit, Theologin und Religionswissenschaftlerin, hatte zuvor gefordert, das Thema Salafisten nicht in den Vordergrund zu schieben. Sie nannte als persönliches Anliegen die Sicherheit und die Ängste von Migranten nach der Aufdeckung der rechtsextremistischen Mordserie mit zehn Toten. "Ich würde mir wünschen, dass mein Innenminister sich das zu Herzen nimmt", sagte sie.

...


Aus: "Friedrich verurteilt Aktivitäten radikal-islamischer Salafisten" (19.04.2012)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/politik/deutsche-islamkonferenz-friedrich-verurteilt-aktivitaeten-radikal-islamischer-salafisten-1.1336516 (http://www.sueddeutsche.de/politik/deutsche-islamkonferenz-friedrich-verurteilt-aktivitaeten-radikal-islamischer-salafisten-1.1336516)

-.-

Quote[...] Kenan Kolat, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD), muss seine Positionen zur Islamkonferenz an diesem Donnerstag in Berlin-Kreuzberg auf der Straße erklären. Der Innenminister wollte ihn nicht an seiner Seite haben bei seiner kurzen Erklärung in dritten Stock des alten Umspannwerkes am Landwehrkanal. Ihn nicht und auch sonst niemanden. Hans-Peter Friedrich pur.

Das habe er so entschieden, sagt der Innenminister auf Nachfrage. Ein Statement in der Kaffeepause der Islamkonferenz zu deren Beschlüssen müsse mal reichen. Deshalb gebe es auch keine gemeinsame Pressekonferenz, wie in den vergangenen Jahren üblich. Wer einen Eindruck bekommen möchte, welchen Stellenwert der Minister der Konferenz noch beimisst - jetzt hat er ihn bekommen.

Friedrich steht mit seiner Haltung nicht alleine. Politiker vor allem der Union scheinen zu glauben, es komme gut an im Vorfeld dieser Islamkonferenz, den Vertretern der islamischen Verbände Knüppel zwischen die Beine zu werfen.

So hat am Morgen erst Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann gefordert, die Konferenz möge doch bitte dem Salafismus abschwören (was die Konferenzteilnehmer schon im März 2009 getan haben). Und Union-Fraktionschef Volker Kauder meinte in bewährter Manier gegen die muslimischen Teilnehmer der Konferenz schießen zu müssen, in dem er ohne Not von sich gab: "Der Islam gehört nicht zu Deutschland."

Kolat und die anderen Teilnehmer kennen das Spiel schon. Der Vertreter der Türkischen Gemeinde Deutschlands sagt auf dem Bürgersteig zu Kauders Äußerung nur: "Jeder in diesem Land hat das Recht, Schwachsinn zu erzählen." Er verweist darauf, dass sowohl Christian Wulff als Bundespräsident als auch dessen Nachfolger Joachim Gauck dezidiert anderer Meinung sind. Vielleicht, empfiehlt Kolat, sollte Kauder bei denen noch mal nachlesen.

Innenminister Friedrich laviert herum, als er auf Kauder angesprochen wird. Das sei kein Thema gewesen, die Konferenz könne sich nicht von tagespolitischen Fragen leiten lassen, das Thema solle doch nicht immer wieder neu aufgewärmt werden. Ein klares Bekenntnis sieht anders aus. Das dürfte Friedrich jedoch auch schwer fallen, hat er sich doch schon bei seinem Amtsantritt vor gut einem Jahr fast wortgleich wie Kauder heute geäußert.

Ansonsten kommen von Friedrich zum Konferenzverlauf nur harmlos-freundliche Worte. Er lobt, es gebe jetzt erstmals eine von sehr vielen Muslimen getragene Erklärung gegen häusliche Gewalt und Zwangsverheiratungen. Allerdings muss er einräumen, dass das eher etwas mit überkommen Traditionen und patriarchalen Strukturen zu tun habe, als mit der Religion.

Das, so Friedrich weiter, gelte ebenfalls für die Probleme bei der Integration von Muslimen in den Arbeitsmarkt, das zweite wichtige Thema der Konferenz. Auch hier überwiege die Erkenntnis: Religiöse Gründe hat das nicht. Es seien eher Vorurteile in den Unternehmen, die Einstellungen verhinderten. Der Minister wirkt da bemüht, nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen. Kolat reagiert diplomatisch, der Innenminister habe "dazugelernt".

Das sehen andere Teilnehmer dann doch anders. Am Mittwoch erst hat die Bochumer Islamwissenschaftlerin Armina Omerika ihren Rückzug aus der Konferenz erklärt. Diese komme ihr "immer sinnloser" vor. Das liege vor allem an Innenminister Friedrich, dem sie unter anderem unterstellt, Studien zum Islam in Deutschland gerne zu missbrauchen, um "wieder einmal einen populistischen Diskurs" zu bedienen.

Friedrich hat zu dem Rückzug wenig zu sagen. Der sei "sehr konsequent", weil sich Omerika in den vergangen Monaten ohnehin nicht mehr beteiligt habe. Und wiegelt den erneuten Verlust eines Mitgliedes der Konferenz ab mit den Worten: "Insofern ist das halt so." Es gebe genügend Einzelpersonen", die sich an ihrer Stelle einbringen könnten. Solche Auftritte des Innenministers dürften mögliche Kandidaten allerdings kaum motivieren.


Aus: "Gerade wichtig genug für die Kaffeepause des Ministers" Von Thorsten Denkler, Berlin (19.04.2012)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/politik/islamkonferenz-in-berlin-gerade-wichtig-genug-fuer-die-kaffeepause-1.1336614 (http://www.sueddeutsche.de/politik/islamkonferenz-in-berlin-gerade-wichtig-genug-fuer-die-kaffeepause-1.1336614)

Title: [Feminism of Colour?... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 19, 2012, 03:22:21 PM
Quote[...] Und bei den speziellen Themen, die aufgrund der Geschlechterfrage in den Fokus gerückt werden müssen, muss sich ein neuer Feminismus stärker für die Interessen der Frauen mit Zuwanderungsgeschichte öffnen. Nicht im Sinne von Alice Schwarzer, die doch einen starken paternalistischen Ansatz verfolgt.

... Vielleicht nehmen wir als Oberthema für unseren Kolumnenbeitrag doch einfach einen neuen Begriff – ich weiß nicht, ob es den schon gibt – Feminism of Colour?

Öptüm, Aziz


Aus: "Feminismus und Migration – mehr als die Summe der einzelnen Teile" VON Bozkurt/Altınışık
Quelle: http://www.migazin.de/2012/03/08/feminismus-und-migration-mehr-als-die-summe-der-einzelnen-teile/ (http://www.migazin.de/2012/03/08/feminismus-und-migration-mehr-als-die-summe-der-einzelnen-teile/)

Title: [...dass unsere Kultur nicht verschwindet]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 21, 2012, 11:41:12 AM
Quote[...] Der 33 Jahre alte Breivik hatte während eines Ferienlagers der Sozialdemokraten auf der Fjordinsel im vergangenen Sommer 69 Menschen getötet, viele davon Jugendliche. Den meisten schoss er gezielt und kaltblütig ins Gesicht. Bei einem Bombenanschlag im Osloer Regierungsviertel kurz zuvor riss er acht Menschen in den Tod.

So oft war von den Morden auf der Insel der norwegischen Jusos schon die Rede, so oft vom Leid der Opfer und Hinterbliebenen. Fast ist es so, als müssten die unbeschreiblichen Grausamkeiten wieder und wieder erzählt werden, eine reinigende Prozedur, ein Ritual: als ob die Dämonen dadurch vertrieben werden könnten. Die Anwältin der Hinterbliebenen fragt lieber noch mal nach: Weißt du, dass in ganz Norwegen etwa 1000 Hinterbliebene in 17 Sälen deine Aussage hören? "Ja. Was ich getan habe, war grausam." Kannst du darüber reflektieren? "Ich würde zusammenbrechen, wenn ich meinen Schutzpanzer fallen lassen würde."

Um ihn selbst sei es damals nicht gegangen und würde es heute nicht gehen, sagt Breivik. "Ich fühle, dass es mein Beitrag dazu war, dass unsere Kultur nicht verschwindet", sagt der Angeklagte.

"Der 22. Juli handelt nicht von den Angehörigen." Aber du hast geweint, als du deinen eigenen Film gesehen hast, sagt die Anwältin der Hinterbliebenen, "Ich war darauf nicht vorbereitet. Es steht für den Kampf und alles, was ich liebe", sagt Breivik. Dann kannst du Gefühle zeigen? Breivik: "Mein Emotionsregister kann man vergleichen mit einem japanischen Elitesoldaten im Zweiten Weltkrieg. Es handelte sich um einen Angriff auf ein legitimes Ziel."

...


Aus: "Beim Töten hörte Anders Behring Breivik Musik" Per Hinrichs (21.04.2012)
Quelle: http://www.abendblatt.de/politik/ausland/article2254137/Beim-Toeten-hoerte-Anders-Behring-Breivik-Musik.html (http://www.abendblatt.de/politik/ausland/article2254137/Beim-Toeten-hoerte-Anders-Behring-Breivik-Musik.html)

Title: [Diese Problematik... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 25, 2012, 12:21:27 PM
Quote[...] Die Diskriminierung von Moslems in Europa prangert ein von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International verfasster Bericht an. Besonders in der Kritik stehen die Niederlande, Frankreich, die Schweiz, Belgien und Spanien.

... "Das Tragen religiöser und kultureller Symbole und Kleidung ist Teil des Rechts auf freie Meinungsäußerung. Es ist Teil des Rechts auf Freiheit der Religionsausübung oder Weltanschauung - und diese Rechte stehen allen Glaubensrichtungen gleichermaßen zu."

Diese Version des Menschenrechtsbegriffes dürfte allerdings auch innerhalb von Menschenrechtsorganisationen kontrovers diskutiert werden. Besonders in Ländern wie Frankreich wird seit den Tagen der Französischen Revolution das Prinzip hochgehalten, dass die Verbannung bestimmter religiöser Symbole aus der Öffentlichkeit gerade dazu beitragen soll, dass möglichst niemand diskriminiert wird. Auch im Menschenrechtsdiskurs in Deutschland wird die Frage gestellt, ob es der Durchsetzung von Menschenrechten in der Praxis dienlich ist, wenn diese als ethnische religiöse Kollektivrechte formuliert werden.

Diese Problematik wird bei der heute vorgestellten Amnesty-Studie deutlich. Schließlich hat der Amnesty-Vertreter ausdrücklich betont, dass "Islam-Hass" in Europa eher wenig verbreitet ist. Auch eine grundlegende Ablehnung des Islam sei nicht zu diagnostizieren. "In vielen Ländern ist die Meinung weit verbreitet, dass der Islam schon ok ist und die Muslime auch - solange nichts davon zu sehen ist", bringt Perolini die Stimmung auf dem Punkt.

Doch gerade in dieser Haltung sieht er die Ursachen für die in dem Report beschriebenen Menschenrechtsverletzungen. Diese Kritik ist sicher berechtigt, wenn wie in Deutschland Nonnen in religiöser Kleidung in Schulen unterrichten dürfen, moslemische Lehrerinnen aber kein Kopftuch tragen dürfen. Wenn aber in einer säkularen Gesellschaft konsequent sämtliche religiösen Insignien in bestimmten öffentlichen Räumen verbannt würden, dürfte es fraglich sein, ob dann noch von Menschenrechtsverletzungen gesprochen werden könnte.

Perolini betonte bei der Vorstellung des Berichts auch, dass natürlich niemand zum Tragen bestimmter religiöser Kleidung und Symbole gezwungen werden dürfe. Auch das würde eine Menschenrechtsverletzung darstellen. Allerdings geht er nicht auf begründete Einwände ein, die von einem faktischen Druck in religiösen Familien sprechen. Tatsächlich ist es leicht vorstellbar, dass beispielsweise liberal oder säkular eingestellte Familienmitglieder starken Pressionen ausgesetzt sind, wenn sie das Tragen religiöser Kleidung verweigern, obwohl es allgemeiner Brauch ist.

Ein solches Szenario ist durchaus in verschiednen religiösen Kulturen denkbar und macht deutlich, wie schnell religiöse Rechte mit individuellen Menschenrechten in Widerspruch geraten können. Der Amnesty-Bericht hat mit der Beschreibung gesellschaftlicher Diskriminierung in verschiedenen europäischen Ländern sicher Verdienste. So ist die Kritik an dem durch eine Volksabstimmung durchgesetztes Nein zum Bau von Minaretten nachvollziehbar. Die Debatte über den Menschenrechtsbegriff ist damit allerdings nicht beendet.

Quote25. April 2012 07:54
Salafisten vs. Piusbrüder
vollbio (mehr als 1000 Beiträge seit 20.02.07)

Eine Gesellschaft, aggressiv die gegen Salafisten vorgeht, macht sich
unglaubwürdig, wenn sie nicht genauso aggressiv gegen die Piusbrüder
oder extremistische Evangelikale, vorgeht, denn Piusbrüder und
extremistische Evangelikale sind um keinen deut besser oder weniger
gefährlich als Salafisten. Die einen träumen von einem Kalifat, die
anderen von einem neofaschistischen Ständestaat, für beide hört die
Freiheit des Menschen dort auf, wo ihre Interpretation ihrer heiligen
Texte etwas als Sünde deklariert.

Somit zeigt die Salafisten-Affäre der letzten Wochen, dass
moslemische Spinner vielfach nicht mit der gleichen Nachsicht
behandelt werden wie christliche Spinner und dass man insofern von
einer Diskriminierung sprechen kann. Wenn der Verfassungsschutz die
Salafisten überwacht, müsste er das auch mit den Piusbrüdern machen.
Tut er aber nicht
> http://pius.info/component/content/article/717-aktuell/4634-verfassungsschutz-beobachtet-piusbruderschaft-nicht

Auf der anderen Seite ist es unangemessen, vom Rest der Menschheit zu
verlangen, dass die Gesellschaft so eingerichtet zu werden hat, dass
sie ihre Rituale und ihre religiösen Regeln einhalten können. Konkret
halte ich es für unzumutbar, von jedem Arbeitgeber zu verlangen,
einen Arbeitnehmer zwei- bis viermal am Tag zu bestimmten, von den
Gurus der Religion festgelegten Zeiten zum Gebet freizustellen. Die
Frage ist nur, wo der Punkt beginnt, an dem der Arbeitgeber dem
Arbeitnehmer keine Vorschriften machen darf.

Bei Vorschriften über die Kleidung bzw. über das Erscheinungsbild
ganz allgemein ist dieser Punkt für mich noch lange nicht erreicht.
Vor allem bei Arbeitsplätzen mit Publikumsverkehr oder bei denen
besondere Arbeitskleidung erforderlich ist halte ich es aus
verschiedenen Gründen für absolut legitim, dem Arbeitgeber ein
gewisses Recht, dem Arbeitnehmer Vorschriften zu machen,
zuzugestehen.

Die Diskriminierungsvorwüfe von Amnesty sind deshalb zwar nicht
absurd, aber doch stark überzogen.

Quote25. April 2012 08:29
Re: Salafisten vs. Piusbrüder
vollbio (mehr als 1000 Beiträge seit 20.02.07)

steinbeiss schrieb am 25. April 2012 08:25

> Ach immer die gleichen Gebetsmühlen der Ablenkung vom Thema. Zeigen
> Sie doch mal ein paar Piusbruder-Predigten, die zum Hass im Namen
> Jesu aufrufen. Würde mich mal beiläufig interessieren.

Sie meinen sicher rechtsextremistische Äußerungen namhafter Vertreter
dieser Sekte. Damit kann ich dienen:

> http://de.wikipedia.org/wiki/Piusbruderschaft#Positionen_einzelner_Vertreter


Quote25. April 2012 08:40
Re: Salafisten vs. Piusbrüder
Zirkon (mehr als 1000 Beiträge seit 17.01.01)

Dann mach mal folgendes Experiment:

Stell Dich in eine Fussgängerzone einer großen Stadt, und beleidige
Jesus, den Papst und verbrenne eine Bibel.
Dann mach das gleiche mit Mohammed und dem Koran.

Danach schaun wir mal, wie es Dir danach jeweils geht. Das ist für
mich der entscheidende Unterschied bei den beiden Formen des
Extremismus.



Quote24. April 2012 21:22
Religionsfreiheit
khr (mehr als 1000 Beiträge seit 19.04.00)


Religionsfreiheit bedeutet nicht das sich andere welche nicht glauben
daran zu halten haben was "Gläubige" wollen.

Persönlich bekomme ich immer mehr den Eindruck das alle welche ihre
Religion offen austragen, andere versuchen zu missionieren ...

Es nervt das man als "Ungläubiger" sich ständig mit den Religionen
herumschlagen muss, nichts sagen kann was vielleicht jemanden
beleidigen könnte.

Wer seine Religion still und leise und für sich auslebt, bitte sehr,
keiner wird ein Problem damit haben.
Wer glaubt andere damit nerven zu müssen sorry da fehlt mir
inzwischen jedes Verständnis für.


Quote24. April 2012 19:02
Wenn ich in meinem Jedi-Bademantel zur Arbeit komme
DerWaechter

werde ich erst zu angemessener Kleidung aufgfordert, im
Wiederholungsfall abgemahnt und am Ende gefeuert.

Ich finde das als Anhänger der Jedi-Religion ziemlich
diskriminierend.

Quote24. April 2012 19:05
Re: Wenn ich in meinem Jedi-Bademantel zur Arbeit komme
Kai Lahmann

DerWaechter schrieb am 24. April 2012 19:02

> Ich finde das als Anhänger der Jedi-Religion ziemlich
> diskriminierend.

Ist es auch. Völlig egal, ob es sich dabei um eine ernsthafte
Religion handelt oder nicht.


Quote24. April 2012 19:21
Ich kenne keine ernsthaften Religionen
DerWaechter

Ich habe keinen unsichtbaren,allmächtigen Freund und ich halte nichts
von Ritualen und Regeln, die Leute mit Wahnvorstellungen im Altertum
verfasst haben.




Aus: "Werden Moslems in Europa diskriminiert?" Peter Nowak (24.04.2012)
Quelle: http://www.heise.de/tp/blogs/8/151867 (http://www.heise.de/tp/blogs/8/151867)

Title: [Barn av regnbuen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 26, 2012, 05:22:04 PM
Quote[...]  Es handelt von Kindern, die gemeinsam unter dem Regenbogen leben: Das Lied "Barn av regnbuen" lernen viele Norweger schon im Kindergarten. Doch vor Gericht verunglimpft es der Massenmörder Anders Breivik als marxistische "Gehirnwäsche". Zehntausende Menschen haben sich in Oslo versammelt, um dagegen anzusingen.

Die Aktion begann auf dem Youngs-Platz, gleicht hinter der Staatskanzlei, die Breivik am 22. Juli mit einer Autobombe zerstört hatte, und direkt neben dem Gebäude der Arbeiterpartei. Zunächst wandte sich Trond Blattmann an die Menge, um den Menschen im Namen der Angehörigen der Opfer für die Solidarität zu danken. Blattmann verlor im Massaker von Utøya einen Sohn.

Anschließend sang der Musiker Lillebjørn Nilsen gemeinsam mit dem vielstimmigen Chor der Demonstranten sein Lied "Barn av regnbuen" ("Kinder des Regenbogens"). Das ist nicht einfach irgendein Volkslied: Viele Norweger haben den Song, der vom verantwortungsvollen Umgang mit der Natur und globaler Harmonie handelt, schon im Kindergarten gelernt.

Für den Rechtsradikalen Breivik aber ist "Barn av regnbuen" ein Beispiel für "Indoktrination". Das sagte der Angeklagte am vergangenen Freitag vor Gericht. Songwriter Nilsen beschimpfte er als "Marxisten", der die Kulturszene infiltriert habe.

Diese Verunglimpfung wollten sich einige Osloer nicht gefallen lassen und riefen spontan über das Internet zu der Kundgebung auf. Sie erhielten breite Unterstützung: Von einer Sicherheitsfirma, die für die Veranstaltung kostenfrei Ordner zur Verfügung stellte. Von zahlreichen Unternehmen, die ihre Mitarbeiter freistellten, so dass diese an der Veranstaltung teilnehmen konnten.

Und von US-Folkmusiker Peter Seeger. Er hat das Lied 1973 in der Originalfassung "Rainbow Race" geschrieben. Inzwischen ist Seeger 92 Jahre alt. Er hatte es sich nicht nehmen lassen, seinen Kollegen Nilsen in Norwegen anzurufen, um ihm für den bevorstehenden Auftritt alles Gute zu wünschen.

Nach dem Lied marschierten die Demonstranten zum Gericht, um dort Rosen niederzulegen. Aus der roten Rose, dem traditionellen Symbol der Arbeiterpartei, wurde mit den Anschlägen von Oslo und Utøya auch zum Symbol landesweiter Trauer und Solidarität. Seit Tagen wächst vor dem Gebäude des Tinghus bereits ein Blumenmeer heran, während drinnen bei der Verhandlung jeden Tag neue, grausame Details über die Attentate bekannt werden. Derzeit sagen dort Zeugen des Bombenanschlags im Osloer Regierungsviertel aus, in der nächsten Woche sollen Überlebende des Massakers von Utøya zu Wort kommen.

Auch im vergangenen Sommer, unmittelbar nach den Anschlägen, hatten die Norweger dem Terror Blumen entgegengesetzt. Die Bilder vom Osloer "Rosenmarsch" am 25. Juli 2011, bei dem Hunderttausende ihre Solidarität mit den Opfern bekundeten, gingen damals um die Welt.


Aus: "Ansingen gegen Breiviks Terror" Von Gunnar Herrmann (26.04.2012)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/panorama/kundgebung-in-oslo-ansingen-gegen-breiviks-terror-1.1342763 (http://www.sueddeutsche.de/panorama/kundgebung-in-oslo-ansingen-gegen-breiviks-terror-1.1342763)

Title: [Mich stört die Masse der Deutschen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 29, 2012, 05:33:32 PM
Quote[...] "Einzelne Deutsche stören mich nicht, mich stört die Masse", sagte die 35-Jährige jetzt der Zeitung "Sonntags-Blick". Was wohl eine Art Relativierung ihrer kontroversen Aussage von letzter Woche sein sollte, dürfte die hitzig geführte Debatte um die deutsche Zuwanderung in die Schweiz nur befeuern. Vorigen Sonntag hatte Rickli in einer Fernsehsendung des Lokalsenders TeleZüri gesagt: "Wir haben zu viele Deutsche im Land."

Im aktuellen "Sonntags-Blick" benennt Rickli auch, wo genau das Problem mit den Dauergästen aus dem Norden ihrer Ansicht nach am Größten ist: Speziell im Kanton Zürich träten Deutsche in Massen auf. Gegen einzelne deutsche Ärzte oder Kellner habe sie zwar nichts. Aber: "Wenn es aber nur noch deutsche Serviertöchter (Kellnerinen) hat, deutsche Ärzte, ich in den Schweizer Bergen nur noch von Deutschen bedient werde, fühle ich mich nicht mehr daheim."

... Rickli selbst kann an ihren Aussagen nichts Verwerfliches finden: "Ich hetze nicht gegen Deutsche", sagte sie. "Ich spreche die Problematik an, dass zu viele hier sind." Nach den Angaben der in der SVP unter anderem mit Ausländerpolitik beschäftigten Abgeordneten leben 276.000 Deutsche in der Schweiz, die knapp acht Millionen Einwohner hat. Welche ungeheure Belastung das ihrer Ansicht nach offenbar bedeutet, versucht sie mit einem Zahlenspiel zu illustrieren: "Rechnen wir das auf Deutschland um, wären 2,7 Millionen Schweizer in Deutschland."

... Immerhin: Die Deutschen sind nicht die einzigen, die Frau Rickli Unbehagen bereiten. Die Schweiz habe generell ein Problem mit der Zuwanderung und der Personenfreizügigkeit. "Wir haben zu viel Kriminalität. In unseren Gefängnissen sind 70 Prozent Ausländer. Wir haben ein Asylchaos", sagte die SVP-Frau. Jeder könne in die Schweiz kommen, hier arbeiten und habe Zugang zu den Sozialleistungen.

Mit solchen Aussagen führt die SVP-Politikerin konsequent die Politik ihrer Partei fort, die - lange Zeit unter der Führung von Christoph Blocher - seit den neunziger Jahren mit ihrem Kampf gegen Europa, gegen Zuwanderung und für Marktliberalismus zur stärksten Partei des Landes aufgestiegen ist. Dabei hat sie wiederholt Ressentiments bedient und bewusst Tabubrüche begangen.

Die 35-jährige Rickli hat eine rasante politische Karriere hingelegt. Schon seit fünf Jahren sitzt sie im Schweizer Parlament. Die "Neue Zürcher Zeitung" nannte sie einmal "die gefährlichste Frau der SVP". Beobachter schildern sie als klug, fleißig und tough.

tdo/dpa


Aus: ""Mich stört die Masse der Deutschen"" (29.04.2012)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,830449,00.html (http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,830449,00.html)

Title: [Arzu Ö. aus Detmold... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 30, 2012, 02:22:58 PM
Quote[...] Im Prozess um die Ermordung der jungen Kurdin Arzu Ö. aus Detmold haben die drei hauptangeklagten Geschwister weitgehende Geständnisse abgelegt. Zum Auftakt vor dem Landgericht gab der 22-jährige Osman Ö. zu, die Kontrolle verloren und seine Schwester Arzu erschossen zu haben.

Ebenso wie seine Schwester Sirin (27) und sein Bruder Kirer (25) gestand auch er, die 18-Jährige im November 2011 entführt zu haben. Die Anklage sieht das Tatmotiv darin, dass Arzus jesidische Familie deren Liebesbeziehung zu einem deutschen Bäckergesellen aus religiösen Gründen nicht dulden wollte.

Arzu war im November plötzlich spurlos aus Detmold in Nordrhein-Westfalen verschwunden. Zehn Wochen lang suchte die Polizei nach ihr, im Januar wurde ihre Leiche schließlich in Schleswig-Holstein entdeckt.

Eigentlich hätten sie ihrer jüngeren Schwester nur "den Kopf waschen wollen", um sie zur Vernunft zu bringen, sagte Sirin vor Gericht aus. Doch dann sei alles anders gekommen. Bei einer Rast in einem Waldstück bei Lübeck seien plötzlich zwei Schüsse gefallen, schilderte Sirin. Sie sei zu Osman gelaufen, habe ihn gerüttelt. Er habe etwas in der Hand gehalten, "auf dem Boden lag Arzu".

Zuvor hatte Sirin berichtet, dass Arzu getrunken und Drogen genommen und sich zunehmend von ihrer Familie entfernt habe. Dann sei sie von der Familie verprügelt worden und kurz darauf weggelaufen. Sirin sagte, sie habe ihre verstoßene Schwester mit aller Macht in die Familie zurückholen wollen.

Die Staatsanwaltschaft geht von einem religiösen Hintergrund der Tat aus. Anhänger der vorchristlichen Glaubensgemeinschaft der Jesiden dürfen nach strenger Auslegung nur untereinander heiraten. In der Anklageschrift ist von "ehrbezogenen Motiven" die Rede. Derartige niedrige Beweggründe seien nach den in Deutschland geltenden Maßstäben und den hier herrschenden sittlichen und rechtlichen Auffassungen besonders verachtenswert.

Zunächst sind fünf Verhandlungstage angesetzt. Das Gericht in Detmold hat 30 Zeugen geladen, der Vater des Opfers ist nicht darunter. Er gilt zwar als Beschuldigter, das Ermittlungsverfahren gegen ihn wurde aber abgetrennt. Vor dem Gerichtsgebäude demonstrierten Menschenrechtsvereine gegen sogenannte Ehrenmorde.


Aus: "Tod der jesidischen Kurdin Arzu - Geschwister gestehen Entführung und Mord" (30.04.2012)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/panorama/tod-der-jesidischen-kurdin-arzu-geschwister-gestehen-entfuehrung-und-mord-1.1345247 (http://www.sueddeutsche.de/panorama/tod-der-jesidischen-kurdin-arzu-geschwister-gestehen-entfuehrung-und-mord-1.1345247)

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Quote[...] Vertreter von Terre des Femmes und Peri forderten gerechte Strafen. Es dürfe keinen ,,Kulturbonus" für die sogenannten "Ehrenmorde" geben, hieß es. (dpa, dapd)

...


Aus: "Geständnis: Bruder tötet eigene Schwester" (30.04.2012)
Quelle: http://www.fr-online.de/panorama/mord-an-arzu-oe--gestaendnis--bruder-toetet-eigene-schwester,1472782,15047426.html (http://www.fr-online.de/panorama/mord-an-arzu-oe--gestaendnis--bruder-toetet-eigene-schwester,1472782,15047426.html)

Title: [Es geht nicht um Frisuren und Klamotten... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 01, 2012, 04:52:07 PM
Quote[...] Über die Entwicklung der muslimischen Punkszene ...

Zitat aus dem Roman "Taqwacore":
"Obwohl Rabeya eine ebenso überzeugte Muslima war wie jeder andere hier, lebte sie den Islam, wie sie es für richtig hielt. Bei der gestrigen Party war sie es, die völlig verschleiert ans Mikrofon gesprungen war, um eine Coverversion von 'Nazi Girlfriend' von den Stooges zum Besten zu geben; durch ihren Niquab sang sie langsam und geisterhaft in Iggy Pops morbider Altmännerstimme: 'I want to fuck you on the floor, among my books of ancient lore'."

Eine Leseprobe aus dem Roman "Taqwacore" des Amerikaners Michael Muhammad Knight. Dass dieser Stoff die deutschen Medien geradezu magisch anzieht: kein Wunder. Die Kopftuchdebatte, der "Euro-Islam" oder auch das Thema "Ehrenmorde". Die Diskussion um den Islam in Deutschland erscheint so festgefahren wie verkrampft.

Und nun kommt Taqwacore daher. Ein Roman über eine WG von Punkmuslimen, die feuchtfröhliche Partys feiern, sich aber als vorbildliche Muslime sehen und schon mal einen Joint rauchen, während sie aus dem Koran rezitieren. Ein fiktiver Roman, aus dem sich in Amerika reale Punkbands entwickelt haben. Los ging das 2005. Damals bekam Kourosh Poursalehi, ein schmächtiger Student in Round Rocks, Texas, den Roman "Taqwacore" in die Hände:

"Am Anfang dachte ich wirklich, es sei eine reale Beschreibung. Sobald ich das Buch gelesen hatte, habe ich Michael Muhammad Knight kontaktiert. Ich fragte ihn: Wo kann ich diese Leute treffen? Da erklärte er mir, er habe sich alles nur ausgedacht. Trotzdem fühlten sich die Figuren aus dem Buch für mich immer noch real an. Da sagte ich mir: Warum soll ich sie nicht einfach in die Wirklichkeit holen? Das Gedicht 'Muhammad was a punk rocker', das am Anfang des Buches steht, schien mir geeignet für einen Song."

... Kourosh Poursalehi: "Das war der erste Song von Taqwacore, behauptet man heute."

Kourosh Poursalehi gründete eine Einmann-Band mit dem provokanten Namen: Vote Hezbollah. Weitere Bands entstehen in dieser Zeit, in Washington, Vancouver und Boston. Ihre Stücke haben Texte wie "Jagt den ganzen Mist in die Luft, wir wollen keine Assimilation". Taqwacore hatte einen Nerv getroffen. Der Grund liegt, paradoxerweise, begründet im Erfolg der amerikanischen Muslime.

Ein Großteil von ihnen sind Akademiker. Sie oder ihre Vorfahren wurden nicht wie in Europa als billige Arbeitskräfte angeworben. Der amerikanische Traum, der Plan von Karriere und Aufstieg, hat gut ausgebildete Muslime in die USA gelockt. Sie integrierten sich geräuschlos. Bis zum 11. September 2001 spielte es keine Rolle, dass sie Muslime waren. Doch dann gerieten sie unter Generalverdacht, auch die dritte Generation: Junge Erwachsene, die in Amerika mit Basketball, Skateboard und Popmusik aufgewachsen waren, wurden plötzlich angefeindet - als Muslime.

... Basim Usmani: "Viele Medien wollen, dass wir als Islampunks auftreten, als Stimme für wütende Muslime, die ihre eigene Kultur nicht mögen. Die Medien brauchen einen neuen Salman Rushdie. Sie hatten die Mohammed-Karikaturen. Das hat schon ziemlich gut funktioniert. Jetzt versuchen sie sich an mir. Sie wollen mich zu einer Mohammed-Karikatur machen. Das werde ich aber nicht sein."

Vor den Karren einer pauschalen Islamkritik wollen sich die Bands nicht spannen lassen. Es wäre auch ein Bruch mit dem ironisch-hintergründigen Ton des Romans.

Zitat aus dem Roman "Taqwacore":
"Bist du hier, um die Fatwa zu vollziehen?"
"Was?"
"Du weißt schon - ich bin eine Abtrünnige, theoretisch kannst du mich töten."
"Aha", sagte ich mit dem Anflug eines Lachens.
"Gib mir die Salman-Rushdie-Spezialbehandlung", sagte sie mit ausgestreckten Armen und geschlossenen Augen.

Basim bezeichnet sich als "atheistischen Muslim". Im Grunde denken viele nominelle Christen im Westen nicht anders. Aber es ist ein Bekenntnis, das für nominelle Muslime eben nicht so selbstverständlich ist - aufgrund einiger Koranverse, aber auch angesichts der aufgeladenen Islamdebatte. Basim sagt heute kritisch: Mit Taqwacore sei nicht wirklich etwas Neues erfunden worden:

"Einer der größten Dichter Pakistans, der muslimische Reformer Allama Iqbal, hat sich mit dem Kapital" von Karl Marx auseinandergesetzt, er war in Deutschland und hat Nietzsche gelesen. All solche Philosophen hat es schon gegeben, in den 30er- und 40er-Jahren. Und wir heute sind daher nicht die Muslime neuen Typs.

Das belastet mich schon sehr. Man baut Erwartungen auf, dass ich mein ganzes Leben dann genau so ein Muslim bleibe. Diese selbst erfundene Definition sollen sie mal schön für sich behalten. Wir versuchen einfach nur einen Raum zu finden, um neue Kunst zu schaffen."

Basim und seine Band, die Kominas, haben sich weiterentwickelt. Ihr erstes Album hieß noch, sehr plakativ, "Wild nights in Guantanamo Bay". Nun haben sie islamische Sufi-Texte vertont. Gesungen im indischen Punjabi-Dialekt. Wohl auch, um den Journalisten keine einfachen Vorlagen mehr zu liefern. Und tatsächlich: Die US-Medien haben das Interesse verloren. Die Aufbruchstimmung des Romans: Das scheint lange her.

Punkislam in Amerika ist heute in der Krise. Die kanadische Punkfrauen-Band "The Secret Trial Five", die sich einst zu Taqwacore bekannte, hat sich offiziell distanziert. Kouroush, der die erste Taqwacore-Band in Texas gegründet hatte, macht mittlerweile gar keinen Punk mehr, sondern elektronische Ambientrhythmen. Obwohl er sagt: Das mit dem Punk werde immer schnell so eng gesehen:

"Punkrock ist eine Ideologie, eine Haltung. Das lässt sich nicht an Äußerlichkeiten festmachen. Es geht nicht um Frisuren und Klamotten, oder welche Bands man hört. Es geht darum, wer du bist und was dich glücklich macht. Die eine oder andere Norm brechen, das könnte man zwar "Punkrock" nennen. Aber letztlich geht es nicht darum, anders zu sein, sondern darum, sich selbst treu zu bleiben - das ist Punkrock."


Aus: "Punkrock ist eine Haltung" Von Thilo Guschas (28.04.2012)
Quelle: http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/religionen/1742027/ (http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/religionen/1742027/)

Title: [Die Polizei parkte zwischen beiden Seiten Mannschaftswagen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 06, 2012, 04:52:06 PM
http://de.wikipedia.org/wiki/Salafismus (http://de.wikipedia.org/wiki/Salafismus)

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http://www.sueddeutsche.de/politik/eskalation-zwischen-salafisten-und-rechten-pro-nrw-aktivisten-eine-explosion-der-gewalt-die-wir-lange-nicht-erlebt-haben-1.1349490 (http://www.sueddeutsche.de/politik/eskalation-zwischen-salafisten-und-rechten-pro-nrw-aktivisten-eine-explosion-der-gewalt-die-wir-lange-nicht-erlebt-haben-1.1349490)

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Quote[...] Bonn (dpa) - Auseinandersetzungen über den Islam sind in Nordrhein-Westfalen erneut in schwerer Gewalt geendet: Nach einer Provokation der rechten Splitterpartei Pro NRW griffen Anhänger radikaler Salafisten in Bonn die zum Schutz der Veranstaltung aufgezogene Polizei an.

29 Polizisten wurden verletzt, zwei erlitten durch Messerstiche schwere Verletzungen. 109 Gewalttäter wurden nach Polizeiangaben festgenommen. Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) reagierte entsetzt.

Bereits am 1. Mai war es in Solingen am Rande eines Pro-NRW-Auftritts zu gewalttätigen Übergriffen mit drei verletzten Polizisten gekommen. Die Auseinandersetzungen haben an Schärfe zugenommen, seit Salafisten seit einigen Wochen bundesweit kostenlose Korane verteilen.

Die in Bonn schwer verletzten Beamten wurden im Krankenhaus operiert. Lebensgefahr bestehe jedoch nicht, hieß es. Gegen einen 25-Jährigen aus Hessen nahm die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen eines versuchten Tötungsdelikts auf.

Den weniger als 30 Pro-NRW-Leuten standen nach Polizeiangaben 500 bis 600 Gegendemonstranten gegenüber. Die Polizei parkte zwischen beiden Seiten Mannschaftswagen, um die Situation zu entschärfen, wie ein Sprecher berichtete. Die Situation eskalierte, als Anhänger von Pro NRW wieder islamfeindliche Karikaturen zeigten. Nach der massiven Attacken und Steinwürfen wurde die Veranstaltung nach rund 45 Minuten beendet. Bereits vor der Demonstration waren ein Schlagstock sowie Steine und eine Steinschleuder sichergestellt worden.

Landesinnenminister Jäger sagte am Sonntag in Düsseldorf: «Die systematischen Provokationen der Rechtsextremisten von Pro NRW mit islamfeindlichen Karikaturen rechtfertigen in keinster Weise diese Ausschreitungen.» Und: «Das waren keine spontanen Angriffe, denn die Salafisten hatten zuvor intensiv bundesweit für ihre Aktion mobilisiert.» Den Rechtsextremen von Pro NRW wiederum warf er vor, gezielt Hass gegen vier Millionen Muslime zu schüren, die friedlich in Deutschland lebten und die sich von Salafisten distanzierten. «Pro NRW ist gefährlich für unsere Demokratie.»

Auch in Berlin kam es zu Rangeleien zwischen Salafisten und Anhängern der rechtspopulistischen Partei Pro Deutschland, als die radikalen Muslime Korane verteilten. Die Polizei erteilte nach eigenen Angaben mehrere Platzverweise. Anders als zunächst mitgeteilt wurde, gab es aber keine Verletzten.

Karikaturen des Propheten Mohammed sind für Muslime eine besondere Provokation, weil jegliche bildliche Darstellung Mohammeds im Islam verboten ist. Die Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen in Dänemark hatte bereits 2005 zu teils gewalttätigen Protesten von Muslimen in aller Welt geführt.

Der Salafismus ist nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes ein Sammelbecken für gewaltbereite Islamisten. Er hat in Deutschland rund 2500 Anhänger. Salafisten vertreten einen rückwärtsgewandten Ur-Islam und lehnen jede theologische Modernisierung ab. Sie vertreten diskriminierende Positionen gegen Frauen und bestehen auf deren Vollverschleierung.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hält den Salafismus für eine Keimzelle des Islamisten-Terrors in Deutschland. «Von seinen fanatischen Anhängern geht eine besondere Gefährdung für die Sicherheit Deutschlands aus», sagte er der «Bild am Sonntag». «Die Salafisten liefern die ideologische Basis für viele, die dann gewalttätig werden.»


Aus: "Entsetzen über Salafisten-Gewalt nach Provokationen" (06.05.2012)
Quelle: http://www.zeit.de/news/2012-05/06/extremismus-entsetzen-ueber-salafisten-gewalt-nach-provokationen-06162202 (http://www.zeit.de/news/2012-05/06/extremismus-entsetzen-ueber-salafisten-gewalt-nach-provokationen-06162202)

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Quote[...] Nun ist es passiert. Der Terror, den die radikal islamischen Salafiten bislang nur innerhalb der muslimischen Communities verbreitet haben, hat sich gestern Nachmittag für alle sichtbar auf den Straßen von Bonn gewaltsam entladen. Anlass dafür bildete der Versuch von 29 Aktivisten der ausländerfeindlichen Partei Pro NRW, einige Karikaturen des ,,Propheten" Mohammed vor der König-Fahd-Akademie in Bonn zu präsentieren. ...

Die vorläufige Bilanz in Bonn: 109 festgenommene Islamisten, 29 verletzte Polizisten, davon mindestens zwei durch Messerstiche. Eine Mordkommission ermittelt.

... Was am 5. Mai in Bonn auch ausgetragen wurde, war ein sprichwörtlicher Wahlkampf zwischen der rechtsradikalen Pro NRW und der islamistischen BIG-Partei und ist womöglich eine neue Qualität der politischen Auseinandersetzungen zwischen muslimischen Funktionären und den vermeintlichen oder tatsächlichen Ungläubigen.

Pro NRW, bestehend aus Ex-Nazis und Lumpenbourgeoisie, ist dabei nur die andere Seite derselben kulturalistischen Medaille. Will die islamistische BIG-Partei dem kleinen muslimischen Mann zu einer Stimme verhelfen, inszeniert sich Pro NRW als bieder-bürgerliche Schutzmacht des christlichen Abendlandes. Während der Rat der Muslime bzw. die BIG-Partei gelegentlich einen wütenden Mob gegen dessen frommen Wunsch politisch instrumentalisiert, kann sich Pro NRW nur noch auf die Polizei verlassen, die sich pflichtschuldig anstelle der Rechtspopulisten verprügeln lässt.

Fakt ist: Die fremdenfeindliche Partei Pro NRW hat die Islamisten nicht damit provoziert, dass sie wie andere Landtagsparteien einer repressiven Ausländerpolitik anhängt, sondern einzig und allein durch die islamkritischen Karikaturen des Kurt Westergaard. Der salafitische Mob hätte genauso zugeschlagen, wenn die Karikaturen von Linken gezeigt worden wären, welche aber zur Islamkritik unfähig sind und trotzdem – wie am 1. Mai in Solingen – von Salafiten mit Holzlatten krankenhausreif geprügelt werden [6].

Die Absicht des nordrhein-westfälischen Innenministers Jäger (SPD), den Rechten das Zeigen der Mohammed-Karikaturen zu verbieten, um sich Ruhe vor dem islamischen Mob zu erkaufen, wäre ein Pyrrhussieg für den ,,öffentlichen Frieden". Tatsächlich hätten die Salafiten damit einen Etappensieg herbeigeprügelt, auf dem sie propagandistisch aufbauen könnten. Solch ein Erfolg könnte Muslime, die die Mohammed-Karikaturen für unerträglich halten, sie bislang aber nicht gewaltsam aus der Welt schaffen wollten, zu der Überzeugung bringen, dass Gewalt doch eine probate Lösung und der Salafismus der verlässlichste Verteidiger des Islams ist.

Auch wenn der von Pro NRW verbreitete Hass auf muslimische Migranten entschieden bekämpft werden muss, darf im Zuge dessen das ,,befreiende Gelächter über das Allerheiligste" (Redaktion Bahamas) [7] keinesfalls verboten werden.

Gruppe Georg Elser (Bonn), 6. Mai 2012


Aus: "Beim Barte des Propheten"
Gruppe Georg Elser 06.05.2012 21:37 Themen: Antirassismus Freiräume Kultur
Quelle: http://de.indymedia.org/2012/05/329621.shtml (http://de.indymedia.org/2012/05/329621.shtml)

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Quote
QuoteZu "Auch Rechte dürfen Mohammed-Karikaturen zeigen"

7. Mai 2012 19:31
Wenn Salafisten Humor hätten würden sie einfach mit Jesus-Karikaturen kontern. Damit lassen
sich die gutchristlichen Pro-Nasen wunderbar provozieren, das Geheule
bei PI kann ich mir jetzt schon vorstellen.

Aber da hat die Religiosität wohl mal wieder das Humorzentrum im Hirn
blockiert. Fanatiker haben halt nix zu lachen, da muß immer das Blut
kochen.



http://www.heise.de/tp/blogs/foren/S-Wenn-Salafisten-Humor-haetten/forum-228160/msg-21803487/read/ (http://www.heise.de/tp/blogs/foren/S-Wenn-Salafisten-Humor-haetten/forum-228160/msg-21803487/read/)

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Quote[...] Derweil hat die Essener Polizei einen Kommissar wegen angeblicher Verbindungen zu den radikalislamischen Salafisten vorläufig vom Dienst suspendiert. Der 31-Jährige habe inzwischen eingeräumt, dass er den Islamisten "zugetan" sei, sagte ein Polizeisprecher und bestätigte einen Bericht der WAZ-Mediengruppe. Gegen den Mann würden Vorermittlungen geführt. Wenn sich die Vorwürfe bestätigten, werde ein Verfahren "mit dem Ziel der Entlassung aus dem Beamtenverhältnis" eingeleitet.

Der 31-jährige Kommissar soll unter anderem privat Infostände angemeldet haben, an denen islamistisches Material verbreitet wurde. Zudem soll er Kontakt zu Hasspredigern wie dem Konvertiten Pierre Vogel gehabt haben.

Pro-NRW provoziert bereits seit Tagen mit Auftritten vor Moscheen und islamischen Einrichtungen. In Bonn wurden am Samstag 29 Polizisten verletzt, darunter zwei schwer. Ein 25-jähriger Mann aus Hessen sitzt inzwischen in Untersuchungshaft. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft räumte er ein, mit einem Messer auf zwei Beamte eingestochen zu haben. Eine Tötungsabsicht bestreitet er aber. Allein am Samstag waren 109 Personen vorübergehend festgenommen worden. Gegen viele von ihnen wurde nun ein Reiseverbot zur Kölner Gegendemonstration verhängt.

... Der dänische Karikaturist Kurt Westergaard wehrt sich gegen den Missbrauch seiner Karikatur durch Pro-NRW. Er habe den Dänischen Journalistenverband gebeten, gegen die missbräuchliche Nutzung seines Namens und seines Werks vorzugehen, sagte Westergaard dem "Kölner Stadt-Anzeiger". "Ich lehne es strikt ab, mit einer politischen Partei oder Bewegung in Verbindung gebracht zu werden."

Der 76-jährige Westergaard hatte 2005 in der dänischen Zeitung "Jyllands-Posten" eine Karikatur über den Propheten Mohammed veröffentlicht. Seither wird er bedroht und lebt wegen ständiger Todesdrohungen unter Polizeischutz.

Er hätte Pro-NRW die Genehmigung zum Zeigen der Karikatur niemals gegeben, sagte Westergaard. "Rechtsgewirkten Wirrköpfen" sei "so etwas wie Copyright vollständig gleichgültig". Auch in Dänemark sei ein Verfahren gegen eine islamfeindliche Gruppe anhängig, die die Karikatur für eine Demonstration missbraucht habe.

fab/dpa/dapd


Aus: "Platzverbot für gewaltbereite Salafisten" (08.05.2012)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/pro-nrw-demo-in-koeln-platzverbote-gegen-gewaltbereite-salafisten-a-832065.html (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/pro-nrw-demo-in-koeln-platzverbote-gegen-gewaltbereite-salafisten-a-832065.html)

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Quote[...] Unions-Politiker wollen militante Islamisten ausweisen. Der CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl sagte der "Bild"-Zeitung: Jeder der in Deutschland lebe, müsse "unsere freiheitlich demokratische Grundordnung akzeptieren". Wer diese Werte ablehne, "der soll unser Land schnellstmöglich verlassen." Im Zweifelsfall müsse er "ausgewiesen werden".

Laut Uhl muss sich Deutschland "mit allen Mitteln gegen den Import eines steinzeitlichen Religionsverständnisses wehren". Für den Innenexperten heißt das auch, bei eingebürgerten Islamisten, den Entzug der Staatsbürgerschaft zu erwägen.

Teile der FDP unterstützen das Vorhaben. Hessens Justizminister Jörg-Uwe Hahn sagte dem Blatt, wer versuche, religiöse Ansichten über Straßenschlachten mit der Polizei und Andersdenkenden durchzusetzen, sei "eine Gefahr für das friedliche Zusammenleben". "Eine wehrhafte Demokratie darf sich deshalb nicht scheuen, alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen." Dazu gehörten "strafrechtliche Konsequenzen ebenso wie eine Abschiebung, ein Einreiseverbot oder das Verbot von Versammlungen."

...


Aus: "Union will Salafisten ausweisen" (09. Mai 2012)
Quelle: http://www.n-tv.de/politik/Union-will-Salafisten-ausweisen-article6215546.html (http://www.n-tv.de/politik/Union-will-Salafisten-ausweisen-article6215546.html)

Title: [Auf dem Pforzheimer Marktplatz... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 19, 2012, 06:03:21 PM
Quote[...] Der integrationspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Memet Kilic, hat auf dem Pforzheimer Marktplatz kostenlose Exemplare der deutschen Verfassung verteilt. Kilic reagierte mit der Aktion auf die umstrittenen Koran-Verteilungen islamischer Fundamentalisten.

Rund 500 Exemplare des Grundgesetzes in verschiedenen Sprachen hatte der Bundestagsabgeordnete mitgebracht. Nach gut anderthalb Stunden hatte er nach eigenen Angaben rund 250 verteilt.

Er beobachte, dass sich derzeit islamische Fundamentalisten und Extremisten vom rechten Rand gegenseitig hochschaukelten, sagte Kilic. "Die vernünftige Mitte der Gesellschaft muss sich zu Wort melden und deutlich machen, dass wir eine wunderbare Grundlage haben, auf der wir gemeinsam leben können. Deshalb will ich für das Grundgesetz Werbung machen."


Aus: "Bundestagsabgeordneter verteilt Grundgesetze" (18. Mai 2012)
Quelle: http://www.stern.de/politik/deutschland/reaktion-auf-umstrittene-koranverteilung-der-salafisten-bundestagsabgeordneter-verteilt-grundgesetze-1829226.html (http://www.stern.de/politik/deutschland/reaktion-auf-umstrittene-koranverteilung-der-salafisten-bundestagsabgeordneter-verteilt-grundgesetze-1829226.html)

Title: [Ich kann mich nicht mehr frei bewegen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 24, 2012, 03:28:43 PM

http://de.wikipedia.org/wiki/Shahin_Najafi (http://de.wikipedia.org/wiki/Shahin_Najafi)


Quote[...]  Vor einigen Wochen wurde auf Shahin Najafi ein Kopfgeld ausgesetzt. Angeblich hatte der Rapper den Imam in einem Song beleidigt. Jetzt ist er in Köln untergetaucht. Von Solidarität keine Spur.


... Herr Najafi, am 8. Mai wurde eine Fatwa, die Großajatollah Lotfollah Safi Golpaygani zwei Wochen zuvor ausgesprochen hatte, direkt und persönlich gegen Sie gerichtet. Außerdem wurde von einer Website, die den iranischen Revolutionsgarden nahesteht, ein Kopfgeld von 100000 Dollar auf Sie ausgesetzt. Wie hat das Ihr Leben verändert?

Shahin Najafi: Alles ist anders. Ich kann mich nicht mehr frei bewegen und habe keine Kontakte mehr zu Freunden, außer zu meinem Manager - und zu Journalisten. Aber ich bin froh, dass ich Günter Wallraff kennen gelernt habe und er mich in dieser schwierigen Situation unterstützt. Ich hatte in den letzten Tage viel Zeit darüber nachzudenken, was ich richtig und was ich vielleicht falsch gemacht habe.

Sie meinen, ob es richtig war, das Lied ,,Naghi" zu veröffentlichen, in dem Sie den zehnten der zwölf schiitischen Imame, der im neunten Jahrhundert gelebt hat, anrufen, um im Iran die politische und gesellschaftliche Schieflage in Ordnung zu bringen, aber auch rappen: ,,Oh Naghi, ich flehe um Liebe und Viagra / um breit gemachte Beine und die Untertänigen"?

Dieses Lied ist die Quintessenz von allem, was ich bisher geschrieben habe. Vor einem Jahr hatte ich ein Lied verfasst, in dem ich mich an den zwölften Imam, an Mahdi, den islamischen Messias, wende, aber das war nicht ironisch oder satirisch, sondern eher melancholisch und traurig. Auf diesen Song hatte ich nur positive Reaktionen erhalten. Ich habe ein Jahr lang auf eine ,,Antwort" von Imam Mahdi gewartet, aber keine bekommen. Dann habe ich vor fünf, sechs Monaten dieses neue Lied geschrieben. Am 7. Mai habe es veröffentlicht, da war ich gerade in Paris. Ein paar Stunden später kursierten im Internet die ersten Meldungen über das angebliche Todesdekret gegen mich. Als ich dann im Internet das Kopfgeld sah, begriff ich, dass es todernst war. Es gibt das Sprichwort: ,,Du kannst an einen Stein glauben, solange Du mich nicht steinigst."

Wer steckt hinter dem Todesdekret?

Die Todesdekrete werden von Großayatollahs ausgesprochen und als Todesdrohungen von der Pasdaran, der iranischen Revolutionsgarde, verbreitet. Das Regime hat auf eine Gelegenheit gewartet, mich zu blockieren oder auszulöschen. Inzwischen sind es vier Großayatollahs, die diese Fatwa ausgesprochen haben.

An wen ist die Aufforderung, Sie zu töten, gerichtet?

Erstmal an die schiitische Gemeinschaft. ,,Fatwa" ist ja kein Ratschlag, sondern ein Befehl.

Wer stellt Ihre Songs auf die Provider?

Ich kenne die Leute nicht persönlich, aber glauben Sie mir, diese jungen Menschen im Iran sind mutiger, als ich es bin.

Aber als mutig gilt ja auch Ihr Lied, in dem sie den Imam anrufen, ,,denn wir sind alle in Leichentüchern angetreten", und ,,um die nicht vorhandene Ehre" flehen, ,,die uns abhanden kam".

Ich sage alles mit künstlerischen Mitteln. ,,Naghi" ist nicht mein stärkstes, poetischstes Lied. Aber keiner, auch kein Ajatollah, kann behaupten, dass es beleidigend ist, dazu ist es zu spielerisch, zu kunstvoll in der Kombination von realen und surrealen Ebenen.

Haben Sie, weil Sie sich aus dem Exil zu Wort melden, andere Möglichkeiten?

Das Exil ist vor allem ein großer Schmerz. Ich hatte schon, als ich siebzehn oder achtzehn war, gewusst, dass dieser Weg mein Schicksal ist, weil ich sage, was andere nicht zu sagen wagen. Ich habe in meinen Liedern schon immer die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse kritisiert. Für den Song ,,Ich habe einen Bart" wurde ich zu drei Jahren Haft und hundert Peitschenhieben verurteilt. Doch ich konnte fliehen, bevor das Urteil vollstreckt wurde.

Warum haben Sie sich für Deutschland entschieden, als sie ins Exil gingen.

Ich dachte, die iranische Community in London ist zu wirtschaftlich orientiert, in Skandinavien ist es viel zu kalt, Frankreich und Italien bieten keinen so guten Asylschutz wie Deutschland, wo die Menschenrechtsaktivisten sehr stark sind. Aber es gibt auch eine kulturelle Verbindung: Ich habe mit achtzehn, bevor ich Soziologie zu studieren begann, angefangen, deutsche Philosophen und Schriftsteller zu lesen, Nietzsche und Hegel, Heinrich Böll, Günter Grass, Thomas Mann.

... Die Fatwa gegen einen 31 Jahre alten Musiker ist etwas Neues und ein Angriff, der sich auch gegen das Zusammenleben in Deutschland richtet.

Wir brauchen Unterstützung, und zwar nicht nur für mich persönlich. Ich bin nur ein Beispiel. Aber es kann nicht sein, dass ein Künstler, der in Deutschland lebt, von irgendwelchen Ayatollahs für vogelfrei erklärt wird.

Günter Wallraff hat ihren Fall mit der Fatwa gegen Salman Rushdie verglichen.

Rushdie hatte die ganze islamische Welt gegen sich, ich ,,nur" die radikalen Schiitische Gemeinschaft. Rushdie konnte von zu Hause arbeiten und mehrere Bücher schreiben, ich bin Musiker und muss auftreten. Die Bühne ist mein Leben.

Wallraff hat gesagt: ,,Ich fordere die Künstler und Musiker dieses Landes auf, ihm zu helfen". Geschehen ist seitdem noch nichts. Wäre es nicht geboten, dass die Bundeskanzlerin den iranischen Botschafter in Berlin einbestellt?

Darüber denke ich nicht nach. Es steht mir nicht zu, Forderungen zu stellen. Aber selbst wenn die Fatwa aufgehoben wird, es genügt ja schon ein Fanatiker, der sich angesprochen fühlt und sie sich zu eigen macht. Denken Sie an den aserbaidschanischen Journalisten Rafik Tagi: 2006 hatte der Großajatollah Lankarani die Fatwa gegen ihn erlassen, 2011 wurde er in Baku niedergestochen.

Das Gespräch führten S. Mohammad Oreyzi und Andreas Rossmann.


QuoteGustav Mahler (GustavM...) - 23.05.2012 20:20 Uhr

Wo sind denn die Kommentare der deutschen Islam-Vertreter? Wo die Meinung der evang. und kath. Kirche? Nicht nur die Politik hier duckt sich weg.




Aus: "Rapper Shahin Najafi ,,Eine Fatwa ist ja kein Ratschlag"" (23.05.2012)
Quelle: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/rapper-shahin-najafi-eine-fatwa-ist-ja-kein-ratschlag-11761188.html (http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/rapper-shahin-najafi-eine-fatwa-ist-ja-kein-ratschlag-11761188.html)

Title: [Ein Verstoß gegen die indonesische Kultur... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 27, 2012, 09:48:14 PM
Quote[...] US-Superstar Lady Gaga hat nach Protesten von Islamisten ihr Konzert in Indonesiens Hauptstadt Jakarta abgesagt. "Mit Bedauern teilen wir mit, dass das Konzert von Lady Gaga am 3. Juni nicht stattfinden kann", sagte die Sprecherin des Veranstalters, Minola Sebayang, am Sonntag.

Das Konzert im Bung Karno Stadium in Jakarta werde aus Sicherheitsgründen gestrichen. "Lady Gaga ist sehr besorgt", sagte die Sprecherin. Die Sängerin wolle nicht, dass ihre Fans verletzt werden. Für das Konzert waren bereits 50.000 Eintrittskarten verkauft worden. Das Geld für ihre Tickets sollen die enttäuschten Lady-Gaga-Fans zurückbekommen.

Bereits Mitte des Monats hatte die Polizei das Indonesien-Konzert der "The Born This Way Ball"-Welttournee wegen Protesten von Islamisten untersagt - und eine für das Konzert nötige Genehmigungen verweigert. Bis zuletzt hatte der Veranstalter mit der Polizei über eine Aufhebung des Verbots verhandelt. Nach Meinung der Islamisten sind die Auftritte der exzentrischen Sängerin "pornografisch" und verstoßen gegen die indonesische Kultur.

Die Islamistengruppe Verteidigerfront des Islam hatte vor einigen Wochen erklärt, falls das Konzert tatsächlich stattfinde, solle die Öffentlichkeit auf "Chaos in Jakarta" gefasst sein. Die Polizei hatte die Show daraufhin verboten, zuletzt wollte sich Big Daddy aber noch um einen Kompromiss mit den Behörden bemühen. Ein Sprecher der Gruppe, die auch für ihre gewalttätigen Proteste bekannt ist, nannte die Konzertabsage einen "Sieg Allahs". Die Gruppe lehne die von Lady Gaga geförderte "Kommerzialisierung von Frauenkörpern" ab.

Militante Islamisten in Indonesien hatten der Sängerin Gotteslästerung und Teufelsanbetung vorgeworfen. Zudem nehmen sie Anstoß an Lady Gagas Einsatz für die Rechte von Homosexuellen. Die für freizügige Kostüme und provokante Texte bekannte Musikerin will auf ihrer Welttournee in diesem Jahr insgesamt 110 Konzerte geben.

"Ich bin nicht enttäuscht, dass Lady Gaga ihr Konzert abgesagt hat. Ich bedauere, dass der Staat und einige in dieser Gesellschaft sich haben einschüchtern lassen", sagte ein Fan auf Twitter. Fans der 26-Jährigen hatten zuvor gegen das Konzertverbot demonstriert. Die aus einer italienisch-katholischen Familie stammende New Yorkerin, die eigentlich Stefani Germanotta heißt, provoziert immer wieder mit extravaganten Outfits und schrägen Bühnenshows.

Etwa 88 Prozent der rund 240 Millionen Einwohner Indonesiens sind Muslime, die Mehrheit von ihnen ist moderat. Doch kleine radikale Gruppen sind in den vergangenen Jahren immer präsenter geworden. Es ist nicht das erste Mal, dass Lady Gaga Proteste in Asien hinnehmen muss. Vor ihren Shows in Südkorea und auf den Philippinen hatten konservative Christen gegen die Konzerte demonstriert. Lady Gagas Auftritte in Seoul und Manila fanden aber wie geplant statt. Die mehrfache Grammy-Gewinnerin wird auch in Deutschland erwartet: Konzerte in Köln (4./5.9.), Berlin (20.9.) und Hannover (24.9.) sind geplant.


Aus: "Lady Gaga sagt Konzert in Indonesien ab" (27. Mai 2012)
Quelle: http://www.stern.de/lifestyle/leute/nach-drohung-von-islamisten-lady-gaga-sagt-konzert-in-indonesien-ab-1832967.html (http://www.stern.de/lifestyle/leute/nach-drohung-von-islamisten-lady-gaga-sagt-konzert-in-indonesien-ab-1832967.html)


Title: [Für das nun geplante Konzert hatte Livny... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 05, 2012, 01:38:22 PM
Quote[...] Livny, der in Jerusalem als Anwalt und Notar arbeitet, hatte Ende 2010 in Israel eine Wagner-Gesellschaft gegründet mit dem Ziel, den seit 1938 geltenden Boykott des Komponisten zu durchbrechen. Sein Anliegen ist es, "die Musik von der Politik zu trennen". Er beruft sich dabei auch auf seinen Vater, einen Holocaust-Überlebenden aus Hanau. Der habe gesagt, "Wagner war ein scheußlicher Mann und ein furchtbarer Antisemit, aber er hat die beste Musik geschrieben".

Für das nun geplante Konzert hatte Livny den israelischen Dirigenten Asher Fisch sowie ungefähr 100 Musiker aus allen großen israelischen Orchestern gewinnen können. In der israelischen Musikszene bröckelt der Boykott seit langem, immer wieder haben Musiker den verfemten Komponisten auch schon im Ausland gespielt.

Das Israelische Kammerorchester wagte es im vorigen Jahr sogar, Wagner in Bayreuth im Umfeld der Festspiele aufzuführen. Versuche von Dirigenten wie Zubin Mehta oder Daniel Barenboim, dies auch auf israelischem Boden zu machen, waren jedoch stets im Eklat geendet.

Nun wurde auch der jüngste Anlauf von Jonathan Livny mit dem Dirigenten Asher Fisch ausgebremst. Hunderte Karten seien bereits verkauft worden, sagt Livny und verweist auf einen Vertrag, den er mit der Universität zur Anmietung der Halle geschlossen habe. "Ich suche nun eine Möglichkeit, vor Gericht zu gehen und sie zu zwingen, das Konzert durchzuführen", kündigte er an. Angesichts der knappen Zeit sei dies allerdings ebenso schwierig wie eine andere Konzerthalle zu finden.

...


Aus: "Uni Tel Aviv sagt Wagner-Konzert ab" Von Peter Münch, Tel Aviv (05.06.2012)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/kultur/nach-protesten-von-holocaust-ueberlebenden-israel-sagt-wagner-konzert-ab-1.1374780 (http://www.sueddeutsche.de/kultur/nach-protesten-von-holocaust-ueberlebenden-israel-sagt-wagner-konzert-ab-1.1374780)

Title: [I can't listen to that much Wagner... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 21, 2012, 03:40:32 PM
Quote[...] Sozialpsychologisch, schreibt Schediwy, sei der Stolz auf die eigene Gruppe immer mit der Abwertung anderer Gruppen verknüpft.

Unterstützt wird diese These von der Langzeitstudie Deutsche Zustände des Instituts für Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld. Sie weist nach, dass die Befragten nach der WM 2006 nationalistischer eingestellt waren als frühere Befragte. Und: "Die Vermutung, dass es sich dabei um eine neue, offene und tolerantere Form der Identifikation mit dem eigenen Land handelt, lässt sich nicht bestätigen." Das habe sich nicht verändert, meint Schediwy. Und fragt, ob es Zufall sei, dass unmittelbar nach der WM 2010 Thilo Sarrazins Buch Deutschland schafft sich ab zum Bestseller wurde?

Von einem nur positiven Patriotismus kann also keine Rede sein. Vielmehr nimmt Schediwy die Theorien der Psychologie-Stars wie Sigmund Freud und Elias Canetti zur Hand, um zu zeigen: Gerade weil der Patriotismus negativ ist, also sich gegen andere richtet, werden die Deutschen so euphorisch, wenn Deutschland spielt.

Ein Wettkampfsport wie Fußball basiert auf der Abgrenzung zwischen Fremd- und Eigengruppen, auf dem Kampf um Sieg und Niederlage. Das allein schon verfestigt die kollektive Identität mit den jeweiligen Mannschaften. Bei Länderspielen aber, schreibt Schediwy, werde diese gemeinsame Identität zusätzlich durch die nationale Zugehörigkeit verstärkt. Die fuße ebenfalls auf der Konstruktion "Wir gegen euch".

Die verstärkte Identifikation mit der eigenen Mannschaft führe dann zu einer Steigerung des Selbstwerts der Fans. Und solange die Mannschaft erfolgreich ist, steigert sich der Selbstwert immer weiter. Die Deutschen sind also nicht nur stolz auf Schweinsteiger und Co., sondern vor allem auf sich selbst, auch wenn sie nicht eine Sekunde auf dem Rasen standen, manche noch nie in ihrem Leben gekickt haben. So sagt ein Fan auf die Frage, was ein möglicher WM-Sieg für ihn bedeuten würde: "Ja, ich fühle mich als Weltmeister. Wenn Deutschland Weltmeister wird, sind wir alle Weltmeister."

Ähnlich habe ich mich vor zwei Jahren auch gefühlt. Wenn Deutschland Argentinien schlägt, bin ich glücklich. Vermutlich bin ich deshalb ein verklemmter Nationalist. Ehrlich gesagt, möchte ich das nicht sein. Andererseits möchte ich weiterhin Fußball gucken, wegen der positiven Emotionen. Was also tun?

...

Quote
    sopome
    21.06.2012 um 11:24 Uhr

Typisch Deutsch: Wir können die EM nicht einfach geniessen, sondern lassen gleich Psychologen zu Wort kommen wieso wir uns denn alle freuen und wie gefährlich dieses gemeinschaftliche "Wir-Gefühl" doch ist..
Hier wird mal wieder völlig überzogen formuliert was wohl auch daran liegt das Psychologen gerne Kausalzusammenhänge erkennen die es oft genug so nicht gibt.
Wenn ich mich daran errinnere wie man bspw. nach dem deutschen Halbfinale der EM 2008 (gegen die Türkei) rot-weisse und schwarz-rot-goldene Autos gemeinsam im Autokorso bewundern konnte würde ich diese Gelegenheiten eher als Integrationsfördern sehen als da überspitzt nationalistische Gefühle hinein zu interpretieren.
Das man schonmal über die Gegner herzieht ist auch in der Bundesliga und sogar in der Kreisliga so.("Sch**ss Bayern"; "Sch**ss Lüdenscheid-Nord") Wenn jemand "Sch**ss Italien" sagt hat das in den allerseltensten Fällen nationalistische Hintergründe. Hier würde ich den Autoren raten: Wenn man keine Ahnung hat einfach mal den Mund halten!

http://www.zeit.de/sport/2012-06/fans-deutschland-nationalismus-stolz/?commentstart=33#cid-2136069


Quote
    DMRosenauer
    21.06.2012 um 11:26 Uhr

Der Krieg ist tot - es lebe der Fußball

Fußball - vor allem, wenn es EM oder WM ist, ist die moderne Form des Krieges. Das Volk bejubelt seine Soldaten und fühlt sich gut dabei. Das Adrenalin (und der Alkohol) euphorisiert und lässt für zwei Stunden die eigene Malaise vergessen. Selbst wenn man niemand ist, ist man - wenn die eigene Mannschaft gewinnt - zumindest ein Deutscher, Italiener, Spanier und kann stolz darauf sein. Die Frage für mich ist nur: Worauf? Was habe ich dazu beigetragen, dass ich Deutscher, Spanier oder Italiener bin? Auf welche Leistung kann ich da stolz sein? Und warum bin ich besser, nur weil da 11 Leute öfter ins Netz getroffen haben?

Wer hinter Fußball nicht Nationalismus sieht, ist leider blind. Und diese besondere Form des Nationalismus ist doch etwas peinlich.

Worauf könnten Deutsche nicht stolz sein? Da gäbe es Vieles. Aber sicher nicht darauf, dass ein paar Männer sportlich sind ...

http://www.zeit.de/sport/2012-06/fans-deutschland-nationalismus-stolz/?commentstart=41#cid-2136077


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    Wywerick
    21.06.2012 um 11:27 Uhr

Was will uns der Artikel sagen?

Der totgeglaubte Nazi lebt in uns weiter? Alle zwei Jahre wird er samt Deutschlandfahne und -trikot aus der Kiste geholt? Der Deutsche legt die schwarz-rot-goldene Tarnfarbe auf und brüllt seine Fremdenfeindlichkeit heraus?
Wenn das so ist, sollten wir die deutsche Nationalmannschaft verbieten. Schließlich fördert sie ja die Fremdenfeindlichkeit, oder nicht? Es gibt anscheinend Leute die hinter jedem "Hurra Deutschland" schon wieder die Braunhemden marschieren sehen.

http://www.zeit.de/sport/2012-06/fans-deutschland-nationalismus-stolz/?commentstart=41#cid-2136081


Quote
    mr. head
    21.06.2012 um 11:17 Uhr

Ganz furchtbar ist es das die deutschen ein winzig kleines Gefühl von Patriotismus bekommen. So ein Fitzelchen Patriotismus, welches zudem eigentlich nur bei WMs und EMs der Fußballnationalmannschaft zu sehen ist. Nicht auszudenken, wie der Autor, nebst Psychologen- und Soziologenkollegen austicken würde, wenn die Deutschen so Nationalistisch und Patriotisch wären wie..., ja wie eigentlich alle anderen EU-Nachbarländern.

In anderen Artikel auf Zeit darf ich lesen, man müsse Rücksicht auf die Gefühle der stolzen Griechen nehmen. Die sind ein stolzes Volk. Eine Aussage welches von den linkseingestellten Kommentatoren stets verteidigt wird. Wenn aber der Deutsche ein Monat alle vier Jahre in Schwarz-Rot-Gold rumhüpft und sich sonst wie früher zumeist seines Deutschseins schämt, dann ist das schon zuviel.

Es ist nun einmal so, dass die Zugehörigkeit zu einer Nation für die meisten Menschen identitässtiftend wirkt. Sagt der Fussballfan "die Spanier halten eh nichts aus", bezieht er sich wohl auf den Fussballstiel der Spanier, der auf schönes Spiel ausgelegt ist und weniger auf Härte. Viel schlimmer als dieses lächerlich Fitzelchen von Patriotismus, finde ich das geifernde aufgeregte Getue, was darum gemacht wird von Menschen die augenscheinlich von einem regelrechten Eigenhass und Schuldkomplex zerfressen sind und die Deutschen schon wieder mit Stahlhelmen gen Moskau und Paris maskieren sehen.

Wir schreiben 2012 und nicht 1939!

http://www.zeit.de/sport/2012-06/fans-deutschland-nationalismus-stolz/?commentstart=17#cid-2136029


Quote
    lernunfaehig
    21.06.2012 um 11:08 Uhr

Deutschlands Problem ist die notfalls unter Zwang Anerkennung von allen anderen seiner Fuehrungsrolle in Europa und wenn moeglich in der ganzen Welt.

Nirgendwo sonst in der Welt finden Worte wie ExportWeltmeister, ReiseWeltmeister, FussballWeltmeister, whateverWeltmeister Verwendung.

Dieses Geltungsbeduerfnis sollte evtl. genauer untersucht werden, am besten von Wissenschaftlern die zur WeltSpitze gehoeren...

http://www.zeit.de/sport/2012-06/fans-deutschland-nationalismus-stolz/?commentstart=9#cid-2136002


Quote
    Curitiba
    21.06.2012 um 11:16 Uhr

Ganz natürlich

Sport, im besonderen Fußball, ist natürlich auch Kriegsersatz. Da kommen Verhaltensweisen aus der Steinzeit an die Oberfläche, als man nur überleben konnte, wenn man zu einer Gruppe gehört und andere Gruppen bekämpft.
So lange das einigermaßen im Rahmen bleibt, finde ich das nicht schlimm. ...

http://www.zeit.de/sport/2012-06/fans-deutschland-nationalismus-stolz/?commentstart=9#cid-2136024


Quote
    dp80
    21.06.2012 um 11:19 Uhr

Nationalismus je nach Wirtschaftslage ... Es mag sein, dass Nationalgefühle 2006 positiv ausgelebt wurden. Und die meisten tun das auch heute bei der EM so. ... In wirtschaftlich schlechten Zeiten schlägt Nationalismus leicht ins Negative um, das ist das Problem bei der Sache.

http://www.zeit.de/sport/2012-06/fans-deutschland-nationalismus-stolz/?commentstart=17#cid-2136039


Quote
    Lesum
    21.06.2012 um 11:20 Uhr

... Nationalismus ist tendenziell auch immer rassistisch, denn der Begriff "Nation" - wenn er denn mehr bedeuten soll als "Staat" - läßt sich ohne einen genealogischen Bezug nicht definieren. Und wer ist dann Deutscher? Ich, der ich das zweifelhafte Vergnügen eines Ariernachweises habe? Oder eine Nachbarin, deren Großeltern vor Jahrzehnten aus Polen einwanderten? Oder ein hier geborenes Mädchen, die Tochter unserer Freunde, die aus dem Iran fliehen mußten und nun hier im Exil leben? - Äh, schon die Begriffe Nation und Patriotismus ekeln mich an. Ich denke manchmal: Die drei dämlichsten Ideologeme, die der Mensch je erfunden hat, sind Gott, Volk und Vaterland. Alle drei bezeichnen reine Phantasiegebilde, für die wir uns aber dennoch, nach entsprechender propagandistischer Bearbeitung, gerne die Köpfe einschlagen. Nein, ich brauche keine Nation; ich brauche einen funktionierenden demokratischen Bundesstaat.

http://www.zeit.de/sport/2012-06/fans-deutschland-nationalismus-stolz/?commentstart=25#cid-2136042


Quote
    Nick the Stripper
    21.06.2012 um 11:25 Uhr

... Gerade die Deutschen mißbrauchen diese begriffe. Sagen "Nationalstolz" und leben "Überheblichkeit".
" ich brauche einen funktionierenden demokratischen Bundesstaat." Den haben wir nicht. Wir haben eine Wirtschaftsdiktatur.

http://www.zeit.de/sport/2012-06/fans-deutschland-nationalismus-stolz/?commentstart=41#cid-2136073


Quote
    Gammelpreusse
    21.06.2012 um 11:31 Uhr

Man könnte natürlich auch argumentieren, dass Fußball als natürliches Ventil dient, um angestaute Agressionen im internationalen Bereich abzubauen, Beispiel England "2 Wars and a world Cup", wie es bei den Jungs von der Insel so schön heisst. Oder jetzt das morgige SPiel gegen Griechenland. Soll mir recht sein, jubelnde Menschenmassen sind mir allemal lieber als Gewehre und Granaten. Zumindest solange es sich nicht weiter aufschaukelt oder eine Niederlage im Turnier nicht plötzlich als sowas wie eine nationale Schande aufgefaßt wird.


Quote
    Clindamycin
    21.06.2012 um 11:35 Uhr

ich gröle auch-muss ich mich schämen?

hmmm keine ahnung, wir feiern die deutschland-spiele immer mit kumepsl, legen was auf den grill, bierchen, ne richtige fussballparty eben. wir grölen da auch mal ^^ aber ressentiments gegen ausländer? hätte ich den artikel nicht gelesen hätt ich mir darüber nicht mal gedanken gemacht, muss ich mich jetzt schämen, das wir so feiern in schwarz-rot-gold?

ps: beim letzten spiel haben wir latinos gesehen im supermarkt gesehen die waren auch in schwarz rot gold. und mein gott das war einfach geil^^

http://www.zeit.de/sport/2012-06/fans-deutschland-nationalismus-stolz/?commentstart=65#cid-2136114


Quote
    th
    21.06.2012 um 11:38 Uhr

Der Mensch ist nun mal ein Herdentier (sorry) 1.
und deshalb sucht er manchmal die Gemeinsamkeit in der Gruppe, und die Abgrenzung gegen andere Gruppen. Besonders bei männlichen Wesen (trotz Genderei) kommt dazu noch ein gehöriges Mass an Aggressivität. Das gehört zu unseren biologischen Grundlagen (sorry Sarrazin-Gegner, die sich aber auch nur aggressiv abgrenzen). Die Frage ist also, wie kann man diese tief verankerten Bedürfnisse befriedigen, ohne größeren Schaden anzurichten? Seit Freud wissen wir, das Unterdrückung nicht weiterhilft, und Aufstauen erst recht nicht (sorry, Herr Heitmeyer). Also muss man das spielerisch kanalisieren, z.B. in sportlichen Wettkämpfen, die stellvertretend für die vertretene Gruppe ausgetragen werden. Wie z.B. ein Fussballspiel. Die einen Kämpfen, die anderen feuern sie an durch wilde Schlachtgesänge, wie z.B. die Maori sie pflegen.

Und wenn es überschäumt, stehen Polizei, Feuerwehr und Krankenwagen bereit.

Im Vergleich zu den römischen Gladiatorenspielen und den rituellen Veranstaltungen der vorkolumbianischen Einwohner Mexikos ist das eigentlich ein zivilisatorischer Fortschritt, denn es wird niemand umgebracht.

http://www.zeit.de/sport/2012-06/fans-deutschland-nationalismus-stolz/?commentstart=73#cid-2136128


Quote
    Autopoietiker
    21.06.2012 um 11:40 Uhr

Gruppendynamik..

Die Antithese lautet doch, und klingt ub manchen Kommentaren durch, nur wer keinen vollständig ausgereiften Charakter hat, kein stabiles Ich, kein Selbstbewusstsein und kein Selbstwertgefühl, verfällt der Versuchung sich in gruppendynamischen Prozessen zu verlieren, und landet schließlich bei Nationalismus und Chauvinismus.

Hmm?

Wird dies dem Menschen gerecht?

Ich fürchte nein, es ist einfach zu reduziert.

Menschen sind soziale Wesen, die nur in Gruppen leben können. Der "autonome Mensch" ist eine reine Fiktion. Es gibt ihn nicht. Wir leben deshalb in einer sich überlappenden sozialen Umwelt, zu der eindeutig auch die Zugehörigkeit zu einer Nation gehört. Dieses zu leben und auch auszudrücken ist Teil des menschlichen Seins. Es ist also weder positiv noch negativ. Es gehört einfach dazu.

Entscheidend ist jedoch, wie man dieses Zusammengehörigkeits und Gruppen gefühl auslebt. Führt es zur Abwertung der Anderen, oder steigert es sogar die Akzeptanz der anderen Gruppe, weil man sich auch in ihr wiedererkennt. So wie es eine Charakterschulung auf der individuellen Ebene gibt, so gibt es auch eine Charakterschulung auf kollektiven Ebenen, Zum Beispiel hilft es ganz gut, sich der deutschen Geschichte zu erinnern, um die Gefahren eines übersteigerten Nationalismus zu sehen.
Was ich mir wünschen würde, wäre ein fröhlicher, reflektierter und auch leicht selbstironischer Umgang mit dem eigenen Nationalgefühl. Fußball kann da durchaus hilfreich sein.

http://www.zeit.de/sport/2012-06/fans-deutschland-nationalismus-stolz/?commentstart=73#cid-2136137


Quote
    T. Steffen
    21.06.2012 um 11:40 Uhr

Wir reden hier aber noch über Fußball, oder?

Wenn der Autor von seinen Zweifeln und Ängsten ganz zerrissen ist, dann soll er vielleicht besser bei einer Apfelschorle die Weltmeisterschaften in Tischtennis oder Sackhüpfen verfolgen. Immerhin soll es ja niemanden so wie Woody Allen (ersetze Wagner durch Fußball): I can't listen to that much Wagner. I start getting the urge to conquer Poland.




Aus: "Meine gefährliche Liebe zu Deutschland" Von Constantin Wißmann (21.06.2012)
Quelle: http://www.zeit.de/sport/2012-06/fans-deutschland-nationalismus-stolz/ (http://www.zeit.de/sport/2012-06/fans-deutschland-nationalismus-stolz/)

Title: [Beim Wahn entwickelt der Betroffene... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 26, 2012, 10:02:45 AM
Quote[...] Geir Lippestad, der Pflichtverteidiger von Anders Breivik, sagte laut National Public Radio (NPR) ...

"Der 22. Juli war ein Inferno der Gewalt, aber wir müssen uns doch ansehen, ob es ihm um die Gewalt selbst oder aber um radikale Politik ging. Es war ihm bewusst, dass es falsch ist, zu töten, aber er entschied sich dafür. Der Zweck heiligt die Mittel. Man kann das nicht verstehen, wenn man nicht die Kultur der Rechtsextremisten versteht."
Geir Lippestad

... Während die Verteidigung die Islamophobie als natürliches Leitmotiv des Rechtsextremismus zumindest als politische Haltung einstuft, geht die Staatsanwaltschaft weiter: Die Vorstellung, Muslime könnten Norwegen unterwandern und zu einem islamischen Kalifat machen, ist derart unrealistisch, dass man an ihr Geisteskrankheit diagnostizieren muss. Breiviks Begründung ist eine als paranoide Zwangs- und Wahnvorstellung diagnostizierbare Psychopathologie. Der Blick fällt auf die Definition von Wahnvorstellungen :

Beim Wahn entwickelt der Betroffene krankhafte falsche Vorstellungen, die von der Realität abweichen, bzw. bei denen Dinge in der Umwelt falsch interpretiert werden, ihnen eine falsche Bedeutung beigemessen wird. Die Wahnvorstellungen sind dabei für ihn so wirklich, dass er unbeirrbar daran festhält, sie nicht anhand der Realität überprüft und sich auch nicht von anderen korrigieren lässt.

Ob sich die vorher erwähnten Regierungen bewusst sind, was es bedeuten würde, wenn Breiviks Tatmotive Basis der Diagnose zur unbefristeten Einweisung in die geschlossene Psychiatrie würden?

Es gibt Menschen, Gruppen und leider auch Staaten, für die die Vorstellung unerträglich ist, es könne irgendein Recht außer des eigenen, subjektiven Rechts des Stärkeren geben. Wir möchten hier bewusst, ganz norwegisch sozusagen, darauf verzichten, die Namen dieser Staaten zu erwähnen.

Aus gutem Grunde haben diese Staaten selbst einen konventionell strafrechtlich agierenden Internationalen Strafgerichtshof abgelehnt. Zumindest in einem norwegischen Gericht müssten die Strategen des "War on terror" nämlich befürchten, entweder von der eigenen Verteidigung nicht als Friedensdiener einer Demokratie, sondern als Kampfeinheit des internationalen Rechtsextremismus bezeichnet oder ersatzweise von Inga Bejer Engh für schuldunfähig erklärt werden. Der Realitätsgehalt der Behauptung der Existenz eines von nationalen Konflikten losgelösten "internationalen Terrorismus" ist nicht nämlich größer als der der These von einer Islamisierung Europas.

Beide Diagnosen, Rechtsextremismus und Wahnvorstellung, bieten keine guten Aussichten für die Fortsetzung des War on Terror

Quote25. Juni 2012 18:47
Ooops
Levski

"Ob sich die vorher erwähnten Regierungen bewusst sind, was es
bedeuten würde, wenn Breiviks Tatmotive Basis der Diagnose zur
unbefristeten Einweisung in die geschlossene Psychiatrie würden?"

Ooops, so eine deutliche Sprache in einer deutschen Zeitung? Aber
wahrscheinlich merkt es von den Betroffenen wieder mal kein Schwein.


Quote
Führt der War on Terror in die Psychiatrie?

25. Juni 2012 19:52
Da ist was dran
Artur_B (mehr als 1000 Beiträge seit 09.09.04)

... auch der War on Terror richtet sich gegen die Eigenen, indem dabei ihre
Rechte auf der Strecke bleiben. Der Patriot Act von 2001 setzt
schlicht und ergreifend die amerikanische Verfassung außer Kraft. Er
ist bis heute gültig.

Ob es uns passt oder nicht : Breivik ist einer groteske Inszenierung
des War on Terror gelungen, bei dem eben alles um den Faktor zwei
gestreckt wurde. In der Tat, wenn man den WOT zu Ende denkt, landet
man genau da. Richtig gesehen, Herr Dill.

Gruß Artur



Quote25. Juni 2012 19:25
Hat er jemals Alternativen erwägt?
Feuermelder (mehr als 1000 Beiträge seit 23.01.05)

... Da erschießt einer einfach 70 Kinder/Jugendliche mit der Begründung,
er müsse Norwegen vor eine islamischen Über-Wanderung schützen, die
stattfindet, weil die Regierung des Landes demokratisch und offen
ist! Was soll man dazu noch sagen?

... Meinen hohen Respekt vor den Norwegern, die danach sagten "jetzt
müssen wir noch demokratischer werden"...

Bob 



Aus: "Führt der War on Terror in die Psychiatrie?" Alexander Dill (25.06.2012)
Quelle: http://www.heise.de/tp/artikel/37/37146/1.html (http://www.heise.de/tp/artikel/37/37146/1.html)

Title: [Gefährlich für die türkische Nation... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 04, 2012, 12:39:19 PM
Quote[...] Türkische Rechtsextremisten wollten nach dem Mord an dem armenischstämmigen Journalisten Hrant Dink im Jahr 2007 einem Medienbericht zufolge auch Literaturnobelpreisträger Orhan Pamuk töten. Yasin Hayal, ein wegen des Dink-Mordes inhaftierter Rechtsradikaler, sagte der türkischen Zeitung Taraf, der Plan für den Mord an Pamuk sei wegen der internationalen Empörung nach dem Anschlag auf Dink aber aufgegeben worden. Hayal beschuldigte einen ehemaligen Polizeispitzel, die Ermordung des Schriftstellers vorbereitet zu haben.

Hayal sagte, Ex-Spitzel Tuncel habe ihm gegenüber Dink und Pamuk als "gefährlich für die türkische Nation" bezeichnet. Dink und Pamuk waren bei türkischen Rechtsextremisten wegen ihrer Forderung nach einer Aufarbeitung der türkischen Massaker an den Armeniern im Ersten Weltkrieg verhasst.

Hayal war im Januar wegen seiner Verwicklung in den Dink-Mord zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Dink war im Januar 2007 von dem damals minderjährigen Rechtsradikalen Ogün Samast erschossen wurden. Samast wurde zu 22 Jahren Haft verurteilt, Hayal und der ehemalige Polizei-V-Mann Erhan Tuncel kamen als mutmaßliche Anstifter ebenfalls vor Gericht. Während Hayal zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, erhielt Tuncel eine zehnjährige Haftstrafe und kam frei, weil das Gericht seine Strafe wegen der langen Untersuchungshaft als abgegolten ansah.

Bei einem Gerichtstermin kurz nach dem Dink-Mord hatte Hayal öffentlich eine Drohung gegen Pamuk ausgesprochen. Dazu sagte er in dem Interview, er bereue dies. Nach seiner Entlassung aus der Haft wolle er Pamuk besuchen und sich bei ihm entschuldigen.




Aus: "Dink-Mörder wollten auch Pamuk töten" (04.07.2012)
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2012-07/tuerkei-pamuk-morddrohung (http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2012-07/tuerkei-pamuk-morddrohung)

Title: [Die Putzkammer befindet sich am Ende des Flurs... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 16, 2012, 02:10:52 PM
Quote[...] Kübra Gümüsay (16.07.2012):  Während manche die Universität als eine Oase der Freiheit und Vorurteilslosigkeit empfinden, berichten mir zahllose andere – Schwarze, Kopftuchtragende, Studenten mit Migrationshintergrund und Angehörige religiöser Minderheiten aus ganz Deutschland – von rassistischen Erfahrungen. Sie erzählen von Dozenten, die sie konsequent übersehen und nicht zu Wort kommen lassen. Sie berichten, wie sie an der Uni über die rassistischen Thesen von Thilo Sarrazin streiten und der Professor die Diskussion mit den Worten abschließt, Sarrazin habe zwar einige schwierige Sätze geschrieben, aber, tja, insgesamt habe er doch recht. Auch Gaststudenten aus dem Ausland erzählen mir, dass man sie nicht ernst nehme, weil sie ein Kopftuch trügen und kein akzentfreies Deutsch sprächen.

Ich hätte mich mit dieser Situation womöglich einfach abgefunden, hätte ich in meinen zwei Auslandssemestern in London nicht erlebt, dass es auch anders geht. Mein Professor stellte uns dort gleich in der ersten Politikvorlesung die Theorien von Edward Said vor, einem frühen Kritiker des akademischen Rassismus. Souverän stand dieser Professor vor uns Studenten und erklärte, dass es Rassismus auch an Universitäten gibt, denn Universitäten werden von Menschen bevölkert – meist von weißen, männlichen Menschen aus der Mittel- und Oberschicht –, und Menschen machen Fehler. Ich fand das mutig. Dabei ist das, was er sagte, eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Viel zu oft denken wir, Rassismus und andere Ausgrenzungsmechanismen seien Probleme der Unterschicht. Dabei sind sie ein Problem der gesamten Gesellschaft. Akademiker sind nur viel besser darin, ihre Gesinnung hinter komplizierten Definitionen und Thesen zu verstecken. Es ist der subtile Rassismus, der besonders wehtut. Der unausgesprochene, die Blicke, die uneindeutigen Aussagen. Das Ungreifbare.

Mich erstaunt, wie empfindlich viele Akademiker reagieren, wenn man sie darauf hinweist, dass sie sich rassistisch oder sexistisch verhalten. Diese Kritik kratzt offenbar an ihrem Ego. Und am Bild des abwägenden Wissenschaftlers, der völlig frei von Vorurteilen ist. Dabei ist kein Mensch frei von Vorurteilen und Fehlern – und gerade Studenten, Akademiker und Wissenschaftler sollten ihre Worte und Taten kritisch hinterfragen können. Wo, wenn nicht in der Universität, ist Raum für Selbstkritik und Vielfalt?

An meiner Uni in London funktionierte das: Dort war der Vorsitzende der Vereinigung für lesbische, schwule und transsexuelle Studenten ein Muslim. Die Leiterin der Palästinagruppe war Israeli. Einige der Sekretärinnen trugen indische Gewänder, manche Dozentinnen Kopftücher, ein Referent buddhistische Mönchskleidung. Zurück in Deutschland, erlebte ich dagegen gleich im ersten Monat Folgendes: Eine befreundete Medizinstudentin, kopftuchtragend, betrat in der Kölner Uni das Auditorium. Der Professor schaute sie mit gerunzelter Stirn an und sagte dann: »Die Putzkammer befindet sich am Ende des Flurs.«

...


Quoteclair11
   16.07.2012 um 13:58 Uhr

Naja, einer Nonnen würde man nicht sagen, dass sie keine Deutsche wäre.
Wenn man sie diskriminieren wollte, würde man eher sagen "Katholik!" oder "unmodern" oder so.


Quote
   arno.nym
   16.07.2012 um 11:01 Uhr

Warum...

Entfernt, da unsachlich. Die Redaktion/ag


Quote
   readers_delight
   16.07.2012 um 11:05 Uhr

Zugezogene, insbesondere aus dem muslimischen Kosmos, unterschätzen den Einfluss des 30jährigen Krieges auf die deutsche Seelenlage. Religion ist für uns, geschichtskundig oder unterbewusst, in vielen Schattierungen ein Synonym für Gewalt und Krieg. Auch war die Kirche in der Regel auf der Seite des, repressiven, Staates.

Es ist also nicht persönlich gemeint, es ist nur so dass wir hier Religion gegenüber skeptisch sind. Das Kopftuch wird in diesem Land in erster Linie als ein Sympol der Gewalt und Unterdrückung gesehen.

[...]

Gekürzt. Bitte bleiben Sie sachlich. Danke. Die Redaktion/ag




Quote
   jjulia83
   16.07.2012 um 11:16 Uhr

Auswirkung der Kleidung

Ich finde das ein sehr komplexes Thema,
denn selbst wenn ich das Kopftuch aus einem anderen kulturellen Kontext gewohnt bin (Milchbauerinnen gehen heute noch mit Kopftuch in den Stall, damit die Haare hinterher nicht riechen), so hat die Kleidung. ... doch Auswirkungen darauf wie wir einen Menschen wahrnehmen. Zum Beispiel hat diese 'Ganzkörperverhüllung' den Erfolg den sie haben soll, der Mensch wirkt verschlossen, abwehrend. Wo fängt jetzt die Grenze an zwischen 'echtem Rasismus' und eine 'Reaktion auf das was die Kleidung sagt'?


Quote
   thwe74
   16.07.2012 um 11:21 Uhr

... Es bleiben viele Fragen offen:

1) Wie bereits beschrieben, muss das Begriff "Rassismus" nicht immer für alles herhalten. Kritik an einer Religionsrichtung/-Ausübung derselben oder einen kritische bzw. ablehnende Haltung muss damit nicht beschrieben werden. Ebenso muss jemand, der eine bestimmte nach aussen sichtbare Anschauung vorzeigt, auch mit Ablehnung leben. Was anderes ist z.B. das Thema schwarze Studenten, sofern diese entsprechend gemobt werden.

2) Warum soll die Uni ein Hort der Selbstkritik und Vielfalt sein? Die freie Lehre hängt leider auch manchmal an den Tröpfen der Forschungsgelder! Und wie schnell auch an einer Uni die Fahne sich drehen kann wissen wir aus der Zeit 1933-45. Dort mutierten hochintellektuelle Forscher und Gelehrte zu Verfechtern der Rassenlehre und waren begeistert an der Entwicklung von Massenvernichtungswaffen beteiligt. Über die "Forschungsarbeiten" (man verzeihe mir bitte den zynischen Ausdruck) von Medizinern in den KZs brauchen wir nicht zu reden.

3) Was viele Menschen, liebe Frau Gümüsay, aber auch nicht verstehen können ist das intellektuelle und weitgereiste Menschen wie Sie zum Beispiel sich mit dem sichtbaren Zeichen einer aus Ihrer Sicht veralteten Religion bzw. einem sehr konservativen Kulturkreis schmücken.

...


Quote
   Pünktchen
   16.07.2012 um 11:25 Uhr

... Bestimmte Ursprungsdeutsche scheinen zu vergessen, daß noch in 50/60/70er Jahren von ihnen Kopftücher getragen wurden; von bestimmten Gegenden sagte man, die Mädchen würden mit Kopftüchern geboren: Des Windes/Sturmes wegen. - Es ist nicht das Kopftuch, sondern die religiöse Überzeugung, die damit ausgedrückt wird. Wenn es einmal notwendig war, daß Frauen sich besonders (mit einem Kopftuch pp.) kleideten, um sich vor Übergriffen zu schützen, dann ist dieser auslösende Punkt überholt. Es ist einfach zu durchdenken, ob eine Schöpferkraft (welchen Namen sie auch immer trägt) dieser Äußerlichkeiten bedarf. ...


Quote
   Thetis
   16.07.2012 um 11:26 Uhr

Wer seine Ideologie provokant auf dem Kopf demonstriert, muß es auch ertragen, daß ihm gesagt und gezeigt wird, was man von dieser diktatorischen und frauenunterdrückenden Ideologie hält.
Es gibt Millionen von Musliminnen, die kein Kopftuch nötig haben und ihren Glauben nicht ihrer Umwelt aufdrücken wollen.


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   gruener salon
   16.07.2012 um 11:28 Uhr

Ein wichtiger Artikel. ... Ich bin auch immer wieder erstaunt bis entsetzt, wie sehr an deutschen Hochschulen wirklich nach Äußerlichkeiten vorsortiert wird, sei es in der Seminardiskussion oder im Gespräch außerhalb der Lehrveranstaltungen. Leute, denen man anhört, dass Deutsch nicht ihre Muttersprache ist, nimmt man erst gar nicht ernst, und wagt es gar einer von denen, einen Redebeitrag von mehr als ein paar Sekunden zu leisten, wird es bald unruhig im Seminar. Meine Erfahrung in anderen Ländern (Kanada, Schottland, Frankreich) ist da eine viel positivere.

Auch das Kopftuch ist da ein wichtiges Ausschlusskriterium - oft schwebt da ein allgemeines Misstrauen im Raum, wenn sich so ein "Kopftuchmädchen" zu Wort meldet, Sie ist ja nicht wirklich mündig, schließlich unterwirft sie sich einer Religion und dem Patriarchat, was soll man dann von dem halten, was sie da so von sich gibt?

Eine Folgerung des Artikels möchte ich allerdings relativieren. Die Autorin schreibt:

"Immer wieder erlebe ich, dass mir Kommilitonen in einer Seminardiskussion widersprechen, um gleich im nächsten Satz zu wiederholen, was ich zuvor gesagt habe."

Das liegt wohl in der Natur der Seminardiskussion. Wie oft habe ich mich (als Bio-Deutscher) schon in einer solchen Situation befunden.


Quote
   Ninnano
   16.07.2012 um 11:30 Uhr

Rücksichtnahme und verlangt gleichzeitig Rücksichtnahme auf ihre religiös-kulturellen Belange. Das ist eine m.E. leider häufig auftretende Doppelmoral rund um Religion. ... Für mich ist das Kopftuch einfach ein Zeichen antiquierter und dankbarerweise überholter Verhaltens-und Denkmuster und haben in unserer aufgeklärten, säkularen Gesellschaft keinen Platz mehr. Insbesondere nicht, wenn sie als politisches Statement benutzt werden.

Sich selbst als anders zu sehen und darzustellen ist nicht der Anspruch - sondern sich selbst als Teil von etwas zu sehen, das ist die Herausforderung. Das Kopftuch symbolisiert mir: Es ist mir egal wo ich bin, was ihr tut, was für Ansichten ihr habt, oder ob euch das missfällt - ich grenze mich von euch ab. Ich will nicht Teil von euch sein. Ich sehe mich als anders an. Na, wer unterscheidet denn hier und wer ist denn dann der Rassist?


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   damals wars
   16.07.2012 um 11:34 Uhr

Rassismus "Was habt ihr gegen mein Kopftuch?"

Was hat ein Kopftuch mit Rasse zu tun? - Manchmal verstehe ich die Überschriften einfach nicht!


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   fritz mueller
   16.07.2012 um 11:40 Uhr

... 'Was habt ihr gegen mein Kopftuch?' wurde doch schon tausend Mal beantwortet. Es ist ein Symbol.
Es ist das Symbol für den politischen Islam, der Frauen und Männer trennt, der Gläubige und Ungläubige trennt, der auch Frauen und Frauen trennt. Ein Symbol für Trennung von Menschen.

Und das stört mich ganz persönlich und viele andere auch.
So einfach ist das.


Quote
   coincidence
   16.07.2012 um 11:10 Uhr

Kopftuch

Welche kulturell historische Bedeutung hat das Kopftuch im Islam und in seinen archaischen Vorgängerkulturen. Es dient, wie andere Methoden der Körperverdeckung bei Frauen, dem Anzeigen der Zugehörigkeit zu einem Mann. Es ist ein Mittel zur Konfliktvermeidung. Bei unverheirateten Mädchen ist es der Vater oder Bruder, bei Verheirateten ist es der Mann. Es entstammt einer Kultur, die es noch nicht gelernt hat sexuelles Begehren so zu kanalisieren, dass damit keine Konflikte entstehen. Letztlich dient das Kopftuch der Frau dazu, dass das Begehren des "geilen Mannes" so begrenzt werden kann, dass es keine Konflikte in der Männergesellschaft gibt. Im Kern ist das Kopftuch bei Frauen deshalb eine Aussage über den psychischen Zustand des Mannes, und seine Fähigkeit seine Triebhaftigkeit unter Kontrolle zu halten. Über Jahrhunderte ist es diese Kernaussage über die Triebhaftigkeit des Mannes, welche hinter all den Kleidervorschriften steht. Drastisch ausgedrückt, sagt eine Frau, die ein Kopftuch trägt im Subtext zu mir: "Du geiler Bock! Mich kriegst du nicht" Das klingt drastisch, ist aber so. [...]

Gekürzt. Bitte verzichten Sie auf pauschale Unterstellungen. Danke. Die Redaktion/ag


Quote
   KaHe
   16.07.2012 um 11:35 Uhr

... Sexualität zu kanalisieren?!


Quote
   coincidence
   16.07.2012 um 11:44 Uhr

... Lesen sie mal von Norbert Elias: "Über den Prozess der Zivilisation."

Dann werden sie verstehen, welche Mechanismen in unserer Zivilisation dazu führten, dass wir eben nicht mehr unsere Triebhaftigkeit unmittelbar ausleben müssen, sondern sie [in] gesellschaftlich akzeptierten Bahnen leben können. Zumindest die meisten von uns.


Quote
   bayert
   16.07.2012 um 11:54 Uhr

Mit Frauen die sich mit einem Kopftuch vor lüsternen Männerblicken wehren müssen, möchte ich als Mann nichts zu tun haben.


Quote
   gruener salon
   16.07.2012 um 11:54 Uhr

Geile Böcke.

Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen, was Kommentator coincidence da schreibt.
"Drastisch ausgedrückt, sagt eine Frau, die ein Kopftuch trägt im Subtext zu mir: 'Du geiler Bock! Mich kriegst du nicht'" - Da fühlen Sie sich persönlich beleidigt und in Ihrer sexuellen Integrität angegriffen dadurch, dass eine Frau ein Stück Stoff auf dem Kopf trägt? Das spricht erstens Bände über ihr Selbstbewusstsein und zweitens noch mehr Bände über Ihre Einstellung Frauen gegenüber. ... Wissen Sie, die Welt dreht sich nicht nur um Sie; und auch wenn sie das kränken mag, so legen die Frauen das Kopftuch mit ziemlicher Sicherheit nicht wegen Ihnen an.


Quote
   Hackenmann
   16.07.2012 um 12:00 Uhr

Stimmt das also ?

Mit dem Kopftuch vor lüsternen Männern schützen? Ein Schritt rückwärts: Für die Frau (gilt als schwach und kann sich nicht wehren) und für den Mann (ist unfähig seine Triebe zu beherrschen).



Quote
    Sailor92
    16.07.2012 um 14:23 Uhr

Sie missverstehen die kulturelle Bedeutung!

Das Kopftuch dient, im religiös-kulturellen Kontext nicht dazu, eine Zugehörigkeit zu einer männlichen Person zu zeigen, wie in Deutschland beispielsweise der Ehering.
Noch viel weniger soll es dafür sorgen, die Frau, als sexuelles Wesen vor "lüsternen Blicken" der Männer zu schützen.
Die Soziologin Necla Kelek hat in einem ihrer Bücher über den wirklichen Sinn des Kopftuches aufgeklärt. Sie zitiert und deutet Koranstellen, in denen es heißt, dass der Mann vor der sexuellen Zügellosigkeit der Frau geschützt werden muss, um nicht Sünde zu begehen. Es heißt eben nicht "Du geiler Bock, mich kriegst du nicht!" sondern vielmehr "Ich bin zügelos und muss deshalb vor den Augen der Männer verdeckt werden, ich muss im wahrsten Sinne verschwinden." Das passt auch dazu, dass in der islamischen Kultur grundsätzlich Anstoß daran genommen wird, wenn die Frau sexuelle Lust verspürt.
Die westlich geprägten Kommentatoren missverstehen diesen Sachverhalt häufig, weil wir immer das Bild des Machomannes im Kopf haben, der immer will und vor dem man die Frauen zu schützen hat. Der Islam dreht dieses Bild um und macht die Frau zur biblischen Schlange, die verführt und den Mann in die Falle lockt - Bei Vergewaltigungen wird in islamisch geprägten Ländern die Frau häufig mit - oder sogar schlimmer verurteilt als ihr Vergewaltiger. (Sie hat ihn ja schließlich dazu getrieben)


Quotelabelleetlabete, 06.04.2012 um 3:27 Uhr
... Noch bis in die 70-er Jahre dieses Jahrhunderts war in Europa das Mädchen selbst schuld, vergewaltigt worden zu sein. Bei manchen Leuten hat sich diese Ansicht bis heute gehalten. ... | http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2012-04/marokko-zwangsehe-amina?commentstart=73#cid-1979129


Quote
   AllyAllison
   16.07.2012 um 11:46 Uhr

Kleider machen Leute. So abgedroschen und dämlich es klingt, aber ich denke, dass nicht nur "kopftuchtragende" Studentinnen blöd angeguckt werden, sondern auch andere "komisch gekleidete". Unter Studenten gibt es die "Körnerfresser", die "Alternativen" (punkig, gothic), die "elitären reichen Sprösslinge (Polohemd etc) und eben auch die "Kopftuchtragenden". Dass Kopftücher in Deutschland immer noch als "anders" angesehen werden ist nun einmal so. Das wird sich sehr langsam ändern. Gerade wenn es um ältere Menschen geht, denen ein Kopftuch aus religiösen Gründen einfach unerklärlich ist bzw. ein Zeichen der Unterdrückung. Wenn man sich "anders" kleidet muss man mit blöden Kommentaren/Blicken rechnen. ... Man muss überzeugen und nicht nur einfach verlangen.

...


Quote
   wieder_ich
   16.07.2012 um 11:52 Uhr

Stimmt

Es gibt Rassismus an der Uni wie überall in Deutschland. Die vorgetragenen Begründungen dafür sind interessant, zeigen sie doch wie wenig sich Menschen diesen Rassismus eingestehen möchten. Ich selbst möchte mich da gar nicht ausnehmen und muss sagen, dass es sehr anstrengend ist, jedem Menschen erneut vorurteilsfrei zu begegnen.

Die fragwürdige polisch-religöse Einstellung der Autorin ist unabhängig von ihrem Intellekt und nur auf dessen Grundlage sollte idealerweise an einer Universität geurteilt werden. Daneben sollte eine ständige Debatte über beiderseitige (!) Integration stattfinden. Das ist natürlich anstrengend aber für ein Zusammenleben nötig! So mag Herr Sarazin ein vewirrter Anhänger der eigentlich überwundenen Rassenlehre sein. Seinem Fazit, dass Integration in den letzten Jahren zu wenig thematisiert wurde, stimme ich vorbehaltlos zu. Dass die Autorin eine akademische Auseinandersetzung um das Buch als Rassismus wertet ist bedauerlich. Das zeigt mir aber, dass nicht nur ich die Mühen der Diskusion um Integration scheue.


Quote
   FSonntag
   16.07.2012 um 11:53 Uhr

Religion generell ist ggf. ein Problem einer ganzen Gesellschaft, weil es ein die da drüben und die hier schafft, weil es Menschen unterscheidet, weil es Frauen und Männern eine Rolle zuweist.

Sich davon einfach befreien.

Für mehr Liebe und Vernunft!

...

Quote
   Andrea Schüller
   16.07.2012 um 11:53 Uhr

Religiöse Zeichen sind geistige Zeichen

... Wir haben dank einer kämpferischen Frauenrechtsbewegung endlich so etwas wie Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau erreicht. Und dann kommen junge Frauen daher, die sich von einer männerdominierten Religion die Verhüllung des weiblichen Körpers vorschreiben lassen, die doch nur darauf zielt, dass die Männer, die diese Verbote erlassen, nicht in Versuchung gebracht werden. Ist schon einmal jemand auf die Idee gekommen, die Männer dazu aufzufordern, sich am Riehmen zu reißen? ...


Quote

   JanGoldbeck
   16.07.2012 um 12:00 Uhr

"Früher"

Hat man die Menschen nach ihrem Stand unterteilt.
Oder nach katholiken und evangelen.
Nach dies und das.

Das alles macht man heutzutage kaum noch. Viele dieser alteingessenen und jetzt nicht mehr relevanten Unterscheidungspunkte hatte man lange für bedeutsam gehalten.
Juckt es heutzutage noch wen ob er evangelisch oder katholisch ist? In Deutschland nicht, nein.
Warum nicht also hoffen (!), dass in "naher" Zukunft auch die Unterscheidung nach Herkunft und Nationen wegfallen wird. Wir sind nunmal schließlich alle Menschen. Daran lässt sich nichts rütteln.
Für unser Ursprungsland können wir nichts, das war reiner Zufall. Auf so etwas Wert zu geben erschließt sich mir einfach nicht, es macht wenig Sinn.
Dass ein Leben beinahe ohne Religionen toll ist sehen wir alltäglich in Deutschland, denn hier spielen Religionen fast keine Rolle mehr.
Schauen wir über den Ozean und sehen dass religiöse Fanatiker dort Präsident werden wollen/können und ihr Handeln dadurch begründen dass es in der Bibel stehe, dass GOtt es so wolle, dann kann ich feststellen, dass eine Welt ohne Religionen (oder zumindest sehr wenig) eine bessere wäre.
Dies muss ja nicht heissen dass wir Religionen VERBIETEN. Davon war keine Rede!
Aber wir leben jetzt auch größtenteils ohne Rassentrennung (theoretisch) und das hat auch kaum jemand für möglich gehalten.


Quote
   Stephan.S.
   16.07.2012 um 12:04 Uhr

Persepolis

Frau mit Kopftuch sollte sich den Film mal anschauen... Da gibts eine tolle Szene die wie folgt ist.

Die junge Iranerin läuft auf der Straße, in ihrer Burka, ihr Hintern wipt etwas. Sie wird angehlaten von einer Moral Polizei das sie nicht so schnell laufen soll weil es anstössig ist. Sie erwiedert frech:"Dann Glotz doch nicht." und geht weiter.

Jedes mal wenn ich eine Frau mit Kopftuch sehe muss ich an die Szene denken und an den Zwang es anderen recht zu machen. Warum manche Frauen in der heutigen Zeit, in Deutschland oder meinetwegen Europa, daß auf sich nehmen um "dazu" zugehören ist für mich unverständlich den es steht absolut im Wiederspruch damit sich frei zu enfalten.


Quote
   Robert_Muc
   16.07.2012 um 12:07 Uhr

Kopftücher repräsentiern und propagieren Rückschrittlichkeit. Was sich die Frauen bei uns in Jahrhunderten erkämpft haben, - sich Luft zu machen und die erzwungenen Verschnürungen endlch abzulegen, propagiern jetzt die Kopptuchträgerinnen (teilweise sicher auch unwissend) diese Rückschrittliclhkeit als Ideal.
Mir fehlt bei diesen bekopftuchten Frauen ein Mindestmass an Interesse für die Wirkung und Geschichtsbewusstsein für das Land in dem sie leben wollen. Meist beschweren sie sich nur über die Anderen.
Ich bin für eine offene tolerante Gessellschaft, ... die gerichtlichen Klagen einiger muslimischer Kreise fürs Kopftuchtragen, Schächten oder Gebetsräume in Schulen gehen aber alle in Richtung zurück.


Quote
   render
   16.07.2012 um 12:11 Uhr

Wirklich schade

Es ist wirklich schade, dass dieser Artikel sich (mal wieder) am Kopftuch zerreist. Dabei geht es doch viel mehr um Rassismus an der Universität und in den gebildeteren Sozialschichten.
Und da kann ich der Autorin nur Recht geben. Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass in acht von zehn Fällen klare rassistische Äußerungen gefallen sind, wenn das Gesprächsthema mal Ausländer/Ausland war. Seien es nun Muslime, Schwarze oder auch immer wieder gerne Juden.

Ich finde es wirklich erschreckend, wie viele Menschen den Satz "Ich bin ja nicht rassistisch, aber..." in einem Gespräch benutzen. Und das aber ist häufig sehr, sehr lang. Da kommt so viel Frust bei raus, der in den seltensten Fällen persönlicher direkt gelebter Natur ist, sondern es wird irgendwelches Hörensagen und angebliche Statistiken als Untermauerung der schwachen und ängstlichen Argumente genutzt. Und wenn man die Personen, dann darauf anspricht, wie fremdenfeindlich ihre Äußerungen sind, steht man plötzlich nicht nur noch einer Person gegenüber, sondern einer ganzen Gruppe, die diese Meinungen unterstützt.


Quote
   tagesschau
   16.07.2012 um 12:12 Uhr

Man darf sich in Deutschland so kleiden, wie man möchte! Und das ist gut so. Das ist demokratisch. Kleiderordnungen gab es im Mittelalter, in der ständischen Gesellschaft. Insofern sind Kleiderordnungen ein Symbol und rückschrittlich!


Quote
   Bashu
   16.07.2012 um 12:12 Uhr

Not your business!

Und warum eigentlich stören Sie sich an dem Lebensentwurf Anderer?

Ich finde dumm, wenn Menschen rauchen, aber solange sie mich nicht zu passiv rauchen zwingen werde ich nicht mit dem Finger auf sie zeigen. Ich finde es dumm, wenn Menschen Kopftuch tragen, aber solange sie mich nicht zu Missionieren versuchen (das ist mir bisher nur mit christlichen Sekten passiert), ist es ihre Sache.

Mich würde es dann stören, wenn Muslime anfangen würden, ihren Lebensentwurf auf die Gesellschaft übertragen zu wollen. Aber die überwiegende Mehrheit will lediglich ihrem Glauben nachgehen. Extremisten unter den Moslems, auch die christlichen, die ideologischen (zB NPD), müssen wir im Auge behalten. Sie nehmen ALLE Muslime in Sippenhaft und das ist intolerant und verbohrt.


Quote
   Ninnano
   16.07.2012 um 12:12 Uhr

Kommentar zu N° 70

""Bio-Deutsche" findet sie aber lustig, weil Özdemir, das im Spass gesagt hat. Ich finde das rassistisch."
Vielen Dank! Da hätte auch schon früher jemand drauf kommen können. Der Ausdruck "Bio-Deutsche" [...] Unfassbar. Aber natürlich, wenn der Herr Özdemir das sagt, da regt sich niemand drüber auf. Einmal mehr wird mit zweierlei Maß gemessen.

Gekürzt. Bitte verzichten Sie auf Äußerungen, die lediglich der Provokation dienen. Danke. Die Redaktion/ag


Quote
   JanGoldbeck
   16.07.2012 um 12:13 Uhr

Naja...

In jeder Gesellschaft gibt es unausgesprochene Kleiderordnungen.
Im Bikini in den Hörsaal? Versuchen sie das mal...


Quote
   Metathron80
   16.07.2012 um 12:13 Uhr

Die Gute grenzt sich doch durch das Kopftuch gegenüber der Mehrheit bewusst ab. Meine italienische Oma tat das nach dem Tot meines Opas auch, nur schwarze Kleidung und außer Haus immer ein Kopftuch. Beides sind klare Signale die in nicht mehr so tief religiösen Gesellschaften automatisch Reaktionen hervor rufen. Wer sich dafür entscheidet muss auch mit den Konsequenzen leben. Übrigens hat das nichts mit Rassismus zu tun.


Quote
   gruener salon
   16.07.2012 um 12:15 Uhr

Argumente und sowas.

Was soll ich bei solchen pathologischen Fällen denn groß argumentieren? Gibt es in dem von mir kommentierten Kommentar irgendwo Ansätze einer Argumentation. Da legt jemand seine Komplexe nahe, auf die man ihm eigentlich nur eine Therapie nahelegen kann; er ist offenbar tief gekränkt von Frauen, die ihn nicht kennen, die er nicht kennt und die nichts weiter tun, als ein Kopftuch zu tragen.

Andere Menschen fühlen sich persönlich angegriffen von besonders freizügig herumlaufenden Frauen. Gleiches Problem. Nur werden vom ach so liberalen ZEITonline-Bildungsbürgertum diese Frauen dann als selbstbewusst wahrgenommen und gegen solche prüden/gestrigen/engstirnigen Leute verteidigt, während auf Frauen mit Kopftuch fleißig eingedroschen wird - hier ist dann auf einmal der Träger der Kleidung verantwortlich, nicht derjenige, der ein Problem mit der Kleidung hat.

[...]

Gekürzt. Bitte bleiben Sie beim Artikelthema. Danke, die Redaktion/mk


Quote
   gruener salon
   16.07.2012 um 12:17 Uhr

Zensur und so. ... Hurra, was sind wir alle liberal.



Quote
   tagesschau
   16.07.2012 um 12:22 Uhr

Das Kopftuch einiger Frauen scheint ja eines der größten Probleme
n Deutschland zu sein.

- Woran das wohl liegt? ...


Quote
   follower of a.s.
   16.07.2012 um 13:45 Uhr

Rassismus oder bloss gesunde Intoleranz?

Über die Herren mit Kurzhaarschnitt und schwarzen Lederjacken mit hiesiger Abstammung macht man sich an den Universitäten ebenfalls lustig und schreibt ihnen negative Eigenschaften zu.

Ist das dann Rassismus gegenüber Rassisten oder einfach nur gesunde Intoleranz gegenüber Intoleranten? Und das könnte man sich dann auch bei bekennenden Moslems, Christen und all den anderen Religiöslern fragen.


Quote
   lxththf
   16.07.2012 um 14:04 Uhr

Kurz und knapp immer vor dem T-Shirt, für jeden Sichtbar, ca 5-10cm groß. Die Größe spielt dabei jedoch keine Rolle. Anderes Beispiel. Stört sich heute noch jemand an einen Irokesen? An Piercings? Gilt man noch als Knasti, wenn man ein Tattoo trägt? - Sorry, ich versteh es einfach nicht, was mich persönlich das Kleidungsstück oder der Kleidungsstil eines wildfremden Menschens angeht. Was hier betrieben wird könnte man auch als labeling-approach bezeichnen.


Quote
   peanutpicker
   16.07.2012 um 14:14 Uhr

Jeder Punk, Spießer, Rocker oder übrig gebliebene Hippie kann sich kleiden wie er will und damit auch seine Geisteshaltung dokumentieren. Auch er muss ggf. damit leben, dass sein Outfit belächelt oder kritisiert wird. Das nennt man Freiheit Frau Gümüsay. Auch Sie müssen die Freiheit der Anderen akzeptieren, ihr Outfit und damit ihre Geisteshaltung ebenso abzulehen wie evtl. die der Blumenkinder oder der Bourgoisie.
Hier die Rassismus-Karte zu spielen ist schlichtweg billig.


Quote
    sinair
    16.07.2012 um 14:15 Uhr

Kopftuch ist mehr als nur eine Kopfbedeckung! - Ich kenne viele Junge Frauen in Deutschland, die sich erst viel später als Religion es vorgibt dafür entscheiden einen Kopftuch zu tragen. Sie tun es sehr oft aus ihren eigenen Überzeugung und Glaube heraus und nicht nur weil der Freund oder der Vater das gern sehen würden.
Dabei fällt es mir auf, dass Viele gern ihr "Anderessein" betonen möchten. Sie bekennen sich zu ihren religiösen und kulturellen Herkunft und treten damit selbstbewusst in die Gesellschaft auf. Ganz nach dem Motto: "Sieht zu, ich bin Muslimin und ich bin stolz darauf!" Und mit diesem Bekenntnis geht man auf eine Konfrontationskurs mit der Mehrheit Gesellschaft. Das dabei Konflikte entstehen, liegt es doch auf der Hand!
Ich finde Kopftuch hat eine symbolische Charakter, nicht nur in Deutschland sondern weltweit. Das ist auch der Grund warum die Frauen im heutigen Iran Kopftuch tragen müssen und in der Türkei sie bis vor kurzem ohne Kopftuch nicht in die Universität gehen durften!


Quote
   Lukan
   16.07.2012 um 13:51 Uhr

Mal einen hypothetischen Fall.

Peter ist mit einer aufgeklärten Deutsch-Türkin in einer Beziehung, die vorehelichem Koitus frönt, das Kopftuch aus Überzeugung heraus ablehnt, gelegentlich Alkohol trinkt, auf Schweinefleisch verzichtet und an ein höheres Wesen glaubt. Sie ist aufgeklärte, liberale Muslimin.

Peter hat auch zwei Deutsch-Araber als Kumpel und drei Damen türkischer Herkunft in seinem Freundeskreis, die aber allesamt kein Kopftuch tragen.

In einer Pause entbrennt in der Mensa jedoch eine kontroverse Diskussion, als Peter Asiye an den Kopf wirft, er sehe in ihr nicht die moderne multi-kulturelle Deutsche.

Asiye trägt weite schwarze Gewänder und Kopftuch, lehnt vorehelichen Koitus strikt ab, mit nicht-muslimen sowieso. Alkohol ist für sie widerwertig, Schweinefleisch würde sie nicht einmal mit einer Gabel berühren. Ihr Vater hat vor kurzem ausgehandelt, dass sie den Sohn seines Vetters heiraten wird.

Ist Peter ein Rassist?


Quote
    Peip
    16.07.2012 um 14:16 Uhr

... Rassistisch ist religiös motivierte Diskriminierung natürlich nicht, hört sich aber wohl fetter an.



Aus: ""Was habt ihr gegen mein Kopftuch?"" Von Kübra Gümüsay (16.07.2012)
Quelle: http://www.zeit.de/campus/2012/04/meinung-rassismus (http://www.zeit.de/campus/2012/04/meinung-rassismus)
Title: [Eine Tante aus Pakistan... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 16, 2012, 02:52:18 PM
Quote[...] Hasnain Kazim wurde 1974 im niedersächsischen Oldenburg geboren. Er ist der Sohn indisch-pakistanischer Einwanderer und wuchs in zwei Welten auf. Inzwischen ist er Südasien-Korrespondent für SPIEGEL ONLINE und SPIEGEL mit Sitz in Islamabad, Pakistan. In seiner Kolumne "Chai Time" berichtet er über den Alltag in seiner neuen Heimat.

Der demütigendste Moment meines Lebens - Hasnain Kazim, Islamabad ...

Der Text ist ein überarbeiteter Auszug aus dem inzwischen vergriffenen und nur als E-Book erhältlichen Buch "Grünkohl und Curry".

... Ich bin in Hollern-Twielenfleth aufgewachsen, einem Dorf im Alten Land in Norddeutschland. Beschneidungen von Jungen aus religiösen Gründen sind dort, nun ja, nicht wirklich üblich. Obwohl meine Eltern aus muslimischen Familien stammen, verschonten sie mich mit diesem Ritual.

Aber als ich acht Jahre alt war, kam eine Tante aus Pakistan zu Besuch. Sie ist sehr religiös, und leider erfuhr sie, dass ich nicht beschnitten war. Sie bestand darauf, dass das unbedingt nachgeholt werden müsse, wie es sich für einen muslimischen Jungen gehört - auch wenn das nirgends im Koran steht.

Ich bekam Angst. Ich war acht Jahre alt, kein Säugling! Man beschnitt doch keinen Achtjährigen! Da ich wusste, dass man in Pakistan und Indien auf ältere Personen hört und dass diese Tante die älteste Schwester meines Vaters und daher eine besondere Respektsperson war, befürchtete ich das Schlimmste.

Meine Eltern dachten über den Vorschlag nach. Ich hoffte, dass unser Hausarzt im Nachbardorf Grünendeich die Sache abbügeln würde. Aber der fiel mir zu allem Übel in den Rücken. Er sagte, eine Beschneidung sei überhaupt nicht schlimm und aus medizinischer Sicht sinnvoll, er empfehle sie daher sehr.

Zur Freude meiner Tante fanden meine Eltern im nahegelegenen Stade einen Chirurgen mit ägyptischem Namen - wer wäre besser geeignet, die Beschneidung vorzunehmen als dieser wahrscheinlich muslimische Arzt? Schon wurde ein Termin ausgemacht. Als ich davon erfuhr, geriet ich in Panik: In wenigen Tagen sollte es so weit sein - denn meine Tante wollte unbedingt bei der Operation dabei sein. Sie war ja selbst Medizinerin, Anästhesistin, und sehr daran interessiert zu sehen, wie in Deutschland operiert wird. Ihr Deutschlandurlaub war aber fast schon zu Ende.

Es war die Hölle. Vor allem die Tage danach. Meine Eltern, meine Tante und meine Schwester wollten am Tag nach der Operation zum Einkaufen nach Stade fahren. Unter keinen Umständen wollte ich mit meinen Schmerzen zu Hause allein gelassen werden. Meine Eltern holten den alten Buggy vom Dachboden und verfrachteten mich ins Auto. In der Stadt blieb mir nichts anderes übrig, als mich in dem Kinderwagen durch die Fußgängerzone schieben zu lassen.

Es war einer der demütigendsten Momente meines Lebens.

Meine Schwester kicherte ständig. Oh Gott, was, wenn mir jemand aus meiner Schule über den Weg lief? Meine Lehrerin womöglich? Oder, schlimmer noch, meine Freunde? Wie sollte ich bloß erklären, warum ich im Kinderwagen hockte?

Als wir wieder zu Hause waren, fiel eine riesige Anspannung von mir ab - ich war unendlich dankbar, niemandem in der Stadt begegnet zu sein, den ich kannte. Ich schwor mir, die Wohnung erst zu verlassen, wenn ich wieder gehen konnte.

"Wir haben es getan, weil der Arzt uns dazu aus medizinischen Gründen geraten hat", sagt meine Mutter heute. "Mit Religion hatte das nichts zu tun." Habe ich es damals als Angriff auf mein Recht auf körperliche Unversehrtheit empfunden? Aber hallo! Hat es mir geschadet? Nein.

Mittlerweile lache ich über diese denkwürdige Episode aus meiner Kindheit. Und dann fällt mir ein, dass nicht nur muslimische Männer, sondern auch jüdische beschnitten sind. Merkwürdige Vorstellung: Muslime und Juden sehen sich oft als Feinde, aber splitternackt lässt sich ein jüdischer Mann von einem muslimischen nicht unterscheiden. Selbst auf viele meiner mehr oder weniger christlichen Freunde trifft zu, dass sie beschnitten sind. Aus medizinischen Gründen eben.

Ich habe nichts gegen die Beschneidung von Jungen. Es ist der weltweit häufigste chirurgische Eingriff, außerdem eine Tradition, die Muslimen und Juden wichtig ist.

Aber bitte nur bei Säuglingen. Nicht bei Achtjährigen.


Aus: "Der demütigendste Moment meines Lebens" (16.07.2012)
Quelle: http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/beschneidung-die-erfahrung-als-achtjaehriger-operiert-worden-zu-sein-a-844367.html (http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/beschneidung-die-erfahrung-als-achtjaehriger-operiert-worden-zu-sein-a-844367.html)

Title: [Zur Integrationsdebattensau... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 13, 2012, 01:23:25 PM
Quote[...] Für deutsch-türkische Akademiker sind die öffentlichen Integrationsdebatten wie Schläge ins Gesicht. ...  Wenn [ ] die nächste Integrationsdebattensau durch das Pressedorf Deutschland gejagt wird, können wir nur hoffen, dass sich dann der ein oder andere deutsch-türkische Akademiker hinstellt und die Sau in eine andere, bessere Richtung treibt.

...


Aus: "Der schwierige Weg aus der "mentalen Abwanderung"" Radolf H. Mussbach (13.08.2012)
Quelle: http://www.heise.de/tp/artikel/37/37428/1.html (http://www.heise.de/tp/artikel/37/37428/1.html)

Title: [Es ist gut wenn man... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 01, 2012, 09:42:20 AM
Quote[...] Da ist der Potsdamer Psychotherapeut Michael Froese, der in den Erzählungen seiner Patienten immer wieder auf eine historische Dimension stößt und überzeugt ist: ,,Mit ostdeutschen Patienten ist es wie mit Migranten. Es ist gut, wenn man etwas von ihrer Kultur und Geschichte versteht." ...



Aus: "Born in the GDR" Jana Hensel, Susanne Kailitz (27.09.2012)
Quelle: http://www.freitag.de/autoren/der-freitag/born-in-the-gdr (http://www.freitag.de/autoren/der-freitag/born-in-the-gdr)
Title: [Das Wir ist demokratisch und das Ihr folgt archaischen Strukturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 29, 2012, 11:52:03 AM
Quote[...] wir befinden uns hier, an einem zentralen Neuköllner Platz, neben Bergen eines Buches des Neuköllner Bürgermeisters Buschkowsky. Ein Buch, das seit Wochen auf den Bestsellerlisten steht.
Wir, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte aus Neukölln und Kreuzberg, sind gerade dabei, dieses Buch mit dem Aufkleber ,,Das Problem heißt Rassismus" zu versehen.

Warum haben wir uns dazu entschlossen?
Buschkowsky schreibt die unerträgliche Integrationsdebatte fort.
Buschkowsky verwendet den Begriff der ,,Integration" als Kampfbegriff.
Das Schlagwort der ,,Integration" unterteilt die Gesellschaft in ein ,,Wir" und ein ,,Ihr".
Das ,,Wir" ist demokratisch und das ,,Ihr" folgt archaischen Strukturen.
Das ,,Ihr" sind bei Buschkowsky ,,die Türken", ,,die Araber" und ,,die Afrikaner".
Das ,,Wir" ist mit sozialen Problemen konfrontiert und das ,,Ihr" ist dafür verantwortlich.
Das ,,Wir" ist das Gute, das ,,Ihr" ist die Bedrohung.
Das ,,Wir" darf fordern und das ,,Ihr" hat sich diesen Forderungen zu unterwerfen.
Zu diesem ,,Wir" wollen wir nicht gehören!

Die Integrationsdebatte ist demokratiefeindlich.
,,Integration" bei Buschkowsky meint Anpassung statt Dialog.
Diese Art von Integrationsdebatte spricht den Menschen das Recht ab, in einer Gesellschaft gemeinsam darüber zu entscheiden, wie sie miteinander leben wollen.
Die Debatte um ,,Integration" ist die falsche Debatte.
Wir wiederholen: Sie ist undemokratisch und spaltet die Gesellschaft.
Buschkowsky vertritt eine Politik, die diese Entwicklung der gesellschaftlichen Spaltung fördert.
Buschkowsky vertritt eine Politik, auf der Rassismus gedeiht.

Es ist das alte Lied: Rassismus fördert soziale Deklassierung, soziale Deklassierung fördert Rassismus.
Buschkowsky thematisiert NICHT die strukturellen Benachteiligungen von Menschen, NICHT die Sondergesetze gegen AusländerInnen wie etwa Arbeitsverbote und Residenzpflicht.
Er thematisiert NICHT den alltäglichen Rassismus, mit denen Menschen mit Migrationshintergrund der Zugang zu Arbeit, zu menschenwürdigem Wohnraum und zu gesellschaftlicher Teilhabe erschwert wird. Er spricht NICHT darüber, dass Menschen, die seit Jahrzehnten in Deutschland leben, immer noch als ,,Ausländer" wahrgenommen und diskriminiert werden.

Genau diese politisch gewollte Ausgrenzung, die wir strukturellen Rassismus nennen, setzt Buschkowsky fort. Und nicht nur das: Er besteht darauf, dass diese Ausgrenzung akzeptiert wird, dass die Mehrheitsgesellschaft die Bedingungen stellen darf.
Auf diesem Boden wachsen Begriffe wie ,,Döner-Morde" oder ,,Ermittlungsgruppe Bosporus".
Es ist dieser rassistisch verstellte Blick, der bei den Ermittlungen gegen den NSU das Naheliegende, den rechten Terror, nicht erkennen ließ."


Dienstag, 20. November 2012


Aus: "Verschönerungsaktion in Neuköllner Buchhandlung - ,,Das Problem heißt Rassismus": Aufkleber zieren Buschkowsky-Buch" (2012)
Quelle: http://dtj-online.de/news/detail/1205/das_problem_hei%C3%9Ft_rassismus_aufkleber_zieren_buschkowsky_buch.html (http://dtj-online.de/news/detail/1205/das_problem_hei%C3%9Ft_rassismus_aufkleber_zieren_buschkowsky_buch.html)

Title: [Ein Unbekannter schoss... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 05, 2013, 08:09:19 PM
http://de.wikipedia.org/wiki/Mohammed-Karikaturen (http://de.wikipedia.org/wiki/Mohammed-Karikaturen)

http://www.spiegel.de/thema/mohammed_karikaturen/ (http://www.spiegel.de/thema/mohammed_karikaturen/)

-.-

Quote[...] In Dänemark hat es erneut einen Mordversuch gegen einen prominenten Islamkritiker gegeben. Ein Unbekannter schoss bei einem Handgemenge in Kopenhagen auf den islamkritischen Journalisten Lars Hedegaard, der aber unverletzt blieb. Der Täter konnte entkommen und wird nun mit einer Großfahndung gesucht.

Dänemarks Ministerpräsidentin Helle Thorning Schmidt nannte den Anschlag auf den 70 Jahre alten Hedegaard vor dessen Wohnung abscheulich. Der ehemalige Linkssozialist ist Vorsitzender der dänischen Gesellschaft für Pressefreiheit und hat unter anderem mit sehr scharfen Äußerungen über ein nach seiner Meinung im Islam akzeptiertes Recht auf Vergewaltigung provoziert.

Dänemark ist seit der Veröffentlichung von Karikaturen des islamischen Propheten Mohammed wiederholt zum Ziel radikalislamistischer Angriffe geworden. In der vergangenen Woche bestätigte das Kopenhagener Oberlandesgericht ein Urteil zu zwölf Jahren Haft in erster Instanz gegen einen 31-Jährigen wegen Mordplänen gegen die Redaktion der Zeitung Jyllands-Posten. Der Mann und drei zuvor verurteilte Männer wurden gefasst, als sie schwer bewaffnet aus Schweden nach Kopenhagen kamen. Sie wollten aus Rache für die umstrittenen Mohammed-Karikaturen möglichst viele Mitarbeiter der Zeitung töten.

Die Karikaturen aus dem Jahr 2006 hatten weltweit Proteste und Krawalle in islamischen Ländern ausgelöst. Ihr Zeichner Kurt Westergaard überlebte einen Mordanschlag in seinem Haus nur knapp. Der schwedische Künstler Lars Vilks, der eine Zeichnung mit dem Propheten Mohammed als Hund ausgestellt hatte, war zweimal Anschlägen ausgesetzt.




Aus: "Dänischer Islamkritiker entgeht Mordanschlag" (05.02.2013)
Quelle:  http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2013-02/daenemark-anschlag-islamkritiker-hedegaard (http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2013-02/daenemark-anschlag-islamkritiker-hedegaard)

Title: [Mit den kleinen Wünschen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 27, 2013, 10:45:25 PM

Quote[...] In der Migrationssituation herrscht vielfach Angst vor dem eigenen Kulturverlust. Traditionelle Denk- und Verhaltensmuster, die in den Herkunftsländern teilweise im Wandel sind, verstärken sich oft. Gerade Jugendliche mit Migrationshintergrund stehen zwischen zwei Welten und müssen gegensätzliche Erwartungen erfüllen. Sie befinden sich zwischen den traditionellen Werten der Eltern- und Großelterngeneration bzw. der Herkunftsgesellschaft und den Werten und Anforderungen der Mehrheitsgesellschaft, in der sie leben. Dies konfrontiert sie mit Widersprüchen, die es ihnen schwer machen sich mit Erfahrungen wie Ausgrenzung oder Arbeitslosigkeit erfolgreich und ohne Aggressionen auseinander zu setzen. Zugleich durchleben sie die Phase der Partnerwahl und versuchen ihre Rolle als Frau oder Mann ,,richtig" zu erfüllen.

Patriarchale Strukturen und Vorstellungen von Ehre, die durch die Erziehung, Community oder Clique   weitergegeben werden, haben in diesem Zusammenhang eine hohe Bedeutung. Sie erschweren sowohl männlichen als auch weiblichen Jugendlichen eine freie Entwicklung ihrer Persönlichkeit und lassen alternative Lebensentwürfe unmöglich erscheinen. In solch stark patriarchalischen Strukturen kann es häufiger passieren, dass Mädchen und Frauen durch Kontrolle, Unterordnung oder auch Zwangsverheiratung in benachteiligte Positionen gedrängt,  aber auch die Jungen und Männer stehen unter enormem Druck. Als Söhne und Brüder tragen sie einen Großteil der Last auf ihren Schultern. Sie sind diejenigen, die traditionell verpflichtet sind, die Ehrvorschriften durchzusetzen. So sind auch sie diejenigen, die in der Regel beteiligt sind, wenn im Extremfall die Familienehre durch eine Gewalttat erhalten werden soll. ...


Aus: "Gesellschaftskontext" (02/2013)
Quelle: http://www.heroes-net.de/index.php/konzept/gesellschaftlicher-kontext (http://www.heroes-net.de/index.php/konzept/gesellschaftlicher-kontext)


-.-

Quote[...] Sema ist 15, mitten in der Pubertät, auf der Suche nach sich und ihrem Lebensentwurf. Nur zum Thema Ehe hat sie bereits feste Ansichten. "Mein Mann darf mich schlagen, wenn ich einen Fehler mache", sagt sie. Verheiratet ist sie freilich noch nicht, nein, sie spricht von einer vorbestimmten Zukunft. Lachend fügt sie hinzu: "Und wenn mein Bruder mich schlägt, dann härtet mich das ab." Ihr Lachen klingt gepresst. Diese Gewalt geschieht ihr jetzt.

Wir sind eingeladen in einer 9. Klasse einer Berliner Schule zu einem Workshop. Das Thema heißt "Ehre". Wir, das ist die Organisation Heroes. Die Helden sind junge Männer, die selbst mit einem zweifelhaften Ehrbegriff aufgewachsen sind, aber sich davon unabhängig gemacht haben. Wir sprechen mit Jugendlichen über Gleichberechtigung und über Unterdrückung im Namen der Ehre. Ansichten, wie die von Sema, hören wir oft.

Dicker, schwarzer Lidstrich und viel Wimperntusche betonen Semas ausdrucksstarke Augen. Sie trägt einen langen Pullover, enge Jeans, High Heels. Wie viele ihrer Klassenkameraden ist Sema Muslima. Als solche will sie in der Gruppe auch geachtet werden.

Der gleichaltrige Fatih pflichtet ihr bei: "Die Ehre eines Mannes", sagt er cool, "steckt zwischen den Beinen einer Frau." Damit zitiert er ein türkisches Sprichwort. "Meine Schwester muss Jungfrau bleiben", erläutert Fatih. Sie dürfe keinen Freund haben, "auch nicht auf Facebook". Und am Abend soll sie sich nicht draußen herumtreiben. "Wenn sie es doch tut, muss ich sie schlagen." Fatih präsentiert sich als einer, der sich seiner Sache sicher ist. Will er nur angeben? Besonders männlich wirken?

In der Klasse wird Widerspruch laut: "Bin ich froh, dass ich nicht deine Schwester bin", sagt ein Mädchen. Fatih wippt mit den Füßen und rutscht auf seinem Stuhl hin und her. Ist er sich wirklich so sicher?

Glücklicherweise finden sich in den Klassen auch immer wieder Jungen wie Mädchen mit Migrationshintergrund, die solche Konzepte der Unterdrückung ablehnen. Zwar kennen fast alle ähnliche Vorstellungen – aber in verschiedener Intensität. Manche haben Lehrer oder Nachbarn, die sie beeinflusst haben, viele haben Eltern, die liberaler denken. Fast alle kennen die hiesigen Medien, erfahren in Serien, Comedy-Shows mit Bülent Ceylan, Kaya Yanar oder Django Asül, dass man spielerischer mit Stereotypien umgehen kann. Mehrere Systeme konkurrieren in ihren Köpfen. Doch meist bietet die eigene Familie das stärkste System.

Wie Sema gehört Fatih zur sogenannten dritten Generation von Immigranten in Deutschland. Seine Großeltern sind vor 40 Jahren aus Anatolien hierher zum Arbeiten gekommen. Fatih lebt mit seinen drei Geschwistern und den Eltern in einer Vier-Zimmerwohnung in Nord-Neukölln. Er ist Deutscher. Aber seine Ehre? Die stammt aus einer anderen Welt.

Die Schüler diskutieren leidenschaftlich. Einer sagt, was er vermutlich von Vater oder Onkel hört: "Lieber fünf kriminelle Söhne als eine verhurte Tochter." Ein anderer behauptet: "Ich würde meine Schwester umbringen, wenn sie Sex vor der Ehe hat." Dort, wo diese Jugendlichen groß werden, gelten Werte wie Selbstbestimmung, Emanzipation der Frauen und Individualität als Auflehnung gegen die Familie.

Die Eltern kennen es nicht anders. Ihr Ziel ist es, die Familie in der Fremde zusammenzuhalten. Sie fühlen sich sicherer, wenn die Hierarchien so klar und eng sind, wie sie es von den eigenen Müttern und Vätern kennen. Alle müssen den Älteren gehorchen. Männer stehen über Frauen, Brüder über Schwestern. Von klein auf hören die Kinder, dies sei die eiserne Ordnung einer Welt, die Allah gefällt.

Dazu muss jedes Familienmitglied die Rolle einnehmen, die ihn oder sie definiert. "Ich bin der Sohn von Mustafa." "Ich bin Muslim und verteidige unsere Ehre!" Kritische Fragen wie "Vater, warum muss das so sein?" oder "Mutter, findest du das selber richtig?" wirken bedrohlich. Sie rühren an der Struktur, und werden unterdrückt. Und die Strafen wären unerträglich. Wer ausbricht, wird ausgeschlossen: Er oder sie gehört nicht mehr dazu.

Sicher, auch Sema und Fatih sehen überall im Alltag, dass "die anderen", die Deutschen zumal, anders leben, als ihre Familien. Aber das sind eben "die", und wir sind eben wir – so polar stellen manche Eltern und Verwandten die Realität dar. Diese "anderen", die leben in Sünde, hören die Jugendlichen.

"So wie die wollen wir nicht werden", sagt auch Fatih. Vor dem Workshop haben die meisten Schüler diese Polarität noch nie in Frage gestellt. "Bei uns ist das so." Mehr können sie auf die Frage nach dem Warum meist nicht sagen.

Die Erziehung baut auf den Begriff "Respekt". Dahinter steht jedoch ein System aus Angst und Gehorsam. Eigene Stärken und Schwächen, geschweige denn die eigene Sexualität entdecken – das darf es in der so genannten traditionellen, muslimischen Erziehung nicht geben. Mit Gewalt wird in die Schranken gewiesen, wer sich geistig, emotional, sexuell, kreativ "anders" verhält. Ein gesundes Selbstbewusstsein kann sich so nicht entwickeln.

Deshalb ist Furcht allgegenwärtig und alles bestimmend. Wenn die Jugendlichen andere Bedürfnisse haben, müssen sie heimlich handeln. "Mein Vater darf nicht wissen, dass ich einen Freund habe!" sagt Semas Nachbarin leise.

Wenn Schüler wie Fatih von ihrer Ehre sprechen, die an der Jungfräulichkeit ihrer Schwestern und Frauen hängt, dann scheint auch die Religion diese Konzepte zu legitimieren: Ruft nicht Allah die Frauen auf, sich Männern unterzuordnen?

Haben solche Jugendlichen zudem noch den Eindruck, dass die Kultur ihrer Familien und ihre Religion hier in Deutschland abgewertet wird, ist es wenig verwunderlich, dass die Strukturen ihrer Eltern für sie attraktiv bleiben. Nur dort finden sie Geborgenheit und die Anerkennung einer Gruppe, auch wenn der Preis, den sie dafür zahlen, ihre Selbstbestimmung ist.

In einem Sketch spielen die Heroes vor, wie ein muslimischer Vater seine Tochter dabei unterstützt, Abitur zu machen und alles gibt, damit sie sich später beruflich verwirklichen kann. Er tut das gegen den Widerstand der Familie, gegen den Rat seines ältesten Bruders. Sema und ihre Klassenkameradinnen staunen. Vorsichtig sprechen sie von Träumen, in denen das Wort "Unabhängigkeit" vorkommt, und schon sind manche Jungen alarmiert. "Es ist doch meine Aufgabe als Mann, meine Familie zu ernähren", gibt einer zu bedenken. "Die Frau, die soll kochen, putzen, Kinder großziehen." Fatih meldet sich erneut: "Ich will doch nicht, dass meine Frau von Arbeitskollegen angemacht wird!"

Finanziell unabhängige Ehefrauen, so dämmert den Jungen, müssen sich nicht alles gefallen lassen. Sie sind nicht vom Mann abhängig, sie könnten ihn abweisen oder sogar verlassen. Es braucht Zeit und Geduld, bis sie bereit sind, Strukturen von Kontrolle und Macht in Frage zu stellen.

Kaum eine Mutter aus der Community, in der Sema und Fatih aufwachsen, war je erwerbstätig. Viele der Väter, Onkel und großen Brüder sind schlecht ausgebildet. Semas und Fatihs Eltern haben außerdem Sehnsucht nach einer Heimat. Sie sitzen zwischen allen Stühlen, weder hier in Deutschland noch dort in der Heimat ihrer Eltern gehören sie dazu. Ihr Festklammern an der Tradition sichert nicht nur den Familienzusammenhalt, es gibt ihnen die Illusion, sie wären noch irgendwo zu Hause.

Wenn die Heroes, die selbst ähnlich erzogen worden sind, den Jugendlichen erzählen, dass eine gleichberechtigte Frau keine Bedrohung sein muss, sondern eine solidarische, liebende Partnerin werden kann, hören die Schüler eher zu als wenn diese Ideen von "den Deutschen" kommen. Sie hören sich an, dass die Beziehung zu Schwester und Mutter inniger werden kann, wenn sie nicht auf Angst, sondern auf gegenseitigem Respekt und herzlichem Vertrauen basiert. Dass man seine Kultur und seine Religion nicht verleugnen muss, wenn man sich aus den Leid bringenden Strukturen löst.

Mit den kleinen Wünschen beginnt die Unabhängigkeit. Sema und ihre Mitschülerinnen sprechen plötzlich offen von ihrem Traum, zur nächsten Klassenreise mitkommen zu dürfen. Denn die meisten von ihnen müssen zu Hause bleiben, wenn die Klasse losfährt – an einen See im Grünen, oder nach Italien. Denn dort würden ja Mädchen mit Jungen in derselben Jugendherberge übernachten. Sema und ihre Mitschülerinnen würden sich auch gern so kleiden, wie sie wollen. Sie sehnen sich danach, mit ihrem Freund Hand in Hand durch den Park zu schlendern oder ins Kino gehen zu können, ohne sich vor den Brüdern oder Eltern zu fürchten.

Und Fatih? Ihm ist bewusst geworden, dass seine Mutter ihm nicht bei den Hausaufgaben helfen kann, weil sie kaum lesen kann. Dass es schön wäre, wenn sie sich für seine Schule interessieren könnte. Er, der im Workshop noch erbittert auf die "Tradition" gepocht hatte, sagt hinterher: "Toll, das war voll krass. Macht weiter Jungs!" 



Aus: ""Wenn mein Bruder mich schlägt, härtet mich das ab"" Ahmad Mansour (27.02.2013)
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/familie/2013-02/muslime-familie-ehre (http://www.zeit.de/gesellschaft/familie/2013-02/muslime-familie-ehre)

Title: [Es mangele bis heute... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 14, 2013, 11:23:57 AM
Quote[...] Deutlich sei demnach zu erkennen, dass sich die politischen und medialen Debatten zunehmend auf die vermeintlich gescheiterte Integration der rund vier Millionen Muslime, die in Deutschland leben, verengen. Und das, obwohl die in der Bundesrepublik geborene zweite Generation muslimischer Zuwanderer deutlich besser intergriert sei, als noch ihre Eltern (mehr hier). Zunehmend finde darüber hinaus eine Reduzierung von Menschen auf ihr ,,Muslimsein" statt. Religion wird zum Einordnungsmerkmal. Obendrein wirken die Medien bei der ,,Islamisierung der Integrationsdebatte als Verstärker".  Und das sieht nicht nur die eine Seite so: ,,Die Übereinstimmung zwischen Zuwanderern und Mehrheitsgesellschaft ist erstaunlich groß: 70,8 Prozent der Befragten ohne Migrationshintergrund und 73,9 Prozent der Zuwanderer finden, dass die Darstellung von Muslimen in den Medien eher oder viel zu negativ ist. Die befragten muslimischen Zuwanderer waren sogar zu 82,1 Prozent dieser Ansicht", erläutert Dr. Gunilla Fincke, Direktorin des SVR-Forschungsbereichs.

Direkte Auswirkungen dieser Unzufriedenheit auf das Zusammenleben hat der SVR hingegen nicht ausmachen können. Noch nicht. So beschreibt Prof. Dr. Bernhard Lorentz, Vorsitzender der Geschäftsführung der Stiftung Mercator: ,,Es gibt eine große Kluft zwischen dem als sehr negativ wahrgenommenen Medienbild von muslimischen Zuwanderern und der positiven Alltagserfahrung in der Einwanderungsgesellschaft." Fragt man die Muslime selbst, empfinden diese das genauso. Sechs von zehn Befragten (58,1 Prozent), so berichtet die SVR, erlebten das Zusammenleben von Zuwanderern und Mehrheitsbevölkerung als ungestört; nur drei von zehn (29,3 Prozent) würden Probleme im Zusammenleben sehen. Ingesamt sei schon seit 2009 ein positiver Stimmungstrend zu beobachten. Die Stimmungseintrübung im Zuge der so genannten Sarazzin-Debatte erachtet der Forschungsbereich beim Sachverständigenrat als ,,vorübergehend".

Damit sich muslimfeindliche Einstellungen, die aber durchaus gegenwärtig sind, nicht doch noch im alltäglichen Zusammenleben niederschlagen, warnt Prof. Lorentz vor einer einseitigen Berichterstattung. Ein anhaltend negatives Medienbild könne Vorurteile verstärken. Umso wichtiger sei daher eine ausgewogene Medienberichterstattung, die auf Stereotype verzichte. Bisher, so konstatiert der SVR, ist das aber nicht der Fall: ,,Medienanalysen belegen, dass in der Berichterstattung über Muslime und den Islam in den letzten Jahren eine negativ konnotierte Berichterstattung deutlich überwog." Dabei sei allerdings nicht die Darstellung negativer Sachverhalte an sich problematisch, wohl aber die Häufung der Negativberichterstattung und die zu wenigen Berichte über das Gelingen von Integration und den Alltag in der Einwanderungsgesellschaft auf der anderen Seite. Es mangele beispielsweise bis heute an einer Berichterstattung, die die Leistungen von Zuwanderern für das Gemeinwesen wertschätzte.

... Grundlage der Ergebnisse ist eine Analyse des SVR-Integrationsbarometers 2012. Hierfür wurden mehr als 9.200 Personen mit und ohne Migrationshintergrund befragt. Damit liegt erstmals eine Umfrage zur Mediendarstellung von Muslimen vor, bei der auch Muslime selbst nach ihrer Wahrnehmung gefragt wurden.


Aus: "SVR-Studie: Medien schüren Vorurteile gegen Muslime" (12.03.2013)
Quelle: http://www.deutsch-tuerkische-nachrichten.de/2013/03/470772/svr-studie-medien-schueren-vorurteile-gegen-muslime/ (http://www.deutsch-tuerkische-nachrichten.de/2013/03/470772/svr-studie-medien-schueren-vorurteile-gegen-muslime/)

http://www.svr-migration.de/content/wp-content/uploads/2013/03/Medienbild-Muslime_SVR-FB_final.pdf (http://www.svr-migration.de/content/wp-content/uploads/2013/03/Medienbild-Muslime_SVR-FB_final.pdf)

Title: Ausnahmeverhältnisse... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 26, 2013, 11:54:53 AM
Quote[...] Wenn in Deutschland über Türken berichtet wird, jagt oft ein Klischee das andere. Zwei Studenten aus Dortmund wollen das ändern - mit einem eigenen Magazin.

... "Deutsche Medien", sagt Ömer, "sprechen vor allem über Kopftücher, die Kurden-Problematik, Erdogan oder Integration. Das war's!" Türkische Filmemacher, Fotografen, Künstler, Journalisten, Grafikdesigner, die ganze Vielfalt fiele komplett raus, würde nicht gezeigt und somit zur Ausnahme degradiert. "Aber diese Menschen haben alle schöne und interessante Geschichten", sagt Ömer.

...


Aus: "Mehr Farbe für Türken" hakan-tanriverdi (25.03.2013)
Quelle: http://jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/568666/Mehr-Farbe-fuer-Tuerken (http://jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/568666/Mehr-Farbe-fuer-Tuerken)


renk. ist ein Magazin-Projekt zur Aufdeckung deutsch-türkischer Ausnahmeverhältnisse.
Wir bieten mit dieser Plattform die Möglichkeit, einen Schritt weiter zu denken und
sich zu fragen: Was machen junge Kreative mit türkischen Wurzeln in der Welt? Wie
sieht das Leben der neuen »deukischen« Kinder aus? Wie viele sind wir? Wo führt uns
das hin?...

http://renk-magazin.de/ (http://renk-magazin.de/)

Title: [Durcheinandergewirbelt.. ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 17, 2013, 09:26:30 AM
Quote[...] Müssen strenggläubige Muslime vor Gericht ihr Gesicht zeigen? Der Londoner Richter Peter Murphy meint Ja. Er hat am Montag entschieden, dass eine muslimische Angeklagte bei ihrem Prozess im November ihren Gesichtsschleier zumindest zeitweise abnehmen muss. Die 22-jährige Londonerin hatte sich bislang geweigert, ihr Gesicht in Anwesenheit von Männern im Gerichtssaal zu entblößen. Eine weibliche Polizistin musste sie im Nebenraum identifizieren, bevor sie vollverhüllt im Saal erschien.

Es sei wichtig, dass die Jury das Gesicht der Angeklagten bei ihrer Aussage sehen könne, schrieb der Richter in seiner Entscheidung. Sie dürfe den Schleier aber während der Anhörung anderer Zeugen im Gerichtssaal tragen.

Die Entscheidung heizt die britische Debatte über die Verhüllung im öffentlichen Raum weiter an. Vergangene Woche hatte eine 17-jährige Studentin am Metropolitan College in Birmingham protestiert, als ihr zu Beginn ihres ersten Semesters gesagt wurde, sie könne nicht mit ihrem Gesichtsschleier an den Lehrveranstaltungen teilnehmen. Die Uni hatte vor acht Jahren ein generelles Verbot von Schleiern, Mützen und Kapuzen ausgesprochen. Die Studentin beschwerte sich wegen Diskriminierung in der Lokalzeitung, es gab eine Online-Petition mit 8000 Unterschriften, erste Abgeordnete mischten sich ein. Schließlich gab die Uni-Leitung nach. Man werde künftig Ausnahmen von der Kleiderordnung zulassen, teilte sie vergangenen Donnerstag mit.

Beide Fälle rühren an die fundamentale Frage: Darf der Staat sich einmischen, wenn jemand unter Berufung auf seinen Glauben sein Gesicht verhüllen möchte? Die Anwältin der Angeklagten in London hatte argumentiert, dass die Europäische Menschenrechtskonvention ihrer Mandantin ein Recht auf den Schleier vor Gericht gebe.

Murphy hingegen verwies darauf, dass "eine gewisse Einschränkung" dieses Rechts in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sei. Der Richter und die Jury müssten die Gesichtsregungen der Angeklagten sehen können, um zu einem Urteil zu gelangen. Es könnten jedoch Schutzwände aufgestellt werden, um die Frau gegen Blicke der übrigen Anwesenden im Saal zu schützen. Auch bot er an, dass sie per Videoschalte aussagen könne.

Der Kompromiss ist ein typisches Beispiel dafür, wie Großbritannien bislang mit dem Schleier umgeht. Während Frankreich 2010 ein allgemeines Burkaverbot im öffentlichen Raum einführte, gilt auf der Insel das Gebot der Toleranz. Es gibt keine nationalen Gesetze, die Behörden und Gerichte sollen von Fall zu Fall entscheiden.

Seit der Beschwerde der Studentin in Birmingham werden nun jedoch wieder Rufe nach einem nationalen Verhüllungsverbot laut. Gesichtsschleier müssten an allen Schulen und Universitäten verboten werden, fordern Tories wie die Unterhausabgeordnete Sarah Wollaston. Auch Innen-Staatssekretär Jeremy Brown vom liberalen Koalitionspartner sprach sich für eine "nationale Debatte" aus. Die Gesellschaft lasse Minderjährigen schließlich auch keine Wahl bei Alkohol, Rauchen oder Ehe, sagte er. Die Liberalen müssten abwägen, wie man die persönliche Freiheit am besten schütze.

Bei muslimischen Verbänden stoßen die Verbotsforderungen auf heftigen Widerstand. "Jeder Versuch von illiberalen männlichen Politikern, muslimischen Frauen zu diktieren, was sie tragen sollen, wird angegriffen werden", sagte Mohammed Schafik, Chef der Ramadan-Stiftung.

Unterstützer der Studentin verwiesen darauf, dass ihre Verhüllung keine Gefahr darstelle. Sie sei außerdem jederzeit bereit, sich auszuweisen und ihr Gesicht zu zeigen, wenn Angestellte der Uni sie dazu aufforderten.

Die Spitzen der Regierung sehen offensichtlich keinen Anlass zum Handeln. Premierminister David Cameron sagte, die Kleiderordnung sollte weiterhin jede öffentliche Institution für sich selbst festlegen. Er hätte jedenfalls nichts dagegen, falls die Schule seiner Kinder ein Schleierverbot einführen sollte. Der liberaldemokratische Vizepremier Nick Clegg gab zu bedenken, es sei "sehr unbritisch, den Leuten zu sagen, was sie anziehen sollen". Ausnahmen könne er sich nur an den Sicherheitskontrollen im Flughafen und im Klassenzimmer vorstellen: "Die Lehrer sollten ihren Schülern ins Gesicht sehen können".


Aus: "Londoner Urteil: Muslimin muss Schleier vor Gericht abnehmen" Von Carsten Volkery, London (16.09.2013)
Quelle: http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/london-muslimin-muss-gesichtsschleier-im-zeugenstand-abnehmen-a-922549.html (http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/london-muslimin-muss-gesichtsschleier-im-zeugenstand-abnehmen-a-922549.html)

-.-

Quote[...] Die erste große islamische Mode-Show auf europäischem Boden war Ausdruck des modernen und jungen islamischen Lebens und steht im Widerspruch zum traditionellem Islam und den üblichen Vorurteilen ...

Moderne Hijab-Fashion ist offensichtlich nicht mehr im Sinne der reaktionären Erfinder, wodurch zumal auch die Kritik der Kopftuchkritiker nicht mehr ganz ins Schwarze trifft. Insofern werden hier viele populäre Irrtümer z.B. aus der Feminismus- und Religionsdiskussion durcheinandergewirbelt – die Fronten der MultiKulti-Diskussion wurden von den "Kopftuch-Mädchen" (Sarrazin) selber aufgelöst. In islamischen Kreisen toben die kuriosesten Debatten darüber, welche Körperteile wieweit bedeckt sein müssen und wie die Models "unaufreizend" zu stehen haben sollen – was aber auch erinnert an die aktuellen Hot Pants-Verbote an Dutzenden Schulen in Baden-Württemberg oder die Debatten um den Minirock in den 60ern.

New Hijab bekam diese Diskussionen auch zu spüren durch wütende Postings islamistischer und anti-islamischer Hardliner. Erstere griffen vor allem die High-Heels im Online-Auftritt und den Katalogen an - diese konterkarierten die "Intention" des Hijab , letztere kurioserweise die selbstbewusste Weiblichkeit der Modelle. Fast scheint es, als würde sich die Körperfeindlichkeit des Feminismus und der neobürgerlichen, schwarz-grünen Verklemmtheit nun mit der Frauenfeindlichkeit tumber Islamisten paaren: Frauen können sich in beiden Stereotypen nur als Opfer vorgestellt werden, die zu retten seien – eigene Subjektivität und körperliche Selbstbestimmung wird ihnen in beiderlei Argumentation abgesprochen.

... Dieser Widerspruch zwischen "Tradition" und Moderne produziert dann nicht nur solch werbeträchtige Events wie die Zürcher Modenschau, sondern auch die kuriosesten Fragen, von denen muslimische Vertreter wie die IZRS meinen, dass diese auch den Rest der islamischen Welt bewegen:

Ist Oralverkehr haram und dürfen sich Eheleute trotz Menstruation gegenseitig befriedigen? Das vorliegende FAQ gibt kurze, prägnante und unverkrampfte Antworten zu immer wiederkehrenden Fragen der Sexualität im Islam. Dabei wurde versucht, kulturell bedingte Tabus bewusst auszuklammern. Jüngere Generationen haben bekanntlich weniger Mühe mit neueren Praktiken als es vielleicht noch ihre Eltern hatten. Für den praktizierenden Muslim gilt jedoch nicht die traditionale Prägung der Eltern als Richtschnur für das ethisch richtige Handeln, sondern die islamische Normativität. Gibt es keine klaren Beweise gegen eine bestimmte sexuelle Handlung, so kann sie nicht als verboten erklärt werden.

Quote16. September 2013 20:18
Das ist so schön subversiv - gefällt mir :-)
Sideshow-Bob

Zuerst ein paar Anmerkungen:

"Der Islam" macht keine weitergehenden Kleidungsvorschriften als sich
auch in der Bibel finden lassen. Die konkreten Vorschriften sind
vielmehr kulturell tradiert und damit in der islamischen Welt
insgesamt extrem unterschiedlich.

Wir betrachten meistens aus naheliegenden Gründen den
türkisch-arabischen Kulturraum.

Hier gibt es eine tradierte strikte Trennung zwischen den Sphären von
Männern und Frauen. Es gibt die männliche Aussenwelt und die
weibliche Innenwelt. Ebenfalls wichtig für das Verständnis ist die
Dominanz tribalistischer Ordnungen.

Das bedeutet, dass es in diesem Kulturraum keine Individualität im
westlichen Sinne gibt, sondern jede/r als Teil der Sippe agiert und
auch so wahrgenommen wird. Es gelten kollektivistische Prinzipien,
inklusive sippeninterne Hierarchisierung und Sippenhaft. Dafür ist
auch nie jemand alleine, insbesondere Frauen leben "im Rudel" in
ihrer Innenwelt.

Die "Wertigkeit" einer Frau nach aussen hin ergibt sich aus ihrer
realen Fruchtbarkeit, d.h. aus der Anzahl der Nachkommen. Die
Wertigkeit des Mannes nach aussen ergibt sich aus seiner Kampf- und
Verteidigungsfähigkeit inklusive seiner Möglichkeiten Allianzen zu
bilden (um die Kampfkraft zu stärken).

Bekleidungsvorschriften für die Frau gelten nur in der Aussenwelt und
dienen tradiert als Unantastbarkeits- bzw "Freies Geleit"-Symbolik.

In der Innenwelt dagegen können sich Frauen frei ihrer Eitelkeit
hingeben und sich innerhalb des mindestens weiblichen Sippenteils
präsentieren (Weswegen arabische Staaten oder der Iran auch
Großverbraucher bei Kosmetik und Schmuck sind)

Das subversive an solchen "Shows" ist jetzt, dass die sinnlos
gewordene Symbolik aufgrund der Vereinzelung im Rahmen des
Assimilationsprozesses nicht einfach hart negiert, sondern kunstvoll
unterlaufen wird.

Dies einfach dadurch, indem man die Traditionalisten auf
"Nebenschauplätzen" lockt (wie die Diskussion wieviel Haut darf zu
sehen sein oder die Fixierung auf Kopfhaare und ausklammern der Füße)
und dort auf konkrete Kriterien festnagelt, um dann hintenrum den
Individualismus überall dort öffentlich auszuleben, wo die Kriterien
nicht greifen.

Alleine schon dieses Festnageln auf harte Kriterien ist für den
türkisch-arabischen Kulturkreis etwas ungewöhnliches (Es gibt im
Grunde nur das Recht des jeweils Mächtigeren, keine allgemeingültigen
Kodifizierungen und kein Egalitätsprinzip).

Das die Traditionalisten merken, wie sie aufs Glatteis gelockt wurden
und vor Wut darüber schäumen ist an den Reaktionen deutlich sichtbar.
Aber was wollen sie machen? Die tradierte Sippenstruktur hat in einer
befriedeten individualistischen Umwelt nur Nachteile und erodiert
damit zwangsläufig.



Quote16. September 2013 16:47
Würde Telepolis auch so wohlwollend über eine Thor Steinar Modenschau berichten?
Niederrheinischer  Patriarch

Ein Kopftuch bleibt ein Symbol des religiösen Faschismus, egal ob man
es modisch aufhübscht oder nicht. Oder wird ein Hakenkreuz als
Accessoire akzeptabel, wenn es in Modefarben dargestellt wird?

Der Islam und der Nationalsozialismus sind sehr ähnlich (Varianten
totaler Herrschaft).
Das Kopftuch ist das politische Symbol des Islam. Der modischen
Verpackung dieses Faschismussymbols zuzujubeln ist nur mit
unglaublicher Naivität erklärbar, entschuldbar ist es überhaupt
nicht.


Quote16. September 2013 19:18
Die Mädels machen das richtig
Artur_B

... Interessant aber, wem hier vor Empörung das Gebiss auf die
Tischplatte fällt. Den Immamen einerseits und den Sarrazinen
andererseits. Genau die Richtigen, würde ich sagen. Gut gezielt,
Mädels ! Weiter so.

Gruß Artur  

QuoteirgendeinDAU , 16. September 2013 18:35
Unter Hijab und Talaren

- - - Muff von vierzehnhundert Jahren



Aus: "High-Heels für Allah" Marcel Malachowski (16.09.2013)
Quelle: http://www.heise.de/tp/artikel/39/39906/1.html (http://www.heise.de/tp/artikel/39/39906/1.html)

Title: [Kleiderordnung... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 04, 2013, 12:00:53 AM
Quote[...] Budapest - Aus Protest gegen ein Verbot von kurzen Röcken haben Studenten und eine Professorin an einer ungarischen Universität blank gezogen. Damit wollten sie gegen eine neue Kleiderordnung demonstrieren, die neben einer Maßgabe gegen zu kurze Röcke auch zu tiefe Ausschnitte, zu starkes Parfüm oder Schminke verbietet. Männliche Studenten dürften nicht in Shorts im Hörsaal erscheinen und müssten bei Prüfungen einen "eleganten" Anzug und Krawatte tragen, schrieb Professor Ferenc Szavai, Rektor der staatlichen Universität in der Kleinstadt Kaposvar.

Zehn männliche und weibliche Studenten wollten das aber offenbar nicht hinnehmen. Einige von ihnen zogen sich bis zur Unterwäsche aus, andere scheinen in einem Video der Aktion, das von einer lokalen Nachrichtenseite hochgeladen wurde, vollkommen nackt zu sein.

Studentenorganisationen wie das links-liberale "Hallgatói Hálozat" ("Studenten-Netzwerk") hatten sich schon im Vorfeld über die neue Kleiderordnung lustig gemacht. Sie veröffentlichten per Facebook das Foto eines Studenten, der nur mit einer Pelzmütze auf dem Kopf posiert. Kritiker empfahlen dem Rektor, die Anordnung zurückzunehmen. Eine Rocklänge oder die Intensität von Parfums und Schminke seien nicht objektiv messbar.

Die Studenten haben angekündigt, ihren Protest am Montag fortzusetzen. Dann wollen sie mit Flip Flops und Strandhandtüchern zu den Vorlesungen erscheinen.

vks/dpa/AP


Aus: "Studenten protestieren nackt gegen Kleiderordnung" (03.10.2013)
Quelle: http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/nacktprotest-gegen-verbot-von-kurzen-roecken-an-uni-in-ungarn-a-926011.html (http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/nacktprotest-gegen-verbot-von-kurzen-roecken-an-uni-in-ungarn-a-926011.html)

Title: [Ein Kussbild... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 06, 2013, 02:36:35 PM
Quote[...] Es sei bedauerlich, dass "es in diesem Land ein Verbrechen ist, ein Mädchen zu küssen, aber nicht, es zu schlagen". So kommentiert Chakib Al-Khayari, Präsident der Menschenrechtsgruppe ADRH, das Schicksal eines 15-jährigen marrokanischen Schülers und dessen 14-jähriger Freundin. Die beiden landeten hinter Gittern, weil sie ein Kussbild von sich auf Facebook gepostet hatten. Auch der Fotograf, ein Freund des Pärchens, sitzt wegen "Erregung öffentlichen Ärgernisses" im Gefängnis. Die Festnahme der Teenager treibt in Marokko nun Menschenrechtler auf die Barrikaden.

Dabei war das Bild, wie das Nachrichtenportal Lakome.com es beschreibt, völlig harmlos. Es zeige "zwei sichtlich verliebte Teenager, die sich in die Arme nehmen und küssen". Aufgenommen wurde es in einer Straße vor der Oberschule Tarek Ben Ziad in Nador, einer Küstenstadt im besonders konservativen Nordosten Marokkos.

Lokale Medien veröffentlichten das Foto. Dies wiederum rief die sogenannte Organisation für die Menschenrechte und öffentliche Freiheiten – eine erzkonservative regionale Gruppe – auf den Plan. Prompt wurde Anzeige erstattet. Man sei davon überzeugt, das Richtige getan zu haben, denn "solche Bilder können von gewissen Menschen für Pornografie missbraucht werden", sagte Organisationschef Fayçal El Morsi.

Nachdem die drei Teenager am Donnerstag in Jugendanstalten in Nador und Fes gebracht worden waren, wo sie auf ihren Prozess in der nächsten Woche warten müssen, wächst die Empörung in Marokko. Vor der Jugendanstalt in Nador gab es am Samstag einen Sitzprotest. Die Facebook-Seite Ein Kuss ist kein Verbrechen erreichte nach wenigen Stunden 1.500 Likes. Immer mehr Facebook- und Twitter-User würden aus Solidarität Kussfotos posten, berichtet das Portal Bladi.net.

Die Organisation für die Menschenrechte und öffentliche Freiheiten will nun auch die Eltern der Jugendlichen anzeigen. "Wir wollen nicht Jugendliche terrorisieren, nur gewisse Sachen klären. Können Sie sich vorstellen, wenn solche Bilder in einer traditionellen Stadt wie Nador in Umlauf kommen?", sagte Organisationschef El Morsi.

Marokko ist vor allem für Frauen das restriktivste Land in Nordafrika. Vergewaltiger kommen ohne Strafe davon, wenn sie das Opfer heiraten. Nach dem Selbstmord einer 16-Jährigen, die ihren Vergewaltiger hatte heiraten müssen, kam es im Frühjahr 2012 vor dem Parlament zu Großdemonstrationen. Doch auch nach den Demos und der Verfassungsreform von 2011 habe es in Marokko "kaum Fortschritte" beim Thema individuelle Freiheiten gegeben, beklagt die Frauenrechtlerin Ibtissame Lachgar, Mitgründerin der Alternativen Bewegung für die Individuellen Freiheiten (MALI). Selbst die Regierung räumt ein, dass sechs Millionen Frauen in dem Land regelmäßig Opfer von Gewalt werden. In mehr als der Hälfte aller Fälle schlagen die Ehemänner zu, der Staat greift nicht ein.

...

Quote
    Åkerlund
    05.10.2013 um 19:10 Uhr
In den USA war es auch verboten sich im Auto zu küssen, aber besoffen durfte man fahren. 1967.


Quote
    Freidenker.
    05.10.2013 um 20:38 Uhr
Verkorkste Gesetze
Noch heute ist es in 12 US-Staaten verboten ein unverheiratetes Mädchen zu küssen, der Beischlaf mit einem Pferd ist nur in 2 verboten, und das auch nur als Ordnungswidrigkeit.
Wie dem auch sei, die Sache ist nicht ob es verboten ist, sondern ob es auch verfolgt wird.
Ich glaube nicht das man in den US in den Bau kommt weil man seine Freundin küsst nur weil man nicht verheiratet ist.
In Deutschland ist kiffen verboten, aber selbst wenn man vor einem Polizist auf offener Straße kiffen würde, bekommt man gesagt man solle es wegpacken und dahin gehen wo es niemand sieht.
Und natürlich gibt es noch Länder die sehr sehr rückschrittlich sind, in dem Vergewaltigung Alltag ist, aber ist ein Kuss wirklich schlimmer als eine Minderjährige zur Heirat zu verkaufen oder seine Frau windelweich zu prügeln?
Ein Armutszeugnis der Menschheit, aber Hauptsache die Gesetze der grauen, alten Männer werden nicht hinterfragt.


Aus: "Menschenrechtler protestieren gegen Festnahme küssender Teenager" (5. Oktober 2013)
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2013-10/marokko-facebook-kussbild-haft-protest (http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2013-10/marokko-facebook-kussbild-haft-protest)

Title: [Realitätsbezogen verwiesen die Richter... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 02, 2014, 10:24:38 AM
Quote[...] ,,Wir sollten über ein generelles Verbot von Ganzkörperschleiern zumindest in Schulen und Universitäten diskutieren", sagte er. Die Burka mache es Schülern und Studenten unmöglich, gleichberechtigt am Unterricht teilnehmen und sich zu integrieren.

Tören weiter: ,,Die Burka ist eine massive Einschränkung der verfassungsrechtlich garantierten Entfaltung der Persönlichkeit und grenzt Mädchen und Frauen systematisch von ihrer Umwelt ab. Das ist für einen demokratischen Rechtsstaat wie Deutschland nicht zu tolerieren."

Auch könne das Tragen von Burkas nicht mit dem grundgesetzlich garantierten Schutz der inneren und äußeren Glaubensfreiheit gerechtfertigt werden.

... Für den Grünen-Parteichef Cem Özdemir handelt es sich auch heute um eine ,,Symboldebatte, die an den wahren Konflikten vorbeigeht".


Aus: "Schule und Uni: Serkan Tören für Burka-Verbot" (2010/02/01)
Quelle: http://www.migazin.de/2010/02/01/serkan-toren-fordert-burka-verbot-in-schulen-und-universitaten/ (http://www.migazin.de/2010/02/01/serkan-toren-fordert-burka-verbot-in-schulen-und-universitaten/)

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Quote[...] Vor Gericht gebracht hatte die Sache eine französische Muslima, die angab, den Nikab oder eine Burka nicht regelmäßig, aber gelegentlich außer Haus zu tragen. Sie werde von niemandem dazu gezwungen. Gegen das französische Gesetz, das die Vollverschleierung in der Öffentlichkeit mit einem Bußgeld von 150 Euro ahndet, machte sie persönliche Freiheitsrechte geltend, die in Artikel 8 und 9 der europäischen Menschenrechtskonvention verankert sind. Zudem machte sie geltend, dass das Verbot gegen das Diskriminierungsverbot, Artikel 14 der europäischen Menschenrechtskonvention, verstoße.

Der letzte Punkt wurde von der Großen Kammer einstimmig abgelehnt, bei den anderen Punkten gab es ein mehrheitliches Votum gegen den Antrag der Muslima. Wie aus der Entscheidung ersichtlich wird, sparten die Richter aber nicht mit kritischen Einlassungen zum französischen Gesetz.

So wurde moniert, dass das Gesetz gegenüber den Sicherheitsargumenten, die von den französischen Gesetzgebern vorgebracht wurden, nicht angemessen sei. Um die Identität einer Person festzustellen, genüge es doch, dass der Schleier bei einer Kontrolle gelüftet werden müsse, dazu brauche es kein Gesetz gegen den Schleier. Auch die dem Gesetz innewohnende Stoßrichtung gegen den Islam wurde kritisiert.

Realitätsbezogen verwiesen die Richter auf die Diskussion, die das "Burkaverbot" begleitete und die von markanten und polemischen Äußerungen gegen die Religion geprägt war. Zwar nahmen die Richter zur Kenntnis, dass sich das Verbot im Wortlaut nicht gegen islamische Gesichtsschleier richtet, sondern gegen alle möglichen Arten der Gesichtsvermummung, aber sie verweigerten den buchstabentreuen und realitätsblinden Scheuklappenblick auf den bloßen Gesetzestext und berücksichtigten die politische Dimension des Gesetzes, die ja auch den wesentlichen Ausschlag für das Zustandekommen gab.

Bemerkenswert an der positiven Stellungsnahme zum französischen Gesetz ist die Bedeutung, welche der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte dem unverschleierten Gesicht gibt. Das Gesicht spiele eine signifikante Rolle in der sozialen Interaktion. Für das Zusammenleben in einer offenen Gesellschaft sei das nichtverhüllte Gesicht maßgeblich.

Die Richter schlossen sich der Auffassung von Verschleierungskritikern an, die geltend machten, dass offene Beziehungen zwischen Menschen durch die Vermummung behindert würden. Die Freiheit des Individuums fände seine Grenzen in den Freiheitsrechten der Anderen, die ebenfalls geschützt werden müssen. Das Schlüsselwort hier sei das Zusammenleben.

Das Gericht konnte akzeptieren, dass die Barriere, die durch die Verschleierung des Gesichts gegen andere errichtet wird, vom französischen Staat als ein Bruch des Rechtes der Anderen verstanden wird, in einem sozialen Raum zu leben, der das Zusammenleben einfacher macht.


Aus: "Offene Gesichter in einer offenen Gesellschaft" Thomas Pany (01.07.2014)
Quelle: http://www.heise.de/tp/artikel/42/42146/1.html (http://www.heise.de/tp/artikel/42/42146/1.html)

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Quote[...] Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat das Burka-Verbot in Frankreich für rechtens erklärt. Das Verbot der Vollverschleierung in der Öffentlichkeit stelle keine Verletzung der Grundrechte dar, urteilten die Richter. Gegen das Urteil ist keine Berufung möglich.

Eine französische Muslimin hatte gegen das Gesetz geklagt, das die Vollverschleierung und jede Art der Vermummung in der Öffentlichkeit verbietet. Sie sieht mehrere ihrer Grundrechte verletzt, unter anderem die Religionsfreiheit, die Meinungsfreiheit und die Achtung des Privat- und Familienlebens.

Für die Regierung in Paris verstößt der Vollschleier gegen die Gleichberechtigung. Das Verbot, das Gesicht in der Öffentlichkeit zu verschleiern, gilt seit 2011. Es wird mit einer Geldstrafe von 150 Euro bestraft. Das französische Innenministerium schätzt, dass etwa 2.000 Frauen in Frankreich von dem Verbot betroffen sind.

Die 24-jährige französische Klägerin wollte anonym bleiben. Nach Angaben ihrer Anwälte fürchtet sie "mögliche feindselige Reaktionen". Der Vollschleier sei Ausdruck ihrer religiösen Überzeugung und niemand, weder ihr Ehemann noch ihre Familie, übten irgendeinen Druck auf sie aus, sagte ihr Anwalt.

Neben Frankreich hat auch Belgien ein Burka-Verbot erlassen. In Deutschland hat Hessen im Februar 2011 als erstes Bundesland ein Burka-Verbot im öffentlichen Dienst erlassen. 

Quote
    Deserteur

Ich finde es immer wieder Interessant

das Muslime aus aller Welt nach Europa fliehen um dem Unrechtssystem ihres Landes zu entkommen, um dann genau dieses System hier wieder einführen zu wollen.

Europa hat Werte (Menschenrechte, Gleichberechtigung, usw.) und diese zu verteidigen, kann nicht nur Aufgabe der Konservativen sein, sondern muss auch Aufgabe von "uns" Linken sein.

Wer nach Europa kommt muss verstehen das diese Werte
NICHT VERHANDELBAR sind.
Den es sind die gemeinsamen Werte von Linken und konservativen, es sind europäische Werte!

http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2014-07/frankreich-burka-verbot-europaeischer-gerichtshof-fuer-menschenrechte?commentstart=1#cid-3764879

Quote
    curare22
    gestern 11:46 Uhr

Schwieriges Thema

Ich persönlich bin gegen vollverschleierung, sehe das Urteil aber sehr kritisch. Es geht hier tatsächlich um das Persönlichkeitsrecht, das stark leidet. Ein Mensch der anonym bleiben will, und sei es nur beim Einkaufen, soll dies auch tun können. So blöd es klingt: der Gesichtserkennung die immer weiter betrieben wird (siehe auszüge Snowden) wird hiermit quasi die sichere Arbeit garantiert.

Etwas anderes sind Demonstrationen oder der öffentliche Dienst. Aber was ist der Schaden der Gesellschaft, wenn sich jmd unkenntlich macht? Solange er sich im Zweifelsfall erkenntlich zeigen muss (Kontrollen, etc.)
sehe ich nichts, was mich dran stören sollte.
dies ist etwas grundsätzliches und hat wenig mit religion zu tun.

http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2014-07/frankreich-burka-verbot-europaeischer-gerichtshof-fuer-menschenrechte?commentstart=25#cid-3764936


Aus: "Burka-Verbot in Frankreich ist rechtens" (1. Juli 2014)
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2014-07/frankreich-burka-verbot-europaeischer-gerichtshof-fuer-menschenrechte (http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2014-07/frankreich-burka-verbot-europaeischer-gerichtshof-fuer-menschenrechte)

Title: [Wahrheitsanspruch als Privatvergnügen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 27, 2014, 09:55:40 AM
Quote[...]  In einem Kommentar der "Bild am Sonntag", mit rund 1,2 Millionen verkaufter Exemplare die meistgelesene deutsche Sonntagszeitung, wird der Islam pauschal als Integrationshindernis dargestellt. Der Autor, Nicolaus Fest, stellvertretender Chefredakteur des Blattes, bezeichnet sich selbst als "religionsfreundlichen Atheisten". Mit Juden, Christen, Buddhisten - so der Kommentator - habe er keine Probleme, wohl aber mit dem Islam. Junge Muslime in Deutschland seien überproportional kriminalistisch auffällig, er störe sich auch an der totschlagbereiten Verachtung des Islam gegenüber Frauen und Homosexuellen.

Ist Religion ein Integrationshindernis, fragt der Autor zum Schluss und gibt die provozierende Antwort, im Falle des Islam ja, bei den anderen Weltreligionen eher nicht. Er empfiehlt, diesen Befund bei Asylanträgen und Zuwanderung zu berücksichtigen. Fazit von Fest: "Ich brauche keinen importierten Rassismus, und wofür der Islam sonst noch steht, brauche ich auch nicht."

Die totale Islam-Abqualifizierung zeigte sofortige Wirkung in der großen "Bild"-Familie. Kai Diekmann, Chefredakteur der täglichen Ausgabe der "Bild"-Zeitung, schrieb postwendend einen "Gegen-Kommentar". Tenor: Kampf gegen den Islamismus ja, Diffamierung des Islam nein. Eine pauschale Ablehnung von Religionen habe in der "Bild" keinen Platz. Als Gast-Kommentator schrieb der grüne Bundestagsabgeordnete Özcan Mutlu, die Islam-Kritik von Fest sei purer Rassismus. Er habe seinen Augen nicht getraut, als er den Titel des Kommentars gelesen hatte.

Was mit der Islam-Tirade losgetreten wurde, ist der Chefredakteurin der Sonntagszeitung, Marion Horn, erst mit Verspätung bewusst geworden. Hatte sie in ihren Tweets zunächst den Autor verteidigt ("Religion ist ihm egal, ... aber er hat was gegen Intoleranz"), musste sie sich wenig später im Netz rechtfertigen. "Wir sind nicht islamfeindlich! Ich entschuldige mich für den entstandenen Eindruck."

Medien-Journalist Stefan Niggemeier erstaunt die Entschuldigung die sich lediglich auf den "entstandenen Eindruck" bezieht, nicht aber auf den Kommentar ganz allgemein.

Eindeutig auch die Reaktionen aus den Reihen der Bundestagsabgeordneten. Grünen-Politiker Volker Beck fordert eine Entschuldigung bei allen Muslimen in Deutschland. "Einen Kübel Dreck" nennt SPD-Politiker Jonas Westphal den "Bild"-Kommentar. Und Niema Movassat von der Linken empört sich über das Schüren von Rassismus. Der Autor selbst zeigte sich anfangs noch wenig beeindruckt von der Generalkritik und freute sich über einen "herrlichen Shitstorm".

Deutschland erlebt derzeit nicht nur eine neue Antisemitismus-Debatte, sondern auch eine Islam-Integrations-Kontroverse. Interessanterweise ausgelöst von ein- und demselben Medium. Erst am Freitag (25.07.2014) hatte das populäre Blatt namhafte Prominente zusammen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, sowie Bundespräsident Joachim Gauck auf dem Titelblatt unter der Überschrift "Nie wieder Judenhass!" vereinigt. Die Aktion gegen Antisemitismus in Deutschland wurde überwiegend positiv aufgenommen. Die Islam-Kritik nur zwei Tage später im Schwesternblatt "Bild am Sonntag" wirft nun Fragen auf. Zum Beispiel die, ob die Provokation geplant war.


Aus: "Die "Bild"-Bombe: Islam-Hetze empört" (28.07.2014)
Quelle: http://www.dw.de/die-bild-bombe-islam-hetze-emp%C3%B6rt/a-17815883 (http://www.dw.de/die-bild-bombe-islam-hetze-emp%C3%B6rt/a-17815883)


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Quote[...] Der Brand in der Kreuzberger Mevlana-Moschee ist nach Einschätzung der Ermittler auf einen Anschlag zurückzuführen. ,,Wir können jetzt ausschließen, dass es sich um einen technischen Defekt handelte," sagte Polizeipräsident Klaus Kandt am Dienstag, nachdem er gemeinsam mit Innensenator Frank Henkel (CDU) die Moschee besucht hatte. Auch Fahrlässigkeit sei auszuschließen. ,,Wir gehen jetzt von einer Vorsatztat aus." ...


Aus: "Brand in Mevlana-Moschee war Anschlag" Milena Menzemer (08/2014)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/berlin/feuer-in-berlin-kreuzberg-brand-in-mevlana-moschee-war-anschlag/10612880.html (http://www.tagesspiegel.de/berlin/feuer-in-berlin-kreuzberg-brand-in-mevlana-moschee-war-anschlag/10612880.html)

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Quote[...] Als ab den 1970er Jahren die katholische geprägte IRA in Nordirland terroristische Anschläge verübte, kamen die deutschen Katholiken bekanntlich nicht auf die Idee, gegen den Terror ihrer Glaubensbrüder zu demonstrieren. Das gilt ebenfalls für die deutschen Protestanten und ihr Verhältnis zu den nordirischen Unionisten. Allein dieser Vorschlag wäre absurd erschienen. Was haben die Christen bei uns mit den politischen Extremisten in Nordirland zu tun? Man protestierte daher lieber gegen den Vorschlag von Frau Schwarzer, den § 218 StGB abzuschaffen.

... Niemand wäre es eingefallen, die Katholiken in Deutschland als klammheimliche Sympathisanten des Terrors zu denunzieren. Diese Sichtweise fällt zur Zeit in Deutschland unter dem Tisch. Das Gerede von ,,den Muslimen" artikuliert einen ,,Generalverdacht", der in dieser Minderheit lediglich Solidarisierungseffekte auslösen kann. Hier hat Mazyek recht.

... [Es] zitierte Frau Maischberger eine Umfrage des Wissenschaftszentrums Berlin, die wohl auch Mazyek erstaunte. Danach sind etwa 45 % der Muslime in Europa der Meinung, der Westen wolle den Islam zerstören. Genauso viele haben kein Vertrauen in Juden und gar 60 % wollen keinen Homosexuellen als Freund haben. Das Problem des Zentralrates der Muslime ist nicht seine fehlende Repräsentanz in der eigenen Community oder die angeblich fehlende Distanzierung von den Kopfabschneidern namens ISIS. Vielmehr die offenkundige Unfähigkeit, innerhalb der eigenen Glaubensgemeinschaft über solche Ergebnisse offen zu streiten.

... Religiös motivierte Wirrköpfe gibt es auch bei Christen und Juden. Nur bleiben sie dort nicht ohne Widerspruch. Es kommen allerdings nur die Wirrköpfe auf die Idee, diese Kritiker als Atheisten zu denunzieren. Das Christentum musste in Europa [ ] schmerzhaft lernen, seinen Wahrheitsanspruch als Privatvergnügen zu begreifen. Hier liegt das Problem von Frau Hübsch oder Mazyek – und nirgendwo anders.

...

QuoteIch kann mich nicht erinnern, daß deutsche Katholiken in den Krieg nach Nordirland gezogen wären
Miguel Carlos  (M.Carlos) - 27.08.2014 08:35
Folgen  Ich kann mich auch nicht erinnern, daß Katholiken hier in jüngerer Zeit auf der Straße mit Protestanten aneinandergeraten wären oder antisemitische Parolen skandiert hatten. Insofern fällt da auch nichts unter den Tisch, Herr Lübberding. Jede Ideologie verfolgt genau ein Ziel, und das Ziel des Islams ist die alleinige Weltherrschaft. Solange es für Muslime auch in europäischen Gesellschaften Pflicht ist, einen Muslim zu heiraten gibt es da auch keinen Interpretationsspielraum.


QuoteReligionskriege haben nichts mit Religion zu tun!
Charlotte Winterkorn  (dieKandesbunzlerin) - 27.08.2014 07:46
Wer geglaubt hätte, das Niveau der hiesigen Talkshows hätte mit dem ,,Talk" über den Libyen-Krieg, den Syrien-Konflikt und der Dauerkampagne gegen Russland und Präsident Putin bereits seinen Tiefpunkt erreicht, sieht sich leider getäuscht. Der Tenor dieser Sendung schwadronierte beharrlich darüber, das der Terror im Namen des Islams hänge nicht mit dem Islam zusammen. Das ist so absurd wie die Behauptung, dass Religionskriege nichts mit Religionen zu tun haben. Der Schuß mit Irland ging ja dann vom Islamlobbyisten nach hinten los. Statt die Verantwortung der Radikalisierung zu übernehmen fühlen sich die Moscheen mit den Rückkehrern überfordert.


...


Aus: "Religiös motivierte Wirrköpfe" Frank Lübberding (27.08.2014)
Quelle: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/tv-kritik/tv-kritik-menschen-bei-maischberger-religioes-motivierte-wirrkoepfe-13119320.html (http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/tv-kritik/tv-kritik-menschen-bei-maischberger-religioes-motivierte-wirrkoepfe-13119320.html)

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Quote[...] Man glaubt es kaum: Im Jahre 2014 wiederholen sich dieselben Diffamierungen gegenüber Islam und Muslimen wie in den 1990er Jahren und den 2000er Jahren mit dem sarrazinesken Höhepunkt 2009. Immerhin sorgte die anti-muslimische Polemik von Nicolaus Fest in der Bild am Sonntag vom 27. Juli 2014 ,,Islam als Integrationshindernis" für Empörung. Soweit waren wir in den 1990er Jahren noch nicht. Ausgerechnet einem Thilo Sarrazin (und dem Minarettverbot in der Schweiz) haben wir die Debatte um Islamophobie zu verdanken – bis zu seinen rassistischen Ausfällen galt antimuslimische Polemik in den Medien noch als guter Ton und auch der islamfeindlich motivierte Mord an Marwa El-Sherbini in Dresden vermochte daran nichts zu ändern.

Wie das Magazin Cicero mit seinem Titel vom August 2014 zeigt, ist die Gefahr, dass sich anti-muslimischer Rassismus als Mainstream verfestigt, virulent. Dort wird der offensichtlich ernst gemeinten Frage nachgegangen: ,,Ist der Islam böse?" Man stelle sich als Gegenprobe folgende Fragen vor – anlässlich israelischer Politik in den palästinensischen Gebieten: ,,Ist das Judentum böse?" oder anlässlich expansionistischer NATO-Politik, die mit ,,Ressourcensicherung" begründet wird: ,,Ist der Kapitalismus böse?" ....

Wenn man Titel wie einen Focus von 1995 ,,Zittern vor Allahs Kriegern" (6.02.1995) oder die Bücher und Sendungen von Peter Scholl-Latour aus den 1990er Jahren heranzieht, sieht man, dass sich das Islambild vor und nach 911 qualitativ nicht unterscheidet. Muslime galten und gelten als rückwärtsgewandt, gewalttätig und frauenfeindlich. In den letzten 10 Jahren nahm jedoch die Quantität der ,,Islam"-Thematisierung zu, wobei es sich oft gar nicht um Islamfragen handelt, sondern um Zuweisungen von Untaten, die Muslimen als Charaktereigenschaften unterstellt werden – obwohl weder Gewaltfragen, Terrorismus, Sexismus und auch Antisemitismus als weltweite Phänomen keine Islamspezifik ausweisen.

Verschoben hat sich jedoch die wahrgenommene Gruppe. Während ,,der Islam" in den 1990er Jahren vor allem eine außenpolitische Kategorie war, wurde er mit der Ermordung des niederländischen Filmemachers Theo van Gogh durch einen marokkanisch-stämmigen Niederländer im Jahre 2004 und die anschließende Berichterstattung darüber als inländisches ,,Problem" wahrgenommen. Immer mehr gerieten unsere Muslime in Europa und in Deutschland in den Fokus der Betrachtung, ja, man kann sagen, dass die ,,Ausländer" und vor allem die ,,Türken" von früher inzwischen zu ,,Muslimen" mutiert sind – in der Wahrnehmung. Denn in den 1980er Jahren waren sie ja auch schon Muslime, wie heute. Sie wurden aber in dieser Kategorie kaum verhandelt.

... Unsere Medien dienen der Aufklärung oft genug nicht, sondern befeuern gar noch eine Polarisierung zwischen Juden und Muslimen – wie übrigens gerade auch zwischen Ukrainern und Russen in Deutschland und Europa. Es wird suggeriert, dass Demonstranten, die sich gegen Menschen- und Völkerrechtsverletzungen in Nahost aussprechen, anti-israelisch und schließlich anti-jüdisch seien – wobei gerade wütende arabische Jugendliche in den Medienfokus geraten, die als ,,muslimisch" ausgemacht werden. Ob sie repräsentativ sind für die Masse sei dahin gestellt, als Nahaufnahme von Demonstrationen sind sie als ,,judenfeindliche Muslime" leicht inszenierbar. Umgekehrt greift der Mechanismus nicht. Wenn Juden gegen Muslime polemisieren, wird von Medienseite nicht nach Belegen für eine jüdische Agitation gegen Muslime gesucht, sondern die teils sehr verallgemeinernden Anschuldigungen als berechtigt übernommen. Dass diese Einseitigkeit Ressentiments verstärkt, ist absehbar.

...


Aus: "Islam-Bashing ist weiterhin in" Sabine Schiffer (26.08.2014)
Quelle: http://www.islamiq.de/2014/08/26/medien-islam-bashing-ist-weiterhin/ (http://www.islamiq.de/2014/08/26/medien-islam-bashing-ist-weiterhin/)

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Quote[...] Proteste gibt es in der islamischen Welt und den arabischen Communities ausschließlich, wenn Muslime Opfer des Westens, Amerikas oder der "Zionisten" sind. Werden Muslime aber selbst zu Tätern, herrscht Schweigen.

Wenn beispielsweise Israel nach monatelangem Raketenbeschuss durch die Hamas auf sein Recht auf Selbstverteidigung pocht, geht eine Protestwelle durch die islamische Welt. Wenn eine Terrormiliz wie der IS, vormals Isis, hingegen die halbe Levante terrorisiert, auf ihrem Weg zum Kalifat Schiiten wie Sunniten bestialisch abschlachtet und islamische Heiligtümer zerstört, kommen Muslime nur selten auf die Idee, ihre Stimme dagegen zu erheben.

Auch was die inzwischen 180.000 Toten in Syrien angeht, bleibt es still. Es ist derzeit viel die Rede von der "Verhältnismäßigkeit" des israelischen Angriffs auf Gaza. Über die "Verhältnismäßigkeit" muslimisch motivierter Proteste spricht man fast nie.

... Vor einigen Tagen schrieb mir ein deutscher Student mit arabischen Wurzeln über seinen Unmut. Er hatte gesehen, dass ich einen Artikel über muslimische Fanatiker geschrieben hatte. Mit nur drei Worten brachte er seine Opferhaltung auf den Punkt: "Moslems morden nicht."

Das ist eine Haltung, auf die man bei Muslimen immer wieder trifft: Die Türkei leugnet den Völkermord der Osmanen an den Armeniern, 9/11 ist wahlweise ein Komplott des "Weltjudentums" oder ein Inside-Job der Amerikaner, der IS wird von den "Zionisten" gesteuert, Osama bin Laden war ein CIA-Agent, Boko Haram seien keine "echten Muslime", und sämtliche Attentate von Madrid bis Bali haben nach dieser Lesart nichts mit dem "wahren Islam" zu tun.

Denn schuld sind immer die Anderen. Nur eines kommt nicht in Frage: Dass ein Muslim Böses tut. Weil offenbar nicht sein kann, was nicht sein darf.

Und wovor die islamische Welt die Augen verschließt, das hilft der Westen noch weiter zu relativieren. Die gängige Meinung in Europa besagt heute, Terror im Namen des Islams hänge nicht mit dem Islam zusammen.

Das ist so absurd wie die Behauptung, dass Religionskriege nichts mit Religionen zu tun haben. Selbstverständlich hat islamistisch motivierte Gewalt mit dem Islam zu tun. Ob das dann die richtige Interpretation des Koran oder die falsche ist, weiß nur Allah.

Natürlich sind nicht alle Muslime gewalttätig. Die überwältigende Mehrheit ist friedlich – friedlich, aber leider zu oft stumm. Denn nur weil man nichts mit dem Islamismus zu tun haben will, heißt das nicht, dass man nichts dagegen unternehmen muss.

Solange es neben den "Free Gaza"-Demos keine "Free Syria and Iraq from IS"-Demos gibt, auf denen Muslime ihre Opferhaltung ablegen, wird die notwendige Kritik am Islam nicht abflauen, sondern sich nur noch verschärfen.

Salman Rushdie, der nach der Publikation seines Romans "Die satanischen Verse" von Ajatollah Khomeini mit einer Todesfatwa belegt wurde, schrieb kurz nach dem 11. September 2001 einen Essay in der New York Times.

In dem Artikel mit dem provokanten Titel "Yes, this is about Islam" zeichnet Rushdie den Islam als Ideologie, die immerzu Außenstehende für all die Probleme in muslimischen Gesellschaften beschuldige. Eine Kultur, unfähig zur Selbstreflexion. Nicht willens, das Böse aus den eigenen Reihen zu bekämpfen.

Für Muslime ist es an der Zeit, den Schleier zu lüften.

Der Autor (Jg. 1982), Sohn einer österreichischen Mutter und eines ägyptischen Vaters, ist Absolvent der Axel-Springer-Akademie. Zuletzt erschien von ihm "Generation Maybe" (Haffmans & Tolkemitt).


Aus: "Sind Muslime wirklich unfähig zur Selbstkritik?" Oliver Jeges (05.08.14)
Quelle: http://www.welt.de/debatte/kommentare/article130901816/Sind-Muslime-wirklich-unfaehig-zur-Selbstkritik.html (http://www.welt.de/debatte/kommentare/article130901816/Sind-Muslime-wirklich-unfaehig-zur-Selbstkritik.html)

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Quote[...] Eine andere Perspektive steuert Mohammed Habash bei, syrischer Islamgelehrter und ehemaliges Mitglied des Parlaments in Damaskus. Der Extremismus sei entstanden aus einer brisanten Mixtur, argumentiert er, zum einen aus der "systematischen Unterdrückung durch tyrannische Regime" und zum anderen aus einem "verzweifelten religiösen Diskurs".   .... "Das Reden vom Kalifat war immer eine Ausflucht, um unser Versagen, unsere Niederlagen und Verluste zu rechtfertigen und unsere Unfähigkeit, mit der übrigen Welt mitzuhalten."

Ähnlich argumentiert der libanesische Publizist Rami G. Khouri. Er habe keinen Zweifel, dass die wichtigste Ursache für Geburt und Wachstum der IS-Gedankenwelt "der Fluch der modernen arabischen Sicherheitsstaaten seit den siebziger Jahren ist, die ihre Bürger wie Kinder behandeln und sie vor allem Gehorsam und Passivität lehren". Die eigentliche moderne Tragödie für ihn ist "die korrupte und amateurhafte Staatlichkeit" quer durch die arabische Welt.

In den sozialen Medien dagegen konzentriert sich die Kritik vor allem an den defensiven Reaktionen der etablierten islamischen Welt. Die Muslimbrüder Syriens bezeichneten den Anspruch des selbsternannten Kalifen Abu Bakr Al-Baghadi lediglich als "ungültig". Der geistige Mentor der Muslimbruderschaft in Qatar, Scheich Yusuf Al-Qaradawi, erklärte das "Islamische Kalifat" als nicht mit der Scharia vereinbar, ohne näher zu erläutern, was er damit meint. Der Obermufti von Ägypten, Shawki Allam, warf den Radikalen vor, sie verletzten alle Prinzipien und Vorschriften des Islam.

Die moderaten Muslime weltweit müssen sehr viel mehr tun, fordert der pakistanische Publizist und Blogger Asif Zaidi. "Das Schweigen oder die Duldung der sogenannten Gemäßigten verstärkt den Eindruck, dass die Muslime eine Gruppe sind, die ihre extremen Ränder nicht kontrollieren wollen oder können."

Der bekannte schiitische Publizist und langjährige Bürgermeister von Qatif, Jafar Alshayeb, geht noch weiter: Er bescheinigt seiner Gesellschaft praktisch auf allen Ebenen Sympathie für den IS, ein Befund, der offenbar auch die saudische Führung beunruhigt. "Ich bin erstaunt über das Ausmaß an Zustimmung, das der Isis in lokalen Zirkeln genießt, besonders unter jungen Leuten, teilweise auch unter Intellektuellen und Gelehrten", heißt es in seinem Editorial für die Zeitung Al-Sharq mit dem Titel Isis unter uns. In Saudi-Arabien gebe es "viele Bürger, die die gleiche Orientierung und die gleichen Ideen haben wie diese Leute, und die Terrorakte gegen politische Regime und soziale Gruppen gutheißen".

Eine erste, natürlich nicht repräsentative Umfrage in sozialen Medien ergab tatsächlich, dass eine erhebliche Zahl von Bürgern der Ansicht ist, der Isis liege auf einer Linie mit den Werten des Islam und der Scharia. Durch dieses Meinungsklima alarmiert will die saudische Führung demnächst die Haltung seiner Untertanen zum "Islamischen Kalifat" genauer erheben lassen. Die letzte derartige Umfrage war im Jahre 2009. Damals erklärten 20 Prozent der Saudis, sie sähen Al-Kaida "in gewisser Weise positiv" oder "eindeutig positiv".

Angesichts dessen sieht der kuwaitische Kolumnist Ahmad Al-Sarraf für sich nur noch die Flucht in bitteren Sarkasmus: Er fordere die Christen auf, die Region sofort zu verlassen, damit sich die Muslime endlich gegenseitig abschlachten könnten, schrieb er in der Zeitung Al-Qabas. "Haut ab, wir hassen euch, wir wollen euch nicht mehr unter uns. Wir haben das alles satt – Fortschritt, Zivilisation, Offenheit, Toleranz, Liebe, Brüderlichkeit, friedliches Zusammenleben und Nachsicht. Haut endlich ab."

Quoteomnibus
   vor 3 Stunden 46 Minuten

Die eigenen Fehler zu sehen

ist schon ein großer Fortschritt in einer Kultur, in der es traditionell als "Gesichtsverlust" gilt, zuzugeben, dass an der eigenen Misere nicht nur andere schuld sind.

QuoteTusoalsob
   vor 3 Stunden 11 Minuten

Immer mit der Ruhe

Es hat im Westen auch den 100 Jährigen und den 30 Jährigen Krieg gedauert bis sich Reformationsdedanken in der Bevölkerung gefestigt hatten.

So sieht man nun das schon begriffen wird, das wenn man Kinder nur eine radikale Sicht un der Schule beibringt, und ihnen sagt das wenn die Saria herrscht alle Probleme gelöst werden, sie ebend darauf hin arbeiten das dieses "Paradies" zu erschaffen.

So werden sich viele geistliche fragen müssen, was sie in den Schulen den Kinder eigentlich beibringen wollen, da sie nun merken das der Hass auf andere zwar eint, aber eben zum Hass auf andere führt.

Auch wir mussten schmerzlich lernen das nicht die Protestanten oder die Katoliken das Problem sind, sonder die Herrschenden die uns gegeneinander Aufgehetzt und in den Krieg geschickt haben. Denn sie wollten ihre Macht sichern und hatten kein Interesse daran ein "Paradies" zu erschaffen wo man keine herrschende Klasse mehr braucht.

So ist es schön zu sehen das man dort mit den modernen Medien schon schneller zu der Einsicht gekommen ist, und ich hoffe das der ISlam die Reformation hin bekommt ohne einen 100 jährigen oder einen 30 Jährigen Krieg führen zu müssen.


Quotefraukoch
   vor 3 Stunden 10 Minuten

Bildung ist kein Allheilmittel

"Es scheitert an Bildung. Wie auch überall sonst." Nun, das wird zwar immer wieder von allen möglichen Politikern wiederholt (auch von denjenigen, die durch Kriege ganze Regionen verwüstet haben), richtig ist diese Behauptung deswegen noch lange nicht.
Weder bei den Nationalsozialisten waren nur "Ungebildete" - sie hatten Anhänger bis in die Höchsten Kreise von Wissenschaft und Forschung - noch waren die Attentäter vom 9/11 "ungebildet", schließlich studierten ein Teil von ihnen ja in Hamburg-Harburg.


Quotebodyandsoul83
   vor 3 Stunden 8 Minuten

Klartext

... der Artikel widerspricht sich. er beginnt mit:
"Der Siegeszug des "Islamischen Staates (IS)" schockiert den Orient."

... und kommt dann irgendwann zu einem ganz anderen schluss:
"Er bescheinigt seiner Gesellschaft praktisch auf allen Ebenen Sympathie für den IS"

... ganz offensichtlich ist es viel "schlimmer", als man hier im westen glaubte. IS ist kein betriebsunfall, sondern eine logische konsequenz aus der mischung von autoritären staatlichen system unter der fahne des islam.

... machen wir uns nichts vor: bei uns waren die zeiten der inquisition von einer ähnlichen mischung geprägt. autoritäre monarchische staatsgewalten trafen auf eine gnadenlos christliche kirche.

... wenn man die stimmen der arabischen intellektuellen liest, wird der islam auch heute noch - in manchen regionen wie der arabischen - auch von einer mehrheit der bevölkerung in dieser extremen form, wie sie die IS propagiert, befürwortet oder zumindest akzeptiert.

... und im klartext heißt das: rassistisch und höchst intolerant. z.B. jüngere studien über rassismus / intoleranz der bevölkerung in einem staat wie der türkei, in dem fast ausschließlich muslime leben, bestätigen das.

... es nützt nichts die augen zuzumachen: eine mehrheit tickt da so. gründe gibts viele. die welt und die menschen sind nicht immer so, wie wir es in unseren hochglanzmagazinen gerne hätten.



Aus: "Muslimische Intellektuelle begehren auf" (30. August 2014)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/ausland/2014-08/islamischer-staat-nahost-diskussion (http://www.zeit.de/politik/ausland/2014-08/islamischer-staat-nahost-diskussion)

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QuoteDiverse islamische Theologen haben sich mit religösen Bannsprüchen gegen die in Syrien und Irak wütenden Anhänger des "Islamischen Staats" gewandt.

Wie die britische Zeitung Guardian berichtet, haben sechs führende muslimische Gelehrte des Landes eine Fatwa gegen die Organisation "Islamischer Staat" (IS) erlassen. Darin werden alle Briten, die IS-Zellen angehören oder mit diesen verbunden sind als "Häretiker" bezeichnet.

Die indische Hindustan Times schreibt etwas ausführlicher über das Edikt. Demnach werde Isis als "tyrannisch und unterdrückerisch" bezeichnet. Alle Molsems seien verpflichtet, die "giftige Ideologie" des IS zu bekämpfen.
Britische und andere EU-Bürger sind an die Verpflichtungen gebunden, die sie nach der islamischen Theologie und Rechtsprechung gegenüber ihren Heimatländern haben. Es ist daher verboten (haram), nach Syrien zu reisen und dort mit einer der Parteien zu kämpfen.

Britische Fatwa

Auch in anderen Ländern wurden Fatwas gegen IS erlassen. Über eine Verfügung indonesischer Geistlicher wurde auf Telepolis bereits berichtet. Ähnliche Nachrichten über Fatwas gegen IS finden sich im englischsprachigem Internet aus dem indischen Bundesstaat Kerala, aus Ägypten, aus Jordanien (dort vor allem von der salafistischen Konkurrenz) und aus dem Umkreis von al Qaeda.

Auch die International Union of Muslim Scholars hat die Vertreibung der Christen aus dem Nordirak verurteilt. IS verletze damit, wie auch mit der Ausrufung eines Kalifats, islamisches Recht. Vorsitzender der Union ist der in Katar lebende Sheikh Youssef al-Qaradawi, der laut Wikipedia ansonsten nicht gerade zu den Gegnern der Militanz zählt und Adolf Hitler für "eine gerechte Strafe Allahs für die Juden" hält.

Harsche Kritik an der IS kommt auch von der Organisation für Islamische Zusammenarbeit. Nach einem Bericht von Radio Vatikan verurteilte Iyad Ameen Madani, Generalsekretär der Allianz, der 57 Staaten angehören, die Vertreibungen unter Todesandrohung als "Verbrechen, das nicht toleriert werden könne". IS habe "nichts mit dem Islam und seinen Prinzipien zutun, die Gerechtigkeit, Freundlichkeit, Fairness, Glaubensfreiheit und Koexistenz verlangen".

In einer weiteren Erklärung hatte Madani Ende vorletzter Woche die Ermordung des US-amerikanischen Journalisten James Wright Foley verurteilt und die Einberufung einer internationalen Konferenz zur Bekämpfung der IS gefordert. Auf dieser solle auch über die Gründe gesprochen werden, die das Erstarken IS ermöglicht haben. Madani sieht diese vor allem in der "Zersplitterung der politischen, administrativen, bürgerlichen und sozialen Institutionen in Folge der US.amerikanischen Besatzung".


Aus: "Fatwas gegen Terrororganisation IS" Wolfgang Pomrehn (02.09.2014)
Quelle: http://www.heise.de/tp/news/Fatwas-gegen-Terrororganisation-IS-2305734.html (http://www.heise.de/tp/news/Fatwas-gegen-Terrororganisation-IS-2305734.html)


"IS-Terror: Was sagen Muslime darüber?" Wolfgang Pomrehn (03.09.2014)
Auch die Organisationen deutscher Muslime verurteilen eindeutig den Terror des IS in Syrien sowie im Irak und rufen zur Solidarität mit den Christen auf...
http://www.heise.de/tp/news/IS-Terror-Was-sagen-Muslime-darueber-2309282.html (http://www.heise.de/tp/news/IS-Terror-Was-sagen-Muslime-darueber-2309282.html)

Title: [Eine Chiffre für Macht und Interessen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 30, 2014, 12:30:26 PM
Quote[...] Ständig ist vom "Westen" die Rede - dabei ist dieser selbstverständlich gebrauchte Begriff problematisch: Was er beschreibt und bedeutet, kann je nach Interessenlage umgedeutet werden.

Frei ist [Der Westen] und gut und aufseiten von Demokratie und Menschenrechten, so heißt es, wenn es gegen Putin geht oder gegen den IS - obwohl das Beispiel Syrien ja zeigt, dass das nicht stimmt.

Baschar al-Assad ist ein Feind von Demokratie und Menschenrechten - trotzdem darf er seit mehr als drei Jahren sein Volk abschlachten, ohne dass die Nato, die USA oder Deutschland etwas tun.

Und wenn es gegen den IS geht, wo nun von Waffenlieferungen bis Bodentruppen all das möglich ist, was in Syrien zur Unterstützung der Opposition gegen Assad angeblich nicht machbar war, wird er sogar wieder zum möglichen Partner.

Der "Westen" zeigt sich damit als eine Chiffre für Macht und Interessen - gerade wenn man nicht will, dass Worte wie Demokratie und Menschenrechte noch mehr beschädigt werden, sollte man darauf achten, dass man den "Westen" nicht als Kampfbegriff verwendet.

Denn da beginnt die Propaganda: dass man die Welt mit Worten baut, dass sich die Worte vor die Welt schieben, dass Sprache die Realität ersetzt.

Und was die Realität des Westens ist, das beschreibt George Packer am Beispiel Amerikas in seinem Bestseller "Die Abwicklung": ein Land, das sich in den 30 Jahren seit der Reagan-Revolution von einer Demokratie in eine Oligarchie verwandelt hat.

Was die Realität des Westens ist, das beschreibt auch Thomas Piketty in seinem Bestseller "Capital in the Twenty-First Century": ein System, das durch die innere Logik des Kapitalismus zu immer mehr Ungleichheit führt.

Was die Realität des Westens und der Welt überhaupt ist, das beschreibt Naomi Klein in ihrem bald erscheinenden Buch "This Changes Everything": ein Planet, der um sein Überleben kämpft, weil es einen Kampf gibt, so der Untertitel des Buchs, "Capitalism vs. The Climate".

All das schwingt mit, wenn man vom "Westen" spricht, all das kann man nicht ignorieren, nur weil auf einmal ein Gegner da ist, gegen den man Geschlossenheit zeigen muss.

Denn auch das ist Propaganda: Wenn aus dem "Ich" ein "Wir" wird und von "uns" und "denen" die Rede ist - das ist das gefährliche Denken hinter Samuel Huntingtons jetzt oft wiederholter These vom "Kampf der Kulturen".

Der "Westen" wird damit von einem beschreibenden Begriff zu einem Akteur, der als "Wertegemeinschaft" vor allem im außenpolitischen Teil der Zeitungen und der anderen Medien vorkommt.

Geht es aber um die Wirtschaft, ist die Metaphorik eine ganz andere: Das Cover des "Economist" zeigt in dieser Woche Angela Merkel, François Hollande, Matteo Renzi und als Rettungsmann Mario Draghi in einem sinkenden Euro-Papierschiffchen.

Diese kognitive Dissonanz macht das Reden vom "Westen" gerade so problematisch - und womöglich hat das eine sogar mit dem anderen zu tun.

Denn die Krise des Westens ist real, die Schwäche des Westens zeigt sich nicht nur oder gerade in der Außenpolitik, sie zeigt sich vor allem im Inneren, in Ferguson wie in Madrid, in Lampedusa wie in Berlin, sie zeigt sich an einer oft perspektivlosen Jugend und einer überalterten Gesellschaft, sie zeigt sich weniger an der Front von Mossul und mehr in den Schulen und Krankenhäusern von Moabit und Milbertshofen.

Wenn man also beides zusammenbringt, die Außenpolitik und die Wirtschaft, dann sieht man, wie der "Westen" gerade dabei ist, seine eigenen Grundlagen zu zerstören: das kapitalistische System, das so eng, historisch wie ideologisch, mit dem Konzept der Demokratie verbunden ist.

Der Kapitalismus hat sich schon andere Wege und andere Partner gesucht, autoritäre Systeme wie in China oder in Russland oder in der Türkei oder in Singapur. Das funktioniert, für den Kapitalismus, den alten Schlawiner, ganz gut.

Die Demokratie dagegen steht nackt da. Aber von welcher Demokratie ist da überhaupt die Rede?


Aus: " Krise der Wertegemeinschaft: Westen ist nur ein Wort" Eine Kolumne von Georg Diez (29.08.2014)
Quelle: http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/krise-des-westens-kolumne-von-georg-diez-a-988788.html (http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/krise-des-westens-kolumne-von-georg-diez-a-988788.html)
Title: [Also der unentwegten... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 03, 2014, 12:24:26 PM
Quote[...] Schlagworte: Zeitschriftenschau, Materialien und Informationen zur Zeit (MIZ), Islam, Staat und Kirche

... WEIMAR. (hpd) Die Zeitschrift MIZ - Politisches Magazin für Konfessions­lose und AtheistInnen - widmet sich in ihrer jetzt erschienenen Ausgabe 2/14 dem Schwerpunkt­thema "Identität, Islam, Ignoranz", also der unentwegten und ideologisch aufgeladene Debatte über Muslime in Europa.

... Um die Debatten um (jüdisch-) christlich-abendländische Kultur versus Islam in Europa vom Kopf auf die Füße zu stellen, hat Rolf Bergmeier, der Autor von "Christlich-abendländische Kultur", auf historischer Fakten­lage sich konkret der Frage "Gehört der Islam zu Deutschland?" zugewandt. Hier geht es nicht nur um die hochstehende Kalifen­kultur auf der iberischen Halb­insel zwischen 700 und 1400, sondern auch um die hoch­gelobte und dabei doch so armselige zeit­gleiche Kloster­kultur im katholisch geprägten Teil Europas. Er widerlegt an konkreten Beispielen die tonan­gebende Mehrheit führender Politiker, Medien und leider auch der Historiker, die behaupten "Europas Kultur sei vor allem eine christliche. Sie sei durch das emsige Schaffen von Mönchen geprägt worden und hätte es sie nicht gegeben, dann wäre es um Europa schlecht bestellt." (S. 13) Seine Forschungs­ergebnisse fasst er in neun Thesen zusammen. Wer mehr darüber lesen möchte, dem sei Bergmeiers o. g. Buch wärmstens empfohlen.

...


Aus: "Identität, Islam, Ignoranz" Von Siegfried R. Krebs (1. Sep 2014)
Quelle: https://hpd.de/artikel/9931 (https://hpd.de/artikel/9931)

Title: [Wie die Staatsanwaltschaft mitteilte... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 06, 2014, 11:13:51 AM
Quote[...] Wuppertal - Vor fünf Wochen wurde die Synagoge in Wuppertal Ziel eines Anschlags. Nun hat die Polizei zwei Tatverdächtige festgenommen. Wie die Staatsanwaltschaft mitteilte, wurden Haftbefehle gegen einen 18 und einen 29 Jahre alten Mann vollstreckt.

Sie sollen mit einem weiteren, bereits seit Wochen in Untersuchungshaft sitzenden 18-Jährigen, die Attacke auf das jüdische Gotteshaus verübt haben. Alle drei Männer sind laut Staatsanwaltschaft Palästinenser.

Bei der Attacke waren in der Nacht zum 29. Juli Molotowcocktails in Richtung der Synagoge geworfen worden. Das Gebäude wurde dabei nicht beschädigt. Die drei Männer waren am Tatort gesehen worden.

Polizisten durchsuchten die Wohnungen der mutmaßlichen Täter. Die Durchsuchungen richteten sich laut Polizei noch gegen eine weitere Person, deren Rolle bei dem Anschlag noch unklar sei. Den Tatverdächtigen wird versuchte schwere Brandstiftung vorgeworfen.

gam/dpa


Aus: "Anschlag auf Wuppertaler Synagoge: Polizei nimmt zwei Palästinenser fest" (04.09.2014)
Quelle: http://www.spiegel.de/panorama/justiz/wuppertaler-synagoge-polizei-nimmt-nach-anschlag-verdaechtige-fest-a-989913.html (http://www.spiegel.de/panorama/justiz/wuppertaler-synagoge-polizei-nimmt-nach-anschlag-verdaechtige-fest-a-989913.html)

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Quote[...] Wuppertal - Sie tragen orangefarbene Westen mit dem Aufdruck "Sharia Police": In Wuppertal sind mehrfach Männer als selbst ernannte "Scharia-Polizei" aufgetreten und nachts durch die Straßen patrouilliert - der Polizei zufolge soll es sich um radikalislamische Salafisten handen. Man habe ein Verfahren gegen elf Männer wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz eingeleitet und dazu ihre Personalien aufgenommen, sagte ein Polizeisprecher.

Die drei mutmaßlichen Islamisten im Alter von 19 bis 33 Jahren seien aber nicht festgenommen worden - es habe rechtlich auch keine Handhabe gegeben, ihre Westen sicherzustellen. Diese werte man allerdings als unerlaubte Uniformierung, sagte ein Sprecher der Wuppertaler Staatsanwaltschaft. Die Auftritte waren zudem nicht als Versammlung angemeldet. "Das bloße Empfehlen religiöser Regeln ist aber nicht strafbar", sagte der zuständige Staatsanwalt. Die Scharia, in deren Namen die Männer auftreten, ist das islamische Recht. Salafisten legen es extrem konservativ aus.

Die selbst ernannten Sittenwächter erheben mit gelben Verbotshinweisen den Anspruch auf eine "Shariah Controlled Zone" (Scharia-kontrollierte Zone). Darauf sind Verhaltensregeln der radikalen Muslime festgehalten: kein Alkohol, kein Glücksspiel, keine Musik und Konzerte, keine Pornografie und Prostitution, keine Drogen.

Für den Wuppertaler Integrationsbeauftragten Hans-Jürgen Lemmer ist der Auftritt eine "gezielte Provokation". "Das ist eine höchst gefährliche Truppe, die für den Heiligen Krieg rekrutiert", sagte er der "Westdeutschen Zeitung". Die Wuppertaler Polizei verstärkte ihre Präsenz in der Innenstadt und rief die Bevölkerung dazu auf, bei verdächtigen Beobachtungen den Notruf zu wählen. Zudem wurde ein Bürgertelefon eingerichtet, bei dem sich bereits zahlreiche besorgte Bürger gemeldet hätten.

"Das Gewaltmonopol liegt ausschließlich beim Staat", sagte die Wuppertaler Polizeipräsidentin Birgitta Radermacher. "Ein Auftreten, das einschüchtert, verunsichert oder provoziert, wird nicht geduldet", erklärte sie. Wuppertals Oberbürgermeister Peter Jung (CDU) verurteilte die Aktion. "Diese Personen wollen bewusst provozieren und einschüchtern und uns ihre Ideologie aufzwingen. Das lassen wir nicht zu."

Ein Sprecher des nordrhein-westfälischen Innenministeriums lobte das "konsequente Vorgehen" der Wuppertaler Polizei. Die oppositionelle FDP-Landtagsfraktion kündigte an, die "Scharia-Polizei" auf die Tagesordnung einer Aktuellen Stunde im NRW-Parlament zu setzen. Die CDU-Opposition regte Gesetzesverschärfungen an: Ein wehrhafter Rechtsstaat dürfe sich dies nicht bieten lassen.

mxw/dpa/AFP


Aus: "Salafisten in NRW: Selbst ernannte "Scharia-Polizei" patrouilliert in Wuppertal" (05.09.2014)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/scharia-polizei-in-wuppertal-salafisten-als-sharia-police-in-nrw-a-990152.html (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/scharia-polizei-in-wuppertal-salafisten-als-sharia-police-in-nrw-a-990152.html)

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Quote[...] Wuppertal/Berlin - Die jungen Männer streiften sich orangefarbene Warnwesten mit dem Aufdruck "Shariah Police" über und erteilten in der Wuppertaler Innenstadt fromme Ratschläge: Als sogenannte Scharia-Polizei haben Salafisten als Sittenwächter posiert - und sofort war die Empörung groß.

Auch der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, hat die Aktion jetzt scharf kritisiert. "Diese paar Halbstarken sprechen nicht in unserem Namen", sagte Mazyek im "Tagesspiegel am Sonntag". Was die Wuppertaler Salafisten täten, sei eine "Zweckentfremdung unserer Religion". Sie schadeten mit ihrer "schrillen und völlig unsinnigen Aktion" den Muslimen ungemein. Mazyek forderte allerdings auch, der Aktion nicht zu viel Aufmerksamkeit zu schenken.

Der Mönchengladbacher Prediger Sven Lau behauptete am Samstag, die ungefragt verteilten Tipps, von Laster wie Glücksspiel oder Drogen abzusehen, seien lediglich eine geschickte Werbeaktion für seine Salafisten-Truppe gewesen.

NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) hat derweil angeordnet, die orangefarbenen Westen mit dem Aufdruck "Shariah Police" sicherzustellen, sollten die Salafisten damit erneut in der Öffentlichkeit auftauchen. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hatte es zunächst keine rechtliche Handhabe gegeben, die Westen sicherzustellen.

cht/dpa


Aus: "Salafisten aus Wuppertal: Zentralrat der Muslime verurteilt "Scharia-Polizei"" (07.09.2014)
Quelle: http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/scharia-polizei-in-wuppertal-zentralrat-nennt-salafisten-halbstarke-a-990271.html (http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/scharia-polizei-in-wuppertal-zentralrat-nennt-salafisten-halbstarke-a-990271.html)
Title: [Zwei aktuelle Notizen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 06, 2014, 12:06:08 PM
Quote[...] BERLIN taz | Als erster Bundespolitiker hat sich Volker Beck, der religionspolitische Sprecher der Grünen, zum jüngsten Brandanschlag auf eine Moschee in Bielefeld geäußert. ,,Brandanschläge auf Gotteshäuser sind Anschläge auf die Religionsfreiheit und damit auf die Grundlagen unseres Rechtsstaates und unserer Demokratie", erklärte Beck am Mittwoch in Berlin.

Einen tag zuvor hatte es erneut einen Brandanschlag auf eine Moschee in Bielefeld gegeben – zum zweiten Mal innerhalb von acht Tagen. Der oder die Täter waren über ein Fenster in die Räume eines türkischen Kulturzentrums eingedrungen, hatten dort Korane genommen und angezündet, teilte die Polizei am Dienstag mit.

Auf ähnliche Weise war eine Woche zuvor in einem anderen türkischen Moscheeverein in Bielefeld ein Feuer gelegt worden. In beiden Fällen war der Brand frühzeitig von Anwohnern bemerkt worden, da dass die Brände gelöscht wurden, bevor die Flammen übergreifen konnten. Der Staatsschutz ermittelt jetzt.

Auch in Berlin war in der Nacht zum Dienstag, dem 11. August, ein noch im Bau befindlicher Anbau einer Moschee im Stadtteil Kreuzberg in Brand geraten, die Fassade wurde dadurch stark verrußt. Der Imam der Moschee und Ali Kizilkaya, der Vorsitzende des Islamrats in Deutschland, dem die Gemeinde angehört, sind überzeugt, dass es sich um einen Brandanschlag handelte. Auch die Polizei schließt eine vorsätzliche Tat nicht mehr aus, seit sie im Brandschutt auf Spuren eines Brandbeschleunigers stieß.

Die Zahl der Übergriffe auf Moscheen hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Wurden zwischen 2001 und 2011 im Schnitt 22 Übergriffe pro Jahr registriert, waren es im Jahr 2012 schon 35 Übergriffe und 2013 sogar 37 Attacken. Das erklärte die Bundesregierung jüngst auf eine Anfrage der Linkspartei. Linkspartei und Grüne fordern, antimuslimische Übergriffe in der Kriminalitätsstatistik gesondert aufzulisten, wie das bei antisemitischen oder homophoben Straftaten bereits geschieht.

Muslimische Verbände werfen der Politik vor, auf die jüngsten Brandanschläge nicht entschieden genug zu reagieren. Aus Protest versammelten sich deshalb in der vergangenen Woche mehrere hundert Muslime zum Freitagsgebet am Brandort in Berlin, um dort demonstrativ auf der Straße zu beten.

Am kommenden Samstag will der Vorsitzende des Zentralrates der Muslime in Deutschland (ZMD), Aiman Mazyek, zusammen mit dem SPD-Vorsitzenden und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, die betroffene Moschee besuchen. Am Dienstag besuchte Mazyek auch eine der beiden betroffenenen Moscheevereinen in Bielefeld sowie die Synagoge in Wuppertal, auf die Ende Juli ein Brandanschlag verübt worden war. Die Polizei hat in diesem Fall zwei Verdächtige fest genommen.

Als Reaktion auf den vereitelten Brandanschlag auf die Synagoge in Wuppertal und die antijüdischen Parolen, die bei manchen der vielen Demonstrationen gegen die israelischen Angriffe auf Gaza im vorigen Monat laut wurden, hat der Zentralrat der Juden in Deutschland jetzt für den 14. September eine Kundgebung vor dem Brandenburger Tor in Berlin angekündigt. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) werde dort eine Rede halten, teilte der Zentralrat am Dienstag mit. Als weitere Redner wurden der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider sowie der Präsident des World Jewish Congress, Ronald S. Lauder angekündigt. Die Veranstaltung steht unter dem Titel ,,Steh auf! Nie wieder Judenhass!"


Aus: "Muslime vermissen Mitgefühl" Daniel Bax (20.08. 2014)
Quelle: http://www.taz.de/Anschlaege-auf-religioese-Minderheiten/!144533/ (http://www.taz.de/Anschlaege-auf-religioese-Minderheiten/!144533/)

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Quote[...] Zwei aktuelle Notizen aus der deutschen Provinz: Wie jetzt bekannt wurde, haben Unbekannte in der Nacht zum vergangenen Samstag zwei Molotowcocktails gegen die Fenster der Haci-Bayram-Moschee in Oldenburg geworfen. Diese hinterließen lediglich Rußspuren, weil das Feuer sofort erlosch.

Nur einen Abend später urinierte ein Unbekannter in das Treppenhaus einer Moschee in Mölln. Bereits Mitte August hatten Unbekannte dort einen Beutel mit verwesendem Fleisch gegen die Tür geschleudert, berichtete Möllns SPD-Bürgermeister Jan Wiegels. Und schon vor einigen Monaten war ein rassistisches Schreiben aufgetaucht, in dem die Mitglieder der Gemeinde aufgefordert wurden, aus der Stadt zu verschwinden. Wiegels hat deshalb Kirchen, Vereine und Verbände für Samstag zu einer Solidaritätskundgebung aufgerufen.

Mit Mölln und Oldenburg summiert sich die Zahl der Übergriffe auf Moscheen in den letzten vier Wochen auf fünf. Überhaupt haben solche Vorfälle zugenommen. Während zwischen 2001 und 2011 rund 22 Übergriffe pro Jahr gezählt wurden, stieg diese Zahl 2012 auf 35 und ein Jahr später auf 36, wie die Bundesregierung erst vor Kurzem bekanntgab.

Doch eine so spontane Geste des Mitgefühls wie im schleswig-holsteinischen Mölln ist die Ausnahme. Meistens reagieren Öffentlichkeit, Politik und Medien mit Gleichgültigkeit.

Ganz anders waren die Reaktionen vor ein paar Wochen, als ein Brandanschlag auf eine Synagoge in Wuppertal verübt wurde und bei Demonstrationen gegen den Gazakrieg auch antijüdische Parolen laut wurden. Politiker aller Parteien zeigten sich empört, selbst die Bundeskanzlerin meldete sich zu Wort. Und der Zentralrat der Juden hat deshalb jetzt für den 14. September zu einer Kundgebung unter dem Motto ,,Nie wieder Judenhass!" am Brandenburger Tor in Berlin aufgerufen, zu der sich auch Kanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Gauck angekündigt haben.

Auf die Übergriffe gegen muslimische Gebetshäuser reagieren Öffentlichkeit, Politik und Medien im Vergleich dazu bisher eher zögerlich. So wie im Fall der Mevlana-Moschee in Berlin-Kreuzberg, deren Anbau vor etwa drei Wochen in Brand gesetzt wurde. Mit seiner rußgeschwärzten Fassade bietet der Rohbau seither einen besonders dramatischen Anblick. Inzwischen haben sich auch dort prominente Politiker wie SPD-Chef Sigmar Gabriel für einen Solidaritätsbesuch blicken lassen.

Dabei ist dieser Fall eher rätselhaft. Denn dass ein fanatischer Islamhasser mitten im Zentrum von Berlins Multikultibezirk einen Brandanschlag verübt hat, erscheint nur schwer vorstellbar. Der Tatverdacht gegen einen psychisch kranken Mann, der vor ein paar Tagen verhaftet wurde, hat sich bisher aber nicht erhärtet. Die Polizei tappt also weiterhin im Dunkeln, das Motiv bleibt unklar.

Für einen dezidiert islamfeindliches Motiv spricht dagegen das Vorgehen der Täter, die kürzlich in zwei verschiedene Moscheen in Bielefeld eingebrochen sind und beide Male versucht haben, das Gebäude in Brand zu setzen. Denn wer sonst sollte ausgerechnet einen Koran anzünden, um zu versuchen, eine Moschee in Brand zu setzen, außer ein Islamhasser? Doch die Reaktionen vor Ort blieben verhalten. Und auch auf die Bild-Schlagzeile ,,Nie wieder Muslimhass!" wird man wohl noch lange warten müssen.

Es geht nicht darum, Antisemitismus und Muslimfeindlichkeit gegeneinander auszuspielen. Beidem gilt es gleichermaßen entgegenzutreten. Festzuhalten bleibt aber auch: Antijüdische Parolen werden nur von ein paar Holzköpfen auf der Straße gegrölt. Sie werden strafrechtlich verfolgt, und selbst die Kanzlerin reagiert empört.

Antimuslimische Vorurteile dagegen werden von prominenten Publizisten in Talkshows vor Millionenpublikum und von Magazinen und bestimmten Zeitungen in hoher Auflage verbreitet. Vielleicht ein Grund, warum die Öffentlichkeit auf Übergriffe gegen Muslime so verhalten reagiert.


Aus: "Die alltägliche Anfeindung" Daniel Bax (06.09.2014)
Quelle: http://www.taz.de/Anschlaege-auf-Moscheen/!145463/ (http://www.taz.de/Anschlaege-auf-Moscheen/!145463/)

Title: [Ein verinnerlichter Anderer (Scham)... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 10, 2014, 11:53:30 AM
Quote[...] jetzt.de: Die Idee für dieses Gespräch kam mir, als mir auffiel, dass ich mich immer wieder aufs Neue schäme, wenn ich im Nachhinein an peinliche Situationen denke. Wieso verjährt Scham nicht, im Gegensatz zu zum Beispiel Schuld oder Trauer?  
Jens Tiedemann: Weil Scham sich in unserem Gedächtnis in Form von bildhaften Szenen abbildet. Und weil es beim Schämen immer einen verinnerlichten Anderen gibt, von dem man fürchtet, verachtet zu werden.  

Ein "verinnerlichter Anderer" muss also niemand Bestimmtes sein?
Jens Tiedemann: Nein, das ist das Paradoxe: Oft schämt man sich vor einer anonymen Masse. Zum Beispiel, wenn man im Winter zur Tür rausgeht, es ist glatt und man fällt hin – die meisten Menschen drehen sich sofort um, um zu schauen, ob sie jemand gesehen hat. Scham ist sehr stark an den Blick gebunden. Entscheidend ist auch, ob eine Person zuschaut oder fünf Millionen.  

Bringt uns Scham eigentlich auch etwas, abgesehen von quälenden Erinnerungen?  
Jens Tiedemann: Scham ist es ein zutiefst sozialer Affekt, vielleicht sogar der sozialste, den wir haben, ein Klebstoff, der eine Gesellschaft zusammenhält.  

...

Gibt es zwischen verschiedenen Gesellschaften Unterschiede, wofür man sich schämt?  
Jens Tiedemann: Von anthropologischer Seite gibt es die mittlerweile etwas veraltete Unterteilung in Schuldkulturen und Schamkulturen. Nach dieser Definition sind Schuldkulturen vor allem die westlichen, christlich-jüdisch geprägten Kulturen, Schamkulturen zum Beispiel die japanische und die islamische. In denen geht es sehr stark um Ehre und Gesichtsverlust. Es ist also schon kulturbedingt, wofür man sich zu schämen hat. Einige Sachen sind aber kulturübergreifend, zum Beispiel in einer öffentlichen Toilette die Tür zu öffnen und jemanden vorzufinden. Nacktheit ist generell etwas sehr Universelles, für das man sich schämt.  

Wie im Paradies...  
Jens Tiedemann: Ja, in der christlichen Kultur geht das zurück bis zum Sündenfall – das ist der Anfang des Schamgefühls und interessanterweise auch der Anfang des Menschseins, da gibt es einen direkten Zusammenhang.  

Was passiert physiologisch, wenn wir uns schämen?  
Jens Tiedemann: Als erstes das, was so eigenartig ist: Die Schamröte tritt uns ins Gesicht. Da hat sich schon der alte Darwin den Kopf drüber zerbrochen. Denn Rot ist ja eine Signalfarbe, die signalisiert "Schau her!" Alles andere, was körperlich beim Schämen passiert, ist eher ein Wegwenden – man verbirgt sein Gesicht, man wendet sich ab. Der Ursprung des Wortes Scham, das indogermanische "kêm", bedeutet auch "sich verhüllen".  

Kann man Scham denn verarbeiten? Muss dafür zum Beispiel ein anderer kommen und sagen "Das war doch gar nicht schlimm!"  
Jens Tiedemann: Nein, das hilft eher bei Schuld, da ist das Gegenmittel die Vergebung des anderen. Bei Scham geht es aber um einen selbst. Ein Gegenmittel für Scham ist, mit einer gewissen Milde auf sich selbst zurück zu schauen. Das gelingt nicht jedem.  

...

Es gibt ja auch noch die Fremdscham. Die ist relativ neu, oder?  
Jens Tiedemann: Zumindest gab es den Begriff "Fremdscham" vor fünf Jahren noch nicht. Er weist aber auch eine wichtige Charakteristik der Scham hin: Sie ist extrem ansteckend. Neurophysiologisch ist das belegt, es gibt die sogenannten Spiegelneuronen und mein Gehirn versetzt sich automatisch in den Bewusstseinszustand und das Gefühl eines anderes. Fremdschämen zeigt, wie intensiv ich mich mit anderen identifiziere und mit ihnen verbunden bin. Ich weiß dann nicht mehr genau: Wo höre ich auf und wo fängt der andere an? Wessen Scham ist es eigentlich? Das macht auch viel vom Reiz der Castingshows aus. Sich mit jemand Peinlichem zu identifizieren und doch zu wissen: Ich bin es nicht wirklich.  ... Bei Soziologen und Psychologen herrscht ein gewisser Kulturpessimismus vor, dass darum das Schamgefühl verloren geht. Dabei ist die Scham ja extrem wichtig: Sie ist die Wächterin unserer Privatheit. Sie sagt uns, was wir besser nicht preisgeben sollen.


Aus: ""Da hat sich schon der alte Darwin den Kopf drüber zerbrochen"" Nadja-Schlueter (09.09.2014)
Quelle: http://jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/588743/Da-hat-sich-schon-der-alte-Darwin-den-Kopf-drueber-zerbrochen (http://jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/588743/Da-hat-sich-schon-der-alte-Darwin-den-Kopf-drueber-zerbrochen)

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Quote[...] Dass wir über Scham nicht sprechen wollen, ist deshalb ein Problem, weil sie mehr wird, je weniger man über sie spricht. Scham, meint Brown, brauche drei Zutaten, um sich quasi exponentiell zu vermehren: Heimlichkeit, Schweigen und Bewertung. Scham, sagt sie, sei die «stille Epidemie unserer Kultur». Was man ja erst einmal anzweifeln kann.

Zum einen hat Brown, die an der Universität von Houston Sozialwissenschaften lehrt, in den letzten sechs Jahren drei Bücher über Scham geschrieben, die alle auf Platz eins der «New York Times»- Bestsellerliste standen. So still ist die Epidemie nicht mehr. Vor allem aber: Könnte man nicht ebenso gut sagen, die laute Epidemie unserer Kultur sei die Selbstdarstellung? Das passiert ja auch. Es wird «Schamverlust» konstatiert, mit Hinweis auf alle möglichen Formen körperlicher und emotionaler Entblössung, von Selbstbefriedigungs-Bildbänden bis zum Reality-Fernsehen. «Scham fristet in hochmodernen Gesellschaften ein Schattendasein», schreibt die Historikerin Ute Frevert 2013 in «Vergängliche Gefühle».

Die Frage ist, welche Scham? Scham ist ja immer beides, Biologie und Prägung. Eine grundlegende Emotion, deren Neurobiologie man gerade zu erforschen beginnt. Und ein soziales Konstrukt: weil das, wofür man sich schämt, zutiefst kulturell ist. Die konkreten Bezüge und Objekte der Gefühle verändern sich über die Zeit. Frevert beschreibt, wie die moralische Scham im 20. Jahrhundert von der sozialen Scham überlagert wird. Mit der Historizität der Gefühle ist aber noch etwas anderes gemeint. Wie Menschen «ihre Gefühle äussern, wirkt wiederum auf das Gefühlte selbst zurück», so Frevert. Das heisst: Die Gefühle fühlen sich auch anders an.

Doch die Scham verschwindet ja nicht einfach. In der Psychologie spricht man seit den neunziger Jahren von narzisstischer Scham, die zunehmend das Innenleben bestimme. Der Psychologe Michael Lewis definiert in «Shame – The Exposed Self» Scham als die fundamentale menschliche Emotion: «Sie prägt alle unsere Gefühle gegenüber uns selbst und unseren gesamten Umgang mit anderen.» Moralische Scham ist an klare Verhaltensregeln und Normen gebunden, «narzisstische Scham» wird in individualistischen Gesellschaften zum Problem. Wenn das Ich im Zentrum steht, bin auch ich schuld. Scham, heisst es, sei ein heimliches, weil verbotenes Gefühl, narzisstische Scham die Mischung aus Scheiternsangst und Grandiositätsverlangen, dem dauernden Wunsch, das Exzeptionelle zu suchen. Scham ist hier eine inakzeptable Position. Beschämbar zu sein, ist das No-Go der Spätmoderne.

Ah, die klaren Definitionen. So übersichtlich, so geordnet, so ganz anders als die Sache selbst.

Brené Brown ist mit der Unordentlichkeit der Scham vertraut, was zunächst mit ihrer Methode «grounded theory» zu tun hat. Sie führt qualitative Interviews, ohne vorher die Forschungsliteratur zur Kenntnis zu nehmen. Die eigene Theorie wird aus der «gelebten Erfahrung» der Interviewten entwickelt. Browns Forschungsergebnisse haben vor acht Jahren dazu geführt, dass sie ihre gesammelten Interviews in eine Kiste tat und sich eine Auszeit und eine Therapeutin nahm.

Das Problem waren die «wholehearted», wie Brown sie nannte: eine kleine, aber signifikante Gruppe von Menschen, die auf bemerkenswert unverschanzte Weise am Leben waren. Sie empfanden nicht weniger Scham als andere, aber sie gingen anders mit ihr um. Was Brown über sie herausfand, klingt fast tautologisch: «Männer und Frauen, die ein starkes Gefühl von Zugehörigkeit haben, glauben daran, dass sie Liebe und Zugehörigkeit verdient haben.» Dank bestimmten Verhaltensweisen und Praktiken gehen sie gelassener mit dem eigenen Selbstideal um, sie orientieren sich nicht an dem, was die anderen über sie denken könnten, sie spielen mehr, sie maskieren ihre eigene Verletzbarkeit nicht – und sind genau deswegen resilienter. Anders Brown. Sie sagt selbstironisch über sich, zwei der Praktiken gehörten vage in ihr eigenes privates Repertoire. Den Rest hat sie bisher belächelt.

Über die zehn Praktiken schrieb sie ein Buch, «The Gifts of Imperfection», und die Geschichte mit ihrem Zusammenbruch hat sie später in einem Tedx-Talk erzählt. Der Vortrag ging online, aus knapp 500 Zuhörern wurden in kurzer Zeit ein paar Millionen. Brené Brown hat das in eine Rolle katapultiert, die ihre Arbeit relevant macht: eine Akademikerin, die den eigenen Forschungsgegenstand nicht auf Armeslänge entfernt hält. Nicht immer freiwillig: «Hätte ich in diesem Moment kontrollieren können, wie viel von mir an die Öffentlichkeit geht, wäre meine Karriere genau da zu Ende gewesen.» Da waren die Online-Kommentare, von denen sich wenige auf ihre Argumentation und viele auf ihre Erscheinung bezogen: «Weniger Forschung, mehr Botox» oder «Wenn man so aussieht, bleibt einem auch nichts anderes übrig, als sich für Verletzlichkeit zu entscheiden.»

Die Kommentare sind eine schöne Illustration. Dafür, dass einen nichts effektiver zum Schweigen bringt als Scham. Dass die Auslöser von Scham tendenziell noch immer nach Geschlechtern unterschieden sind. Für Frauen: Körper, Muttersein. Für Männer: Schwäche. Und dass die individualistische spätmoderne Gesellschaft, die so frei ist wie noch nie, wenn man die Lebensentwürfe anschaut, für die man sich entscheiden kann, in ihrem Kern von einer gnadenlosen Enge ist. Weil es eine Gesellschaft ist, die noch immer sagt: «Dafür aber wirklich: Schäm dich!» Und wenn man darüber nachdenkt, wofür man sich heute zu schämen hat und wie schnell man einander aburteilt, dann glaubt man Browns Aussagen über die Epidemie.

Brown sagt, eines der grössten Missverständnisse sei, dass Scham Moral garantiere. Schuldempfinden führt dazu, dass man sein Verhalten ändert, weil sich Schuld eben auf das eigene Verhalten bezieht, auf dessen Diskrepanz zu den eigenen Werten. Scham bezieht sich auf das eigene Selbst. Scham ist die Empfindung persönlicher Defizienz, Wertlosigkeit, Fehlerhaftigkeit. Letztlich, sagt Brown, habe Scham immer mit der Angst vor Zugehörigkeitsverlust zu tun. Wie man den Unterschied herausfindet? Indem man beobachtet, wie einer mit sich selber spricht. Schuld: Ich habe einen Fehler gemacht. Scham: Ich bin der Fehler. Scham, im Extremfall, ist das Gefühl, dass nichts mehr zu retten sei, wenn die anderen einem auf die Schliche kommen.

Ist das nicht merkwürdig? Wenn die postmoderne Gesellschaft eines auszeichnet, dann ist es doch die Fähigkeit zur Distanznahme. Wir sind unglaublich versiert in kulturellen Lesarten, zu wissen, was die eigene Position über einen selber sagt. Was allerdings auch bedeutet: Wir sind extrem gut darin, uns von aussen anzusehen. Genau diesen Aussenblick braucht es für die Scham, sie ist immer die Perspektive des vorgestellten Anderen. Man schafft sich eine innere Provinz und zurrt sich selber fest.

Wie das geht, legt Brown in all der Kleinteiligkeit offen, mit der Scham heute im Leben der Einzelnen auftaucht. Was überhaupt nicht überrascht, sind die Themen. Der Körper. Sex. Bankrott gehen. Internet-Pornografie. Altern. Scham isoliert, weil alle glauben, sie seien mit ihrem Makel die Einzigen. Scham choreografiert Existenzen. Scham verzerrt die eigene Perspektive – weil das, was man an sich selbst für unverzeihlich hält, bei anderen in der Regel verzeihlich ist. Oder gar nicht der Rede wert.

Darüber hinaus beschreibt Brown die gängigen Abwehrstrategien so nuanciert, dass sie einem überall entgegenspringen. Allen voran die Beschämung als Unterhaltungs-Format – weil das Beschämen anderer ein bequemer Grusel ist, mit dem man das hässliche Gefühl von sich selbst fernhält. Die Beschämung anderer schliesst Lästern ein und Shitstorms auch. Genau hier, in der Vernetzung, liegt auch ein Grund, warum Scham heute überhaupt so krass wirken kann. Weil man sich im Netz einem unüberschaubaren Publikum aussetzt, das dank der Kommentarfunktion zurückspricht – bloss nicht zu einem, sondern über einen. Und weil es unendliche Einblicke in das fotofein gemachte Leben anderer gibt.

Brené Brown nennt das «Kultur des Mangels». Das Problem ist nicht, dass zu viele Leute mit Grandiositätsphantasien unterwegs sind, sondern dass sich die meisten mit ihrer Existenz im Minus fühlen. Nicht erfolgreich genug, um relevant zu sein; nicht schön genug, um zu zählen. Es reicht nie, das ist das Problem. Die Angst vor der gewöhnlichen, der unspektakulären Existenz: Das wäre dann die kulturelle Matrix der Scham.

Nur – die Sache mit der Scham ist unbequemer, als es grossangelegte Gesellschaftskritik ist. Weil man Scham immer auch im Direktkontakt lösen muss. Man kann sich nicht gegen Scham entscheiden. Man kann sie nur vermeiden. Aber dann hält man sich bloss in den lauen Randzonen des eigenen Lebens auf.

QuoteFelix Geering • vor 2 Tagen

Die Probleme beginnen immer da, wo jemand ertappt wird und dann ausweichend im Kreis herum redet. Es ginge auch anders: Mit sich selber "gnadenlos" ehrlich zu sein entpuppt sich als ungeheur gnädige Handlung. Weil, wenn der Dreck erst mal ans Licht gekommen ist, verliert er die Macht über mich. "Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert"!
Vielleicht wäre die Geschichte der Menschheit anders verlaufen, wenn Adam nach dem Biss in den Apfel auf die Frage Gottes geantwortet hätte: "Ja, es stimmt, ich hab Mist gebaut".


QuoteJan Strasser • vor 2 Tagen

Scham ist ein Teil der sozialen Orientierung. Streben nach Sozialstatus verstärkt Scham. Die "Scham-Epidemie" ist eine logische Konsequenz der Ego-zentrischen Kultur (Facebook, Selfies, Youtube, usw. usw.). Wir wollen ein bestimmtes Bild von uns nach aussen vermitteln und empfinden Scham, wenn dieses verletzt wird (Entblössung). Das Vergleichen mit Anderen verursacht Scham: "Wettbewerb", Schulnoten, "Leistungsbewertung" im Beruf. Du bist schlechter als er, sie ist mehr wer als Du. All dies ist so unnötig und menschenfeindlich. Es macht uns weder wohlhabender noch sicherer noch glücklicher. Die wirkliche Frage sollte darum nicht der Bewältigung der Scham gelten, sondern der Beseitigung ihrer Ursachen.


Quoteregina mosimann • vor 2 Tagen

Die Schlusszeilen negieren die spannende und wichtige Kernaussage des Artikels- dass wir lernen können "gesund" mit der narzisstischen Scham umzugehen- dass wir daran wachsen und furchtloser, lebendiger und empathischer werden können. ...


QuoteMarin Haeberle • vor 3 Tagen

Zu viele Leute empfinden Scham wegen einer Nichtigkeit ... Leider empfinden gerade die "Schamlosen", die schuldhaft Schamlosen keine Scham, Mitmenschen auszubeuten, zu schädigen um sich dann lächelnd vom Acker zu machen.


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Aus: "Grosse Gefühle: Scham – die stille Epidemie" Katrin Kruse (31.1.2016)
Quelle: http://www.nzz.ch/lebensart/gesellschaft/scham---die-stille-epidemie-1.18685378 (http://www.nzz.ch/lebensart/gesellschaft/scham---die-stille-epidemie-1.18685378)
Title: [Vielleicht sind es die vielen Anfeindungen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 25, 2014, 12:40:33 PM
Quote[...] BERLIN taz | Geht das überhaupt zusammen? Schwul und muslimisch? Für die meisten Muslime und die breite Mehrheit islamischer Gelehrter steht fest: Homosexualität ist widernatürlich, gleichgeschlechtlicher Sex gar eine Sünde. Im Iran, in Saudi-Arabien, in Nigeria wird er bestraft – teils mit dem Tode.

Dass Homosexuell- und Muslimischsein durchaus vereinbar, ja gar nicht erst widersprüchlich ist, zeigt Muhsin Hendricks. Vielleicht sind es die vielen Anfeindungen, denen der Imam im Lauf seiner Karriere ausgesetzt gewesen ist, die ihn eine solche Ruhe ausstrahlen lassen, als er sich am Montagabend den Fragen des Publikums stellt.

... Dass Hendricks zwar als Imam und Gelehrter, nicht aber als queerer Muslim eine Ausnahme ist, machen die zahlreichen Wortmeldungen aus dem Publikum deutlich. Im deutschen Kontext, der stark von Islamophobie geprägt sei, sei es sehr schwierig, die Identitäten ,,muslimisch" und ,,lesbisch" zu vereinbaren und sich gegen die Anfeindungen aus den unterschiedlichen Lagern zu verteidigen, kommentiert eine Zuhörerin aus Berlin. ,,Dank Gott", sagt sie, ,,dass es einen Imam gibt, der schwul ist und mit dieser Arbeit angefangen hat."

...

Quotenzuli sana
gestern, 15:48

Freiheit und Glück wünsche ich Muhsin Hendricks.



Aus: "Der Imam, der Männer liebt" Jannis Hagmann (24.09.2014)
Quelle: http://www.taz.de/Homosexualitaet-im-Islam/!146542/ (http://www.taz.de/Homosexualitaet-im-Islam/!146542/)

Title: [Leitbilder... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 30, 2014, 09:51:09 AM
Quote[...] Spätestens seit Frauke Petry im sächsischen Wahlkampf die Dreikindfamilie als Leitbild ausgerufen hat, ist klar geworden, in welcher Ecke sich die AfD im familienpolitischen Spektrum positioniert. Zwar präsentiert sich die Anti-Euro-Partei nicht offen frauen- und schwulenfeindlich, doch die Invektive gegen ,,gesellschaftspolitische Umerziehungsmaßnahmen wie Gender Mainstreaming", die Positionierung gegen die Frauenquote und die Ablehnung sexualpolitischer Aufklärungskampagnen zeigen, wohin die Reise geht. Die homophobe Tendenz wird unterstrichen durch abfällige Bemerkungen über das Coming-out von Fußballspielern oder die Disziplinierung einzelner, sich eher schwulenfreundlich gebender Landesverbände. ,,Homosexualität darf kein Leitbild sein für eine Gesellschaft, die Bestand und Zukunft haben will", postuliert der hessische AfD-Promi Wolfgang Hübner.

Der Soziologe Andreas Kemper hat im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung die geschlechterpolitischen Positionen der AfD bereits anlässlich der Europawahlen untersucht. Nach der Analyse der Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg, die die inhaltlichen Gewichte verschoben haben, sieht sich Kemper nun in seinen Befürchtungen bestätigt. In Sachen Abtreibungsrecht verbündet sich die AfD mittlerweile mit den ultrakonservativen Christen, die am vergangenen Samstag ihren alljährlichen ,,Marsch für das Leben" veranstalteten. Und die erzkonservative EU-Parlamentarierin Beatrix von Storch organisiert Kampagnen für den Familienschutz mit dem Ziel, die EU-Genderpolitik zu sabotieren.

Die Kritik am ,,Genderismus" könnte, sagt Kemper, zu einem Markenzeichen der Partei avancieren. Und sie liefert der feministischen und genderaktivistischen Bewegung ein neues Feindbild, wie auf einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin im Vorfeld des ,,Marsches" deutlich wurde. Es ist, als ob die alten Lager des Abtreibungsstreits der 70er Jahre wieder auferstehen würden.

Doch die Welt ist komplizierter geworden, das Recht auf selbstbestimmte Abtreibung wird beispielsweise konterkariert vom eingeklagten Konsumentenrecht auf alles, was der Reproduktionsmarkt hergibt. Dazu gilt es kritische Positionen zu entwickeln – und diese können einen unversehens ins Lager der ,,Lebensschützer" katapultieren. Differenzierte Aufklärung ist ein schwieriges Unternehmen, schwieriger jedenfalls, als eine Gegendemo zu organisieren und in die Falle zu tappen, die die AfD aufstellt.


Aus: "Lebensschützer und Dreikindfamilien" Ulrike Baureithel (29.09.2014)
Quelle: https://www.freitag.de/autoren/ulrike-baureithel/lebensschuetzer-und-dreikindfamilien-die-ideen-der-afd (https://www.freitag.de/autoren/ulrike-baureithel/lebensschuetzer-und-dreikindfamilien-die-ideen-der-afd)

Title: [Der Vorfall ereignete sich Anfang Oktober... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 20, 2014, 09:18:12 AM
Quote[...] Paris - Eine vollverschleierte Zuschauerin ist während einer Vorführung von "La Traviata" aus der Pariser Oper geschickt worden. Die Frau habe in der ersten Reihe direkt hinter dem Dirigenten gesessen und sei bis auf die Augen verschleiert gewesen, sagte der stellvertretende Direktor der Oper an der Bastille, Jean-Philippe Thiellay, der Nachrichtenagentur AFP. Einige Chorsänger hätten erklärt, sie würden nicht singen, solange die Frau mit dem Nikab dort sitze.

In Frankreich ist die Vollverschleierung in der Öffentlichkeit seit 2011 verboten. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte das Verbot im Juli für rechtens erklärt: Es verstoße nicht gegen den Schutz des Privatlebens und auch nicht gegen die Meinungs- und Religionsfreiheit.

Thiellay sagt, er sei während des zweiten Akts der Oper über die verschleierte Frau in der ersten Reihe benachrichtigt worden. In der Pause habe man sie aufgefordert, den Schleier abzunehmen oder zu gehen, woraufhin ihr Begleiter mit ihr das Opernhaus verlassen habe. Bei dem Paar handelte es sich Medienberichten zufolge um Touristen aus der Golfregion.

Der Vorfall ereignete sich Anfang Oktober. Das französische Kulturministerium erklärte nun, man arbeite an einer entsprechenden Mitteilung an Theater, Museen und andere öffentliche Institutionen: Diese müssten gewährleisten, dass sich alle Besucher und Zuschauer an das Gesetz halten.


Aus: "Burka-Verbot in Frankreich: Verschleierte Touristin aus Pariser Oper geworfen" (20.10.2014)
Quelle: http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/burka-verbot-in-frankreich-frau-im-nikab-aus-pariser-oper-geschickt-a-998046.html (http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/burka-verbot-in-frankreich-frau-im-nikab-aus-pariser-oper-geschickt-a-998046.html)

Title: [Diese Szene hat mich lange begleitet... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 21, 2014, 12:09:19 PM
Quote... Als Bischofsversammlungen im Vatikan noch so fromme wie folgenlose Gesprächsforen waren, erinnerte der eine oder andere Teilnehmer gern mit feierlicher Miene an die eigentliche Bedeutung des Wortes Synode. Übersetzt heißt es "gemeinsamer Weg" (griechisch: "syn" und "hodos"). Synodenväter sollen sich über die jeweils anstehenden Fragen einig werden. Dem entspricht auf theologischer Ebene die Vorstellung, die Kirche werde gelenkt vom Heiligen Geist. ... Die Forderung nach mehr Anerkennung für homosexuelle Partnerschaften, für Wiederverheiratete sowie überhaupt für alternative Lebensmodelle schweißte das sonst so heterogene konservative Spektrum zusammen und provozierte eine heftige Gegenreaktion. Mit dem Ergebnis, dass die knapp zweihundert Synodenväter sich am Wochenende nicht auf ein Abschlussdokument einigen konnten. ...


Aus: "Der Einheits-Katholizismus ist gescheitert" Lucas Wiegelmann (19.10.14)
Quelle: http://www.welt.de/debatte/kommentare/article133446669/Der-Einheits-Katholizismus-ist-gescheitert.html (http://www.welt.de/debatte/kommentare/article133446669/Der-Einheits-Katholizismus-ist-gescheitert.html)

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Quote... Der Koran verbietet Homosexualität explizit. Wie gehen Sie mit einer Religion um, die sagt: Dein Leben ist Sünde?

Samra Habib: Ich glaube, jede Religion hat ihre Extreme. Es liegt an dir, wie du damit umgehst. Ob du sagst: Ich richte mein Leben völlig nach der Religion – oder ob du versuchst, deinen eigenen Umgang mit der Religion zu finden. Auch im Christentum gibt es Dinge, die man nicht unbedingt für voll nehmen muss. Homophobie ist ja kein muslimisches Alleinstellungsmerkmal. Ich glaube, es geht bei jeder Religion vor allem darum, deine eigene Interpretation zu finden und damit glücklich zu werden.

...


Aus: ",,Wir sind praktisch unsichtbar"" (21.10.2014)
Quelle: https://www.freitag.de/autoren/gsteeger/wir-sind-praktisch-unsichtbar (https://www.freitag.de/autoren/gsteeger/wir-sind-praktisch-unsichtbar)

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QuoteEine vollständig verschleierte Touristin aus der Golfregion ist während einer Vorstellung in der Oper von Paris aufgefordert worden zu gehen. Die Chorsänger hatten wegen ihr den Einsatz verweigert. ...

Aus: "Burka-Verbot: Verschleierte Frau muss Pariser Oper verlassen" (20.10.14)
Quelle: http://www.welt.de/audio/Audio_Weltgeschehen/article133476054/Verschleierte-Frau-muss-Pariser-Oper-verlassen.html (http://www.welt.de/audio/Audio_Weltgeschehen/article133476054/Verschleierte-Frau-muss-Pariser-Oper-verlassen.html)

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Quote[...] 1974, ein Schullandheim in der Nähe von Hameln. Wir Schülerinnen und Schüler der vierten Klasse einer Grundschule aus Hannover verbringen dort eine Woche. Nach einem erlebnisreichen Tag sollen wir duschen gehen. Die Mädchen in einer Gemeinschaftsdusche, die Jungen in einer anderen. Schon das Ausziehen vor meinen Klassenkameradinnen im Umkleideraum bereitet mir Unbehagen. Dann alle gemeinsam unter den Wasserstrahl. Und mittendrin Frau Bergmann. Unsere Lehrerin. Nackt. Mit dunklen Schamhaaren. Ich wusste gar nicht, wo ich hinschauen sollte.

Diese Szene hat mich lange begleitet. Nicht mal meine Mutter hatte ich bis dahin nackt gesehen. Ich war verstört. Denn bei uns war eine Lehrerin eine absolute Respektsperson. Vor der zog man sich weder aus noch duschte man mit ihr.

Ich war neun Jahre alt und vor einem Jahr aus einer türkischen Kleinstadt bei Bursa nach Hannover gekommen. Ich hatte Probleme mit der Sprache, kannte weder Sitten noch Gebräuche. Ich fremdelte. Damals empfand ich die Situation im Duschraum als sehr peinlich. Heute weiß ich, was es war: Scham. Um es genauer mit dem Fachterminus zu benennen: Intimitätsscham.

Die Grenzen der Intimitätsscham variieren je nach Kultur und Religion. Das ist für Fachleute eine Binsenweisheit, diese Einsicht fehlt aber zuweilen Vertretern der Mehrheitsgesellschaft. So verstehen manche nicht, warum sich eine Muslima, die ihr Haar verhüllt, ohne Kopftuch nackt fühlt.

Scham entsteht nicht allein im Bezug auf Nacktheit, sondern auch, wenn man die Abweichung, das Anders- oder Fremdsein spürt. Erst im Laufe meines Lebens habe ich festgestellt, wie sehr mich das Gefühl der Scham ob des Andersseins begleitet hat. Das mag daran liegen, dass Scham ein sehr peinigendes Gefühl ist und wir alle dazu neigen, es zu verdrängen.

Erst als Erwachsene habe ich angefangen, über schambesetzte Situationen nachzudenken und meine Schlüsse daraus zu ziehen. Meine Eltern haben das eher nicht getan. Jedenfalls haben sie mit mir darüber nie sprechen können. Gefühlt haben müssen sie es aber auch. Zum Beispiel, wenn ich als Kind für sie beim Arzt oder auf dem Amt dolmetschen musste, weil ihre Sprachkenntnisse nicht ausreichten.

Ich habe mich damals doppelt geschämt: für das schlechte Deutsch meiner Eltern und für meine Überlegenheit in solchen Situationen. Die Fachwelt spricht in diesem Fall von Parentifizierung und Kompetenzscham. Der Gebrauch einer fremden Sprache birgt Fehler, die man macht und die offenbar werden, eine Quelle von Kompetenzscham, erklärt der Aachener Psychoanalytiker Micha Hilgers, der mit Scham. Gesichter eines Affekts ein Standardwerk zu diesem Thema verfasst hat. Sich nicht richtig vermitteln zu können, dem eigenen emotionalen Erleben nicht die rechte Ausdrucksform verleihen zu können, lasse den fremdsprachigen Migranten Einsamkeit und Isolation fühlen, wenn er sich nicht mit seinesgleichen in Ghettos abschotte.

Bilden sich also Parallelgesellschaften aus Scham? Durchaus möglich. Denn es ist sehr unangenehm, wenn man die Codes der Mehrheitsgesellschaft nicht kennt und sich deplatziert fühlt. Diese Zeichen kann man sich nicht anlesen, die kann man nur lernen, indem man sie lebt. Und wenn das nicht klappt, dann sucht der Mensch sich ein Umfeld, wo er Traditionen, Werte und Umgangsformen und vor allem die Sprache kennt und sich verstanden fühlt.

So war das auch bei meinen Eltern. Die Deutschen machten ihnen kaum Angebote. Und meine Eltern ihrerseits waren ebenfalls zögerlich. Ich vermute, sie schämten sich für das, was sie nicht zu bieten hatten.

"Geografische Grenzen überschreiten bedeutet nicht per se, im Ankunftsland vertraut zu sein mit den kulturellen Codes, den sozialen, ökonomischen, ökologischen und politischen Kontexten, demnach auch nicht mit den Werten und Normen der Gesellschaft. Diese werden dem Migranten zur Hürde", erklärt Hilgers. Infolge von Individualisierung und Globalisierung nehmen die Verschiedenheiten in den schambewehrten Normen und Idealen künftig noch zu. Hilfers betont, dass es für den Einzelnen komplizierter wird, Werte und Schamgrenzen seiner Mitmenschen korrekt einzuschätzen. "Weil Mitglieder sehr unterschiedlicher Kulturen und Religionsgemeinschaften zusammenleben und innerhalb der jeweiligen Gruppen wiederum erhebliche, von Bildung, Schicht oder politischer Weltanschauung abhängige Differenzen entstehen."

Meine Eltern haben sich zurückgezogen. Ich dagegen bin in die Offensive gegangen. Ich muss es als Herausforderung angesehen haben, die Scham zu überwinden. Denn Menschen reagieren, je nach sozialem Umfeld, unterschiedlich auf das kaum auszuhaltende Schamgefühl: Sie werden aggressiv oder zynisch, wehren es ab und ziehen sich zurück oder sie setzen es positiv um.

Meine Entpuppung vom sprachlosen Migrantenkind zu einer deutschsprachigen Journalistin interpretiere ich so: Die Scham ob des mir vermittelten Gefühls, in dieser Gesellschaft minderwertig zu sein, hat in mir einen enormen Ehrgeiz entstehen lassen. Ich habe nicht nur Fächer studiert, die mir halfen, mich mit der deutschen Geschichte und Kultur vertraut zu machen, sondern die deutsche Sprache so gut gelernt, dass ich in einem Beruf arbeiten kann, der gute Sprachkenntnisse erfordert. Ich wollte die Gesellschaft beschämen, die mich ausgrenzte und in mir das Gefühl auslöste, defizitär zu sein.

Der Sozialwissenschaftler Stephan Marks beschreibt Scham als Seismographen, "der sensibel reagiert, wenn das menschliche Grundbedürfnis nach Anerkennung, Schutz, Zugehörigkeit oder Integrität verletzt wurde". Marks macht auch auf die Macht aufmerksam, die von der beschämenden Person beziehungsweise Gesellschaft ausgeht. Scham sei zwar ein universelles, aber auch ein verbotenes Gefühl.

Unbewusste, abgewehrte Scham vergifte die zwischenmenschlichen Beziehungen. "Diese heimliche Macht der Scham löst sich nicht dadurch in Luft auf, dass wir sie ignorieren", schreibt der Autor des Buches Scham – die tabuisierte Emotion. Marks plädiert für eine individuelle und gesellschaftliche Auseinandersetzung mit Scham und Beschämung – in "geschützten Räumen" wie etwa in Seminaren, Fortbildungen oder Workshops.

Wir sollten uns bewusst machen, "welche Bedeutung Scham in unserem eigenen Leben und in unserer Gesellschaft spielt: Wie wir selbst durch Scham und Beschämungen geprägt wurden. Auch durch strukturelle Beschämungen, die zum – oft nicht hinterfragten – Alltag unserer Gesellschaft gehören".

Lassen Sie uns also über Scham sprechen!

Quote
   Azenion
   gestern 14:23 Uhr

Das waren die 1970er!

Heute haben wir amerikanische Prüderie übernommen, da ist Nacktheit selbstverständlich eine schlimme Grenzüberschreitung.

Seien Sie getrost: Heutige Lehrer wagen es nicht einmal mehr, mit einem Schüler ohne Zeugen alleine in einem Raum zu sein.


Quote
   Hinster-Bender
   gestern 17:34 Uhr

... "Nacktduschen widerspricht katholischer Moral".
Generalvikariat Köln

Wir sehen, dieses orientalische Zeug ist tatsächlch ein Integrationshindernis.
Wie können wir sie nur integrieren, diese Katholiken?
Wie konnten wir als Gesellschaft nur so weit kommen, trotz dieser Katholiken?

Rätselnd, H.B...


Quotedp80
   gestern 15:13 Uhr

Duschen

Das Beispiel mit der Dusche ist relativ ungeschickt gewählt. Wohl jeder würde heute zustimmen, dass das eine schambehaftete Situation ist. Viel interessanter sind andere Situationen, in denen die Scham für die Mehrheitsgesellschaft nicht offensichtlich ist.


QuoteEine Bürgerin
   gestern 15:16 Uhr

Was genau hat Deutschland falsch gemacht?

Weil eine Lehrerin in den 70ern mit den Schülerinnen geduscht hat, ist es zu gesellschaftlicher Abschottung der Autorin gekommen?
"Die Deutschen haben kaum Angebote gemacht"? Kaum?
Die Gesellschaft hat ihr gezeigt, dass sie "irgendwie defizitär" ist, wenn sie die Sprache nicht beherrscht? Was ist das denn für ein Land? Und darum wollte sie das Land beschämen, das ihr und ihrer Familie ein neues - sicherlich besseres -Leben ermöglicht hat, einen neuen Anfang?
Ich kann gar nicht fassen, was alles so veröffentlicht wird....


QuoteSumpfknueppel
   gestern 20:50 Uhr

Die Aussage

des Textes ist doch nicht, dass sich Fr. Topcu ausgegrenzt hat. Es ist doch eher das Gegenteil der Fall. Wenn dann hätte Sie sich wohl eher gewünscht, das seitens der Gesellschaft in die sie hineingeboren ist und dem Spannungsfeld der Traditionen und damit angenommenen Verhaltensweisen Ihres Elternhauses Rücksicht genommen worden wäre und Ihr das Ankommen in dieser Gesellschaft etwas leichter gewesen wäre. Auch in diesem speziellen Fall wohl, um Ihren Eltern das Ankommen zu erleichtern.

Um dieses komplexe Wechselspiel aber auf Gefühlsebene wirklich nachvollziehen zu können, hätte Sie auf Biodeutsche in Ihrem Umfeld treffen müssen, die denselben Vorgang, Einleben in eine anderen Kulturraum selber durchlebt hätten, und Ihre Gefühle dementsprechend besser verstanden hätten.

Dem war halt nicht so.

...


Quotegutoderböse
   gestern 15:17 Uhr

... Frauen trugen bis vor 30-40 Jahren auch noch ein "Kopftuch", sogar ältere deutsche, nichtmuslimische Frauen tragen noch immer ein Kopftuch.

...

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   ananasbanane
   gestern 17:38 Uhr

Niedersachsen war bis 1975 durchgehend SPD regiert

und Lehrer sind zu 3/4 SPDler (heute auch Grüne).
Das Verhältnis dieser Leute zu minderjährigen Schutzbefohlenen dürfte ja hinlänglich bekannt sein. Lehrer mit Schülern unter der Dusche ist ein absolutes No-Go!



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   habmeinemeinung
   gestern 18:02 Uhr

Ein erfrischend scharfsinniger und analytischer Artikel

Es ist erfreulich, einen dieser seltenen objektiven Artikel zu lesen, die versuchen, Erklärungen zu finden, anstatt Dogmas runterzubeten, und die versuchen Lösungen zu finden anstatt Schuldige.
Die Scham als mächtiges Hemmnis auf dem Weg zu Teilhabe und Austausch zu sehen, ist ein seltener Ansatz, der aber durchaus besticht. Vieles wird einem klarer, wenn man sich dem Gedanken öffnet.


QuoteSchachflo
   gestern 18:15 Uhr

Alles eine Frage der Generation?!

Den Scham meiner Mutter davor, dass Bekannte und Freunde in ihrem Haushalt etwas zu bemängeln haben könnten, habe ich in den 70er und 80er Jahren oft miterlebt.
Hatte sich Besuch angekündigt, ging es los: alles, wirklich alles pikobello sauber und ordentlich sein.
Die teilweise gebraucht gekaufte Einrichtung wurde als neu beworben und wir Kindern wurden zum Schweigen vergattert.
Meine Mutter stammt aus einem Nachbarland von Deutschland und meinem deutschem Vater war das Treiben herzlich egal; er spielte um des Friedens willen mit.

Von russischen Immigranten hört man ähnliches: Die nächste Couchgarnitur muß schon mindestens genau soviel kosten, wie die der Freunde.
Ein Foto zu den Verwandten in die Türkei zu schicken, auf welchem man neben einem Fiat posiert: geht garnicht!

Egal woher, viel zu viele wollen sich in ihrer Außendarstellungen als wohlhabender geben, als sie es tatsächlich sind. Persönliches Glück wird über Wohlstand definiert.
Wie es unter der Fassade ausschaut, geht ja niemanden etwas an.

Schade, denn egal, ob arm oder reich: Wohlstand oder Herkunft waren nie ein Kriterium bei der Wahl meines Umfelds.


QuoteDreamersDie
   gestern 18:17 Uhr

"Nacktduschen widerspricht katholischer Moral".

... Sehen Sie, mit dieser misslungenen Ironie haben Sie das Problem erklärt.

Ohne hier das geringste Kirchenbashing betreiben zu wollen, darf ich daran erinnern, dass WIR ALLE uns ziemlich genau vorstellen könnten, wie es hier und heute in Europa aussähe, HÄTTE die Kirche die Macht, die sie damals vor 500 Jahren noch hatte, immer noch.

... Und viele von uns würden uns gar nicht über die kath. (oder irgendeine) Kirche lustig machen wollen, freuen uns aber, dass Sie das "ungestraft" tun dürfen...

... Es geht NICHT um Religionsfreiheit; es geht um die verlorene Freiheit, sobald die Religion die Macht hat - wie gesagt, als Christen wissen wir das aus unserer eigenen Geschichte, und als Bürger sehen wir das im TV oder im Netz, täglich.


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   WolfHai
   gestern 18:27 Uhr

86. Zustimmung: Scham ist ein trennendes und tabuisiertes Gefühl

Vielen Dank für diesen Artikel. Ich stimme der Autorin zu, dass Scham ein natürliches, ein tiefempfundenes Gefühl ist, über das zu sprechen sehr schwer ist. Ebenso darin, dass verschiedene Kulturen ganz unterschiedliche Schamgrenzen haben. Der Artikel legt überzeugend dar, dass es ein Gefühl ist, das die Integration von Einwanderern schwer macht, die aus Ländern mit sehr viel engeren Schamgrenzen kommen. Es wird noch schwieriger dadurch, dass vielen Menschen das Bewusstsein für die Bedeutung des Schamgefühls völlig fehlt.

...


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   Demokratie-Troll
   gestern 19:03 Uhr

Was reparabel ist und was nicht

Was ist schon die Schamverletzung durch eine nackte Lehrerin gegen die unauslöschliche Verletzung der Scham im eigenen Land als Schweinefleischfresser mit Gewalt bedroht zu werden und nichts dagegen tun zu können, während dein Sohn Geburtstagsprügel bekommt und deine Tochter, als Hure betitelt, Spießruten laufen muss, weil sie westlich gekleidet ist.
Die Gebiete, die sich die Neueinwanderer nach ihrer Tradition neu strukturieren, um ihre eigene Lebensweise zu zelebrieren, werden so zu Zonen der Aggression. Und auf diesem Boden wächst dann der bizarre Kult des Glaubensterrors, wo den Ungläubigen nach dem Leben getrachtet wird.

Solche Dinge sind nicht reparabel. Die eigentlichen Probleme liegen also ganz wo anders und da gibts dann auch keine Anpassungsstrategie mehr.

Wenn du aber nicht mal darüber reden darfst, weil nicht sein darf, was nicht sein kann, haben wir den Supergau der Schamverdrängung.


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   Jaak
   gestern 20:27 Uhr

Man kommt nackt auf die Welt...

"Diese Szene hat mich lange begleitet. Nicht mal meine Mutter hatte ich bis dahin nackt gesehen."

Denken Sie heute auch noch so?

Ich bin froh das unsere Gesellschaft sich wenigstens teilweise von diesem religiösen Irrwitz lösen konnte. Leider gibt man sich wieder zugeknöpfter als beispielsweise in der DDR, aber die Gedankengänge von Muslimen sind mir relativ fremd.


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   alium
   gestern 20:43 Uhr

Immer sind die Anderen Schuld

Ich kann es nicht mehr hören (lesen). Ewig dieses Rumgejammere...

Ich selber bin ein Gastarbeiterkind. Kein Mensch hat mich integriert, musste es auch nicht. Das habe ich selber getan auf Drängen meiner Eltern.
Aus dem erzkatholischen Ausland, nach Norddeutschland war auch kein Zuckerschlecken.
Aber es war möglich.
Ich fühlte mich nie diskriminiert oder ausgeschlossen, obwohl ich anfangs kein Deutsch sprach. Und wenn, dann war das unter Kindern übliches Cliquenbilden und die ist doof, weil sie Nena nicht mag. Auch hatten meine türkischen Mitschüler nie Probleme. Diese vermeintlichen Ausgrenzungen werden von den meisten heute für das eigene Versagen oder um sich einfach wichtig zu machen genutzt. Oh mein Gott, meine Lehrerin hat nackt vor uns geduscht... Ich hab jetzt voll Mitleid.
Unabhängig davon... In jede Zurückweisung Ausgrenzung wegen der Herkunft hinein zu intepretieren ist zu einfach und dumm.... Und gefährlich.
Wenn man sich anpasst, haben selbst in dem ach so fremdenfeindlichen Deutschland die wenigsten Probleme mit Fremden.

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   Mickeymaus
   gestern 21:39 Uhr

Hat mit einem Migrationshintergrund nichts zu tun

Nun, mit den Norddeutschen ist es wirklich nicht leicht:) ;)
Mit denen habe ich als Westfälin sogar Probleme:)

Dennoch kann ich die Autorin verstehen.
Wer sagt denn, dass die Lehrerin keine Lesbe war und gespannt hat?

Als ich 16 war hat mir ein Lehrer aus dem Bekanntenkreis nachgestellt. Echt ekelig!
Meine Mutter hat dann zum Glück den Kontakt zu dem Ehepaar! abgebrochen.

Und wenn sie ihre Mutter nie nackt gesehen hat, so ist das auch für uns Deutsche (West) nichts ungewöhnliches. Es hätte auch mit einer deutschen Mutter passieren können.



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   Etna
   gestern 21:42 Uhr

Eigentlich ist es kein Problem von Migranten, sondern auch ein Problem von sich verändernden Gesellschaften. Ich habe meine Mutter und meinen Vater auch nie nackt gesehen. Das war auch in Deutschland nach dem WKII nicht üblich. Allerdings war es unter Kindern und in Freibädern durchaus üblich, sich nackt zu bewegen. Die Nacktheit unter Kindern und Jugendlichen und unter Insassen von Zwangsinstitutionen von der Bundeswehr bis hin zu Gefängnissen war allerdings unter gleichgeschlechtlichen Gruppen durchaus üblich. In den 70-ern hat man dann teilweise auch keine Unterschiede im Alter gemacht. Ich kann mich allerdings nicht daran erinnern, dass Lehrer mit uns nackt geduscht hätten. Das muss schon eine ganz besondere Lehrerin für die damalige Zeit gewesen sein. Solche Erlebnisse zwischen unterschiedlichen Kulturen werden sich aber nie vermeiden lassen. Das kann sogar zwischen West- und Ostdeutschen der Fall sein oder zwischen Pietisten und FKK-Freunden.


QuotePPTT
   gestern 21:52 Uhr

Mannes Scham

Ich schäme mich, wenn die eigen oder die Mannhaftigkeit anderer demonstrativ und öffentlich auf die Probe gestellt wird.
Ich schäme mich fremd, es ist mir peinlich, wenn ein entlassener italienischer Ministerpräsident über den dicken Hintern unserer regierenden Kanzlerin schwadroniert.
Ich schäme mich, wenn junge Männer mit Migrationshintergrund abfällig gegenüber Lehrerinnen, weiblichen Vorgesetzten oder Beamtinnen reden und agieren.
Ich schäme mich, wenn ein Männerbild hoch gehalten wird, das nur äußerliche Potenz demonstriert.
Es ist mir peinlich, auch wenn ich offen zu meiner heterosexuellen Männlichkeit stehen kann. Im wahrsten Sinne des Wortes.



Quote
   srun
   gestern 21:53 Uhr

... Wer weiß schon, wie vielen der deutschen Mädchen es unter der Dusche genauso erging? Deutsche Eltern mit niedriger Bildung schämen sich doch auch, und wie viele schämen sich weil sie zu dick oder zu dünn sind? Der Artikel trifft die Sache zwar schon, aber dann lasst uns über die Scham sprechen, die hier angesprochen wird, über prekäre Arbeitsverhältnisse, über Klofrauen und Putzkollonen, über Versagensängste und Machtlosigkeit. Hier sind mit Sicherheit Menschen mit Migrationshintergrund wiedermal überepräsentiert, es ist aber nicht ihr Thema, das der Muslime, der Kopftuchmädchen, des IS, des Kulturkampfes, es geht um Mensch gegen Maschinerie, Scham und Schema, Würde und Wucher, Wesen und Wissen, Männer und Mukkis, Schande und Sünde, CDU und CSD, Klerurs und Klitoris, um das wir und das uns.

... nur weil man mit dem Smartphone schreibt, muss man ja nicht gleich das Groß und das Klein über Bord schmeißen. Deshalb sag ich es einfach nochmal: es geht um das Wir und das Uns.



Quotegorgo
   vor 3 Stunden

127. Schämen Sie sich...

Sie schreiben "Die ganzen IS-Versager schämen sich bloss, das sie in Deutschland (oder wo auch immer sie herkommen) nichts geregelt bekommen. Kein Wunder das sie dann im Kalifat aufdrehen und ganz schamlos handeln..."

Diese Art von reflexartiger Maßlosigkeit ist dem, was hier angesprochen wird und die Realität von vielen Menschen in diesem Land sehr fein und ohne Schuldzuweisungen beschreibt in etwa so angemessen, als wenn Cameron zum Sieg von Bayern München die Royal army mobilisieren würde. Und dann "die" Deutschen als ewige Nazis bezeichnen würde.

Es gibt Leute, bei denen die Erwartung, sie könnten sich für irgendetwas schämen, verlorene Liebesmüh ist.


Quote
   bergstroem
   vor 2 Stunden 41 Minuten

Die Eltern sind die ersten, die ein Kind absichtlich beschämen

Das hat die Autorin völlig ausgeblendet. Gerade repressive Zivilgesellschaften und Religionen beschämen ihre jüngsten Angehörigen mit einem Übermaß an unsinnigen Regeln, deren Einhaltung durch einen Exzess an Beschämung und Bedrohung eingefordert wird: Du Schlampe, Du hattest Sex vor der Ehe! Igitt, die bist schwul, was für eine Schande! Schäm dich, Du trägst kein Kopftuch und lebst wie die Ungläubigen! Du wirst in die Hölle kommen, wo Dir unerträgliche Qualen zugefügt werden!
Diese Absurditäten kommen (noch) nicht aus der Mitte der Gesellschaft, sondern aus den Elternhäusern und den Gotteshäusern des jeweiligen Kulturkreises. Auch Katholikenkindern hat man ja gerne mit der Hölle gedroht und sie sich für ihre "Sünden" schämen lassen. Die Schamkulktur ist fest in religiösen Händen! Denn die Priester haben Macht über die, die sie dazu bringen, sich zu schämen. Genauso, wie die Eltern Macht über das beschämte Kind haben.
Recht hat die Autorin mit der geschilderten Duschszene. Das ist eine klare Grenzüberschreitung, was den Respekt vor kindlicher Sexualität anbelangt. Jedes Kind möchte seine Schamgrenze bezogen auf die eigene Nacktheit schützen und niemand sollte zu Nacktheit gezwungen werden! Das ist übergriffig und instinktlos von Erwachsenen. Heute wird das so nicht mehr toleriert und das ist gut so. Wenn sich ein Kind nicht nackt zeigen will, so ist das sein gutes Recht, das von Erwachsenen zu respektieren ist (Ausnahmen nur für medizinisch indizierte Situationen).


Quote
   gorgo
   vor 2 Stunden 38 Minuten

Kopftuch

...  Das Kopftuch kommt auch in Deutschland aus einer Jahrhunderte alten Tradition, der zu folge verheiratete Frauen, wenn sie nicht dem herrschenden Stand angehörten, Haube oder eine ähnliche Kopfbedeckung trugen. Selbstverständlich wurde das mit religiösen Argumenten verknüpft - egal ob katholisch oder lutherisch/reformiert symbolisierte dies Bescheidenheit, Demut, Keuschheit, Zurückhaltung, die von allen Konfessionen für und von Frauen gefordert und von jeder Kanzel gepredigt wurden.
Die Haube der Frauen war aufgrund ihrer starken religiösen Konnotation eng verwandt mit der der Nonnen bzw. Stiftsdamen, die jedoch eine sozusagen "höhere Stufe" der Keuschheit durch noch stärkere Verhüllung symbolisierte.
Die Haube und später der Hut war selbstverständlich verknüpft mit einer Bedeckung großer Teile des Körpers. Und selbstverständlich war die Haube dennoch für stolze Bürgerfrauen u.U. ein Statussymbol, eine teure Anschaffung, ein Demonstrationsobjekt. Das Haus ohne Kopfbedeckung (Hut) zu verlassen wäre für meine Oma in den 70ern noch eine Unmöglichkeit gewesen.
Und noch in den 60ern und 70ern Jahren löste der Minirock Schockwellen in der religiös-konservativen Mehrheitsgesellschaft aus....


Quotehühnersuppe
   vor 1 Stunde 32 Minuten

Anthropologische Unterschiedlichkeiten, wonach für einen Teil der Menschen - egal welcher Herkunft - das Haupthaar schambesetzt sei und für einen anderen nicht, kann ich nicht erkennen. Hier entfalten eindeutig kulturelle und religiöse Vorschriften ihre Prägekraft. Ich bin nicht der Auffassung, dass das etwas mit Scham zu tun hat."

Doch, das hat es.
Die Schamgrenze und das dazugehörige Gefühl (die es ausnahmslos in allen Kulturen gibt) ist immer kulturell geprägt.
Anders wäre nicht zu erklären, dass in manchen Gesellschaften bereits eine dünne Schnur um die Hüfte reicht, um ausreichend bedeckt zu sein.
Und der Verlust dieser Schnur für die Betreffenden mit einem intensiven Gefühl der Scham verbunden ist.

Jedes Kind bringt die emotionale Ausstattung mit, ein Schmamgefühl bzw ein Bewusstsein für die eingene Intimsphäre zu entwickeln. An welches "Outfit" sich diese Gefühle binden, wird in Kindheit und Jugend geprägt, kann aber meiner Meinung nach sich auch noch später verändern.

Und das ist etwas, was Frau Topcu in ihrem wertvollen Beitrag ein wenig vernachlässigt: Niemand kann willentlich sein (kulturell geprägtes) Schamgefühl in einer bestimmten Situation abstellen oder erzeugen.

Aber man kann sich willentlich und gezielt Stituationen aussetzen, die langfristig dazu führen, dass sich diese Empfindungen verändern:
Die Schmamgrenze (oder auch z. B. Ekelgefühle gegenüber bestimmten Nahrungsmitteln) ist nichts in Stein gemeißeltes!



...


Aus: "Warum schämt ihr euch?" Canan Topçu (20. Oktober 2014)
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/2014-10/scham-kultur-migrationshintergrund (http://www.zeit.de/gesellschaft/2014-10/scham-kultur-migrationshintergrund)

Title: [Nach den Sommerferien war... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 27, 2014, 08:11:11 PM
Quote[...] Das Logo der Essener Bodelschwingh-Grundschule besteht aus den Umrissen zweier Hände. Darin die Leitbilder der Lehranstalt: "Bewegung", "Ernährung", "Rituale", aber auch "Akzeptanz" und "Toleranz". Letzteres wird seit einiger Zeit im Stadtteil Altendorf arg auf die Probe gestellt.

Nach den Sommerferien war Zeitungsberichten zufolge ein Junge angemeldet worden, dessen Mutter - eine Tamilin aus Sri Lanka - einen dunklen Ganzkörperschleier trägt. "Einige Schulkinder waren von ihrem Anblick so erschrocken, dass sie anfingen zu weinen und davonliefen", sagte Schulleiterin Hannelore Herz-Höhnke der "WAZ". Daraufhin hätten sich besorgte Eltern beschwert. "Sogar muslimische Mütter, die selber Kopftuch tragen, haben damit gedroht, ihr Kind abzumelden, wenn die vollverschleierte Frau weiterhin die Schule betritt", sagte die Rektorin.

In einem Gespräch vereinbarten Lehrer und Elternvertreter mit der betroffenen Mutter, dass diese im Vollschleier (Nikab) nicht mehr das Schulgelände betreten dürfe. Wolle sie auf den Hof gelangen oder an Elternabenden teilnehmen, müsse sie den Schleier ablegen, berichtete die "WAZ". Die Schule ließ eine Anfrage dazu bislang unbeantwortet, die zuständige Bezirksregierung in Düsseldorf bestätigte den Vorgang jedoch. Der Fall sei "bekannt", teilte eine Sprecherin mit. Offenbar berührt er eine heikle Frage, mit der sich womöglich noch Gerichte werden befassen müssen.

Laut Bezirksregierung steht es Schülern grundsätzlich frei, Zeichen der Religionszugehörigkeit zu tragen. Lediglich Lehrer müssten sich als Vertreter des Staates in ihren weltanschaulichen Bekundungen zurückhalten, hieß es. In Einzelfällen sei es denkbar, dass das Recht auf Religionsfreiheit jedoch eingeschränkt werden könne - etwa wenn die entsprechenden Symbole eine Teilnahme am Unterricht erschwerten. So unterbinde die Verhüllung des Gesichts die "unerlässliche offene Kommunikation", die Lehre und Erziehung bestimme, weshalb eine Verschleierung unzulässig sei. Allerdings bezieht sich diese Aussage eben auf Schüler, nicht auf Eltern.

Erst im April hatte sich auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit dem Thema beschäftigt: Eine junge Frau hatte sich dort an einer staatlichen Berufsoberschule angemeldet, wollte das Institut jedoch nur mit Nikab besuchen. Daraufhin zog das Institut seine Zusage zurück. Vor Gericht argumentierte die Schülerin, ihr Grundrecht auf Glaubensfreiheit werde unzulässig eingeschränkt.

Die Richter in Bayern wiesen das zurück: Der Gesichtsschleier verhindere eine offene Kommunikation, die nicht nur auf dem gesprochenen Wort, sondern auch auf nonverbalen Elementen wie Mimik, Gestik und der übrigen Körpersprache beruht. Ähnlich entschied einige Wochen später die Universität Gießen.

In Essen haben jedoch inzwischen auch Kindertagesstätten Schwierigkeiten mit verschleierten Frauen. Laut "WAZ" beraten die evangelischen Einrichtungen darüber, wie Erzieherinnen die Nikab tragenden Mütter identifizieren könnten. Die Stadtverwaltung wiederum teilte dem Blatt mit, dass verhüllte Frauen sich notfalls in einem Nebenraum den Kindergärtnerinnen zu erkennen geben müssten, ehe ihnen ihre Kinder übergeben werden könnten.

Die Bodelschwingh-Schule, nun mit ihrem Leitbild "Toleranz" im Praxistest ringend, war übrigens nach eigenen Angaben die erste Grundschule in Essen, die schon vor Jahren eine Schuluniform einführte. Damit sollten soziale und ethnische Unterschiede zwischen den mehr als 200 Schülern gemildert werden. Damals dachte wohl niemand daran, dass man sich eines Tages auch mit der Kleidung der Eltern würde befassen müssen.


Aus: "Vollverschleiert: Warum eine Mutter nicht mehr aufs Schulgelände darf" Von Jörg Diehl, Düsseldorf (27.11.2014)
Quelle: http://www.spiegel.de/schulspiegel/nikab-vollverschleierte-mutter-darf-grundschule-nicht-betreten-a-1005406.html (http://www.spiegel.de/schulspiegel/nikab-vollverschleierte-mutter-darf-grundschule-nicht-betreten-a-1005406.html)

Title: [Die rheinland-pfälzische Christdemokratin... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 01, 2014, 11:36:03 AM
Quote[...] Der CDU-Bundestagsabgeordnete Jens Spahn fordert ein Burkaverbot für Deutschland. ,,Burka geht gar nicht. Dass Frauen sich nur komplett verhüllt im öffentlichen Raum bewegen dürfen, kann ich nicht akzeptieren", sagte Spahn in einem Interview mit der Wochenzeitung "Die Zeit". Aus einer ,,falsch verstandenen Liberalität" gäbe es in Deutschland ,,zu oft Rabatt auf unsere eigenen Werte", so Spahn. ,,Ich will kein Verständnis dafür haben müssen, dass jemand, der aus einer anderen Kultur oder Religion zu uns gekommen ist, die Rechte von Frauen, Schwulen oder Juden infrage stellt, relativiert oder im wahrsten Sinne des Wortes mit Füßen tritt", erklärte Spahn.

,,Es kann gar nicht genug gegendert werden, der Feminismus setzt sich bis zu den Quoten in den Aufsichtsräten politisch korrekt durch, aber bei Zwangsheirat, Burka und Ausgehverbot werden Frauenrechte dann auf einmal relativ." Er sei irritiert, ,,wie blind viele sonst jederzeit empörungsbereite Linke und Linksliberale auf diesem Auge sind". In Frankreich ist die Ganzkörperverschleierung bereits verboten.

Spahn weiter: ,,Der Satz von Christian Wulff, dass der Islam zu Deutschland gehöre, war mir zu pauschal. Wer den Koran wortwörtlich auslegt und beispielsweise die Gleichberechtigung der Frau nicht anerkennt, gehört eher nicht zu Deutschland". Es fehle ,,eine gemäßigte Stimme der Mitte, die das Unwohlsein vieler Menschen im Land aufgreift und artikuliert".


Aus: "CDU-Politiker Jens Spahn fordert Burkaverbot" (12.11.2014)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/politik/islam-cdu-politiker-jens-spahn-fordert-burkaverbot/10968606.html (http://www.tagesspiegel.de/politik/islam-cdu-politiker-jens-spahn-fordert-burkaverbot/10968606.html)

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Quote[...] Mit CDU-Vize Julia Klöckner macht sich eine weitere prominente Christdemokratin für das Verbot eines Vollschleiers stark. Die rheinland-pfälzische Christdemokratin sprach sich dafür aus, das Tragen von Burkas in der Öffentlichkeit zu untersagen. "Die Burka-Vollverschleierung steht für mich nicht für religiöse Vielfalt, sondern für ein abwertendes Frauenbild", sagte die rheinland-pfälzische Landespartei- und Landtagsfraktionschefin der Rheinischen Post.

Das Grundgesetz bestehe darauf, dass Frauen und Männer gleich viel wert sind. Außerdem gehöre es zu einer offenen Gesellschaft, jemandem offen ins Gesicht schauen zu können. "Ich bin dafür, dass Vollverschleierung verboten wird."

Eine Burka verschleiert den ganzen Körper und lässt nur die Augen frei. In Frankreich, Belgien und der Schweiz ist das Kleidungsstück in der Öffentlichkeit verboten. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte erklärte das Verbot in Frankreich jüngst für rechtens. In Deutschland hat Hessen im Februar 2011 als erstes Bundesland ein Burka-Verbot im Öffentlichen Dienst erlassen. In Bayern entschied ein Verwaltungsgericht, dass Schulen Ganzkörperschleier wie Burka oder Nikab verbieten dürfen.  

Auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Jens Spahn hatte ein Verbot gefordert. Seine Gegner sehen Religionsfreiheit verletzt, die Meinungsfreiheit und die Achtung des Privat- und Familienlebens. Befürworter eines Verbots mahnen ein, dass zur Kommunikation unter Menschen auch das Gesicht gehört – etwa um nonverbale Signale wie die Mimik wahrnehmen zu können.  

Vollschleier erschweren auch Kindertagesstätten die Arbeit: Die Stadt Essen empfahl den Mitarbeitern, verhüllte Frauen sollten sich notfalls in einem Nebenraum den Kindergärtnerinnen zu erkennen geben, ehe ihnen ihre Kinder übergeben werden könnten. An der Bodelschwingh-Grundschule der Stadt löste eine Mutter Angst unter Schülern aus, als sie unter Vollverschleierung das Gebäude betrat, um ihr Kind abzuholen. Die Schulleitung konnte sie davon überzeugen, vor dem Schultor zu warten.

Quote
   Grubodax
   vor 3 Stunden 33 Minuten

... Ich bin grundsätzlich dafür, alle möglichen Freiheiten zu erlauben, jeder soll der Religion nachgehen, die ihm Spaß macht. Nur wenn z.B. der Staat dazu die Beiträge eintreibt, wirft das eigentlich schon Fragen auf, da es Privatsache sein sollte.

Und wenn Leute dauerhaft wie Gespenster aus PacMan herumlaufen. Bei aller Liebe: wie soll denn das funktionieren, wie soll man sich denn in einer freien Gesellschaft begegnen können, bei Vollvermummung? Da könnte ich mich besser damit arrangieren, wenn mein Gegenüber ein Nudelsieb auf dem Kopf tragen würde. Ich würde mir meinen Teil dazu denken, aber zumindest könnte ich mein Gegenüber sehen.


Quote
   FrankyX
   vor 3 Stunden 43 Minuten

Friß oder stirb

Ich habe ein Problem damit, einer gesellschaftlichen Gruppe vorzuschreiben, was sie nicht tragen darf. Zuerst kommen die Burkas, dann werden lange Bärte verbote, dann weite Kleidung, Irgendwann schlägt es zurück und es wird über ein Bikiniverbot in Schwimmbädern nachgedacht. Toleranz geht immer in beide Richtungen.

Das Signal ist zwar: bitte paßt euch an.
Aber bei den Betroffenen kommt an: Friß oder stirb. Ihr seit hier unerwünscht.
Die Spaltung von der Restgesellschaft wird dadurch verstärkt, die gewünschte Annäherung erschwert.


Quote
   Gerry10
   vor 3 Stunden 29 Minuten

Schreibt der Staat also Frauen vor was sie tragen dürfen und was nicht?
Na dann wäre ich für ein Verbot von Lederhosen, die sind eine Beleidigung des guten Geschmacks.
Und Miniröcke für korpulente Frauen sowieso.
Und Hüte während der Autofahrt....
Und Hipsterglasses...

Die Fashion Polizei sollte sich auch darum kümmern sonst könnte man ihr Minderheitendiskriminierung vorwerfen...


Quote
   kainicholson
   vor 3 Stunden 10 Minuten

Nichts mit Religion zu tun

Ich lebe in Indien und sehe taeglich muslimische Frauen, die schwarze Burka tragen und sind vom Kopf bis Fuss verhuellt. Eine in Burka verhuellte junge Dame habe ich bei Gelegenheit gefragt, ob sie mit der Verhuellung einverstanden sei. Die Anwort war knapp: "Nein". Sie werde von den maennlichen Familienmitgliedern dazu gezwungen. Mit der Religion habe die Verschleierung nichts zu tun. Sie wuenschte die Regierung wuerde ein Burka-Verbot geseztlich im Parlament einbringen. Ihre Burka isoliere sie von allen anderen Studenten an der Uni. Gluecklich seien die Frauen, die ihre Freiheit geniessen duerfen. In Indien leben mehr als 120 Millionen Muslime und es gibt nicht Wenige, die gegen die Burka protestieren.


Quote
   Lu-S
   vor 3 Stunden 2 Minuten

Staatliche Einmischung in Privatangelegenheiten

Ja, das wäre doch wohl gelacht, wenn wir diesen Musliminnen nicht zeigen können, was echte Liberalität und Frauenrechte bedeuten! Also verbieten wir ihnen die Burka.
Früher hat man unter der Fahne von Staat und Religion den Bürgern Vorschriften gemacht, heute mischt man sich unter dem hehren Vorwand der "Frauenrechte" in die Privatangelegenheiten der Bürger ein. Es besteht für eine Privatperson auf der Straße keine Verpflichtung zur "Kommunikation" oder "Offenheit", als Begründung für ein Burkaverbot ist dies also hanebüchen.
Es ist zu vermuten, daß das Burkaverbot in anderen Ländern nicht zuletzt dadurch begründet ist, weil sich Leute mittels der Burka der immer weiter um sich greifenden Überwachung entziehen können.


Quote
   Mausquäler
   vor 2 Stunden 53 Minuten

Die Burka ist nicht irgendein Kleidungsstück

oder Teil der Folklore wie es uns manche Romantiker einreden wollen. Sie ist die Manifestation der Unterdrückung der Frau und hat nichts mit Religion zu tun. Wer ja zur Burka sagt, sollte auch klipp und klar ja zu Salafiten sagen und Zustände wie in Afghanistan auf unseren Straßen begrüßen. Denn in Wirklichkeit geht es um eine Demonstration mittelalterlich patriarchalicher Macht versus freiheitlicher Gesellschaft unter Ausnutzung falsch verstandener Toleranz
Auch der EuGh hat das Verbot dieser Ganzkörper- und Gesichtsverschleierung bestätigt.



Quote
   observermike
   vor 2 Stunden 39 Minuten

Leute machen Kleider - oder war's umgekehrt?

Hm. Es gibt in diesem Land eine ganze Menge Männer, die ihr Gesicht (meistens) offen zur Schau tragen und sich sogar noch die Haare vom Schädel rasieren, damit das eintätowierte 88 auch gut sichtbar ist. Eine offene, tolerante und friedliche Haltung haben die aber nicht. Ich habe das Grundgesetz vergeblich nach einer Kleiderordnung für unser bundesrepublikanisches Goldach durchsucht. Worauf stützt sich also Frau Klöckner?


QuoteYes_I_can
   vor 2 Stunden 33 Minuten

Endlich hat jemand aus der Union den Mut solche längst überfälligen Dinge zu fordern.

Die Burka ist das signifikanteste Zeichen eines Paralleuniversums einer Religionsgruppe innerhalb der Bundesrepublik. Es ist unzumutbar für die Mitbürger jemanden gegenüberzustehen, der sich komplett versteckt und mit dem eine normale Interaktion nicht mehr möglich ist.
Am gravierensten ist aber, dass die Burka das Zeichen für die Unterdrückung und Minderwertigkeit der Frau im islamischen Kontext ist. Eine aufgeklärte Gesellschaft wie die unsere kann so etwas nicht dulden.


Quotelilli12
   vor 2 Stunden 32 Minuten

Die Gefahr, die Sie in oder unter einer Burka sehen, besteht doch in der karnevalszeit genauso. Ich hab noch nie gehört, dass mit dieser Begründung Faschingstreiben verboten werden sollte.
Ich gebe Ihnen recht, dass es wichtig und gut wäre, den Frauen, die dazu gezwungen werden, zu helfen, aus diesen Unterdrückungs- und Gewaltverhältnissen herauszukommen. Aber wie woillen Sie das erreichen, wenn durch ein Burka-Verbot diese Frauen überhaupt nicht mehr in Erscheinung treten?
Und die Frauen, die aus eigener Überzeugung vollverschleiert gehen, lassen sich durch ein Verbot sicher nicht davon abbringen.


Quotekuestenwache
   vor 1 Stunde 51 Minuten

Perfide Argumentation

Ein Burka-Verbot würde für alle gelten schreiben Sie und natürlich ist das richtig.

Es betrifft aber nur einige wenige und stellt für diese eine Benachteiligung dar, da sich diese nicht mehr wie von ihnen gewünscht in der Öffentlichkeit bewegen können. Damit fällt das Burka-Verbot in die selbe Kategorie:

"Es ist Armen und Reichen gleichermaßen verboten unter Brücken zu schlafen."

Verbote oder Regelungen, die zwar für alle gelten, aber nur eine Minderheit betreffen, sind eine Benachteiligung, da beißt keine Maus einen Faden ab.


Quote
   von Wolkenstein
   vor 1 Stunde 54 Minuten

CDU und Menschenrechte

Mir wird immer ganz sonderbar, wenn bestimmte Politiker so vehement für ein Menschenrecht eintreten - und dazu gehört auch Frau Klöckner - , hier auf das Slebstbestimmungsrecht von Frauen und dabei übersehen, wie in ihrem Wirkungsbereich Menschenrechte missachtet werden.

Würde gerne, z.B. einmal ein Wort von Frau Klöckner hören, wie sie die Menschenrechte von Frauen, die auf Flüchtlingsbooten nach Europa kommen wollen einschätzt ...

Zur Burka habe ich zur Zeit noch keine Meinung. ...


Quote
   Lias Bledt
   vor 1 Stunde 52 Minuten

... betrachten Sie nur einmal das (West-)Deutschland der 1950er Jahre, die Ehefrau brauchte letztlich die Erlaubnis des Gatten, um eine Erwerbstätigkeit aufnehmen zu können.

Mit Ihrer Argumentation ("Wenn die Frau so unter dem Mantel des Mannes steht, wird diese wahrscheinlich gezwungen sein zu Hause zu bleiben.") hätte man die Rechtslage ((§ 1356 Absatz 1 BGB) auch so lassen können, wie sie bis 1977 (!) gewesen ist, nämlich: ,,Die Frau führt den Haushalt in eigener Verantwortung. Sie ist berechtigt, erwerbstätig zu sein, soweit dies mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar ist.".


Quote
   lilli12
   vor 1 Stunde 50 Minuten

Ich finde es absolut nicht in Ordnung, wenn Frauen gezwungen werden, "so" rumzulaufen!
Ich finde es aber auch absolut nicht in Ordnung, darauf mit einem Verbot zu reagieren, und das bestimmt nicht aus sexistischen Gründen, ich bin Feministin.

... eigentlich diskriminieren sich die Männer, die das gutheißen, mit der Begründung selbst: eine unverhüllte Frau würde sie zum ungezügelten Ausleben ihrer Triebe quasi zwingen. Ich verstehe nicht, wie Männer sich selbst so negativ beurteilen.

...  Und da heißt es, Feministinnen hassen alle Männer. Ich bin Feministin und denke, dass die allermeisten Männer NICHT triebgesteuerte Monster sind.


Quoteslipstream
   vor 1 Stunde 45 Minuten

Moderne Zeiten

Ich stelle mir gerade vor, eine Familie zieht in die Nachbarwohnung und die Frau trägt eine Burka. Ich als Mann werde diese Dame also nie in meinem Leben zu Gesicht bekommen, obwohl sie auf dem gleichen Stockwerk wohnt. Ich werde sie wahrscheinlich auch nicht grüßen dürfen, weil dies ja auch nicht erlaubt ist. Man begegnet sich also im Trepenhaus und geht wortlos aneinander vorbei. Tolle Integration, kann ich da nur sagen!

Hier übrigens Afghanische Frauen, aufgenommen in der 1960er Jahren:
https://2.bp.blogspot.com/--EHMlGgu7DE/U21tJ3ZRGrI/AAAAAAAAIr8/ZgIrkGa8j30/s1600/tarihifoto25.jpg

Das solte uns zu denken geben...



QuoteKantenhocker
   vor 1 Stunde 39 Minuten

Ich habe solche Frauen in Gespensteroutfit mal angesprochen. Sie kamen aus Serbien (ehemals kommunistisch) oder hatten einen Nordafrikanischen Vater Alle waren vorher voll integriert.
Sie waren angefixt von Salafisten und hielten sich für etwas besonderes. Meiner Meinung nach so etwas wie die Punkszene der Moslems. Aber nicht ungefährlich für unsere Gesellschaft, denn sie bauen Netzwerke unter jungen Frauen. Höchstens, dass man sich mit ihnen zusammentun kann gegen Genderismus.

Jedenfalls haben unsere Großmütter nicht für Gleichberechtigung gekämpft, damit jetzt Frauen in der Gesellschaft 100 Jahre später unsichtbar werden!!!


Quote
   mk142
   vor 1 Stunde 22 Minuten

Burka und Niqab

Meinen persönlichen Eindrücken zufolge, kommt das Niqab deutlich häufiger in Deutschland vor als die Burka, die sich mit einer Art Stoffgitter kennzeichnet.
Also sollte man eher von einem Gesichtsverschleierungsverbot sprechen.

Dazu möchte ich an alle Kritiker des Verschleierungsverbotes, die gerne mit der Religionsfreiheit argumentieren, noch erwähnen:

Im Koran gibt es nicht eine einzige Sure, die der Frau explizit vorschreibt, sich zu verschleiern oder gar überhaupt ein Kopftuch zu tragen. Die Idee von Verschleierung ist somit ein hinzugedichtetes Element und gehört damit genauso zum Islam, wie der Weihnachtsmann bei der Geburt Jesu Augenzeuge war.



Aus: "CDU-Vize Klöckner verlangt Burka-Verbot" (1. Dezember 2014)
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/2014-12/julia-kloeckner-burka-nikab-kopftuch-schleier-muslime (http://www.zeit.de/gesellschaft/2014-12/julia-kloeckner-burka-nikab-kopftuch-schleier-muslime)

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Quote[...] Das von der rheinland-pfälzischen CDU-Chefin Julia Klöckner ins Gespräch gebrachte Verbot von Ganzkörperschleiern ist parteiübergreifend auf klare Ablehnung gestoßen. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte der ,,Bild"-Zeitung, ein solches Vorgehen des Staates wäre unverhältnismäßig. In Bayern etwa kämen solche Schleier mit Ausnahme saudischer Touristinnen ,,praktisch nicht" vor. Das Thema sei für ihn daher ,,kein politischer Handlungsschwerpunkt".

Auch der Grünen-Politiker Omid Nouripour lehnt ein Verbot von Burkas und vergleichbaren Verschleierungen ab. Das Problem seien nicht die Frauen, sondern ,,die Männer dahinter", die diese zum Tragen des Schleiers zwängen.

Ein Verbot sorge nur dafür, dass die Männer ihre Frauen dann nicht mehr auf die Straße ließen. ,,Und damit ist keinem geholfen."

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, bezeichnete die Burka in dem Blatt als ,,unser geringstes Problem" und als ,,Randthema". Probleme bei der Integration sollten in der richtigen Reihenfolge angegangen werden, ergänzte er. Es gehe in erster Linie um die Beseitigung von Diskriminierungen. Das Thema Burka werde sich dann von selbst erledigen.

Auch die Auslandsbischöfin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Petra Bosse-Huber, zeigte sich mit Blick auf ein Burka-Verbot skeptisch und plädierte für ein besonnenes Vorgehen: ,,Ich kann das Unbehagen im Blick auf die Vollverschleierung von Frauen in der Öffentlichkeit nachvollziehen, dennoch muss es nicht gleich in einer Gesetzesänderung münden", sagte die Theologin. Für ein ,,generelles Kleiderverbot" müssten gravierende Gründe vorliegen.

Klöckner hatte in einem Interview wie bereits im November der CDU-Bundestagsabgeordnete Jens Spahn ein staatliches Verbot der Burka-Verschleierung angeregt. In dem Kleidungsstück komme ein ,,abwertendes Frauenbild" zum Ausdruck, argumentierte sie.

Der damalige und heutige Bundesinnenminister Thomas de Maizière hatte bei einer ähnlichen Debatte schon vor mehr als vier Jahren betont, ein Burka-Verbot sei angesichts der äußerst begrenzten Zahl von Trägerinnen seiner Auffassung unnötig. Es gebe bundesweit wohl nur 100. Ein Burka-Verbot gibt es lediglich seit 2011 in Hessen im öffentlichen Dienst. Anlass war der Gesichtsschleier, den eine Bedienstete in der Frankfurter Stadtverwaltung trug. Das in Frankreich geltende Burka-Verbot ist dagegen Anfang Juli vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg abgesegnet worden. (AFP/epd)

Quotevon don.bolko
   03.12.2014 10:52 Uhr

Surreale Einsamkeit
Das muss dann ja fast ein "Lottogewinn" gewesen sein: In einer schulischen Veranstaltung in Berlin erlebte ich eine Mutter, bekleidet mit einer Burka, das war also eine der 100 Frauen in Deutschland.

Diese Dame filmte mit einem mobilen Telefon ihr tanzendes Kind zwischen all den anderen Schülern. Das sah sehr surreal aus. Ich kam nicht umhin, mir die Einsamkeit dieser Mitbürgerin vorzustellen. Denn eigentlich konnte niemand irgendeinen Zugang zu ihr haben, geschweige denn das ihr das leicht fiel. Sie war da und war es eigentlich nicht.
Da helfen keine Gesetze, und wie Herr Mazyek ganz richtig meint, es ist das geringste Randthema.
Man kann es nur immer wiederholen, wenn das Frauen nicht wollen, müssen sie diese Mode nicht mitmachen. Das ist schwierig, eventuell sogar gefährlich, aber von einem schwierigen Weg können alle emanzipierten Frauen in Deutschland ihr Lied singen.


Quotevon MadMan
   03.12.2014 10:43 Uhr

Vorurteile

Die Burka wird vollkommen freiwillig getragen.
Solange bis das Gegenteil bewiesen wird.

Ich habe noch nie von einem Fall von Burka Zwang gehört.
Die Frauen selbst verteidigen ihr Recht auf Burka.

Auch das Koptuch sollte mal als Symbol der Unterdrückung gelten.
Auch das war lächerlich.

Quoteon berlinerluft
   03.12.2014 11:43 Uhr

Antwort auf MadMan vom 03.12.2014 10:43 Uhr
jup

und schwer mißhandelte kinder verteidigen ihre eltern, weil sie es einfach nicht anders kennen und als normal empfinden. einfach mal um die nächste ecke denken.


Quotevon MadMan
   03.12.2014 11:48 Uhr

Antwort auf berlinerluft vom 03.12.2014 11:43 Uhr
da kann
ich ihnen leider nicht folgen


Quotevon kinski80
   03.12.2014 11:56 Uhr

Antwort auf berlinerluft vom 03.12.2014 11:43 Uhr
Fällt leider einigen in dieser Diskussion schwer. Dass die Frauen es einfach akzeptieren und sogar für sich fordern, weil man ihnen es von Kindesbeinen eingetrichtert, heißt nicht, dass es damit gut und richtig ist.


Quotevon friedensuchende
   03.12.2014 12:07 Uhr

Antwort auf MadMan vom 03.12.2014 10:43 Uhr
ach wirklich?

Tragen Frauen wirklich die Burka freiwillig? Dann schau doch, bitte, in den Iran, nach Afghanistan oder Jemen, ob das wirklich stimmt!

Meist sind es nur die neukonvertierten deutschen Muslimas, sprich Kostümmuslimas, welche diese Bekleidung freiwillig tragen. Selbst in Saudi-Arabien erhalten Frauen 10 Peitschenhiebe wenn sie sich widersetzen ihr Gesicht zu verschleiern.



Quotevon Sonnenblumenfeld
   03.12.2014 09:41 Uhr

Gelassenheit
Wir sollten die Gelassenheit haben, Burkas hinzunehmen. Solange niemand im öffentlichen Dienst so herum läuft, soll nach meiner Ansicht jeder nach seiner Facon damit glücklich werden. Wie freiwillig so etwas getragen wird, kann man kaum beantworten. Aber sollen wir anderen unseren Freiheitsbegriff aufzwingen?


Quotevon Rotter
   02.12.2014 23:48 Uhr

Biedermänner und -frauen

Im Mittelalter war es vielleicht nicht nur im Orient üblich, dass Mann auf alles (an)gesprungen ist, was als Frau seine Triebe weckte. (Findet man bei uns auch noch als Entschuldigung, wenn in Vergewaltigungsprozessen argumentiert wird, der Rock der Frau sei zu kurz gewesen, die Frau habe provoziert, die Frau habe zwar NEIN gesagt aber JA gemeint....). Um den Mann zu schützen, hat man den Frauen u.a.die Burka verordnet. Nebenbei wurde die Burka zum Zeichen für gottgefälliges Leben im Vergleich zu "Ungläubigen".
Der Weg zurück ins Mittelalter greift heute auf breiter Front um sich. Immer nach dem Motto, wir versuchen es zunächst mit dem kleinen Finger (Kopftuch) und wenn man sich daran gewöhnt hat, nehmen wir die ganze Hand. Wenn die Burka sich eingebürgert hat, kann man sich sehr gut vorstellen, was dann folgt, mindestens in den Parallelgesellschaften, auf die Reihenfolge möchte ich mich nicht festlegen.
Im übrigen hat es NICHTS mit Toleranz zu tun, wenn mir in der Öffentlichkeit ständig vor Augen geführt wird, dass jemand als besserer, weil rechtgläubiger Mensch, mich als UNGLÄUBIGEN verachtet. Gegen Intoleranz hilft keine Toleranz. ...


Quotevon Tiziane
   03.12.2014 09:04 Uhr

Also mir ist eine Frau in 'ner Burka, von den Frauen häufig freiwillig getragen, entschieden angenehmer als eine übergewichtige Deutsche die sich in bauchfreie Leggins zwängt weil sie glaubt den Männern damit eine Freude zu machen.


...


Aus: "Politik und Kirchen lehnen Burka-Verbot ab" (02.12.2014)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/politik/islam-politik-und-kirchen-lehnen-burka-verbot-ab/11064916.html (http://www.tagesspiegel.de/politik/islam-politik-und-kirchen-lehnen-burka-verbot-ab/11064916.html)

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Quote[...]  Worauf es mir ankommt, ist der Appell, dass wir uns und unsere Grundrechtsordnung nicht um Kopf und Kragen abwägen sollten. Wenn die Verfassung Mir das Recht gibt, für Mich zu sein, dann mutet sie damit Euch zu, das auszuhalten, und wenn Ihr das noch so antisozial findet. Dieser Zumutung dürft Ihr euch nicht dadurch entledigen, dass Ihr durch die Hintertür wieder hereingeschlichen kommt und euren Verdruss über mein antisoziales Verhalten als Abwägungsgesichtspunkt wieder in die Waagschale werft. Wenn ich ein Stück Stoff als Vorhang zwischen Euch und Mich ziehe, dann tue ich das für Mich und gegen Euch. Und das zu tun, ist mein Recht und nicht nur ein gegen eure Interessen abzuwägendes Argument. Euch sagt die Verfassung: Haltet das aus.

...


Aus: "Ich darf für mich sein. Ihr müsst das aushalten" Maximilian Steinbeis (Mo 7 Jul 2014)
Quelle: http://www.verfassungsblog.de/ich-darf-fuer-mich-sein-ihr-muesst-das-aushalten/ (http://www.verfassungsblog.de/ich-darf-fuer-mich-sein-ihr-muesst-das-aushalten/)

"Unsere Verfassungspflicht, Katholizismus auszuhalten"
Do 20 Nov 2014 Maximilian Steinbeis
Ein Chefarzt in einer katholischen Klinik lässt sich scheiden, findet eine neue Lebensgefährtin und heiratet sie. Wo ist das Problem? Ich glaube, ich werde mich mit den allermeisten Leser_innen schnell einig werden: Ich sehe keins. ...
http://www.verfassungsblog.de/unsere-verfassungspflicht-katholizismus-auszuhalten/ (http://www.verfassungsblog.de/unsere-verfassungspflicht-katholizismus-auszuhalten/)

Title: [Wo sind wir hier... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 02, 2014, 10:21:22 AM
Quote[...] Die Integrationsgipfel der Regierung erwecken den Eindruck, es ginge nur noch um das Wie der Integration. Ein Irrtum. Es sind noch bestürzend viele Grundsatzfragen offen.

... In Berlin war heute Integrationsgipfel, der siebte. Und man könnte glauben, alles sei in bester Ordnung. Schließlich geht es – zumindest den meisten hier – nicht mehr um die Frage, ob die Zuwanderer und der Islam zu Deutschland gehören. Es geht um das Wie.

Leider ist das nur eine Wunschvorstellung. Das kann man zum Beispiel zwei Autostunden von Berlin entfernt beobachten. Auch in Dresden findet heute Abend nämlich ein Treffen statt, bei dem es um den Islam geht, und es ist ebenfalls das siebte. Die Initiatoren der Kundgebung "Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" (Pegida) haben in wenigen Wochen gewaltigen Rückhalt erreicht, und das in einer Gegend, die bisher weder für besondere Demonstrationsfreude bekannt ist noch für übergroße Integrationsprobleme.

... Die meisten der Demonstranten sind keine Nazis, sondern ziemlich durchschnittliche Deutsche. Es ist nicht mehr besonders radikal, den vermeintlichen Konsens in Integrationsfragen zu verneinen. Offensichtlich tragen viele besonders die Vorstellung nicht mit, der Islam gehöre zu Deutschland. Diese Ansicht, einst vorgetragen von Ex-Bundespräsident Wulff, fühlt sich in Dresden wie eine Außenseiterposition an. Und nicht nur dort. Die Hälfte der Deutschen sieht den Islam als Bedrohung.

Das wirft zwei Fragen auf: Wer vertritt eigentlich die gesellschaftliche Mehrheit, wenn es um den Islam geht: Die Berliner Teilnehmer des Integrationsgipfels oder die Dresdner Demonstranten? Und: Ist die Dringlichkeit dieser Frage in der Politik angekommen?

Die zweite lässt sich leichter beantworten: Wahrscheinlich schon. Darauf deutet es zumindest hin, wenn Julia Klöckner, CDU-Oppositionsführerin im auch nicht gerade von verschleierten Muslima überrannten Rheinland-Pfalz, urplötzlich und pünktlich zum Islamgipfel ein Burka-Verbot fordert.

Wahrscheinlich würden alle Burka-Trägerinnen Deutschlands in einen ICE passen – bei insgesamt vier Millionen Muslimen. Und doch wird aus dieser Frage immer wieder ein größeres gesellschaftliches Problem gezaubert. Mit dem Ergebnis, dass das kollektive Bild vom Muslim besonders in der Provinz verschleiert bleibt.

... Vielleicht braucht es mal wieder Menschen, die sich hinstellen und sagen: Der Islam wird nicht mehr von hier verschwinden, denn er gehört dazu. Streichen wir dagegen die Vorstellung, dass alle so leben müssen, wie es die Mehrheit tut. Es wäre der Gipfel der Integration.

Quote
    thinkdontguess
    gestern 22:07 Uhr

So ganz falsch ist das Bild leider doch nicht

Wenn ich erleben muss, dass an einer ganz normalen Hamburger Schule die Mädchen nicht mehr mit kurzer Hose oder unbedeckten Armen in die Schule kommen können ohne sich massiven Mobbing der überwiegend moslemischen Mitschüler auszusetzen, dann hört meine Toleranz gegenüber dem Islam in Deutschland auf.

Die Tatsache, dass Jugendliche an der gleichen Schule ihren Nichtglauben an Gott verheimlichen müssen um nicht im Klassenverband ausgegrenzt oder sogar verfolgt zu werden, erfüllt mich mit Grauen.

Ich habe in Deutschland und auf meinen Reisen viele liebenswerte Muslime kennengelernt. Ich habe immer den intoleranten, fremdenfeindliche Teil der deutschen Bevölkerung abgelehnt.

Heute aber muss ich sagen: Liebe Moslems: bitte versteht, dass wir in Deutschland froh sind uns gerade aus dem kulturellen Diktat des Christentums gelöst zu haben. Wir wollen keine religiösen Regeln als Grundlage unseres Zusammenlebens! Wenn ihr das ohne Einschränkung akzeptieren könnt seit ihr hier herzlich willkommen. Andernfalls geht bitte in die Länder zurück aus denen ihr gekommen seit oder kommt gar nicht erst her. Wir wollen und brauchen euch nicht!


QuoteJack Aubrey
    gestern 22:18 Uhr

Unbehagen

"Das Bild der Deutschen vom Islam ist falsch" - aber was ist das richtige Bild davon? In jeder Zeitschrift und in jeder Nachrichtensendung bekommen wir Negativbilder serviert: unterdrückte Frauen im Namen des Islam, archaische Gesellschaftsstrukturen, Integrationsunwille, rigide Koranauslegung, Radikalisierung von Moslems etc. Dass das Menschen Angst macht, ist wohl nicht verwunderlich. Ich glaube außerdem auch nicht, dass die meisten Menschen, außer ein paar Rassisten und Dummköpfe, Angst vor dem Islam haben, sondern von einigen unschönen Ausprägungen, mit denen wir täglich konfrontiert werden. Aber warum ist jeder Mensch, den das besorgt, automatisch ein Rechtspopulist bzw. ein intoleranter Ignorant? Natürlich muss man nicht leben, wie es die Mehrheit tut - und eine pluralistische Gesellschaft ist etwas sehr bereicherndes... Aber wendet sich nicht gerade der strenge Islam gegen Ausdrücke dieser Gesellschaft, wie z.B. Gleichberechtigung oder Homosexualität? Und apropos Desinteresse: warum gibt es keine Demonstrationen von gläubigen Moslems, die sich gegen eine radikale Interpretation des Islams wendet? Ich muss dem Autoren außerdem widersprechen, wenn es um das Burkatragen geht. Das ist ein patriarchaler Verhüllungszwang des "sündigen" Frauenkörpers. Und jede Frau, die gezwungen oder durch Gehirnwäsche dazu genötigt wird, so etwas zu tragen, ist eine zu viel.


Quote
    dr.tsantsa
    gestern 22:19 Uhr

zuviel ....

... Die staatlich angeordnete "Willkommenskultur" verändert sich - leider derzeit zum negativen ... ich kann es mittlerweile verstehen.

Es grüßt - ein Hinzugewanderter


Quote
    imandenkenanerol
    gestern 22:21 Uhr

Gewollte Blindheit

Dass die Mitte der Gesellschaft Muslimfeindlich ist, und das auf irrationale Weise, lässt sich an vielen Punkten beobachten. Ob an den immer wieder unsinnigen Forderungen, sich von irgendwas distanzieren zu müssen, auch wenn es schon längst gesehen, Leistungen nicht wahrzunehmen oder bei der offensichtlichen Verweigerung von Menschenrechten, was sich besonders in der Unterstützung der isr. Besatzungsapartheid zeigt, oder am Desinteresse für den Umstand, dass die USA bei ihren Drohnenkrieg gegen muslimische Terroristen (bzw. jene, die man als Terroristen deklariert) pro Terrorist 36 Zivilisten ermordet.

Die Integrationspolitik in Deutschland lässt sich an Kennzahlen ermitteln. Die Anzahl der Anstellungen im öffentlichen Dienst und in der Schulbildung der Migrationshintergründler, wo wir immer noch im Vergleich zu anderen Ländern hinter laufen.

Die Medien haben wesentlichen Anteil an der Wahrnehmung und in den meisten Redaktionen dürfte der Anteil der Migrationshintergründler deutlich hinter dem angemessenem Anteil sein.

Im Grunde sind ja die ganzen Vorurteilsgelenkten aus der Mitte harmlos, im Vergleich zu reaktionären Vollblutrassisten. Dennoch sind das diejenigen, die in den Personalbüros und sonstigen Schlüsselpositionen dafür sorgen, warum sich Moslems auch trotz der generell guten Möglichkeiten Diskriminiert und nicht zugehörig fühlen können.


Quote
    duckstein
    gestern 23:25 Uhr

Es gibt nicht das EINE Deutschland. Gab es noch nie.

"Ein Zuviel an Zuwanderung kann allerdings die Gemeinschaft überfordern, kann im Extremfall sogar eine Kultur und Gesellschaft zerstören."

Das ist falsch! Es entsteht lediglich eine neue. Gerade die deutsche Kultur wurde lange durch Zuwanderung geprägt und ist noch nie eine homogene gewesen. (Als Norddeutscher fühle ich mich z.B. kulturell mehr mit Holländern oder Dänen verbunden, als mit Bayern oder Schwaben) ...


Quote
    Zugriff verweigert
    vor 9 Stunden 57 Minuten

Tun wir doch nicht so, als sei das ein deutsches Problem.

In Frankreich, Großbritannien, Spanien, den Niederlanden, Belgien und Dänemark sieht es doch nicht anders aus. Selbst in Schweden und den USA (Stichwort Ferguson), zwei Ländern, die sich extremst Mühe geben bei Integration ethnischer oder religiöser Minderheiten und Überwindung von Rassismus, will es nicht recht funktionieren.

Gerade von ZEIT-Autoren sollte man doch ein wenig mehr europäisches Denken erwarten. Es wäre schon ein gutes Stück gewonnen, wenn der Autor nicht ständig von "den Deutschen" schreiben würde, sondern von "den Europäern". Deutsche sind auch nur Menschen.

Ich glaube, ein Hauptproblem ist, daß Politiker und Journalisten die Bürger permanent für dumm halten. Die Formulierung "Berliner Konsens- und Beschwichtigungspolitik" trifft es allerdings ganz gut: Man kann doch nicht ernsthaft erwarten, daß Polit-Show-Veranstaltungen wie Integrationsgipfel oder ein Dauerfeuer von bewußtseinsbearbeitenden Zeitungsartikeln die täglichen Erfahrungen und Wahrnehmungen der Menschen im realen Leben einfach so aus der Welt schaffen können.


Quote
    Shaila
    vor 9 Stunden 46 Minuten

Nicht die Menschen sehe ich als Bedrohung...

Sondern die "Religion", welcher sie angehören. Das trifft aber aus meiner Sicht nicht nur auf den Islam zu. Nein, das betrifft alle Religionen. Ich sehe sie allesamt als Bedrohung.

Ich akzeptiere es, wenn die Leute ihren Glauben ausleben wollen. Jeder soll eben so leben, wie er es will. Deswegen darf ich trotzdem weiterhin die Religionen als Bedrohung und Hinderniss für die Menschheit ansehen und versuchen, Menschen von ihnen wegzuführen, als sie weiter in sie hineinzutreiben. Und genau das tut man mit Sätzen wie: "Der Islam gehört zu Deutschland." Zu Deutschland gehört das Grundgesetz und die damit einhergehende Vernunft eines jeden Bürgers und keine Glaubensvorschriften, weder islamisch, noch christlisch.

Die Säkularisierung muss auf allen Ebenen vorangetrieben werden. Glauben ist Privatssache. Wenn man eine Religion als "Teil Deutschlands" betitelt, dann ist das alles, aber nicht privat. Dann spricht man etwas Allgemeingültiges aus, was gefälligst so zu akzeptieren ist.

Glaubensrichtungen müssen akzeptiert, geduldet und toleriert werden. Ganz klar. Aber man muss sie nicht auf dem Silbertablett hochalten und ihnen Sonderrechte einräumen (siehe Kirche in Deutschland) oder sie gar fördern. Der Staat sollte mit Religionen nichts weiter zu schaffen haben als die Gewährleistung dieser 3 Grundrechte. Punkt aus Ende.


QuoteZugriff verweigert
    vor 9 Stunden 41 Minuten

Integration am Beispiel Frankreich

Migranten oder Nachkommen von Migranten konnten früher sogar französischer sein als Franzosen selbst:

Der Chansonnier Charles Aznavour ist gebürtiger Armenier, Yves Montand Italiener, Serge Gainsbourg russisch-jüdischer, Ariane Mnouchkine russisch-englischer, Georges Moustaki griechisch-ägyptischer Abstammung. Mit Gustave Eiffel, Jakob Ignaz Hittorf und (dem Namen nach) auch Baron Haussmann haben drei deutschstämmige Architekten und Stadtplaner der Hauptstadt Paris einen unverkennbaren Stempel aufgedrückt. Napoleon war als Korse so eine Art Italiener ( ;-) ), die Asterix-Schöpfer Albert Uderzo und René Goscinny waren Kinder italienischer bzw. polnisch-jüdischer Einwanderer. Louis de Funès Wurzeln liegen in Spanien, auch die Impressionisten Camille Pissarro oder Edgar Degas entstammen italienischen oder iberischen Familien.

Was also wäre die französische (Pop-)Kultur ohne ihre Zuwanderer?
Vieles, was wir heute mit Frankreich in Verbindung bringen, ist bei näherer Hinsicht gar nicht so erzfranzösisch.

DAS verstehe ich unter Integration!

Es wäre diesen Migranten älteren Datums nie in den Sinn gekommen, sich entrüstet vom Französisch-Sein zu distanzieren, sondern im Gegenteil: sie haben ihren Kindern französische Vornamen und teilweise sich selbst französisch klingende Pseudonyme gegeben. Sie sagten ja zu dem Land, in das sie eingewandert waren und zelebrierten nicht ihre nicht-französische Herkunft.
Schon gar nicht demonstrativ über eine uniforme Kleiderordnung.


Quote
    Freihzeit
    vor 9 Stunden 14 Minuten

Religionsgedöns

dieses ganze Religionsgedöns ko..t mich an. Dieser ideologische Rassismus, wann wird das endlich verboten?
Oh jeder darf hier seine Religion ausüben, Narrenfreiheit zum Aushebeln des Rechtssystems.

Beispiel: Ich bin Anhänger eine Religion, der des Spaghetti-Monsters
http://de.wikipedia.org/wiki/Fliegendes_Spaghettimonster (http://de.wikipedia.org/wiki/Fliegendes_Spaghettimonster)

schon darf ich im Namen meiner, ach so wichtigen, Religion jeden Blödsinn machen und einfordern. Diese Spaß-Religion zeigt den Irrsinn.

Wo sind wir hier eigentlich... in der Steinzeit, haben die letzten zwei Jahrhunderte der Erkenntnis nicht bis heute gereicht?


...


Aus: "Die deutsche Blase" Ein Kommentar von Christian Bangel (1. Dezember 2014)
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2014-12/integrationsgipfel-islam-kommentar (http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2014-12/integrationsgipfel-islam-kommentar)

Title: [In Templin streiten sich verschiedene Kirchen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 02, 2014, 01:16:44 PM
Quote[...] In Templin streiten sich verschiedene Kirchen mit der Satire-Religion des Spaghettimonsters. Die lädt offensiv zur ,,Nudelmesse". Rüdiger Weida soll Schilder wieder abschrauben, will das aber nicht.

Da gehören auf dem platten Brandenburger Land so wenige Menschen wie sonst selten einer Religionsgemeinschaft an, und dann das: In der Uckermark hat sich jetzt ein Streit zwischen den christlichen Kirchen und den Glaubensbrüdern der parodistischen ,,Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters e. V." entzündet. Anlass sind die Hinweisschilder auf die ,,Nudelmesse" – immer freitags um 10 Uhr –, die Aktivist Rüdiger Weida unter das Hinweisschild auf die katholische Messe, den freikirchlichen und den evangelischen Gottesdienst an den Ortseingängen anbrachte.

Da versteht die evangelische Kirche aber keinen Spaß mehr: Pfarrer Ralf-Günther Schein kündigte am Sonntag an, das Nudelmessenschild vom Mast, den die Kirche für sich beanspruche, wieder abzuschrauben.

Damit wäre es aber im Gegenzug für die Anhänger der kirchenfundamentalismuskritischen Satire-Religion mit der Nächstenliebe vorbei: ,,Dann gibt es eine Anzeige", sagt der 63-jährige pensionierte Mitarbeiter in der freien Jugendarbeit, Rüdiger Weida, alias Bruder Spaghettus.

Das Fliegende Spaghettimonster (englisch Flying Spaghetti Monster, kurz: FSM) wurde im Juni 2005 vom amerikanischen Physiker Bobby Henderson als Gottheit erdacht. Die laut dem Brandenburger Rüdiger Weida weltweit rund 30 Millionen Anhänger der Pastafari-Religion (nach dem jamaikanischen ,,Rastafari") wollen mit ihrer Glaubenslehre den sogenannten Kreationismus karikieren: In den USA behaupten Kirchenfundamentalisten, die Schöpfungsgeschichte sei in Form des Kreationismus eine wissenschaftlich fundierte Theorie und müsse daher im Biologieunterricht gelehrt werden. Aus Protest dagegen entstand die Pastafari-Religion mit ihrer Behauptung, ein Fliegendes Spaghettimonster habe die Welt erschaffen. Sie hat in Deutschland rund 3500 Fans auf Facebook und rund 130 aktive Anhänger.

In Templin wird das Fliegende Spaghettimonster, das auf dem Schild die weit verbreitete Darstellungsweise des eucharistischen Fischs mit Nudeln und Fleischklöpsen nachahmt, jeweils am Freitag um 10 Uhr mit dem Gottesdienst in einem umgebauten Haus auf Rüdiger Weidas Grundstück angebetet. Unter dem Altar steht ein Kasten Bier, ,,denn im Himmel warten ein Biervulkan und eine Manufaktur von Strippern oder Stripperinnen auf die Glaubensbrüder, je nach Gusto", sagt Bruder Spaghettus.

Er selbst hatte sich noch zu DDR-Zeiten öfter in Kirchen begeben, aber nur, um sich dort bei engagierten Pfarrern für mehr Demokratie und Gedankenfreiheit im Widerstand einzusetzen. Dann war die Stasi hinter ihm her, und Weida fiel der DDR gegenüber vom Glauben ab.

Dann im neuen Deutschland, schon 2006, fand er Gefallen an der satirischen Bewegung für Glaubensfreiheit. Die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters gründete er erst als Verein, dann als gemeinnützige Körperschaft, und alle kleiden sich gern wie Piraten. Das ,,Monsterunser" und die acht ,,Am Liebsten Wäre Mirs" seiner Weltanschauungsgemeinschaft seien den zehn Geboten ,,deutlich überlegen", sagt Weida. ,,Wir haben die Verpflichtung zum ständigen Zweifel."

Ohne Zweifel, so sieht es Weida, ist er aber im Recht mit der Anbringung der Schilder. Da habe er die Genehmigung. Die habe ihm das für Straßenschilder zuständige Amt, die Straßenmeisterei, erteilt. Er habe auch die Durchführungsbestimmung berücksichtigt. Diese besage auch, dass die Schilder möglichst nicht zu einem Schilderwald führen und daher zusammenhängen sollen.

Pressesprecher Stefan Förner vom Erzbistum Berlin weiß, dass sich Katholiken in Templin nun verletzt fühlten und das Auftreten der Pastafaris als zu offensiv empfunden werde. Der aus Berlin stammende Templiner Kantor Helge Pfläging sagt aber lächelnd, ,,so schnell schockt uns hier nichts" und man solle mehr miteinander reden. Auch Pfarrer Ralf-Günther Schein zeigt sich zuerst als Spaßversteher. ,,Wir wollen den Spaghettimonster-Anhängern für das Geläut Dreiglockennudeln schenken und Bio-Spaghetti, das macht sich gekocht gut als Lametta." Das mit dem Mast sieht Schein aber anders, der gehöre seit zehn Jahren zu den Kirchen, man habe alles bezahlt. Rüdiger Weidas Angebot der Mitfinanzierung wurde dem Pastafari zufolge ausgeschlagen.

Da sich Weidas Nudelmessenschild ,,vor einem Italiener" besser mache, so Schein, werde man es, wenn es nicht entfernt werde, eigenhändig abschrauben. ,,Und damit Pasta." Da es in Brandenburg keine Fundamentalisten wie in den USA gebe, sei Weidas Einsatz doch ,,ein Kampf gegen Windmühlenflügel".


Quotevon alberttuch
    02.12.2014 10:05 Uhr

B L A S P H E M I E !
Unglaublich das ist. Dieser Bobby Henderson hat in italophiler Verblendung einen Götzen geschaffen. Die wahre Gottheit ist das Schwebende Spätzlemonster!

Schon das einfachste Nachdenken lässt den Irrtum auffliegen: Götter fliegen nicht, Götter schweben! Wer's nicht glaubt, der lese den zweiten Satz des Alten Testamentes.

Quotevon Karl-Heinz123
    02.12.2014 10:22 Uhr

Antwort auf alberttuch vom 02.12.2014 10:05 Uhr
Sie meinen bestimmt:

    das Schwebende Spätzlemonster

das schwäbelnde Spätzlemonster. Das darf aber nicht nach Berlin, weil es nicht "Schrippen" sagt.



Quotevon fuehrerscheinnichtnutzer
    01.12.2014 17:50 Uhr

Spaghetti ist halt nicht Makkaroni
Na, da kann man nur froh sein, dass die humorlose Reaktion hier von der evangelischen Kirche kam und nicht vom Islam. Denn dann hätten wir hier nicht entspannte 10 Beiträge, sondern 223, die das Ende der Meinungsfreiheit und den Beginn der Kirchendiktatur heranrollen sähen.


Quotevon Schnatz
    01.12.2014 16:53 Uhr

Sehr witzig!
Dieser Spaghettimonster-Quatsch ist nichts weiter als reine Provokation. Diese "Satire"-Bande begeht gezielt massive Akte der Gotteslästerung und beleidigt und verhöhnt das Christentum. Verbieten.

Quotevon Sonnenscheinchen
    01.12.2014 17:56 Uhr

Antwort auf Schnatz vom 01.12.2014 16:53 Uhr
@Schnatz
Dieses permanente, penetrante Glockengeläute täglich von morgens bis abends ist nichts weiter als reine psychische Folter. Die christlichen Kirchen begehen gezielt massive Akte der Nötigung und beleidigen und verhöhnen meine atheistischen Gefühle. Verbieten.

Quotevon talk
    01.12.2014 18:44 Uhr

Antwort auf Sonnenscheinchen vom 01.12.2014 17:56 Uhr
Paradoxe Ironie verbieten
Ironie nicht verstehen, aber ironisch antworten wollen. Verbieten!




Quotevon Manusch
    01.12.2014 16:42 Uhr

PARDON!
Es handelt sich hier mitnichten um eine Satire.

Ich persönlich glaube fest daran, dass meine heute zu Tische kommenden Spirellis mir Kraft und Stärke verleihen und ich verbitte mir absolut jegliche Diskriminierung.

Es lebe HOCH das FSM*!

*flying spaghetti monster
beweise, dass es nicht existiert!


...


Aus: "Satire-Religion "Fliegendes Spaghettimonster" ärgert Kirchen" Annette Kögel (01.12.2014)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/berlin/schilder-streit-in-templin-satire-religion-fliegendes-spaghettimonster-aergert-kirchen/11054940.html (http://www.tagesspiegel.de/berlin/schilder-streit-in-templin-satire-religion-fliegendes-spaghettimonster-aergert-kirchen/11054940.html)

Title: [Erkennt, dass es neben eurer Sozialisation... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 04, 2014, 01:25:10 PM
Quote[...] Die Inspiration zu diesem Text geht auf mehrere Begebenheiten zurück. In all diesen Begebenheiten wurde ich von Muslimen und nicht-Muslimen unterschiedlichsten Backgrounds als Mippie oder Muslimischer Hippie, oder Öko-Muslim bezeichnet. Die Leute, die sich hierin wiederfinden sollen mich bitte nicht falsch verstehen. Dieser Text ist weder eine Verteidigung meiner Selbst, noch ein Vorwurf gegen ihre Person. Er ist lediglich Teil einer Diaspora Reflexion. [https://de.wikipedia.org/wiki/Diaspora (https://de.wikipedia.org/wiki/Diaspora)]

... Während eine nicht-Muslima oder eine Frau, die kein Kopftuch trägt einen langen Rock aus modischen Gründen tragen kann, wird der kopftuchtragenden Frau schnell Konservativität oder >Fundamentalismus< unterstellt.

... Als Türkin und Muslima in Deutschland aufzuwachsen, mit ganz vielen Fremdbildern über >den Islam< und >die Türken< hat sich in unterschiedlichsten Weisen auf meine Jugend ausgewirkt. An meine Grundschulzeit erinnere ich mich als eine Phase, in der ich mich sehr für das was ich bin geschämt habe. Es war mir peinlich, wenn meine Mutter mit ihrem Kopftuch und ihrem gebrochenen Deutsch an die Schule kam. Es war mir peinlich, wenn ich meinen türkischen Background nicht verheimlichen konnte. Jetzt schmerzt es mich, dass ich dieser Frau, die ich für ihre Kraft und ihre Unabhängigkeit bewundere und deren Charakterstärke ich gerne der ganzen Welt präsentieren würde, damals nicht die ihr zustehende Anerkennung zugestehen konnte.

... Erkennt, dass es neben eurer Sozialisation in Deutschland auch andere Quellen gibt, zu denen ihr durch eure Familiengeschichte Zugang besitzt und die Teil dessen sind, was ihr an die nächsten Generationen weitergeben könnt. Etwas, was ihr als eine unglaubliche Bereicherung anerkennen und zelebrieren solltet.

Kurzum: Ich bin keine Muslima, die auf Hippie macht. Ich werde nur so gelesen, weil die Geschichte und die Kulturen hinter dem Şalvar ignoriert/ausgeblendet werden.

[Weitergeleitet von Şalvar > https://de.wikipedia.org/wiki/Sirwal (https://de.wikipedia.org/wiki/Sirwal)]

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Aus: "They call me Mippie" Posted on 2. December 2014 Tagged Deutschland, Integration, Kolonialismus, Kopftuch, Kulturelle Aneignung, Muslime, People of Color, Rassismus, Weißsein, Widerstand
Quelle: http://diasporareflektionen.wordpress.com/2014/12/02/they-call-me-mippie/ (http://diasporareflektionen.wordpress.com/2014/12/02/they-call-me-mippie/)

Title: [Denn das werden wir nicht... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 05, 2015, 03:47:40 PM
Quote[...] Sechs Monate lang hat Sophie Albers Ben Chamo in Israel Hebräisch gelernt, sich mit Busfahrern angelegt, die Küche der Schwiegermutter genossen und das Land bereist. Nun ist sie mit ihrem Mann zurück in Berlin, und Avi ist dran mit Bloggen: "Mein Deutschland".

Alle Deutschen sind Nazis, alle Araber sind Selbstmordattentäter, und die Juden beherrschen die Welt. Und alle Blondinen sind gut im Bett, und alle Taxifahrer wollen uns betuppen. Ich habe Menschen satt, die an diesen Mist glauben und es zu einem Teil ihrer Selbst machen.

Ich habe Menschen satt, die meinen, alle Juden seien geldgierig, nur weil sie einen kleinen Prozentsatz des einen Prozents an Christen, Muslimen, Buddhisten, Hindus etcpp. ausmachen, der die Hälfte des Reichtums der Welt hält. Ich habe Menschen satt, die meinen, dass in jedem Deutschen ein kleiner Nazi steckt, der nur darauf wartet, geweckt zu werden. Meine Frau ist deutsch, und ich schlafe neben ihr wie ein Baby. Ich habe mich selbst satt, dass ich annehme, dass alle Araber verkabelte Apparaturen tragen oder ein Messer und nur auf den richtigen Moment warten, um mich zu töten. Es gibt einen kleinen Prozentsatz von Arabern, deren Ideen krank sind, so wie es die der rechten Extremisten in Israel sind oder der in Deutschland. Die entscheidende Frage ist doch, ob wir - die nicht extremistische Mehrheit - ihnen ihren Mist abkaufen?!

Ich habe mich selbst satt, wenn ich denke, dass Blue Note das beste Plattenlabel für Jazzmusik aller Zeiten war, während das bestverkaufte Jazzalbum "Kind of Blue" bei Columbia Records veröffentlicht wurde. Ich habe all die Geschichten aus der Bibel satt über die korrekte Ortung von Palästina, wer wo zuerst war und ob Abraham nun auf einem Kamel geritten ist oder nicht. All diese Geschichten wurden von erbärmlichen, faulen Leuten wie uns geschrieben. Ich habe mich selbst satt, wenn ich immer noch hoffe, dass die Menschen - ich eingeschlossen - einst aufhören werden an Gott zu glauben und anfangen selbst zu denken. Denn das werden wir nicht.

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Aus: "All Germans are nazis, and all blond women are good in bed" Avi Albers (05.01.2015)
Quelle: http://blogs.stern.de/meinisrael/all-germans-are-nazis-and-all-blond-women-are-good-in-bed/ (http://blogs.stern.de/meinisrael/all-germans-are-nazis-and-all-blond-women-are-good-in-bed/)

Title: [Sollte die Politik das Unbehagen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 07, 2015, 05:09:59 PM
Quote[...] Zurzeit gehört es zum guten Ton, empört zu sein. Empört über Pegida. Die seien fremdenfeindlich, undemokratisch, rechts! heißt es. Das mag durchaus für die Wortführer und so manche Mitläufer zutreffen. Und es ist eine Tendenz, die sich durch die harsche offizielle Ablehnung offensichtlich verschärft. Aber gilt das auch für die 49 % der Bevölkerung, die laut Umfrage der Zeit ,,voll und ganz" oder ,,eher ja" hinter dem Pegida-Protest stehen? Und für die weiteren 26 %, die Pegida ,,teilweise" recht geben?

Sollte die Politik das Unbehagen dieser überwältigenden Mehrheit nicht ernst nehmen, statt es weiterhin zu ignorieren, abzustrafen, ja zu dämonisieren? Denn es ist ja kein Unbehagen am türkischen Nachbarn oder an der türkischen Kollegin. Es ist ein Unbehagen an der offensiven islamistischen Agitation, der Propagierung der Scharia. Es ist das berechtigte Unbehagen an dieser neuen Form des Faschismus.

Wo also bleibt die Empörung der politischen Klasse über die Forcierung von Parallelgesellschaften mitten in Deutschland oder die Frau im Tschador mit dem verschleierten Mädchen im deutschen Baumarkt? Auch dagegen müsste demonstriert werden. Und zwar dringend! Und diese Demonstrationen hätten nichts mit Fremdenfeindlichkeit zu tun, sondern wären im Gegenteil ein Beistand sowohl für die Flüchtlinge aus den islamistischen Ländern als auch für die 81 % der integrierten MuslimInnen in Deutschland, die gerne in einer Demokratie leben. In einem Land, zu dessen hehren Prinzipien die Trennung von Staat und Religion ebenso gehört wie die Gleichberechtigung der Geschlechter.

Alice Schwarzer

QuoteTantive4 06.01.2015, 16:56 Uhr
Dumm ist der, der Dummes tut.

Um es ganz klar zu sagen: Die Initiatoren von Pegida sind rechts. Und wenn ich ein Anliegen habe, dass nicht rechts ist so wie (angeblich) die meisten, die bei Pegida mitmachen, dann laufe ich nicht hinter (Stichwort: "Mein Opa war kein Nazi, er ist nur Mitmarschiert") den Bannerträgern von Pegida hinterher, sondern mache meine Eigenen Protestzug. Aber Mitmarschieren ist idiotisch. Also JEDER der bei Pegida mitmacht ist entweder rechts, oder ein Idiot. Und Politiker sollten einen Teufel tun sich Pegida anzubideren a la (" ich verstehe eure sorgen"). Wenn die Pegida-Leute wollen, dass Politik in ihrem Sinne gemacht wird, gibt es ein einfaches demokratisches Mittel. Eine Eigene Partei gründen. Dass sollte doch bei soviel Pegida Unterstützung kein Problem sein.


QuoteThomas Hammel 06.01.2015, 17:17 Uhr
Pegida

Sind die Pegida-Demonstranten wirklich Leute, die sich um das Wohl des muslimischen Mädchens Gedanken machen? Oder vielleicht doch zum Großteil xenophobe Rassisten, die das Mädchen am liebsten samt seiner Familie nach Hause schicken möchten?


QuoteÉowyn 06.01.2015, 23:07 Uhr
Pegida

Gegen den Islamismus? Wäre Pegida nur gegen den Islamismus, dann würden sie die vielen Menschen, die vor eben diesem nach Deutschland fliehen mit offenen Armen empfangen und versuchen, diesen zu helfen - sowohl in ihrem Heimatland als auch hier - statt diese Menschen anzufeinden!
Ich bin absolut der Meinung, dass Islamismus (wie jeder religiöse Extremismus) eine Gefahr darstellt! Die Unterdrückung und Gewalt gegen Frauen, Homosexuelle, anders Denkende... das alles darf nicht im Namen der "Toleranz gegenüber anderen Kulturen" hingenommen werden!
ABER zu behaupten, man fürchte den Islamismus und im Namen dessen Hass gegen Menschen aus anderen Ländern - insbesondere gegen solche die auf der Suche nach Hilfe hierher kommen - zu schüren ist einfach widerlich und hat nichts mit Angst vor dem Islamismus zu tun sondern rein mit miesester Fremdenfeindlichkeit!

Wer Angst vor dem Islamismus hat kann gerne dagegen demonstrieren - aber soll bitte nicht einem Haufen Rechtsextremer mit übelsten Ansichten nachlaufen, die AsylbewerberInnen und MitbürgerInnen anfeinden, die nichts mit Islamismus zu tun haben.
Deutschland ist als reiches und in Frieden lebendes Land verpflichtet, Menschen aufzunehmen, die in ihrer Heimat schlimmsten Qualen ausgesetzt sind, die diejenigen die etwas von "Überfremdung" und "Asylbetrug" erzählen sich nicht einmal vorstellen können!
Ganz ehrlich: Diese Leute kotzen mich an! Die sich Handys kaufen mit denen der Bürgerkrieg im Kongo finanziert wird, sich Kleidung kaufen die von Qasi-Sklaven hergestellt wurde und die dann, in ihrer Wohnung sitzend die größer ist als das Zimmerchen das ein Zwangsarbeiter der in Katar ein WM-Stadion baut sich mit 50 anderen teilt, erzählen, wie die bösen Asylbewerber ihnen ihr schönes Deutschland wegnehmen!

Also: Gegen Islamismus? Auf jeden Fall! Sofort! Gegen AsylbewerberInnen, MigrantInnen und MuslimInnen? Niemals!
Gegen Extremismus – egal ob religiös oder politisch! Für ein friedliches Zusammenleben! KEIN MENSCH IST ILLEGAL!


QuotePythia 07.01.2015, 09:56 Uhr
Danke für diesen mutigen Text

"Und das sind nicht nur zutiefst anti-demokratische, islamistische Länder wie Saudi-Arabien oder Katar, mit denen wir beste diplomatische und wirtschaftliche Beziehungen pflegen. Das ist auch das neuerdings IS-kritische Amerika, das die islamistischen Terroristen in den 1980er und 1990er Jahren aufgerüstet hat für den – so erfolgreichen wie folgenschweren – Kampf gegen die Sowjetunion (z.B. in Afghanistan)."
Genau so ist es - erst werden Waffen geliefert - die dann zur Katastrophe führen. Deutschland müsste seine Bündnispartner hinterfragen.


QuoteHippiemädchen 07.01.2015, 14:45 Uhr
Islamismus

Als ich jung war, ging ich für meine Freiheit als Frau auf die Straße, Gleichberechtigung, Selbstbestimmung, das waren Ziele für die kämpfte. Dank Ihnen, Frau Schwarzer, ist es uns in der BRD gelungen, diese Ziele einigermaßen zu verwirklichen. Umso mehr stößt es mich ab, wenn ich das Mobbing an Schulen an muslimischen Mädchen und junge Frauen sehe oder höre. Da gehört auf den Schulhöfen genau geschaut und eben nicht toleriert, dass Mädchen von ihren Brüdern, Cousins oder wem auch immer in ihrer Rolle als Heranwachsende Frauen unterdrückt werden. Zieh dich ordentlich an, verhülle dein Haar, schmink dich nicht, lauf nicht so aufreizend rum, all das geschieht nur zum Zweck der Machtausübung und geht mit einer Sexualisierung einher. Sollen doch die Testosteron gesteuerten Männer ihren Sexualtrieb im Griff haben, das wäre der bessere Weg. Daraufhinweisen möchte ich noch, dass es sehr wohl ganz liebe und nette muslimischen Männer gibt, die diese Machtspielchen an Frauen nicht nötig haben.


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Aus: "Sie fliehen vor den Islamisten!" (01/2014)
Quelle: http://www.aliceschwarzer.de/artikel/sie-alle-fliehen-vor-den-islamisten-318215 (http://www.aliceschwarzer.de/artikel/sie-alle-fliehen-vor-den-islamisten-318215)

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Quote[...] Alice Schwarzer ist wieder in einen ,,shitstorm" geraten. Die Publizistin und Frauenrechtlerin wird wegen eines Artikels heftig kritisiert, in dem sie sich gegen eine pauschale Kritik an Pegida wendet. In dem Beitrag auf ihrer Seite der Homepage ,,Emma.de" schreibt Schwarzer, es gebe laut einer Umfrage eine ,,überwältigende Mehrheit" in der Bevölkerung, die teilweise oder volles Verständnis für Pegida habe. Es handele sich dabei um ,,ein Unbehagen an der offensiven islamistischen Agitation, der Propagierung der Scharia". Es sei ein berechtigtes Unbehagen ,,an dieser neuen Form des Faschismus".

Schwarzer fragt, wo bei aller Empörung über Pegida die ,,Empörung der politischen Klasse über die Forcierung von Parallelgesellschaften mitten in Deutschland" bleibe. ,,Auch dagegen müsste demonstriert werden. Und zwar dringend!" Solche Demonstrationen, wenn es sie denn gäbe, hätten nichts mit Fremdenfeindlichkeit zu tun, ,,sondern wären im Gegenteil ein Beistand sowohl für die Flüchtlinge aus den islamistischen Ländern" als auch für die mehr als achtzig Prozent integrierter Muslime in Deutschland, die gerne in einer Demokratie lebten und vor Islamismus geschützt werden wollten.

Schwarzer kritisiert, dass den Deutschen stattdessen eingeredet werde, sie verhielten sich ausländerfeindlich oder islamfeindlich, wenn sie die Minderheit der Muslime, die nicht integriert seien, dazu aufforderten, ,,unser Wertesystem" anzuerkennen, nämlich Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Gleichberechtigung und die strikte Trennung von Religion und Staat. Schwarzer schreibt: ,,Und was ist mit den Hunderten, ja Tausenden Konvertiten, die aus Europa in den Dschihad ziehen? Sind sie isolierte Phänomene, individuelle Ausrutscher? Oder sind sie die logische Ausgeburt einer falschen Toleranz, die über Jahrzehnte auch mitten in Deutschland der islamistischen Hetze in den Koranschulen und (so manchen) Moscheen nichts Positives entgegengesetzt hat – und das immer noch nicht tut?"

Gegen Schwarzers Argumente lässt sich nur schwer etwas sagen. Dennoch brach über sie ein Sturm der Entrüstung herein. Obwohl sich Schwarzer in ihrem Artikel von Pegida distanziert, wurde sie für ihre Polemik – vor allem auf ,,Twitter" – heftig kritisiert. Sie zeige Verständnis, sei eine ,,Mitläuferin", heißt es dort. Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner sagte ,,Handelsblatt-online": ,,Wenn sich Alice Schwarzer nach ihrer Steuerhinterziehungsaffäre und den damit verbundenen abenteuerlichen Rechtfertigungsversuchen neuerdings auch noch hinter die Pegida-Demonstrationen stellt, so zeigt das nur, wie wenig sie noch mit fortschrittlichen Positionen am Hut hat".

Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Gleichberechtigung und die strikte Trennung von Religion und Staat - alles keine fortschrittlichen Positionen?

QuoteDer Artikel von Frau Schwarzer zeigt zwei Dinge
Frank Springer  (sprfra) - 07.01.2015 14:23
Folgen  1) Frau Schwarzer kritisiert Missstände, in Bezug auf Islamismus, in unserem Land. Dies ist nicht nur erlaubt, es ist notwendig. (für manche erstaunlich: wird sie von den Medien nicht in die Nazi- Ecke gestellt) Der Artikel zeigt aber sehr deutlich, wo der Unterschied zu vielen Äußerungen von PEGIDA- Anhängern liegt. Sie kritisiert KONKRETE Problemfelder. Der Kern der PEGIDA- Demonstranten richtet sich pauschal gegen alle, die einen wie auch immer gearteten muslimischen Hintergrund haben. Das ist kultureller Rassismus. 2) Der sich anschließende "shitstorm" zeigt, dass wir allgemein ein Problem mit einem schwindenden Liberalismus haben. ...


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Aus: "Shitstorm gegen Alice Schwarzer"  Jasper von Altenbockum (07.01.2015)
Quelle: http://www.faz.net/aktuell/pegida-shitstorm-gegen-alice-schwarzer-13357475.html (http://www.faz.net/aktuell/pegida-shitstorm-gegen-alice-schwarzer-13357475.html)

Title: [Charlie Hebdo ist eine französische Satirezeitschrift... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 07, 2015, 05:21:07 PM
Charlie Hebdo ist eine französische Satirezeitschrift. Sie erscheint seit 1992 in Paris mit einer wöchentlichen Druckauflage von rund 140.000 Exemplaren. Einer der Gründer war François Cavanna.
https://de.wikipedia.org/wiki/Charlie_Hebdo (https://de.wikipedia.org/wiki/Charlie_Hebdo)

Quote[...] Zwei schwer bewaffnete Männer haben in Paris den schwersten Terroranschlag seit langem in Westeuropa begangen. Doch die Tat mit zwölf Toten geht darüber hinaus. Sie ist auch ein Anschlag auf die Meinungs- und Pressefreiheit und damit auf die westlichen Werte. Die islamistischen Attentäter haben sich gezielt eine Zeitschrift als Ziel gesucht, die mit ihrer Haltung für die Meinungsfreiheit eingetreten ist, immer wieder druckte sie Mohammed-Karikaturen und ließ sich durch Drohungen nicht einschüchtern.

Die Täter haben in der Redaktion der französischen Satirezeitschrift ,,Charlie Hebdo" ein Blutbad angerichtet. Frankreichs bekannteste Karikaturisten, die vor allem mit ihren Mohammed-Karikaturen Anstoß erregt hatten, sind tot. Die Hälfte der Redaktionsmitglieder lebt nicht mehr. Der Chefredakteur und Zeichner Stéphane Charbonnier wurde erschossen, genauso wie seine drei Kollegen Wolinski, Cabu und Tignous.

Wer die Täter sind, ist noch unklar. Zeugenberichten zufolge sollen sie sich auf Al Qaida bezogen haben. Auf Amateur-Videos ist zu hören, wie sie bei ihrer Flucht ,,Allahu akbar" ("Allah ist groß") und ,,Wir haben den Propheten gerächt" rufen. Die Polizei suchte die mit Kalaschnikows bewaffneten und mit schwarzen Sturmhauben vermummten Täter am Mittwochnachmittag noch immer. Nur ein Fluchtauto wurde nach ihrer Tat gefunden.

Mindestens zwölf Menschen wurden getötet und fünf verletzt, das teilte die Staatsanwaltschaft mit.

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Aus: "Attentat auf ,,Charlie Hebdo" - Anschlag auf die Freiheit" (07.01.2015)
Quelle: http://www.faz.net/aktuell/politik/terroranschlag-auf-charlie-hebdo-in-paris-12-tote-13357436.html (http://www.faz.net/aktuell/politik/terroranschlag-auf-charlie-hebdo-in-paris-12-tote-13357436.html)

http://www.faz.net/aktuell/anschlag-charlie-hebdo-wiederkehr-des-karikaturenstreits-13357849.html (http://www.faz.net/aktuell/anschlag-charlie-hebdo-wiederkehr-des-karikaturenstreits-13357849.html)

http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/islamisten-hatten-charlie-hebdo-schon-lange-im-visier-13357432.html (http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/islamisten-hatten-charlie-hebdo-schon-lange-im-visier-13357432.html)

http://www.taz.de/Kommentar-Anschlag-auf-Charlie-Hebdo/!152416/ (http://www.taz.de/Kommentar-Anschlag-auf-Charlie-Hebdo/!152416/)

http://www.welt.de/politik/ausland/article136113975/Es-ist-ein-Blutbad-Alle-sind-tot.html (http://www.welt.de/politik/ausland/article136113975/Es-ist-ein-Blutbad-Alle-sind-tot.html)

http://www.spiegel.de/politik/ausland/charlie-hebdo-in-paris-der-anschlag-eine-tragoedie-fuer-frankreich-a-1011759.html (http://www.spiegel.de/politik/ausland/charlie-hebdo-in-paris-der-anschlag-eine-tragoedie-fuer-frankreich-a-1011759.html)
Title: [Es gibt Tage... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 08, 2015, 10:17:26 AM
Quote[...] Pressestimmen zum Anschlag auf "Charlie Hebdo"

Libération

«Sie haben «Charlie» angegriffen und damit die Toleranz, die Ablehnung von Fanatismus und Dogmatismus. Sie haben diese offene, religionsfreie und friedfertige Linke angegriffen, die sich sicherlich über den Zustand der Welt empört, sich jedoch lieber darüber lustig macht, als anderen ihren Katechismus aufzuzwingen. Die Fanatiker verteidigen keine Religion, weil Religion tolerant sein kann, und sie verteidigen nicht die Muslime, die in ihrer überwältigenden Mehrheit mit Entsetzen auf diese niederträchtigen Morde reagiert haben. Die Fanatiker greifen die Freiheit an. Alle Republikaner sind vereint gegen den Gegner. Dieser Gegner ist der Terrorismus, nicht der Islam, der Gegner ist der Fanatismus, keine Religion, und der Gegner ist der Extremismus. Der hat nichts zu tun mit unseren muslimischen Mitbürgern.»

Le Figaro

«Uns wurde der Krieg erklärt: Der Krieg des islamischen Fanatismus gegen den Westen, gegen Europa und gegen die Werte der Demokratie. Uns muss klar sein: Wenn heute Frankreich im Visier der Verrückten Allahs steht, dann waren es vorher andere Länder, und morgen werden es weitere Staaten sein. Wir müssen uns moralisch gegen die niederträchtigen Verbrechen dieser Barbaren wappnen, die als Frömmler verkleidet sind. Und wir müssen uns politisch und juristisch wappnen. Zu lange sind wir im Namen eines irregeleiteten Humanismus unseren schlimmsten Feinden entgegengekommen. Wir müssen gegen diese Fanatiker hart durchgreifen, die sich offen gegen unser Land und unsere Sicherheit verschwören. Wenn es Krieg gibt, muss man ihn gewinnen.»

Independent

«Alle Presseorgane, in der arabischen Welt ebenso wie im Westen, sollten die ermordeten Zeichner von «Charlie Hebdo» als Märtyrer betrachten. Sie sollten die Standfestigkeit dieser Satiriker als die wagemutigsten Journalisten in Europa würdigen, auch wenn ihre Veröffentlichungen anstößig sein könnten, so wie die Mohammed-Karikaturen 2011. Es war das Recht von «Charlie Hebdo", anstößig zu sein. Das Magazin war dabei gerecht: Katholizismus, Judaismus und Islam wurden gleichermaßen respektlos behandelt. Mit dem Erstarken islamistischer Terrorgruppen und Angriffen auf Zeitungsredaktionen haben andere Publikationen Rücksicht auf muslimische Empfindlichkeiten genommen. »Charlie Hebdo« hat dies trotz der Warnungen der Polizei abgelehnt.»

Tagesspiegel

"Für Mord und Terror gibt es keine Rechtfertigung. Deshalb verbietet sich jede anklagende Ursachenforschung. Wer jetzt mit erhobenem Zeigefinger über Integrationsprobleme, Diskriminierung, hohe Arbeitslosigkeit, die Rhetorik von Le Pen oder blasphemische Zeichnungen redet, verwischt die Grenze zwischen Gesellschaft und Gewalt. Ebenso grotesk wäre es, zur Erklärung der Taten aus dem Koran zu zitieren, um den Islam als latent gewalttätige Religion zu entlarven, dessen Anhänger das Abendland unterwandern und dessen Werte abschaffen wollen. Leider besteht die Gefahr, dass sich genau diese zwei Lager durch den Anschlag radikalisieren. Was stattdessen nottäte, wäre eine gemeinsame Wiederentdeckung der Meinungsfreiheit und der Religionsfreiheit."

Main-Echo

"Die Kraft des Denkens lässt sich durch Taten wie das Attentat auf die Redaktion des »Charlie Hebdo« nicht brechen - auch das beweist die Geschichte, und so wird das auch diesmal sein. Denn wenn wir es zulassen, dass Kunst und Kultur nicht länger unser Denken, unser Leben voran treiben: Dann existieren wir zwar, sind im Geiste aber tot. Dann hätten wir Menschen unsere Berechtigung verloren. Doch das wird nicht sein. Mehr dazu gibt es denen, die gegen diese Berechtigung wüten, nicht zu sagen."

Hamburger Abendblatt

"Wie oft wurde der Papst als seniler Tattergreis verulkt, wie oft Jesus Christus als Lattenjupp geschmäht, ohne das ein Christ durchdreht? Und wie oft verlieren radikale Moslems den Verstand? Hier liegt der Unterschied. Und dieser lässt sich seit gestern nicht mehr als «Tat einzelner Eiferer» klein reden. Dahinter steckt Kalkül: Islamisten wollen Angst und Schrecken verbreiten und so die Pressefreiheit abschaffen."

Hessische Niedersächsische Allgemeine

"Das Attentat von Paris geht uns alle an. Nicht nur, weil es uns nah kam, mitten in einer europäischen Touristenmetropole. Es ist ein Anschlag auch auf unsere offene, demokratische Gesellschaft, auf unsere Grundrechte, hier zuerst das Recht auf Meinungsfreiheit. Darüber mögen nicht zuletzt diejenigen nachdenken, die in diesen Tagen auch in Deutschland der Presse so gern eins auf die Fresse geben wollen. Reagieren wir besonnen. Und erinnern uns daran, dass die Trennlinie nicht zwischen Nationalitäten oder religiösen Bekenntnissen verläuft. Sondern zwischen denen, die auf die Demokratie setzen und jenen, denen das Zuschlagen leichter fällt als das Nachdenken. Ihnen muss mit Erziehung und Integration, mit Argumenten, und wenn alles nicht hilft, mit Polizei und Gesetz begegnet werden."

Nürnberger Nachrichten

"So entsetzlich dieses Blutbad in den Räumen der Satire-Zeitung Charlie Hebdo ist, es gibt in Frankreich Gruppierungen, die eine klammheimliche Freude kaum werden unterdrücken können. Es ist also eingetreten, wovor sie stets gewarnt haben, werden Anhänger des rechtsextremen Front Nationa trompeten. In Deutschland hat AfD-Vize Gauland gerade eine unglaubliche Kostprobe davon gegeben und die Pegida-Proteste gerechtfertigt."

Westdeutsche Zeitung

"Der Massenmord an der Redaktion des Satire-Magazins 'Charlie Hebdo' ist Teil des islamistischen Krieges gegen die westliche Zivilisation und alle demokratisch gesinnten Muslime. Es ist an der Zeit zu akzeptieren, dass wir diesem Krieg nicht ausweichen können. Der auf das Herz der Demokratie zielende Terrorakt von Paris macht nur einmal mehr deutlich, dass die letzte Linie schon lange überschritten ist."

Nürnberger Zeitung

"Man mag einwerfen, dass sich alle Religionen mit der Infragestellung ihrer selbst schwer tun, da es ihnen doch um absolute Wahrheiten geht. Dennoch ist in den vom Christentum geprägten Gesellschaften Europas der kritische Diskurs - mitunter gegen den Widerstand der Kirche - stets lebendig geblieben. Umgekehrt führte die zunehmende theologische Erstarrung des Islam zu einer Lähmung des intellektuellen Lebens ganz allgemein. Hier liegen die tieferen Wurzeln jener allgemeinen Rückständigkeit, für deren Folgen sich ausgerechnet ihre islamistischen Verursacher am Westen zu rächen versuchen."

Aachener Zeitung

"Die Muslime in Frankreich haben ebenso wie der Zentralrat der Muslime in Deutschland und mehrere muslimische Staaten den Anschlag scharf verurteilt. Mehr können sie momentan kaum tun. Ein solches Blutbad dürfte eigentlich kein Anlass sein, innenpolitische Debatten zu befeuern. Aber die Gefahr besteht, dass die ohnehin schon undifferenzierte Haltung gegenüber dem Islam durch diese wahnsinnige Tat religiöser Fanatiker, durch diesen Gesinnungsterrorismus zusätzlichen Rückenwind bekommt. Verhindern kann das niemand. Die eindimensionalen Schuldzuweisungen werden leider weiteren Auftrieb erhalten."

Schwäbische Zeitung

"Die bewusste Provokation und der ätzende Spott gegenüber allem und jedem, gegenüber Autoritäten und Religionen, auch gegenüber dem Propheten Mohammed, haben die Journalisten des «Charlie Hebdo» am Mittwoch zu Opfern gemacht. Die politischen Folgen des blutigen Anschlags werden schwer wiegen: die Rechtspopulistin Marine Le Pen etwa hat gute Chancen, zur nächsten Präsidentin Frankreichs gewählt zu werden. Die freie Meinungsäußerung ist einzigartig und überhaupt nicht verhandelbar. Dass eine Mohammed-Karikatur von einigen als herabsetzend empfunden werden mag, so wie manche vor Jahren die «Satanischen Verse» von Salman Rushdie blasphemisch fanden, mag sein. Darauf mit politisch korrektem Schweigen, mit Angst und Kuschen zu reagieren, wäre falsch"

Westfälische Nachrichten

"Der Anschlag wird die Debatten um Zuwanderung in Frankreich, auch in Deutschland befeuern. Aber es gilt, kühlen Kopf zu bewahren. Niemand sollte diesen Verbrechern den Triumph gönnen, demokratische Werte zerstören zu können. Toleranz ist das Gebot der Stunde. Denn nichts demonstriert deutlicher als die Bestialität des Terrors, wohin Hass und Abschottung führen werden."

Augsburger Allgemeine

"Über Karikaturen werden Erkenntnisse vermittelt. Sie sind wichtige Diskussionsbeiträge. Auch für sie gilt die Meinungsfreiheit. Was wäre, wenn es diesen zentralen Wert unserer Gesellschaft nicht gäbe? Den einen missfällt eine Karikatur, andere nehmen Anstoß an einem gedruckten Kommentar, wieder andere empören sich über eine mündliche Äußerung. Doch das muss jeder ertragen - auch um seiner eigenen Freiheit willen. Die islamistischen Verbrecher wollen das nicht akzeptieren. Wir müssen uns wehren. Mit allen Kräften. Gemeinsam mit der Mehrheit der Muslime."

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Aus: "Pressestimmen zum Anschlag auf "Charlie Hebdo"" (01/2015)
Quelle: http://www.fr-online.de/terror/anschlag-auf--charlie-hebdo--die-presse-zum-anschlag-auf--charlie-hebdo-,29500876,29504984.html (http://www.fr-online.de/terror/anschlag-auf--charlie-hebdo--die-presse-zum-anschlag-auf--charlie-hebdo-,29500876,29504984.html)

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Quote[...] Es gibt Tage, die zerfallen in ein Davor und ein Danach. Als Attentäter in Paris das Satiremagazin Charlie Hebdo stürmten und 12 Menschen töteten, konferierte die ZEIT-ONLINE-Redaktion über Michel Houellebecqs neuen Roman, der das Frankreich des Jahres 2022 zum Islamstaat macht, über Pegida und die verschobene Wahrnehmung von Islam und Islamismus in Europa, über die Möglichkeit, dass sich viele europäische Staaten in den nächsten zehn Jahren dramatisch radikalisieren. Dann erreichten uns die Eilmeldungen. Das Danach begann.

In den Räumen von Charlie Hebdo muss es ähnlich ausgesehen haben wie hier. Brummende Drucker, brummende Redakteure, mal ein Lachen, mal ein heftiger Wortwechsel. Der Alltag von Leuten, die es zu ihrem Beruf gemacht haben, vom Weltgeschehen zu berichten, im Falle von Charlie Hebdo mit den Mitteln der Satire. Leute, die wissen, dass sie dafür auch beleidigt werden, manchmal verklagt und hin und wieder auch bedroht. Die es dennoch tun, weil es wichtig ist und sie deshalb glücklich macht. Besonders auch, dafür Widerspruch zu ernten.

Was in Paris geschehen ist, war kein Widerspruch. Es ist die Manifestation einer Weltsicht, die keine Argumente und keine Ideen, keinen Spott und keinen Streit erträgt. Einer Weltsicht, die nur die eigene Wahrheit kennt und jeden bedroht, der sie nicht teilt. Was gestern geschehen ist, war die Negation unserer wichtigsten Errungenschaft: der des freien Wortes.

Dieser Anschlag betrifft nicht nur all jene, deren Beruf auf dem Recht des freien Worts fußt. Er betrifft alle, die in Europas Freiheit leben und sie lieben. Natürlich auch alle Muslime. Der Polizist Ahmed Merabet, der gestern von den Attentätern gleichsam hingerichtet wurde, war auch einer, berichteten Medien.

Muss man das betonen? Man muss. Viele Europäer halten den Islam für eine gewalttätige, demokratieunfähige Religion. Es war lange vor dem Anschlag, dass die rechtsextreme Marine Le Pen zu einer ernsthaften Anwärterin für die französische Präsidentschaft wurde. Es war vor dem Anschlag, dass sich in Deutschland eine nie da gewesene Feindseligkeit gegenüber dem Islam auf den Straßen zu manifestieren begann. Und das, obwohl Millionen Muslime seit Generationen zu Europa gehören: hier leben, arbeiten, wählen. Bürger sind.

Glaubt man den Umfragen, sieht eine Mehrheit der Deutschen den Islam als Bedrohung. Schon vor dem Anschlag. Kurz nach dem Massenmord lobte AfD-Vize Alexander Gauland die Pegida-Bewegung, ihre Warnung vor dem islamistischen Terror sei richtig gewesen.  

Es ist im Kalkül einer populistischen Partei wohl konsequent, aber auch gefährlich, nach diesem Anschlag auf die Freiheit des Wortes ausgerechnet jenen Recht zu geben, die mit ihren "Lügenpresse"-Rufen Hass gegen die Medien schüren. Aber es könnte funktionieren. Keiner weiß, wie viele Menschen am nächsten Montag auf der Pegida-Demo erscheinen.

Man muss sich fürchten vor weiteren Terroranschlägen in Europa. Die Behörden warnen seit Langem vor der Rückkehr radikalisierter europäischer IS-Kämpfer. Furchteinflößend ist aber auch die Aussicht, dass sich die weit überwiegende Mehrheit von Muslimen und Nichtmuslimen, die weder Islamisten sind noch Pegida-Demonstranten, nun voller Misstrauen gegenüberstehen.

Das gab es schon. Vor zehn Jahren lösten die Anschläge von Madrid und London, der Mord an dem niederländischen Filmemacher Theo van Gogh Angst in Europa aus. In vielen Staaten gewannen daraufhin rechtspopulistische Parteien bei den Wahlen. Was sie erreichten, war die Verschärfung des Klimas, nicht seine Befriedung.

Die Spirale des sich wechselseitig verstärkenden Misstrauens zerstört unsere Gemeinwesen. Sie ist der Weg zu neuer Gewalt, die beileibe nicht nur islamistisch sein muss. In Deutschland etwa waren es bisher vor allem die Muslime, die der Terrorismus bedrohte. Die rechtsextreme Mordserie des NSU geschah erst vor wenigen Jahren.

Der Islam ist hier, in Europa. Er wird nicht verschwinden, auch wenn manche das hoffen mögen. Er darf keine Angst auslösen und kein Fremdkörper sein. Muslime und Nichtmuslime sind dafür gleichermaßen verantwortlich. Alle Fragen dürfen gestellt, alle Ängste geäußert werden. Es gilt die Freiheit des Wortes.

Und wir dürfen nicht aufhören zu differenzieren: Zwischen Islam und Islamismus, zwischen Konservativen und Neonazis.

Nicht der Islam ist der Feind, sondern der Terrorismus. Die Mörder von Paris wollten nichts anderes, als uns, den nichtmuslimischen und muslimischen Europäern, den Weg zueinander zu versperren. Sind wir stark genug, das zu verhindern?

Quote
   omnibus
   vor 1 Stunde 11 Minuten

Die Bedrohung ist der Fundamentalismus an sich - egal, von welcher Seite.

Wer anderen seine Meinung mit Gewalt aufzwingen will, anarchische "Ehrbegriffe" hat und jeden Andersdenkenden ausschalten will, ist eine Gefahr. Egal, ob die Grundlage eine Religion oder faschistoides Denken ist.

Wir sind dann stark genug, wenn wir alles tun, damit Meinungsfreiheit und ihre Mittel: Karikaturen, Kabarett, Presse- und Meinungsfreiheit weiterhin ein unverzichtbarer Teil unserer Gesellschaft sind.


Quote
   siar
   vor 1 Stunde 7 Minuten

24. Wie konnte die NSU
grundlos unschuldige Muslime umbringen?
Oder Breivik 77 meist jugendliche Menschen?
Oder werden Hochzeiten zu Blutbädern?
Oder, oder, oder

Egal wo man hinschaut, überall gibt es unschuldige Opfer aufgrund irgendwelcher abartiger Überzeugungen, die müssen nicht mal religiös sein.


Quote
   sec_life
   vor 1 Stunde 11 Minuten

29. Feuerprobe

es wimmelt von wohlfeilen Kommentaren nach dem Motto: "die Pressefreiheit ist stärker", "wir werden uns nicht von einzelnen das Wort verbieten lassen". Die Feuerprobe aber ist es, ob Redaktionen in Zukunft Mohammedkarikaturen veröffentlichen, etc.
Alles andere ist Geschwätz.


Quote
   ed.la.by.de
   vor 1 Stunde 8 Minuten

33. Deeskalieren oder Beleidigen?

Dann lesen wir noch einmal gemeinsam die Stelle im Text, wo es um eine Spirale des sich wechselseitig verstärkenden Misstrauens geht. Sinnieren vielleicht einen Moment, ob es adäquat ist, Millionen rechtschaffene Muslime, die es in Europa gibt, und die unter der Pauschalisierung und die mangelnden Differenzierung genug leiden, mit weiteren Mohammed-Karikaturen zu kränken.


QuoteLupo1977
   vor 56 Minuten

sie müssen es lernen!

"mit weiteren Mohammed-Karikaturen zu kränken."? Ernsthaft?

Alle Menschen die im Geltungsbereich unseres Grundgesetzes leben müssen lernen mit so etwas umzugehen. Punkt. Ende der Diskussion.


Quote

   ibsche
   vor 41 Minuten

Warum wäre das denn schon wieder eine Provokation?

Das sehe ich anders. Ich finde gerade rechtschaffende Muslime wie Sie sie nennen, sollten zeigen, dass sie so eine "Beleidigung" ertragen können. Dies würde ein auch ein größeres Zeichen gegenüber den gewaltätigen Islamisten setzen, als wenn wir das tun. Es wäre ein Zeichen, dass sie in der Demokratie angekommen sind, die auch auf schwerste Kritiken und Beleidigungen nicht mit Gewalt sondern mit dem Wort reagiert.


Quote
   gesperrternutzer
   vor 1 Stunde 10 Minuten

31. Keine Gewalt!

Dazu gehört auch, dass wir selbst uns nicht an Überfällen und Kriegen mit Bombardements und Drohnenmorden gegen muslimische Länder beteiligen und denen in den Arm fallen, die dies immer wieder tun.

Die Gewaltspirale muss beendet werden. Dazu müssen wir ein Beispiel geben.

Allerdings gehört dazu auch, dass einzelne oder Gruppen von Gewalttätern mit der vollen Härte des Rechts verfolgt und abgeurteilt werden.


Quote
   knueppelhart
   vor 1 Stunde 7 Minuten

36. Wie süß

Ich bin Charlie, wie süß. Wenn die Zeit wirklich ein Zeichen setzen wollte, würde sie die Karrikaturen von Vestergaard und Charlie Hebdo zeigen. Wer immer noch glaubt, das man durch Unterwerfung den Respekt von Islamisten gewinnt, verweigert sich der Realität. Extremisten und Faschisten lassen sich nicht durch duckmäuserisches Verhalten stoppen.


Quotegartenfreund4ever
   vor 1 Stunde 6 Minuten

38. Zeit online ist absolut NICHT Charlie!

Wo sind die Karikaturen die zum Tod von Ihren Kollegn in Paris herangezwogen wurden um ideolgisch zu "bestrafen"?

Ihre Kollegen von Charlie waren mutig genug für die Pressefreiheit, die Meinungsfreiheit und die Freiheit auf das veröffentlichte Bild zu kämpfen -

und als sie jetzt DAFÜR sterben mussten sind viele Medien heute dazu übergegegangen und haben auf dem Titelblatt (wie ganz mutige auch schon vorher!) die legalen gesetzlich korrekten und von Gerichten nicht beanstandeten Karikaturen abgedruckt.

Zeit online ist nicht dabei, Zeit online beugt sich dem religiösen Diktat der Fundamentalisten.

Ob aus Feigheit, sei dahingestellt - aber ist auch irrelevant: Den Fundamentalisten wird damit gezeigt: Es gibt Strömungen auch in Deutschland die unseren Weg akzeptieren und dies auch durch Nichtabdruck darlegen.

Zeit online IST NICHT CHALIE!

Das ist meine ganz tiefe und verächtliche Überzeugung.


Quote
   Nathanael W.
   vor 1 Stunde 6 Minuten

39. Ist der Westen bereits eine gottlose Gesellschaft ?

Die Meinungsfreiheit ist mit das höchste Gut in einer freien demokratischen Gesellschaft. Allerdings muss eine freie Gesellschaft auch mal zuhören können.

Ein wenig Selbstkritik würde unserem Hochmut keine Zacke aus der Krone brechen. In den letzten Jahrzehnten sind wir oft genug Zeuge von blutigen Konflikten, Taten und sogar Kriegen im nahen Osten geworden, in dem
auch westliche Nationen beteiligt gewesen sind.

Die christlichen Grundwerte, auf dem unserer Reichtum unser Gesellschaft basiert, wurden nur allzu schnell abgestreift und und gegen eine niedere
Stufe ersetzt, das Recht des Stärkeren. Auf grausame Art und Weise
wurde, sadistisch gefoltert und gemordet.

Das diese Vorgehensweise nicht nur Freunde hinterlässt, sondern auch viele neue selbsterschaffende radikale Feinde, sollte heute
soweit jedem klar sein.

Die immer noch nachwirkenden Auswirkungen dieser Greultaten, die für uns
bereits als aufgearbeitet betrachtet werden, stösst leider noch, auf der
Gegenseite, wenn wundert es wirklich, auf Hass, Ohnmacht,
und verletzten Stolz und Selbstwertgefühl.

Nicht umsonst wägt man sich allgegenwärtig noch in Terror-Gefahr.

Satire ist scheinbar kein Heilmittel gegen die radikalen Islamisten, sondern
eher eine Provokation, die eine Antwort zu Folge haben kann,
wie man trauriger Weise feststellen musste.

Respekt vor anderen Kulturkreisen ist eine Eigenschaft die uns
in unserem Hochmut abhanden gekommen ist.

Quote

   tantemarie
   vor 5 Minuten

Unsinn

"Die christlichen Grundwerte, auf dem unserer Reichtum unser Gesellschaft basiert,"
Das ist, mit Verlaub, reiner Unsinn.
Die "christlichen Grundwerte" stehen in der Bergpredigt. Damit ist kein Cent zu verdienen.



Quote
   yangshuo
   vor 1 Stunde 10 Minuten

53. Deutsche Zeitungen

Ich habe mir eben eine Hamburger Zeitung gekauft, welche die Karikaturen, für die 12 Menschen bestialisch hingerichtet wurden, auf der Titelseite zeigt.
Beim Lesen fragte ich mich, was wohl passierte, wenn ich in ein muslimisch geprägtes Viertel gehe und dort die Zeitung z.B. in einem Restaurant lese. Ich wäre gespannt auf die Reaktionen der doch überwiegend ,,friedlichen Muslime".

Charlie Hebdo hat nicht nur Satire über den Islam herausgebracht, sondern auch über Katholiken, Rechte, Politiker etc. etc. Komisch , dass von denen niemand schwer bewaffnet das Büro gestürmt hat. ...


QuoteJupp Posipal
   vor 1 Stunde 33 Minuten

11. Hört doch auf

Hört doch auf immer wieder die Melodie "Das hat nichts mit dem Islam zu tun" zu spielen.

Haben die Mullahs im Iran auch nichts mit dem Islam zu tun?
Die Taliban in Afghanistan, die Wahabiten Saudi-Arabiens, die Muslimbrüder Ägyptens, die palästinensische Hamas, der islamistische Terror in Mali, Syrien,Irak,Libyen?

hat das alles nichts mit dem Islam zu tun?

Ich fühle mich langsam veralbert.

Quote

   PhilipJFry
   vor 1 Stunde 2 Minuten

Was haben die Koranverbrennungen und die Anschläge auf Abtreibungskliniken in den USA mit dem Christentum zu tun?

Was hat Andreas Breivik mit dem Christemtum zu tun?

Solange Sie nicht lernen, Religion und Radikalismus zu trennen, werden Sie nie ernsthaft an einer Diskussion teilnehmen können.




Aus: "Terror in Paris: Sind wir stark genug?" (8. Januar 2015)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-01/paris-terror-kommentar (http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-01/paris-terror-kommentar)

Title: [Ich bin nicht Ihrer Meinung... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 08, 2015, 10:39:11 AM
Quote[...] Die französische Satire-Zeitung Charlie Hebdo arbeitet mit Provokationen und wurde bereits mehrfach bedroht und angegriffen. So wurden im November 2011 die Büros der Zeitung offenbar deshalb Ziel eines Brandbombenangriffs, weil das Magazin in einer Ausgabe den Propheten Mohammed "eingeladen" hatte, ihr Gastredakteur zu werden. Auf der Titelseite: eine Karikatur des Propheten.

Auch auf andere islamkritische Medienschaffende wurden mehrfach Anschläge verübt. Der umstrittene niederländische Filmemacher Theo van Gogh etwa wurde im November 2004 nach einem Film über die Unterdrückung der Frauen im Islam in Amsterdam von einem muslimischen Extremisten ermordet. Auf der Leiche hinterließ der Täter einen Brief mit Morddrohungen gegen weitere Niederländer.

Im Jahr 2010 wurden auf den schwedischen Mohammed-Karikaturist Lars Vilks und den dänischen Zeichner Kurt Westergaard Anschläge verübt: Zwei Männer warfen Benzinflaschen durch ein Fenster in das Haus von Vilks. Bereits drei Jahre zuvor war auf den Zeichner im Internet von einem irakischen Al-Kaida-Ableger ein Kopfgeld von 150.000 Dollar ausgesetzt worden. Westergaard, von dem die Mohammed-Karikaturen in Jyllands-Posten stammen, entkam 2010 nur knapp einem Attentat. Bereits 2008 hatten die dänischen Behörden Mordpläne gegen ihn aufgedeckt. Mehrere Verdächtige wurden festgenommen.

Ein Jahr später verurteilte ein Kopenhagener Gericht den Tschetschenen Lors Dukajew für einen versuchten Anschlag auf die Jyllands-Posten zu zwölf Jahren Haft. Der 25-Jährige hatte sich bei der Explosion seines Sprengstoffes in Kopenhagen verletzt. Er wollte eine Briefbombe an die Redaktion der Zeitung schicken.

Im Februar 2013 wurde ein Attentat auf den 70 Jahre alten dänischen Journalisten Lars Hedegaard verübt: Eine Pistolenkugel verfehlte den Kopf des Islamkritikers nur knapp. Er blieb unverletzt und konnte den Täter sogar selbst in die Flucht schlagen.

Quote
    Feuilletong
    gestern 19:56 Uhr

3. Wie wäre es, wenn sich die Medien endlich zusammen tun, um gemeinsam Mohammend-Karitkaturen zu veröffentlichen, um den Fanatikern endlich zu zeigen, dass sie sich nicht erpressen lassen und sie zu den Grundsätzen unserer Kultur stehen?


Quote
    Demokläs
    gestern 20:09 Uhr

12. Voltaire

"Ich bin nicht Ihrer Meinung. Aber ich gebe mein Leben dafür, damit Sie weiterhin Ihre Meinung sagen können." Dieses Zitat von Voltaire ist ein Manifest, dass sich alle Menschen zu Herzen nehmen sollen.


Quote

    DerWahrheitVerpflichtet
    gestern 20:25 Uhr

Voltaire der Islamkritiker

Voltaire hat sich ziemlich schmähend über Mohammed, dem Propheten der Muslime, ausgelassen. Wie sollen diese dann sein Zitat mit gutem Gewissen zu Herzen nehmen? Voltaire sagte über Mohammed:

"Doch daß ein Kamelhändler in seinem Nest Aufruhr entfacht, daß er mit ein paar Koreischiten (Stammesbrüdern, d. Red .) seine Brüder glauben machen will, daß er sich mit dem Erzengel Gabriel unterhielte; daß er sich damit brüstet, in den Himmel entrückt worden zu sein und dort einen Teil jenes unverdaulichen Buches empfangen zu haben, das bei jeder Seite den gesunden Menschenverstand erbeben läßt, daß er, um diesem Werke Respekt zu verschaffen, sein Vaterland mit Feuer und Eisen überzieht, daß er Väter erwürgt, Töchter fortschleift, daß er den Geschlagenen die freie Wahl zwischen Tod und seinem Glauben läßt: Das ist nun mit Sicherheit etwas, das kein Mensch entschuldigen kann, es sei denn, er ist als Türke in die Welt gekommen, es sei denn, der Aberglaube hat in ihm jedes natürliche Licht erstickt."


Quote
    Mary Henryetta
    gestern 20:00 Uhr

5. Wer jetzt noch meint Multikulti

sei eine Option, hat den Boden der Realität längst hinter sich gelassen. Wir sollten statt dessen aufrüsten und unsere Sicherheitsgesetze gegenüber radikalen Islamisten überdenken. Dieser feige Anschlag galt allen die ihre Freiheit, Rede- und Pressefreiheit wollen. Gerade jetzt müssen wir die bisherige verfehlte Politik gegenüber dem fanatischen Islam überdenken und ändern !

Quote
    cpt p
    gestern 20:17 Uhr

23. Einspruch, Euer Ehren

Multikulti hat mit derart perfiden Terroranschlägen und Morden nichts, aber auch gar nichts tun. - Und eine, wie Sie sagen, verfehlte Politik gegenüber dem radikalen Islam, ebenso nicht.
Und, um Missverständnissen den Wind aus den Segeln zu nehmen: ich bin Atheist.

QuoteJan Nielsen
    gestern 20:28 Uhr

32. Der Witz an der Sache ist,

dass Islamisten ein noch viel größeres Problem mit Multikulti haben als Sie! So sehr, dass die Menschen ermorden.





Quote
    gutoderböse
    gestern 20:12 Uhr

15. Applaus!

Schon alte Diktatoren wussten, wie man die Strategie der Spannung anwendet.

http://de.wikipedia.org/wiki/Strategie_der_Spannung

Frankreich ist ein Meister darin, man denke nur an den Algerischen Bürgerkrieg 1991 und Frankreichs Rolle.

Ich finde es dennoch interessant, dass Frankreich in allen Nordafrikanischen und nahöstlichen Staaten ,, interveniert" und dabei tausende von Zivilisten tötet, die Medien hierüber aber schweigen, bei einem fanatischen Mord mit 12 Toten alle Zeitungen nun mindestens 1 Monat Dauermeldungen veröffentlichen.
Ist das Leben eines Franzosen so wert wie das von 1000 Afrikanern? Zynisch!



QuoteDemokläs
    gestern 20:42 Uhr

soso ... versuchen sie grade die Morde für sich selbst zu rechfertigen? ...

Quote
    gutoderböse
    gestern 20:59 Uhr

47. Nee...

Ich bin selbst Muslim und kann Ihnen garantieren, dass der Anschlag die muslimische Gemeinschaft in Europa erheblich unter Druck setzen wird, keine Karikatur beleidigt den Propheten mehr als so ein dreckiger Massenmord, der in seinem Namen begangen wird.

Es werden 2 Gruppen profitieren: Die Hetzer auf beiden Seiten, also die 0.1 % der Radikalen unter den Muslimen und die 0.1 der Hetzer unter den Nicht-Muslimen. Der Rest, darunter auch ich, wird aber darunter leiden.

Glauben Sie mir macht es Spass, mit Hetzern zu diskutieren, die 1,5 Milliarden (!) Muslime als homogene Masse darstellen?
Selbstverständlich wird es unter denen auch gewaltbereite geben.

Wenn wir aber hier den beiden Gruppen freies Feld überlassen, sehe ich schwarz für die Welt.

Im Übrigen: In Deutschland leben bis zu 4 Millionen Muslime. Meinen Sie, dass es hier so friedlich wäre, wenn auch nur ein Bruchteil dessen richtig wäre, was die Islamhasser schreiben?


Quote

Quote
    Mary Henryetta
    gestern 20:00 Uhr

5. Wer jetzt noch meint Multikulti sei eine Option, hat den Boden der Realität längst hinter sich gelassen. ...

    Uwe Z
    vor 2 Stunden 17 Minuten

101. Mit Verlaub,...

... der rechtsextreme, selbsternannte "Tempelritter" Anders Behring Breivik sah in Multkulti KEINE Option, rüstete auf und ermordete binnen weniger Stunden 77 Menschen.

Die deutschen Neonazis Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt sahen in Multikulti KEINE Option, rüsteten auf und töteten mindestens 9 ausländische Mitbürger.

Der "Boden der Realität" lehrt mich Multikulturelles als Bereicherung ausgesprochen Schätzenden: wenn 100 Menschen zusammenstehen, dann ist mit grosser Wahrscheinlicheit ein persönlichkeitsgestört-durchgeknallter darunter - kulturübergreifend.



Aus: "Islamkritik: Medienschaffende als Ziel von Terroristen" (7. Januar 2015)
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-01/terrorismus-karikaturisten-anschlaege-islam (http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-01/terrorismus-karikaturisten-anschlaege-islam)

Title: [Einen weniger guten Tag hatte heute die... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 08, 2015, 10:56:04 AM
Quote[...] Während Islamisten vor allem stolz darauf sind, erneut Angst und Schrecken verbreitet zu haben, genießen Islamhasser den perfekten Moment, um in den sozialen Netzwerken gegen Minderheiten und Zuwanderung zu hetzen. Beide Seiten dürfen sich auf regen Zulauf freuen.

"Allah ist groß!", ruft ein IS-Sympathisant (24) aus Bochum, der die Nachricht gerade im Internet gelesen hat und es nicht verstörend findet, dass die Attentäter seinem Gott bei Karikaturen das rachsüchtige Gemüt eines jähzornigen Dreijährigen unterstellen. "Diese Tat wird noch viele weitere Märtyrer ermutigen und den Ungläubigen zeigen, was wir von ihren westlichen Werten halten."
Ähnlich zufrieden sind Islamhasser und Rechtspopulisten: "Da sehen diese Gutmenschen endlich, dass der Islam Europa überrollt!", erklärt etwa ein leidenschaftlicher PEGIDA-Demonstrant (33) aus Dresden. "Und dann werde ich auch noch als Nazi beschimpft! Am Montag werden wir jetzt bestimmt noch mehr sein."
Einen weniger guten Tag hatte heute die überwältigende Mehrheit derjenigen Menschen, die einfach in Frieden leben und nichts mit derartigen Extrempositionen zu tun haben wollen – darunter Muslime, Christen, Anhänger anderer Religionen, Agnostiker und Atheisten.


Aus: "Anschlag auf Charlie Hebdo ganz großartig für Islamisten und Islamhasser" (Mittwoch, 7. Januar 2015)
Quelle: http://www.der-postillon.com/2015/01/anschlag-auf-charlie-hebdo-ganz.html (http://www.der-postillon.com/2015/01/anschlag-auf-charlie-hebdo-ganz.html)

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Quote[...] Ist ein 'religiöses Gefühl' weniger wert als das Gefühl, von religiösen Fanatikern bevormundet, belogen, verletzt und für dumm verkauft zu werden?, fragt Maria Schmitt, Mitherausgeber und Ex-Chefredakteur der Titanic.

Was will Satire und darf sie wirklich alles?
Maria Schmitt: Satire ist Kritik mit komischen Mitteln, sie muss immer alles wollen und dürfen.

Riskiert man nicht damit die Gefühle anderer zu verletzen?
Maria Schmitt: Im Zusammenhang mit religionskritischer Satire hört man immer wieder den unsinnigen Vorwurf: "Aber damit verletzt ihr doch die religiösen Gefühle anderer." Ich frage mich: Was soll denn das sein, ein "religiöses Gefühl"? Ist es weniger wert als das Gefühl, von religiösen Fanatikern bevormundet, belogen, verletzt und für dumm verkauft zu werden? Ist das Gefühl eines aufgeklärten Geistes weniger Wert als das Gefühl eines religiösen Einfaltspinsels? Es ist aufklärerische Menschenpflicht, jede Religion immer und überall zu kritisieren.

Wie wird sich der Anschlag in Paris auf die Arbeit von Satiremagazinen auswirken?
Maria Schmitt: Hoffentlich kein bisschen.

...


Aus: ""Es ist aufklärerische Menschenpflicht, jede Religion zu kritisieren"" (7. Januar 2015)
Quelle: http://www.journal-frankfurt.de/journal_news/Panorama-2/Oliver-Maria-Schmitt-ueber-Satire-und-die-Folgen-Es-ist-aufklaererische-Menschenpflicht-jede-Religion-zu-kritisieren-23481.html (http://www.journal-frankfurt.de/journal_news/Panorama-2/Oliver-Maria-Schmitt-ueber-Satire-und-die-Folgen-Es-ist-aufklaererische-Menschenpflicht-jede-Religion-zu-kritisieren-23481.html)

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Quote[...] BERLIN taz | Islamische Würdenträger und Verbände weltweit haben den mörderischen Überfall auf Charlie Hebdo in Paris verurteilt. Von einem ,,barbarischen Akt" und einem ,,Angriff auf die Demokratie und die Pressefreiheit" sprach der Rat der Muslime in Frankreich CFCM (Conseil francais du culte musulman), der die 5 Millionen Muslime des Landes vertritt. CFCM-Präsident Daili Boubakeur, der langjährige Rektor der Großen Moschee von Paris, wollte noch am Mittwoch den Anschlagsort besuchen.

,,In einem angespannten internationalen politischen Kontext, angeheizt von den Spinnereien terroristischer Gruppen, die sich fälschlicherweise auf den Islam beziehen, rufen wir all jene auf, die an den Werten der Republik und der Demokratie hängen, Provokationen zu vermeiden, die nur dazu dienen, Öl aufs Feuer zu gießen", so der CFCM weiter.

Die rivalisierende ,,Union islamischer Organisationen Frankreichs" (UOIF), die den Muslimbrüdern nahesteht, verurteilte ihrerseits aufs Schärfste ,,diesen kriminellen Akt". Frankreichs wohl bekanntester Imam Hassen Chalghoumi sagte: ,,Die Barbarei der Angreifer hat nichts mit dem Islam zu tun." Auf Hass könne man nicht mit Gegenhass antworten, sagte der aus Tunesien stammende Geistliche beim Besuch des Tatorts gegenüber dem französischen TV-Sender BFMTV. ,,Die Journalisten sind die Märtyrer der Freiheit." Chalghoumi leitet die Moschee im französischen Drancy.

Antirassistische und jüdische Verbände in Paris riefen gleichermaßen dazu auf, jetzt zur Verteidigung der Meinungsfreiheit und gegen Gewalt zusammenzustehen.

Die Kairoer Al-Azhar-Moschee, wichtigste religiöse Autorität des sunnitischen Islam – auf den sich auch der ,,Islamische Staat" (IS) beruft – verurteilte den Anschlag ebenfalls und wies darauf hin, dass der Islam Gewalt verabscheue. Rachid Ghannouchi, Präsident der islamistischen Partei Ennahda in Tunesien, sprach von einem ,,feigen und kriminellen Akt" und sagte, man müsse ,,diese terroristischen Akte, ihre Urheber, ihre Anstifter und all ihre Unterstützer strengstens verurteilen".

Im Internet gab es vereinzelt Jubel für die Attentäter. Ein Twitterer schrieb: ,,Es lebe IS-Frankreich! Man kann den Propheten verunglimpfen und zwanzig Jahre später den Preis zahlen." Ein anderer schrieb: ,,Ich bin ja so glücklich. Diese Hurensöhne von Rassisten, ich werde auf ihren Gräbern lachen."

Aber noch viel mehr hagelte es Solidaritätsbekundungen für Charlie Hebdo. ,,Ihr wolltet Charlie Hebdo töten? Ihr habt es unsterblich gemacht", heißt es in einem mehrtausendfach verbreiteten Tweet. Viel verbreitet wurde auch dieses Zitat des ermordeten Chefredakteurs Charb aus dem Jahr 2012: ,,Ich habe keine Angst. Ich habe keine Kinder, keine Frau, kein Auto, keinen Kredit. Es klingt aufgeblasen, aber ich will lieber aufrecht sterben als auf Knien leben."


Aus: "Reaktionen auf Anschlag in Frankreich: ,,Charlie" unsterblich gemacht" Daniel Bax & Dominic Johnson (07.01.2015)
Quelle: http://www.taz.de/Reaktionen-auf-Anschlag-in-Frankreich/!152425/ (http://www.taz.de/Reaktionen-auf-Anschlag-in-Frankreich/!152425/)

Title: [Michel Houellebecq... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 08, 2015, 11:05:18 AM
Quote[...] In Zeiten, da in Deutschland Pegida gegen den Islam mobil macht und Frankreichs rechtspopulistischer Front National bei den Europawahlen zur stärksten politischen Kraft geworden ist, kann sich so ein Romanplot geballter Aufmerksamkeit sicher sein. Wenn er aus der Feder des weltweit meistgelesenen französischen Autors der Gegenwart stammt, erst recht. Und so ist es nicht weiter verwunderlich, dass noch vor Erscheinen des Werks wahre Stürme der Begeisterung wie auch der Empörung über Frankreich hinwegfegen.

... Der Philosoph Alain Finkielkraut preist die ,,Unterwerfung" als ,,Meisterwerk eines mutigen Autors". Andere konservative Stimmen wie der ,,Figaro" oder ,,Le Point" deuten den Roman als überfälligen Aufruf, dem Niedergang des Abendlandes Einhalt zu gebieten. Laurent Joffrin, Chefredakteur der politisch links verorteten ,,Libération", bedauert, dass Houellebecq den Ideen des Front National die Anerkennung zuteilwerden lasse, die ihnen die Granden der Literatur bisher vorenthalten hätten.

... Sogar köstlich amüsieren kann man sich über die ,,Unterwerfung" – und dies als Muslim. Fateh Kimouche, Gründer der Website für muslimische Information Al-Kanz, fand die Lektüre jedenfalls ,,äußerst amüsant". Houellebecq schildert den französischen Gottesstaat ja nicht nur als geistiges Gefängnis, sondern auch als menschliches Gehege, in dem niemand Mangel leidet. Dank der Großzügigkeit saudischer Gönner regnet es Manna vom Himmel. Und auch für die Lust der Lenden ist gesorgt.

... Der Protagonist und Ich-Erzähler des Romans, der Literaturprofessor François, erfreut sich nach dem Übertritt zum Islam eines dreifachen Gehalts und, der Polygamie sei Dank, dreier Frauen. Der neue Direktor der Sorbonne, Robert Rediger, stellt das Glück des Angestellten in einen philosophischen Kontext. Rückhaltlose Unterwerfung erst mache es möglich, versichert er – was freilich schon wieder schaudern lässt.

Houellebecq selbst will sich allein als Künstler sehen, nicht als Brandstifter. Von politischen Dimensionen seines Romans will er nichts wissen. Er lehne den Begriff literarischer Verantwortung ab, hat er gesagt, Romane könnten die Welt nicht verändern. Dabei sind doch gerade in seinem Fall Werk und Wirklichkeit stets aufs Engste miteinander verflochten. Houellebecq und seine Romanhelden sind nur schwer auseinanderzuhalten. Wie so mancher frühere Protagonist scheint auch der Misanthrop François ein Alter Ego des Autors.

Dass Houellebecq seinen Roman in Zeiten wachsender Islamfeindlichkeit nicht als Brandbeschleuniger sehen will, geschweige denn diesen unschädlich zu machen gedenkt, hat Folgen.

...


Aus: "Michel Houllebecq Islamist im Elysée"  Axel Veiel (06. Januar 2015)
Quelle: http://www.fr-online.de/literatur/michel-houllebecq-islamist-im-elys-e,1472266,29494880.html (http://www.fr-online.de/literatur/michel-houllebecq-islamist-im-elys-e,1472266,29494880.html)

Quote[...] Michel Houellebecq, enfant terrible des französischen Literaturbetriebs und preisgekrönter Autor von umstrittenen Bestsellern wie ,,Elementarteilchen" oder ,,Die Möglichkeit einer Insel", hat sich dieses Schreckensszenario für seinen neuen Roman ,,Soumission" (,,Unterwerfung") ausgedacht. Noch bevor das Werk am heutigen Mittwoch vom Verlag Flammarion mit einer Startauflage von 150 000 Exemplaren ausgeliefert wird – eine deutsche Ausgabe soll am 16. Januar folgen –, hat es erregte Debatten ausgelöst.

Als literarisch verbrämte Provokation zur Ausgrenzung von Muslimen wird es kritisiert. Dagegen verwahrte sich Houellebecq im Interview mit der amerikanischen Literaturzeitschrift ,,Paris Review". Aus gutem Grund. 2011 hatte er den Islam als ,,die dämlichste Religion" bezeichnet und sich damit eine Klage der Liga für Menschenrechte wegen Verhetzung eingehandelt, die dann aber vor Gericht scheiterte. Den Koran, den er damals als ,,ekelerregend" schmähte, findet er heute ,,besser", als er dachte, nachdem er ihn jetzt gelesen habe. Gleichwohl räumt er als ,,Tatsache" ein, dass er mit Ängsten spielt. Nur um welche Ängste es ihm geht, die vor den Rechtsextremen oder die vor den Muslimen, sagt er nicht: ,,Das alles bleibt im Schatten."

Quotevon macthepirat
   07.01.2015 12:13 Uhr

Hm
die Zusammenfassung liest sich so als hätte da einer einen gesellschaftlichen Fantasy-Roman geschrieben. Ein Was-wäre-wenn-Szenario, ein Gedankenspiel. Und wenn jetzt wegen Gedankenspielen schon die Alarmsirenen losheulen... dann ist das Abendland tatsächlich schon untergegangen. Wie peinlich.

Vor nicht ganz 20 Jahren wurde der Roman "Vaterland" veröffnetlicht, geschrieben vom Briten Robert Harris. Die Basis dieses Krimnialromans war die Annahme a) Hitler lebt noch b) Deutschland hat den 2.WK gewonnen.
In Deutschland wurde das Buch heftig kritisiert, man fühlte sich angegriffen. Nach einiger Zeit beruhigten sich die Gemüter wieder.


Quotevon bergmann61
   07.01.2015 07:21 Uhr

Viel Glück
Da darf mensch gespannt sein ob ihn das Schicksal des Theo van Gogh ereilen wird !



Aus: "Houellebecqs Islam-Provokation wirkt" Hans-Hagen Bremer (06.01.2015)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/meinung/frankreich-houellebecqs-islam-provokation-wirkt/11193372.html (http://www.tagesspiegel.de/meinung/frankreich-houellebecqs-islam-provokation-wirkt/11193372.html)

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Quote[...] Was Michel Houellebecq in seinem Roman ,,Unterwerfung" (Soumission) in einer wilden Mischung von fiktivem und realem Personal für das Jahr 2022 entwirft, ist von einer unheimlichen Stille, die sich nur schwer mit dem Wort von der Angstvision vereinbaren lässt, das im Zusammenhang mit dieser Dystopie oft gefallen ist. Sie wartet nicht einmal mit dem für viele ärgsten aller Schrecken auf, dem Alkoholverbot. Die Schlächter der IS-Miliz sind fern. Die Wirklichkeit des 7. Januar 2015 hat die Weissagungen des Magiers Houellebecq, die ,,prédictions du mage", die das Pariser Satiremagazin ,,Charlie Hebdo" auf ihrem aktuellen Titel ankündigt, nun auf entsetzliche Weise überholt.

,,Unterwerfung" lebt ohnehin nicht im geringsten von der Paranoia islamfeindlicher Wutbürger, sondern von der klarsichtigen Abscheu vor einem ökonomisch, politisch und spirituell erschöpften gegenwärtigen Frankreich, das sich zumal auf der Linken in billigen, aus dem alten Lagerdenken gewonnenen Reflexen ergeht. Es ist kein Roman aus der geschichtsphilosophischen Vogelperspektive, sondern eine Erzählung aus dem Blickwinkel eines typischen Houellebecq-Helden, die Geschichte einer verlorenen, sexuell frustrierten Seele, der die Versprechen der klassischen Utopien ebenso abhanden gekommen sind wie die Tröstungen der Dekadenz. Während der Autor aus der Zukunft kommt, um die abenteuerliche Vereinbarkeit eines mit allen rechtsintellektuellen Wassern gewaschenen Denkens mit den argumentativen Purzelbäumen eines sich rationalistisch gebärdenden Islam zu inszenieren, kommt sein Protagonist aus der Vergangenheit des 19. Jahrhunderts.

... ,,La conversion" sollte der Roman ursprünglich betitelt sein. Genauso gut könnte er aber auch ,,Die Inversion" heißen. Denn die zeitgenössische Wahnhaftigkeit dieses Figuren- und Ideentheaters wird dadurch in Schach gehalten, dass man sich in einem historischen Spiegelkabinett befindet, in dem jedes Argument unter anderen ideologischen Vorzeichen schon einmal vorgetragen worden ist. Was Houellebecq als Siegeszug des Islam imaginiert, ist in vieler Hinsicht die Wiederkehr eines ins Chauvinistische gesteigerten Katholizismus unter veränderten Vorzeichen.

... Houellebecs schillerndste Figur ist dabei Robert Rediger. Einst ein Kopf der identitären Bewegung und nun muslimischer Präsident der Sorbonne, hat er eine drei Millionen Mal verkaufte Schrift verfasst, die auf die denkbar unschuldigste Weise ,,Zehn Fragen zum Islam" beantwortet. Was für Polygamie spricht, erklärt er in einer Mischung aus Darwinismus und Intelligent-Design-Gründen, die auch von Kreationisten stammen könnten. Die Halal-Ernährung befördert für ihn ökologisches Denken, und in einer Zeitschrift erklärt er in Anlehnung an den wirren französischen Sufisten René Guénon alias Abdel Wahid Yahia, warum der Islam zur Weltherrschaft aufgerufen sei. Mit ihrer Betonung des liberalen Individualismus seien die abendländischen Gesellschaften dem Untergang geweiht. Michel Houellebecqs so schwer politisierbarer wie unendlich duldsamer und gefügiger Held tritt nun an, das Gegenteil zu beweisen.


Aus: "Michel Houellebecq: Roman "Unterwerfung" Der kommende Aufstand" Gregor Dotzauer (01/2015)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/kultur/michel-houellebecq-roman-unterwerfung-charles-peguy-meinte-es-mit-seinem-katholizismus-bitterernst-/11198910-2.html (http://www.tagesspiegel.de/kultur/michel-houellebecq-roman-unterwerfung-charles-peguy-meinte-es-mit-seinem-katholizismus-bitterernst-/11198910-2.html)
Title: [Wir haben ein doppeltes Problem... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 08, 2015, 11:13:39 AM
Quote[...] Benjamin Idriz, 42, ist seit 1995 Imam, also islamischer Gelehrter, in der oberbayerischen Gemeinde Penzberg. Er plant seit mittlerweile acht Jahren ein Islamzentrum in der Münchener Innenstadt, das von rechtspopulistischen Gruppen heftig bekämpft wird.

Herr Idriz, bei einem Anschlag auf das Redaktionsgebäude des Satire-Magazins Charlie Hebdo wurden mindestens zwölf Menschen ermordet. Es ist aktuell noch unklar, wer genau hinter dem Angriff steckt. Die Täter riefen nach Angaben von Zeugen "Wir haben den Prophet gerächt".

Benjamin Idriz: Es spricht vieles dafür, dass die Täter sogenannte Islamisten waren. Nein, ich muss mich korrigieren: Ich würde sie eher Wahnsinnige nennen. Es sind kriminelle Menschen. Das ist gegen den Islam. Ich komme zu diesem Schluss, weil dieses Magazin Karikaturen veröffentlicht hat, zuletzt haben sie den IS-Führer al-Baghdadi karikiert.

Kein Muslim kann es begrüßen, wenn Religionen verspottet werden - sei es das Christentum oder der Islam. Das ist jedes Mal ein Angriff auf die Würde dieser Menschen. Aber: Eine freie Religionsausübung ist nur möglich in einer freien Gesellschaft, in der die Prinzipien der Meinungsfreiheit für alle gelten. Die Meinungsfreiheit muss geschützt werden, sie ist ein hoher Wert. Ich akzeptiere die Karikaturen nicht, aber wir müssen mit ihrer Kritik umgehen - wir müssen eine intellektuelle Antwort finden. Wir müssen mit Argumenten, wir dürfen nicht mit Gewalt reagieren. Für Muslime beginnt nun eine schwierige Zeit.

Wie meinen Sie das?

Wir haben ein doppeltes Problem. Einerseits von gewalttätigen Menschen, andererseits von dem Teil der Mehrheitsgesellschaft, der vielleicht nicht in der Lage ist, einen differenzierten Blick auf den Islam zu werfen. Es droht, wie immer in solchen Fällen, ein Generalverdacht. Wir müssen uns auch mit den sogenannten Muslimen auseinandersetzen, die Gewalt bejahen. Wir müssen Aufklärungsarbeit leisten und die Position des Islams darstellen.

Was ist denn die Position des Islams?

Wenn das alles stimmt, wenn es wirklich ein "Racheakt" war - wovon ich ausgehe - dann würde ich gerne an eine bekannte Szene erinnern, die ich oft in meinen Predigten erwähne. Der Prophet Mohammed musste Mekka verlassen, weil die Menschen ihn und seine Lehren abgelehnt haben. Als er nach zehn Jahren zurückkam, fürchteten diejenigen, die ihn vertrieben hatten, seine Rache. Doch er sagte: "Gott möge euch verzeihen! Macht, was ihr wollt. Ihr seid frei."

Was soll das bedeuten?

Er hat keine Rache ausgeübt. Er würde von Menschen nie verlangen, Gewalt auszuüben. Er würde sich von solchen Akten distanzieren. Er würde sie auf das Schärfste verurteilen.

Aber es gibt Passagen im Koran, in denen Gewalt ausgeübt wird.

Diese Koranverse sind von historischer Bedeutung; sie haben mit der Zeit, in der wir leben - eine Zeit des Friedens - absolut nichts gemein. Menschen, die solche Verse als Rechtfertigung für ihre Taten vortäuschen, missbrauchen den Koran. Ansonsten hätten sich Muslime im Laufe von tausend Jahren ununterbrochen immer im Krieg befinden müssen. Das ist aber nicht der Fall.

Was ist denn, wenn es der Fall wäre, wenn wir also im Krieg leben würden, wie die Terroristen immer wieder argumentieren?

Auch in diesen Fällen kann man diese Verse nicht verwenden. Krieg zu führen ist allein die Sache eines Staates und von Soldaten. Diese Verse sind höchstens - und wir reden hier von absoluten Ausnahmefällen - gültig, wenn ein Staat angegriffen wird. Es ist die Aufgabe eines Staates, sich zu verteidigen. Zivilisten dürfen solche Maßnahmen nicht anwenden.

Sie sind Imam in Penzberg und reden oft mit muslimischen Menschen über das Thema Terrorismus. Was ist das Feedback in Ihrer Community?

Empörung! Es herrscht Angst in der Community. Unsere Religion wird durch solche Kriminellen komplett in Frage gestellt. Diese Menschen haben unserer Religion viel mehr Schaden zugefügt, als diese Karikaturen es jemals tun könnten.

Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Alternative für Deutschland (AfD), Alexander Gauland, interpretiert den Anschlag auf die Redaktion von "Charlie Hebdo" als Rechtfertigung für die Anti-Islam-Bewegung Pegida. Was sagen Sie dazu?

Alle normalen Menschen sind von solchem Terror geschockt - wir Muslime sind es ja nicht weniger als andere, sondern mehr. Weil es unsere Religion ist, die dadurch so schrecklich missbraucht und entstellt wird. Wir arbeiten hier seit Jahrzehnten angestrengt und konstruktiv für gelingende Integration, für die Lösung von Problemen. Das sollten die Politiker ernst nehmen, nicht das absurde Gerede von einer "Islamisierung des Abendlandes". "Pegida" tut das Gegenteil, sie arbeiten denen in die Hände, die Konfrontation schüren, Hass säen und am Ende zu Gewalt greifen. Wie das der NSU getan hat.


Aus: "Imam Benjamin Idriz: "Das ist gegen den Islam"" (7. Januar 2015)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/panorama/imam-benjamin-idriz-das-ist-gegen-den-islam-1.2294917 (http://www.sueddeutsche.de/panorama/imam-benjamin-idriz-das-ist-gegen-den-islam-1.2294917)

Title: [Die Guten und das Böse... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 12, 2015, 12:46:28 PM
QuoteDie Guten und das Böse

Terror Es wäre fatal, würde der Anschlag von Paris als Anlass für einen Clash of Cultures instrumentalisiert. Zu schnell ist die Rede von einer Kriegserklärung an den Westen

Es ist das Nächstliegende, das Nachvollziehbare, das Unvermeidliche, aber auch Erschreckende an den Reaktionen auf das Attentat in Paris: Ein unbestimmtes Gefühl wird einmal mehr zur bestimmenden Gewissheit erhoben. Ausformuliert enthält es die Botschaft: Die Kulturnationen des Westens kommen um ihren Kreuzzug – eigentlich ihren Krieg – gegen totalitäre und menschenverachtende Muslime nicht mehr herum. Sie müssen ihn jetzt führen. Wann sonst?

Wer diesem fatalen Schluss entgegenhält, ihr führt diesen Krieg doch längst, und die Orte auf der Welt, an denen ihr das tut, werden immer zahlreicher, bekommt zu hören: Aber wir führen ihn gezwungenermaßen, und wir tun es nicht unerbittlich und effizient genug. Wir mussten durch die Bluttat von Paris einmal mehr erfahren, die anderen haben uns diesen Krieg erklärt, weil sie ihren Kreuzzug gegen die Ungläubigen führen und den Propheten rächen wollen.

Es ist zu befürchten, dass diese komplementären Denkweisen nun mehr denn je in ebensolche Verhaltensmuster münden. Sie können durch eine verschreckte und verunsicherte öffentliche Meinung in Frankreich oder auch in Deutschland auf wachsenden Zuspruch rechnen. Was dann wohl heißt, dass man einen solchen Gegner nur mit seinen eigenen Waffen schlagen kann – gezieltes Töten auf beiden Seiten also.

Nicht nur religiöse Fanatiker brauchen Feinde, um ihre Ziele zu rechtfertigen, so wahnsinnig und verstiegen sie auch sein mögen. Man denke an den amerikanischen Präsidenten George Bush, der nach 9/11 Rache zur Raison d'être erhob und schwor: "Wir werden das Böse aus dieser Welt auslöschen." Das war ein so anmaßender wie messianischer Anspruch, der nach Afghanistan führte, woher gerade Tausende von Soldaten heimkehren, ohne das Böse ausgelöscht zu haben. Weil man dort selbst zu einem Teil des Bösen wurde und einen Gegner in seinem Überlebenswillen bestärkt hat.

Vielleicht ist derzeit nichts verhängnisvoller, als den Anschlag von Paris als Initialzündung und Legitimation für einen ,,Clash of Cultures" zu deuten und zu instrumentalisieren. Wer von einer ,,Kriegserklärung an den Westen" spricht, der eskaliert und sorgt im vorauseilenden Schicksalsspiel für Schlachtordnungen, denen zu entkommen schwerfällt. Der bringt die Täter von Paris in eine Rolle, in der sie sich selbst sehen, als Vollstrecker und Märtyrer, die ein Zeichen gegen eine kulturelle Hegemonie setzen wollten, die sie als vormoderne Zombies stigmatisiert und ihnen das Gefühl vermittelt, unerwünscht zu sein.

Nach 9/11 schrieb die indische Schriftstellerin Arundhati Roy zur Erklärung des Vernichtungswillens und der hemmungslosen Grausamkeit der Attentäter von New York, Wut sei der Schlüssel. ,,Wer ist Osama bin Laden wirklich? Ich möchte es so formulieren: Er ist der dunkle Doppelgänger des amerikanischen Präsidenten. Er ist aus der Rippe einer Welt gemacht, die durch die amerikanische Außenpolitik und durch ihre Kanonenboot-Diplomatie verwüstet wurde, ... durch ihre kühle Missachtung aller nicht-amerikanischen Menschenleben."

Was heißt das heute für den Umgang mit muslimischen Menschenleben, wenn jeder zweite Franzose das Wort ,,Islam" mit Fanatismus assoziiert? Es gibt gerade in diesem Moment eine immense Verantwortung, den Islam nicht mit Terrorismus gleichzusetzen, sondern Koexistenz anzubieten. Die Schwelle zum Rassismus ist schnell überschritten. Auch die zum Religionskrieg gerät schon in Sicht.   

QuoteLethe 09.01.2015 | 11:31
@sanpodon
Was wir brauchen, ist echter Respekt anstatt uneinfühlsamem, verletzendem Spott!

Und wo ist die entsprechende Forderung an die stets tiefverletzten selbsternannten Fahnenträger einer einseitigen und humorlosen Auffassung des Islam? Meinen Sie, es verletzt die Gefühle eines säkularen Humanisten nicht, wenn er sich immer wieder ernsthaft mit Forderungen einer Geisteshaltung konfrontiert sieht, die eigentlich schon seit drei Jahrhunderten überwunden sein sollte? Wobei diese Forderungen nicht nur von Moslems ausgeht, ihre christlichen Pendants sind genau so humorlos drauf.


QuoteHeinz Lambarth 09.01.2015 | 13:22

... Dabei sollten wir selbst mit gutem beispiel voran gehen. Seit dem Westfälischen Frieden ist in mitteleuropa religion privatsache - das wurde im schier endlosen morden im sogenannten 30-jährigen-krieg "errungen". Deshalb wäre es von herausragender notwendigkeit, religion aus dem öffentlichen raum (auch aus klassenzimmer in Bayern!) herauszunehmen. Dazu zählt vor allem das verbot aller parteien und vereinigungen, die religiöse bezüge in ihrem namen führen (wie z.B. C-DU oder C-SU...).

Das wäre ein höchst angebrachter, aber nur ein erster schritt!!!


Quotesanpodon 09.01.2015 | 14:13
@Lethe

... dass ein blutleerer, völlig erschlaffter "Westhumanismus", gepflegt im intimen Kreis salbungsvoller Sonntagsredner, durch nichts zu beleidigen und daher nicht mit dem Islam vergleichbar ist, liegt wohl auf der Hand.


QuoteGlaskugel 09.01.2015 | 16:22

Die Süddeutsche berichtet von einer Veranstaltung muslimischer Verbände, bei der sich verschiende islamische Verbände zu den Vorfällen in Frankreich äussern und zitiert Bekir Alboğa (Vorstandsmitglied der Türkisch-Islamischen Union):

"Alle (...) verteidigen die Presse- und die Meinungsfreiheit. Wir wollen aber auch respektiert werden. Auf Provokationen muss man verzichten. Wir lieben unseren Propheten."

Ich nehme dem Herrn ab, dass die Distanzierung von den Mordtaten kein Lippenbekenntnis ist - aber das setze ich voraus. Dass dies aber reflexhaft mit dem Hinweis auf die vermeindliche Provokation gekoppelt, wird finde ich bedenklich. (Herr Alboğa ist ja nur ein Beispiel für viele entsprechende Stellungnahmen)

Ich würde mir ein klares Bekenntnis zur Presse-, Kunst- und Meinungsfreiheit wünschen. Warum sagt der Herr nicht: Als Muslim gefallen mir Karrikaturen des Propheten zwar  nicht, ich  akzeptiere aber ausdrücklich, dass unserer Gesellschaft die Freiheit der Meinungsäusserung schützt.

Nochmal der Hinweis: Die Karrikatiuren (soweit ich etwas davon gesehen habe) sind harmlos. Dass es Grenzen der Freiheit geben mag (z.B. Koran-Verbrennung dieses Spinners in den USA) - darüber kann man ja reden. Aber die konkreten Fälle Charlie Hebro und Jytlands Posten müssen jedem zumutbar sein, ansonsten können wir unsere Meinungsfreiheit gleich in die Tonne kloppen!


Quotestiller 10.01.2015 | 01:03
Das Widerliche an der bürgerlichen Gesellschaft bleibt, dass sie sich für so garnicht terroristisch hält.


QuoteOtelo 09.01.2015 | 18:35

Die Ermordungen der Pariser Karikaturisten waren in der Tat kriminell und barbarisch.

Die Attacke war aber zielgerichtet. Die Getöteten waren keine unbeteiligten Bürger. Die Karikaturisten haben aus der Sicht gläubiger Vertreter der islamischen Gesellschaften verletzende Islam-Karikaturen als ihr Geschäftsmodell erfunden und regelmäßig veröffentlicht, um damit Geld zu verdienen.

Dass sich die islamische Welt durch solche westlichen ,,Presse-Freiheiten" beleidigt und in ihren innersten Werten herabgesetzt fühlt, war bekannt. Es wurde aber nicht darauf reagiert, weil man sich ja im Westen im Land der absoluten Freiheit befindet. Ist das aber wirklich so?

Nach allen westlichen Mainstream-Medien-Presse-Aussagen sowie den Regierungsstatements (Merkel, Hollande) gilt für solche beleidigenden und herabsetzenden Schmähprodukte in Form von ehrverletzenden Karikaturen der Pariser Karikaturisten die Pressefreiheit.

Welche Pressefreiheit? - Die Pressefreiheit-oder ganz allgemein- die Freiheit irgendetwas zu veröffentlichen, ist eben nicht absolut. Es werden nämlich aus gutem Grund hier bei uns Karikaturen und Aussagen über die jüdische Religion oder jedwede ehrverletzende und rassistische Darstellungen, die nur ansatzweise mit dem nationalsozialistischen Gedankengut und der Judenverfolgung in Verbindung gebracht werden können, gerichtlich verfolgt. DA ENDET DIE PRESSEFREIHEIT. Was ist aber mit der Ehre der islamischen Gesellschaften?

Es geht grundsätzlich natürlich um das Bewahren der Freiheit der Presse, gegen die niemand etwas haben kann , aber es geht auch um die Freiheit der anderen, von Minderheiten, Juden, Schwulen und Lesben, Sinti und Roma, Migranten, der Religionen, Demonstranten und auch dem ISLAM . Die Pressefreiheit ist eben nicht absolut. Auch wenn das von Seiten der Main-Stream-Presse am Tag des schlimmen Pariser Anschlages komplett unerwähnt bleibt, dass hier Karikaturisten mit ihren Veröffentlichungen einen großen Teil der islamischen Gesellschaften von insgesamt ca. 1 Milliarde Menschen im Namen der Pressefreiheit über Jahre beleidigt und verletzt haben.

Die getöteten Karikaturisten waren somit auch Täter. Es bestand jedoch kein Grund, diese Leute deswegen zu erschießen.

Wie konnte es aber dazu kommen?Was tun wir? Der sog. Westen? Was machen wir? In welcher Weise sind wir mitschuldig an dieser durcheinander gebrachten Welt?

Wir wissen es im Grunde alle. Auch ihr ,,freien Medien" wisst es. Wir alle kennen unsere Schuld: Frau Merkel, Herr Steinmeier, Herr Hollande, Herr Cameron und Obama als Weltterrorist Nr. 1 mit seinen Drohnen-Killer-Einsätzen..alle wissen, dass sie schuldig sind...sie wissen, dass WIR die eigentlichen Schurkenstaaten, die STAATSTERRORISTEN... sind.

In die islamische Welt SIND WIR mit den allgemein widerlegten fadenscheinigen Kriegs-Gründen mit Hightech-Waffen eingedrungen und haben hunderttausende Mitglieder eben dieser islamischen Gesellschaften ermordet. Warum fällt mir in diesem Zusammenhang immer der Name Göring-Eckard mit ihrem Gefasel über eine Gefahr von Russland ein und die Ukraine sei demokratisch gewählt und man muss den Kurden Waffen schicken ? DIE NATO, dieses unselige westliche Aggressionsbündnis, verteidigt uns natürlich nicht. Sie führt Angriffskriege! Der Präses Köhler hatte NATÜRLICH recht, als er sagte, der NATO gehe es um den Schutz der Handelswege, also um die Resourcen der anderen und das war noch milde ausgedrückt. Ich als Bochumer Bürger habe noch nie einen Islamischen Kämpfer bei uns in Bochum Hamme gesehen. Im Sauerland laufen keine herum und um den Staudamm vom Möhnesee und der Edertalsperre gibt es auch keine. Andersrum wird ein Paar Schuhe daraus. Die islamischen Gesellschaften.....die haben wirklich die fremden ,,Friedenstifter" im Lande. Die westlichen Friedensstifter kommen ins islamische Land mit ihren ,,friedlichen Hightech-Bombern" – klimatisierte Kabine, Joy-Stick, direkt-Draht zu den Lieben nach Hause in Arizona und Texas – und der islamisch-arabische Mensch am Boden im Irak und Afghanistan muss hilflos zusehen , wie der Recht-schaffende Bomberpilot aus Texas den roten Knopf an seinem Joy-Stick drückt und die islamische Familie auslöscht . Das einzige, was den paar Überlebenden dann noch bleibt, ist die Reste ihrer Angehörigen in Einzelteilen auf zu sammeln , um sie dann bestatten zu können.

Und .............kann man sich dann nicht vorstellen, dass von dieser 1 Milliarde seit Jahrzehnten gedemütigter Muslime ein paar junge Leute heute in Paris, die diese Herabsetzung und Ausbeutung und Tötung ihrer Eltern und Großeltern und Landsleute durch den ,,demokratischen Westen" seit etlichen Jahren miterlebt haben und weiter erleben , und sich andrerseits in ihren Gastländern nicht aufgenommen und an den Rand gedrückt und chancenlos erkennen, im Kopf krank werden und ausrasten?

...


QuoteRosbaud 10.01.2015 | 14:24
@Otelo

Dass wir im Westen nicht die "Guten" sind, dass mit dem "Krieg gegen den Terror" der Terror erst zur Hochblüte gebracht wird, mit der Playstationmentalität beim Töten, mit dem allen haben Sie sicher recht.

Aber die Charlie-Hebdo-Karikaturisten waren keine Täter, sie waren Nutzer, Freiheitsnutzer, sie haben ihre Rechte in einer freien und offenen Gesellschaft genutzt. Und soweit mir bekannt, haben sie auch vor jüdischen Ultraorthodoxen nicht Halt gemacht. Das ist gut so! Ich möchte nicht kuschen müssen vor Leuten, die sich aus Angst um ihr Seelchen im Jenseits in irrationale Märchenwelten flüchten.

Religion soll Privatsache sein, wenn sie in den öffentlichen Raum drängt und den Alltag bestimmen möchte, muss sie sich Gegenwehr gefallen lassen.


QuoteAvatar
Jom 10.01.2015 | 03:51

... "Was darf die Satire? Alles."

Kurt Tucholksy


Quotefreedom of speech? 10.01.2015 | 14:35
@Rosbaud

"...Aber die Charlie-Hebdo-Karikaturisten waren keine Täter, sie waren Nutzer, Freiheitsnutzer, sie haben ihre Rechte in einer freien und offenen Gesellschaft genutzt...."

Danke!

Die ,,täterverständnisvolle" Seite mit der ,,sind doch selber Schuld" Attitüde, die sich hier so tummelt, wird langsam unerträglich.

Viele Grüße
fos?


Quotemichaschlag 11.01.2015 | 09:45

Frankreich ist ein säkularer Staat und eine Kulturnation ersten Ranges. Anders als bei uns hat "das Wort" einen sehr hohen Stellenwert und haben sowohl Schriftsteller als auch Karikaturisten einen wesentlich höheren Stellenwert als bei uns. Während in Deutschland Kultur allenfalls als schmückendes Beiwerk der Produktion und Handel verpflichteten Gesellschaft wahrgenommen wird, ist sie in Frankreich elementarer Bestandteil des täglichen Lebens. La France ist also doppelt ins Herz getroffen worden, einmal in ihrem Staatsverständnis von strikter Trennung des Glaubens vom Staat und ein anderes Mal in seinem kulturellen Selbstbewusstsein. Der Schmerz sitzt tief, und wenn er nachlässt, ist eine harte politische Auseinandersetzung zu erwarten. Man kann unseren Nachbarn nur wünschen, dass sie sich auf ihre Grundwerte besinnen und im Umgang mit dieser barbarischen Attacke nicht dem u.s.amerikanischen Beispiel folgen.


QuoteRaphaela23 11.01.2015 | 12:35
@freedom of speech?

"Die ,,täterverständnisvolle" Seite mit der ,,sind doch selber Schuld" Attitüde, die sich hier so tummelt, wird langsam unerträglich."

- Zustimmung.

Was leider grade stattfindet, ist das Verschwinden der Differenzierung:

Da "demonstrieren" heute in Paris Leute wie Poroschenko (der in der Ukraine grade ein Propagandaministerium eingerichtet hat) und andere Protagonisten der Pervertierung "westlicher Werte" mit der Behauptung, Charlie zu sein und auf der anderen Seite bekunden erschreckend viele, die man eigentlich auf der Seite ECHTER, humanistischer Werte vermuten würde, Verständnis für deren Einschränkung aufgrund von "Verständnis für religiöse Gefühle".

Das bewirkt u. a., daß sich die Bürger westlicher Länder hinter der Flagge "westlicher Werte" versammeln sollen, die in diesem Fall eindeutig eine "false flag" ist: Staatsterror, Angriffskriege, Ressourcenraub, Folter, totale Überwachung und institutionalisiertes, internationales Oligarchentum sind KEINE "westlichen Werte" im Sinne von Aufklärung, Humanismus und universellen Menschenrechten.

Aber jede Art von fundamentaler Religionsauffassung und deren Versuche, auch (noch, halbwegs) säkulare Gesellschaften zu dominieren, sind GENAUSO deren politischer Feind.

Wenn ich sehe, WER alles behauptet "Je suis Charlie" mag ich mich mit diesem Label nicht mehr identifizieren, denn es wird genau von denen mißbraucht, die bürgerliche Freiheiten einschränken (oder sogar vernichten) wollen.

...


....


Aus: "Die Guten und das Böse" Lutz Herden (08.01.2015)
Quelle: https://www.freitag.de/autoren/lutz-herden/die-guten-und-das-boese (https://www.freitag.de/autoren/lutz-herden/die-guten-und-das-boese)
Title: [Wir haben global eine Auseinandersetzung innerhalb... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 13, 2015, 10:41:41 AM
Himmel (dpo) - Es ist das Ende einer fast sechstausendjährigen Ära: Wie er heute in großen flammenden Buchstaben am Himmel mitteilte, hat Gott der Erde und ihren Bewohnern endgültig den Rücken gekehrt. Demnach habe er sich entschlossen, sein seliges Schaffen in ein "anderes, noch nicht völlig verkorkstes Sonnensystem zu verlagern". Gebete nach dem heutigen Tage würden nicht mehr erhört. ...

Aus: "Gott in anderes Sonnensystem ausgewandert, weil er von der Menschheit genug hat" (12. Januar 2015)
Quelle: http://www.der-postillon.com/2015/01/gott-in-anderes-sonnensystem.html (http://www.der-postillon.com/2015/01/gott-in-anderes-sonnensystem.html)

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Quote[...] ZEIT ONLINE (Parvin Sadigh): Herr Murtaza, mehr als die Hälfte der Europäer fürchtet sich vor dem Islam, obwohl sich diese Menschen selbst eher als tolerant gegenüber verschiedenen Religionen verstehen. Warum ist das so?

Islamwissenschaftler Muhammad Murtaza: Der Islam ist nach dem Christentum die inzwischen größte und noch dazu eine sehr sichtbare Religionsgemeinschaft: Wir sehen in Innenstädten Moscheen, Frauen mit Kopftüchern und erleben, wie Kantinen an Schulen und Universitäten Rücksicht auf muslimische Speisegebote nehmen. Diese europäische Offenheit im Zuge der Religionsfreiheit kann dazu führen, dass Menschen sich im eigenen Land fremd fühlen und sich vor gesellschaftlichen Veränderungen fürchten. Aber eine Gesellschaft, die sich – im Einklang mit ihren Werten – nicht wandelt, ist eine tote Gesellschaft.

ZEIT ONLINE (Parvin Sadigh): Deshalb glauben die Menschen, der Islam befürworte Gewalt?

Murtaza: Die zweite Ursache der Islamophobie ist, dass seit den Anschlägen vom 11. September der Islam als eine gewalttätige Religion auffällt. Menschen muslimischen Glaubens morden im Namen Gottes, im Namen des Propheten, im Namen des Korans. An diesem negativen Bild des Islam sind diese Gewalttäter und Möchtegernmuslime Schuld. Angst vor Terror im Namen des Islam ist also berechtigt. 

Gott sei Dank haben wir aber seit 2001 auch gelernt, dass diese Gewalttäter eine zutiefst problematische Minderheit innerhalb des Islam sind, die alle töten, Nichtmuslime und Muslime. Damit sind sie unser aller Problem und nur wir gemeinsam können dieses Problem lösen.



ZEIT ONLINE: Muss sich der Islam selbst reformieren?

Murtaza: Wir brauchen keine Reform des Islam, sondern eine ethische rationale Lesart des Koran. Er entstand in der Stammesgesellschaft Arabiens im 7. Jahrhundert. Universale Werte mussten damals Rücksicht auf die arabische Sprache, auf die Kultur, die Denkweise und die sozioökonomische Struktur nehmen. Eine wörtliche Lesart der Offenbarung übersieht heute nicht nur diese universalen Werte, sondern bietet die Vorlage für religiöse Tyrannei. Viele Muslime machen es sich damit bequem und verklären die Vergangenheit zu einem Goldenen Zeitalter, das wiederhergestellt werden muss. Das gebiert Archäologen, deren geistige Kräfte rückwärts, nicht vorwärts, gerichtet sind.

[...]

Murtaza: Wir haben global eine Auseinandersetzung innerhalb der muslimischen Religionsgemeinschaft darüber, was der Islam in der Moderne sein soll. Es ist ein Kampf um die Köpfe und Herzen der Muslime. Soll der Islam eine nihilistische menschenverachtende gewalttätige Religion sein? Oder soll er zu tun haben mit Glaube, Persönlichkeitsentwicklung, Mut zur Freiheit, Demokratie, Offenheit, Neugierde, Nächstenliebe, Kreativität und einem Mit-den-Menschen-sein? Wie lange diese Auseinandersetzung andauern wird, wie viel Gewalt wir alle noch erleben müssen, weiß ich nicht. Wenn wir alle Verantwortung für diese Religionsgemeinschaft übernehmen, auch für die Gräuel, die im Namen dieser Religion getan werden, auch für das Blut, dass an dieser Religion klebt, dann kann diese zu sich selbst kommen und emanzipiert mit der heutigen Welt, den Nationen, Religionen und Weltanschauungen in Dialog treten.



ZEIT ONLINE: Sind die Solidaritätsbekundungen "Je suis Charlie" ein guter Anfang, gemeinsam etwas zu tun? 



Murtaza: Ja, und es geschieht noch Weiteres. In der arabischen Presse wurde das Attentat verurteilt. Das ägyptische Blatt Al-Shuruq hat auf der Titelseite die Karikaturen nachgedruckt. Auch in Deutschland haben alle muslimischen Verbände das Attentat verurteilt. Auf Facebook sieht man auf etlichen Profilseiten von Muslimen das Banner "Je suis Charlie". Immer mehr Muslime sind es leid, dass Außenseiter Gewalt mit ihrer Religion legitimieren und dadurch eine Weltreligion mit über 1,5 Milliarden Anhängern unter Verdacht stellen.

Nach dem Terror in Frankreich stehen wir vor einem Scherbenhaufen. Das Misstrauen gegen Menschen muslimischen Glaubens wird weiter steigen. Wir werden in Zukunft noch mehr Anfeindungen ausgesetzt sein. Und auch die Politik wird notgedrungen eine Sicherheitspolitik auffahren müssen, die die hiesigen Muslime zuerst einmal als Risiko wahrnimmt. Was wir Muslime nun noch tun können? Mehr als jemals zuvor, jeden Tag versuchen, die Menschen damit zu beeindrucken, dass der Islam etwas anderes ist.

...

QuoteDenk Panzer
   gestern 17:55 Uhr

1. Gründe

Ich würde zu den Gründen für die Islamistische Gewalt noch die Post-Koloniale Zeit anfügen. Das Verhalten der westlichen Ländern im Mittleren Osten, die ständigen militärischen, geheimdienstlichen Eingriffe haben den Extremisten viele Anhänger geschenkt. Und dieses Verhalten geht bis heute so, siehe Afghanistan, Irak, Saudi Arabien etc. Auf der Suche nach billigem Öl sind wir bereit, Diktaturen zu unterstützen.



Quote
   Demokläs
   gestern 18:00 Uhr

2. Nein.....

"Mal war es die Machtpolitik des Westens, die für den islamistischen Terror verantwortlich gemacht wurde, mal soziales Elend und Marginalisierung junger Muslime. Diese sind aber nur Brandbeschleuniger, nicht das Feuer."

Hamed Abdel-Samad

Nein das ist eindeutig eine inner-Islamische Kulturkampf!


Quote
   Horsters
   gestern 18:03 Uhr

3. Der Schlüssel ist die Scharia

Alle Extremisten wollen die Scharia einführen.

Diese Scharia ist eine Auslegung der Wahabiten, von denen nie jemand was gehört hätte, wenn es in Saudi Arabien nicht so viel Öl gäbe.
Diese Scharia sagt einem Beduinen in der Wüste alles, was er jemals über muslimisches Recht wissen muss.

Sie passt nur ganz und gar nicht in die westliche zivilisierte Welt.


Quote
   HH4
   gestern 18:28 Uhr

15. und was ist dann von

Koranschulen zu halten ? Sind die Lehrer auch alle ahnungslos ? Ist die Stellung der Frau im Islam auch auf Ahnungslose zurück zu führen ? Wie konnte die Muslimbrderschaft so eine starke internationalen Kraft werden, durch Ahnungslose? Warum terrorisieren Tausenden, in x Ländern ihre Glaubensbrüder, sind das alles Ahnungslose. Der Verweis auf einige zu Recht schräge Vögel greift doch viel zu kurz und die Kolonisierung ist auch nicht daran Schuld wenn in Saudi Arabien Blogger ausgepeitscht oder geköpft werden und Schuld ist sie auch nicht daran das Millionen Arbeitssklaven in muslimischen Länder völlig rechtlos sind.


Quote
   Abwaka
   gestern 18:28 Uhr

16. Gute Frage

Lauthälse und Parolen setzten sich leider schon immer gegen Intelligenz durch und zwar in den meisten Kulturen. Auch hierzulande, siehe Rechtspopulisten


Quote
   Wolf Polzin
   gestern 18:41 Uhr

22. Diese 'Dummköpfe'

begehen den Fehler, dass sie das, was im Koran steht, wörtlich nehmen.

Kann man ihnen deswegen einen Vorwurf machen?


Quote
   aram62
   gestern 18:49 Uhr

26. Ein ehrliches und befreiendes Statement

"Wenn wir alle Verantwortung für diese Religionsgemeinschaft übernehmen, auch für die Gräuel, die im Namen dieser Religion getan werden, auch für das Blut, dass an dieser Religion klebt, dann kann diese zu sich selbst kommen und emanzipiert mit der heutigen Welt, den Nationen, Religionen und Weltanschauungen in Dialog treten.

"

Diese Aussage finde ich bemerkenswert und hilfreicher als die oft gehörte Distanzierung: "Die Gewalt der Islamisten hat nichts mit dem Islam zu tun". Danke!


Quote
   denkdreimal
   gestern 18:54 Uhr

32. Keine Lösung

Die Lösung ist nicht dass "korrekter" Islam in deutschen Schulen gelehrt wird oder dass intelligente Menschen den Islam lehren (Osama war übrigens sicher auch "intelligent"). Die Lösung ist, dass genau wie im Christentum, die Gläubigen weniger gläubig werden.
Versehentlich hat der Islamwissenschatler Korchide ja in einem aktuellen Interview genau das zugegeben: Auf die Frage warum Christen heutzutage weniger metzeln meinte er dass die meisten eben die Bibel nicht mehr ernsthaft als Richtschnur verwenden. Ich wiederhole diesen simplen Fakt gerne noch 1001 mal, bis auch unsere Intellektuellen es zur Kenntnis genommen haben.

QuoteLukas-23-34
   gestern 20:49 Uhr

Wieder einmal verdrehte "Fakten"

Ich glaube nicht, dass wir weniger christlichen Glauben brauchen sondern mehr. Denn es war nicht der Christ Bonhoeffer, der die Juden umbrachte, sondern der Nicht-Christ Hitler. Es war nicht Jesus, der seine Feinde umbrachte, sondern er ließ sich umbringen – völlig ohne Gegenwehr. So wie er es gelehrt hatte: Liebt eure Feinde, tut wohl denen die euch hassen (Lukas 6,27). Das wahre Christentum steht deshalb nicht nur für Nächstenliebe, sondern sogar für Feindesliebe!



Quote
   St.Expeditus
   gestern 19:00 Uhr

35. Wir müssen die Muslime für unsere Ideen gewinnen

Wer hätte im Islam die Macht, den Koran als Gottes Wort im Sinne der Freiheit zu interpretieren?

Etwa die Sure 4,89
"Sie möchten gern, ihr würdet ungläubig, wie sie ungläubig sind, so daß ihr ihnen gleich würdet. So nehmt euch niemanden von ihnen zum Freund, bis sie auf dem Weg Gottes auswandern. Wenn sie sich abkehren, dann greift sie und tötet sie, wo immer ihr sie findet, und nehmt euch niemanden von ihnen zum Freund oder Helfer,"

Wie könnten wir Ungläubigen ihre Freunde werden, wenn schon unter den Gläubigen - Sunniten und Schiiten - keine Freundschaft herrscht!
Wir müssen die Muslime für unsere Ideen gewinnen und dürfen nicht auf eine "Reformation" des Islam warten!

Quote

   Nawawi
   vor 1 Stunde 36 Minuten

Sie sind ein gutes Bespiel

für mangelnde Aufrichtigkeit eines Diskussionsteilnehmers.

Die Botschaft hinter Ihrem Kommentar ist gleich aus mehreren Gründen zumindest mit dem zitierten Koranvers nicht zu begründen.

Ich habe mir den Dunstkreis des Verses angesehen und dabei festgestellt, dass hier von sog. Munafiqun die Rede ist.
So wurden die Heuchler in der damaligen islamischen Gemeinde bezeichnet, die in Wirklichkeit weiter auf Seiten der mekkanischen Götzendiener waren.

Von Christen und Juden ist hier jedenfalls nicht die Rede, zumal dieses soweit ich weiß ausnahmslos als Christen und Juden bzw. als Buchanhänger bezeichnet werden.

Auch geht das Ganze folgendermaßen weiter :

(Kämpft gegen sie) mit Ausnahme derer, die zu Leuten gelangen, mit denen ihr in einem Vertragsverhältnis steht, oder die (in friedlicher Absicht) zu euch gekommen sind, nachdem sie davor zurückscheuten, gegen euch oder ihre (eigenen) Leute zu kämpfen.

Interessant ist, dass Muslime also selbst mit ihren Todfeinden dann friedlich verkehren müssen, wenn ein Vertrag vorherrscht.

Muslime in Ruhe ihren Glauben leben zu lassen so wie es die Europäer tun, macht sie damit allein aufgrund des 90. Verses unangreifbar im militärischen Sinne.

Ironisch, dass Sie ungewollt die Illegitimität von Terroristen ausgerechnet anhand des Korans bewiesen haben.

Anmerkung: Der Begriff "Ungläubiger" hat im Deutschen teilweise eine andere Konnotation als die arabische Entsprechung.



Quote
   sozusagen43
   gestern 19:04 Uhr

40. Die Erklärung

Vielen Dank für diesen Artikel. Besser kann man die Problematik und die Situation in der diese Religion steckt, nicht beschreiben und erklären.
Auch der Kommentar Nr. 1 Gründe passt noch sehr genau dazu.
Wir sollten uns gegenseitig helfen aus dieser unglücklichen Lage wieder herauszukommen und uns nicht gegenseitig zerfleischen. Wir behaupten ja von uns dass wir aufgeklärte Europäer sind , also benehmen wir uns auch so.
Haben wir diese Entwicklung nicht auch durchlaufen und wie schwer war es für uns?


QuoteZeit-zeichen
   gestern 19:08 Uhr

43. Frühe Prägung ist das Problem.

Sowohl im Christentum, Judentum und Islam werden schon im frühesten Kindesalter Gottes- und Jenseitsvorstellungen geprägt. Wer dann nicht aktiv daran arbeitet, als Erwachsener eine 'abgeklärte' besser aufgeklärte Sicht zu gewinnen, bleibt in einer fatalen Prägung stecken! Da haben dann Hassprediger immer leichtes Spiel. Religion/ Tranzendenz ist für Kinderhirne noch nicht intellektuell fassbar. Verbietet einfach Taufe, Beschneidung und sonstige Vergewaltigungen an Kindern.

Quote

   malledot
   gestern 19:54 Uhr

Recht so

Verbietet überhaupt, dass Eltern ihre eigenen Kinder erziehen...
Das sollten wir den Fachleuten überlassen, die darin ausgebildet sind.

Was die Inhalte der Ausbildung sind, bestimmen WIR...

SO oder SO ÄHNLICH? Wäre es recht, ja??



QuoteSophie8
   gestern 19:09 Uhr

45. Stellen Sie sich mal vor

Es gibt Moral auch ohne Religion:

Als Humanisten sind wir davon überzeugt, dass ein friedliches Zusammenleben auf der Basis menschlicher Werte möglich ist. Nicht wegen, sondern trotz Religion. Es gibt Moral jenseits der zehn Gebote und dem Koran.
http://hpd.de/artikel/10947 (http://hpd.de/artikel/10947)

Quote

Thomas B. Reichert am 12. Januar 2015 - 16:33
Religion ist kein Anbieter von Moral. Religion ist ein janusköpfiges Herrschaftssystem. ...

http://hpd.de/comment/2552#comment-2552



Aus: ""Ahnungslose und Dummköpfe lehren den Islam"" (12. Januar 2015)
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-01/islam-reform-dialog (http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-01/islam-reform-dialog)

Title: [Einige... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 14, 2015, 04:36:46 PM
Quote[...] Einige konservative Politiker von CSU und CDU haben sich von Merkels Worten über die Zugehörigkeit des Islams zu Deutschland distanziert. "Der Islam gehört zu Deutschland", sagte die Bundeskanzlerin am Montag. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer betonte als Reaktion darauf, dass für seine Partei vor allem das "C" Orientierung und Verpflichtung sei. "Die Orientierung an den Werten des Christentums ist das geistige und kulturelle Fundament für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft", sagte Scheuer laut einer Pressemitteilung.

Basis von Weltoffenheit und Toleranz seien die christlich geprägten Tradition und Werteordnung. "Die deutsche Sprache, unsere kulturelle Identität und unsere christlich-abendländischen Werte bilden zusammen die deutsche Leitkultur", sagte Scheuer. Einwanderer hätten sich daran zu orientieren.

Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach sagte der Saarbrücker Zeitung, er teile die Auffassung Merkels nicht pauschal. "Welcher Islam ist gemeint? Gilt das auch für seine islamistischen und salafistischen Strömungen?", fragte Bosbach. Auch die Scharia gehöre ganz gewiss nicht zu Deutschland, sagte er.

Auch der frühere Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) stellte sich gegen die Worte der Kanzlerin. Muslime gehörten zwar zu unserer Gesellschaft, aber dass der Islam zu Deutschland gehöre, könne er nirgends erkennen, sagte der CSU-Politiker dem Deutschlandfunk. "Der Islam ist kein prägendes, konstitutives Element der Identität unseres Landes".

...

Quote
    vonDü
    vor 1 Stunde 29 Minuten

Basis von Weltoffenheit und Toleranz ist immer noch die Aufklärung und die Säkularisierung der Gesellschaft.
Wie geschichtsvergessen muss man sein, um zu leugnen, dass die Werte der heutigen Gesellschaft nicht mit, sondern gegen die Religionen durchgesetzt wurden?


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    duckstein
    vor 1 Stunde 26 Minuten

Boah was kotzt mich dieser Religionssch... an! Christlich, muslimisch, jüdisch, blabla. Who cares?! Können wir uns nicht auf humanistische Werte einigen und unsere Kultur das sein lassen, was sie ist - Folklore!
Vielleicht erlebe ich es ja noch und kann mal eine ganze Woche ohne irgendeine Meldung zu/über/mit Religion verbringen. Schön wärs.


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    Sid81
    vor 1 Stunde 38 Minuten

14. Humanismus - dazu gehört auch der Respekt gegenüber anderen Formen der geistigen Erbauung. Religion ist keine Folklore, daß empfinde ich als unangemessenen Begriff.


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    tobbog
    vor 1 Stunde 37 Minuten

15. Weg von der Religion

Es wäre zu wünschen, dass Deutschland weniger religiös wird und sich von den Vorrechten der beiden staatsnahen Kirchen verabschiedet.

Dazu gehört, dass Religionsunterricht nicht mehr religiöse Indoktrinierung sondern Aufklärung über die Religionen beinhaltet, z.B. über die logischen Fehler in Bibel und Koran. Auch wenn das (hoffentlich) dazu führt, dass die Religiösität beim Nachwuchs deutlich abnimmt.


Quotezappp
    vor 1 Stunde 34 Minuten

16. Gewisse christlich-konservative Werte haben soviel gemeisam mit den Islam.

Einige Grundrechte mussten den CDU/CSU Vertretern im Parlamentarischen Rat erst mühsam abgerungen werden. Einen knackigen Blasphemietatbestand hätten sie auch gerne, wenn auch nicht gleich mit Todesstrafe. Mitarbeiter christlicher Einrichtungen müssen auf vollständige Menschenrechte verzichten.


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    vastus
    vor 1 Stunde 37 Minuten

17. Nein, das stimmt weder geschichtlich noch kulturell...

Gerade die anti-christliche CSU sollte sich mit ihrer Unwerte-Haltung zum Hüter imaginärer Wertevorstellungen hochstilisieren.

1) Unsere Verassung basiert auf die Werte der naturwissenschaftlichen Aufklärung und des von religiösen Vorstellungen unabhängigen Humanismus.

2) Schuld an den Werten unserer modernen Verfassung sind die Einflüsse der arabischen Welt im Spätmittelalter sowie unser Verständnis des römischen Reiches und des Stadtstaates von Athen.

Zum Glück sind wir nach der Verfassung KEIN Gottesstaat und unsere Verfassungsgeber waren laizistisch und liberal. Sie haben die allgemeinen Menschenrechte über alle weiteren Gesetze gestellt. Dazu gehört auch das Recht auf freie Religionswahl und die Akzeptanz dieser freien Wahl für jeden Bürger.

Unsere Verfassung und Kultur ist also im Gegensatz zur CSU viele Schritte weiter und voraus. Die CSU-Vertreter, die solche Äußerungen tätigen, haben mit solchen Äußerungen eher viel mit Islamisten gemein.


Quote
    vastus
    vor 1 Stunde 30 Minuten

23. Ich distanziere mich von der unchristlichen CSU, ihren Fanatikern, anderen religiösen Fanatikern. Im Sinne dieser Religion haben diese sich alle vom Teufel verführen lassen.

Dafür bekenne ich mich zum Geist der Bergpredikt, den Werten der Aufklärung und damit zum Kampf gegen jegliche Pharisäer, die den Menschen vorschreiben wollen, wie irgendein heiliges Buch auszulegen sei und damit den friedlichen und humanen Kern der Botschaft dem Joch ihres persönlichen Machtanspruchs unterwerfen.


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    Suedschwede
    vor 1 Stunde 20 Minuten

30. Vielen Dank Herr Scheuer, ...

dass Sie mich daran erinnert haben.

Nämlich dass die gebotene Trennung von Staat und Kirche in Deutschland noch lange nicht wirksam vollzogen ist.

Mein geistiges und kulturelles Fundament ist das des Humanismus und keine Religion.

Wenn der Islam also nicht zu Deutschland gehört, dann konsequenterweise genauso wenig das Christentum. Also beides nicht.

Herr Scheuer. Gehen Sie gerne jeden Sonntag, oder wann auch immer, in Ihre Kirche. Aber lassen Sie mich mit Ihrem religiösen Gedöns in Ruhe und schwafeln nicht von christlichen Werten als geistiges und kulturelles Fundament unserer Gesellschaft. Dafür bin ich '89 nicht auf die Straße!


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    Amuthon
    vor 1 Stunde 9 Minuten

37. Differenzierung

- - "Welcher Islam ist gemeint? Gilt das auch für seine islamistischen und salafistischen Strömungen?", fragte Bosbach - -

Würde Herr Bosbach eine ähnliche Differenzierung auch bei dem Satz "der Kapitalismus gehört zu Deutschland" treffen? Auch hier gibt es Strömungen, die die überwiegende Mehrheit der Deutschen ablehnt, aber würde man deswegen den Satz "der Kapitalismus gehört zu Deutschland" in seiner Gesamtheit ablehnen?


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    Carlton
    vor 1 Stunde 7 Minuten

40. Beruhigenderweise

bestimmen nicht unsere Politiker darüber, wer oder was zu Deutschland gehört. Dieses ganze Gerede darüber dient nur dazu, irgendwelche Stimmungen zu befriedigen. ...


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    Dr.Gott
    vor 1 Stunde 10 Minuten

41. Wie weltfremd kann man sein? #1

Was Herr Scheuer hier von sich gibt, ist absoluter Nonsens.

"Die Orientierung an den Werten des Christentums ist das geistige und kulturelle Fundament für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft"

Nichts könnte falscher sein - unsere Gesellschaftsstruktur basiert auf der graeco-romanischen Kultur, den Senaten, Foren, etc. Das Christentum war es, welches diese Gesellschaftsstruktur unterwandert hat und mit der Bekehrung Konstantins den Zerfall der 'alten Ordnung' eingeläutet hat. Mit dem Zerfall Roms wurden damit auch das Mittelalter eingeleitet - im Englischen spricht man hier treffender von den "Dark Ages": Barbarei, Familienkriege, Clan-Gemetzel u.ä. wurde damit zur Tagesordnung. Im Verlauf wurde über einen Zeitraum von mehr als einem Jahrtausend Hexenmord, Teufelsaustreiberei und anderer Schindluder getrieben. Echtes Wissen wie bspw. medizinisches ging verloren, Schriften von Aristoteles et al verbannt.

Bis dann mit den Angriffen und Plünderungen im Morgenreich zwangsweise das alte Wissen und die Gepflogenheiten wieder kennenlernte und importierte: Perser gaben uns bspw. die frühe Form der Chirurgie zurück, stimulierten mit Ihrer Kultur die Aufklärung. Die Araber gaben uns vom Zahlensystem und Ihrer Artihmetik bis hin zum simplen Schachspiel eine Vielzahl kultureller Geschenke.

Ja, Luthers Reformation bspw. darf nicht weggedacht werden, und ja, in der Rennaissance erwachte der geblendete Westen aus dem Schlaf und konnte den Fortschritt der Antike wiedererkennen, kein Zweifel darüber.

Jedoch ist dem Christentum in keiner Weise Dank geboten, blicken wir heute auf Rechtstaatlichkeit, Demokratie, Mathematik, Medizin, etc. Da hilft auch die Parole von wegen "Liebe deinen Nächsten wie dich selsbt." nicht - diese wurde doch bis zur Reformation eh von kaum jemandem ernst genommen, stattdessen wurden Menschen eingeschüchtert, Ihnen Horrormärchen von Dämonen und Höllenfeuern erzählt, um dann die Kasse klingeln zu lassen. Als Gegenleistung erhält der Bürger dann ein Stück Papier zur "Entlastung" von den Sünden - kurz: Einen Ablassbrief, also einen Zettel gegen Cash.

Verstehen Sie mich richtig - das Christentum als solches vermittelt sicher wundervolle Werte, wenn man sich kritisch mit den Schriften dieser Religion befasst & die humanistischen Elemente herauszieht.

Dann sollte man aber auch danach leben, & nicht wie die CSU für eine Gesellschaft plädieren, in der "Abendländler" bevorzugt werden und andere ausgegerenzt werden. In Bayern werden Stimmen laut gegen eine generelle Einwanderung von Allochtonen, in manchen Provinzen wird man noch immer schief beobachtet oder getadelt, ist man evangelisch anstatt katholisch.

Diese Weltsicht ist überholt, religiöse Propaganda im Namen einer Partei voranzutreiben ist schlichtweg falsch. Denn Parteien sollten säkularisiert sein, nicht religiös motiviert.

Ich finde Scheuers Aussage ist ein Schlag ins Gesicht der Demokratie - denn diese steht ebenso offen für alle Menschen, nicht nur für "Leitkulturler".


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    Saar-Franzose
    vor 1 Stunde 7 Minuten

... Frau Merkel`s Aussage, der Islam gehöre zu Deutschland, bezieht sich auf die gesellschaftliche Verfassheit in Deutschland. Angesichts von ca. 4 Mio. Muslime hier ist sie sachlicht richtig.

Die Debatte um die Anerkennung der Realität eines relevanten islamischen Bevölkerungsanteils und deren Kultur in Deutschland erinnert fatal an die Realtätsverweigerung vorwiegend rechtskonservativer Kreise in der Debatte um die Ostpolitik in den 1970er Jahre.


Quote
    Trollhunter
    vor 1 Stunde 3 Minuten

46. die csu gehört nicht zu deutschland.


...


Aus: "CSU widerspricht Merkels Islamaussage" (14. Januar 2015)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/deutschland/2015-01/islam-debatte-csu-cdu-merkel (http://www.zeit.de/politik/deutschland/2015-01/islam-debatte-csu-cdu-merkel)

Title: [Der österreichische Bundeskanzler windet sich... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 14, 2015, 04:48:37 PM
Quote[...] In einem Leserkommentar von tomasa heißt es: "Dass eingedeutschte Muslime zu Deutschland gehören ist selbstverständlich, dass der Islam zu Deutschland gehört ist Nonsens!" Eine Meinung, wie sie in vielen Kommentaren geäußert wird. Die Überschrift zum Kommentar von tomasa lautet: "Der Islam hat in Deutschland keine Tradition."

Das mag stimmen. Aber, wie Kommentator aussengeländer anmerkt: "Die Kartoffel hatte in Deutschland auch keine Tradition." Und auch das ist richtig. Irgendwie gehört die Kartoffel aber mit ziemlicher Selbstverständlichkeit zu Deutschland, ohne dass irgendjemand offiziell verkündet hätte, "Die Kartoffel gehört zu Deutschland". Allerdings radikalisieren sich Kartoffeln auch nicht, wie Kommentator xyz15 einwirft.

Eine Debatte darüber, wie sich definiert, was zu Deutschland gehört, geführt in Begleitung von Kartoffeln – für uns ein Debatten-Tagestipp, etwa ab Kommentar Nr. 15 im Thread zu "Die größtmögliche Provokation".

Quote
    BergFrank
    vor 2 Stunden 47 Minuten

2. Diese Sache ist nun einfach

Eine Kartoffel im Handel hat eine Kennzeichnung des Anbaulandes . Eine Kartoffel mit Herkunftsbezeichung Deutschland ist eine deutsche Kartoffel, wie eine "holländische" Tomate in den Niederlanden angebaut wurde. Das ist wichtig und auch relevant. Das beide Pflanzenarten ursprünglich aus Amerika stammen, spielt da keine Rolle. Alles andere ist Quatsch.


Quote
    aussengeländer
    vor 2 Stunden 30 Minuten

3. Nein, die Sache ist nicht einfach. Mir ging es nicht um die Kartoffel, mir ging es um die Aussage "Dieses und jenes hat in Deutschland keine Tradition". Eine Tradition hatte die Kartoffel in Deutschland auch nicht, sie wurde sogar zwangseingeführt.

Traditionen entstehen, verändern sich und manchmal verschwinden sie eben auch.


QuoteHorsters
    vor 1 Stunde 40 Minuten

4. Guter Kommentar xyz

Ich habe auch noch nie was von radikalen Kartoffeln gehört


Quote
    MICoud
    vor 1 Stunde 12 Minuten

5. Jetzt wird mir einiges klar

Früher, als ich noch "jung" war, habe ich des öfteren beobachtet wie Bürger andere Mitbürger als "deutsche Kartoffel" verspottet haben. Jetzt weiß ich, dass sie es offenbar einfach nicht besser wussten.


QuoteBraunbärchen
    vor 1 Stunde 7 Minuten

6. so langsam wird es lächerlich

die Kartoffel gab es in Europa schon lange bevor es Deutschland als Nation gab... soll das dann heißen Duethscland hat in Deutschland keine Tradition? ...


Quoteex_pyx
    vor 1 Stunde 3 Minuten

7. zu #4: Grottenfalsch! Die Kartoffel als solche...

... ist ein Wurzelteil (Knollenwurzel). Da der lateinische Begriff für "Wurzel" "Radix" lautet und das Adjektiv "radikal" eben daraus abgeleitet ist...

... ist per se jede Kartoffel grundsätzlich radikal !


Quote
    MICoud
    vor 56 Minuten

8. Deutschland hat in Deutschland keine Tradition

Den deutschen Nationalstaat gibt es in Deutschland, wie jeder weiß, tatsächlich erst seit knapp 150 Jahren. Hier von Tradition zu sprechen halte ich ebenfalls für falsch. Manche würde vielleicht sogar sagen, Deutschland gehöre nicht zu Deutschland. ...


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    Hruogard
    vor 1 Stunde 55 Minuten

9. Netter Versuch, liebe ZEIT ONLINE

jedoch am Thema vorbei:
Sie wollen darauf hinweisen, dass die Kartoffel und die Moslems beide eingewandert sind, bzw eingeführt wurden? Stimmt, aber:
Kartoffeln haben nicht die Grütze verdrängt, nichtmal bedrängt.
Kartoffeln sind, wie schon gesagt, nicht radikal.
Kartoffeln streben auch nicht nach der Weltherrschaft.
Kartoffeln haben auch keinen eigenen Staat, in dem alles Gemüse, was nicht kartoffelig genug ist (selbst wenn es eine Kartoffel ist) sofort medienwirksam geköpft wird.
Kartoffeln haben auch keinen Zentralrat gebildet, der ständig mehr Kartoffeligkeit verlangt und Kartoffelsuppe verdammt.

Kurz: Menschen und Gemüse kann man nicht vergleichen, dann doch eher Äpfel und Birnen...


Quote
    Mio01
    vor 1 Stunde 15 Minuten

13. Nicht besonders netter Versuch, HRUOGARD

So, so im Gegensatz zu Kartoffeln zeichnen sich alle Angehörigen der muslimischen Relgion als dadurch aus, dass sie andere verdrängen, radikal sind, nach der Weltherrschaft streben und einen eigenen Staat gründen wollen. Das könnte man auch als Volksverhetzung betrachten...

Abgesehen davon, um beim Kartoffelbeispiel zu bleiben: Kartoffeln sollte man eben nicht mit dem was daraus hervorgeht gleichsetzen, sonst wären sie das gleiche wie Kartoffelchips. Das sind Kartoffeln aber nicht. Auch wenn sich viele besonders Jüngere von Kartoffelchips angezogen fühlen, tendieren diese - im Gegensatz zu Kartoffeln - tatsächlich dazu, etwa Studenfutter zu verdrängen und sind der Gesundheit eher nicht zuträglich. Man sollte also doch unterscheiden.

Letztlich gehört die Kartoffel aber mittlerweile genauso zu Deutschland, wie der Islam, ohne dessen mittelalterlichen Einfluss wir möglicherweise bis heute in Fragen der Naturwissenschaften oder der Philosophie hinterhängen würden.


...


Aus: "Gehört die Kartoffel zu Deutschland?" (14. Januar 2015)
Quelle: http://www.zeit.de/community/2015-01/islam-deutschland-kartoffel (http://www.zeit.de/community/2015-01/islam-deutschland-kartoffel)

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Quote[...] Deutsche Behörden sollen gewaltbereite Islamisten künftig durch den Entzug des Personalausweises an der Ausreise in Kampfgebiete wie Syrien oder Irak hindern. Das Bundeskabinett brachte dazu eine Gesetzesänderung auf den Weg. Die Behörden sollen Verdächtigen demnach bis zu drei Jahre den Ausweis abnehmen können. Die Betroffenen sollen stattdessen einen Ersatzausweis bekommen, mit dem sie Deutschland nicht verlassen dürfen. Für die Ausstellung dieses Dokuments sollen sie selbst zahlen.  ...

QuoteDeserteur1.0
    vor 1 Stunde 14 Minuten

7. Sie schreiben:

"Auch solche, welche Gewalttaten und Bürgerkriege unterstützen, ideell und finanziell, Ausweis wegnehmen!"

Na da freut sich der Vorstand von KraussMaffei, Rheinmetall usw. wenn sie nicht mehr zu Ihrer Villa an den Gardasee fahren dürfen.


Quote
    TMaibaum
    vor 1 Stunde 48 Minuten

2. DDR 2.0?

,,Deutsche Behörden sollen gewaltbereite Islamisten künftig durch den Entzug des Personalausweises an der Ausreise in Kampfgebiete wie Syrien oder Irak hindern. [...] Die Behörden sollen Verdächtigen demnach bis zu drei Jahre den Ausweis abnehmen können. Die Betroffenen sollen stattdessen einen Ersatzausweis bekommen, mit dem sie Deutschland nicht verlassen dürfen."

Das ist schlicht eine Ungeheuerlichkeit. Nicht mal ein Richtervorbehalt ist vorgesehen. Wer entscheidet aufgrund welcher Kriterien, wer ,,gewaltbereiter Islamist" ist? Sollen bloße ,,Hinweise" ausreichen, um bislang unbescholtene Personen daran zu hindern, nicht nur die Schengen-Zone, sondern das Land zu verlassen (,,Republikflucht")? Über den Begriff ,,Unrechtsstaat" kann man endlos diskutieren, aber hier drängt er sich irgendwie auf.

"Achtung, Achtung!"
In einem Klima der Angst ist jeder verdächtig. Das merkte ein marokkanischer Student, der während des Oktoberfestes inhaftiert wurde - ohne Tatverdacht. Von Juli Zeh und Rainer Stadler (Erschienen im SZ-Magazin 51/2009)
http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/31900/1/1 (http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/31900/1/1)



Aus: "Kabinett beschließt Gesetz über Ausweisentzug" (14. Januar 2015)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/deutschland/2015-01/islamisten-bundeskabinett-personalausweis (http://www.zeit.de/politik/deutschland/2015-01/islamisten-bundeskabinett-personalausweis)

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Quote[...] Der Bürgermeister von Rotterdam, Ahmed Aboutaleb, hat sich mit einem wütenden Interview in die Herzen vieler empörter Europäer geredet. Der marokkanischstämmige Aboutaleb, der selber Muslim ist und zwei Pässe besitzt, äußerte sich unmissverständlich in Richtung aller unbelehrbaren Islamisten: "Haut doch ab!"

Am Abend des 7. Januar, nach dem Anschlag auf das Satireblatt "Charlie Hebdo" in Paris mit zwölf Toten, wurde ein sichtlich mitgenommener Aboutaleb in die niederländische Nachrichtensendung "Nieuwsuur" zugeschaltet. Die Geschehnisse hätten ihn tief in der Seele getroffen, sagte er. Hier säße nicht nur der Bürgermeister von Rotterdam, "sondern auch ein wütender Muslim."

Dann wandte sich Aboutaleb direkt an Extremisten in Europa. "Wenn ihr die Freiheit nicht wollt, packt um Himmels willen eure Koffer und geht", sagte er. "Vielleicht gibt es einen Ort, an dem ihr ihr selbst sein könnt. Seid dann auch ehrlich zu euch selbst und bringt keine unschuldigen Journalisten um. Das ist so rückständig, das ist unbegreiflich. Verschwindet, wenn ihr in den Niederlanden mit der Art, wie wir unsere Gesellschaft leben wollen, euren Platz nicht finden könnt ."

Er beendete seinen Aufruf mit den Worten: "Wenn es euch hier nicht gefällt, wenn euch Karikaturisten nicht passen, die eine Zeitung machen, dann lasst es mich so sagen: Haut doch ab!"

Das Interview machte sofort die Runde, nicht nur in den Niederlanden. Boris Johnson, der Bürgermeister von London, zitierte seinen niederländischen Kollegen in seiner Kolumne für den "Telegraph" und nannte ihn "meinen Helden". "Das ist die Stimme der Vernunft, die Stimme Voltaires", schrieb Johnson.

Der Sozialdemokrat Aboutaleb ist seit sechs Jahren Bürgermeister der Hafenstadt, die schwer mit ihren Gegensätzen kämpft. Einerseits ist Rotterdam eine internationale, multikulturelle Großstadt, die sich auch wirtschaftlich zunehmend erholt und mittlerweile wieder als schick gilt. Andererseits feiert "Leefbaar Rotterdam", eine islam- und einwanderungskritische Partei, hier seit Jahren Erfolge. Bei den Kommunalwahlen 2014 wurde sie größte Partei und bildet mittlerweile mit Konservativen und Liberalen die regierende Koalition der Stadt. Die Wahl des Bürgermeisters erfolgt unabhängig davon, so dass Aboutaleb, obwohl er der sozialdemokratischen Partei PvdA angehört, trotzdem noch im Amt ist.

Am Tag nach dem Anschlag von Paris gingen in Rotterdam 3000 Menschen auf die Straße, um der Toten zu gedenken und gegen den Terror zu demonstrieren. Bürgermeister Aboutaleb war dabei. In seiner Ansprache verurteilte er die "feige Tat" aufs Neue – und forderte seine Stadt zur Besonnenheit auf: "Das Schlechteste, das wir jetzt tun können, ist, die Erwartungen der Terroristen zu erfüllen und in unseren Herzen Rachegefühle zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen zuzulassen."


Aus: ""Wenn es euch hier nicht gefällt, haut doch ab!""  Sarah Maria Brech (14. Jan. 2015)
Quelle: http://www.welt.de/politik/ausland/article136355172/Wenn-es-euch-hier-nicht-gefaellt-haut-doch-ab.html (http://www.welt.de/politik/ausland/article136355172/Wenn-es-euch-hier-nicht-gefaellt-haut-doch-ab.html)

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Quote[...] Der österreichische Bundeskanzler windet sich, sucht nach Ausflüchten und Füllwörtern. Dabei ist die Frage des ORF-Moderators Armin Wolf einfach mit einem Ja oder Nein zu beantworten: "Sagen Sie auch: 'Der Islam gehört zu Österreich?'", so wie es seine deutsche Kollegin Angela Merkel gerade nach den Anschlägen von Paris wieder getan hat? Werner Faymann holt Luft, dann spricht er vom wechselseitigen Respekt, vom positiven Verhältnis der Religionen zueinander und konstruiert kryptische, nichtssagende Schachtelsätze wie: "Diese enge Zusammenarbeit zeichnet sich also nicht aus, zu sagen, hier gibt es eine Religion und die anderen zählen nicht. Oder, hier gibt es überhaupt keine Religion und es zählt keine von ihnen. Sondern, dass hier ein gewisser Respekt, bei Anerkennung der unterschiedlichen Standpunkte, der unterschiedlichen historischen Entwicklungen, dass hier ein Respekt diese Zusammenarbeit trägt. Darauf bin ich als Bundeskanzler stolz."

Von Angela Merkel ist ein Bonmot über Werner Faymann überliefert, sie soll vor ein paar Jahren seine Willensbildung bei EU-Ratssitzungen spöttisch gesagt haben: "Er kommt mit keiner Meinung rein und geht mit meiner Meinung wieder raus." Ob authentisch oder nicht: Der Sozialdemokrat, der sich beim Trauermarsch in Paris vertreten ließ, gilt als meinungsschwach, er hält sich gerne alle Optionen offen.  Auch in wichtigen gesellschaftspolitischen Fragen.

In der Frage nach der Rolle des Islam hat er sich von seiner deutschen Amtskollegin abgesetzt; und zwar wohlüberlegt. Dennoch oder gerade deswegen ist das ein sehr auffälliges Zeichen – auch für die Stimmung im Land.

Unbehagen vor dem Islam ist in Österreich weit verbreitet und wird von der rechtspopulistischen FPÖ gerne befeuert. "Daham statt Islam" plakatierte die Partei vor einigen Jahren in Wien. Das kam an, weil es auf ein offenbar weit verbreitetes Ressentiment traf. Mittlerweile stimmt jeder zweite Österreicher laut einer aktuellen Umfrage den Aussagen zu, der Islam sei eine Gefahr für die österreichische Kultur und strebe eine Veränderung der Gesellschaft an. 35 Prozent bejahen gar den Satz "Unter den Muslimen in Österreich befinden sich viele Gotteskrieger und Dschihadisten".

Für Farid Hafez ist es daher wenig überraschend, wenn Faymann sich dagegen sträubt, den Islam zu einem Teil Österreichs zu erklären. "Das beschreibt sehr gut den Zugang der SPÖ", sagt der Politikwissenschaftler von der Universität Salzburg und Herausgeber des Jahrbuchs für Islamophobieforschung. Es gebe in der Partei wenig Mut, sich zu einer offene Gesellschaft zu bekennen, aus ständiger Angst vor der FPÖ, die der Sozialdemokratie seit je viele Wähler abspenstig macht. "Jedes Thema wird vor dem Hintergrund gesehen, dass es die Rechtspopulisten gegen einen verwenden könnten", sagt Hafez. Um auf Nummer sicher zu gehen, werde daher implizit vermittelt: "Der Islam ist kein Teil von uns."  

Wie schwer sich Österreich mit seinen mehr als 500.000 Muslimen tut, zeigt sich auch bei der Debatte um ein neues Islamgesetz. Das alte stammt noch aus der Zeit der Habsburgermonarchie. Wie in diesem antiquierten Gesetzestext ist auch im aktuellen Entwurf zu lesen, dass staatliches Recht Vorrang vor religiösem Recht habe, obwohl das eine Selbstverständlichkeit ist und eine solche ausdrückliche Festlegung anderen Glaubensgemeinschaften nicht vorgeschrieben wird. Ebenso wird darin eine Auslandsfinanzierung muslimischer Einrichtungen ausdrücklich verboten. Für die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich blanker Hohn, wie sie in einer Mitteilung schreibt: "Die ausdrückliche Festlegung des Primats des österreichischen Rechts im Gesetzestext erschien vor dem Hintergrund, dass kein anderes Religionsgesetz dieses so formuliert, als eine Art des Verdachts mangelnder Loyalität der Muslime."

Nach der dritten Nachfrage, ob denn der Islam nun zu Österreich gehöre, war es Werner Faymann ein Anliegen, hinzuzufügen: "Mir ist es wichtig, dass sich der Respekt in der Zusammenarbeit der Religionsgemeinschaften dem Staat gegenüber ausdrückt. Dass aber die Rechtsstaatlichkeit, die Wertehaltung einer Demokratie völlig außer Frage steht." Offenbar fand der österreichische Bundeskanzler es nötig, dies in Richtung der Muslime zu betonen. Der Islam, er gehört für den Regierungschef wohl nicht zu Österreich. Und für viele Österreicher ebenso wenig.

Quote
   Masutoyama
   vor 3 Stunden 48 Minuten

47. Wirksamer

Das Konzept der Zuwanderung ist zumindest wirksamer, als darauf zu warten, bis die brave biodeutsche Hausfrau sich auch noch zur Gebärmaschine umfunktionieren lässt. Ist schon seltsam, dass so viele Islamophobe behaupten, die Stellung der Frau im Islam kritisch zu sehen, in Sache Küche und Kirche aber identische Konzepte vertreten, wie der Durchschnittsislamist.


Quote
   kainicholson
   vor 3 Stunden 47 Minuten

48. Nur in Europa

zerbricht man sich den Kopf ueber den Islam. Ich lebe in Indien, in einem Land in dem etwa 120 Millionen Muslime zu Hause sind. Dennoch gehoert der Islam nicht zu Indien, denn die Religion gehoert denen, die sie praktizieren, und hat mit dem Staat nichts zu tun. Der Staat ist laut Verfassung agnostisch. Damit ist die Sache erledigt.



Aus: "Für die Österreicher gehört der Islam eher nicht dazu" Florian Gasser (14. Januar 2015)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-01/islam-oesterreich-werner-faymann (http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-01/islam-oesterreich-werner-faymann)

Title: [Narrative des... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 14, 2015, 05:26:44 PM
Quote[...]  Yasemin Shooman: »... weil ihre Kultur so ist« Narrative des antimuslimischen Rassismus

... Sind antimuslimische Diskurse Ausdruck einer aktuellen Form des Rassismus?
Anhand von Fallbeispielen – darunter auflagenstarke Buchpublikationen, Zeitungsartikel, Webseiten und Zuschriften an muslimische Verbände – geht Yasemin Shooman den antimuslimischen Narrativen und ihren Funktionen nach.
Sie untersucht die artikulierten Selbst- und Fremdbilder ebenso wie die Rolle historischer Bezüge und arbeitet das Repertoire dominanter antimuslimischer Stereotype und Topoi heraus. Die empirische Analyse trägt auch zur Theoriebildung in dem relativ jungen Forschungsfeld bei und zeigt, dass eine Rassifizierung religiöser Zugehörigkeit zu beobachten ist, die auf dem Ineinandergreifen der Kategorien Kultur, Religion, Ethnizität, Geschlecht und Klasse basiert.

...


Aus: "»... weil ihre Kultur so ist«" (10/2014)
Quelle: http://www.transcript-verlag.de/978-3-8376-2866-1/...-weil-ihre-kultur-so-ist (http://www.transcript-verlag.de/978-3-8376-2866-1/...-weil-ihre-kultur-so-ist)

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Quote[...] Ein Satz wie "Nicht nur Frauen stehen auf Schuhe" suggeriert zunächst einmal, dass es vor allem Frauen sind die auf Schuhe stehen. Oder, dass es bei ihnen eher vorkommt, als bei Männern. Deswegen bedeuten Sätze wie "Nicht alle Muslime sind Terroristen", so sehr das sich für einige auch wie ein Kompliment anhören mag, dass eine wahrscheinlichere Verbindung zwischen Muslimen und Terrorismus herrscht, als zwischen anderen Menschen und Terrorismus. Dies liegt mitunter daran, wie Terrorismus – vor allem im globalen Kontext – über Jahrhunderte hinweg definiert und propagiert wurde. Daran, wie über Jahrhunderte hinweg gewisse Menschen rassifziert, generalisiert und kollektiviert wurden und andere nicht. Daran, dass Kolonisierte markiert wurden und Kolonialherrscher nicht.

Daran, dass Widerstände als >>Aufstände<< und >>Terrorismus<< definiert wurden. Von wem? Von jenen denen die Macht des Diskurses und der Produktion und Reproduktion von Geschichte und dem Wissen um Geschichte obliegt. Dieses System des White Supremacy, der Hegemonie, des Imperialismus, ist etwas so mächtiges, dass Kriege darüber legitimiert, Widerstände gebrochen, und Solidaritäten geteilt werden. Und auch mit all den negierenden Diskursen wurden in erster Linie wieder Muslime und der Islam mit einem Attentat in Verbindung gebracht.

... Was ich einfach nicht akzeptiere sind Menschen, die diese berechtigten Kritiken im Keim ersticken wollen, indem sie sagen, dass man mit jenen Diskursen den Tod von Menschen politisiere. Willkommen in der Realität. Das Ganze wurde in der ersten Sekunde zu einem politischen Diskurs, aber wir dürfen nicht auf die gefährlichen Dichotomien hinweisen, die hier wieder bedient werden? Smells like the silencing mask for me (seriously you need to read Kilombas "Plantation Memories. Episodes of Everyday Racism".)

Nein, stattdessen sollen wir bitte weiterhin die Rolle spielen, die White Supremacy für uns angedacht hat. Distanzieren, entschuldigen, uns gegenseitig dämonisieren und uns mit Charlie identifizieren.

Ich stelle mir das Ganze wie ein Ballspiel vor. Ich bin mit den ganzen Spielregeln nicht einverstanden. Also warum soll ich den Ball der mir zugeworfen wird fangen und mich auf das Spiel einlassen? Soll der Ball mal schön an mir vorbeirollen.

Iman Attia schreibt in ihrer Arbeit >>Der Westen<< und sein anderes sehr schön darüber, wie Dichotomien zwischen >>dem Westen<< und >>dem Islam<< (Eine Geographie wird einer Religion gegenübergestellt, da beginnt die Absurdität) produziert und reproduziert werden. Von Anfang an wurden in jeglichen Diskursen diese Dichotomien immer wieder bedient. Wir kennen das ja schon auswendig. Wenn weiße Menschen morden, sind sie psychisch Krank. Wenn es PoC tun, steht es in irgendeiner Verbindung mit ihrer Hautfarbe, ihrer >>Kultur<< oder ihrer Religion.

Und wir fahren alle voll drauf ab. Einige distanzieren sich, andere verteidigen die Muslime, andere reden von >>unserer Freiheit<< ( diese >>Freiheit<< besteht in erster Linie darin, mit der hegemonialen Position der weißen Wissens- und Darstellungstradition marginalisierte Menschen weiterhin fremdbestimmen und repräsentieren zu dürfen), und alle spinnen sie weiter im Rädchen der absurden Dichotomien.

Aus diesem Teufelskreis werden wir nicht ausbrechen, ehe wir die Gründe und Mechanismen erkennen und anfangen zu dekonstruieren. Wieso sind bestimmte Darstellungsweisen gesellschaftliche Normen? Wer produziert Wissen über wen? Wessen Wissen wird als Wissen anerkannt? Woran liegt es, dass Schwarze, PoC, Muslime in ihren schlechten Taten kollektiviert, in ihren guten Taten aber zur Ausnahme emporgehoben werden?

Could we all please read some postcolonial literature?! Please?!

... Auf wessen Bedürfnisse und Fragen und Sorgen gehen wir eigentlich ein in all den Diskursen? ... Mir ist nur aufgefallen, dass sehr viele in erster Linie an die weiße Mehrheitsgesellschaft gewandt reden. Und das auf eine Art und Weise, die all die muslimische Arbeit in Deutschland für ein Islamverständnis, das unsere internen Probleme zu lösen vermag arbeiten, ausblendet. Es wird so getan, als gebe es diese Arbeit nicht, nur weil sie der weiße Mainstream Diskurs nicht sieht.

... Warum wird >>über<< die Muslime zu den nicht-Muslimen geredet, anstatt mal aufzuhören über >>die Muslime<< zu meckern und sich lokal dort einzubringen, wo man Lücken sieht?

Was für Signale senden wir eigentlich an die jüngere Generation der Muslime in Deutschland? Sind wir für sie, oder zeigen wir nur wie der Rest der Gesellschaft mit dem Finger auf sie? Bemühen wir uns darum, diese aufzufangen, oder prangern wir sie lieber an? Wessen Bedürfnisse überwiegen? Mit wem solidarisieren wir uns? Mit den Marginalisierten, die sich nicht selten in einem systematischen Teufelskreis von strukturellem Rassismus, fehlender Bildung und sozialer Ausgrenzung befinden, oder mit jenen, die immer wieder nur die Marginalisierten zum Diskurs machen, anstatt die weiße Beobachter*innenposition mal in Frage zu stellen?

Das Klima des gesellschaftlichen Miteinanders werde durch solche Attentaten vergiftet hieß es auch. Diese Aussage finde ich schwierig. Kommt natürlich darauf an, ob wir trotz struktureller und instituioneller Diskriminierungen von Menschen in Deutschland uns als Individuum eher bei jenen verorten, die es ein wenig besser, oder ein wenig schlechter haben. Ist das Klima erst vergiftet, wenn ein paar Leute ausrasten und weiße Leben bedroht sind? War es es nicht bereits vergiftet, als die Politik sich einen Scheiß um das Leben der Geflüchteten der Refugee-Schule in Berlin gekümmert hat? ...


Aus: "Von der Fetischisierung der Meinungsfreiheit& dem Wahnsinn der Selbstverteidigung"
Posted on 11. January 2015 by diasporareflektionen
Quelle: https://diasporareflektionen.wordpress.com/2015/01/11/von-der-fetischisierung-der-meinungsfreiheit-dem-wahnsinn-der-selbstverteidigung/ (https://diasporareflektionen.wordpress.com/2015/01/11/von-der-fetischisierung-der-meinungsfreiheit-dem-wahnsinn-der-selbstverteidigung/)

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Quote[...] PARIS ap | Die ersten 700.000 Exemplare der neuen Ausgabe von Charlie Hebdo sind in Frankreich innerhalb weniger Stunden verkauft worden. An den rund 27.000 Zeitungskiosken und anderen Verkaufsstellen im Land hieß es bereits am Vormittag ,,Nichts geht mehr", wie die Händlerorganisation UNDP berichtete.

Der Vertrieb teilte mit, statt der ursprünglich geplanten drei Millionen Exemplare nun fünf Millionen Exemplare drucken zu wollen. Bereits am Mittwochnachmittag sollte es neue Lieferungen geben. Die am Mittwoch erschienene Charlie-Hebdo-Ausgabe ist die erste seit dem mörderischen Terroranschlag auf die Redaktion.

Die Terrorgruppe al-Qaida im Jemen gab sich am Erscheinungstag als Drahtzieher des Angriffs der vergangenen Woche zu erkennen.

Ein ranghoher Kommandeur, Nasr al-Ansi, sagte in einem elfminütigen Internetvideo, das Massaker vom vergangenen Mittwoch sei ,,Vergeltung für den Propheten" gewesen. Al-Ansi sagte zudem, Frankreich gehöre zur ,,Partei des Satans". Er warnte vor weiteren ,,Tragödien und Terror". Der jemenitische Ableger von al-Qaida wählte nach seinen Worten ,,das Ziel, legte den Plan vor und finanzierte die Operation".

An einigen Pariser Kiosken gab es Handgreiflichkeiten, als klar wurde, dass nicht genug Charlie Hebdo-Exemplare für alle da waren. An einem Kiosk an der Champs-Élysées war das Magazin um 6.05 Uhr vergriffen – fünf Minuten nach der Anlieferung.

... In der Türkei ließ die Polizei die Auslieferung der säkularen Zeitung Cumhuriyet erst zu, nachdem sie sich vergewissert hatte, dass sie die neue Mohammed-Karikatur der Charlie Hebdo nicht nachgedruckt hatte. Im Inneren des Blattes gab es vier Seiten mit Cartoons des französischen Satiremagazins, allerdings nicht mit solchen, die von Muslimen als blasphemisch aufgefasst werden könnten, erklärte Chefredakteur Utku Cariközer.


Aus: "Nach dem Anschlag auf ,,Charlie Hebdo": Bekennervideo von al-Qaida" (14. 01. 2015)
Quelle: http://ww.taz.de/Nach-dem-Anschlag-auf-Charlie-Hebdo/!152809/ (http://ww.taz.de/Nach-dem-Anschlag-auf-Charlie-Hebdo/!152809/)

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Title: [Welches Wir?... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 15, 2015, 12:17:19 PM
Quote[...] Bärgida: Ein aus Sachsen importierter Demonstrations-Franchise, welches Nazis, Hooligans und sonstige Patrioten unter einem, schwarz-rot-goldenem Banner gegen den Islam vereint? So ganz einfach ist es nicht. Die angebliche Islamisierung des ,,Abendlandes", ist nur einer von vielen Beweggründen der rechtspopulistischen Demonstranten, die in Berlin so wie auch in Dresden, Leipzig, Kassel und vielen weiteren Städten der Bundesrepublik. Fremden- und Religionsfeindlichkeit, gehen mit Existenzängsten und dem Empfinden einher, von Seiten der Politik nicht mehr wahrgenommen und repräsentiert zu werden.

Am 5. Januar setzten 6.000 BürgerInnen der Hauptstadt ein klares Zeichen gegen Religions- und Menschenfeindlichkeit, in dem sie sich den 400 Bärgida-Demonstranten entgegenstellten. Der Aufmarsch der ,,besorgeten Europäer" wurde blockiert, bis diese schließlich die Demo auflösten.

Hakan Demir, stellvertretender Vorsitzender der AG Migration der SPD Neukölln, beschreibt das Vorgehen der Pegida-/Bärgida-Organisatoren als Taktik. ,,Da wird etwas Schützenswertes, die Kulturgemeinschaft des europäischen Abendlandes, aufgebaut und eine Bedrohung konstruiert, um die Ängste der Bürger auf einen gemeinsamen Sündenbock zu kanalisieren." Doch was muss von wem verteidigt werden? Vieles wird vermischt. Die selbsternannten abendländischen Patrioten wollen ein ,,Flüchtlingsproblem" in einem Atemzug mit der muslimischen Gemeinde in der Nachbarschaft bekämpfen. Das hat weniger mit dem Islam zu tun, als mit der Angst vor ,,kultureller Überfremdung" und einer nicht nachvollziehbaren Migrations- und Flüchtlingspolitik.

,,Welches europäische Abendland wollen wir da eigentlich verteidigen?" Fragt sich Demir und fordert, dass wir ,,ein flexibles Wir brauchen, in dem ein Flüchtling aus Syrien genauso ein Teil der Gesellschaft ist wie ein deutscher Bürger der 12. Generation. Und kein stabiles Wir, welches sich aus einer konstruierten Form des Deutschseins begründet."

Würde man 50 Pegida-Demonstranten aus Dresden in einen Fernbus setzen und ließe sie am Hermannplatz aussteigen, kann man davon ausgehen, dass sie sich in all ihren schlimmsten Befürchtungen und Ängsten bestätigt sähen. Neukölln repräsentiert wohl all das, was immer mehr verängstigte ,,Patrioten" zu verhindern versuchen.

,,Wie lächerlich", entgegnet der angehende Rabbiner, Armin Langer. ,,Neukölln ist ein Bezirk in dem mehr englisch, als arabisch oder türkisch gesprochen wird. Wenn das Stadtbild des Bezirks durch eine Bevölkerungsgruppe dominiert wird, dann sind es die Hipster", beschreibt er augenzwinkernd. ,,Und selbst wenn Neukölln ,islamisiert wäre', was würde das bedeuten? Wäre das schlimm?"

Bestärkt und mit Horrorszenarien gefüttert, werden die selbsternannten Patrioten auch von Neuköllns Bürgermeister, Heinz Buschkowsky. Er weiß sich immer wieder mit reißerischen Verlautbarungen in Szene zu setzen. Beispielsweise sähe er aus seinem Bürofenster größten Teils Frauen mit langen schwarzen Mänteln und Kopfbedeckungen. ,,Das verbinde ich", so Buschkowsky, ,,nicht mit dem Begriff Europa." Parteigenosse Hakan Demir, kennt den Ausblick aus dem Büro des Neuköllner Bürgermeisters und weist darauf hin, dass man ,,direkt gegenüber eine urdeutsche Fleischerei, eingebettet in einem sehr gemischtes Stadtbild", zu Gesicht bekommt.

... Eine Frage muss sich jeder Einzelne stellen – egal ob in Neukölln, Berlin oder ganz Deutschland: In welcher Gesellschaft möchten wir leben? In einer Gesellschaft, in der man sein Potpourri an kleinbürgerlich-nationalistischen Ängsten, gepaart mit einer gehörigen Portion Unsicherheit, als Anlass nimmt, gegen den Islam und Ausländer zu hetzen? Oder in einer Gesellschaft, in der man die Unterschiede zwischen Menschen diskutiert und sie zum gegenseitigen Kennenlernen und Verstehen aufgreift? Laut dem aktuellen Religionsmonitor der Bertelsmann-Stiftung, sieht mehr als die Hälfte aller Deutschen, im Islam eine Gefahr für Deutschland. Das sind alarmierende Zahlen. Der angehende Rabbiner Langer, kommentiert trocken: ,,Ein Drittel der deutschen Bevölkerung glaubt auch immer noch an die jüdische Weltverschwörung."

...


Aus: "Macht & Märchen: Welches "Wir"?" von Torben Lehning (12. Januar 2015)
Quelle: http://www.neukoellner.net/macht-marchen/welches-wir/ (http://www.neukoellner.net/macht-marchen/welches-wir/)

Title: [Es gibt zwei Projekte... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 26, 2015, 01:33:14 PM
Boualem Sansal (* 15. Oktober 1949 in Theniet El Had, Algerien) ist ein frankophoner algerischer Schriftsteller. ... Sansal ist Muslim. Allerdings sieht er sich als säkular und hat wiederholt den Islamismus scharf kritisiert. Generell betrachtet er jede Form von Religion, besonders den Islam, kritisch: "Die Religion erscheint mir sehr gefährlich wegen ihrer brutalen, totalitären Seite. Der Islam ist ein furchteinflößendes Gesetz geworden, das nichts als Verbote ausspricht, den Zweifel verbannt und dessen Eiferer mehr und mehr gewalttätig sind. Er muss seine Spiritualität, seine wichtigste Kraft, wiederfinden. Man muss den Islam befreien, entkolonisieren, sozialisieren." ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Boualem_Sansal (https://de.wikipedia.org/wiki/Boualem_Sansal) (14. Mai 2014)

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Quote[...] taz: Herr Sansal, war das Attentat auf Charlie Hebdo ein isolierter Gewaltakt, oder ist es der erste einer Serie von Anschlägen, gar der Beginn eines langen Krieges radikaler Islamisten gegen den Westen und seine Werte?

Boualem Sansal: Es handelt sich weder um eine Einzelaktion noch um ein völlig durchorganisiertes Verbrechen. Ich glaube, dass wir vor einem längeren Prozess stehen. Der Islamismus ist mittlerweile überall auf der Welt verankert. Er entwickelt sich mit seinen Höhen und Tiefen. Mal ist er ruhiger, mal ist er sehr virulent. Was derzeit in Europa passiert, lässt sich mit dem vergleichen, was wir in den 1970er, 1980er und 1990er Jahren in Algerien erlebten. Es ist eine lange, stetige Entwicklung.

taz: Sie sehen also einen Zusammenhang zwischen der Terrorwelle der 1990er Jahre in Algerien und dem, was heute in Frankreich passiert?

Boualem Sansal: Egal ob es um Politik, Religion oder Kultur geht, alles was in Frankreich geschieht, hat sofort Auswirkungen auf Algerien und umgekehrt. Die Algerier stellen eine große Bevölkerungsgruppe in Frankreich. Es gibt ein ständiges Kommen und Gehen zwischen beiden Ländern. Es bestehen unzählige Verbindungen und Kontakte.

taz: Das heißt, die Anschläge von Paris sind gewissermaßen das Erbe des Kolonialismus oder Neokolonialismus?

Boualem Sansal: Nein, die Erinnerung an den Konflikt zwischen Frankreich und Algerien spielt nur eine untergeordnete Rolle. Auch wenn die Ressentiments sicher dazu beitragen, dass die meisten großen Anschläge und auch viele der kleineren in Frankreich von Attentätern mit algerischem Hintergrund ausgeführt werden. Das war auch jetzt bei Charlie Hebdo wieder so. Aber wenn wir heute von den Attentätern und den Islamisten reden, dann geht es um die vierte Generation. Die radikalen Islamisten haben ihren globalen Zusammenhang. Sie tauschen sich über das Internet aus. Die Nationalität spielt dabei eine eher untergeordnete Rolle. Wir stehen vor einer regelrechten islamistischen Internationalen. Die Informationen, die Propaganda, alles zirkuliert sehr schnell.

taz: Wie erklären Sie sich die Gewalt dann? Ist sie das Ergebnis von sozialen Konflikten? Die Folge mangelnder Integration?

Boualem Sansal: Nein, nein. Die sozialen Probleme spielen auch nur eine Nebenrolle. Es gibt ein politisches Projekt im Islam, mit dem Namen Ennahda, dem Wiedererwachen. Der Islam ist nach jahrhundertelangem Schlaf wieder aktiv. Es gibt zwei Strömungen. Die einen wollen einen offenen, modernen Islam. Sie wollen aus dem traditionellen Islam ausbrechen. Die andere Strömung hat eben diesen traditionellen Islam und das Projekt der Eroberung erneut aufgenommen. So wie einst der Prophet immer neue Länder, immer neue Seelen eroberte. Es geht ihnen darum, die ganze Welt zu islamisieren.

taz: Sie reden vom Islamismus und nicht vom Islam als solchem?

Boualem Sansal: Nein, ich rede sehr wohl vom Islam als solchem. Nach mehreren Jahrhunderten der Ruhe und des Rückgangs ist der Islam wieder aktiv. Es geht darum, den Islam wieder zur großen Religion zu machen, zur großen Zivilisation, der er einst war.

taz: Aber wenn wir von Gewalt reden, vom Terror, dann geht es doch um den Islamismus und nicht um den Islam?

Boualem Sansal: Moment. Es gibt zwei Projekte: das der Modernisierung und das der Tradition. Diejenigen, die zur Tradition zurückwollen, sind Fundamentalisten, meist Salafisten. Der Islam, wie sie ihn verstehen, ist der des Propheten, der die Religion mit dem Schwert und nicht mit dem Wort verbreitete. Es geht ihnen darum, die Welt zu erobern, die Menschen zu islamisieren. Das hat zum radikalen Islamismus geführt.

taz: Welche der zwei Strömungen wird sich durchsetzen?

Boualem Sansal: Langfristig die Aufklärer, die Modernisierer. Aber wer auf die Intelligenz setzt, braucht viel Zeit. Es geht darum, viele, viele Generationen zu erziehen. Bis sich der moderne Islam durchsetzt, geht sicher ein weiteres Jahrhundert ins Land. Bis dahin werden die Islamisten das Sagen haben. Sie sind in Marokko, in Libyen, Iran, Irak, Syrien, Afghanistan hegemonial. Und selbst dort, wo sie nicht an der Macht sind, haben sie die Gesellschaft fest im Griff, wie zum Beispiel in Tunesien oder Algerien. Und jetzt haben sie den Westen zum Ziel auserkoren. In Ländern wie Frankreich, Deutschland, in Belgien, in Großbritannien – auch dort gewinnen sie an Einfluss.

taz: Wie schaffen sie es, Anhänger unter jungen Menschen zu finden, die im Westen aufgewachsen sind? Wie sehen die sozialen Mechanismen dieser Rekrutierung aus?

Boualem Sansal: Es gibt keinen sozialen Mechanismus. Es ist ein Irrtum, zu glauben, die Islamisten seien alles arme Schlucker. Bei uns in Algerien waren viele der Islamisten Akademiker, hatten studiert. Waren Beamte, Ingenieure, Ärzte, Naturwissenschaftler. Fast die gesamte Führung der Islamischen Heilsfront (FIS) bestand aus Wissenschaftlern, Ärzten, Medizinern oder Juristen. Viele wurden in Frankreich oder den USA ausgebildet. Es ist eine Elite.

taz: Das gilt aber nicht für diejenigen, die aus westlichen Ländern jetzt in den Krieg nach Syrien oder Irak ziehen, um sich dort dem Islamischen Staat anzuschließen.

Boualem Sansal: Natürlich gibt es auch die einfachen Soldaten. Die machen dies oft nicht wegen der Religion, sondern weil der Islamische Staat sie gut bezahlt. Und es geht ums Abenteuer. Um Überfälle, Raubzüge, Vergewaltigungen. Das sind Psychopathen.

taz: Ist das nicht zu einfach? Gibt es nicht auch den Mythos vom guten Dschihadisten, so wie einst unter Linken den vom Guerillero à la Che Guevara?

Boualem Sansal: Natürlich gibt es auch diejenigen, die fest an eine islamische Revolution glauben und davon begeistert sind. Sie leben in ihrer eigenen Welt, mit eigener Literatur, Poetik und Filmen. Aber ein Großteil sind einfache, elende Gestalten. Kleine Kriminelle, Menschen mit Drogenproblemen und die oft einem völlig zerrütteten Milieu entstammen.

taz: Also doch diejenigen, die nicht integriert werden können?

Boualem Sansal: Wenn ich von elenden Gestalten rede, meine ich damit nicht automatisch die Vororte, die Hochburgen der Immigration. Es gibt unter ihnen auch Franzosen, die zum Islam konvertiert sind. Leute, die einen guten Posten als Beamter hatten, in der Armee gedient hatten. Diese haben das Elend eines verarmten Kopfes, nicht unbedingt aber ein elendes materielles Dasein.

taz: Aber was ist es, was diese Menschen anzieht? Wenn es nicht die soziale Frage ist, dann gibt es vielleicht so etwas wie einen psychologischen Mechanismus?

Boualem Sansal: Das ist ein großes Rätsel. Als der Islamismus in Algerien Fuß fasste, hat niemand so richtig verstanden, was da vor sich ging. Die Erklärung liegt in der modernen Welt an sich. Es gibt nichts mehr, von dem man träumen kann. Alles reduziert sich auf eine gute Arbeit, eine Wohnung, ein Auto. Es passiert nichts, was begeistern könnte. Vielen Menschen fehlt etwas. Vor allem junge Menschen brauchen Träume, wollen, dass etwas passiert. Das finden sie nirgends, absolut nirgends.

taz: Islamismus, um ein leeres Leben zu füllen?

Boualem Sansal: Die Religion, der Islam bietet tatsächlich so etwas wie einen Sinn in alldem. Träume, Freundschaft, Abenteuer. In der Moschee ist vom Leben die Rede, von Gott, vom Paradies, von den heldenhaften Schlachten des Propheten. Es geht um die große arabische Zivilisation, mit ihrer glorreichen Vergangenheit, den vielen großen Erfindungen. Das begeistert. Der radikale Islamismus ist damit vielmehr die Folge einer moralischen Krise als einer sozialen Krise. In Algerien waren es nicht die jungen Arbeitslosen. In Algerien zog es vielmehr Intellektuelle und gebildete Menschen in die Moschee. Produzieren, konsumieren, produzieren – vielen ist das nicht genug. Die Religion gibt ihnen scheinbar eine Antwort.

taz: Was kann der Westen tun, um den modernen Islam zu unterstützen und den traditionellen Islam und damit den Islamismus zu bekämpfen?

Boualem Sansal: Man kann den traditionellen Islam nicht einfach so ,,bekämpfen". Es geht um Ideen, Gedanken. Wir bekämpfen ja auch nicht die traditionellen, orthodoxen Christen. Sie haben ein Recht darauf, ihre Religion zu leben. Es geht darum, die Auswüchse zu bekämpfen.

taz: Und wie bekämpfen wir die Auswüchse, die Gewalt, den Terrorismus?

Boualem Sansal: Indem wir unsere humanistischen Ideen, Prinzipien verteidigen. Aber genau da liegt das Problem. Europa scheint keine Prinzipien, keine Ideen mehr zu haben. Für was und für wen sollen wir kämpfen? Für den Profit der Banken? Und wen verteidigen wir? Die alteingesessenen Franzosen oder alle, egal welcher Abstammung und welcher Glaubensrichtungen sie sind? Europa hat nach und nach viele Ideen des großen, aufgeklärten Europas vergessen. Das Europa der Zivilisation wird doch immer wieder aufgegeben.

Europa handelt keineswegs immer demokratisch. Europa unterstützt Diktaturen, damit es seine Waffen- oder Atomtechnik verkaufen kann. Vieles ist dem Kommerz untergeordnet. Ohne Ideale und Prinzipien ist es schwer zu kämpfen, unmöglich zu gewinnen. Denn die Gegner haben Prinzipien und eine Erzählung. Und sie haben den Mut, diese zu verteidigen. Das ist das Problem. Europa muss wieder die Prinzipien von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit in den Vordergrund rücken. Europa muss so nach vorne schauen und die Zukunft, die Jugend, für sich gewinnen.


Aus: "Autor Boualem Sansal über Terror: ,,Eine islamistische Internationale"" (25.01.2015)
Quelle: http://www.taz.de/Autor-Boualem-Sansal-ueber-Terror/!153412/ (http://www.taz.de/Autor-Boualem-Sansal-ueber-Terror/!153412/)
Title: [Diese beiden Begriffe... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 28, 2015, 10:04:48 AM
Quote[...] Das Attentat auf den jüdischen Supermarkt in Paris, bei dem am 9. Jänner vier Geiseln starben, erfolgte nicht aus heiterem Himmel. Wie der Dachrat der jüdischen Organisationen (Crif) am Dienstag bekanntgab, wurden im vergangenen Jahr 851 antisemitische Taten registriert - doppelt so viele wie im Vorjahr (423). Noch stärker ist die Zunahme bei den körperlichen Attacken: Sie stiegen binnen Jahresfrist von 105 auf 241.

Crif-Präsident Roger Cukierman stellte einen Bezug zu den jüngsten Attentaten her: "Von der Beleidigung zur Gewalt, von der Gewalt zum Terrorismus." Er erinnerte daran, dass die antisemitischen Akte mehr als die Hälfte aller rassistischen Straftaten in Frankreich ausmachten; dabei stellen die knapp 600.000 Juden Frankreichs nicht einmal ein Prozent der Bevölkerung.

Sie beklagen ein zunehmend bedrohliches Klima. Im Pariser Vorort Créteil war Ende 2014 ein junges Paar misshandelt und ausgeraubt worden, "weil Juden reich" seien. 2014 emigrierten etwa 5000 französische Juden nach Israel - ein Rekord.

Cukierman forderte von der französischen Regierung "starke Maßnahmen". Präsident François Hollande antwortete bei einem Auftritt im Pariser Holocaust-Memorial, bevor er an die Gedenkfeiern in Auschwitz reiste. Er kündigte für Ende Februar einen "globalen Plan" zur Bekämpfung von Rassismus und Antisemitismus an. Solche Motive sollen im Strafrecht in Zukunft als "straferschwerend" geahndet werden. Neben normalen sollen aber auch Strafen mit "pädagogischem" Charakter eingeführt werden.

Weitergehende Maßnahmen sind fast nicht mehr möglich: Der Schutz jüdischer Einrichtungen wie Synagogen und Schulen ist zuletzt mehrfach verstärkt worden; zudem hat Bildungsminister Najat Vallaud-Belkacem eine Serie schulischer Maßnahmen wie etwa die Einführung einer "Woche gegen Rassismus und Antisemitismus" angekündigt.

Diese beiden Begriffe benutzt die Regierung bewusst in einem Atemzug. Hollande wählte seine Worte am Dienstag ebenfalls mit viel Bedacht: Während Lehrer in Banlieue-Vierteln berichten, dass sie bei einzelnen Schülern auf heftigen Widerstand stoßen, wenn sie das Thema Holocaust anschneiden wollen, vermied es der Staatspräsident bewusst, die Taten einer bestimmten Bevölkerungskategorie zuzuweisen. Er meinte nur, der Antisemitismus habe "sein Gesicht gewandelt", auch wenn er auf den alten Komplott-Mechanismen beruhe. Das war eine Anspielung auf die in Vorstädten zirkulierenden Thesen, die Pariser Attentate seien vom französischen oder israelischen Geheimdienst inszeniert worden.

Nach den Anschlägen war es auch zu mehr als 50 Attacken auf muslimische Einrichtungen gekommen. Familien mit dem algerischen Namen Kouachi - so hießen zwei der Attentäter - berichten von Anfeindungen. (Stefan Brändle aus Paris, DER STANDARD, 28.1.2015)


Aus: "Frankreich geht gegen grassierenden Antisemitismus vor" Stefan Brändle aus Paris (28.01.2015)
Quelle: http://derstandard.at/2000010950042/Paris-geht-gegen-grassierenden-Antisemitismus-im-Land-vor (http://derstandard.at/2000010950042/Paris-geht-gegen-grassierenden-Antisemitismus-im-Land-vor)

Title: [Das Zeitalter der Identitätspolitik... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 28, 2015, 10:51:27 AM
Quote[...] Wegen einer "verschärften Bedrohungslage" sollen Reisende aus den USA "angemessene persönliche Sicherheitsmaßnahmen" prüfen, wenn sie nach Deutschland reisen. Das schreibt das US-Außenministerium auf seiner Webseite. Die Behörde verweist ausdrücklich auf die Pegida-Demonstrationen, aber auch auf die Gegendemos. Auch friedliche Demonstrationen könnten "konfrontativ" ausarten und in Gewalt umschlagen, heißt es weiter in der Erklärung, die am Montag veröffentlicht wurde.

In durchaus schrillem Ton warnt das Ministerium wegen der "aktuellen Ereignisse in Europa", womit auch die Terroranschläge von Paris gemeint sein dürften, zu strenger Wachsamkeit. Die USA sind dafür bekannt, eine eher niedrige Schwelle bei Reisewarnungen und Hinweisen zu Gefahrensituationen zu haben.

Als Städte, in denen US-Bürger besondere Vorsicht walten lassen sollen, werden unter anderem Berlin, Dresden, Leipzig, München, Düsseldorf und Köln genannt. Die in Dresden beheimatete und mehr schlecht als recht in andere deutsche Städte exportierte Pegida-Bewegung kämpft nach eigener Aussage "gegen die Islamisierung des Abendlandes". Die Demonstrationen in Dresden verliefen bislang weitgehend friedlich. Zu Zusammenstößen zwischen Islam-Kritikern auf der einen sowie Polizisten und Journalisten auf der anderen Seite war es jedoch zuletzt beispielsweise in Leipzig gekommen. In Berlin konnte der Ableger Bärgida höchstens einige Hundert Menschen auf die Straße bringen.

Quotevon Aldermann
    28.01.2015 12:43 Uhr

Haha das ist echt mal interessant. Angesichts der Schusswaffenverletzten in den USA ist es hier sicherer in einer engen Sporthalle zwischen je 100 Dortmund und Schalke Hooligans zu vermitteln. Gab es eigentlich eine Reisewarnung des AA, als es die Rassenunruhen in den USA gab?

Quotevon fritz, 28.01.2015 12:30 Uhr
Richtig ist: Es wird lediglich davor gewarnt, sich in der Nähe von Demos aufzuhalten.
Da ich zu faul bin, den sehr langen Text zu übersetzen, hier der Link:

https://www.osac.gov/pages/ContentReportDetails.aspx?cid=16965


Quotevon robert56, 28.01.2015 11:37 Uhr
Warnung wegen Terrorgefahr
Diese Reisewarnungen wurden nicht wegen Pegida oder sonstigen friedlichen Demonstrationen ausgesprochen.
Die Warnungen haben was mit den Terroristischen Anschlagswarnungen der Pegida Gegner sowie der Islamisten in diesen Städten zu tun. Bitte bleibt bei den Fakten.


Quotevon jorhovetter00
    28.01.2015 11:18 Uhr

Also: Ich habe das mal im Original durchgelesen. Was gemeint ist: der amerikanische Durchschnittstourist soll sich bitte keine Lederhose anziehen, auf der Demo mitmaschieren und denken, es waere Karnevall und irgendwer wird schon mit Bonbons werfen. Da kein Mensch in Amerika weiss, was Pegida ist, koennte es zu solchen oder aehnlichen Missverstaendnissen durchaus kommen ...

yea, verily, yea


Quotevon Perry25
    28.01.2015 11:12 Uhr

Es schadet nicht, wenn die Dresdner weniger Touristen empfangen - Könnte ja sein, dass ein wohlhabender farbiger Amerikaner dort mit einem Asylbewerber verwechselt wird! Viele schauen ja dort offenbar nicht so genau hin!

Es ist wichtig, dass im migrantenarmen Osten die Menschen zu reflektieren beginnen! Ich bin denen auch nicht böse, immerhin hatten sie 56 Jahre Diktatur und das Gefühl, da ändert sich eh nix Und plötzlich werden sie in die Globalisierung gehauen! Eigentlich wollten viele doch nur mal richtig einkaufen gehen! Die Demokratie und die damit eingekaufte Verantwortung wollten viele eher nicht!


QuoteAntwort auf Perry25 vom 28.01.2015 11:12 Uhr
...
immerhin hatten sie 56 Jahre "Diktatur"

56 Jahre?? wie haben Sie das denn errechnet??

Quotentwort auf der_nun_wieder vom 28.01.2015 11:20 Uhr
56 Jahre
Diktatur von 1933 bis 1989 = 56 Jahre - noch Fragen?

Quotevon der_nun_wieder
    28.01.2015 12:01 Uhr

Antwort auf mescalero vom 28.01.2015 11:37 Uhr
...
Schon sehr abenteuerlich 1933-1945 mit 1949-1989 zu vergleichen ;-)





Aus: "USA warnen vor Reisen nach Berlin und Dresden" Nik Afanasjew (28.01.2015)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/politik/wegen-pegida-usa-warnen-vor-reisen-nach-berlin-und-dresden/11292124.html (http://www.tagesspiegel.de/politik/wegen-pegida-usa-warnen-vor-reisen-nach-berlin-und-dresden/11292124.html)

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Quote[...] Im Zuge dieses 'cultural turn' sind aus den ehemaligen ,,Gastarbeitern" ,,Muslime" geworden, d.h. die Einwanderung wurde immer mehr in einen religiösen Kontext gestellt, indem die Einwanderer(innen) in erster Linie danach beurteilt wurden, welcher Religion sie mutmaßlich angehören zumindest wenn es um den Islam geht. Denn in dem Zusammenhang wurden die Gruppe der (vermeintlichen) Muslime als besonders problematisch dargestellt un zum Prototyp des Fremden gemacht. Insofern kann man auch von einer ,,Islamisierung" der Einwanderungsdebatte sprechen. ...


Aus: "Identitätspolitik in Deutschland zwischen Islamisierung und (Re-)Christianisierung" Birgit Rommelspacher (Datum ?)
Quelle: http://www.birgit-rommelspacher.de/pdfs/Osnabr__ck2_Identit__tspolitik_in_Deutschland_zwischen_Islamisierung_und.pdf (http://www.birgit-rommelspacher.de/pdfs/Osnabr__ck2_Identit__tspolitik_in_Deutschland_zwischen_Islamisierung_und.pdf)

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Quote[...] Der israelische Soziologe Shmuel N. Eisenstadt und sein deutscher Kollege Bernhard Giesen unterscheiden die Bildung kultureller (Gruppen-) Identitäten durch vier Arten von Codes mit zunehmendem Reflexionsniveau:

   * In den ersten, den primordialen Codes, werde die Gruppenzugehörigkeit als naturgegeben betrachtet.
   * In der zweiten Gruppe von Codes werde die kulturelle Identität durch Traditionen und Ursprungsmythen begründet.
   * Die dritte Gruppe, die Delanty kulturelle Codes nennt, beziehe sich auf religiöse oder transzendentale Bezugsgrößen wie Gott, die Vernunft oder die Idee des Fortschritts.
   * In der vierten Gruppe würden die vorher genannten Codes kritisiert und gebrochen; statt Mythen, Traditionen oder metaphysischen Ideen würden soziale und kulturelle Inhalte des Alltagslebens wie Geschmack, materielle Werte oder Privilegien in den Vordergrund rücken.

Der britische Soziologe Gerard Delanty ergänzt eine fünfte und letzte Gruppe von identitätsbildenden Codes, die er Diskursivität nennt. Hier würden die starken Exklusionen, die mit den zuvor genannten Codes einhergegangen seien, im Sinne eines demokratischen Bewusstseins zurückgenommen, der Prozess der Identitätsschaffung werde transparent und reflektiert.

[...]

... Eine Person kann gänzlich widerspruchsfrei amerikanische Bürgerin, von karibischer Herkunft mit afrikanischen Vorfahren, Christin, Liberale, Frau, Vegetarierin, Langstreckenläuferin, Heterosexuelle, Tennisfan etc. sein.

Die Menschen seien eben ,,auf unterschiedliche Weise verschieden": Der Begriff der kulturellen Identität tauge daher nicht dazu, Prognosen über das Verhalten kulturell definierter Kollektive zu machen.


Aus: "Kulturelle Identität" (5. Dezember 2014)
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Kulturelle_Identit%C3%A4t (https://de.wikipedia.org/wiki/Kulturelle_Identit%C3%A4t)

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Quote[...] PEGIDA ist die Wiederkehr [....] [der] Dynamik aus dem Gruselkabinett des Menschenmöglichen. Nur dass deren Mythologie jetzt, nachdem es hier kaum noch Juden gibt, eine vermeintliche ,,Islamisierung" als Hauptursache aller Probleme des Abendlandes ausmerzen will. Hinter dieser Kausaltheorie verbirgt sich als Konsequenz die Entsolidarisierung mit einer leicht identifizierbaren Bevölkerungsgruppe, deren reale und gefühlte Probleme sich von denen der Marschierenden kaum unterscheiden, denen man aber vereint entgegenhält: ,,Wir sind nicht überflüssig – ihr seid es. Wir sind das Volk, nicht ihr."

...


Aus: "Nicht ohne unsere Muslime!" ChristianBerlin (26.01.2015)
Quelle: https://www.freitag.de/autoren/christianberlin/nicht-ohne-unsere-muslime (https://www.freitag.de/autoren/christianberlin/nicht-ohne-unsere-muslime) | Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes >> https://de.wikipedia.org/wiki/Patriotische_Europ%C3%A4er_gegen_die_Islamisierung_des_Abendlandes (https://de.wikipedia.org/wiki/Patriotische_Europ%C3%A4er_gegen_die_Islamisierung_des_Abendlandes)

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Quote[...] «Wir werden jeden Muslim vor Gott anklagen, der einen Tropfen Kreuzfahrerblut vergießen kann, aber das nicht tut», erklärte Al-Adnani in der im Internet verbreiteten Botschaft. Dabei nahm er unter anderem Bezug auf die Terroranschläge in Frankreich, so die dpa. Amedy Coulibaly, einer der drei Attentäter von Paris, hatte in einem Internetvideo IS-Anführer Abu Bakr al-Bagdadi die Treue geschworen. Er wird für die vier jüdischen Opfer in einem Supermarkt sowie für einen Anschlag im Süden von Paris verantwortlich gemacht, bei dem eine Polizistin erschossen worden war.

...


Aus: "Neue Terrorgefahr: IS-Terrormiliz ruft zu Anschlägen im Westen auf" Deutsch Türkische Nachrichten  (27.01.15)
Quelle: http://www.deutsch-tuerkische-nachrichten.de/2015/01/508498/neue-terrorgefahr-is-terrormiliz-ruft-zu-anschlaegen-im-westen-auf/ (http://www.deutsch-tuerkische-nachrichten.de/2015/01/508498/neue-terrorgefahr-is-terrormiliz-ruft-zu-anschlaegen-im-westen-auf/)

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Quote[...] Die ersten religiös motivierten Demonstrationen fielen in die späten 1980er Jahre. Damals forderten arabischstämmige Migranten das Recht ein, in den Schulen eine ihrem Glauben entsprechende Kleidung zu tragen. Für das strikt laizistisch gesinnte Frankreich war das eine enorme Herausforderung. Das Zeitalter der Identitätspolitik hatte begonnen. Doch seinen Ursprung, schreibt der Politologe und Soziologe Jacques Donzelot in seinem Buch Quand la ville se défait (2006), hat es in der Weigerung vieler ethnischer Franzosen, die Araber, überwiegend Algerier, als vollständige Bürger anzuerkennen und ihnen entsprechende Chancen zu bieten. ,,Die jungen Migranten fühlten sich von der französischen Gesellschaft kaum aufgehoben. Integriert waren sie trotzdem – als Ausgeschlossene."

Der Wandel der migrantischen Protestkultur in Frankreich spiegelt in nuce die Mechanismen, unter denen Islamismus generell gedeiht, in Europa ebenso wie in der arabischen Welt. Auf frappierende Weise erinnert er an die ersten islamistischen Regungen in Ägypten im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts. Das Land am Nil ist zu jener Zeit von den Briten besetzt. Zugleich macht es Bekanntschaft mit den frühen Regungen der Globalisierung und des Kapitalismus. 1869 wird der Suezkanal eröffnet. ,,Mein Land ist nicht länger ein Teil Afrikas. Ich habe es zu einem Teil Europas gemacht", jubelt der ägyptische Regierungschef Ismail Pascha anlässlich der Feierlichkeiten.

Was das bedeutet, zeigt sich zunächst in Port Said, der durch den Bau entstandenen Hafenstadt am nördlichen Ende des Kanals. Sie wird Ägyptens erste global city. ,,Man spricht schlechtes Italienisch mit den Arabern, noch schlechteres Griechisch mit den Franzosen und ein unmögliches Arabisch mit den Menschen aus Dalmatien", notierte ein Zeitzeuge. Cafés und Orchestersäle werden eröffnet, doch unterhalb der Einrichtungen der Hochkultur entsteht ein zweites Port Said: das der Spelunken, des Glücksspiels, der Prostitution, der Rauschmittel. Port Said, schreibt ein englischer Beobachter, ,,ist der Ort, an dem Laster aus Ost und West gemeinsames Asyl finden".

Auch in anderen ägyptischen und arabischen Städten hält die Moderne Einzug. Breite Straßen werden gebaut, dank der Elektrizität werden die Nächte heller. 1881 bringt der Publizist Abdallah Nadim eine neue Zeitschrift heraus, al-Arghul, Die Flöte. Dort schildert er das Elend der weniger Begüterten. ,,Nachdem er Alkohol getrunken, Haschisch geraucht und sein Bewusstsein verloren hat / nachdem er sich eine Nacht lang amüsiert und sein ganzes Geld verspielt hat / weiß der Trottel nun, was er getan hat", heißt es über einen Tagelöhner.

Und noch etwas ist beunruhigend. In einer Geschichte skizziert Nadim das aufgeblasene Gehabe eines jungen Mannes, der mehrere Jahre in Paris verbracht hat. Als er zurückkehrt, will ihn sein Vater umarmen. Doch der junge Mann stößt ihn fort. Immer noch hätten die Muslime – ,,habt ihr Muslime", sagt er – die abstoßende Angewohnheit, einander zu umarmen und zu küssen. Wie man sich denn sonst begrüßen sollte, fragt der verdutzte Vater. ,,Sagt einfach bonne arrivée, schüttelt euch die Hände, und das war's." Aber er sei ein ägyptischer Bauer und habe das nie verleugnet, erwidert der Vater. ,,Ob Bauer oder nicht, ihr Ägypter seid wie Vieh", entgegnet der Sohn.

Die Ägypter entfremden sich dem eigenen Land. Zudem stehen sie unter der Herrschaft der Engländer. Was tun? Der 1883 im Iran geborene Theologe Dschamal ad-Din al-Afghani, einer der führenden Intellektuellen seiner Zeit, empfiehlt die Besinnung auf den Koran. Er sei das einzige Element, das die Völker des Mittelmeers zum Aufstand gegen die Besatzer zusammenhalte.

,,Solange die Araber den Koran lesen, ist das religiöse Band stärker als das von Nationalität und Sprache", schreibt al-Afghani in der Zeitschrift Das stärkste Band. Bemerkenswert: Es ist bis heute umstritten, ob der Weitgereiste ein wirklich gläubiger Muslim war. ,,Die Engländer halten mich für einen Russen, die Muslime sehen einen Zoroastrier in mir. Die Sunniten meinen, ich bin Schiit, und die Schiiten halten mich für einen Feind Allahs ... Die Deisten halten mich für einen Materialisten, die Frommen für einen Sünder bar jeder Frömmigkeit. Die Gebildeten sehen in mir einen ahnungslosen Ignoranten, und für die Gläubigen bin ich ein ungläubiger Sünder."

Der Islamismus, zeigt sich bereits in einer seiner frühesten Regungen, kommt im Zweifel auch ohne den Glauben aus. Mehr vielleicht als alles andere ist er eine Protestbewegung, angepasst an eine bestimmte Kultur und später, in Zeiten der Migration, an ein bestimmtes Milieu. Er ist höchst flexibel und anpassungsfähig. Die 1960er Jahre, während derer er global an Fahrt aufnahm, verzeichnen die erstaunlichsten Konversionen: Nationalisten, Antikolonialisten, selbst Sozialisten: Vertreter aller nur denkbaren Ideologien werden zu Islamisten. Rachid al-Ghannouchi zum Beispiel, der Führer der heutigen tunesischen Ennahda-Bewegung: Zunächst in säkularen panarabischen Bewegungen aktiv, entschied er sich anlässlich des Machtantritts von Präsident Habib Bourguiba für den Islam als Widerstandskraft. Mit seinem radikal säkularen Programm, fand er, untergrabe Bourguiba die Identität des Landes. Sich ideologisch neu zu orientieren war alles andere als einfach, berichtet al-Ghannouchi in der Rückschau. ,,Man geht von einer Welt in eine andere über, von einer Ideologie, einem Wertesystem zum anderen. Es ist eine brutale Metamorphose."

Und noch etwas bewog und bewegt arabische Aktivisten zur Konversion. Sie sehen im Islamismus die stärkste Kraft, um gegen die absolutistischen Regime ihrer Zeit anzugehen. Denn die Diktatoren tragen meist ein säkulares Gewand. In Ägypten legte ein laizistisch gesinnter Gamal Abdel Nasser die Grundlagen jenes Sicherheitsapparats, der bis heute dazu dient, Oppositionelle in den Kerkern des Regimes verschwinden zu lassen. In Syrien ging der junge, sich ebenfalls säkular gebende Hafiz al-Assad mit Brutalität gegen alle jene vor, die seine Herrschaft auch nur zu kritisieren wagten. Das waren vor allen die syrischen Muslimbrüder, die sich in den 1950er Jahren erstmals zusammenfanden. Und im Irak ließ Saddam Hussein ab 1979 alle dezimieren, denen er nicht trauen zu können glaubte. Vor allem auf die Schiiten hatte sich der weltlich gebende Diktator es abgesehen – also die Gruppe, die mit rund 60 Prozent den größten Teil der Bevölkerung ausmacht. Zu Hunderttausenden ließ er sie ermorden, es könnten bis zu anderthalb Millionen Menschen gewesen sein, vielleicht sogar mehr, die Schätzungen gehen auseinander.

Die Politik Saddams zeitigte ebenjenes Prinzip, das in den vergangenen Jahren auch dazu beigetragen hat, den religiösen Extremismus in Syrien voranzutreiben: Wer nur aufgrund seiner konfessionellen Zugehörigkeit bedroht ist, besinnt sich auf seine Religion, sucht Schutz bei seinen Glaubensbrüdern, anderswo gibt es keinen Schutz. Ob gläubig oder nicht, er ist gezwungen, sich religiös zu definieren. Werden Menschen allein aufgrund ihrer konfessionellen Zugehörigkeit gejagt und getötet, schnappt die religiöse Falle zu.

Zieht man die Gewalt ab, ist in gewisser Weise strukturell Vergleichbares auch in Frankreich passiert. Natürlich: Die jungen Araber waren nie bedroht. Aber zumindest in Teilen wurden sie ausgegrenzt. Diese Menschen formulierten ihre Reaktion in religiöser Sprache, einer Sprache, die sich dann zur Ideologie auswuchs. Dass unter ihnen nicht wenige sind, die überhaupt keine Chancen haben, passt ins Bild. Wenn der Islamismus sogar Sozialisten und Nationalisten hat bekehren können, dürfte er mit den in den Pariser Vorstädten Gestrandeten noch weniger Probleme haben. Drogen, Spielhallen, die Tristesse der Banlieues ebenso wie deutscher Vorstädte: Der Islamismus gedeiht auch in diesem Milieu. Soziologisch könnte man sagen, es geht um Verteilungskämpfe. Zu befürchten steht aber, dass es inzwischen um mehr geht, um kulturelle Identitäten. Werden die religiös begründet, lassen sie sich kaum mehr lösen. Der französische Philosoph Alain Finkielkraut berichtet in seinem Buch L'identité malheureuse (2013) von muslimischen Schülern, die sich weigern, die Werke von Jean-Jacques Rousseau oder auch Gustave Flauberts Roman Madame Bovary zu lesen. Das vertrage sich nicht mit ihrer Religion.

Wie geht man um mit solchen Verweigerern, wie begegnet man Menschen, die sich der Republik – der ,,gemeinsamen Sache", wie der Begriff ja wortwörtlich zu übersetzen ist – verweigern? Hier zeigen sich die Spätfolgen ungelöster Anerkennungskämpfe: Sie haben sich auf die Religion verlegt. Glaubensfragen sind aber kaum verhandelbar. Mag also sein, dass der radikale Islam anfänglich nur eine Form war, in die bedrängte Muslime ihre Anliegen gossen. Was aber, wenn diese Form gehärtet ist?

QuotederKrieger 27.01.2015 | 10:51

... was die "Härtung" angeht: Die Islamisten sind Überlebende. In den 60er, 70er Jahren des vergangenen Jhs. gab es in den arabischen Diktaturen noch alle Arten moderner Opposition. Sie wurden unterdrückt und ausgemerzt, endeten in Folterkellern und namenlosen Gräbern. Opfer von Diktatoren, die "der Westen" installierte, hofierte, korrumpierte, um sich den günstigen Zugang zur Ausbeutung der dort heimischen Ressourcen zu erschließen. Nur die islamisten waren nicht auszumerzen. Und das zumindest lässt sich wohl kaum "ohne Glauben" erklären.


QuoteReferenzkommentar 27.01.2015 | 12:31

Einigen wir uns doch darauf, daß es sich beim Islamismus um eine Form irrationaler Wahnideologie handelt, in der die im Kapitalismus schlecht Weggekommenen ihren Protest artikulieren, Schuldzuschreibungen im Weltprozeß vornehmen und angstüberwindend handeln können. Islamisten und Faschisten sind im Kern dasgleiche, nur zu unterscheiden durch die umhüllende Folklore. Die Freund-Feind Unterscheidung verläuft entlang unterschiedlicher Kriterien, aber das Ziel ist immer das gleiche: ihr bloßes Dasein wird den beliebig definierbaren 'Anderen' als unverzeihliche Schuld ausgelegt, welche dann mit Maschinengewehren, Handgranaten und - in letzter Instanz - Gaskammern bestraft werden muß.

... Zielführender wäre hier eine Untersuchung des Religionsbegriffs im Zusammenhang mit dem Problem sozialer Anerkennung und Organisation. 'Religion' hat in einem weiteren Sinne noch nie etwas mit 'Glauben' bzw. 'Spiritualität' zu tun gehabt. Der Beweis ist die moderne Religionskritik (Feuerbach z.B., der das vermeintliche 'Wesen' des Christentums gegen dessen Institutionalisierung ausspielt) oder die Trennung von Religion als Institutionengefüge und Spiritualität (Stichwort 'New Age').



Aus: "Notfalls ohne Glauben" Kersten Knipp (27.01.2015)
Quelle: https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/notfalls-ohne-glauben (https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/notfalls-ohne-glauben)

Title: [Auch Wesen von anderen Planeten... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 28, 2015, 11:18:39 AM
Quote[...] Alpha Centauri Bb, Miami (dpo) - Die Organisatoren der Miss-Universe-Wahl sehen sich schweren Anschuldigungen ausgesetzt. So kritisiert Eg#a9lsg%hlay Fne'f', die diesjährige Miss Alpha Centauri Bb, die Jury des Schönheitswettbewerbs in Miami in einem Interview als unfair und voreingenommen. Dass sowohl sämtliche Juroren als auch Gewinnerinnen der letzten 53 Jahre ausnahmslos vom Planeten Erde stammten, sei nicht weniger als ein Skandal, so das bildhübsche wabernde Gasgemisch.

... Mit ihrer Kritik steht Fne'f' nicht alleine da. Auch Wesen von anderen Planeten des Universums haben inzwischen ihrem Unmut über die Veranstaltung Luft bzw. Gas gemacht. "Das ist einfach nur der pure Rassismus", kommentiert etwa Bbbbb Ghhhhds, die amtierende Miss Gliese 433 b, die Tatsache, dass sich mit der Kolumbianerin Paulina Vega auch in diesem Jahr wieder eine Menschen-Frau vom Planeten Erde durchsetzte. "Selbst Frauen anderer Spezies werden von der durchweg menschlichen Jury schlicht ignoriert.

... Dem Organisationskomitee der Wahl zur Miss-Universe drohen nun rechtliche Konsequenzen: Offenbar wollen zahlreiche Schönheitsköniginnen verschiedenster Aggregatzustände aus aller Herren Welten eine Sammelklage wegen Diskriminierung und Wettbewerbsverzerrung vor dem Intergalaktischen Gerichtshof (IGH) in 4 Ursae Majoris b einreichen.

Quote
*ister *arry *aribaldi • vor einem Tag

Im Universum gibt es keine Frauen, sondern nur Penise.


Quoteknorf • vor einem Tag

In diesem Fall handelt es sich nicht um Rassismus, sondern um Speziesismus!


QuoteBumsbert v Geilfick-Postillöni • vor einem Tag

Timmy (9) ziemlich verärgert, weil er nicht zu Miss Universe gewählt wurde.


Quoteinsulting management El_Blindo • vor einem Tag

Da fand ich diesen Satz aus der Süddeutschen so brilliant formuliert, weil er einfach Ursache und Wirkung zusammen und beides auf den Punkt bringt:
Eine Bewegung, die massiv von rassistischen Ressentiments geprägt ist und sich selbst als "Volkes Wille" inszeniert, schafft ein Klima, das rassistische Gewalttäter motiviert, den vermeintlichen "Volkswillen" zu vollstrecken

http://www.sueddeutsche.de/politik/dresden-rechtsextreme-verpruegeln-asylbewerber-1.2322018 (http://www.sueddeutsche.de/politik/dresden-rechtsextreme-verpruegeln-asylbewerber-1.2322018)

Wenn man solche Zustände bei uns nicht auch haben will, gibt es nur eine Reaktionsmöglichkeit:
bedingungsloses Bekenntnis zum laizistischen Rechtsstaat



Aus: "Weibliches Gas-Wesen von Alpha Centauri kritisiert "Miss-Universe"-Jury als rassistisch" (Montag, 26. Januar 2015)
Quelle: http://www.der-postillon.com/2015/01/weibliches-gas-wesen-von-alpha-centauri.html (http://www.der-postillon.com/2015/01/weibliches-gas-wesen-von-alpha-centauri.html)

Title: [Die Betonung der... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 28, 2015, 12:15:45 PM
Quote[...] "Wir sollten eine Einwanderung von Menschen, die unserer kulturellen Tradition völlig fremd sind, nicht weiter fördern, ja wir sollten sie verhindern", sagte Alexander Gauland im Gespräch mit Tagesspiegel-Redakteuren wenige Tage vor dem AfD-Bundesparteitag am Wochenende in Bremen.

Auf die Frage, welchen Muslimen er den Zuzug nach Deutschland verweigern wolle, antwortete der rechtskonservative Politiker: "Es gibt kulturelle Traditionen, die es sehr schwer haben, sich hier zu integrieren. Von dieser kulturellen Tradition möchte ich keine weitere Zuwanderung. Diese kulturelle Tradition ist im Nahen Osten zu Hause." In Deutschland dürften sich keine weiteren Parallelgesellschaften entwickeln, "mit denen wir am Ende nicht fertig werden".

Gauland gilt als Wortführer des erstarkenden national-konservativen AfD-Flügels und steht in seiner Partei für den umstrittenen Schulterschluss mit der Anti-Islam-Bewegung Pegida. Bei seinem Besuch der Tagesspiegel-Redaktion am Montag lobte er Pegida als "Volksbewegung". Sie sei vergleichbar mit der frühen Anti-Atombewegung, aus der seinerzeit die Grünen ihre politische Kraft bezogen.

Dass die Pegida-Anhänger bei ihrem Protest von fremdenfeindlichen Motiven geleitet werden, bestritt Gauland. Bei der überwiegenden Mehrheit handele es sich nicht um Rassisten, sondern um "ganz normale Menschen". Diese hätten das Gespräch mit führenden Politikern verdient – "ob mit Herrn Gabriel oder der Kanzlerin". Der Union prophezeite Gauland schwere Auseinandersetzungen wegen der Erklärung von Kanzlerin Angela Merkel, der Islam gehöre zu Deutschland. "Der Satz der Kanzlerin ist tödlich für das normale CDU-Mitglied", sagte Gauland, dessen Partei auf Zulauf enttäuschter Unionswähler hofft.

Quotevon heliwa
    28.01.2015 12:52 Uhr

Herr Gauland hat nicht recht
Ich bin seit der Gründung der AFD-Mitglied und trete für eine multikulturelle Gesellschaft ein. Wir wissen aus der Meschheitsgeschichte, dass immer, wenn verschiedene Kulturen und Religionen friedlich an Plätzen aufeinander trafen, z.B. Cordoba, Granada, Alexandria, Isfahan etc. es immer zu einer Hochkultur der Wissenschaft kam.

Ich bin für Einwanderung aus allen Nationen und Kulturen und Religionen. Und ich bin AFD-Mitglied. Herr Gauland spricht nur für sich, aber nicht für die AFD im Ganzen. Das wird er spätestens am Wochenende auf dem Bundesparteitag merken.



Aus: "AfD-Vize will Zuzug aus Nahost stoppen" Stephan Haselberger (01/2015)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/politik/alexander-gauland-zu-islam-und-pegida-afd-vize-will-zuzug-aus-nahost-stoppen/11289968.html (http://www.tagesspiegel.de/politik/alexander-gauland-zu-islam-und-pegida-afd-vize-will-zuzug-aus-nahost-stoppen/11289968.html)

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Götz Eisenberg (* 1951 in Arolsen, Hessen) ist ein deutscher Sozialwissenschaftler und Publizist. Er arbeitet als Gefängnispsychologe in der JVA Butzbach.
https://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%B6tz_Eisenberg (https://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%B6tz_Eisenberg)

Quote[...] In puncto Rechtsradikalismus, Ausländerfeindlichkeit und Minoritäten-Hass gleichen die Deutschen, wie Heribert Prantl einmal gesagt hat, ,,trockenen Alkoholikern", bei denen bereits beim ersten Glas der Rückfall droht und die deswegen zu vollkommener Abstinenz verurteilt sind. Der Umstand, dass die Deutschen die Nachkriegsdemokratie nicht im Aufstand gegen Hitler erkämpft haben, sondern sie aus den Händen ihrer ,,Besatzer" entgegennahmen, also von oben verabreicht bekamen, hat bis in die Gegenwart spürbare Folgen. Zumal auch die ökonomischen Verhältnisse, die den Faschismus hervorgebracht haben, unverändert blieben. Mit dem Wiederaufbau der Städte und Fabrikationsanlagen wurden auch die alten Produktions- und Eigentumsverhältnisse wieder hergestellt. Demokratische Verkehrsformen wurden von vielen nur notdürftig und oberflächlich Entnazifizierten als Teil jener alliierten ,,Umerziehungsmaßnahmen" wahrgenommen, die die Deutschen als Quittung des ,,Zusammenbruchs" und als Folge ihrer Niederlage über sich ergehen lassen mussten. Leidlich akzeptiert wurden sie erst, als das ,,Wirtschaftswunder" ein Arrangement mit ihnen erleichterte und versüßte. Wenn in Zeiten wirtschaftlicher und sozialer Krisen die Prämien für angepasstes Verhalten ausbleiben oder spärlicher werden, liegen deswegen in Deutschland unter einer dünnen Schicht zivilisierter Verhaltensweisen alte Denk-, Gefühls- und Vorurteilsgewohnheiten immer bereit. Zeiten allgemeiner Verunsicherung lassen quasi reflexartig das Bedürfnis nach Sündenböcken ins Kraut schießen, die man für die eigene Misere verantwortlichen machen kann.

Wenn die Fragen nach nationaler Identität und ,,Vaterlandsliebe" um sich greifen und sich im Lebensgrundgefühl größerer Bevölkerungsgruppen einnisten, muss man Alarm schlagen.

Die Betonung der nationalen Identität geht stets mit einer strikten Abgrenzung vom Nicht-Identischen und Fremden einher. Lässt man den ersten Schritt in Richtung Ausgrenzung und Entmenschlichung gewisser Bevölkerungsgruppen und Minderheiten unwidersprochen geschehen, nimmt die Wahrscheinlichkeit zu, dass man auch den zweiten, dritten und vierten Schritt mit vollzieht. Wenn man schließlich zum Mitläufer oder gar zum Handlanger von direkt kriminellen Handlungen gemacht werden soll, kann es zum Widersprechen zu spät sein. Die Generation, die in den 60er Jahren politisch aufgestanden ist, war vom kategorischen Imperativ der Kritischen Theorie geleitet, dass wir unser ,,Denken und Handeln so einzurichten haben, dass Auschwitz nicht sich wiederholt". Gerade in einer Woche, in die der siebzigste Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz durch die Rote Armee fällt, hätten wir uns an diese Maxime zu erinnern und auf alle Anzeichen, die auf ein Wiederaufleben nazistischer Denkstrukturen und Praktiken hindeuten, schroff und hart zu reagieren. Unerträglich und beschämend, dass siebzig Jahre nach der Befreiung von Auschwitz noch immer im Namen der ,,westlichen Wertegemeinschaft" gefoltert wird. Dieser Tage erscheint Das Guantanamo-Tagebuch von Mohamedou Slahi, in dem er von Schlafentzug, Dauerlärm und permanente Todesdrohungen berichtet. Unerträglich und beschämend, dass 70 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz französische Juden zu Tausenden die Flucht ergreifen müssen.

Ich hatte, um das Bewusstsein zu charakterisieren, von dem die fremdenfeindlichen Demonstrationen und Aufmärsche getragen werden, in meinem Text Der Extremismus der Mitte einen jungen Mann aus Marzahn zitiert, der Deniz Yücel von der taz gegenüber gesagt hatte: ,,Ick bin rechts. Aber nich so extrem. Ick sach ma: Judenverfolgung, die muss nich sein." Ein Leser fragt nun: ,,Wenn jemand mit den einfachen Worten eines einfachen Mannes zu Protokoll gibt, ja, rechts sei er schon, aber Judenverfolgung, da sei er dagegen – ist er dann ein Nazi oder nicht?" Jemand, der sagt, er sei ,,rechts, aber Judenverfolgung müsse nicht sein", gibt schon durch die Formulierung zu erkennen, dass er die Judenverfolgung lediglich für eine Geschmacksverirrung oder eine Übertreibung hält. Das, was der junge Mann beschönigend ,,Judenverfolgung" nennt, (als wären sie lediglich ,,verfolgt" und nicht systematisch und fabrikmäßig ermordet worden) ist keine überschüssige Zutat zum Nationalsozialismus, sondern sein Kern. Das sind die gleichen Leute, die nicht müde werden darauf hinzuweisen, dass ,,an Hitler nicht alles schlecht war", dass er ,,die Autobahnen gebaut und die Arbeitslosen von der Straße geholt hat". Darf man darüber verständnisvoll hinweggehen?

Es gibt in der Tat so etwas wie ein rechtsradikales Syndrom, zu dem verschiedene ,,Symptome" gehören, die ich in einer Passage meines Textes ,,Der Extremismus der Mitte" aneinandergereiht habe. Der Rechtsradikalismus kann wechselnde Züge annehmen, aber dennoch zeigt sich, dass bestimmte Einzelseiten in seiner Physiognomie regelmäßig im Verein mit anderen auftreten. So ist, wer gegen Ausländer wettert, in der Regel auch gegen Schwule und für die Prügelstrafe. Es existiert hier eine sozialpsychologische Komplementarität, wonach bestimmte gesellschaftliche Affekte sich mit anderen verbinden. Dass ich mit meiner Einschätzung der Anführer von Pegida so falsch nicht lag, zeigen die jetzt bekannt gewordenen Äußerungen des inzwischen vom Vorsitz zurückgetretenen Lutz Bachmann, der auf Fotos als Hitler-Double posierte und auf Facebook Flüchtlinge als ,,Viehzeug", ,,Dreckspack" und ,,Gelumpe" bezeichnet hat.

Das Verheerendste an der gegenwärtigen Pegida-Diskussion ist, dass sich im Schlagschatten von Pegida und weit über diese hinaus eine Codierung sozialer Zugehörigkeit herausbildet, die festlegt, wer ,,zu uns gehört" und wer nicht. Die im ,,Zugehen auf Pegida" und beim Versuch, ,,die Beweggründe der verängstigten Bürger zu verstehen", getroffene Unterscheidung zwischen ,,guten Flüchtlingen", die beruflich gut qualifiziert sind und unseren Fachkräftemangel beheben helfen, und ,,bösen Flüchtlingen", die nur kommen, ,,um Straftaten zu begehen, von unseren Sozialsystemen zu profitieren und uns auszunutzen", hat fatale Folgen. Diese Unterscheidung findet Anschluss an die uralte zwischen ,,ehrlichen" und ,,unehrlichen" Armen, die tief in der arbeitsgesellschaftlichen Moderne und im kollektiven Gedächtnis verankert ist. Jenen kann staatliche und kirchliche Hilfe zuteil werden, diesen muss man ihre Faulheit mit purer Härte austreiben. Solche Codierungen legen fest, wen wir als ,,Unsereiner" begreifen und in wen man sich einfühlt und wem als ,,nicht zu uns gehörend" jedes Mitgefühl verweigert werden kann. Die Geschichte des 20. Jahrhunderts lehrt, dass die Lage derer, die als nicht-zugehörig definiert werden, prekär ist. Sind bestimmte Gruppen von Immigranten erst einmal als unnütz, unerwünscht, nicht zur eigenen Gruppe gehörig markiert, ist es, wie Harald Welzer gezeigt hat, ,,nur noch eine graduelle, keine prinzipielle Frage mehr, wie mit den Nicht-Zugehörigen zu verfahren sei". Immer wenn sich solche Unterscheidungen gesellschaftlich etablieren, ist äußerste Wachsamkeit geboten, weil sich in ihrem Schatten rabiatere Umgangsformen anbahnen. Aus stigmatisierten Fremden werden schnell Gegenmenschen, Feinde, die ,,uns die Luft zum Atmen nehmen" und ,,unsere Kultur" bedrohen, und die im Namen der Wir-Gruppe beseitigt werden müssen. Diejenigen, die auf ,,die Ängste der Bürger" eingehen wollen, verhalten sich wie ein Psychotherapeut, der sich anschickt, eine Spinnenphobie durch Ausrottung der Spinnen zu behandeln. Bereits in den frühen 1990er Jahren hat man den damals grassierenden Hass auf Einwanderer und Flüchtlinge zum Anlass genommen, die Asylgesetzgebung zu verschärfen.

Im Kern von Pegida und anderen rechtspopulistischen Bewegungen stoßen wir auf die Idee der ,,Reinheit der Gesellschaft" und der ,,ethnischen Homogenität". Das rechte Lager verspricht, Eindeutigkeit und Übersichtlichkeit dadurch herzustellen, dass ,,Ausländer, linke Zecken, Juden, Verbrecher, Sozialschmarotzer und Behinderte" verschwinden. Die dahinter stehende Idee ist die von einer guten, homogenen Gemeinschaft, die sich ihrer negativen Teile entledigt, eine Wahnidee, wie sie antidemokratischer nicht sein kann. Demokratie ist, im Gegensatz zu einem weit verbreiteten Missverständnis, keine dumpfe Gesinnungsgemeinschaft, sondern eine Gesellschaftsform, die die Entfaltung von Verschiedenheit und den friedlichen Austrag von Dissens ermöglicht. Demokratie will und soll eine Gesellschaftsform sein, in der, wie Adorno in seinem Buch Minima Moralia schrieb, nicht alle gleich sein müssen, sondern in der man ,,ohne Angst verschieden sein kann". Sie basiert, sozialpsychologisch betrachtet, auf reifen, dialektischen Ich-Funktionen, zu deren wichtigsten Ambivalenz- und Angsttoleranz gehören. Sie setzen ihre Träger instand, in Widersprüchen zu leben und zu denken, diese, wo sie sich nicht auflösen lassen, auszuhalten und prüfend in der Schwebe zu belassen.

Demokratie ist nur möglich mit demokratischen Bürgern, die auch in krisenhaften Zeiten erwachsen bleiben und nicht auf primitivere Mechanismen der psychischen Regulation zurückfallen, die angesichts von gesellschaftlichen Turbulenzen und neuartigen Situationen nicht in Panik verfallen. Die Fähigkeit, sich in andere einfühlen zu können, hat in Deutschland nie zu den öffentlich geförderten Tugenden gehört. Sie wäre aber das einzig wirksame Gegengift gegen einen Rückfall in Barbarei, Rassismus und Xenophobie.

Wenn es stimmt, dass unter einem dünnen Firnis von Demokratie und Zivilisation ältere Reaktionsmuster erhalten geblieben und in Krisenzeiten abrufbar sind, muss eine demokratische Gesellschaft praxisorientierte Modelle entwickeln, um solche Regressionen zu verhindern. Es reicht nicht, wenn man gelernt hat, freundlich und hilfsbereit zu sein, man muss auch wissen, wie man den Gehorsam verweigern kann. Menschen mit autoritärem Charakter, der die Massenbasis des Faschismus gebildet hat, empfanden Schuldgefühle, wenn sie ihre Pflicht nicht erfüllt oder Zeichen von Ungehorsam gezeigt hatten. Nach den geschichtlichen Erfahrungen des 20. Jahrhunderts gilt: Wenn schon Schuldgefühle, dann sollten jene Menschen sie empfinden, die das, was sie tun oder was ihnen befohlen wird zu tun, zuvor nicht an den Maßstäben von Vernunft und Menschenwürde kritisch geprüft haben. Genau an dieser Stelle hatte die antiautoritäre Bewegung der späten 1960er Jahre eine eminent wichtige Funktion. Sie hat das dumpfe Klima des Beschweigens der Nazi-Gräuel beendet, Ungehorsamsmodelle in die politische Kultur der Bundesrepublik eingeführt und gezeigt, dass man bestimmten Entwicklungen widersprechen kann und zeitig begegnen muss. Wer sein Nein gegenüber bestimmten Entwicklungen nicht rechtzeitig äußert, wird es irgendwann nicht einmal mehr denken. Außerdem unterzog die 68er Bewegung jene Erziehungspraktiken einer radikalen Kritik, die autoritäre, an Gehorsam fixierte Charaktere hervorbringen, die zu den subjektiven Bedingungen der Möglichkeit des Faschismus gehören. Demokratie ist – Oskar Negt wird nicht müde, darauf hinzuweisen – eine Gesellschaftsordnung, die gelernt und eingeübt werden muss, weil sie auf urteilsfähige Beteiligung der Menschen angewiesen ist. Demokratie ist eine Lebensform, zu deren Erhaltung es einer politischen Bildung bedarf, die verschiedene Bauelemente wie Orientieren, Wissen, Lernen, Erfahren und kritische Urteilskraft miteinander verknüpft.

Pegida ist in dem, was von den Bühnen verlautbart und in Parolen vom Publikum skandiert wird, von einem solchen Demokratie-Verständnis Lichtjahre entfernt. Man bedient diffuse Sehnsüchte nach ethnischer Homogenität, nach Übersichtlichkeit und einfachen Erklärungen für hochkomplexe Probleme. Die Kurzfassung des Programms lautet: Deutschland soll deutsch sein und deutsch bleiben.

Schließlich möchte ich noch einmal betonen, dass mein Hauptanliegen war und ist zu zeigen, dass der Nationalsozialismus kein Randgruppenphänomen gewesen ist, sondern aus der Mitte der Gesellschaft hervorgewachsen ist und dort seine Massenbasis hatte. Primo Levi, der als italienischer Jude eine Jahr in Auschwitz-Monowitz interniert und als Chemiker zur Sklavenarbeit in den Buna-Werken eingeteilt war, hat nach seinem Überleben geschrieben: ,,Es gibt die Ungeheuer, aber sie sind zu wenig, als dass sie wirklich gefährlich werden könnten. Wer gefährlicher ist, das sind die normalen Menschen." Im Zuge der Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozesse hat man die Angeklagten von Psychologen untersuchen lassen. Erwartet hatte man, dass sich Abgründe von Psychopathie auftun würden, dass man eine allen Nazis eigentümliche krankhafte Persönlichkeitsstruktur entdecken würde. Das Resultat der gründlichen Exploration von Göring, Hess, Speer, Frank, Streicher und anderen war deshalb für viele erschreckend und verblüffend: Man fand keine krankhaften Besonderheiten, sondern stieß auf eine kompakte Normalität. Der Gerichtspsychologe Douglas Kelley resümierte: ,,Aus unseren Befunden müssen wir nicht nur schließen, dass solche Personen weder krank noch einzigartig sind, sondern auch, dass wir sie heute in jedem anderen Land der Erde antreffen würden." 1961 sagte ein Gutachter über Eichmann, dass er normal sei, ,,normaler jedenfalls, als ich es bin, nachdem ich ihn untersucht habe." Die etwa zeitgleich durchgeführten Milgram-Experimente haben diesen Befund bestätigt: Die Testpersonen waren unter bestimmten Bedingungen fast alle zu fast allem fähig. Arno Gruen hat folgerichtig vom ,,Wahnsinn der Normalität" und von ,,Normopathen" gesprochen. Halten wir fest: Bürgerliche Normalität schützt vor gar nichts, nicht einmal vor grauenvollsten Verbrechen.

Mit Verboten, wie immer begründet sie im Augenblick auch sein mögen, ist natürlich nichts gewonnen. Das wird eher trotzige Reaktionen begünstigen: ,,Das könnte euch so passen. Jetzt erst recht!" Verbote drücken etwas real Existierendes in den gesellschaftlichen Untergrund, wo es ein gänzlich unkontrollierbares Eigenleben annimmt und irgendwann giftige Blasen wirft. Außerdem wohnt solchen Verboten eine Tendenz zur Verallgemeinerung inne. Irgendwann treffen sie auch die Gegenkräfte, wie man am generellen Demonstrationsverbot in Dresden am vorletzten Montag bereits sehen konnte. An eine Lokomotive mit der Aufschrift islamistischer Terror werden gegenwärtig viele Güterwaggons angehängt, beladen mit allen möglichen neuen Paragraphen und sicherheitspolitischen Vorhaben, die überwiegend mit Terrorismusbekämpfung wenig oder gar nichts zu tun haben, sondern das schier grenzenlose Kontrollbedürfnis des Staates befriedigen. Die Bürger sollen nicht nur an den Anblick von Maschinengewehren im Alltag gewöhnt werden, sondern es auch widerstandslos hinnehmen, dass man diverse Notstandsübungen durchführt und im Namen der Sicherheit ihre Grundrechte einschränkt oder außer Kraft setzt.


Aus: "Ohne Angst verschieden sein können" Götz Eisenberg (27. Januar 2015)
Quelle: http://www.nachdenkseiten.de/?p=24762 (http://www.nachdenkseiten.de/?p=24762)

Title: [Sondern hängt natürlich auch mit den... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 29, 2015, 09:33:45 AM
Quote[...] Muss man alles sagen, schreiben, zeichnen, was man sagen, schreiben, zeichnen darf? Dass diese Frage in Amerika anders als in Frankreich und wiederum anders als in Deutschland behandelt wird, verdankt sich nicht nur unterschiedlichen rechtlichen Regelungen, sondern hängt natürlich auch mit den kulturellen Standards der jeweiligen Länder zusammen. Auf ebendiese berufen sich amerikanische Zeitungen, um zu erklären, warum sie die Mohammed-Karikaturen von ,,Charlie Hebdo" nicht abdrucken oder – wie im Falle der ,,Washington Post" – sie zwar drucken, aber mit dem ausdrücklichen Hinweis: gegen unsere Gepflogenheiten. So erklärte Marty Baron, Chefredakteur der ,,Washington Post", dass es zur ,,Praxis" seines Blattes gehöre, ,,keine Inhalte zu publizieren, die religiöse Gruppen ostentativ, absichtlich oder unnötig kränken".

Die ,,New York Times" verzichtet mit ebendieser Begründung ganz auf den Abdruck der islamkritischen Titelbilder. Für diese Entscheidung reklamiert sie eine publizistische Üblichkeit, die unabhängig von aktuellen Bedrohungslagen gelte. Damit, so heißt es, gebe man die Pressefreiheit gerade nicht preis, sondern gestalte sie. Eine Nötigung zur Solidarisierung mit Terroropfern, die einen automatischen Abdruck von Karikaturen nach sich zöge, welche man ansonsten nicht abdrucken würde, wird abgelehnt. Publizieren will man nur, was ,,safe to print" ist, wie die ,,New York Times" in einer jüngsten, heftig debattierten Formulierung wissen ließ.

Im Blick auf diese Lesart von Pressefreiheit (Mathias Döpfner nannte sie gar ,,die offizielle Bankrotterklärung, die finale Unterwerfung der Pressefreiheit gegenüber der terroristischen Gewalt") ist es von Bedeutung, wie sich Dean Baquet, Chefredakteur der ,,New York Times", jetzt gegenüber dem ,,Spiegel" zu den Vorwürfen äußert. ,,Sosehr ich es liebe, Solidarität zu zeigen: Das ist erst meine zweite oder dritte Aufgabe als Chefredakteur", erklärt Baquet. ,,Meine erste Aufgabe ist es, den Lesern zu dienen – und ein großer Teil unserer Leser sind Menschen, die sich durch Satire über den Propheten Mohammed beleidigt fühlen würden. Dieser Leser, um den ich mich kümmere, ist kein IS-Anhänger, sondern lebt in Brooklyn, hat Familie und ist strenggläubig. Wenn wir diese Leser vergessen, machen wir einen großen Fehler. Entscheidend war für mich auch die Frage, ob wir ähnliche Cartoons über andere Religionen abdrucken würden. Das würden wir nicht. Warum also soll ich einen Cartoon über Mohammed abdrucken, wenn ich einen über Jesus nicht publizieren würde?"

Welche genannten oder ungenannten Gründe auch immer für einen Abdruckverzicht den Ausschlag geben mögen – Baquet nimmt sich die Freiheit, selbst zu entscheiden, wie er die Pressefreiheit nutzen will. Wie es keinen Zwang geben darf, die Karikaturen nicht zu drucken, so darf es auch keinen geben, sie zu drucken.


Aus: "Mohammed-Karikaturen: Muslime aus Brooklyn lesen auch Zeitung" Christian Geyer (28.01.2015)
Quelle: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/mohammed-karikaturen-muslime-aus-brooklyn-lesen-auch-zeitung-13393561.html (http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/mohammed-karikaturen-muslime-aus-brooklyn-lesen-auch-zeitung-13393561.html)
Title: [Mit Satire hat dies nix mehr zu tun!... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 29, 2015, 10:00:35 AM
 
Quote[...] Und dass der Pegida-Erfinder Lutz Bachmann, der sich sofort mit ,,Charlie Hebdo" solidarisierte und in Strafsachen bestens bewandert ist (Körperverletzung, Einbruch, Diebstahl), dass dieser Demokrat gerade mitteilte, er wolle die ,,Titanic" wegen eines ihm in den Mund gelegten Kommentars verklagen (,,Mit Satire hat dies nix mehr zu tun!") – das alles ist doch absolut wunderbar! So etwas könnte sich ein Satiriker niemals ausdenken.


Aus: ",,Charlie" und die Folgen Warum ich kein Satiriker mehr bin" Oliver Maria (19.01.2015)
Oliver Maria Schmitt war von 1995 bis 2000 Chefredakteur des Satiremagazins ,,Titanic".
Quelle: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/je-suis-charlie-und-die-folgen-warum-ich-kein-satiriker-mehr-bin-13377168-p2.html (http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/je-suis-charlie-und-die-folgen-warum-ich-kein-satiriker-mehr-bin-13377168-p2.html)

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Quote[...]  Im Kölner Rosenmontagszug wird jetzt doch kein Wagen zum Charlie-Hebdo-Attentat mitfahren. Das Kölner Festkomitee hat den Bau gestoppt. Die Einzelheiten: Der Wagen sollte einen Clown zeigen, der die Waffe eines Terroristen zerstört - das hatten Teilnehmer einer Facebook-Abstimmung letzte Woche entschieden. Jetzt macht das Festkomitee einen Rückzieher - der Grund sollen Emails und Anrufe besorgter Menschen sein. Berichte, wonach sich auch Karnevalsgesellschaften beschwert hatten, wies das Komitee zurück. Der Präsident der Gesellschaft, die auf dem Wagen mitfahren sollte, hatte sich darauf gefreut - er sieht in dem Motiv ein Zeichen für Meinungsfreiheit und gegen Gewalt und glaubt, dass keine religiösen Gefühle verletzt werden. Das Festkomitte nimmt die besorgten Rückmeldungen aber ernst und argumentiert, dass niemand mit Angst Karneval feiern soll. Die Kölner Polizei sieht keine Gefahr für den Rosenmontagszug.


Aus: "9:00 Uhr Kölner Rosenmontagszug ohne Charlie Hebdo-Wagen" (29.01.2015)
Quelle: http://www1.wdr.de/radio/nachrichten/1live/radiohomepage224372.html (http://www1.wdr.de/radio/nachrichten/1live/radiohomepage224372.html)

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Quote[...] Titanic gibt sich mutiger als das Kölner Karnevalskomitee - Während das Kölner Rosenmontagsumzugskomitee einen Wagen mit einer Anspielung auf das Charlie-Hebdo-Massaker ... nach Bedenkenäußerungen "besorgter Menschen" zurückzog, hat die Redaktion der Frankfurter Satirezeitschrift Titanic ihr Februarheft ganz auf Dschihadisten und deren Trigger ausgerichtet. Schon auf dem Titel-Wimmelbild wird gefragt "Wo ist Mohammed?" - und in der Heftmitte findet sich der ersten Teil der "größten Mohammedkarikatur aller Zeiten", die vom Weltall aus sichtbar sein soll - aber erst dann, wenn 2181 der letzte Schnipsel des 2000-teiligen Starschnitts erschienen ist. ...


Aus: ""Kommen zwei Terroristen in eine Satire-Redaktion ..." Peter Mühlbauer (02.02.2015)
Quelle: http://www.heise.de/tp/artikel/44/44024/1.html (http://www.heise.de/tp/artikel/44/44024/1.html)
Title: [Erziehung aus Druck und Strafe... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 03, 2015, 10:50:09 AM
Quote[...] Die 18-jährige Arzu Ö. aus Detmold gehörte zu einer aus der Ost-Türkei stammenden jesidischen Familie. Sie liebte einen Deutschen, der aber nicht jesidischen Glaubens war. Für die Familie eine verbotene Beziehung. Im November 2011 entführten und töteten fünf erwachsene Geschwister Arzu im Namen ihrer Ehre.

Der Mord an einer 19-Jährigen in Darmstadt in dieser Woche weckt Erinnerungen an diesen und ähnliche Fälle. Der Vater gab nach Angaben der Staatsanwaltschaft zu, seine Tochter erwürgt zu haben – weil sie einen Freund hatte, der den Eltern nicht passte.

Der muslimischen Glaubensgemeinschaft Ahmadiyya war der Streit nach Worten des Vorsitzenden Abdullah Uwe Wagishauser schon länger bekannt: «Wir haben versucht, zu vermitteln.» Ob die pakistanische Herkunft der Familie in dem Fall eine Rolle gespielt hat, will die Staatsanwaltschaft zunächst aber nicht mitteilen: «Das ist noch Spekulation», sagt Sprecherin Nina Reininger.

Generell könne es schon vorkommen, «dass familiäre und religiös-kulturelle Hintergründe zur Ablehnung führen», erklärt der Kriminalpsychologe Rudolf Egg. Der 66-Jährige war etliche Jahre Direktor der von Bund und Ländern getragenen Kriminologischen Zentralstelle in Wiesbaden. «Solche Täter können in ihrem übrigen Leben unauffällig sein», sagt Egg. Keine Diebstähle, keine Rauschgiftdelikte. «Hier geht es um innerfamiliäre Gewalt.»

Für die Rechtsanwältin Brigitta Biehl haben solche Fälle etwas zu tun mit einem «archaischen und patriarchalischen Bild». Es gehe um das, was der Vater und die Familie Ehre nennen. «Dem wird alles untergeordnet.» Die 59-Jährige ist zweite Vorsitzende von Peri, einem Verein für Menschenrechte und Integration in Weinheim (Baden-Württemberg).

Fast 100 Frauen suchten dort jährlich Hilfe, oft, weil es wegen einer geplanten Heirat Probleme mit den Eltern gebe, so die dpa. Männer kämen bei weitem nicht so häufig. «Die haben mehr Freiräume. Da wird zu Hause schon mal ein Auge zugedrückt. Der Mann gilt als toller Hecht.» Auf Töchter werde dagegen enormer Druck ausgeübt. «Die Frauen bekommen zu hören: «Ohne Familie bist Du nichts».»

Nach Eggs Erfahrungen «kommt es auch manchmal vor, dass Söhne anstelle des Vaters handeln». Wie im Fall von Arzu Ö. Ein Bruder gestand vor Gericht die tödlichen Schüsse und erhielt wegen Mordes lebenslange Haft. Der Vater wurde wegen Beihilfe verurteilt.

Zu einem solchen Ausbruch an Gewalt innerhalb einer Familie kommt es laut Biehl «nie aus heiterem Himmel. Da gab es oft vorher Misshandlungen. Wir haben es mit traumatisierten Frauen zu tun, die bei uns Hilfe suchen.» So sieht es auch Egg. «Einer solchen Tat gehen Drohungen voraus. Betroffene müssen so etwas ernst nehmen und sich bei der Polizei Hilfe holen.»

Das sei kein einfacher Schritt, sagt Biehl: «Die Frauen wagen es nicht, ihren Eltern Vorwürfe zu machen.» Sie seien in Unfreiheit großgeworden, «in einer Erziehung aus Druck und Strafe». Wer sein Elternhaus verlasse, für den gebe es kein Zurück mehr. Biehl: «Wenn die Frauen gehen, dann gehen sie für immer.»

...


Aus: "Ehrenmord in Darmstadt: Taten innerhalb der Familie geschehen nie aus heiterem Himmel"
Deutsch Türkische Nachrichten  (01.02.15)
Quelle: http://www.deutsch-tuerkische-nachrichten.de/2015/02/508659/ehrenmord-in-darmstadt-taten-innerhalb-der-familie-geschehen-nie-aus-heiterem-himmel/ (http://www.deutsch-tuerkische-nachrichten.de/2015/02/508659/ehrenmord-in-darmstadt-taten-innerhalb-der-familie-geschehen-nie-aus-heiterem-himmel/)
Title: [Andere Empfindsamkeiten und eine andere Lebenssituation... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 03, 2015, 11:17:16 AM
Quote[...] Nilüfer Göle: ... Wir haben es in Europa und weltweit mit zwei Szenarien oder Konfigurationen zu tun. Entweder wir treten in die Falle des Kampfs der Kulturen, wie Huntington es beschrieb, oder wir vermeiden ihn und definieren Anstand und gesellschaftliches Zusammenleben neu. Und Europa wird zweifelsohne einer der Schauplätze sein, wo man diese Hypothesen oder Szenarien diskutieren wird.

Wir leben in einer sehr schwierigen Zeit. Im Westen, ebenso wie die muslimische Welt, haben wir Schwierigkeiten, einander zu verstehen und neue Werte zu finden, die uns dabei helfen, neue Normen des Zusammenlebens zu finden. Die jüngsten Anschläge gegen die Karikaturisten von "Charlie Hebdo" und die Geiselnahme von Juden in einem koscheren Supermarkt in Paris stellen sehr schwierige Momente für die europäischen Gesellschaften und auch für die dort lebenden Muslime dar. Denn diese Terrorattacken erschweren den normalen Muslimen Europas, ihr tägliches Leben zu leben, ohne angegriffen oder verdächtigt zu werden, ein Terrorist zu sein oder andere Loyalitäten zu haben.

... Die 68er-Generation im Westen, besonders in Frankreich und Deutschland, dachte immer, dass sie auf der Seite der Unterdrückten, der Armen steht und eine emanzipatorische Macht des Diskurses hat. Aber sie bemerkte nicht, dass sie ihre Waffen auch gegen Menschen richtete, die in ihrer sozialen Position verletzlich sind. Ganz ähnlich war der Umgang der Feministinnen der 68er-Generation mit den jungen muslimischen Mädchen der zweiten und dritten Generation von Migranten, die mit Kopftüchern die Schule besuchen wollten. Die Feministinnen dachten, sie kämpfen gegen die Kirche. Es handelte sich um eine Überlagerung ihrer eigenen Agenda, die sie in den sechziger, siebziger und bis neunziger Jahre verfolgten, ohne dabei böse Absichten zu haben. Doch berücksichtigten dabei nicht die Muslime, die andere Empfindsamkeiten und eine andere Lebenssituation mit sich brachten.

...



Aus: "Interview mit der türkischen Soziologin Nilüfer Göle - "Wir brauchen neue Normen des Zusammenlebens"" (22.01.2015)
AutorIn: Ceyda Nurtsch, Interview: Ceyda Nurtsch
Quelle: http://de.qantara.de/inhalt/interview-mit-der-tuerkischen-soziologin-niluefer-goele-wir-brauchen-neue-normen-des (http://de.qantara.de/inhalt/interview-mit-der-tuerkischen-soziologin-niluefer-goele-wir-brauchen-neue-normen-des)
Title: [...was wir daraus machen]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 10, 2015, 09:01:07 PM
Aslan vermisst in Österreich einen innerislamischen Diskurs. In einem Interview mit der Presse sagte er: ,,Der Diskurs im Bagdad des 9. und 10. Jahrhunderts war vielfältiger und liberaler als in der Gegenwart in Wien." In seiner Einschätzung vertreten manche muslimische Verantwortliche intern einen traditionellen Islam, während sie nach außen hin einen für die Gegenwart aufgeschlossenen Islam präsentieren (sie geben also ein ,,Scheinbild" ab). ...
http://de.wikipedia.org/wiki/Ednan_Aslan (http://de.wikipedia.org/wiki/Ednan_Aslan)


Quote[...]     Die Karikaturisten der französischen Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" wurden von Attentätern im Namen des Islam ermordet. Die Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) tötet Geiseln im Namen der Religion. Dutzende Gruppen, von den Taliban über das Netzwerk al-Qaida bis zu kleinen Einheiten von Dschihadisten in Afrika, im Nahen und Mittleren Osten bis nach Ostasien, kämpfen für eine Verbreitung ihrer extremistischen Vorstellung vom Islam.

Die meisten Opfer von islamistischem Terror sind Muslime, die meisten Muslime sind schockiert von den Gewalttaten. Aber eine intellektuelle Auseinandersetzung mit dem Terror findet nur in geringem Maß statt.

Vielmehr wischen viele Muslime die Probleme mit dem Hinweis beiseite, der Islam sei eine Religion des Friedens und die Terroristen seien keine Muslime - ein Fehler, wie Ednan Aslan findet. Lesen Sie hier das Interview mit dem Wiener Professor für islamische Religionspädagogik:

Ednan Aslan wurde 1959 in der Osttürkei geboren, studierte in Tübingen und Stuttgart und promovierte über religiöse Erziehung muslimischer Kinder in Deutschland und Österreich. Er lehrt an der Universität Wien und beklagt, dass die islamische Theologie bislang vor allem auf Gewalt fuße.


SPIEGEL ONLINE: Herr Aslan, Terroristen berufen sich auf den Islam. Muslime sagen, das habe mit dem Islam nichts zu tun. Ist Gewalt nun theologisch begründbar oder nicht?

Aslan: Kürzlich wurde ein jordanischer Kampfpilot von IS-Kämpfern bei lebendigem Leib verbrannt. Das ist ein schockierender Akt, der sich islamisch-rechtlich begründen lässt. Aber nur, wenn man alte, nicht zeitgemäße Rechtsgrundlagen wiederbelebt. Genau das tun diese Terroristen aber. Der Kalif Abu Bakr zum Beispiel, der erste Nachfolger des Propheten Mohammed, ließ der Überlieferung zufolge ganze Dörfer niederbrennen, weil sie abtrünnig geworden waren. Das waren im 7. Jahrhundert völlig andere Zeiten, und selbst damals gab es Kritik an diesem Handeln. Aber leider werden solche Rechtsauslegungen nun reanimiert und an theologischen Fakultäten gelehrt, in Saudi-Arabien, Pakistan, der Türkei.

SPIEGEL ONLINE: Warum behaupten andere Muslime dann, diese Gewalt habe mit dem Islam nichts zu tun?

Aslan: Viele Muslime sind sehr fortschrittlich und kennen sich mit dieser altertümlichen Auslegung islamischer Theologie nicht aus. Sie können sich nicht vorstellen, dass solch barbarische Gewalt mit dem Islam zu tun haben könnte. Die große Mehrheit der Muslime lehnt Terror ab. Aber die Grundlagen für Gewalt existieren leider noch im islamischen Recht. Manche glauben, dieses Recht sei heute nicht mehr anwendbar. Aber wir erleben, dass es im "Islamischen Staat" junge Menschen gibt, die diese alten Gesetze in die Tat umsetzen. Neu ist das keineswegs: In Iran gibt es immer wieder Steinigungen. Saudi-Arabien richtet fast wöchentlich Menschen mit dem Schwert hin. Das ist ein Teil der islamischen Realität.

SPIEGEL ONLINE: Während wir uns beim IS angewidert abwenden, machen wir mit Saudi-Arabien Geschäfte.

Aslan: Ja, das ist unsere Doppelmoral, die viele Menschen in islamischen Ländern schockiert. Einerseits verurteilen wir die IS-Verbrechen in Syrien und im Irak. Andererseits handeln wir mit Ländern, die regelmäßig und systematisch vergleichbare Taten verantworten. Mit dieser Doppelmoral schadet der Westen auch der Demokratie, denn viele Muslime sagen: Wenn das Demokratie ist, verstehen wir sie nicht. Darunter leidet das Image des Westens.

SPIEGEL ONLINE: Das Image des Islam leidet darunter, dass strenggläubige Muslime den Koran buchstabengetreu auslegen und es ablehnen, die Schrift zu interpretieren. Was, meinen Sie, muss sich ändern?

Aslan: Islam ist natürlich das, was wir daraus machen. Die Art, wie wir ihn ausüben und leben, entspricht dem Grad unserer geistigen Reife. Der Islam ist, wie die Muslime sind. Der Koran ist zwar ein abgeschlossenes Buch, aber unser Verständnis der heiligen Schrift ist ein ununterbrochener Prozess. Eine Religion ist deshalb nie fertig, weil die Menschen ständig an ihr arbeiten. Leider stelle ich fest, dass die geistige Reife vieler Muslime im zwölften Jahrhundert viel weiter entwickelt war als jetzt, im 21. Jahrhundert. Kritische Debatten, die vor 800 Jahren in Bagdad geführt wurden, sind heute undenkbar, weil viele Muslime sie als unislamisch betrachten. Gegenwärtig wird eine aufklärerische Perspektive nicht zugelassen, als könnten wir einen Islam mit europäischer Prägung nicht leben. Das macht mir Angst.

SPIEGEL ONLINE: Aber wie könnten solche Debatten wieder möglich werden, ohne dass man um sein Leben fürchten muss?

Aslan: Wir müssen die Rechtslehre im Islam reformieren und den Islam aus einer europäischen Aufklärungstradition heraus prägen. Außerdem müssten die theologischen Fakultäten in den islamischen Ländern erneuert werden. Sie müssten zukunftsorientiert lehren, nicht geschichtsorientiert, damit Menschen ohne Widersprüche zwischen moderner Gesellschaft und religiöser Lehre leben können. In der Türkei etwa besinnt man sich mehr und mehr auf das Osmanische Reich. Das halte ich für falsch. Das ist eine Rückwärtsentwicklung, manche Kollegen sprechen von einer Salafisierung der islamischen Theologie. Genau das tut auch der IS: Er belebt die Geschichte und schafft sich damit seine eigenen Grundlagen.

SPIEGEL ONLINE: Wer soll denn die Aussagen des Koran zeitgemäß deuten?

Aslan: Ich will nicht überheblich oder eurozentrisch sein, aber klar ist: In einem Land, in dem keine Freiheit herrscht, kann man keine Religion reformieren. Das wäre ein Spiel mit dem Feuer. Aus diesem Grund haben wir diese Chance nur im Westen, weil wir in Freiheit denken und forschen, trotz aller Schwierigkeiten. Diese Freiheit ist für uns Muslime eine Chance.

SPIEGEL ONLINE: Sind Sie also davon überzeugt, dass der Islam zu Deutschland gehört?

Aslan: Ja, aber viele Muslime tun sich heute noch sehr schwer mit dem Leben in Europa. Sie können sich mit den hiesigen Verhältnissen nicht identifizieren. Für viel wichtiger als die Frage, ob der Islam zu Deutschland gehört, halte ich die Frage, ob die Muslime sich mit Deutschland identifizieren können.

SPIEGEL ONLINE: Es leben doch Millionen von Muslimen in Deutschland, die sich hier einfügen. Befeuern Sie mit solchen Aussagen nicht feindselige Ressentiments, wie sie bei Pegida zum Vorschein kamen?

Aslan: Der Islam wird in Deutschland von Einrichtungen repräsentiert, die gänzlich vom Ausland gesteuert werden. Dabei vertreten sie längst nicht alle Muslime. Wir müssten vielmehr einen europäischen Islam prägen und zeigen. Und der gehört natürlich zu Deutschland. Wenn Leute sagen, der Islam gehöre nicht hierher, muss man fragen, ob die integrierten Muslime damit überhaupt gemeint sind. Dass rechte Parteien oder Bewegungen wie Pegida ähnlich argumentieren, darf uns nicht dazu verleiten, bestimmte Fragen nicht mehr zu stellen. Der Islam ist mein Glaube, und ich denke, wir müssen auf die derzeitigen Probleme selbst reagieren.

SPIEGEL ONLINE: Und Sie glauben, am Ende wird man auch über den Islam lachen dürfen?

Aslan: Man sollte lachen dürfen, natürlich. Was in einem Rechtsstaat möglich ist, sollte auch für den Islam gelten. Muslime lachen über das Christentum und über das Judentum, warum sollte es eine Ausnahme für den Islam geben? Es wird ja auch schon viel gelacht, es gibt Hunderte von Witzen in der Türkei über Imame.

SPIEGEL ONLINE: Und Mohammed-Karikaturen finden Sie in Ordnung?

Aslan: Man darf über den Propheten lachen, aber man sollte ihn nicht diffamieren. Ganz abgesehen davon dürfen wir nicht von jedermann erwarten, den Propheten so anzuerkennen und zu respektieren, wie Muslime es tun. Das unterscheidet ja Muslime von Nichtmuslimen. Die Erwartung, jeder müsse ihn so verehren wie wir, ist eine falsche Haltung. Wir sollten das korrigieren.


Aus: "Muslimischer Religionspädagoge: "Islam ist, was wir draus machen"" Hasnain Kazim, Istanbul (10.02.2015)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/ednan-aslan-islam-ist-das-was-wir-draus-machen-a-1017271.html (http://www.spiegel.de/politik/ausland/ednan-aslan-islam-ist-das-was-wir-draus-machen-a-1017271.html)

Title: [Überall dort wo im Namen eines... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 11, 2015, 12:10:25 PM
Quote[...] Christian Schüle, 44, hat in München und Wien Philosophie und Politische Wissenschaft studiert, war Redakteur der ZEIT und lebt als freier Essayist, Schriftsteller und Autor in Hamburg.

Dieser Konflikt ist kaum lösbar: Religiöse Normen ringen mit demokratischen Werten. Religiöse Normen sind immer absolute Normen, demokratische Werte immer relative Werte. Der Konflikt zwischen den Kulturen ist ein Konflikt zwischen absoluten Normen und relativen Wertvorstellungen, der den Dialog, die Versöhnung und das Zusammenleben zwischen dem islamischen und dem westlichen Kulturkreis in hohem Maße erschwert.

Der Konflikt ist deshalb kaum lösbar, weil es einer um das "Heilige" ist. Religiöse Gesellschaften haben eine klare Vorstellung von einem unverfügbar "Letzten". Sie leiten ihr Selbstverständnis aus dem Glauben an das und Gehorsam gegenüber dem Heiligen ab.

Die säkularisierten westlichen Gesellschaften hingegen haben keine Vorstellung mehr vom Heiligen. Ihr höchster, aus jahrhundertelangen Kämpfen gewonnener Wert ist die Unverfügbarkeit des irdischen Individuums. Der Mensch an sich genießt Autonomie und Würde, ohne Ansehen der Person und des Glaubens.

Das Heilige braucht weder Gründe noch Begründungen. In seinem Namen ist jedes Verhalten, ist jede Gewalt gegen das Individuum gerechtfertigt, kann alles angeblich Ungläubige mit dem Verdikt der "Gotteslästerung" bekämpft werden. Als politische Ideologie entzieht sich das Heilige jeder Empirie, da es in einer übersinnlichen Welt angesiedelt ist, wo es keinerlei Überprüfung standhalten muss und kann.

Überall dort, wo im Namen eines Gottes gemordet wird, braucht man eine Letztbegründung, deren häufigste der Begriff der "Wahrheit" ist. Überall dort, wo Demokratie herrscht, werden Letztbegründungen im Namen einer Wahrheit bewusst verweigert.

Die Unverfügbarkeit des Heiligen und die Unverfügbarkeit des Individuums sind so gegensätzliche Leitmotive, dass sie sich philosophisch, rechtlich und politisch kaum miteinander in Einklang bringen lassen. Die metaphysische Auffassung unterwirft die gesellschaftliche Ordnung einer Offenbarung, die postmetaphysische hingegen setzt auf eine Ordnung der Offenheit.

Demokratie ist die anspruchsvollste, aber auch verletzlichste aller bekannten Gesellschaftsformen, weil sie prinzipiell für jedermann offen und auf die aktive Teilnahme jedes ihrer Mitglieder angewiesen ist. Sie unterzieht sich permanenter Selbstüberprüfung durch das dauerhafte Selbstgespräch. Das setzt, wie Jürgen Habermas uns gelehrt hat, kommunikative Rationalität voraus, um Widersprüche vermitteln, Kompromisse finden und dem besseren Argument Geltung verschaffen zu können.

Die Normen einer säkularisierten Demokratie müssen in permanent sich wandelnden kulturellen und sozialen Kontexten hinterfragt und abgewogen werden; ihre Geltung ist abhängig von den Sozialverhältnissen in der Gesellschaft, somit sind sie relativ.

Deshalb ist eine offene Gesellschaft wehrlos gegen jede Form von Fanatismus, Fundamentalismus und Radikalismus, gegen eine geoffenbarte Religion, deren Lebensregeln aus dem Absoluten abgeleitet werden.

Die Aufgabe von Politik besteht darin, diesen theoretisch unlösbaren Konflikt praktisch zu entschärfen und zu moderieren. Unsere Freiheit, heißt es jetzt immer wieder, sei ein hohes Gut, das es gegen Angriffe und Anschläge zu verteidigen gelte. Ganz gewiss, aber Freiheit ist ohne Verantwortung nicht zu haben, und Freiheit in Verantwortung heißt immer auch, die Konsequenzen des eigenen Handelns oder Nichthandelns miteinzubeziehen.

Die Freiheit des Einen endet dort, wo sie die Freiheit des Anderen verletzt oder einschränkt. Das lehrt uns die Aufklärung. Und Aufklärung beginnt mit dem Verstehen des Anderen und mit dem Wissen um seine Normen, und sie endet bei der Widerlegung vom Stereotypen.

Tragen wir aufgeklärte Demokraten Sorge also dafür, dass uns der Andersdenkende, der Andersgläubige und der Andersfühlende nicht verlorengeht in diesem irrsinnigen Kampf der Kulturen, gerade weil uns das Individuum "heilig" ist.


Aus: "Demokratie versus Religion: Eine offene Gesellschaft ist wehrlos gegen Radikalismus" Christian Schüle (10.02.2015)
Quelle: http://www.deutschlandradiokultur.de/demokratie-versus-religion-eine-offene-gesellschaft-ist.1005.de.html?dram:article_id=311169 (http://www.deutschlandradiokultur.de/demokratie-versus-religion-eine-offene-gesellschaft-ist.1005.de.html?dram:article_id=311169)

Title: [Schläge im Namen des Herrn... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 12, 2015, 10:59:10 AM
Quote[...] Das weiße Band – Eine deutsche Kindergeschichte ist ein Spielfilm des österreichischen Regisseurs Michael Haneke aus dem Jahr 2009. Die Handlung des Schwarzweißfilms ist im Jahr vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs in Norddeutschland angesiedelt und schildert mysteriöse Vorfälle im fiktiven Dorf Eichwald. Der Film verdeutlicht das bedrückende, insbesondere für die Heranwachsenden traumatisierende soziale und zwischenmenschliche Klima der damaligen Zeit, das selbst im engen Familienkreis von Unterdrückung und Verachtung, Misshandlung und Missbrauch sowie Frustration und emotionaler Distanz geprägt ist. Er wirft einen kritischen Blick auf den sittenstrengen Protestantismus, der dem Einzelnen ständig Zwänge auferlegt, die Entfaltung der Persönlichkeit verbietet und so letztlich den gesellschaftlichen Übergang vom Wilhelminismus zum Nationalsozialismus begünstigt.

... eine ,,Atmosphäre aus düsterem Luthertum wie bei Bergman". Der Film zeige einen ländlichen Mikrokosmos, wo es ,,soziale und moralische Regeln von eiserner Unnachgiebigkeit" gebe, hinter denen jedoch ,,geheime Grausamkeiten brüten". Kinder würden dort ,,nach pädagogischen Prinzipien aufwachsen, die Züchtigungen, Erniedrigungen und sogar ans Bett gefesselte Hände vorsehen, um das Berühren des eigenen Körpers zu verhindern." ...


Aus: "as weiße Band – Eine deutsche Kindergeschichte" (17. Januar 2015)
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Das_wei%C3%9Fe_Band_%E2%80%93_Eine_deutsche_Kindergeschichte (https://de.wikipedia.org/wiki/Das_wei%C3%9Fe_Band_%E2%80%93_Eine_deutsche_Kindergeschichte)

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Quote[...] Schwarze Pädagogik ist ein negativ wertender Sammelbegriff für Erziehungsmethoden, die Gewalt und Einschüchterung als Mittel enthalten. Der Begriff wurde 1977 von der Soziologin Katharina Rutschky mit der Veröffentlichung eines Buches unter gleichem Titel eingeführt. Die Begriffsprägung schloss an eine Kritik repressiver Pädagogik an, die spätestens seit Ende des 19. Jahrhunderts artikuliert wurde.

... Die früher sehr verbreiteten Vorstellungen von der ,,bösen Kindsnatur" oder der notwendigen ,,Abrichtung" zeugen von Aberglauben und dem Wunsch, Menschen auf ähnliche Weise formen zu können, wie man es damals als Dressur mit Tieren praktizierte.

    ,,Diese ersten Jahre haben unter anderem auch den Vorteil, dass man da Gewalt und Zwang brauchen kann. Die Kinder vergessen mit den Jahren alles, was ihnen in der ersten Kindheit begegnet ist. Kann man da den Kindern den Willen nehmen, so erinnern sie sich hiernach niemals mehr, dass sie einen Willen gehabt haben."

– Johann Georg Sulzer: Versuch von der Erziehung und Unterweisung der Kinder, 1748

... Heute immer bekannter wird die in vielen Ländern in Heimen – auch von kirchlichen Orden (Magdalenenheime in Irland oder Arme Dienstmägde Jesu Christi) – praktizierte Heimerziehung, die bis ins späte zwanzigste Jahrhundert hinein den Willen von Kindern und jungen Erwachsenen gebrochen hat. Obwohl einige Handlungen im Rahmen der Erziehung in diesen Institutionen schon lange strafbar waren, wird die Geschichte der Schwarzen Pädagogik in diesen Institutionen erst langsam aufgearbeitet oder erst bekannt. Gerade das katholische Ideal des Gehorsams begünstigte körperliche Strafen in Heimen. Folgende zusammenfassende Aussage über Peter Wensierskis Buch Schläge im Namen des Herrn zeigt, wie lebendig die Schwarze Pädagogik bis vor kurzem war: Dass ,,...das Netz der westdeutschen Kinder- und Jugendheime bis in die Siebziger hinein eher einem Kindergulag glich als einem Fürsorgesystem. 3000 und mehr Heime gab es in dieser Zeit, zu 80 Prozent waren sie in christlicher Hand, die katholischen Einrichtungen überwogen bei weitem, wobei evangelische nicht fehlten. Wensierski rechnet mit mehreren Hunderttausend Menschen, die durch diese Einrichtungen gegangen sind."

... Mit dem Werk Am Anfang war Erziehung (1980) von Alice Miller gilt die Möglichkeit schwerer Schäden bei Kindern durch jedwede Form körperlicher (wie auch psychischer) Gewalt als erwiesen:

    ,,Unter der ,Schwarzen Pädagogik' verstehe ich eine Erziehung, die darauf ausgerichtet ist, den Willen des Kindes zu brechen, es mit Hilfe der offenen oder verborgenen Machtausübung, Manipulation und Erpressung zum gehorsamen Untertan zu machen."

– A. Miller: Evas Erwachen, 2001



Aus: "Schwarze Pädagogik" (2. Februar 2015)
https://de.wikipedia.org/wiki/Schwarze_P%C3%A4dagogik (https://de.wikipedia.org/wiki/Schwarze_P%C3%A4dagogik)

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Quote[...] ROM/OBERWESEL. (hpd) Papst Franziskus hat erklärt, dass er es in Ordnung findet, wenn Eltern ihre Kinder schlagen. Während sich die Medien über die Aussage des angeblich ,,weltoffenen Papstes" wundern, fühlt sich gbs-Vorstandssprecher Michael Schmidt-Salomon in seiner Einschätzung bestätigt, dass Franziskus alles daran setzen wird, den Katholizismus für die evangelikale Konkurrenz attraktiv zu machen.

,,Über die jüngsten Erziehungstipps des Papstes können nur diejenigen erstaunt sein, die nicht begriffen haben, dass Franziskus über weite Strecken reaktionärere Ansichten vertritt als sein Amtsvorgänger", erklärte Michael Schmidt-Salomon am Freitagnachmittag am gbs-Stiftungssitz in Oberwesel. ,,Was die Medien als Modernität des Papstes fehldeuten, ist tatsächlich nur Ausdruck einer zunehmenden Anpassung des Katholizismus an die weltweit immer stärker werdende evangelikale Konkurrenz. Das bedeutet zum einen weniger Kirchenpomp, zum anderen verschärfte Attacken gegen Homosexuelle, gegen Schwangerschaftsabbrüche, Sterbehilfe, Evolutionstheorie und die vermeintlichen Verfehlungen der antiautoritären Erziehung".

In evangelikalen Kreisen seien autoritäre Erziehungsmodelle weit verbreitet, erläuterte Schmidt-Salomon. Vor allem außerhalb Europas richteten sich die Gläubigen gerne nach der biblischen Maxime "Wer seine Rute schont, der hasst seinen Sohn; wer ihn aber lieb hat, der züchtigt ihn bald" (Sprüche 13,24). Ein Zusammenhang von evangelikaler Religiosität und gewaltorientierter Erziehung sei auch in Deutschland feststellbar.

,,Schwarze Pädagogik" sei jedoch keineswegs nur im evangelikalen Spektrum beheimatet. Schmidt-Salomon erinnerte daran, dass ein moderner, liebevoller und liberaler Umgang mit Kindern erst gegen den massiven Widerstand sämtlicher Kirchen erkämpft werden musste: ,,Zuvor wurden Generationen von Christen zu bedingungslosem Gehorsam gegenüber der vermeintlich höchsten Autorität (Gott) und den jeweils herrschenden religiösen und weltlichen Stellvertreter erzogen. Noch Mitte des 20. Jahrhunderts kamen Hunderttausende von Heimkindern, die das Pech hatten, in einem christlichen Erziehungsheim oder Internat zu landen, in den Genuss dieser Zucht-und-Ordnungs-Pädagogik. ,Schläge im Namen des Herrn' waren an der Tagesordnung. Viele Kinder wurden über Jahre hinweg systematisch ausgebeutet, gedemütigt, weggesperrt, seelisch wie körperlich missbraucht."

Dass die Kirchen auf pädagogischem Gebiet solch gravierende Menschenrechtsverletzungen begehen konnten, ohne dafür zur Verantwortung gezogen zu werden, sei den Kirchenoberen offenbar zu Kopf gestiegen, meinte Schmidt-Salomon. ,,Andernfalls hätte es Franziskus wohl nicht gewagt, Erziehungsratschläge zu geben, die den Forderungen der UN-Kinderrechts-Charta so deutlich widersprechen."

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Simon H. am 7. Februar 2015 - 7:47
Ich sollte wieder in die Kirche eintreten, nur um noch einmal austreten zu können.


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s am 7. Februar 2015 - 9:08
Ich kann mir das bei "Franziskus" auch sehr gut vorstellen,das er darauf hinarbeitet,alle ultrakonservativen Christen in einem Boot zu holen.Viele "laue" Christen verlassen in Scha
ren die die Kirche.Da ist es jetzt an der Zeit eine ultrakonservative und den alten Werten verhafteten patriarchalen christliche Großgemeinde aufzubauen,ob katholisch oder nicht, hauptsache die uralten Werte werden ohne zu hinterfragen aufrecht erhalten.Dazu gehört wahrlich auch die "harte Hand" der Eltern, die Gehorsame Ehefrau,die nichts mit Selbstverwirklichung am Hut hat und die ihren Mann als ihr Haupt sieht.Die biblische Menschenverachtung soll gepflegt und für die Nachkommen konserviert werden.


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Ille am 7. Februar 2015 - 12:18
Bei einem Papst könnte man annehmen, dass solche Antworten ideologisch durchdacht sind. Ansonsten kann man auch meinen, dass es das Bauchgefühl eines alten Mannes ist.

Susanne Thiele am 7. Februar 2015 - 13:44
Bei "Franziskus" und den anderen "Vertretern Gottes" wird beides zutreffen,Ideologie und das anerzogene Selbstverständnis vieler Leute in seinem Alter,das "ein paar ordentliche Schläge" noch nie geschadet haben und dem "Wohle des Kindes dienen".


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Bernd Kammermeier am 7. Februar 2015 - 15:18
Erst darf man Kinder nicht anfassen, wo's Spaß macht und jetzt soll man sie nicht schlagen dürfen. Was kommt als nächstes? Dass man sie nicht mehr mit der absoluten Wahrheit indoktrinieren darf? - Euch Humanisten kann man's wirklich nie recht machen...


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Jürgen Seeger am 7. Februar 2015 - 23:29
Ach, das Rumhacken auf dem Papst ist doch reine Christophobie. Und überhaupt: Das hat doch mit dem Christentum nichts zu tun ;-)


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Aus: "Warum Franziskus das Schlagen von Kindern befürwortet" (6. Feb 2015)
Quelle: http://hpd.de/artikel/11168 (http://hpd.de/artikel/11168)

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Quote[...]  Wenn auf einem bestimmten Gebiet moralischer Fortschritt erst einmal in Gang gekommen ist, springen die meisten Religionen mit auf den Zug – wie bei der Abschaffung der Sklaverei, den Rechten der Frau und den Rechten der Homosexuellen im 20. Jahrhundert – aber das geschieht meist nach einer beschämend langen Verzögerung. Weshalb?

... Religion erzeugt ihrer Definition nach eine scharf umrissene Identität von "uns" und "nicht wie wir", diesen Heiden, diesen Ungläubigen. Die meisten Religionen wurden zur modernen Aufgeklärtheit gezwungen und krallten sich dabei an der Vergangenheit fest. Wenn sie überhaupt erfolgen, sind Veränderungen in religiösem Glauben und religiösen Praktiken langsam und schwerfällig und praktisch immer eine Reaktion der Kirche auf politische oder kulturelle Kräfte von außen.

... Eine Begründung für diese beschränkte Sphäre kann in der Anordnung aus dem alten Testament "Liebe deinen Nächsten" gefunden werden, die zu jener Zeit die unmittelbar nächste Verwandtschaft und Mitmenschen waren, was allerdings eine der Zeit angemessene evolutionäre Strategie war.

Es wäre selbstmörderisch gewesen, deinen Nächsten wie dich selbst zu lieben, wenn dieser nichts lieber getan hätte, als dich zu vernichten, was für die bronzezeitlichen Menschen des alten Testaments häufig galt.

... Die Geschichte der Mormonen ist ein typisches Beispiel. In den 1830er Jahren erhielt der Gründer der Kirche, Joseph Smith, eine Offenbarung durch Gott, das was er euphemistisch "himmlische Ehe" nannte, exakter "Mehrehe" genannt – der Rest der Welt nennt es Polygamie – einzuführen, gerade zu dem Zeitpunkt, als er sich neu verliebt hatte, obwohl er mit einer anderen Frau verheiratet war.

Als Smith erst einmal das Salomonische Fieber hatte (König Salomon hatte 700 Frauen), konnte er sich selbst, oder seine Brüder, nicht davon abhalten, ihren Samen durch diese Praktik zu verbreiten, die 1852 in das Mormonische Gesetz durch seine heiligen "Doktrinen und Pakte" aufgenommen wurde. Bis 1890, als den Leute von Utah – begierig darauf dass ihr Staat der Union angeschlossen wurde – mitgeteilt wurde, dass Polygamie nicht toleriert werden würde. Günstiger Weise sandte Gott den Führern der Mormonen eine neue Offenbarung, in denen er ihnen befahl, das mehrere Frauen keine himmlische Segnung mehr wären, und statt dessen Monogamie jetzt der eine richtige Weg wäre.

Ebenso verbot die Politik der Mormonen Afroamerikanern, Priester in ihrer Kirche zu sein. Der Grund, weshalb Joseph Smith dies verordnete war, dass sie in Wahrheit nicht aus Afrika kämen, sondern von den bösen Lamanitern abstammen würden, die Gott verflucht hat, indem er ihre Haut schwarz färbte, nachdem sie den Krieg gegen die guten Nephiter verloren hatten, beides Stämme, die Nachfahren der verloren Stämme von Israel waren. Natürlich wurde die Ehe zwischen Rassen ebenfalls verboten, nachdem den Lamanitern Sex mit den guten Nephitern verboten wurde. Dieser rassistische Unsinn blieb eineinhalb Jahrhunderte bestehen, bis er mit dem "Civil Rights Movement" der 60er Jahre kollidierte. Letztlich verkündete der Führer der Kirche Spencer W. Kimball 1978, dass er eine Offenbarung von Gott erhalten hatte, die ihn anwies, die radikalen Restriktionen fallen zu lassen und ein inkluierenderes Gebaren anzunehmen.

... Es gibt drei Gründe für die sklerotische Natur von Religion:
(1) Die Grundlage für einen Glauben an eine absolute Moral ist der Glaube an eine absolute Religion, basierend auf dem "einen wahren Gott". Dies führt unausweichlich zu dem Schluss, dass jeder der etwas anderes glaubt, sich vom Glauben abgewandt hat und folglich ohne Schutz unserer moralischen Verbindlichkeiten ist.
(2) Im Gegensatz zur Wissenschaft hat Religion keinen systematischen Prozess und keine empirische Methode um die Wahrhaftigkeit ihrer Behauptungen aufzustellen oder zu bestimmen und kennt daher viel weniger klares "richtig und falsch".
(3) Die Moral heiliger Bücher – im Besonderen der Bibel – ist nicht die Moral, nach der irgendwer von uns zu leben wünscht und deshalb ist es nicht möglich, dass die religiösen Doktrinen, die aus heiligen Schriften stammen, Katalysator für Entwicklung sein können.

Viele Juden und Christen sagen, dass sie ihre Moral aus der Bibel beziehen, aber das kann nicht wahr sein, weil so wie heilige Schriften nun einmal sind, ist die Bibel der wohl am wenigsten hilfreiche Leitfaden, der je zur Unterscheidung von richtig und falsch geschrieben wurde. Sie ist randvoll mit bizarren Geschichten dysfunktionaler Familien, Anleitungen wie man seine Sklaven schlagen soll, wie man seine eigenwilligen Kinder töten soll, wie man seine jungfräulichen Töchter verkaufen soll und anderer offensichtlich überholter Praktiken, die die meisten Kulturen schon vor Jahrhunderten aufgegeben haben.

Um der Bibel Bedeutung zu verschaffen, müssen Gläubige biblische Passagen auswählen, die ihren Bedürfnissen entsprechen, deshalb verläuft das Spiel des Herauspickens aus der Bibel grundsätzlich zu Gunsten dessen, der es tut. Im alten Testament mag der Gläubige Anleitung im Buch Deuteronomium 5.17 finden, wo es ausdrücklich heißt, "Du sollst nicht töten", oder in Exodus 22:21, einem Vers der ein einfaches und unbestreitbares Verbot liefert: "Ihr sollt keinem Fremden schlechtes tun, oder ihn unterdrücken, da ihr selbst Fremde in Ägypten wart".

Diese Verse scheinen die moralische Latte höher zu legen, aber die Handvoll positiver moralischer Befehle im alten Testament sind flüchtig und über ein Meer gewalttätiger Geschichten von Mord, Vergewaltigung, Folter, Sklaverei und aller Art von Gewalt, einschließlich der Todesstrafe für eine Anzahl von Vergehen verstreut:

Blasphemie, oder Gotteslästerung: "Und der HERR sprach zu Mose: 24,14 Führe den Flucher nach draußen vor das Lager! Und alle, die es gehört haben, sollen ihre Hände auf seinen Kopf legen, und die ganze Gemeinde soll ihn steinigen. 24,15 Und zu den Söhnen Israel sollst du reden: Wenn irgend jemand seinen Gott verflucht, dann soll er seine Sünde tragen. (3. Buch Mose [Levitikus] 24-:13–16) Einen anderen Gott anbeten: 22:19 Wer den Göttern opfert und nicht dem HERRN allein, der sei verbannt. (2. Buch Mose 22: 20; in der Lutherischen Bibel heißt es für verbannt 'utterly destroyed' Anm. d. Ü.)

Hexerei und Zauberei: Die Zauberinnen sollst du nicht leben lassen. (2. Buch Mose 22.18)

Der Verlust der Jungfräulichkeit: Wenn ein Mann eine Frau geheiratet und mit ihr Verkehr gehabt hat, sie aber später nicht mehr liebt ... Wenn der Vorwurf aber zutrifft, wenn sich keine Beweisstücke für die Unberührtheit des Mädchens beibringen lassen, soll man das Mädchen hinausführen und vor die Tür ihres Vaterhauses bringen. Dann sollen die Männer ihrer Stadt sie steinigen und sie soll sterben; denn sie hat eine Schandtat in Israel begangen, indem sie in ihrem Vaterhaus Unzucht trieb. Du sollst das Böse aus deiner Mitte wegschaffen. (5. Buch Mose 22: 13–21)

Homosexualität: Schläft einer mit einem Mann, wie man mit einer Frau schläft, dann haben sie eine Gräueltat begangen; beide werden mit dem Tod bestraft; ihr Blut soll auf sie kommen. (3. Buch Mose 20:13)

Arbeiten am Sabbat: Sechs Tage sollt ihr arbeiten; den siebenten Tag aber sollt ihr heilig halten als einen Sabbat der Ruhe des Herrn. Wer an dem arbeitet, soll sterben." (2. Mose 35:2)

Die meisten modernen Christen reagieren auf solche Argumente jedoch indem sie sagen, dass das alte Testament grausam ist und glücklicherweise überholte Gesetze nichts mit ihren moralischen Geboten von heute zu tun haben, oder damit wie sie ihr Leben leben. Sie behaupten der zornige und rachsüchtige Gott Jahwe des alten Testaments wurde durch den netteren, freundlichen Gott des neuen Testaments in der Gestalt Jesu ersetzt, der vor zwei Jahrtausenden einen neuen und weiterentwickelten moralischen Code eingeführt habe. Die andere Wange hinhalten, den Feind lieben, Sünden vergeben und den Armen geben sind ausgehend von den kapriziösen Geboten und den zahlreichen Todesstrafen die im alten Testament zu finden, ein großer Schritt vorwärts.

Das mag sein, aber nirgends im neuen Testament hebt Jesus die Todesstrafen, oder die haarsträubenden Gesetze Gottes auf.

Tatsächlich trifft eher das Gegenteil zu Matthäus 5:17–20: 17 "Denkt nicht, ich sei gekommen, um das Gesetz und die Propheten aufzuheben. Ich bin nicht gekommen, um aufzuheben, sondern um zu erfüllen. ...

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Aus: ""Christliche Moral" gibt es nicht" Michael Shermer (11. Feb 2015)
Quelle: http://hpd.de/artikel/11197 (http://hpd.de/artikel/11197)

Title: [Im US-Bundesstaat North Carolina... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 12, 2015, 11:25:31 AM
Quote[...] Der Tod von drei muslimischen Studenten in den USA hat weltweite Trauer und Empörung vor allem unter Muslimen hervorgerufen:. Trauer um die Opfer, Empörung über die fehlende Berichterstattung. Muslim Lives Matter – Muslimisches Leben zählt – unter diesem Hashtag wird seit Mittwochnachmittag weltweit auf Twitter an Deah Barakat (23), seine Frau Yusor Mohammad Abu-Salha (21) und ihre Schwester Razan Mohammad Abu-Salha (19) erinnert. Die drei jungen Muslime wurden am Dienstagabend in Chapel Hill im US-Bundesstaat North Carolina mit drei Kopfschüssen regelrecht hingerichtet. Der mutmaßliche Täter stellte sich später der Polizei. Die ging in einer ersten Stellungnahme davon aus, dass es sich um einen Streit wegen eines Parkplatzes in der Nachbarschaft handelte.

Der Vater der ermordeten Schwestern, die beide als Kopftuchträgerinnen unweigerlich als Musliminnen zu erkennen gewesen waren, widersprach dem vehement: ,,Das war eine Exekution. Eine Kugel in jeden Kopf", sagte Mohammad Abu-Salha US-amerikanischen Medien. ,,Es ging nicht um einen Parkplatz. Das war eine Tat aus Hass." Er berichtete, wie seine Tochter ihm von vorherigen Begegnungen mit ihrem Nachbarn und späteren Mörder erzählt hatte. ,,Er stand ihnen schon vorher mit seiner Waffe im Gürtel gegenüber, aber sie hätten nie gedacht, dass er so weit gehen würde", berichtete Abu Salha.

Der Täter hatte sich auf seiner Facebookseite als ,,Anti-Theist" bezeichnet und auf seinem immer noch öffentlich zugänglichen Profil gegen religiöse Menschen gehetzt. Am 21. Januar hatte er sogar ein Bild seiner neu erstandenen Waffe hochgeladen. Drei Wochen später sollte er sie benutzen.

Obwohl die Tat bereits am Dienstag 17 Uhr Ortszeit geschah, berichteten zunächst nur lokale US-Medien darüber, ehe auf Twitter und Facebook immer mehr Menschen auf den Fall aufmerksam wurden und fehlende Öffentlichkeit beklagten. Der Newsweek-Reporter Jack Moore schrieb angesichts der fehlenden Präsenz des Themas in den großen TV-Sendern Fox-News, ABC, USA-Today und NBC nur das Wort: ,,Schändlich." Am Mittwochabend interviewte CNN zwar die Schwester des Ermordeten, Suzanne Barakat, gab aber nur wenige Stunden später der Frau des mutmaßlichen Täters Sendezeit, um darzulegen, dass ihr Mann nicht aus Hass gehandelt habe.

Auch in Deutschland beklagen Muslime eine Doppelmoral vieler Medien. ,,Wir fragen uns alle, nicht nur Muslime, welche Reaktionen es wohl hervorgerufen hätte, wenn der Täter kein Atheist, sondern ein mutmaßlicher Muslim gewesen wäre?", fragt sich Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland. Er appellierte an die Medien, jedem Verdacht entgegenzutreten, ,,dass Muslime nur als Täter mediales Interesse finden". Dies heize die ohnehin schon vorhandene antimuslimische Stimmung in unserem Land nur noch unnötig weiter an.

Das sieht der Deutsche Islamische Vereinsverband Rhein-Main genauso und spricht von einem Terroranschlag: ,,Es gilt anzuerkennen, dass keine Religion oder Weltanschauung aus sich heraus Gewalt gegen Andersgläubige rechtfertigt und lediglich ein mediales Klima derartige Taten hervorbringt, das undifferenziert Muslime zu ,potenziellen Tätern' erklärt", heißt es in einer Stellungnahme. Der Verband fordert Politik und westliche Medien auf, ,,die gegen Muslime verbreitete Propaganda im Internet nicht weiter zu ignorieren und Muslime in gleichem Maße vor Terror und öffentlicher Beleidigung zu schützen wie Nichtmuslime bei Gewalt, die sich islamisch zu legitimieren sucht".

Der Religionswissenschaftler Michael Blume kritisierte in einem Blogeintrag auf ,,Scilogs", dass weder die Tagesschau noch die Tagesthemen über die Tat berichtet hätten. ,,Hätte ich nicht Twitter und Facebook genutzt, so hätten mich diese verstörenden Meldungen aus den USA überhaupt nicht erreicht", schreibt Blume.

In den USA hatten sich am Mittwochabend Tausende Menschen vor der University North Carolina versammelt, um der Toten zu gedenken. Dort war Deah Barakat Medizinstudent. Seine Mutter Leyla sagte zu Pressevertretern: ,,Man antwortet nicht mit Hass auf andere. Man antwortet mit Liebe, mit Frieden, mit Barmherzigkeit. Das war Deahs Weg."


Aus: "Mediales Schweigen erzürnt Muslime" Timur Tinç, Redaktion in Frankfurt a.M. (12. Februar 2015)
Quelle: http://www.fr-online.de/politik/muslim-lives-matter-mediales-schweigen-erzuernt-muslime,1472596,29838824.html (http://www.fr-online.de/politik/muslim-lives-matter-mediales-schweigen-erzuernt-muslime,1472596,29838824.html)

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Quote[...] Washington - Im US-Bundesstaat North Carolina hat ein Mann drei muslimische Studenten erschossen und sich anschließend der Polizei gestellt. Bei den Opfern der Tat, die sich am Dienstagabend in der Universitätsstadt Chapel Hill ereignete, handelte es sich nach Polizeiangaben um einen 23-Jährigen, dessen zwei Jahre jüngere Ehefrau sowie deren 19-jährige Schwester.

Die Tat ereignete sich vor dem Campus der North Carolina State University. Ersten Ermittlungen der Polizei zufolge schoss der Täter wegen eines Streits um einen Parkplatz. Ob es sich um ein aus Hass begangenes Verbrechen handelte, werde derzeit überprüft, teilte die Polizei mit. Der in Untersuchungshaft sitzende Schütze arbeite mit den zusammen. Der 46-Jährige bezeichnet sich auf einer ihm zugeschriebenen Facebook-Seite als Religionsgegner.

Der getötete 23-Jährige studierte im zweiten Jahr Zahnmedizin. Seine Frau wollte Medienberichten zufolge im Herbst ebenfalls mit dem Studium der Zahnmedizin beginnen. Auch ihre Schwester studierte an der North Carolina State University, alle drei lebten in Chapel Hill.

Der Täter nennt sich auf der offenbar von ihm erstellten Facebook-Seite einen Gegner von Christen, Muslimen, Juden und Mormonen. In einem Eintrag heißt es: "Angesichts der enormen von eurer Religion angerichteten Schäden würde ich sagen, ich habe nicht nur das Recht, sondern die Pflicht, sie zu beschimpfen." (APA, red, 11.2.2015)

QuoteKinderpfarrer Hermann

Die Bilanz von religiös motivierten Bluttaten ist millionenfach gravierender als einzelne womöglich pur atheistisch motivierte Bluttaten.
Alleine wegen den Grausamkeiten die im Namen von Religionen verübt wurden und werden sollte überlegt werden, Religion offensiv in den Privatbereich zurückzudrängen und jegliche Steuererleichterung von Religionsvereinen zu streichen. Und eventuell Initiationsriten aller Religionen vor einem gewissen Alter gesetzlich verbieten.


QuoteAlfredo di Stefano

es gab auch genug atheistische Massenmörder, hitler, Stalin, mao, Paul pot. Trotzdem möchte ich den Atheismus nicht verbieten.


QuoteLiberaler Atheist
Da ging es offenbar um einen persönlichen Hass zwischen den Leuten. Dass der Täter angeblich ein Atheist war, wird nur von der islamischen Community und willfährigen Medien für ihre eigenen Zwecke ausgenutzt. Es ist doch wohl ein Unterschied, ob der Mord wegen eines Parkplatzes geschieht oder um damit Allah zu dienen.


Quotenichtbriefmarkensammler

Es wurden 3 Menschen getötet!
Das diese Menschen an ein überirdisches Wesen geglaubt haben mögen, ist in keinster Weise ein Grund mit Gewalt zu reagieren!
Meinungsfreiheit gilt auch für die größten Spinner!
Auch wenn man rhetorisch mit dem Tod bedroht wird!
Lasst uns doch die wenige Zeit die wir auf diesem schönen blauen Planeten haben, genießen!


QuoteNordrand Bewohner
12. Februar 2015, 09:06:13

Der Täter war ein Atheist.

Ich bin auch überzeugter Atheist.

Muss ich mich jetzt von Atheismus distanzieren und an einen imaginären, väterlichen Freund, andere sagen eine Massenpsychose dazu, glauben?

Bin ich jetzt als Atheist Islamophob? Gar ein Rassist oder schlimmer, ein Nazi?
Persönlich betrachtet hat ein Einzeltäter, drei religiöse Fanatiker ermordet. Mit dieser Gefahr müssen alle Fanatiker einer Sache leben (immerhin ist Atheismus in 17 Staaten der islamischen Welt mit der Todesstrafe bedacht!).
Was hier im Standard leider nicht steht, es waren wie es scheint drei Salafisten.

QuoteKinderpfarrer Hermann
Den ersten drei Absätzen stimme ich zu.
Und als ich >drei religiöse Fanatiker< las bewertete ich ihren Kommentar negativ.
Woher wollens das denn wissen, dass die Drei religiöse Fanatiker waren? Das ist posthume Verleumdung.


Quotedie elster
Sie müssen sich überhaupt nicht öffentlich von dem mord distanzieren, aber den opfern ins grab nachzuspucken ist schon schwer daneben.


Quotethe odor
Amüsant!

Sie verwenden hier die gleiche Verteidigungsstrategie, die Ihresgleichen sonst nach religiös motivierten Attentaten den (friedlichen) Anhängern der jeweiligen Glaubensrichtung zum Vorwurf machen.



Quotemuslimischer österreicher

die eigentliche Funktion der Religion ist ja, Spiritualität Ausdruck zu verleihen. Darum ist Religion auch Privatsache und vernünftig angewandt spaltet sie nicht. Politisierte Ideologien/Religionen allerdings spalten sehr wohl, da man sich auf nicht auf die Spiritualität fokussiert, sondern auf den politischen Aspekt. Sei es der militante Christ, der Abtreibungsärzte tötet, um im Namen seiner Religion leben zu schützen, der militante Atheist/Antitheist, der Religionen hasst, weil sie nur Gewalt auslösen und dann selber 3 Menschen hinrichtet, oder der militante Buddhist, der Muslime in Myanmar tötet, weil sie sich so schnell vermehren. Die IS gehört hier in die selbe Kategorie, die im Namen Allahs, dem Barmherzigen, Zivilisten töten...




Aus: "Drei muslimische Studenten in North Carolina erschossen" (11. Februar 2015)
Quelle: http://derstandard.at/2000011585619/Drei-muslimische-Studenten-in-North-Carolina-erschossen (http://derstandard.at/2000011585619/Drei-muslimische-Studenten-in-North-Carolina-erschossen)

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Quote[...] Doch selbst wenn - wie Spiegel-Online schreibt - der vermutliche Mörder, Craig Stephen Hicks, auf seiner Facebook-Seite schrieb: "dass er Religionen hasst", macht das die Tat keineswegs zu einem Hassverbrechen. Bislang spricht nichts dafür, dass die drei jungen Menschen deshalb sterben musste, weil Hicks Atheist und die Opfer Muslime waren.

Die Polizei verhört derzeit den Täter, der - nachdem er sich stellte - zugegeben haben soll, die Opfer aus nächster Nähe erschossen zu haben. Allerdings wird als Grund für diese Tat ein Streit mit "mit den Opfern über Parkplätze" angenommen. Doch das ist bislang weder bestätigt noch widerlegt. Denn Details über die wahren Motive von Hicks gibt es nach wie vor nicht. Chris Blue, Polizeichef in Chapel Hill, sagte laut TAZ in einer Stellungnahme: "Unsere Ermittlungen versuchen herauszufinden, was Mr. Hicks zu dieser sinnlosen und tragischen Tat bewegt haben könnte."

Die Polizei will dabei auch prüfen, ob bei den Morden auch die Religionszugehörigkeit der Opfer eine Rolle gespielt hat. Immerhin trugen die beiden getöteten Frauen Kopftücher.

Bei aller Abscheu gegen solch ein Verbrechen: Es bleibt jedoch ein schaler Nachgeschmack, wie schnell das "Council on American-Islamic Relations" Wert darauf legte, als Grund für den Mord allein die Religion der Opfer anzusehen. Als wäre es nicht eine bittere - und aus der muslimischen Community nur sehr selten beklagte - Wahrheit, dass die meisten Muslime, die Opfer von Terroranschlägen werden, von Muslimen getötet werden.

Es bleibt ein schaler Nachgeschmack, wenn die drei Opfer von Chapel Hill jetzt dazu benutzt werden, um zum einen Atheisten als Mörder darzustellen und zum anderen mit der Aufregung über diesen Mord zu verdecken, dass islamistische Terroristen in Nigeria, Syrien, Pakistan und Afghanistan - um nur die bekanntesten Brennpunkte zu nennen - täglich im Namen ihres Glaubens Menschen töten. Muslime und Anders - oder Nichtgläubige.

Es bleibt ein schaler Nachgeschmack, dass drei ermordete junge Menschen jetzt instrumentalisiert werden sollen und Reaktionen auf Terrorakte im Namen Allahs oft erst dann erfolgen, wenn dazu aufgefordert wird.


Aus: "Wenn der Streit um einen Parkplatz zum Religionskrieg wird" Frank Nicolai (11. Feb 2015)
Quelle: http://hpd.de/artikel/11204 (http://hpd.de/artikel/11204)

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Quote[...] ,,Wir sind uns eindeutig sicher, dass unsere Töchter wegen ihrer Religion angegriffen wurden", sagte der Vater der beiden ermordeten Frauen, Mohammad Abu-Salha, inmitten weinender Angehöriger bei den Vorbereitungen der Beisetzung der Nachrichtenagentur AFP. ,,Dies war kein Parkplatzstreit - diese Kinder wurden mit Schüssen in den Hinterkopf hingerichtet." Bei der Tat handele es sich offenkundig um ein ,,Hass-Verbrechen" und er werde nicht einfach stillhalten, sagte der Vater.

Seinen Angaben zufolge hatte der Schütze seine Tochter Yusor früher schon bedrängt. Demnach war er mit einer Pistole am Gürtel vor ihrer Tür erschienen, um sich wegen des Parkplatzes zu beschweren. Die Polizei schloss kein Motiv aus, ging aber zunächst von einem Nachbarschaftsstreit aus. Die Staatsanwaltschaft sprach von einem ,,isolierten Fall" ohne weiterreichende Bedeutung. Nachbarn beschrieben den Schützen Medienberichten zufolge als streitlustig. Demnach war er oft mit seiner Waffe zu sehen.

Muslimische Einwohner von Chapel Hill äußerten die Sorge, dass sich durch das Verbrechen die Spannungen verschärfen. ,,Es schürt bereits die Angst. Ich habe dutzende Anrufe erhalten", sagte der Direktor des Rats für Amerikanisch-Islamische Beziehungen, Nihad Awad. Der Bruder des getöteten Studenten, Farris Barakat, rief zur Ruhe auf. ,,Bekämpft Feuer nicht mit Feuer", sagte Barakat. ,,Lasst Ignoranz nicht in Euer Leben vordringen, antwortet nicht mit Ignoranz auf Ignoranz."

Unter Muslimen wurde Kritik an der vorsichtigen Berichterstattung der Medien laut. Der Generalsekretär der internationalen Union der islamischen Gelehrten in Katar, Ali al-Karadaghi, kritisierte das Schweigen der ,,internationalen Medien" angesichts dieses ,,Terrorangriffs". ,,Werden sich die Staatsführer der ganzen Welt im Gedenken versammeln?", schrieb er auf Twitter in Anspielung auf den großen Trauermarsch für die Opfer der islamistischen Anschläge von Paris im Januar.

Auch Ibrahim Nehm, der Assistent von Ägyptens Großmufti, sprach von einem ,,Terrorangriff", der ,,das hässliche Gesicht der Islamophobie" enthülle. Im Internet wurde kritisiert, dass die amerikanischen Medien erst spät über ein mögliches rassistisches Motiv berichtet hätten, während bei Angriffen von Muslimen schnell über islamistische Motive spekulierten werde. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan kritisierte bei einem Besuch in Mexiko, dass weder Präsident Barack Obama noch andere Politiker sich bisher zu den Morden geäußert hätten.


Aus: "Tausende bei Beisetzung der drei erschossenen Muslimen" (13.02.2015)
Quelle: http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/kriminalitaet/tausende-bei-beisetzung-der-drei-erschossenen-muslimen-13426156.html (http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/kriminalitaet/tausende-bei-beisetzung-der-drei-erschossenen-muslimen-13426156.html)

Title: [Das wohlwollende und ideologiefreie Interesse am Anderen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 12, 2015, 02:15:42 PM
Quote[...] Nur ein Bruchteil der Demonstranten dürfte je eine Kirche von innen gesehen oder eine Ahnung vom Wesen des Islam haben. Denn der einzige Erfolg der DDR-Diktatur, die den Atheismus zur Staatsdoktrin gemacht hatte, bestand in der Entchristianisierung der Bevölkerung.

Während in anderen ehemals sozialistischen Ländern nach dem Ende des Kalten Krieges eine zum Teil intensive Rückwendung zum Glauben (katholisch oder orthodox) stattfand, blieben die einst mehrheitlich protestantischen Ostdeutschen kirchenfern und religionsavers. Die Angst vor einer Islamisierung ist daher auch eine Form der Autoaggression gegen die eigene spirituelle Ödnis. Nun muss man nicht gläubig sein, um Toleranz zu entwickeln und Islamfeindlichkeit zu bekämpfen. Es gibt ein humanitäres Ethos ohne Gott. Doch zu sehen, wie Kirchen in Deutschland mangels Nachfrage schließen, während Moscheen gebaut werden, erzeugt offenbar vor allem Neid bei denen, die nur ihren Nichtglauben haben.

...

Quotevon misty
    11.12.2014 16:39 Uhr

spirituelle Ödnis

Die Angst vor einer Islamisierung ist daher auch eine Form der Autoaggression gegen die eigene spirituelle Ödnis. Nun muss man nicht gläubig sein, um Toleranz zu entwickeln und Islamfeindlichkeit zu bekämpfen.


Sehr geehrter Herr Lemming, ich lebe ganz zufrieden in meiner "spirituellen Ödnis". Ich muss nämlich keine Furcht vor dem "Jüngsten Gericht", dem Fegefeuer und der Hölle haben.
Dass Gläubige - egal welcher Richtung - in Sachen Toleranz besonders befähigt wären, ist durch die Geschichte doch längst widerlegt und gilt auch heute noch wie man in den islamischen Ländern unschwer erkennen kann, aber auch in Deutschland angesichts der vielfältigen Proteste beim Bau von Moscheen. Religionen sind häufig Ursache von Konflikten - und selten die Lösung.


Quotevon Human123
    11.12.2014 15:59 Uhr

mir fehlen die Worte
ich bin Humanistin. Ich bin ein selbstbestimmter, kritischer Mensch, der sich im Laufe seines Lebens mit den Dingen auseinandergesetzt hat statt sie ungefragt hinzunehmen. Vielleicht ist das als Juristin auch eine berufliche "Schwäche". Hierzu gehört auch die Religion. Ich wollte diese nicht ungefragt hinnehmen, sondern habe sie auf ihre Richtigkeit und Wertigkeit überprüft, sehr intensiv und lange. Wie schön wäre es, wenn das in vielen muslimischen Ländern möglich wäre und die Menschen es täten. Für den Zweifel ist noch nie jemand in den Krieg gezogen, sag ich mal.Ich bin für mich zu dem Ergebnis gekommen, dass keine Religion wahr ist und - ausser für den Einzelfall - im Kollektiv auch eher nicht wertvoll. Jeden Abend sehe ich mich in dieser Meinung bestätigt, wenn ich die Nachrichten schaue. Sie können das gerne für sich anders sehen, es ist ihr gutes Recht zu glauben, woran immer sie wollen. Aber hören Sie endlich mit dieser mir unerträglichen Arroganz aller Religionen auf, Allegmeingültigkeit zu beanspruchen. Meine Freiheit ohne religion zu sein, meine Meinung sagen zu dürfen, gleichberechtigt zu sein, verdanke ich der Religion i.ü.nicht.


Quotevon Raubritter
    10.12.2014 17:55 Uhr

Wenn Sie, Herr Lehming ...
... zur Sinnstiftung Ihres Lebens eine Religion oder einen Gott brauchen, freut mich für Sie, daß Sie einen gefunden haben.
Bitte setzen Sie sich doch mit Pegida sachlich auseinander. Dafür gibt es viele Gründe. Den "Neid der Nicht-Religiösen" benötigen Sie dafür nicht. Nicht-Religiöse sind übrigens deutlich mehr als 10.000, auch in Dresden. Tatsächlich stellen sie in Religionsfragen die größte Bevölkerungsgruppe dieses Landes dar.


Quotevon williamriker
    10.12.2014 13:24 Uhr

Religionsfreiheit

Religionsfreiheit bedeut auch, die Freiheit, keine Religion zu haben. Ein Blick ins Grundgesetz hätte diesen Artikel überflüssig gemacht.


Quotevon Elvenpath
    10.12.2014 09:46 Uhr

Autor möchte nur diffamieren
"erzeugt offenbar vor allem Neid bei denen, die nur ihren Nichtglauben haben. "

"bestand in der Entchristianisierung der Bevölkerung. Das rächt sich jetzt."

"Die Angst vor einer Islamisierung ist daher auch eine Form der Autoaggression gegen die eigene spirituelle Ödnis."

Das ist ganz großer Bullshit und zielt nur auf Diffamierung von Atheisten ab.
Das einzige wovor Atheisten beim Islam Angst haben, dass es wieder zu einer religiösen Gewaltherrschaft, wie im Christentum, kommt.
Das, und nicht diese böswilligen, haltlosen und sinnlosen Spekulationen von Herrn Lehmig sind der Grund.

Das ist ganz nahe am Hasspredigen, was Herr Lehmig da macht.


...


Aus: "Gottloser Kreuzzug" Malte Lehming (09.12.2014)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/politik/anti-islam-protest-der-pegida-gottloser-kreuzzug/11096540.html (http://www.tagesspiegel.de/politik/anti-islam-protest-der-pegida-gottloser-kreuzzug/11096540.html)

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Quote[...] Als ich Ihren Kommentar über die Pegida-Proteste gelesen habe, habe ich laut gelacht und zugleich heftig den Kopf geschüttelt. Eine Kombination zweier emotional ausgelöster motorischer Vorgänge, die, wie Sie aus eigener Erfahrung wissen werden, nicht im Entferntesten bewusst gesteuert werden kann und ob ihrer Komplexität auch nur selten vorkommt.

Ihre These, der in Deutschland, Österreich und anderen europäischen Ländern leider sehr weit verbreitete Hass gegen Muslime sei primär von Konfessionsfreien und Atheisten getragen, wäre ja eine Überlegung wert, hätte sie nur irgendeinen Bezug zu dem, was man gemeinhin als Wirklichkeit bezeichnet. Und hätten Sie sich die Mühe gemacht, abseits halborigineller Unterstellungen auch nur so etwas wie ein Argument vorzubringen. ...

... Wer rechte Szenen im Blick hat, wird die einschlägigen Slogans und Argumentationsmuster seit Jahren kennen. Und wissen, dass sie sich vorwiegend aus dem rechtskatholischen (wohl auch rechtsprotestantischen) und dem "klassisch" neurechten Spektrum langsam in die Mitte der Gesellschaft vorgefressen haben.

Auch letzteres übrigens kein atheistisches oder per se religionsfernes Milieu, wenn es auch keine engere konfessionelle Bindung hat und Religion dort häufig (auch) auf eher diffuse Art als primär kulturelles Element interpretiert wird. Aber auch das nahezu das glatte Gegenteil dessen, was man sich etwa im Osten Deutschlands unter Religion vorstellt.

Sehr irritierend ist, wie Sie die Re-Christianisierung der Länder des ehemaligen Ostblocks idyllisieren. Nun ist die zum einen bei weitem nicht so flächendeckend, wie Sie suggerieren. Slowenien und Tschechien zeigen sich sehr resistent. Zum anderen sollte man der Fairness halber nicht unerwähnt lassen, wie viel Intoleranz, offenen Hass und Hetze mit der Re-Christianisierung an die Oberfläche schwappten.

So sei hier erwähnt, dass in Sarajevo, Belgrad oder Moskau die Parade zum Christopher Street Day entweder direkt verboten ist oder von der Polizei aus "Sicherheitsgründen" kurzfristig verboten wird. Auch die re-christianisierten Bevölkerungen der Slowakei oder Ungarns sollten eher kein Maßstab für Liberalität und Toleranz sein. Die Hauptfeindbilder dort mögen anders strukturiert sein. Dass dort Hass gegen Muslime nicht auf fruchtbaren Boden fällt, würde ich mich nun wirklich nicht zu sagen trauen, würde mir auch nur ein klein wenig an meinem Ruf liegen. Am Rande sollte man der Ehrlichkeit halber auch darauf hinweisen, dass im allerkatholischsten Polen der Antisemitismus fröhliche Urständ' feiert.

... Deutschland den Deutschen heißt heute eben "Christliches Abendland". Das Gefährliche an dieser Entwicklung ist vor allem, wie rationalisiert dieser Hass ist. Die etwas milderen Ausdrucksformen findet man übrigens in Deutschland vor allem bei CDU und CSU. Auch nicht gerade Horte des grassierenden Atheismus.

Bleibt mir noch, der aufrichtigen Hoffnung Ausdruck zu verleihen, ihr Blick auf den Straßenverkehr sei nicht so verzerrt wie der auf gesellschaftliche und politische Realitäten.

Quote

Thomas Reutner am 13. Dezember 2014 - 23:16
"Deutschland den Deutschen heißt heute eben "Christliches Abendland"."
Besser kann man es wohl nicht auf den Punkt bringen.



Aus: "Kreuzzug gegen die Gottlosen" Christoph Baumgarten (12. Dez 2014)
Quelle: http://hpd.de/artikel/10757 (http://hpd.de/artikel/10757)

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Quote[...] Islamistischer Terror, Pegida-Demos und latenter bis offener Antisemitismus haben eine heftige Diskussion über die Frage ausgelöst, was man im Bereich kultureller und ethischer Bildung tun kann, um sich besser gegen diese in die Mitte der Gesellschaft drängenden Randerscheinungen zu wappnen. Dabei taucht immer wieder die These auf, dass religiöse Ungebundenheit zum Verfall ethischer Werte, zu Intoleranz und Vorurteilen führe. Andersherum hieße das, dass eine fundierte religiöse Bildung und Erziehung eine gute Grundlage für Toleranz und Respekt seien. Dies ist eine steile These, in der zudem eine gehörige Portion Überheblichkeit gegenüber Konfessionsfreien steckt.

Stellen wir sie dennoch einmal auf die Probe. Ein Großteil der Intellektuellen in den USA, der Wissenschaftler, Schriftsteller und Künstler ist eindeutig säkular beziehungsweise humanistisch orientiert. Ähnliches gilt auch für England oder Frankreich. Aber niemand käme auf die Idee, religiös unmusikalischen Menschen wie Philip Roth oder Jonathan Franzen, Audrey Tautou und John Cleese, Stephen Hawkins oder Jürgen Habermas mangelnde ethische Wertefestigkeit oder fehlende Toleranz oder Liberalität vorzuwerfen.

Gleichzeitig ist in den USA die religiöse Rechte für ihre extrem antiliberalen Thesen bekannt. Die besonders religiöse Tea Party-Bewegung hetzt in Amerikas Bible Belt gegen Minderheiten aller Art, gegen Feminismus und Wissenschaft. Mehr noch: Heerscharen evangelikaler Missionare aus den USA sind in Teilen Afrikas mitverantwortlich für die dort gefährlich zunehmende Homophobie.

Aber zurück nach Berlin: Hier sind bekanntlich über zwei Drittel der Menschen konfessionsfrei. Eine große Mehrheit der Menschen in Berlin bekennt sich zu Toleranz, Selbstbestimmung und Verantwortung, die ethischen Werte des Humanismus. Kurzum: Weder gilt der Schluss, dass Religiosität automatisch vor Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz schützt, noch gilt umgekehrt, dass eine fehlende religiöse Musikalität automatisch zu Werteverlust und gesellschaftlicher Gleichgültigkeit führt.

Die Problematik ist komplexer. Neben sozialer Stabilität und wirtschaftlicher Perspektive dürften vor allem auch eine umfangreiche Bildung sowie das persönliche Kennenlernen verschiedenster Religionen, Weltanschauungen und Kulturen zentrale Voraussetzungen für Toleranz und Liberalität sein. Das belegen jedenfalls fast alle einschlägigen Studien. Genau deshalb hat das Land Berlin 2006 das Berliner Modell eingeführt: Zusätzlich zum bereits existierenden freiwilligen Unterricht in Religion und Humanistischer Lebenskunde wurde erstmals in Deutschland ein verbindliches Schulfach Ethik eingeführt. Nur so haben die Jugendlichen überhaupt die Chance, die ethischen, weltanschaulichen und religiösen Grundfragen, die sie einzeln mit sich tragen und pflegen, auch gemeinsam zu reflektieren. Das Lernen und Sprechen miteinander ist tausendmal sinnvoller als das Reden übereinander. Nur wer lernt, sich im Dialog mit anderen friedlich auseinanderzusetzen, der kann auch Toleranz und Respekt einüben.

Und nicht zuletzt: Eines der zentralen Anliegen dieses Ethikunterrichtes ist es, dass Kinder und Jugendliche überhaupt ein umfangreiches Grundwissen über die verschiedenen Religionen, Weltanschauungen und Kulturen dieser Welt erhalten. Er trägt also zur religiös-weltanschaulichen Mündigkeit bei. Mehr noch, dieser gemeinsame Unterricht vermittelt das respektvolle Miteinander, die Fähigkeit zuzuhören und ermöglicht den Perspektivwechsel. Miteinander statt übereinander reden, das stärkt die tolerante und friedliebende Gesellschaft. Religiöse und weltanschauliche Eitelkeiten gilt es hinter dieses Ziel zurückzustellen. Für ein tolerantes und respektvolles Miteinander ist nicht der persönliche Glaube oder Unglaube entscheidend, sondern das wohlwollende und ideologiefreie Interesse am Anderen.

Der Autor ist Pädagoge und Präsident des Humanistischen Verbandes Deutschlands (HVD) in Berlin und Brandenburg.

Quotevon DirkGently
08.02.2015 03:07 Uhr

Um es mal mit "Volker Pispers" zu sagen:
Religion ist etwas für Menschen, die den Alkohol nicht vertragen.

Quotevon yoda
    08.02.2015 11:18 Uhr

Antwort auf DirkGently vom 08.02.2015 03:07 Uhr
Recht hat der Pispers
Und je besoffener einer ist, desto toleranter ist er auch.

Sich selbst gegenüber.





Aus: "Religiöse Menschen sind nicht automatisch toleranter" Bruno Osuch (07.02.2015)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/politik/gastbeitrag-religioese-menschen-sind-nicht-automatisch-toleranter/11340424.html (http://www.tagesspiegel.de/politik/gastbeitrag-religioese-menschen-sind-nicht-automatisch-toleranter/11340424.html)

Title: [Thematik Kunst, Blasphemie und Meinungsfreiheit... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 15, 2015, 12:54:17 PM
Am 14. und 15. Februar 2015 kam es zu zwei Anschlägen in Kopenhagen, Dänemark. Am Nachmittag nahm ein Täter das Kulturzentrum Krudttønden im Stadtteil Østerbro unter Beschuss. Dabei wurden ein Mann getötet und drei Polizeibeamte verletzt. Ziel des Anschlages war eine Diskussionsveranstaltungur Thematik Kunst, Blasphemie und Meinungsfreiheit. ...
http://de.wikipedia.org/wiki/Anschl%C3%A4ge_in_Kopenhagen_2015 (http://de.wikipedia.org/wiki/Anschl%C3%A4ge_in_Kopenhagen_2015)

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"Islamischer Staat"Beginnend mit Worten, endend mit Blut" Georg Seeßlen (15. Februar 2015)
Extremisten konkurrieren um die Jugend des Westens. Warum wird gerade der IS zur neuen Heimat der Enttäuschten? 15 Anmerkungen zu europäischen Dschihadisten...
http://www.zeit.de/kultur/2015-02/islamischer-staat-dschihadisten-aus-europa-essay (http://www.zeit.de/kultur/2015-02/islamischer-staat-dschihadisten-aus-europa-essay)

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Quote[...] Journalisten und Zeichner sind immer wieder Ziele islamistischer Anschläge. Die Polizei geht auch in Kopenhagen von einem Terrorakt aus. Ein Überblick.

Januar 2015: Die Brüder Chérif und Saïd Kouachi stürmen in Paris die Redaktionsräume des religionskritischen Satiremagazins Charlie Hebdo. Sie erschießen zwölf Menschen, darunter neun Journalisten. Zu den Toten zählt auch der unter dem Künstlernamen Charb bekannte Zeichner und Chef des Magazins, Stéphane Charbonnier. Die Polizei erschießt die Brüder zwei Tage nach dem Anschlag.

Februar 2013: Der 70 Jahre alte dänische Journalist Lars Hedegaard übersteht in Kopenhagen ein Attentat unverletzt. Den unbekannten Täter kann er selbst in die Flucht schlagen. Zuvor hatte eine Pistolenkugel den Kopf des Islamkritikers knapp verfehlt. Hedegaard war Ende der 1980er Jahre Chefredakteur der linksliberalen Tageszeitung Dagbladet Information und stellte sich hinter die Mohammed-Karikaturen der dänischen Zeitung Jyllands-Posten.

November 2011: Unbekannte verüben einen Brandanschlag auf die Redaktion von Charlie Hebdo. Am selben Tag war ein Sonderheft zum Wahlerfolg der Islamisten in Tunesien erschienen. Das Magazin hatte sich deshalb in Scharia Hebdo umbenannt, als Chefredakteur war der Prophet Mohammed benannt worden.

Mai 2011: Ein Kopenhagener Gericht verurteilt den Tschetschenen Lors Dukajew für einen versuchten Anschlag auf die Zeitung Jyllands-Posten zu zwölf Jahren Haft. Der 25-Jährige hatte sich 2010 in Kopenhagen bei der Explosion seines Sprengstoffes verletzt. Er wollte eine Briefbombe an die Redaktion der Zeitung schicken.

Mai 2010: Zwei Männer werfen Benzinflaschen durch ein Fenster in das Haus des schwedischen Mohammed-Karikaturisten Lars Vilks. Auf den Zeichner wurde bereits 2007 im Internet von einem Al-Kaida-Ableger im Irak ein Kopfgeld von 150.000 Dollar ausgesetzt.

Januar 2010: Der dänische Zeichner Kurt Westergaard, von dem die Mohammed-Karikaturen in Jyllands-Posten stammen, entkommt nur knapp einem Attentat. Bereits 2008 hatten die dänischen Behörden Mordpläne gegen ihn aufgedeckt. Mehrere Verdächtige wurden festgenommen.

November 2004: Der niederländische Islamkritiker Theo van Gogh wird in Amsterdam von einem muslimischen Extremisten ermordet. Er hatte einen Film über die Unterdrückung der Frauen im Islam gedreht. Auf der Leiche hinterließ der Täter einen Brief mit Morddrohungen gegen weitere Niederländer.

Quotezettpunkt
   vor 2 Stunden 1 Minute

2. Bei der Nabelschau sollten die jüdischen Opfer ...

... in Paris und Kopenhagen, Brüssel, Toulouse etc. nicht vergessen werden.

Journalisten und Karikaturisten wird die Provokation unterstellt, die den islamistischen Terror nach sich zieht. Der Begriff der "Schere im Kopf" wird dann angeführt, wenn Journalisten, Karikaturisten und Künstler kritische Auseinandersetzungen mit dem Islam unterlassen.

Diese Möglichkeit haben jüdische Mitbürger nicht.
Sie bleiben Zielscheibe des antisemitischen Terrors.


QuoteVeräntergung
   vor 1 Stunde 56 Minuten

4. Der Stürmer

Diese Karikaturen und gerade Hebdo erinnern mich sehr an den Stürmern. Die Mulsime und der Islam darin werden in einer Weise dargestellt, die einem an diese andere Hetzschrift erinnert.



Quote
   Demokläs
   vor 1 Stunde 49 Minuten

6. das hatten wir schon mal

"Diese Karikaturen und gerade Hebdo erinnern mich sehr an den Stürmern"

Und ihre Vergleich ist genau so *Glücklich* wie von Göbbels mit Gorbatschov!


Quotezettpunkt
   vor 1 Stunde 41 Minuten

7. Mich erinnern die antijüdischen Karikaturen in arabischen Medien an den Stürmer.

http://www.bpb.de/politik/extremismus/antisemitismus/37971/medien-in-nahost?p=all

http://www.deutschlandradiokultur.de/nazi-propaganda-auf-arabisch.1079.de.html?dram:article_id=176254

http://www.spiegel.de/politik/ausland/nahost-medien-quotenjagd-mit-antisemitismus-a-400708.html


Quote
   Begleiterscheinung
   vor 1 Stunde 49 Minuten

10. Wie Sarah Wagenknecht richtig bemerkte ...

...müssen die Aktionen in Paris und Kopenhagen mit den brutalen und hinterhältigen Dronenmorden der Amerikaner in Relation gesetzt werden.


Quote
   Standpunkt
   vor 1 Stunde 44 Minuten

14. Nein...

müssen, ja DÜRFEN sie nicht.

Die Ermordung der CH-Redakteure erfolgte nicht wegen der "Drohnen-Angriffe", sondern wegen der "Beleidigung des Propheten". Sie erinnern sich noch an das Gegröle der Mörder - von Amateurvideos aufgenommen?
"Wir haben den Propheten gerächt!"

Ihre Einlassung ist daher barer Unsinn und eine Relativierung dieses Verbrechens.


Quote
   Danaeer
   vor 1 Stunde 48 Minuten

11. zu 4: über Politik, Religion und öffentliche Meinung muss sich

lustig gemacht werden dürfen, gerade über solche Vorschriftengeber und deren theoretische Quellen, die angeblich wissen und beinhalten, was gut und richtig für die Menschen ist. Für mich ist das unverzichtbarer Bestandteil der Meinungsfreiheit: und wenn Religionsfanatiker meinen, andere dafür, also unziemliche Meinung umbringen zu dürfen/müssen, darf sich jeder Attackierte mittels aller Möglichkeiten erwehren.

Wie oft waren schon Paepste und katholische Kirche Objekte satirischer Begierden? Der Papst Benedikt auf dem Titanic-Cover?

Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich! İhre Gleichsetzung empfinde ich als ausgesprochen unpassend!


Quote
   Demetrios I. Poliorketes
   vor 1 Stunde 41 Minuten

15. bei insgesamt 18000 Opfern von Terroranschlägen weltweit. .

...und jährlich erzeugt diese kleine Aufzählung aus Europa mit berufsspezifischer Ausrichtung eher eine Relativierung gruppenbezogener rassistischer Gewalt durch Heraustellen von Einzeltätern, denn ein umfassendes Bild


Quoterepugna
   vor 1 Stunde 37 Minuten

19. Der Westen versteckt sich gerne unter Schlagwörtern wie Meinungsfreiheit und Demokratie, meint aber immer "eure Kultur ist unseren unterlegen und deshlab können wir uns das Recht nehmen es zu karikieren." Vor Meinungsfreiheit steht aber immer noch Respekt. Respekt vor der Religion anderer, vor der Kultur anderer, vor den Resourcen und Gütern anderer etc. Wer das Ander nicht respektiert, kann auch kein Respekt erwarten und die Konsequenzen sind bekannt. Muslime haben Frankreich oder Dänemark versucht zu kolonisieren und die eigene Lebensart aufzuzwingen. Das waren immer nur die Europär und jetzt versuchen sie unter dem Vorwand den Islamismus zu bekämpfen wieder zu kolonisieren oder zu mindestens ihre Pfründe zu sichern. Oder warum befinden sich französische Armeeeinheiten in Mali. Etwa Dremokratie oder Meinungsfreiheit zu eatblieren? Nein, einzig dem Zweck das Yellow Cake für ihre Kernkraftwerke zu sichern und sonst nichts. Hätten sie Demokratie im Sinn gehabt als sie die nahöstlichen Staaten okkupierten, dann hätte man vielleicht schön länst demokratische Verhältnisse hier.


Quote
   ah-ha
   vor 1 Stunde 23 Minuten

24. Die Welt wäre eine bessere

ohne den Islam.

Man sollte diese Religion verbieten und die Anhänger derselben ausweisen.


Quote

   Arlequin
   vor 46 Minuten

Seit wann zeigt sich denn dieses Problem des radikalen (d.h. mörderischen/faschistoiden) Islamismus?

Meines Wissens erst seit ca. 30 Jahren. Vielleicht sollte hier kritisch und selbstkritisch Ursachenforschung erfolgen, anstatt wahllos jedem Gemüsehändler Ausbürgerung anzudrohen.



Aus: "Terrorismus: Von "Charlie Hebdo" bis Theo van Gogh" (15. Februar 2015)
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-02/terrorismus-kopenhagen-charlie-hebdo-theo-van-gogh-ueberblick (http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-02/terrorismus-kopenhagen-charlie-hebdo-theo-van-gogh-ueberblick)

Title: [Die Anklage bekräftigt den Eindruck... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 16, 2015, 03:11:41 PM
Quote[...] An diesem Mittwoch muss der Komiker Dieudonné wegen ,,Verherrlichung des Terrorismus" vor Gericht. Seit den Pariser Attentaten ahndet die französische Justiz diese Delikte streng. Auf welcher Rechtsgrundlage?

Frankreich ist nicht antisemitisch. Der harte Kern der extremen Rechten ist es sehr stark, ein Teil der Ultralinken, die Islamisten und ein Teil der Jugendlichen in den Banlieues sind es" – diese Einschätzung formulierte Arno Klarsfeld vor einem Jahr im Fernsehen. Gestern musste er sich deswegen vor Gericht rechtfertigen. Noch steht nicht fest, ob es zu einer Anklage kommen wird.

Der Sohn von Serge, dem Nazi-Jäger, und von Beate Klarsfeld, die mit ihrer Ohrfeige für Kanzler Kiesinger berühmt wurde, hat sich als Anwalt von jüdischen Opfern einen Namen gemacht. Arno Klarsfeld ist eine emblematische Figur des französischen Judentums. Angestrengt hat das Verfahren gegen ihn der Staatsanwalt. Der Vorwurf: Klarsfelds Worte seien eine ,,Ehrverletzung" der Jugendlichen in den Banlieues. Die Einschätzung der Lage ist indes kaum bestreitbar – nach den Reaktionen auf die Attentate erst recht nicht.

Die Anklage bekräftigt den Eindruck, dass die französische Justiz unter dem Druck der Politik und der Aktualität steht. Seit den Attentaten schwappt eine Welle schneller Prozesse wegen ,,Verherrlichung des Terrorismus" über das Land. Nicht nur von der islamischen Öffentlichkeit werden diese Verfahren mit exemplarisch hohen Strafen als Verteidigung von ,,Charlie Hebdo" empfunden – während für den als antisemitisch verrufenen Komiker Dieudonné, der vor kurzem vorübergehend in Polizeigewahrsam genommen wurde und sich an diesem Mittwoch wegen ,,Verherrlichung des Terrorismus" vor Gericht verantworten muss, nicht die gleiche Meinungsfreiheit gelte. Darf man den Propheten und seine Gläubigen ungestraft beleidigen, während jede Kritik an Israel und den Juden mit der ,,Antisemitismus-Keule" geahndet wird? Diese Frage ist in Frankreich tausendfach zu hören. Das Verfahren gegen Arno Klarsfeld wirkt daher wie eine Alibi-Übung mit dem Ziel, die Unabhängigkeit der Justiz zu demonstrieren.

Die Gesetzgebung zur ,,Volksverhetzung" und zur ,,Verherrlichung von Terrorismus" ist für den einfachen Staatsbürger indes nur schwer zu überschauen. Seit dreißig Jahren lastet auf der französischen Justiz der Fluch der Vergangenheit, deren Aufarbeitung umstrittene Paragraphen hervorgebracht hat. So wurde beispielsweise im Juli 1990 der Artikel 24, der seit 1881 die Meinungs- und Pressefreiheit regelt, mit einer nach einem kommunistischen Abgeordneten benannten ,,Loi Gayssot" ergänzt. Das Gesetz sollte helfen, ,,rassistische, antisemitische oder fremdenfeindliche Akte" strenger bestrafen zu können. Dabei führte die ,,Loi Gayssot" im Geiste der Vichy-Aufarbeitung ein neues Delikt ein: das Leugnen von Genoziden und von Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Auch ohne die ,,Loi Gayssot" war es zuvor möglich gewesen, notorische Auschwitz-Lügner wie Paul Rassinier und Robert Faurisson, dessen Meinungsfreiheit Noam Chomsky verteidigt hatte, ins Gefängnis zu bringen. Historiker und Juristen haben die ,,Loi Gayssot" deswegen von Beginn an kritisiert. Das Unbehagen an ihr ist über die Jahre immer größer geworden.

... Nie hat ,,Charlie Hebdo" die Geschichte manipuliert, zu Hass und Gewalt aufgerufen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit instrumentalisiert oder sie in Frage gestellt, sich über die Bomben auf die muslimischen Länder gefreut oder die Leiden der Zivilbevölkerung verhöhnt. ,,Charlie Hebdo" provoziert und karikiert, auch den Papst und die Rabbiner, zelebriert den schlechten Geschmack. Die Zeitschrift hat viele Prozesse gewonnen und manche verloren, ihre wenig zimperlichen Kritiker aber nie wegen Ehrverletzung angeklagt. ,,Charlie Hebdo", dessen Lektüre freiwillig ist, war auch nie ein Fall für die ,,Loi Gayssot" oder die Paragraphen zur ,,Verherrlichung des Terrorismus".

Die Blasphemie, die in früheren Jahrhunderten mit der Todesstrafe geahndet werden konnte, ist in Frankreich seit dem Ende der Monarchie kein Delikt mehr. Nur im Elsass und in Lothringen hat sie, als Relikt der Zugehörigkeit zu Deutschland, überlebt – ohne geahndet zu werden. Ausgerechnet am Tag vor dem Attentat trafen sich Katholiken, Muslime, Juden und Protestanten, um ihre Abschaffung in die Wege zu leiten.

Gegenwärtig ist jede ,,Verherrlichung des Terrorismus" wohl zuallerletzt eine Kundgebung jener, die wirklich Attentate im Schilde führen. Anwälte fürchten eher, dass die Verurteilten im Gefängnis indoktriniert werden könnten. Beängstigend ist die sich verstärkende Stimmung des Verständnisses für die Gefühlslage der Muslime, deren religiöse Empfindungen unnötigerweise provoziert worden seien. Die Versuchung, ob aus Angst vor neuen Attentaten oder aus Rücksicht, Zensur und Selbstzensur zu üben, erscheint im Moment als größere Bedrohung für die freiheitliche Gesellschaft als die ,,Verherrlichung des Terrorismus".

Dass prominente Intellektuelle noch vor kurzem dem italienischen Rotbrigadisten Cesare Battisti, dem mehrere Morde vorgeworfen werden, logistische Hilfe beim Untertauchen leisteten und die Legitimität der italienischen Justiz verneinten, wird vergessen und verdrängt, genauso wie die unverhohlene Solidarität mit der RAF. Deutschland wurde damals schnell als Polizeistaat bezeichnet. Jean Genet veröffentlichte in ,,Le Monde" eine Hymne auf die Baader-Meinhof-Bande, die ihn nach der heutigen Rechtsprechung ins Gefängnis bringen würde. Sartre besuchte Baader in Stammheim, der Schriftsteller Egon Holthusen schrieb darauf einen Essay ,,Vom Text zur Tat". Als Fritz Teufel und Rainer Langhans wegen der Flugblätter, in denen zur Brandstiftung in deutschen Kaufhäusern aufgerufen wurde, angeklagt waren, beriefen sie sich auf viele französische Beispiele der literarischen Gewaltverherrlichung, von den Surrealisten bis zu den Situationisten. Diese große Tradition der Subversion darf Frankreich nicht preisgeben.

Rubin Sfadj, der in New York und Aix-en-Provence als Anwalt und Rechtsprofessor gewirkt hat, kritisiert den ,,ultralegalistischen", rein juristischen Umgang mit der Meinungsfreiheit. Als ,,Prinzip" sei sie fest etabliert: ,,Aber es gibt inzwischen vierhundert Gesetze, die sie einschränken."

...

QuoteWestliche Meinungsfreiheit bei unangenehmen Themen strafbar?
Jim Truether  2  (DerHesse) - 04.02.2015 13:30
Folgen  Irgendwie seltsam. Da sind plötzlich alle Charlie und wollen sich für die westliche Meinungsfreiheit einsetzen und "Satire darf alles" und nur Stunden nach dem Bekenntnis kommt ein ungenehmer Künstler unter die Räder. Collateral Damage? oder "Manche Tiere sind gleicher."

QuoteTheo Schley  (Oeth) - 04.02.2015 16:34
Es gibt einen eindeutigen Unterschied zwischen Satire und der Verbreitung von Hass. Dieudonné hetzt gegen Juden als angebliche Weltverschwörer, Wucherer ... das hat mit Satire, die auf Wahrheit beruht und Dinge entlarvt nichts zu tun, sondern ist einfach nur gefährlich. Ich darf Sie daran erinnern, dass es in Frankreich 2013 und 14 extrem viele und sehr brutale Angriffe auf Juden, neulich in Créteil erst in ihrer Privatwohnung (!!!) gegeben hat. Das sind die Früchte des Hasses, den Dieudonné verbreitet - auf großer Bühne vor tausenden Zuschauern! Sein Text wird doch nicht zur rechtlich geschützten Satire, nur weil er auf einer Bühne aufgesagt wird.




Aus: "Meinungsfreiheit in Frankreich: Ein Grundrecht und vierhundert Gesetze" Jürg Altwegg (04.02.2015)
Quelle: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/frankreich-diskussion-ueber-grundlagen-der-meinungsfreiheit-13406827.html (http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/frankreich-diskussion-ueber-grundlagen-der-meinungsfreiheit-13406827.html)
Title: [Es handelt sich um „hate crimes“... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 16, 2015, 03:39:10 PM
Als hate crimes (deutsch: ,,Verbrechen aus Hass", ,,Hasskriminalität") werden Straftaten bezeichnet, bei denen das Opfer des Delikts vom Täter vorsätzlich nach dem Kriterium der wirklichen oder vermuteten Zugehörigkeit zu einer gesellschaftlichen Gruppe gewählt wird und sich das Verbrechen dadurch gegen die gewählte Gruppe als Ganze richtet. So können beispielsweise antisemitisch, rassistisch oder ausländerfeindlich motivierte Straftaten unter den Begriff fallen, ebenso Straftaten gegen Mitglieder anderer gesellschaftlicher Gruppen wie Obdachlose, Behinderte, Schwule, Lesben und Transgender. Das Konzept stammt aus den USA und hat in verschiedenen Ländern der Welt eigenständige strafrechtliche Relevanz (z. B. in Großbritannien). In der US-amerikanischen Fachdebatte wird aufgrund der terminologischen Unklarheit das Phänomen als bias crime (vorurteilsgeleitete Straftat, Vorurteilskriminalität) bezeichnet, da gerade das Vorurteil (und nicht der Hass) leitendes Motiv der Handlungen darstellt. Allerdings hat sich der Begriff hate crime in den Medien, der Politik und Bevölkerung so durchgesetzt, dass eine Umbenennung kaum möglich erscheint. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Hate_crime (https://de.wikipedia.org/wiki/Hate_crime)

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Quote[...] Der Fotograf Stanley Forman erhielt 1977 den Pulitzer-Preis für ein Bild, das am 6. April 1976 auf der Titelseite des ,,Boston Herald American" gedruckt worden war. Es zeigt eine Szene, die sich am Tag zuvor auf dem Vorplatz des Rathauses von Boston abgespielt hatte. Ein weißer Jugendlicher mit wehendem Haar hält eine amerikanische Flagge waagerecht wie einen Speer. Die Spitze zeigt auf den Bauch eines schwarzen Anzugträgers, der im Fallen begriffen scheint. Der Schwarze versucht, einen weißen Angreifer abzuschütteln, der sich von hinten auf ihn gestürzt hat. Das Opfer war ein Rechtsanwalt, der im Rathaus an einer Beratung über Arbeitsfördermaßnahmen zugunsten von Minderheiten teilnehmen wollte. Die weißen Jugendlichen waren Schüler, die gegen ein von einem Bundesrichter verordnetes Programm für die öffentlichen Schulen von Boston protestierten.

Das Programm sah vor, dass Schüler aus Stadtvierteln mit schwarzer Bevölkerungsmehrheit mit Bussen zu Schulen gebracht werden, an denen die Weißen vorher unter sich gewesen waren. Wenn die Leute schon in getrennten Vierteln wohnten, sollten ihre Kinder wenigstens gemeinsam zur Schule gehen. Die weißen Eltern und Schüler reagierten darauf mit einer Kampagne des zivilen Ungehorsams. Während des Kampfes um den öffentlichen Raum kam es zu Gewalttaten beider Seiten. Am Tag nach dem Angriff auf den Rechtsanwalt brachten schwarze Jugendliche durch Steinwürfe ein Auto zum Halten, an dessen Steuer ein weißer Mann saß. Sie zerrten den Fahrer aus dem Wagen und schlugen ihm mit Pflastersteinen den Schädel ein. Als die Polizei eintraf, brüllte eine hundertköpfige Menge: ,,Lasst ihn sterben!" 1988 gab die Bundesgerichtsbarkeit die Aufsicht über das Schulwesen von Boston wieder ab. Ein Berufungsgericht stellte fest, dass die Stadt die Auflagen erfüllt hatte. Es gab keine mehrheitlich weißen Schulen mehr. Der Preis des Integrationserfolgs: die Flucht der weißen Familien in die Vorstädte.

Im August 1986 brachte der Staat Massachusetts drei weiße Jugendliche aus dem Viertel Savin Hill vor Gericht, die an zwei aufeinanderfolgenden Tagen mit Steinen nach einer Gruppe schwarzer Schüler geworfen hatten. Die Täter, zwei Fünfzehnjährige und ein Dreizehnjähriger, hatten ihren Opfern zugerufen: ,,Wir mögen keine schwarzen Nigger hier in der Gegend." Savin Hill, wegen solcher Vorfälle damals auch ,,Savage Hill" - ,,wilder Hügel" - genannt, ist ein Stadtviertel, in dem früher hauptsächlich Arbeiterfamilien irischer Herkunft wohnten. Einer der Täter wurde zwei Jahre später verurteilt, weil er gegen die von ihm und seiner Mutter unterzeichnete Verpflichtung verstoßen hatte, nie wieder eine Person wegen ihrer ,,Rasse, Hautfarbe oder nationalen Herkunft" zu ,,verletzen, zu bedrohen, einzuschüchtern oder zu belästigen".

Mark Wahlberg, heute ein gefeierter Filmstar, überfiel als Sechzehnjähriger am Abend des 8. April 1988 einen Einwanderer aus Vietnam auf der Straße. Er beschimpfte den Mann, der vom Einkaufen nach Hause kam, als ,,vietnamesischen Scheißdreck" und schlug ihm mit einem Holzknüppel über den Kopf. Der Knüppel brach entzwei. Auf der Flucht vor der Polizei stürzte Wahlberg sich auf einen zweiten Vietnamesen. Er schlug ihm mit der Faust aufs linke Auge und verhöhnte seine Opfer nach der Festnahme als ,,Schlitzaugen". Wahlberg wurde nach Erwachsenenstrafrecht wegen Mordversuchs angeklagt. Er bekannte sich der Körperverletzung schuldig und wurde zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, von denen er 45 Tage verbüßte.

Heute ist Mark Wahlberg ein Filmstar. Bekannt wurde er zunächst als Rap-Sänger, dann als Unterwäsche-Modell. Den Durchbruch als Schauspieler brachte 1997 der Film ,,Boogie Nights", Paul Thomas Andersons Melodrama über die Pornobranche. Zuletzt spielte er die Hauptrolle im vierten Teil der Science-Fiction-Saga ,,Transformers". 26 Jahre nach seiner Verurteilung hat Wahlberg am 26. November 2014 ein Gnadengesuch an den Gouverneur von Massachusetts gerichtet. Er will nach all den Jahren wieder als unbescholtener Bürger gelten.

Nun hat Judith Beals, die Staatsanwältin, die 1986 den fünfzehnjährigen Steinewerfer anklagte, gegen Gnade für Wahlberg plädiert. In einem Gastkommentar der Tageszeitung ,,The Boston Globe" verweist sie auf die besondere Natur der Taten, für die Wahlberg gebüßt hat: Es handelt sich um ,,hate crimes". Während der Gerichtsverhandlungen 1986 und 1988 ist dieser Ausdruck vermutlich noch nicht gefallen. Er zog erst just zu dieser Zeit in die politische Sprache der Vereinigten Staaten ein. Die Wortfindung war der wirkungsvollste Kunstgriff einer langfristigen, überaus erfolgreichen Kampagne von Bürgerrechtsorganisationen. Sie hat in den allermeisten Bundesstaaten wie im Bund gesetzgeberische Aktivitäten und eine dauerhafte kriminalpolitische Wachsamkeit ausgelöst. Federführend war die jüdische Anti-Defamation League.

Der Begriff des ,,Hassverbrechens" erklärt sich nicht von selbst. Er bezeichnet nicht etwa einen Typus von Handlungen, die früher nicht unter Strafe gestanden hätten. Insbesondere lässt es die Verfassung der Vereinigten Staaten nicht zu, böse Worte, das gängigste Erzeugnis des Hasses, als Verbrechen zu klassifizieren. Es ist undenkbar, dass der amerikanische Präsident, wie es die deutsche Bundeskanzlerin in ihrer jüngsten Regierungserklärung tat, ,,Hasspredigern" den gesetzlichen Krieg erklärt. Nach dem robusten, tendenziell absoluten amerikanischen Verständnis von Redefreiheit sind auch hasserfüllte Schmähungen ganzer Völker, Religionen und Rassen so lange geschützt, wie sie nicht als unmittelbarer Auslöser von Gewalttaten dienen. Und selbst solche ,,fighting words", Worte, die eigentlich Waffen sind, darf der Staat gemäß einem Urteil des Obersten Gerichtshofs von 1992 nur dann verbieten, wenn er alle Aufwiegler gleichzeitig entwaffnet und keine Opfergruppe bevorzugt.

Wer wegen eines Hassverbrechens verurteilt werden soll, darf demnach nicht allein wegen seiner schlechten Meinung über Schwarze oder Weiße, Homo- oder Heterosexuelle bestraft werden. Der Mustergesetzentwurf der Anti-Defamation League erfasst deshalb nur Taten, die ohnehin verboten sind: Sie sollen härter bestraft werden, wenn sie aus Hass begangen wurden. Gerade diese Selbstbeschränkung des Konzepts der ,,hate crimes" bietet freilich der rechtsstaatlichen Kritik einen Ansatzpunkt. Die Erweiterung der Deliktstypen erlaubt nicht etwa den Zugriff auf Täter, die sonst davongekommen wären. Das Tatmotiv des Hasses ist ein weiterer Strafverschärfungsgrund, das heißt in der Praxis des Strafprozesses: ein weiteres Druckmittel für den Staatsanwalt, der es darauf anlegt, ein Schuldeingeständnis zu erzwingen.

Einstimmig hat der Oberste Gerichtshof 1993 entschieden, dass nach der Verfassung nichts dagegen spricht, einen Täter härter zu bestrafen, der sich vom Hass auf die Gruppe hat leiten lassen, der er sein Opfer zuordnete. Im zugrundeliegenden Fall ging es um den Hass von Schwarzen auf Weiße. Nach einem Besuch des Films ,,Mississippi Burning" hatte ein Mann seine Freunde aufgefordert, sich für ihren Zorn ein weißes Opfer zu suchen. Wie der konservative Gerichtsvorsitzende William Rehnquist darlegte, ist die Berücksichtigung von Motiven bei der Strafzumessung normal. So sei die Habgier eines Mörders in vielen Bundesstaaten ein Argument für die Todesstrafe. Mit einem Zitat von William Blackstone, dem Autor des klassischen Lehrbuchs des englischen Rechts aus dem achtzehnten Jahrhundert, verwies Rehnquist auf den Strafzweck der Abschreckung: ,,Es ist nur vernünftig, dass unter Verbrechen unterschiedlicher Art diejenigen am strengsten bestraft werden, die der öffentlichen Sicherheit und Wohlfahrt den größten Schaden zufügen."

Wird ein Vietnamese zusammengeschlagen, nur weil er ein Vietnamese ist, müssen sich alle bedroht fühlen, die ebenso gut Opfer hätten werden können. Die Streuung der Folgen begründet für Rehnquist die zusätzliche Strafwürdigkeit: Solche Taten stifteten Unruhe und provozierten Vergeltungsmaßnahmen. Die Auseinandersetzungen um die Busverschickung der Schulkinder in Boston liefern Belege für diese Analyse, insbesondere für die Spirale der Nachahmungstaten. Den Gesetzen gegen Verbrechen aus Voreingenommenheit, ,,bias crimes", die Jahrzehnte später in ,,hate crimes" umbenannt wurden, liegt die historische Erfahrung mit der Fortwirkung der Sklaverei zugrunde. Scheinbar willkürliche Gewaltakte gegen Einzelpersonen sind geeignet, eine ganze Bevölkerungsgruppe einzuschüchtern und im Status der Ohnmacht zu halten.

Der Zweck der Gesetze war ein politischer: Das einschlägige Bundesgesetz von 1969 verlangte den Nachweis, dass die Täter die Opfer am Gebrauch verbriefter Rechte der Bundesbürger hindern wollten. Wichtigstes Beispiel: das Wahlrecht. Dieselbe gesetzgeberische Absicht erklärt, dass die Maßregelung der steinewerfenden Halbwüchsigen 1986 ein Fall für das Justizministerium von Massachusetts war: Es ging um das Recht auf Schulbesuch. 2009 unterzeichnete Präsident Obama ein nationales Gesetz gegen Hassverbrechen, das 2007 gescheitert war, weil Obamas Vorgänger Bush mit seinem Veto drohte. Das Gesetz nahm eine dramatische Universalisierung des Tatbestands vor: Es erweiterte nicht nur die Liste der vor Hass zu schützenden Gruppen um die Homosexuellen, sondern strich gleichzeitig die Beschränkung der Strafverfolgung auf Fälle des versuchten Entzugs von Bürgerrechten.

Die spektakulärste Probe auf das neue Gesetz ist die Anklage einer Gruppe von Amischen, die auf Anweisung ihres Bischofs abtrünnigen Gemeindemitgliedern Bärte und Haare abgeschnitten hatten. Da die Mitglieder dieser Glaubensgemeinschaft die Teilnahme am politischen Leben der Vereinigten Staaten ablehnen, wäre diese Anklage unter dem alten Gesetz nicht möglich gewesen. Es hätte dann nur die einfache Körperverletzung verfolgt werden können, kein Hassverbrechen. Ein Berufungsgericht hat im August vergangenen Jahres die Verurteilungen aufgehoben, weil es Zweifel daran hat, ob Hass auf Andersgläubige wirklich der Beweggrund der Taten war. Dabei machen sich die Richter nicht das in der öffentlichen Diskussion geäußerte Bedenken zu eigen, dass es hier um einen Streit innerhalb einer Religionsgemeinschaft geht. Ein solcher Fall kann wohl vom Gesetz mit gemeint sein, schließlich begann auch das Christentum als Abspaltung vom Judentum. Die Richter breiten vielmehr die vielfältigen alternativen Tatmotive aus, die sich aus den Familienverhältnissen der betroffenen Amisch-Sekte ergeben. Bei einem Hassverbrechen im Sinne des Gesetzes hätte der Hass, hier: die Verachtung für die Gruppe der Abtrünnigen, den Ausschlag geben müssen.

Judith Beals hält den dreiundvierzigjährigen Mark Wahlberg, der in seinem Gesuch sein vielseitiges karitatives Engagement belegt und nach dem Zeugnis seines Beichtvaters täglich die Messe besucht, schon deshalb für unwürdig, begnadigt zu werden, weil er den rassistischen Charakter seiner Taten leugne. Tatsächlich stellt er die Taten des 8. April 1988 so dar, dass man eine durch Alkohol- und Drogenkonsum herbeigeführte Hemmungslosigkeit für den wesentlichen Faktor halten soll. Den ersten Vietnamesen will er überfallen haben, um ihm zwei Bierkästen zu rauben. Auf der Flucht mag er sich auf das nächstbeste zweite Opfer geworfen haben, das zufällig (freilich im Lichte der demographischen Veränderung der Nachbarschaft nicht zufällig) wieder ein Vietnamese war. Die Annahme gemischter Motive für den Gewaltexzess passt zur Argumentation des Berufungsgerichts im Fall der Amischen.

Durch Gesetz ist die amerikanische Regierung verpflichtet, eine nationale Statistik der Hassverbrechen zu führen. Im Dezember 2014 hat die Bundespolizei FBI die Zahlen für 2013 veröffentlicht. Knapp die Hälfte der gemeldeten Vorfälle war demnach rassisch motiviert, etwa ein Fünftel betraf die sexuelle Orientierung, der Anteil von Fällen religiöser Diskriminierung lag bei gut 17 Prozent. Rassenhass richtete sich in zwei Dritteln der Fälle gegen Schwarze, der Hass auf Andersgläubige war in drei von fünf Fällen antisemitisch. Eigentumsdelikte machen ein Viertel der Fälle aus, Körperverletzungen ein Drittel. Von 14.196 Morden wurden fünf als Hassverbrechen eingestuft. Insgesamt wurden 7242 Opfer gezählt, das sind 91 mehr als 2012. Allerdings haben im vergangenen Jahr mehr Polizeibehörden als zuvor ihre Daten nach Washington übermittelt. Mittelfristig ist der Trend stark rückläufig. Den Höchststand markiert das Jahr 2001 mit 12.020 Opfern, von den Bush- zu den Obama-Jahren gab es noch einmal einen deutlichen Rückgang von durchschnittlich 9500 Opfern von Hassverbrechen auf weniger als 8000. In den Pressemitteilungen der gegen den Hass verschworenen Bürgerrechtsorganisationen werden diese guten Nachrichten nicht herausgestellt.

Stanley Forman gab seinem preisgekrönten Schnappschuss den pathetischen Titel: ,,The Soiling of Old Glory". Die Besudelung der Nationalflagge, des ruhmreichen Banners jener Republik, deren zweihundertster Geburtstag im Jahr der Aufnahme gefeiert wurde: das ist ein allegorisches Sujet wie aus der Historienmalerei des neunzehnten Jahrhunderts. So lässt die Haltung der Figuren, insbesondere der zackige, weit ins Horizontale vordringende Schritt des Flaggenwerfers an Gemälde wie ,,Washington überquert den Delaware" von Emanuel Leutze denken. Forman hat den Typus der Tat erfasst, die Gesetze gegen Hassverbrechen ursprünglich ahnden wollten: Eine Eruption der Brutalität überwältigt den andersfarbigen Mitbürger, der friedlich seinen Geschäften nachgeht. Diese Imitation von revolutionären Gewaltakten wie der Boston Tea Party ist für jeden wahren Patrioten eine Schändung der Nationalsymbole.

Nicht alles war tatsächlich so, wie es auf Formans Foto erscheint. Der junge Mann mit der Flagge ist wohl nicht auf den Rechtsanwalt zugestürzt. Das ändert nichts daran, dass Forman den historischen Moment, die Motivlage der angreifenden Partei, richtig getroffen hat. Doch was hat man von der vielfach vermittelten Kopie dieser in Aggression umschlagenden Schülerprotestaktion vor dem Rathaus zu halten, die man darin erkennen mag, dass zehn Jahre später verwahrloste junge weiße Herumtreiber mit Steinen und Sprüchen nach schwarzen Schülern werfen? Die heutige Gesetzgebung basiert auf dem Gedanken, dass Hassverbrechen etwas Alltägliches sind und überall vorkommen können. Je alltäglicher eine Handlung, desto gemischter die Motive. Das können die Verfechter der Gesetze allerdings nicht zugeben. Den Taten, die ins Raster gepresst werden, geht der Charakter des Fanals häufig ab. Von allen anderen Gewalttaten gegen Personen und Sachen soll sich das Hassverbrechen durch die Reinheit der ideologischen Motivation unterscheiden.

Diesen Sonderstatus möchte die pensionierte Staatsanwältin Judith Beals auch im Begnadigungsverfahren erhalten sehen. Der überführte Rassist soll sein Leben lang gebrandmarkt bleiben. Im Namen der Bekämpfung des Hasses wird der Strafzweck der Resozialisierung gestrichen. Für Judith Beals wirft Mark Wahlbergs Gesuch eine kriminalpolitische Frage auf: ,,Welche Typen von Verbrechen wollen wir kollektiv vergessen und aus den Akten streichen?" Zur Erklärung sei hinzugefügt, dass Wahlberg nur im formalen Sinne eine Bereinigung seines Vorstrafenregisters begehrt. Durch das Gnadengesuch hat er erst recht Aufmerksamkeit auf seine Taten gelenkt. Er möchte jungen Straftätern zeigen, wie sie auf den richtigen Weg zurückfinden, aber für eine solche ehrenamtliche Rolle im Strafvollzug ist Voraussetzung, dass der Helfer nicht als Verbrecher geführt wird.

Judith Beals schreibt: ,,Die Geschichte sagt uns wieder und wieder, dass bei Hassverbrechen das Vergessen nicht der richtige Weg ist." In dieser Lektion kommt der Glaube der Amerikaner zum Ausdruck, eine andere Bestimmung zu haben als der Rest der Welt. Die Geschichte der anderen Weltregionen sagt uns, dass in Ländern, wo sogar die Kinder in den Bürgerkrieg geschickt wurden, der Frieden den Willen voraussetzt, zwischen Vergangenheit und Gegenwart zu unterscheiden. Am Ende ihres Artikels spricht Judith Beals offen aus, ,,freimütig", wie sie selber sagt, dass Verbrecher aus Hass nie Gnade finden sollen. Die Begnadigung von Mark Wahlberg wäre das falsche Signal in einer Zeit, ,,in der die ungesühnten Tötungen schwarzer Männer durch unverantwortliche weiße Männer für anhaltende Spannungen sorgen". Wahlbergs Strafe darf nicht getilgt werden, weil andere Täter der Bestrafung entgangen sind: Der Hasser hat ein für allemal den Anspruch verwirkt, als Person behandelt zu werden.


Aus: "Hass verdient keine Gnade " Patrick Bahners, New York (15.02.2015)
Quelle: http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/kriminalitaet/mark-wahlberg-befeuert-diskussion-um-hate-crimes-13416024.html (http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/kriminalitaet/mark-wahlberg-befeuert-diskussion-um-hate-crimes-13416024.html)
Title: [Diese Menschen sind keine Franzosen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 25, 2015, 02:04:25 PM
Quote[...]  "Heute bin ich Samba" ist die neue Komödie der "Ziemlich beste Freunde"-Macher und spielt dort, wo Frankreichs großes Problem liegt: unter Migranten. Ein Interview mit Regisseur Eric Toledano.  ...

Die Welt: Wenn man Ihren Film richtig versteht, braucht Frankreichs Wirtschaft das illegale Arbeitsbataillon dringend, schert sich aber andererseits einen Dreck darum, unter welchen Bedingungen diese Menschen leben.

Toledano: Ja, wir brauchen diese Fremdarbeiter, aber wir wollen sie nicht sehen. Das ist schizophren. Für diese 300.000 oder 400.000 – genaue Zahlen gibt es nicht – gelten keine Regeln, keine Rechte. Für einen Job, wie ihn Samba macht – zwölf Stunden in einer Restaurantküche –, werden Sie keinen Franzosen finden. Zu unserer Entschuldigung sagen wir uns: "Diese Menschen sind keine Franzosen, sie sind nicht wirklich wie wir." Das ist Rassismus. Für Olivier und mich kann ich sagen: Wir sind nicht mehr dieselben, seit wir diesen Film gemacht haben. Das Problem hat uns sehr berührt, aber ich weiß nicht, was wir tun könnten. Das ist Aufgabe der Politik. Wir können nur Fragen aufwerfen und Empathie wecken.

Die Welt: Was würden Sie sagen: Gibt es eine Verbindung zwischen Ihrem Film und dem Attentat auf "Charlie Hebdo" vom 7. Januar?

Toledano: Ich weiß, was Sie meinen. Jeder zieht eine Verbindung zwischen Immigration und Islamismus, aber der eigentliche Unterschied liegt zwischen dem Laizismus auf der einen Seite und dem Obskurantismus und Fundamentalismus auf der anderen. Die Trennungslinie verläuft zwischen Leuten, die eine offene Gesellschaft wollen, in der sich jeder ausdrücken kann, wie er will, und denen, die ihre Kultur importieren und uns zwingen wollen, das zu glauben, woran sie glauben. Aber die Trennungslinie ist nicht ganz klar. Den Verrückten, die da geschossen haben, war es egal, wen sie umgebracht haben. Der Polizist war Muslim. Die Polizistin war schwarz. Da haben Schwarze eine Schwarze erschossen! Der größte Schock für die Franzosen war, dass die Terroristen Franzosen waren. Dass sie akzentfreies Französisch sprachen.

...


Aus: ""Houellebecq gilt uns als Prophet"" Barbara Möller (02/2015)
Quelle: http://www.welt.de/kultur/kino/article137791086/Houellebecq-gilt-uns-als-Prophet.html (http://www.welt.de/kultur/kino/article137791086/Houellebecq-gilt-uns-als-Prophet.html)

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Quote[...] In einem bemerkenswert klar formulierten Manifest haben vier renommierte muslimische Intellektuelle an alle politischen und religiösen Autoritäten in den islamisch geprägten Ländern und in Europa appelliert, sich unmissverständlich für einen demokratischen Islam einzusetzen. Zu dieser Eindeutigkeit gehört auch, dass sie konkrete Schritte vorschlagen: Eine Konferenz in Frankreich Anfang 2016, bei der muslimische Persönlichkeiten "die Umrisse eines fortschrittlichen Islam skizzieren", der "fest im 21. Jahrhundert verankert" sein soll.

Die vier Männer hinter dem Manifest sind Tariq Ramadan, Professor für Zeitgenössische Islamwissenschaft an der Universität Oxford, Malaysias Oppositionsführer Anwar Ibrahim, der auch dem Weltforum muslimischer Demokraten (World Forum for Muslim Democrats) vorsteht, sowie Ghaleb Bencheikh, Vorsitzender der Weltkonferenz der Religionen für Frieden (World Conference for Religions for Peace), und Felix Marquardt, Gründer der Abd al-Raḥman al-Kawakibi-Stiftung. Sie gehen mit ihren Glaubensbrüdern hart ins Gericht und stellen unbequeme Fragen. Sie fordern, die gegenwärtige Misere des Islam als Religion vorbehaltlos zu diagnostizieren und daraus eine fundamentale Kritik der islamischen Kultur und Religion zu entwickeln.

Die Verfasser fragen beispielsweise zu Recht: Warum sind alle Rufe nach einer Erneuerung des islamischen Kulturerbes unbeantwortet geblieben? Warum konnten die traditionskritischen, vernunftbasierten Reformbewegungen, die es schon im 19. Jahrhundert in der islamischen Welt gegeben hatte, keinen nachhaltigen islamischen Weg in die Moderne weisen? Und warum stehen innovative Reformdenker, die eine Verbindung zwischen Errungenschaften der Moderne und islamischen Normen und Werten suchen, häufig am Rande ihrer Gesellschaften oder gar auf verlorenem Posten?

Angesichts der aktuellen Gewaltwellen im Namen des Islams wird es von zentraler Bedeutung sein, dass moderate Muslime die Deutungshoheit über die Inhalte ihres Glaubens schnellstmöglich zurückgewinnen. Um dieses Ziel zu erreichen, ist es unabdingbar, sich die Gretchenfrage zu stellen: Wer kann und darf definieren, was als "islamisch" verbindlich gilt? Schließlich kennt der Islam keine hierarchischen Strukturen und vor allem keine oberste Lehrinstanz wie die katholische Kirche.

Das Fehlen solch einer zentralen Lehrinstanz mag auf viele Intellektuelle im Westen und anderswo basisdemokratisch und daher faszinierend wirken. Doch es ist hochproblematisch, weil es Laientheologen und bornierten Hasspredigern aller Couleur erlaubt, terroristische und barbarische Akte als "islamisch legitimiert" zu erklären - und dadurch tatsächlich elementare islamische Normen ad absurdum zu führen.

Erschwerend kommt hinzu, dass in vielen islamischen Ländern kulturell engstirnige Phänomene wie der herrschende Wahhabismus im heutigen Saudi-Arabien als religiöses Dogma missverstanden werden, obwohl sie mit der Religion des Islam wenig zu tun haben.

Vier Jahre nach dem Arabischen Frühling sind die Hoffnungen auf eine Demokratisierungswelle im arabischen Raum weitgehend enttäuscht worden. Auch ein innerislamischer Dialog oder eine Reformdebatte über Wege und Konzepte zur Lösung akuter Probleme finden so gut wie nirgendwo statt. Faktisch existiert die "Islamische Welt" als politische Formation nicht. Sie hat auch nie als einheitliches Gebilde existiert. Sie ist zersplittert und die Mehrheit der islamischen Staaten ist mit internen Legitimationskonflikten und zahlreichen Stellvertreterkriegen beschäftigt - und nicht mit Reformdiskursen.

Aber gerade weil keine substanziellen Reformimpulse aus der islamischen Welt zu erwarten sind, könnte der Aufruf an alle "muslimischen Demokraten" eine zivilisatorische, ja epochemachende Bedeutung entfalten. Ja, alle muslimischen Autoritäten, reformorientierten Theologen und Entscheidungsträger sollten der Einladung zu einer gemeinsamen Konferenz folgen!

Dies ist eine vielleicht historische Möglichkeit, dass muslimische Demokraten aus aller Welt eine neuartige, innovative Formel für einen islamischen Weg in die Moderne entwickeln. Wir brauchen dringend eine islamisch tragfähige Konsensformel, die den komplexen Realitäten pluralistischer, multiethnischer und multireligiöser Gesellschaften Rechnung trägt - auch der der Einwanderungsgesellschaften. Europa sollte das aus eigenem Interesse stark fördern. Nicht nur als Gegenentwurf zum Dschihadismus, sondern auch, weil Europa sich als eine demokratische Wertegemeinschaft versteht.

Loay Mudhoon


Aus: "Manifest muslimischer Intellektueller: Für Islam und Demokratie" Loay Mudhoon (23.02.2015)
Quelle: http://de.qantara.de/inhalt/manifest-muslimischer-intellektueller-fuer-islam-und-demokratie (http://de.qantara.de/inhalt/manifest-muslimischer-intellektueller-fuer-islam-und-demokratie)

"Muslimische Demokraten der Welt, vereint Euch!" (09.02.15)
http://www.welt.de/debatte/kommentare/article137284910/Muslimische-Demokraten-der-Welt-vereint-Euch.html (http://www.welt.de/debatte/kommentare/article137284910/Muslimische-Demokraten-der-Welt-vereint-Euch.html)


Title: [Einstweilen spielt die Welt auch noch mit... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 25, 2015, 03:50:35 PM
Quote[...] Deschners Arbeit hat einen wichtigen Beitrag für die Entwicklung hin zu unserer weitgehend toleranten, liberalen und aufgeklärten Gesellschaft geleistet. Denn der Germanist und Privatgelehrte hat den größten Teil seines Lebens einem fast einsamen Kampf gegen einen mächtigen Gegner gewidmet. Ein Gegner, der diese Entwicklung zu bremsen versucht hat, wo es geht. Ein Gegner, der darüber hinaus den Anspruch hat, die wichtigste moralische Instanz der Welt zu sein.

Gemeint sind die Kirchen - die katholische Kirche genauso wie die evangelische und alle anderen christlichen Kirchen überhaupt. Und was Deschner getan hat, war, genau diesen moralischen Anspruch nicht nur in Frage zu stellen, sondern weitgehend ad absurdum zu führen. Die Kritik, die die Kirche durch Deschner erfahren hat, hat seit den frühen sechziger Jahren die moralische Autorität, mit der Päpste, Kardinäle, Bischöfe und Priester auftreten konnten, untergraben - und zwar schlimmer, als es jeder Missbrauchsskandal konnte. Denn die Verbrechen von Priestern gegen Kinder konnte die Kirche immer auf die Schwäche einzelner Vertreter ihres Glaubens schieben. Deschner aber legte die Axt an die Wurzeln der Kirche.

Anders als die meisten Autoren, die in Deutschland nach dem Krieg Bücher über die Kirche veröffentlichten, konzentrierte sich der Ex-Katholik Deschner auf Fragen wie die, wer das "Buch der Bücher" eigentlich tatsächlich verfasst und wer bei wem abgeschrieben hat. Wer in der jungen, ursprünglich jüdischen Sekte welche Rolle gespielt und die Weichen gestellt hat - und warum. Welche Aspekte der christlichen Religion aus anderen Glaubensvorstellungen der Antike übernommen wurden.

Und er ging der Frage nach, wie es den Kirchenvätern und -führern gelungen war, über die Jahrhunderte den Eindruck eines über alle Zweifel erhabenen, einheitlichen Gebildes zu vermitteln - trotz aller Konflikte zwischen den Strömungen innerhalb der Kirche, trotz aller Widersprüche im Glauben und bei der Interpretation der Heiligen Schriften bei den Gläubigen und trotz der Spaltungen und Abspaltungen von Konfessionen. Und so stellte er den Anspruch der Kirche infrage, ihre Legitimation und Lehren direkt auf einen Gott zurückzuführen.

Mit diesem Ziel tat Deschner nicht mehr und nicht weniger, als mit ungeheurem Fleiß Informationen über die Entstehung der Bibel und die Geschichte der Christenheit zu sammeln und in populärwissenschaftlichen Büchern lesbar zusammenzufassen - Informationen, die von etlichen Theologen und Historikern aus den vergangenen Jahrhunderten stammen.

1962 veröffentlichte Deschner sein erstes kirchenkritisches Werk "Und abermals krähte der Hahn". "25.000 Arbeitsstunden in fünf Jahren" hatte er seinem späteren Lektor bei Rowohlt, Hermann Gieselbusch, zufolge für das 700-Seiten-Buch investiert. Der Verlag Paul List, bei dem Deschner unter Vertrag stand, kündigte denselben aus Angst um den Absatz seiner Schulbücher in Bayern. Das Buch erschien dann in einem anderen Verlag, gefolgt von weiteren kritischen Werken.

Die Kirchen und die meisten großen Medien wie die Zeit oder die Süddeutsche Zeitung ignorierten das Werk anfänglich. Andere wie Welt und Spiegel brachten Verrisse. Besonders häufig wurde Deschner einseitiges und unwissenschaftliches Arbeiten vorgeworfen. So hieß es 1963 im Spiegel, Deschner hätte "auch obskure Quellen zitiert, solange sie nur ausreichend antiklerikal klingen".

1971 musste Deschner wegen Kirchenbeschimpfung in Nürnberg vor Gericht - es kam zum Vergleich, das Verfahren wurde eingestellt. Deschner wurde nicht verurteilt - und auch nicht demotiviert. Vielmehr beschloss er, ein Buch allein über die Verbrechen, die von Kirchenvertretern oder im Namen der Kirche verübt wurden, zu schreiben.

"Ich möchte das Werk zu einer der größten Anklagen machen, die je ein Mensch gegen die Geschichte des Menschen erhoben hat", beschrieb er im Exposé für Rowohlt seinen Anspruch. Es wurden anstelle des einen, eher kurzen Buches, das ursprünglich geplant war, insgesamt fast 5900 Seiten und etwa 100.000 Quellenangaben, verteilt auf zehn Bände, von denen der erste 1986 veröffentlicht wurde: Die "Kriminalgeschichte des Christentums".

Im Frühjahr 2013 ist der zehnte Band erschienen, er gilt offiziell als Abschluss des "längsten Krimis der Welt", wie Hermann Gieselbusch es formulierte. Und schon lange sind Deschners Kritiker nur noch leise zu hören. Denn seine Quellen - auch wenn es sich häufig "nur" um Sekundärquellen handelt und manches durchaus auch angezweifelt werden darf, sind zum großen Teil doch zu solide, die Belege zu zahlreich und meist zu gut, um ihn nicht ernst nehmen zu müssen.

Auch etliche Theologen und Historiker waren und sind beeindruckt von Deschners Akribie. Und warum eigentlich, fragte unlängst der katholische Theologe Bernhard Lang in der FAZ, gilt es in akademischen Kreisen als unfein, Deschners Namen zu nennen? Deschner wende sich schließlich nicht "an Historiker, sondern an Leser, denen die Geschichte des Christentums als eine von Unrat freie Heilsgeschichte vermittelt worden ist".

Selbst wenn also der Vorwurf der Unwissenschaftlichkeit nicht ganz unberechtigt sein mag: Deschner richtete ein Flutlicht in die finstersten Abgründe der Geschichte der Christenheit - in jene Abgründe, um die die Gläubigen und Religionsführer lieber einen großen Bogen schlagen.

Genau deshalb geht auch der Vorwurf der Einseitigkeit ins Leere. Deschner hat Verbrechen und Lügen, die im Namen der christlichen Religion verübt wurden, zusammengetragen, über die sonst weitgehend geschwiegen wurde. "Wer andere Seiten sehen will, lese andere Bücher", prochristliche Literatur gebe es wie Sand am Meer, schrieb Deschner selbst bereits in der Einleitung zur "Kriminalgeschichte".

Und so sammelt er, was es zu finden gab, nicht nur über Bekanntes wie die Aufrufe zu den Kreuzzügen, die Inquisition und Hexenverbrennungen oder die Rolle der Kirche beim Massenmord an den indigenen Völkern Süd- und Mittelamerikas. Man erfährt auch vieles, was der Allgemeinheit zuvor kaum bekannt oder bewusst war. Deschner erinnerte an die Ermordung angeblicher Ketzer, an die Pogrome an den Juden in Europa und an die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen zwei oder sogar drei (Gegen-)Päpsten im 14. und 15. Jahrhundert.

Er erinnerte an die Angriffe der christlichen Deutschordensritter auf die eigentlich schon christianisierten Slawen in Mittel- und Osteuropa und an die Weigerung des Vatikans, den Westfälischen Frieden anzuerkennen, der den Dreißigjährigen Krieg beendete. An die blutige Verfolgungen derjenigen ohne den rechten Glauben, die etwa unter Prinz Eugen von Savoyen - dem "Bewahrer der Christenheit" - stattfanden. Oder an die Seite Martin Luthers, an die Protestanten nicht so gern denken: Seine Aufrufe zum Niederbrennen von jüdischen Synagogen und zum Kampf gegen die aufständischen Bauern.

Doch mit dem zehnten Band der Reihe konnte Deschner die Kriminalgeschichte nicht wirklich abschließen. Das Buch handelt vom 18. Jahrhundert und liefert einen "Ausblick auf die Folgezeit". Mehr Bücher zur Kirche wird es von Deschner nicht geben. Der 89-Jährige kann sich die weitere anstrengende Arbeit nicht mehr zumuten, genau wie sein zeitweilig größter Gegner, Kardinal Josef Ratzinger, der als Papst Benedikt XVI. zurückgetreten ist. Es gibt also eine große Lücke zwischen dem zehnten Band der "Kriminalgeschichte" und der Gegenwart.

Aber: Diese Lücke lässt sich mit einem Buch schließen, das ebenfalls von Deschner stammt: "Die Politik der Päpste".

Ursprünglich war das Werk bereits 1982/83 in zwei Bänden erschienen als: "Ein Jahrhundert Heilsgeschichte. Die Politik der Päpste im Zeitalter der Weltkriege".

Nun steht es in einer aktualisierten Fassung zur Verfügung. Es ist gewissermaßen der inoffizielle elfte Band der "Kriminalgeschichte des Christentums". Hier stellt Deschner ausführlich die Versuche der Päpste Pius XI. und Pius XII. dar, so mit dem Faschismus in Europa umzugehen, dass die katholische Kirche möglichst wenig Schäden davontrug.

So wurden die Diktatoren Hitler, Mussolini und Franco lange Zeit wo nicht gar hofiert, so doch immer wieder mit Wohlwollen bedacht und kaum kritisiert. Immerhin wurde der Faschismus vom Vatikan als Bollwerk gegen den atheistischen Kommunismus betrachtet und von vielen Kirchenvertretern ganz klar begrüßt - obwohl in Deutschland schließlich etliche Priester Opfer der Nazis wurden.

Bis zu Johannes Paul II. hat Deschner seine Kritik noch zusammengetragen. Dann aber war Schluss. Zum neuen Papst Franziskus immerhin konnte er noch einen Kommentar abgeben: "Gewiss wird jeder Papst seine Rolle etwas anders spielen, aber jeder Papst spielt dieselbe Rolle - und einstweilen spielt die Welt auch noch mit."

Beachtenswert ist das Buch nicht nur, weil es Deschners Lebenswerk abschließt. Da Deschner nicht mehr in der Lage war, selbst noch die Politik der Päpste Johannes Paul II. und Benedikt XVI. abschließend darzustellen, hat er Michael Schmidt-Salomon gebeten, dies zu tun. ...

[...] Bei aller Kritik, die sich an Deschner üben lässt: Seine Bücher sind für alle, die sich für die Kirche interessieren, für Gläubige genauso wie für Atheisten, ein wichtiges Hilfsmittel, um sich ein Bild zu machen. Man muss Deschner und Schmidt-Salomon nicht in allem folgen, man kann ihnen sogar einmal mehr Einseitigkeit vorwerfen. Aber wo die Fakten für sich sprechen, sollten sie zur Kenntnis genommen werden.

Karlheinz Deschner: Die Politik der Päpste - Vom Niedergang kurialer Macht im 19. Jahrhundert bis zu ihrem Wiedererstarken im Zeitalter der Weltkriege. Alibri Verlag. Mit einem Nachwort von Michael Schmidt-Salomon. 1231 Seiten. Gebunden, ISBN 978-3-86569-116-3. 59 Euro

Karlheinz Deschner: Kriminalgeschichte des Christentums. Band 10. Rowohlt. 320 Seiten. Hardcover. ISBN 978-3-498-01331-8. 22, 95 Euro


Aus: "Flutlicht in die Abgründe der Kirchengeschichte" Markus C. Schulte von Drach (12. November 2013)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/wissen/das-lebenswerk-des-karlheinz-deschner-flutlicht-in-die-abgruende-der-kirchengeschichte-1.1810809 (http://www.sueddeutsche.de/wissen/das-lebenswerk-des-karlheinz-deschner-flutlicht-in-die-abgruende-der-kirchengeschichte-1.1810809)

https://de.wikipedia.org/wiki/Kriminalgeschichte_des_Christentums (https://de.wikipedia.org/wiki/Kriminalgeschichte_des_Christentums)



Title: [Wandelbare Merkmale... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 25, 2015, 04:02:35 PM
Quote[...] Aber hat nicht jeder Mensch ein Recht auf die Pflege, Erhaltung seiner Identität?

Natürlich kann man ganz allgemein davon sprechen, dass Menschen sich als Individuen über ihre Kompetenzen, Eigenheiten und Gewohnheiten, ihre Werte, Interessen und Überzeugungen definieren. Wenn man nicht meint, diese Identität wäre eine exklusive Eigenschaft, die einem qua Zugehörigkeit zu einem Staatsgebiet zukomme und einen unauslöschlich von Anderen, sogenannten ,,Fremden" unterscheide, ist erst mal nichts dagegen einzuwenden. Aber: Identität entsteht im Sozialisationsprozess innerhalb einer sozialen Umgebung, in die man zufällig hineingeboren wird und deren Charakteristika man dadurch erwirbt. In modernen Zeiten könnte man wissen, dass Identitäten damit einen fließenden, wandelbaren, da im Prinzip zufälligen und zugleich erworbenen Charakter aufweisen: Man kann aus einer katholischen Familie stammen und nach Prüfung der Argumente für den Glauben dennoch Agnostiker werden; man kann als Abkömmling einer reichen Industriellen-Familie wie Wittgenstein ein spartanisch lebender, an jedem materiellen Reichtum desinteressierter Philosoph werden – oder auch Sozialist: Nicht wenige der sogenannten ,,68er" kamen aus ,,gutem Hause", wie man so schön sagt.
Identitäten werden in modernen, aufgeklärten Gesellschaften als wandelbare Merkmale erkennbar, hängen von Erfahrungen ab und sind durch Argumente überprüfbar. Zudem existieren immer mehrere, manchmal auch widersprüchliche Identitäten nebeneinander: Der als ,,Muslim" einsortierte Mitbürger ist vielleicht auch Mitglied eines Fußballvereins, Familienvater, SPD-Mitglied oder was auch immer. Wie er seine Religion interpretiert und lebt, hängt auch von seinen anderen Identitäten, seinen politischen Ansichten, seiner beruflichen Situation, dem Grad seiner sozialen Integration in die sogenannte ,,Mehrheitsgesellschaft" und vielem mehr ab. Den Muslim schlechthin gibt es nicht, sowenig wie den Deutschen: Moderne republikanische Staaten sind das Resultat von Staatsgründungsprozessen, die sich nie einfach nach angeblich natürlichen Gruppenzugehörigkeiten gerichtet haben. Seit ewigen Zeiten ziehen gerade in Europa die Menschen hierhin und dorthin, so dass z.B. in Spanien Keltiberer, Phönizier, Griechen, Römer, aber auch Vandalen und Goten das Land geprägt haben – von fast 800 Jahren maurisch-muslimischen Einflusses ganz zu schweigen. Welche völkische Identität soll man denn da hochhalten?! Das ist sachlich einfach lächerlich.
Wenn man das weiß, blickt man auf die eigene wie fremde Identität nicht mehr mit der abgrenzenden Absolutheit, die religiösen und nationalistischen Fanatikern eigen ist. Da kommt ein rationalerer, gesprächsbereiter, weltoffener Standpunkt heraus, der das ,,Eigene" wie ,,Fremde" zu diskutieren und vor der Folie seiner Überzeugungen und Argumente zu beurteilen, abzuwägen vermag. Gerade die Zugehörigkeit zu unterschiedlichen nationalen Kollektiven ist eine von der politischen Herrschaft, den Staaten selbst vorgenommene Etikettierung, die man sich nicht ausgesucht hat und die noch wenig über die wirklichen Gemeinsamkeiten mit anderen aussagt, die ebenfalls zufällig dort geboren sind. Nichts an der emphatisch hochgehaltenen religiösen, kulturellen oder sozialen Identität ist einfach gott- oder naturgegeben. Darum geht es.


Aus: "Rainer Schreiber gibt Antworten zu Pegida & Co." Publiziert am 23. Februar 2015 von alibri   
Quelle: http://www.alibri-blog.de/?p=787 (http://www.alibri-blog.de/?p=787)

Title: [Dem Sieger winkt ein Preisgeld... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 26, 2015, 10:33:14 AM
Quote[...]  Die jüngsten Meldungen aus Irans Kulturszene sind denkbar widersprüchlich. So ruft das Teheraner Kulturinstitut Sarcheshmeh gemeinsam mit dem dortigen ,,Haus der Karikatur" zum zweiten sogenannten Karikaturen-Wettbewerb über den Holocaust auf, als Reaktion auf Mohammed-Karikaturen im Westen und im französischen Satiremagazin ,,Charlie Hebdo", dessen zweite Ausgabe seit den Pariser Anschlägen vom Januar am gestrigen Mittwoch erschienen ist. Die Karikaturen für den Teheraner Wettbewerb können bis zum 1. April eingereicht werden, dem Sieger winkt ein Preisgeld von umgerechnet rund 20.000 Euro.

... Bereits 2006, nach dem Mordanschlag auf den dänischen Mohammed-Karikaturisten Kurt Westergaard, hatte es im Iran einen Holocaust-Karikaturen-Wettbewerb gegeben, mit über 1200 Einreichungen aus aller Welt. ...

Quotevon changnoi
    26.02.2015 04:58 Uhr
nichtmal ignorieren, denn ignorieren waere schon zuviel beachtung!


QuoteAusgelobt wurde der Wettbewerb bereits Ende Januar. Die Bundesregierung reagierte am gestrigen Mittwoch entsetzt: Man nehme die Aktion ,,mit allergrößtem Unverständnis" zur Kenntnis. ,,Wir sind zutiefst betroffen von den Versuchen, den Mord an sechs Millionen Juden zum Gegenstand von Spott und Lächerlichkeit zu machen", heißt es aus dem Auswärtigen Amt. Auch zahlreiche Bundestags-Abgeordnete protestierten. Der Vorsitzende der deutsch-israelischen Parlamentariergruppe, Volker Beck (Grüne), sprach laut ,,Handelsblatt" von einem ,,Aufruf zum Judenhass und zu ihrer Vernichtung". Jan Korte (Linke) nannte den Wettbewerb "widerlich" und "abstoßend". Auch der Direktor des Europabüros des American Jewish Committee in Brüssel, Stephan Kramer, forderte eine klare Positionierung gegen die Aktion. Das sei "die beste Antwort auf das Propaganda-Spektakel", sagte er dem "Handelsblatt". Israel hatte bereits vor einigen Tagen an UN-Generalsekretär Ban Ki-moon appelliert, den Wettbewerb zu verurteilen. Er legitimiere das Leugnen des Holocaust, so der israelische UN-Botschafter Ron Prosor in seinem Schreiben.

     von smukster
    26.02.2015 02:05 Uhr

Grenzenlose Freiheit?
Plötzlich gibt es wieder Grenzen der Satire. Warum ändert sich das ständig? Hängt es etwa davon ab, wen diese angreift?

Ich bin klar gegen die Beleidigung von Menschengruppen oder die Verspottung von Opfern unter dem Deckmantel der "künstlerischen Freiheit" - das bedeutet jedoch nicht, dass Satire zu diesen Themen grundsätzlich tabu sein sollte. Es kommt ganz darauf an, wie sie gemacht ist.



Aus: "Iranisches Kulturinstitut lobt Wettbewerb für Holocaust-Karikaturen aus" Christiane Peitz (25.02.2015)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/kultur/reaktion-auf-mohammed-karikaturen-iranisches-kulturinstitut-lobt-wettbewerb-fuer-holocaust-karikaturen-aus/11425578.html (http://www.tagesspiegel.de/kultur/reaktion-auf-mohammed-karikaturen-iranisches-kulturinstitut-lobt-wettbewerb-fuer-holocaust-karikaturen-aus/11425578.html)

Title: [Abhijit Roy wurde im vergangenen Jahr... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 04, 2015, 04:02:19 PM
Bangladesch
https://de.wikipedia.org/wiki/Bangladesch (https://de.wikipedia.org/wiki/Bangladesch)

Quote[...] Abhijit Roy war einer der bekanntesten Blogger Bangladeschs. Unter anderem engagierte er sich gegen religiösen Fundamentalismus. Das wurde ihm möglicherweise zum Verhängnis. ... Der Blogger Abhijit Roy und seine Frau Rafida Ahmed Banna wurden auf dem Campus der Universität in Dhaka von Unbekannten mit Macheten angegriffen, wie die bangladeschischen Nachrichtenseiten bdnews24.com und "Dhaka Tribune" berichteten. Roy wurde demnach bei der Attacke zunächst schwer verletzt und starb später während einer Notoperation im Krankenhaus. Seine Frau erlitt Hiebverletzungen und verlor einen Finger. Die Polizei fand zwei Macheten am Tatort. Ein Korrespondent der Deutschen Welle in Dhaka bestätigte die Meldungen.

Abhijit Roy, der als Ingenieur in den USA arbeitete, war bekennender Atheist und kritisierte in seinen Büchern und auf seinem Blog "Mukto-Mona" religiösen Fundamentalismus. Deshalb hatte es Morddrohungen von islamischen Fundamentalisten gegen ihn gegeben. Nach Angaben eines Kollegen war er bereits früher von fundamentalistischen Gruppen attackiert worden. Wegen einer Buchvorstellung war er mit seiner Frau nach Bangladesch gereist.

Auf "Mukto-Mona" gab er anderen Bloggern aus Bangladesch die Möglichkeit - trotz Zensur in ihrem Heimatland - ihre Meinung zu veröffentlichen. Unter anderem war sein Blog eine Plattform für den Kampf um die Rechte von Schwulen und Lesben, einem Tabuthema in dem mehrheitlich muslimischen Bangladesch.

Abhijit Roy wurde im vergangenen Jahr für den Bobs Award nominiert. Die internationale Auszeichnung für Blogger, Aktivisten und Journalisten, die sich im Internet für freie Meinungsäußerung und Menschenrechte einsetzen, wird von der Deutschen Welle ausgerichtet.

...  Es ist nicht der erste Angriff dieser Art in Bangladesch, einem mehrheitlich muslimischen Land mit rund 160 Millionen Einwohnern. Im Jahr 2013 war in Dhaka der Blogger Ahmed Rajib Haider, der ebenfalls religiösen Extremismus kritisierte, auf ähnliche Weise ermordet worden.

cr/kle (bdnews24.com, Dhaka Tribune, DW, dpa, epd)


Aus: "Religionskritischer Blogger in Bangladesch ermordet" (26.02.2015 )
Quelle: http://www.dw.de/religionskritischer-blogger-in-bangladesch-ermordet/a-18283810 (http://www.dw.de/religionskritischer-blogger-in-bangladesch-ermordet/a-18283810)

http://www.fr-online.de/politik/bangladesch-blogger-brutal-ermordet-,1472596,29993342.html (http://www.fr-online.de/politik/bangladesch-blogger-brutal-ermordet-,1472596,29993342.html)

"Bangladesch Islamist nach Mord an Blogger verhaftet" (02.03.2015)
In Bangladesch ist der mutmaßliche Mörder des atheistischen Bloggers Abhijit Roy gefasst worden. Die Polizei nahm einen 28 Jahre alten Islamisten fest. ...
http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/asien/islamist-in-bangladesch-nach-mord-an-blogger-verhaftet-13458913.html (http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/asien/islamist-in-bangladesch-nach-mord-an-blogger-verhaftet-13458913.html)

Title: [Die Ermittler befürchteten offenbar... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 05, 2015, 11:24:08 AM
Quote[...] "Wir wollen der Bevölkerung mitteilen, dass sie keine Angst vor uns haben muss", sagt Mohammad Omar Habibzada, der Vorsitzende des Islamischen Kulturzentrums in Bremen (IKZ). Die zertrümmerten Türen lehnen ganz vorn an der Wand, stumme Zeugen für den Vorfall des vergangenen Wochenendes - ein Vorfall, der die Mitglieder des Vereins empört.

Sie haben Journalisten in ihre Moschee eingeladen, wollen ihre Version einer Geschichte erzählen, die Bremer Sicherheitskräfte in Atem hielt. Denn im Grunde geht es genau darum: Angst. Oder zumindest die Sorge vor islamistischem Terror in Deutschland und den Umgang damit.

Das IKZ steht im Mittelpunkt der jüngsten Terrorwarnungen in der Hansestadt. Auf der Suche nach Waffen durchsuchten Ermittler am Sonnabend die Räume des Moscheevereins in Bahnhofsnähe. Die Aktion erfolgte in Zusammenhang mit Ermittlungen gegen zwei libanesische Brüder aus dem IKZ-Umfeld. Sie sollen mit Kriegswaffen handeln.

Die Ermittler befürchteten offenbar, dass Gewehre und Pistolen bereitlagen und ein Terrorakt unmittelbar bevorstand. Eine "konkrete Anschlagsgefahr" habe man nicht ausschließen können, sagte Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) - und ließ ein Sicherheitsnetz über die Stadt spannen. Polizisten mit Maschinenpistolen patrouillierten auf dem Marktplatz. Waffen allerdings wurden weder bei der Razzia im IKZ noch bei den Libanesen gefunden. ...

Mit Rammböcken hätten die Polizisten die Türen aufgestoßen, seien in Stiefeln in die Räume eingedrungen, wo sonst jeder ohne Schuhe läuft. Männer seien mit Kabelbindern gefesselt worden - länger als eine Stunde. "Kinder haben geschrien", sagt ein Muslim, den der Vorsitzende aus einer Schar von etwa 40 anwesenden Glaubensbrüdern nach vorn bittet. "Sie haben uns gedemütigt", sagt ein anderer. Über einen Anwalt legte das IKZ beim Amtsgericht Beschwerde gegen die Razzia ein.

...


Aus: "Bremer Islamverein nach Polizeiaktion: "Sie haben uns gedemütigt"" Ansgar Siemens, Bremen (04.03.2015)
Quelle: http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/islamisches-kulturzentrum-in-bremen-beschwerde-gegen-razzia-a-1021571.html (http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/islamisches-kulturzentrum-in-bremen-beschwerde-gegen-razzia-a-1021571.html)

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Quote[...] Bremen –  SEK-Beamte sind selten zimperlich. Wenn sie eine Razzia machen, kommen sie gerne mit Rammböcken und Maschinenpistolen. Oft hinterlassen sie Schäden nicht nur am Mobiliar, sondern auch in den Köpfen von Unschuldigen, zum Beispiel von zufällig anwesenden Kindern. Am vergangenen Samstag traf ein solcher Einsatz den Moscheeverein ,,Islamisches Kulturzentrum Bremen" (IKZ) - wegen Terrorverdachts. Die im IKZ vermuteten Kriegswaffen fanden sich zwar nicht, aber nach allem, was mittlerweile bekannt wurde, hatten die Ermittler nachvollziehbare Gründe für die Durchsuchung. Umstritten sind jedoch die Umstände des Einsatzes.

Eigentlich richtete sich die Razzia wegen mutmaßlichen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz nicht gegen den Verein an sich, sondern vor allem gegen ein Mitglied. Der 39-jährige Libanese soll sich im Herbst 60 MPs und zusätzlich Automatikpistolen beschafft haben. Angeblich verteilte er sie dann bis Mitte Dezember an Personen aus dem IKZ-Umfeld.

Diesen Verdacht kannten die Ermittler schon lange. Bereits am 10. Januar erwirkten sie einen Durchsuchungsbeschluss für die Wohnung des Libanesen. Doch aus bisher unbekannten Gründen - vielleicht wollten sie noch weiter ermitteln? - warteten sie mit dem Zugriff bis vergangenen Samstag und durchkämmten dann auch gleich das IKZ, weil sie dort einen Teil der angeblichen Kriegswaffen vermuteten. Warum gerade am Samstag? Weil am Freitagabend ein neuer Hinweis eingegangen war: Vier Bewaffnete aus dem Ausland, vermutlich Franzosen, seien nach Bremen gereist und würden sich womöglich im IKZ mit zwei Waffenhändlern treffen.

Da klingelten bei den Behörden die Terror-Alarmglocken. Am Samstagmorgen stellte die Polizei die City deshalb unter Polizeischutz. Doch erst abends begannen die Durchsuchungen im IKZ und bei dem Libanesen. Gefunden wurde nichts - aber warum? Weil es gar keine Waffen gibt und die Ermittler vielleicht auf einen windigen V-Mann hereingefallen sind? Oder weil die Verdächtigen durch das Polizeiaufgebot gewarnt wurden, wie die CDU-Opposition vermutet?

Eine weitere kritische Frage: Warum befürchtete die Innenbehörde einen Anschlag ausgerechnet in der Hansestadt? Im Durchsuchungsbeschluss gegen den Libanesen wurde nur der Verdacht erwähnt, dass sich Bremer bewaffnen wollten, um ihren ,,Brüdern" in Kobane beizustehen, also vermutlich den syrischen IS-Kämpfern. Es wären nicht die ersten, denn in den vergangenen Monaten waren bereits Anhänger eines anderen Bremer Moscheevereins in den Krieg gezogen. Dieser ,,Kultur- und Familienverein", dem das IKZ wohl nicht radikal genug war und der sich deshalb 2007 von ihm abspaltete, ist mittlerweile von Innensenator Ulrich Mäurer verboten worden.

Die Fragen, die der jüngste Polizeieinsatz auslöste, dürften für SPD-Senator Mäurer etwas unangenehm sein, denn am 10. Mai wird in Bremen gewählt. Am Mittwoch tagten seine Leute stundenlang, um Antworten geben zu können. Am späten Nachmittag gaben Polizei und Staatsanwaltschaft dann eine gemeinsame Erklärung heraus. Demnach wollten die Ermittler am Freitagabend zunächst verdeckt nach den vier Angereisten fahnden und nicht sofort zuschlagen. Der Polizei war aber wichtig, parallel dazu am Samstag die City zu schützen. Der Aufschub der Razzia bis zum Samstagabend hing auch damit zusammen, dass nach Einschätzung der Behörden erst ein Durchsuchungsbeschluss nötig war. Denn im Laufe des Samstags habe sich die Gefahrenlage nicht weiter zugespitzt; daher wäre ein Zugriff wegen ,,Gefahr im Verzuge" ohne Durchsuchungsbefehl nicht zulässig gewesen. Bis der Beschluss beantragt und bewilligt wurde, sei das IKZ aber ständig bewacht worden, so dass niemand unerkannt habe ein- oder ausgehen können, versichern die Behörden.

Durch die Razzia sieht sich der Verein zum wiederholten Mal an den Pranger gestellt. Seit seiner Gründung 2001 seien die Gemeinderäume schon viermal durchsucht worden, sagte der Vorsitzende Mohammad Omar Habibzada (37), als er in dem nüchternen IKZ-Gebäude am Rande einer Hochstraße eine Pressekonferenz abhielt. ,,Jedesmal wird etwas konstruiert, aber am Ende werden die Verfahren immer eingestellt." Der Diplom-Betriebswirt mit langem Vollbart hat inzwischen mit dem beschuldigten Libanesen gesprochen. Der will demnach nichts mit Waffen zu tun haben und wirft den Beamten vor, sie hätten seine Wohnung verwüstet, sogar Tapeten abgerissen und seine Kinder über ihn befragt, nachdem sie ihn abgeführt hätten.

Auch Habibzada klagt über das Vorgehen der SEK-Beamten: Sie seien kurz nach dem Abendgebet in die Räume gestürmt. Mit ihren Stiefeln und Spürhunden hätten sie die Moschee geschändet und entweiht. Die meisten Anwesenden - laut Polizei insgesamt 28 Männer sowie fünf Kinder und Jugendliche -  hätten mit gefesselten Händen und mit dem Kopf nach unten auf dem Boden liegen müssen, sogar über 70-Jährige.

Mehr als zwei Stunden soll es gedauert haben, bis der Letzte nach seiner Personalienfeststellung freigelassen wurde. Habibzada widersprach damit der Behördendarstellung, dass die Identifizierung nur eine Stunde gedauert habe. Einig sind sich beide Seiten darin, dass erst die später dazugestoßenen Zivilbeamten Überschuhe trugen, als sie mit der genaueren Durchsuchung des Objekts begannen.

Bei der Pressekonferenz im IKZ standen drei Türen wie Mahnmale an der Wand des Männergebetsraums - zwei von ihnen völlig zertrümmert, eine stark beschädigt. Laut Habibzada waren es insgesamt sieben Innentüren, die demoliert wurden. Dabei hätte der Hausmeister sie gerne aufgeschlossen - ,,aber der lag gefesselt auf dem Boden". Habibzada: ,,Die Polizisten hatten Rammböcke dabei gehabt und wollten sie auch einsetzen." Außerdem hätten sie Schränke ausgeräumt und Kissen aufgeschlitzt. ,,Hier sah es chaotisch aus." Wegen der Durchsuchung seien die Gläubigen zudem am späteren Nachtgebet gehindert worden.

Ein bartloser Algerier in Trainingsjacke erzählte den Journalisten, das Spezialkommando sei ,,wie ein Wirbelsturm gekommen". Seine Einschätzung: Wer ein Attentat verüben wolle, treffe sich bestimmt nicht zum Gebet in einer Moschee. ,,Wir haben nichts zu tun mit Terrorismus", versicherte er.

Ein Vater mit Kind auf dem Schoß erzählte, der Dreijährige habe während des Einsatzes ,,die ganze Zeit geschrieen"; er selber habe zunächst nicht zu ihm gehen dürfen.

Gegen die Razzia hat der Verein inzwischen Beschwerde beim Amtsgericht eingelegt. Die Durchsuchung basiere auf vagen Geheimdienstangaben, verletze die Religionsfreiheit und sei völlig unverhältnismäßig, argumentiert Rechtsanwalt Hans-Eberhard Schultz, bekannt geworden als einer der Verteidiger des inhaftierten Kurdenführers Abdullah Öcalan.

Allen Vorwürfen zum Trotz findet Innensenator Mäurer, dass seine Polizei angesichts der Terrorgefahr ,,so rücksichtsvoll wie möglich" vorgegangen sei.

Was den Moscheeverein auch ärgert, ist seine Einstufung als salafistisch. Der Verfassungsschutz, der das IKZ seit Jahren beobachtet, habe den ,,Kampfbegriff Salafismus konstruiert und uns in diese Schublade gesteckt", meint Habibzada. In Wirklichkeit träfen sich hier verschiedene religiöse Richtungen aus 21 Nationen zum gemeinsamen Gebet. Inzwischen ,,fühlen wir uns sozusagen als Unberührbare".

Doch die Innenbehörde bekräftigt ihren Salafismus-Vorwurf: Das IKZ werde ,,finanziell und ideologisch stark aus Saudi Arabien unterstützt, um die dortige als extrem fundamentalistisch einzustufende wahabistisch-salafistisch ausgerichtete Staatsreligion nach Deutschland zu importieren". Habibzada nennt das ,,eine ungeheuerliche Unterstellung" und versichert den Bremern: ,,Sie brauchen vor uns keine Angst zu haben. Es geht keine Gefahr von uns aus, wir sind ganz normale Bürger."


Aus: "Terror-Razzia in Bremen Mit dem Rammbock in die Moschee"  Eckhard Stengel (05. März 2015)
Quelle: http://www.fr-online.de/politik/terror-razzia-in-bremen-mit-dem-rammbock-in-die-moschee,1472596,30039260.html (http://www.fr-online.de/politik/terror-razzia-in-bremen-mit-dem-rammbock-in-die-moschee,1472596,30039260.html)
Title: [Inspiriert von unseren Videospielen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 12, 2015, 01:44:37 PM
Quote[...] Welche Erklärung haben Sie für den rasanten Aufstieg der ganzen Organisation des IS?

Nicolas Hénin: Der Islamische Staat ist das legitime Kind der Invasion im Irak 2003 und des Nichteingreifens in Syrien 2011. Die irakische Gesellschaft wurde zerstört, Syrien wurde im Stich gelassen, als dort die Revolution ausbrach. Die Beschaffenheit des IS zeigt auch, dass al-Qaida im Grunde eine bürgerliche Organisation war: angeführt von einem millionenschweren Erben, der viel in westliche Staaten gereist war. Die führenden Köpfe stammten aus den Mittelschichten der Golfstaaten. Der IS ist dagegen in den hässlichsten, verdrecktesten Städten groß geworden. Ihm gehören hauptsächlich Kinder von der Straße an. Die Videos, die sie verbreiten, sind inspiriert von unseren Videospielen, von unseren Actionfilmen. Ihre Art, zu kommunizieren, via Youtube oder Twitter, ihre kulturellen Referenzen ähneln denen der westlichen Gesellschaften. So schaffen sie es, enormes Entsetzen hervorzurufen. ... die Dschihadisten wie die Gegner des Islams – vertreten die Ansicht, unsere westlichen Gesellschaften seien mit dem Islam nicht vereinbar. Das entspricht der muslimischen Lehre von der Hidschra: Ein Muslim ist demnach verpflichtet, ein von Nichtmuslimen bewohntes Gebiet zu verlassen. Pegida und andere wollen bewirken, dass wir nicht mehr an ein Zusammenleben mit Muslimen glauben. Sie bestätigen für manchen Muslim nur noch das Gefühl, die islamische Identität sei in Gefahr und müsse verteidigt werden. Wir müssen uns um das Gegenteil bemühen: darum, das Zusammenleben mit den Muslimen zu verbessern. So entziehen wir den Islamisten eines der wichtigsten Argumente, mit denen sie junge Leute für den Dschihad gewinnen.

...


Aus: "Milde Vernunft: Interview Nicolas Hénin" Romy Straßenburg (10.03.2015)
Quelle: https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/milde-vernunft (https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/milde-vernunft)

Title: [Der Gesetzgeber... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 16, 2015, 12:27:25 PM
"Religionssymbole an Schulen: Das Kopftuch ist frei" (13. 03. 2015)
Zwei Pädagoginnen aus Nordrhein-Westfalen hatten geklagt, beide sind Deutsche mit türkischem Migrationshintergrund. Eine arbeitete als Lehrerin für muttersprachlichen Unterricht an verschiedenen Schulen. Nachdem 2005 in Nordrhein-Westfalen ein faktisches Kopftuchverbot eingeführt wurde, wurde sie gekündigt. Die zweite Frau arbeitete als Sozialpädagogin an einer Gesamtschule. Sie ersetzte damals das Kopftuch durch eine rosafarbene Baskenmütze, wurde aber dennoch abgemahnt, da sie die Mütze erkennbar als Ersatz für ein Kopftuch getragen habe. In den Vorinstanzen waren die Frauen noch gescheitert. Karlsruhe gab ihnen nun recht. ...
http://www.taz.de/!156420/ (http://www.taz.de/!156420/)
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Quote[...] Die Senatsschulverwaltung wollte das Karlsruher Urteil am Freitag nicht kommentieren. ,,Wir sehen uns die Begründung genau an und klären, ob es für den Bereich Schule Änderungsbedarf gibt", teilte eine Sprecherin knapp mit. Dafür äußerte sich der frühere Berliner Innensenator Ehrhart Körting (SPD): ,,Unmittelbar gilt die Karlsruher Entscheidung nur für einen Fall in Nordrhein- Westfalen. Aber im Ergebnis schafft der Gerichtsbeschluss für alle Bundesländer eine neue Rechtslage. Die Berliner Juristen werden das Neutralitätsgesetz im Lichte dieser Entscheidung neu auslegen müssen."
Körting hatte 2005 maßgeblich das Berliner Neutralitätsgesetz mitgeschrieben. Es besagt, dass sich Lehrer und andere Beschäftigte des Landes Berlin während ihres Dienstes ,,in ihrem religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnis zurückhalten" müssen. Lehrkräfte dürfen ,,keine sichtbaren religiösen oder weltanschaulichen Symbole (...) und keine auffallenden religiös oder weltanschaulich geprägten Kleidungsstücke tragen".
Man habe das Neutralitätsgesetz 2005 geschaffen, ,,um Schülerinnen zu schützen", sagte Körting. Lehrerinnen seien Vorbilder. ,,Wir wollten vermeiden, dass Lehrerinnen mit Kopftuch Druck auf die Kinder ausüben könnten, es ihnen mit dem Kopftuch nach zu tun, so subtil der Druck auch sein mag."
In Berlin wie in allen anderen Bundesländern werde es künftig nur noch dann möglich sein, einer Lehrerin das Kopftuch zu verwehren, wenn durch das Kopftuch besondere Konflikte in der Schule auftreten, sagte Körting. Wenn einer Lehrerin das Tragen des Kopftuchs verwehrt werde, bevor der Konflikt auftritt, könne sie gegen das jeweilige Bildungsministerium klagen. ,,Sie hätte große Chancen, den Prozess zu gewinnen", schätzt der frühere Innensenator. ...
... Positive Reaktionen kommen von den Grünen und der Piratenpartei. Martin Delius von den Piraten sprach von einer ,,Stärkung der Grundrechte von Lehrerinnen, die man nur begrüßen kann." Stefanie Remlinger von den Grünen hofft, dass der Beschluss eine gesellschaftliche Debatte anstößt. Sie wünscht sich eine ,,Entdramatisierung" der Kopftuchfrage: ,,Wir sollten uns fragen, ob wir wirklich so viel Angst haben müssen oder ob wir nicht auch in den Schulen mehr religiöse und kulturelle Vielfalt haben wollen." Einerseits würden dringend Lehrer mit Migrationshintergrund gesucht, andererseits würden durch das Kopftuchverbot viele junge Frauen vom Studium abgehalten, weil sie sich keine Chancen im Beruf ausrechnen: ,,Wir tragen dieses Verbot ein Stück weit auf den Köpfen der Frauen aus und behindern damit ihre Integration."
Das sieht der frühere Innensenator Körting ähnlich. Er frage sich heute, ob das Neutralitätsgesetz nicht das Gegenteil von dem bewirkt habe, was sich der Senat 2005 erhoffte: ,,Mir haben viele Frauen aus konservativen muslimischen Elternhäusern erzählt, dass der Lehrerberuf für sie eine der wenigen Möglichkeiten ist, sich von zuhause zu emanzipieren. Aber gerade diesen Weg haben wir ihnen mit dem bisherigen Kopftuchverbot erschwert."

Quotevon kreuzberger007
   15.03.2015 11:42 Uhr

... Ich halte das BVG Urteil für eine Katastrophe. Zu meiner Schulzeit in den 70zigern wurde einer Lehrerin von mir das Tragen der roten Bhagwankleidung im Unterricht untersagt. Selbst das Tragen der Holzperlenkette mit dem Bildniss von dem Guru war ihr verboten.
Damals protestierten die meisten Schüler und Schülerinnen gegen dieses Verbot, da von dieser Lehrerin keine Manipulation ausging, und sie einen sehr guten Unterricht machte.
Heute sehe ich das anders. Ich finde, dass die Schulen einem Neuttralitätsanpruch genügen müssen, und religiöse Symbole nichts in Schulen zu suchen haben.
Ich würde mir wünschen, wenn wir hier in Deutschland den Laizismus wie in Frankreich übernehmen würden.



Aus: "Diskussion um Kopftuch-Urteil Wie neutral müssen Lehrer sein?" (14.03.2015)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/berlin/schule/diskussion-um-kopftuch-urteil-wie-neutral-muessen-lehrer-sein/11503070.html (http://www.tagesspiegel.de/berlin/schule/diskussion-um-kopftuch-urteil-wie-neutral-muessen-lehrer-sein/11503070.html)
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Quote[...] Gabriele Boos-Niazy - Die Autorin ist Sozialwissenschafterlin und im Vorstand des Aktionsbündnis muslimischer Frauen in Deutschland e.V. Das Aktionsbündnis muslimischer Frauen hatte die Möglichkeit vor dem Bundesverfassungsgericht eine umfangreiche Stellungnahme zu den anhänigen Verfahren abzugeben; sie wird in Kürze veröffentlicht.

Der Gesetzgeber fordert zu Recht von allen Lehrern und Lehrerinnen, dass sie in der Lage sind, unabhängig von ihren privaten Ansichten fachlich ausgewogen zu unterrichten und die Schulbehörde verfügt seit jeher über Mittel und Wege (Allgemeine Dienstordnungen), diejenigen, die die das nicht tun, aus dem Schuldienst zu entfernen.

Nur einer bestimmten Gruppe, zum Beispiel aufgrund ihres politischen Engagements, diese Fähigkeit prinzipiell abzusprechen, gehört in die Mottenkiste der 70iger Jahre. Auch von einer Lehrkraft mit Ökosandalen muss bis zum Beweis des Gegenteils angenommen werden, dass sie das Thema Gentechnik sachlich korrekt vermitteln kann. An nichts anderes hat das Bundesverfassungsgericht uns jetzt erinnert.

Ich habe zusammen mit vielen anderen Frauen in den letzten 10 Jahren erlebt, was gesetzliche Kopftuchverbote und vor allem die dahinter nur schlecht verborgenen Vorurteile und Verdächtigungen verursachen. Die Tatsache, dass Menschen, die strukturelle Machtpositionen innehaben, Etiketten verteilen können, ohne jemals mit denen, über deren Leben sie entscheiden, zu sprechen, führt zu Gefühlen der Machtlosigkeit und einem Vertrauensverlust insbesondere in die Politik. Diese Verbote waren die in Gesetzestexte gegossene Ablehnung der Integrationsleistung einer Gruppe, die sprichwörtlich aus der Rolle gefallen war. Solange Frauen mit Kopftuch Schulen putzten, war das in Ordnung, als sie vermehrt hinter dem Pult auftauchten, wurden sie zur Gefahr stilisiert. So titelte der Focus im August 1997 unter der Rubrik "Grundrechte" anlässlich des Referendariats von Fereshta Ludin: "Angst vor dem Kopftuch. Muslimische Lehrerinnen beharren auf der Islamtracht"(1). Auch wenn der Artikel selbst durchaus differenziert war, beherrschte der Tenor der vermeintlichen Gefahr doch seitdem weite Teile der Politik und der Medienberichterstattung. Dass Angst ein schlechter Ratgeber ist, ist nichts Neues. Welche Zerstörung sie verursacht, wenn sie instrumentalisiert wird, zeigte sich in den Jahren danach.

Sowohl große Teile der politischen als auch der medialen Diskussion waren von außerordentlicher Ignoranz den betroffenen Frauen gegenüber geprägt. Frauen, die sich einem Berufsverbot gegenüber sahen, die feststellen mussten, dass ihre gesamte Lebensplanung über den Haufen geworfen wurde, die sich von einem Tag auf den anderen in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht sahen, deren Lebensleistung und Definition ihres Kopftuches niemanden interessierte. Besonders bitter war es, dass dies alles im Namen der Freiheit und insbesondere der Gleichberechtigung der Geschlechter geschah.

Die betroffenen Lehrerinnen waren Frauen, die in einem Land aufgewachsen waren, dessen Botschaft sie so verstanden hatten: "Streng dich an, dann kannst Du alles erreichen." Und genau das hatten sie getan. Viele von ihnen waren seit Jahren im Schuldienst, ohne dass jemals ihre Integrität und Neutralität angezweifelt worden war. Die Vorstellung, dass eine Zeit kommen könnte, in der ein Gesetz mehrheitsfähig ist, das – völlig losgelöst von ihnen als Person und ihrem fachlichen Verhalten – ihrem Berufsleben ein jähes Ende setzt, war für sie und auch viele ihrer nicht-muslimischen Kollegen und Kolleginnen völlig undenkbar.

Doch Frau Schavan, 1997 Bildungsministerin in Baden-Württemberg, selbst bekennende und praktizierende Katholikin, brachte den Stein ins Rollen, indem sie einer Kopftuch tragenden Muslima die Einstellung in den Schuldienst verwehrte – ihr fehle die dazu notwendige Eignung, weil sie das Kopftuch aus religiösen Gründen nicht ablegen wolle. Die Lehrerin ging vor Gericht und erwirkte 2003 ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (24.09.2003, 2 BvR 1436/02), das jedem Landesgesetzgeber ausdrücklich die Wahl ließ, ob er die Schule als einen Bereich definiert, in dem Schüler auf das bunte Leben in einer globalisierten Gesellschaft vorbereitet werden und tagtäglich Toleranz in einem Umfeld üben sollen, in dem die Lehrerschaft genauso vielfältig ist wie die Schülerschaft oder ob er es vorzieht, ein Umfeld zu schaffen, in dem durch künstliche Uniformität versucht wird, mögliche Konflikte gering zu halten und damit die Möglichkeit zu verschenken, die Schüler umfassend auf eine pluralistische Gesellschaft vorzubereiten.

Es lässt sich nicht verleugnen, dass die Parlamente in den Ländern, die die letztere Option begeistert aufnahmen und die erste nicht einmal diskutierten, mehrheitlich einer politischen Richtung zuzurechnen sind, die bis heute allenfalls mit säuerlicher Miene zugibt, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist. Einige dieser Bundesländer gingen gar so weit, die vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich genannte Bedingung der Gleichbehandlung der Religionen zu ignorieren und schrieben eine dezidierte Privilegierung christlicher und jüdischer Zeichen im Gesetz fest. Dass diese Privilegierung schon sehr rasch vor Gericht keinen Bestand hatte und damit alle Zeichen verboten wurden, störte niemanden.

In NRW stellte die CDU/FDP im Falle eines Wahlsieges ein Kopftuchverbot innerhalb von 100 Tagen in Aussicht und dieses Wahlversprechen wurde prompt eingehalten. Viele der betroffenen Lehrerinnen hatten befristete Verträge, die einfach nicht mehr verlängert wurden, andere wurden nach dem Referendariat nicht übernommen. Es blieb nur eine kleine Gruppe derer übrig, die überhaupt die Möglichkeit hatten, gegen das Verbot zu klagen. Doch es stellte sich schnell heraus, dass einige von ihnen sich nicht in der Lage sahen, die nervlichen Belastungen eines jahrelangen Rechtsweges durchzustehen, andere konnten es sich schlicht nicht leisten, ihren Arbeitsplatz zu riskieren, weil sie alleinerziehend oder die Familienernährerinnen waren – also nebenbei bemerkt keineswegs dem Bild entsprachen, das bestimmte politische Kreise zur Illustration der Notwendigkeit eines Kopftuchverbotes von ihnen gezeichnet hatten. Zudem liefen die Verfahren unterschiedlich schnell ab. Letztlich gingen die beiden jetzt vor dem Bundesverfassungsgericht erfolgreichen Klägerinnen stellvertretend für alle anderen Kopftuch tragenden Frauen den steinigen und langen Weg durch die Instanzen.

Wir sind ihnen überaus dankbar, dass sie das auf sich genommen und durchgehalten haben. Der Weg dauerte fast 9 Jahre und in diesen 9 Jahren habe ich viele Betroffene kennengelernt, die von zuvor selbstbewussten, integrierten und ökonomisch unabhängigen Frauen zu solchen wurden, die verunsichert waren, sich zurückzogen, ausgegrenzt wurden und wirtschaftlich in völlige Abhängigkeit gerieten. Frauen, die ein nicht-traditionelles Rollenbild gelebt hatten, waren durch das Verbot zu einem solchen gezwungen und Schülerinnen war mehr als klar geworden: Kopftuch und Karriere – das funktioniert in dieser Gesellschaft, die sich selbst als tolerant darstellt, nicht. Im Namen der Gleichberechtigung von Mann und Frau wurde ein Gesetz geschaffen, das ausschließlich Frauen traf und die Durchsetzung von Gleichberechtigung vorhersehbar nicht nur im Schuldienst bis zur Unmöglichkeit erschwerte. Nicht, dass es nicht zahlreiche warnende Stimmen von Gutachtern, Fachleuten und auch Politikern (meist in der Opposition) gegeben hätte; sie wurden nicht gehört, weil man sie nicht hören wollte; sie standen dem politischen Ziel, der Entfernung Kopftuch tragender Frauen aus dem Schul- bzw. dem ganzen öffentlichen Dienst, im Wege.

Alle befürchteten negativen Folgen der Kopftuchverbote wurden im Laufe der letzten Jahre durch zahlreiche Studien belegt, doch auch das führte nicht dazu, dass auch nur eines der Länder mit Kopftuchverbot Konsequenzen gezogen hätte. Selbst als Gegner des Verbots in NRW, Baden-Württemberg und Niedersachsen in Regierungsverantwortung kamen, änderte sich daran nichts. Letztlich führte diese zögerliche Haltung aber dazu, dass der Rechtsweg bis zum Bundesverfassungsgericht durchlaufen werden konnte und wir jetzt eine Entscheidung haben, das von allen Bundesländern mit Kopftuchverbot eine Gesetzesänderung verlangt.

Das Bundesverfassungsgericht hat damit der Politik und auch den Medien, die maßgeblich dazu beigetragen haben, das Kopftuch als potenziell verfassungsfeindliches Symbol zu diskreditieren, explizit ein zweite Chance gegeben, die Gleichbehandlung der Religionen und Geschlechtergerechtigkeit durch gleichen Zugang zu allen Ämtern zu verwirklichen. Ob alle Bundesländer sie nutzen werden, steht in den Sternen. Schon grummelt es aus der bayrischen CSU, man werde die Privilegierung der christlichen und jüdischen Werte beibehalten und Wolfgang Bosbach, der sich beim Thema Islam unvermeidlich zu Wort melden muss, definiert das Kopftuch frei von jeder Fachkenntnis einmal mehr als "bewusstes Zeichen der Abgrenzung". Klar, möchte man erwidern, deshalb ergreifen Kopftuchträgerinnen vermutlich einen akademischen Beruf, dessen Ausübung sie einklagen müssen: um sich von denen abzugrenzen, die der Meinung sind, Frauen sollten lieber bei Kindern, Küche und Kirche bzw. Moschee bleiben.

Der Präsident des bayrischen Lehrerverbands BLLV, Klaus Wenzel schlägt gar vor, es jeder Schule selbst zu überlassen, "ob sie das Kopftuch tolerieren" und missversteht damit offensichtlich – absichtlich oder unabsichtlich – die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, das subjektive Bewertungsmaßstäbe ausdrücklich nicht zulässt. Wir wissen aus unserer Beratungserfahrung, dass es ansonsten zu systematischen Verstößen gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) kommt: In Hamburg haben einige Schulleiter bewusst verfassungswidrig, d.h. ohne jegliche gesetzliche Grundlage, beschlossen, an "ihren" Schulen keine Kopftuchträgerinnen einzustellen. Eine Tatsache, die dem dortigen Senat seit Jahren bekannt ist, ohne, dass das bisher Konsequenzen gehabt hätte. Ähnliche Fälle sind uns aus Rheinland-Pfalz und Hessen bekannt. Die Mahnung, sich an die deutsche Rechtsordnung zu halten und nicht die eigene Weltanschauung oder Meinung über selbige zu stellen, gilt offensichtlich oft nur für Menschen "mit Migrationshintergrund" und in der Kategorie bleibt man als Muslim in weiten Teilen der Republik vermutlich bis zum St. Nimmerleinstag.

Es ist zu hoffen, dass einige Bundesländer die zweite Chance nutzen, die diese Entscheidung bietet. In NRW stehen die Chancen dafür gut, wenn man die Worte der Schulministerin Löhrmann und der SPD-Bildungsexpertin Renate Hendricks, hört und der Botschaft Glauben schenkt. Störfeuer, wie das von Lale Akgün, die durch ihre Aussage, "Eine Lehrerin mit Kopftuch ist für mich nicht mehr religionsneutral" (6) einmal mehr dokumentiert, dass sie einer türkisch-laizistischen Gedankenwelt verhaftet und in einer säkularen Gesellschaft noch immer nicht angekommen ist, dürfen angesichts ihres offensichtlichen Mangel an Sachkenntnis einfach ignoriert werden. Das Bundesverfassungsgericht kann schließlich nicht jede Woche erklären, dass die staatliche Neutralität als eine "alle Bekenntnisse gleichermaßen fördernde" zu verstehen ist und nicht als eine, die bestimmte Bekenntnisse ausgrenzt. Neutralität in diesem Sinne bedeutet eben gerade nicht, dass das Gegenüber sich wie ein unbeschriebenes Blatt verhalten muss, sondern, dass die gesamte Bandbreite der Gesellschaft das Recht hat, in der Öffentlichkeit vertreten zu sein – auch der Verzicht auf ein Bekenntnis oder das Bekenntnis zum Atheismus ist nicht neutral, sondern ein Bekenntnis.

Am schnellen Handeln der politisch Verantwortlichen auf der Grundlage der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und an einer sachlichen Medienberichterstattung wird sich entscheiden, ob mit dem 13. März 2015 ein Jahrzehnt des kollektiven Alptraums Kopftuch tragender Frauen ein Ende findet oder ob man sich wieder über Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts hinwegsetzt und damit eine Zeit der individuellen Alpträume anbricht, in der jeder Schulleiter oder jede Schulleiterin nach Gutsherrenart darüber entscheidet, ob das Kopftuch "toleriert" wird oder nicht. (epd/mig)


Aus: "Nach dem Kopftuchbeschluss: Die zweite Chance für eine offene Gesellschaft 2.0" Gabriele Boos-Niazy (15.03.2015)
Quelle: http://www.migazin.de/2015/03/15/die-zweite-chance/ (http://www.migazin.de/2015/03/15/die-zweite-chance/)

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Quote[...] Autorin: Regina Mönch, Jahrgang 1953, Feuilletonkorrespondentin in Berlin

Vor elf Jahren, das Bundesverfassungsgericht hatte gerade über die aus Afghanistan stammende Lehrerin Fereshta Ludin entschieden, schrieb der Publizist Namo Aziz in der ,,Zeit", er würde sein Kind nicht von einer Kopftuchträgerin unterrichten lassen. Aziz stammt aus dem Irak, und er begründete sein Urteil, so wie es jetzt wieder nicht nur viele liberale, aufgeklärte Muslime begründen: Das Kopftuch ist ein Symbol des politischen Islam. Es transportiere ein Frauenbild, das ,,keinem zivilisierten Mitteleuropäer gefallen" könne. Er hat sich geirrt, zum Teil jedenfalls.

Das Kopftuch gefällt inzwischen vielen Mitteleuropäern, und das Bundesverfassungsgericht legt uns allen nahe, es auch so zu sehen. Man muss dem nicht folgen, nicht einmal dann, wenn noch mehr Politiker ins Schwärmen geraten, mit der jüngsten Entscheidung des Gerichtes sei Deutschland in der ,,Wirklichkeit" angekommen. Welche Wirklichkeit eigentlich? Die, wonach es gut ist, die kulturelle Differenz, die polarisiert, das Anderssein, bedrohte Keuschheit und Unterwerfung unter Gott und seine Männer möglichst demonstrativ und öffentlich zu betonen? Was immer die beiden beschwerdeführenden Frauen anführen mögen, warum ihnen das Schamtuch, der Schleier, der vor frivolen Blicken schützen soll, so unverzichtbar ist – wichtig ist vor allem das Signal, das sie damit aussenden. Es zielt auf unser Grundvertrauen in die Gleichheit der Geschlechter, unser emanzipiertes Selbstverständnis.

Immerhin, man darf darauf bestehen, dass ein liberaler Islam ohne Kopftuch auskäme, dass mit dem Kopftuch ein sexualisiertes Frauenbild demonstriert wird. Man muss nur aushalten können, dafür von Kulturrelativisten und Islamfunktionären rabiat angegriffen zu werden; die Denunziationen reichen von Islamophobie bis zu ,,Hassprediger" für Kritiker. Halten Kinder das aus? Denn sie sollen wieder einmal die ,,Lokomotiven der Integration" sein. Eine Anmaßung, eine Überforderung zudem, die vor allem dort noch mehr sozialen Druck erzeugen wird, wo Mädchen ohne Kopftuch – egal, ob religiös oder atheistisch erzogen – heute schon ausgegrenzt und drangsaliert werden.

Mit seiner Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht den gesellschaftlichen Konflikt, welcher Islam zu Deutschland gehört – worüber noch lange zu streiten wäre –, ausgerechnet in jenen Teil des öffentlichen Raumes verlegt, in dem gerade nicht offen und fair und folgenlos darüber gestritten werden kann: in die Schulen. Weil Schüler und Lehrer in einem anderen Verhältnis zueinander stehen als Erwachsene, die sich mit, nur zum Beispiel, muslimischen Verbandsfunktionären oder eifernden salafistischen Müttern oder den irritierenden Wünschen der türkischen Religionsbehörde Diyanet auseinandersetzen müssen. Religionsneutral? Das war dann gestern, denn eine Lehrerin mit Kopftuch will das ja gerade nicht sein. Und es handelt sich nicht um Religionsunterricht, über dessen Lehrpersonal hier gestritten wurde, auch nicht um konfessionelle Schulen, an denen Nonnen ihre Berufsbekleidung oder jüdische Lehrer ihre Kippa tragen.

Natürlich diskutieren, heute wie beim Ludin-Urteil, Eltern darüber, was sie tun könnten, um ihre Kinder vor einer Auseinandersetzung zu bewahren, die sie kaum bestehen können. Es wird nicht nur im Internet heftig debattiert, ob und wie man die staatliche Garantie der weltanschaulich neutralen Schule einfordern könnte. Doch vielleicht gibt es die gar nicht mehr? Im Karlsruher Beschluss ist es nachzulesen: ,,Ein etwaiger Anspruch, die Schulkinder vom Einfluss solcher Lehrkräfte fernzuhalten, die einer verbreiteten religiösen Bedeckungsregel folgen, lässt sich hieraus nicht herleiten." Gemeint ist Artikel 6 Absatz 2 des Grundgesetzes.

,,Privatschulen – wir kommen!", twitterte am Samstag ein Vater. Wer diese Wahl aber nicht hat? Wer zum Beispiel seine alevitischen, barhäuptigen Töchter in eine Schule schicken muss, in der selbsternannte muslimische Sittenwächter, Jungen wie Mädchen, sie mobben, weil sie angeblich religiöse Regeln verletzen? Was tun, wenn Patriarchenväter in Schulen mit einem hohem Anteil muslimischer Schüler den kopftuchlosen Lehrerinnen nicht mehr nur den Handschlag und die Klassenfahrtzusage für die Töchter verweigern, sondern auf einer sichtbar frommen Lehrerin bestehen? Das könnte man vielleicht als Störung des Schulfriedens ansehen. Doch was unter diesem schwammigen Begriff zu verstehen ist, bleibt auch nach dieser Entscheidung der jeweiligen Perspektive überlassen.

Die Geschichte jener Berliner Schule, die sich lange weigerte, einem radikalislamischen Schüler das öffentliche Gebet auf dem Schulflur zu gestatten, und ihm schließlich einen (dann selten benutzten) Gebetsraum zuwies, ist heute fast vergessen. Bevor jedoch das Urteil damals gefällt wurde, bevor es überhaupt vor Gericht ging, war ein mühsam errungener Schulfriede empfindlich gestört. Eine egalitäre, tolerante Schulgemeinschaft, dafür geschätzt gerade von säkularen Muslimen und Familien mit Dutzenden anderen Weltanschauungen, drohte am religiösen Eifer einiger weniger zu zerbrechen, und es hat empörend lange gedauert, bis sie Gehör fand.

Lebensfremd sei das, was da in Karlsruhe beschlossen wurde, sagt eine Schulleiterin, die anonym bleiben will, weil ihr eine radikale Moscheegemeinde in der Nähe ohnehin schon schwer zusetzt. Aber lebensfremd ist das leider nicht, sondern nur Alltag, den viele irgendwie ertragen, aber nicht schätzen. Dieser Beschluss wird unser Leben verändern, er polarisiert und entsolidarisiert. Vor allem da, wo religiöse Gebote des Islam schon heute über allen Vereinbarungen einer säkularen Gesellschaft stehen. Eltern, die ihren Kindern die Freiheit der Wahl lassen wollen, mit oder ohne Kopftuch zu leben, geraten noch mehr unter Anpassungsdruck. Lehrer können davon ein trauriges Lied singen. Es ist ein sozialer Druck, der vor allem auf den Mädchen und Frauen in vielen muslimisch geprägten Vierteln lastet. Wer sich entziehen kann, wird das tun und weggehen. Wer bleiben muss, kann nur auf Solidarität hoffen, die aber hierzulande noch nie groß war. Und die Segregation wird noch einmal zunehmen – in die eine und die andere Gesellschaft.

Sie wünsche sich, dass die Freiheit, selbstbestimmt zu leben, irgendwann einmal kein harterkämpftes Privileg mehr sei, schrieb die Schauspielerin Sibel Kekilli vor einer Woche in der F.A.Z.. Sie sprach für die Frauen, die die Zwangsgemeinschaft der strengen muslimischen Regeln gern verlassen würden, es aber nicht schaffen, weil der Preis so hoch ist, weil sie fürchten, verstoßen zu werden. Wer den Kopftuchbeschluss für einen Meilenstein der Integration und ein Bekenntnis zur offenen Gesellschaft hält, wird das nie verstehen.

QuoteHochinteressant zu sehen, wie die liberale Gesellschaft...
Alexander Vering  (Carcasson) - 16.03.2015 11:31
Folgen  an Ihrem eigenen Anspruch zerbricht.Es ist schon echt ein kleiner Hammer mit welchen Vorstellungen unsere "säkularisierten" Spassmenschen auf Gruppen versuchen einzuwirken die schlicht und ergreifend ein anderes Menschenbild vertreten als Sie selbst.All diese ganzen Fragen nach Gleichstellung, "Würde", Individualismus, interessieren doch überhaupt nicht im Angesicht der Verheißung eines vermeintlich ewigen Lebens im Paradies. Nicht falsch verstehen, ich bin kein Freund von Multikulti und da mache ich auch keinen Hehl draus. ABER! Wenn, dann richtig. Ich glaube, es mangelt den Menschen die sich mit der Angelegenheit beschäftigen grundsätzlich an Einblick in die Vorstellungs-und Gefühlswelt religiöser Menschen.Jenseits der üblichen Plattitüden von Beschränktheit, Unvernunft und Schulweisheit. Diesem Einblick sollten Sie sich nicht entziehen, damit SIe auch ganz genau wissen wen Sie sich ins Land holen.


QuoteKopftuchverbot ???
Moussa El  (moussa_el) - 16.03.2015 11:18
Folgen  Ein Kopftuchverbot wäre meiner Meinung nach genau so extrem und fundamentalistisch, wie jemanden gegen seinen Willen zu zwingen eins zu tragen!!! Sich die Frage zu stellen, wie wirkt sich das Tragen eines Kopftuches auf den Schüler , wäre die Gleiche wie sich zu fragen wie die Freizügigkeit(z.B. Dekoltee) einer Frau auf den Mann auswirke. Beides muss man hinnehmen. Ich finde es nur eigenartig das viele hier im Forum für Freiheit und Gleichberechtigung stehen, wenn aber diese für den Islam angewendet wird, verlangt man Einschränkungen.

QuoteKeine Frau wird dazu gezwungen
Folgen  Klaus Beckmann  (klaus76337) - 16.03.2015 11:49
ihr Dekolleté zu zeigen oder zu verbergen. Das Kopftuch hingegen ist ein Symbol der Unterdrückung der Frau. Sicherlich tragen manche Frauen das Kopftuch freiwillig. Die meisten hingegen sicher nicht. ...



QuoteBeim Getreidedrusch und beim Kirchgang
Helmut Andres  (helmutandres) - 16.03.2015 11:14
Folgen  trug meine fränkische Großmutter auch ein Kopftuch. Diese ganze aufgeregte Gesellschaft macht doch das Kopftuch erst zu dem politschen Symbol, das es bei weniger Erregtheit wäre: nur eine Kopfbedeckung.



Aus: "Kopftuch-Urteil: Eine Gefahr für die offene Gesellschaft" Regina Mönch (16.03.2015)
Quelle: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kopftuch-urteil-eine-gefahr-fuer-die-offene-gesellschaft-13484485.html (http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kopftuch-urteil-eine-gefahr-fuer-die-offene-gesellschaft-13484485.html)

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Quote[...] Sorgen kann man sich um vieles. Aber wo kämen wir hin, wenn jede Sorge zu einem vorsorglichen Verbot des mutmaßlichen Sorgenanlasses führen würde? Der öffentliche Raum ist kein klinischer Bezirk, der nach der Metapher der Keimvermeidung zu denken wäre. Auch für die bekenntnisoffene Gemeinschaftsschule gilt, dass sie Spiegel der religiös-pluralistischen Gesellschaft ist, heißt es in dem Beschluss, den der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts am Freitag veröffentlichte. Die Entscheidung präzisiert eine vieldiskutierte frühere Karlsruher Kopftuch-Einlassung und hat für den entzündlichen Bereich der Integration Signalwirkung, gerade weil hier hochdifferenziert das Spannungsverhältnis zwischen freier Glaubensausübung und staatlicher Neutralitätspflicht, näherhin: zwischen religiöser Betätigung und öffentlichem Dienst ausgelotet wird. Gröber kann man es auch so ausdrücken: Im Kontext der jüngsten Debatten um eine Islamisierung des Abendlandes werden aus Sicht der Verfassung die Proportionen zurechtgerückt.

Zunächst: Nur weil das Kopftuch für ein religiös aggressives Patriarchat auch ein Unterdrückungssymbol ist, kann es nicht all jenen Frauen verwehrt werden, die es als Ausdruck ihrer persönlichen Glaubensfreiheit tragen wollen. Für Ernst-Wolfgang Böckenförde, den früheren Verfassungsrichter und entschiedenen Verfechter der Kopftuchfreiheit, verkörpert eine Lehrerin, die sich mit Kopftuch vor ihre Klasse stellt, schon als Person eine Selbständigkeit, der gegenüber sich Zweifel verbieten. Auch der Erste Senat erklärt nun, ,,ohne Hinzutreten weiterer Umstände" könne man das Tragen eines Kopftuchs nicht in die Nähe der Verfassungsfeindlichkeit rücken. Wenn vereinzelt geltend gemacht werde, ,,im Tragen eines islamischen Kopftuchs sei vom objektiven Betrachterhorizont her ein Zeichen für die Befürwortung einer umfassenden, auch rechtlichen Ungleichbehandlung von Mann und Frau zu sehen und deshalb stelle es auch die Eignung der Trägerin für pädagogische Berufe in Frage", dann sei dies, so der Senat, ein Pauschalverdacht und für die Einschränkung der Glaubensfreiheit nicht hinreichend.

Demnach meint das ,,offen" von ,,bekenntnisoffen" gerade keine Bekenntnisvermeidung nach dem laizistischen Modell, sondern – in genau bestimmbaren Grenzen – eine gewollte ,,Konfrontation" mit den verschiedenen religiösen und weltanschaulichen Vorstellungen. ,,In dieser Offenheit bewahrt der freiheitliche Staat des Grundgesetzes seine religiöse und weltanschauliche Neutralität", schreiben die Richter. Die staatliche Neutralitätspflicht definiert sich aus Karlsruher Sicht als Absage an jede Privilegierung bestimmter Bekenntnisse, nicht aber als deren Verdrängung aus der Öffentlichkeit. Selbstverständlich gelte dies ,,auch für das Tragen von Bekleidung, die mit Religionen in Verbindung gebracht wird, wie neben dem Kopftuch etwa der jüdischen Kippa oder dem Nonnen-Habit oder auch für Symbole wie das Kreuz, das sichtbar getragen wird."

Aber kann man wirklich sagen, der Staat werde seiner Neutralitätspflicht gerecht, wenn er seinen muslimischen Lehrerinnen das religiöse Symbol des Kopftuchs erlaubt, jedenfalls nicht pauschal verbietet? Ja, sagt Karlsruhe, der Staat bleibt in diesem Fall auch deshalb neutral, weil mit dem Tragen eines Kopftuchs durch einzelne Pädagoginnen – anders, als dies beim staatlich verantworteten Kreuz oder Kruzifix im Schulzimmer der Fall ist – keine Identifizierung des Staates mit einem bestimmten Glauben verbunden sei. So viel Unterscheidungsvermögen wird man Schülern und Eltern in der ,,unausweichlichen Situation" des Unterrichts zumuten dürfen: ,,Der Staat, der eine mit dem Tragen eines Kopftuchs verbundene religiöse Aussage einer einzelnen Lehrerin hinnimmt, macht diese Aussage nicht schon dadurch zu seiner eigenen." Erst recht weist er sie in diesem Gestus des Hinnehmens nicht als ,,vorbildhaft" aus.

Was wiederum nicht heißt, dass die Glaubensfreiheit absolut gilt: Zwar lasse sich, so der Senat, der Begriff des öffentlichen Amtes nicht so verstehen, als habe die Glaubensfreiheit seiner Träger von vornherein zurückzustehen – dies ja gerade nicht. Aber das ändere natürlich nichts an der Säkularität unseres Gemeinwesens und schließt ,,Dienstpflichten nicht aus, die in der Glaubensfreiheit von Amtsinhabern und Bewerbern um öffentliche Ämter eingreifen und damit für glaubensgebundene Bewerber den Zugang zum öffentlichen Dienst erschweren oder gar ausschließen". Natürlich müsse so etwas im Einzelfall streng begründet werden. Aber Religion ist vor dem Schulamt auch künftig kein Entschuldigungsgrund, die Dienstpflichten zu verletzen. Der Karlsruher Maßstab für die offene Gesellschaft und ihre Gläubigen: An ihm wird man sich noch lange abarbeiten.


Aus: "Karlsruher Beschluss: Kopftuch – na und?" Christian Geyer (13.03.2015)
Quelle: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/karlsruher-beschluss-kopftuch-na-und-13481717.html (http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/karlsruher-beschluss-kopftuch-na-und-13481717.html)

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"Verfassungsgericht urteilt: Das Kopftuch gehört zu Deutschland" Jost Müller-Neuhof (13.03.2015)
Das Bundesverfassungsgericht hat das pauschale Kopftuchverbot für Lehrerinnen gekippt. Gut so, meint Jost Müller-Neuhof. Denn das Stück Stoff steht nicht für Unterdrückung und Fundamentalismus - sondern nur für ein religiöses Bekenntnis. Ein Kommentar.
http://www.tagesspiegel.de/politik/verfassungsgericht-urteilt-das-kopftuch-gehoert-zu-deutschland/11500348.html (http://www.tagesspiegel.de/politik/verfassungsgericht-urteilt-das-kopftuch-gehoert-zu-deutschland/11500348.html)

Interview / Beitrag vom 14.03.2015
Die ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Lale Akgün kritisiert das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum pauschalen Kopftuchverbot. ...
http://www.deutschlandfunk.de/kopftuch-urteil-ich-verstehe-auch-die-ganzen-jubelschreie.694.de.html?dram:article_id=314210 (http://www.deutschlandfunk.de/kopftuch-urteil-ich-verstehe-auch-die-ganzen-jubelschreie.694.de.html?dram:article_id=314210)

"Junge Islam Konferenz: Jugendliche haben kein Problem mit dem Kopftuch" Bettina Marx (16.03.2015)
Die Karlsruher Richter hätten mit ihrer Entscheidung nur etwas nachvollzogen, was in der Gesellschaft längst nicht mehr in Frage stehe: mehr Offenheit und Toleranz gegenüber der muslimischen Minderheit. ... Diese Einschätzung wird auch von einer aktuellen Studie gedeckt, die das Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM) vorgelegt hat. Mehr als 8.000 Personen, darunter mehr als 1.100 Jugendliche und junge Erwachsene, wurden befragt. Ergebnis: Junge Menschen in Deutschland gehen weitaus aufgeschlossener mit der muslimischen Minderheit um als Erwachsene. So sind 71 Prozent der 18-bis 25-Jährigen der Meinung, dass muslimische Lehrerinnen im Unterricht ein Kopftuch tragen dürfen. (Unter den Erwachsenen sind 55 Prozent für ein Kopftuchverbot.) Das zeige, dass die Kopftuchdiskussion in den letzten Jahren eigentlich über die Köpfe derjenigen geführt worden sei, um die es gehe, so Kücük. ...
http://de.qantara.de/inhalt/junge-islam-konferenz-jugendliche-haben-kein-problem-mit-dem-kopftuch (http://de.qantara.de/inhalt/junge-islam-konferenz-jugendliche-haben-kein-problem-mit-dem-kopftuch)

"Kommentar zum Kopftuch-Urteil: Leider nur halbherzig" Petra Wettlaufer-Pohl (14.03.2015)
In der Praxis wird die Einschränkung bei der Aufhebung des Kopftuchverbotes also nicht weiterhelfen. Das Urteil ist deshalb leider halbherzig. Karlsruhe hätte das Verbot komplett kippen sollen. Denn es geht doch nicht darum, was Frauen auf dem Kopf tragen, sondern darum, was und wie sie lehren und ob sie ein Vorbild sein können. Das sehen junge Menschen, wie die Studie der Humboldt-Universität zeigt, glücklicherweise offensichtlich längst so. ...
http://www.hna.de/politik/kommentar-kopftuch-urteil-leider-halbherzig-4817963.html (http://www.hna.de/politik/kommentar-kopftuch-urteil-leider-halbherzig-4817963.html)

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"Kopftuch-Urteil des Bundesverfassungsgerichts: Zeit für ein Toleranzedikt" (16.03.2015)
Das Bundesverfassungsgericht verfügt über die höchste juristische Autorität in Deutschland, aber nicht über die Mittel, ein Kopftuch unsichtbar zu machen. Deshalb war von vornherein klar, dass der Streit über das Kopftuch weitergehen wird - unabhängig vom Ausgang des Verfahrens. Ein Kommentar von Heribert Prantl
http://de.qantara.de/inhalt/kopftuch-urteil-des-bundesverfassungsgerichts-zeit-fuer-ein-toleranzedikt

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"Nach Kopftuch-Urteil Bosbach fordert Prüfung eines Burkaverbots" (14.03.2015)
Trotz des Kopftuch-Urteils setzt sich der CDU-Innenpolitiker Bosbach für ein Burkaverbot in staatlichen Räumen ein. Die Burka sei eine ,,kulturelle Abgrenzung" zur Tradition unseres Landes. ... Über das Kopftuch-Urteil aus Karlsruhe sagte der CDU-Innenpolitiker: ,,Das Tragen eines Kopftuches ist nicht nur Ausdruck einer privaten religiösen Überzeugung, sondern der bewussten kulturellen Abgrenzung zur christlich-jüdischen Tradition unseres Landes. Eine islamische Tradition haben wir nicht." Durch das Urteil entstehe hohe Rechtsunsicherheit an den Schulen, so Bosbach weiter. ,,Nach welchen Kriterien soll eine Schule genau feststellen, ob der Schulfrieden gestört ist oder nicht? Reicht es bereits aus, wenn sich einige Schüler oder Eltern dagegen wehren, dass eine Lehrerin mit Kopftuch unterrichten will, oder muss es schon massiven Widerstand geben?" Das sei nach dem Urteil ,,völlig offen". ...
http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bosbach-fordert-pruefung-eines-burkaverbots-13482788.html (http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bosbach-fordert-pruefung-eines-burkaverbots-13482788.html)

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"Urteil in der Kritik: Keine Gefahr durch das Kopftuch" Christiane Habermalz (13.03.2015)
Das Kopftuch ist nur ein kleines Stück Stoff, und doch hat es die Gemüter in Deutschland mehr erregt als jedes andere Kleidungsstück zuvor. Warum eigentlich? Vielleicht ist es das Houellebecqsche Schreckensszenario, dass durch unsere Köpfe geistert: In seinem jüngsten Buch hat der französische Bestsellerautor die Vision entwickelt, dass unsere westliche, durch Multikulti-Idealismus gelähmte Gesellschaft peu a peu durch den Islam übernommen wird, weil der Islam der zunehmenden inneren Leere der Konsumgesellschaft ein schlüssiges Wertesystem entgegenzusetzen vermag. Darüber mag man nachdenken; es ist mehr als ein faszinierendes Gedankenspiel.
Vom Kopftuch im Schuldienst aber droht sicher keine ernste Gefahr für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung und auch nicht für das christliche Abendland. Es ist daher gut und richtig, dass das Bundesverfassungsgericht sich jetzt selbst korrigiert und ein pauschales Kopftuchverbot für muslimische Lehrerinnen für verfassungswidrig erklärt hat ... .

http://www.deutschlandradiokultur.de/urteil-in-der-kritik-keine-gefahr-durch-das-kopftuch.996.de.html?dram:article_id=314185 (http://www.deutschlandradiokultur.de/urteil-in-der-kritik-keine-gefahr-durch-das-kopftuch.996.de.html?dram:article_id=314185)
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Quote[...] "Ich finde, es ist leider ein bisschen kurzgedacht", sagte die Frauenrechtlerin Seyran Ates im Deutschlandradio Kultur über das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, dass das pauschale Kopftuchverbot am Freitag gekippt hatte. Global betrachtet werde die Frau mit Kopftuch als "gottgefälligere" und "anständigere" Frau angesehen und damit positiv, sagte Ates. Die andere Frau ohne Kopftuch lebe moderner und freizügiger, werde aber negativer wahrgenommen. "Und wir haben noch so viele Frauen auf dieser Welt, die gezwungen werden das Kopftuch zu tragen"; sagte die deutsche Autorin türkisch-kurdischer Herkunft. Deshalb habe das Kopftuch nach wie vor eine "politische Bedeutung".

Sie stehe auf der Seite von Frauen, wenn sie freiwillig ein Kopftuch trügen und für die Demokratie einträten, sagte Ates. "Wie wollen wir das überprüfen", sagte sie. Es dürfe nicht vergessen werden, dass es feindliche Fronten gebe, nicht nur in der Türkei, sondern auch in Deutschland. Gerade in der Kopftuchfrage dürfe man heute in der globalisierten Welt nicht so beschränkt denken, sagte die Frauenrechtlerin. 

"In meiner Einstellung zum Kopftuch bin ich auch in einem Wandel", räumte aber auch die Frauenrechtlerin ein. Sie sei nicht mehr so grundsätzlich gegen das Kopftuchtragen wie in der Vergangenheit, sondern sehe inzwischen auch, dass es eloquente Frauen und integre Menschen gebe, die das Kopftuch trügen. "Denn wir wissen, auch Frauen ohne Kopftuch  werden unterdrückt", sagte sie. Es sei jetzt eine Herausforderung herauszufinden, wen man da tatsächlich vor sich habe.

...


Aus: "Skepsis nach dem Kopftuch-Urteil: Seyran Ates im Gespräch mit Frank Meyer und Katja Schlesinger"
Quelle: http://www.deutschlandradiokultur.de/bundesverfassungsgericht-skepsis-nach-dem-kopftuch-urteil.1008.de.html?dram:article_id=314148 (http://www.deutschlandradiokultur.de/bundesverfassungsgericht-skepsis-nach-dem-kopftuch-urteil.1008.de.html?dram:article_id=314148)

usw. ...
Title: [Moral, Religiosität und Sexualität... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 18, 2015, 11:15:47 AM
Quote[...] Der konservative Islam kennt den Begriff ,,avret". Damit werden die Körperteile bezeichnet, die nicht öffentlich gezeigt werden dürfen. Während sich für die meisten konservativen Muslime diese Zone bei den Männern auf die Region zwischen Bauchnabel und Knie beschränkt, ist es bei Frauen so, dass nur das Gesicht bis zur Kinnspitze und die Hände gezeigt werden dürfen. Nicht wenige Konservative bezeichnen die Frau als ,,avret", das heißt der gesamte Körper der Frau wird zu einer Tabuzone erklärt. Unzählige Veröffentlichungen beschäftigen sich mit den Bekleidungsvorschriften der Frau, die Haarspalterei geht zum Teil ins Absurde. Fazit ist, dass der Körper der Frau als Sexualobjekt definiert wird, den sie vor den Männern aktiv schützen muss. Vor ihren Blicken genauso wie vor ihren Begierden.

Dieses frauenfeindliche Denken wird als ,,farz" – als Gottes Befehl definiert – und immer wieder mit Koransuren und Hadithen untermauert. Die so hergestellte Verbindung von Moral, Religiosität und Sexualität wird schon den jüngsten beigebracht. Und somit auch die Aufteilung der Frauen in ,,Madonnen" und ,,Huren". Die  ,,Madonnen" sind die gehorsamen Frauen, diejenigen, die bereit sind, die Normen des Patriarchats anzuerkennen. Alle anderen sind ,,Huren". Und woran erkennt man die ,,Madonnen"? Richtig! Natürlich am Kopftuch.

Während ich das schreibe, höre ich schon die Proteste der deutschen Kopftuchadvokaten, es müsse doch den Frauen erlaubt sein, sich so zu kleiden, wie sie wollen, man müsse doch den Frauen die Möglichkeiten geben, sich als Musliminnen zu erkennen zu geben und viele weitere inhaltsleere Argumente. Natürlich kann sich jede Frau so kleiden, wie sie möchte. Hier geht es nicht um die Frau auf der Straße, es geht um Lehrerinnen – Beamtinnen im Staatsdienst und Vorbilder für die nächste Generation – die mit Kopftuch vor der Klasse stehen werden. Welche Botschaft wird von dieser kopftuchtragenden Lehrerin ausgehen? An die Kinder? An die Eltern? Und nicht zuletzt an die anderen muslimischen Lehrerinnen, die kein Kopftuch tragen. Damit ist das Kopftuch nicht mehr ein Thema von gestern, sondern ein Next-Generation-Thema.

Aber diese Fragen beschäftigen die gutmeinenden Anhänger des Folklore-Islam aus der Mehrheitsgesellschaft nicht im Geringsten. Für sie ist das Kopftuch das sichtbare Zeichen der interkulturellen Bereicherung.

Und diesen Bereicherungstheoretikern möchte ich einige Fragen stellen:

Warum habe ich eigentlich immerzu das Gefühl, dass es Euch nicht um Inhalte geht, sondern um das gute Gefühl der Selbstvergewisserung? – Das schöne Gefühl des ,,wir haben nichts gegen Fremde?"

Dieses Gefühl ist Euch so wichtig, dass Ihr, aufgeklärte und liberale Menschen, den Islam mit der Brille der erzkonservativen Islamverbände betrachtet! Ihr wollt doch nicht ernsthaft behaupten, dass Ihr deren Menschen- und Frauenbild gutheißt?

Natürlich wisst Ihr auch, dass die Frauen unter den Bedingungen des konservativen Islams nicht selbstbestimmt leben können. Aber – egal. Die Frauen und Mädchen, die unter der Knute des Patriarchats stehen, werden als Kollateralschaden Eurer selbstverliebten Liberalität hingenommen.

Macht Ihr Euch mal Gedanken darüber, wie es wohl aufgeklärten Musliminnen und Muslimen in diesem Land geht, Frauen und Männern, die keine Kopftücher (tragen) wollen? Für die die Gleichberechtigung von Mann und Frau und die Selbstbestimmung der Frau über ihren Körper wichtig sind? Was denken die wohl über Eure Parteinahme für den konservativen Islam? Denkt Ihr heimlich, was die konservativen laut aussprechen? Dass DIE keine richtigen Muslime mehr sind? Denn Euer Bild von den richtigen Muslimen steht ja fest, geprägt vom konservativen Islam!

Dass Ihr auch noch den unsäglichen Rassisten von Pegida in die Hände spielt, wird von Euch hingenommen. Gegen diese Gruppierung kann man ja dann noch extra demonstrieren. Das steigert die multikulturelle Selbstvergewisserung noch einmal.

Hinzufügen möchte ich, dass an Eurer Fürsprache ein bestimmter Hochmut nicht zu übersehen ist. Euer Verständnis für die ,,lieben Muslime" beinhaltet eine gewisse Verachtung, die deutlich machen soll, dass sie nicht mit Euch auf der gleichen Stufe stehen. Paternalistisch eben. Aber das kapieren die konservativen Muslime nicht. Sie haben jetzt einen Kopftuch-Sieg errungen und tanzen vor Freude auf den Tischen, während Ihr sie von unten mit dem mildem Lächeln der Überlegenen verfolgt. Es tut so gut, den Muslimen eine Freude zu machen, nicht wahr?

Quote
Vater Theresa | 16.03.2015 | 11:35 Uhr

Das ist doch weitgehend Mumpitz. Grundsätzlich bin ich auch der Meinung, dass die Stellung der Religionen in unserem Bildungssystem zu stark ist. Ich könnte mich auch mit einem Schulsystem arrangieren, in dem jedwede religiöse Äußerung der Lehrer zu unterbleiben hat.

Das in NRW verabschiedete Gesetz privilegiert aber die Christliche Religion, indem sie diese gegenüber nicht christlichen Religionen bevorzugt. Wer das Gesetz liest und nicht dessen offensichtliche Verfassungswidrigkeit hinsichtlich dieser Ungleichbehandlung sieht, hat nach meiner Meinung eigentlich nichts in der Politik zu suchen. Dass die Damen bis zum Bundesverfassungsgericht gehen mussten, um in der deutschen Justiz jemanden zu finden, der das Grundgesetz und dessen Wertungen ernst nimmt, hat mich doch sehr erschreckt.

Und wenn man sich die konkret verhandelten Fälle anschaut, wird es noch grotesker. Wer einer Pädagogin verbietet, eine Baskenmütze zu tragen, weil diese ein Ausdruck ihrer rückwärts gewandten Religion sei, sollte einmal in sich gehen und sich fragen, wie weit das noch gehen soll. Interessanterweise trifft es wieder einmal nur die Frauen. Oder hat die SPD vor, demnächst auch wieder Locken und Bärte abschneiden zu lassen?


Quote
Christiane | 16.03.2015 | 11:54 Uhr

Man darf sich nicht wundern, wenn es unter Rot-Grün in NRW angesichts solcher Argumente nicht weiter gegangen ist. Dieses Schwarz-Weiß-Denken entspricht doch nicht der Realität vieler Frauen. Ich kenne sehr viele Musliminnen, die freiwillig Kopftuch tragen, aber sich keineswegs unter der Knute des Patriarchats wähnen.

Dieses Frauenbild, das hier im Artikel präsentiert wird, kenne ich aus eigener Erfahrung nicht. Die Frauen haben bewusst sich für eine bestimmte Bekleidung entschieden, sie sind gebildet und sie wollen einen Beruf ihrer Wahl ergreifen. Ihre freiwillige, erwachsene Entscheidung ihre Religion so zu leben, sollte nicht durch ein doch eher mutwillig begründetes Berufsverbot bestraft werden, das ja selbst eine massive Bevormundung darstellt.

Man darf auch nicht die Wirkung solche Vorschriften auf den Arbeitsmarkt insgesamt verkennen – das hat Signalwirkung und die Bereitwilligkeit, Musliminnen mit Kopftuch einzustellen ist seit 2004 überall nachweisbar geringer. Insofern ist es überfällig, diese Regeln zu korrigieren. Ansonsten würde das von Agkün beschworene konservative Frauenbild ja tatsächlich in Deutschland Realität, da diese Frauen schlicht keine Arbeit finden und entsprechend keine eigenen Mittel verdienen können – und damit erst in Abhängigkeiten geraten.

Ich finde jeden einzelnen Satz in diesem Urteil unterstreichenswert – in einer multireligiösen Gesellschaft (und das sind wir in Deutschland viel eher als etwa in Frankreich, das sich bewusst säkular versteht) sollte man auch seine Bekleidung religiös gestalten dürfen. Die bislang geltende Anmutung einer abstrakten Gefahr war eine ideologische Konstruktion.


QuoteDonda | 16.03.2015 | 16:04 Uhr

Es hat den Anschein als hätten der politische Islam und der Feminismus zumindest eins gemeinsam: beide kämpfen um die Kontrolle über den Körper der Frau. Wo kämen wir auch hin, wenn eine Frau selbst bestimmen könnte, ob sie ein Kopftuch trägt?! Und da wir grade dabei sind, warum verbieten wir nicht auch noch Miniröcke – die stärken ja auch bloss das Patriarchat. Wenn hier irgendwas hochmütig ist, dann Frau Akgün's Anspruch, Frauen vor der Gefahr retten zu müssen, ihre Kleidung selbst auszusuchen. ...


QuoteKai | 16.03.2015 | 16:12 Uhr

Ich tendiere dazu, dass Urteil in Teilen ebenfalls falsch zu finden. Allerdings nicht aus den von Lale Akgün genannten Gründen.

Als "nicht religiös veranlagter" Mensch, kann ich die inneren Befindlichkeiten einer Gruppe Religiöser nicht ausreichend bewerten. So lese ich immer wieder von Muslima, die ihr Kopftuch gern und ohne jedwede Konotation tragen und dann wieder das komplette Gegenteil.

Mitgehen kann ich mit dem Urteil insofern, dass keine Religion bevorteilt werden sollte. Meine Schlussfolgerung wäre aber eine andere gewesen: Die Verbannung jeglicher religiöser Symbole aus dem Hort der Wissenschaft und Aufklärung sowie grundsätzlich in staatlichen Institutionen.


QuoteUKetchupf | 17.03.2015 | 00:04 Uhr

... Der Geschichtslehrer meiner Tochter trägt eine Krawatte, ist das vielleicht auch ein Symbol von gestern und ein Zeichen für die Ungleichbehandlung der Geschlechter? Darf man den jetzt kündigen? ...


Quote
die kalte Sophie | 17.03.2015 | 09:53 Uhr

Der Körper der Frau wird als Sexobjekt definiert.
Also, gelegentlich.
Und zwar von ihr selbst.
Als Subjekt der Begierde.
Des Anderen.

Frau Akgün hätte besser Lacan gelesen, dann hätten wir weniger Mühe, uns einen Reim auf so viel Meinung zu machen.


...


Aus: "Kopftuchurteil: Dem politischen Islam auf den Leim gegangen!" Lale Akgün (16.03.2015)
Quelle: http://www.carta.info/77587/kopftuchurteil-dem-politischen-islam-auf-den-leim-gegangen/ (http://www.carta.info/77587/kopftuchurteil-dem-politischen-islam-auf-den-leim-gegangen/)

Title: [Es ist ein kognitives Problem... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 26, 2015, 12:01:44 PM
Quote[...]  Unsere öffentliche Debatte ist von riskanten Sprachbildern geprägt. Radikal-islamistischer Terrorismus wird von uns über Begriffe wie ,,Islamischer Staat", ,,Gotteskrieger" und ,,Gottesstaat" sprachlich zum Protoyp des Islam erhoben, während eine anti-muslimische Geisteshaltung zugleich über die Bezeichnung ,,Islamophobie" als Angststörung bagatellisiert wird.

Das ist ganz und gar nicht ,,nur" ein sprachliches Problem, es ist ein kognitives Problem. Denn Worte aktivieren und propagieren Frames in unseren Köpfen. Dieses Konzept der Kognitionswissenschaften lässt sich mit ,,Deutungsrahmen" übersetzen.Wann immer wir ein Wort hören oder lesen, aktiviert unser Gehirn automatisch einen Frame, der es innerhalb unseres abgespeicherten Weltwissens einordnet, um ihm eine Bedeutung zu geben. Frames umfassen immer sowohl semantische Rollen als auch Schlussfolgerungen über deren Natur und Beziehung zueinander. Das Wort ,,Kind" beispielsweise aktiviert einen Frame, der auch die semantischen Rollen Mutter und Vater birgt, und diese in der Beziehung zum Kind als Elternschaft definiert. Schnell wird deutlich: Wann immer wir ein Wort nutzen, aktivieren wir eine Fülle von Ideen und Schlussfolgerungen, die weit über das eigentliche Wort hinausgehen.

Sprache aktiviert aber nicht nur Frames, sie stärkt diese auch in unserem Gehirn. Der Prozess heißt Hebbian Learning: Je öfter Ideen als zusammenhängend kommuniziert werden, umso stärker wird ihre synaptische Verbindung.

Dabei ist es für unser Gehirn völlig egal, ob wir eine Idee kritisieren, negieren oder uns anderweitig rhetorisch von ihr distanzieren. Sobald wir sie benennen, wird der entsprechende Frame aktiviert und gefestigt. Unser Gehirn kann nämlich nicht isoliert ,,nicht" denken. Wenn ich schreibe: ,,Denken Sie nicht an den Kopf einer schwarzen Taube" denken Sie natürlich sofort an den Kopf einer schwarzen Taube. Und vielleicht auch an Michel Houellebecqs jüngst erschienenen Roman, sollten Sie das Buchcover bereits mehrfach gesehen haben.

Wir müssen Dinge, die es zu verneinen gilt, zuallererst einmal begreifen. Dem kognitiven Apparat ist es gleich, wie wir über ,,Islamophobie" sprechen, ob wir sagen, der ,,Islamische Staat" benenne sich zu unrecht als solcher, uns in Diskussionen über ,,Gotteskrieger" von dem Konzept mittels ,,sogenannte" oder ,,selbsternannte" distanzieren oder Begriffe direkt in Anführungszeichen setzen. Solche Maßnahmen sorgen zwar für politische Korrektheit im Diskurs. Doch kognitionslinguistisch gesehen landen sie irgendwo zwischen vergebener Liebesmüh und grober sprachlicher Fahrlässigkeit.

Diese Sprachbilder sind riskant, weil wir heute wissen, dass Frames der Dreh- und Angelpunkt politischer Meinungsbildung und politischen Handelns sind, und zwar ohne dass wir dies merkten, denn nur geschätzte zwei Prozent unseres Denkens sind uns überhaupt bewusst.

Wenn es um Frames geht, die den Zielen anti-muslimischer Strömungen wie Pegida und vom Radikal-Islamismus besessener Terroristen dienen, so haben beide Gruppen in Deutschland einflussreiche Freunde: von links nach rechts und durch alle Medien spielt unsere Debatte ihnen sprachlich und kognitiv direkt in die Hände.

Zum Beispiel mit dem Begriff ,,Islamophobie", der spätestens zum Jahr 2015 in unserem öffentlichem Bewusstsein vollends seinen Platz gefunden hat. Das Wort wurde in den Neunzigern in England in Anlehnung an die ,,Xenophobie", die Fremdenfeindlichkeit, geprägt und ist heute ein gern gesehener Gast in deutschen Debatten. Welcher Frame wird aktiviert, wenn wir den Islam metaphorisch in das Phobie-Konzept einbetten?

Der Phobie-Frame impliziert zunächst einmal im Kern panische Angst. Wir nutzen das Konzept häufig im nicht-medizinischen Sinne. Viele von uns leiden fernab jeder Diagnose an Spinnenphobie, Klaustrophobie oder Sozialphobie, was automatisch zu der kollektiven Wahrnehmung führt, eine Phobie nachvollziehen zu können. Spinnen sind schon irgendwie Angst einflößend, enge Räume und soziale Anlässe auch. Und der Islam? Durch den Phobie-Frame wird eine anti-muslimische Haltung bagatellisiert und zugleich partiell als ,,der Natur des Auslösers" geschuldet legitimiert.

Die Frame-Semantik führt zu erstaunlichen Resultaten: Phobie-Patienten leiden an einer Angststörung, sie sind die Opfer der Situation, sie reagieren mit Rückzugsverhalten. Indem man den Islam metaphorisch als Angsttrigger in diesen Frame einbettet, werden anti-muslimische Agitatoren zum Opfer eines Leidens, die sich verängstigt zurückziehen, während Muslime unbehelligt bleiben. Der Frame einer Phobie impliziert Angst, nicht Feindseligkeit oder Hass, und profiliert Muslime als geeignete Angstauslöser. Und nicht zuletzt spricht er den metaphorischen Phobie-Patienten die volle Verantwortung für ihr Handeln ab, denn wer an einer Phobie leidet, reagiert panisch und ist dabei nicht immer voll zurechnungsfähig.

Deutsche Debatten nutzen den Phobie-Frame nur für zwei Typen sozialer Aggression, Islamophobie und Homophobie. Man muss sich wohl glücklich schätzen, dass er nicht auch andernorts linguistisch en vogue wurde. Frauenphobie statt Frauenfeindlichkeit? Judenphobie statt Judenfeindlichkeit? Arbeiterphobische statt arbeiterfeindliche Gesetze?

Der Begriff ,,Islamophobie" ist mehr als nur prekär, ich halte ihn für gefährlich. Anti-muslimisches Denken ist eine Geisteshaltung, keine Angststörung. Und Agitation gegen Muslime geschieht nicht im Affekt.

... Kognitive Pluralität lässt sich nur über sprachliche Pluralität sichern, und sprachliche Pluralität verlangt unbedingte Authentizität: Realitäten müssen gemäß der eigenen Geisteshaltung benannt werden und es gilt, sich Sprachkonformismus zu entziehen, wo immer er der eigenen Weltsicht widerspricht.


Aus: "Warum Medien und Politik umgehend Islamischen Staat und Islamophobie abschaffen sollten" Elisabeth Wehling (24.03.2015)
Quelle: http://www.carta.info/77815/warum-medien-und-politik-umgehend-islamischen-staat-und-islamophobie-abschaffen-sollten/ (http://www.carta.info/77815/warum-medien-und-politik-umgehend-islamischen-staat-und-islamophobie-abschaffen-sollten/)
Title: [Auf dieses Bild will die Regierung... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 02, 2015, 03:43:22 PM
Quote[...] Wie sehen die Ukrainer den russischen Staat? Auf dieses Bild will die Regierung in Kiew massiv Einfluss nehmen und hat deshalb jetzt mit einem kulturpolitisch umstrittenen Gesetz alle Filme mit positiver Darstellung russischer und sowjetischer Staatsorgane verboten. Betroffen sind unabhängig vom Herkunftsland alle Streifen, die nach dem 1. August 1991 produziert wurden, heißt es in dem von Präsident Petro Poroschenko unterzeichneten Dokument. Das vom Parlament in Kiew veröffentlichte Gesetz ist eine Reaktion auf den Krieg in der Ostukraine.

Angedroht werden demnach Geldstrafen für alle, die ein "positives Bild von Angestellten des Aggressorstaates" zeichnen. Bisher prägen russische Filme und Serien ukrainische TV-Programme. Kritiker werfen der von der EU und den USA unterstützten Regierung in Kiew "Zensur" vor.

Die Führung in Moskau warnte vor einem zunehmenden "Russenhass" in dem Nachbarland. Zuvor hatte die prowestliche Führung dort auch russisches Fernsehen verboten. Zudem sind mehr als ein Dutzend russischer Künstler mit Einreiseverboten belegt. Das Kulturministerium in Kiew arbeitet an einem System, nach dem künftig auch Bücher in russischer Sprache lizenziert werden sollen für den ukrainischen Markt.

anr/dpa


Aus: "Neues Gesetz: Ukraine verbietet Filme mit positivem Russlandbild" (02.04.2015)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/ukraine-verbietet-filme-mit-positivem-russlandbild-a-1026924.html (http://www.spiegel.de/politik/ausland/ukraine-verbietet-filme-mit-positivem-russlandbild-a-1026924.html)

Title: [Kurz vor 22 Uhr gingen Mittwochabend... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 09, 2015, 09:56:27 AM
Quote[...] Kurz vor 22 Uhr gingen Mittwochabend alle Kanäle des Fernsehunternehmens TV5Monde in Frankreich offline. Die Website sowie die Präsenz auf Facebook verbreiteten kurzfristig islamistische Drohungen. Unter anderem sollen dort Lebensläufe und Ausweisdokumente von Angehörigen französischer Soldaten veröffentlicht worden sein. Die Islamisten drohen diesen Zivilisten, weil die Soldaten militärisch gegen islamistische Verbrecher vorgehen.

Außerdem posteten die Hacker Propagandavideos. In einem Text griffen sie den französischen Staatspräsidenten an. Sie kreideten ihm an, französische Streitkräfte in den Kampf gegen den Islamischen Staat geschickt zu haben. Darüber hinaus wurden etwa die Scharia verherrlicht und TV5Monde geschmäht. Verschiedene Mitteilungen erschienen in französischer, arabischer und englischer Sprache.

Die IT-Chefin des betroffenen Medienunternehmens, Hélène Zemmour, gab francetvinfo noch in der Nacht ein kurzes Interview. Sie berichtete, dass die Angreifer gleichzeitig die internen IT-Systeme und die Sendeanlagen von TV5Monde unbrauchbar gemacht sowie die Kontrolle über die Webseite erlangt hätten.

Parallel übernahmen sie auch über die TV5-Konten bei Twitter und Facebook die Kontrolle. Diese konnte TV5Monde bald wieder zurückgewinnen. In der Folge wurde auf YouTube und Facebook ein Video mit einer kurzen Stellungnahme des TV5-Generaldirektors Yves Bigot veröffentlicht. Die Mobil-Version der Webseite dürfte unbeschadet geblieben sein, die herkömmliche Website ist derzeit offline.

Francetvinfo fragte Zemmour in dem kurzen Interview auch nach dem Motiv der Angreifer. "Wir sind überhaupt nicht sicher, aber wir haben heute den TV-Sender TV5 Monde Style in Beisein des (französischen) Außenministers Laurent Fabius gestartet." Dieses Programm wird im Nahen Osten, in Asien und der Pazifikregion in französischer Sprache ausgestrahlt.

Mit Untertiteln in Arabisch, Englisch und Mandarin versehen, soll es französische Unternehmen und die französische Lebensart positiv darstellen. Das "liegt den Dschihadisten nicht wirklich am Herzen", sagte die Managerin, "Wir wissen noch nicht, ob der Umstand, dass diese Attacke heute stattgefunden hat, ein Zufall ist oder nicht." (ds)


Aus: "Islamisten hacken TV5" (09.04.2015)
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/Islamisten-hacken-TV5-2597578.html (http://www.heise.de/newsticker/meldung/Islamisten-hacken-TV5-2597578.html)

Title: [Am Freitag diskutierten in Berlin... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 28, 2015, 10:29:19 AM
Quote[...] BERLIN. (hpd) Am Freitag diskutierten in Berlin die Politikerin Lale Akgün, die Autorin Emel Zeyneabidin und der Religionswissenschafter Ralph Ghadban über den Umgang der Mehrheitsgesellschaft und der Politik mit "dem Islam" in Deutschland. Die Diskussion wurde vom hpd-Autoren Walter Otte geleitet. Eingeladen zu dieser Podiumsdiskussion hatten die Säkularen Grünen.

Die Berliner Landeschefin der Grünen, Bettina Jarasch, betonte in ihrem Grußwort, dass die Ausübung von Religion ein Menschenrecht sei. Die Mehrheitsgesellschaft, so Jarasch, "muss ertragen, dass manches seltsam anmutet", was Riten und die Ausübung betrifft. Die bekennende Christin betonte, dass in einer pluralistischen Gesellschaft alle Religionen und Weltanschauungsgemeinschaften die gleichen Rechte haben müssen.

Lale Akgün stimmte dem generell zu, wies aber darauf hin, dass "Deutschland Politik mit dem Islam macht". Doch dabei stärke die Politik durch die Zusammenarbeit mit den Islamverbänden vor allem den politischen Islam und somit nur eine Spielart dieser Religion. Für sie ist die theologische Debatte über den Islam eine politische Debatte. Deshalb, so Akgün, führe an der theologischen Diskussion über und um den Islam kein Weg vorbei.

Frau Akgün gehört dem Liberal-Islamischen Bund (LIB) an und verwies darauf, dass der Islam neu ausgelegt werden muss, denn "die Position von vor 1.300 Jahren ist nicht zeitgemäß." Die meist strenggläubigen Islamverbände können deshalb dem Staat kein Partner sein. Denn "es gibt einen gravierenden Unterschied zwischen dem, was die Islamverbände öffentlich zur Schau stellen, (sie bezeichnete das als "Folklore-Islam"), und dem, was in den Moscheen den Kindern eingebläut wird." Den Kindern werde eine islamische Identität vermittelt, etwas, das dem demokratischen Gedanken der Gesellschaft widerspricht.

"Als ich nach Deutschland kam, war der Islam exotisch. Heute ist er politisch." Mit diesen Worten begann Emel Zeyneabidin ihre Einführung. Ihr Schwerpunkt lag an diesem Abend auf der Ausrichtung des islamischen Religionsunterrichts. Sie kritisierte, dass dort gelehrt wird, dass der "Koran die Wahrheit" sei, "dann bleibt kein Raum zum Selberdenken" für die Kinder.

Anders als Lale Akgün vertritt sie die Position, dass es nicht der Islam sei, der reformiert werden muss, "sondern die Muslime". Das wiederum kann nur erfolgreich sein, wenn im islamischen Religionsunterricht das vergleichende Denken gelehrt wird und die Anmaßung deutlich wird, die darin läge, "dass der Mensch glaubt, Gott verstanden zu haben."

Ralph Ghadban stellte gleich zu Beginn seiner Rede klar, dass er sich als Atheist sieht. Als Religionswissenschaftler lieferte er eine Einschätzung der aktuellen innerislamischen Entwicklung und sagte, dass "die Situation des Islam der des Christentums während des Dreißigjährigen Krieges" ähnelt. "Es wird derzeit ausgekämpft, welche Lehrmeinung 'Recht' habe."

Ghadban kritisiert bereits seit längerem die Idee des Multikulturismus: "Multikulti löst keine Probleme, die Politik macht einen Purzelbaum und das hat mit der Realität wenig zu tun." Die Politik beachtet wissenschaftliche Erkenntnisse nicht, sondern tut so, als wären alle religiösen Strömungen des Islam gleich, "um alle gleich zu behandeln." Das jedoch verkennt die Strukturen dieser Religion, die so anders sei als das Christentum.

Insbesondere die Zusammenarbeit der Politik mit den vier großen Islamverbänden griff er scharf an und erklärte, wer sich hinter den 4 Islamverbänden verbirgt bzw. wer diese finanziert.

In der später sich anschließenden Diskussion sprach sich Ghadban dann jedoch auch für einen islamischen Religionsunterricht an Schulen aus - was bei der vorher ausgesprochenen Kritik an den Verbänden (die den Islamunterricht theoretisch vorbereiten) inkonsequent zu sein scheint. Frau Akgün machte an einem Beispiel deutlich, dass nicht nur die Politiker, sondern auch ein Großteil der Bevölkerung viel zu wenig über die Religion "Islam" wissen. Ein Religionsunterricht, der nicht bekenntnisorientiert ist, sondern die Religionen vorstellt und auch in ihrem historischen Kontext beschreibt, könnte dem Unwissen abhelfen.

Auf das Urteil des Bundesverfassungsgericht angesprochen, sagte Frau Zeyneabidin "Das Kopftuch spaltet die Frauen in zwei Klassen - es ist das Zeichen der 'besseren' Muslimin." Denn es wird innerhalb der islamischen Community als Gradmesser des Glaubens wahrgenommen. Deshalb hat das Urteil des Bundesverfassungsgerichts den liberalen Muslimen einen Bärendienst erwiesen.

In den zweieinhalb Stunden der Veranstaltung konnten selbstverständlich nicht alle Fragen besprochen und geklärt werden. Doch kann das Fazit gezogen werden, dass es überaus wichtig ist, auch und insbesondere mit liberalen Muslimen ins Gespräch zu kommen. Denn diese werden von der Gesellschaft und der Politik viel zu selten wahrgenommen. Dabei sind sie es, die den Islam reformieren können.



Aus: "Perspektiven Grüner Religionspolitik in einer Gesellschaft der Vielfalt: Multi-Kulti am Ende?" Frank Nicolai (27. Apr 2015)
Quelle: http://hpd.de/artikel/11633 (http://hpd.de/artikel/11633)

Title: [Im US-Bundesstaat Texas haben... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 04, 2015, 08:58:05 AM
Quote[...] Im US-Bundesstaat Texas haben zwei Männer auf ein Gemeindezentrum geschossen, in dem Mohammed-Karikaturen ausgestellt werden. Laut Polizei wurde bei dem Angriff in der Ortschaft Garland, einem Vorort von Dallas, ein Polizist verletzt, der am Bein getroffen wurde. Die Sicherheitskräfte erwiderten das Feuer und töteten die beiden Attentäter.

Die Angreifer seien mit einem Auto vorgefahren und hätten dann sofort mit automatischen Gewehren geschossen, teilte die Polizei in Garland mit. Einige Augenzeugen zählten zwei oder drei Schüsse, andere wollten bis zu 20 Schüsse gehört haben.

Die islamfeindliche American Freedom Defense Initiative hatte einen Mohammed-Karikaturenwettbewerb in dem Gebäude veranstaltet. Dafür sollen etwa 350 Zeichnungen aus aller Welt eingereicht worden sein. Die Präsidentin der American Freedom Defense Initiative, Pamela Geller, ist eine der bekanntesten Islam-Gegnerinnen in den USA.

Unter den Gästen befand sich auch der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders. Die Polizei evakuierte das Gebäude und brachte die etwa 200 Anwesenden in Sicherheit. Auch umliegende Supermärkte wurden geräumt. Beamte durchsuchten Autos vor dem Zentrum nach Sprengstoff. Der angeschossene Polizist konnte das Krankenhaus inzwischen verlassen.

Die Veranstaltung fand unter starken Sicherheitsvorkehrungen statt. Die Organisatoren hatten 10.000 US-Dollar für den Schutz der Ausstellung ausgegeben, 40 Wachleute sicherten das Gemeindezentrum. Polizeisprecher Joe Harn sagte: "Wir waren auf so etwas vorbereitet."

Der Vorfall weckt Erinnerungen an den Anschlag auf "Charlie Hebdo". Das Satiremagazin hatte mehrfach Mohammed-Karikaturen abgedruckt, im Januar stürmten islamistische Terroristen die Redaktion in Paris und töteten elf Personen.

syd/AP/Reuters


Aus: "Anschlag in Texas: Tote bei Angriff auf Ausstellung mit Mohammed-Karikaturen" (04.05.2015)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/texas-anschlag-auf-ausstellung-mit-mohammed-karikaturen-a-1031890.html (http://www.spiegel.de/politik/ausland/texas-anschlag-auf-ausstellung-mit-mohammed-karikaturen-a-1031890.html)

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Quote[...] UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat den Angriff verurteilt. Derartige Taten "haben nicht mit Religion oder Glauben zu tun", sagte Bans Sprecher Stéphane Dujarric am Montag. "Man muss Vorstellungen durch demokratischen Dialog und Debatte verteidigen, Gewalt ist niemals gerechtfertigt", ließ Ban weiter erklären. US-Heimatschutzminister Jeh Johnson rief die Öffentlichkeit derweil auf, ihre Wut und ihre Verdächtigen nicht gegen irgendjemand nur wegen seines Glaubens zu richten". Zum Stand der Ermittlungen äußerte er sich nicht.

Die liberale dänische Tageszeitung ,,Politiken" (Kopenhagen) schreibt am Dienstag: ,,Kann dieser ewige Streit um die Zeichnungen eines gewissen Propheten nicht bald einmal aufhören? Nein, das kann er nicht. Es gibt immer noch Menschen, die wegen einer Zeichnung töten würden. Sollen die von uns, die zeichnen können, also aufhören, den Propheten zu zeichnen? Wir kennen die Argumente bis zum Erbrechen. Und das tun die Täter auch. (...) Ein Wettbewerb, Mohammed zu zeichnen - das kann zweifellos wie Mobbing wirken. Wenn viele Menschen es provozierend finden, ihren Propheten gezeichnet zu sehen - wieso weitermachen? Aber selbst, wenn es Mobbing ist, gibt es ihnen keinen Freifahrtsschein dafür, zu schießen oder zu töten."

Die niederländische Zeitung ,,De Telegraaf" schreibt: ,,Möglicherweise war (der Rechtspopulist) Geert Wilders die Zielscheibe. Der Vorsitzende der Partei für die Freiheit (PVV) steht auf einer Al-Kaida-Todesliste, die als Vergeltung für die ,,Beleidigung des Propheten" konsequent vollstreckt zu werden scheint.

Wilders reagierte schockiert. Das sei ,,ein Anschlag auf die Meinungsfreiheit. Inakzeptabel", schrieb er am Montag in einer SMS an das niederländische Fernsehen. ...


Aus: "Nach Anschlag bei Ausstellung in Texas: Attentäter von Garland seit Jahren im Visier der Behörden" (05.05.2015)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/nach-anschlag-bei-ausstellung-in-texas-attentaeter-von-garland-seit-jahren-im-visier-der-behoerden/11729496.html (http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/nach-anschlag-bei-ausstellung-in-texas-attentaeter-von-garland-seit-jahren-im-visier-der-behoerden/11729496.html)

Title: [Wir glaubten so viel weiter entwickelt zu sein... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 01, 2015, 01:15:44 PM
Quote[...] Wir kommen aus zutiefst rassistischen Kulturen. Es ist ein Fehler, das zu vergessen. Die westliche Kult ist in Abgrenzung zum Wilden und Barbarischen entstanden. Wir glaubten, so viel weiter entwickelt zu sein, dass wir uns erlaubten, Menschen aus Afrika und anderen Ländern wie Hunde besitzen zu dürfen. ...

... Menschen denken mit Hilfe von Schubladen. Diese ordnen unsere Wahrnehmung. Und das ist auch sinnvoll. Allerdings besitzt der "gesunde Menschenverstand" viele Schubladen, die eine falsche Wahrnehmung erzeugen. Beispielsweise das Gegensatzpaar "Deutsch-Ausländer". Wenn ein Türkischstämmiger in Neukölln einer blonden Frau hinterherpfeift, halten viele das für eine Kennzeichen der "türkischen" Kultur. Wenn ein deutschstämmiger das selbe tut, ist er eben ein "Proll".

Dabei halten die meisten Türkischstämmigen das Nachpfeifen ebenfalls für respektlos, während viele Deutschstämmige es für harmlos bis witzig halten. Selbstverständlich lassen sich in "der" arabischen und türkischen Kultur frauenfeindliche Strömungen finden, aber wo nicht? Und auch in "der türkischen Kultur" wird (zu Recht) über so etwas gestritten, so wie hier gerade um den Rassismus in "der deutschen Kultur" gestritten wird. Große Teile der Gezi-Bewegung gehören zu einer Kultur, die so Sexismus benennt und angreift.

Das Wort "Kultur" hat heutzutage in Bezug auf Nationalitäten den Beigeschmack von Rasse, weil sie fälschlicherweise als einheitlich und homogen vorgestellt wird. "Die Kultur" Istanbuler Bildungsbürger ist der von Berliner Akademikern aber ähnlicher als der von türkischen Bauarbeitern.

...


Aus: "Von Louis CK Antirassismus lernen" Houssam Hamade (31.05.2015)
Quelle: http://www.heise.de/tp/artikel/45/45013/1.html (http://www.heise.de/tp/artikel/45/45013/1.html)

Title: [Über kein Kleidungsstück wird so viel gestritten... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 08, 2015, 11:10:53 AM
Quote[....] Eine Stewardess verweigert einer Frau mit Kopftuch im Flugzeug die Dose Cola. Begründung: Sie könnte sie ja als Waffe benutzen.

Ein schwuler Deutscher verkleidet sich als Türkin mit Kopftuch und tritt bei einem Bühnenfest auf. Er erntet Protest.

Eine Rechtsreferendarin darf ihre Ausbildung nicht im Rechtsamt des Bezirks Neukölln fortsetzen, weil sie Kopftuch trägt.

Über kein Kleidungsstück wird so viel gestritten wie über das Kopftuch. Das Kopftuch ist heute eben kein bloßes Kleidungsstück mehr. Es ist ein Symbol. Aber für was? Für die Unterdrückung der Frau, sagen die einen. Für eine Religion, die Männer und Frauen nicht als gleichwertig betrachtet. Es steht für religiöse Freiheit, sagen die anderen. Die Berliner Bloggerin Betül Ulusoy geht noch weiter und nennt das Tragen des Kopftuchs einen Akt der Emanzipation. Sie ist nicht die erste, die es so sieht. Emanzipation wovon? Vom Schönheitsdiktat, so Ulusoy. Vom Zwang, normierten Idealen genügen zu müssen. Von der alltäglichen Fleischbeschau in der Werbung und in unserer ,,unreinen", degenerierten Gesellschaft.

... Sowohl Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) als auch ihr Stellvertreter Falko Liecke (CDU) sind gegen das Kopftuch. ,,Das Kopftuch ist Ausdruck von Unterdrückung und Einschränkungen der Frau, die nicht wegdiskutiert oder schöngeredet werden können", teilte Liecke umgehend mit. Er werde alles dafür tun, Kopftücher im Bezirksamt zu verhindern.

Andere Bezirke sehen das nicht mehr so streng. Andere Länder, etwa Großbritannien oder die USA, verbieten eine derartige Beschränkung. Britische Polizistinnen tragen das Tuch unterm Helm. Auch in Österreich gibt es kein Verbot.

Muslimas, die es freiwillig tragen, wundern sich, warum sich andere für sie den Kopf zerbrechen. ,,Hey, sie kämpfen sicher nur für meine Befreiung", twitterte Ulusoy. Was, wenn eine gar nicht befreit werden will? Oder sich unterm Tuch sogar freier fühlt?

Lydia Nofal vom interkulturellen Verein Inssan sieht ein spezielles Neuköllner Problem: ,,Wir haben noch nie gehört, dass es woanders ein Problem ist, Frauen mit Kopftuch zu beschäftigen", sagt sie. ,,Nur der Bezirk Neukölln ignoriert geltendes Recht, und das seit Jahren." Selbst Schülerinnen würden für ein Praktikum abgelehnt. Man rate abgelehnten Bewerberinnen zur Klage, doch die meisten wollten den Stress nicht: ,,Dabei ist die Rechtslage eindeutig, die Klage wäre ein Selbstgänger."

Betül Ulusoy traue sie zu, dass sie die Sache durchzieht, sagt Nofal. Bei Bundesministerien und Senatsverwaltungen habe Inssan herumgefragt und überall dieselbe Anwort bekommen: Selbstverständlich sei das Kopftuch kein Einstellungshindernis. Liegt es in Neukölln daran, dass der Bezirk jeden Tag Erfahrungen mit radikalisierten Muslimen macht?

Genau das zeigt das Dilemma. In der Ablehnung spielt Diffuses mit, ähnlich wie beim Koffer auf dem Bahnsteig: Es könnte eine Bombe drin sein. Oder wie beim Eingangsbeispiel: Jeder Moslem könnte ein Terrorist sein, so die Sorge.

Ob das Kopftuch im Islam zwingend ist, ist umstritten. Viele Muslimas haben öffentlich begründet, warum sie es nicht tragen. Das Dilemma bleibt. Unsere Verfassung gewährleistet größtmögliche Religionsfreiheit für jedermann – als Privatsache; der Staat aber hat neutral zu sein.

Eine Rechtsanwältin mit Kopftuch ist auch in Berlin kein Problem – darüber waren sich schon vor anderthalb Jahren alle Fraktionen des Abgeordnetenhauses im Rechtsausschuss einig. Anders, wenn jemand als Vertreter des Staates auftritt.

An das Kopftuch knüpfen sich Befürchtungen. Kann jemand, der es trägt, trotzdem die Werte unserer Verfassung vertreten? Diese widersprechen teilweise denen des Islam. Wer garantiert, dass Witze über Mohammed möglich bleiben? Ist einer Frau mit Kopftuch zuzutrauen, dass für den schwulen Comedian eintritt, auch wenn sie seine Witze geschmacklos findet – weil sie die Freiheitsrechte hochhält? Wie wäre es, wenn ein Referendar mit Kippa ins Bezirksamt wollte? Ein Punkt entzieht sich ohnehin jeder Regulierung: Das Kopftuch kann man ablegen, die innere Einstellung nicht.


Aus: "Neue Kopftuchdebatte in Berlin - Neukölln: Kein Job beim Bezirksamt mit Kopftuch" Fatina Keilani (08.06.2015)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/berlin/neue-kopftuchdebatte-in-berlin-neukoelln-kein-job-beim-bezirksamt-mit-kopftuch/11879020.html (http://www.tagesspiegel.de/berlin/neue-kopftuchdebatte-in-berlin-neukoelln-kein-job-beim-bezirksamt-mit-kopftuch/11879020.html)

Title: [Für den Hintergrund muss ich kurz... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 08, 2015, 11:32:39 AM
Quote[...] Ich bin gebürtige Jüdin, Lehrerin an einer Berliner Sekundarschule, ich lebe von Geburt an in diesem Land. Dies ist ein Frontbericht.

Jahrelang war ich die einzige Jüdin: die einzige Jüdin in meinen Seminaren an der Uni, die einzige Jüdin im Referendariat, die einzige Jüdin im Lehrerkollegium. Meist erfuhren die anderen eher durch Zufall, dass ich Jüdin bin. Ab da an glich ich eigentlich immer einem seltsamen Tier im Zoo, von dem Grauen und Faszination ausging. Von selbst habe ich mein Jüdischsein schon seit dem Gymnasium nicht mehr thematisiert. Zu lehrreich war mir der Geschichtsunterricht bei Herrn S., dessen Teil der Abiturvorbereitung darin bestand, uns einzutrichtern, Israel sei unrechtmäßig errichtet worden. Zu lehrreich auch die Kommentare: ,,Ach, du bist Jüdin? Das sieht man ja gar nicht so" oder, genau entgegengesetzt: ,,Du bist Jüdin? Stimmt, das sieht man aber!"

Nun ist ein Wunder geschehen, und an meiner Schule arbeitet eine andere Jüdin. Zwei Juden! An einer Schule! Beide als Lehrer! Wir können unser Glück immer noch nicht fassen. In der simplen Tatsache, nicht mehr die Einzigen zu sein, erschöpft sich dann aber auch unser Glück.

Für den Hintergrund muss ich kurz meine Schule schildern: extrem hoher Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund, hoher Anteil von Schülern aus sehr bildungsfernen Schichten, unter beiden Kategorien ein sehr hoher Anteil an arabischen Kindern.

Meine Kollegin vergaß eines Tages, dass sie noch ihren Davidsstern um den Hals trug. Fataler Fehler. Seither fallen permanent antijüdische und antiisraelische Sprüche im Unterricht. Auf der Straße wird ihr ,,Du Jude, verrecke" hinterhergerufen.

Thema Israel oder Judentum im Ethik- oder Geschichtsunterricht? Besser nicht, da startet gleich eine kleine Intifada im Klassenraum. Da ist einer Christ? ,,Du Hund!" Beliebtestes Schimpfwort auf dem Schulhof und im Unterricht? ,,Du Jude!" Das ist ja inzwischen an vielen anderen Schulen auch so.

Ich frage mich: Hören nur meine Kollegin und ich das? Wo ist das Empfinden der ,,Anständigen" (Zitat Angela Merkel), der anderen Lehrer, die auf die Verfassung der Bundesrepublik geschworen haben, wo das Empfinden der deutschen Schüler? Und was sagte die Schulleitung, der von diesen Vorgängen berichtet wurde? Sie sagte tatsächlich: ,,Nun seien Sie mal nicht so empfindlich!"

Wo soll das Aufbegehren der Bevölkerung gegen Antisemitismus herkommen, wenn nicht einmal Staatsorgane dagegen vorgehen? Wo ist hier die ,,immerwährende Verantwortung" (Zitat Angela Merkel)? Und selbst wenn diese Anfeindungen an höherer Stelle gemeldet würden, selbst wenn ein Antisemitismusbeauftragter vor Ort erschiene, selbst dann frage ich: Was würde schon passieren? Die arabischen Jugendlichen jedenfalls würden sich kringeliglachen.

Den Deutschen, das ist mein Eindruck nach einem 35-jährigen Leben in Deutschland, sind Juden egal. Hauptsache, wir erinnern sie nicht an diese schlimme Sache damals. Hauptsache, wir sind schön unsichtbar. Hassen, nein, hassen tun sie uns nicht. Das übernehmen in diesem Land und in Europa die Araber, oder jedenfalls eine bedrohliche Vielzahl von ihnen. Und das deutsche Volk schaut zu. Jüdische Schüler gibt es an meiner Schule schon lange nicht mehr. Die waren dann offenbar doch zu ,,empfindlich".

In einer Stadt und einem Land, wo ich mich nicht mehr traue, meinen Schülern die israelischen Vornamen meiner Kinder zu verraten, in einem Land und einer EU, wo ich mich nicht mehr trauen kann, meinen Davidsstern sichtbar zu tragen, wo Juden auf offener Straße und vor der eigenen Haustür krankenhausreif geschlagen werden, warte ich eigentlich nur noch auf grölende Horden. Wie damals.

Grundlage dieses Textes – den ich aus nachvollziehbaren Gründen nicht unter meinem echten Namen veröffentliche – ist übrigens ein Brandbrief, den ich im November 2014 an Bundeskanzlerin Angela Merkel, den Vorsitzenden des Zentralrats der Juden, Dieter Graumann, sowie mehrere Zeitungen schickte. Ich habe nie eine Reaktion erhalten.

Aber ach, was rege ich mich auf – ich Jude!

QuoteCesare, 08.06.2015 08:53 Uhr

Ich kenne das auch - In meiner Schulzeit, die noch nicht so lange her ist, wurde ich von einzelnen stark diskriminiert, weil ich homosexuell bin.
Z.T. haben die Lehrer das subtil unterstützt, was mir erst später klar wurde. Z.T. haben sie Diskussionen im Klassenraum zugelassen, warum Homosexualität "krank" wäre und das als Meinungsoption stehen lassen. Da war ich etwa 15.
Ein Vertrauenslehrer meinte nach einem Vorfall zu mir, gar nicht mal böse oder als Spitze, ich müsste halt damit leben, da das wäre für manche Kulturen eben ein großes Problem.
(Nein, ich deute nicht subtil an, das wäre nur von Migranten ausgegangen, es gab genau so deutsche Schüler, die sich daran beteiligten.aber in der speziellen Situation wurde die Kultur der Täter als Rechtfertigung genutzt)
Ich kann mir die Dynamik ganz genau vorstellen. Frechheit, wie sich manche hier dumm stellen, die vermutlich nicht wissen was Diskriminierung ist.


QuoteSouthlander
   07.06.2015 21:17 Uhr

Sprachlos

Eigentlich sollten wir aus der Geschichte gelernt haben.
Aber was passiert wenn man jemanden beisteht der es garnicht möchte?

Nach dem der junge Mann im Januar in der UBahn zusammengeschlagen wurde, relativierte er es, nicht die Muslime, sondern vor den deutschen Nazis habe er Angst.

Bin ich, weil ich Menschen jüdischen Glaubens unterstütze gleich ein Zionist?
Bin ich wenn ich für diese Menschen das Wort ergreife ein Islamphober Rassist?

Nein ich mag nur weder Antisemiten, noch Menschen die andere Bevölkerungsgruppen als Projektionsfläche für ihre eigenen Minderwertigkeitsgefühle benutzt.

Leider nimmt dieses Gefühl hier nicht mit den Generationen ab, sondern eher zu. Dazu gesellt sich ein Fundamentalismus der eigentlich durch höhere Bildung eigentlich überwunden schien.

Da kann man gerne über Integration faseln, aber die scheint immer weniger zu funktionieren. Wenn dann eine Gruppe mehr Rechte für sich einfordert aber keine Pflichten (auch mal gegen den Hass zu stehen), dann hat das nichts mit einem besseren Selbstbewusstsein zu tun. Denn dann würden diese Übergriffe weniger werden.

So bleibe ich einfach nur noch Sprachlos.


QuoteJSommerfeld
   07.06.2015 19:32 Uhr

Wieso ist das Wort Jude ein Schimpfwort?
Wer das Wort Jude als Schimpfwort empfindet, der ist entweder Antisemit oder hat Minderwertigkeitskomplexe. Das Wort Jude kann genauso wenig ein Schipfwort sein wie das Wort "Du Katholik" oder "Du Protestant." Es ist schade, wenn Lehrer überfordert sind und ihren Erziehungsauftrag auf die Bundeskanzlerin übertragen wollen. Auch merkwürdig zu sagen, ich bin gebürtige Jüdin. Gibt es auch gebürtige Katholiken oder gebürtige Protestanten? Klingt ja fast nach Naziideologie. Mir ist auch unklar, weshalb eine Lehrerin hier israelische Politik meint, verteidigen zu müssen. Sie ist dann doch Lehrer. Religiöse Symbole sollte gerade eine Lehrerin nicht in die Schule tragen, es sei denn es steht gerade jüdische Religions oder protestantischer oder katholischer oder muslimischer Religionsunterricht an. Seine Schüler kann man sich leider nicht aussuchen. Dass da auch Dummbrote dabei sind muss mam akzeptieren, statt zu heulen. Ich bestreite, dass regelmäßig Juden in Deutschland Gewalt erfahren. Wenn die Autorin sich beobachtet fühlt, weil sie deutsche Staatsbürgerin ist, die nebenbei einer Religionsrichtung Judentum angehört, so scheint sie das Interesse an Religion der Berliner zu überschätzen. Insgesamt zu viel tränen und zu wenig Selbstbewusstsein für einen deutschen Lehrer.


QuoteSpitzbub
   07.06.2015 17:33 Uhr

Pauschalurteil
"Den Deutschen ... sind die Juden egal", schreibt Frau Kushnir. Ich verstehe, dann man sich nach solchen Erfahrungen leicht zu so einem Pauschalurteil hinreißen lässt.
Nach meiner jahrzehntelangen Erfahrung mit den Menschen in diesem Land sind die Juden den Deutschen nicht egal; mehr noch, es gehört zu unserem Deutschsein dazu, die Juden schützen zu wollen.
Wie man das machen könnte, weiß ich allerdings auch nicht. Die Schule ist jedenfalls nicht der geeignete Ort, um bei diesem Thema positive Erfahrungen zu sammeln.


Quotepele14
   07.06.2015 13:49 Uhr

Das Gift gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit
Dieses Problem könnte sicher mit Politischer Bildung, Aufklärung und Sensibilisierung bekämpft werden. Im breitesten Sinne Aufklärung zum Thema gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Aber dazu müssten Gelder zur Verfügung gestellt werden und das "kann" dann wieder niemand. Meine ganz persönliche Erfahrung ist, judenfeindliche Klischees sind grundsätzlich und in vielen Kulturen sehr verbreitet. Vielleicht vergleichbar mit den Klischees die Roma und Sinti betreffen. Das fängt bei simplen Xxx-Klischees an, die sich z.B. in populistischen Thesen wie in Sarrazins Büchern wiederfinden, und endet in Anti-xxx. Das tragische ist, wenn sie erstmal in den Köpfen angekommen sind, wird es schwer dies wieder zu korrigieren. Erst vor kurzem musste ich feststellen, dass entfernte kroatische "Bekannte" (Katholiken) Antisemiten der übelsten Sorte sind. Wahrscheinlich das verseuchte Erbe der Ustascha-Generation. Für mich gibt es im Bezug auf jede Art von gruppenbezogenem Hass ganz klare Grenzen. Diese kommuniziere ich unmissverständlich und ziehe ggf. die Konsequenzen. Diese kroatischen "Bekannten" sind jetzt definitiv Ex-Bekannte. Meiner Ansicht nach sollte in Bezug auf gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, jeder eindeutig und konsequent Position beziehen. Denn jede Form von gruppenbezogenem Hass ist Gift für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Ohne Ausnahme!


Quotekraftsportler
   07.06.2015 13:24 Uhr

Etwas dazugelernt!
Als schwuler Mann habe ich keine Kinder, weiß also nicht , was auf Schulhöfen abgeht, bin aber dennoch einigermaßen überrascht!

Von den Kindern meiner Freunde weiß ich nur, dass absoluter Spitzenreiter unter den gebräuchlichen Schimpfwörtern auf dem Schulhof "schwule Sau" (in allen Varianten) ist.

Das empört mich mindestens genauso.
Hm, an WEN soll ICH denn da schreiben, um mich zu beschweren??

Von daher glaube ich: als Lehrerin sollte man:
a) ein dickes Fell haben (ansonsten sollte man sich nach einem anderen Beruf umtun) und
b) Elternsprechtage und Schulkonferenzen nutzen, um dagegen vorzugehen.
c) die Angelegenheit vielleicht nicht bei der Bundeskanzlerin am besten aufgehoben wissen, sondern beim Schulrat, Bezirksamt
e) last but not least: die äußerst einflußreiche GdL einschalten.

Übrigens: ich wohne oberhalb eines jüdischen Cafés in Wilmersdorf.
In all den Jahren, die ich hier lebe, habe ich noch nie etwas von niedergeschlagenen jüdischen Gästen mitbekommen, obwohl gleich nebenan sich von Libanesen und Türken geführte Restaurants befinden.


QuoteA.v.Lepsius
    07.06.2015 09:36 Uhr

Versagen

Auf viele Aspekte wurde bereits in den Kommentaren eingegangen, einer geht mir etwas unter:
Das Versagen der Justiz und der zuständigen Behörden.
Für den Bereich der Schulen hören wir immer wieder, dass Schüler und Lehrer Gewaltvorkommnisse oder Beleidigungen weder melden noch zur Anzeige bringen.
Ein Grund ist der "gute Ruf" der Schule, ein anderer die pure Angst der Lehrer und Schulleiter vor gewalttätigen Übergriffen durch die Schüler selber oder Personen aus Ihrem Umfeld bis hinein in die Familie.
Ermutigend für die Täter ist auch die Sanktionslosigkeit. Wer auch immer antisemitische Äußerungen tätigt, gehört vor ein Gericht. Keine Einstellung gegen Geldauflagen oder Geringfügigkeit. In allen Fällen ist das Jugendamt gefordert, soweit zuständig. Auch der Staatsschutz könnte sich präventiv durch Elternansprache beteiligen.
Denn eines ist auch klar: Wer seine Kinder zu Antisemiten erzieht, ist ein Verfassungsfeind. Egal wann und wo er geboren wurde und/oder aufgewachsen ist.
Würde jeder Übergriff, jede Beleidigung sofort und fühlbar bestraft, hätte das in jungen Jahren einen Effekt. Die Justiz aber wartet, bis junge Menschen den Status eines Intensivtäters haben, um zu sanktionieren. Bis dahin haben sich aber Denk- und Handlungsstrukturen längst verfestigt.

Quotearmin_ulrich
    07.06.2015 10:52 Uhr

Antwort auf A.v.Lepsius vom 07.06.2015 09:36 Uhr
... bei Schulhofbeleidigungen von Kindern sollte die Schule sanktionieren. ...




QuoteA.v.Lepsius
    07.06.2015 14:00 Uhr

Antwort auf armin_ulrich vom 07.06.2015 10:52 Uhr
Ihr Vorschlag in allen Ehren,
aber der wird sich in der heutigen Zeit nicht mehr verwirklichen lassen. Das ist so wie ich als Kind vom Bademeister zum Papiersammeln auf die Wiese geschickt wurde, wenn ich mal von der Seite ins Becken gesprungen bin...

Die Beleidigung von Schülern und Lehrern, der in den Bereich Hass und Intolaranz fällt (Sexualität, Religion, Herkunft etc). MUSS in meinen Augen IMMER von einem Gericht abgehandelt werden.

Für einen 14-16 jährigen eine bestimmt prägende Erfahrung. Für die jüngeren könnte man eine Zentrale Beratungsstelle für ein Gespräch, für eine Konfrontation einrichten.

Wie für Intensivtäter fordere ich schon lange eine eigene Kammer, ein Schnellverfahren. Zeitnahe Strafe. Kriminelles Verhalten muß bei Beginn sanktioniert werden. Nicht erst, wenn sich Verhaltensmuster geprägt haben.

Ansonsten wundern wir uns in 10-20 Jahren über eine Veränderung unserer Gesellschaft. Denn die Straftäter werden später Kinder haben und diese genau in diesem Geiste erziehen.

Und nochmals: JA, es sind STRAFTÄTER ! Das sind keine harmlosen, verwirrten oder unerzogenen Kinder. ... Man kann nicht gnadenloses Vorgehen gegen Rechtsradikale fordern, Antisemitismus, Homophobie und Intoleranz gegenüber Frauen durch Personen mit Migrationshintergrund übersehen und unkommentiert lassen.

Für Ihre Kommentar vielen Dank.

A.v.Lepsius



Quotenanen
    06.06.2015 14:42 Uhr

Beschämende Ignoranz und empörende Tatenlosigkeit!

Erstmal danke für den Bericht.
Es fällt nicht leicht zu akzeptieren, dass ausgerechnet die links oder liberal gesinnte Mittel- und Oberschicht so ignorant sein soll.
Da sind ganz offensichtlich viele unreflektierte Gefühle im Spiel, oder?
Mehr Differenzierungsvermögen, Solidarität und Reflexion sollte man erwarten dürfen, insbesondere von einem Schulleiter und Lehrerkollegium.


Quotegesundermenschenverstand
    06.06.2015 12:28 Uhr

,,Nun seien Sie mal nicht so empfindlich!"
hatten wir in diesem lande alles schon mal.

die menschen, die in amtsausübung solche aussagen machen, gehören ihrer ämter enthoben und strafversetzt!!
es ist einfach unglaublich beschämend, was da einige gestalten von sich geben.
was die jungs arabischer herkunft betrifft, sollte anzunehmen sein, dass sie wissen, was diskriminierung ist.
nachsitzen mit passenden bildungsinhalten könnte mehr bewusstsein schaffen, und ist wohl dringend angesagt.
um welche schule geht es hier eigentlich konkret??
zumindest von hochgradig mangelnder fürsorge der schulleitung für die eigenen mitarbeiter muss hier gesprochen werden. ...


...


Aus: "Antisemitismus in Berlin: ,,Du Jude!"" Hannah Kushnir (08.06.2015)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/berlin/antisemitismus-in-berlin-du-jude/11876102.html (http://www.tagesspiegel.de/berlin/antisemitismus-in-berlin-du-jude/11876102.html)



Title: [Ein Ort der Kultur... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 09, 2015, 01:15:53 PM
Quote[...] Tunis/Madrid – Es war eine überschaubare, aber ungewöhnliche Kundgebung am Samstagnachmittag auf der Avenue Habib Bourguiba im Stadtzentrum von Tunis. Rund ein Dutzend Frauen fand sich im Minirock ein. "Aus Solidarität mit den algerischen Frauen", erklärten sie den verdutzten Passanten. Zu der Aktion hatten sie unter dem Motto "Alle im Minirock" auf Facebook mobilisiert. Zeitgleich veröffentlichten weitere Frauen unterschiedlichen Alters ihre Fotos im knappen Beinkleid. "Freiheit und Gleichheit für alle", betitelte eine der Frauen ihr Bild.

Der Grund ist im benachbarten Algerien zu suchen. Dort sorgt der Minirock, 50 Jahre nachdem er erstmals auf den Laufstegen der Modemessen zu sehen war, für Aufregung. Vor genau einem Monat wurde einer Studentin der Zutritt zum Examen an der Jurafakultät in Algier verweigert. Sie trug einen Rock, der die Knie nicht bedeckte. Der Wachmann am Eingang hielt das für "anstößig".

Der Rektor verteidigte seinen Angestellten. "Niemand muss in Burka oder verschleiert erscheinen, aber dezent gekleidet schon", erklärte er. Die Universität sei schließlich "ein Ort der Kultur". Mit Diskriminierung habe der Ausschluss nichts zu tun.

Viele Algerierinnen sahen dies anders. Nur wenige Stunden nachdem eine Nachrichten-Webseite vom Vorfall berichtete, erstellte die Filmemacherin Sofia Djama unter dem Titel "Meine Würde hat nichts mit der Länge meines Rocks zu tun" eine Facebook-Gruppe und forderte ihre Geschlechtsgenossinnen auf, Fotos von "wütenden Beinen" zu veröffentlichen.

In wenigen Tagen schlossen sich knapp 16.000 User der Gruppe an und posteten ihre Bilder. "Tausende gläubige und nichtreligiöse Frauen haben mir geschrieben", erklärte Djama in mehreren Interviews. "Es geht nicht nur darum, ob wir Bein zeigen oder nicht. Es geht um mehr", erklärt Djama. "Der Körper der Frau wird zum Schlachtfeld in einer Zeit, in der sich das Land in einem katastrophalen Zustand befindet", schimpft sie. Die verbale Gewalt sei etwas Alltägliches.

Um diese Aussage zu beweisen, veröffentlichten mehrere Webseiten ein Video, in dem eine junge Frau bei einem Experiment zu sehen ist. Einmal spaziert sie verhüllt und einmal in engen Jeans durch die Innenstadt von Algier. Die Reaktion der Männer ist in beiden Fällen identisch: Ihr werden unzüchtige Sprüche nachgerufen.

Die Reaktion auf die Kampagne der selbstbewussten Frauen ließ nicht lange auf sich warten. Djamas Seite wurde gehackt. Seither prangt das Symbol von Anonymous im Profilfoto. Allerdings will keiner so recht glauben, dass die Cyberaktivisten dahinter stecken. Vielmehr dürften die Hacker in konservativ-religiösen Kreisen zu suchen sein. Denn seither werden vor allem Videos von Predigern gepostet.

In den algerischen Moscheen und im Netz formierte sich eine Gegenkampagne. Unter dem Motto "Sei ein Mann" rufen konservative Gläubige und Islamisten die Männer auf, "ihre Frauen" zu verschleiern. Sie dürften nicht "in gewagter Kleidung aus dem Haus gehen".

Einige derer, die Fotos "ihrer" züchtig gekleideten Frauen und Töchter posteten, drohen damit, Fotos von denen zu veröffentlichen, die nicht Manns genug seien, um die Frauen zum Anstand anzuhalten. Es gehe schließlich um die Ehre und den Anstand einer ganzen Gesellschaft. "Die Inquisitoren sind zurück", titelte die wichtigste frankofone Tageszeitung in Algerien, "El Watan", daraufhin empört.

QuoteEUphoriker vor 5 Stunden

Wenn die Uni ein Ort der Kultur ist, werden sich die männlichen Studenten wohl zur genüge unter Kontrolle haben um beim Anblick von etwas weiblicher Haut nicht durchzudrehen. ...


QuoteDr. Sheldon Lee Cooper vor 4 Stunden

Immerhin: In Algerien und Tunesien können solche Dinge öffentlich diskutiert werden - das gibt ein wenig Anlaß zur Hoffnung.


QuoteThomas Fiskus vor 5 Stunden

... die einen regen sich auf, weil sie den Kopf nicht bedecken dürfen, die anderen weil sie ihre Beine entblößen wollen. ...



Aus: "Algier: Rock einer Studentin für Uni zu kurz" Reiner Wandler (9.6.2015)
Quelle: http://derstandard.at/2000017149471/Algerien-Rock-einer-Studentin-zu-kurz-fuer-die-Uni (http://derstandard.at/2000017149471/Algerien-Rock-einer-Studentin-zu-kurz-fuer-die-Uni)

Title: [Deutungshoheit über Kleidung... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 10, 2015, 01:06:13 PM
Quote[...] Eine angehende Juristin muslimischen Glaubens darf in der Berliner Verwaltung trotz Kopftuch einen Teil ihrer Ausbildung absolvieren. Das hat das Bezirksamt des Berliner Stadtteils Neukölln entschieden. Nach dem Neutralitätsgesetz dürfen Berliner Beamte im Dienst keine sichtbaren religiösen Symbole oder Kleidungsstücke tragen. Während der Ausbildung können aber Ausnahmen gemacht werden. Die Rechtsreferendarin darf nun ihr Kopftuch tragen - dabei aber keine "hoheitlichen Aufgaben mit Außenwirkung" übernehmen.

Betül Ulusoy engagiert sich privat gegen antimuslimischen Rassismus. Auf Facebook hat sie die Gruppe "Muslima Pride" gegründet, ein Zusammenschluss von Feministinnen mit Kopftuch, die gegen die Bevormundung durch westliche Freiheitsbegriffe protestieren. Für Ulusoy ist das Kopftuch kein religiöses Symbol. "Es wird zu einem gemacht. Nicht von Musliminnen selbst, sondern von Außenstehenden, die sich das Recht heraus nehmen, sich über die muslimische Frau zu stellen und meinen, die Deutungshoheit über ihre Kleidung zu haben", schreibt sie auf ihrem Blog.

Auch beim Vorstellungsgespräch im Berliner Bezirksamt trug sie ihr Kopftuch - und erntete ungläubige Blicke. Man müsse ihre Bewerbung wegen ihres Kopftuchs besonders prüfen, sagte der Beamte. Die Trennung von Religion und Staat sei gerade in Stadtlagen wie Neukölln ein sehr wichtiger Bestandteil des gesellschaftlichen Zusammenlebens.

...

vet/dpa


Aus: "Referendarin darf in Berliner Bezirksamt Kopftuch tragen" (10.06.2015)
Quelle: http://www.spiegel.de/karriere/berufsleben/betuel-ulusoy-gericht-erlaubt-kopftuch-in-berliner-bezirksamt-a-1038067.html (http://www.spiegel.de/karriere/berufsleben/betuel-ulusoy-gericht-erlaubt-kopftuch-in-berliner-bezirksamt-a-1038067.html)

betül ulusoy
https://betuelulusoy.wordpress.com/ (https://betuelulusoy.wordpress.com/)

"Der Rock ist das Kopftuch 2.0" (11.05.2015)
Der Fall der 15-jährigen Schülerin aus Frankreich, die von der Schule verwiesen wurde, weil die Schulleiterin der Meinung war, ihr Rock sei zu schwarz und zu lang und damit religiös, ist an Absurdität kaum mehr zu übertreffen. ...
https://betuelulusoy.wordpress.com/2015/05/11/der-rock-ist-das-kopftuch-2-0-2/ (https://betuelulusoy.wordpress.com/2015/05/11/der-rock-ist-das-kopftuch-2-0-2/)

usw.
Title: [Der Sender war zuvor auf seiner... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 25, 2015, 10:18:08 AM
Quote[...] Der Bayerische Rundfunk hat nach Protesten ein Ramadan-Logo aus dem Programm genommen. Im Bayerischen Fernsehen war bei Sendungen zum muslimischen Fastenmonat Ramadan ein Logo mit islamischem Halbmond zu sehen. Kritiker liefen im Internet dagegen Sturm. ,,Das Logo war die ersten Tage drin, um den Themenschwerpunkt Ramadan einzuläuten, aber wir wollten verhindern, dass es Verwirrungen auslöst bei den Zuschauern und dadurch von der Sache ablenkt", sagte eine BR-Sprecherin am Mittwoch.

Der Sender war zuvor auf seiner Facebook-Seite mit einer Welle negativer Kommentare konfrontiert worden: ,,Ihr seid's doch ned ganz sauber", schrieb ein Zuschauer. ,,Wir leben in DEUTSCHLAND oder besser gesagt in BAYERN .... zefix noamoi", kommentierte ein anderer. ,,Wir sind ein christliches Land - und unsere Feiertage wurden noch nie eingeblendet. Was betreibt ihr für eine Volksverblödung???", schrieb eine Userin und bekam dafür bis zum Mittwochnachmittag 209 Likes. 73 Likes gab es für den Kommentar: ,,Unter FJS hätte es das nicht gegeben - da wären jetzt beim BR Köpfe gerollt - und zu recht."

,,Wir haben gemerkt, dass Zuschauer auch beim Zuschauerservice anrufen und sich fragen und sich wundern", sagte die BR-Sprecherin und betonte, programmlich ändere sich nichts. Auch in der CSU-Fraktionssitzung am Mittwoch gab es nach Teilnehmerangaben von manchen Abgeordneten scharfe Kritik, unter anderem wurde die Forderung nach einem Protestbrief an BR-Intendant Ulrich Wilhelm laut.

Seit dem 20. Juni bis zum Ende des Ramadan (Mitte Juli) zeigt das Bayerische Fernsehen regelmäßig Beiträge. ,,Der BR-Themenschwerpunkt Ramadan ist ein Zeichen der Anerkennung gegenüber diesen Mitbürgern und soll zugleich allen Zuschauern breites Wissen über den Ramadan vermitteln. Denn oft beherrschen Vorurteile das Denken über Religion und Kultur", teilte die Sprecherin mit.

Hunderttausende Muslime, die im Freistaat leben und auch ihren Rundfunkbeitrag entrichten, ,,haben wie alle anderen Einwohner Bayerns ebenso einen Anspruch darauf, in den Programmen des Bayerischen Rundfunks präsent zu sein". ...


Aus: "Nach Protesten: Ramadan-Logo im Bayerischen Fernsehen gestrichen" (06/2015)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/medien/nach-protesten-ramadan-logo-im-bayerischen-fernsehen-gestrichen/11964472.html (http://www.tagesspiegel.de/medien/nach-protesten-ramadan-logo-im-bayerischen-fernsehen-gestrichen/11964472.html)
Title: [Mipsterz... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 07, 2015, 01:13:38 PM
Quote[...] Die meisten Menschen haben den Begriff "Hipster" schon einmal gehört. Er weckt Assoziationen von modebewussten, jungen Erwachsenen der urbanen Mittelschicht mit progressiven Einstellungen. Doch was ist ein "Mipster"? Ein "muslimischer Hipster"? Und sind solche Kategorisierungen überhaupt angemessen? Antworten von Joseph Mayton aus San Francisco

... Auf der Facebook-Gruppe "Mipsterz" wird in einer Art Manifest folgende Definition festgelegt: "Ein Mipster ist sozial eingestellt und sehnt sich nach einer gerechteren und integrativeren Gesellschaftsordnung ohne überkommene Wertvorstellungen. Er weigert sich, blind in einer Welt mitzuschwimmen, die vom Klassendenken dominiert wird und die Folgen dieser Einstellung ignoriert. Der 'Mipster' ist ein mutiger, aber bescheidener Geist, der für unterschiedliche Ansichten offen ist und genug Persönlichkeit besitzt, um zur richtigen Zeit zu handeln, seine Meinung zu sagen oder sich durchzusetzen".

Für die 25-jährige Heba, eine Amerikanerin ägyptischer Herkunft, ist diese Idee nicht notwendigerweise negativ, aber sie hofft, im weiteren Verlauf der Debatte könnten die nichtmuslimischen Amerikaner mehr Verständnis dafür entwickeln, wie Muslime im Land leben und miteinander umgehen.

"Ich habe nichts gegen den 'Mipster'-Begriff, weil er bedeutet, dass wir einen Teil der amerikanischen Identität ausmachen", meint sie. "Ich kann Nicht-Muslime kennenlernen und mich über sie freuen, da wir gemeinsame Interessen haben. Wir mögen die gleichen Bands und gehen zu den gleichen Konzerten. Das macht einfach Sinn."

Sie fährt fort, dass ihr Schleier, der Hidschab, von ihren Freunden als Mode-Accessoire betrachtet wird, und dass die vielen unterschiedlichen Designs, die sie in ihrem Kleiderschrank hat, ausgiebig kommentiert werden. Sie glaubt, durch die Hipster-Kultur werde es für viele Muslimas leichter, sich von althergebrachten Konventionen und Bräuchen zu befreien und mehr Lebenserfahrung zu sammeln, selbst wenn sie einen Schleier tragen.

"Ich glaube, viele von uns jungen muslimischen Frauen wollen immer noch mit der Mode gehen und sich uns von anderen unterscheiden – und an diesem Punkt kommt mein Hidschab ins Spiel, da ich ihn auf viele verschiedene Arten tragen kann. Und die vielen Farben entsprechen dem Wechsel meiner Identität", fährt sie fort. "Seit ich die Dinge praktiziere, die mich wirklich glücklich machen, bin ich ein anderer und viel offenerer Mensch. Und wenn ich deswegen "Hipster" oder "Mipster" genannt werde, bin ich gerne damit einverstanden", fügt sie hinzu.

Die Hipster-Kultur ist zu einem Bestandteil der städtischen Kultur Nordamerikas geworden. Und speziell in San Francisco hat sie ihre eigene ausgefeilte und technikaffine Note entwickelt. Aber dass Muslime an dieser Kultur teilhaben, ist ein relativ neues Phänomen. Die "Mipsterz"-Gruppe auf Facebook hat im letzten Jahr ein Video von verschleierten Frauen veröffentlicht, die Skateboard fahren und Selfies machen. Durch dieses Video gelangte die Mipster-Kultur erstmals ans Licht der Öffentlichkeit und wurde zu einem fest stehenden Begriff.

... Auch in den amerikanisch-muslimischen Gemeinschaften, die die kulturelle Identität des "Mipster"-Konzepts eher imaginär sehen, gewinnt diese Idee an Boden. Aber unsere Muslime hier hoffen, diese Identität könne ihnen ermöglichen, ihren Glauben zu zeigen und trotzdem ihre Individualität auszudrücken.

Heba ist einverstanden und nickt. Mariam, die nicht verschleierte Frau in der Gruppe, springt im letzten Moment ein und sagt, sie hoffe, dass die Menschen nicht nur die Religion und die amerikanischen Muslime wahrnehmen, sondern auch ihre Persönlichkeit und Eigenschaften als Menschen.

"Selbst wenn diese ganze 'Mipster'-Idee nur von vorübergehender Natur ist, hoffe ich, dass die muslimischen Amerikaner in Zukunft einfach stärker als Menschen betrachtet werden. Wir wollen nicht anhand unserer Kopftücher oder Bärte beurteilt werden, sondern daran, wer wir als Menschen, als Amerikaner sind."

...


Aus: "Muslimische Jugendliche in den USA: Das "Mipster"-Phänomen"
Joseph Mayton - Übersetzt aus dem Englischen von Harald Eckhoff (01.07.2015)
Quelle: http://de.qantara.de/inhalt/muslimische-jugendliche-in-den-usa-das-mipster-phaenomen (http://de.qantara.de/inhalt/muslimische-jugendliche-in-den-usa-das-mipster-phaenomen)

Title: [Die aktuelle Ausgabe... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 09, 2015, 07:33:52 AM
Die National Geographic Society wurde am 13. Januar 1888 von 33 Männern im Washingtoner Cosmos Club gegründet. Zum ersten Präsidenten der Gesellschaft wurde am 27. Januar 1888 Gardiner Greene Hubbard gewählt. Nach dessen Tod 1897 folgte ihm sein Schwiegersohn Alexander Graham Bell. Zweck der Vereinigung war und ist, geografische Kenntnisse der Allgemeinheit nahezubringen. ... Zu diesem Zweck fördert sie geografische Forschungsprojekte und gibt eine monatlich erscheinende Zeitschrift, das National Geographic Magazine (später National Geographic), heraus, deren erste Ausgabe 9 Monate nach Gründung der Gesellschaft erschien. 1905 begründete der Chefredakteur Gilbert Hovey Grosvenor den eigentlichen Fotojournalismus, für welchen das Magazin mit spektakulären Farbfotografien sowie hervorragenden Landkartenbeilagen und dem charakteristischen gelben Rand (yellow border) als Markenzeichen bekannt ist. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/National_Geographic_Society (https://de.wikipedia.org/wiki/National_Geographic_Society)

Quote[...] Die aktuelle Ausgabe des "National Geographic" darf in Saudi-Arabien nicht erscheinen - "aus kulturellen Gründen". Offenbar sind die Sittenwächter über ein Porträt des reformfreudigen Papst Franziskus erzürnt.

Der Papst in der Sixtinischen Kapelle, dazu die große Schlagzeile: "Die Kirchenreform - so führt Franziskus die stille Revolution an". Mit diesem Cover und der dazugehörigen Titelgeschichte erschien vor einer Woche die arabische Ausgabe des "National Geographic".

Doch nicht überall: Saudi-Arabien hat das Magazin verboten. "Aus kulturellen Gründen", wie Chefredakteur Alsaad Omar al-Menhaly seine Leser über Twitter informierte. Er entschuldigte sich dafür, dass die Abonnenten in dem Königreich vergeblich auf die Ausgabe warteten.

Möglichweise war schon die bloße Abbildung des Papstes für Saudi-Arabiens Sittenwächter eine Provokation, schließlich sind Bibeln und Kruzifixe verboten ... Doch auch das Editorial von Chefredakteur Menhaly dürfte dem fundamentalistischen Establishment in Saudi-Arabien missfallen haben. Darin fordert der Journalist, dass sich auch religiöse Institutionen jenseits der katholischen Kirche in einer sich rapide verändernden Welt wandeln müssten. "Religiöse Grundsätze sind nur Werkzeuge, die etwas bewahren sollen", schreibt Menhaly. "Wenn sie das nicht mehr können, müssen sie verändert werden."

Für die wahhabitischen Religionsgelehrten, die an einer buchstabengetreuen Auslegung des Korans und der Prophetenüberlieferungen festhalten, sind solche Forderungen Gotteslästerung ...



Aus: "Zensur: Saudi-Arabien verbietet "National Geographic" mit Papst-Cover" (09.09.2015)
Quelle: http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/saudi-arabien-verbietet-national-geographic-mit-papst-cover-a-1052034.html (http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/saudi-arabien-verbietet-national-geographic-mit-papst-cover-a-1052034.html)

Title: [Jeder kennt diese Sätze... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 16, 2015, 12:29:31 PM
Quote[...] Die eigentliche Zumutung in der öffentlichen Debatte über Immigranten und Flüchtlinge in Deutschland besteht darin, ertragen zu müssen, dass viele Sätze unwidersprochen bleiben. Sätze, die wie Giftpfeile abgeschossen werden und steckenbleiben. Sätze, die unwidersprochen in einer Talkshow übergangen werden. Sätze, die durch ständige Wiederholung eine Tatsächlichkeit vorgeben, die mit der tatsächlichen Lage aber nichts zu tun haben.

Jeder kennt diese Sätze und Formulierungen. Die "Unvereinbarkeit von Demokratie und Islam", ist so eine. Ist die Geschichte der Demokratie nicht der permanente Versuch der Emanzipation von Monarchie und Religion?

Das beste Beispiel für die Verwebung einer Religionsgemeinschaft in ihre staatlichen Organe ist die Bundesrepublik selbst. Sie ist ein Bilderbuchbeispiel für die maximale Vereinbarkeit von Christentum und Demokratie. Bis auf einen beziehen sich sämtliche staatliche Feiertage auf Ereignisse aus der Bibel. Die Kirchen sind im Rundfunkbeirat, in der Ethikkommission und überall dort, wo Staat und Öffentlichkeit gemacht werden. Soll also der Islam ebenfalls mit der Demokratie vereint werden und kann es nicht? Oder sollen die Muslime auf ihre Religion verzichten, damit sie bessere Staatsbürger werden?

Oder die "kolossal gescheiterte Integration, nicht aller, aber einiger weniger Muslime in Deutschland". Wie genau sieht eine gescheiterte und wie eine erfolgreiche Integration aus? Befinden sich Muslime per se außerhalb der Gesellschaft, weshalb sie eine besondere Form der Eingliederungsmaßnahme durchlaufen müssen? Sind mit Muslimen wirklich Muslime gemeint? Ist es soziologisch möglich, dass sich einzelne Gruppen in einer ansonsten vorgeblich intakt funktionierenden Gesellschaft wie Störfaktoren benehmen, weil sie nicht in die Kirche gehen? Ist es theoretisch möglich, dass tatsächliche Diskriminierung als fehlende Integrationsfähigkeit umgedeutet werden kann, so lange, bis alle es glauben?

Der Zuzug von Millionen türkischen Gastarbeitern nach Deutschland ermöglichte diesem Land die Integration zurück in die Weltwirtschaft und half, Handelsbeziehungen in die Märkte der Welt zu knüpfen. Die Arbeitskraft der türkischen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in der Bergbau-, Chemie- Automobilindustrie, im Straßenbau, in der Pharma- und Kosmetikindustrie und allen anderen Bereichen war abhängig von der Intensität ihres Glaubens an die kolossal integrative Kraft des Kapitalismus.

"Die Kapazität bei der Aufnahme der Flüchtlinge ist erreicht. Wir müssen ein zweites Hoyerswerda/Tröglitz/Heidenau verhindern", ist ein solcher Satz. Wenn Immigranten und ihre nachfolgenden Generationen sowie Flüchtlinge daran schuld sind, dass die Bevölkerung angesichts ihrer Anwesenheit rassistisch wird, müsste man in der Logik dieses Argumentes nicht zügig alle Juden vor Antisemiten warnen und nach Israel schicken, um ein "zweites Auschwitz zu verhindern"?

Lust auf noch einen Satz?

"Wir dürfen nicht durch finanzielle Anreize, Stichwort Taschengeld, Flüchtlinge zu uns locken."

Der größte Anreiz eines Vaters oder einer Mutter ihren minderjährigen Sohn in der Nacht zu verabschieden, um ihn auf einem Boot oder zu Fuß über Ozeane und Kontinente wandern zu lassen, ist die Trauer über den Verlust durch Bomben getöteter Kinder. Der größte Anreiz eines Mannes oder einer Frau, einen Säugling in ein Tuch zu schlagen und loszulaufen, ist der Geruch einer Fassbombe in der Nase, das zerstörte Haus, die Schmerzen in einem Foltergefängnis. Der größte Anreiz eines Menschen, sein Haus zu verlassen oder seine Stadt oder sein Dorf, ist die Tatsache, dass er in einer Hölle lebt, die einmal Syrien hieß und ein Land war.

Diese Woche bei der Fernsehsendung von Hart aber Fair in der ARD gab es wieder eine neue Ladung an solchen Sätzen. Debattiert wurde über Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen. Pardon: kamen. Es ging auch um die Grenzen.

Die Sätze wurden einer nach dem anderen von Markus Söder abgefeuert. Er bekam alle Zeit der Welt, seine Thesen gleichsam wie auf einer Steintafel gemeißelt unwiderlegt und unwidersprochen vom Himmel herunterpoltern zu lassen.

Eine Auswahl:

"Das eigentlich Menschenverachtende ist, das Recht auszuhebeln und die Hoffnung der Menschen zu missbrauchen."

Die Kritik gilt nicht der Bundesregierung und ihrem Entschluss die Grenzen dicht zu machen, sondern den Schleppern und Schleusern. Wären Sie eine alleinstehende Frau, würden Sie wirklich ohne Schleuser und Schlepper und Navigationsgerät loslaufen? Sind Schlepper wirklich menschenverachtend? Menschverachtender als andere Geschäftemacher? Menschenverachtender als unsere deutsche Waffenwirtschaft? Menschenverachtender als die europäischen Staaten, die Flüchtlinge auf Gleisbetten zusammenprügeln und mit Nahrung beschmeißen, als fütterten sie wilde Tiere im Gehege? Menschenverachtender als wohlsituierte Bürger, die Pogrome vor Asylunterkünften veranstalten und anzünden?

"Wir müssen die Sorgen der Bürger ernst nehmen und ein klares Zeichen gegen Rechtsextremismus zeigen."

Gemeint waren nicht die Sorgen der Flüchtlinge und Migranten vor Rechtsextremen, sondern die Sorgen der rechtsextremen Bürger.

"Die Flüchtlinge werden die politische und kulturelle Statik des Landes fundamental verändern."

Ist Politik und Kultur, wenn man von der politischen Kultur der CSU absieht, eine statische Größe?

"Wir müssen die Grenzen schützen. Wegen der Kriminalität."

Gilt dieses Argument erst, seit Flüchtlinge kommen? Ist die Sicherheit im Schengenraum durch Flüchtlinge ernsthaft bedroht? Mehr als durch die Mitglieder des Schengenraums selbst? Zahlen? Belege?

"Und sind wir mal ganz ehrlich. Der Großteil der Menschen kommt aus einer anderen Welt und Wertekreis. Das Verhältnis von Mann und Frau ist anders."

Das stimmt. Und trotzdem darf Bayern zu Deutschland gehören. Markus Söder meinte wohl aber andere Menschen und andere Welten und andere Wertekreise. Menschen von fernen Galaxien, die, wenn es passt, auf die Geschlechtergerechtigkeit und Menschenrechte pfeifen. Gerhard Schröder, Tony Blair, Silvio Berlusconi, François Mitterand und viele andere, die beispielsweise in Gaddafis Zelt saßen und Tee tranken. Ist auch nicht lange her, dass Kanzlerin Merkel mit einer deutschen Wirtschaftsdelegation in Ungarn war. Sie hätte auch Menschenrechtsaktivisten mitnehmen können. Die Frage, was unsere Werte sind, hat sich damit womöglich beantwortet.

"Die Toleranz dieser Menschen gegenüber Religion ist eine andere. Es nützt nichts, dass wir in unsere Kirche gehen und begeistert sind. Wir müssen auch die Akzeptanz finden, dass wir das weiterhin dürfen."

Gibt es einen einzigen dokumentierten Fall in Deutschland, wo ein Flüchtling einem Christen in Deutschland an seinem Kirchgang behindert hat?

Es sind nur Sätze, mag man vielleicht denken. Aber der Weg von den selbsternannten besorgten Bürgern, die sich vor einer Islamisierung – was immer das sein mag – fürchten und diesen Sätzen, die immer und immer wieder gesagt werden, ist kurz. Die Sätze sind wie eine Lawine. Irgendwann liegt man wie ermattet darunter begraben.

Quote
Antiautor
#4  —  vor 23 Minuten 2

Mely Kiyak ist eine kluge Frau die es schafft, den menschlichen Anspruch so zu formulieren, dass die Diskrepanz zur politisch- gesellschaftlichen Gegenwart deutlich wird. Sie polarisiert ohne zu polemisieren und bildet damit den angenehmen Gegenpol zu Jan Fleischhauer. ...


Quotesola bona
#5  —  vor 17 Minuten 6

Ich habe nicht den Eindruck, dass den Flüchtlingen hier generell Hilfe verwehrt werden soll. Doch wer über mangelnde Empathie klagt, Frau Kiyak, kann mit tatkräftiger Hilfe beisteuern, wenn er/sie wirklich will - gerade wo es jetzt auf die kalte Jahreszeit zugeht. Und da meine ich nicht so sehr die Unterstützung mit Teddys, Lollys, Altkleidern und "Welcome Refugees" am Bahnhof.

Kritische Diskussionen darüber, wie es Angesichts der enorm hohen Anzahl der Flüchtlinge weitergehen soll und ob die "General-Einladung" unserer Bundeskanzlerin an die syrischen Flüchtlinge - auch im Hinlick auf die ganze EU - eine richtige Entscheidung war, müssen schon gestattet sein, ohne den Diskutanten indirekt und unterschwellig, Fremdenfindlichkeit oder Mangel an Hilfsbereitschaft zu unterstellen.


QuoteThomas Holm
#6  —  vor 16 Minuten 3

Ist im permanenten Versuch der Emanzipation von Monarchie und Religion nicht ständig mit Sätzen und Formulierungen, wie "Unvereinbarkeit von Demokratie" mit:

Achtung; historische Geschmackswarnung wegen vorpost-moderner Sprache !

"Gottesgnadentum, Obskurantismus, Klerikalismus, Papismus und überhaupt allerlei Pfaffen-Machenschaften, etc." (Bitte Anführungsstriche beachten; danke !)

argumentiert, polemisiert, gestritten worden ?

"Mit Sätzen, die wie Giftpfeile abgeschossen werden und steckenbleiben."

Genau genommen wurde die Emanzipation von Monarchie und Religion sogar nicht ohne einen geradezu überwältigenden Gebrauch von solchen bösen Sätzen erstritten.

Mit Formulierungen, wie "Unvereinbarkeit von": keinesfalls nur Demokratie:

sondern auch: Menschenrechten, Freiheit, Wissenschaft, Fortschritt, Humanismus, Toleranz, Aufklärung etc. mit den oben vorsichtig angedeuteten Phänomenen.

Sogar grobe polemische Übertreibungen (aus heutiger ) fanden Verarbeitung in der lang andauernden Emanzipation von Monarchie und Religion und sind heute noch in regionaler Folklore anzutreffen: (Geschmackswarnung an Süddeutschland !)

"Gottes Freund und aller Welt Feind" So etwas gibt es heute als Festspiel !

https://de.wikipedia.org/wiki/Klaus_St%C3%B6rtebeker

Ob man damals eine Emanzipation von Monarchie und Religion überhaupt geschafft hätte, wenn man seinerzeit heutige Respekt- Rücksicht- und nicht-Aneck-Maßstäbe angelegt hätte ? ...


Quotebotticelli01
#8  —  vor 8 Minuten 1

Sätze wie Giftpfeile ...
"Wir müssen die Sorgen der Bürger ernst nehmen und ein klares Zeichen gegen Rechtsextremismus zeigen."
Also ich kenn hier beim besten Willen kein Giftpfeil erkennen. Wenn die Volksvertreter die Sorgen der Bürger ernst nehmen ist das sogar ihre Pflicht. Manchmal, so scheint mit, ist die "political correctness - Sprachpolizei" etwas übereifrig.


QuoteWeltveränderer
#11  —  vor 15 Minuten 2

"Wir müssen die Sorgen der Bürger ernst nehmen und ein klares Zeichen gegen Rechtsextremismus zeigen." Gemeint waren nicht die Sorgen der Flüchtlinge und Migranten vor Rechtsextremen, sondern die Sorgen der rechtsextremen Bürger."
Diese beiden Sätze für sich sind schon eine Beleidigung wesentlicher Teile der Bevölkerung. Sie unterscheiden nur zwischen Gutmenschen und Rechtsextremen.
Also das übliche Schubladendenken. So Artikel sind überflüssig wie ein Kropf. Das heizt nur die Stimmung noch mehr an. Sorgen und Ängste wesentlicher Teile der Bevölkerung, werden einfach nicht ernst genommen. Sie werden verurteilt und in die rechte Ecke geschoben. Was nur ist aus unserer, insbesondere Der Zeit geworden. Außer Gefälligheitsjounalismus kommt nichts kritisches mehr. Wirklich schade.


QuoteBrillalein
#14  —  vor 11 Minuten

Jaaaaaa, in's Schwarze getroffen! (Oder in's Rote, oder die Mitte XD )
->"Das Verhältnis von Mann und Frau ist anders."
->"Das stimmt. Und trotzdem darf Bayern zu Deutschland gehören."

Schreiben Sie weiter, Frau Kiyak, schreiben Sie gegen das Unwidersprochene an! Wir brauchen es.


Quote
Snorrt
#15  —  vor 5 Minuten

Die Flüchtlingsdiskussion offenbart die Unfähigkeit unserer Politiker, realen Problemen reale Konzepte entgegenzusetzen. Auch wenn das GG klar macht, was unsere Werte angeht, ist dies vielen Menschen in Deutschland a) nicht bewusst und b) reicht es ihnen nicht als grundsätzliche Bewältigung.

Politiker müssen daher a) anmahnen, welche menschlichen Pflichten wir haben (wird selten von Politikern in Talkshows, Interviews und dergleichen klargestellt) und b) gleichzeitig ein sinnvolles Konzept ausarbeiten (ich weiß, da steckt das Wort Arbeit drin, das ist sozusagen die Gegenleistung für Diäten, liebe Politiker), damit unsere Flüchtlingspolitik in klaren (humanen) Richtlinien der Realität gerecht wird.

Wen interessiert es, dass die jammernden Besorgtbürger inzwischen alles in einen Topf werfen und der ausgebombten Familie aus Syrien entgegenschreien "Wir wollen hier keine Armutsflüchtlinge"? Oder dass wir vor den Fluten kapitulieren, die nichtmal 1% der europäischen Bevölkerung ausmachen? Fakten werden bewusst verschleiert. ...


...


Aus: "Kiyaks Deutschstunde / Debatte über Flüchtlinge : Sätze wie Lawinen, Worte wie Giftpfeile"
Eine Kolumne von Mely Kiyak (16. September 2015)
Quelle: http://www.zeit.de/kultur/2015-09/fluechtlinge-ressentiment-kiyaks-deutschstunde (http://www.zeit.de/kultur/2015-09/fluechtlinge-ressentiment-kiyaks-deutschstunde)

Title: [Nährboden in existenziellen Ängsten... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 17, 2015, 10:32:53 AM
Quote[....] Die Ethnisierung sozialer Probleme hat einen Kulturrassismus hervorgebracht, der an das alte Übel anknüpft, Menschen aufgrund ihrer Herkunft als höher- oder minderwertig zu klassifizieren. Minderheiten sind damit zugleich als Gefahr für die Mehrheit stigmatisiert. Wagenburgmentalität innerhalb der Mehrheitsgesellschaft und das Verlangen, Intoleranz als Tugend zur Abwehr vermeintlicher Gefahren zu kanonisieren, sind Reaktionen der Unsicherheit. Die Botschaft, die Ideologen verbreiten, findet den Nährboden in existenziellen Ängsten. Die Adressaten sind resistent gegen rationale Argumente, denn Bedrohungsszenarien und Verschwörungsfantasien sind wirkungsvoller als alle Vernunft und jede Logik.

Wutentbrannte Einheimische demonstrieren derzeit gegen Bürgerkriegsflüchtlinge. Der Aufruhr bürgerlicher Bosheit gegen Flüchtlinge ist symptomatisch für den Zustand der Gesellschaft: Im ersten Halbjahr 2015 hat es schon mehr Übergriffe gegen Unterkünfte von Asylbewerbern gegeben als im ganzen Jahr zuvor – und beinahe täglich werden es mehr. Die Saat der Ausländerfeinde ist aufgegangen, die Schläger und Brandstifter der NPD und sonstiger rechtsextremer Observanz führen aus, was räsonierender und pöbelnder Mittelstand vor Wohnheimen und auf Pegida-,,Spaziergängen" intendiert hat.

Der Strom der Flüchtlinge, die in Europa Zuflucht suchen, in deren Heimat Bürgerkrieg herrscht oder auch ,,nur" existenzielle wirtschaftliche Not, hat in Deutschland zwar viel Verständnis und Hilfsbereitschaft ausgelöst, aber auch beschämenden Fremdenhass. Als seien sie persönlich bedrängt, als würden sie individuell zur Kasse gebeten, als gäbe es eine fundamentale Bedrohung der Wohlstandsgesellschaft, randalieren Bürger in Tröglitz, in Freital oder Heidenau nächtelang vor Flüchtlingsunterkünften, grölen ausländerfeindliche Parolen, üben Gewalt. Brandstiftung gegen Wohnheime, als vorbeugende Maßnahme zur Abwehr von Flüchtlingen, artet im Sommer und Frühherbst 2015 zum Volkssport aus. Politik und Medien verurteilen mit kräftigen Worten die Rechtsextremisten für das traurige und beängstigende Geschehen.

Aber der Rechtsextremismus beginnt schon in der Mitte der Gesellschaft, und er ist mehr als eine Randerscheinung, von der man sich leicht distanzieren kann. Demagogen setzen die Zeichen, Rechtsextreme fachen die Wut der Unbedarften an. Die Täter und ihre Sympathisanten gehören aber auch zum Kreis der Wohlsituierten, die keine materiellen Sorgen haben, denen nichts weggenommen wird, die aber von Ressentiments geleitet glauben, etwas verteidigen zu müssen, das sie für bedroht halten.

Die Pegida-Gefolgschaft ist laut seriösen sozialwissenschaftlichen Studien mehrheitlich männlich und mittleren Alters, meist verheiratet, überdurchschnittlich gut gebildet und gut verdienend. Arbeiter und Unterschichten sind wenig bis kaum vertreten, als Beschäftigungsstatus überwiegt das Angestelltenverhältnis. Unter der Oberfläche des Feindbildes ,,Fremde" plagt diese Menschen ein diffuses Gemenge von Unsicherheit und Angst, von Ratlosigkeit und Unverständnis gegenüber rasanten und komplexen Veränderungen: Werden die Sozialsysteme überfordert, sind Zukunft und Alter unsicher, ist die Vision Europa von Politikern zerredet und von Bürokraten in Brüssel so kleingearbeitet worden, dass nur noch nationaler Patriotismus die Rettung bringt? Ein zentrales Motiv, das den Ressentiments zugrunde liegt, ist das Gefühl, nicht genug partizipieren zu dürfen, die Empfindung der Ohnmacht gegenüber Obrigkeiten, gegenüber unkalkulierbaren Entwicklungen.

Pegida ist zwar organisatorisch als Versuch zur Gemeindebildung gescheitert. Aber als Protestbewegung aus der Mitte der Gesellschaft behält Pegida eine Brückenfunktion zum Rechtsradikalismus. Die Abneigung gegen Fremde, gegen die Eliten in Politik, Gesellschaft, Medien, und die Demagogie, mit der Minderheiten stigmatisiert, denunziert und ausgegrenzt werden, sind eine Einladung an Extremismus und zur Gewalt.


Aus: "Fremdenhass: Rechtsextremismus beginnt in der Mitte der Gesellschaft" Wolfgang Benz (17.09.2015)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/wissen/fremdenhass-rechtsextremismus-beginnt-in-der-mitte-der-gesellschaft/12329450.html (http://www.tagesspiegel.de/wissen/fremdenhass-rechtsextremismus-beginnt-in-der-mitte-der-gesellschaft/12329450.html)

Title: [Keiner von ihnen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 17, 2015, 12:10:22 PM
Sadik Dschalal al-Asm ist ein syrischer Philosoph, Universitätsprofessor und Menschenrechtsaktivist ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Sadiq_al-Azm (https://de.wikipedia.org/wiki/Sadiq_al-Azm)

---

Quote[...]
QuoteKonsequent kritisch

cmr. Sadik Jalal al-Azm ist so etwas wie der Übervater aller säkularen arabischen Intellektuellen. Der aus einer bekannten syrischen Familie stammende Denker wurde 1934 in Damaskus geboren. Er promovierte in den USA über Kant und lehrte bis 1999 moderne europäische Philosophie an der Universität Damaskus. Zwei Bücher machten ihn schon früh zum Skandalautor: In «Die Selbstkritik nach der Niederlage» von 1968 zog er die arabischen Regime kurz nach dem Sechstagekrieg für ihre rückständige Politik zur Rechenschaft. In der ein Jahr später erschienenen Aufsatzsammlung «Kritik des religiösen Denkens» übte er erneut scharfe Kritik an Politik und Religion; die Folge war eine erhitzte öffentliche Debatte und ein Prozess, der mit einem Freispruch endete. Später war al-Azm einer der ersten arabischen Kritiker Edward Saids und machte sich als scharfzüngiger Kritiker des Islamismus auch im Westen einen Namen. Bis heute plädiert er unbeirrt für Menschenrechte, Meinungsfreiheit und Demokratie, er setzte sich als einer der Ersten im arabischen Raum vorbehaltlos für Salman Rushdie ein. Sadik al-Azm erhielt zahlreiche Ehrungen. Am 28. August 2015 wurde er in Weimar mit der Goethe-Medaille ausgezeichnet.


... Machen wir im Westen [ ] einen Fehler, wenn wir die Bedeutung progressiver Denker wie Abu Zaid oder Shahrour überschätzen?

Sadik al-Azm: Keiner von ihnen ist ein Martin Luther des Islams. Aber sie sind der Funken Hoffnung, den wir haben. Möglicherweise sind sie Vorläufer von etwas, das kommen wird, wie die Enzyklopädisten, die der Französischen Revolution den Weg bereiteten.

... Jahrelang predigten Experten den Niedergang des Jihadismus, und nun scheint er stärker denn je. Oder täuscht das?

Sadik al-Azm: Die Schärfe des gegenwärtigen Kampfes liegt daran, dass die Jihadisten das Gefühl haben, sie verteidigten ihre letzte Bastion. Wenn sie nun verlieren, dann ist es das gewesen: Der Islam wird den gleichen Weg nehmen wie das Christentum in Europa. Deshalb kämpfen sie so unerbittlich.

... Ist der Erfolg der Jihadisten, gerade bei so vielen jungen Menschen aus dem Westen, nicht verstörend für jemanden wie Sie, der unverdrossen für eine säkulare Weltsicht wirbt?

Sadik al-Azm: Es gab immer eine Kritik an der europäischen Moderne, die aus dem konservativen, rechten Spektrum kam – Spengler oder Heidegger. Sie alle sagen, dass es etwas Hohles an der europäischen Moderne gebe. Kein Heldentum. Es gibt nur noch Antihelden anstelle von Helden. T. S. Eliot hat die Moderne in seinem berühmten Gedicht ein «wüstes Land» genannt. An einer anderen Stelle nennt er moderne Menschen «the hollow men, the stuffed men». Vielleicht macht dies junge westliche Menschen empfänglich für fundamentalistische Ideologien. Es bedeutet ihnen etwas, es füllt ihr Leben aus. Es gibt sozioökonomische Gründe dafür, dass Menschen in den Jihad ziehen. Aber ich glaube, psychologischen Faktoren wird oftmals nicht genügend Bedeutung beigemessen.

Sadik al-Azm, mehr als vier Millionen Syrer sind mittlerweile vor dem Krieg in ihrer Heimat geflohen. Sie sind seit einiger Zeit offiziell einer von ihnen.

Ja, meine Frau und ich sind seit 2012 offiziell als politische Flüchtlinge in Deutschland anerkannt. Ich habe nie geplant, mein Leben als Intellektueller im Exil zu verbringen. Aber nun ist es so geschehen.

...


Aus: "Der Denker Sadik al-Azm im Gespräch: Kein mittlerer Weg für den Islam" Interview von Christian H. Meier (17.9.2015)
Quelle: http://www.nzz.ch/feuilleton/kein-mittlerer-weg-fuer-den-islam-1.18614223 (http://www.nzz.ch/feuilleton/kein-mittlerer-weg-fuer-den-islam-1.18614223)

Title: [Die Resonanz ist... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 08, 2015, 10:03:35 AM
Quote[...] Millionenfache Klicks, viele Medienberichte, auch vom britischen ,,Guardian" oder der ,,New York Times": Ein kurzes Mode-Werbevideo sorgt für ungewöhnliche Aufmerksamkeit. Die Models sind untypisch. In dem H&M-Video treten in schnellster Bildfolge etwa ein Transgender auf, eine Seniorin im kurzen Röckchen, eine Sikh-Turban-Truppe, ein Socken-In-Sandalen-Träger, ein Übergewichtiger - und: eine Muslima. Und eben diese junge Schöne mit modischer Sonnenbrille und Minipiercing löst Wirbel aus, denn sie trägt ein Hidschab-Kopftuch.

Die Resonanz ist groß. Auch wenn das in Zeiten, in denen das Kopftuch in Köln, Berlin, London längst zum Straßenbild gehört, manchen unverständlich erscheint. Der Experte für sozialwissenschaftliche Marktforschung, Kai-Uwe Hellmann, sieht einen künstlichen Hype. Der Clip sei ,,ästhetisch glattgebügelt" und beinhalte kein echtes Statement. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Kopftuch, seiner Rolle oder mit dem Islam erwartet er nicht.

Dem Hersteller - einem der weltweit größten Textilhandelsunternehmen mit rund 3500 Geschäften in fast 60 Ländern - gehe es nur um Absatzzuwachs. Die schmale Botschaft laute, in der Mode sei alles erlaubt. ,,Das ist eine Nulldurchsage." Manche denken an die sozialkritischen Werbekampagnen von Benetton - mit Schockbildern in den 90er Jahren oder an die provokativen Plakate mit küssenden Machthabern vor rund zehn Jahren zurück. Daran komme H&M bei weitem nicht heran, sagt Hellmann. Ebenso nicht an die Dove-Werbung gegen den Schlankheitswahn - mit den posierenden kräftig-runden Frauen.

Lamya Kaddor, Gründerin des Liberal-Islamischen Bunds, kann den Wirbel um das Hidschab-Model gut nachvollziehen: ,,Ja, ich verstehe die Aufmerksamkeit. Man schaut deshalb zweimal hin, weil man ein weibliches Muslim-Model nicht vermutet." Damit würden nun gezielt auch fromme Muslime von der Modebranche angesprochen, meint Kaddor, die auch islamische Religion unterrichtet - und fragt: ,,Warum darf man sein Haupthaar nicht bedecken und dabei gut aussehen?" Die Kette H&M wirbt mit dem Slogan ,,Verpasse nicht den Film, der alle Regeln bricht." Auf dpa-Anfrage erklärt eine Sprecherin, es gehe um ,,den Bruch mit vermeintlichen Moderegeln". Der Clip solle die Vielfalt der Kunden widerspiegeln. Ein Model im Hidschab in der Mainstream-Mode sei eine Errungenschaft, meint das Magazin ,,Elle".

In anderen Medien ist von Toleranz die Rede. Das in England lebende Modell erzählt in einem Interview von massenhaften Zuschriften. Viele wollten schlicht wissen, wie sie ihren Hidschab binde. Es gibt auch Kritik - so eine Stimme auf Facebook. Das mit dem Kopftuch-Model sei ja schön, aber: ,,Wenn es darum geht, in H&M zu arbeiten mit einem Kopftuch, kriegt man (...) nur Absagen." . Der Hidschab ist das islamische Kopftuch, das Haare, Hals und Ohren bedeckt, mitunter auch die Schulter. Viele muslimische Frauen tragen es selbstbewusst und aus Modegründen. Andere sehen das Kopftuch als Zeichen der Unterdrückung. Die Kölner Islamexpertin Lale Akgün kritisiert, dass H&M zwar Mode-Normen aufheben und hier Freiheit propagieren will. ,,Aber das islamische Kopftuch ist gerade das Gegenteil davon", sagt die frühere SPD-Bundestagsabgeordnete. ,,Der Hidschab ist in den Augen der orthodoxen Muslime kein Modeaccessoire, sondern eine religiöse Pflicht."

Der Medienethiker Alexander Filipovic hält das Video nicht für einen Tabubruch, höchstens für etwas provokativ. ,,Mode ohne Regeln - das ist an sich nicht originell." Die Kopftuch-Muslima sei damit in der Werbung hierzulande auch nicht neu erfunden worden. ,,Interessant ist dennoch, wie viele junge muslimische Frauen es offenbar bemerkenswert finden, dass sie hier repräsentiert sind. Das weist auf eine Leerstelle in unserer Medienwelt hin." Eine Reflexion über das islamische Kopftuch erwartet auch Filipovic nicht. Er mahnt ganz grundsätzlich: ,,Hier, wie bei jeder anderen Kampagne, gilt: Wir sollten nicht auf die Werbung hereinfallen." (dpa)


Aus: "Werbeclip von H&M: Wirbel um Kopftuch-Model in Werbevideo" (07.10.2015)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/werbeclip-von-hundm-wirbel-um-kopftuch-model-in-werbevideo/12417342.html (http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/werbeclip-von-hundm-wirbel-um-kopftuch-model-in-werbevideo/12417342.html)

"H&M Close the Loop – Sustainable fashion through recycled clothes" (Veröffentlicht am 02.09.2015)
https://www.youtube.com/watch?t=16&v=s4xnyr2mCuI (https://www.youtube.com/watch?t=16&v=s4xnyr2mCuI)

Title: [Am Sonntag hatte dm die Spendenaktion... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 14, 2015, 01:36:29 PM
Quote[...] Die Drogeriekette dm hat eine Spendenaktion zugunsten einer kurdischen Gemeinde wegen Gewaltandrohungen abgesagt. Dazu habe das Unternehmen sich entschieden, "um keinen Nährboden für Eskalation zu bieten", erklärte Geschäftsführer Erich Harsch am Dienstag. Damit hoffe dm "einen Beitrag zur Deeskalation zu leisten".

Der Menschenrechtsaktivist Rupert Neudeck wollte am Samstag in einem dm-Drogeriemarkt in Troisdorf bei Bonn kassieren und seine Einnahmen der kurdischen Gemeinde im Ort spenden. Das Geld sei "ausschließlich" für den Deutschunterricht für "integrationswillige Menschen" gedacht, betonte dm.

Wer mit Gewalt drohte, teilte dm-Geschäftsführer Harsch nicht mit. Laut einem Bericht der "Welt" hatten nationalistische Deutsch-Türken zum Boykott von dm aufgerufen.

"Wir haben wenig Verständnis dafür, dass soziale Hilfsaktionen Anlass sein sollen zur politischen Interessenvertretung oder gar zu verbaler oder physischer Gewaltausübung", erklärte Harsch. "Das verurteilen wir grundsätzlich." In den dm-Märkten kauften täglich 1,7 Millionen Menschen aus vielen Ländern, Kulturen und Religionen aller Altersgruppen ein.

Am Sonntag hatte dm die Spendenaktion zunächst noch verteidigt. "Wir nehmen eure Rückmeldungen zur Aktion in Troisdorf auf, möchten aber auch klarstellen, dass uns soziales Engagement sehr wichtig ist", schrieb das Unternehmen auf Facebook. (AFP)


Aus: "Nach Gewaltandrohungen: dm sagt Spendenaktion zugunsten von Kurden ab" (13.10.2015)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/nach-gewaltandrohungen-dm-sagt-spendenaktion-zugunsten-von-kurden-ab/12446304.html (http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/nach-gewaltandrohungen-dm-sagt-spendenaktion-zugunsten-von-kurden-ab/12446304.html)

"Aufruf zum dm-Boykott: ,,Damit schaden sich die Türken nur selbst"" (12.10.2015)
http://dtj-online.de/aufruf-zum-dm-boykott-damit-schaden-sich-die-tuerken-nur-selbst-63497 (http://dtj-online.de/aufruf-zum-dm-boykott-damit-schaden-sich-die-tuerken-nur-selbst-63497)

http://www.deutsch-tuerkische-nachrichten.de/2015/10/519654/appell-an-dm-chef-stoppen-sie-die-unterstuetzung-von-pro-pkk-gemeinschaften/ (http://www.deutsch-tuerkische-nachrichten.de/2015/10/519654/appell-an-dm-chef-stoppen-sie-die-unterstuetzung-von-pro-pkk-gemeinschaften/)

Title: [Wenn die semiotische Verknüpfungen zu nerven beginnen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 26, 2015, 11:27:14 AM
Quote[...] Draußen hängt der Nebel in der Luft, graue Wolken bedecken den Berliner Himmel. Ein letzter Blick in den Spiegel: sitzt. Der perfekte Tag für Schwarz. Schwarzer Mantel, schwarze Lederboots, schwarzes Kopftuch. Ich fühle mich gut gestylt, um dem kalten Tag zu trotzen. Schwarz ist perfekt für die verschiedensten Anlässe. Beerdigung, Hochzeit, schickes Event oder kühler Herbsttag. Schwarz kann man tragen, um den Blick auf eine besonders hübsche Brosche zu lenken, um ein paar Pfunde zu verstecken oder um zu zeigen, dass man sich nicht viele Gedanken um sein Outfit machen wollte, ganz lässig eben.

Nur, wenn ich Schwarz trage, dann bläst mir der Wind schon seit einiger Zeit auf dem Weg zur Bahn die ersten Zweifel um die kopftuchbedeckten Ohren. Ich steige ein, und dann geschieht es, wie so oft: Ich werde angestarrt, als sei ich der Terrorfürst Al-Baghdadi höchstpersönlich. Direkt aus der IS-Hauptstadt Rakka in die Berliner Ringbahn gestiegen. Dabei habe ich keinen langen Fusselbart und wedle auch nicht mit einer Kalaschnikow herum. Nein, ich trage einfach nur ein schwarzes Stofftuch auf dem Kopf.

Und genau das ist das Problem. Ohne dieses Tuch würde ich vielleicht anerkennende Kommentare für mein gelungenes Outfit ernten, oder gefragt, wo ich denn den schönen Mantel gefunden hätte. So aber streifen mich nur mitleidige Blicke – wenn es gut läuft. ,,Sieh sich doch einer mal die arme, zur Bedeckung gezwungene junge Frau an, wie sie da sitzt und verschüchtert auf ihr Smartphone starrt ..." Im schlimmsten Fall haben die Leute Angst vor mir. Sie wechseln den Sitzplatz, rümpfen abfällig das gehobene Näschen oder knallen mir Kommentare wie ,,Schleiereule" und ,,Burkaträgerin" an den Kopf. Alles schon so in der Öffentlichkeit passiert.

Meine Cousine arbeitet als Krankenschwester auf einer gefäßchirurgischen Station. Sie trägt die blaue Schwesternkleidung, dazu ein schwarzes Kopftuch. Und was passiert? Der Chefarzt mustert sie lange kritisch und brummt schließlich im Vorbeigehen: ,,So vermummt? Nächstes Mal tragen Sie aber kein Schwarz mehr." Ende der Diskussion – und der Emanzipation offensichtlich schon längst. Vorbei die Zeiten, in denen frau sich selbstbestimmt für oder gegen bestimmte Kleidungsstücke entscheiden durfte.

Ich frage in meinem Freundeskreis herum, auch da bestätigt sich: Sobald sich Frauen mit Kopftuch in Schwarz kleiden, werden sie behandelt, als seien sie die Terrorbräute des IS, herausgekrochen aus den Höhlen des Bösen, um hier bei uns ihre menschenverachtende und gottlose Ideologie unter schwarzen Flaggen, äh Stoffen, zu verbreiten. Jedes noch so ausgeklügelte Detail an der schwarzen Bluse, jede wunderschön fallende Falte im Tuch und auch der edelste Lederschuh verschwinden bei vielen Leuten unter einer dunklen Masse aus Angst und Vorurteilen: alles ein einheitlicher Unterdrückungsbrei, importiert direkt aus Nahost in unsere schöne Farbdemokratie hinein!

Ganz im Ernst, IS: Gib mir meinen Style zurück! Ich will endlich wieder Schwarz tragen und mich dabei seriös fühlen, elegant – oder einfach nur in der Montagmorgenmenschenmasse untertauchen, weil mir nicht danach ist, aufzufallen. Warum nötigst du mich immer wieder, meine Kleidung mit einem gemusterten Kopftuch zu ergänzen, einen knallbunten Schal hinzuzufügen oder an diesen Tagen besonders häufig zu lächeln, zu grüßen oder auf Deutsch zu telefonieren? Nur damit alle checken, dass ich nicht zu dir gehöre, noch nie gehört habe und wirklich, wirklich niemals gehören werde?

Ich weiß, die Menschen in Syrien und im Irak haben ganz andere Probleme mit dir. Schlimmere, tödlichere. Eigentlich müsste ich mein Anliegen unter der Kategorie First World Problems abbuchen. Aber hier geht es um mehr als nur um Mode. Es geht um Offenheit und Freiheit und Selbstbestimmtheit. Es geht um die Fähigkeit der Menschen hier, sich unter dem Tuch mehr als Unterdrückung und Fanatismus vorzustellen. Also, IS: Verabschiede dich auf den Scheiterhaufen der Geschichte! Damit ich in einer bunten Welt in Frieden Schwarz tragen kann.

Quotevon Denkt, 25.10.2015 12:32 Uhr

Wie ein Schlag ins Gesicht
Wenn Frau El-Hassan im Berliner Montagmorgengewühl nicht auffallen will, sollte sie nicht nach dem IS rufen, sondern es an kälteren Tagen vielleicht mit einer Jeans oder mit einen Wollkleid versuchen wie die meisten anderen Berlinerinnen.
Bisher haben wir ja noch keine Kontrolleure, die uns auf unkeusche Kleidung ansprechen. Nach dem Lesen dieses Artikels wird mir vor lauter Schreck ein ganzes Stück klarer, wie wertvoll unsere Freiheit ist, das Stückchen Freiheit, von der freuen Rede bis zur freizügigen Bekleidung.
So wenig, wie ich in Saudi-Arabien im Bikini durch die Innenstadt laufen würde, passt eine Burka - oder wie immer auch die Abstufungen genau sein mögen - nach Berlin.
Für den Mut, einen solchen Artikel zu verfassen, bringe ich sogar ein großes Stück Respekt auf. Wir leben in einem Land, in dem man das darf, gut.
Den Inhalt des Artikels kann ich jedoch wirklich nicht teilen, keinen einzelnen Buchstaben. Jede Zeile ist wie ein Schlag ins Gesicht.


Quotevon Sigra, 25.10.2015 11:54 Uhr

Geschmacksache!
Ich finde dieses Outfit einfach nicht schön und viel zu traurig für eine so junge Frau. Aber wenn sie es so völlig freiwillig für sich ausgewählt hat und alle anderen Frauen sich nicht derart entstellen müssen, dann kann ich es akzeptieren. Es gibt auch Mode-Torheiten abendländischen Ursprungs, die potthäßlich sind. Wenn eine junge Frau mit Konfektionsgröße 54 sich in Leggins und Hot Pants zwängt, das Fett sich in mehreren Gummireifen rund um den Körper herumdrapiert hat, das Stretch-Shirt nichts beschönigt, dazu noch eine Halb-Glatze getragen wird, die Rest-Haare grün eingefärbt sind, finde ich das auch abgrundtief unästhetisch. Trotzdem: Die Menschenwürde ist beiden Arten von Frauen nicht abzusprechen. Ich würde beide gleich höflich behandeln. Und das hat mit mir und dem zu tun, was ich mir selbst an Umgang mit anderen Menschen abverlange.


Quotevon hurrfurr, 25.10.2015 11:07 Uhr

Als Ausländer schäme ich mich manchmal
über die Begehrlichkeiten vieler meiner "Mitausländer", die durch die Toleranz der Deutschen überhaupt erst möglich wurden. Nur zur Erinnerung: Wir sind hier sind freiwillig einem anderen Land. Wir haben uns integriert, indem wir deutsch gelernt haben, unsere Sitten und Gebräuche beibehalten und neue angenommen haben. Inzwischen sind wir in mehreren Generationen hier, haben oft die deutsche Staatbürgerschaft und wollen nicht mehr zurück. Das ist der Stand der Dinge. Und für die Zukunft, als Denkanstoß, gebe ich allen Fans von Frau Nemi El-Hassan mit: Love it, change it or leave it (aus dem Changemangement). Es ist nun mal so, dass ich in meinem Haus, die Regeln aufstelle. Wenn es einem Besucher nicht gefällt, zwinge ich ihn nicht zu bleiben. Ganz einfach!
Übrigens: Ich fühle mich in der Nähe "vermummter" Frauen (auch aus religösen Grunden), nicht wohl und empfinde es als eine Zumutung.
Mann kann auch etwas benehmen einforden! Auch als deutscher! ...


Quotevon Boese_Frau
    25.10.2015 13:34 Uhr

Antwort auf don.bolko vom 25.10.2015 12:21 Uhr
Identitäten?
Guten Tag,
das Problem ist nicht das Entfalten verschiedener Identitäten. Das Problem mit dem Stück Stoff ist die Nachricht, die damit vermittelt wird.
Vorausgeschickt, dass mir bewusst ist, dass die Interpretation der islamischen "Gesetze" regional und kulturell unterschiedlich ausfallen, repräsentiert das Stück Stoff auf dem Kopf (und erst recht eine Burka) etwas, was in diesem Land keinen Platz mehr hat.
Die deutschen Frauen haben sich in den vergangenen Jahrzehnten viele Rechte erkämpft: Sie dürfen arbeiten gehen, ohne, dass der Ehegatte zustimmen muss. Sie dürfen Hosen (oder was immer sie wollen) tragen. Sie dürfen unverheiratet Kinder bekommen, ohne eine Rufschädigung zu erleiden. Usw. usf.
Der Islam repräsentiert das Gegenteilt: Frauen dürfen nicht Auto fahren. Frauen müssen sich verhüllen. Frauen dürfen nicht mit Männern sprechen, sie dürfen ihnen nichteinmal ins Gesicht sehen. Frauen dürfen alleine nicht das Haus verlassen. Frauen haben hinter den Männern herzugehen. Frauen dürfen ihren Ehepartner nicht selbst auswählen.
Unabhängig davon geht es mit Grundrechten weiter: Für Diebstahl wird einem die Hand abgeschlagen. Für Ehebruch wird man gesteinigt. Sofern ein Zeuge benötigt wird, kann dies entweder EIN Mann sein oder an seiner Stelle ZWEI Frauen. Im Islam ist der Wert der Frau als gering einzustufen. Man kann sie sogar gegen Kamele tauschen. Deutschland ist ein Rechtsstaat. Wir haben ein Grundgesetz, welches unser gesellschaftliches Leben organisiert und lenkt.
Der Islam widerspricht wesentlichen Bestandteilen unserer Gesellschaft. Sei es Gleichberechtigung, körperliche Unversehrtheit, das Recht auf freie Wahl (des Arbeitsplatzes, des Partners, der Kleidung, der Lebensführung). Er widerspricht so ziemlich allem, woran uns viel gelegen ist.
Und das ist der Grund, weswegen immer mehr Menschen die Zurschaustellung der Religion (auch durch Tragen entsprechender Kleidung) mit Missfallen bekunden. Das ist keine Frage von Identitäten sondern von Kulturen.


Quotevon KimSchicklang, 25.10.2015 09:06 Uhr

Semotik
Das ist völlig normal. Semiotik, eben. Menschen verknüpfen Zeichen mit bestimmten Bedeutungen. Wenn sich jemand die Haare an der Seite des Kopfs rasiert, den Rest rot färbt und mit Haarspray nach oben stellt, würden viele sagen, dass der Frisurenträger ein Punk ist, selbst wenn dieser Mensch das nicht so sieht. Entweder Mensch steht da dann drüber oder ändert etwas, wenn es ihn stört... eben entweder an seinem eigenen Style oder er sagt denen, die diesen Style zum Markenzeichen gemacht haben, dass sie dann bitte aufhören sollen, das Zeichen weiter zu verwenden. Da letzteres eher illusorisch ist, bleibt eben nur, den eigenen Style zu ändern. Beobachteste Modewellen, dann fällt auf, dass das auch bei anderen Zeichen so ist. Wenn die semiotische Verknüpfung zu nerven beginnt, ändert sich die Mode.


QuoteIldikoS
    24.10.2015 14:35 Uhr

Style
... Denn den IS zu bitten, einer Frau ihren Style zurückzugeben, ist genauso hirnrissig, als wenn ich Theo Waigel bitten würde: Geben Sie mir die D-Mark zurück. Für mich sind die meisten Kommentare ein Streit um Kaisers Bart.


...


Aus: "Kopftuch in Berlin: IS, gib mir meinen Style zurück!" Nemi El-Hassan (20.10.2015)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/berlin/kopftuch-in-berlin-is-gib-mir-meinen-style-zurueck/12461600.html (http://www.tagesspiegel.de/berlin/kopftuch-in-berlin-is-gib-mir-meinen-style-zurueck/12461600.html)

Title: [Gemäß den Ideen des... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 26, 2015, 12:00:08 PM
Quote[...] In der Berliner SPD findet zur Zeit eine Mitgliederabstimmung statt. Unter anderem geht es um das Kopftuchverbot für Lehrerinnen und Polizistinnen – im Dienst, versteht sich. Ob ein Mensch in seiner Freizeit religiöse Symbole trägt oder nicht, ist Privatsache. Auch private Arbeitgeber sind ein anderes Thema, in der Regel müssen sie das Kopftuch zulassen.

Soll eine Lehrerin Kopftuch tragen dürfen? Ich habe mal nachgeschaut, wie die Sache mit dem Kopftuch in den islamischen Staaten geregelt ist. Dabei stößt man auf eine Tatsache, die mich nachdenklich macht. In der Türkei war das Kopftuch in Schulen und Universitäten lange verboten.

Gemäß den Ideen des Staatsgründers Atatürk hat sich die Türkei als ein Land verstanden, in dem Staat und Religion getrennt sind. Studentinnen durften kein Kopftuch tragen, auch für Lehrerinnen war es bis vor wenigen Jahren verboten. Das hat sich erst unter dem ultrakonservativen Staatschef Erdogan geändert. Wurden die türkischen Muslime unter Atatürk und seinen Nachfolgern unterdrückt? Nur ein paar Extremisten dürften dieser Ansicht zuneigen.

In Ägypten war es 50 Jahre lang den Fernsehmoderatorinnen verboten, Kopftuch zu tragen. Als dort die Muslimbrüder an die Macht kamen, wurden sie zum Kopftuch verdonnert. Das Kopftuch im öffentlichen Dienst steht also nicht für ,,den" Islam, sondern für einen konservativen Islam. Es steht für die Idee, dass die Macht des Glaubens Vorrang haben darf vor den Ansprüchen des Staates und den Rechten des Individuums.

Sollten wir uns in Deutschland wirklich an den Ideen von Erdogan oder an den Saudis orientieren, und nicht an den moderneren Strömungen im Islam? In der Türkei war es fast 100 Jahre lang möglich, als Lehrerin Muslimin zu sein und mit dem Kopftuchverbot zu leben, aber uns in Deutschland ist diese türkische Tradition zu locker? Was ist das für ein Signal an die Muslime, die sich hier integrieren sollen?

... Die Macht des Glaubens muss begrenzt werden, durch Gesetze und die Gebote der Menschlichkeit. Das ist eine der wichtigsten Ideen der europäischen Aufklärung. ...

2002 brannte in Mekka eine Schule. 15 Schülerinnen versuchten, sich zu retten. Die Religionspolizei prügelte sie in die Schule zurück, weil die Feuerwehrmänner ihre Haare hätten sehen können. Die Mädchen verbrannten. Nach acht Jahren Diskussion erlaubte Saudi-Arabien, dass die Feuerwehr auch unkorrekt gekleidete Frauen retten darf.

Quotevon feihung
    26.10.2015 09:35 Uhr

Jeder,
der halbwegs vernünftig ist, wird Martenstein hier zustimmen. Zumindest so lange, bis garantiert ist, dass Kopftücher tatsächlich nur noch aus freiem Willen getragen werden. Davon sind wir aber noch weit, weit entfernt. Und solange nur eine Frau in der muslimischen Gesellschaft geächtet wird, wenn sie kein Kopftuch trägt, solange muss mindestens im öffentlichen Dienst darauf verzichtet werden.


Quotevon MadMan
    26.10.2015 07:32 Uhr

Wenn Kopftücher
oder Cannabis erlaubt werden wird nichts passieren.
Also wird es keinen Grund für ein neues Verbot geben.
Das fürchten die Martensteins


Quoteantizyklisches_Kaufverhalten
    25.10.2015 21:33 Uhr

Sind wir ein freies Land?
Dann darf jeder nach seiner Fasson glücklich werden. Wie kommt der Staat dazu, Leuten ihre Bekleidung vorschreiben zu wollen?


Quotevon _bla_
    25.10.2015 18:02 Uhr

Die Religionsfreiheit ist ein Recht des Individuums!
Ein wirklich schlechter Kommentar von Martenstein. Er schreibt: "Es steht für die Idee, dass die Macht des Glaubens Vorrang haben darf vor den Ansprüchen des Staates und den Rechten des Individuums."
Die Religionsfreiheit ist genau ein Recht des Individuums. Es geht in Deutschland doch nicht darum, das Lehrerinnen dazu gezwungen werden ein Kopftuch zu tragen, sondern sie wollen es gerne tragen. Diesen Wunsch, so seltsam er mir auch erscheint, darf ein liberaler Staat nur verbieten, wenn er sehr gute Gründe dafür hat. Wenn ein Grundrecht, hier die Religionsfreiheit, eingeschränkt werden soll, dann muss ohne die Einschränkung schon eine große Gefahr für ein Grundrecht drohen.
Und natürlich waren die Beschränkungen in der Türkei eine Verletzung der Religionsfreiheit. In der Türkei, anders als in Deutschland, lässt sich das Verbot aber immerhin damit begründen, dass ohne ein solches Verbot ein solcher Gruppendruck entstehen würde, das sich kaum eine Frau mehr ohne Kopftuch in die Schule oder Universität traut, diese Gefahr geht in Deutschland von ganz wenigen Lehrerinnen mit Kopftuch gerade nicht aus.
Auch der Vergleich mit Ägypten hinkt: Es ist etwas ganz anders, ob Frauen zum Tragen eines Kopftuchs gezwungen werden oder ob sie es tragen dürfen.
Die Religionsfreiheit beschränkt sich auch nicht darauf, irgendeine als akzeptabel angesehene Richtung einer Religion seiner Wahl zu folgen, sondern jeder einzelne Mensch, kann entscheiden, wie er, falls Vorhanden, seine Religion interpretieren möchte. Religionsfreiheit gilt auch für konservative Muslime.
Und anders als manche andere Staaten hat Deutschland ganz bewusst keinen Laizismus gewählt. Lehrer, und damit auch Muslime, dürfen daher durchaus als religiöse Individuen erkennbar sein.


Quotevon Perry25
    26.10.2015 07:39 Uhr

Antwort auf _bla_ vom 25.10.2015 18:02 Uhr
Das Kopftuch ist nur in wenigen moslemischen Ländern
Tradition! In Westafrika - seit dem 8.jH moslemisch! - ist es anders. Überhaupt hat der Islam - was Kleidung angeht und Sitten - eine sehr große Anpassungsfähigkeit bewiesen! Dies war auch Teil seines Erfolges.

Wenn jetzt Teile der Moslems - vorwiegend aus SA und dem Nahen Osten glauben, sie müssen ihre eigenen Vorstellungen andern Kulturen überstülpen, dann gibt es da keine geschichtlichen Vorbilder!

Der Islam hat sich unseren Sitten in Europa anzupassen, wie er dies immer getan hat!


Quotevon 2010ff
    25.10.2015 17:44 Uhr

Gebt das Neutralitätsgebot...
...im öffentlichen Dienst auf. Dann sollen Christen, Hindus, Buddhisten und Anhänger des Islam tragen, was sie wollen. Der Polizist trägt keine Mütze, sondern einen Turban - sein Glaube will es so.
Und die Polizistin eine Burka. Und wenn ein Mann als Polizist dann auch eine Burka tragen will, dann geht das auch in Ordnung.

Selbstverständlich auch in der Schule und in der Armee.

Dann geben wir doch das Neutralitätsgebot auf. Bitte schön. Wohl bekomms.


Quotevon PhilipKaleta
    25.10.2015 17:29 Uhr

Philip Kaleta
Lieber Herr Martenstein,

Sie fordern zwar eine Entmachtung des Glaubens, beziehen dass allerdings nur auf den Islam. Hat der christliche Glaube keine Macht? oder ist er etwa kein wahrer Glaube?
Quatsch. Sie suggerieren mit ihrem Titel, dass der islamische Glaube bereits mächtig sei in Deutschland. Sie suggerieren, dass die türkische und ägyptische Bürokratie laizistischer sei als die Deutsche und somit dringender Handlungsbedarf bestünde.
Ihre Rhetorik ist zwar subversiv, in ihrem Anliegen aber scharf und konservativ.
Der öffentliche Raum in Deutschland ist bereits durch den christlichen Glauben vermachtet: Kirchensteuer, Kreuze in Schulen, Krankenhäuser die von der Kirche betreiben aber vom Staat (üppig) bezahlt werden.

Erkenntnisse und Fortschritte des langjährigen Diskurses, der sich mit der Problematik von religiösen Symbolen im öffentlichen Raum und der Überscheidung von Kirche und Staat auseinandersetzt, ignorieren sie konsequent.

Lieber Herr Martenstein, Sie fordern nicht die Begrenzung der Macht des Glaubens. Sie fordern nicht die konsequente Trennung von Kirche und Staat.
Sie missbrauchen die Ideale der Aufklärung und des Laizismus für ihre konservativ-christliche Rhetorik, um das Narrativ vom fremden, machstrebenden Islam zu stärken.


...


Aus: "Ein Plädoyer für das Kopftuch-Verbot im öffentlichen Dienst" Harald Martenstein (25.10.2015)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/politik/harald-martenstein-ueber-islam-und-aufklaerung-ein-plaedoyer-fuer-das-kopftuch-verbot-im-oeffentlichen-dienst/12493726.html (http://www.tagesspiegel.de/politik/harald-martenstein-ueber-islam-und-aufklaerung-ein-plaedoyer-fuer-das-kopftuch-verbot-im-oeffentlichen-dienst/12493726.html)
Title: [Wie sehr sich Gesellschaften verändern... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 26, 2015, 12:10:24 PM
Quote[...] "Die Zeiten ändern sich und wir Christen müssen uns auch immer ändern", predigte Papst Franziskus am Freitag in der Frühmesse. Wie sehr sich Gesellschaften verändern, zeigt sich besonders in den Familien. Auch in der katholischen Welt reicht die Vielfalt mittlerweile von der Vielehe in einigen Teilen Afrikas bis zu gleichgeschlechtlichen Partnerschaften im Westen. Die Erfahrungen von Bischöfen und Priestern der Weltkirche sind zu disparat und die Schlussfolgerungen, die sie daraus ziehen, zu unterschiedlich, als dass sie sich noch auf einen gemeinsamen Nenner bringen lassen. Das hat die Bischofssynode gezeigt, die am heutigen Sonntag in Rom zu Ende geht.

Drei Wochen lang haben 270 Bischöfe darüber debattiert und heftig gestritten, wie die katholische Kirche künftig über das Thema Familie, Ehe und Sexualität sprechen will. Denn Franziskus, dem Apostel der Barmherzigkeit, liegen die Familien am Herzen, die glücklichen wie die gescheiterten. Nirgendwo sonst kommen sich Menschen so nahe wie in Familien, nirgendwo sonst verletzen sie sich so nachhaltig. Doch der von Franziskus und den Reformern in seiner Kirche erhoffte gemeinsame Schritt der Bischöfe nach vorne ist ausgeblieben. Die meisten Traditionalisten beharrten auf ihrer Position. Das ist die schlechte Nachricht.

Das Abschlussdokument, über das die Bischöfe am Samstag abstimmten, verzichtet auf eine rigoristische Sprache und lässt vieles offen. Das ist die gute Nachricht. Wie es scheint, hat die katholische Kirche mit dieser Synode aufgehört, den Menschen in jeder Situation vorschreiben zu wollen, was sie zu tun haben. Es ist jetzt an Franziskus, aus dieser Erkenntnis Schlussfolgerungen zu ziehen und Entscheidungen zu treffen.

Das wird er auch selbstbewusst tun. Denn so sehr er sich eine synodale Kirche wünscht, so sehr hat er erst vor wenigen Tagen bekräftigt, dass der Papst das letzte Wort hat.

Wohin es gehen soll, hat er immer wieder deutlich gemacht, auch kürzlich bei seinem Besuch in den USA und auch am Freitag noch einmal: ,,Wir müssen uns ändern, indem wir im Glauben in Jesus Christus festbleiben, fest in der Wahrheit des Evangeliums, doch unsere Haltung muss sich fortbewegen." Franziskus rüttelt nicht an Lehre und Dogmen, er verändert die Haltung, mit der seine Kirche den Menschen begegnet: den Menschen zugewandt, barmherzig, fürsorglich, liebevoll. Und zwar allen, egal ob sie nach dem katholischen Katechismus leben oder nicht.

Normen und Dogmen sind abstrakt. Barmherzigkeit und Fürsorge sind konkret und an den jeweiligen Ort und seine Menschen gebunden. Deshalb will Franziskus den nationalen Bischofskonferenzen mehr Freiraum geben. Sie sollen selbständiger entscheiden können, wozu sie die Barmherzigkeit drängt.

In Deutschland könnten dann zum Beispiel Bischöfe und Pfarrer in Einzelfällen wiederverheiratete Geschiedene zu den Sakramenten zulassen, von denen sie bisher ausgeschlossen sind, – und die konservativen Kollegen in Afrika könnten weiterhin auf die Dogmen pochen und allen, die in ,,irregulären" Situationen leben, die Hostien verweigern.

Doch die Spannung zwischen Moderne und Tradition, zwischen Theorie und Praxis wird bleiben. Die Vielfalt des Lebens und der Wirklichkeit, der Franziskus auf seelsorgerlichem Wege gerecht werden möchte, verträgt sich letztlich nicht mit dem autoritären System der katholischen Kirche. Und auf den guten König kann schnell ein unfreundlicher Autokrat folgen.

Quotevon Oremus, 25.10.2015 15:10 Uhr

Alle Weisheit kommt von Gott . Die Vernunft ist die "Göttin" der Aufklärung .Aber die Vernunft des Menschen ist Torheit vor Gott . Der Weise baut sein Haus auf Stein , der sich vernünftig glaubende auf Sand. Gott, Christus hat nur eine Kirche gestiftet, mit Petrus als Fels.


Quotevon Weissbaer, 25.10.2015 15:53 Uhr

... "Alle Weisheit kommt von Gott".
... Dogmatisch, inhaltslose Sprüche, ob von dem einen oder anderen imaginären Gott angeblich stammend, genügen längst nicht mehr als Antwort. Wär`s immer noch so, dürften wir hier nicht einmal ansatzweise auch nur darüber diskutieren.

... Übrigens "Oremus", Vernunft ist weder Göttin noch Gott. Vernunft ist, wenn weder Göttin noch Gott erfunden oder erdacht [werden].

...


Quotevon leser_49
    25.10.2015 16:19 Uhr

Antwort auf Oremus vom 25.10.2015 15:15 Uhr
nun ja, das mit der "Weisheit" ist so eine Sache. Was dem einen weise erscheinen mag, ist für den anderen die reine Narretei oder "Sünde". Und das kann sich im Laufe der Jahrhunderte durchaus ändern, sogar in der katholischen Kirche. Ganz wie im "richtigen Leben". Und wenn die "Weisheit" nur von Gott kommt, woher kommen dann Dummheit, Irrtümer etc.


Quotevon KPH, 25.10.2015 18:50 Uhr

Antwort auf Oremus vom 25.10.2015 12:10 Uhr
Frei Denken und Handeln - von Religionen verboten! - Ich bin Agnostiker - also glaube ich, aber nicht an diese "Papiergötter", die von Menschen aufgeschrieben sind, um andere Menschen zu richten und hinzurichten!


Quotevon Berlinfrank
    25.10.2015 07:19 Uhr

Katholische Kirche - Es fällt schwer zu glauben wie sich die Gläubigen von einer Handvoll Alten, Kinderlosen und Knöchernen Männern ohne Kinder bevormunden lassen, oder lassen müssen. Homosexuelle werden benachteiligt, dabei sind sicher sehr viele Bischöfe und Kardinäle vom gleichen Stern fühlen und fühlen so.
Das gleiche Personal was versucht hat die vielen unsäglichen Kindesmissbräuche zu vertuschen, redet von Moral und Ethik - eigentlich widerlich dieses Verhalten im Jahr 2015. Geschieden Menschen verurteilen sie, nehmen ihnen Jobs weg und und und - ein Wunder dass sich die Menschen das noch gefallen lassen in der heutigen Zeit und brav ihre Kirchensteuern bezahlen. ... Fanny und Alexander war ein guter Film und ist sicher heute noch genauso aktuel, was das Bodenpersonal Gottes betrifft.


...


Aus: "Der Papst und die Bischofssynode: Die Vielfalt des Lebens verträgt sich nicht mit der autoritären Kirche" Claudia Keller (25.10.2015)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/politik/der-papst-und-die-bischofssynode-die-vielfalt-des-lebens-vertraegt-sich-nicht-mit-der-autoritaeren-kirche/12493896.html (http://www.tagesspiegel.de/politik/der-papst-und-die-bischofssynode-die-vielfalt-des-lebens-vertraegt-sich-nicht-mit-der-autoritaeren-kirche/12493896.html)

Title: [Eine Weltuntergangsvision... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 28, 2015, 11:08:09 AM
Quote[...] Eine Weltuntergangsvision, die in naher Zukunft spielt. Aber sie entstammt der Vergangenheit, ist vierzig Jahre alt. Die Frontlinie zwischen Arm und Reich, Schwarz und Weiß verläuft exakt an der Côte d'Azur, am Strand des Mittelmeers. Verschwunden sind zwischen Nizza und Saint-Tropez über Nacht ,,die verchromten Yachten, muskelbepackten Wasserskifahrer, sonnengebräunten Mädchen, dicken Mädchen". Auf dem verlassenen Meer liegt stattdessen ,,eine verrostete Flotte vom anderen Ende der Welt, die keine fünfzig Meter vom Ufer entfernt auf Grund gelaufen sind".

Neunundneunzig Schiffe waren in Indien aufgebrochen, beladen mit Elendsgestalten. Die ,,Vorhut einer Gegenwelt", eine ,,Invasion". Die ausgehungerten Inder, als wimmelnde Insekten beschrieben und angeführt von einem ,,Krüppel" namens ,,Kotkäfer", werden den Strand stürmen, dabei einige Mönche tottrampeln, die ihnen zur Hilfe eilen wollten, und Frankreich sowie das gesamte Abendland überlaufen. Die französische Armee gibt kaum einen Schuss ab, Zivilisten hissen weiße Fahnen. ,,Frankreich hat nachgegeben": Feigheit vor dem Feind, eine schändliche Kapitulation. Und in anderen Regionen der Dritten Welt sammeln sich bereits neue ,,Einwandererflotten".

Das xenophobe und rassistische Szenario entstammt dem Roman ,,Das Heerlager der Heiligen" des französischen Schriftstellers Jean Raspail. Der Royalist und traditionelle Katholik, der 1925 geboren wurde und in Neuilly-sur-Seine bei Paris lebt, hatte seine ideologisch überladene Dystopie 1973 veröffentlicht. Zwei Millionen Exemplare wurden verkauft, zuletzt war nur eine englische Übersetzung lieferbar. Jetzt ist die erste vollständige deutsche Ausgabe von ,,Das Heerlager der Heiligen" herausgekommen, im Antaios Verlag, einschlägig bekannt für neorechte Publikationen. Raspails Roman ist dabei, zum Kultbuch der Pegida-Bewegung sowie anderer Rechter und Rechthaber zu werden. Falls Pegida-Demonstranten überhaupt 400-seitige Romane lesen.

Als Science-Fiction-Geschichte oder Thriller funktioniert das Buch nicht, dafür bleibt die Handlung zu oft im dozierenden Redeschwall seiner Figuren stecken. Aber seine markigen Meinungen, die penetrant wiederholten Warnungen vor einem ,,Ansturm auf das Abendland" scheinen auf gespenstische Weise einen Widerhall in den Parolen der Extremisten von Dresden, Nauen, Dortmund, Heidenau oder Meißen zu finden.

Der Verlag Antaios, benannt nach einer von Ernst Jünger herausgegebenen Zeitschrift und auf einem Rittergut in Sachsen-Anhalt beheimatet, ist eng mit dem ,,Institut für Staatspolitik" und der Wochenzeitung ,,Junge Freiheit" verbunden. Antaios sieht sich in der Tradition der Konservativen Revolution zu Zeiten der Weimarer Republik, das Institut gilt als ein wichtiger Thinktank der Neuen Rechten.

Der österreichische ,,Heerlager"-Übersetzer Martin Lichtmesz, hervorgetreten mit seinem Anti-Charlie-Hebdo-Traktat ,,Ich bin nicht Charlie", verweist im Vorwort zu Raspails Buch auf die Aktualität des Stoffes. Anders als im Roman mit seinen Hungergestalten drängten nun allerdings ,,in der Mehrzahl junge, kräftige Männer" nach Europa. Was im Klartext wohl heißen soll, dass der verweichlichte Westen sich ihrer noch weniger erwehren kann. Der Krieg der Kulturen ist unausweichlich.

Die toxischen Ideen des Buches sind bereits dabei, in den Mainstream einzusickern. So beschreibt der ,,Welt"-Reporter Matthias Matussek in einem Porträt, wie er dem Bestseller-Biografen Rüdiger Safranski Raspails Traktat als ,,unglaublichen Roman zum Thema" Asyl empfiehlt. Safranski reagiert neugierig, schimpft über die Asyl-Gesetze und sagt: ,,Die Politik hat die Entscheidung getroffen, Deutschland zu fluten." Matussek veröffentlichte eine große Eloge auf ,,Das Heerlager der Heiligen" in der Züricher ,,Weltwoche", die der rechtspopulistischen und ausländerfeindlichen Schweizerischen Volkspartei des Unternehmers Christoph Blocher nahesteht.

Mehr als 490 Übergriffe auf Flüchtlingsheime hat es in Deutschland in diesem Jahr bereits gegeben, darunter mehrere Dutzend Brandanschläge. Das waren mehr als drei Mal so viele Straftaten wie im letzten Jahr. Die AfD-Vorsitzende Frauke Petry hatte einen ,,heißen politischen Herbst" angekündigt. Der Herbst ist jetzt schon ziemlich heiß. Erst trugen Pegida-Demonstranten einen Galgen durch Dresden, an dem Mordaufrufe befestigt waren: ,,Reserviert Angela ,Mutti' Merkel" und ,,Reserviert Siegmar (sic!) ,das Pack' Gabriel". Letzte Woche dann bedauerte der Pegida-Redner Akif Pirinçci zum ersten Jahrestag der ,,Bewegung" nicht bloß, dass die KZs ,,derzeit außer Betrieb" seien, ,,leider". Er beschimpfte auch Politiker als ,,Gauleiter gegen das eigene Volk" und bezeichnete die Grünen als ,,Kinderfickerpartei".

Weniger vulgär, doch mit ähnlich militanter Verachtung urteilt auch Jean Raspail im ,,Heerlager der Heiligen" über Politiker. Er nennt sie ,,gebügelte Silberzungen", deren Hirne bei jeder Gelegenheit ,,eine süße Sahne ejakulierten". Sie verraten das Volk, weil sie, genau wie ,,die große Hure der Massenmedien", die Bedrohung durch die Fremden herunterspielen und sich zu arrangieren suchen. Größer ist Raspails Abscheu nur vor mitleidigen Kirchenleuten, den ,,Kondottiere der Heiden", und einem Papst, der in demonstrativer Bescheidenheit auf einem Strohthron Platz nimmt.

Seine Selbstlosigkeit erinnert an die von Papst Franziskus. Aber für christliche Tugenden wie Nächstenliebe und Wohltätigkeit ist in diesem reaktionären Weltbild kein Platz. Rassismus hält Raspail für ein Naturgesetz: ,,Der Mensch hat nie das Menschengeschlecht en bloc geliebt, sondern immer nur diejenigen, die er als seinesgleichen betrachtete." Matussek rühmt den Autor als ,,Stilist von Gnaden". Doch die Lektüre des Romans ist zäh, die Wortwahl oft plump (,,bohrender Kohldampf"), die Dramaturgie überraschungsfrei.

Wenn bei den Pegida-Demonstrationen von Journalisten, auch ,,Presstituierte" genannt, die Rede ist, schreien die Protestler ,,Arbeitslager!". ,,Abschieben!", heißt es über Politiker, und wenn es um die Regierung geht: ,,Widerstand!". Die Kommunikationswissenschaftlerin Anna-Maria Schielicke hat für die ,,Dresdner Neuesten Nachrichten" die Sprache der Pegida-Wutbürger untersucht und den Zusammenhang zwischen den verrohten Begriffen und einer wachsenden Gewaltbereitschaft erläutert.

So hat etwa Tatjana Festerling, die für Pegida bei den Kommunalwahlen kandidierte, einen Aufruf des ehemals extrem linken, jetzt rechtsradikalen Publizisten Jürgen Elsässer aufgegriffen und an Soldaten wie Polizisten appelliert, sich auf ein ,,Recht auf Widerstand" zu berufen und die Arbeit niederzulegen. Das wäre ein kalter Staatsstreich. Kritiker werden von Pegida als ,,Insekten", ,,Viehzeugpack" oder ,,Herrenmenschen" tituliert. Doch Alexander Gauland, stellvertretender Vorsitzender der AfD, die in Wahlumfragen bei 7 Prozent liegt, sagt: ,,Diese Leute können unsere natürlichen Verbündeten sein."

Kürzlich beklagte der Schriftsteller Botho Strauß das allmähliche Verschwinden, genauer gesagt, die Auslöschung der deutschen Kultur. Die ,,Sozial-Deutschen" seien ,,nicht weniger entwurzelt als die Millionen Entwurzelten, die sich nun zu ihnen gesellen". Apokalypse, auch hier. Der Geistesmensch Strauß kommt sich vor wie das Relikt einer aussterbenden Art, seinen ,,Spiegel"-Essay nannte er ,,Der letzte Deutsche".

Aber sein Einsamkeitsgefühl ist kein Alleinstellungsmerkmal. Jean Raspail hat einen Essayband mit dem analogen Titel ,,Der letzte Franzose" veröffentlicht. Anders als bei Strauß beschränkt sich seine Sorge nicht auf eine Nation, sie gilt der ganzen ,,700 Millionen zählenden weißen Rasse". In einem früheren Vorwort zu ,,Das Heerlager der Heiligen" prophezeit Raspail: ,,Diese kommenden Zeiten werden grausam sein." Grausam ist diese obszöne Literatur, die sich in blutigen Endzeitfiktionen suhlt.

Quotevon rino_a_berlino
    27.10.2015 18:11 Uhr

Ich kenne das Buch - Man sollte es einfach lesen und eine eigene Meinung bilden.

Quotevon purist
    27.10.2015 19:18 Uhr

Antwort auf rino_a_berlino vom 27.10.2015 18:11 Uhr
@rino
Ich jedenfalls muss nicht dieses Buch lesen (Rezensionen reichen mir), um mir eine Meinung über Neo-Faschisten zu bilden.


Quotevon kerrin
    27.10.2015 20:24 Uhr

Antwort auf purist vom 27.10.2015 19:18 Uhr
mir
reicht auch schon der Wiki-Artikel dazu... (ausnahmsweise)


Quotevon beccon
    27.10.2015 21:14 Uhr

Antwort auf purist vom 27.10.2015 19:18 Uhr
selber lesen vs. nachplappern
Doch, das sollten Sie. Anders wird es lächerlich.

Es gab mal in den 50ern einen Prozeß gegen Beate Uhse, wo Leute als Zeugen auftraten, die sich durch den Inhalt der Kataloge ihres Unternehmens belästigt gefühlt - die entsprechenden Umschläge aber nachweislich gar nicht geöffnet hatten.


Quotevon DaW
    28.10.2015 07:31 Uhr

Antwort auf rino_a_berlino vom 27.10.2015 18:11 Uhr
... Müssen Sie Abwasser eigentlich probieren, um sich "eine eigene Meinung zu bilden" und zu wissen, dass es ungenießbar ist?



Quotevon sgt.flower
    27.10.2015 17:00 Uhr

"Das Heerlager der Heiligen"
ist meines Erachtens erstmals 1985 in deutscher Sprache erschienen und damals gab es diese Pegida auch noch nicht.

Bei seinem Erscheinen 1973 löste es in Frankreich auch keinen Skandal aus, nicht einmal eine Debatte.


Quotevon Kulen-ist-lecker
    27.10.2015 14:34 Uhr

Lesewarnung? Eher Werbung!
Das nenne ich mal Werbung.
Von Lesewarnung keine Spur.
Die von Christian Schröder benutzten Beleidigungen werden den Verkauf des Buches nur noch ankurbeln.
Ob er das so beabsichtigt hatte? ...


Quotevon yohak
    27.10.2015 14:00 Uhr

Fairness
Es wäre ein Gebot der Fairness (wie auch der Leserfreundlichkeit), daß, wenn man Artikel kritisiert, man dazu auch die Links bereitstellen sollte, damit sich der Leser ein eigenes Bild machen kann, wenn er will. Für die beiden Matussek-Artikel habe ich mal die Links herausgesucht, es sind http://www.welt.de/politik/deutschland/article146941915/Deutschland-fluten-Da-moechte-ich-gefragt-werden.html und http://www.weltwoche.ch/ausgaben/2015-40/literatur-lust-die-eigene-kultur-auszuloeschen-die-weltwoche-ausgabe-402015.html. ich möchte jedoch den Tagesspiegel herzlich bitten, sich künftig selbst um Mindeststandards einer fairen Auseinandersetzung zu bemühen.


Quotevon halfscot
    27.10.2015 13:52 Uhr

Was will uns der Autor sagen?
Hitlers Lieblingskomponist war Wagner. Darf jetzt Frau Merkel Wagner nicht mehr gut finden?
Es ist doch kein Wunder, dass die Kritiker unserer Asylpolitik diesen Roman empfehlen. Die düstere Dystopia droht doch wahr zu werden. Das hat schon der Grüne Palmer gemerkt. Das Traktat von Herrn Schröder wird daran nichts ändern. Die Ängste vieler Menschen sind alles Andere als diffus, wie uns ständig erklärt wird.
Auch der Roman 'Unterwerfung' drückt das deutlich aus.


Quotevon WLAN
    27.10.2015 10:39 Uhr

Die Wut muss sehr groß sein
Ich habe von dem Buch noch nie gehört - jetzt kenne ich es. Akif Pirinçci kannte ich vorher noch nicht, aber dank der stets belehrenden Journalisten, die uns ja unbedingt zeigen müssen wie böse er ist, kennen ihn nun viele. Dabei wäre jeder Kommentar zu Pirinçci überflüssig gewesen, denn die Worte sprechen für sich. Hinter diesem "Empörungs-Journalismus" steckt eine unermessliche Wut auf Bürger, die anderer Meinung sind als die veröffentliche Meinung der Politiker und Journalisten, die tagtäglich in Tals-Shows oder Nachrichten als "politisch-korrekt" verkauft wird. Man sollte sich fragen, ob brennende Asylbewerberheime unbedingt in einem Zusammenhang mit einem "heißen Herbst" seitens der AfD in Verbindung gebracht werden müssen, denn die AfD hat noch nie vor Asylbewerberheimen demonstriert. Und Herrn Gauland, der etwa vor einem Jahr bei PEGIDA war und das als "Potpourri" bezeichnet hatte, nun in eine Verbindung mit der viel radikaleren PEGIDA in einen Topf zu werfen, disqualifiziert den ganzen Artikel.

Quotevon hammerling
    27.10.2015 11:42 Uhr

Antwort auf WLAN vom 27.10.2015 10:39 Uhr
@WLAN
War es nicht Gauland, der die PEGIDA als "die natürlichen Verbündeten der AfD" bezeichnete? Das hat er anders gemeint, stimmt's?


Quotevon WLAN
    27.10.2015 13:05 Uhr

Antwort auf hammerling vom 27.10.2015 11:42 Uhr
@hammerling - bitte Gauland richtig zitieren
Gauland hat gesagt, dass diese Menschen unsere natürlichen Verbündeten sind. Das bezog sich nicht unbedingt auf die Veranstalter. Frau Petry hatte bei dem einzigen Treffen mit den PEGIDA-Veranstaltern (noch bevor Bachmanns Facebook-Einträge bekannt waren) diesen offen gesagt, dass man weiß, dass bei PEGIDA auch Rechtsradikale mitlaufen.
Aber es ist eine Falschaussage, wenn man alle 20.000 Menschen, die zu PEGIDA gehen, als Rechtsradikale beschimpft. Wer in Dresden mit der Politik der GroKo nicht zufrieden ist, der geht zu PEGIDA - wohin soll er denn sonst gehen ? Daran ändert die Tatsache nichts, dass die Redner bei dieser Demo keine intellektuelle Glanzleistung abliefern. Es reicht schon das Gefühl, dass man mit seiner Denkweise nicht allein ist. Und es gab ja auch Stimmen, die bei Pirinçcis Rede "keine Hetze" gerufen haben.



...


Aus: "Das Kultbuch der Neuen Rechten - eine Lesewarnung" Christian Schröder (27.10.2015)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/kultur/jean-raspail-das-heerlager-der-heiligen-das-kultbuch-der-neuen-rechten-eine-lesewarnung/12500440.html (http://www.tagesspiegel.de/kultur/jean-raspail-das-heerlager-der-heiligen-das-kultbuch-der-neuen-rechten-eine-lesewarnung/12500440.html)

Title: [Die Regierung in Burma will... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 29, 2015, 12:53:37 PM
Quote[...] Die Regierung in Burma will die Rohingya auslöschen - das belegen Juristen der Yale-Universität in einem aktuellen Untersuchungsbericht. Sie beklagen die systematische Verfolgung der muslimischen Minderheit.

In zehn Tagen wählt Burma bei den ersten freien Wahlen seit Jahrzehnten ein neues Parlament. Die Abstimmung am 8. November gilt als Meilenstein auf dem Weg zur Demokratisierung des Landes.

Doch trotz dieses Fortschritts: Für die muslimische Minderheit der Rohingya ist die Menschenrechtslage unerträglich. Forscher der Yale-Universität werfen der Regierung einen Genozid an den Rohingya vor. Die Wissenschaftler analysierten die Verfolgung der mehr als eine Million Menschen für die Menschenrechtsorganisation Fortify Rights.

"Rohingya sind existenziell bedroht, und ihre Lage wird immer schlimmer", sagte Fortify-Rights-Direktor Matthew Smith. "Es ist an der Zeit, dass die internationale Gemeinschaft etwas tut."

Nach der Analyse der Yale-Experten entspricht die systematische Verfolgung der Rohingya den gängigen Definitionen von Völkermord. Angehörige der Volksgruppe würden ermordet. Die Lebensbedingungen sowie Heiratsverbote und Vorschriften über die Kinderzahl seien darauf angelegt, die Volksgruppe zu zerstören. Behörden und Politiker zeigten mit ihren Aktionen und Äußerungen, dass sie es auf die Ausrottung der Gruppe angelegt haben.

Mehr als 80 Prozent der gut 51 Millionen Einwohner Burmas sind Buddhisten. Die überwältigende Mehrheit unterstützt die Diskriminierung gegen die Rohingya.

Die Muslime leben teils seit vielen Generationen in der Rakhine-Region im Westen des Landes. Burmas Regierung bezeichnet sie als illegale Einwanderer aus dem Nachbarland Bangladesch und verweigert ihnen die Staatsbürgerschaft und grundlegende Rechte.

2012 kam es zu schweren Unruhen, bei denen buddhistische Mobs unter den Augen der tatenlosen Sicherheitskräfte Rohingya ermordeten und Häuser in Brand steckten. Dutzende Menschen wurden getötet. Die Behörden zwangen daraufhin 140.000 in Lager, in denen es weder genügend Nahrung noch Gesundheitsversorgung gibt.

...


Aus: "Drohender Völkermord an Rohingya: Burma verfolgt muslimische Minderheit systematisch" (29.10.2015)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/burma-juristen-beklagen-voelkermord-an-rohingya-a-1060100.html (http://www.spiegel.de/politik/ausland/burma-juristen-beklagen-voelkermord-an-rohingya-a-1060100.html)

Title: [Aber das Netz ist voll von solchen Geschichten.... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 02, 2015, 05:48:46 PM
Quote[...] "Flüchtlingsdebatte: Männer, Monster und Muslime" Eine Kolumne von Jakob Augstein (02.11.2015)

Der dauergeile Muslim. Das ist der Schrecken des Abendlands. Mit der Zahl der Flüchtlinge wächst der fremdenfeindliche Reflex. Ganz vorne: die Angst vor den jungen, aggressiven Männern mit den dunklen Augen.

Zu Hause unterdrücken sie ihre eigenen Frauen. Jetzt bedrohen sie unsere. Betonung auf "unsere". Da lässt sich von linken Emanzen bis zu rechten Pöblern eine erstaunliche Einigkeit herstellen in Einwanderungs-Deutschland.

Der AfD-Politiker Uwe Wappler aus Niedersachsen hat dem Fernsehmagazin "Panorama" neulich die Geschichte eines zwölfjährigen Mädchens erzählt, das im Bereich Unterweser von einem Flüchtling vergewaltigt worden sein soll: "Wenn so etwas passiert und man greift aus Political Correctness nicht ein und macht die Täter nicht dingfest, dann ist das Anarchie."

Der Reporter fragt nach. Wappler sagt, er habe den Vorfall nicht "exakt präsent". Der Reporter bleibt hartnäckig. Da sagt der AfD-Mann: "Ich gestehe Ihnen zu, dass Sie hier sehr gute journalistische Arbeit machen. Da haben Sie mich auf dem falschen Fuß erwischt."

Offenbar fängt Herr Wappler erst an mit dem Rechtspopulismus. Als Profi hätte er laut "Lügenpresse" gerufen und den Reporter angeschnauzt, was ihm eigentlich einfalle...

Aber das Netz ist voll von solchen Geschichten. Das sexuelle Gerücht über den Ausländer schwappt gerade über. Das Erschreckende: Es wird von allen Seiten genährt.

Die CDU-Politikerin Julia Klöckner spricht von Männern "mit einem mittelalterlichen Frauenbild". Der Historiker Jörg Baberowski sieht überall "junge, ungebildete und aggressive Männer". Alice Schwarzer fordert: "Wir müssen auch von den Macho-Männern Respekt vor Demokratie und Rechtsstaat, vor Frauen und Kindern einfordern." Und in Hessen haben Organisationen, die sich um die Rechte von Frauen kümmern, vor Männern gewarnt, "die Frauen ohnehin eine untergeordnete Rolle zuweisen und allein reisende Frauen als "Freiwild behandeln."

Jung, aggressiv, mittelalterliches Frauenbild, Machos, behandeln Frauen wie Freiwild. Die Flüchtlinge haben noch nicht mal ihre Sachen ausgepackt, aber wir wissen schon alles über sie.

Im Jahr 2014 stammten zwei Drittel der Asylanträge in Deutschland von Männern. Mehr als 70 Prozent waren jünger als 30 Jahre. Das ist auch nicht verwunderlich. Die Flucht nach Norden ist anstrengend und gefährlich. Wer kann, geht allein vor und lässt Frau und Kinder erst einmal zurück. Aber Pegida und "Emma" sind sich einig: diese Flüchtlinge stellen ein Problem dar. Sie sind Männer und Muslime - und sie sind jung. Hier treffen sich Bildungsbürger von der CDU mit Rüpelbürgern von der AfD und auch grüne Willkommensfreunde nicken verständnisvoll.

Kulturchauvinismus und Rassismus überwinden alle Grenzen. Und zusätzlich fürchtet unsere alternde Gesellschaft die Virilität der Kommenden.

Man kann die Mechanismen der Sozialpsychologie derzeit beobachten wie im Lehrbuch. Alte Metaphern kehren zurück. Die österreichische Innenministerin Johanna Mikl-Leitner sprach von neuen Sicherungsmaßnahmen, die notwendig geworden seien, weil der "Zustrom" größer als der "Abfluss" sei. Schwemme, Strom, Brandung. Die Flüchtlinge ergießen sich über uns. So haben seinerzeit die Nazis über die Kommunisten geredet, als sie die "rote Flut" beschworen und die "Welle des Bolschewismus".

Der Fremde und seine bedrohliche Sexualität - das ist in Wahrheit das älteste Vorurteil des Rassismus. Schwarze haben den Längsten und Juden können am längsten. Das erzählt der Herr im Flugzeug der interessierten Blondine. Und stellt sich dann als Shlomo Lumumba vor. Als Witz funktioniert die Übertragung sexueller Ängste und Phantasien ganz gut.

In der Wirklichkeit hört der Spaß hier auf.

Gerade der Orient war immer der Ort für eigene sexuelle Projektionen.

Schleier und Tänze, Harem und Badehaus - und natürlich die Vielehe - versprachen eine andere Sexualität, freier, mit weniger Schuld. Der triebhafte Araber, der schamlos-lüsterne Jude, das sind die Erfindungen des Westens. Im Nazi-Film "Jud Süß" vergewaltigt der Jude Oppenheimer die brave Dorothea, die daraufhin ins Wasser geht.

Und wenn man sich lange genug mit gebildeten Zeitgenossen unterhält, stehen die Chancen nicht schlecht, dass irgendwann einer sagt, der Islam sei in seiner ganzen Frauenverachtung doch in Wahrheit eine Religion für Schwule. Eine sonderbare Drehung, weil der Muslim dann gleichzeitig als Frauenfeind gelten kann und dennoch kein "richtiger Mann" ist. Aber das passt dann zu einem Diktum von Adorno: "Totalität und Homosexualität gehören zusammen."

Das sagt alles freilich mehr über den Zivilisationsgrad der Deutschen aus als über den der Flüchtlinge. Und mit Wahrheit hat es nichts zu tun. Nur mit dem Gerücht.

Leider kein Gerücht ist der Tod eines vierjährigen Jungen aus Bosnien. Er wurde Opfer eines Sexualverbrechens, das ein Deutscher an ihm begangen hat.

Quote
8. Gegendarstellung wenn es erlaubt ist
Ottokar heute, 15:15 Uhr
Unter den deutschen Monteuren die im Nahen Osten tätig waren herrschte die Meinung vor das die eingeborenen Männer ihre Frauen nicht auf die Strasse lassen aus Angst das wenn diese mit den Monteuren anbandeln die eingeborenen Männer schlechte Karten zur Fortpflanzung hätten.


Quote
14. Psychologie ...
unbekanntgeblieben heute, 15:24 Uhr
Geäußerte, unbegründete Ängste stellen sich doch hin und wieder als ein auf Mangel an Wissen auf andere projeziertes Selbstbild raus ... Zu deutsch: "Wer am lautesten Betrug unterstellt, fürchtet am meisten das seine Absichten erkannt werden " Den meisten scheint nicht klar zu sein, das die 'Informationen' die sie anderen andichten (Vorurteile), ihrer eigenen Fantasie entspringen. ...



QuoteDanke
sued78 heute, 15:27 Uhr
... Vorurteile sind viele einfacher als rationales denken .


Quote
22. Was soll diese Polemik
harryhorst heute, 15:39 Uhr
vom dauergeilen Muslim? Das kulturelle Problem ist die Einstellung vieler junger männlicher Muslime Frauen gegenüber. Ich habe an einem Charlottenburger Gymnasium immer wieder erlebt, wie junge Muslime aus der Türkei oder Palästinenser eine Zensurenbeurteilung in Klausuren oder auf dem Zeugnis nicht akzeptieren wollten, da ein Mann sich nicht von einer Frau beurteilen lassen kann. Ähnliches gilt für die dargestellte Überheblichkeit gegenüber den unwerten Ungläubigen. Von aggressiver Homophobie wird uns von Schülern immer wieder berichtet, meist hinter vorgehaltener Hand aus Scham. Augstein sollte sich mal im Alltag an der Basis umsehen, statt sich aus seiner schönen Villa heraus ein schönes Bild selber malen.


Quote
25. Bis zum letzten Satz gut
Firewing6 heute, 15:40 Uhr
Ich gebe zu, dass ich auch das Bild des "mittelalterlichen jungen Arabers" im Kopf habe. Der Artikel hat mich nachdenklich gemacht. Ich fand die Ausführungen überzeugend. Dann kommt der letzte Satz und Augstein schafft es wie immer alles zu verzerren. Ohne Moralkreule geht es eben nicht. Jetzt bin empört und (wieder einmal) enttäuscht vom Autor.


Quote
31. Andere Menschen, gleicher Kopf
Semonides heute, 15:46 Uhr
[Zitat von bekkawei] ...Damals war das gesellschaftliche Klima bei weitem nicht so nachgiebig. Ein "Herfallen" über Frauen hätte zu einem Auftsand geführt. ... Die Gastarbeiter damals malochten von morgens bis abends. Die jungen Männer in den Aufnahmelagern jetzt haben Zeit ohne Ende.

Dennoch sagte man damals den jungen Männern nach, sie würden stets jungen deutschen Frauen nachsteigen. Und warnte junge Frauen entsprechend. Vorurteile sind dieselben. Dass es Vorurteile sind merkt man spätestens daran, dass die jungen Männer austauschbar sind: Gastarbeiter, Südeuropäer, Türken, und heute eben Muslime. Gleich bleibt nur eins: der Kopf, in dem die Vorurteile toben.


Quote
32. Danke Herr Augstein
rambazamba1968 heute, 15:47 Uhr
Statt uns zu schämen für Europa, wenn jeden Tag Menschen im Meer ertrinken, über Land fast erfrieren und in Deutschland Flüchtlinge angegriffen werden, Flüchtlingsheime brennen, fällt vielen nichts besseres ein über Zäune zu diskutieren und wie im Artikel beschrieben die Ängste gegen das Fremde zu schüren. Wenn ich in meinem Umfeld mit unpolitischen Menschen diskutiere, würde ich am liebsten dieses Land verlassen. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir nicht nur Integrationskurse für Flüchtlinge anbieten müssen, sondern auch der deutsche Bürger Nachhilfeunterricht benötigt in Themengebieten wie Menschenrechte, Rassismus und Volksverhetzung.


Quote
33. Die islamische Religion ist vielfältig....
ludwig49 heute, 15:47 Uhr
...und bewegt sich zwischen modern und archaisch. In unseren Breiten wird die Religion insgesamt wohl auch deshalb als bedrohlich empfunden, weil die Nachrichten aus islamischen Regionen nicht zum besseren gegenseitigen Verständnis beitragen. Nicht weg diskutieren kann man auch die untergeordnete Rolle der Frau, bzw. die diktatorische Selbstverständlichkeit, was die Frau zu tun und zu lassen hat.


Quote
36. Mit Blindheit geschlagen
jubelyon heute, 15:53 Uhr
Augstein tut, als sei die Unterdrückung der Frau im Islam eine Erfindung von Rassisten. Auf welchem Planeten lebt er denn? Noch nie was von der Menschenrechtlerin Hirsi Ali gehört? Sie steht wegen Bedrohung durch muslimische Männer übrigens unter Polizeischutz.


Quote
37. Ausländerhass putzt sich mit Feminismus
Semonides heute, 15:54 Uhr
Erstaunlich auch, dass sich mit dieser kruden Vorstellung vom notgeilen jungen Muslim die Kritik nun gegen den jungen männlichen Flüchtling richtet - nicht an die Politik, die mit Flüchtlingen nicht umzugehen vermag, nicht an die Herkunftsstaaten, in denen Menschen verfolgt und ermordet werden. Ein prächtiger Kunstgriff: schon kann man munter den jungen muslimischen männlichen Flüchtling ablehnen, mit bestem und reinen Gewissen natürlich: der junge Muslim ist schließlich gefährlich. Verlockend: modernster Feminist und zugleich reaktionärster "Asylgegner" sein zu können, der Ausländerhass wäscht sich mit Feminismus rein. Wie etliche Beiträge auch hier beweisen.


Quote
39. Ganz wichtiger letzter Satz
dachristoph heute, 15:57 Uhr
doch wünsche ich mir auch von Ihnen, Herr Augstein, dass Sie die Sorgen und Ängste ernst nehmen. Einer Polizistin zu sagen, sie hätte keine Ahnung von der "Strasse", ist aus Ihrer Position(schwer reiches Elternhaus) reichlich arrogant. Auf die Frage "Wovor haben unsere Bürger denn bitte Angst?", möchte ich Ihnen antworten: Vor dem Unbekannten. Das gilt für ein vermeindliches Frauenbild dieser Flüchtlinge, wie die fehlende Erfahrung als Europäer in einem reichen Land mit seinen Sitten zu leben. Von Kultur will ich gar nicht sprechen, obwohl gerade Sprache so wichtig ist, für eine gelungene Integration.


Quote
55. falsche Debatte
TomTailor heute, 16:21 Uhr
Warum wird hier Energie und Zeit verschwendet darüber zu fabulieren ob Deutsche oder Ausländer die besseren Menschen sind? Na klar ist die Kriminalitätsrate unter mittellosen, gering-qualififzierten und in die Enge getriebenen Menschen höher. Vorallem wenn es sich mehrheitlich um junge Männer handelt die nichts zu tun haben. Deutsche wären da sicher kaum besser. Nur helfen tut die Erkenntnis einem Raub- oder Vergewaltigungsopfer eben nicht. Wenn in meiner Ortschaft 1.100 Asylbewerber (davon 67% junge Männer) in eine 6.000er Gemeinde ohne dauerhaft besetzte Polizeiwache gesteckt werden, muss ideologiefrei ernst genommen werden. Und da sind Sie - Herr Augstein - Teil des Problems und nicht der Lösung.


Quote
59.
Wofgang heute, 16:23 Uhr
[Zitat von dachristoph]doch wünsche ich mir auch von Ihnen, Herr Augstein, dass Sie die Sorgen und Ängste ernst nehmen. Einer Polizistin zu sagen, sie hätte keine Ahnung von der "Strasse", ist aus Ihrer Position(schwer reiches Elternhaus) reichlich arrogant. Auf die Frage "Wovor haben unsere Bürger denn bitte Angst?", möchte ich Ihnen antworten: Vor dem Unbekannten. Das gilt für ein vermeindliches Frauenbild dieser Flüchtlinge, wie die fehlende Erfahrung als Europäer in einem reichen Land mit seinen Sitten zu leben. Von Kultur will ich gar nicht sprechen, obwohl gerade Sprache so wichtig ist, für eine gelungene Integration.
In Hamburg gibt es ein interessantes Angebot. das Welcome Dinner. Deutsch Familien laden Flüchtlinge dazu ein und lernen sie kennen. Auf viele Wochen ausgebucht. Wollen wir wetten, dass kein Pegida Spaziergänger und kein AfD Scharfmacher daran teil nehmen.


...

http://www.spiegel.de/forum/politik/fluechtlingsdebatte-maenner-monster-und-muslime-thread-375782-1.html (http://www.spiegel.de/forum/politik/fluechtlingsdebatte-maenner-monster-und-muslime-thread-375782-1.html)


Aus: "Flüchtlingsdebatte: Männer, Monster und Muslime" Eine Kolumne von Jakob Augstein (02.11.2015)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/fluechtlinge-deutsche-angst-vor-muslimischem-mann-kolumne-a-1060655.html (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/fluechtlinge-deutsche-angst-vor-muslimischem-mann-kolumne-a-1060655.html)

Title: [Kleidung habe auch etwas mit Haltung zu tun... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 11, 2015, 12:27:39 PM
Quote[...] Kleidung habe auch etwas mit Haltung zu tun, sagt Schulleiterin Sandra Vöhringer, und deshalb will die Pädagogin der Glemstalschule im schwäbischen Schwieberdingen zukünftig Jogginghosen verbieten.

Sie kündigte eine Arbeitsgruppe an, in der sich Lehrer, Eltern und Schüler Anfang Dezember Gedanken über eine neue Kleidungsordnung machen wollen.

Eins stehe für sie aber schon jetzt fest: Die Jogginghose passt nicht auf den Schulhof und in die Klassenzimmer. "Es würde ja auch kein Schüler so zum Praktikum gehen", sagte Vöhringer. So eine sackförmige Schlabberhose sei maximal zum Abhängen auf dem Sofa daheim geeignet, nicht aber zum gemeinsamen Lernen in der Schule. "So eine Jogginghose begleitet manche Jungs die ganze Woche."

Vöhringer sagt, sie habe beim Jogginghosen-Aus die Unterstützung von den Eltern und auch den meisten Schülern. "Da haben wir positive Signale." Der Elternbeirat sei dafür. Es gebe auf beiden Seiten einen hohen Anteil derjenigen, die eine Kleiderordnung gut fände. Den Eltern erspare es ja auch die tägliche Diskussion mit ihren Kindern, was diese anziehen sollten.

Die Arbeitsgruppe werde sich jedoch nicht nur mit der Jogginghose befassen, betonte die Rektorin der Schule mit 600 Schülern der Klassenstufen fünf bis zehn. Es gehe allgemein um die Frage, was eine angemessene Kleidung für die Schule sei.

Womit dann auch über Bauchfrei-Shirts und Hotpants diskutiert werde. Einige Jungs hätten schon angemerkt, dass dann auch über die mindestens ebenso peinlichen Leggings der Mädels geredet werden müsse.

lgr/dpa

QuoteErster Schritt
Paul Panda heute, 10:36 Uhr
Gut so. Doch dies wäre erst ein erster Schritt: Das Tragen von Jogginghosen im kompletten öffentlichen Bereich sollte mit Bußgeld belegt werden (außer beim Joggen natürlich). Dasselbe sollte für Kapuzen gelten. Duschzwang und Bedecken von Tattoos vor dem Betreten des öffentlichen Bereiches sollte gesetzlich vorgeschrieben - und Piercing- und Tattoo-Studios gesetzlich verboten werden. Essen und Trinken in öffentlichen Verkehrsmitteln und auf Gehwegen (speziell von übelriechendem Fastfood und Alkohol) gehört ebenfalls geächtet. Dann käme dem Motto: "Unser Dorf soll schöner werden" endlich eine völlig neue Bedeutung zu.


QuoteKleidung hat etwas mit Haltung zu tun...
gatoalforno heute, 10:18 Uhr
Da hat die Direktorin (Rektoren gibt's in Deutschland an Universitäten) völlig recht. Dann sollte man etwas an der Haltung der Schüler was ändern. Vor allem wie soll das Schlabberhosenverbot denn durchgesetzt werden? Kontrolle am Schultor? Da machen sich die Schüler glatt in die (Jogging-) Hose.


Quoteackergold heute, 10:10 Uhr
Ich finde, man sollte die Kinder das tragen lassen, was sie wollen. Das ist Ausdruck ihrer individuellen Entwicklung und Dresscodes kommen später noch genug auf sie zu. Was soll man übrigens gegen Hotpants haben? Beim Schwimmunterricht tragen auch alle Badehose und Bikini, ohne dass sich jemand drüber aufregt. Es ist nicht Aufgabe der Schule, in die Erziehung der Menschen einzugreifen. Die Schule hat Bildung zu liefern und nicht Kleinderordnungen.


QuoteSchlechter Vorschlag
sample-d heute, 10:19 Uhr
Das Verbot einzelner Kleidungsstücke geht meiner Ansicht nach gar nicht. Wenn man Kleidung als Individualisierungsmerkmal nicht haben möchte, etwa um soziale Unterschiede nicht sichtbar werden zu lassen, sollte man besser generell eine Schuluniform einführen. Gesellschaftlich wesentlich relevanter hielte ich jedoch ein Verbot von Anzügen in der Finanz- und Versicherungswirtschaft. Hier wird durch die Art des Auftretens eine Seriosität vorgespiegelt, der bei vielen Anlegern und Kunden ein nicht gerechtfertigtes Vertrauen in Sicherheit und Kompetenz erzeugt.


QuoteNonsense
enforca heute, 10:11 Uhr
Die Pädagogen sollten sich lieber mal bemühen den Schülern ein politisches Bewusstsein und ethische Werte zu vermitteln, anstatt sie sinnlos in ihrer Freiheit einzuschränken und zur Konformität zu erziehen. Auch wenn es für die Lehrenden sicher am bequemsten ist, wir brauchen keine Scheuklappen tragenden Ja-Sager, sondern individuelle Persönlichkeiten.


QuoteVon wegen...
ultimatekayozz heute, 10:11 Uhr
Ich würde meinen Sohn dann erst recht mit einer Jogginghose zur Schule schicken. Jede Zeit hat ihren Trend und wieso sollte man nicht bequem lernen dürfen?


QuoteVerbote schaden nur
rbwntr heute, 10:13 Uhr
Das führt leicht zu Diskriminierung. Besser wären Plakate mit dem Thema: Jeder blamiert sich so gut er kann.



QuoteEntweder oder
Siúlóir heute, 10:22 Uhr
Entweder eine Schuluniform wird für alle verbindlich vorgeschrieben, oder die Kleiderwahl ist frei. Wie auch immer geartete Vorlieben oder Abneigungen von Schulleitungen sind hier völlig fehl am Platz!


QuoteVorschriften
dachauerthomas heute, 10:29 Uhr
Hauptsache wir können unseren Mitmenschen Vorschriften machen. Lasst uns doch unsere Freiheiten, auch die, sich zu blamieren, nur daraus wird für ein verantwortliches Leben gelernt. Vorschriften erzeugen Untertanen, davon hatten wir wahrlich schon zuviele.


QuoteRobMcKenna heute, 10:34 Uhr
Bezeichnend und entlarvend finde ich diesen Satz aus dem Artikel: "Den Eltern erspare es ja auch die tägliche Diskussion mit ihren Kindern, was diese anziehen sollten." Er bestärkt mich in meinem Eindruck, dass Erziehung von Eltern zunehmend als lästig empfunden und das folglich gar nicht mehr übernommen wird.



QuoteKleiderordnung ?
dasdondel heute, 10:40 Uhr
Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt... woraus folgt : Verbot von Jogginghose ist verfassungswidrig.



Aus: "Dresscode für Schüler: Schule will Jogginghosen verbieten" (11.11.2015)
Quelle: http://www.spiegel.de/schulspiegel/dresscode-fuer-schueler-raus-aus-der-jogginghose-a-1062216.html (http://www.spiegel.de/schulspiegel/dresscode-fuer-schueler-raus-aus-der-jogginghose-a-1062216.html)

Title: [Das Äußerliche... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 11, 2015, 12:43:55 PM
Quote[...] ... Wer in der Spitze der Politik mitspielen will, muss sich ein dickes Fell anschaffen und akzeptieren, dass es nicht fair zur Sache geht – und das betrifft, leider, auch das Äußerliche. Es sollte nicht so sein, aber natürlich spielt in einer Mediendemokratie das Aussehen der Politikerinnen und Politiker eine Rolle.

Hat irgendjemand im Willy-Brandt-Haus schon mal hochgerechnet, wie viele Wählerstimmen die Leibesfülle ihres Chefs und möglichen Spitzenkandidaten bei der kommenden Bundestagswahl, Sigmar Gabriel, kosten könnte? Merkel wurde vor ihrer Kanzlerschaft auch deshalb lange nicht für voll genommen, weil ihre Frisur so seltsam war – man erinnere sich etwa an die Sixt-Werbung. Und diese Werbeleute haben da qua Jobbeschreibung eine ziemlich gute Nase.

Und nun also Anton Hofreiter. Seit zehn Jahren sitzt der 45-Jährige für die Grünen schon im Parlament, vor zwei Jahren wurde er zum Fraktionschef gewählt. Seitdem gibt es in der Partei unter der Hand Gegrummel, dass der ,,Toni" zwar ein kluger Mann sei, aber halt nicht so dolle rüberkomme. Auch wegen seines Äußeren, vor allem wegen seiner langen blonden Haare, die vielleicht an Jesus von Nazareth erinnern, wenn der denn Mitteleuropäer gewesen wäre.

Wie auch immer: Hofreiter hat jetzt in der taz angekündigt, als Spitzenkandidat bei den Bundestagswahlen anzutreten – und es ehrt ihn, dass er sein Äußeres offensiv thematisiert: Er glaube, viele Leute hätten die Nase voll von ,,genormten Figuren": ,,Die Leute wollen eher Politiker, die nicht vorgeben, etwas zu sein, was sie nicht sind." Das mag so sein, aber es trifft sicherlich nur auf einen Teil der Wählerschaft zu. Und wie groß ist die?

Es ist ungerecht, aber viele Wählerinnen und Wähler schauen eben doch, ob da jemand nur mit bayerischem Akzent sprechen kann, ob die Frisur vielleicht in den 70ern in Oberbayern cool war und ob da jemand etwas zu viele Kilos auf die Waage bringt oder nicht. Herrschaft, auch die Herrschaft des Volkes, hatte schon immer etwas mit Ästhetik zu tun – und nur in Monarchien oder Diktaturen spielte und spielt das Äußere der Leute an der Spitze des Staates überhaupt keine Rolle, durfte und darf keine Rolle spielen.

Joschka Fischer hat das gespürt: Er joggte sich geradezu brutal die Kilos vom Leib, als Mitte der neunziger Jahre eine rot-grüne Machtperspektive sichtbar wurde – auch seinen Stil änderte er radikal, von der Lederjacke zum schicken Anzug. War er dadurch weniger authentisch? Überhaupt: Dürfen sich nicht auch Politikerinnen und Politiker neu erfinden, und sei es im Äußerlichen?

Trägt man es Jürgen Trittin wirklich nach, dass er irgendwann seinen Schnauzer der Macht oder der Seriosität opferte – und Angela Merkel, dass sie sich im Styling ihrer Garderobe beraten ließ und angeblich sogar den so peinlichen Hauptstadtfigaro Udo Walz beehrte? War nicht ein Faszinosum an Fischer damals, dass er zwar sein Äußeres veränderte, aber immer noch die rhetorisch brillante Schnodderschnauze blieb, in der man den Straßenkämpfer der Putztruppe aus Frankfurt noch erahnte?

Ein aus dem Rahmen fallendes Äußeres kann sich in der Demokratie nur leisten, wer an anderer Stelle, etwa in der Rhetorik, glänzen kann. Dann kann das sperrige Äußere sogar etwas Cooles haben. Für die anderen aber gilt, leider: Die Klage über die Bedeutung des Äußeren in einer TV-Demokratie ist etwa so sinnvoll und weiterführend wie die über trübes Wetter im November.

Wer als Politiker in einer Demokratie sein Äußeres als zweitrangig erklärt, mag dafür Beifall in einem Politologiegrundkurs an der Uni von besonders politisch korrekten Menschen oder lieben Parteifreunden erhalten – es bleibt aber Wunschdenken.

QuoteKrawatte
heute, 00:17

Gessler gehört wohl zu der Generation 'u' (u = unpolitisch). Sonst würde er sich nicht an Äußerlichkeiten aufreiben.


Quotebouleazero
gestern, 20:45

Er sollte mal Glatze und Vollbart mit Holzfällerklamotten ausprobieren. Das könnte ihm gut stehen. Oder in Wandergesellenkluft...


QuoteKhaled Chaabouté
gestern, 12:05

Hofreiter mag eine Frisur haben wie manche Ur-Grünen zu Beginn der 1980er-Jahre, aber seine Positionen liegen doch voll auf der Linie Göring-Eckardt, Harms, Beck & Co., also ein ganz klarer und eindeutiger Vertreter der "Westlichen Wertegemeinschaft". Das bedeutet Abkehr von sozialen und tiefgreifend ökologischen Themen, Abkehr von pazifistischer Grundhaltung und kritischer Trikontpolitik, dafür aber Hinwendung zu neoliberalen Positionen und Kompatibilität zu schwarz-grünen Regierungsbündnissen.

Von mir aus kann Hofreiter auch mit einem grünen Iro herumlaufen und seine im Managementseminar eingeübten Rednerpult-Fingerposen, die Eindringlichkeit symbolisieren und die Zuhörerschaft fesseln sollen, zum besten geben, seine Inhalte sind nach wie vor schal und wirken wie ekstatischen Gesänge der Soul-Diven als REWE-Einkaufsuntermalungsmusik.

QuoteGrisch
gestern, 13:39

@Khaled Chaabouté Wieviel Prozent Stimmenzuwachs sind den pro Zentimeter Haarkürzung zu erwarten?

Da gibst doch sicher von der Wahlforschung gesicherte Zahlen?
Oder ist das doch alles nur wilde Spekulation Herr Gessler?



Quotemowgli
gestern, 11:49

Sollte Philipp Gessler jemals wieder versuchen, Frau Merkel für den Gebrauch des Wortes "alternativlos" zu kritisieren, werde ich ihn an diesen Text erinnern, großes Pionier-Ehrenwort!

Sein "leider" kann er sich bis da hin in die (sicher schick frisierten) Haare schmieren. Krokodilstränen bewegen mich nämlich überhaupt nicht. Sie machen mich höchstens wütend. "Trübes Wetter im November" wird jedenfalls nicht von Menschen gemacht. Schon gar nicht von welchen, die klüger werden können. Es ist nicht einmal ein Naturgesetz. Gerade heute kann ein Blick aus dem Fenster lehren: Es geht durchaus auch anders.

Wo wären wir Menschen denn heute, wenn mir nicht auch "Wunschdenken" könnten? Wir säßen in einer ausgetrockneten afrikanischen Savanne auf abgestorbenen Bäumen und würden uns von Holzwürmern ernähren – wenn wir nicht schon lange ausgestorben wären.

Wer sagt uns, dass "wir" eine "TV-Demokratie" bleiben müssen? Die Menschheit hat schon größere geistige Leistungen vollbracht als zu kapieren, dass es ausgesprochen dämlich ist, Leute wie Herrn Fischer zu wählen. Typen, die sich zwar "brutal die Kilos vom Leib [joggen]" und ihre Lederjacke gegen einen teuren Anzug tauschen, die aber, einmal an die Macht gelangt, mutwillig "Talente zerstör[en]", die wenig später ganz doll fehlen. Wenn es erst mal so weit ist, werden "wir" vermutlich aufhören mit diesem Unsinn. Ganz von allein und ohne dass die taz es uns verbietet.

Was sie allerdings vermutlich sowieso nicht könnte. Schon, weil sie nicht mehr existieren würde, würde sie die (in manchen Punkten doch recht unbefriedigende) Gegenwart weiter als "alternativlos" darstellen. Schön ist das nämlich nicht. Und hat nicht Herrschaft "immer etwas mit Ästhetik zu tun"? Außer natürlich in Diktaturen oder Monarchien? Wo leben wir, dass Politik auch morgen so beschissen aussehen darf wie unter Ludwig XIV – seidene Robe, sauteure Perücke und drunter Wanzen, Grind und Krätze?


Quoteeb
gestern, 09:23

Offensichtlich ist man hier jetzt endgültig im Establishment mit gehobenem Realpragmatismus angekommen. Sinnigerweise kann man den Lüdden die nach Krawatte wählen, auch noch ins Hemd jubeln. Über Sätze wie; "das ist heute nun mal so", - muss man sich da auch nicht mehr sonderlich wundern. Ich erinnere mich da an finstere Zeiten und Gespräche über ähnliches mit meinen Eltern (Gott hab sie selig) und hatte eigentlich gedacht, dass man darüber medial weiter aufklären könnte. Aber gut, seit Schröders "Mediendemokratie" hat sich so einiges wieder rückläufig bewegt. Die muss man übrigens auch nicht bis in alle Ewigkeiten zementieren.


QuoteSommer Gregor
gestern, 03:18

Das Problem von Herrn Hofreiter ist, dass er zwar eine eigenwillige Frisur pflegt, aber leider über kein Charisma verfügt. Er ähnelt damit Claudia Roth, die sicherlich extrovertiert war, aber von niemanden ernst genommen wurde.


QuoteEDL
gestern, 10:18

@Sommer Gregor Schauspieler benötigen Charisma - Politiker sollten inhaltlich überzeugen! ;)


QuoteSommer Gregor
heute, 09:52

@EDL Da haben Sie sicher recht, leider werden Politiker ohne Charisma selten gewählt.


Quotevulkansturm
Montag, 22:51

Zumindest hat der etwas sperrige Herr Hofreiter einen hohen Wiedererkennungswert, während wohl kaum jemand die völlig unauffällige Nachfolgerin von Claudia Roth im Amt der Parteivorsitzenden auch nur mit ihrem Namen kennt.


QuoteMarkus Müller
Montag, 22:14

Fischer hat mit seiner Lederjacke viel mehr abgelegt als nur ein Stilmerkmal.
So wie Fischer sich verändert hat und zum reinen Machtpolitiker wurde und letztlich die Grünen auch verlassen hat oder musste,er passte nicht mehr in diese Partei,hat mich schwer enttäuscht und meiner Meinung nach gezeigt,wie Macht einen Menschen verändert.


QuoteKlausK
Montag, 21:50

Den Hofreiter habe ich mir gerade mit dem angesagten Kim-Jong-Un-Fußballerschnitt vorgestellt.
Scheußlich!
Toni mit Ulrich-Grillo-Gelfrisur?
Noch schlimmer!

Hofreiter hat recht.


QuoteAlbrecht Pohlmann
Montag, 21:38

Wir können nicht wissen, was von einem Grünene-Vorsitzenden - oder gar Minister - Hofreiter zu erwarten ist. Alle Erfahrungen der letzten Jahrzehnte mit Politikern, die als "echte" Reformer angetreten sind, sprechen zwar dafür, daß Politik gegen den kapitalistischen Mainstream kaum, und schon gar nicht auf Dauer, möglich ist. - Aber dies beseite gelassen, bleibt immer noch die andere Erfahrung: Wer sein Äußeres und sein Auftreten dem Mainstream anpaßte, machte bisher erst recht keine alternative Politik. Im Gegenteil - anders, als dem Autor, erschien mir Fischers äußerliche Anpassung immer als wichtiger Schritt zur Anpassung an das schlechte Bestehende. Ein erstes zu-Kreuze-Kriechen. - Wären die Grünen heute noch so, wie Hofreiter im Moment erscheint: ich würde sie wählen. Aber, wie gesagt, Vorsicht: Obama wirkte auch mal "alternativ". Und hat dann - unter Zwang? weil er nicht erschossen werden wollte wie Kennedy oder King? - die mörderische Kriegspolitik des Imperiums fortgesetzt.


QuoteHanne
Montag, 20:30

Na, dann bleibe ich doch lieber "politisch korrekt" als nach dem Äußeren zu wählen.

Wie blöd ist die Menschheit denn eigentlich?!? ... Er hat einen Anzug an, ein Hemd und lange, gewaschene Haare sind nun wirklich nichts "unnormales", oder darf man mit diesen nur auf Demos gehen?


QuoteLaurenz Kambrück
Montag, 20:21

Die Haare müssen weg! Ist doch wahr!


QuoteChutriella
gestern, 07:35

... Und wer macht sich nun Gedanken über Hofreiters Fußnägel?



Aus: "Grüner Spitzenpolitiker Hofreiter: Er hat die Haare schön" Philipp Gessler (9.11.2015)
Quelle: https://www.taz.de/Gruener-Spitzenpolitiker-Hofreiter/!5246399/ (https://www.taz.de/Gruener-Spitzenpolitiker-Hofreiter/!5246399/)

Title: [Zugangsvoraussetzungen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 19, 2015, 04:36:19 PM
Quote[...] Die Bundespolizei will ihre Zugangsvoraussetzungen lockern. Vor allem Kandidaten mit sichtbaren Tätowierungen sollen künftig nicht mehr ausgeschlossen werden. Das berichtet der Spiegel unter Berufung auf ein internes Papier der Bundespolizeiakademie.

Bislang dürften Polizeianwärter "keine sichtbaren Tätowierungen und Piercings" tragen, heißt es in dem Bericht. Hinsichtlich dieser Vorschrift solle es nun eine "gewisse Aufweichung" geben. Damit will die Bundespolizei für Bewerber attraktiv bleiben.

Zuvor war bekannt geworden, dass die Bundespolizei von 2016 bis 2018 insgesamt 3.568 neue Stellen erhalten soll. In diesem Zusammenhang ist ein sechstes Ausbildungszentrum geplant, voraussichtlicher Standort soll Bamberg in Bayern sein.

Die Planungen hatten bereits nach den Anschlägen vom Januar in Paris begonnen und wurden im Sommer ausgeweitet. Neben den neuen Stellen sollen 250 Beamte der Bundespolizei, wohl noch dieses Jahr, eine neue, speziell ausgerüstete Anti-Terror-Einheit bilden. Sie soll als Ergänzung zur GSG 9 in der Lage sein, bewaffnete Terroristen aufzuhalten und flüchtende Kämpfer zu verfolgen. Die Spezialeinheit wird laut Bundesinnenministerium mit je 50 Beamten den fünf deutschlandweit stationierten "Beweis- und Festnahmehundertschaften" der Bundespolizei zugeordnet.

QuoteClw1
#1  —  vor 2 Stunden 2

Ja ... so ... also ...

Auf die inneren Werte kommt es an!

QuoteIllairen
#1.1  —  vor 2 Stunden 13
Redaktionsempfehlung

Ist ja auch so. Solange die Arbeit dadurch nicht beeinträchtigt wird, hat sich der Staat doch nicht in das Privatleben seiner Angestellten einzumischen! Ästhetik ist nunmal relativ.
Als nächstes sollte dann bitte der Haar- und Barterlass der Bundeswehr (der ja nur für Männer gilt) fallen.



QuoteVoggl242
#3  —  vor 2 Stunden 13
Redaktionsempfehlung

Generell finde ich schon, dass eine Polizist mit auf dem Hals tätowiertem Spinnennetz und Totenschädel weniger Vertrauen weckt, als einer ohne. ....

QuoteGott23
#3.1  —  vor 46 Minuten 2
Redaktionsempfehlung

Wer sagt denn, dass ein Tattoo in irgendeiner Form Einfluss auf die Geistige Verfassung eines Tätowierten hat?

Selbst wenn sie mit Menschen mit tätowiertem Totenschädel durchweg schlechte Erfahrungen gemacht haben, heißt das noch lange nicht dass dies zum Allgemeingut erklärt werden kann. Vielleicht hatten sie schlicht Pech und sind deshalb negativ vorgeprägt. Umso mehr besteht doch Handlungsbedarf, Polizisten mit entsprechenden Tätowierungen einzustellen, allein um diesem Vorurteil zu begegnen.

Spinner gibt es doch zu genüge, auch in untätowierter Form. Das Limbische System sagt zwar nein, aber der Verstand bejaht es. Leider schreit die Emotionale Stimme in uns meist lauter, als die des Verstandes. Kant schreibt nicht umsonst: ,,Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!" weil wir uns allzu häufig von unseren Emotionen leiten lassen.

Menschen mit Spinnennetz und Totenkopftätowierung fänden solche Polizisten sicherlich sympathisch und vertrauenserweckend. Nicht nur weil sie sich unmittelbar verstanden fühlen würden, sondern weil diese Polizisten wirklich genauso geeignet bzw. ungeeignet sind wie nicht tätowierte auch.


QuoteVoggl242
#3.3  —  vor 31 Minuten 2

Natürlich ist es eine emotionale Reaktion, welche das Totenkopftatoo hervorruft. Das ist ja auch Sinn und Zweck der Sache! Genau dieses Kalkül des Gezeichneten ist es ja welches mich stört. Hätte er Blümchen oder Hässchen ausgesucht, würde er etwas anderes signalisieren. ...



Quotehwollert
#4  —  vor 1 Stunde 4

Das wundert mich nicht, denn nachdem es ein Tatoo bis auf den Oberarm unserer Bundespräsidentengattin gebracht hatte ist das Tragen eines solchen mittlerweile gesellschaftsfähig. Allerdings bin ich auf die gerichtlichen Einzelfallbewertungen bzgl. Odalsrune & Triskele gespannt ...


QuoteMinuskel
#6  —  vor 2 Stunden 11

Ich habe generell kein Problem mit Menschen, die Tätowierungen tragen. Im Gegenteil: Gut gemacht gefällt es mir. Dennoch finde ich es nicht gut, wenn staatliche Organe sichtbare Tätowierungen oder Piercings am Körper tragen würden.

Ein Polizeibeamter ist der verlängerte Arm unserer Gesetzgebung. Daher sollten diese Personen (von ihrer Dienstkleidung abgesehen) dem Bürger gegenüber ein neutrales Erscheinungsbild herüberbringen. Haare sollten kurz, Bärte (falls vorhanden) kurz und gepflegt sein. Hier muss sich der Staat optisch klar von privaten Sicherheitsdiensten abgrenzen.


Quoteorm70
#21  —  vor 1 Stunde 2

Jeder kann sich tätowieren lassen wie er will. Bleibt dann nur die Frage, ob diese Person bei sichtbaren Tätowierungen dann noch für den Polizeidienst taugt. Und wenn ja, wo zieht man die Grenze ? Eine Sonne ja, ein Totenschädel nein ? Genau wegen solcher Abgrenzungsschwierigkieten hat man sichtbare Tätowierungen generell und zu recht nicht erlaubt. Das Erscheinungsbild eines Polizeibeamten ist wichtig für seine Akzeptanz in der Bevölkerung. Ohne Not sollte man diese Regel daher nicht dem allgemeinen Zeitgeist opfern. Bei ordentlicher Bezahlung dürfte es auch problemlos möglich sein, eine hinreichende Anzahl nicht tätowierter geeigneter Bewerber für den Polizeidienst zu gewinnen.

Quoteokmijn
#21.1  —  vor 1 Stunde 1

Die gesellschaftlichen Normen sind über die Zeit im Wandel und so sind die Normen der Staatsorgane dem natürlich anzupassen. Ich gehe mal davon aus, dass es jetzt lediglich Raum für individuelle Entscheidungen gibt. Eine 88 auf dem Nacken wird wohl immer noch nicht funktionieren...



Quotevierbaum
#22  —  vor 46 Minuten

Ich glaube, das demjenigen, den ein Bundespolizist in der Notlage hilft, völlig egal ist ob der tätowiert ist oder nicht. Persönlich mag ich so etwas auch nicht, aber wenn diese Personen einen guten Job machen, ist mir das völlig schnuppe. Piercing im Dienst lehne ich allerdings ab. Piercingschmuck kann bei körperlichen Auseinandersetzungen zum
Nachteil gereichen. Wenn der Staat aufrüsten muss, sollten solche Befindlichkeiten (Tätowierungen) keine große Rolle mehr spielen.


Quotehartinger26
#23  —  vor 43 Minuten

"An Ihren Zeichen sollt Ihr sie erkennen"

Bin kein Fan von Tattoos, aber halte das nicht für einen schwerwiegenden Untauglichkeits-Beweis.
In den Siebzigern bezeichnete man Langhaarige auch gerne als Bomben-Leger.
Ich denke es kommt auf das gesamte Erscheinungsbild an.


QuoteDer_Michel
#24  —  vor 12 Minuten

Finde das alles ein wenig fragwürdig.

Wenn jeder in sein Inneres schaut, dann erkennt er auch, das man immer vom ersten Eindruck eines Menschen/ Objektes beeinflusst wird/ ist!
Oftmals ist es dann sehr schwierig, sich von diesem ersten Eindruck und das Bild/ Vorurteil, das man sich geschaffen hat, abzuwenden und den Menschen so zu nehmen, wie er wirklich ist.

Will damit sagen:
Aus meiner Erfahrung, wo mich zB. 2 Polizisten zur Verkehrskontrolle angehalten hatten, die beide Aussahen, als ob Sie privat eher zur ANTIFA gehören, mein Respekt für diese Beiden in den ersten Minuten gleich NULL war.

Genauso sehe ich das bei vielen Tattoos, die entweder auf mich lächerlich oder aggressiv wirken.
Damit kann schon der Respekt verloren gehen, oder die Art wie man allgemein mit einander umgeht.
...
Finde es überhaupt nicht altmodisch, wenn es in einigen Berufen immer noch "Dresscodes" gibt.
Ansonsten warte ich darauf, das mich die erste Dame im Gothik- Outfit bei der Bank bedienen wird ;o)


...


Aus: "Ausbildung: Bundespolizei will tätowierte Bewerber zulassen" ZEIT ONLINE, AFP, heu (19. November 2015)
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-11/ausbildung-bundespolizei-bewerber-taetowierung-zulassung (http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-11/ausbildung-bundespolizei-bewerber-taetowierung-zulassung)

Title: [Nun war ich zwölf Stunden lang... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 24, 2015, 03:39:33 PM
Quote[...]  Jaafar Abdul Karim - 33, ist Moderator und Verantwortlicher Redakteur der arabischsprachigen Jugendsendung ShababTalk der Deutschen Welle. Das Format erreicht mit seinen gesellschaftskritischen Themen ein Millionenpublikum in Nordafrika, Nahost und der Golfregion. Geboren wurde Jaafar Abdul Karim in Liberia, seine Eltern stammen aus dem Libanon. Dort sowie in der Schweiz wuchs er auf, studiert hat er in Dresden, Lyon, London und Berlin, wo er heute lebt. Seine Kolumne auf ZEIT ONLINE heißt Jaafar, shu fi?, arabisch für: ,,Jaafar, was geht?"

Molenbeek, die angebliche Hochburg der Dschihadisten mitten in Europa. Junge Männer, die aus diesem Stadtteil stammen, sollen an den Anschlägen von Paris beteiligt sein.

Ich habe immer davon gehört. Nun war ich zwölf Stunden lang in Molenbeek, um für die Deutsche Welle eine Reportage zu drehen und konnte fragen, fragen und nochmals fragen. Mein erster Eindruck war: Es gibt ganz viele Bürger, die muslimischen Glaubens sind und die sich entschieden haben, friedlich an einem Ort zu leben, an dem sehr viele Gleichgläubige sind. Genauso wie es auch coole Viertel gibt, in denen sehr viele Hipster leben, weil sie sich bewusst für einen Kiez mit vielen Hipstern entschieden haben.

Der Unterschied ist, dass die Muslime hier verängstigt und verunsichert sind. Sie haben das Gefühl, sich immer wieder dafür rechtfertigen zu müssen, Muslim zu sein. Vor allem Frauen mit Kopftuch und Männer mit muslimischen Bärten, also nicht die Hipster-Variante, erzählten mir, dass sie diskriminiert würden.

Ein ganz kleiner Anteil jener, mit denen ich reden konnte, bereitet mir im Nachhinein große Sorgen. Egal, was ich sie gefragt habe, immer antworteten sie mit Versen aus dem Koran und wollten mir gleich eine Vorlesung halten. Ob sie wirklich begriffen, was sie da sagten oder nur auswendig Gelerntes herunterbeteten, war mir nicht klar. Wenn ich nachgehakt habe, wichen sie aus oder flüchteten vor sich hinmurmelnd in irgendwelche theoretischen Erörterungen. Dieser sehr kleine Anteil schien mir in einer parallelen Welt zu leben – körperlich zwar in Molenbeek, aber geistig irgendwo in einem anderen Jahrhundert. Nur eines schien mir für sie wichtig zu sein: der Islam, der ihr Leben komplett bestimmt. Mit Stolz trugen sie ihren Hass auf den Westen vor sich her. Der Westen, der an allem schuld sei, was falsch in der Welt laufe. Sie selbst seien Opfer. Der belgische Staat sei nur ein Peiniger, der sie beobachten, bewachen und einengen würde. Doch andersherum konnten sie keine Erklärung dafür liefern, warum sie hier sind, wenn sie sich nicht wohlfühlen, warum sie sich entschieden haben, hier zu leben.

Wie soll man diese Menschen integrieren? Wenn sie selbst doch gar nicht das Bedürfnis dazu haben. Wenn Integration hier bedeuten würde, Werte anzuerkennen, nach denen man nicht leben will? Worin sollen sie sich denn integrieren, wenn sie rundherum ihre ganz eigene Welt haben, in der sie abgeschottet von neuen, anderen Impulsen leben? Ich habe große Zweifel daran, dass das gelingen kann.

Diese kleine Minderheit ist für mich ein großes Fragezeichen. Sie repräsentieren das, wovor wir Angst haben. Zwar ist es vielleicht nur ein Tropfen in einem Wasserglas. Aber schon ein Tropfen Tinte kann ein ganzes Glas mit Wasser blau färben. Es gibt diese Minderheit sicherlich in jeder Gemeinschaft, man denke nur an die Rechtsextremisten. Aber sie sind immer eine Gefahr. Alles mögliche Menschenrechtskonforme muss getan werden, um das Leben der Mehrheit zu schützen.

Ich war in der Khalil-Moschee, eine der größten in Molenbeek. Hier gibt es auch eine Schule, in der Kinder Arabisch lernen und Religionsunterricht bekommen. Obwohl ich ja selber Araber bin, hat schon der Hausmeister total ablehnend auf uns reagiert. Wie werden wohl die Lehrer ticken, habe ich mich gefragt? Drehen durften wir nicht, sie haben uns sogar verboten, mit den Gläubigen zu reden. Immerhin konnte ich dann mit einer Studentin sprechen. Sie hat mir gesagt, alles sei gut. Trotzdem habe ich mich komisch gefühlt.

Am Ende des Tages gingen Hunderte Bewohner von Molenbeek auf die Straße, um ein anderes Bild dieses Vororts zu zeigen. Dieses Signal ist wichtig und notwendig! Sollten nicht auch die Muslime in ganz Europa an einem Tag alle gemeinsam auf die Straße gehen, um ein Zeichen zu setzen? Nein, ich meine nicht die Verbände, sondern die Mitte der Gesellschaft. Die Sache wird sicherlich nicht leicht zu bewerkstelligen sein, aber sie ist es wert, diskutiert zu werden. Denn als Pegida demonstrierte, sind die Pegida-Gegner schließlich auch auf die Straße gegangen – obwohl sie damit nichts zu tun hatten. Sie setzten damit ein Zeichen, das auch den Migranten in Deutschland geholfen hat. Menschen brauchen Signale! Damit ist das ein für alle Mal gesagt!

Ich bin der Letzte, der Islamophobie verbreiten möchte. Aber die Muslime untereinander müssen ehrlich sein. Vor allem in Europa brauchen sie in ihren eigenen Reihen eine Debatte darüber, wie man mit Extremisten umgehen will, denn sie schädigen den Ruf ihres Glaubens. Dieser Schritt ist notwendig um realitätsnahe Lösungsansätze gemeinsam mit der Politik und der Zivilgesellschaft zu finden. Muslime sollen sich proaktiv beteiligen. Sie müssen auch agieren und nicht nur reagieren. Die Rolle von Religion in der Gesellschaft muss dabei klar sein. Konkret: Werte wie Demokratie, Gleichheit und Freiheit sind nicht verhandelbar.

Quotesabirabi
#23  —  vor 1 Stunde 5

ZON; 24.11.15: "Die Mehrheit der Muslime im Brüsseler Stadtteil Molenbeek sind friedliche Bürger."

ZON; 23.11.15: "Viele Araber bejubeln in den sozialen Medien die Attentate von Paris. "

Grübeln ...

QuoteR.Wackermann
#23.1  —  vor 1 Stunde

Was ist unklar? Die Mehrheit der Muslime in Moelenbeek und die jubelnden Araber in der Welt...



QuoteFlügelschuh
#20  —  vor 1 Stunde 1

Der Vergleich Hipster mit Muslimen hinkt etwas. Ein überwiegend mit Hipstern bevölkerter Kiez generiert im schlimmsten Fall eine lokale Welt moderner deutscher Spießer, die sich aber dennoch der hiesigen über Jahrhunderte gepflegter und gewachsener Kultur verpflichtet fühlen.
Ein größtenteils muslimisches Viertel hingegen kann nur ein Universum eigener Couleur generieren, da die Muslime zu einer Integration in die mitteleuropäischer Kultur aus eigener Kraft gar nicht in der Lage sind.
Beste Voraussetzung also für Spannungen zwischen den Parallelgesellschaften.


QuoteR.Wackermann
#21  —  vor 1 Stunde 1

Im Namen des Islam

Es macht schon einen Unterschied, ob hirnamputierte NSU-ler im Namen irgendeiner durchgeknallten Weltsicht ein paar Versprengter Menschen ermorden oder ob da ebenso hirnamputierte IS-ler im Namen einer weit verbreiteten Weltreligion Menschen ermorden.

Wenn sich NPD Mitglieder nicht von der NSU distanzieren - wen interessiert's, die werden eh nicht für voll genommen und gehören hier nicht dazu.
Wenn sich aber Moslems nicht von den Extremisten distanzieren, so dürfen sie sich nicht wundern, wenn sie ebenfalls nicht für voll genommen und ebenso ausgegrenzt werden wie all die NPD-ler.


QuoteRunkelstoss
#28  —  vor 25 Minuten

[Egal, was ich sie gefragt habe, immer antworteten sie mit Versen aus dem Koran und wollten mir gleich eine Vorlesung halten.]

Das findet mein leider oft bei religiösen Sektierern, Zeugen Jehovas oder Mormonen, die sind kaum abzuschütteln.


Quotebestrosi1975
#29  —  vor 26 Minuten 1

Sollten Muslime, die meinen, mit Terroristen in einen Topf geworfen zu werden, nicht zuerst Angst vor diesen Terroristen haben?
Ist es Islamophobie, also ein Angst-Gefühl, wenn man den Islam für eine Religion mit Modernisierungsdefizit und ohne Fähigkeit zur Selbstkritik hält?
Ist es nicht widersinnig, dass der IS "nichts mit dem Islam zu tun" haben soll, aber praktisch die gleiche Gesellschaftsauffassung hat wie das Kernland des Islam, Saudi-Arabien?
Sollte es wirklich die hier lebenden Muslime wundern, dass sie nach jedem islamistischen Terroranschlag gefragt werden, was sie davon halten?


QuoteEtheridge
#31  —  vor 19 Minuten

Um mal einen Schritt zurückzutreten und vielleicht bzw. hoffentlich etwas Druck aus dem Kessel zu nehmen, ein kleiner Lesetip: Ich empfehle die Lektüre eines Buches eines Professors für Soziologie.

Zitat aus dem Klappentext: "Sie sind (...) unheimlich wütend: Auf Frauenemanzipation und Immigranten, auf Farbige und Homosexuelle, auf die Gleichstellung der Geschlechter (...). Sie fühlen sich fremd im eigenen Land, als Männer infrage gestellt, und sie sind zutiefst davon überzeugt, dass sie Anspruch auf etwas haben, das ihnen zusehends verwehrt wird."

Eine klare Gruppenbeschreibung, die fast genauso auf frustrierte muslimische Jugendliche in belgischen Banlieues wie auf bestimmte Dresdner Rentner christlichen Glaubens zutrifft. Allerdings erforscht das Buch den "Angry White Man" in den USA.

Trotzdem machen die Parallelen vielleicht deutlich, daß es keine Rolle spielt, welche Religion jemand hat, sondern daß eben andere Faktoren hin zu Frust, wenn nicht sogar Extremismus führen.


...


Aus: "Jaafar, shu fi? / Integration : Die verlorenen Jugendlichen von Molenbeek" Eine Kolumne von Jaafar Abdul Karim (24. November 2015)
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/2015-11/integration-molenbeek-muslime-islam-paris-anschlag-belgien (http://www.zeit.de/gesellschaft/2015-11/integration-molenbeek-muslime-islam-paris-anschlag-belgien)

Title: [Nicht mehr zu löschen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 01, 2015, 10:45:24 AM
Quote[...] "Gehorcht der gute Muslim seiner Frau? Natürlich!", ruft der Imam aus, und seine dunklen Augen blitzen wie nach einem gelungenen Schelmenstreich. "Wenn sie überfordert ist im Haushalt, muss er ihr selbstverständlich helfen. Nein, wir sagen nicht, die Muslimin sei ihrem Mann unterworfen. Das passt uns nicht." Der kleine Redeausschnitt findet sich auf der eigenen Homepage von Rachid Abou Houdeyfa. Im Folgenden sagt der 35-jährige Franzose in seinem rhythmischen "Tchatche", dem Jargon der Banlieue-Jugend: "Der Polizeipräfekt von Paris hat erklärt, in seiner Stadt habe es in einem einzigen Jahr 800 sexuelle Übergriffe gegeben, mehr als 8000 (!). Ich sage: Schlagt eure Frauen nicht!" Auf eine Null mehr oder weniger kommt es dem Imam nicht an. Wichtig ist der Effekt: Houdeyfa zeigt dem ganzen Land, dass er nicht der rückständige Gottesprediger ist, als den ihn französische Medien gerne darstellen. Nach den Pariser Anschlägen verurteilte der agile Bretone aus einem Immigrantenviertel von Brest die "Barbaren" und "Terroristen" in aller Deutlichkeit. Es seien schon immer kriminelle Taten im Namen der Religion begangen worden, erklärte er. Heute geschehe das leider im Namen des Islam, weshalb er als Prediger "ohne jede Ambivalenz" klarmachen müsse, dass diese Akte keinesfalls mit dem Islam zu rechtfertigen seien.

Seine Kritiker werfen ihm trotzdem eine ambivalente und letztlich auch gefährliche Haltung vor. Der agile Mann mit langem Kinnbart bedient sich, wie einst die amerikanischen Fernsehprediger, der neuen Medien, um über seine Moschee hinaus bekannt zu werden. Er kommuniziert via Twitter, Youtube und Facebook, wo er bereits über 190.000 Anhänger zählt. Weniger modern ist sein Diskurs. Houdeyfa, der mit bürgerlichem Namen Rachid El Jay heißt, gehört zum quietistischen (gewaltlosen) Flügel der Salafisten und bezieht sich ausdrücklich auf Standpunkte und Quellen, die vor "vierzehn Jahrhunderten" entstanden sind, wie er selber hervorhebt – als wäre das ein unschlagbarer Vorteil. Bekannte Salafisten aus den Pariser Vorstädten – etwa Nader Abou Anas aus Le Bourget oder Mehdi Kabir aus Villetaneuse – predigen mit dem gleichen Argument gegen Feministinnen und Schweinefleisch. Houdeyfa, der früher gerne rappte und von sich sagt, er sei "weder ein Weiser noch ein Mufti", gibt sich aufgeschlossener – und macht sich eloquent über Kritiker lustig, wenn sie seine Rückständigkeit anprangern.

Nicht mehr zu löschen vermag er allerdings ein Youtube-Video, in dem er Zehnjährige um sich geschart hat und ihnen erklärt, Musik sei "haram", also unzulässig, verboten. Wer auf Smartphones oder MP3-Geräten Musikvideos lade und höre, werde in einen Affen oder ein Schwein verwandelt, droht Houdeyfa den Kids. Die staunen zuerst, machen aber bald mit. Auf die Schlussfrage des Predigers, was Musik sei, antworten sie nun wie aus einer Kehle: "Haram!" Dieses Video wurde vor den Pariser Anschlägen aufgenommen. Das Wochenmagazin L'Obs stellt dennoch dem Prediger die Grundsatzfrage: "Wo beginnt der Radikalismus?" Schafft Houdeyfa mit seinen Worten nicht den Nährboden für Terroristen, die bewusst einen Konzertsaal wie das Bataclan oder die Band Eagles of Death Metal, die am 13. November dort auftrat, zur Zielscheibe machten? Das befürchtet auch die Anthropologin Dounia Bouzar, die in der Pariser Umgebung mehrere Projekte zur "Deradikalisierung" entgleister Banlieue-Kids leitet. Sie hat hunderte Lebensläufe von Anhängern der syrisch-irakischen Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) geprüft und festgestellt: "Wenn man im Cache ihrer Computer nachschaut, stößt man bei den frühesten Einträgen meist auf die Videos dieser Imame."

Starprediger wie Houdeyfa sprechen ganz offensichtlich auch Jugendliche an, die für die als altmodisch und verstaubt geltenden Moschee-Rektoren nur noch Verachtung übrig haben. Bloß verdammen diese Salafisten, selbst wenn sie jeden Terror zurückweisen, generell die westliche Lebensart – und damit auch die Pariser Bistro-Kultur, die Ziel der jüngsten Anschläge war. Darüber aber diskutiert Houdeyfa öffentlich nicht, verweigert er sich doch systematisch den Anfragen französischer Medien. Die französische Polizei scheint sich derzeit ihrerseits die Frage zu stellen, auf welcher Seite Houdeyfa wirklich steht. Im Zuge des nationalen Ausnahmezustandes wurde seine Moschee in Brest am vergangenen Freitag von über hundert Polizisten einer mehrstündigen Hausdurchsuchung unterzogen.

QuoteHookMind

Ein Rapper der Musik verbietet .... :)


QuoteDaedalus61

Wir gehen lausigen Zeiten entgegen. Ich sehe mich schon als 80-jährigen Subversiven, der Slogans zur Legalisierung des Minirocks auf Moscheen sprayt.


Quoteeinszweidreivierfünf...

naja, etwas gegen FeministInnen zu haben, muss ja jetzt per se nichts Schlechtes sein... ("predigt gegen Feministinnen")


QuoteKörperklaus

So ein Topfen Gleichberechtigung für Frauen ist eine zivilisatorische Errungenschaft und ein hohes Gut.
Und im Zweifel sind mir 10 überreifrige Gender-Forscher(I)*_nnen lieber als ein verstockter Salafist.


QuoteFrau Arielle

Kennt sich hier jemand aus? Wie begründen die dieses unsägliche Musikverbot? Woher kommt das? Die arabische Musikkultur ist dermaßen alt und reichhaltig, wie passt das bitte zusammen? Das ist doch verrückt. Wer weiß da Antwort?


QuoteRohling

Wie schlecht ist das Gedächtnis der Welt.... Vor etwas mehr als hundert Jahren zogen Europäer in die ganze Welt, mit Jesus Christus und der abendländischen Kultur im Tascherl und haben wehrlose Völker damit gequält. Wir Europäer haben uns nicht von unseren kolonisierenden Vorfahren losgesagt, die Opfer sind uns heute noch ziemlich gleichgültig.

Heute "fördert" eine zu Geld gekommene Clique mit schlechtem Gewissen die "Ausbreitung des Islam" und will so ja auch nur ein bisschen schneller in den Himmel kommen. Sie sind genauso engstirnig und rücksichtslos.


QuoteStrassenrand

Wieso werden Religiöse Menschen nicht einfach psychisch behandelt? Sie weisen doch alle Merkmale einer Psychose und stecken noch zusätzlich andere damit an. Und damit meine ich auch die Christen.


...


Aus: "Salafistische Imame: Nein zum Terror, nein zur Musik" (Stefan Brändle aus Paris, 1.12.2015)
Quelle: http://derstandard.at/2000026695168/Salafistische-Imame-Nein-zum-Terror-nein-zur-Musik (http://derstandard.at/2000026695168/Salafistische-Imame-Nein-zum-Terror-nein-zur-Musik)

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Quote[...] [Leila Ahmed, 1940 in Kairo geboren, ist eine ägyptisch-amerikanische Autorin und Wissenschaftlerin. Sie lehrt als Professorin für Frauenstudien und Religion an der Harvarduniversität und forscht vor allem zum Islam und zu Gender.]

... Die Frage also, was der Islam ist und welche fundamentalen Regeln ihm zugrunde liegen, kann auf sehr unterschiedliche Art und Weise beantwortet werden. Im Sinne des Islams kann es richtig sein, dass Bürger die Freiheit haben, zu wählen und sogar eine Frau zur Staatschefin zu ernennen. Oder es kann die Überzeugung entstehen, dass Gott Frauen nicht am Steuer eines Autos sehen will.

Dass unterschiedliche Interpretationen der heiligen Schriften auf das jeweilige Verständnis einer Religion zurückwirken, zeigt sich freilich in allen Glaubensrichtungen. So gibt es Christen, die es für zulässig halten, dass auch Frauen und Schwule Priester werden können, während andere Gläubige dies ausdrücklich ablehnen.

...


Aus: "Die Rückkehr des Kopftuchs" Leila Ahmed (8. April 2016)
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/2016-03/hidschab-kopftuch-islam-geschichte (http://www.zeit.de/gesellschaft/2016-03/hidschab-kopftuch-islam-geschichte)
Title: [Schon im November war in Marseille... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 13, 2016, 07:56:18 AM
Quote[...] Die jüdische Gemeinde in Marseille hat nach der Messer-Attacke auf einen jüdischen Lehrer zu einem Kippa-Verzicht in der Öffentlichkeit aufgerufen. Die Juden in der südfranzösischen Hafenstadt sollten die jüdische Kopfbedeckung vorerst nicht mehr tragen, sagte der Vorsitzende des sogenannten israelitischen Konsistoriums in Marseille, Zvi Ammar.

Juden müssten sich derzeit "ein bisschen verstecken". Mit Blick auf den Ernst der Ereignisse müssten außergewöhnliche Entscheidungen getroffen werden. Die Kippa solle bis zu "besseren Zeiten" nicht getragen werden. Dies sei die schwerste Entscheidung seines Lebens, sagte Ammar. Es sei ihm aber lieber, dafür kritisiert zu werden, als sich irgendwann Vorwürfe machen zu müssen, wenn etwas Schreckliches passiert sei.

Frankreichs Oberrabbiner Haïm Korsia sieht darin eine verständliche emotionale Reaktion, widersprach aber gleichzeitig: "Wir dürfen nicht klein beigeben, wir werden auch weiterhin die Kippa tragen."

Auch der Präsident des jüdischen Spitzenverbandes Crif, Roger Cukierman, sagte, die Empfehlung von Marseille sei "sicher keine gute Idee". Damit werde eine Haltung von Aufgabe und Verzicht transportiert.

Die Polizei hatte nach der Attacke einen 15-Jährigen festgenommen, der sich auf Allah und die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) berief. Schon im November war in Marseille ein Lehrer einer jüdischen Schule bei einer ähnlichen Attacke verletzt worden. Die Zahl der Übergriffe gegen Juden oder jüdische Einrichtungen war im vergangenen Jahr in Frankreich drastisch gestiegen.

Quote
Prisen Colinen
#1  —  vor 10 Stunden

Das raten sich die Juden in Berlin Neukölln schon seit Jahren, nachdem es die ersten Attacken auf Kippa-tragende Menschen gegeben hat.


Quote
KlausRetina
#1.2  —  vor 10 Stunden
4

Hier mal ein Video dazu: http://www.vice.com/de/video/ich-bin-mit-einer-kippa-durch-berlin-gelaufen-732 (http://www.vice.com/de/video/ich-bin-mit-einer-kippa-durch-berlin-gelaufen-732)
Ich bin mit einer Kippa durch Berlin gelaufen (2015)
Am 15. Februar veröffentlichte das israelische Online-Magazin NRG ein Video, in dem ein Reporter mit einer Kippa auf dem Kopf schweigend durch Paris lief. Auf dem Spaziergang wurde der Reporter mehrere Male beleidigt, bedroht und angespuckt—offenbar nur, weil er als Jude zu erkennen war.


Der Mann lief mit Kippa durch Neukölln und Kreuzberg und wurde eben nicht verprügelt.
Soll natürlich nicht heißen dass es keinen Antisemitismus gebe in einigen Gegenden Deutschlands, aber dennoch ist es nicht unbedingt gleich fair den Teufel an die Wand zu malen.


Quote
kampfdenker
#1.3  —  vor 9 Stunden

In Teilen Sachsens und Nordrhein-Westfalens wird man wegen eines Kapuzenpullovers als "Antifa" oder wegen eines Bartes als"Taliban" gehasst, auch wenn man mit beiden Gruppen nix gemeinsam hat.

Das sollte uns mehr zu denken geben, als die Vorgänge in Marseille!


Quote
KlausRetina
#1.4  —  vor 9 Stunden

Anscheinend haben es auch andere in Sachsen nicht unbedingt leicht:
http://www.mdr.de/sachsen/dresden/angriff-auf-israelische-studenten100.html (http://www.mdr.de/sachsen/dresden/angriff-auf-israelische-studenten100.html)


Quote
Prisen Colinen
#1.5  —  vor 9 Stunden 11

Das sehen einige unserer Mitbürger aus leidvoller Erfahrung wohl etwas anders:

"Meinung - Nur ohne meine Kippa" Leonard KaminskiLeonard Kaminski (05.03.2015)
Warum ich mich in Neukölln und Wedding nicht als Jude zu erkennen gebe – Zwischenruf eines jungen Berliners
http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/21662 (http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/21662)


Quote
santiago4672
#5  —  vor 10 Stunden
16

in vielen arabischen staaten gehört judenfeindlichkeit fast schon zum guten ton. wenn man mal gesehen hat, wie in der hinsicht schon kinder im tv indokriniert werden, der braucht sich nicht wundern. das unterscheidet sich z.t. nicht großartig von der judenhetze während der nazizeit.


QuoteAldar
#8  —  vor 10 Stunden
11

Auch im hohen Norden ist sowas nicht ungefährlich.
https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Beschimpften-und-beraubten-Fluechtlinge-Juden,fluechtlinge5548.html (https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Beschimpften-und-beraubten-Fluechtlinge-Juden,fluechtlinge5548.html)


Quote
Ernuwieder1
#13  —  vor 10 Stunden

Gleich kommen sie wieder, die Kommentare, die reflexartig und relativierend "daran erinnern", daß es neben dem neuen, gewalttätigen muslimischen Antisemitismus, wegen dem die Juden neuerdings wieder an Flucht aus Europa denken, ja nach wie vor immer noch die antisemitischen Wurzeldeutschen gibt.
Ja doch, wissen wir.

Besonders beliebt ist neuerdings die Diagnose eines sogenannten "sekundären Antisemitismus". Wohl deshalb, weil ein knallharter "primärer" Antisemitismus sich in der Mitte der Gesellschaft kaum nachweisen läßt, sondern nur bei sozial randständigen Neonazis, die jüdische Friedhöfe schänden und Schlimmeres. Aber da die Mitte der Gesellschaft ja unbedingt als "latent" antisemitisch und mitschuldig gebrandmarkt werden muß, auf keinen Fall freigesprochen werden darf, ganz still sein, schweigen und sich schämen soll, erfand man den "sekundären Antisemitismus".

Sekundärer Antisemitismus liegt dann vor, wenn ein Deutscher unsicher, unangenehm berührt und verkrampft darauf reagiert, wenn ein Jude den Themenkomplex Holocaust und NS-Regime anschneidet. Oder wenn er es gar wagt, auch noch kontrovers über das Thema zu diskutieren.

Frei von sekundärem Antisemitismus wären die Leute dann, wenn sie das Kunststück vollbringen, die gebotene Betroffenheit an den Tag zu legen, nicht zu widersprechen, dabei aber gleichzeitig locker, unverkrampft, souverän und gesellig zu bleiben. Gelingt ihnen das nicht, sind sie latent antisemitisch.
Oder habe ich das falsch verstanden?

Der ureuropäische Antisemitismus soll damit nicht verharmlost werden. Er gehört genau so bekämpft wie der neue muslimische.

Nur scheint in der öffentlichen Wahrnehmung der muslimische Antisemitismus (im Gegensatz zum "autochthonen") oftmals eine Art Welpenschutz zu genießen.
Man betrachtet muslimisch-antisemitische Täter oft als von bösen Einflüsterern Verführte, die keine "Urverantwortung" für den eigenen Antisemitismus tragen. Das aber würde bedeuten, diesen Tätern die Fähigkeit abzusprechen, selbständig zu denken, und sie quasi zu dressierten Tieren zu degradieren.
Aber ein muslimischer Attentäter ist genau so individuell selbst für seine Taten verantwortlich wie ein deutscher Neonazi oder Altnazi.

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demosheißtvolk
#13.4  —  vor 8 Stunden

A propos "Verführte":
Sie haben den beliebten Hinweis vergessen, dass es sich bei einem muslimisch-antisemitischen Täter garantiert um einen "Verlierer der Gesellschaft" handelt - das relativiert so wunderbar einfach die individuelle Verantwortung für Denken und Handeln.


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demosheißtvolk
#13.5  —  vor 7 Stunden

"Sekundärer Antisemitismus":
Meiner Meinung nach haben Sie da etwas falsch verstanden.
Das wäre jetzt eine komplexe Diskussion, würde zu weit führen.


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Freemason Anti-Kath
#13.6  —  vor 4 Stunden

"erfand man den "sekundären Antisemitismus"."

Eine noch bessere Erfindung ist der "strukturelle Antisemitismus". Den kann man buchstäblich immer anbringen, um das Gegenüber zu diskreditieren, beispielsweise wenn es sich kapitalismuskritisch äußert. "Struktureller Antisemitismus", muss man sich merken. Ganz vorne in den Rabulistik-Charts.



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suchenwi
#13.2  —  vor 9 Stunden

Wie wäre es mit einer Podiumsdiskussion/Talkshow zur besten Sendezeit zum Thema "Religionen und Freiheiten"?
Angefragte Teilnehmer:
- (nach Bevölkerungsanteilen) je ein Katholik, Protestant, Agnostiker/Atheist
- zusätzlich je ein Jude, Moslem, Buddhist, Hinduist u.a.
- Wenn sich ein FSM-Gläubiger als Teilnehmer findet, könnte es noch interessanter werden...


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yutopia
#14  —  vor 10 Stunden

Ohne jetzt gehässig wirken zu wollen: Was würde es jetzt bringen, eine allgemeine (und keine spezifische) Debatte über antisemitische Gewalt in der französischen Gesellschaft zu führen? Ich behaupte jetzt mal, dass ein 15-jähriges Kind seinen Antisemitismus nicht von ungefähr, sondern genau von seinem näheren und nähesten (sprich: familiären) Umfeld erhalten hat; lassen sich Menschen unter solchen Umständen dann noch durch ein Narrativ auf Grundlage historischer Erfahrungen mit Antisemitismus zur Einsicht bewegen? Oder konkret: Welche Bedeutung hat eine Dreyfuß-Affaire für eine eingewanderte, muslimische Familie in Frankreich?

[https://de.wikipedia.org/wiki/Dreyfus-Aff%C3%A4re (https://de.wikipedia.org/wiki/Dreyfus-Aff%C3%A4re)]

[https://de.wikipedia.org/wiki/Chronologie_der_Dreyfus-Aff%C3%A4re (https://de.wikipedia.org/wiki/Chronologie_der_Dreyfus-Aff%C3%A4re)]


QuotePardame
#21  —  vor 9 Stunden

Schon vor 30 Jahren gab es in Marseille Viertel, in denen man weder als Frau noch als Jude unbehelligt durch die Straßen gehen konnte. Das habe ich selbst erlebt.
Das macht es nicht besser, zeigt aber, dass der Hass bestimmter Einwanderungsgruppen ( damals waren es Algerier) nicht erst seit ein paar Monaten existiert.


QuoteFabian52
#24  —  vor 8 Stunden

Ich wohne in Südfrankreich und trage eine Halskette mit Kreuz. Bin deshalb schon von jugendlichen Maghrebinern verbal und mit Gesten (ausspucken) angegriffen worden. Diese Haltung kommt sicher aus dem Elternhaus, den Moscheen und Internet Hetze. Ich werde jeden Kippaträger verteidigen, aber auch jeden Kaftanträger sollte ich Zeuge werden, wenn dieser deswegen angegriffen oder beleidigrt wird. Statt Hass und Hetze, plädire ich eher für einen interreligiösen Dialog, Toleranz und die Erkenntniss, das wir nur gemeinsam unseren Planeten erhalten und friedlich gestalten können.


...


Aus: "Frankreich: Jüdische Gemeinde rät vom Tragen der Kippa ab" (12. Januar 2016)
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/2016-01/frankreich-marseille-messer-attacke-kippa-verzicht (http://www.zeit.de/gesellschaft/2016-01/frankreich-marseille-messer-attacke-kippa-verzicht)

Title: [Eine Grundschulrektorin aus Darlington... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 27, 2016, 05:19:39 PM
Quote[...] Graue Hose, roter Blazer, schwarze Schuhe: An vielen englischen Schulen ist genau festgelegt, wie Schüler zum Unterricht erscheinen müssen. Für Eltern gelten die strengen Kleidervorschriften allerdings nicht - und das macht sich mancherorts in Gestalt von Schlafanzug und Hausschuhen am Schultor bemerkbar.

Eine Grundschulrektorin aus Darlington hat nun genug vom Gute-Nacht-Look einiger Erziehungsberechtigter. In einem Brief hat Kate Chisholm Eltern eindringlich dazu aufgefordert, sich etwas Ausgehtaugliches anzuziehen, bevor sie die Kinder zur Schule bringen. "Dürfte ich Sie darum bitten, sich die Zeit zu nehmen, sich angemessen zu kleiden?", heißt es in dem Schreiben.

In den letzten Monaten kämen immer mehr Eltern, die im Schlafanzug und oft noch mit Pantoffeln an den Füßen ihre Sprösslinge an der Schule absetzten. Dies dürfte sich auch negativ auf die Kinder auswirken, beklagte Chisholm. Sogar zur Morgenversammlung seien einige schon im Pyjama aufgetaucht. "Wenn wir die Anforderungen im Unterricht anheben wollen, ist es ja wohl nicht zu viel verlangt, die Eltern erst einmal zum Waschen und Anziehen zu bringen", sagte Chisholm.

Die Initiative der Schulleiterin traf bei einigen Eltern auf Unterstützung. Es sei beschämend, dass viele Väter oder Mütter im Schlafanzug zur Schule kämen, sagte Phil Naylor. "Wir sollten unseren Kindern ein Vorbild sein, und zwar nicht mit schlechten Angewohnheiten.

Andere Eltern empfanden die Rüge indes als Bevormundung - und erschienen am nächsten Tag aus Protest im Schlafanzug.

Das Phänomen der Pyjama-Eltern ist nicht nur in der englischen Stadt Darlington bekannt. So berichtet mancher deutsche Austauschschüler nach seinem Aufenthalt in England, Irland oder den USA von Fahrgemeinschaften im Bademantel oder Schulaufführungen im Schlabberlook.

Auch in England hat das Thema schon in der Vergangenheit für Schlagzeilen gesorgt. 2011 verschickte ein Schulleiter aus Middlesbrough Briefe, in denen er Eltern darum bat, den Schlafanzug gegen angemessene Kleidung zu tauschen. Das Schreiben von Schulleiterin Chisholm hat die Diskussion nun erneut entfacht.

Mittlerweile diskutieren Eltern und Medien unter dem Hashtag Pyjamagate auf Twitter über das Thema. So schreibt ein User: "Schlafanzüge gehören ins Haus. Alles andere ist pure Faulheit." Allzu ernst wird die Debatte allerdings nicht von allen geführt. Twitter-Nutzer David Wriglesworth postete beispielsweise ein Bild der Zeichentrickfiguren "Bananas in Pyjamas" und schrieb dazu: "Ich wette, diese Typen haben ihre Schlafanzüge nicht ausgezogen, um ihre Kinder von der Schule abzuholen."

...


Aus: "Blauer Brief: Britische Schulleiterin mahnt Pyjama-Eltern ab" (27.01.2016)
Quelle: http://www.spiegel.de/schulspiegel/direktorin-appelliert-an-eltern-bringt-eure-kinder-nicht-im-schlafanzug-zur-schule-a-1074167.html (http://www.spiegel.de/schulspiegel/direktorin-appelliert-an-eltern-bringt-eure-kinder-nicht-im-schlafanzug-zur-schule-a-1074167.html)

Title: [Plötzlich fühlt man... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 04, 2016, 10:52:27 AM
Quote[...] Politikwissenschaftlerin Gülistan Gürbey erklärt, wie sich die Flüchtlingskrise auf alteingesessene Einwanderer in Deutschland auswirkt.
Interview von Deniz Aykanat


Der Fall Lisa in Berlin zeigt [http://www.sueddeutsche.de/politik/angebliche-vergewaltigung-die-russlanddeutschen-nehmen-an-einem-breit-gefuehrten-angstdiskurs-teil-1.2836571 (http://www.sueddeutsche.de/politik/angebliche-vergewaltigung-die-russlanddeutschen-nehmen-an-einem-breit-gefuehrten-angstdiskurs-teil-1.2836571)],  dass ein Migrationshintergrund nicht vor Ressentiments gegenüber Flüchtlingen schützt. Eine Befragung im Auftrag der Welt am Sonntag ergab, dass Zuwanderer im gleichen Maße wie Deutsche Vorbehalte gegenüber Flüchtlingen haben. Ist das schon ein Zeichen für Integration? Verbessert die Flüchtlingskrise den Ruf der bereits hier lebenden Bevölkerung mit Migrationshintergrund? Gülistan Gürbey ist Privatdozentin an der Freien Universität Berlin und hat sich unter anderem auf die Türkei spezialisiert.

SZ.de: Sind die Türken die neuen Italiener?

Gülistan Gürbey: Vorlieben für bestimmte Migranten hat es immer gegeben, aus vielerlei Gründen. Was sich abzeichnet, ist, dass das überwiegend negative Bild von Migranten aus der Türkei in den Hintergrund rückt. Bislang wurde vor allem diese Gruppe negativ wahrgenommen. Nun scheint es so, dass vor allem "arabische" Flüchtlinge in diese Rolle rücken.

Woran liegt das?

Gülistan Gürbey: Es ist vor allem die große Anzahl der Flüchtlinge und ihr kulturell-religiöser, muslimischer Background, aber auch dass sie in so kurzer Zeit nach Deutschland gekommen sind. Es wirkt auf die Bevölkerung plötzlich, unerwartet und ungeplant. Ereignisse, wie wir sie an Silvester in Köln erlebt haben [https://de.wikipedia.org/wiki/Sexuelle_%C3%9Cbergriffe_in_der_Silvesternacht_2015/16 (https://de.wikipedia.org/wiki/Sexuelle_%C3%9Cbergriffe_in_der_Silvesternacht_2015/16)], beschleunigen negative Prozesse in der öffentlichen Wahrnehmung und die Zuordnungen zu bestimmten Gruppen.

Warum stehen alteingesessene Migranten besser da, nur weil Flüchtlinge schlecht dastehen?

Gülistan Gürbey: Angesicht der Flüchtlingskrise treten die Unterschiede deutlicher hervor. Plötzlich fühlt man sich den "Türken" viel näher, die man vor allem aufgrund ihres kulturell-religiösen Backgrounds als fremd und anders wahrgenommen hat. Man fühlt sich näher, weil man sie bereits länger kennt, weil man weiß, dass sie seit Jahren und bereits in mehreren Generationen hier leben und sie sich längst an das Leben in Deutschland gewöhnt beziehungsweise integriert haben. Kurzum, Krisensituationen können vorhandene negative Wahrnehmungsprozesse beeinflussen. Mit anderen Worten: Sie in das Gegenteil umkehren.

Wie sehen sich alteingesessene Migranten denn selbst? Verändert sich ihr Selbstbild durch die Flüchtlinge?

Gülistan Gürbey: Migranten aus der Türkei standen lange Zeit im Mittelpunkt der öffentlichen Diskurse über Integration. Dies scheint sich zu ändern. Diese Gruppe rückt zunehmend in den Hintergrund und das hat einen entscheidenden Effekt. Migranten aus der Türkei merken selbst, dass sie nicht mehr auf der Agenda stehen. Sie nehmen das wohlwollend auf, weil sie nicht mehr als Problem in den öffentlichen Diskursen thematisiert werden.

Dann müssten sich die Türken in Deutschland ja freuen über die Flüchtlinge.

Gülistan Gürbey: Viele Migranten sind in der Flüchtlingsarbeit engagiert. Vielen sind die Tragödien, die zum Beispiel syrische Flüchtlinge erlebt haben, nicht fremd, weil sie möglicherweise selbst wegen Verfolgung oder Folter nach Deutschland flüchteten. Man kommt vielleicht aus ähnlichen Gebieten, hat eine gemeinsame Landesgrenze wie etwa Türken und Syrer. Kulturelle, religiöse oder geografische Nähe erzeugt Empathie. Auf der anderen Seite ist Konkurrenz nicht ausgeschlossen, wenn es um Teilhabe an Beschäftigung, Bildung und Ausbildung geht. Dies betrifft vor allem diejenigen Migranten, die keine Arbeit oder keine Ausbildung haben und möglicherweise mit Flüchtlingen jetzt in einen Wettbewerb eintreten.

Warum gibt es unter Einwanderern überhaupt diese Hackordnung? Warum halten die nicht zusammen?

Gülistan Gürbey: Die echten Möglichkeiten, die sie haben, sich zu integrieren und gesellschaftlich aufzusteigen, sind Bildung, Ausbildung und Beschäftigung. Das erzeugt Konkurrenz unter ihnen. Und Konkurrenz ist etwas, das trennt.

In Deutschland weht seit Beginn der Flüchtlingskrise auch ein ziemlich rechtspopulistischer Wind. Erst kürzlich schockierte die AfD mit der Forderung, Flüchtlinge an der Grenze mit Waffengewalt abzuwehren. Wie muss das auf Migranten wirken?

Gülistan Gürbey: Wenn in Deutschland Flüchtlingsheime brennen, dann löst das auch bei Migranten, die schon lange hier leben, Angst aus. Sie erinnern sich noch an Solingen und Hoyerswerda. Sie wissen, dass es auch sie treffen kann, wenn diese Gewaltakte ansteigen.

Dann müssen Pegida und AfD, aber auch die CSU, die Stimmung gegen Flüchtlinge machen, für die bereits ansässigen Migranten und ihre Integration ja eine Katastrophe sein.

Gülistan Gürbey: Negativ besetzte öffentliche Diskurse verunsichern die Migranten, die längst hier integriert sind. Bewegungen wie Pegida schüren Ängste. ....


Aus: "Flüchtlinge: "Plötzlich fühlt man sich den 'Türken' viel näher"" (3. Februar 2016, 09:19 Uhr)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/politik/fluechtlinge-das-negative-bild-von-migranten-aus-der-tuerkei-rueckt-in-den-hintergrund-1.2845101 (http://www.sueddeutsche.de/politik/fluechtlinge-das-negative-bild-von-migranten-aus-der-tuerkei-rueckt-in-den-hintergrund-1.2845101)

Title: [Die Unsrigen (Zum Selbstkonzept)... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 10, 2016, 03:02:44 PM
Quote[...] Islamfeindliches Europa - Am 6. Februar kam es weltweit zu einem asylfeindlichen Aktionstag, die meisten, rund 7.000 Demonstranten, kamen in Dresden zusammen. In Prag versammelten sich rund 1.500 Islamgegner mit Spruchbändern wie ,,Nein zur Einwanderung – Stopp der Merkelisierung".
In Warschau trat Pegida-Frontfrau Tatjana Festerling auf einer Kundgebung polnischer Nationalisten vor einigen Hundert Teilnehmern auf. Sie erinnerte an den Kampf von ,,Polen und Litauern, Sachsen und Österreichern" bei der Verteidigung Wiens gegen die Türken im 17. Jahrhundert. Damals habe das Heer des polnischen Königs das christliche Abendland gerettet.


Margarete Moulin: Frau Roth, in Osteuropa macht die Gesellschaft einen Rechtsruck. Die EU-Oststaaten tun sich mit Kontingenten an Flüchtlingen schwer. Große Teile der Bevölkerung stehen hinter den verbalen Ausfällen ihrer Politiker gegen Muslime. Was ist da los?

Juliana Roth: Ich reise viel durch die postsozialistischen Länder und sehe, wie es den Leuten dort geht. Mit der Wende ist es zu drastischen sozialen Verwerfungen gekommen. Zusammen mit dem Patriotismus, an dem dort gestrickt wird und der fehlenden Erfahrung mit Migranten, ergeben die Forderung der EU Sprengstoff.

Was sind das für Verwerfungen?

Nirgendwo hat der versprochene, wirtschaftliche Aufschwung die breite Bevölkerung wirklich erreicht. Hingegen regiert der Klientelismus. Viele Fachkräfte sind arbeitslos, dafür fährt jetzt ein ungelernter Kleinhändler, der die richtigen Leute kennt, den neuesten Mercedes. Der Beitritt in die EU hat vor allem der alten Nomenklatura genutzt. Einer kleptokratischen Elite gelingt es, sich über Gesetze hinwegzusetzen und EU-Fördergelder in die eigenen Taschen zu stecken. Es gibt immer noch keine richtige Zivilgesellschaft.

Ein Beispiel?

Nehmen wir Bulgarien: Auf Demonstrationen lenken gekaufte Mobs den Verlauf zugunsten der sie bezahlenden Parteien. Betrügereien sind Alltag. Wenn Sie tanken, wissen Sie nie, ob das Benzin nicht gestreckt wurde. An öffentlichen Schulen kommt das ,,Abziehen" oft vor. Wenn z. B. ein Schüler mit neuen Schuhen hingeht, kommt er vielleicht auf Socken nach Hause. Die Eltern schicken ihre Kinder also auf Privatschulen. Dann können sie aber kaum noch die Miete zahlen. Oder: In der Slowakei werden Leute mit bestimmten Autokennzeichen nie geblitzt, auch wenn sie zu schnell fahren. Solche Beispiele finden Sie überall .

Die osteuropäischen Gesellschaften stecken nicht nur in einer wirtschaftlichen, sondern auch in einer moralischen Krise?

Ja, es sind angespannte, misstrauische Gesellschaften. Es gibt in allen osteuropäischen Sprachen ein Wort für ,,die Unsrigen". Die Welt wird eingeteilt in Menschen, denen man vertraut und solche, denen man misstraut, innerhalb der eigenen Gesellschaft und gegenüber anderen Kulturen.

Und zu den ,,Unsrigen" zählen die Flüchtlinge nicht

Nein, sie machen Angst. Umso stärker stützen sich die Menschen auf ein ,,Wir und die Anderen." Diese Kategorie wird auf der ganzen Welt benutzt. Die Frage ist immer, wie sehr sie benötigt wird. Die Leute in Osteuropa sagen: ,,Wir haben Sorgen bis zum Hals. Was interessieren uns da irgendwelche Araber?" Wenn ,,diese Araber" ihnen dann noch von der EU aufgedrückt werden, ist der Widerstand doppelt groß.

Das heißt, Flüchtlinge werden nicht nur prinzipiell abgelehnt, sondern auch, weil sie über die EU zugeteilt werden?

Genau. Die Enttäuschung über die EU ist grenzenlos. Beim Eintritt in die EU dachten viele: Wir kehren heim in den Westen. Stattdessen spüren sie, dass sie nicht als ebenbürtige Europäer gelten wie Franzosen oder Deutsche. Das Label ,,Osten" oder ,,Balkan" bleibt ihnen ewig aufgedrückt. Sie nehmen sich als Verlierer der Modernisierung wahr.

Die Ressentiments gegen Muslime scheinen aber älter zu sein.

Es gibt zwei Hauptgründe. Zum Selbstkonzept vieler Osteuropäer, zum Beispiel der Ungarn gehört es, sich als uraltes Bollwerk zu verstehen gegen alle möglichen Barbaren aus dem Osten. Gegen die Hunnen, Mongolen, später gegen das Osmanische Reich, den Islam. Auch die Serben sprechen von der grünen, also muslimischen Diagonale, die sich von Zagreb bis Istanbul zieht als eine Art Frontlinie zum Orient. Anderes Beispiel: Polnische Truppen haben 1683 für das Habsburger Reich gegen die Türken vor Wien gesiegt. Die Rettung des Abendlandes ist als heroische Tat tief im Bewusstsein der Polen verankert. Zugleich empfinden viele Osteuropäer es als Kränkung, dass sie für dieses Sich-für-den-Westen-Aufopfern nie echten Dank gekriegt haben – so wie sie ihn jetzt nicht kriegen, wenn sie Zäune an der EU-Außengrenze bauen.

Aber die historischen Beispiele sind doch alle lange her!

Für Sie vielleicht! Osteuropäische, vor allem slawische Kulturen sind vergangenheitsorientierte Kulturen. Für sie lebt Geschichte. Anthropologen sprechen auch von ,,frozen past". Vergangenheit wird eingefroren und kann jederzeit aufgetaut werden – mit all ihren Gefühlen. In Südosteuropa gibt es die Vorstellung einer zweigeteilten Geschichte. Erst war man Held, dann Opfer – sei es durch die Unterwerfung durch die Osmanen oder anderer Ungerechtigkeiten der Geschichte. Vergangenheitsorientierung ist erst mal nichts Falsches. Aber sie kann instrumentalisiert werden: In Ungarn verkaufen sich aktuell gut Kühlschrankmagneten mit dem Umriss von Großungarn, also der Grenzverlauf mit den Gebieten, die 1920 durch den Trianon-Vertrag verloren gingen, und denen noch heute hinterhergetrauert wird. Versuchen Sie mal, selbst mit einem jungen Ungarn darüber sachlich zu reden. Sie werden eine ausschließlich emotionale Reaktion bekommen.

Gegen das Gefühl, dass ,,alles zerfällt" reaktiviert man dieses Geschichtskonzept und beschwört nationale Zusammengehörigkeit?

Genau. In Mazedonien beruft man sich auf die Antike. Wenn Sie über die Grenze fahren, kriegen Sie auf Ihr Mobiltelefon die Nachricht ,,Welcome to Macedonia, the cradle of civilization." In Skopje sehen Sie dann, wie dieser bitterarme Staat derzeit Millionen Euro ausgibt und die Hauptstadt mit neuen Denkmälern übersät, mit Figuren, die angeblich besonders mazedonisch waren. Alexander der Große ist zum Gründer des Staates avanciert, der Flughafen und die wichtigste Autobahn tragen seinen Namen, ihm ist eine riesige Statue im Zentrum gewidmet. Zugleich wird an den Schulen nur slawische Geschichte gelehrt, die große albanische Minderheit negiert.

Sie sprachen von einem zweiten Grund für Fremdenangst?

Durch den Eisernen Vorhang war es jahrzehntelang unmöglich, zu reisen und fremde Kulturen und Andersheit zu erleben. Aber das Hauptproblem ist, wie mit Fremdheit im Land umgegangen wurde. Da ist auch die DDR ein plakatives Beispiel. Vertragsarbeiter aus Vietnam, Angola oder Kuba wurden untereinander und von den Ostdeutschen ferngehalten. Sie hatten extra Wohnheime, kein Recht auf Familienzuzug. Kontakte zu Einheimischen waren genehmigungs- und berichtspflichtig. Ausländer, die mit Ostdeutschen eine Liaison eingingen und erwischt wurden, wurden ausgewiesen. Mit Fremdheit umgehen, hieß auf Abstand gehen. Das wirkt heute bei der Einstellung vieler Ostdeutscher gegenüber Fremden nach.

Genau das richtige Feld für die Interkulturelle Kommunikation?

Das sollte man meinen. Aber ich habe für den Bayerischen Volkshochschulverband ein großes Programm für Interkulturelle Kompetenz (IKK) entwickelt, das bundesweit angeboten wird. Es ist zum Beispiel für Sozialarbeiter oder für Lehrer gedacht, die mit Ausländern zu tun haben. Diese Kurse werden in den neuen Bundesländern aber einfach nicht gebucht, die kann man anbieten wie Sauerbier. Es gibt zwar zwei Universitäten, an denen die IKK gelehrt wird, aber in den Institutionen herrscht kein Bewusstsein für die Wichtigkeit der Interkulturellen Kompetenz.

Wie lehren Sie denn Interkulturelle Kompetenz?

Zuerst lernen alle Studenten, egal ob in München oder in Sofia, dass ihre eigenen Werte, Sicht- und Verhaltensweisen, die sie vielleicht für allgemeingültig gehalten haben, in ihrer Kultur verwurzelt sind. Danach nehmen wir Begegnungen von Menschen mit unterschiedlichem kulturellen Hintergrund in den Blick und betrachten, wo es im Zusammentreffen im Ausland oder in Migrationsgesellschaften zu Kollisionen kommen kann. Es gibt praktische Übungen wie ein Kartenspiel, bei dem zwei Gruppen gegeneinander spielen, aber jede nach ihren eigenen Regeln. Die entstehenden Spannungen bewirken einen Aha-Effekt. Die Studierenden sollen lernen, kulturelle Zusammenstöße unaufgeregt zu bearbeiten, Ethnozentrismus und Stereotypen zu reflektieren, und sich im Perspektivenwechsel zu üben.

Sie bauen in Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Griechenland, der Türkei, auch in Russland an Universitäten Seminare für Interkulturelle Kommunikation auf. Wie begeistern Sie die Studenten dort?

Das läuft meist über die Germanistik. Am Anfang halten die Studenten die Kurse für eine Art ,,Fettnäpfchen-Lehre": Was muss ich in Deutschland tun, um nicht anzuecken? In Wirklichkeit soll das Studium ja zu einer generellen interkulturellen Kompetenz und Öffnung führen. Das Interesse fasst langsam Fuß.

Aber was ist jetzt zu tun? Die Flüchtlinge stehen vor der Tür, und wer zur EU gehören will, muss auch Verpflichtungen erfüllen.

Grob gesagt: Der Osten muss üben, mit Fremdheit zurechtzukommen. Er braucht wirtschaftliche Bedingungen, damit die Menschen eine echte Zukunft sehen und hochqualifizierte Leute nicht in den Westen abwandern. Dann könnten sie wirklich selbstbewusst werden und sich für die gemeinsamen Anliegen Europas engagieren. Aber als Kulturwissenschaftlerin kann ich Ihnen sagen: Menschen verändern ihre Werte und Einstellungen nur langsam.

QuoteJaroslaw Majchrzyk
vor 1 Std, 8 Min

"Nirgendwo hat der versprochene, wirtschaftliche Aufschwung die breite Bevölkerung wirklich erreicht. Hingegen regiert der Klientelismus. Viele Fachkräfte sind arbeitslos, dafür fährt jetzt ein ungelernter Kleinhändler, der die richtigen Leute kennt, den neuesten Mercedes. Der Beitritt in die EU hat vor allem der alten Nomenklatura genutzt. Einer kleptokratischen Elite gelingt es, sich über Gesetze hinwegzusetzen und EU-Fördergelder in die eigenen Taschen zu stecken. Es gibt immer noch keine richtige Zivilgesellschaft."

Ist das jetzt pauschal für alle ehemaligen Ostblockstaaten? Keine Differenzierung, Abstufung etc. Voll daneben.

"Osteuropäische, vor allem slawische Kulturen sind vergangenheitsorientierte Kulturen. Für sie lebt Geschichte."

???

Osteuropa (DDR ist da die Ausnahme, leider schlecht gestaltet) konnte leider keine Erfahrungen mit Zuwanderung machen und ist da erfahrungsmäßig eindeutig im Nachteil dem Westen gg. der die erste Welle der Zuwanderung aus der islamischen Welt in der Zeit erlebte, wo die Zuwanderer dringend als Arbeitskräfte gebraucht wurden. Sie waren willkommen, gebraucht und haben sozusagen das Eis gebrochen. Die Zeit ist in den meisten westlichen Länder (auch in den USA) vorbei. Was bleibt ist eine gewisse Offenheit dem Unbekannten/Fremden gegenüber. Das wird im Osten nicht mehr klappen.


QuoteJim Panse
vor 39 Minuten

@Jaroslaw Majchrzyk Also, ich weiss ja nicht wo du dich so aufhaeltst, Jarus..aber ich, hier in Warschau, kann das alles gut nachvollziehen.


QuoteJaroslaw Majchrzyk
vor 8 Minuten

@Jim Panse "Einer kleptokratischen Elite gelingt es, sich über Gesetze hinwegzusetzen und EU-Fördergelder in die eigenen Taschen zu stecken. Es gibt immer noch keine richtige Zivilgesellschaft."

Ich bin zwar nicht so oft in Polen (Süden und Masuren), aber ich kann die EU-Gelder überall sehen. Die Zivilgesellschaft + Mittelstand auch.

Siehst du in Warschau eine kleptokratische Elite, die die EU-Gelder veruntreut?


Quotetiszato
vor 1 Std, 30 Min

Die Frage ist doch vielmehr, ob Osteuropa die Immigranten zur Zeit gebrauchen kann oder nicht. Und dies ist offensichtlich nicht der Fall, wenn die eigene Jugend ins westliche Ausland arbeiten gehen muss. Wie sinnvoll wäre es denn, wenn man diese Länder dazu zwänge, Immigranten aufzunehmen und sie für einige Jahre im Ausland festzuhalten, wenn diese eh nur im Westen eine Lebensperspektive haben.


...


Aus: "Xenophobie in Osteuropa: ,,Sie sehen sich als Verlierer"" (10.02. 2016)
Quelle: https://www.taz.de/Xenophobie-in-Osteuropa/!5272200/ (https://www.taz.de/Xenophobie-in-Osteuropa/!5272200/)

#2 https://www.taz.de/Pegida-Demonstration-in-Prag/!5275460/ (https://www.taz.de/Pegida-Demonstration-in-Prag/!5275460/)

Title: [Auf einer Reise... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 18, 2016, 11:31:33 AM
Quote[...]  Auf einer Reise nach Japan kann man beobachten, wie ein ganz normales Tattoo eine ungeahnte Wirkung entfaltet. Während es in der westlichen Welt vor allem als Ausdruck von Individualismus verstanden wird, ist es in Japan genau anders herum. Dort stehen Tätowierungen für die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, und zwar einer ganz bestimmten. Die meisten Japaner assoziieren sie vollkommen unabhängig vom Motiv mit Yakuza, also der heimischen Mafia. Und genau das wird für immer mehr Japan-Besucher zum Problem.

Vor einigen Jahren beschloss die japanische Regierung, mit großer Härte gegen das organisierte Verbrechen vorzugehen. Seitdem ist Tätowierten vielerorts der Besuch von öffentlichen Bädern, Sentōs und Fitnessstudios verboten. Urlauber dürfte aber vor allem interessieren, ob sie Zutritt zu den berühmten heißen Badequellen, den Onsen, bekommen. Die Chancen stehen etwa eins zu eins. Landesweit lässt nämlich gut die Hälfte aller Onsen keine Tätowierten rein. Die Regierungsmaßnahmen sind dazu gedacht, die immer noch einflussreichen Yakuza aus der Öffentlichkeit zu verdrängen – zumindest was die Sichtbarkeit betrifft. Und weil die Japaner Regeln ernst nehmen, gilt das Verbot ausnahmslos, das heißt auch für Ausländer.

... Was aber passiert, wenn sich ein Unwissender mit Tattoos in ein öffentliches Bad in Japan verirrt? Oder das unmissverständliche Verbotsschild einfach ignoriert? Wahrscheinlich wird der Bademeister augenblicklich von seinem Hochsitz klettern und mit gekreuzten Zeigefingern auf ihn zugehen; frei übersetzt bedeutet das: Bitte verlassen sie schnell diesen Ort. Es gibt aber auch Bäder und Onsen, in denen Tätowierte nicht hinauskomplimentiert werden, solange sie ihre Tattoos abkleben oder verhüllen.

...

QuotePresseversprecher
#1  —  vor 12 Stunden 2

Ein Tattoo-Verbot in deutschen Bädern würde ich zustimmen. Zumindest, was das Popo-Geweih betrifft.


QuoteJ-R
#1.1  —  vor 7 Stunden 3

Ich nicht.


QuoteZweit-Nörgler
#5  —  vor 13 Stunden 12
Redaktionsempfehlung

"Während es [ein Tattoo] in der westlichen Welt vor allem als Ausdruck von Individualismus verstanden wird, ..." Unsinn, blanker Unsinn. Ein Tattoo ist doch längst genau das Gegenteil von Individualität, in Tattoos Individualität zu sehen ist doch maximal eine kindisch-naive narzisstische Selbstsicht, ist genauso "Individualität" wie eine Jeans, eine Armbanduhr oder ein Fahrrad. Wer will, mag seine persönliche Jeans (sein Tattoo, sein Fahrrad, Seine Armbanduhr) als großes Unterscheidungsmerkmal zu den Millionen anderen Jeans (Fahrrädern, Armbanduhren, Tattoos) sehen, nur die die Mehrheit der Anderen sieht darin eben nur eine Jeans (unter Millionen), ein Fahrrad von vielen, eine Armbanduhr, ein Tattoo (um es mal neutral zu formulieren). Da ist nichts wirklich Individuelles dran, auch wenn wenn natürlich jede Dummheit eine persönliche, individuelle Dummheit ist. ...


QuoteMal_nachdenken
#8  —  vor 13 Stunden 4

Viel intressanter finde ich, dass einer bestimmter Gruppe in Japan ohne weiteres der Zutritt zu einem wohl öffentlichem Bad verwehrt werden kann. So ganz ohne Diskreminierungsgedöns.

QuoteStephan Doo Doo Dixon
#8.1  —  vor 12 Stunden 7

Ah ja, das finden Sie ,,intressant?" So ganz ohne ,,Diskreminierungsgedöns", hm?
Und wenn es hierzulande nun einige geben würde, die z.B. schlechten Rechtschreibern gern den Zutritt in Foren verwehren würden? Fänden Sie das auch interessant oder dann eher vielleicht diskriminierend? Womöglich mal_nachdenken.



Quotelemmuh
#8.4  —  vor 10 Stunden

In Japan geht sogar noch viel mehr in Sachen Diskriminierung, Sie werden es kaum glauben.


Quotesadinoel
#9  —  vor 12 Stunden 13
Redaktionsempfehlung

Wenn man die anderen Kommentare unter diesem Artikel betrachtet, ist absolut interessant zu sehen, wie sich die Gesellschaft momentan mit Siebenmeilenstiefeln zurück zu entwickeln scheint. Sich über jeden und alles zu echauffieren, der anders aussieht oder eine andere Meinung hat, ist wieder salonfähig. Das kuriose dabei ist, dass es absolut niemanden etwas angeht was man mit seinem eigenen Körper anstellt. Selbst wenn man sich ein blaues Einhorn auf die Stirn tätowieren lässt und sich beide Hände zusammengepierct hat geht das außer einem selber nichts an. Wenn das so weiter geht hat man bald wieder rosa Listen und gelbe Sterne auf Jacken. Ich könnte kotzen über die Selbstgefälligkeit meiner Mitmenschen...


QuoteDer_Bremer
#11  —  vor 4 Stunden

In Japan kann einem der Zutritt zu einer Bar auch versagt werden, weil man kein Japaner ist.


QuoteDr. J
#15  —  vor 1 Stunde 4

Es ist immer wieder schön zu sehen, wie die Leser eines doch eher aufgeklärten Publikationsorgans beim Thema Tätowierungen reagieren. Ich bin 47 Jahre alt und großflächig tätowiert, überwiegend im Stil der Herren auf dem Photo und von einem Tätowierer, der einst dem genannten Horyyoshi III über die Schultern schauen durfte. Ich verfüge auch tatsächlich über einen Doktortitel und übe einen Beruf aus, zu dem die Tätowierungen nach Auffassung einiger Foristen wohl nicht passen würden. Sieht aber auch keiner, weil ich immer einen Anzug trage! Mein Motiv für die Tätowierungen war, dass ich sie einfach gut fand. Dass ich mich habe tätowieren lassen, habe ich noch keine Sekunde bereut. Im Übrigen stört es mich nicht, wenn jemand nicht tätowiert ist.


QuoteGnurg
#16  —  vor 1 Stunde 1
Redaktionsempfehlung

Ich verstehe ehrlich gesagt den Zusammenhang nicht ganz. Es ging doch um Tätowierungen in Japan, nicht in Deutschland. Dort haben Tätowierungen nun mal einen anderen Stellenwert als hier.

In Japan geht es halt darum, den Einfluss des organisierten Verbrechens aus öffentlichen Einrichtungen fernzuhalten. Vor allem in ländlichen Regionen gibt es auch viele Programme gegen mafiöse Strukturen, was auch gut so ist. Sicherlich lassen sich nicht alle Verbrecher an Tätowierungen erkennen, aber einige schon, und die kann man ja dann ausschließen.

Als Ausländer mit einer kleinen Tätowierung hat man in der Regel auch kein Problem und die Japaner sehen das durchaus differenziert. Vielleicht ist das in etwa vergleichbar, wie wenn man in Deutschland in der Badehose in der Sauna sitzen würde. Würde jetzt auch kein Mega-Problem darstellen, aber macht man einfach nicht.

Ich persönlich finde Tätowierungen auch eher affig. Ist natürlich jedem selbst überlassen, aber "schön" finde ich es in den allermeisten Fällen halt nicht und je größer desto schlimmer. Ich muss dann auch immer hinstarren, was manchen Trägern meist auch peinlich zu sein scheint. Aber ich kann nicht anders, vor allem wenn es langsam runzelt.


QuoteIhavenosister
#18  —  vor 19 Minuten

Ich war im Sommer 4 Wochen in Japan mit Freunden unterwegs. Von Tokyo bis Okinawa.
Kein einziges Mal hatte ich in Onsen oder Sentos Probleme und ich bin sichtbar am Arm tätowiert und auch noch ein großes am Bauch.
Insgesamt waren wir bestimmt in 10 verschiedenen Bädern. Ich habe sogar yakuza tattoos in einem Sento gesehen.


...


Aus: "Damit kommst du nicht rein!" (17. Februar 2016)
Quelle: http://www.zeit.de/entdecken/reisen/2016-02/japan-tattoo-taetowierung-yakuza-urlaub-onsen (http://www.zeit.de/entdecken/reisen/2016-02/japan-tattoo-taetowierung-yakuza-urlaub-onsen)
Title: [Deshalb ist klar... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 01, 2016, 07:04:50 PM
Quote[...]  Es steht schlecht um die deutschen Werte. Am schlimmsten ist es in Schleswig-Holstein. Katenschinken, Schwarzsauer und Pinkel, diese Eckpfeiler jahrhundertealter deutscher Tradition sind bedroht. Hat die CDU festgestellt. Die Minderheiten der Vegetarier, Veganer und Muslime könnten das Schweinefleisch von den Tellern der Mehrheit verdrängen, sagte Landwirtschaftspolitiker Heiner Rickers den Lübecker Nachrichten.

Deshalb hat die CDU dieser Achse des Bösen den Kampf angesagt. "Schweinefleisch gehört zu unserem Kulturkreis, es gibt keinen Grund, darauf zu verzichten", sagte der Landtagsabgeordnete Hans-Jörn Arp. Alle öffentlichen Kantinen, vor allem Schulen und Kitas, müssten Schweinefleisch anbieten, beantragt seine Fraktion. 

Saugute Idee! Denn niemand kann sagen, welche Richtung dieses Land einschlägt, wenn der Durchschnittsbürger seine gewohnten 38 Kilogramm Schweinefleisch im Jahr nicht bekommt: Schnitzel, Sonntagsbraten oder Currywurst in der Kantine von VW. Die Initialen stehen für Volkswurst, wissen ja viele gar nicht.

Deutschland ohne Schweine – undenkbar. Verschwinden sie erst von den Tellern, ist es bis zum kulturellen Vergessen, also zum Untergang, nicht mehr weit. Es würden nicht nur saumäßig wichtige Schimpfwörter fehlen, es gäbe auch keine nachvollziehbaren Temperaturangaben mehr. Generationen würden ohne Sparschwein aufwachsen, womöglich verarmen und nicht mal als arme Wurst tituliert werden können.

Wäre eine Welt ohne Schweinegrippe es wirklich wert, auch auf Schweinsteiger, Schweineohren und Schweinereien zu verzichten? Der Alptraum einer kasslerlosen Gesellschaft.

Deshalb ist klar, der Vorschlag der schleswig-holsteinischen CDU-Fraktion war nur der erste Wurf, um dieses Wurst-Case-Szenario zu verhindern. ...

QuoteWolf Polzin #1

"Das Schwein bestimmt das Bewusstsein."
sagte doch schon ein gewisser M.



Quotevaldai #2
Es gibt EINEN einzigen Grund, gegen den Verzehr von Schweinefleisch bei uns in
Deutschland zu sein :
Die Tiere sind hochintelligent, hochsensibel ......
die Haltungs-/Schlachtungsbedingungen sind brutalst und eine ungeheure
Quälerei für diese armen Geschöpfe, mit denen wir im übrigen 98% unseres
Genoms teilen.


Quote
ignorant #2.1

Vielleicht könnten wir die armen Schweine etwas schonen indem wir auf Hundesteaks etc. ausweichen. Die haben in der Regel bessere Haltungsbedingungen.
Pferde werden übrigend in BRD als Eiweißlieferanten sträflich vernachläßigt. Dabei ist es eine Delikatesse ...


Quote
andrerae
#2.2  Sie sind Opfer der Massenindustrie. Pseudomoralische Veganer sind da nur eine Bestätigung des vorgeworfenen "Gutmenschentums". Gesetzliche Regelung für Tierwürdige Haltung. Es wäre so einfach. Aber da werden lobbyistische Schweine...äh...halter genügend rumheulen.


Quote
Knollenfrucht #3

Eben, wer Fleisch konsumiert unterstützt die Tierquälerindustrie.


Quote
life_is_short #6

"Die CDU verteidigt das Schweinefleisch als Teil des deutschen Wertekanons. "

Und was sagen die Schweine dazu?



QuoteSauzahn #9

Die beste Kartoffel ist die, die vorher in der Sau war. Prost.
(Alter Hausmetzgerspruch)


Quote
Guenni_1 #10

Na da haben wir aber noch einmal "Schwein gehabt", dass sich die CDU dieses enorm wichtigen Themas annimmt. Grins



Quote
Leseratte60 #16

Zwar nett geschrieben, aber.....

Muss man wirklich aufs Mettbrötchen, Frankfurter Würstchen, Schnitzel, auf die Boulette verzichten, weil man Rücksicht auf Minderheiten nehmen soll? ...


...


Aus: "Schweinigkeit und Recht und Freiheit" Eine Glosse von Frida Thurm (1. März 2016)
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-03/schweinefleisch-verbot-schleswig-holstein-glosse (http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-03/schweinefleisch-verbot-schleswig-holstein-glosse)

Title: [Angesichts der aktuellen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 11, 2016, 09:29:51 AM
Quote[...] Wie lässt sich Fremdes, wie lassen sich Widersprüche aushalten? Wie vermeiden wir Überkorrektheit, Belehrungen und Bekehrungen? Wie kann trotz Pegida und AfD ein weltoffenes Deutschland gelingen? Was für eine Gesellschaft werden wir sein, was wollen wir werden? Das taz.lab widmete sich diesen Fragen in 80 Veranstaltungen.

... Angesichts der aktuellen Flüchtlingsdebatte warnte Schmidt-Salomon davor, Individuen auf religiöse oder ethnische Gruppenidentitäten zu reduzieren. Stattdessen sollten sich Menschen künftig nicht mehr primär als Juden, Christen, Muslime, Hindus, Buddhisten oder Atheisten wahrnehmen, sondern "als gleichberechtigte Mitglieder einer zur Selbstüberschätzung neigenden affenartigen Spezies." Dafür müssten die Religionen politisch entmachtet und über Konfessionsgrenzen hinweg gearbeitet werden.  In der anschließenden Diskussion fasste Schmidt-Salomon seine Forderung pointiert zusammen: "Humanisten aller Konfessionen, vereinigt euch!" ...


Aus: "taz.lab 2016: "Humanisten aller Konfessionen, vereinigt euch!"" Florian Chefai (8. Apr 2016)
Quelle: http://hpd.de/artikel/humanisten-aller-konfessionen-vereinigt-euch-12953 (http://hpd.de/artikel/humanisten-aller-konfessionen-vereinigt-euch-12953)

Title: [In der Causa Böhmermann... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 12, 2016, 10:11:33 AM
" ... Als Böhmermann-Erdoğan-Affäre werden Vorgänge bezeichnet, die eine künstlerische Aktion des deutschen Satirikers und Moderators Jan Böhmermann am 31. März 2016 in seiner ZDFneo-Sendung Neo Magazin Royale nach sich zog. Unter dem Titel Schmähkritik hatte Böhmermann ein Spottgedicht auf den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan vorgetragen. Eingeleitet und wiederholt unterbrochen wurde der Vortrag von dem mehrmaligen Hinweis Böhmermanns und seines Sidekicks Ralf Kabelka, man wolle mit der Darbietung des Werkes erklären, wie eine in Deutschland verbotene Schmähkritik aussehe.
Das Gedicht hatte die vorläufige Löschung und spätere Kürzung der Neo-Magazin-Royale-Folge in der ZDFmediathek seitens der Rundfunkanstalt zur Folge, ferner die Aufnahme von Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft Mainz gegen Böhmermann[1] sowie ZDF-Verantwortliche[2], und führte zu diplomatischem Austausch zwischen deutschen und türkischen Diplomaten[1] und den Regierungschefs beider Länder[3] bis hin zur offiziellen Forderung der Türkei, Böhmermann strafrechtlich zu verfolgen.[1] ... Das Satiremagazin Titanic verfasste in einer Solidaritätsbekundung ein Gedicht namens ,,Das Schmährkelgedicht", in dem die Bundeskanzlerin Angela Merkel in ähnlicher Weise beleidigt und diffamiert wird.[21] ..."
Aus: "Böhmermann-Affäre" (Stand: 12.04.2016)
https://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%B6hmermann-Aff%C3%A4re (https://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%B6hmermann-Aff%C3%A4re)

-

" ... die Bundeskanzlerin bestärkt Erdoğan in seiner beleidigten Haltung, die Republik diskutiert die "Grenzen von Satire" und damit der Ausdrucksfreiheit. Offensichtlich sind wir doch nicht alle Charlie. Böhmermanns Plan hat wohl höhere Wellen geschlagen, als von ihm selbst erhofft. Der Präsident hat den Late Night-Satiriker in Deutschland angezeigt. Wieder, ermitteln deutsche Staatsanwälte in politischer Angelegenheit gegen einen Künstler. ..."
https://www.freitag.de/autoren/david-danys/des-sultans-lakaien (https://www.freitag.de/autoren/david-danys/des-sultans-lakaien) David Danys (10.04.2016)

-

Quote[...] In der Causa Böhmermann sprach Erdmann einerseits von "kulturellen Unterschieden" und hielt andererseits fest: Er persönlich bedauere es, dass eine solche Sendung ausgestrahlt worden sei. ...

QuoteEl Tuco

Kurtulmuş spricht in Sachen Böhmermann von "Verbrechen gegen die Menschlichkeit".
Ich finde das lustig. ...


Quote¡No Pasarán!

Dieser Erdogan ist eigentlich ein größerer Satiriker als Böhermann!


QuoteCorno Primo

Wie groß Erdogans Zurückhaltung in dieser Angelegenheit ist, beweist die Tatsache, dass er noch nicht Blasphemie geltend gemacht hat!


Quotesamron

Mein Dank geht an Jan Böhmermann, der alle handelnden Akteure in der Türkei und auch in Deutschland mit seiner Aktion bloß stellt. Die Türken mit ihrer hysterischen Eskalationsrhetorik und die Deutschen mit ihren peinlichen Versuchen, sich nur ja nicht allzu sehr hinter Böhmermann zu stellen, damit man den Sultan nicht verärgert.



Aus: "Nicht nur Böhmermann: Erdoğan dreht das Beleidigungskarussell" Markus Bernath (11. April 2016)
Quelle: http://derstandard.at/2000034640194/Nicht-nur-Boehmermann-Erdogan-dreht-das-Beleidigungskarussell (http://derstandard.at/2000034640194/Nicht-nur-Boehmermann-Erdogan-dreht-das-Beleidigungskarussell)

Title: [Mit Blick auf... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 12, 2016, 09:47:21 AM
Quote[...]  Mit Blick auf die vorhandenen Vorurteile gegen Entwicklungsländern erklärte Lagarde: "Den Mythos, es sei ein kulturelles Problem, akzeptiere ich nicht." In eigenen schwach entwickelten Staaten sei das Problem geringer als in manchen wirtschaftlich starken Ländern.

...


Aus: "IWF-Chefin prangert weltweite Korruption an" (11.05.2016)
Quelle: http://www.dw.com/de/iwf-chefin-prangert-weltweite-korruption-an/a-19250811?maca=de-rss-de-eco-1018-rdf (http://www.dw.com/de/iwf-chefin-prangert-weltweite-korruption-an/a-19250811?maca=de-rss-de-eco-1018-rdf)
Title: [Darunter seien auch mehrere... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 16, 2016, 08:35:47 PM
Quote[...] Die iranische Polizei hat acht Menschen wegen unislamischer Taten verhaftet. Darunter seien auch mehrere Frauen, die im Internet Fotos von sich veröffentlicht haben sollen, auf denen ihre Haare zu sehen seien, berichteten staatliche Medien. Die Festnahmen sind Teil eines größeren Konflikts um die Zukunft der Islamischen Republik. Die Operation Spider II habe sich vor allem gegen Nutzer von Instagram gerichtet, berichtete das Staatsfernsehen. ... Im Mai 2014 hatten iranische Sicherheitskräfte sechs Jugendliche festgenommen, drei Männer und drei Frauen. Sie hatten zu Pharrell Williams Song Happy getanzt, sich gefilmt und das Video auf YouTube hochgeladen. Der Clip wurde mehr als 100.000 Mal aufgerufen. Die sechs Angeklagten wurden zu sechs Monaten Gefängnis und 91 Peitschenhieben auf Bewährung verurteilt. ...

QuoteSchnuffelhase #1

"Ihr und sieben Weiteren werden unislamische Taten vorgeworfen".

Ich wünsche dem Islam mehr Toleranz und Achtung vor dem Individuum.


Quote
Hamburgerin2.0 #8

Die Ayatollahs spinnen und das wird sich früher oder später rächen. Ein Freund von mir (Deutscher ohne Migrationshintergrund) war von einem Kommilitonen in den Ferien in den Iran eingeladen worden. Die beiden Männer waren jeden Tag zu Privatparties eingeladen, bei denen der Alkohol floss und junge Mädchen in westlicher Kleidung und nett zurechtgemacht anwesend waren. Laute Musik kam natürlich nicht in Frage. So sieht eine stillte Opposition und eine Abkehr vom Regime bei der iranischen Jugend aus. Und die wird sich irgendwann auch öffentlich äußern, unter Garantie...


Quote
Nils Hellstrøm #10

Natürlich ist das traurig. Aber ich denke, auf Dauer haben die Mullahs im Iran keine Chance. Die Klerikergreise werden irgendwann auf dem Müllhaufen der Geschichte landen, und dann hat der Iran seine Theokratie hinter sich statt vor sich. ... Auch bei diesem Vorfall sieht man ja - die Leute wollen die Veränderung und provozieren den Staat. Das geht zwar jetzt schon sehr lange so ohne großen Erfolg, bzw keinen, den ich beurteilen kann, aber sie tun was dafür. Und irgendwann wird sich das auszahlen ...


...


Aus: "Instagram: Iran nimmt Models wegen Fotos ohne Kopftuch fest" (16. Mai 2016)
Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-05/iran-instagram-models-schleier-strafverfahren-festnahme (http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-05/iran-instagram-models-schleier-strafverfahren-festnahme)

Title: [Das Café Kiwi will trotz... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 31, 2016, 10:52:51 PM
Quote[...] Ein veganes Café im Zentrum der georgischen Hauptstadt Tiflis ist von einer Gruppe fanatischer Fleischbefürworter gestürmt worden. Das berichten die Betreiber des Kiwi Cafés auf ihrer Facebook-Seite. ... Während einer Filmvorführung am Sonntagabend sei demnach eine Gruppe von Neonazis ins Café gekommen und hätte zunächst lautstark gestört. Statt wie gebeten leise zu sein, hätte die Gruppe mitgebrachtes Fleisch, Würstchen und Fisch gegessen - und die Besucher damit beworfen. Für die Betreiber des milch-, ei-, und fleischlosen Ladens ein No-Go: "Wir haben sie gebeten, zu gehen, wir wollten nicht, dass sie einen Konflikt provozieren", hieß es in der Erklärung. Die Situation eskalierte, als die Gäste versuchten, die Provokateure vor die Tür zu setzen. ... Der "Guardian" berichtet, die Attacke komme nur drei Tage nach einem Aufmarsch von Ultranationalisten, die am Unabhängigkeitstag Banner mit der Aufschrift "Georgien den Georgiern" hochgehalten hätten. Einige Bewohner hätten nun Angst, dass der Angriff auf das vegane Café der Auftakt für eine militante nationalistische Bewegung sein könnte. Das Café Kiwi will trotz der Attacke weitermachen. Es wolle weiterhin für alle Menschen "unabhängig von ihrer Nationalität, ihrem Aussehen, Alter, Geschlecht und sexuellen oder religiösen Orientierung" offen stehen.  ...


Aus: "Georgien: Fleischfanatiker attackieren veganes Café mit Grillfleisch und Würsten" (31.05.2016)
Quelle: http://www.spiegel.de/panorama/georgien-nationalisten-greifen-veganes-cafe-in-tiflis-mit-fleisch-an-a-1095168.html (http://www.spiegel.de/panorama/georgien-nationalisten-greifen-veganes-cafe-in-tiflis-mit-fleisch-an-a-1095168.html)

Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 14, 2016, 11:13:33 AM
Quote[...] ... Der Anschlag auf ein Jüdisches Museum in Brüssel galt Juden. Mit der Ermordung von Zeichnern der französischen Satirezeitschrift ,,Charlie Hebdo" sollte die Kunst- und Meinungsfreiheit getroffen werden. In der Silvesternacht in Köln waren Frauen die Opfer. Und nun, in Orlando, zielte der Todesschütze auf Homosexuelle. Die Täter waren jedesmal Muslime. Die meisten von ihnen hatten sich radikalisiert.

Es ist falsch, solche Tatsachen wolkig zu umschreiben oder konjunktivistisch zu vernebeln. Wer allgemein ,,unsere Werte" im Visier der Terroristen wähnt, ,,den Westen" oder ,,die Zivilisation", verkennt die kalten Kalküle, die hinter solchen Verbrechen stehen. Den größten Schrecken verursachen zwar wahllos ausgewählte Opfer, doch ein Höchstmaß an Zustimmung verheißen ideologisch ,,nachvollziehbare" Taten – gegen Amerikaner, Juden, Blasphemisten, Frauen, Schwule.

Der Konjunktiv wiederum wird oft bemüht, um von einem möglichen Motiv der Täter abzulenken. Betrunkene Besucher des Oktoberfestes, heißt es dann, verhalten sich nicht anders gegenüber Frauen, als es die Maghreb-Migranten in Köln taten. Und hätte der Attentäter von Orlando nicht eben so gut ein homophober Evangelikaler sein können?

Nun ist die Angst vor Islamfeindschaft, wie sie von rechtspopulistischen Parteien geschürt wird, ja durchaus begründet. Das belegen Vorurteilsforscher, Anti-Minarettbau-Initiativen, Verschleierungsverbote und Moschee-Schändungen. Das strategische Ziel der Terroristen, im Westen einen Keil zu treiben zwischen muslimische Migranten und der nichtmuslimischen Mehrheitsgesellschaft, muss ihnen verwehrt werden.

Doch daraus das Gebot abzuleiten, die Dinge nicht beim Namen zu nennen, spielt nur denen in die Hände, die ihre Agenda mit Brachialrhetorik vorantreiben. Donald Trumps Popularität etwa schnellte nach den islamistischen Attentaten von Paris und San Bernardino in die Höhe. Kein Wunder, dass er auch jetzt wieder auf Entgrenzung setzt.

Dabei ist es dringender denn je, die Balance zu wahren. Die Zurückweisung jeglicher Islamfeindschaft und die selbstverständliche Gewährung eines Höchstmaßes an Religionsfreiheit muss sich verbinden mit einem kritischen Dialog über die Zusammenhänge zwischen Islam und Islamismus. Ein solches Gespräch kann nur mit den Muslimen und nicht über ihre Köpfe hinweg geführt werden. Das freilich schreibt sich leichter, als es ist. In Deutschland etwa mag man geübt darin sein, einen ideologisch-historischen Bogen von Martin Luther zu Adolf Hitler zu schlagen, aber den meisten anderen Nationen und Religionsgemeinschaften sind solch mentalitätsgeschichtliche Analogie-Exegesen eher fremd.

In Syrien und dem Irak werden Homosexuelle von Hausdächern gestürzt. In Iran, Jemen, Saudi-Arabien und dem Sudan sind sie ebenfalls vom Tode bedroht. Das Massaker von Orlando wurde wohl bewusst während des Gay-Pride-Monats verübt. Darüber zu sprechen und mögliche Gründe zu analysieren, ist wichtig.

Amerikaner, Juden, Blasphemisten, Frauen und Homosexuelle haben es nicht verdient, von Donald Trump, Marine Le Pen, Geert Wilders oder der AfD vertreten zu werden. In einer offenen Gesellschaft können auch die Feinde der Feinde noch Gegner sein.

Quotevon seisdrum, 13.06.2016 19:22 Uhr

Ja
Über diese Thema muss gesprochen werden. Gut dass der TSP sich dazu stellt. Weder Schönreden noch Panikmachen werden dieser, mittlerweile verminten, Diskussion gerecht. Wir erleben seit Monaten einen Angriff auf unsere indivualisierte Lebensweise. In Orlando war nun die gay community das Ziel.


Quotevon SanneMia
   13.06.2016 19:53 Uhr

Immer die gleiche Leier
Die meisten Opfer des IS sind Muslime, kann das bitte mal zur Kenntnis genommen werden. Dieser vom Autor geforderte "Dialog" wird doch längst geführt, allerdings bringt er rein gar nichts, wenn nicht endlich kapiert wird, das politisches Kalkül und fundamentalistische Strömungen im Ausland hier kein Muslim beeinflussen kann, sie haben selbst Angst vor Terroristen, was soll also dieses "wir Guten" und "ihr Bösen" nun bringen?

Navid Kermani hat in seiner Rede als Friedenspreisträger 2015 den Wunsch geäußert über die Zusammenhänge zwischen Islam und islamistischen Terror zu diskutieren, und zwar innerislamisch, also selbstkritisch intendiert. Ein kleines von ihm erwähntes Detail zum Islam-Verständnis der wahabitischen Saudis, wirft dabei schon ein Licht auf die Schwierigkeit der Angegelegenheit: dort, wo einst das Geburtshaus des Propheten Mohammed stand, wurde ein öffentliches Klo installiert. Soviel zur Propheten-Liebe der Saudis. Warum macht Deutschland mit Unterstützern des IS ertragreiche Geschäfte? Dieser Frage sollte nicht weiter aus dem Wege gegangen werden. Also bitte mal an die eigene Nase fassen.


Quotevon IchGlaubeGarNichtsMehr
14.06.2016 08:37

... Die Religionskriege die wir im Mittelalter hatten, haben nach ein paar hundert Jahren zur Gesellschaft geführt die wir nun haben. Müssen wir der Islamischen Welt diese Zeit gönnen um selber dahinter zu kommen, das es auch anders geht? Wenn ja - muss dies bei uns stattfinden? ...


Quotevon 13ryce, 13.06.2016 17:58 Uhr

Krieg
Wenn für den Anschlag der IS verantwortlich zeichnet, dann sollten wir m.E. über den IS reden und kein religionswissenschaftliches Proseminar daraus machen. ... Wir reden - wie mit einem Sprung in der Schallplatte - über den Islam, Mohammed, den Islam, Mohammed, den Islam...
Mohammed WAR ES NICHT. Wäre es nicht eine gute Idee, einmal über die tatsächlichen Komplizen zu reden. Die mutmaßlichen Komplizen. ...



Aus: "Terroranschlag in Orlando: Die Dinge beim Namen nennen" Malte Lehming (14.06.2016)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/politik/terroranschlag-in-orlando-die-dinge-beim-namen-nennen/13728426.html (http://www.tagesspiegel.de/politik/terroranschlag-in-orlando-die-dinge-beim-namen-nennen/13728426.html)

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Quote[...] Der Journalist Islam Abdullabeckow und sein Freund Felix Gljukman wollten in der russischen Hauptstadt Blumen vor der US-Botschaft ablegen. Eine Geste der Trauer über den Tod von 49 Menschen, die bei einem Anschlag auf einen Club im US-Bundesstaat Florida ums Leben kamen.

Wie die Zeitung "RBK" berichtete, wollten die beiden Männer ein Schild mit der Aufschrift "Die Liebe siegt" ablegen. Doch daran wurden sie von Ordnungskräften gehindert.

"Die Polizei hat uns sofort festgenommen und wegen sogenannter unerlaubter Handlungen in ihr Fahrzeug gesetzt", sagte Abdullabeckow der Zeitung. "Wir wollten nur unser Beileid für die Morde an diesen Menschen ausdrücken, wir hatten keine politischen Aktionen geplant."

Die beiden Männer veröffentlichten im Online-Netzwerk Facebook Fotos aus dem Inneren des Streifenwagens. "Das ist völlig surreal", schrieb Abdullabeckow dazu.

Nach dem Anschlag auf einen Schwulenclub in Orlando hatten zahlreiche Moskauer vor der US-Botschaft Blumen abgelegt und Kerzen angezündet.

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Aus: "Homophobie in Russland: Schwules Paar gedenkt der Opfer von Orlando - Festnahme" (14.06.2016)
Quelle: http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/homophobie-in-russland-schwules-paar-gedenkt-der-opfer-von-orlando-festnahme-a-1097465.html (http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/homophobie-in-russland-schwules-paar-gedenkt-der-opfer-von-orlando-festnahme-a-1097465.html)

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Quote[...] Tariq Rasheed ist frustriert. "Ich versuche hier seit 22 Jahren, friedlich unsere Gemeinde aufzubauen", sagt der 50-Jährige. "Es ist nie irgendwas passiert, hier herrscht komplette Ruhe. Und jetzt gibt es Fragen. Weil irgendein Verrückter meint, im Namen des Islam ein Attentat begehen zu müssen."

Rasheed ist Imam des "Islamischen Zentrums von Orlando". Vor rund zwei Jahrzehnten ist er aus Nordindien in die USA gekommen. Seine Moschee ist groß, sie hat 1200 aktive Gemeindemitglieder. Das Gotteshaus liegt an einer Ausfallstraße von Orlando. Links eine Schule, rechts grüne Wiesen, vorn am Parkplatz ein Schild: "Wir verurteilen den Angriff aufs Schärfste." Das Schild steht da wie eine Mahnung an die ganze Stadt. Wir haben mit dem Massaker nichts zu tun, wir sind so traurig wie ihr, das ist die Botschaft.

"Wir helfen, wo wir können", sagt Rasheed. "Auch für uns ist am Sonntag ein Traum zerplatzt. Der Traum davon, dass einfach alles ruhig ist hier."

So wie Rasheed fühlen viele Muslime in Orlando und im ganzen Land. Nach dem Terroranschlag auf den Nachtklub Pulse fürchten sie, von der Öffentlichkeit wieder mal ein Stück kritischer beäugt zu werden. Es ist kein ganz neues Gefühl, viele Muslime haben seit einigen Jahren den Eindruck, dass sich ihnen gegenüber etwas wandelt. Der elfte September. Das Attentat in Boston. San Bernadino. Mit jedem islamistisch motivierten Terrorangriff wächst in Amerika das Misstrauen, werden die Fragen schärfer, wird weniger genau getrennt, wo Religion aufhört und Fundamentalismus anfängt. Fast 60 Prozent der Amerikaner haben ein negatives Bild vom Islam und von Tragödie zu Tragödie scheint für die US-Muslime der Druck zu wachsen, sich im Land der großen Religionsfreiheit für ihren Glauben rechtfertigen zu müssen.

Mit großer Unruhe verfolgt die islamische Community in den USA den Aufstieg Donald Trumps, der die Religion bereits seit Monaten in den Wahlkampf hineinzuziehen versucht. Nach dem Anschlag in San Bernadino hatte der Republikaner gefordert, Muslimen vorübergehend die Einreise zu verweigern, was gegen die Verfassung verstoßen würde, aber seine Basis beglückte. Am Montag, nur 24 Stunden nach dem Angriff auf den Nachtclub in Orlando, wiederholte Trump diese Forderung, ja weitete sie gar noch aus.

Als Präsident, so kündigte der 69-Jährige an, werde er die Grenzen für all jene dicht machen, die aus Ländern "mit einer erwiesenen Geschichte des Terrorismus gegen die Vereinigten Staaten" kommen wollten. Amerikas Muslime erklärte er indirekt zu Komplizen des Attentäters, denn, so seine These: "Sie wissen, was passiert und liefern ihn trotzdem nicht aus." Der Generalverdacht ist Trumps beliebtestes Mittel. Bislang ist es nur Rhetorik, aber in einer solch aufgeladenen Situation wie der aktuellen, kann aus ihr leicht Politik werden. Das Postfach werde seit Sonntag mit Hassmails geflutet, erzählt Imam Rasheed. Kürzlich hätten Unbekannte die Moschee mit Farbe beworfen.

Vor dem "Islamischen Zentrum" haben sich ein paar Gläubige versammelt. Der Angriff vom Wochenende ist natürlich das große Thema. "Das Schlimme ist: Wir trauen uns ja schon gegenseitig nicht mehr", sagt Ismail, der seit drei Jahren in der Stadt lebt. "Nach solchen Attentaten ertappe ich mich dabei, wie ich andere Muslime beäuge, nach dem Motto: Verspürt der nicht vielleicht doch klammheimlich Sympathie für Gewalt gegen Amerikaner? Es ist furchtbar." Ismail findet, dass man als Muslim in Florida noch vergleichsweise geduldig und verständnisvoll empfangen werde. "Ich frage mich immer: Was würde ich machen, wenn ich in anderen Schuhen stecken würde? Wäre ich auch so geduldig? Vielleicht nicht. Die Reaktionen könnten doch noch viel schlimmer sein.

Ayoub, ein Einwanderer aus Guyana, fällt ihm ins Wort. "Ich bin es einfach leid, dass irgendjemand meine Religion kidnappt. Der Typ ist doch krank! Läuft da einfach mit einem Sturmgewehr rein. Wer macht denn so was?"

Natürlich sind nicht alle muslimischen Gemeinden so friedlich und freundlich wie jene am Stadtrand von Orlando. Dutzende Moscheen im Land stehen im Ruf, den Koran radikalislamisch auszulegen. Die "Islamic Society of Boston" etwa geriet vor einigen Jahren in die Schlagzeilen, weil die beiden Marathon-Attentäter in der Zeit vor ihrem Anschlag das Gotteshaus zum Beten aufgesucht hatten. Auch auf das "Husseini Islamic Center" bei Orlando haben manche ein Auge geworfen. Das Zentrum lud bereits mehrfach einen in Großbritannien geborenen radikalen Prediger ein, der für seine homophoben Ausfälle bekannt ist. Lokale Medien berichten, dass dieser erst im April in der Moschee einen Vortrag gehalten habe. Thema: "Wie mit dem Phänomen der Homosexualität umzugehen ist."

Auch aufgrund solcher Vorfälle ist die Stimmung gegenüber Muslimen in den USA angespannt. Im ganzen Land sind Vertreter muslimischer Organisationen inzwischen unterwegs, um gegen das Misstrauen anzulaufen. Die Chefs der großen Verbände geben Interviews auf CNN oder Fox, in Orlando ist gleich bei der ersten Pressekonferenz ein örtlicher Imam anwesend, um die Öffentlichkeit zu mahnen, keine vorschnellen Urteile zu treffen.

Seither sind an fast allen zentralen Plätzen der Stadt Gläubige zu sehen. Sie kommen zum Blutspenden am Southpointe Center, zum Tatort an der Orange Street, zum Community Center ein paar Blocks weiter. Dort werden die Angehörigen der Opfer betreut, und manche, wie Rasha Mubarak vom Islamrat CAIR, wollen einfach nur da sein, um gar nicht erst falsche Verdächtigungen aufkommen zu lassen in der Gemeinschaft.

"Es fühlt sich alles surreal an." Mubarak schüttelt den Kopf. "Wir sind doch", sagt sie "zuallererst Floridianer und nicht Muslime."


Aus: "Massaker in Orlando: Amerikas Muslime fürchten die Rache" Aus Orlando berichtet Veit Medick (14.06.2016)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/orlando-amerikas-muslime-fuerchten-die-aechtung-a-1097460.html (http://www.spiegel.de/politik/ausland/orlando-amerikas-muslime-fuerchten-die-aechtung-a-1097460.html)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 14, 2016, 11:48:25 AM
Quote[...] Polygamie ist in Deutschland verboten - eigentlich, denn es gibt Ausnahmen. In einigen muslimischen Staaten dürfen Männer mehrere Frauen heiraten. Kommen sie dann als Migranten in die Bundesrepublik, können die Behörden diese Mehrfach-Ehen unter Umständen anerkennen. Bis jetzt.

Denn geht es nach Justizminister Heiko Maas, soll derartigen Familienmodellen hierzulande in jedem Fall ein Riegel vorgeschoben werden. "Niemand, der zu uns kommt, hat das Recht, seine kulturelle Verwurzelung oder seinen religiösen Glauben über unsere Gesetze zu stellen", sagte der SPD-Politiker der "Bild"-Zeitung. Deshalb dürften in Deutschland keine Mehrfach-Ehen anerkannt werden.

"Jeder muss sich an Recht und Gesetz halten, egal ob er hier aufgewachsen oder neu bei uns ist", sagte Maas. "Das Recht ist für alle gleich." Derzeit wird in der deutschen Politik zudem darüber diskutiert, wie gegen Zwangsehen von minderjährigen Migranten vorgegangen werden kann. Hierzu sagte der Minister, man müsse ein gesetzliches Vorgehen sorgfältig prüfen. "Zwangsehen dürfen wir nicht dulden, erst recht nicht, wenn minderjährige Mädchen betroffen sind."

kev/AFP


Aus: "Justizminister: Maas will Mehrfach-Ehen die Anerkennung verweigern" (14.06.2016)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/heiko-maas-will-mehrfach-ehen-anerkennung-verweigern-a-1097480.html (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/heiko-maas-will-mehrfach-ehen-anerkennung-verweigern-a-1097480.html)
Title: [Hunderte solcher Briefen bekomme allein ich... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 02, 2016, 01:23:10 PM
Quote[...] Ahmad Mansour Jahrgang 1976, ist ein israelisch-arabischer Psychologe und Autor. Er ist Programmdirektor der European Foundation for Democracy und Sprecher des Muslimischen Forums Deutschland. Ende 2015 erschien bei S. Fischer sein Buch ,,Generation Allah. Wieso wir im Kampf gegen religiösen Extremismus umdenken müssen".

Anonym will die Frau bleiben, die mir neulich schrieb, die Mitarbeiterin eines Jugendamts. Sie war ratlos. Ihrem Amt sind Fälle bekannt, in welchen Familien ,,mit Migrationshintergrund" Gewalt zur ,,traditionellen Erziehung" gehört. Da haben kleine Mädchen und Jungen blaue Flecken, werden mit Drohungen eingeschüchtert und zum ,,Gehorsam" erzogen. Doch die Mitarbeiter im Jugendamt sollen ,,kultursensibel" mit Eltern und Kindern umgehen, und auch dann nicht unbedingt einschreiten, wo das rein rechtlich notwendig wäre. Ihr Brief sagte, zusammengefasst: ,,Das geht doch eigentlich nicht, oder?" Als würde sie von mir ein Okay für etwas wollen, was menschlich und gesetzlich glasklar ist: Einschreiten, selbstverständlich, egal, woher jemand kommt.

Was die Mitarbeiterin dieses Amts geschrieben hat, ist nicht ungewöhnlich. Hunderte solcher Briefen bekomme allein ich. LehrerInnen und SozialarbeiterInnen schildern, in welchem Dilemma sie sich befinden: Sollen sie Rücksicht nehmen auf Tradi­tio­nen? Respekt vor autoritären Vätern haben? Die Ehre von Mädchen – und deren Familien – achten, die nicht am Schwimmunterricht teilnehmen sollen? Es sind liebe Menschen, die da schreiben – und völlig hilflose.

Muslime und Menschen mit ,,Migrationshintergrund" genießen bei linken, progressiven Zeitgenossen in Deutschland besondere Sympathie und Solidarität. Sie wollen damit ein Zeichen setzen gegen Rassismus und Vorurteile. Ich selbst bin Araber, komme aus Israel und lebe hier seit 2004. Viele nette Menschen sind mir in meinen ersten Jahren in Deutschland im linksliberalen Spektrum begegnet.

Seit ich mich kritisch über bestimmte Religionsinhalte äußere, mit denen ich großgeworden bin, sind sie nicht mehr ganz so nett. Ihre Reaktionen sind natürlich nicht vergleichbar mit den Gegnern aus den ,,eige­nen Reihen", von denen ich Hasspost erhalte. Aber einen Araber wie mich mögen manche Leute nicht mehr.

Ich entspreche nicht dem Klischee dessen, der sich ausschließlich über rassistische Vorurteile beklagt – auch wenn ich das durchaus tue – , sondern ich begrüße die Demokratie, in der ich hier lebe, und ich kritisiere offen und deutlich die konfessionelle Enge der muslimischen Communities hier im Land. Ich kritisiere muslimische Dachverbände wie Ditib oder den Zentralrat der Muslime, die behaupten, im Namen meiner Religion zu sprechen und für alle Muslime in Deutschland, was schon allein statistisch nicht stimmt.

Ich setze mich für innerreligiöse und gesellschaftliche Reformen ein und spreche öffentlich darüber, dass vieles schiefläuft in den Familien, an den Schulen, in der Gesellschaft, im Umgang mit religiösem Fundamentalismus und islamischem Radikalismus.

Ein Netzwerk von deutschen Links­liberalen und Grünen ,,beschützt" eine Mehrheit der Muslime in Deutschland vor der Minderheit ihrer muslimischen Kritiker. Was ist daran links, was progressiv?, frage ich mich. Und: Seid ihr noch bei Trost? Oder sind wir eure Kuscheltiere geworden?

Humanistische Gesellschaftskritik und Aufklärung haben eine große Tradition im deutschsprachigen Raum. Aufklärung hat immer – absolut immer – mit der Kritik an Herrschaft zu tun, und Herrschaft hat fast immer mit Herren zu tun, also mit Männern, mit dem Patriarchat. Die großen monotheistischen Weltreligionen huldigen einem patriarchalen, strafenden Gott, einem der stärksten Machtfaktoren für ein hierarchisches, antidemokratisches Weltbild.

Marx nannte Religion das ,,Opium fürs Volk". Hegel, Kant und Weber waren Religionskritiker. Freud analysierte als Ursprung für die Erfindung eines strengen Gottvaters unter anderem ein unmündiges Bedürfnis danach, Verantwortung an Autoritäten abzugeben, sich kindlich zu unterwerfen. Die Französische Revolution übte Kritik an Religion als Instrument der Herrschaft und Unterdrückung. Auch in der Studentenrevolte von 1968 ging es um die Kritik am Klerus, an der Stellung der Frau in der Kirche, an religiösen Denkverboten, an den Vorstellungen von Autorität oder an der grausamen Praxis in staatlichen wie kirchlichen Kinder- und Jugendheimen. In jüngster Zeit empört sich die demokratische Öffentlichkeit über den massenhaften Missbrauch von Kindern in katholischen und anderen Institutionen, der ab 2010 ans Licht gekommen ist.

Kritik von Gläubigen wie Nichtgläubigen an Religion als Herrschaftsinstrument ist ein Klassiker der Linken! Diese Kritik gehört zentral zu ihrem Fundament. Umso verrückter erscheint es, wenn die muslimischen Kritiker ihrer eigenen Religion von Grünen, Linken und sogar So­zial­de­mokraten mit Argwohn betrachtet werden. Warum ist unsere Kritik nicht ebenso berechtigt?

Unter anderen Vorzeichen tut das links-grüne Lager dasselbe wie die Salafisten, Wahhabisten und übrigen islamischen Fundamentalisten, die wir kritisieren. Sie wollen kritische Muslime mundtot machen. Die einen entmündigen Muslime im Namen eines patriarchalischen Gottes, die anderen, weil sie meinen, Kritik an unserer Religion sei zu kränkend für uns, wir Muslime seien nicht fähig, kritisch zu denken und uns von verkrusteten Traditionen zu lösen. Aber warum soll das, was anderen Religionen – dem Katholizismus, dem Protestantismus, dem Judentum – durch Kritik und Reform von innen und außen in der großen Mehrheit gelungen ist, nicht auch im Islam gelingen? Und warum erhalten wir dafür nicht Solidarität von den Progressiven im Land?

Den kritischen Muslimen wird die Debatte in Deutschland von zwei Seiten verweigert: von den offiziellen muslimischen Verbänden und von den meisten linken, grünen Milieus. Das ist erstaunlich und sollte zu denken geben. In beiden Lagern weigert man sich, brennende Probleme der muslimischen Communities klar zu benennen und anzugehen.

Diese Probleme sind, unter anderem: Das Anwachsen eines gefährlichen Fundamentalismus, der immer mehr junge Leute in den Terrorstaat des IS zieht, das Ausgrenzen von Frauen als Menschen zweiten Ranges, die Erziehung von Kindern mit Angstpädagogik, eine Sexualfeindlichkeit, die zugleich hochgradig se­xualisiert wie tabuisiert, ein Buchstabenglaube, der den Koran nicht in seinem historischen und lokalen Kontext versteht, sondern als von Allah diktierten Text begreift. Tausende von Beispielen zeigen, wie unfrei und unglücklich das Kleben an diesen Vorstellungen macht.

Solange die muslimischen Verbände – ebenso wie die Grünen und Linken – leugnen, dass ein traditionell patriarchalisches Verständnis des Islam den fundamentalistischen Muslimen in die Hände spielt, solange haben bei diesem Thema AfD und Pegida das Sagen. Die Neue Rechte pachtet das Benennen der Probleme für sich – und sie tut es auch tatsächlich: hetzend und rassistisch, statt politisch aufklärend, soziologisch klar und religionsanalytisch.

Kluge und präventive Politik muss in der Mitte der Gesellschaft eine Debatte wollen und anstoßen. Traditionelles Islamverständnis befördert sexuelle Tabus und sexuelle Gewalt. Es hat enormen Einfluss auf das Verhalten der Geschlechter zueinander. Was in der Kölner Silvesternacht passiert ist, hat sein Vorbild auf dem Kairoer Tahrirpatz und anderswo. Von der ,,religiösen Tradition" zur sexuellen Abstinenz gezwungene junge Männer, greifen auf Frauen in der Öffentlichkeit zu. Das festzustellen ist nicht rassistisch, sondern ein Fakt. Wir, die Muslime, haben das Problem – die kritischen unter uns benennen es und brauchen die Solidarität der Demokraten im Land. Von der AfD, von Pegida wollen wir sie nicht, denn sie ist keine.

Eine offene, tabufreie Debatte wird zu Lösungen führen, zum Nachdenken und zu besserer Prävention. Und sie wird die Rechtsradikalen und die Islamisten schwächen. Dazu muss allen klar werden, dass Muslime nicht für die ,,Opferrolle" gecastet werden wollen, sondern als gleichberechtigte Bürger gleiche Rechte und Pflichten wahrnehmen wollen.

Wir kritischen Muslime sind viele. Mehr als Ihr denkt. Im April 2015 habe ich in Berlin das ,,Muslimische Forum Deutschland" mitgegründet. Wir streiten für einen humanistischen Islam, für eine Debatte innerhalb der muslimischen Community. Wir sind JournalistInnen, IslamwissenschaftlerInnen, wir sind SoziologInnen, PsychologInnen, Studierende. Und wir alle sind Teil dieser Gesellschaft. Traut euch, uns zuzuhören, mit uns zu diskutieren!

QuoteRuhig Blut
11. Jul, 12:51

,,Umso verrückter erscheint es, wenn die muslimischen Kritiker ihrer eigenen Religion von Grünen, Linken und sogar Sozialdemokraten mit Argwohn betrachtet werden." Dass dieses Problem existiert, war mir schon klar. Aber so verbreitet, wie Mansour es beschreibt? Extrem bitter.


QuoteGrisch 11. Jul, 17:23

"Umso verrückter erscheint es, wenn die muslimischen Kritiker ihrer eigenen Religion von Grünen, Linken und sogar Sozialdemokraten mit Argwohn betrachtet werden?"

Kognitive Dissonanz ist eben schwer auszuhalten und unser Gerhin macht sichs gern einfach und denkt in gut/böse Kategorien. Manch "faules" Gehirn preist noch dazu die angebliche Objektivität von Intuitionen und Gefühlen, was das ganze Schlamassel nicht einfacher macht - zumal dann, wenn man den Menschen in seiner Einfalt auch noch als Krone der Schöpfung betrachtet...

Wenn also Muslime (die Guten) von Pegida (den Bösen) bedroht werden,
können Muslime (die Guten) nicht gleizeit böse sein... und diejenigen die was anderes behaupten, müssen dann zu den Bösen gehören, sonst beginnt das Weltbild zu wanken.

Letzlich bleibt da nur der Appell der Aufklärung, den Verstand einzuschalten und Widersprüche aushalten zu lernen, sonst wird man sich immer nur ein einfaches aber meist falsches Bild von der Wirklichkeit machen können.


QuoteJanz Schlau
9. Jul, 22:47

Ich bin in einem christlich-fundamentalistischem Umfeld aufgewachsen, in dem Erziehungsratgeber sich auf den biblischen Rat beriefen 'wer sein Kind liebt, der züchtigt es'; in dem Sex vor der Ehe tabu war; in dem Schwule mit 'Konversionstherapien' malträtiert oder ausgeschlossen wurden; und in dem die Überzeugung galt: 'Wer nicht zu uns gehört, wird für immer in der Hölle gefoltert - und das zu recht'. Was bizarr klingen mag, ist relativ häufig. In Deutschland gibt es laut Selbstauskunft rund eine Millionen Evangelikaler. Die teilen sich zwar wiederum auf ein ganzes Spektrum auf, treffen sich aber in einem Bibelverständnis, dass ziemlich deckungsgleich mit dem Koranverständnis fundamentalistischer Muslime ist.

Was mich regelmäßig die Wände hochgehen lässt, sind social media Kontakte _aus diesem Umfeld_, die Panik vor der angeblichen 'Islamisierung' Deutschlands schieben.

Daher stimme ich voll mit den wesentlichen Punkten des Essazs überein: Wir brauchen Fundamentalismuskritik und sollten die nicht den Falschen überlassen. M.E. ist es wichtig, dabei deutlich zu machen, dass es nicht um die pauschale Ablehnung einer Religion oder eines Kulturkreises geht. Sondern um die Ablehnung des religiösen Fundamentalismus und seiner Folgen, egal unter welcher 'Flagge'.

Evtl. wäre ein guter Weg, wenn 'Aussteiger' aus solchen Traditionen sich gemeinsam stark machen, über Religionsgrenzen hinweg?


...


Aus: "Essay Linke und Muslime: Wir sind nicht eure Kuscheltiere" Ahmad Mansour (9. 7. 2016)
Quelle: https://www.taz.de/!5317219/ (https://www.taz.de/!5317219/)

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Quote[...] ,,Wir sind nicht eure Kuscheltiere", schrieb vor drei Wochen der Psychologe und Autor Ahmad Mansour in einem vielbeachteten taz-Essay. Er als Muslim finde, dass Muslime in die offene Debatte integriert gehörten. Die unter manchen Linken und Liberalen verbreitete ,,Kultursensibilität" sei absurd und teils rassistisch.

Bei Letzterem hat er ganz recht: Der nur scheinbar freundliche Gedanke ,,Das ist halt deren Kultur" ist falsch. Andersartigkeit kann man auch ohne nationale ,,Kulturen" respektieren. Es gibt genauso wenig ,,die Araber", wie es ,,die Deutschen" gibt, das kann ich als ,,Deutsch-Araber" aus eigener Erfahrung bestätigen. Der Multikulturalismus geht aber letztendlich davon aus.

Diesem Konzept von ,,Kultur" habe ich beispielsweise zu verdanken, dass mir in Liebesangelegenheiten wegen meiner dunklen Augen ,,Glutäugigkeit", also besondere Leidenschaftlichkeit, zugeschrieben wird, was an sich ganz praktisch ist. Doch einmal davon abgesehen, dass solche Zuschreibungen irgendwann an der Realität und ihren Ambivalenzen zerplatzen, hat das Vorurteil vom ,,glutäugigen Orientalen" auch eine Schattenseite: nämlich die des von Emotionen und Trieben gesteuerten Arabers. So eng liegen ,,positive" kulturelle Vorurteile und Rassismus oft zusammen.

Hat Mansour also recht, wenn er meint, dass man sich mit der Kritik an Menschen mit arabischem und türkischem Hintergrund nicht zurückhalten solle, dass Aufklärung hier nicht haltmachen dürfe? Nicht ganz. Denn öffentliche Debatten sind Märkten ähnlich: Beide bringen im Idealzustand sehr positive Effekte hervor, in der Realität werden sie stark durch Machtverhältnisse und andere Umstände verzerrt.

Ein herrschaftsfreier und rational geführter Dialog hat das Potenzial, auf allen Seiten kulturelle Normen und Wertvorstellungen in Frage zu stellen. Mit der Zeit kann das dazu führen, dass repressive Wertvorstellungen über Bord geworfen werden. Gäbe es da nicht den Rassismus.

Der Politikwissenschaftler Floris Biskamp widmet sich in seinem neuen Buch ,,Orientalismus und demokratische Öffentlichkeit" ebendiesem Problem. Er legt dar, dass die ,,Sprechsituation" in einer Debatte ungeheuer relevant ist, so wie es eben auch relevant ist, ob gerade zwischen gleichwertigen Diskutanten debattiert wird oder ob eine Person gemobbt wird. Die Art und das Ausmaß, in dem zur Zeit beispielsweise Kritik an ,,dem Islam" geübt wird, ist zu einem Großteil irrational und verzerrt durch antimuslimische und ausländerfeindliche Ressentiments. 57 Prozent der Deutschen empfinden den Islam als bedrohlich.

Die letzten Mitte-Studien der Uni Leipizig besagen, dass etwa 34 Prozent der Deutschen glauben, ihr Land sei in gefährlichem Maße überfremdet, und volle 41 Prozent finden, man solle Muslimen die Einwanderung nach Deutschland verbieten. Die Kommentarspalten von Artikeln zum Thema werden beherrscht von frisch gebackenen Islamexperten, offensichtlich geschult durch die einseitige Lektüre von Autoren wie dem in deutschen Talkshows oft gesehenen Islamkritiker Hamad Abdel-Samad, dessen Bücher voll von Methodik- und Denkfehlern sind. Rechtskonservative Publikationen wie Cicero oder die Welt drucken unverhältnismäßig viele Artikel über von Migranten begangene Verbrechen oder die Rückständigkeit des Islam. Die Argumentationen sind dabei durchzogen von Halbwissen und unzulässigen Pauschalisierungen.

Eine unverzerrte und differenzierte Diskussion darf sehr wohl auch feststellen, dass in Teilen muslimischer Communities antiliberale und autoritäre Denk- und Verhaltensweisen überproportional und in spezifischer Weise anzutreffen sind. Das steht nicht in Frage. Aber die Debatte wird auf ungute Weise geführt. Es wird zu viel von ,,dem Islam" oder ,,der Kultur" ,,der" Araber und Türken geredet. Und die gibt es, wie bereits erklärt, nicht. Man immunisiert sich dabei gegen den Rassismus-Vorwurf, indem man lobenswerte Ausnahmen wie einen Abdel Samad oder eben Ahmad Mansour hervorhebt. Diese dienen aber nur der Bestätigung der Regel.

Ähnlich wie Abdel-Samad beruft sich Mansour auf ein kurzsichtiges Verständnis von Aufklärung. Man muss nicht Horkheimer und Adorno lesen, um zu verstehen, dass im Konzept ,,Aufklärung" ein regressives Element enthalten ist, weil es dazu verleitet, die Menschheit in ,,Aufgeklärte" und ,,Barbaren" zu unterteilen. Der unaufgeklärte Barbar muss, weil er irrational und gefühlsgelenkt – quasi glutäugig – ist, zu seinem Besten gezwungen werden. Genauso rechtfertigten die europäischen Kolonisatoren ihre Grausamkeiten und ihre Raffgier. Und diese Entgegensetzung von aufgeklärten Westlern und barbarischen Südlern durchzieht und verzerrt die gesamte Debatte über den Islam und Migration.

Ein weiteres Problem ist der einseitige Fokus der Debatte. Wie Biskamp darlegt: Wenn die Probleme im Islam immer und immer wieder thematisiert würden, während andere religiöse oder kulturelle Traditionen und andere Bevölkerungsgruppen weitestgehend unproblematisiert bleiben, trügen ,,auch die genauesten und differenziertesten Redebeiträge über Islam und Musliminnen zum Problem bei: Die überproportional thematisierte Gruppe wird haargenau kritisch und differenziert durchleuchtet und gerade dadurch marginalisiert."

Die eigene Gruppe wird dabei gereinigt von allen ,,barbarischen" Impulsen, so wie nach der Silvesternacht von Köln viele Deutsche, die für den Feminismus bisher nur Verachtung übrig hatten, plötzlich zu wilden Streitern für Frauenrechte wurden. Frauenfeindlich sind die anderen. Und je barbarischer der andere ist, desto aufgeklärter wirkt man selbst. Um aus dieser Falle auszubrechen, so Biskamp, solle man statt ständig allgemeine Debatten über ,,den Islam" zu führen, sich auf konkrete Fragen konzentrieren und diese präzise diskutieren.

Gerade Mansour neigt aber zu Ungenauigkeiten und dient damit der Rechten ungewollt als Zuspieler von Argumenten, die darum (fälschlicherweise) als besonders objektiv gelten, weil er selbst arabischer Herkunft ist. Das beginnt schon mit dem Titel seines Buches ,,Generation Allah": Das darin enthaltene Bild beschwört eine ganze Generation von irrationalen und gefährlichen Menschen herauf.

Wer solche Bilder kreiert, muss sie präzise belegen. Aber im Buch findet man kaum genaue Zahlen, dafür viele Anekdoten und die bedrohliche Aussage, dass die Generation Allah nach seinen ,,Beobachtungen" wachse. Eine lapidare ,,Beobachtung" reicht aber nicht aus, um verallgemeinerte Erkenntnisse zu formulieren. Auf Grund seiner an sich sehr zu begrüßenden Tätigkeit als Präventionsarbeiter gegen Salafismus wird er berufsbedingt ständig auf ,,Problemkinder" treffen, was seine Wahrnehmung beeinflusst.

Die jungen Migrantentöchter und Migrantensöhne, die ich kenne, scheinen mir jedenfalls nicht zu dieser ,,Generation Allah" zu gehören, werden aber durch solche Zuschreibungen stigmatisiert. Stigmatisierungen und damit verbundene Vorurteile sind ein wesentlicher Faktor in einem von französischen und amerikanischen Wissenschaftlern unlängst nachgewiesenen Teufelskreislauf aus Ausgrenzung und Integrationsverweigerung.

Generell lässt sich sagen, dass Mansours Kernargument der wissenschaftlichen Diskussion hinterherhinkt. Die meisten Attentäter sind nämlich eben gerade keine gefestigten Muslime, sondern haben seit Kurzem die Religion für sich entdeckt, wie verschiedene Studien zeigen. Wer über Terrorismus spricht, kommt um diese Fakten nicht herum und muss sie mindestens ansprechen.

Um es zu betonen: Sicher hat Mansour recht, wenn er sagt, dass Salafisten einen zu großen Einfluss auf Jugendliche haben und dass über diesen Einfluss gesprochen werden, er zurückgedrängt werden muss. Aber die unreflektierte Bezugnahme auf die Aufklärung und die Vorzüge einer offene Debatte sind naiv. Die Rechte fordert ,,offene" Debatten über ,,den Islam" und ,,die Kultur" von Migranten – ähnlich wie reichere Länder gerne lautstark freie Märkte fordern: weil es ihnen nützt.

Die Antwort kann selbstverständlich nicht sein, nicht kritisch miteinander zu reden. Aber man sollte sich Verzerrungen und Ungleichheiten bewusst machen und mit diesem Wissen nach fairen Verhältnissen streben, die eine solide Grundlage für offene Debatten bieten. Leute wie Mansour sollten sich klarmachen, dass es auch gute Gründe haben kann, dass manche Linke ,,plötzlich nicht mehr so nett" sind, wenn sie mit seinen Thesen konfrontiert werden.


Aus: "Linke und die Debatte um den Islam: Ums Kuscheln geht es nicht" Houssam Hamade (2.8.2016)
Quelle: https://www.taz.de/Linke-und-die-Debatte-um-den-Islam/!5322474/ (https://www.taz.de/Linke-und-die-Debatte-um-den-Islam/!5322474/)
Title: [Europäische Augen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 06, 2016, 09:50:01 AM
Quote[...] Im Bordprogramm von Air Berlin wird eine lesbische Kussszene nur verpixelt gezeigt. Auch bei einer anderen Airline gibt es Zensur. ... Dass solche Zensur vorgenommen werden, ist auch der Lufthansa nicht fremd: ,,Nicht alle Fluggäste teilen unsere mitteleuropäischen Werte. Wir nehmen daher Rücksicht auf alle Gäste", sagte Lufthansa-Sprecher Michael Lamberty. Manche Szenen, die "für europäische Augen" normal seien, würden bei interkontinentalen Flügen gelegentlich abgeändert.

...


Aus: "Air Berlin zeigt lesbische Kussszene nur zensiert" Robert Klages (05.08.2016)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/berlin/queerspiegel/film-im-bordprogramm-verpixelt-air-berlin-zeigt-lesbische-kussszene-nur-zensiert/13976434.html (http://www.tagesspiegel.de/berlin/queerspiegel/film-im-bordprogramm-verpixelt-air-berlin-zeigt-lesbische-kussszene-nur-zensiert/13976434.html)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 06, 2016, 10:14:34 AM
Quote[...] Wer arm ist, wählt eben rechts. Auf diese einfache Formel lassen sich viele Versuche herunterbrechen, die Wahlerfolge der AfD zu erklären. Sie gilt als Partei der Abgehängten, der Frustrierten - und folgerichtig ist die erste Reaktion auf ihre Erfolge stets: Die Politik muss sich um die Armen, Abgehängten, Benachteiligten kümmern. Aber so einfach ist das nicht.

Für die These von der Partei der Abgehängten spricht zwar auch in Mecklenburg-Vorpommern einiges. Die Arbeitslosigkeit liegt mit neun Prozent über dem bundesdeutschen Durchschnitt. Viele Dörfer veröden. Das Lohnniveau in dem ostdeutschen Bundesland ist so niedrig wie sonst nirgends in Deutschland.

Doch es spricht eben auch so vieles dagegen. Immerhin gelang es in den vergangenen Jahren, die Arbeitslosigkeit zu halbieren, es geht bergauf in Mecklenburg-Vorpommern. Und längst nicht nur Arbeitslose wählen die AfD. Die Partei erreicht Menschen mit den unterschiedlichsten Bildungsabschlüssen oder Jobs. Am stärksten schneidet sie übrigens nicht unter Wählern mit niedrigen, sondern mit mittleren Bildungsabschlüssen ab.

So war es in der Vergangenheit auch bei anderen Landtagswahlen, bei denen die AfD Erfolge feierte - sei es im wohlhabenden Baden-Württemberg oder in Sachsen-Anhalt, das mit ähnlichen Problemen zu kämpfen hat wie Mecklenburg-Vorpommern. Wer auf den Wahlpartys der AfD unterwegs ist, trifft nur selten einen Arbeitslosen.

Stattdessen: stolze Kleinunternehmer, selbstbewusste Facharbeiter, bestens gelaunte Rentner, die sich pudelwohl fühlen in ihrem neu entdeckten Rebellentum. Um das Leid der Armen Deutschlands geht es allenfalls vorne auf der Rednerbühne. Wer sich länger mit den Sympathisanten der AfD unterhält, der erfährt eher das Gegenteil von Mitgefühl: Nicht wenige von ihnen würden Hartz-IV-Empfänger am liebsten persönlich zur Arbeit zwingen, auf jeden Fall aber den Hartz-IV-Satz senken. Und neulich bei der Programmdiskussion sprachen die Parteimitglieder ernsthaft darüber, ob man den "selbst gewählten" Lebensentwurf von Alleinerziehenden unterstützen solle.

Dazu passt das Wirtschaftsprogramm der AfD, das sich an neoliberalen Prinzipien orientiert, staatliche Eingriffe in das Wirtschaftssystem skeptisch sieht, Unternehmen entlasten, dem Bürger mehr Verantwortung übertragen will. Einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft zufolge gehört übrigens ein Drittel aller AfD-Sympathisanten deutschlandweit zu den Besserverdienern. Einen ähnlich hohen Wert hat sonst nur die FDP.

Das Thema, mit dem sich die AfD profilieren konnte, ist dementsprechend nicht die Sozialpolitik, sondern es ist die Flüchtlingspolitik. Die Anhänger der AfD wollen schlicht nicht, dass Flüchtlinge ins Land kommen. Sie wollen ein Deutschland wie vor 50 Jahren als Männer noch Männer, Frauen noch Frauen, Menschen mit Migrationshintergrund noch Gastarbeiter waren. AfD-Wähler fühlen sich nicht unbedingt wirtschaftlich abgehängt - sondern kulturell.

In ihrer Selbstwahrnehmung sind sie es - Facharbeiter, Unternehmer, Familienväter - die in den vergangenen Jahren am meisten geleistet haben. Im Falle vieler ostdeutscher Sympathisanten vielleicht auch: geopfert und gelitten haben. Und nun meinen sie zu beobachten, wie Ausländer, Feministinnen und Multikulti-Laberbacken Politik und Gesellschaft übernehmen. Dieses Gefühl will die AfD ansprechen, wenn sie in Mecklenburg-Vorpommern plakatiert: "Damit Deutschland nicht zerstört wird." Wenn sie schreibt "für unsere Kinder", dann meint sie die Kinder heterosexueller, deutschstämmiger Ehepaare, nicht die Kinder alleinerziehender Frauen und schon gar keine Flüchtlingskinder.

Das bedeutet, dass eine mildtätige Sozialpolitik allein ihren Erfolg nicht bremsen wird. Es geht in der Auseinandersetzung mit der AfD in erster Linie nicht um einen Klassenkampf sondern um einen Kulturkampf. Und der ist ungleich schwerer zu führen, weil er mit ein bisschen mehr Geld für Bedürftige nicht zu lösen ist. Wer vor vielen Jahren eine der ersten Lesungen eines Thilo Sarrazin besucht hat, auf denen entfesselte Bildungsbürger über Kopftuchmädchen, Hartz-IV-Empfänger und Gender-Gaga schimpften, hat das ahnen können.

Dass sich das Narrativ der "Partei der Abgehängten" trotzdem so hartnäckig hält, ist verständlich. Denn es hält dem restlichen Bürgertum die Frage vom Hals, wie viel AfD eigentlich im eigenen Großvater, im fleißigen Kollegen, in der netten Nachbarin steckt. Es verortet Rassismus, Misogynie und Eliten-Verachtung weit weg vom eigenen Leben in den prekären Randlagen der Gesellschaft. Diese Wahrnehmung jedoch ist Selbstbetrug - und unterschätzt, wie gefährlich die AfD eigentlich ist. Sie spaltet nicht einfach den armen vom wohlhabenden Teil der Gesellschaft, sondern reißt sie mittendurch.

Was also ist das richtige Rezept gegen die AfD? Zunächst einmal sollte der Rest von Deutschland die AfD-Anhänger nicht als Frustrierte und Abgehängte unterschätzen, die man mit Arbeitsplatzbeschaffungsmaßnahmen und einer Rentenerhöhung zufriedenstellen kann. Es sollte den Kampf aufnehmen, auf Augenhöhe führen und dabei deutlich machen: Das Deutschland, das ihr wollt, wollen wir nicht. Denn 21 Prozent für die AfD sind viel - aber längst keine Mehrheit.



Aus: "Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern: Die AfD führt einen Kulturkampf - keinen Klassenkampf" Kommentar von Hannah Beitzer (5. September 2016)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/politik/landtagswahl-in-mecklenburg-vorpommern-die-afd-fuehrt-einen-kulturkampf-keinen-klassenkampf-1.3148761 (http://www.sueddeutsche.de/politik/landtagswahl-in-mecklenburg-vorpommern-die-afd-fuehrt-einen-kulturkampf-keinen-klassenkampf-1.3148761)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 27, 2016, 02:18:51 PM
Quote[...]  Ein falsches Wort mache aus einem Demokraten noch keinen Nationalsozialisten, heißt es. Das ist richtig - trifft aber die Sache nicht. Wenn eine CDU-Abgeordnete von ,,Umvolkung" spricht, eine AfD-Vorsitzende von einer ,,positiven" Konnotierung des ,,Völkischen" oder ranghohe AfD-Funktionäre über ,,Volksverräter", Russlands ,,Heimholung" der Krim oder die ,,Volksgemeinschaft" schwadronieren, dann lautet die Frage nicht, ob diese Personen heimliche Anhänger Hitlers sind. Die Frage lautet, ob sich in Deutschland über die Wiederbesetzung bestimmter Begriffe eine Renaissance eines ethnischen und kulturellen Autoritarismus anbahnt, der unserer pluralistischen Ordnung hohnspricht.

Es ist die Bedeutung der Worte selbst und nicht nur, wer sie früher verwendet hat, die Besorgnis auslösen muss. Denn nicht nur ,,raum- und kulturfremde Menschen" (Alexander Gauland), sondern auch ,,Volksdeutsche" hatten dereinst wenig zu lachen.


Aus: "Nazi-Begriffe Völkisches Schwadronieren" Justus Bender (26.09.2016)
Quelle: http://www.faz.net/aktuell/politik/nazi-begriffe-voelkisches-schwadronieren-14452736.html (http://www.faz.net/aktuell/politik/nazi-begriffe-voelkisches-schwadronieren-14452736.html)

Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 30, 2016, 09:03:34 AM
Viele Frauen in der türkischen Metropole Istanbul sehen keinen Widerspruch zwischen der Verschleierung und einem modischen, eleganten Look. Konservative Muslime sehen das kritisch. ... Quelle: http://video.tagesspiegel.de/5148628737001?lightbox=1 (http://video.tagesspiegel.de/5148628737001?lightbox=1) ("High Heels und Hidschab in Istanbul", 30.09.16)

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Quote[...]  Die Journalistin Noor Tagouri zeigt sich mit Hidschab im "Playboy" und die Medienmaschine läuft heiß. Es geht um die Frage: Wer bestimmt, was ein Kopftuch bedeutet?

... Die Regeln der Aufmerksamkeitsindustrie allerdings sind nach wie vor dieselben: Wer wahrgenommen werden möchte, bedient sich am besten jener Symbole, vor denen sich all jene fürchten, die erwiesenermaßen uncool sind. In den Sechzigern und Siebzigern ging es dabei vor allem um Nacktheit, Polygamie und Kommunismus, in den Achtzigern um Snobismus und Konsum, in den Neunzigern um die totale Ironisierung. Und in den re-fundamentalisierten Nuller- und Zehnerjahren geht es nun zum ersten Mal in der Popgeschichte wirklich ernsthaft um Religion.

Als Cassius Clay, Ferdinand Lewis Alcindor und Cat Stevens zum Islam konvertiert sind und sich fortan Muhammad Ali, Kareem Abdul-Jabbar und Yusuf nannten, hat das in den USA noch kaum mehr als ein Schulterzucken ausgelöst. Heute müssten sie damit rechnen, Besuch von der Polizei zu bekommen und sei es unbemerkt, auf ihrem Telefon.

Die Generation von Noor Tagouri nutzt diese Hysterie als Mittel der Abgrenzung, Profilierung und Selbstdefinition. In einem Interview mit dem Magazin Marie Claire sagte Tagouri vor Kurzem, dass Kopftücher in ihrer Familie nie eine Rolle gespielt haben und sie selbst erst mit 16 angefangen habe, einen Hidschab zu tragen, also ungefähr in dem Alter, in dem Janis Joplin und Jim Morrisson zum ersten Mal LSD genommen haben. Zur Belohnung gibt es heute tatsächlich Leute, die auf ihre Interview-Anfragen antworten: "Mit Leuten wie dir rede ich nicht."

Auf diese Weise widmet sie auch die Symbolik des Hidschab um: Er steht jetzt nicht mehr zwangsläufig für Patriarchat und Konservatismus, sondern im gleichen Maße für Protest und Emanzipation. Bislang waren es vor allem die Eliten im Westen und in der muslimischen Welt, die darum gerungen haben, wer über die Bedeutung des Hidschab zu entscheiden habe. Jetzt sind sie nicht mehr allein.

QuoteIhrbenut #8

Der Hidschab steht für Protest und Emanzipation und die Burka wird dadurch sozusagen das Flaggschiff, das Banner der Emanzipation, der Gleichberechtigung, des Non-Konformismus.
Wenn das der Fritz Teufel noch erleben könnte!


QuotevonTeichmann #9

Meine Nachbarin ist über 80, hier im Dorf in Nordhessen geboren und trägt .... tja, ich wage es kaum zu sagen: ein Kopftuch. Ich kenne sie gar nicht anders. Und ihr im letzten Jahr verstorbener Mann, ein zupackender Landwirt, trug einen Bart. Vollbart.

Nordhessische Salafisten ...

Sagt mal: Hat die Welt nichts anderes zu tun als sich über Kopftücher aufzuregen?

QuoteDaStauntDerLaie #9.2

Echt progressiv, die Nachbarin.



QuoteLuis Tränker #9.12

Nordhessische Salafisten ...

... Neben den bereits genannten Gründen (augenscheinliche Hygiene) haben diese Frauen selten ihre Haare und ihren Hals mit diesem Kopftuch zu verdecken versucht. Die RKK hatte bis in die 1960/70iger Jahre hinein auch eine Aufforderung an die Frauen den Kopf mit einem Tuch zu bedecken, wenn sie die Kirchen betreten wollten. Dazu gehörte damals auch, dass Frauen in Hosen, aber auch mit freien Armen, der Zutritt zur Kirche verweigert wurde, und dies auch dann, wenn keine Messen stattfanden. Aber auch hier galt: Nicht alle Haare und der Hals musste unsichtbar werden und ja, es war auch eine Demutsbezeugung der den Frauen abverlangt wurde - weniger vor Gott als vor den anwesenden Herren. [Der christliche Brautschleier ist übrig. noch solch ein christliches Relikt, der diese "Unterwürfigkeit" unter den Mann darstellen sollte. Aber auch hier war es nicht Sinn und Zweck die sog. Reize vor den Männern zu verstecken und wenn man solche alten Hochzeitsfotos ansieht, dann wird man auch feststellen, dass die besagte Großmutter auf diesen Feierlichkeiten kein Kopftuch mehr trug, sondern offene und hergerichtete Haarpracht.]


Quotepalomino #12.1

Immer die, die aktuell die Macht haben, die über 10.000-jährige Kulturgeschichte dieses Symbols nach ihrem Dünken zum Wohl oder Wehe umzudeuten.

Quoteschmodddermonster #12.2

ganz so alt ist der playboy aber nun nicht...



QuoteDieter Drabiniok #15

Meine Oma und sogar meine Mutter haben Kopftücher getragen. Oma strenge Katholikin, Mutter Protestantin. Mein Vater ist aus der katholischen Kirche ausgetreten, als der Pastor von meiner Mutter verlangte zum Katholizismus zu konvertieren, weil er sie sonst nicht trauen würde.

Wenn hier jemand über fünfzig ist, kennt er solchen Unfug vielleicht aus eigener Erfahrung.

Was das mit dem Playboy zu tun hat? Gar nichts! Was der Kommentar dann soll: Er soll lediglich den Irrsinn und den Fundamentalismus kennzeichnen, den es in jeder Religion gibt. Dass Stofffetzen eine Aufregung erzeugen können, wie ein Fuchs im Hühnerstall, sagt eigentlich mehr über unsere "fundamentalistische" Gesellschaft aus, als mir lieb ist!

[wenn ich mir alte Bilder aus der DDR anschaue, oder Dokumentationen aus der Zeit des Nationalsozialismus, tragen dort die Frauen und BDM Mädchen Kopftücher! Wenn ich das richtig interpretieren, haben auch wir diesen Frauen "unterdrückenden" Stofffetzen Jahrzehntelang nicht als solchen betrachtet. Da war und galt er lediglich als nützlich (bei der Arbeit) oder "kleidsam", für eine braves deutsches Mädchen.]


QuoteAllan Clarke #34

Wir waren "damals" so sicher, dass die nachfolgenden Generationen uns super-aufgeklärt-links-progressiv-punkgestählten Superrebellen nicht mehr "schocken" könnten. Und nun kommen die "Kids" mit Symbolen einer erzreaktionären Religion um die Ecke. You cannot beat puberty.


Quotedabec #36

Gratuliere, ein herzerfrischend, wohltunender Artikel Herr Stephan! Mitten in die Paranoia, ihre These bestätigt sich in nicht wenigen Leserzuschriften :-)
,,Es geht um die Frage: Wer bestimmt, was ein Kopftuch bedeutet?
,,Und diese mediale Reizbarkeit angesichts des Hidschabs ist vielleicht die eigentliche Geschichte."
Kopfschüttelnd kann man zurzeit nur den Hype um das Burkiniverbot und in diesem Fahrwasser auch die Kopftuch / Hidschab Debatte verfolgen. ...


...


Aus: ""Playboy": Mitten in die Paranoia" Felix Stephan (29. September 2016)
Quelle: http://www.zeit.de/kultur/2016-09/playboy-hidschab-emanzipation-islamismus (http://www.zeit.de/kultur/2016-09/playboy-hidschab-emanzipation-islamismus)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 30, 2016, 01:25:19 PM
Quote[...] Seit Jahren sehen Mitschüler und Lehrer nur die Augen der Achtklässlerin: Obgleich eine Vollverschleierung im Unterricht verboten ist, hat eine Schule im niedersächsischen Belm erst jetzt die Behörden eingeschaltet. Warum?

Häufig hat die Johannes-Vinke-Schule in Belm bei Osnabrück, Niedersachsen, versucht, die Schülerin und ihre Mutter umzustimmen - ohne Erfolg. Wie die "Neue Osnabrücker Zeitung" ("NOZ") berichtet, kommt die heutige Achtklässlerin bereits seit dem Schuljahr 2013/2014 mit einem Nikab zur Schule. Dieser Schleier lässt nur einen schmalen Sehschlitz frei.

Nun hat die Schule die Behörden eingeschaltet: Laut "NOZ" meldete die Schulleiterin der Belmer Oberschule den Fall Ende August 2016 an die Landesschulbehörde. Kurz zuvor hatte das Verwaltungsgericht Osnabrück entschieden, dass ein Abendgymnasium eine Nikab-tragende Schülerin abweisen darf. Schule und Schulbehörde argumentierten, mit Nikab sei im Klassenraum keine offene Kommunikation mehr gewährleistet.

Der Fall der Achtklässlerin beschäftigt nun laut "NOZ" die Polizei, den Verfassungsschutz und das Kultusministerium in Hannover. "Die Landesschulbehörde ist damit beauftragt, die Schule weiter zu beraten und zu unterstützen mit dem Ziel, eine Verhaltensänderung bei der Schülerin zu bewirken", teilte laut Bericht ein Sprecher von Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD) mit.

Die Schule wollte sich am Freitag nicht zu dem Fall äußern. Die Frage, warum die Schulleitung es so lange toleriert habe, dass die Jugendliche vollverschleiert in den Unterricht kommt, beantwortet das niedersächsische Innenministerium dem Zeitungsbericht zufolge so: Die Schule habe den Nikab zunächst toleriert, "auch um der Schülerin den Schulabschluss zu ermöglichen, und weil es in diesem konkreten Einzelfall bisher zu keinen Störungen des Schulfriedens gekommen ist".

Ob die Landesbehörden nun darauf bestehen, dass die Schülerin den Nikab ablegt, ist noch offen. In der Frage treffen zwei im Grundgesetz garantierte Rechte aufeinander: die in Artikel 4 geschützte Religionsfreiheit und der Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule, der in Artikel 7 geregelt ist.

Nach dem Willen der Unionsinnenminister der Länder sollen sich muslimische Frauen in deutschen Gerichten, Ämtern, Schulen und im Straßenverkehr nicht mehr vollverschleiern dürfen. In anderen europäischen Ländern, zum Beispiel in Frankreich, Belgien und den Niederlanden, gilt bereits ein Verschleierungsverbot im öffentlichen Raum. Wie sinnvoll solche Verbote sind, ist allerdings umstritten.

So warnt die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) davor, verschleierte Mädchen vom Unterricht auszuschließen. "Ein Verbot der Vollverschleierung ist der vollkommen falsche Weg", sagte GEW-Vorstandsmitglied Ilka Hoffmann in einem früheren "NOZ"-Interview.

Schule sei für verschleierte Mädchen aus strengkonservativen islamischen Haushalten oft die einzige Möglichkeit, Kontakt zu Gleichaltrigen aufzunehmen. Die Zahl der Mädchen und Frauen, die sich in Deutschland vollverschleiern, ist allerdings verschwindend gering.


Aus: "Niedersachsen: Achtklässlerin kommt seit drei Jahren mit Nikab zur Schule" (30.09.2016)
Quelle: http://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/belm-in-niedersachsen-achtklaesslerin-kommt-mit-nikab-zur-schule-a-1114672.html (http://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/belm-in-niedersachsen-achtklaesslerin-kommt-mit-nikab-zur-schule-a-1114672.html)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 02, 2016, 12:01:53 PM
Quote[...] Kairo/Amman - Der Jordanier Nahed Hattar war Christ, zählte zu den Islamkritikern und löste mit einer Karikatur bei Muslimen blanken Hass aus. Auf dem Weg zum eigenen Prozess wurde der Schriftsteller nun erschossen. ... Zu sehen ist nach Angaben des arabischen Senders Al-Dschasira ein IS-Kämpfer, der mit zwei Frauen im Bett liegt und Gott bittet, ihm einen Drink zu bringen. Der mit weißem Bart und goldener Krone gezeichnete Gott öffnet von außen den Vorhang und schaut in das Zimmer. Hattar löschte die Karikatur später und beteuerte, sie würde sich über Terroristen und ihr Weltbild lustig machen: ,,Es verletzt die Göttlichkeit Allahs in keiner Weise." ...

... Hattar wurde nach dem Erscheinen der Karikatur wegen Beleidigung des Islam angeklagt und zwischenzeitlich festgenommen. Die Familie des Aktivisten teilte Medienberichten zufolge mit, er habe die Behörden informiert, dass er Morddrohungen bekommen habe. Personenschutz habe Hattar trotzdem nicht erhalten. Der Getötete verfasste mehrere kritische Schriften gegen den politischen Islam und war als Unterstützer von Syriens Präsident Baschar al-Assad bekannt.


Aus: "Islamkritischer Journalist in Jordanien erschossen" (25.09.16)
Quelle: www.merkur.de/politik/islamkritischer-journalist-jordanien-erschossen-zr-6782703.html (http://www.merkur.de/politik/islamkritischer-journalist-jordanien-erschossen-zr-6782703.html)

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Quote[...] Papst Franziskus hat mit ungewöhnlich drastischen Worten einen Schutz der Ehe eingefordert. Die Gegenwart erlebe einen ideologischen "Weltkrieg, um die Ehe zu zerstören", sagte er in Georgiens Hauptstadt Tbilissi. Diese Zerstörung erfolge "nicht mit Waffen, sondern mit Ideen". Franziskus sprach von "ideologischen Kolonialisierungen", gegen die es sich zu verteidigen gelte. Eheleute seien ein "Abbild Gottes". Wenn es zur Scheidung komme, werde "das Abbild Gottes beschmutzt", sagte der Papst bei einem Treffen mit Angehörigen der katholischen Minderheit in Georgien. ...

QuoteKnaake #4

"Eheleute seien ein 'Abbild Gottes'"; eine Aussicht welche die eigene Geistlichkeit offensichtlich nicht vom Hocker reißt; oder? So nach dem Motto: "Abbild Gottes? Nein danke!". Für mich als exkatholischer Laie schon etwas verwirrend..


Quoteatheistischer_humanist  #4.8

lol


QuoteFreigeist_1974 #5

Wie wäre es, wenn sich der Typ auf Tipps zur Reparatur von Rasenmähern beschränken würde? Davon hätte er mit Sicherheit mehr Ahnung.
Beziehungstipps von bigotten, alten Männern im Kleidchen... wie lächerlich!


...


Aus: "Franziskus: Papst spricht von "Weltkrieg" gegen die Ehe" (1. Oktober 2016)
Quelle: www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-10/papst-franziskus-ehe-schutz-scheidung-georgien (http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-10/papst-franziskus-ehe-schutz-scheidung-georgien)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 06, 2016, 03:43:33 PM
Quote[...] Barbusig schreitet sie über das Schlachtfeld, in der einen Hand die französische Tricolore, in der anderen das Bajonett; die französische Nationalfigur Marianne. Mit dem Gemälde «Die Freiheit führt das Volk» machte Eugène Delacroix 1830 die nackte Brust zum Symbol der Freiheit. Dass die Revolution vor allem Männer gleicher machte, geht beim Anblick des kräftigen Busens leicht vergessen.

Die sichtbare Brust war für Europa im Grunde gar kein Novum. Bis zum 18. Jahrhundert tauchten an verschiedenen Höfen Kleider auf, die eine oder beide Brüste frei ließen, wobei die in der Öffentlichkeit gezeigte Brust meist Adligen und Mätressen vorbehalten blieb, ganz im Gegensatz zu anderen Kulturkreisen. Im indischen Gliedstaat Kerala zum Beispiel erhielten Frauen niedriger Kasten erst 1858 das Recht, ihre Brust zu bedecken. Im Westen hingegen musste sich die Brust nach den strengen viktorianischen Kleidungssitten ihren Platz an der frischen Luft Schritt für Schritt zurückerobern, und nicht nur die weibliche; noch in den dreissiger Jahren wurden in den USA badende Männer ohne Ganzkörperanzug festgenommen.

1964, die Empörung über den Bikini war inzwischen abgeflaut, glaubte der Modeschöpfer Rudi Gernreich in den USA mit seinem Monokini, eine Reduktion des Bikinis auf ein Unterteil und zwei Nackenschnüre, ein Symbol für die starke, ungehemmte Frau gefunden zu haben. Der Entwurf, der den Blick auf den blossen Busen frei liess, setzte sich allerdings weniger am Wasser als in Topless-Etablissements durch.

Ein anderes Symbol löste die Oben-ohne-Welle aus: Brigitte Bardot, die sich am Strand von Saint-Tropez mit nichts als einem Unterteil zeigte. 1968, als Feministinnen in den USA mit der Entsorgung ihrer BHs den Begriff «bra burning» prägen und Studentinnen in einem Hamburger Gerichtssaal mit nacktem Oberkörper gegen «obrigkeitsstaatliches Denken» protestieren, wird Bardots Antlitz zur Vorlage für die Marianne-Büsten in Frankreichs Rathäusern gewählt. Die Freiheit dieses nackten Busens, der die sexuelle Revolution an den Strand gebracht hat, scheint ambivalent.

Der «Spiegel» beschreibt 1978 ausführlich den Trend, der sich trotz Protesten und Festnahmen an Europas Stränden ausbreitet, und konstatiert: «Für italienische Playboys ist es Pflicht, mindestens eine hüllenlose Dame topless an Bord zu haben.» Angesichts vieler entblösster Brüste im Marzili-Bad, dem Schweizer Mekka des Oben-ohne, lanciert die Berner EDU eine kantonale Volksabstimmung «gegen die Verrohung der Badesitten». Derweil berichtet die NZZ im verregneten Sommer regelmässig, aber relativ unaufgeregt über die neue Mode und wertet die entblösste Brust quasi als Indikator gesellschaftlicher Offenheit: «Es ist nicht zu fassen. Reagieren die Berner plötzlich schneller als die Zürcher?»

Mitte der neunziger Jahre, als Busenwunder wie Pamela Anderson Karriere machen, stellt Kaufmann an den französischen Küsten ein Abflachen des Oben-ohne-Trends fest. Die scheinbar entpolitisierte nackte Brust ist an den Stränden, in den See- und Freibädern immer seltener zu sehen, nach der Jahrtausendwende wird sie zunehmend zum Politikum. 2004 wird eine Brustwarze, Kristallisationspunkt symbolischer Aufladungen, zur Kampfzone erklärt: Die kurz hervorblitzende Brust von Janet Jackson bei ihrem Pausenauftritt am Super Bowl, dem Final der US-Football-Profiliga, ist für das prüde Amerika zu viel: Seit dem sogenannten Nippelgate wird die Show mit fünf Sekunden Verzögerung übertragen. 2010 erlebt die politisch instrumentalisierte Brust in Kiew ihr grosses Revival: Zum ersten Mal nutzen ukrainische Femen-Aktivistinnen ihre nackten Oberkörper als Info-Panels im Kampf für Frauenrechte, doch das Tauschprinzip nackte Haut gegen Aufmerksamkeit vermag die Logik der kritisierten Sexualisierung des weiblichen Körpers nicht wirklich zu brechen.

Schlüssiger lesen sich barbusige Kämpfe für das Recht, öffentlich Brüste zu zeigen: 2007 kämpfen Schwedinnen der Organisation Bara Bröst mit nacktem Busen für gleiche Oberkörper-Rechte in Hallenbädern, und in den USA ruft die Organisation GoTopless zu Oben-ohne-Märschen auf, nachdem in New York, wo topless in der Öffentlichkeit seit 1992 erlaubt ist, eine Frau ohne Oberteil zu Unrecht verhaftet worden ist. In Genf, wo ein Gesetzesartikel aus dem Jahr 1929 geschlechterangemessene Badekleidung vorschreibt, ist für Ende August bereits die vierte GoTopless Pride geplant, mit abgeklebten Brustwarzen, als Zeichen der gesellschaftlichen Zensur. Ob sich wie letztes Jahr eine komplett verhüllte Muslimin mit den Oben-ohne-Protestierenden ablichten lässt?

Kämpfe um die nackte Brust werden auch von und gegen Internetkonzerne geführt: 2008 verzichtet Facebook nach heftigen Protesten und öffentlichen Stillaktionen darauf, Fotos von stillenden Müttern zu zensieren. Sechs Jahre später geht Scout Willis, Tochter von Demi Moore und Bruce Willis, mit nacktem Oberkörper durch New York, nachdem ihr Instagram-Account wegen nackter Oberkörper gesperrt worden ist. Die Pop-Sängerin Rihanna erscheint aus gleichem Anlass im durchsichtigen Kleid an einer Gala – Aufmerksamkeit ist ihr gewiss. ...


Aus: "Der befreite Busen" Melanie Keim (19.8.2016)
Quelle: http://www.nzz.ch/gesellschaft/aktuelle-themen/kultur-des-oben-ohne-der-befreite-busen-ld.111736 (http://www.nzz.ch/gesellschaft/aktuelle-themen/kultur-des-oben-ohne-der-befreite-busen-ld.111736)

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Quote[...] Barbara Vinken lehrt allgemeine Literaturwissenschaft und romanische Philologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. 2013 ist (bei Klett-Cotta) ihr Buch «Angezogen. Das Geheimnis der Mode» erschienen.

Kleiderordnungen sind wieder in aller Munde. Der französische Verfassungsgerichtshof sah sich diesen Sommer genötigt, kommunale Verbotsdekrete gegen den Burkini aufzuheben: hatte doch der Bürgermeister von Cannes verfügt, dass man – und vor allen Dingen: frau – am Meer nicht verhüllt erscheinen dürfe. Das Bild, das zeigt, wie uniformierte Polizisten am Strand von Nizza eine Frau dazu nötigen, ihr langärmliges Oberteil coram publico auszuziehen, reiste um die Welt. Prompt wurden aus den Archiven Fotos der fünfziger Jahre ausgegraben, auf denen ein ebenfalls voll bekleideter Polizist einer nur mit einem Bikini bekleideten Schönheit ein Strafmandat ausstellt. Alles irgendwie sittenwidrig, einmal zu viel, einmal zu wenig. Die Staatsgewalt beschämt und bestraft Frauen, Polizisten verfügen, wie viel Haut frau zu zeigen, wie viel sie zu bedecken hat.

Selbst wenn uns der Burkini stört, steht das Verbot doch gegen eine der modernen, liberalen Grundüberzeugungen: dass wir uns nämlich nach Lust und Laune kleiden können. Gewisse Schamgrenzen müssen gewahrt werden; als Erwachsene dürfen wir nicht nackt durch die Stadt ziehen, in die Strassenbahn steigen (Erregung öffentlichen Ärgernisses). An der Côte d'Azur dürfen wir «oben ohne» baden, anderswo weniger – und am wenigsten an amerikanischen Stränden. Verschleiern wie in vielen arabischen Ländern müssen sich Frauen jedenfalls im Westen nicht. – Aber sollten sie es nicht dürfen?

Natürlich gab und gibt es für bestimmte Institutionen und Berufe immer Kleidervorschriften. Flugkapitäne müssen im Dienst eine Mütze tragen, Militärangehörige Uniformen, Nonnen und Mönche ihre Ordensgewänder, Banker Anzug und Krawatte, Ärzte und Krankenschwestern kommen in Weiss. In den USA dürfen manche Restaurants und Klubs nur mit Krawatte und nicht mit Sneakers betreten werden, in der First- und der Businessclass dürfen Frauen in den USA nicht in zehenfreien Sandalen fliegen, und Mitglieder des Kongresses dürfen nicht im Hoodie kommen. Kirchen in Italien bestehen darauf, dass Frauen nicht in Minis und nicht mit tief ausgeschnittenem Décolleté oder mit nackten Oberarmen, Männer nicht in Shorts herumspazieren. In vielen Schulen ist eine Schuluniform Pflicht. Sodann gibt es endlose Stilberater in puncto erfolgversprechender Kleidung im Büro: keine Spaghettiträger, keine zu kurzen Röcke, keine nackten Beine und, in den USA, das ein Land der Fussfetischisten sein muss, auf gar keinen Fall nackte Zehen, keine zu hohen und zu dünnen Absätze, geschweige denn ein nackter Bauch oder Shorts, aus denen die Pobacken lächeln.

Im öffentlichen Raum müssen wir bekleidet sein, aber wie wir unsere Nacktheit verhüllen, ist unsere Sache. Hier haben wir keine Kleidervorschriften der Obrigkeit zu befolgen, wir dürfen uns lustvoll der Tyrannei der Mode unterwerfen, ihr heroisch widerstehen oder ihr einfach die kalte Schulter zeigen. Polizeilich durchgesetzte Kleidervorschriften erscheinen uns heute wie eine Sache der Vergangenheit.

Schon der alte Cato sah den Untergang der Republik im weibischen Prunk der römischen Senatoren beschlossen; zu viel Purpur, zu viel Gold und manchmal gar geölte und parfümierte Haare! In der frühen Neuzeit wimmelt es von präzisen Kleidervorschriften. In der Ständegesellschaft machten Kleider Leute; auf den ersten Blick trennten sie die Stände, bestimmten die Geschlechter, bezeichneten ein Sein und mit dem Sein einen wohlgeordneten, gottgewollten Kosmos. Den Männern war es verboten, Frauenkleider, den Frauen, Männerkleider zu tragen, wie schon im 5. Buch Mose festgelegt. Gold, Silber und Perlen, kostbare Pelze, Atlas, Damast, Seidensamt waren oft dem Adel vorbehalten.

Was bemängelt, ja was unter Androhung von Strafen verhindert wurde, war das, was heute trickle-down effect heisst: Die niederen Stände sollten nicht mehr scheinen wollen, als sie waren. Mit dem Prunk der höheren Stände durften sie sich nicht schmücken. Wie man an der Kleiderordnung der Stadt Schweinfurt von 1780 sieht, muss das ungeachtet der Vorschriften tagaus, tagein besonders beim putzsüchtigen weiblichen Geschlecht passiert sein: «Dieweil man auch öffentlich wahrgenommen hat und noch täglich wahrnimmt, dass diejenigen Weibspersonen, die in der dritten Classe sich befinden, Kleider aus Damast, Taft, Seidenstoffen, Samt und andere kostbare Stoffe, auch teure Spitzen, ungescheut tragen und viel Geld darein stecken. Hält man ihnen dies vor, so führen sie zur Entschuldigung an, dass ihnen die kostbaren Stoffe, die schon fertigen Kleider von ihren Freunden verehrt oder auch von ihren Verwandten geschenkt worden seien.»

Ludwig XIII. war der letzte französische König, der durch Luxusdekrete auch den Adel von übertriebenem Protz und Prunk abzuhalten suchte. Zur Zeit Ludwigs XV. waren dann die Financiers reicher als der Hof, der sich etwas anderes einfallen lassen musste: Das bescheidene Raffinement ausgesuchter Einfachheit war viel «angesagter» als dumm prunkender Reichtum. Nach der Revolution der Sansculotten – immerhin nach den Beinkleidern der Aristokraten benannt – wurden alle Männer oder jedenfalls alle Bürger gleich durch den Anzug. Von der Mode war man nicht mehr streng in Stände geteilt, wie in Schillers Ode «An die Freude» besungen. Die Frauen wurden, wie wir sie kennen: unbeschreiblich weiblich.

Forthin trennte die Mode weniger die Klassen als die Geschlechter. Prompt sah sich Napoleon veranlasst, durch eine letzte Kleidervorschrift, die bis heute nicht aufgehoben wurde, aber stillschweigend übergangen wird, festzulegen, wer die Hosen anhat: Den Frauen wurde das Tragen von Hosen per Gesetz verboten. Fast wäre den Priestern im hundertjährigen Kampf, den die französische Republik im 19. Jahrhundert gegen die Kirche führte, das Tragen der Soutane per Gesetz verboten worden. 1789 kam es tatsächlich zum Verbot der Soutane, einem Verbot, das die Revolution nicht überlebte, das aber 1905, zum Zeitpunkt der Trennung von Kirche und Staat, erneut diskutiert wurde. Der Sozialist Aristide Briand verhinderte ein erneutes Verbot mit dem Argument, die Soutane sei ein Kleid wie alle anderen.

Während die Europäer von Kleidervorschriften im öffentlichen Raum relativ verschont blieben, hagelte es im Zuge der Modernisierung und der Säkularisierung in den Ländern, die endlich westlich und modern werden wollten, nur so Verbote – und die Kleidervorschriften betrafen durchaus nicht nur den Frauenkörper, obwohl dieser zu ihrem Lieblingsschlachtfeld wurde und es bis heute geblieben ist.

Der globale Siegeszug der westlichen Mode in der Türkei, in Ägypten, in Iran verdankte sich nicht freier Wahl, sondern gesetzlichen Verordnungen. Das Verbot, das Schah Reza Khan gegen den Tschador als Symbol der Rückständigkeit erliess, wurde auf den Strassen Teherans gewaltsamer durchgesetzt als das Burkiniverbot heute an französischen Stränden: Auf offener Strasse riss man Frauen den Tschador herunter. Die berühmte «Hutrede» Atatürks, die gegen die traditionelle männliche Kopfbedeckung 1925 den westlichen Hut propagierte, mündete in eine gesetzliche Verfügung. Im gleichen Atemzug wurde das Kopftuch in Schulen, Universitäten und staatlichen Institutionen verboten.

Heute wird in Iran unter Androhung härtester Strafen darüber gewacht, dass jede Frau verschleiert ist. Das sollte aber nicht vergessen lassen, dass der Tschador, mit dem die iranischen Studentinnen nach der iranischen Revolution von 1979 in Frankreich triumphierend in die Hörsäle strömten, dass das Kopftuch, das heute die Frauen – Richterinnen oder Ärztinnen – in der Türkei tragen, weniger Indizien für eine neue Islamisierung und eine Unterdrückung der Frau waren und sind als vielmehr Protest gegen den autoritären, laizistischen Staat, als der sich die Türkei und der Iran aufführten.

Angesichts der von Frantz Fanon beschriebenen Zwangsentschleierungen der Algerierinnen auf öffentlichen Plätzen, die die französischen Kolonialherren unter Rufen wie «Vive l'Algérie française» unternahmen, könnte man aus der Geschichte doch eines gelernt haben: Es ist keine wirklich gute Idee, Leute mit Gewalt zur Freiheit zu zwingen. Aber ebendies geschieht wieder: 1989 wurden drei Mädchen von der Schule verwiesen, weil sie sich weigerten, ihr Kopftuch abzunehmen, seit 2004 gilt in Frankreich ein allgemeines Kopftuchverbot für Schülerinnen, 2010/11 wurde die Burka im öffentlichen Raum verboten – alles mit dem Hinweis auf die nötige Befreiung der Frau durch den säkularen Staat.

Im säkularen Frankreich scheint der Islam an die Stelle und in die Rolle zu geraten, in der die katholische Kirche vor hundert Jahren war. In dieser Neuauflage des heute wie damals erbitterten Laizitätsstreites muss man befürchten, dass die Laizität in einer Perversion der eigenen Prinzipien zu einem Fundamentalismus wird, der umständehalber noch radikaler und verbitterter ist als 1905.

Dass heute die Sicherheit aller auf dem Spiel stehe und mindestens die totale Verschleierung verboten gehöre – schön finden muss man sie ja nicht, und sehr fremd und unheimlich kann sie einem schon vorkommen –, verschiebt die Lage noch weiter zurück, ins Zeitalter der europäischen Religionskriege, als die Religion zur Chiffre für nationale Interessenlagen wurde und Paranoia zur ersten Bürgerpflicht. – Glaubten wir nicht, wir hätten das hinter uns?


Aus: "Wer bestimmt, was untragbar ist?" Barbara Vinken (6.10.2016)
Quelle: http://www.nzz.ch/feuilleton/zeitgeschehen/kulturgeschichte-der-kleiderordnungen-wer-bestimmt-was-untragbar-ist-ld.120490 (http://www.nzz.ch/feuilleton/zeitgeschehen/kulturgeschichte-der-kleiderordnungen-wer-bestimmt-was-untragbar-ist-ld.120490)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 11, 2016, 10:12:57 AM
Quote[...] Während der Olympischen Spiele im August ging es weltweit durch die Medien: Selbstbewusst traten einige Sportlerinnen muslimischen Glaubens im Kopftuch an und betonten, dass es ihre eigene freie Entscheidung sein, das Kopftuch zu tragen. Besondere Aufmerksamkeit erhielt die US-amerikanische Fechterin Ibtihaj Muhammad, die als erste US-Muslimin mit einem Kopftuch bei Olympia antrat. Sie holte nicht nur eine Bronzemedaille, sondern wurde auch nicht müde zu betonen, wie wichtig ihr das freiwillig getragene Kopftuch ist:

"Wir haben hier bei Olympia die Möglichkeit, noch mehr muslimische Frauen zu inspirieren", sagte Fechterin Muhammad in einem Interview nach dem Achtelfinale. "Es ist schön, immer mehr Frauen mit Kopftuch beim Sport zu sehen" und "ich bin dankbar, dass ich die Chance habe, der muslimischen Gemeinschaft eine Stimme zu geben."

Weite Teile der Presse bejubelten die Kopftuchträgerinnen als Zeichen der integrativen Funktion des Sports über Länder- und Religionsgrenzen hinweg. Kein Wort davon, dass für einen Großteil der muslimischen Frauen weltweit das Tragen eines Kopftuchs oder anderer Verhüllungen keine freiwillig gewählte Option, sondern ein Zwang ist.

Kaum zwei Monate nach den Olympischen Spielen wurde nun ein Sportereignis angekündigt, bei dem genau dieser Kopftuchzwang zum Problem wird. Während der Schacholympiade in Baku Mitte September hat der Weltschachbund FIDE beschlossen, die Frauenschach-WM 2017 im Iran stattfinden zu lassen. Doch seit der Islamischen Revolution 1979 herrscht im Iran Kopftuchpflicht für Frauen – auch für Ausländerinnen und Nicht-Musliminnen. Wer sich nicht an diese Regel hält und als Frau in der Öffentlichkeit ohne Kopftuch erscheint, wird von der Religionspolizei verhaftet.

Bei Schachspielerinnen und Schachspielern ruft dies international Kritik hervor. Nazi Paikidze-Barnes, U.S.-Schachmeisterin 2016, hat bereits angekündigt, dass sie die Schachweltmeisterschaft im Iran boykottieren wird, weil sie Unterdrückung nicht unterstützen will. "Ich halte es für unakzeptabel, eine Frauen-Weltmeisterschaft an einem Ort abzuhalten, an dem Frauen fundamentale Rechte verwehrt bleiben und wo sie als Bürger zweiter Klasse behandelt werden", sagte sie der BBC.

Die 22-Jährige Amerikanerin georgischer Herkunft hat eine Petition gestartet, in der sie die Organisatoren auffordert, entweder den Ausführungsort der Weltmeisterschaft 2017 zu verlegen oder den teilnehmenden Frauen selbst die Entscheidung zu überlassen, ob sie Kopftuch tragen wollen oder nicht.

Für die Ankündigung ihres Boykotts erhielt Schachgroßmeisterin Nazi Paikidze-Barnes nicht nur Unterstützung sondern auch Kritik. Ihr wurde vorgeworfen, dass ihr das Verständnis für Islamische Kultur und die iranische Gesellschaft fehle. Paikidze-Barnes wies diese Vorwürfe entschieden zurück:

"Ich bin nicht gegen den Islam oder irgendeine andere Religion. Ich bin für Religionsfreiheit und für Entscheidungsfreiheit. Ich kritisiere den FIDE-Beschluss nicht aufgrund der Religion des Iran oder aufgrund seiner Menschen, sondern aufgrund der Gesetze der Regierung, die meine Rechte als Frau einschränken."

Der Weltschachbund verteidigte in einer offiziellen Erklärung seine Entscheidung. Erstens habe von keinem anderen Land ein Angebot für die Durchführung der Frauenschach-WM 2017 vorgelegen und zweitens habe keiner der Delegierten einen Einwand gegen die Entscheidung gehabt. Eine mögliche Erklärung hierfür liefern die Fotos der Abstimmungsrunde, mit denen die offizielle Stellungnahme garniert ist: Unter den Delegierten befinden sich kaum Frauen.

Doch natürlich haben auch die Frauen im Weltschachbund ein Mitspracherecht. Susan Polgar, Vorsitzende der FIDE-Kommission für Frauen-Schach, versteht die Aufregung um die Entscheidung nicht. Die U.S.-amerikanerische Schachgroßmeisterin ungarischer Herkunft sagte dem britischen Telegraph, Frauen sollten "kulturelle Unterschiede" respektieren.

Polgar betonte, dass sie selbst mit dem Tragen einen Kopftuchs kein Problem habe, wenn es alle trügen, und wies darauf hin, dass die Organisatoren beim Frauenschach-Grand-Prix, der im Februar 2016 ebenfalls im Iran stattgefunden hatte, den Teilnehmerinnen eine "wunderbare Auswahl" an Kopftüchern zur Verfügung gestellt hätten.

"Ich bin in fast 60 Ländern gewesen", sagte Polgar dem Telegraph, "wenn ich andere Gegenden mit anderen Kulturen besuche, zeige ich meinen Respekt, indem ich mich so kleide, wie es dort traditionell üblich ist. Darum hat mich niemand gebeten. Ich mache es aus Respekt."

Respekt ist in bei der geplanten Frauenschach-WM tatsächlich angebracht. Allerdings nicht vor der Einschränkung von Frauenrechten, die im Iran keineswegs kulturell gewachsen ist, sondern dem Land mit der Islamischen Revolution von einer religiösen männlichen Machtelite aufgezwungen wurde. Respekt ist angebracht vor iranischen Frauen und Männern, die mit kreativen Aktionen gegen den Kopftuchzwang und die Beschneidung von Frauenrechten protestieren. Ihrem Mut gilt Respekt. Und Unterstützung.




Aus: "Frauenschach-WM 2017 im Iran: WM-Boykott wegen Kopftuchzwang" Daniela Wakonigg (10.10.2016)
Quelle: http://hpd.de/artikel/wm-boykott-wegen-kopftuchzwang-13602 (http://hpd.de/artikel/wm-boykott-wegen-kopftuchzwang-13602)

Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 13, 2016, 09:41:18 AM
Quote[...] Stumpf musste sich einer Anhörung im US-Senat stellen. Der Vorstandschef übernahm bei der Anhörung die Verantwortung für den Skandal, stritt jedoch ab, dass es ein grundsätzliches Problem mit der Kultur der Bank gebe. ...


Aus: "Chef von Wells Fargo tritt nach Skandal zurück" (13. Oktober 2016)
Quelle: http://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2016-10/scheinkonten-wells-fargo-john-stumpf-ruecktritt (http://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2016-10/scheinkonten-wells-fargo-john-stumpf-ruecktritt)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 01, 2016, 02:24:09 PM
Quote[...] Kopftuch, Hautfarbe – Äußerlichkeiten stören uns am anderen am meisten. Das ist das Erbe der Kolonialzeit, in der Menschen als exotische Zooattraktionen begafft wurden. 

... Zu lange wurde die Wahrnehmung von vermeintlich fremd aussehenden Menschen von der Gewissheit kultureller Überlegenheit geprägt. Auch deswegen streiten wir heute weiter über Äußerlichkeiten wie Kopftücher und verwechseln Integration mit Unsichtbarkeit.

... Das koloniale Kapitel Deutschlands wurde unter anderem von immens erfolgreichen Völkerschauen ab Ende des 19. Jahrhunderts begleitet. Auch das Hamburger Unternehmen Hagenbeck, das der ehemalige Fischhändler Gottfried Hagenbeck von 1848 an vom Zoohandel zur Tierschau erweitert hatte, mischte mit. Unter der Führung des Sohnes Carl, der 1866 den ersten Tierpark eröffnete, initiierten die Hagenbecks zwischen 1875 und 1930 mindestens 100 derartiger Ausstellungen: "Lappländer", "Nubier", "Inuit", "Wildes Afrika", "Menschenrassen am Nil" und "Ceylon-Karawanen" wurden Besuchern auf bunten Plakaten angekündigt und konnten gegen Eintritt in Zoos oder auf städtischen Freigeländen besichtigt werden. 

Fremde anzuschauen sollte der Unterhaltung, aber auch der Aufklärung dienen, im Grunde aber beglaubigen, was die Besucher bereits zu wissen meinten. Für die Organisatoren stand dabei nicht kultureller Austausch, sondern das Geschäft an vorderster Stelle. Die Spektakel passten gut zu den kolonialen Interessen, da sie immer die Überlegenheit der europäischen Betrachter voraussetzten und koloniale Absichten bestärkten. Eine Veränderung dieser Einschätzung war nie vorgesehen. Fremd Aussehende wurden gemäß herrschender Klischees ausgewählt und nach Europa verfrachtet: Afrikaner galten etwa als sehr wild und vorwiegend Raubtiere jagend, während Araber als Handels- und Reitervolk mit Anspielungen an 1001 Nacht vorgestellt wurden; die glücklichen und verspielten Südseeinsulaner eigneten sich für dramatisierte Szenen weniger gut; Indern wurde eine höher entwickelte Kultur zugestanden. "Indianer" hatten mit Marterpfahl und Friedenspfeife aufzutreten, wie von Karl May erdacht. Als Hagenbeck einen Stamm engagierte, der dem nicht entsprach, empörten sich Besucher: "Das sind keine echten Indianer".

Durch die Völkerschauen wurden die exotische Fantasien des Publikums theatralisch greifbar, der Blick auf das andere kontrolliert: "Wir dürfen nichts anziehen, Herr, keine Schuhe, nichts, sogar ein Kopftuch müssen wir ablegen. Wilde müssen wir vorstellen", klagte eine der im Wiener Prater ausgestellten Ashanti-Frauen. Der Dichter Peter Altenberg beschrieb die Verhältnisse zwar einfühlend, aber doch in den gängigen Fantasien vom "edlen Wilden" als dem besseren Menschen verhaftet.

Die zahlreichen Besucher erwartete auf den Schauen ein idealisiertes Dorfleben, zusammengewürfelte Gruppen, die als Familien vorgestellt wurden. Man konnte sie beim Kochen, beim Essen, beim Arbeiten beobachten und die vor Ort produzierten Waren erwerben: Masken, Tee, Tabak, alles unter der Marke Hagenbeck. Wichtig dabei war vor allem, dass die Europäer sich in ihrer kulturellen Überlegenheit bestätigt fühlten. Symbolisiert wurde dies durch niedrige Zäune oder gespannte Seile, die den Betrachter vom Betrachteten trennten und so eine Hierarchie in der Begegnung mit den Ausgestellten schufen. Schauen, Berühren, Kaufen waren erlaubt, nicht jedoch der Kontakt von Mensch zu Mensch.

Um Gespräche zu unterbinden, wurden bevorzugt Darsteller engagiert, die kein Englisch konnten. Zusätzliche Engagements für Privatpartys und in Varietes unterliefen diese Kontrollmaßnahme allerdings. Auch verließen Darsteller manchmal unerlaubt das Gelände, was anscheinend zu amourösen Verwicklungen führte, wie die damalige Presse behauptete. Die weiche, glänzende Haut der Singhalesen verführe besonders dazu, sie zu berühren und zu prüfen, ob die dunklere Farbe nicht abginge, hieß es in Zeitungsberichten. Besonders die Wiener und Berliner Damen seien verrückt nach schwarzen Männern gewesen, wird das rassistische Klischee des sexuell hyperaktiven Schwarzen bestätigt.

Die sogenannten Ausstellungen wurden täglich von Tausenden Besuchern regelrecht überrannt und ließen den zur Schau Gestellten keine Ruhe: "Die Luft rauscht beständig vom Geräusch der Gehenden und Fahrenden, unsre Umzäunung ist augenblicklich gleich voll", notierte ein Inuit zum Aufenthalt in Berlin.

Neben dem Vergnügen fürs Volk hatten ihre Körper ernsthaften Wissenschaftlern als Untersuchungsgegenstand zu dienen. Hagenbeck stand in engem Kontakt zur Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte und ihrem Vorsitzenden Rudolf  Virchow, nach dem bis heute in Berlin ein Krankenhauskomplex benannt ist. Lappländer, Patagonier, Dinka, Zulus "im Naturzustande", wie es hieß, und viele andere wurden vermessen, akribisch untersucht und beschrieben. Diese Zusammenarbeit mit der Wissenschaft steigerte wiederum der Wert von Hagenbecks "Ware", er erhielt Unterstützung von offiziellen Regierungsstellen für seine Anwerbungen. Die unternahm vor allem John Hagenbeck, ein Halbbruder Carls, der es vom Tierhändler zum Plantagenbesitzer gebracht hatte und der sich, nachdem mit Tieren allein nicht mehr so gut verdient werden konnte, als erfolgreicher Rekrutierer betätigte.

Das Unternehmen Hagenbeck legt heute in seiner offiziellen Stellungnahme Wert auf die Tatsache, dass die Fremden in den Völkerschauen gegen Bezahlung auftraten und ordnet diese in die Tradition von Varietes und heutigen Folkloredarbietungen ein. Die Veranstaltungen hätten Besuchern Gelegenheit geboten, exotische Lebensformen, Klischees inbegriffen, kennenzulernen, ohne sich auf lange Reisen begeben zu müssen. Mit dem Aufkommen des Films sei diese bildende Absicht überflüssig geworden.

Tatsächlich wurden die Hagenbecks auch im neuen Medium aktiv. John spezialisierte sich auf "Raubtiersensationsfilme", während Carl sein ursprünglich für Tiere geschaffenes Habitat nun auch für Filmaufnahmen zur Verfügung stellte. Japan, China, der Dschungel und sogar die Südsee wurden im Hamburger Tierpark nachgestellt. Das Spiel zwischen Authentizität und Inszenierung setzte sich in diesem Medium fort. Fritz Lang etwa mietete für Das indische Grabmal vom heutigen Überseemuseum in Bremen echte Requisiten, wie Buddhastatuen und Möbel.

Umgekehrt belieferte Hagenbeck auch Museen mit originalen Objekten. Das Ineinander von Filmproduktion und Ethnologie ließ die Grenzen zwischen fantasierten und wirklichen Fremden weiter verschwimmen. Mit dem Erstarken der Nazi-Ideologie wurde die Angst vor dem Nicht-Deutschen wieder stärker als die Sensationslust. Es gab kaum mehr Völkerschauen. Exotische Menschen wurden im Film nun oft von geschminkten einheimischen Schauspielern dargestellt.

Die Aufarbeitung des Rassismus in Deutschland blieb nach dem Zweiten Weltkrieg lange mit dem Holocaust und Antisemitismus beschäftigt. Rassistische Perspektiven auf andere Opfergruppen wurden jedoch nur geringfügig korrigiert. Bis heute scheinen die alten Muster zu gelten. Das romantisierte Exotische wird auf Ferienreisen goutiert, im eigenen Umkreis jedoch mit vorsichtiger Distanz und oft Ablehnung betrachtet. Das liegt auch begründet in der so falschen Trennung zwischen kulturfähigen und primitiven Menschen, die eben in den Völkerschauen vor allem an Accessoires und körperlichem Erscheinungsbild festgemacht wurde.

So kommt es, dass Diskussionen sich bis heute an Äußerlichkeiten verhaken und vor allem mit Ausschließungen verfahren: Wir wollen ein bestimmtes Detail nicht sehen "bei uns", verfallen in einen Fetischismus über Kopftücher und Burkas, verdecken damit den Blick auf Subjekte, die wir eigentlich wahrnehmen sollten. Fantasien und Fantasmen treten an die Stelle einer Begegnung auf Augenhöhe. Die größte Zumutung scheint tatsächlich immer noch zu sein, vermeintlich Fremde als gleichwertig anzusehen, da mit diesem Eingeständnis das rassistische Weltbild ins Wanken geriete. Somit auch eine Vorstellung vom Eigenen, die sich bloß in Abgrenzung gegenüber anderen formt und sicher wähnt.

Um es mit den Worten eines bekennenden Neonazis aus Mecklenburg-Vorpommern auszudrücken: "Wenn man sie einmal kennenlernt, dann kann man sie nicht mehr hassen."

QuoteHerzeleide #6

Auch völlig ohne Kolonialzeit war ein "Neger" oder noch früher ein "Mohr" die absolute Attraktion in einem deutschen Örtchen. Die Leute sind zusammengelaufen und haben das fremde Wesen bestaunt. Umgekehrt ist es in Afrika mit Weissen genauso gelaufen. Wieso muss man da die alten bösen Kolonial-Klischees wieder bemühen??


QuoteReverendSpeaks #6.1

"Wieso muss man da die alten bösen Kolonial-Klischees wieder bemühen??"
Weil unsere Haltung in beispielloser Sklaverei und Ausbeutung bis auf den heutigen Tag mündete. Die beiderseitige Neugier speiste sich scheinbar aus sehr unterschiedlichen Quellen. Darüber sollte ruhig öfter geredet werden.

Quotemagnalogger #6.2

Ihnen ist die traditionellle Ausbeutung und Sklaverei in Asien, Afrika und Amerika aber schon bekannt, oder? Die traditionellen arabischen Sklavenjäger, z.B. Der Umfang allerding dürfte durch die Europäer gewachsen sein, das ist vermutlich richtig.

Ausbeutung und Sklaverei kamen sicherlich nicht durch die Europäer nach Afrika. Auch haben afrikanische Stämme an der europäischen Sklaverei verdient. Noch heute halten sich manche Stämme andere Stämme als Sklaven, btw.


Quoteältere leseratte #7

Ich glaube die These nicht, dass Menschen sich grundsätzlich wegen ungewohnten Äusserlichkeiten ablehnen. Es ist nur ein Teil der Menschen, der sich immer einen Schwächeren sucht, den er erniedrigen kann, um sich selbst zu erhöhen.
Dem ist alles recht, was sich zum Verhöhnen, Ausgrenzen und am Ende zum Vernichten eignet . Ob es der Dorfdepp ist, die Frau, die als Hexe verbrannt wurde, oder später Menschen aus fernen Ländern, die eine andere, nie gesehene Hautfarbe und Kultur als äusseres Merkmal zu dem "anderen" machte, das man bekämpfte.

Die Mehrheit der Menschen stört sich nicht an der Religion, noch nicht einmal an einem ungewohnten Äusseren aufgrund der Religion, nicht an der Hautfarbe, nicht an der Sprache, sofern einer den anderen in Ruhe lässt, d.h., respektiert.
Das, was bei von aussen kommenden Fremden als Bedrohung erlebt wird, sind Parallelgesellschaften, die sich von der hier gewachsenen Gesellschaft aufgrund ihrer Andersartigkeit gezielt und bewusst abgrenzen und sich für die hiesige gewachsene Gesellschaft genauso wenig interessieren wie die Kolonialisten sich damals für die Kolonien, Gruppen also, die nur eines wollen: von dem, was eine Gesellschaft noch zu bieten hat, profitieren, auf Kosten dieser Gesellschaft.
Die Unterstellung, dass alle Europäer feindselige Ausbeuter waren oder sind, ist heute so falsch wie damals. Viele Europäer waren und sind selbst Ausgebeutete.


QuoteCelibidache conducts Bruckner #7.1

"Die Unterstellung, dass alle Europäer feindselige Ausbeuter waren oder sind, ist heute so falsch wie damals."

Hierzu zitiere ich gerne den viel verehrten Michael Klonovsky:

"Wenn man sämtliche Schöpfungen des weißen Mannes von diesem Planeten entfernte, besäßen seine Ankläger weder Zeit noch Mittel, ja nicht einmal Begriffe, um ihn mit Vorwürfen zu überhäufen."


Quoteältere leseratte
#7.6  —  vor 13 Stunden 3

Sie könnten so einfach argumentieren.
Die asiatischen Kulturen wie China und Japan waren den Kulturen der "Weissen" Europas in jeder Hinsicht ebenbürtig und technisch immer wieder voraus.
Als im Mittelalter wissenschaftliche Erkenntnisse im "christlichen" Mitteleuropa als "Ketzerei" verurteilt wurden, legten in den vom Islam geprägten arabischen Ländern Wissenschaftler viele Grundlagen für die technische Revolution der Jetztzeit.

Zum anderen Teil Ihres posts.
Etliche afrikanische Länder wurden vor den Christen von Moslems besetzt und zwangsbekehrt. Ihre einseitigen Schuldzuweisungen an die Weissen sind also ebenso haltlos wie einseitige Schuldzuweisungen an alle anderen Ethnien oder Kulturen.

Vielleicht ist Klonovsky ja Rassist, nach Ihrem post beurteilen kann man das nicht, mir war er z.B. bis eben völlig unbekannt. Sachdienlicher wäre es, wenn Sie etwas von ihm anführen, das ihn als Rassisten ausweist. Dann lässt sich darüber diskutieren.
Auf Wikipedia ist zu lesen, dass er von "Unterschicht" und "Sozialschmarotzern" spricht. Verunglimpfende Ausdrücke, die zeigen, dass die AfD keine Alternative sein kann für sozial Empfindende, wenn er tatsächlich Berater der AfD ist (lt. wikipedia ist er derzeit Berater von Frauke Petry).
Warum zitieren Sie nicht Vergleichbares, sondern reagieren nur emotional mit einem Pauschalurteil, das Sie durch keinerlei Inhalt belegen?


QuoteC.M.-IDenver #10

Nun, die Menschen in Deutschland konnten sich, zur Zeit des Kolonialismus, nicht durch Wikipedia über das Aussehen der Maori oder der Äthiopier informieren, dazu bedurfte es ein Besuch bei Hagenbeck. Das Gefühl der kulturellen Überlegenheit bedingte doch zuvor die technische Überlegenheit. Hätte es in den Herkunftsländer, der zur Schau gestellten Ethnien, einen James Watt, einen Edison oder einen Bell gegeben, so wäre es auch denkbar, dass in diesen 'exotischen Ländern' Weisse, als Exponate, in Ausstellungen gezeigt worden wären.


QuoteRoma Quadrata #13

Der Rassismus ist nicht eine reine europäische Kulturerfindung. Tatsächlich findet er sich in allen tribalistischen Gesellschaften (Japan, China, auch in Afrika). Der europäische Rassismus ist lediglich dahingehend einzigartig, dass er später durch technologische Überlegenheit (Feuerwaffen gegen Pfeile und Beile) und einen aus damaliger Sicht plausiblen naturwissenschaftlichen Unterbau (biologische Wende durch die Evolutionstheorie) flankiert wurde. Die Europäer sahen sich im vermeintlichen Recht, weil sie in ihren Eroberungen so gnadenlos erfolgreich waren. Man sollte die europäische Geschichte aufarbeiten ...


QuoteMarknho #27

Hagenbeck und die Besucher der Völkerschauen haben mehr mit Teddybärwerfern und Weltrettern gemein als mit den dumpfen Fremdenfeinden.

Damals wie heute ist es der paternalistische Blick auf Fremde, denen keine eigene Verantwortung zugestanden wird. Heute wird das Subjekt nicht im Zoo betrachtet sondern gerettet.


QuoteOF-am-Meer #28

Ja ja, zur Hochzeit der "europäischen" Kolonien und der Sklaverei im 16.-19. Jahrhundert waren 90% der Einwohner des heutigen Deutschland selbst Leibeigene, das änderte sich erst nach 1806. Um 1770 wurden hessische Burschen von ihrem Landesfúrsten an die Briten verkauft, um in Amerika zu kämpfen. Von 1618-48 und später tobten sich die europäischen Großmächte im heutigen Deutschland aus, 30% der Bevölkerung wurden ausgerottet, ganze Landstriche entvölkert, größere Städte "magdeburgisiert". ... Wann fängt man endlich an, Fremde als "normale" Menschen zu sehen .


...


Aus: "Völkerschauen: Die Fremden bestaunen" Sabine Scholl (31. Oktober 2016)
Quelle: http://www.zeit.de/kultur/2016-10/voelkerschauen-rassismus-hagenbeck-10nach8/komplettansicht (http://www.zeit.de/kultur/2016-10/voelkerschauen-rassismus-hagenbeck-10nach8/komplettansicht)

Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 02, 2016, 05:31:52 PM
Quote[...] Bannon hat erfolgreich mitgeholfen, eine Koalition aus all den wütenden Weißen Amerikas hinter Trump zu vereinen. Milo Yiannopoulos sollte die im Netz versprengte Alt-Right hinter Breitbart zusammenführen. "Wir haben den Kulturkampf gegen die Eliten lange vor Trump begonnen", sagt Yiannopoulos selbstbewusst. "Ohne uns wäre Trump gar nicht möglich gewesen."

... Über drei Millionen kennen Yiannopoulos über Facebook, sein YouTube-Kanal hat 275.000 Abonnenten. Auf Twitter folgten ihm bis Juli 350.000 Menschen. Dann schloss Twitter seinen Account nach einigen aggressiven Kommentaren und verbannte ihn auf Lebenszeit. In der Alt-Right-Breitbart-Trump-Welt von Yiannopoulos war das eine weitere Erfolgsgeschichte. Denn bewies es nicht, dass auch das Silicon Valley Teil der liberalen Verschwörung ist? Yiannopoulos hatte sich mit der schwarzen Schauspielerin Leslie Jones angelegt, die in dem weiblichen Ghostbusters-Remake mitspielt. Sie hatte sich über die vielen Hass-Tweets beschwert, die sie nach dem Film bekommen hatte. Yiannopoulos warf ihr vor, sich als Opfer aufzuspielen, nur weil der Film gefloppt sei. Jones forderte, dass man ihn von Twitter verbanne, worauf seine Follower Jones mit ausfälligen rassistischen Tweets überschütteten.

Yiannopoulos fand das Verhalten völlig in Ordnung. Die liberale Elite in Hollywood sei viel zu zart besaitet, sagt er. Wer jeden gleich als Sexisten oder Rassisten beschimpfe, der müsse sich nicht beschweren, wenn die so Beschuldigten dann wirklich sexistisch und rassistisch zurückschlagen. Daraufhin schloss Twitter seinen Account. Das Hashtag #freeMilo verbreitete sich umgehend im Netz. Sogar die New York Times berichtete darüber.

Auf einen Angriff mit einem noch härteren Gegenschlag reagieren: eine Methode, die auch Donald Trump verinnerlicht hat, und die nach der Wahl entweder mit dem Triumphgeheul der Sieger oder mit der Wut der Verlierer um sich greifen wird.

Seit Beginn des Wahlkampfes reist Yiannopoulos nun schon auf Breitbarts Kosten durch die USA. Der Kulturkampf aus dem Internet soll sich auch an den Universitäten festsetzen. Und es ist erstaunlich, wie leicht das geht. Denn wie Trump bricht auch Yiannopoulos mit vielen etablierten konservativen Vorstellungen. Yiannopoulos ist schwul.

Seine Tour hat er The Dangerous Fagot Tour genannt, die Tour der gefährlichen Schwuchtel. In großen Buchstaben steht der Name neben seinem lächelnden Gesicht am Tourbus. In seinen Auftritten macht er sich mit großem Augenaufschlag über Lesben lustig, mit übertrieben exaltiertem Gehabe über Feministinnen, über sich selbst und die liberalen Eliten. Dazu präsentiert er Fakten, Statistiken und immer wieder die eine Lösung: Donald Trump. Das Ganze ist verpackt in einen ironischen Stand-up-Comedian-Ton. Nur wenn Yiannopoulos vor den Gefahren des Islams warnt, wird er ernst. Nach dem Vortrag in Texas sagt einer der Besucher: "Milo ist der Provokateur, der wir gerne sein wollen. Er ist interessant und skandalös. Milo ist unser Oscar Wilde."

Dass eine Generation die zivilen Umgangsformen und die gesellschaftlichen Normen, die ihr zugrunde liegen ablehnt, ist durchaus kein neues Phänomen. Schon die Punkbewegung rief: Macht kaputt, was euch kaputt macht. Neu daran ist jedoch, dass diese Bewegung jetzt von rechts kommt. Warum aber werden diese Normen von so vielen Amerikanern mittlerweile als eine Fessel wahrgenommen, die man abstreifen muss?

Dafür gibt es viele Gründe. Zum einen wurde es in bestimmten gesellschaftlichen Bereichen wie den Universitäten mit ihrer PC-Kultur sicherlich übertrieben. Zum anderen haben sie einige Widersprüche erzeugt. Einer wurde nach dem Attentat auf einen LGBT-Club in Orlando im Juni deutlich. Damals starben 49 Menschen durch einen selbstradikalisierten Muslim, viele wurden schwer verletzt. Yiannopoulos reiste umgehend an den Tatort, hielt eine wütende Rede gegen den Islam und schrieb später auf Breitbart: "Die Linke hat sich für den Islam und gegen die Schwulen entschieden. Und jetzt sind 100 Menschen in Orlando tot oder verstümmelt." – "Wann hören Homosexuelle endlich auf, Demokraten zu wählen?"

Damit hatte Milo den Finger in eine Wunde gelegt, die er seit Jahren gräbt. Er wirft den Demokraten einen Relativismus vor, der die kulturellen Unterschiede ausblendet und Gefahren ignoriert, einfach weil sie nicht in ihr Weltbild passen. Und wie jeder gute Demagoge beutet auch Yiannopoulos bei seinen Angriffen immer eine echte Schwäche aus. Er kritisiert die Vorsicht der Demokraten im Umgang mit dem Islam und das ist durchaus legitim. Denn die Grenzen der Toleranz müssen auch in einer liberalen Gesellschaft immer wieder neu diskutiert werden.

Indem Yiannopoulos die Toleranz der Demokraten aber als regelrecht verlogen und für Schwule sogar tödlich gefährlich beschreibt, dreht er seine Anklage ins demagogisch-rassistische. Als Schwuler genießt er dabei eine Glaubwürdigkeit, die ein herkömmlicher Islamhasser nie hätte.

Weil die Frage "Wie wollen wir zusammenleben?" im nächsten Jahr nicht nur in Holland, sondern auch in Frankreich und Deutschland zur Wahl steht, dehnt Breitbart das Medienunternehmen gerade nach Europa aus. In London habe sie bereits ein Büro, Paris, Berlin und Brüssel werden gerade als neue Standorte sondiert.

Dort werden sie ebenfalls versuchen, die mächtige Überzeugung zu kultivieren, dass mit dem Aufkündigen der Toleranz eine neue Ehrlichkeit hereinbricht. Denn mit der Toleranz verschwindet zuerst der Respekt vor dem anderen und dann die Bereitschaft nach Alternativen des Zusammenlebens zu suchen. Übrig bleiben Gefühle, bleiben Wut und Hass. Und wer will gegen die Ehrlichkeit von Gefühlen argumentieren?

Und die Gefühle sind so leicht zu bedienen. Am Tag, an dem Trumps Sextapes bekannt wurden, stieg Milo Yiannopoulos in eine mit Schweineblut gefüllte Badewanne. Die Wanne stand in einer mit Hipstern gefüllten Galerie in New York. Yiannopoulos trug dabei nur eine "Make Amerika Great Again"-Kappe. Breitbart filmte und lud alles sofort auf die Website hoch. Hinter der Badewanne hingen Bilder von Menschen, die, wie Yiannopoulos zuvor erklärt hatte, alle von illegalen Einwanderern oder islamischen Terroristen getötet worden waren. Die liberalen Medien, die sich alle so über Trumps "Umkleidegerede" aufgeregt haben, hätten jedoch wenig Mitleid mit den Toten gehabt. Statt des Islam hätten sie die Angst vor ihm als das eigentliche Übel hingestellt.

Wer das System aus den Angeln heben wolle, rief Yiannopoulos, wer dieser Tage Punk sein wolle, der müsse rechts sein und Trump wählen. Dann spritzte er das Schweineblut durch die Galerie. Sein Publikum war begeistert.

QuoteFranzbrötchen #1

"Wann hören Homosexuelle endlich auf, Demokraten zu wählen?"
Wann hören solche Klischees endlich auf, dass Homosexuelle immer links sein müssen ...

QuoteStunde der Patrioten #1.1

Als Minderheit verwirklicht man seine Ziele mit Hilfe der Linken. Hat man es geschafft, bewahrt man das Erreichte mit Hilfe der Konservativen.



QuoteJohWin #6

Traurig an der Spaltung ist, dass sachliche Kritik immer schwieriger wird.
Man kann sachliche Kritik am Feminismus, am Islam und am Nationalismus haben.
Wenn man diese dann äußert, wird man jetzt sofort einem Lager zugeordnet.
Das ist gefährlich und verhindert die Entwicklung der Gesellschaft.


Quotedenkbar123 #6.1

ich befürchte, das ist der zweck des ganzen! die zunehmenden finanzmarkt-katastrophen, die nur mühevollst bisher kaschiert werden konnten, deuten an, das es so wie bisher nicht mehr lange weiter gehen kann ... und spätestens seit 2008/2009 ist das auch in der breiten masse angekommen, und die frage nach der ungerechten vermögensverteilung, steigende armut auch im reichen westen, trotz stets steigenden bip's könnte vielleicht eine für die superreichen und system-profiteure unangenehme fragen und breite systemkritik in der mehrheitsgesellschaft bewirken können - die vielleicht wirklich mal was verändern könnte. mit diesen polarisierungen und in kleine gruppen zersplittert, kann macht viel besser manipulieren und steuern.


QuoteBeeeeerliner #7

Das postfaktische Zeitalter treibt interessante Blüten. Sicher haben vielleicht auch homosexuelle Kinder von Einwanderern das Bedürfnis, sich selbst über die Ablehnung anderer und über die Ausgrenzung von Minderheiten zu definieren, denen man selbst gerade nicht angehört.
Es bleibt aber dämlich, weil Spaltung nicht die Grundlage einer Gesellschaft sein kann. ...


QuoteFrau54 #7.4

Ja, das empfinde ich genauso. Ein weiteres Beispiel dafür ist die "Brexit-Abstimmung" in GB. Die Leute haben aus den unterschiedlichsten Gründen "Leave" gestimmt, finden sich jetzt aber alle als Teil eines "Lagers" behandelt.
Wegen der größeren Spannweite von Wahlmöglichkeiten ist es bei uns nicht so ausgeprägt, aber die Versuchung ist schon groß, jemanden wegen der Äußerung zu einem bestimmten Thema gleich einem bestimmten Weltbild zuzuordnen.
Mit der Komplexität unseres Menschseins sind wir halt schnell überfordert.....


QuoteGMsecondbest #14

Eine manchmal ins aberwitzige kippende PC-Kultur, ein übersteigerter Multikultiwahn, irrationaler Extremfeminismus., die immer wieder erkennbare Doppelmoral von links (überspitzt:konservativ, homophob, patriarchalisch und deutsch=böse; konservativ, homophob, patriarchalisch und fremd=kulturbereichernd) schaffen erst die Angriffsfläche die solch ein Demagoge genüsslich zu nutzen weiß. Die Gräben in den Gesellschaften werden dadurch weltweit immer größer. Eine gefährliche Entwicklung.

Quote
vincentvision #14.1

Ach Gott, GMsecondblast, hören Sie doch auf mit Ihrem Opfergetue der typischen Rechten, wonach immer die anderen - die angeblich linke Übermacht, die linksgesteuerte Meinungsdiktatur und ähnlicher Blödsinn - schuld ist am eigenen Fehlverhalten und der Aufgabe menschenfreundlichker und toleranter Prinzipien.



QuoteFrauHuber #16

Na hoffentlich bleibt es beim Schweineblut und wir landen nicht mal wieder bei der Logik "nur ein toter xy ist ein guter xy".


QuoteThe Dead Parrot #21

Gestern Thiel, heute Yiannopoulos. Ist das nicht fast schon wieder diskriminierend, wenn wir von Schwulen fordern, dass sie sich nicht auch für "das Böse" einsetzen dürfen? Müssen denn Schwule den ganzen Tag als Doppelverdienerehepärchen in kreativen Berufen und im stylischen Loft den ganzen Tag den Body pflegen bevor sie die Welt retten? Welches Weltbild vertritt man eigentlich, wenn man einen Schwulen immer nur in einer bestimmten politischen Ecke verorten möchte?...

Quotekeats #21.2

Sie haben Recht. Yiannopoulos ist nicht besser, weil er schwul ist. In Belgien gab es mal ne tolle Werbung zur Inklusion Behinderter: man sieht einen Mann , der über Schwule, Schwarze und Frauen herzieht. Dann sieht man, dass er im Rollstuhl sitzt. Und dann der Text "Ja, er ist behindert, aber vor allem ein Trottel."
Touché ;-)



...


Aus: ""Wann hören Homosexuelle endlich auf, Demokraten zu wählen?"" Kerstin Kohlenberg, New York (2. November 2016)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/ausland/2016-11/us-wahl-donald-trump-extreme-rechte-jugendkultur-breitbart-milo-yiannopoulos/komplettansicht (http://www.zeit.de/politik/ausland/2016-11/us-wahl-donald-trump-extreme-rechte-jugendkultur-breitbart-milo-yiannopoulos/komplettansicht)

Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 23, 2016, 10:14:10 AM
Quote[...] Was bei der Diskussion um das Wahlverhalten der einkommensärmsten Gruppen gerne vergessen wird: In den USA wie in Deutschland gehen die »Abgehängten«, die Ärmsten der Armen, meist gar nicht zur Wahl. So sinkt etwa in Deutschland die Wahlbeteiligung seit 40 Jahren kontinuierlich, allerdings nicht in allen Statusgruppen im gleichem Maße, sondern vor allem bei Menschen aus der Unterklasse. In den USA kommt erschwerend hinzu: Eine beträchtliche Zahl an Menschen sind vom Wahlrecht ausgeschlossen, weil sie Probleme mit der Strafjustiz hatten. So durften in Swing States wie Virginia und Florida 30 bis 40 Prozent der schwarzen Männer gar nicht erst wählen. Der absolute Anteil der Stimmen aus der Unterklasse für Trump dürfte angesichts einer in den USA ohnehin traditionell relativ niedrigen Wahlbeteiligung äußerst gering sein.

Doch wenn die Erklärung nach der Polarisierung zwischen Arm und Reich unzureichend ist, um Trumps Sieg zu verstehen, was polarisiert sich denn gerade? Diese Frage stellen sich Linke auch mit dem Aufstieg der AfD in Deutschland und angesichts der Flüchtlingsdebatte, die seit über einem Jahr läuft.

Einer Antwort kommt man bei der Analyse des zurückliegenden Präsidentschaftswahlkampfs näher. Clinton war nicht nur die Kandidatin des politischen Establishments, sondern auch - wenngleich als kleineres Übel - eines tendenziell jüngeren kosmopolitischen urbanen Bürgertums; derer, die in den großen Städten an den Küsten leben, weltweit vernetzt und gesellschaftspolitisch liberal gesinnt sind, jener Postmaterialist_innen, die sich nicht so sehr für materielle Fragen interessieren müssen. In Städten mit über 50.000 Einwohner_innen holte Clinton 59 Prozent, Trump hingegen lag in Kleinstädten und ländlichen Gebieten mit 62 Prozent der Stimmen vorne.

Doch Trump ist in erster Linie Präsident derjenigen, die zum einen Sorge haben, ökonomisch weiter Schritt halten zu können, und sich zum anderen kulturell abgehängt fühlen.

Es sind Wähler_innen mit niedriger bis mittlerer formaler Bildung, mit Hang zu Nationalismus, Rassismus, Antifeminismus, die sich gegen Minderheitenrechte, gegen Einwanderung, gegen den weiteren Kampf für Geschlechtergerechtigkeit einsetzen. Clinton gegen Trump: Das war auch ein Kampf von Diversity gegen Monokultur - ein Kampf, der nicht nur in den USA stattfindet.

Der Soziologe Andreas Reckwitz spricht in diesem Zusammenhang von einem weltweiten Widerstreit zweier kultureller Orientierungen. Es gebe auf der einen Seite »eine historisch außergewöhnliche kulturelle Öffnung der Lebensformen«: Geschlechternormen werden in Frage gestellt, und Lebensstile differenzieren sich aus. Dieses kosmopolitische Milieu ist hochindividualisiert und feiert die Selbstentfaltung und die Kreativität. Wir treffen es in den Metropolen dieser Welt, keineswegs nur an den Küsten der USA und in europäischen Hauptstädten, sondern auch in Beirut, Istanbul und Jakarta. Demgegenüber beobachtet Reckwitz - ebenfalls weltweit - Tendenzen der »kulturellen Schließung von Lebensformen, in denen eine neue rigide Moralisierung wirksam ist«. Diese Schließung sei kollektivistisch in einem identitären Sinne; Reckwitz zählt Nationalismus und Rechtspopulismus ebenso wie religiösen Fundamentalismus zu der Strömung der Kulturessenzialisten.

Dieser Kulturkrieg dürfte tatsächlich die entscheidende Polarisierung dieser Tage sein, eine Polarisierung, die auch von Teilen der Linken mitgetragen wird: Wirtschaftliberale, Sozialdemokraten, linksliberale Akademiker_innen bilden eine Front gegen die Bedrohung durch die Rechten und Fundis. In diesem kulturellen Bürgerkrieg bewegen sich Liberale wie Rechte im Rahmen der Kulturalisierung. Es ist ein Rahmen, in dem Emotionen eine größere Rolle spielen als Fakten. Doch die Wahl von Trump zeigt auch: Neben dem Kulturkrieg gibt es durchaus »rationale« Erwägungen für Teile der Arbeiterklasse, es mal mit Trump zu versuchen.

Trumps Erfolg in den Swing States am Rostgürtel, der ältesten Industrieregion der USA an den großen Seen, ist dafür bezeichnend. Dort leben die Reste des fordistischen Industrieproletariats, die entweder bereits in den vergangenen Jahrzehnten sozial abgestiegen sind oder sich zumindest um ihren erkämpften Besitzstand sorgen. Speziell für Industriearbeiter_innen im produktionsnahen Bereich können nationalistische Antworten auf ihre Problemlagen durchaus plausibel sein. In der Fabrik kommt ein festangestellter Arbeiter aufgrund der Vervielfältigung der prekären Arbeitsverhältnisse häufig in Kontakt mit Menschen, die zwar die gleiche Arbeit leisten, aber viel schneller je nach konjunktureller Lage entlassen werden können oder deutlich weniger Lohn erhalten. Der drohende Abstieg betritt personifiziert in Gestalt der Zeitarbeiterkollegen in jeder Pause die Kantine. Dass diese Abstiegsangst vor allem bei den Resten des Industrieproletariats rassistisch gewendet werden kann, hat zwei Gründe: Erstens finden vor allem im Industriebereich Standortverlagerungen statt. Das protektionistische Angebot eines Donald Trump kann bei denen wirken, deren früherer Arbeitsplatz sich jetzt in Mexiko oder Südostasien befindet - oder die sich um eine Verlagerung der Produktion ihres sogenannten Arbeitgebers sorgen.

Zweitens hat sich zwar die Ungleichheit zwischen oben und unten in den vergangenen Jahrzehnten zugespitzt, gleichzeitig hat die vertikale ökonomische Ungleichheit anhand von Geschlecht und »Ethnie« zumindest gefühlt abgenommen. So haben etwa Frauen, »ethnische Minderheiten« und Migrant_innen zu Zeiten des weiß-männlichen Ernährermodells der 1950er- und 1960er-Jahre in den einstigen Industriestaaten aufgeholt - eben auch durch Kämpfe von Linken und Liberalen insbesondere nach 1968. Das hat den Druck auf die etablierten höheren Fraktionen der Arbeiterklasse verstärkt. Kulturkonservatismus und tief verankerter Rassismus treffen hier auf verschärfte Konkurrenzprinzipien im Kapitalismus.

So kommt die explosive Mischung zusammen: Der rechte Kulturkampf und die berechtigten materiellen Sorgen von Teilen der Arbeiterklasse bilden eine ausgezeichnete Grundlage für eine reaktionäre Verarbeitung von Abstiegsängsten. Reaktionär sind diese, da sich nach einer Zeit zurückgesehnt wird, in der die eigene Stellung unter den Ausgebeuteten im Vergleich zu den anderen Ausgebeuteten besser war; reaktionär sind sie auch, weil sie letztlich nur eine Krisenverarbeitung innerhalb des neoliberalen Paradigmas sind. Nicht Kämpfe um höhere Löhne, gegen prekäre Beschäftigungsverhältnisse, für Umverteilung stehen auf der Tagesordnung, sondern der Kampf gegen andere Gruppen, die sich auf dem nationalen - und weltweiten - Arbeitsmarkt wiederfinden. Trump hat es bestens verstanden, diese Nachfrage zu bedienen.


Aus: "Kulturkampf und soziale Frage" 
Sebastian Friedrich (ak - analyse & kritik - zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 621 / 15.11.2016)
Quelle: https://www.akweb.de/ak_s/ak621/42.htm (https://www.akweb.de/ak_s/ak621/42.htm)

Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 25, 2016, 08:07:21 AM
Quote[...] Es ist an der Zeit zu erkennen, dass der Populismus seine Wucht nicht aus Armut, sondern aus dem gefühlten Verlust der Identität zieht. Unsere Zeit widerlegt den alten Spruch von Bill Clinton, der vor zwanzig Jahren eine Epoche markierte: "It's the economy, stupid." Heute spielt die Ökonomie eine immer geringere Rolle, dafür aber gilt: "It's the culture, stupid!"

... Natürlich interpretieren die Ressentimentbeladenen in jedem Nationalstaat ihre Identität ein bisschen anders, aber ihre Meinung ist einhellig über die metrosexuellen Latte-Macchiato-Bewohner der Metropolen mit ihren unverständlichen, meist englischsprachigen Obsessionen, ob LGBTQ, Gendermainstreaming, Refugees welcome, Veggie days, Climate change oder der vierfachen Mülltrennung mit separatem Komposttütchen.

...  Das Problem der Volksparteien ist, dass sie sich im Zuge ihrer eigenen Modernisierung mit diesen Themen so verheiratet haben, dass ihnen der Zugang zur Pizzeria oder zur Raucherkneipe in der Provinz mit Bockwurst und Bommerlunder immer schwerer fällt. Dort werden Themen verhandelt, die den aufgeklärten Metropolenbewohner schaudern lassen: zu viel Islam, zu viele Asylanten, zu viele Einwanderer ins Sozialsystem, zu viele Einbrecher vom Balkan, zu wenig Polizei, zu wenig Kontrolle an den Grenzen, in einem Wort: Staatsversagen.

Mit Geld allein kommt man in diese Kneipen nicht mehr rein. Leider entscheiden die Menschen zunehmend gegen ihr ökonomisches Interesse. Sie rechnen nicht mehr. Im britischen Cornwall, das weitgehend von EU-Subventionen abhängt, stimmten die Bewohner mit großer Mehrheit für den Brexit. Vernunft ist ein Konzept der Vergangenheit. Jetzt kommt die Ära der Emotionen.

...


Aus: "Es ist die Kultur, Dummkopf!" Eine Kolumne von Michael Thumann (25. November 2016)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/2016-11/populismus-volksparteien-afd-rentenerhoehung-polen-5vor8/komplettansicht (http://www.zeit.de/politik/2016-11/populismus-volksparteien-afd-rentenerhoehung-polen-5vor8/komplettansicht)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 26, 2016, 01:13:08 PM
Quote[...] Der Mann, der ihr Chef hätte werden sollen, ein Schweizer, druckst rum und sagt schließlich: Er müsse ihr leider absagen, wegen "interkultureller Differenzen". In diesem Moment, sagt Wagener, sei bei ihr "der Groschen gefallen". ... Die "Deutschen"-Debatten gipfelte darin, dass sich die kantonale Zürcher Integrationsförderung bemüßigt sah, die Deutschen mit einer Plakatkampagne zu helvetischer Zurückhaltung zu erziehen. ...

Quote
kategorien #1.1

Deutsche gelten in der Schweiz zunehmend als "Ausländer" und die, welche den Bio-Schweizern die Arbeitsplätze wegnehmen, unter anderem, nun ja, weil viele Deutsche in die Schweiz zogen, um leere Arbeitsplätze zu besetzen, oder? Es nimmt mitunter absurde Züge an, etwa, wenn Deutsche in der Schweiz arbeiten und in Grenznähe auf deutscher Seite wohnen. Was ich da schon alles an Geschichten gehört habe. Wohlgemerkt, viele besser bezahlte und gut ausgebildete Leute mit "Traumgehältern".
...


QuoteZweit-Nörgler #1.2

Deutsche SIND in der Schweiz Ausländer, viele Deutsche - und das ist die große Ursache - tun so, als ob die Schweiz eine deutsche Provinz oder Kolonie wäre (in der man wie in "Deutsch-Südwest" mit der Kavallerie der Urbevölkerung mal zeigt, "wo es lang geht"), viele Deutsche wirken (und sind) einfach überheblich, kapieren nicht und nie, dass es einfach kulturelle Unterschiede gibt, die gibt es auch innerhalb Deutschlands. Viele kapieren einfach nicht, dass ein Auftreten, eine Wortwahl die in Norddeutschland normal und höflich ist, im Süden unhöflich, distanzlos, aufdringlich oder anders abschreckend wirken kann, umgekehrt gilt dies natürlich genauso.
Und das mit "Ausländern" ist doch ein schönes Beispiel. Deutsche SIND in der Schweiz (und in Österreich) Ausländer, sie kapieren es aber nicht, sie akzeptieren es nicht. Und genau schon diese "typisch deutsche" Ignoranz vergrößert "dieses Problem" noch zusätzlich.


QuotePurple Overkill #5

Nun, so fühlt sich das Leben als Wirtschaftsmigrant nunmal an. Die Leistung, die man erbringt ist willkommen, man selbst ist es nicht, hinzu noch wenn man schlecht integriert ist, was uns Deutschen leider in den deutschsprachigen Nachbarländern recht häufig geschieht.


Quotedenkbar123 #6

Zuwanderer, die Einheimischen die Löhne versauen, und Wohnraum verteuern sind überall nicht sonderlich beliebt - ähnlich wie bei Streikbrechern.


QuoteSonneAmFenster #16

Viele Deutsche haben eine naive Vorstellung von der Schweiz und meinen, man würde sie dort mit offenen Armen empfangen. Die Schweizer sind sehr eigen und stehen den Deutschen reserviert gegenüber. Viel reservierter als beispielsweise die Österreicher. Das muss endlich in den Köpfen der Menschen hierzulande einsickern. Sonst kommt irgendwann das böse Erwachen, wie im Artikel beschrieben.


QuoteSuebe333 #16.1

Es macht ja jeder so seine eigenen Erfahrungen. Deutsche sind auch in vielen Dingen sehr eigen. Ich zb. bin viel in der Welt herumgekommen. Und es gab oft Situationen, die waren für mich völlig normal. Aber für mein Gegenüber nicht. Auch in geselligen Runden mit Menschen aus allen möglichen Ländern fiel das auf. Als Deutscher fällst du immer irgendwie aus dem Rahmen. Oft ohne es zu bemerken.

Ich kenne auch die Schweiz ganz gut. Bei denen waren früher die "Jugos" das Objekt der Ablehnung. Noch vor den Duitschen. Seit einigen Jahren aber richtet sich deren Fremdenh...argwohn sehr stark vor allem gegen Deutsche. Egal wie gut die sich versuchen anzupassen. Ein Freund von mir musste in den vier Jahren dort 3 mal umziehen, weil es von den Nachbarn im Haus massives Mobbing gegen die "deutsche Familie" (wie man sie verächtlich nannte) gab. Die einzigen Freunde die man hatte, waren die dem gemeinsamen Hobby wegen.
Ich mag die Schweizer eigentlich und bewundere auch deren Gelassenheit. Aber der offen ausgetragene Fremdenh..argwohn, der erinnert stark an einen bestimmten Landstrich in Deutschland


Quotenigromontanus #17

Ist doch das gute Recht der Schweizer, sich kritisch mit den Menschen auseinanderzusetzen, die in ihr Land kommen. Unsensible Menschen, die nicht bemerken, daß man ein Bier auch mit ruhiger Stimme bestellen kann, sind nirgends wirklich gerne gesehen.


Quote
Nichtkonform #20

Meine Erfahrungen mit Schweizern sind eigentlich eher positiv. Sicher, viele sind stolz und etwas eigen in ihrer Art aber wenn man sie etwas besser kennt, richtig nette Leute. Wir hatten viel Spaß zusammen.

Ich hab für mich festgestellt, dass viele Leute einen erst mal ablehnen oder kritisch gegenüberstehen, egal ob Schweizer, Amerikaner, Pole oder sonst was aber ich würde mich deswegen nie verbiegen und versuchen es allen recht zu machen. Man ist wer man ist und das sollte man nicht verleugnen. Ich überzeug dann lieber auf Augenhöhe.

Und mal ganz ehrlich, Ablehnung erfährt man in jeden Land. Das erfahren auch viele hier. Ich hab mal einen Franzosen kennengelernt, der hat überhaupt nichts von Deutschen bzw. von mir gehalten, ein altes nationalistisches Raubein eben. :p Am Ende war er aber echt in Ordnung und wir hatten viel gemeinsam. Er hat es mir auch nicht übel genommen, dass ich den blöden Kuss abgeblockt habe, weil ich das nicht leiden kann, er hat nur gelacht.

Für ein paar Amerikaner bin ich immer noch der Kraut und für einige Polen der Nazi und trotzdem verstehen wir uns richtig gut.

Ich will damit nur sagen, man wird sehr oft nicht gleich überfreundlich begrüßt oder ist willkommen und trotzdem kann man sich seinen Platz verdienen, wenn man genug Courage hat.

Meine Meinung :)


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Aus: "Migration: Und Tschüss!" Aline Wanner und Sarah Jäggi  (21. November 2016)
Quelle: http://www.zeit.de/2016/48/migration-schweiz-deutschland-job-heimat-fremdsein/komplettansicht (http://www.zeit.de/2016/48/migration-schweiz-deutschland-job-heimat-fremdsein/komplettansicht)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 12, 2016, 02:44:12 PM
Quote Gehad Mazarweh (75) ist Palästinenser aus Israel. Er arbeitet als Psychoanalytiker, Dozent, Supervisor und Lehrananlytiker in Freiburg. Dort betreibt er seit vielen Jahren auch eine psychoanalytische Ambulanz für Migrantinnen und Migranten. ... Gehad Mazarweh ist einer der wenigen Psychoanalytiker aus dem arabischen Raum. Über die Macht der Familie und den politischen Auftrag seiner Wissenschaft

STANDARD: Weltweit gibt es nur eine Handvoll arabischer Psychoanalytiker. Sie sind einer davon. Warum wird die Psychoanalyse dort nicht gepflegt?

Mazarweh: Psychoanalyse ist eine europäische Wissenschaft, zu der die Menschen in den arabischen Ländern keine Beziehung haben. Das ist nicht wie Physik oder Medizin, die es auch in der arabischen Welt gab, Wissenschaften, von denen die Menschen eine Vorstellung haben. Es existiert auch keine psychoanalytische Ausbildung vor Ort. Daher gibt es kaum Psychoanalytiker aus der Region, die meisten leben im Ausland. Die wenigen, die in ihren Ländern praktizieren, kämpfen um ihre Existenz. Sie können in Ägypten, Syrien oder dem Libanon nicht davon leben. Die Leute in Afrika und im arabischen Raum gehen nicht zur Psychoanalyse.

STANDARD: Warum ist das so?

Mazarweh: Psychoanalyse beschäftigt sich mit den intimsten Bereichen des Lebens. Die meisten Muslime haben nicht gelernt, diese Intimität preiszugeben. Deswegen kommt eine Wissenschaft, bei der darüber gesprochen wird, in diesen Ländern kaum infrage. In der Psychoanalyse dreht sich viel um Sexualität. Je mehr die mit Scham besetzt ist, desto schwieriger wird das Gespräch darüber.

STANDARD: Viele psychische Leiden haben ihren Ursprung in der Familie. Wird die kritische Beschäftigung mit ihr als Verrat empfunden?

Mazarweh: Wir Araber sind Stämme, Stämme bestehen aus Sippen, Sippen aus Familien. Die Mitglieder dürfen nichts über ihren Stamm verraten oder erzählen, was diesen beschädigen oder diskriminieren könnte. Was immer die Familie gefährdet, bekämpfen wir und schließen wir aus. Zwischen den Mitgliedern arabischer Familien gilt: Ich gebe dir alles, will aber alles dafür haben. Die Familie verlangt eine Ordnung, nach der sich alle richten. Sie will, dass man nichts tut, was ihr schadet, sie nicht belügt und verrät. Vor allem will sie bedingungslosen Respekt vor Vater und Mutter. Vieles davon schränkt die Menschen ein. Aber sie bekommen soviel zurück, dass sie das in Kauf nehmen.

STANDARD: Gibt es auch einen "offiziellen" Widerstand in arabischen Ländern gegen die Aufklärung durch die Psychoanalyse?

Mazarweh: In rigiden gesellschaftlichen Systemen, wie sie in allen arabischen Ländern bestehen, ertragen die Führer keine Aufklärung, die sie als falsche Patriarchen infrage stellt. Gesellschaften, für die Tradition maßgebend ist, weil sie Sicherheit gibt, betrachten Aufklärung als Gefahr. Wenn sie als "Orientale" europäisch aufgeklärt werden, empfinden sie das als fremd. Das Problem heutiger Aufklärung sehe ich darin, dass sie von Leuten betrieben wird, die glauben, etwas Besseres zu sein. Unsere orientalische Erfahrung mit Kolonialismus, Erniedrigung, Entwertung und Verachtung lässt uns Aufklärung so verstehen, dass wir uns entweder unterordnen müssen – oder rebellieren.

STANDARD: Sie sagten einmal, dass viele Araber emotional Beduinen geblieben sind. Was bedeutet das für ihre Integration in Europa?

Mazarweh: Es ist entscheidend, zu akzeptieren, dass sie Beduinen sind. Die meisten Araber lebten geografisch in Stämmen in der Wüste. Jeder Stamm hat dafür gesorgt, dass seine Grenze gewahrt blieb, weil sonst ein Schaf das Wasser vom Brunnen des anderen getrunken hat. Da gab es Mord und Totschlag. Es musste eine gut funktionierende interne Struktur hergestellt und verteidigt werden. Die männlichen Mitglieder bezogen ihre Identität und ihren Selbstwert aus dem Stamm und sorgten dafür, dass sein Ruf gut blieb. Das hält das patriarchale System am Leben. Diese Identifikation, dieses Wir-Gefühl im Stamm gibt Macht und Kraft gegenüber anderen. Solche Strukturen wurden über hunderte Jahre aufrechterhalten, wir haben sie verinnerlicht. Sie haben für unsere Psyche eine große Bedeutung.

STANDARD: Sie beschreiben als Psychoanalytiker auch den Zusammenhang zwischen Selbsthass und dem Hass auf andere Menschen.

Mazarweh: Ein Mensch, der in einem gewaltvollen Milieu großgeworden ist, hat nichts anderes gelernt, als Konflikte gewaltsam zu lösen. Wer einmal Opfer von Gewalt war, wird gewalttätig. Umgekehrt haben Liebenswürdigkeit und Interesse gegenüber den Mitmenschen mit Liebe und Interesse an uns selber zu tun. Wer positive Gefühle sich selbst gegenüber hat, empfindet sie auch anderen gegenüber. Verachtung ist Selbstverachtung, Hass ist Selbsthass.

STANDARD: Welche Funktion haben Feindbilder in diesem Gefüge?

Mazarweh: Menschen, die an einem Unwertgefühl leiden und ihre Ängste nicht wahrhaben wollen, brauchen Feindbilder. Denn auf sie kann man alles projizieren, was schlimm und gesellschaftlich verwerflich ist. Wir brauchen jemanden, auf den wir unsere negativen Seiten projizieren können, ohne dass sie uns gefährlich werden. Wir denken, dass uns alles, was wir nach außen zeigen, von anderen weggenommen werden kann. Das macht uns Angst. Doch was projizieren wir damit eigentlich auf unsere Mitmenschen? Dass wir im Grunde selbst wollen, was sie haben. Dazu kommt, dass das Wir-Gefühl, das Menschen suchen, in der Wettbewerbsgesellschaft nicht entstehen kann, weil jeder gegen jeden konkurriert, jeder jedem Feind ist. Also braucht man ein gemeinsames Außen. Die Zugehörigkeit zu einem Stamm, zu einer Klasse, ist sehr wichtig für unsere Identität und Identifikation, für das Wir-Gefühl. Wird es durch Fremde, durch "Eindringlinge", bedroht, dann rebellieren wir. Wir wollen diese Gefahren nicht nur fernhalten, sondern ausrotten. So entsteht Angst und Hass gegen Menschen, die wir noch nie gesehen haben.

STANDARD: Sie arbeiten mit Folteropfern und traumatisierten Patienten. Was bringt es denen, sie an den Ursprung des Traumas zu führen?

Mazarweh: Das Leben beginnt mit dem Geburtstrauma. Es beeinflusst uns, bis wir sterben – auch wenn wir es nicht merken. Auf diese Erfahrung baut die psychoanalytische Arbeit auf, sie hat deshalb bei Traumatisierung einiges zu sagen. Wir versuchen in der Analyse, den Spuren des Traumas nachzugehen. Oft landen wir in der frühen Kindheit oder Jugend, wo die traumatischen Ereignisse stattfanden. Der Patient hat panische Angst davor, dass sich dieses Ereignis wiederholt, er die Kontrolle über seine Gefühle verliert und verrückt wird.
Wenn wir zurückgehen an den Ursprung, muss der Patient sicher sein, dass ich ihn nicht alleine lasse. Er erkennt dann, dass er nicht mehr auf die gleiche Weise traumatisiert werden kann, weil er nicht mehr die kleine schwache Person von damals ist. Das setzt aber voraus, dass der Analytiker keine Angst hat. Für die Behandlung von Traumapatienten braucht man Hingabe, man muss eine Art "tropische Atmosphäre" erzeugen, in der sich Analytiker und Analysand sehr nahe kommen können.

STANDARD: Vor dieser Nähe warnen manche Analytiker. Wie viel Neutralität braucht die Psychoanalyse?

Mazarweh: Ich bin überzeugt, dass Psychoanalyse und Neutralität nicht vereinbar sind. Ich hatte einmal eine Patientin, die Opfer grausamster sexueller Folter war. Nach einiger Zeit vertraute sie mir an, dass ihr Mann entführt wurde, sie wusste nicht, von wem und wohin. Und während sie ihr Kind in den Kindergarten brachte, explodierte eine Bombe. Als sie zu sich kam, hatte sie nur mehr die Hand des Kindes in ihrer Hand. Wenn hier ein Analytiker der Patientin nicht zumindest das Gefühl vermittelt, dass er sie umarmen möchte, kann ich ihm nur empfehlen, sich einen anderen Beruf zu suchen.

STANDARD: Hat die Psychoanalyse also einen politischen Auftrag?

Mazarweh: Wir haben die Psychoanalyse verraten – und ich stehe zu jedem Buchstaben. Wir leben in einer krankmachenden Gesellschaft, die Menschen unterdrückt, verfolgt, zerstört. Diese Gesellschaft macht ihre Mitglieder kaputt, und die machen ihre Kinder kaputt. Es geht nicht darum, Patienten zu trösten wie eine verwitwete Frau. Es geht darum, dass wir mit den Leuten mitgehen auf die Straße, um Ungerechtigkeit, Diskriminierung und Frauenentwertung zu verurteilen und dagegen zu kämpfen. Psychoanalyse hat einen politischen Auftrag. Sie ist ein Stück Revolution, das nur Revolutionäre machen können. Nicht Leute, die sich an Elend und Routine gewöhnt haben. Der Methodenstreit ist ein Streit um des Kaisers Bart. Damit versteckt man sich vor den wichtigen Fragen, vor dem, was wir wagen sollten: Die Gesellschaft, die aus Ungerechtigkeit, Unterdrückung und Diktatur besteht, zu konfrontieren. Die gesellschaftlichen Verhältnisse müssen die Grundlage unserer Arbeit sein, nicht nur der Triebwunsch und all das.

STANDARD: Krankenkassen weigern sich aber zunehmend, die oft Jahre dauernden Analysen zu fördern.

Mazarweh: Der Grund, warum die Kassen nicht zahlen, ist doch der: Weil sie Angst vor unserer Arbeit haben, entwerten sie uns. Die deutsche Kasse bezahlt 300 Stunden. Manche Psychotherapeuten halten jede Analyse, die mehr als 25 Stunden dauert, für Blödsinn. Ich brauche mindestens 25 Stunden, um zu verstehen, was für eine Person da vor mir sitzt und warum sie jetzt da sitzt. Wenn Psychoanalyse nicht mehr gefördert wird, wäre das ihr Ende. Wer kann das privat bezahlen? Das ist Klassenmedizin in der reinsten Form.

(Lisa Mayr, 11.12.2016)


Aus: "Arabischer Psychoanalytiker: "Wir-Gefühl gibt Macht"" Interview: Lisa Mayr (11. Dezember 2016)
Quelle: http://derstandard.at/2000048953420/Arabischer-Psychoanalytiker-Wir-Gefuehl-gibt-Macht-und-Kraft (http://derstandard.at/2000048953420/Arabischer-Psychoanalytiker-Wir-Gefuehl-gibt-Macht-und-Kraft)

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Quotesaurewurst, 11. Dezember 2016

für mich ist psychoanalyse aufklärung und religion zugleich.
gutes interview - danke


QuoteReaktion1, 11. Dezember 2016

"Dazu kommt, dass das Wir-Gefühl, das Menschen suchen, in der Wettbewerbsgesellschaft nicht entstehen kann,...."

bedauerlich, aber wahr! Aldous Huxley schrieb in seinem Roman "Brave New World", dass der moderne Mensch gut genährt, gut gekleidet und sexuell befriedigt ist, jedoch ohne Selbst.


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Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 11, 2017, 10:02:29 AM
Quote[...] Schulen dürfen von Schülerinnen verlangen, dass sie am Schwimmunterricht teilnehmen, auch wenn ihre Eltern darin einen Verstoß gegen religiöse Vorschriften sehen. Das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) am Dienstag im Fall zweier Mädchen aus der Schweiz entschieden. Bußgeld drohte Die Eltern der Mädchen, fromme Muslime aus Basel, sahen sich in ihrem Recht auf freie Religionsausübung verletzt, weil die Schule der Mädchen den beiden Schülerinnen keine Ausnahme von der Teilnahmepflicht am Schwimmunterricht gewähren wollte. Die Eltern, türkische Staatsangehörige, sollten Bußgeld zahlen, wehrten sich aber dagegen, indem sie juristische Mittel ergriffen. Da sie in der Schweiz damit scheiterten, gingen sie zum Straßburger Gericht – und verloren abermals. In einer einstimmigen Entscheidung stellte der Gerichtshof fest, dass der Eingriff in die Rechte der Eltern einem legitimen Zweck diene – und zwar dem Schutz der Mädchen vor sozialer Exklusion. Im Schwimmunterricht, so das Gericht, gehe es nicht nur ums Erlernen der Schwimmtechnik, sondern auch um eine gemeinsame Aktivität mit den anderen Kindern. (sterk, 10.1.2017)


Aus: "Gericht: Keine Schwimmbefreiung für muslimische Mädchen" (10. Jänner 2017)
Quelle: http://derstandard.at/2000050477039/Gericht-Keine-Schwimmbefreiung-fuer-muslimische-Maedchen (http://derstandard.at/2000050477039/Gericht-Keine-Schwimmbefreiung-fuer-muslimische-Maedchen)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 28, 2017, 09:49:11 AM
Quote[...] Saleem Haddad: Guapa. Roman. Aus dem Englischen von Andreas Diesel. Albino Verlag. Berlin. 392 S.

Saleem Haddad wurde 1983 in Kuwait-Stadt geboren und lebt heute in London. ... Mit dem Prinzip des ,,eib" und der Ablehnung von Homosexuellen in der arabischen Welt kennt Saleem Haddad sich aus. Der heute in London lebende und auf Englisch schreibende schwule Autor kam 1983 als Sohn einer irakisch-deutschen Mutter und eines libanesisch-palästinensischen Vaters in Kuwait-Stadt zur Welt, wuchs in Zypern und Jordanien auf. Zum Studieren ging er – kurz vor den Anschlägen des 11. Septembers 2001– nach Kanada. Seine damaligen Erfahrungen haben Spuren im mittleren ,,Guapa"-Kapitel hinterlassen, das von Rasas Studienjahren in Amerika handelt. Er hofft, dort endlich seine Homosexualität erkunden zu können, doch nach den Terroranschlägen wird sein Arabischsein zum alles dominierenden Aspekt seiner Identität. Rasa, der die westliche Popkultur verehrt, über dessen Bett ein Poster von George Michael hängt, wird vom einen Tag auf den anderen als verdächtiger Fremder behandelt. ,,Ich wollte mir die Haut abschaben, meinen Namen, meinen Akzent, alles, nur um diese argwöhnischen Blicke abzuwenden."

Wie sich Rasa in dieser ihm aufgezwungenen Beschäftigung mit seinen kulturellen Prägungen zwischen Selbsthass zu wachsender Selbstbehauptung bewegt, gehört zu den stärksten Passagen von Saleem Haddads Buch. Die Projektionen, die der Protagonist auslöst, spiegeln sich besonders eindrucksvoll in einer längeren Episode mit seinem Kommilitonen Sufyan, einem Amerikaner aus einer arabischen Familie. Rasa verknallt sich in den schönen langhaarigen Mann mit dem Lippen-Piercing. Die beiden freunden sich an, doch irgendwann wirft Sufyan ihm vor, verwestlicht zu sein, weil er Autoren wie Gramsci und Marx liest, Jeans und T-Shirt trägt. ,,Du wurdest quasi kolonisiert, Mann", sagt er. Seine eigenen Widersprüche sucht Sufyan später als Mitglied eines muslimischen Vereins aufzulösen.

Der radikale Islam und sein Versprechen ideologischer Eindeutigkeit gewinnen schließlich auch in Rasas Heimat an Einfluss. Geschickt kondensiert Saleem Haddad verschiedene jüngere Entwicklungen im Nahen Osten zu einem prototypischen Setting: Schon seit Langem von einem Diktator regiert, kommt es in dem namenlosen Land während des Arabischen Frühlings zu Demonstrationen, auf die das Regime mit Härte reagiert. Bald dominieren Islamisten die Opposition und die gemäßigteren Protestierer ziehen sich zurück. Zu ihnen gehört auch Rasa, der völlig desillusioniert in einem Übersetzerbüro arbeitet und ausländischen Journalistinnen hilft.

Die Perspektiven, die Haddad für Rasas Land und seine Liebe zeichnet, sind wenig optimistisch. Etwas Hoffnung bringt ausgerechnet die fragilste Figur des nach einem queeren Untergrundclub benannt Romans: der feminine Schwule Maj, ein Freund Rasas aus Schulzeiten. Schon damals konnte er sein Anderssein nicht verbergen, steckte Schläge und Gelächter weg. Das war offenbar eine gute Vorbereitung auf die post-revolutionäre Gegenwart, in der sich Maj als einer der wenigen Nicht-Islamisten weiterhin traut, zu demonstrieren und Unrecht zu dokumentieren. Der Mut der Marginalisierten – Haddad idealisiert ihn nicht. Aber immerhin gibt er Maj das letzte Wort seines Romans. Dass Maj am Ende nicht tot in einer Gefängniszelle liegt, sondern als selbstbewusster queerer Araber spricht, ist ein starkes, ermutigendes Zeichen.


Aus: "Mein heimlicher Geliebter" Nadine Lange (27.03.2017)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/berlin/queerspiegel/neuer-roman-mein-heimlicher-geliebter/19572468.html (http://www.tagesspiegel.de/berlin/queerspiegel/neuer-roman-mein-heimlicher-geliebter/19572468.html)

Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 28, 2017, 10:28:25 AM
Quote[...] Eine lesbische Erzieherin verliert ihren Job in einem Kinderhort, weil sie ihre Freundin heiratet. Einer anderen wird gekündigt, weil sie in ihrer Freizeit Pornos dreht. Zu recht, wie am Dienstag das Landesarbeitsgericht in München im Fall ,,Julia Pink" urteilte.

Zwei aktuelle Fälle, in denen Angestellte kirchlicher Sozialwerke – der katholischen Caritas und der evangelischen Diakonie – aufgrund ihres Privatlebens ihren Arbeitsplatz los sind. Beide Frauen stolperten über das kirchliche Arbeitsrecht.

Im ersten Fall geht es um eine homosexuelle Hortleiterin, die ihren Arbeitsplatz beim katholischen Sozialverband Caritas verliert, weil sie im Sommer mit ihrer Freundin eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingehen will. ,,Caritas und Hortleiterin werden das Dienstverhältnis im beiderseitigen Einvernehmen beenden", erklärte am Dienstag die Sprecherin des Caritasverbandes im Erzbistum München-Freising, Adelheid Utters-Adam.

Die Chefin des Hortes in Holzkirchen (Landkreis Miesbach) hatte die Eltern in einem Brief von ihrem Schritt unterrichtet. ,,Ich werde im Juli meine Freundin heiraten", schreibt sie. Dies sei aber mit der Grundordnung des kirchlichen Dienstes nicht vereinbar. Sie müsse daher die Leitung des Hortes aufgeben.

... Aus ganz anderen, allerdings ebenfalls privaten Gründen ist ,,Julia Pink" ihren Job beim evangelischen Sozialverband, der Diakonie Neuendettelsau, los. Auch in diesem Fall geht es um kirchliches Arbeitsrecht, mehr noch: ethische Fragen. Denn ,,Julia Pink" dreht Pornos. Das macht sie in ihrer Freizeit – und stellt die Filme unter diesem Pseudonym ins Internet. Aber nicht nur: Über 15 Jahre lang war sie zudem als Erzieherin bei der Diakonie Neuendettelsau beschäftigt. Ohne Beanstandungen. Bis ihr Arbeitgeber Wind von der Sache mit den Pornos bekam.

Daraufhin kündigte die Diakonie der 38-Jährigen Anfang vorigen Jahres fristlos. Zu recht, wie am Dienstag das Landesarbeitsgericht München urteilte: Die Richter sahen in dem privaten Verhalten der Klägerin eine ,,schwerwiegende sittliche Verfehlung", die den Wertvorstellungen der evangelischen Kirche und der Diakonie ,,im Rahmen ihrer Sozialethik widerspricht".

Die Diakonie sei zur ordentlichen Kündigung berechtigt gewesen, sagte der Vorsitzende Richter Reinhold Künzl. Eine Berufung wurde vom Gericht nicht zugelassen.

... Die 38-Jährige selbst zeigte sich nach dem Urteil enttäuscht. Sie verstehe ,,noch immer nicht, was genau ich eigentlich verbrochen habe".


Aus: "Erzieherinnen wegen ihres Privatlebens gekündigt" (21.04.2015)
Quelle: https://www.welt.de/regionales/bayern/article139876549/Erzieherinnen-wegen-ihres-Privatlebens-gekuendigt.html (https://www.welt.de/regionales/bayern/article139876549/Erzieherinnen-wegen-ihres-Privatlebens-gekuendigt.html)

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Quote[...] Die Geschichte mit dem Wurm war natürlich spannend. Der Wurm lag auf der Rutsche des Kita-Spielplatzes, Christian Berger* nahm ihn vorsichtig weg, und die Kinder beobachteten jede Bewegung. So richtig einordnen konnten sie dieses Tier ja nicht. ,,Ist das eine Raupe?", fragte ein Vierjähriger. ,,Nein", antwortete Berger, der Erzieher, ,,das ist ein Regenwurm." Dann legte er ihn in die Wiese.

Der 36-Jährige* hatte an diesem Tag den Morgenkreis geleitet, er stand mit den Kindern an Rutsche und Sandkasten, er machte seinen Job, mehr nicht. Und er machte ihn offenbar gut. ,,Die Kinder streiten sich, wer mit mir an der Hand gehen darf."

An der Hand gehen? Körperkontakt? Heikles Thema. Die Kinder wissen ja nicht, dass Eltern wegen Christian Berger massiv protestierten. ,,Sie gingen auf die Barrikaden", sagt die Geschäftsführerin der Kita in Reinickendorf. Sie protestierten gegen Bergers Anstellung, sie drohten mit einer Unterschriftenaktion, sie fürchteten um ihre Kinder. Es waren muslimische Eltern. ,,Die kommen aus einer anderen Welt", sagt die Geschäftsführerin. In dieser Gedankenwelt ist jemand wie Christian Berger eine latente Gefahr. Denn Christian Berger ist homosexuell.

Die Geschichte des Erziehers Berger ist die Geschichte über das Aufeinanderprallen von zwei Welten. Sie steht immer noch für alltägliche Erfahrungen, sie steht für viele Geschichten, die ähnlich ablaufen. ,,Wir sind doch in Berlin, wir sind doch im 21. Jahrhundert, da geht doch so etwas nicht", sagt die Geschäftsführerin, die nicht genannt werden möchte, und die vier Kitas leitet. Die Kita, in der Berger nun arbeitet, hat mit einer Ausnahme nur Kinder von muslimischen Eltern. Die Eltern kommen aus dem arabischen Bereich, aus Russland, der Türkei, aus Rumänien. ,,Für einige von ihnen ist ein Homosexueller automatisch ein Kinderschänder", sagt Berger.

Die Eltern, die ihn massiv ablehnten, haben die Kita inzwischen verlassen. Sie gingen auch auf Druck der Geschäftsführerin. Die hatte Berger angestellt, weil das Erzieherteam ihn wollte, weil er bei seiner Hospitanz einen guten Eindruck machte, weil die Geschäftsführerin sagt: ,,Die sexuelle Orientierung eines Menschen hat niemanden zu interessieren. Für mich zählt seine Arbeit." Abgesehen davon verstieße eine Ablehnung aus solchen Gründen gegen das Gesetz.

Aber hier geht es nicht erster Linie um Paragrafen, hier geht es um Emotionen. ,,Als Homosexueller bewegt man sich auf einem schmalen Grat", sagt Berger. Er hatte es in seiner früheren Kita erlebt. Da sagte ihm eine Mutter: ,,Sexualität ist natürlich ein Thema bei Eltern. Die haben Angst." Eine Mutter beobachtete ihn damals sehr genau. Berger versteht das sogar. ,,Sie wurde vergewaltigt, sie hatte Angst, dass ihrem Kind so etwas auch passiert. Die ist traumatisiert." Es sind ja auch sensible Punkte, zweifellos. ,,Du fasst die Kinder an, du wickelst sie, du siehst sie nackt", sagt Berger. Andererseits ist das der normale Job eines Erziehers.

In der Reinickendorfer Kita von Berger schaukelte sich das Problem hoch. Dass er homosexuell ist, sagte er eher beiläufig in einem lockeren Gespräch mit der Leiterin der Kita, bei der er sich beworben hatte. Im Einstellungsgespräch spielte dieser Punkt natürlich keine Rolle. Bei diesem offiziellen Gespräch war nicht bloß die Kita-Leiterin, sondern auch die Geschäftsführerin. Berger hatte schon eine Hospitanz hinter sich, er machte auf die Leiterin einen guten Eindruck. Und sie gab Berger dann telefonisch eine Zusage. ,,Das war falsch", sagt die Geschäftsführerin, ,,sie sollte lediglich nach seinen Gehaltsvorstellungen fragen."

Die Eltern kannten Berger bis dahin nicht. Bei einem Elternabend verkündete die Kita-Leiterin, dass ein Mann neu als Erzieher komme. Damit schon begannen die Probleme. ,,Ein paar Eltern fühlten sich überrumpelt", sagt die Geschäftsführerin. Widerstand formierte sich. ,,Wir wollen nicht, dass ein Mann unsere Kinder wickelt oder zur Toilette begleitet", sagten einige empört. Zudem erfuhren die Eltern – nach Aussage der Geschäftsführerin von der Kita-Leiterin –, dass Berger schwul ist. Die Kita-Leiterin lehnte ein Gespräch mit dem Tagesspiegel ab.

Rund ein Dutzend Mütter und Väter saßen bei dieser Versammlung, ein Teil von ihnen schwieg, ein anderer empörte sich. ,,Sie sagten, sie würden nicht mehr kommen, wenn man einen Homosexuellen einstelle", sagt die Geschäftsführerin, die verspätet zu dem Elternabend kam. ,,Sie würden Unterschriften gegen seine Einstellung sammeln." Die anwesenden Erzieher waren ihrerseits empört, Berger allerdings fehlte. Er war nicht eingeladen.

Kurz darauf trennte sich die Geschäftsführerin von den aufgebrachten Eltern. Deren Kinder besuchen nun eine andere Kita. Und sie sagte Berger, er habe den Job. Doch der lehnte erst mal ab, empört wegen der Proteste. Seit Kurzem arbeitet er doch in der Kita. ,,Ich bin nicht nachtragend. Und man hatte mir gesagt, dass alles geklärt ist. Viele Eltern waren schockiert, als sie von den Protesten gehört hatten. Sie stehen zu mir, die Erzieher auch." Druck und Misstrauen spürt er trotzdem, jetzt erst mal als Mann. ,,Eltern schauen ständig: Fasst der mein Kind richtig an? Tut er ihm auch nichts." Berger ist fast schon genervt. ,,Wir werden ständig überwacht. Wir können uns ja schon gar nicht mehr normal um die Kinder kümmern. Wir nehmen denen die Chance, sich normal zu entwickeln." Aber dann stellt er sich auch die Frage, wer da eigentlich hilfsbedürftig ist. ,,Ich brauche ja auch einen Schutzraum."

Übertrieben? Gerade hat Berger in der U-Bahn zufällig den Dialog zwischen zwei Männern verfolgt. Einer sagte: ,,Wenn mein Kind einen schwulen Erzieher hätte, fände ich das widerlich."

Quoteuschidoelle 27.03.2017, 19:03 Uhr
"Für einige von ihnen ist ein Homosexueller automatisch ein Kinderschänder"

Kraaas guter Beitrag für eine verfehlte Integration.

Merke, nicht jeder Russe ist Mafia, nicht jeder Türke ist automatisch ein grauer Wolf, nicht alle Rumänen sind Antänzer und nicht jeder ARABer *in gehört zu einem Familienclan ...


QuoteRandalf@X 27.03.2017, 17:21 Uhr
Toleranz und strenger relgiöser Glaube gingen selten harmonisch einher...


Quotewerthberlin 27.03.2017, 15:05 Uhr
Die Empörung darüber, dass ,,diese Ausländer" sich so verhalten, ist so widerwärtig bigott. Seht euch mal die Diskussionen über ein mögliches Adoptionsrecht von homosexuellen Paaren an. Da stehen einem die Haare zu Berge, wenn man die Kommentare liest. Es gibt auch genügend Deutsche ohne Migrations- aber mit fundamentalistisch-religiösem Hintergrund und/oder mit fundamental mangelhafter Bildung, die Homosexualität und Pädophilie gleichsetzen und jedem Schwulen sofort Missbrauchsfantasien unterstellen. (Was nicht nur eine Frechheit ist, sondern ggf. als Beleidigung strafbar sein kann.)

QuoteHenrik1970 27.03.2017, 15:50 Uhr
Antwort auf den Beitrag von werthberlin 27.03.2017, 15:05 Uhr
Ich glaube katholischen Priestern und Alt68ziger werden Vorurteile der Pädophilie viel eher gemacht. Auch das ist schlimm.


Quotemalvorbeigeschaut 27.03.2017, 16:41 Uhr
Antwort auf den Beitrag von werthberlin 27.03.2017, 15:05 Uhr
Oder der CDU einfach mal zuschauen, wie Sie die "Homoehe" verhindern wollen. Bigotterie aller Orten.


Quotelutz.wehmeyer 27.03.2017, 16:52 Uhr
Antwort auf den Beitrag von werthberlin 27.03.2017, 15:05 Uhr
Allerdings. Eine seltsame Querfront von Rechts für Schwulenrechte findet man hier in den Kommentaren. Man würde sich wünschen, dass diese Leute sicher immer so für Minderheitenrechte einsetzen würden und nicht nur, wenn es gegen Ausländer geht.



QuoteSonnenblumenfeld 27.03.2017, 14:55 Uhr
Zur "Entlastung" der muslimischen Eltern wird man sagen müssen, dass der Erzieher vor 50 Jahren mit "biodeutschen" Eltern das gleiche Problem gehabt hätte. Ich wurde als Kind in den 1970er Jahren jedenfalls noch vor "Homos" gewarnt, weil die sich angeblich bevorzugt an Kinder heranmachen würden.


Quotedon.bolko 27.03.2017, 19:05 Uhr
Antwort auf den Beitrag von Kommentat0r 27.03.2017, 18:24 Uhr
@Kommentatür & der Prozess der Aufkärung

    Es geht um HEUTE. Was soll dieser Vergleich?

@Sonnenblumenfeld hat Recht.

Warum sollte der Prozess der Aufklärung bei ausländischen Zuwanderern so viel schneller laufen, als dieses bei uns Deutschen gelaufen ist?


Quotedon.bolko 27.03.2017, 19:09 Uhr
Antwort auf den Beitrag von Loppe14 27.03.2017, 16:17 Uhr
@Loppe14 & Fünfziger

  weder in die Fünfziger noch ins Mittelalter!

Wieso Fünfziger? Noch in den Sechzigern, Siebzigern, Achtzigern geschahen ungeheuerliche Dinge im Zusammenhang mit der Diskriminierung von Homosexuellen durch Deutsche in Deutschland.


QuoteGesichtshobel 27.03.2017, 19:55 Uhr
Antwort auf den Beitrag von Sonnenblumenfeld 27.03.2017, 14:55 Uhr

    Ich wurde als Kind in den 1970er Jahren jedenfalls noch vor "Homos" gewarnt,

echt jetzt? Ich nicht


QuoteYvonneD 27.03.2017, 20:46 Uhr
Antwort auf den Beitrag von Gesichtshobel 27.03.2017, 19:55 Uhr
Ich wurde auch gewarnt. Man hat mir das eingeimpft, dass "die" eklig sind und pervers. Und es war ziemlich schwierig, sich davon zu lösen. Und meine Familie war ihrem Selbstverständnis nach alles andere als "rechtsextrem": Man dachte damals, also in den 70ern und 80ern, noch, dass es "normal" sei, Homosexuelle pervers zu finden. AIDS hieß damals auch noch "Schwulenseuche".

Und es tut schon weh (auch wenn ich nicht betroffen bin), dass nun hier so getan wird, als seien wir in Deutschland schon immer wahnsinnig offen gewesen, was Vielfalt betrifft. Das ist einfach unwahr! Wir haben ja noch nicht mal die Ehe für alle; wir können uns erst mal Länder wie das UK o.ä. zum Vorbild nehmen, was das betrifft.


QuoteAndreas_Rau 27.03.2017, 12:59 Uhr
JA, diese Kita besuchen muslimische Kinder. Und russische... und viele andere - Es handelt sich also letztlich um eine religiös übergreifende Geschichte und hier mal um Eltern, zum Teil muslimischen Glaubens. Warum also der Artikel so darauf abzielt, dass in der Kita muslimische Kinder betreut werden.

Geschichten passieren uns oft. Ebenso in Kitas mit "deutscher" oder christlicher Prägung. Ich weiß nicht, warum diese wieder als Sündenbock herhalten müssen.

Fakt ist aber, dass mir das als Berufsanfänger, durch den Träger zu verantworten, passiert ist, als ich im Heim gearbeitet habe, dass es aktuell zwei Freunden von mir in einer evangelischen Einrichtung passiert. Das ist keine Angelegenheit des "Glaubens", sondern eine allgemein konsensfähige Haltung engstirniger Idioten. Ob die sich nun darauf berufen, Muslime zu sein oder im Namen Christi oder dem Namen der AfD/Pegioten, wie die besorgten Eltern, die uns als AIDS-Hilfe weit mehr zu schaffen machen, als Eltern muslimischer Prägung.
Das Problem ist eher, dass es immer wieder unqualifizierte Träger gibt, die es überhaupt zulassen, dass Eltern sich hier aufspielen können. Und einen Staat, der uns anhand vieler konkreter Beispiele per Gesetz und per Propaganda immer noch
gegenüber der Bevölkerung als defizitär beschreibt. Der Sexualität und sexuelle Identität aus der Entwicklung von Kindern ausklammert und soziosexuelle Themen als Bedrohung einer "Alle-meine-Entchen-Pädagogik" sieht.
Nehmen wir die CDU und Hedwig von Befervoerde oder Birgit Kelle. Nehmen wir Beatrix von Storch. Nehmen wir die
evangelikalen Homoheiler oder oder oder.
Und nehmen wir städtische Einrichtungen, die in vorauseilenden Gehorsam Dinge anweisen, bei denen du die Hände über dem Kopf zusammenschlagen würdest.


Quotecrossoverhill 27.03.2017, 12:44 Uhr
Neben dem konkreten Problem in Reinickendorf gibt noch ein anderes zu denken: Wie viele lesbische Frauen unterwerfen sich einem Mann, um nicht (im Sinne des Koran) "sündig" zu leben? Wie viele schwule Muslime leben mit einer Frau als "Scheinheteros"? Wie viel Frust und Lebensfeindlichkeit entsteht dabei? Ich möchte da nicht falsch verstanden werden: Vor Jahren und vielleicht noch heute trieben/treiben auch fundamental-christliche Glaubenskongregationen Menschen in solche Nöte!


Quotederbrenner 27.03.2017, 12:24 Uhr
Tragisches, aber sehr anschauliches Beispiel dafür, was für eine tiefe Kluft zwischen der geforderten und tatsächlich im Alltag gelebten Toleranz besteht. Da beisst sich die Schlange leider einfach in den Schwanz. Der in westlichen Demokratien mühsam errungene Grundsatz, daß niemand aufgrund seiner sexuellen Orientierung benachteiligt oder diskriminiert werden darf, trifft hier auf Jahrtausendealte, rigoros Patriarchalische Familienmodelle und Gesellschaftsbegriffe, die jegliche Toleranz gegenüber sexuell Andersorientierten kategorisch ablehnen. Mein Respekt gilt der Kitaleitung, die für unsere aufgeklärten, westlichen Werte einsteht und sich von den, diese Werte mit Füßen tretenden Eltern getrennt hat, anstatt, was ja wesentlich einfacher gewesen wäre, den Erzieher aus der Kita zu entfernen. Auch vor dem Erzieher, der sich in diesem Konflikt behauptet, ziehe ich meinen Hut.     


QuoteGesichtshobel 27.03.2017, 12:24 Uhr
die nörgelnden Eltern sollten sich mal die Frage stellen, ob sie hier noch auf der richtigen Party sind? Wir leben hier nicht mehr im 15. Jahrhundert sondern 2017.


QuoteMcSchreck 27.03.2017, 12:07 Uhr
Der Artikel behandelt auf einer ersten Ebene einen Kulturkonflikt, bei dem auch Muslime eine Rolle spielen (aber auch Osteuropäer).

Ich finde es aber kaum weniger empörend, dass der Erzieher "als Mann" mit massivem Misstrauen konfrontiert ist, was keineswegs eine große Ausnahme ist. Als wäre man als Mann automatisch Kinderschänder (der wickelt aber unser Kind nicht...).


QuoteGlueckspiratin 27.03.2017, 11:49 Uhr
Solche Zustände kommen leider nicht von ungefähr. Und es ist auch kein Zufall, dass es sich hierbei gerade um muslimische Eltern handelt. Wir Homosexuellen können leider ein (trauriges) Lied davon singen.

So hetzt z.B. das "Islamische Zentrum München", ein offizieller Mitgliedsverband des als gemäßigt (!) geltenden sog. "Zentralrats der Muslime", auf seiner Homepage offen gegen Homosexuelle. Auf die (selbst gestellte) Frage, was die "islamische Meinung" zu Homosexualität sei, lautet die unverhohlene Antwort des muslimischen Zentralrats-Verbandes:

"Der Islam lehnt das Ausleben von homosexuellen Neigungen kategorisch ab und betrachtet sie als Sünde (Koran 7:80ff; 26:165ff)."

Diese eigentlich pauschalisierend wirkende Aussage ("Der Islam" lehnt Homosexualität "kategorisch ab" - heißt es nicht sonst immer von genau derselben , "den" Islam gebe es gar nicht?) wird leider von der jüngsten weltweiten Muslim-Studie von PEW Research klar bestätigt. In jedem der untersuchten muslimischen Länder lehnt eine geradezu erdrückende, übergroße Mehrheit (z.T. bis zu 99 Prozent) der Muslime Homosexualität ausdrücklich ab. In keinem einzigen der untersuchten Länder gibt es mehr als maximal 12 Prozent Muslime, die Homosexualität für "akzeptabel" halten.

Dieser frappierende Befund wiederum deckt sich mit einer aktuellen Muslim-Studie aus Großbritannien; derzufolge sind nur gerade einmal 18 Prozent der britischen Muslime der Meinung, dass Homosexualität "legal" sein sollte.

Was bislang nur trockene, nüchterne Zahlen aus Studien und repräsentativen Meinungsumfragen waren, kommt nun langsam in unserem Alltag an: Auf öffentlichen Straßen und Plätzen. Oder sogar in der Kita.

...


QuoteCharly-Berlin 27.03.2017, 11:23 Uhr
Vielleicht sollte Manuela Schwesig mal über eine Männerquote bei Erziehern nachdenken, das könnte helfen Vorurteile abzubauen.


Quotelutz.wehmeyer 27.03.2017, 10:39 Uhr
Sind die (biodeutschen, rechtskonservativen) Eltern in Zehlendorf toleranter?

Quoteomamoni 27.03.2017, 11:05 Uhr
Antwort auf den Beitrag von lutz.wehmeyer 27.03.2017, 10:39 Uhr

    (biodeutschen, rechtskonservativen) Eltern in Zehlendorf

Vorurteile? Nein, wir doch nicht!


QuoteGesichtshobel 27.03.2017, 11:07 Uhr
Antwort auf den Beitrag von lutz.wehmeyer 27.03.2017, 10:39 Uhr
was ist biodeutsch? Gibts das bei Demeter?


Quotean-1 27.03.2017, 11:20 Uhr
Antwort auf den Beitrag von Gesichtshobel 27.03.2017, 11:07 Uhr
nee, bei Alnatura


Quotezenker_bln 27.03.2017, 11:32 Uhr
Antwort auf den Beitrag von Gesichtshobel 27.03.2017, 11:07 Uhr
Biodeutsch -> alle diejenigen, die der Meinung sind, das ihr Blut sie zu etwas besonderem macht, das sie über andere Menschen stellt und ihnen sozusagen die Weisungsgewalt über die anderen Menschen zukommen lässt.



QuoteBenny1608 27.03.2017, 10:15 Uhr
Toleranz ist nur richtig, wenn es den Betroffenen gefällt !
Hier spiegelt sich deutlich wieder, dass mantraartige Predigten der Regierenden, der Multikultibefürwordeter und die Realität auseinanderdriften. ...


QuoteStolzwieBolle 27.03.2017, 09:54 Uhr
Schön, daß die Leiterin die Eltern zum Teufel geschickt hat!

Wie blöd kann man denn sein? Ist keinem dieser Ewiggestrigen der Gedanke gekommen, daß es Kinderschänder in allen Lagern gibt, sich ein heterosexueller Erzieher also an ihren Töchtern vergehen könnte? Und fühlten sie sich wirklich wohler bei dem Gedanken, eine heterosexuelle Erzieherin ginge ihren Jungs an den Piephahn?

Ich verstehe natürlich, daß Eltern immer der Gedanke umtreibt, Fremde könnten sich an ihren Kindern vergreifen. Aber dieses Risiko besteht immer - und unabhängig von der Sexualität der Personen.


QuoteUta211 27.03.2017, 09:21 Uhr
Ich bedauere die Vorkommnisse für Herrn Berger sehr. Der Artikel erschüttert mich. Überall wird qualifiziertes Personal im Erzieherbereich gesucht und die Eltern sollten froh sein, wenn sich jemand gut ausgebildet um die Kleinen kümmert. Als Mutter eine einjähigen Sohnes (seit dem 10. Lebensmonat besucht er eine Kita) kann ich nur hinzufügen, dass männliche Erzieher als Bezugspersonenn neben den weiblichen Personal sehr wichtig sind. Die sexuelle Orientierung der Erzieher spielt keine Rolle! Wir leben im 21. Jahrhundert und wer an anderer Stelle Toleranz einfordert, sollte dies bitte auch selbst leben. Alles Gute für Herrn Berger. Die Kinder finden ihn sicher toll, da er sich mit Ihnen beschäftigt (was nicht alle Eltern tun...).


QuotePincorrect 27.03.2017, 09:06 Uhr

     ,,Wir wollen nicht, dass ein Mann unsere Kinder wickelt oder zur Toilette begleitet", sagten einige empört.

Welch krudes Weltbild. Als Elternteil wäre mir (war mir damals) viel wichtiger, dass Kinder lernen: es gibt "Frauenberufe", in denen Männer sehr gute Arbeit leisten können. Und umgekehrt Frauen in "Männerberufen".


QuoteAnnikas 27.03.2017, 08:43 Uhr
solche eltern machen mich wütend. ich hatte ein ähnliches gespräch neulich mit einer deutschen mutter, auch die hatte vorbehalte gegen einen neuen erzieher aufgrund dessen homosexualität. ...


...


Aus: "Eltern protestieren gegen schwulen Erzieher" Frank Bachner (27.03.2017)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/berlin/queerspiegel/kampf-um-toleranz-in-berliner-kita-eltern-protestieren-gegen-schwulen-erzieher/19572356.html (http://www.tagesspiegel.de/berlin/queerspiegel/kampf-um-toleranz-in-berliner-kita-eltern-protestieren-gegen-schwulen-erzieher/19572356.html)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 23, 2017, 12:21:07 PM
Quote[...] Nach Oscar Lewis ist die Lebensweise der Mitglieder der Kultur der Armut von Denk- und Handlungsmustern geprägt, die von Generation zu Generation innerhalb der kulturellen Einheit weiter vererbt würden. Diese Kultur sei zwar einerseits eine funktionale Reaktion auf die Lebensbedingungen in der Armut, aber andererseits schade sie den Armen auch. Kennzeichnend seien zerbrochene Familien. Das Sexualleben beginne früh und man heirate aufgrund mündlicher Übereinkunft. Die Frauen würden oft von ihren Männern geschlagen und zahlreiche auch verlassen. Den Mittelpunkt der Familie bilde die (oft alleinerziehende) Mutter mit ihren Kindern. Diese Kultur der Armut zeichne sich dadurch aus, dass die Armen nach sofortiger Befriedigung ihrer Bedürfnisse strebten. Sie seien nicht in der Lage, ein Bedürfnis zurückzustellen, um später davon zu profitieren. So investierten die Armen zum Beispiel nicht in ihre Ausbildung und auch nicht in die Ausbildung ihrer Kinder. Das führe dazu, dass auch die nächste Generation arm sein werde. Um diese im Sozialisationsprozess verwurzelte Kultur aufzubrechen reiche materielle Unterstützung nicht aus: ,,The elimination of physical poverty per se may not eliminate the culture of poverty which is a whole way of life". Die einzige Möglichkeit, die Armut zu beenden, ist laut Lewis eine von außen kommende Intervention, etwa durch kompensatorische Erziehung, Sozialarbeit oder psychotherapeutische Betreuung.

Daniel Patrick Moynihan sah den Zerfall der Familie als Grund für Armut. Er beklagte die hohe Anzahl alleinerziehender Mütter unter Afroamerikanerinnen, welche deviante Werte an ihre Kinder weitergeben würden. So käme es dazu, dass ihre Kinder (welche ansonsten zu Mitgliedern der Mittelschicht werden könnten) zu Mitgliedern der Armutsschicht würden. ... Strukturfunktionalisten wie Herbert Gans sind der Meinung, dass Armut eine gesellschaftliche Funktion erfüllt. Aus diesem Grund trachtet jede Gesellschaft danach, ihre Armen zu haben. Laut Gans dienen die Armen als abschreckendes Beispiel und als Sündenböcke. So helfen sie, die dominante Kultur und Ideologie einer Gesellschaft zu erhalten.

...


Aus: "Armut" (31. März 2017)
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Armut (https://de.wikipedia.org/wiki/Armut)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 04, 2017, 02:34:52 PM
QuoteErstmals untersucht eine Studie der Vereinten Nationen das Selbstbild arabischer Männer. Die Ergebnisse sind ernüchternd, vor allem mit Blick auf die Rechte der Frauen. Doch ziehen die Autoren auch optimistische Schlüsse. ... Die Studie ,,Masculinities in the Arab world", die nun in Beirut vorgestellt wurde, ist allerdings tatsächlich die erste, die (zumindest in weiten Teilen) repräsentative Antworten auf die Frage nach dem Selbstbild von Männern aus mehreren arabischen Ländern gibt. Diese Antworten sind, um es gleich zu sagen, ernüchternd. Fast zehntausend Männer und Frauen aus Ägypten, Libanon, Marokko und Palästina haben an der Befragung teilgenommen, die von zwei NGOs und den Vereinten Nationen organisiert worden ist. Etwa die Hälfte von ihnen, und zwar sowohl der Männer als auch der Frauen, vertrat die Ansicht, dass Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern nicht zu ihrer Tradition und Kultur gehöre. Bei den Männern manifestiert sich diese Überzeugung in einem klassischen Rollenverständnis: Unter den Palästinensern beispielsweise sahen es achtzig Prozent als wichtigste Aufgabe der Frauen an, sich um den Haushalt zu kümmern. Ebenso viele in allen vier Ländern meinten, dass der Zugang zu Jobs zuerst den Männern vorbehalten sein sollte. Und auch dass Männer in ihren Familien den Ton angeben, also etwa entscheiden, welche Freiheiten ihre Ehefrauen genießen, was sie tragen und wohin sie gehen dürfen, wurde von mehr als zwei Dritteln aller männlichen Befragten unterstützt.

Nichtsdestotrotz zogen die Autoren der Studie, deren Präsentation im Beiruter ,,Monroe Hotel" für ein hübsches Gedränge aus mehr Frauen als Männern sorgte, die sich zur eingangs aus scheppernden Lautsprechern abgespielten Nationalhymne von ihren Sitzen erhoben, erstaunlich optimistische Schlussfolgerungen aus ihren Ergebnissen.

Man müsse eben berücksichtigen, sagte etwa Shereen El Feki, die sich in ihrem Buch ,,Sex und die Zitadelle" bereits mit dem Liebesleben in der arabischen Welt befasst hatte, in welchen Umständen sich besonders die Männer befinden. In Marokko und Ägypten herrscht hohe Arbeitslosigkeit, vor allem unter jungen Menschen. Von den palästinensischen und syrischen Flüchtlingen, die vor allem im Libanon mit in die Befragung einbezogen wurden, leiden viele Männer unter Repressalien. In allen vier Ländern fürchten folglich mehr als zwei Drittel von ihnen, ihre Familien nicht beschützen und nicht ausreichend versorgen zu können. Eine Sorge, die umso mehr auf ihnen lastet, als die patriarchalischen Traditionen eben dies als ureigene Aufgabe den Männern übertragen.

Dennoch könnten, so lautet die verwegen anmutende Hoffnung, insbesondere von den Erfahrungen der Flüchtlinge positive Impulse für eine künftig etwas größere Gleichberechtigung ausgehen. Warum? Beispielsweise, weil viele syrische Frauen in diesen Zeiten des Krieges auf sich gestellt seien. In den Flüchtlingslagern, die sich als kleine Zeltstädte über die gesamte Bekaa-Ebene im Libanon verstreuen, leben tatsächlich häufig mehr Frauen als Männer, weil letztere entweder in Syrien kämpfen, gefangen genommen wurden, verschollen oder verstorben sind. Auch von denen, die mit auf die Flucht gingen, finden nur wenige im Libanon Arbeit. Den Frauen fallen somit Aufgaben zu, die sich über Hausarbeit und Kinderversorgung hinaus erstrecken und mittelfristig für eine Art von Selbstermächtigung sorgen könnten, auf die auch Gary Barker von ,,Promundo", einer NGO, die sich beim Engagement für Gleichberechtigung vor allem auf die Arbeit mit Männern konzentriert, seine Zuversicht gründet. Aus anderer Konfliktforschung wisse man zwar, sagte er, dass nach dem Ende einer Krise oft die alten Muster wieder griffen. Aber eben nicht immer. Zuweilen sorgten die erzwungenen neuen Lebensweisen auch später für größeren Pragmatismus, für eine ,,Neuverhandlung" tradierter Beziehungsmuster.

Von einer zart aufkeimenden Graswurzelbewegung mochte Gary Barker trotzdem noch nicht sprechen. Vorerst müsse es darum gehen, den Männern zu verdeutlichen, welches Leid sie verursachen, welchen Nutzen sie selbst aus gleichen Rechten für Frauen ziehen und sich an jene zu wenden, die für solche Ideen offen scheinen.

Denn wer sucht, der findet auch positiv stimmende Zahlen in der Studie: Immerhin gab ein knappes Drittel der Männer länderübergreifend an, einzelne Aspekte der Gleichberechtigung – etwa Frauen außerhalb des Hauses arbeiten zu lassen und ihnen im Haus zu helfen, vor allem bei der Kinderversorgung – zu unterstützen. Zumindest in der Theorie.


Aus: "Ernüchternde Antworten So sieht sich der arabische Mann" Lena Bopp, Beirut  (04.05.2017)
Quelle: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/befragung-wie-sieht-sich-der-arabische-mann-14998492.html (http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/befragung-wie-sieht-sich-der-arabische-mann-14998492.html)

Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 04, 2017, 02:36:53 PM
Quote[...] In einer heute vorgestellten Umfrage der Tui-Stiftung unter 16- bis 26-Jährigen in sieben europäischen Staaten gaben 76 Prozent der Befragten an, die Union sei für sie in ihrem Kern ein Wirtschaftsbündnis. ... Nur 30 Prozent der 6.000 vom Meinungsforschungsinstitut YouGov befragten Teilnehmer in Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien, Großbritannien, Polen und Griechenland sahen in der EU auch ein Bündnis mit gemeinsamen kulturellen Werten. ... Der von der Stiftung hinzugezogene Experte Marcus Spittler vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung warnte davor, die Ergebnisse der Studie für eine ,,generelle Jugendschelte" zu nutzen. Prinzipiell unterstützten junge Erwachsene die ,,europäische Idee", sie hinterfragten aber ,,spezifische Politiken und institutionelle Arrangements". ,,Ihre Zufriedenheit mit der EU ist begrenzt, sie basiert auf keinem gemeinsamen Wertegerüst", erklärte der Wissenschaftler. Entsprechend ,,fragil" sei ihre Zustimmung. ...


Aus: "Drei von vier jungen Europäern sehen in EU vor allem Wirtschaftsbündnis – deshalb: Diskussion über ,,gemeinsame Werte Europas" gefordert" (4.5.2017)
Quelle: http://www.epochtimes.de/politik/europa/drei-von-vier-jungen-europaeern-sehen-in-eu-vor-allem-wirtschaftsbuendnis-deshalb-diskussion-ueber-gemeinsame-werte-europas-gefordert-a2110766.html (http://www.epochtimes.de/politik/europa/drei-von-vier-jungen-europaeern-sehen-in-eu-vor-allem-wirtschaftsbuendnis-deshalb-diskussion-ueber-gemeinsame-werte-europas-gefordert-a2110766.html)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 30, 2017, 12:09:28 PM
Quote[...] Der Begriff Universalismus (von lat. universalis = allgemein) bezeichnet eine Anschauung, die den Anspruch erhebt, die Vielfalt aller Wirklichkeit des Ganzen auf ein einzelnes Prinzip, Ordnungsgesetz oder Ähnliches zurückführen zu können. Daraus folgt auch, dass Ideen, Ideale, Rechte und Pflichten grundsätzlich für alle Menschen gelten müssen. Dem entgegen stehen Partikularismus oder Pluralismus. Aus der Philosophiegeschichte lassen sich unter anderem Platon, Aristoteles und Georg Wilhelm Friedrich Hegel als Vertreter im weitesten Sinne universalistischer Standpunkte anführen, aus jüngerer Zeit beispielsweise Othmar Spann, Alfred North Whitehead und Niklas Luhmann.

In der Moralphilosophie wird eine Auffassung als Universalismus bezeichnet, die ihren Anspruch auf Geltung nicht auf bestimmte Personen oder traditionell gewachsene Kulturen beschränkt, sondern zeitunabhängig und allgemein für alle betroffenen Personen erhebt. Sie ist somit einem Kulturrelativismus entgegengestellt. Beispiele für Ethiken mit universellem Geltungsanspruch sind etwa der Utilitarismus, die kantische Moralphilosophie oder die Diskursethik.


Aus: https://de.wikipedia.org/wiki/Universalismus_(Philosophie) (https://de.wikipedia.org/wiki/Universalismus_(Philosophie))

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Quote[...]  Von Trump bis Putin gratulierten dieselben Politiker, die vor einer Islamisierung des Westens warnen, Erdoğan zu seinem Sieg, weil offenbar für die Türkei ein autoritäres Regime in Ordnung ist (nur halt nicht für uns). Eine Variante der österreichischen Karikatur könnte die Zeitungsleser sagen lassen: "Hier kann man mal wieder sehen, wie eine völlig gerechtfertigte Islamophobie für eine billige Kritik an der Türkei missbraucht wird!"

Die verschrobene Logik ist eine Antwort, aber natürlich eine falsche Antwort auf die große soziale Krankheit unserer Zeit, die Huntington-Krankheit. Der Veitstanz, wie man früher sagte, kann zunächst noch wie eine allgemeine Unruhe wirken, mit kleinen, unbeabsichtigten Bewegungen und mangelnder Koordination. Stellt sich das Aufkommen an brutalem Populismus nicht anfangs ähnlich dar? Es beginnt mit scheinbar willkürlichen gewaltsamen Übergriffen gegen Immigranten, unkoordinierten Ausbrüchen, die nur eine allgemeine Besorgnis und Unruhe angesichts der "fremden Eindringlinge" zum Ausdruck bringen, dann aber allmählich zu einer gut koordinierten und ideologisch begründeten Bewegung heranwachsen, ja explodieren – und zu etwas führen, das ein anderer Huntington als "Kampf der Kulturen" bezeichnete. Ein verräterischer Zufall: Was üblicherweise unter dieser Wendung verstanden wird, ist ein Veitstanz des heutigen globalen Kapitalismus.

Samuel Huntington zufolge wurde nach dem Ende des Kalten Kriegs der "eiserne Vorhang der Ideologie" durch den "samtenen Vorhang der Kultur" ersetzt. Huntingtons düstere Vision vom Kampf der Kulturen mag wie das genaue Gegenteil von Francis Fukuyamas rosigen Aussichten auf das Ende der Geschichte in Form einer weltweiten liberalen Demokratie wirken. Was schließlich unterschiede sich stärker von Fukuyamas Idee, dass die endgültige Formel für die bestmögliche Gesellschaftsordnung in einer kapitalistischen Demokratie gefunden wurde, als ein Kampf der Kulturen, der zur zentralen politischen Auseinandersetzung im 21. Jahrhundert heranwächst?

Aber heute lässt sich sagen: Der Kampf der Kulturen ist just die Politik am "Ende der Geschichte". Die ethnisch-religiösen Konflikte sind die Form des Kampfes, die dem globalen Kapitalismus entspricht: Im Zeitalter der "Postpolitik", die Politik durch Sozialverwaltung ersetzt, bestehen die einzigen verbliebenen legitimen Konfliktquellen in kulturellen (ethnischen, religiösen) Spannungen. Die Zunahme "irrationaler" Gewalt entspricht der Entpolitisierung, das heißt dem Verschwinden des genuin Politischen zugunsten des Sozialwesens. Wenn wir diese These zum Kampf der Kulturen akzeptieren, dann bleibt als einzige Alternative zu ihm die friedliche Koexistenz der Kulturen (oder der "Lebensweisen", wie man heute lieber sagt): Zwangsheiraten und Schwulenhass sind in Ordnung, solange sie sich auf ein anderes Land beschränken, das ansonsten vollständig in den Weltmarkt eingebunden ist.

Die neue Weltordnung wäre dann nicht mehr die einer globalen liberalen Demokratie à la Fukuyama, sondern eine der friedlichen Koexistenz unterschiedlicher politisch-theologischer Lebensweisen – einer Koexistenz vor dem Hintergrund eines funktionierenden Kapitalismus. Die Obszönität dieses Prozesses besteht darin, dass er sich als Fortschritt im antikolonialen Kampf ausgeben kann: Es wird nicht mehr zugelassen, dass der liberale Westen anderen seine Standards aufzwingt, alle Lebensweisen werden gleich behandelt. Kein Wunder, dass Robert Mugabe Sympathien für Trumps Slogan "America first" bekundete – "America first" für dich, "Simbabwe first" für mich, "India first" oder "North Korea first" für andere. So funktionierte bereits das britische Empire, das erste globale kapitalistische Reich: Jede ethnisch-religiöse Gemeinschaft durfte ihrer Lebensweise nachgehen, die Hindus in Indien konnten gefahrlos Witwen verbrennen. Die örtlichen "Bräuche" wurden vielleicht kritisiert, aber toleriert, denn das, was zählte, war die ökonomische Integration.

In dieser neuen Weltordnung wird Universalität immer mehr auf Toleranz reduziert, das Tolerieren unterschiedlicher Lebensweisen. Gemäß der Formel des zionistischen Antisemitismus wird es kein Widerspruch sein, wenn wir in unseren Ländern einen politisch korrekten Feminismus durchsetzen und gleichzeitig Kritik an den dunklen Seiten des Islams als neokoloniale Arroganz zurückweisen. Es wird immer weniger Platz für Figuren wie Julian Assange geben, der trotz seiner problematischen Attitüden immer noch das stärkste Symbol für den "öffentlichen Vernunftgebrauch" (Kant) darstellt, wie es ihn ohne einen Raum für das Wissen und die Debatten der Öffentlichkeit außerhalb staatlicher Kontrollen nicht geben kann. Die erneuerten amerikanischen Anstrengungen, Julian Assange verhaften zu lassen, lassen nur zu gut ahnen, was bevorsteht: WikiLeaks wird zu einer Terrororganisation erklärt werden, und statt Verfechtern des öffentlichen Raums wie Assange werden Figuren den Ton angeben, die für die Privatisierung der Gemeingüter stehen: Elon Musk, Bill Gates, Jeff Bezos, Mark Zuckerberg – die Milliardäre mit "sozialem Gewissen". Sie verkörpern das globale Kapital in seiner verführerischsten und "fortschrittlichsten", kurz: in seiner gefährlichsten Form. Musk warnt gerne vor den Bedrohungen der neuen Technologien für die menschliche Würde und Freiheit – was ihn nicht davon abhält, in ein Unternehmen namens Neuralink zu investieren, das eine Gehirn-Computer-Schnittstelle entwickeln will, damit Menschen mit den Fortschritten der künstlichen Intelligenz mithalten können.

Der heutige globale Kapitalismus hat keine positive Vision einer emanzipierten Menschheit mehr zu bieten, noch nicht einmal als ideologischen Traum. Der liberal-demokratische Universalismus à la Fukuyama ist an seinen eigenen Beschränkungen und Widersprüchen gescheitert, und der Populismus ist das Symptom dieses Scheiterns, seine Huntington-Krankheit. Die Lösung besteht aber nicht in populistischem Nationalismus, weder dem rechten noch dem linken. Die einzige Lösung ist ein neuer Universalismus. In Peter Sloterdijks Buch Was geschah im 20. Jahrhundert? gibt es dafür zwei Stichworte: das "Anthropozän" und "Von der Domestikation des Menschen zur Zivilisierung der Kulturen".

Das Anthropozän bezeichnet eine neue Epoche, in der wir Menschen uns nicht mehr darauf verlassen können, dass die Erde als Endlagerstätte für die Ergebnisse unserer Produktionstätigkeit bereitsteht: Die Kollateralschäden unserer Produktivität lassen sich nicht ignorieren. Die Erde erweist sich vielmehr als ein (weiteres) endliches Objekt, das wir zerstören oder so verändern können, dass es unbewohnbar wird. Genau in dem Moment, heißt das, in dem wir mächtig genug werden, um unsere grundlegendsten Lebensbedingungen zu beeinflussen, müssen wir uns mit dem Gedanken anfreunden, dass wir nur eine weitere tierische Spezies auf einem kleinen Planeten sind. Sobald wir dies begriffen haben, brauchen wir ein neues Verhältnis zu unserer Umgebung: nicht mehr das eines heroischen Arbeiters, der sein kreatives Potenzial zum Ausdruck bringt und sich aus den unerschöpflichen Ressourcen seiner Umgebung bedient, sondern das eines sehr viel bescheideneren Akteurs, der mit seiner Umgebung kooperiert, um unentwegt ein erträgliches Niveau an Sicherheit und Stabilität auszuhandeln.

Um dieses neue Verhältnis zu unserer Umwelt zu entwickeln, ist ein radikaler politisch-ökonomischer Wandel erforderlich. Sloterdijk beschreibt ihn als "Domestikation des wilden Tiers Kultur". Bislang disziplinierte und erzog jede Kultur ihre eigenen Angehörigen und garantierte den inneren Frieden zwischen ihnen durch staatliche Macht. Das Verhältnis zwischen verschiedenen Kulturen und Staaten aber stand permanent unter dem Vorzeichen eines Krieges, und jeder Frieden war nicht mehr als ein vorübergehender Waffenstillstand. Wie Hegel sie begriff, kulminiert die Ethik des Staates in der Bereitschaft des Bürgers, sein eigenes Leben für den Staat zu opfern, was bedeutet, dass die Feindschaft zwischen den Staaten als Grundlage für das ethische Leben innerhalb eines Staates dient. Ist Nordkorea mit seinen Raketen nicht das perfekte Beispiel für diese Logik der rücksichtslosen nationalstaatlichen Souveränität?

In dem Moment jedoch, in dem wir akzeptieren, dass wir auf einer bedrohten Erde leben, drängt sich uns die gegenteilige Aufgabe auf, die Kulturen zu zivilisieren, universelle Solidarität und Zusammenarbeit durchzusetzen; eine Aufgabe, die durch den Aufstieg der "heroischen Gewalt" religiöser und ethnischer Sektierer nicht leichter wird. Die Maßnahmen, die Sloterdijk vorschlägt – die Überwindung des kapitalistischen Expansionsdrangs, eine internationale Zusammenarbeit mit dem Potenzial zu einer Exekutivgewalt, die bereit ist, staatliche Souveränität zu verletzen –, sind dies nicht allesamt Maßnahmen, die darauf abzielen, unsere natürlichen und kulturellen Gemeingüter zu bewahren? Wenn sie nicht in die Richtung eines neu erfundenen Kommunismus weisen, wenn sie nicht einen kommunistischen Horizont implizieren, dann weiß ich nicht, was mit dem Begriff Kommunismus gemeint gewesen sein soll.

...

QuoteAntigone dreht am Rad #8

Ich stimme Zizek bedingt zu, es ist ein Graus mitanzusehen, wie der Universalismus und die Vernunft auf die Hinterbänke gerückt sind, während nationale und ideologische Kräfte die Agenda prägen. ...


QuoteTularch #9 

Solche Träume von globaler Großsteuerung führen in ihrem Endergebnis zu riesigen, totalitaeren Bürokratien, die jede Freiheit und Entwicklung auf diesem Planeten ersticken werden. Der kommunistische Traum gebiert immer aufs neue solche Ungeheuer.
Vielleicht ist der Konflikt zwischen Globalisten und Regionalisten doch der Entscheidende unserer Zeit und erschreckender Weise ist keine von beiden Seiten liberal (im Sinne bürgerlicher Freiheiten). Aber in einer in kleine selbstständige Einheiten aufgeteilten Welt, gibt es wenigstens aufgrund der Konkurrenz der politischen Einheiten und ihrer größeren Bürgernahe noch Raum und Hoffnung für die Freiheit des Einzelnen.



Aus: "Kapitalismus: Hinter dem samtenen Vorhang" Slavoj Žižek - Aus dem Englischen von Michael Adrian (23. Mai 2017)
Quelle: http://www.zeit.de/2017/22/kapitalismus-globalisierung-populismus-ideologien-weltordnung/komplettansicht (http://www.zeit.de/2017/22/kapitalismus-globalisierung-populismus-ideologien-weltordnung/komplettansicht)

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Quote[...] Wien. Übervoll der Wiener Arbeiterkammersaal, Übertragung ins Theater Akzent nebenan. Der weltreisende slowenische Philosophiekomet Slavoj Žižek landete bei den Festwochen in Wien. ... Dem Charismatiker im Unterschichtenlook ist schwer zu folgen, obwohl er einfaches Englisch spricht. Er beginnt mit dem Unterschied von Bürgerrecht und Menschenrecht: Flüchtlingen wird das eine zugestanden, das andere nicht, sie seien, mit Berufung auf den Linguisten Jean-Claude Milner, degradiert zu "sprechenden Körpern". Vom "Öffnen unserer Herzen für Flüchtlinge" hält er nichts. "Wir brauchen präzise politische Maßnahmen." Er will sie nicht als "unser neues Proletariat" idealisiert wissen. ... Eine von ihren Helfern angestrebte übergeordnete homogene Lebensweise gibt es nicht. Universalismus bleibt eine Bruderschaft verschiedener Lebensweisen. Flüchtlinge sollen ihren Way of Life behalten – ihre sexuellen Bräuche, den Genuss, wie man lacht und liebt, ihre hierarchische Ordnung, auch die arrangierten Zigeunerhochzeiten. Israel ahnde aus Klugheit keine Ehrenmorde in den besetzten Palästinensergebieten; so wie auch die britischen Kolonialherrn Indiens Kastenwesen nicht anrührten. ...

QuotePaul Landman, 21.05.2017 17:35 Uhr

... Ein riesiger philosophischer Fleckerlteppich aus allen Schlagworten der versinkenden Postmoderne wurde ausgebreitet und der Meister aus Slowenien versuchte einen ermutigenden und kraftvollen Walkürenritt.

An sich habe ich Slavoj Zizek früher gerne gemocht, aber die Zeiten sind vorbei, wo man seinen Hegelianismus noch bewundern darf. Heute ist er der Meister einer aufstrebenden, narkotisierenden Geschwätzigkeit. Dass Israel angeblich aus Klugheit keine Ehrenmorde im Westjordanland ahndet, ist eine seltsame Botschaft. Und weiteren Nonsens nach DIN Norm-Zeitgeist vernimmt man. Heute ist Zizek nur noch ein Festredner in intellektuellen Bierzelten, der alle Denk- und Kotzbrocken zu einem Einheitsbrei am Bocksberg der Gedankenlosigkeit zusammenköchelt, vor dem mir graut. Ein dämonischer Koch! Und natürlich sitzt die Hautvolee der österreichischen Intellektualität, Eminenz um Eminenz, im Foyer, um mit Zizek "The Courage of Hopelessness" zu zelebrieren. Ein jämmerliches Spektakel!



Aus: "Slavoj Zizek: Mutig in die Hoffnungslosigkeit" Hans Haider (21.05.2017)
Quelle: http://www.wienerzeitung.at/dossiers/wiener_festwochen/893369_Mutig-in-die-Hoffnungslosigkeit.html (http://www.wienerzeitung.at/dossiers/wiener_festwochen/893369_Mutig-in-die-Hoffnungslosigkeit.html)

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Quote... Der bärtige Mann schwitzt, schnieft und fuchtelt sich in Großaufnahme durch seine Assoziationsketten, die körperliche Präsenz unterstreicht das Gesagte. Zizek hält auch die inoffiziellen Intellektuellen-Rekorde im erstens Sich-an-die-Nase-Fassen und zweitens im Wuchtel-Drucken [Eine Wuchtel drucken: einen (billigen) Scherz machen «-WUchteldrucker, der -s, – Scherzbold ]. Dank seines nach allen Seiten ausschlagenden Humors ist seine Botschaft gut annehmbar und die Stimmung heiter - vielleicht hat Zizek ja mittlerweile so etwas wie die Rolle eines Antidepressivums für die radikale Linke übernommen. ... Im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Linken, die sich von den universalistischen Werten der Aufklärung verabschiedet und sich im Gewirr von Multikulti und Identitätspolitik verheddert haben, hält Zizek an ihrem Kern fest. Die westliche Linke solle aufhören, sich ständig als Teil des imperialistischen Kapitalismus selbst zu kasteien und jede Barbarei als ,,unterschiedlichen Lebensstil" zu tolerieren, und stattdessen an einem neuen Projekt arbeiten. Das Wort ,,Kommunismus" nimmt Zizek in der Wiener Arbeiterkammer zwar nicht in den Mund, aber seine positive Bezugnahme darauf ist bekannt. ...

http://science.orf.at/stories/2844622/ (http://science.orf.at/stories/2844622/), (Lukas Wieselberg, 21.05.2017)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 21, 2017, 08:29:12 AM
Quote[...] Die Erste Kammer des niederländischen Parlaments hat ein Gesetz angenommen, wonach Asylbewerber und Migranten sich künftig schriftlich den niederländischen Werten und Normen verpflichten müssen. Die sogenannte Partizipationserklärung ist Voraussetzung für eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung. Wer sie nicht unterschreibt, muss ein Bußgeld von bis zu 340 Euro bezahlen. Die Strafzahlung soll auch mehrmals verhängt werden können.

Ziel der Erklärung sei es, die Einwanderer so schnell wie möglich mit den Werten und Regeln der niederländischen Gesellschaft vertraut zu machen, heißt es in der Regierungserklärung. Die Partizipationserklärung sei ein obligatorischer Bestandteil der Integration. Unter anderem geht es darin um den Respekt vor Meinungsfreiheit und Gleichberechtigung. Auch das Diskriminierungsverbot ist darin festgehalten. Laut Sozialminister Lodewijk Asscher gehe es um "nicht verhandelbare und für uns selbstverständliche Spielregeln".

...


Aus: "Niederlande: Strafzahlung bei Integrationsverweigerung" (20. Juni 2017)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/ausland/2017-06/niederlande-migranten-partizipationserklaerung-werte-normen (http://www.zeit.de/politik/ausland/2017-06/niederlande-migranten-partizipationserklaerung-werte-normen)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 22, 2017, 04:27:13 PM
Quote[...] Wenige Jahrzehnte danach reichte das Römische Reich von Schottland bis zum Sudan, vom Kaukasus bis zur Iberischen Halbinsel – ein Territorium, das mit riesigem Einsatz von Geld, Material und Menschen verteidigt werden musste.

Rund 2.000 Jahre später fand ein US-amerikanischer Wissenschaftler einen Begriff für die Selbstüberforderung einer Großmacht, die zu viel auf einmal will und sich beim Einsatz ihrer Ressourcen verzettelt: ,,imperial overstretch". Das Phänomen gilt als Vorstufe für den Verfall von Großreichen. In einem anderen Imperium, nämlich in den USA, diskutieren liberale Meinungsführer seit der Präsidentenwahl, ob ihre eigene Selbstgerechtigkeit und ihre Blindheit für die Nöte der Trump- Wähler dessen Erfolg erst möglich gemacht haben. Wer die Debatte verfolgt, könnte auf die Idee kommen, dass eine Art moralischer ,,imperial overstretch" vorlag

... Das ausgebreitete emanzipative Programm der Liberalen und Linken wurde zumindest in den USA von der ,,White working class" als Instrument des Klassenkampfes empfunden – und es spricht manches dafür, dass Ähnliches auch in Deutschland passiert. Alle Attacken Hillary Clintons oder der etablierten Medien auf die Unkorrektheiten des Immobilienmilliardärs Donald Trump im Wahlkampf bewiesen in den Augen seiner Anhänger nur, dass er auf dem richtigen Weg war, es jenen Kräften zu zeigen, von denen sie sich verraten fühlen.

Wer als Scheinselbstständiger zwölf Stunden am Tag Amazon-Pakete ausfährt, wer das Geld für die Klassenfahrten seiner Kinder nicht aufbringen kann, auch wer ein gutes Einkommen hat, aber von Abstiegsängsten geplagt wird, empfindet die Emanzipationsideale der gut ausgebildeten, linksliberalen Eliten schnell als Kriegserklärung von oben. Das fühlten die Trump-Anhänger in den USA schon lange, bevor Hillary Clinton sie als ,,basket of deplorables" (,,ein Korb voller Bedauernswerter") verhöhnte.

Mit anderen Worten: Wer statt existenzielle soziale Fragen zu beantworten, damit das Tempo des Kulturkampfes steigert, muss sich über ein Ergebnis wie das bei den US-Präsidentschaftswahlen nicht wundern. Es gibt auch in Deutschland viele Millionen Menschen, die nie in einem Uni-Seminar über Gender-Politik debattiert haben und statt Aufsätze von Judith Butler zu lesen lieber ,,Dschungelcamp", ,,Frauentausch" oder ,,The Biggest Loser" schauen. Womöglich stehen wir vor einer Wahl: Entweder die existierende liberale Gesellschaft gegen ihre Verächter zu halten oder aber deren Gegnern durch einen fortgesetzten moralischen ,,imperial overstretch" zu stärken.

Der Leiter der Heinrich-Böll-Stiftung in Washington, Bastian Hermisson, hat es auf dem Grünen-Parteitag kürzlich auf den Punkt gebracht. ,,Wir sollten uns an die eigene Nase fassen. Was moralisch richtig ist, wissen wir sowieso, und wir blicken mitleidig auf die anderen, die noch nicht soweit sind", erklärte er in einer fulminanten Rede und warnte, das werde nicht reichen. Sein Rat war nicht Abgrenzung, sondern Öffnung: ,,Wir müssen mit Andersgesinnten Kontakt suchen. Ansonsten sind wir selbst Teil des Problems und nicht Teil der Lösung."

QuoteLesegenuss 14:28 Uhr
Der Artikel ist vermutlich deshalb so beliebt, weil der Autor vortäuscht, von seinem moralischen Sockel herunterzukommen, die Prämisse der Einteilung der Welt in gut und böse allerdings nie wirklich aufgibt, sondern sogar noch festigt. Dies wird bereits im Titel deutlich. Auf diese Weise können sich die entsprechenden Anhänger der mit Pseudokritik beworfenen ideologischen Strömung, welche sich ausschließlich damit zufrieden gibt, deren Methoden in Frage zu stellen, weiterhin im Lichte der moralischen Überlegenheit sonnen, ohne jemals hinterfragen zu müssen, ob die pauschale Aburteilung entgegengesetzter politischer Ansichten als unmoralisch und böse in grundsätzlicher Hinsicht gerechtfertigt ist. Ein moralischer "Safe-Space" sozusagen.


QuoteDr.CharlesBronson 13:49 Uhr
Der Artikel wirkt auf den allerersten Blick recht vernünftig, rational. Letztlich hat er aber auch die Einteilung in die Guten, Vernünftigen und die Dummen, Bösen vorgenommen.
Die Skeptiker oder teilweise Konservativen wissen einfach noch nicht, was gut für sie und das Land ist. Die Dummen brauchen einfach nur ein bisschen mehr Zeit als die Guten. Sorry, das ist echt zu simpel. Erschreckend simpel und eigentlich auch an den wirklichen Problemen vorbei  ...


Quotealephbeth 15.12.2016, 13:40 Uhr
Was steckt in der Überschrift für eine bemerkenswerte Feststellung: Die "Vernünftigen" (damit sind wohl die "Gutmenschen" gemeint) sind also hochmütig. Der Autor scheint in seinem Leben noch nicht viele Konflikte ausgestanden zu haben, wenn er die Gesellschaft durch die Idee eines Veggie-Day derart kompromittiert sieht. Im Presseclub wird das Aufkommen der AfD mit dem Erscheinen der Grünen in den 80ern verglichen. Die Ratlosigkeit greift bei den Essayisten und Journalisten um sich. Wer keinen Bock mehr auf politische Korrektheit hat, wirft alles in einen Topf. Was soll daraus folgen? Dass wir jemanden, der gratis vegane Umarmungen anbietet, auch noch verantwortlich dafür machen, dass rechtspopulistische Parteien Zulauf bekommen? Eines noch: Auf den Bürgerversammlungen, die ich erlebt habe, waren die "Gutmenschen" nicht hochmütig, sondern demütig, weil sie nämlich niedergeschrieen wurden von Verschwörungstheoretikern und Bürgern aus der Mitte der Gesellschaft, deren durchaus verständliche Angst als Generalrechtfertigung für ihre hemmungslosen Ausfälle und Aggressionen gelten darf. Wollen wir das?


Quoteeinliberaler 13.12.2016, 17:27 Uhr
Für alle, die hier auf dem Verfasser rumhacken, eine kurze und klare Zusammenfassung:
Über dem - durchaus edlen - Streben nach Beseitigung von Ungleichheit/ Ungerechtigkeit für jede noch so kleine Minderheit geht völlig unter, dass es weit existenziellere Probleme für eine deutlich größere Mehrheit zu lösen gilt.
Die Relationen sind mittlerweile leider völlig verzerrt.

Wenn ich sowas: " ... Berlins Partnerstädte sollen kritisiert werden, wenn das wegen deren Verstößen gegen ,,LSBTTIQ*"-Normen nötig scheint. Übrigens: Sexistische Werbung will die Koalition sogar auf privaten Werbeflächen durch die Bildung eines ,,Expert*innengremiums" verhindern."
lese, geht mir der Hut hoch.


Quotesopla 12.12.2016, 14:40 Uhr
Gegen Monaths Hypothesen ist Folgendes einzuwenden:
1.     Es ist eine gefährliche Idee, Minderheitsinteressen, die menschenrechtlich garantiert sind zur Disposition zu stellen, um mehrheitsfähig zu werden,
2.     Demokratisierung bedeutet die Aufhebung von Ausschlüssen, die sukzessive Inklusion von Minderheiten als Rechtsgleiche in die Gesellschaft und nicht ihr Ausschluss,
3.     Rechte von Minderheiten sind kein ,,Gedöns",
4.     Frauen sind keine Minderheit,
5.     Man bekämpf die reaktionäre Rechte nicht dadurch, dass man ihre Argumente übernimmt, sondern ihnen unsere freiheilich-pluralen Werte, wie sie im Grundgesetzt verankert sind entgegen hält,
6.     ,,Amerikas Intellektuelle sind nicht schuld an Donald Trump, denn einen öffentlichen Diskurs hat es dort nie gegeben. Vielmehr steckt die Demokratie selbst in einer Krise."
(http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/amerikas-intellektuelle-sind-nicht-schuld-an-donald-trump-14567156.html (http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/amerikas-intellektuelle-sind-nicht-schuld-an-donald-trump-14567156.html)
7.     Trumps Sieg ist nicht allein Ausdruck der ,,Unbeschützten" und ,,Abgehängten", sondern verdankt sich zugleich einer großen Anzahl von weißen und wohlhabenden Wählern
– ähnlich wie auch die AfD 33,9 % ihrer Sympathisanten aus dem reichsten Fünftel der Bevölkerung rekrutiert (Quelle: IW Köln, Stand: Frühjahr 2016). Ganz zu schweigen von jenen US-Bürgern, deren politische DNA schon immer republikanisch war.
8.     Nicht die liberale Linke hat den Westen gespalten, sondern die Unfähigkeit, der fehlende Wille und die fehlende Weitsicht aller Hauptverantwortlichen in Ökonomie, Politik und Kultur, für mehr Gerechtigkeit zu sorgen, statt auf das eigene nationale und private Wohlergehen zu schauen.
9.     Die Gesellschaften des Westens sind gespalten nicht aufgrund des kulturellen Liberalismus, sondern
aufgrund des Scheitern des ökonomischen Liberalismus.
10.     Political Correctness ist kein ,,Tugendterror". Hinter p.c.  steht die Einsicht, dass Gesetze nicht ausreichen, um Respekt für alle durchzusetzen.

Quotejan 13.12.2016, 12:34 Uhr
Antwort auf den Beitrag von sopla 13.12.2016, 11:11 Uhr
Nur ist Ethik ein höchst persönliches System und bei Moral muß sinnvollerweise zwischen Privat,- Gruppen- und Staatsmoral unterschieden werden, die sich durchaus widersprechen können (ein Einzelner kann es moralisch gerechtfertigt finden, eine ihm besonders wichtige Sache ohne Rücksicht auf die Rück- und Nebenwirkungen für ihn bis hin zum Selbstmord voranzutreiben, beim Staatsmann kann solches für den Staat nicht tun ohne als Schwerverbrecher zu gelten), während PC allgemeine Geltung beansprucht.

Wenn die PC-Befürworter sich selbst PC-gemäß äußern und verhalten und dabei alle anderen so reden und schreiben lassen würden, wie denen der Schnabel gewachsen ist, gäbe es doch kein Problem.


Quotesopla 15.12.2016, 18:30 Uhr
Antwort auf den Beitrag von jan 13.12.2016, 12:34 Uhr
Wenn Ethik ein ,,höchst persönliches System ist", handelt jeder wie es im gefällt. Für bestimmte Bereiche des Lebens ist das harmlos, z.B. sich gesund ernähren, sich bilden oder Sport treiben. Wenn es aber um die Mitmenschen geht, wird es problematisch. Kaufe ich bei H&M die ,,billig Klamotten", Fliege ich mit dem Flugzeug, lüge ich? Zu Ende gedacht, zerstört diese Art von privater Ethik das menschliche Zusammenleben in einer Gesellschaft´. Die Ethik als Disziplin der Philosophie befasst sich mit der Frage, was ist moralisch ,,gutes" oder ,,richtiges" Handeln? Hier geht es um Allgemeingültigkeit, um Regeln, die für alle Menschen gelten sollen. Das ist sicher kein einfaches Unterfangen! Aufgabe ethischen Nachdenkens es ist, Kriterien für gutes und schlechtes Handeln aufzustellen. Kant´s kategorischer Imperativ ist so ein Versuch: ,,Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde." Mit ,,Allgemeinen Gesetz" ist nicht das Gesetzt im Sinne des Rechts, sondern das moralische Gesetzt gemeint. Der KI gebietet allen vernunftbegabten Menschen, ihre Handlungen darauf zu prüfen, ob sie einer für alle, jederzeit und ohne Ausnahme geltenden Maxime folgen sollen und ob dabei das Recht aller betroffenen Menschen berücksichtigt wird. (Wiki) Das ist alles andere als eine subjektive Privatethik und sehr anspruchsvoll. Kant lehnt konsequenterweise Selbstmord als mit dem KI unvereinbar ab oder andere selbstschädigende Verhaltensweisen wie Drogen. Arnold Gehlen, plädiert für eine pluralistische Ethik. Damit widersprecht er der Ethik etwa Voltaires oder Kants. J. Habermas reagierte auf die pluralistische Ethik mit seiner universalistischen Diskursethik. PC beansprucht wie die Ethik oder die Menschenrechte allgemeine Geltung. Nur gibt es für diese den EGMR und das BVerfG., aber für Bereiche wie Technik, Medizin, Medien oder Politik brauchen wir allgemeine ethische Maßstäbe d.h. das beste Argument soll sich durchsetzen.



QuoteMcSchreck 15.12.2016, 19:46 Uhr
Antwort auf den Beitrag von sopla 15.12.2016, 18:30 Uhr
alles richtig und man merkt, dass Sie sich bemühen, dies zu befolgen, weil sie für eine(n) "Gutmenschen" extrem sachlich argumentieren (und damit kein Gutmensch im eigentlichen Sinne sind).

Da viele Menschen sich aber nicht an solche Standards halten und dafür auch immer irgendeinen Grund finden (was leicht ist), würde ich das ganze abstufen.

Es gibt als "unverzichtbar" einzuhaltende Regeln die, die Strafgesetze beschreiben, das sind sozusagen die Mindeststandards. Dann kommen sonstige Gesetze und dann kommt die allgemeine Moral, manchmal divergiert auch beides.

Das Wichtigste bei der Moral ist für mich aber, dass "pwyp" gilt, also "practice, what you preach". Das ist sozusagen die umgekehrte Formel von Kant. Verlange von anderen nicht mehr, als Du selbst zu leisten bereit bist.

Wenn man damit anfangen würde, wäre schon viel gewonnen. Ich versuche das zum Beispiel. Ich verlange daher nicht übermenschlich viel von anderen, aber was ich erwarte, erwarte ich erst Recht von mir. Damit bin ich in meinem Bekanntenkreis schon ziemlich weit "vorn", während ich viele Leute kenne, die ganz große Weltverbesserer sind, wenn es darum geht, was "man"/"die da oben"/"die Politik" alles leisten müssten, aber selbst gar nichts tun, solange die Welt eben so ist.

Schließlich noch der Hinweis, dass man sich moralisch auch "fesseln" kann, dazu hatte ich ja gestern abend einen Link geschickt. Wenn Diskussionen nur noch so ablaufen, dass sich auch der Empfindlichste nie zurückgesetzt fühlt, dann kann man gar nicht mehr diskutieren.


QuoteHanebutt 12.12.2016, 14:05 Uhr
Es fehlt ein entscheidender Punkt: Die Rückbesinnung auf die eigenen Handlungen.
Diese Selbstschau wird tunlichst unterlassen, Sie wäre aber einer der Kernpunkte zu begreifen, warum die alten Medien einen solchen Rückgang erleiden, warum ihre Art der Berichterstattung immer weniger gelitten wird.
Das, was der Autor als Elite sieht, ist keine mehr, sondern nur noch einer der im Schützengrabenkampf verwickelten Gesellschaftsgruppen. Ohne Mut und Kraft zur Selbstreflexion. Aber mit dem Pathos der scheinbar wissenden.



QuoteAntonym 12.12.2016, 13:08 Uhr
Das Schlimmste an dieser Debatte ist, wie tief sich beide Seiten in ihren geistigen Schützengräben eingegraben haben. Die einen schalten auf "Hit or Run", sobald irgendetwas "linksgrünversifftes", also PC, kommt, die anderen, sobald etwas "rassistisches", also Kritik an permissiver Migrationspolitik und Multikulti, geäußert wird. Demokratie kann jedoch nur als Diskurs und nicht als Diskursverweigerung funktionieren.  ...


Quotebeobachter73 11.12.2016, 17:51 Uhr
... Auch ich habe das Gefühl, dass Trump, AFD u.a. die Reaktion der meist schweigenden Mitte auf massive Übertreibungen der linksökolgischen gesellschaftlichen Kräfte darstellen. Ich habe es schon häufiger geschrieben, die meisten Menschen können mit Gender Mainstreaming, Offene Grenzen für alle, Veggie Day definitiv nichts anfangen. Es geht völlig an ihrem Leben und an ihren Bedürfnissen vorbei. Solange es die eigenen Belange nicht tendiert, ist diese schweigende Mitte ruhig und schüttelt den Kopf. Mit der Flüchtlingskrise wurden erstmals die Belange dieser Mitte, allseits spürbar und sichtbar, berührt. Man sieht die vielen jungen Männer auf der Straße, die aus aller Welt gekommen sind. Das erklärt zwar nur zum Teil, warum plötzlich so viele Leute AFD wählen, aber es ist wie ein Ventil, dass sich im Überdruck geöffnet hat. Jetzt kommt auch noch all der Druck hervor, der sich schon vorher aufgestaut hat.  ...


Quoteplumpe 11.12.2016, 17:45 Uhr
Im Horizont der ansonsten publizierten Artikel zum Thema sticht dieser Beitrag durch Nachdenklichkeit hervor. Er krankt allerdings weiterhin an einem Grundfehler der überwiegenden Kommentierung der Lage. Offenbar ist es schwer zu akzeptieren, dass es in Deutschland (und Europa) zahllose Bürgerinnen und Bürger gibt, die weder "sozial abgehängt" noch von "Ängsten" geplagt sind, sondern schlicht und einfach eine andere Vorstellung von ihrem Land haben. Sie möchten Ihre Lebensweise nicht unter Dauerkritik gestellt sehen, sondern als gute und lebenswerte Tradition fortführen. Sie möchten in einem christlich geprägten Land leben, herkömmliche Sitten respektiert sehen und sind nicht geneigt, massenhafte unkontrollierte Einwanderung und wachsende Einflußnahmen des Islam als "Fortschritte" zu verstehen. Sie glauben noch, dass jeder Bürger die selbstverständliche Sicherheit in Anspruch nehmen kann, nachts unbehelligt über die Straße zu gehen. Kurz: bei diesen Menschen handelt es sich weder um verirrte Schafe, noch um Nazis oder Angstphobiker, sondern nur um Staatsbürger und Staatsbürgerinnen, die in einem anderen Land leben möchten als es ihnen von der links-grünen Medienmacht tagtäglich als vorbildlich ausgemalt wird. Es geht daher um einen durchaus rationalen kulturellen Konflikt, der im Rahmen der Verfassung demokratisch zu entscheiden ist.


QuoteMoserhansi 11.12.2016, 10:16 Uhr
PC ist inkorrekt und provoziert?
Das ist ja wohl der größte Schwachsinn den ich die letzten Monate gelesen habe.
Nur weil 25% der Menschen offenbar geistige Defizite durch freie Meinungsäußerung begründet in die Welt implementieren wollen soll ich als Gutmensch dafür mitverantwortlich sein.
Gutsein erzeugt also böse Gesinnungen?
Welch ein Kompost.
Ich musste das Lesen des Artikels ab dem Ende der ersten Seite einstellen.
Wenn zig Millionen Menschen zu faschistoiden Meinungen tendieren und die erkämpften Freiheiten durch ein mittelalterliches Zerrbild ersetzen wollen und in ihrer Degeneration noch meinen: ``Das wird mensch ja mal sagen dürfen``, dann ist wohl eher die humanistische Bildungspolitik gescheitert, nicht der Humanismus.
Wenn diese Menschen den plumpen Pseudo-Vorgaben der Trumps, Orbans, Wiilders, LePens folgen, welche vom kapitalistischen Syystem installiert wurden um bei einem Versagen der Märkte Mithilfe dieser faschistoiden Bewegungen das Ruder in der Hand zu halten, dann ist nicht mit den Gutmenschen etwas nicht in Ordnung, sondern mit dem System selbst.
Das mensch mit sachlicher Argumentation für z.B. Obergrenzen bei Flüchtlingskontingenten argumentieren kann hat Sahra Wagenknecht ja gezeigt. Unabhängig davon dass auch mit dieser Argumentation rechtliche Probleme auftreten würden weil Gesetze verletzt würden,
ist zumindest die Möglichkeit vorhanden Kritik zu äußern und zu diskutieren.
Nicht mit hetzerischem Denken sondern mit sozial-humanen Einstellungen werden wir die Welt zum Positiven hin verändern können.
Und ein krasses Ding zum Schluss: Wir als Gutmenschen haben uns viel zu lange den  ganzen Nazi-Müll, die CDU/CSU-Hetze(``Das Boot ist voll``), das ganze kriegs-treiberische Gelaber der Wirtschaftseliten  angeschaut. Jetzt wird uns von Hrn. Monath genau dies noch vorgehalten, traurig.

Quoteomamoni 11.12.2016, 14:22 Uhr
Antwort auf den Beitrag von Moserhansi 11.12.2016, 10:16 Uhr

    Nur weil 25% der Menschen offenbar geistige Defizite durch freie Meinungsäußerung begründet in die Welt implementieren wollen soll ich
    als Gutmensch dafür mitverantwortlich sein.


Sie haben die Aussage des Artikels (leider) nicht verstanden - schade.


...



Aus: "Political Correctness Der Hochmut der Vernünftigen" Hans Monath (22.06.2017)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/politik/political-correctness-die-masslosigkeit-der-fortschrittlichen-und-der-basket-of-deplorables/14961874-2.html (http://www.tagesspiegel.de/politik/political-correctness-die-masslosigkeit-der-fortschrittlichen-und-der-basket-of-deplorables/14961874-2.html)

Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 30, 2018, 11:21:18 AM
Three Billboards Outside Ebbing, Missouri ist eine britisch-US-amerikanische schwarze Komödie von Martin McDonagh, die am 4. September 2017 im Rahmen der Filmfestspiele in Venedig ihre Premiere feierte. Am 10. November 2017 kam der Film in die US-amerikanischen und am 25. Januar 2018 in die deutschen Kinos. ... Die Jury der Evangelischen Filmarbeit empfiehlt den Film; in epd Film heißt es, er biete ,,gelungene und nachdenklich machende Unterhaltung".
https://de.wikipedia.org/wiki/Three_Billboards_Outside_Ebbing,_Missouri (https://de.wikipedia.org/wiki/Three_Billboards_Outside_Ebbing,_Missouri)

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Quote[...] Beinahe alles, was in den ersten zwei Dritteln von Three Billboards Outside Ebbing, Missouri geschieht, geschieht mit einer manischen Entschlossenheit. Auf die Spitze wird diese getrieben, wenn der für seine rassistischen Gewaltübergriffe bekannte Polizist Dixon einmal den Agenten, der die Werbetafeln vermietet und den er für den Tod Willoughbys verantwortlich macht, verdrischt und aus dem Fenster schmeißt – in einer völlig überhitzten, blutrauschigen Plansequenz, als würde sich der Film selbst für einen Moment nicht mehr im Zaum halten können und cholerisch in Wut ausbrechen.

Three Billboards ist ein seltsamer Film. Anders lässt sich das erst einmal nicht sagen. In erster Linie wohl deshalb, weil er über keine innere Kontrolle verfügt – oder wenn doch, dann im Sinne der kontrollierten Sprengung seiner einzelnen Momente. Dass das aber so leicht gar nicht zu entscheiden ist, ist wiederum der springende Punkt seiner Seltsamkeit.

So gibt es etwa keinen auf den Punkt zu bringenden Tonfall, den dieser Film durchhalten würde. Besonders augenfällig wird das beispielsweise, als Mildreds Ex-Mann Charlie (John Hawkes) der Kragen platzt, er sie würgend an den Türrahmen presst, voller Zorn über die ungewöhnliche PR-Aktion, die die Tochter ja auch nicht zurückbringt, während seine neue und mit allen Mitteln der Inszenierungskunst als Dummheit in Person dargestellte Freundin den Raum betritt und nach der Toilette fragt. Hier stolpert die Sitcom ins Drama um häusliche Gewalt. Hier springt der Tonfall aus der Fassung – zum denkbar weitestentfernten Register. Eine im wahrsten Sinne seltsame Szene.

Über den Backlash, der im Moment – und das heißt: mitten in der Oscar-Saison – auf Three Billboards einhagelt, darf sich Regisseur Martin McDonagh angesichts solcher Szenen nicht wundern. Vermutlich wundert er sich auch gar nicht und der Backlash war Teil der Rechnung. Der Sexismus dieser Szene – die Art, wie das Dummerchen mit der schwachen Blase hier die Szene crasht – liegt so deutlich auf der Hand, dass er einen auch in weniger hellhörigen Zeiten als den jetzigen vor den Kopf gestoßen hätte.

Ein anderer großer, weit verbreiteter Kritikpunkt ist der fahrige Umgang des Films mit institutionellem Rassismus. Dixons vergangene Foltervergehen an Menschen of color werden zwar permanent in den Raum gestellt, bleiben ansonsten aber völlig unthematisiert. Stattdessen gönnt McDonagh, der auch das Drehbuch schrieb, dem hassenden Schlägercop am Ende eine moralische, ja, gottgegebene Läuterung.

Ohne Frage ist Three Billboards angesichts etwa dieser Entwicklung ein perverser Film; die Frage müsste aber sein, wie er sich zu einer kolossalen Perversität verhält, die ihm schließlich nicht einfach so rausrutscht. Und der Konjunktiv ist unumgänglich. Denn perverser noch als die Art und Weise, wie Three Billboards Frauen, Rassisten und Schwarze inszeniert, ist die Art und Weise, wie er die Frage an sein Selbstverständnis im Konjunktiv gefangen hält.

Denn hier kommt die Grundbewegung des Films wieder ins Spiel: die Bewegung vom Festentschlossenen hin zur allumfassenden Unsicherheit, mit der uns McDonagh in den Abspann schickt. Am Ende hat der Zweifel gewonnen. Das Personal des Films weiß nicht mehr, was es da eigentlich tut, und wir wissen nicht mehr, wie uns geschieht. Entzogen wird der Boden, auf dem sich moralisch urteilen lässt. Anders gesagt: Was Three Billboards uns, den Zuschauern, wegnimmt, ist die liberale Position, die wir aus dem Kino eigentlich gewohnt sind.

Selbstverständlich blicken wir, wenn wir diesen Film sehen, mitten hinein ins Trump-Amerika. Wir blicken in die Kleinstadt im Mittleren Westen, hinein in die Strukturen des örtlichen Lebens. Was wir sehen, sind Diskriminierung, Rassismus, Sexismus, Hass, Unversöhnlichkeit. Darüber hinaus – und das ist noch beängstigender – sehen wir aber auch einen Film, der keinen Tonfall durchhält, der die Kontrolle über sich selbst verliert, der um sich drischt, der antritt, um in der Folge alles, was gerade als moralisch sicher galt, zu zerhauen, und der stellenweise sogar in die Sitcom abdriftet – oder, das könnte man genauso gut sagen: ins Reality-TV.

Wäre dieser Film also ein Gehirn, man könnte sich vorstellen, nach welchem Modell es geschaffen wäre. Three Billboards ist der vielleicht abgründigste Film über den Trumpismus bisher. Gerade weil er keine liberale Gegenrede parat hat. Entweder ist dieser Film also ein zynisches Pamphlet, das noch viel gravierendere Vorwürfe auf sich ziehen müsste als die, die ihm bisher gemacht wurden. Oder er ist tatsächlich eine blitzintelligente Offenlegung über den prekären Status der Moral im Hier und Jetzt. ...

Quote
Richard Zietz | Community

Die Besprechung liest sich und der Trailer sieht sich an wie American Gothic as his Best – also das, was die Amis (in den Momenten, in denen sie wollen) fulminant drauf haben: Geschichten erzählen, und den darin enthaltenen Plot rückhaltlos bis zum Ende durchziehen – so, wie es die großen sozialrealistischen Autoren Steinbeck, Sinclair, Dos Passos und Roth vorgemacht haben. ...


Quote
harsdorfer | Community

Habe den Film vorgestern Abend gesehen und kann die obige Rezension nicht so recht nachvollziehen.

Es ist halt ein Coen-inspirierter Film, das haben Regisseur und Hauptdarstellerin ja auch zugegeben. Eine schwarzhumorige, aber irgendwie auch tragische Komödie, bei der spätestens ab der Mitte des Films (Molotow-Cocktails) keiner moralisch sauber rauskommt. Naja, vielleicht noch der Nachfolger von Willoughby (Clarke Peters aus The Wire) und James (Peter Dinklage, der seit Game of Thrones omnipräsent zu sein scheint).

Für mich der beste Hollywood-Film seit "No Country for old Man" und (der Serie) "True Detective".



Aus: "Being Trump" Lukas Stern (Ausgabe 04/2018)
Quelle: https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/being-trump (https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/being-trump)

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Quote[...] Three Billboards Outside Ebbing, Missouri, USA/GB 2017 - Regie und Buch: Martin McDonagh. Kamera: Ben Davis. Schnitt: John Gregory. Musik: Carter Burwell. Mit Frances McDormand, Woody Harrelson, Sam Rockwell, Peter Dinklage. Verleih: Fox, 116 Minuten.

... "Three Billboards" liest man am besten als einen Metafilm. Als einen cleveren Essay über die Tendenz unserer Zeit, schnelle Urteile zu fällen, harte Lager zu bilden und sich gleich vollkommen sicher zu sein, wie absolut verkommen die Gegenseite ist. Solche Sicherheiten will McDonagh brillant erschüttern, dafür nimmt er sogar eine gewisse Herzlosigkeit in Kauf. Es geht ihm nicht wirklich um Mordopfer und die Gefühle ihrer Eltern, es geht ihm nicht wirklich um Polizeigewalt und Rassismus, und es geht ihm erst recht nicht um reale Kleinstädte im Süden der USA.

Worum es ihm geht, ist die Wut seiner Zuschauer, ihre Gefühle, die er immer wieder verwirrt, erschütternden Umkehrungen unterwirft und mit riesigen Fragezeichen entlässt. Dass deshalb nun eine Debatte läuft, die ihn aus allen Oscar-Empfehlungen möglichst ausschließen will, beweist nur die Klarsicht seines Films - und die Richtigkeit seiner Analyse.

...


Aus: "Ein Film, der allen trotzt" Tobias Kniebe (29. Januar 2018)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/kultur/three-billboards-outside-ebbing-missouri-im-kino-ein-film-der-allen-trotzt-1.3837138 (http://www.sueddeutsche.de/kultur/three-billboards-outside-ebbing-missouri-im-kino-ein-film-der-allen-trotzt-1.3837138)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 30, 2018, 03:12:40 PM
Quote[...] Ellen Kositza will ein ganz, ganz anderes Deutschland; darin ist sie sich mit Kubitschek einig. Hauptthema und prägendes Lebensgefühl in Schnellroda: der vermeintlich drohende Untergang des deutschen Volkes durch Massenmigration und angebliche Selbstverleugnung. Dass die Zuwanderung aus dem arabischen Raum für die Freiheit von Frauen eine echte Gefahr darstelle, ist im Moment Kositzas Haupteinsatzgebiet. ... Ellen Kositza sieht Schnellroda, wo sie und ihr Mann mit sieben Kindern und einer Handvoll Tieren wohnen, als Modell des Gegenlebens, als Widerstandsnest. In den Osten seien sie gezogen, weil der ihnen "weniger gehirngewaschen" erschienen sei, der Westen dagegen als satt und politisch korrumpiert. Das Lebensmotto des Hauses, oft im Gespräch, in Aufsätzen wiederholt: "Etiam si omnes, ego non" – frei übersetzt: Auch wenn alle mitmachen – ich nicht. Es war das Motto, mit dem die bürgerliche Opposition gegen den Nationalsozialismus ihre Haltung zusammenfasste. Kositza nennt als eines ihrer Idole die Widerstandskämpferin Sophie Scholl.

... Tatsächlich: Niemand in Schnellroda, überhaupt bei der Neuen Rechten, sieht eine Anmaßung darin, die eigene Gegnerschaft zur Regierung Merkel oder den Verzicht auf Handys und RTL2 zum Widerstand auf Flughöhe der Weißen Rose zu adeln. Es stimmt: Bücher von Antaios wurden von Amazon aus dem Sortiment genommen (nicht direkt Merkels Schuld). Die Deutsche Bank, sagt Kositza, habe ihre Konten gekündigt. Als Kubitschek und Kositza in Erfurt einmal aus dem Kino kamen, wartete ein Trupp der Antifa auf sie. Alles nicht schön, sicher. Aber an einen Nachmittag bei der Gestapo reicht das in Summe doch wohl nicht so ganz heran.

... Nicht ohne Stolz erzählt sie, dass schon ihre Mitschüler sie als "anstrengende Einzelgängerin" beschrieben hätten, "deren dauernde Provokationen nerven. Nebenbei: knallrechts." Ein Papakind sei sie gewesen, stets die Erste auf dem Bolzplatz mit den Jungs, "besonders hart im Nehmen". Tja: "freiheitsliebend bis zur Aufmüpfigkeit" – man könnte fragen: Wer ist das nicht? Aber diese Selbstbeschreibung als Rebell gehört bei der Neuen Rechten bis zur AfD zum guten Ton. "Die Angepassten, das sind heute die Linken. Rechts ist richtig, und Linke lügen" – so sagt es Ellen Kositza in einer Onlinebotschaft.

Bei Kositza ist die Vertriebenenerfahrung beider Eltern prägendes Motiv. Die Familie der Mutter stammt aus Oberschlesien. Als die Russen anrückten, habe sich Kositzas Großvater, ein Bahnangestellter, unbewaffnet, mit Kollegen im Wald versteckt. Die Rotarmisten hätten ihn gefunden, auf den Hof der Familie gebracht, erschossen und seine Leiche vor Frau und Kindern mit dem Panzer überfahren.

... In vielen Texten der Neuen Rechten wird geraunt und gejüngert. Kositzas Ton ist leicht, direkt, spöttisch, manchmal selbstironisch. Ihr Hauptthema sind Männer und Frauen, "Geschlechterhändel und Gefühlsmoden", wie sie sagt. Sie ist seit Jahrzehnten Abonnentin der Emma, ohne da inhaltlich auf einer Linie zu sein. Der Kerngedanke ist nicht kompliziert: Frauen und Männer sind nicht gleich; es bedeutet etwas, dass Frauen Kinder kriegen können; das Aggressive, Kriegerische gehört zum Mannsein, hat nicht domestiziert zu werden.

... Der Anblick eines Männerdutts kann Kositza in Rage bringen: "Ich habe geschwiegen, als das Drogerieregal für Herrenkosmetik breiter als zwei Meter wurde. Ich habe geschwiegen, als rosa Herrenhemden Mode wurden. Ich habe sogar Männer mit Tragetuch verteidigt", schreibt sie in einer Kolumne. "Aber zu den derzeitigen Heerscharen von Männern mit Dutt kann ich nicht schweigen. Es muss raus: Ihr Modeopfer, ihr Lackäffchen, ihr Stutzer, ihr Schwimmärmelträger, ihr Stromlinienförmigen, ihr Grazien! Ihr seht vollkommen beknackt aus." Kositzas Lieblingsautorin – für deren jüngstes Buch Antaios sich die Rechte besorgt hat – ist die amerikanische Kulturhistorikerin Camille Paglia. Paglia ist – ganz nach Kositzas Geschmack – der Meinung, die westliche, feministisch geprägte Kultur versuche, der Sexualität und den Kräften der Natur alles Brutale, Dunkle und Aggressive auszutreiben. Eine Frau, die im Minirock nachts in eine Kaserne gehe, brauche sich über nichts zu wundern.

Kositza erzählt, sie habe in ihrer Zeit in Offenbach und Frankfurt viel sexuelle Übergriffigkeit, Bedrängung bis zu einem Vergewaltigungsversuch erlebt – "von immer denselben Horden fremdländischer Männer". Sie habe einen von Lesben angebotenen Selbstverteidigungskurs gemacht. Die Kombination des Frauenthemas mit dem Migrationsthema lag aus ihrer Sicht auf der Hand. Die Übergriffe der Kölner Silvesternacht inspirierten Kositza zu ihrem Buch Die Einzelfalle. Warum der Feminismus immer die Straßenseite wechselt.  Der Feminismus wie der Rest der Linken weigere sich, die kulturellen Zusammenhänge der Übergriffe mit dem Frauenbild muslimischer Länder zu sehen. Kositza kann Daten und Orte herunterbeten, in denen, wie sie sagt, "Ingenieure und Bereicherer" Frauen angegriffen oder vergewaltigt hätten. Gegen Ausländer habe sie allerdings nichts, wie man darauf komme? Hier tritt einem das Unterkomplexe in Kositzas Texten entgegen: Es gibt keine Ambivalenz. Rechts ist gut, links ist verlogen. Einwanderung, Massenflucht ist nur Untergang; was damit sonst verbunden ist, geht sie nichts an. Wieder und wieder wird einem versichert, gegen integrierte Ausländer habe man nichts – aber wer das entscheidet, ob einer deutsch genug ist, das fällt dann wieder nicht in ihren Zuständigkeitsbereich. In Schnellroda wohnen Partisanen, keine Politiker.

Kositza kann leicht akzeptieren, dass man nicht links sein muss, um nicht mit ihrer Haltung übereinzustimmen – was vielen bei der Neuen Rechten schwerfällt. Nur ist das am Ende nicht wichtig. Auch die AfD ist für Kositza nicht wirklich wichtig. Die Stimmung in Schnellroda, das Lebensgefühl ist dramatischer. Man sieht sich als das eine Prozent der Bevölkerung, das nicht schläft, das die Gefahr erkannt hat und zum Handeln bereit ist – was immer das heißen soll.

Quotezauberkiste #31

Die Überraschung des heutigen Tages. Die Zeit hat sich durchgerungen, über einen "rechten Lebensstil" (einigermaßen) neutral und sachlich zu berichten ! Und über Mitbürger, die "rechts" richtig finden.

Meine Hochachtung! Das hätte ich nicht erwartet. Es wird aber auch höchste Zeit, die "rechtsdenkenden" Menschen, hier in diesem Land, in dem wir gut und gerne leben, nicht pauschal zu diskreditieren. Die Vernunft gebietet es, in einen gesellschaftlichen Diskurs einzutreten. Der Anfang ist gemacht.


Quoteloge1881 #3

+ Für Kubitschek und Kositza gibt es keine Ambivalenz. Rechts ist gut, und links lügt. Basta. Dabei ist Ambivalenz ein Kernzustand der Demokratie. +
Von Ambivalenz in diesem Sinne ist aber auch in den Medien nicht mehr viel vorhanden ... was sagt das über den Zustand der Demokratie?


QuoteNiveauPeak #3.3

Volksverräter Merkel, Einheitsparteien, Volksverräter im Bundestag, Umvolkungspolitik der Altparteien....
Haben Sie die letzten Jahrw geschlafen?


QuoteSchnorg-der-Grosse #3.15

Die Frage ist ja überhaupt, ob Frau Kositza tatsächlich "rechts" ist, auch wenn sie das von sich behauptet. Sie erscheint mir eher recht wertekonservativ und wie eine störrische alte Dame aus vergangener Zeit. Was man ihr zugute halten kann ist, dass sie tatsächlich lebt was sie predigt. Das wiederum trifft auf die sogenannten Linken nur selten zu.


QuoteNorfield #3.17

Ich find's ja irre komisch, dass sie genau das Männlichkeitsbild propagiert, dass sie an den Männerhorden kritisiert. ... Da musste ich mir echt an den Kopf langen...


QuoteLangley #5

Freiheitsliebend und für Formstrenge, Hierarchie, Tradition. Aber das sich das gegenseitig ausschließt überschreitet ihren Horizont anscheinend.


QuoteW.Sherman #5.2

"Freiheit ist Dienst an der Gemeinschaft in eigener Verantwortung" - so formuliert die rechtsextreme (ja, trifft in dem Fall wirklich zu) Alte Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn ihren Freiheitsbegriff auf iher Homepage. Warum ich das an der Stelle zitiere?
Wer ein bisschen auf Sezession.de herumstöbert (sollte man ruhig mal machen, dann merkt man auch schnell, wie intellektuell dürftig das letztlich alles ist), dem wird auffallen, dass genau das der Freiheitsbegriff ist, von dem auch dort ausgegangen wird. Wenn Rechtsradikale "Freiheit" sagen, dann meinen sie niemals individuelle Freiheit. Bezeichnenderweise ist der Hauptfeind der Neuen Rechten um Kubitschek nicht die Linke, sondern der Liberalismus.


QuoteKöllefornia111 #5.1

... sie macht sich ihre Welt, wie sie ihr gefällt....
Hey Pippi..... usw.


QuoteAllesKeinProblem #7

Rechts sein, bitte schön. Aber sich selbst in der Tradition der Weißen Rose zu sehen ist so krass und massiv frech, da bleibt mir die Spucke weg.
Passt aber super zur sonstigen Strategie der Verwirrung und Provokation ...


QuoteMaraska53 #3.18

"Volksverräter Merkel, Einheitsparteien, Volksverräter im Bundestag, Umvolkungspolitik der Altparteien...."
Und das sind für sie Lügen? Was halten sie dann von der "sozialen Gerechtigkeits-Show" der SPD?
Ist für sie o.k.?


Quoteparrot0815 #7.7

Die "rechte Weltanschauung" stolpert nicht, weil es im Prinzip gar nicht darum geht, Ausländisches grundsätzlich abzulehnen. Es geht nur darum, das abzulehnen, was einem selbst nicht nützt. Das Phänomen "Rechts sein" scheint mir ein extremer Egoismus gepaart mit einem gewaltigen Minderwertigkeitskomplex zu sein.


Quote
Marzipan #7.8

> Das Phänomen "Rechts sein" scheint mir ein extremer Egoismus gepaart mit einem gewaltigen Minderwertigkeitskomplex zu sein. <

Wo beginnt nach dieser Definition dann "rechts", parteipolitisch betrachtet?Ordnen Sie die CSU rechts ein?
Und welcher politischen Richtung ordnen Sie das Phänomen "Egoismus ohne Minderwertigkeitskomplex" zu?


Quote
Paul Ericsson #11

"Dressurreiten, echt, ich gerate heute noch ins Schwärmen. Dieser Einklang von Befehl und Gehorsam, in vollkommener Harmonie!"
Das geht ab!


QuoteWuselnator #16

So so, der feinen Dame ist es also nicht mehr herrschaftlich genug auf dem Gestüt. Sind das diese anti-Elitären mit dem Draht zum einfachen ,,Volk" von denen immer die Rede ist? :)


QuoteAllesKeinProblem #16.1

Die Dame erfüllt den Wunsch des einfachen Volkes nach ein bisschen völkischer Reinheit und Sicherheit gepaart mit adeligem Glamour.
Hätten die Rechten sowas wie die Bunte, sie wäre dort vermutlich Dauerthema.


QuoteBeim Rettungsring daneben gefasst #18

Ich habe jetzt nicht verstanden warum sie "Knallrechts" ist. Weil die Verwirrten der Antfa ihr zu Hause auflauern? Oder weil Sie Merkel nicht gut findet? Weil sie keine Handys kauft? Oder einfach weil Sie im Osten lebt?


QuoteGalapagos 12 #18.1

Eher wohl weil sie ein Lebensmodell pflegt das so gar nicht mehr in den "Zeitgeist" passt und dann noch sieben Kinder, mein Gott, früher hätte die Frau doch glatt das Mutterkreuz gekriegt . ...


QuoteBeim Rettungsring daneben gefasst #18.6

Und wenn ich mich selbst als den größten lebenden Zeitgeist bezeichne, dann bin ich das? Weil Sie sich moralin überlegen geben, macht Sie das zu einem "Knalllinken"? ...


QuoteSchneeregen #26

Wo bleibt der Aufschrei der bei Genderdebatten sonst so regen Kommentatorenschar, wenn die Dame Männer derart beschimpft, weil diese die Kosmetika verwenden und bestimmte Frisuren tragen? Warum soll es unmännlich sein, wenn Männer das tun und sich so anziehen wollen, wie es ihnen gefällt?
Genau hier, bei diesem erzkonservativen Geschlechterbild, offenbart sich doch, wer wirklich die Männer verachtet.


QuoteM.Aurelius #39

Vielen Dank für dieses wortreiche Sittengemälde, fast schon im Stile von Hofberichterstattung. Wenn man den Aufmacher liest - "Frontfrau der Neuen Rechten" und "nationalistischer Feminismus" - und das Portrait einer politischen Frau erwartet, wird man vollständig enttäuscht. Die meisten Aussagen liegen unter der Banalitätsgrenze und mögen für die "Yellow Press" ausreichen, aber die Belanglosigkeit in einem Artikel über die "neue Rechte" erschreckt. Was ist mit den politischen Positionen der Rittergut-Bewohnerin? Hat Sie außer zu Pferden und Kinder nichts zu sagen?


Quotei wanna know #42

Ich stimme der Dame zu, dass Männer mit Dutt nicht besonders attraktiv sind .... in allem anderen bin ich anderer Meinung.

Wenn jemand als 10jähriges Mädchen bereits "Zucht und Ordnung" toll findet - für das Lebewesen dressiert, wahrscheinlich sogar gequält werden (wenn man Berichten über professionellen Pferdesport trauen darf), halte ich das für merkwürdig.

Freiheit ist schwer: man muss tagtäglich selbst Entscheidungen treffen und deren Konsequenzen tragen. Niemand ist da, der einem sagt, was man tun soll, was gut und was schlecht ist. Es gibt kein Schwarz-Weiß, sondern eine Menge Grautöne und dazu auch noch Farben. Man muss selbst denken, sich informieren, eine Meinung bilden. Offensichtlich gibt es eine Menge Leute, denen all das zu schwer, zu anstrengend ist. Schade, sie wissen gar nicht, was sie verpassen.


Quote
eve online #45

"Pure Herrlichkeit!", erinnert sich Kositza. "Dressurreiten, echt, ich gerate heute noch ins Schwärmen. Dieser Einklang von Befehl und Gehorsam, in vollkommener Harmonie!"

PRUUUUUUUUST


QuoteZeitleserwissenmehr #45.3

Sie könnte ja Berufssoldatin werden wenn sie drauf steht.


Quote
Tokei.Ihto #54

Ich habe nicht viel gemein mit Frau Kositza, aber es ist gut zu sehen, wie der Wiederstand gegen Merkel durch alle Schichten und Altersgruppen geht.


QuoteLouiDerLustigeLeguan #54.1

"Wiederstand" ...


Quotezutzev #55

kommt sehr sympathisch rüber, die Dame.
Der Artikel ist - vergleichsweise - neutral gehalten, vielleicht wirds ja noch was.

Folgenden satz möchte ich ergänzen:
"Rechts ist gut, und links lügt. Basta. Dabei ist Ambivalenz ein Kernzustand der Demokratie."

Die Gegenseite behauptet:
"Links ist gut und Rechts lügt. Basta."
Dabei sei doch Ambivalenz ein Kernzustand der Demokratie.


Quote
CarlitoJ #56

Ein hermetisch geschlossenes, esoterisch-faschistisches Weltbild. Da ist leider kaum etwas zu machen, keine Hoffnung auf Einsichten. Die zentrale Metapher: Dressur. Die Kinder können einem leid tun.


Quotedandyesker nichtstuer #57

irgendwie hat sie recht: die Deutschen sind das chaotischste Volk der Welt. Deswegen das umfangreichste Gesetzbuch, die höchste Anzahl von Verkehrsschildern. Diese Ordnungssysteme werden von ihr durch eine rigide Ritualisierung des Alltagsleben ergänzt.


Quote
Zeitleserwissenmehr #59

Ich hörte mal eine langee Radioreportage, in dem eine Busreise nach Schlesien begleitet wurde. Die Passagiere: heutige erwachsene Deutsche, die ihr Leben lang von den Grosseltern melancholische Geschichten über den verlorenen Familienstammsitz in Ostpreussen gehört hatten. Spannend fand ich dass offenbar das ganze Leben der Grosseltern um die Trauer um verlorene Schlösser und Landgüter kreiste. Die jüngeren Leute sind mit einer Vorstellung eines feudalen Ritterguts aufgewachsen, in dem nun Polen leben.

Durch die Reportage hindurch, Gutsbesuch für Gutsbesuch, machte sich eine Art erleichterte Ernüchterung bei den Reisenden Luft. Die besuchten "Güter" waren einfache Bauernhöfe aus Ziegelstein, manchmal mit Wirtschaftsgebäuden, meist jedoch gewöhnliche Höfe. Mir schien, dass die meisten der Reisenden damit Frieden machten mit dem überhöhten Verlust, den ihre Grosseltern empfanden. Am Ende war es dann in ordnung, eine westdeutsche Karriere als Ingenieur statt Mist schaufeln in einem preussischen Bauernhof gehabt zu haben.
Ich frage mich, ob diese Sehnsucht nach Rittergut, Tradition und Disziplin nicht ein Konglomerat von romantisierten Idealvorstellungen ist, die so nie existierten.

In Polen, Slowakien und der Westukraine entsteht gerade eine Galizien-Nostalgie, die ähnliche "früher-war-alles-besser"-Nostalgi in gleich drei Ländern zu erzeugen scheint.
Vermutlich träumen wir alle von einem Leben mit weniger Komplexität durch feste Regeln und Traditionen. So oder so.


QuoteMichael Hassemer #61

Hofberichterstattung im schönsten Doppelsinne des Wortes.


QuoteBluelion #68

Erstaunlich, was jetzt alles so unter " links" verstanden wird...
Früher war man links, wenn man das Privateigentum an Produktionsmitteln , vorallem das der großen Konzerne, verstaatlichen wollte.
Was heute als "links" bezeichnet wird, hat mit dem ursprünglichen Begriff nichts mehr zu tun, selbst H. Clinton ist für manche eine Linke.


Quote
Karl Lauer
#69  —  vor 5 Stunden 10

"Ich habe geschwiegen, als das Drogerieregal für Herrenkosmetik breiter als zwei Meter wurde. Ich habe geschwiegen, als rosa Herrenhemden Mode wurden. Ich habe sogar Männer mit Tragetuch verteidigt", schreibt sie in einer Kolumne.

Nice –, immer für einen Niemöller gut, ...

Als Sie die Herrenkosmetikprodukte einführten, habe ich geschwiegen; ich kaufte ja nicht im Drogeriemarkt. Als Sie die ...


QuoteFuchs im Winkel #73

Und was hätte wohl Marion Gräfin Dönhoff mit ihrem Trakehner Alarich dazu gesagt?


QuoteMarybeth #110

Unter umgekehrten Vorzeichen galt Links jahrzehntelang als Avantgarde und Zeichen von Intellektualität. Man musste die Stichworte eigentlich nur nachplappern um sich
schon als besserer Mensch vorzukommen. Die 68er waren nötig, weil eine damals vorherrschende Denke und unkritische Lebensform an überholten Normen und Hierarchien orientiert, repressiv und autoritär dringend einer Reform bedurfte. Heute bedarf die Reform wieder einer Reform und nach soviel Joga, Selbstverwirklichung und Selbstfindung, negativen Schwingungen und erlebtem Weltschmerz, passiven Untergangsängsten und sich gegenseitig betütelnder Selbstverliebtheit sind plötzlich wieder Standpunkte und ihre Begründungen gefragt.


Quotealice_42 #146

>>" ... Es muss raus: Ihr Modeopfer, ihr Lackäffchen, ihr Stutzer, ihr Schwimmärmelträger, ihr Stromlinienförmigen, ihr Grazien! Ihr seht vollkommen beknackt aus." <<

Das ist natürlich eine hochwichtige Thematik und sollte doch wie gerufen kommen für eine, die sich für "freiheitsliebend bis zur Aufmüpfigkeit" hält: da kann sie ihre Freiheit ausleben und öffentlich sagen, dass irgendwer in ihren Augen vollkommen beknackt aussieht. Und gleichzeitig für die Freiheit der anderen, die u.a. darin besteht, Kuschelrock zu hören oder vollkommen beknackt auszusehen, eintreten.

Aber so weit reicht die aufmüpfige Freiheitsliebe dann wohl doch nicht. Albern.


Quoterumbati #148

"Familienkosmos"

Erfischend, da gehts ja zu, wie in so manchem Grünen-Haushalt.


Quotemvogelsteller #158

Ironischerweise pflegen die meisten Flüchtlinge genau jenen Lebensstil, den diese Frau in Deutschland so vermisst (kinderreiche Familie, Frau am Herd).


QuoteSuryo #173

"Sie habe alle Kinder zu Hause bekommen, manche auf allen vieren hockend,"

Meine Güte. Das klingt schon eher nach brauner Esoterik. Mich würde es nicht wundern, wenn Kositza und Kubitschek ihre Kinder nicht impfen. Nach dem Motto "Masern machen hart".


Quote
Caro Maißhardt #173.1

Meine Mutter wurde auch im Haus meiner Oma geboren. Aber dabei hat sie gelegen. Ist das nun braun?


Quote
Sol Invictus #173.2

In Berlin-Friedrichshain wohnen die meisten Impfgegner Berlins. Alles Grün-alternative.


Quotewaloo #173.3

Wo und in welcher Stellung bringt man denn als anständige Rotgrünin sein Kind auf die Welt?


QuoteSuryo #173.5

Es geht hier nicht um Hausgeburten, es geht um die Hockstellung. diese wird bei bestimmten Naturvölkern immer noch praktiziert und mag ja per se auch gar nicht schlecht sein, aber es hat halt seinen Grund, warum Kositza das so herausstreicht: sie will das Naturhafte, Urtümliche, "Primitive" der Mutterschaft herausstreichen. Außerdem soll natürlich signalisiert werden: "Seht her, wie hart im nehmen ich bin. Andere Frauen brauchen ja vielleicht ein Bett oder gar Epiduralanästhesie bei der Geburt, aber ich gebäre noch, wie die Natur es der Frau gebietet!"


Quote
Caro Maißhardt #173.9

Wenn Kositza ihre Kinder zuhause rauspresst, ist das ja allein ihre Sache. Wenn sie das natürlich und besser findet, bitte. Ich denke, die meisten Frauen lassen sich davon wenig beeindrucken und gehen ins Krankenhaus.
Ich finde, man sollte nicht einfach in jedem bisschen bei dieser Frau nach irgendwas mit Nazi fischen.
Was Natürlichkeit und Familienverbundenheit angeht so hat sie da doch eine recht antiautoritäre Einstellung.


QuoteOberstudienrad #176

Alles was nur einen Millimeter von Mainstream abweicht wird in diesem
bunten und tolrantem Land niedergebrüllt.


QuoteAllesKeinProblem #176.1

Mimimimimi...


...


Aus: "Ellen Kositza: "Nebenbei: knallrechts"" Mariam Lau (30. Januar 2018)
Quelle: http://www.zeit.de/2018/05/ellen-kositza-neue-rechte-feminismus-rechte-frauenbewegung/komplettansicht (http://www.zeit.de/2018/05/ellen-kositza-neue-rechte-feminismus-rechte-frauenbewegung/komplettansicht)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 31, 2018, 10:42:39 AM
Quote[...] Deutschland ist ein bürgerliches Land. Die Mehrheit der Menschen in unserem Land lebt und denkt bürgerlich. Es gibt keine linke Republik und keine linke Mehrheit in Deutschland. Das hat nicht zuletzt die Bundestagswahl 2017 wieder ganz klar gezeigt.

Und doch dominiert in vielen Debatten eine linke Meinungsvorherrschaft eine dieses Schauspiel ertragende bürgerliche Mehrheit. Der Ursprung dafür liegt vor genau 50 Jahren, im Jahr 1968. Damals haben linke Aktivisten und Denker den Marsch durch die Institutionen ausgerufen und sich schon bald Schlüsselpositionen gesichert in Kunst, Kultur, Medien und Politik. Sie wurden zu Meinungsverkündern, selbst ernannten Volkserziehern und lautstarken Sprachrohren einer linken Minderheit. Die 68er waren dabei immer eine Elitenbewegung, eine Bürger- Arbeiter- oder Volksbewegung waren sie nie. Sie kamen aus den Hörsälen und Redaktionsräumen, aber nicht aus den Reihenhäusern und Fabriken. Deswegen waren die 68er zwar nahe an der Macht, aber sie blieben weit weg von den Menschen. Der Kampf um das bessere Argument wurde schnell ersetzt durch den unverrückbaren Glauben an die eigene moralische Überlegenheit. Aus dem Aufbruch der Studenten wurde ein ideologischer Feldzug gegen das Bürgertum, mit dem Ziel der Umerziehung der bürgerlichen Mitte.

Deutschland ist nicht der Prenzlauer Berg, aber der Prenzlauer Berg bestimmt die öffentliche Debatte. Deshalb haben immer mehr Menschen den Eindruck, dass sie in den Debatten mit ihren Positionen, ihren Meinungen und ihrem Alltag nicht mehr stattfinden. Dass der politische Kampf um Gleichberechtigung, Meinungsfreiheit und Toleranz allen gilt, nur nicht ihnen. Dass diejenigen, die viel über Vielfalt reden, in Wahrheit nur eine Meinung akzeptieren – ihre eigene. Das wollen wir ändern und wieder alle Menschen in unserem Land mitnehmen.

Die CSU war von ihrem Beginn an ein kraftvolles Bindeglied aller gesellschaftlichen Gruppen, Arbeitern und Angestellten, Landbevölkerung und Städtern, Katholiken, Protestanten und Konfessionslosen, Liberalen und Konservativen, Kosmopoliten und Nationalen. Damit waren wir die erste Volkspartei der jungen Bundesrepublik – und damit sind wir heute die erkennbare Volkspartei Deutschlands. Wir waren und wir sind die Vertreter des demokratischen Spektrums Mitte-Rechts.

Fünfzig Jahre nach 1968 wird es Zeit für eine bürgerlich konservative Wende in Deutschland. Linke Ideologien, sozialdemokratischer Etatismus und grüner Verbotismus hatten ihre Zeit. Der neue Islamismus attackiert Europas Freiheitsidee und Selbstverständnis und darf seine Zeit gar nicht erst bekommen. Darum formiert sich in Deutschland eine neue Bürgerlichkeit. Auf die linke Revolution der Eliten folgt eine konservative Revolution der Bürger. Wir unterstützen diese Revolution und sind ihre Stimme in der Politik. ...


Aus: "Mehr Bürgerlichkeit wagen - Plädoyer für eine bürgerlich-konservative Wende"
Alexander Dobrindt MdB, Vorsitzender der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag (04.01.2018)
Quelle: https://www.csu-landesgruppe.de/themen/innen-und-recht-verbraucherschutz-und-kommunalpolitik/mehr-buergerlichkeit-wagen-plaedoyer-fuer-eine-buergerlich-konservative-wende (https://www.csu-landesgruppe.de/themen/innen-und-recht-verbraucherschutz-und-kommunalpolitik/mehr-buergerlichkeit-wagen-plaedoyer-fuer-eine-buergerlich-konservative-wende)

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Quote[...] Deutschland im Jahr 2018: Nach einer 1968 begonnenen linken Revolution beherrscht der Staat das wirtschaftliche und soziale Leben, die Mehrheit der Menschen kommt nicht zu Wort, linke Eliten drangsalieren sie mit Verboten und versuchen seit Jahrzehnten, das Volk umzuerziehen. Die Bürger ertragen dieses Schicksal. Doch zum Glück gibt es Alexander Dobrindt. Der CSU-Landesgruppenchef ruft eine konservative Revolution aus und rettet die Nation - und, noch viel wichtiger, die absolute Mehrheit seiner Partei in Bayern.

... Wie bitteschön kommt Dobrindt denn auf die Idee, dass es in Deutschland seit Jahrzehnten eine Dominanz der Linken gibt? Hat der CSU-Mann vielleicht übersehen, dass wir seit einer gefühlten Ewigkeit von der Union regiert werden? In den 50 Jahren, die seit 1968 vergangen sind, waren CDU und CSU 29 Jahre an der Macht, 28 davon in den letzten 35 Jahren. Und die CSU hat in Bayern seit 1968 genau 50 Jahre lang das politische Geschehen bestimmt, 38 davon mit absoluter Mehrheit.

... Aber vermutlich sind es ja auch gar nicht die 68er, die Dobrindt ins Visier nimmt, sondern vielmehr die Wähler der AfD, die im Herbst ihr Kreuz bei den Christsozialen machen sollen. Der Ton seines Essays erinnert jedenfalls stark an die Rhetorik der Populismus-Konkurrenten der CSU, deren Parteichef Jörg Meuthen schon 2016 wetterte, man müsse "weg vom links-rot-grün verseuchten 68er- Deutschland". Und ebenso wie die 13-Prozent-Partei AfD vorgibt, sie spräche für das ganze Volk, behauptet Dobrindt, seine unterdrückten Bürgerlichen seien die Mehrheit im Lande. Belege dafür liefert er nicht.

...


Aus: "Alexander Dobrindt bricht in Panik aus" (05. Januar 2018)
Quelle: https://www.stern.de/politik/alexander-dobrindt-bricht-in-panik-aus---ein-kommentar-7810520.html (https://www.stern.de/politik/alexander-dobrindt-bricht-in-panik-aus---ein-kommentar-7810520.html)

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Quote[...] Alexander Dobrindt, Vorsitzender der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, fordert in einem Zeitungsbeitrag eine "konservative Revolution". Damit verwendet er einen Begriff, der für intellektuelle Rechtsextreme so prägend ist wie kaum ein anderer. In einem Gastbeitrag in der Welt (04.01.2018) hat Alexander Dobrindt sieben Thesen zu Deutschland veröffentlicht. Es geht um "Christlichen Glauben", "Der Einzelne und die Familie", "Heimat und Vaterland", "Europa und Abendland", "Freiheit", "Sicherheit" und "Wohlstandsaufbruch". Aus seinem Hauptkredo, in Deutschland herrsche eine linke Hegemonie, leitet Dobrindt ab, dass es nun einer ,,bürgerlich-konservativen Wende" bedürfe.
Trotz jahrzehntelanger Regierungsbeteiligung der CSU behauptet Dobrindt, ,,linke Aktivisten" seien seit 1968 zu ,,Meinungsverkündern, selbst ernannten Volkserziehern und lautstarken Sprachrohren einer linken Minderheit" geworden. Daher ruft er nun zur "konservativen Revolution" auf:

,,Auf die linke Revolution der Eliten folgt eine konservative Revolution der Bürger. Wir unterstützen diese Revolution und sind ihre Stimme in der Politik."

Der Begriff, den Dobrindt zu setzen versucht, ist der der Konservativen Revolution. Dieser Begriff ist allerdings nicht neu. Besonders beliebt war er in den 1920-1930er  Jahren. Da nutzen Intellektuelle den Begriff der "Konservativen Revolution" für ihre Ideen, auf denen schließlich der Nationalsozialismus fusste. Seit den 1960er Jahren ist der Begriff der "Konservativen Revolution" deshalb ein Schlüsselbegriff der rechtsextremen Strömung, die sich die "Neue Rechte" nennt und sich auf die Weimarer Konservative Revolution bezieht .

Die Konservativen Revolutionäre formierten sich nach dem Zusammenbruch des Deutschen Kaiserreiches 1918/1919: Zum einen in Abgrenzung zu der als reaktionär verachteten Monarchie, zum anderen in Ablehnung der als anti-deutsch verhassten Demokratie. Den Versprechen der Französischen Revolution ,,Liberté, Egalité, Fraternité" wurden die Hoffnungen auf alte-neue Werte entgegengestellt.

Die konservativ-revolutionären Intellektuellen (Carl Schmitt, Ernst Jünger, Arthur Moeller van den Bruck, Oswald Spengler, Othmar Spann, Edgar Julius Jung, Hans Freyer, Ernst Niekisch, Martin Heidegger etc.) begriffen sich als geistige Avantgarde. Einige von ihnen gelten als Wegbereiter der Nationalsozialisten und profitierten später von der Zusammenarbeit mit ihnen.

Sie bekämpften die Grundprinzipien der Weimarer Verfassung, vor allem das demokratische, parlamentarische System, den politisch-gesellschaftlichen Pluralismus und Liberalismus sowie das Gleichheitsprinzip. Die Ideologie der konservativen Revolutionäre verband traditionell konservative mit klassisch-rechtsextremen Elementen. So unterschiedlich die rechten Vordenker auch waren, gemeinsam war der Wunsch nach einer militärisch formierten, hierarchisch strukturierten und autokratisch regierten Gesellschaft. Der angestrebte autoritäre oder diktatorische Staat sollte von einer ,,neuen Aristokratie", von einer kleinen Elite oder einem Führer geleitet werden. Wie das geendet ist, können wir heute in unseren Geschichtsbüchern nachlesen.

In jüngerer Zeit galt einigen sich intellektuell gebenden Rechtsextremen die nationalistische ,,Alte Rechte" im Nachkriegseuropa ebenso wie der Nationalsozialismus als überholt. Als Gegenmodell zur linken Studentenbewegung Ende der 1960er Jahre entwickelten sie eine neue Bewegung, die "Neue Rechte".

Ihre rechtsextremen Akteur_innen greifen auf die autoritären und elitären Denkschulen der Konservativen Revolution in der Weimarer Republik zurück. Als wichtiger Akteur ist hier Armin Mohler zu nennen. Für das ganze Milieu der "Neuen Rechten" kann Mohler als geistiger Vater gesehen werden. Seine Mission war die Reorganisation des rechten Lagers nach der deutschen Kriegsniederlage. Zur Rettung der extremen Rechten konstruierte er eine eigene Strömung, die er in einen scharfen Gegensatz zum Nationalsozialismus rückte: die "Konservative Revolution". Der neurechte Tonangeber Götz Kubitschek zählt zu Mohlers letzten Schülern und hielt 2003 auch die Grabrede.

Ziel der "Konservativen Revolution" ist die Deutungshoheit in Sprache und Kultur, um eine Rückkehr zu vermeintlich konservativen Werten herbeizuführen.

An einer Stelle seines Gastbeitrags schreibt Dobrindt, Linke hätten sich "Schlüsselpositionen" in Kunst, Kultur, Medien und Politik gesichert. Dieser Sprachgebrauch erinnert stark an den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán. Mit der Förderung einer völkischen Ideologie und der Propagierung von Hass gegen alles Liberale und Fremde hat sich die Führung um Orbán laut ihren Kritikern längst schon in die Nähe der internationalen "Neuen Rechten" und von deren extremeren Auswüchsen gerückt. Dieser autoritär regierende europäische Staatschef ist am Freitag Gast bei der Winterklausur der CSU-Landesgruppe im oberbayerischen Kloster Seeon.

Eine weitere Möglichkeit, mit ungarischen Politiker_innen und Akteur_innen der "Neuen Rechten" über die "Konservative Revolution" zu sprechen und zu planen, bekäme Dobrindt vom 23. bis zum 25. Januar 2018. Dann nämlich lädt die ungarische ,,Öffentliche Stiftung für mittel- und osteuropäische Geschichts- und Gesellschaftsstudien" in Budapest zu ,,Die Konferenz Europas" ein. Die Führung der Stiftung ist von der Regierung eingesetzt, von der sie auch die Mittel erhält.

Einer der Redner wird neben dem ehemaligen "Breitbart"-Redakteur Milo Yiannopoulos der neurechte Rechtsextreme Götz Kubitschek, sein. Auf seinem Hauseigenen Blog ,,Sezession" hat er unter anderem einen Text veröffentlicht mit dem Titel ,,Die Stahlkraft der Konservativen Revolution". Dort heißt es:

,,Die sogenannte Konservative Revolution von 1918 bis 1932 hat bis heute ihre Strahlkraft auch deshalb nicht verloren, weil sie in ihren Hauptvertretern radikal und kompromißlos war, so ganz und gar bereit für etwas Neues, einen Dritten Weg, einen Umsturz, eine Reconquista, einen revolutionären, deutschen Gang in die Moderne."

Angesicht der anstehenden bayerischen Landtagswahl im Herbst diesen Jahres und der Angst der CSU vor Stimmenverlusten an die AfD  hat  Dobrindt womöglich den Eindruck, zündeln mit Rechtsaußen-Begriffen könne der CSU hilfreich sein. ...


Aus: "Konservative Revolution: Übernimmt Dobrindt einen Begriff der "Neuen Rechten"?" Kira Ayyadi (5. Januar 2018)
Quelle: http://www.belltower.news/artikel/konservative-revolution-dobrindt-%C3%BCbernimmt-begriffe-der-neuen-rechten-13125 (http://www.belltower.news/artikel/konservative-revolution-dobrindt-%C3%BCbernimmt-begriffe-der-neuen-rechten-13125)

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Quote[...] Der Historiker Volker Weiß hat das vielfältige Spektrum der neuen rechten Bewegungen untersucht. Im Interview mit dem hpd erklärt er unter anderem, was es mit dieser Neuen Rechten auf sich hat und welche Rolle die Aufklärung und Menschenrechte für sie spielen.

hpd: In Ihrem aktuellen Buch "Die autoritäre Revolte" haben Sie sich mit der sogenannten "Neuen Rechten" auseinandergesetzt. Was ist das Neue an der Neuen Rechten?

Volker Weiß: Die Neue Rechte ist erstmal nicht sehr neu. Sie ist schon mehrere Jahrzehnte alt und bezieht sich auf Quellen, die teilweise bis ins 19. Jahrhundert zurückreichen. Sie unterscheidet sich aber von der sogenannten alten Rechten durch eine stärkere theoretische Ausrichtung und ein intellektuelleres Profil, durch eine bessere internationale Vernetzung und durch eine Orientierung an einem historischen Kanon der 1920er Jahre.

hpd: Gegen was konkret richtet sich die Neue Rechte?

Volker Weiß: Die Neue Rechte strebt letztlich einen Umbau der demokratischen Gesellschaften an, zurück in ein klar strukturiertes, hierarchisches Gesellschaftsmodell mit einer autoritären Führung, einem starken Staat und einem stark ausgeprägten nationalistischen Denken. Sie alle richten sich gegen die sogenannte Kulturrevolution von 1968, beziehungsweise gegen die Liberalisierung insbesondere von westlichen Gesellschaften in der Nachkriegszeit. Und sie richtet sich auch wesentlich weiter gefasst gegen den demokratischen Umbau nach 1945 in Europa. Das klingt sehr abstrakt, hat aber mittlerweile in einigen Ländern sehr konkrete Formen angenommen, etwa in Viktor Orbáns Konzept eines "illiberalen Staates" oder in der neuen österreichischen ÖVP-FPÖ-Koalition. Die Attraktivität dieser Vorstellungen reicht mittlerweile wieder bis in den bürgerlichen Konservatismus hinein, wie jüngst Alexander Dobrindts Rhetorik von einer "Konservativen Revolution" zeigte. In dieser Wirkung der Neuen Rechten sehe ich die größte Gefahr. 


hpd: Welche Rolle spielt dabei die historische Epoche der Aufklärung?

Volker Weiß: Die Aufklärung war immer verbunden mit dem Freiheitsgedanken und einer Emanzipation von Zwängen. Sie war deswegen seit jeher ein Gegenmodell. Man bezieht sich in der Neuen Rechten zudem auf gegenrevolutionäre Denker des frühen 19. Jahrhunderts. Es waren Denker, die sich sehr stark gegen die Aufklärung und gegen die Französische Revolution gestellt haben. Das ist der ewige Kampf, der geführt wird gegen das Denken nicht nur von 1789, sondern gegen das gesamte Projekt der Aufklärung, weil man letztlich in eine voraufgeklärte Welt zurück möchte.

hpd: Welchen Stellenwert nehmen Menschenrechte bei der Neuen Rechten ein?

Volker Weiß: Menschenrechte werden abgelehnt, weil sie universelle Freiheitsrechte sind. Die Neue Rechte geht davon aus, dass jede Nation und jedes Volk in seinem Gebiet seine Rechte bestimmen soll und dass es keine universellen Rechte gibt, die weltweit gelten.

hpd: Auch innerhalb der Linken gibt es kulturrelativistische Strömungen, die die weltweite Geltung der Menschenrechte infrage stellen...

Volker Weiß: Ja, durchaus. Die Linke müsste sich eigentlich auf ihre religionskritischen Wurzeln zurückbesinnen und sich der Herausforderung des Islamismus offensiv stellen.  Man könnte auch sagen, dass ein Denker wie Oswald Spengler in den 20er Jahren vergleichsweise wenig eurozentristisch war, da er die europäische Aufklärung auch in Europa abgelehnt hat und in seinem Denken beispielsweise für asiatische Kulturen große Aufmerksamkeit hatte. Und da gibt es heute einen Teil eines alternativen Milieus, das ganz ähnlich funktioniert, weil es die Schattenseiten der europäischen Geschichte mit der Notwendigkeit von Aufklärung verwechselt.

hpd: Sie beziehen sich in Ihrem Buch auch auf den politischen Islam und weisen auf ideologische Parallelen zu rechten Bewegungen hin. Worin bestehen diese?

Volker Weiß: Ja, ich sehe nicht nur in Deutschland und Europa eine autoritäre Revolte, sondern international. Dieses Phänomen ist eine Reaktion auf die Verunsicherung, die die Moderne immer wieder mit sich bringt und die in den letzten Jahren immer stärker wurde. Und da kann ich letztlich auch den politischen Islam mit einsortieren. Beide richten sich sehr stark gegen eine Befreiung des Subjekts, gegen eine Emanzipation der Frau, gegen eine Emanzipation von Minderheiten, gegen eine Gleichstellung auch von Homosexuellen. Und beide wollen vorgeblich ewige Werte, Tradition und alte Normen wieder in ihr angebliches Recht setzen.

hpd: Wie sollte man mit diesen unterschiedlichen Ausprägungen der autoritären Revolte umgehen?


Volker Weiß: Es ist wichtig einen kühlen Kopf zu bewahren und sich nicht von den Parolen irre machen zu lassen, sondern konsequent für die positiven Werte der Aufklärung zu fechten. Dann hat man automatisch den politischen Islam und die Neue Rechte als Gegner. Über diese Leute gilt es aufzuklären, dass sie keine Konservative sind, sondern eine wesentlich aggressivere Strömung repräsentieren, die teilweise auf den historischen Faschismus zurückgreift.

Quote

Werder Lantern am 29. Januar 2018 - 10:46

Irgendwie scheint sich alles in historischer Sicht zu wiederholen. Jedenfalls ist die These des objektiven Fortschrittsverlaufs der Geschichte total widerlegt. Materiell-technische Kompetenz und ethisch-intellektuelle Intelligenz driften immer weiter, und leider auch immer rasanter auseinander. - Faszinierend, mit welch wenigen Worten Weiß hier auskommt, um eine treffende wie betroffenmachende Zeitdiagnose zu stellen.


...



Aus: "Eine autoritäre Revolte gegen die Aufklärung" Florian Chefai (19. Jan 2018)
Quelle: https://hpd.de/artikel/autoritaere-revolte-gegen-aufklaerung-15189 (https://hpd.de/artikel/autoritaere-revolte-gegen-aufklaerung-15189)

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Quote[...] Seine Forderung nach einer "konservativen Revolution" irritiert nicht nur den möglichen nächsten Koalitionspartner SPD, sondern auch Kollegen aus den eigenen Reihen. Der Begriff ist nicht ohne Brisanz, stammt er doch aus dem Repertoire der Neuen Rechten. Den Historiker Volker Weiß, Autor des Buches "Die autoritäre Revolte - die Neue Rechte und der Untergang des Abendlandes", lässt das aufhorchen. Er erkennt in den Äußerungen des Christsozialen "eine Rhetorik, die wir aktuell eher von einem Donald Trump gewohnt sind", sagt er in einem Interview mit "heute.de".

Ein hartes Urteil, ist der US-Präsident im ersten Jahr seiner Amtszeit doch vor allem durch eine stets widersprüchliche Argumentation voller Unwissen, Unwahrheiten und Halbwahrheiten aufgefallen. Das erkennt Weiß auch in der Forderung von Dobrindt. Er argumentiere widersprüchlich, stelle Begriffe einfach in den Raum, ohne sie korrekt einzuordnen. Einige "Denkfiguren", so Weiß, hätten mit der Realität wenig zu tun. "Das ist zum Beispiel die Behauptung, Deutschland sei ein linkes Land. Das stimmt nicht und ist nie der Fall gewesen", sagt Weiß in dem Interview. Man müsse sich ja nur anschauen, wer seit 1968 regiert habe - nämlich zumeist die CDU.

Das Abarbeiten an der 68er-Bewegung - genau 50 Jahre danach - bediene lediglich eine Legende, "die in der gesamten Rechten, aber auch im bürgerlichen Konservatismus fest verankert ist." Nämlich, dass der einfache Arbeiter nie von der kulturellen Liberalisierung profitiert hätte; dabei habe die bürgerliche Kultur im Zuge von '68 proletarische Elemente übernommen. Dobrindts so gezeigter Anti-Intellektualismus sei bedenklich, so Weiß. Die linke Revolution, zu denen die 68er-Bewegung von Konservativen gerne erklärt werde, sei diese nie gewesen. "Das ist Unsinn", stellt Weiß fest. Sie sei vielmehr eine notwendig gewordene Modernisierungs- und Liberalisierungsbewegung gewesen.

Dass Dobrindt das Zerrbild einer linken Meinungsherrschaft seit 1968 aufruft, zeigt nach Ansicht des Historikers, dass der CSU-Politiker "keine politischen Begriffe" mehr habe. Er verwechsle dabei links und liberal.  ...

Dass aus den Äußerungen des CSU-Landesgruppenchefs mangelnde Sachkenntnis à la Trump spricht, glaubt aber auch Weiß nicht. "Das ist klar kalkuliert", unterstellt der Historiker dem Christsozialen. Wenn dieser den Begriff der "konservativen Revolution" bemühe tue er dies in dem Wissen, dass er aus der Vorgeschichte des Faschismus stamme. Dobrindt zielt damit klar auf Wählerkreise der AfD. Er spiele mit dem Feuer und wolle in einem Milieu punkten, das die Union zuletzt verloren hat. Angesichts schwacher Umfragewerte für die im Herbst anstehende Wahl in Bayern fühlt sich die CSU unter Druck.

Ob Dobrindt, der zuletzt als Verkehrsminister selbst Teil der Regierung war, unter zur AfD abgewanderten Wählern glaubwürdig sein kann, scheint eher ungewiss. Dass sich ein etablierter Politiker zur Erreichung seiner Ziele bedenkenlos rechter Rhetorik bediene, hält der Historiker aber für gefährlich. "Es ist sicher ein Zeichen einer sehr bedenklichen Rechtsströmung im Moment. Und es signalisiert auch die Bereitschaft, Politik im Stile eines Donald Trump, Viktor Orban oder Wladimir Putin zu führen. Das sind heutzutage nämlich die Träger der sogenannten "konservativen Revolution", so Weiß auf "heute.de".


Aus: "Historiker Volker Weiß: Alexander Dobrindt wie Donald Trump: "Primitiv, populistisch, albern"" (06. Januar 2018)
Quelle: https://www.stern.de/politik/deutschland/alexander-dobrindt-wie-donald-trump--primitiv--populistisch--albern---so-historiker-volker-weiss-7811702.html (https://www.stern.de/politik/deutschland/alexander-dobrindt-wie-donald-trump--primitiv--populistisch--albern---so-historiker-volker-weiss-7811702.html)

Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 01, 2018, 10:42:04 AM
Quote[...] Er sei nun Muslim und wolle in der AfD bleiben. Unbedingt. Das sagt der Brandenburger AfD-Politiker Arthur Wagner, der jüngst zum Islam konvertiert ist. Der 48-jährige Russlanddeutsche, der mit seiner Familie in Falkensee (Havelland) lebt, hat sich bislang nicht öffentlich über seinen Religionswechsel äußern wollen. Aber nun spricht der Konvertit über den Übertritt, über den selbst die BBC berichtet hatte.

Warum verlässt er die Rechtsaußenpartei nicht, die den Islam bekämpft? ,,Ich bleibe nationalkonservativ, bis ich sterbe", sagt Wagner dem Tagesspiegel. ,,Ich stehe dazu, ich kann nicht anders: Es gibt einen deutschen Geist, eine deutsche Seele. Fast jeder AfDler hat das." Und: ,,Wenn wir diese deutsche Seele, das Deutschtum nicht beschützen in den kommenden Jahren, dann ist das Ding weg, dann ist Deutschland weg."

Und dabei hat er seine Mission gefunden, die er auf einer Pressekonferenz am frühen Abend in Potsdam erläutert. Er hatte ins Restaurant ,,Fliegender Holländer" geladen, der Medienandrang war gewaltig. Nach seinem ,,Salamaleikum" folgte ein einstündiger Auftritt mit skurrilen Zügen.

Er sei zwar noch ein ,,kleines Kind in der großen Islam-Welt", sagte Wagner da, den man jetzt auch Ahmad nennen darf. Doch wolle er den jungen deutschen Islam mit den Nationalkonservativen versöhnen, Brücken bauen. ,,Wir müssen reden, wie Männer, wie Menschen." Und er spricht viel von ,,Liebe", ,,Frieden", seinen spirituellen Erfahrungen. Ja, er habe einen deutschen und einen russischen Pass, sagt Wagner irgendwann. Angela Merkel sei seine Kanzlerin, und Wladimir Putin sein Präsident. Zwar wolle er den russischen Pass abgeben, aber das sei ja kompliziert.

Er hat von den Gerüchten in der AfD gehört, dass er von Geheimdiensten geschickt worden sei. Polizei und Geheimdienste finde er auch gut, sagt er. ,,Ich habe damit nichts zu tun. Wenn die Fragen haben, können die sich gern an mich wenden!" Es sind sonderbare Szenen, die sich zutragen

Ehe er zum Islam konvertierte, habe er mit der evangelischen Kirche gebrochen.. Er sei in der früheren Sowjetunion aufgewachsen und ,,immer auf der Suche nach Wahrheit", sagt Wagner. ,,Ich war Atheist, ich habe als treues Parteimitglied gegen Kirchen gekämpft, bis 1989, bis ich 20 war."

Evangelischer Christ sei er im August 1989 geworden. Bei einem Besuch in Dresden habe er sich mit seiner Familie taufen lassen, ,,das war eine große spirituelle Erfahrung". Danach habe er ein halbes Jahr in Riga Theologie studiert, auch die orthodoxe und die neuapostolische Kirche kennengelernt.

Ausschlaggebend für seine Abkehr von der evangelischen Kirche fast drei Jahrzehnte später sei – neben deren Haltung zur AfD – vor allem der Christopher Street Day vorigen Sommer gewesen, bei dem auch Pfarrer teilgenommen hätten, sagt Wagner. ,,Das hat mich wahnsinnig gemacht. Da waren auch Kinder dabei. Für Kinder ist es nicht richtig, dass sie das hören und sehen."

Es sind Sätze wie aus einem anderen Jahrhundert, voller Ernst formuliert. Danach sei er mit der evangelischen Kirche fertig gewesen, wenngleich er den ,,bürokratischen" Austritt erst jetzt erkläre.
Zum Islam übergetreten sei er im Herbst 2017 beim Besuch einer Moschee im russischen Ufa, nachdem diese Idee schon einige Jahre in ihm gereift sei: ,,Ich habe mir erlaubt, es in mir wachsen zu lassen." Erklären könne er das alles nicht. Er habe auch plötzlich aufgehört, Schweinefleisch zu essen und zu rauchen. ,,Das lief von allein. Meine Familie ist glücklich. Alles schön", sagt Wagner.

Alles schön? Nicht für die AfD. Wagner, seit 2013 Parteimitglied, seit 2015 im Landesvorstand in Brandenburg, zog sich jetzt zwar aus der Parteispitze und auch als Vize-Kreischef im Havelland zurück. Doch in der Partei reicht das vielen nicht. ,,Viele Mitglieder erwarten nun auch Wagners Parteiaustritt", wird AfD-Kreischef Kai Berger auf der Partei-Homepage zitiert. ,,Wir werde keinen Druck auf ihn ausüben", heißt es dort. Doch der Druck folgt im nächsten Satz: ,,Die AfD bleibt selbstverständlich weiterhin die politische Kraft gegen die Islamisierung, die überall in der Gesellschaft Platz greift und vor der sie nun selbst nicht verschont geblieben ist."

Obwohl Wagner damit quasi zur Unperson erklärt wird, bemüht er sich, gelassen zu bleiben. Berger sei ,,ein direkter Typ" und es sei verständlich, dass in der AfD viele seinen Schritt nicht nachvollziehen könnten. Auf Landesparteichef Andreas Kalbitz, der den Religionswechsel zur Privatsache erklärte, lässt Arthur Wagner nichts kommen. Doch mit dem Anti-Islam-Kurs der AfD hadert er. Es gebe ,,im Islam gute und schlechte Leute".

QuotePat7, 31.01.2018, 22:23 Uhr

Man, hätte sich das ein Drehbuchautor ausgedacht, hätte ich gesagt was für ein saudoofer Plot. ... Der Herr konvertierte zum Islam weil die evangelische Kirche zu liberal und weltoffen ist. Er hat sich den Islam also genau deshalb ausgesucht weil er in ihm Werte erkennt die die AfD teilt.  ... Auf extra 3 gab es einen bösen Sketsch bezüglich der Gemeinsamkeiten von Islamisten und der AfD Einstellung. Manchmal imitiert die Wirklichkeit die Kunst.


Quoteder_schoeneberger 31.01.2018, 21:54 Uhr

    Ich war Atheist, ich habe als treues Parteimitglied gegen Kirchen gekämpft, bis 1989

...und dann die bisherige, da halt gerade kollabierende, Autorität gegen eine neue eingetauscht - die ja dann auch fast 30 Jahre lang getragen hat.
Bis dann auch die neue Autorität kollabiert ist (bzw. "verschwulte", vulgo als Autorität ausschied) - also die nächste...

Empfohlen seien Adornos Studien zum "autoritären Charakter" - da findet man nicht nur eine Erklärung für die Irrungen und Wirrungen des Herrn W. aus F., sondern auch für die der meisten anderen AFD-Jünger.


Quoteherjeh 31.01.2018, 20:11 Uhr
Herr Wagner ist wg. Pfarrer auf dem CSD zum Islam konvertiert . Lachhaft ! Herr Wagner, ja , es gibt auch schwule Priester ! Es gibt auch schwule Lehrer, schwule Künstler, schwule Väter, schwule Wissenschaftler, schwule Politiker ( oder lesbische -in der AfD-) und auch schwule Muslime. etc. Und Kinder dürfen und sollten wissen wie vielfältig die Welt ist. ...


QuotePressekritiker2 31.01.2018, 19:48 Uhr
... Es bleibt nun noch meine obligatorische Anmerkung, dass es natürlich auch sein kann, dass Wagner in Wahrheit ein Alter Ego Jan Böhmermanns ist, der die AfD von innen heraus und hinein islamisieren will, um sie im Anschluss kontrolliert explodieren zu lassen. Wer weiß. ^^


QuoteUndine 31.01.2018, 19:16 Uhr
Russlanddeutscher - Atheist - Wahrheitssucher - völkischer Nationalist - evangelisch - homophob - muslimisch - AfD-Mitglied. Na, wenn das mal keine "Patchwork-Identität" ist. ...


QuotePat7 31.01.2018, 22:32 Uhr

Antwort auf den Beitrag von Undine 31.01.2018, 19:16 Uhr

Ich kenne einen glühenden AfD Anhänger, der ist in puncto gesundes Essen grüner als die Grünen, bei sozialer Gerechtigkeit roter als die Roten und an völkischer Gesinnung braun wie die Brauen, das ganze garniert mit Verschwörungstheorien a la Querfront.

Den neoliberalen Touch der AfD über sieht er völlig. Er pickt sich nur raus was passt. Alles andere ist nur böswillige Propaganda der bösen Feinde. ...


Quotetzui 31.01.2018, 17:59 Uhr
Mich wundert die Verwunderung. Im tiefsten Inneren wissen auch die AfDler, dass konservative Muslime und nationalkonservative Christen deutlich mehr gemeinsam haben als sie trennt. ...


QuoteWolf-G 31.01.2018, 17:26 Uhr
Wagner scheint momentan ein Wertkonservativer auf Wanderschaft zu sein, mal evangelisch geworden, mal in die AfD eingetreten, nun einige Jahre als Moslem.....
Er sucht, und er wird noch eine Weile suchen und früher oder später an seinen Widersprüchen ergebnislos scheitern.
Vielleicht probiert er es später noch als veganer Buddist? Darf er, wir sind eine tolerante Gesellschaft. ...


...


Aus: "Arthur Wagner Warum ein AfD-Politiker zum Islam konvertierte" Thorsten Metzner (31.01.2018)
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/berlin/arthur-wagner-warum-ein-afd-politiker-zum-islam-konvertierte/20912342.html (http://www.tagesspiegel.de/berlin/arthur-wagner-warum-ein-afd-politiker-zum-islam-konvertierte/20912342.html)

Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 01, 2018, 05:46:37 PM
Quote[...] ZEIT Campus: Herr Sigusch, Sie sprechen seit vielen Jahren mit Paaren über ihr Sexleben. Sind die Deutschen schlecht im Bett?

Volkmar Sigusch: Ja, ohne Frage. Nach allem, was wir wissen, auch aus empirischen Studien, handelt es sich bei Paaren, die länger zusammen sind, um eine Praxis, die ich "Karnickelsex" nenne. Mit anderen Worten: rein, raus, gute Nacht. Das große Problem, das auch bei Jüngeren dahintersteht, ist, dass wir keine Ars erotica entfaltet haben.

ZEIT Campus: Was meinen Sie damit?

Sigusch: Wir haben keine Liebes-, Erregungs- und Sexualkultur, die den Namen verdient. Das liegt an der Entwicklung in den letzten tausend Jahren in Europa. Wir entschieden uns, Vernunft, Arbeit und Besitz zu unseren Helden zu machen. Sie sind die Kontrahenten erotischer Sinnlichkeit und sexueller Triebhaftigkeit. Das ist bis heute so. Selbst die Liebe soll bei uns vernünftig und fleißig sein.

ZEIT Campus: Wir sind zu vernünftig, deswegen haben wir schlechten Sex?

Sigusch: Ganz kurz gesagt: Ja.

ZEIT Campus: Dann wird es vermutlich schwierig, aus der Nummer rauszukommen.

Sigusch: Eigentlich bräuchten wir eine andere Kultur, die es uns erlaubte, beim erotischen Umgang miteinander alles Rationale zu vergessen, um angstfrei mit einem geliebten Menschen zu verschmelzen.

...

ZEIT Campus: Was ist für Sie das Wunderbare und Einzigartige an der Liebe?

Sigusch: Sie springt uns immer wieder aus der Reihe und lässt sich nicht wie Sex zu einem Geschäftsbereich erklären. Sie kann nicht produziert und nicht gekauft werden. Sie ist gewissermaßen das Negativ der Ware.

ZEIT Campus: Sie klingen jetzt etwas schwärmerisch. Ist nicht auch die Partnersuche im Internet wie ein Geschäft organisiert? Es gibt Angebot und Nachfrage, man präsentiert sich und seine Eigenschaften wie eine Ware.

Sigusch: Das würde ich nicht so kritisch einordnen. Die Suche im Internet ist heute für viele die beste oder sogar die einzige Möglichkeit, auf recht anständige Weise eine Partnerin oder einen Partner zu finden. Ich möchte also um Gottes willen nicht alles vernichtend kritisieren, was uns heute sexuell möglich ist. Für viele Menschen ist das Internet eine zentrale Quelle ihres Sexuallebens. Sie schauen sich erregende Bilder und Filme an oder verabreden sich dort mit anderen Menschen.

ZEIT Campus: Haben Sie dafür ein Beispiel?

Sigusch: Einmal erlebte ich, dass ein Patient mit einer extrem seltenen sexuellen Perversion nach jahrelanger Suche im Internet endlich einen Gleichartigen in Australien fand und glücklich war. Sehr positiv aufgefallen ist mir auch immer wieder, dass Partner weniger analog fremdgehen, weil sie sich ja jederzeit virtuell vergnügen können. Das Internet kann also sogar Beziehungen retten.

...

ZEIT Campus: Viele Menschen wollen sich nicht mehr in das Mann-Frau-Schema pressen lassen und brechen mit klassischen Geschlechterrollen. Wie bewerten Sie das?

Sigusch: Ich denke, das gehört zur neosexuellen Revolution, also zu den Veränderungen der Sexualität seit den späten sechziger Jahren. Es gibt heute immer mehr Agender und Menschen, die zwischen den beiden großen Geschlechtern hin- und herschwanken. Für diese Menschen musste ich erst ein neues Wort erfinden: Liquid Gender.

ZEIT Campus: Sie haben auch den Begriff "Cis-Gender" geprägt, der in den Gender-Studies heute zum Standardvokabular gehört.

Sigusch: Diesen Begriff habe ich eingeführt, um die Transsexuellen endlich auch sprachlich anzuerkennen und einzuordnen. Ich kam darauf, weil es die Wendungen "transalpin" und "cisalpin" gibt, die "jenseits der Alpen" und "diesseits der Alpen" bedeuten. Jetzt also auch: jenseits und diesseits der Genitalien. Mit anderen Worten: Wenn es Cissexuelle gibt, dann muss es auch Transsexuelle geben. Das heißt, die sind ganz normal.

ZEIT Campus: Im amerikanischen Facebook kann man nicht nur zwischen "Mann" und "Frau", sondern zwischen fast 60 verschiedenen sexuellen Identitäten wählen. Wie viele unterschiedliche Geschlechter kennen Sie?

Sigusch: Unsere sprachlichen Einteilungen in Mann, Frau, Agender, Intergeschlechtliche, Transgender, Liquid Gender und so weiter ist immer noch grob. Ich sage: Es gibt so viele Geschlechter, wie es Menschen gibt.

ZEIT Campus: Wie meinen Sie das?

Sigusch: Keine Geschlechtlichkeit eines Menschen ist mit der eines anderen Menschen identisch. Das ist einzigartig wie ein genetischer Fingerabdruck. Wir sind auch grundsätzlich alle in der Lage, alle Formen des Sexuellen zu praktizieren, hetero-, homo-, bisexuell und so weiter. Wir sind alle polysexuell.

ZEIT Campus: Wohin wird sich die Sexualität in den kommenden Jahren noch entwickeln?

Sigusch: Das weiß kein Wissenschaftler.

ZEIT Campus: Gibt es Entwicklungen unseres Sexualverhaltens, die zunehmen werden?

Sigusch: Ich sage: Die Polyamorie wird kommen. Seit Jahren wird sie in den westlichen Ländern behutsam erprobt, oft abgelegen in einem Dorf. Da wir immer älter werden und alles, was möglich ist, auch besitzen möchten, wird sich die Polyamorie ausbreiten. Zum Beispiel werden sich alte Paare junge Liebhaber und Liebhaberinnen in ihr Haus holen und das Liebes- und Sexualleben dadurch wieder beleben. Noch aber sind das recht seltene Ereignisse. Manchmal ist das auch sehr überraschend. So erfuhr ich im Juni, dass in Kolumbien drei Männer geheiratet haben. Ein älteres Männerpaar holte sich einen jungen Mann in die gleichgeschlechtliche Ehe. So wird es auch bei uns demnächst sein, sagen wir in den nächsten 20 bis 30 Jahren.

ZEIT Campus: Ist die neosexuelle Revolution mit der Ausbreitung der Polyamorie an ihrem Ziel angekommen?

Sigusch: Nein. Denken Sie nur an den Internet- oder Robotersex. Da stehen wir ja noch fast am Anfang.

ZEIT Campus: Robotersex?

Sigusch: Unsere Personal Computer werden sicher bald durch Personal Robots ergänzt werden, im Haushalt, in der Pflege und so weiter. Erste Sexroboter sind bereits auf dem Markt. Sie kosten etwa 10.000 Euro und werden alte Liebes- und Sexpuppen ablösen. Als neue Sonderbarkeit, früher Perversion genannt, wird sich eine Robotophilie etablieren. Schließlich wird immer mehr Menschen das Zusammenleben mit einem Roboter sehr viel angenehmer sein als mit einem komplizierten, eigenwilligen und bösartigen Menschen.

QuotePolykanos #4

"Nie waren wir sexuell so frei wie heute. "

Wenn ich das richtig sehe, sind wir gerade dabei unter heftigster Mitwirkung von Fundamentalisten /-innen der diversesten Fachrichtungen diese sexuelle Freiheit wieder abzuschaffen. Viktorianische Moralvorstellungen sind überall wieder auf dem Vormarsch.


Quoteunabhängiger beobachter #5

Die Strategie hinter der Zerschlagung traditioneller Familienstrukturen sollten JEDEN halbwegs gebildeten Menschen klar sein. Keine weiteren Fragen, auch nicht zu Aluhüten!



Quotevincentvision #5.1

@Unabhängiger Beobachter

Wer zerschlägt denn hier bewusst und strategisch die Familienstrukturen?

Linksgrünversiffte?
Alle pädophil, wie man weiß...
Oder Migranten und Flüchtlinge?
Nein halt, die sind ja ganz besonders traditionell, angeblich so sehr, dass es manchen auch wieder nicht passt...

Bitte um Aufklärung ...

Im Gegensatz zu früheren Zeiten ist die Generation des 21.Jahrhunderts ständig oversexed - aber in der Realität eben auch underfucked!


Quoteunabhängiger beobachter #5.3

Was, bitte schön, sind denn "Linksgrünversiffte"??


QuoteKlappeDie27ste #8

"ZEIT Campus: Wir sind zu vernünftig, deswegen haben wir schlechten Sex?

Sigusch: Ganz kurz gesagt: Ja."

Das weiß der Volksmund schon lange und hat dafür die Verkürzung "dumm f*ckt gut" erfunden. Wenn ich das hier mal so unumwunden sagen darf.




QuoteMarktradikale Nachtigall #20

Ihr könnt ja alle polydingsda sein - aber sprecht doch bitte nicht in meinem Namen. Ich bin ganz Normalo. Punkt. Und niemand wird mir etwas anderes einreden.



QuoteDartsFan #20.1

Achtung, Sie haben sich gerade mitten in der "Gender-Debatte" als "normal" bezeichnet.
Der Shitstorm wird folgen.


Quotebetreb #20.2

Wie verrückt muss man heutzutage sein, sich als normal zu bezeichnen?



QuoteDefault #23

Nie waren wir sexuell so frei wie heute. Man könnte auch sagen: Nie waren wir psychisch so gestört wie heute. Und wo führt das hin? Der Mensch wird zum Robo-Bumser. Aber ist ja alles normal. Ganz normal. Ja. Oder?


Quotesophisticate #24

Was auch immer sich unter den Geschlechtern wie entwickeln wird: es braucht Begabungen! Als ältere Frau mit im Laufe der Jahre mehreren jüngeren Liebhabern stelle ich fest, dass die meisten einschlägig talentlos sind. Für mich heißt das, dass es an Empathie/Einfühlsamkeit fehlt und vor allem an Hingabe. Ohne weiter aus dem Nähkästchen plaudern zu wollen: Es sind nicht die mechanischen oder körperlichen Mätzchen, die zu einer "echten" Erfüllung führen, sondern die Zuwendung gepaart mit erotischer Begabung.....


QuoteSchartinMulz #24.2

Ach wissen Sie, ein älterer Mann, der viele junge Freundinnen hat und dann im Internet über deren fehlende Qaualitäten im Bett herzieht, ist ein Arsch.

Wie das umgekehrt ist, weiß ich nicht, Arschin gibt es ja nicht.


QuoteInana77 #26

Jetzt kommt schon wieder so ein Artikel, dass wir alle "sonst-was-sexuell" wären. Inzwischen finde ich das wirklich etwas merkwürdig, liebe Zeit. So wichtig ist das Thema nun auch nicht.


...


Aus: "Sexualität: "Es gibt so viele Geschlechter, wie es Menschen gibt"" Silke Weber (1. Februar 2018)
Quelle: http://www.zeit.de/campus/2018/01/sexualitaet-sexualmedizin-volkmar-sigusch-interview (http://www.zeit.de/campus/2018/01/sexualitaet-sexualmedizin-volkmar-sigusch-interview)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 05, 2018, 03:36:00 PM
Quote[...]

Frantz ist ein Spielfilm von François Ozon aus dem Jahr 2016. Die französisch-deutsche Koproduktion basiert in der ersten Hälfte auf dem Ernst-Lubitsch-Film Der Mann, den sein Gewissen trieb (1932).
https://de.wikipedia.org/wiki/Frantz_(Film) (https://de.wikipedia.org/wiki/Frantz_(Film))

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[...] Wellinski: Sowohl Theaterstück als auch die Lubitsch-Vorlage sind ja nach dem Ersten Weltkrieg ungefähr entstanden, die waren noch sehr von einem starken Pazifismus getragen.

War das für Sie eigentlich eine Erleichterung, dass Sie jetzt 50 Jahre und auch nach dem Zweiten Weltkrieg diesen Film jetzt nicht mehr mit derartig starken pazifistischen Untertönen versehen mussten, sondern dass Sie sich eben auf die Figurenkonstellation stärker konzentrieren konnten?

Ozon: Natürlich ist mein Standpunkt ein ganz anderer, weil ich ja nun auch die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg miteinbeziehen kann. Und bei Lubitsch und auch bei Rostand, da ging es wirklich darum zu zeigen, dass diese beiden Völker, Deutschland und Frankreich, doch eigentlich im Grunde Brudervölker sind. Und dieser pazifistische Grundton war da schon sehr wichtig und sie haben beide eigentlich ein sehr politisches Stück und auch einen sehr politischen Film gemacht. Und in beiden Fällen hat es mit einem Happy End geendet.

Und wir kennen natürlich nun die Folgegeschichte und was natürlich noch wichtig ist, gerade bei Lubitsch, er ist ja aus Deutschland emigriert und hat eigentlich in Deutschland schon noch irgendwie mitbekommen, dass der Nationalsozialismus immer wichtiger wurde in diesem Land, und trotzdem macht er diesen optimistischen Film und setzt noch auf eine deutsch-französische Verbrüderung.

Und natürlich habe ich jetzt einen ganz anderen Standpunkt und habe natürlich versucht, diese Idee des Pazifismus durchaus noch ein bisschen zu bewahren. Aber mir ging es eher um den Humanismus. Und ich war eher der Meinung, dass diese Verbindung zwischen Deutschen und Franzosen eher von diesen beiden Völkern eher über die Kultur stattfindet. Deswegen ist die Musik so wichtig, wenn Geige gespielt wird, wenn es um Chopin geht oder das Gemälde von Manet oder die Poesie von Rilke und von Verlaine.

Also, das war mir sehr wichtig zu zeigen, dass über Bildung und über Kultur doch eine Verbindung stattfinden kann zwischen beiden Völkern. Und dadurch ist mein Film nicht mehr so politisch, auch wenn vielleicht kleine politische Dinge noch drin sind, wie es die Vorgängerstücke oder der Vorgängerfilm dann von Lubitsch waren.

... Aber wenn es jetzt um den reinen Nationalismus geht ... Nationalismus, egal, ob er in Frankreich oder in Deutschland existiert, der ist eigentlich immer gleich und funktioniert nach gleichen Mechanismen.

...

Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.



Aus: ""Frantz" von Francois Ozon - Ein Drama über Liebe und Vergebung" Francois Ozon im Gespräch mit Patrick Wellinski (Beitrag vom 01.10.2016)
Quelle: http://www.deutschlandfunkkultur.de/frantz-von-francois-ozon-ein-drama-ueber-liebe-und-vergebung.2168.de.html?dram:article_id=367410 (http://www.deutschlandfunkkultur.de/frantz-von-francois-ozon-ein-drama-ueber-liebe-und-vergebung.2168.de.html?dram:article_id=367410)

--

Quote[...] "In Frankreich waren alle erstaunt, dass ich in Deutschland gedreht habe und dass ich die deutsche Sicht auf den Ersten Weltkrieg so stark in den Mittelpunkt rücke. In Frankreich hat man immer das Gefühl, dass in Deutschland vor allem der Zweite Weltkrieg präsent ist, während der Erste, der ja auf französischem Territorium stattfand, hier sogar in der Landschaft noch stark präsent ist." Das Thema des Perspektivenwechsels zieht sich wie ein Ariadnefaden durch Frantz. Für ein deutschsprachiges Publikum besteht die primäre Umstellung wohl aktuell vor allem darin, nach dem intensiven Interesse für 1914, das sich in dem Bestsellererfolg des Buchs Die Schlafwandler von Christopher Clark manifestierte, auf 1918/19 umzustellen, also auf die Zeit, in der im Keim schon der Nationalsozialismus grundgelegt wurde. Ozon zeigt in so mancher Szene und mit markanten Figuren das Klima des Revanchismus. Aber darum geht es nicht primär: "Ich wollte immer schon einmal einen Film über Lüge und Geheimnis machen, denn wir leben in einer Welt, die von Transparenz besessen ist."
...  "Es gibt ja heute keine brauchbaren Originalnegative in Schwarzweiß mehr, wir haben also in Farbe gedreht, und beim Blick durch die Kamera habe ich auch immer alles in Farbe gesehen. Das hat dann schnell einmal ein bisschen nach Walt Disney ausgesehen in diesen alten, pittoresken Kulissen. Nur auf dem Monitor war Schwarzweiß eingestellt. Und siehe da, beim Blick auf dieses Bild tauchten sofort Murnau, Dreyer oder Ophüls auf. Wenn man Schwarzweiß sieht, erinnert man sich an das Kino."


Aus: ""Frantz": Eine Begegnung zwischen den Linien" Bert Rebhandl (21.10.2016)
Quelle: https://derstandard.at/2000046236423/Frantz-Eine-Begegnung-zwischen-den-Linien (https://derstandard.at/2000046236423/Frantz-Eine-Begegnung-zwischen-den-Linien)

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Quote[...] François Ozon ist ein Spezialist des posttraumatischen Zustands. Viele seiner Filme erzählen vom Weiterleben nach dem Verlust eines geliebten Menschen. Hier aber nähert er sich zum ersten Mal der kollektiven Trauer in den so unterschiedlich verwundeten beiden Nationen Deutschland und Frankreich.

... Dabei arbeitet er symmetrisch – man könnte sagen bilateral, mit großer Neugier auf die deutsche Geschichte und Kultur – auch hier unverkennbar Schüler von Rohmer. Zweimal singen in ,,Frantz" Männer die Hymnen von Krieg, Ehre und Ruhm. ,,Die Wacht am Rhein", in einem deutschen Wirtshaus, und die ,,Marseillaise" in einem Pariser Bistro.

,,Unreines Blut tränke unsere Furchen", heißt es dort, ,,Der Rhein bleibt deutsch wie meine Brust", hier. Kriegslieder, ein brutaler Kontrast zur Welt, in der sich Anna, Frantz und Adrien bewegt haben, in der Lyrik von Rilke und Verlaine, in der Musik von Claude Debussy. An diesen ganz realen Resonanzraum erinnert ,,Frantz" und betrauert damit auch seine Zerstörung. Ein Nachruf von bestechender Schönheit.

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Aus: "Kinofilm ,,Frantz" von François Ozon Wenn Lügen die Liebe schützen" Christina Bylow (26.09.2016)
Quelle: https://www.berliner-zeitung.de/24808020 (https://www.berliner-zeitung.de/24808020)

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Quote[...] Diese Grat­wan­de­rung Ozons zwischen persön­li­chen und gesell­schaft­li­chen Lügen, ein inhalt­li­ches wie formelles, verschwie­genes und undurch­dring­li­ches Schlin­gern, bleibt auch im zweiten, »hinzu­ge­fügten«, von Ozon neuge­schrie­benen Teil, im Zentrum des Plots. Anna begibt sich nach Frank­reich und stößt dabei – ohne es Recht zu wollen – nicht nur auf  »Frantz« ambi­va­lentes Leben im Paris der Vorkriegs­zeit.

Ozon wechselt damit jedoch nicht nur von der deutschen Provinz nach Paris und dann die fran­zö­si­sche Provinz, changiert nicht nur zwischen Mikro- und Makro­per­spek­tive, sondern auch zwischen Farb- und Schwarz­weiß­film. Diese Übergänge, die aus der Not eines knappen Budgets geboren wurden, erzielen jedoch viel­leicht noch mehr als aufwen­dige Rekon­struk­tionen histo­ri­schen Materials, genau das, was Ozon will: Eine fast unheim­liche Histo­ri­sie­rung, die allein durch unser schwarz­weißes Erinnern dieser entfernten Vergan­gen­heit funk­tio­niert. Also nichts anderes, als eine weitere, wohl­tu­ende ,,Lüge".

Ozon macht damit nicht nur unauf­dring­lich deutlich, wie ambi­va­lent Lügen benutzt werden können, wie sehr Lebens­li­nien und nationale Befind­lich­keiten glei­cher­maßen mani­pu­liert werden. Denn der eigent­liche Subtext dieses wunderbar dichten, präzisen und dann wieder fast traum­wand­le­ri­schen Films, ist bei aller Ambi­guität etwas völlig Eindeu­tiges – und ein kaum zu über­tref­fender Kommentar zu den gegen­wär­tigen rechts­po­pu­lis­ti­schen Angriffen auf die Idee eines vereinten Europas: das von Ozon gezeich­nete Europa der Zwischen­kriegs­zeit ist so sehr unheim­li­cher Zerr­spiegel unserer Gegenwart, das Frantz einem poeti­sches Manifest gleicht, einem Manifest, dass nur allzu deutlich daran erinnert, wie destruktiv die Struk­turen waren, die Europa über­wunden hat und das, was wir statt­dessen geschaffen haben schätzen sollten statt im Zuge banalsten histo­ri­schen Verges­sens plötzlich wieder Ideen zu hofieren, die unwei­ger­lich in einen erneuten Zyklus der Zers­tö­rung führen würden.


Aus: "Frantz" Axel Timo Purr (2016)
Quelle: http://www.artechock.de/film/text/kritik/f/frantz.htm (http://www.artechock.de/film/text/kritik/f/frantz.htm)

Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 26, 2018, 11:15:45 AM
Quote[...] Ziblatt: In den vergangenen Jahrzehnten hat es eine Art Gegenreaktion zur vollständigen Demokratisierung der USA gegeben. Erst 1965 mit dem Voting Rights Act und dem Civil Rights Act durften Afroamerikaner wählen und wurden der weißen Bevölkerung rechtlich weitestgehend gleich gestellt. Gemeinsam mit der Einwanderungsreform Mitte der Sechziger hat das einen positiven Wandel ausgelöst. Der hat aber gleichzeitig das politische System stark verändert.

ZEIT ONLINE: Inwiefern?

Ziblatt: Die Demokraten im Süden sind zur Republikanischen Partei gewechselt, Afroamerikaner gingen fast geschlossen in die Demokratische Partei. Außerdem haben sich die Evangelikalen in den Siebzigern und Achtzigern zunehmend als Republikaner identifiziert. Die Folge: Heute haben Sie eine Republikanische Partei, die fast ausschließlich weiß und christlich ist, und eine Demokratische Partei, die alle anderen unter sich versammelt, die Partei der Minderheiten, der Nichtgläubigen und der Städter. Es stehen sich zwei Bevölkerungsgruppen gegenüber, die sich gegenseitig als existenzielle Gefahr betrachten, vor allem aus Sicht der Republikaner.

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QuoteSchartinMulz #34

Das Interview macht einen ziemlich fassungslos. Da wird das System der demokratischen Partei gelobt, das den populären Kandidaten Sanders verhindert hat. Großartig.

Und dann: "Drei Viertel der Republikaner glauben, dass es Wahlbetrug im großen Stil gegeben hat, auch wenn es keinen Beweis dafür gibt."

Und wieviel Prozent der Demokraten glauben, dass Trump nur durch Wahlmanipulationen der Russen gewonnen hat?
"Genauso glauben drei Viertel der Republikaner, dass die Medien Geschichten über Trump erfinden. Sie zweifeln damit die Grundpfeiler der Demokratie an."

Also, wenn man nicht alles glaubt, was die Medien schreiben, zweifelt man die Grundpfeiler der Demokratie an? Die Demokraten zweifeln auch an, was in Trump-nahen Medien steht.

Der Professor macht es sich hier sehr einfach.



Quoteburgunderbauer #82

Mir scheint, dass der Artikel einen Mangel hat: Es geht in USA nicht nur um Demokratie versus Autokratie, sondern auch um Arm gegen Reich. In dieser Polarität sind die Republikaner die Partei der Reichen. Und ihr Problem ist: Wie verklickern wir der großen Menge der kleinen Leute, dass "Reformen", die vorwiegend den Reichen nützen (Abschaffung von Obamacare, Steuersenkungen), in ihrem Interesse sind?

Für dieses Problem ist Politshowstar Trump eine Lösung.


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Aus: "Demokratie in den USA: "Wir haben Glück, dass Trump so inkompetent ist"" Interview: Thorsten Schröder, New York (22. Februar 2018)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/ausland/2018-02/demokratie-usa-donald-trump-daniel-ziblatt-harvard-professor (http://www.zeit.de/politik/ausland/2018-02/demokratie-usa-donald-trump-daniel-ziblatt-harvard-professor)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 01, 2018, 08:00:06 AM
Quote[...]  Ivana Sajko ist eine kroatische Prosa- und Theaterautorin, die in Berlin lebt. In deutscher Übersetzung sind bisher erschienen: "Rio bar" (2008), "Archetyp: Medea. Bombenfrau. Europa: Trilogie" (2008), "Trilogie des Ungehorsams" (2012), "Auf dem Weg zum Wahnsinn (und zur Revolution) Eine Lektre" (2014) und "Liebesroman" (2017). ...

Im Frühjahr 2016 stand ich mit einem Megafon in der Hand auf dem Hauptplatz in Zagreb und trug den 1995 erschienenen Essay Urfaschismus von Umberto Eco vor. Zur selben Zeit lasen an 40 Orten in Kroatien Kulturschaffende und Künstler öffentlich denselben Text. "Daher wird Kultur verdächtig, sobald sie mit kritischen Einstellungen identifiziert wird", schrieb Eco darin. Ich war mit einem Grüppchen Gleichgesinnter dort, und wir wechselten uns beim Tragen des schweren Megafons ab. Zwischen den gelesenen Sätzen blickte ich zu den Passanten. Die Mehrheit beachtete uns überhaupt nicht, während einige wenige kurz stehenblieben, zuhörten und das Gesicht verzogen. Ich erinnere mich besonders deutlich an einen Mann mit einem Kind an der Hand, der in meine Richtung spuckte. Diese Passanten waren mein Publikum, und die Spucke dieses Publikums war die schmerzhafte Niederlage für jeden, der an diesem Tag die Bühne der Straße betrat und sich einbildete – so wie auch ich damals –, im Namen der schweigenden Mehrheit zu sprechen, jener 50 Prozent der Wähler, die die Wahlen boykottiert und somit den Staat der Tüchtigkeit der Rechten überlassen hatten.

Ich hielt beim Lesen inne. Jemand sagte: "Das sind die, die kein Geld abbekommen haben, und jetzt beschweren sie sich." Ein anderer warf wütend ein: "Geht doch arbeiten." Ein paar andere stimmten ihm zu. Jede Antwort wäre zwecklos gewesen. Es war völlig sinnlos zu fragen, seit wann die Kultur denn so überflüssig und so teuer geworden sei (in Kroatien wird für Kultur 0,49 Prozent des staatlichen Budgets aufgebracht), und wann wir zu Feinden geworden waren?

Die Eskalation des Antagonismus begann in jenem Jahr, als Zlatko Hasanbegović, ein Historiker mit ultrarechten revisionistischen Positionen, zum Minister für Kultur berufen wurde. Er war es, der Kulturschaffenden den Krieg erklärte und sie Jugonostalgiker, Pseudolinke und Parasiten nannte und die Kultur in das Schlachtfeld eines konstruierten Ideologie- und Klassenkonflikts verwandelte, der sich zwischen der vermeintlichen linken kulturellen Elite und der verarmten Volksmasse abspielte, die nur darauf wartete, dass irgendjemand den Verantwortlichen für ihren traurigen Zustand benennt. Damals wurden innerhalb eines knappen Jahres alle Plattformen zur Finanzierung unabhängiger Medien und der Vereine zur Entwicklung der Zivilgesellschaft zerschlagen. Die Arbeit des Audiovisuellen Zentrums, das sich große Verdienste um den Aufschwung des kroatischen Films erworben hatte, wurde eingestellt, zahlreiche Journalistinnen und Journalisten, die beim öffentlichen Radio und Fernsehen gearbeitet hatten, wurden entlassen oder ihre Sendungen aus dem Programm genommen. Die Mailboxen jedes Einzelnen, der es wagte, die Anführer der konservativen rechten Revolution in Kroatien zu kritisieren, füllten sich mit Drohungen und Beleidigungen. Nachdem der Schriftsteller Ante Tomić auf der Straße angegriffen worden war und das Ministerium für Kultur sich daraufhin mit der Warnung zu Worte meldete, dass "jeder selbst die Verantwortung für das gesprochene oder geschriebene Wort trägt", griff in der Gesellschaft die Angst vor diesem gesprochenen und geschriebenen Wort um sich.

Der politische Essayist Marko Kostanić schreibt, dass in Kroatien heute eine dezentralisierte Zensur wirkt, die durch die Vereinigungen der Kriegsveteranen und der katholischen Kirche im Namen der Regierung umgesetzt wird. Dabei wird denkbar einfach vorgegangen: Nachdem ein Film, eine Theatervorstellung oder ein Buch zum Zeugnis der Beleidigung nationaler oder religiöser Gefühle erklärt wird, beginnt der Angriff, und zwar nicht nur auf die konkrete Quelle dieser angeblichen Provokation, sondern auch auf die Kulturinstitution, die sie produziert hat. Daraufhin folgen personelle Veränderungen, die in der Vergangenheit etwa dazu geführt haben, dass heute in den Theaterausschüssen, die über das Repertoire und die Finanzierung der Theater entscheiden, politische Akteure mit extremen Haltungen sitzen, die Kultur ausschließlich als politische Plattform benutzen.

Der schon erwähnte ehemalige Minister Hasanbegović hat vor Kurzem einen Posten im Ausschuss des Kroatischen Nationaltheaters übernommen, im "Zentralkommando des pseudolinken, paratheatralischen Aktivismus", wie er dieses Gremium nennt. Als Vorbereitung seiner Benennung hatte er eine Namensänderung des Platzes, an dem das Theater liegt, erzwungen, denn der trug den Namen des Anführers des antifaschistischen Widerstands im ehemaligen Jugoslawien, Josip Broz Tito. Durch diesen auf den ersten Blick kleinen Vorfall wurde eine weitere Spur des emanzipatorischen Teils der kroatischen Geschichte ausgelöscht. Der Schauspieldirektor des Kroatischen Nationaltheaters kommentierte den Vorgang mit den Worten: "Ein Volk ohne Erinnerungen hat keine Zukunft."

Das Ende der kroatischen Zukunft wurde durch die Ernennung von Jakov Sedlar zum Mitglied des Ausschusses des Zagreber Theaters & TD fortgesetzt – eines Filmregisseurs, der sich in seinem Dokumentarfilm über das Konzentrationslager Jasenovac "Halbwahrheiten, Lügen und Fälschungen" bediente, wie es der Publizist Slavko Goldstein formulierte. Diese Theaterbühne, die für ihre gesellschaftskritische Haltung bekannt ist, wurde so um den Posten eines Aufpassers bereichert, der angekündigt hat, dass er sich in seiner neuen Position von drei Kriterien leiten lassen wird: wer ein Stück produziert, um welchen Inhalt es sich dabei handelt, und ob es dafür Publikum gibt.

Seit dem Wechsel der Regierung im Jahr 2016 paradieren vor den Eingängen der Theater in Kroatien immer öfter Kriegsveteranen und verlangen, dass irgendwelche Stücke verboten werden, während die katholische Kirche immer häufiger zum Boykott bestimmter Künstler aufruft. Die Werte einer säkularen und demokratischen Gesellschaft werden nur noch von einzelnen Kulturschaffenden verteidigt, beziehungsweise von den wenigen übriggebliebenen Aktiven der Zivilgesellschaft, die von den linken Parteien im Stich gelassen wurden. Um einige lukrative Sphären der staatlichen Macht für sich zu erhalten, haben die linken Parteien Kunst und Kultur der Willkür und der Barbarei der politischen Halbwelt überlassen.

Die Symptome, die Eco in seinem Essay über den Urfaschismus benennt, wurden zur Normalität in der kroatischen Gesellschaft: Traditionskult, Irrationalismus, Angst vor den Anderen, Vorwurf des Verrats und Besessenheit für die Vorstellung moralischer Perversionen ihrer vermeintlichen Gegner, individuelle und soziale Frustration, Verachtung gegenüber dem Denken, stattdessen Populismus, Heroismus-Kult und Machismus. In Kroatien versucht man heute, die Geschichte zu fälschen und fiktive Feinde zu finden, die man in den Reihen der nationalen und sexuellen Minderheiten sucht oder eben unter den Künstlern. In einem derart ideologisch gespaltenen Raum fällt es nicht schwer, neue Konflikte zu provozieren und die Bürger mit dem Junkfood der Nation und der Religion zu füttern – den beiden konstitutiven Elementen einer kollektiven Identität, die wahrer demokratischer Werte beraubt ist.

Aus dem Kroatischen von Alida Bremer

QuoteJoseph Rose #13

Als Kroate muss ich hier einige Dinge klären, denn in diesem Artikel wird fast schon so getan, als sei Kroatien ein faschistischer Staat. Diese sogenannten Kulturschaffenden regen sich über die konservative Regierung Kroatiens auf, weil man ihnen massenhaft Subventionen gestrichen hatte. Meiner Meinung noch nicht genug, aber das nur am Rande. Nun lästern diese sogenannten Kulturschaffenden in ganz Europa herum und regen sich über den bösen Nazi Hasanbegovic auf, der mit der Streichung der Subventionen begonnen hatte.

Kroatien ist ein Land welches nur knapp 4 Millionen Einwohner hat und einer Fläche, die etwas grösser als Niedersachsen ist. Dennoch gab es in Kroatien Zeitweise über 100 Radiosender, die von der Regierung subventioniert wurden. Auch wenn man als Radiosender nur Pieptöne in die Welt gesendet hat, kriegte man Geld dafür, weshalb viele Glücksritter sich den Beruf des "Kulturschaffenden" für sich fanden und eigene Zeitschriften und Radiosender schufen. Daraufhin kassierten sie vom kroatischen Staat fürs Nichtstun Subventionen. Ist doch toll.

Leider ist dieser Staat ohnehin schon stark verschuldet und der ehemalige Kulturminister Hasanbegovic, der übrigens zur muslimischen Minderheit in Kroatien gehört, hat dann diese Subventionen zurecht gestrichen. Und unter diesem Hintergrund ist es auch zu verstehen, dass er solche Leute als Parasiten beschimpfte. Klar geht der Ausdruck zu weit, ich hätte es auch anders formuliert, aber im Kern stimme ich ihm zu...


QuoteRunkelstoss
#13.1  —  vor 9 Stunden 3

Diese sogenannten Kulturschaffenden regen sich über die konservative Regierung Kroatiens auf, weil man ihnen massenhaft Subventionen gestrichen hatte.

Ich zitiere: in Kroatien wird für Kultur 0,49 Prozent des staatlichen Budgets aufgebracht


QuoteTheraphosis #13.3

"Als Kroate muss ich hier einige Dinge klären, denn in diesem Artikel wird fast schon so getan, als sei Kroatien ein faschistischer Staat."

Nun, selbst bei wohlwollender Betrachtung, sonderlich weit weg davon ist Kroatien nicht. Es ist schwierig, die lange Tradition und Erziehung in diese Richtung abzuschütteln.


QuoteRalf Höfle #24

Wenn ihr ein Problem mit den Kroaten oder Kroatien habt fahrt doch einfach nicht hin.


QuoteAllesKeinProblem #24.1

Ein sehr erwachsener Kommentar. Wie alt sind Sie?

... Niemand, der diese Zerstörung der Kultur kritisiert, hat ein Problem mit dem Land Kroatien. Oder sind wir schon wieder bei Einheit von Land, Führer und Volk?


QuoteAllesKeinProblem #28

Es gibt einen Grund warum "Kultur" in extremistischen Gesellschaften so aussieht wie sie aussieht, egal ob nun rechts oder kommunistisch. In der Unterdrückung, der Gleichschaltung und der eigenen intellektuellen Armut sind sich beide Seiten absolut gleich und das Ergebnis sieht man dann auf den Bühnen und in den Kinos.

Und "das Volk" lässt sich vom Versagen der Politik nur zu gern ablenken durch einen Sündenbock. Kann der Kulturschaffende was dafür, wenn eine politische Elite sich bereichert und für die Arbeitenden nichts übrig bleibt? Nein, aber es ist so schrecklich einfach gegenüber simplen Menschen den Künstler auf der Bühne als elitär darzustellen, selbst wenn der im gleichen, runtergekommenen Haus wohnt wie man selbst.

Man muss nur was von Nation und Stolz und Vaterland faseln. Das macht nicht satt oder warm und bietet auch keine Zukunft, aber es ist eine schöne Illusion mit dem Versprechen nicht denken zu müssen.


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Aus: "Kroatien: Die Kultur als Volksfeind" Ivana Sajko (28. Februar 2018)
Quelle: http://www.zeit.de/kultur/2018-02/kroatien-kulturpolitik-kritik-zensur-kuerzungen-gelder-10nach8 (http://www.zeit.de/kultur/2018-02/kroatien-kulturpolitik-kritik-zensur-kuerzungen-gelder-10nach8)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 01, 2018, 02:34:07 PM
Lebensreform ist der Oberbegriff für verschiedene Reform­bewegungen, die seit Mitte des 19. Jahrhunderts insbesondere von Deutschland und der Schweiz ausgingen. Gemeinsame Merkmale waren die Kritik an Industrialisierung beziehungsweise Materialismus und Urbanisierung und ein Streben nach dem Naturzustand. Als bedeutender Vorkämpfer der Lebensreform-Ideen gilt der Maler und Sozialreformer Karl Wilhelm Diefenbach. Eine übergreifende Organisation besaßen die verschiedenen Bewegungen nicht, dagegen bestanden zahlreiche Vereine. Ob die Reformbewegungen der Lebensreform eher als modern oder als anti-modern und reaktionär einzuordnen sind, ist in der Literatur umstritten; beide Thesen werden vertreten. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Lebensreform (https://de.wikipedia.org/wiki/Lebensreform) (30. Januar 2018)

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Quote[...] Bereits in der Antike machen sich Unbehagen an der Kultur –  vielleicht wäre die Vokabel ,,Zivilisation" treffender – und der Wunsch bemerkbar, ein Leben zu führen, das für natürlicher gehalten wird als das, welches die Menschen in einer städtischen Umgebung zu führen gezwungen sind. In der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts wird dieser Wunsch wieder manifest und begleitet seitdem die abendländische Mentalitätsgeschichte. Besonders wahrnehmbar artikuliert er sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts in der sogenannten Lebensreform. Deren Einfluss auf Kunst und Literatur in Deutschland kann schwerlich überschätzt werden, vor allem jedoch zeitigt sie in der Lebenspraxis Veränderungen, die bis heute nachwirken.

Darüber ist man seit längerem gut informiert. Zu empfehlen ist der anlässlich einer Ausstellung auf der Darmstädter Mathildenhöhe 2001 erschienene üppig ausgestattete zweibändige Katalog Die Lebensreform. Entwürfe zur Neugestaltung von Leben und Kunst um 1900.
Auf insgesamt 1231 Seiten bietet er eine schier unübersehbare Menge von Abbildungen und daneben 147 Textbeiträge, die gelehrter und umfangreicher sind, als von einem Ausstellungskatalog gemeinhin zu erwarten ist (vgl. die Rezension in literaturkritik.de, August 2002).

... Peter Sprengel bringt mit der Frage ,,Konversion eines Apostaten?" Hauptmanns zeitlebens zwiespältiges Verhältnis zur Lebensreform auf eine griffige und fruchtbare Formel. Erich Unglaub verfolgt anhand von Liebesgedichten Rilkes dessen changierende Liebeskonzepte, die den Bereich des Autobiographischen verlassen und zukunftsorientierte poetische Botschaften werden. Kathrin Geist konzentriert sich auf Hesses biographisch inspirierte Erzählung In den Felsen, welche die Botschaft vermittelt, dass eine Lebensreform, die der Physis den Vorrang einräumt vor der Psyche und dem Geist, unbefriedigt lässt. ...

Thorsten Carstensen / Marcel Schmid (Hg.): Die Literatur der Lebensreform. Kulturkritik und Aufbruchstimmung um 1900.
Transcript Verlag, Bielefeld 2016. 346 Seiten, 39,99 EUR.
ISBN-13: 9783837633344



Aus: "Kühne Thesen - Ein Sammelband zu den Beziehungen zwischen Lebensreform und deutscher Literatur um 1900" Alexandra Pontzen (08.03.2017)
Quelle: http://literaturkritik.de/carstensen-schmid-die-literatur-der-lebensreform-kuehne-thesen,23105.html (http://literaturkritik.de/carstensen-schmid-die-literatur-der-lebensreform-kuehne-thesen,23105.html)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 08, 2018, 11:31:12 AM
Quote[...] Weil sie gegen den Kopftuchzwang protestiert hat, ist eine Iranerin zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Das gab Teherans Staatsanwalt Abbas Dschafar Dolatabadi laut Nachrichtenagentur IRNA bekannt. Frauen sind im Iran gesetzlich zum Tragen von Kopftüchern verpflichtet. Polizei und Justiz würden jeglichen Verstoß konsequent ahnden, sagte der Staatsanwalt.

Seit Dezember des vergangenen Jahres protestieren immer mehr Frauen gegen den Kopftuchzwang, indem sie auf den Straßen ihre Kopftücher abnehmen und sie als Fahne an einen Stock hängen. Bis jetzt sollen mindestens 30 Frauen festgenommen und inhaftiert worden sein. Unklar ist, was mit den anderen Frauen passiert ist.

Den Namen der verurteilten Frau gab Dolatabadi nicht an; es handelt sich angeblich um die 32-jährige Nargess Husseini. Sie wurde vor mehr als einem Monat in Teheran festgenommen und in einem Gefängnis in Südteheran eingesperrt.

Auch vor Gericht wollte sie ihre Tat nicht bereuen. Sie soll sogar versucht haben, den erzkonservativen Richter davon zu überzeugen, dass der Kopftuchzwang nicht legitim sei. 




Aus: "Zwei Jahre Haft für Protest gegen Kopftuchzwang" (7. März 2018)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/ausland/2018-03/iran-haft-protest-kopftuchzwang (http://www.zeit.de/politik/ausland/2018-03/iran-haft-protest-kopftuchzwang)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 20, 2018, 11:17:47 AM
Quote[...] Angela Nagle: I became obsessed with online anti-feminist forums about eight years ago, particularly those that had new and distinct features that distinguished them from traditional anti-feminist movements – countercultural aesthetics of shock and transgression and a heretical troll-ish sensibility native to geeky online forums. It started me thinking about the relationship between countercultures, subcultures and the mainstream. This new online right culture of ultra-offensiveness grew while the opposite online culture of ultra-sensitivity grew and things got progressively uglier and battles became more and more embittered and entrenched throughout these years. In the end I wanted to try to carve out some other political space, which required me to take a step back and think in terms of big themes and ideas, about our cultural obsession with "edginess", counterculture and marginality, our cycles of tech-utopianism followed by crushing reality and so on. ...


From: "A Q&A with 'Kill All Normies' author Angela Nagle" (Tue, Aug 22, 2017)
Source: https://www.irishtimes.com/culture/books/a-q-a-with-kill-all-normies-author-angela-nagle-1.3194409 (https://www.irishtimes.com/culture/books/a-q-a-with-kill-all-normies-author-angela-nagle-1.3194409)

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Quote[...] Spätestens seit das Enthüllungsbuch "Fire and Fury" von Michael Wolff über die Zustände im Weißen Haus auch hierzulande hohe Wellen schlägt, wissen wir, wie chaotisch und planlos der derzeitige Präsident der Supermacht USA seine Regierung führt. Und wir wissen mehr über seinen ehemaligen Einflüsterer: Steven Bannon. Donald Trump hat zwar mit der Gallionsfigur der "Alt-Right"-Bewegung gebrochen, Bannons Einfluss auf das Erstarken rechts-populistischer und rassistischer Strömungen in der Vergangenheit ist jedoch nicht zu unterschätzen.

Hier trifft Angela Nagles Buch einen Nerv: "Kill all Normies - Online Culture Wars from 4chan and Tumblr to Trump and the Alt-Right" beschreibt die Methoden der Rechtspopulisten und ihre ungeheure Wirkungsmacht in der momentanen kulturellen Landschaft der USA.

Nagles Grundthese ist so kühn wie naheliegend: Die akademische "political correctness" – manifestiert in einer Person wie Barack Obama, der das Bild des "artikulierten, kosmopolitischen Amerikaners" inkarniert – findet seine Gegenbewegung in der "America First"-Politik seines Nachfolgers. Anders formuliert: Trumps Erfolg speist sich aus seinem offenen Kampf gegen eben jene Korrektheit, offen ausgetragen nicht nur in seinen Reden, sondern vor allem im Internet. Trump perfektioniert, was sich Jahre vorher angekündigt hat: die Kultur der bewussten Grenzüberschreitung, die eine ungeheure virale Dynamik entfaltet hat.

Die irische Kommunikationswissenschaftlerin Angela Nagle beschäftigt sich seit Jahren mit der Online-Präsenz der "Alt-Right"-Bewegung, die - das sei an dieser Stelle nur kurz erwähnt - beileibe keine homogene Strömung ist und die durch die gewalttätigen Demonstrationen in Charlottesville im August 2017 nur sichtbar geworden ist.

Plausibel wird ihre Theorie am Beispiel der Online-Plattform "4chan", auf der vor allem Bilder gepostet werden in so genannten "Imageboards". Die Themen reichen von Natur, Autos, Waffen, Erotik bis zu Politik. Ein Spiegel-Online-Artikel beschreibt die Wirkung von 4chan treffend so: "Ein abgründiger Ort, an dem Scheußlichkeiten, rassistische und sexistische Tiraden und Bilder weit jenseits der Grenzen des guten Geschmacks veröffentlicht werden. [...] Die Welt von 4chan ist dunkel und seltsam, wie das Innenleben eines verwirrten Provinz-Teenagers um drei Uhr morgens."

4chan galt als Wiege der "Anonymous"-Bewegung, bis, wie Nagle beschreibt, rechte Ideen auf der Plattform überhand nahmen. Die permanente Grenzüberschreitung, eigentlich ein Phänomen einer links-anarchischen Kultur, wurde erfolgreich von der "Alt-Right"-Bewegung perfektioniert. Das Gleiches gilt übrigens nach Überzeugung von Nagle auch für Vorbilder, wie sich am Titel zeigt. Ähnlich wie linke Subkulturen opponieren auch die neuen Rechten gegen den Mainstream: "Kill all Normies!" Die Negierung dieser Erkenntnis, so Nagle, habe Hillary Clinton den Sieg gekostet.

Wer sich also auf den letzten Stand des viralen Kulturkampfes bringen will, ist bei Angela Nagle gut aufgehoben. Peinlich sind allerdings Fehler wie die falsche Schreibweise von Pat Buchanans Name, wohl aber einem eher schlampigen Lektorat geschuldet. Das Buch – mit seinen 136 Seiten fast ein Essay – stößt am Ende beiden Seiten des politischen Koordinatensystems vor den Kopf.

Wobei Nagle, die sich selbst im linken Spektrum verortet, prophezeit: "Will die Linke vorankommen, ist es an der Zeit, die ästhetischen Werte dieser Gegenkultur wegzulegen – und etwas Neues zu erfinden".


Aus: "Angela Nagle: "Kill All Normies"Amerika unter Trump: Die Kultur der bewussten Grenzüberschreitung" Nana Brink (13.01.2018)
Quelle: http://www.deutschlandfunkkultur.de/angela-nagle-kill-all-normies-amerika-unter-trump-die.1270.de.html?dram:article_id=408170 (http://www.deutschlandfunkkultur.de/angela-nagle-kill-all-normies-amerika-unter-trump-die.1270.de.html?dram:article_id=408170)

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Quote[...] Mein Buch stellt auf jeden Fall eine Art interner Kritik der Linken dar, und auch meines eigenen Standpunkts, den ich jahrelang einnahm. Bei der Beschäftigung mit der Alt-Right war es mir nicht mehr möglich, das Vorurteil zu reproduzieren, dass Gegenkultur etwas inhärent Emanzipatorisches habe. Wir sind so daran gewöhnt, die Massenkultur und die Massengesellschaft zu kritisieren, dass wir übersehen, dass einige der nihilistischsten, menschenfeindlichsten und gewalttätigsten Impulse in Wirklichkeit von den Rändern kommen. Die Annahme einer notwendigen Verwandtschaft von ästhetisch-politischer Marginalität und progressivem Inhalt ist ein hartnäckiges Fehlurteil.

... Linke halten oft die größten Scheußlichkeiten für links, wenn sie in einem gegenkulturellen Rahmen oder mit ­einer entsprechenden Ästhetik daherkommen. 4Chan ist dafür ein gutes Beispiel, auf das ich in meinem Buch besonders eingehe. Die Anthropologin Gabriella Coleman war zum Beispiel fähig, 4Chan in einem völlig positiven Licht darzustellen, so wie viele andere auch, die nicht zur politischen Rechten zählen. Wie konnten sie zum Beispiel die Frauenfeindlichkeit übersehen? Linke Intellektuelle schaffen es mühelos, Frauenfeindlichkeit zu übersehen, wenn sie in einer Gegenkultur stattfindet, wohingegen der Durchschnittsmensch gar nicht kritisch genug betrachtet werden kann. Man kann zur Zeit etwa viel über »toxische Maskuli­nität« lesen, womit eine Mainstream-Maskulinität gemeint ist. Aber die schlimmste Frauenfeindlichkeit findet sich in der Gegenkultur. Mein Buch soll auch als Anregung verstanden werden, über diese eingeschliffenen ästhetischen Urteile nachzudenken.

Es gibt eine ökonomische Dimension, und sie betrifft die Arbeitslosigkeit. Der Schlüsselbegriff der Alt-Right ist hier »NEETS« (Not in Education, Employment, or Training). Es gibt diese Vorstellung einer Expertenklasse im Wartestand.

... Wir haben es mit einer Schicht junger Männer zu tun, die viel Zeit haben, obskures Wissen anzuhäufen, im Wesentlichen handelt es sich dabei um Verschwörungstheorien. Sie betrachten sich quasi als eine neue Art von Intelligenzia, aber im Grunde sind sie nur ein Haufen arbeitsloser Typen. Es ist fast witzig, sie halten sich für eine Elite, und manche von ihnen sind tatsächlich recht belesen, auch wenn man ihre Quellen in Frage stellen kann. Ein interessantes Beispiel ist Sam Hyde, der »Alt-right-comedian«, ein sehr talentierter Mensch. Seine Show für den US-amerikanischen Fernsehsender Adult Swim kann man guten Gewissens als avantgardistisch bezeichnen. Er ist Absolvent einer Kunstakademie und sehr verbittert darüber, verschuldet zu sein (das Studium in den USA ist meist kreditfinanziert, Absolventen haben im Durchschnitt 37 000 Dollar Schulden, Anm. d. Red.), weswegen er den Hochschulen den Krieg erklärt hat. Seinen Fans predigt er, nicht zur Uni zu gehen. Millennial Woes, eine anderer Prominenter der Alt-Right, ist ebenfalls ein ehemaliger Kunststudent, und auch seine politische Haltung hat ihren Ursprung in dieser Bildungsbiographie. Ich halte das für signifikant. Es mag sich nicht um eine Klasse im ­traditionellen Sinne handeln, aber es gibt diese verbitterten, jungen, arbeitslosen, formal gebildeten Leute ohne Zukunft, welche die Trägerschicht der Alt-Right darstellen. Es ist dennoch nicht mein Ziel, Dinge sofort unter der Vorgabe einer linken Antwort zu ana­lysieren. Sollte der Aspekt »Klasse« sich als das beste Analysekriterium erweisen – gut. Aber in anderen Fällen bietet es sich eben nicht an. Meine Methode ist es nicht, eine dogmatische Klassenanalyse auf einen Gegenstand zu stülpen, wenn sie nicht richtig passt und keine Erkenntnis bietet.

... Teenager, die 4Chan-User, begründen ihre Anhängerschaft ähnlich. Sie werden von der Linken abgestoßen, und wenden sich der Rechten zu. Das bedeutet nicht, dass ich der Linken die Schuld daran gebe, letztlich sind die Rechten selbst verantwortlich. Doch wenn eine sehr große Zahl junger Leute, von denen viele intelligent und interessiert an Ideen sind, sich von der Linken abwendet – sollte uns das nicht zu denken geben und Anlass für Selbstkritik sein? Ich halte es nicht für hilfreich, so zu tun, als ob all das gar keine andere Ursache habe als schlicht eine moralisch verwerfliche Haltung. Man kennt diese Art der moralischen Erpressung: Wer die Linke kritisiert, betreibt victim blaming. Diese Denkart ist nichts weiter als der Versuch, wertvolle und produktive Selbstkritik zu unterbinden.

... »Das Unbehagen in der Kultur« war und ist enorm wichtig für mich, vor allem der Gedanke der Ambivalenz von Tabus. Einerseits führen Tabus zu Neurosen, andererseits erlauben sie es uns, einigermaßen friedlich zusammen­zuleben. Was quasi jeder will, ist, frei von Hemmungen zu leben – alle anderen sollen sich aber zurückhalten. Es gibt also diesen konstanten Konflikt. Ich schätze an Freud sehr, dass er diesen Konflikt so stehen lässt. Er vermeidet, etwas in der Art von » ... und deswegen sollten wir dies oder jenes machen« zu schreiben, wie politischere Menschen das tun würden. Er schreibt, dass dies ein Konflikt sei, mit dem wir es immer zu tun haben werden, mitsamt seiner negativen Erscheinungen, aber letztlich seien Tabus notwendig. Sieht man sich vor diesem Hintergrund den guten Ruf der Enthemmung in der Kunstwelt, bei Linken und bei zahlreichen Theoretikern an, ist das Phänomen der Alt-Right instruktiv. Hier sieht man, wozu es eben auch führen kann, wenn Tabus keine Rolle spielen. Wir sollten sehr kritisch mit dieser Sechziger-Jahre-Idee der unbedingten Fortschrittlichkeit von Tabubrüchen und Impulsivität umgehen.

... Es gibt diese Bewegung hin zu immer kleineren Organisationsformen. Soziale Bewegungen haben Klassenpolitik ersetzt. Ich denke viel über den Wert echter Massenpolitik nach, die Art von Politik also, die wirklich einen Effekt hat, aber auch über Dinge wie das soziale Umfeld, etwa seine Nachbarn gut zu kennen, also Bereiche, welche die permanente Kritik der Massenkultur nicht erreicht. Weit bin ich damit ­allerdings noch nicht. Ich mag etwa an Leuten wie Bernie Sanders, dass sie eine Sprache der Solidarität gefunden haben, mit der sie Alltagsprobleme ­artikulieren können. Ich fordere freilich nicht, dass dies die einzige Orga­nisationsform der Linken werden soll, dazu schätze ich selbst Avantgarden und ihre Geschichte viel zu sehr. Aber man muss sich schon eingestehen, die Prioritäten falsch gesetzt zu haben, wenn dieser Avantgardismus das alleinige Zentrum des Interesses ist. Wenn wir nicht in der Lage sind, Alltagsprobleme zu artikulieren, gibt es keine politische Hoffnung. Deswegen warne ich vor dem Glauben, dass die Rettung aus obskuren Sub- und Gegenkulturen kommen wird.

...


Aus: "Angela Nagle, Autorin, im Gespräch über Kulturkriege im Internet - »Die Rettung wird nicht aus obskuren Gegenkulturen kommen«" Bernhard Pirkl (15.03.2018)
Quelle: https://jungle.world/artikel/2018/11/die-rettung-wird-nicht-aus-obskuren-gegenkulturen-kommen (https://jungle.world/artikel/2018/11/die-rettung-wird-nicht-aus-obskuren-gegenkulturen-kommen)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 03, 2018, 01:58:38 PM
Quote[...] Wer sprachlich nicht diskriminiert wird, sollte mal einen Perspektivenwechsel wagen. Das neue Buch des Linguisten Anatol Stefanowitsch wird dabei helfen Es geht um nichts Geringeres als Moral. Anatol Stefanowitsch hat keine Angst davor, sein neues Buch mit genau jenen Begriffen zu betiteln, die dank rechtspopulistischer Parteien und des konservativen Feuilletons fast schon Schimpfwort-Charakter haben: "Eine Frage der Moral. Warum wir politisch korrekte Sprache brauchen" heißt das soeben erschienene Buch des deutschen Sprachwissenschafters. Darin seziert und erklärt er sowohl die Bestrebungen, eine halbwegs diskriminierungsfreie Sprache umzusetzen, als auch sämtliche Widerstände dagegen. Wobei sich die meisten einig zu sein scheinen, dass Sprache nicht verhetzen soll. Trotzdem gibt es seit vielen Jahren eine enorm aufgeregte Diskussion, wo diese sprachlichen Verhetzungen und Verletzungen beginnen und welche davon wie schwer wiegen. Während die meisten darin übereinstimmen, dass etwa die Rede von "völkisch" oder "Schuldkult" um den Holocaust ein klares Zeichen eines verrohten Sprachgebrauchs ist, gibt es gleichzeitig heftigen Widerstand gegen Vorschläge, doch bitte andere Begriffe für den "Mohrenkrapfen" in der Konditorei oder den "N~könig" in Kinderbüchern zu finden – und auch noch jegliche rassistische Bedeutungsgeschichte verleugnet wird. Wer hier Änderungen vorschlägt, betreibe "sprachliche Bildstürmerei", beschreibt Stefanowitsch die empörten Reaktionen, etwa auf Änderungsvorschläge in literarischen Werken. In ein Gesamtkunstwerk dürfe nicht eingegriffen werden, schließlich entsprächen die Formulierungen der damaligen Zeit und wären somit auch wichtige Zeitdokumente.

Doch die vielen anderen Eingriffe, etwa in Kinderbüchern, lassen an diesen Motiven zweifeln. Zum Beispiel als Enid Blytons 1941 erschienenes Kinderbuch "The Adventurous Four" im Jahr 1969 verändert wurde: In der Geschichte von 1941 tauchten noch deutsche Soldaten mit Hakenkreuz-Binde auf, die später zu unpolitischen Waffenschmugglern wurden. Oder als in Thomas Brezinas "Rätsel um das Schneemonster" aus einem "Walkman" später ein "MP3-Player" wurde, schlug das öffentliche Interesse keine hohen Wellen, während bei sprachlichen Neuerungen im Sinne diskriminierter Gruppen die Empörung stets groß ist. Auch den Einwand, politisch korrekte Sprache sei "hässlich", hält Stefanowitsch für verfehlt, denn "in der Sprache geht es – außerhalb der Poesie – nicht um Ästhetik, sondern um Kommunikation". Ebenso die überbordende Sorge um die Traditionen des christlichen Abendlandes, wenn aus einem "Weihnachtsmarkt" ein "Striezelmarkt" werden soll wie etwa in Dresden, der allerdings schon im 15. Jahrhundert Striezelmarkt hieß, weiß Stefanowitsch. So viel also zur Tradition. Es sind viele interessante Beispiele, die Pseudoargumente gegen politisch korrekte Sprache als solche entlarven. Ins Zentrum des Buches rückt Stefanowitsch aber eine einfache "goldene Regel", über die sich im Grunde alle einig sein müssten und die auch moralphilosophisch fest im Sattel sitzt: "Stelle andere sprachlich nicht so dar, wie du nicht wollen würdest, dass man dich an ihrer Stelle darstellt." Und das erfordert einen Perspektivenwechsel: Wie wäre es, zum Beispiel, für Männer, wenn sie in einem Großteil der gesprochenen und geschriebenen Sprache im Femininum angesprochen werden würden, also als Bürgerinnen, Mitarbeiterinnen, Patientinnen. Im Sinne der "goldenen Sprachregel" sollten also diejenigen, die den Vorschlag unerträglich finden, doch mal selbst nur "mitgemeint" zu werden, es anderen nicht zumuten, sich ständig "mitgemeint" fühlen zu müssen.

Denn beleidigende oder die eigene Existenz verschleiernde Sprache bemerken jene freilich nicht, die in der Sprache ständig präsent sind und für die es auch wenig diffamierende Ausdrücke gibt. Stefanowitsch schlägt etwa folgendes Gedankenexperiment vor: Wie viel abfällige und verletzende Ausdrücke fallen Ihnen für Frauen, schwarze Menschen, Menschen mit Migrationshintergrund, homosexuellen Menschen, Muslimas und Muslime, Menschen mit Behinderungen oder bildungsfernen Menschen ein? Und wie viele sind es für österreich- oder deutschstämmige weiße Männer, heterosexuell, mit Zugang zu Bildung und mit finanziellen Möglichkeiten? "Chauvi", "Bonze" oder die zuletzt öfter formulierte Beschreibung als "mächtige alte weiße Männer" klingt wohl im Vergleich zu der grausigen und langen Liste für die erstgenannten Gruppen eher nach Ponyhof denn nach tiefgreifender sprachlicher Diskriminierung. Wer sogenannten Minderheiten oder Frauen gegenüber Hass empfindet, kann also ganz nebenbei aus einer Fülle von Begriffen (für Frauen von der Rabenmutter bis zur Schlampe oder für Menschen mit Migrationshintergrund vom Kopftuchmädchen bis zum Kameltreiber) schöpfen. Die Ideen, dem etwas entgegenhalten zu wollen, sind weder Sprachverbote noch Zensur, wie das vorliegende Buch klarmacht. Sie sind aber Ausdruck einer moralischen Haltung. Denn, schreibt Stefanowitsch, es hat sich in der Geschichte gezeigt, dass abwertender Sprache schnell abwertende Handlungen folgen, eine "Geschichte, die dazu verpflichtet, abwertende Sprache zu bekämpfen, bevor es so weit kommt". Ein wirklich guter Grund für politisch korrekte Sprache. Und wem der noch immer nicht reicht, dem hilft dieses zurückgelehnt argumentierende und gleichzeitig engagierte Plädoyer für politisch korrekte Sprache sicher weiter. (Beate Hausbichler, 29.3.2018)

Quote
MaddestHatter,

Wir schaffen das Wort "Schlampe" ab
und schon geht allen Männern (!) die Fähigkeit abhanden, über das Konzept auch nur nachzudenken.
Frauenfeindlichkeit ade!
Oder so.


QuoteTakis,

Gerade für dieses Wort gilt: Wer das ernsthaft verwendet, dem ist sowieso nicht mehr zu helfen.


QuoteObjekt-Sinn,

Gerade bei jungen Mädchen sehr beliebt


Quote
warp.faktor

Die Moral der anderen. Spätestens seit George Orwell wissen wir, wie Sprachzwänge das Denken verändern. Wie auch soll man auch etwas be- oder erkämpfen können, was man nicht mehr benennen kann?

Wir leben doch in der Besten aller Welten. Wir sind die Guten, die anderen die Bösen.

Da nimmt also jemand in Anspruch im Namen der Moral bestimmte Begriffe aus unserer Sprache verschwinden zu lassen, die u.a. an unangenehme Etappen unserer Geschichte erinnern, ganz wie in Orwells "Wahrheitsministerium". ...


QuoteChimeli,

Ich nenns nicht politisch korrekt - Sondern anstand.


Quote
DoktorLecter,

wenn jemand dafür ist und es freiwillig machen will, spricht wenig dagegen. Aber was ist mit jenen, die den Regeln der PC nicht folgen wollen? Werden diese per staatlicher Verordnung willig gemacht?

Das ist üblicherweise der Punkt, an dem der Totalitarismus beginnt.


Quotethe odor,

.. So, wie sich PC praktisch darstellt, ist sie primär ein Instrument zur Diskurs-Unterdrückung und zur Diskreditierung des politischen Gegners. Die PC tabuisiert das Sprechen über bestimmte Themen. Themen, die eben nicht "pc" sind.
z.B.: muslimischer Antisemitismus, allgemein alle problematischen Aspekte des Islam; erhöhte Rate an Gewalt- oder Sexualstrafdelikten unter bestimmten Ethnien, allgemeine alle problematischen Aspekte an Migration, usw.
In bestimmten Bereichen - Kulturbereich, Geisteswissenschaften - ist die PC eine Art verinnerlichte Stasi, der man sich unterwerfen muss, will man seine berufliche Laufbahn nicht aufs Spiel setzen.


QuoteSmiyax,

Es ist ganz einfach: Wenn sich jemand verletzt fühlt und man das durch eine so einfache Handlung wie das Nicht-Verwenden eines bestimmten Begriffes verhindern kann, dann sollte man das auch.
Egal, ob man es persönlich nachvollziehen kann oder nicht. Egal, ob man es für zu empfindlich hält oder unnötig oder dumm. Es ist schlicht und einfach ein Zeichen von Respekt, dem Gegenüber zu glauben - und zu respektieren, dass das eigene Empfinden nicht das Maß aller Dinge ist.

Wer das nicht akzeptieren will und seine Gewohnheit über das Wohlbefinden seiner Mitmenschen stellt - der soll natürlich weder bestraft noch zensiert werden. Aber er muss es sich gefallen lassen, dass man ihn dafür kritisiert und dass zumindest ich ihn für ausgesprochen grob und egozentrisch halte.


Quote
Jiro Taniguchi,

Ach, geh. Heute ist doch jeder wegen irgendetwas gleich verletzt und empört. Das hat doch mit Respekt überhaupt nichts mehr zu tun. Abgesehen davon muss man sich den Respekt erst verdienen, den kann man nicht fordern.
Fordern kann man: Gleichheit vor dem Recht, Meinungsfreiheit und Redefreiheit. Und dummerweise sind gerade diese Grundrechte die Ursache dafür, dass manches in dieser Welt auch einmal recht schmerzhaft sein kann.
Da ist niemand da draußen, der uns ein Leben lang vor allem Leid und allen Sorgen schützt. Trotzdem muss man damit umgehen.
Das ist genau das Problem, mit dem der moderne Feminismus so zu kämpfen hat: Wer frei sein will, muss zuerst die verantwortung für das eigene Leben übernehmen.
Werdet endlich erwachsen!


Quoteanders and,

aus der Ferne wirkt das ja unsagbar komisch:
die Linke, die früher darauf aus war auch das allerletzte Tabu zu zertrümmern, macht es jetzt zu ihrem Anliegen, auch noch das absurdeste Tabu zu verteidigen.
echt ulkig!


QuoteOhRly?,

Also PC würde schon funktionieren ....
Man stelle sich vor man würde Weltweit das Wort "Krieg" verbieten!
Ab dann gäbe es auf der ganzen Welt keine Kriege mehr.
Wird z.B. schon forciert. Krieg verschwindet und wir ersetzt durch das schöne Wort "Konflikt".
Angriffskrieg war gestern.
Heute ist "Wahrung des Sicherheitsinteresses" im Nachbarland (© Angela Merkel).
Schöne neue politisch korrekte Welt. :=)


QuoteRekari,

PC-Vertreter erkennen vermeintliche Probleme in ihren Köpfen. Aber sie versuchen, sie zwanghaft aus den Köpfen anderer zu entfernen.


QuoteMeine Wortspende,

Linguisten und ihre Blase. Man könnte ein Buch darüber schreiben.


Quote
Generisches Maskulinum,

Sprachvorschriften sind Kennzeichen totalitärer Systeme. Sollte man eigentlich seit Orwell wissen. Und mit Moral hat das nichts zu tun. Vielmehr mit einer Scheinmoral derer, die sich da als die vermeintlich Guten gerieren, damit sie sich über die anderen stellen können.


Quotei woas net,

Ein weiteres Werk für die Euphemismustretmühle.
Großartig.


QuoteCendras,

Das Problem an der "politische Korrektheit" ist viele schon eine gegensätzliche Meinung als Hass sehen bzw sie das trigged und in ihrem Safe space angegriffen fühlen.
Wer soll beschließen ab wann etwas nicht mehr politische korrekt ist? Ist etwas sofort nicht PC wenn ich mich dadurch angegriffen fühle?
Ich glaube PC ist einfach ein leichtes Mittel um sich einer politischen Diskussion davon zu stehlen ohne sich damit auseinander zu setzen.


Quotecba,

ein chauvinistischer misanthrop bleibt ein chauvinistischer misanthrop, auch wenn er sich pc ausdrückt. die sprache ist die auswirkung, nicht die ursache - ändert sich die einstellung, dann ändert sich auch die sprache.


...


Aus: "Warum "Moral" und "politische Korrektheit" völlig in Ordnung sind" (29. März 2018)
Quelle: https://derstandard.at/2000076967169/Warum-Moral-und-politische-Korrektheit-voellig-in-Ordnung-ist (https://derstandard.at/2000076967169/Warum-Moral-und-politische-Korrektheit-voellig-in-Ordnung-ist)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 05, 2018, 09:51:19 AM
Quote[...] Die 68er-Bewegung wirkte sich in Tübingen auch auf die Universitäten aus; vor allem in den Geistes- und Sozialwissenschaften in Bezug auf neue, stärker gesellschaftsbezogene Forschungsthemen. Und durch sie entstand sogar ein neues Fach: die Empirische Kulturwissenschaft (EKW). Hervorgegangen sind sie aus dem Ludwig-Uhland-Institut für deutsche Altertumswissenschaft, Volkskunde und Mundartenforschung, das 1933 gegründet wurde und anfangs, im Dienste der damals neuen NS-Machthaber, eine rassistische Volkstumsideologie propagierte. Erst ab den 1950ern sorgt der spätere Institutsleiter Hermann Bausinger, "ein liberaler, soziologisch positivistischer Wissenschaftler, bei den Studenten sehr angesehen", für frischen Wind im Fach, forscht gegenwartsbezogen. "Das war die Gegenwarts- und Alltagswende der Volkskunde, die sich bis dahin auf alte Traditionen des Bauerntums kapriziert hatte", erzählt Warneken.

... Was ist für Warneken die Hauptwirkung der 68er? Da hält er es mit Habermas: "Die Fundamentalliberalisierung der Gesellschaft." Um noch etwas konkreter zu werden: "Die wichtigste Wirkung der 68er ist die riesige alternative Jugendszene, die ab Mitte der 1970er die Mehrheit der Jugend prägt." Das, was Jörg Meuthen von der AfD als 'links-grün versifftes 68er-Deutschland' bezeichne und ganz furchtbar finde. "Da muss ich sagen: Ich bin stolz auf diese Entwicklung! Und dass man zumindest für Tübingen sagen kann, dass diese Tendenz dort stark geblieben ist. In Deutschland in der Mehrheit ja leider nicht." Dass Versuche, die 68er zu verfemen, immer wieder kommen, nicht nur von der AfD oder von Unions-Rechtsauslegern wie Alexander Dobrindt (CSU), ficht Warneken nicht an, im Gegenteil. "Es ist ja auch eine Freude, wenn sie sich immer noch über uns ärgern, eine Bestätigung. Wir haben ihnen in der Tat etwas angetan."

...


Aus: "Tübinger Revoluzzer" Oliver Stenzel (04.04.2018)
Quelle: https://www.kontextwochenzeitung.de/zeitgeschehen/366/tuebinger-revoluzzer-5008.html (https://www.kontextwochenzeitung.de/zeitgeschehen/366/tuebinger-revoluzzer-5008.html)

Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 05, 2018, 10:22:17 AM
Quote[...] Erst im Dezember hatte die saudische Regierung mitgeteilt, erstmals seit mehr als 35 Jahren wieder öffentliche Kinos erlauben zu wollen. Diese hatte die Führung des islamisch-konservativen Königreichs Anfang der 1980er Jahre im Zuge einer konservativeren Politik verboten. Bis heute sehen konservative Saudis in jeder Art von Vergnügung einen Frevel. ...


Aus: "US-Kette eröffnet erstes Kino seit 35 Jahren in Riad" (05.04.2018)
Quelle: http://www.kn-online.de/Nachrichten/Wirtschaft/US-Kette-eroeffnet-erstes-Kino-seit-35-Jahren-in-Riad (http://www.kn-online.de/Nachrichten/Wirtschaft/US-Kette-eroeffnet-erstes-Kino-seit-35-Jahren-in-Riad)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 05, 2018, 10:48:59 AM
Quote[...] Aufgrund der historischen, sprachlichen und kulturellen Unterschiede zum übrigen Spanien sieht sich Katalonien als eine eigene Nation. Der Begriff Nation wird dabei im Sinne einer Kulturnation verstanden und nicht über eine ethnische Zugehörigkeit definiert. ...


Aus: "Katalonien - Nationalität und Unabhängigkeitsbestrebungen" (Stand: 2. April 2018)
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Katalonien#Nationalit%C3%A4t_und_Unabh%C3%A4ngigkeitsbestrebungen (https://de.wikipedia.org/wiki/Katalonien#Nationalit%C3%A4t_und_Unabh%C3%A4ngigkeitsbestrebungen)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 05, 2018, 12:08:20 PM
Quote[...] Österreichs Regierung will verbieten, dass Mädchen in Kindergärten und Grundschulen Kopftücher tragen. "Eine Verschleierung von Kleinkindern ist definitiv nichts, was in unserem Land Platz haben sollte", sagte Kanzler Sebastian Kurz. Es gehe darum, allen Kindern die gleichen Chancen einzuräumen. "Dazu gehört auch, dass es zu keiner Diskriminierung in jungen Jahren kommt", sagte der ÖVP-Politiker.

Auch Kurz' Koalitionspartner FPÖ steht hinter dem Vorhaben. Parteichef Heinz-Christian Strache sagte, die FPÖ wolle damit "Fehlentwicklungen beim politischen Islam entgegentreten".

Um wie viele Kinder es geht, ist nicht klar. Zahlen liegen nicht vor. In vielen islamischen Kulturen sollen Mädchen erst ab der Geschlechtsreife ein Kopftuch tragen. "Es ist sicherlich eine symbolische Handlung", sagte Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP). ...

... In Österreich gilt seit einem halben Jahr ein generelles Gesichtsverhüllungsverbot. Seitdem wurden rund 50 Menschen angezeigt. Das Gesetz richtet sich vor allem gegen Verschleierungen mit Burka oder Nikab. Kopftücher, die das Gesicht freilassen, sind weiterhin erlaubt. Laut Gesetz sind bis zu 150 Euro Strafe fällig, wenn das Gesicht zwischen Stirn und Kinn nicht sichtbar ist.

Quotenamevergeben2 #5

Rechtskonservative Meinungsvielfalt:

Dieselfahverbote für die Gesundheit = böse
Kopftuchverbote gegen Kleinkinder = gut



...


Aus: "Österreichs Regierung plant Kopftuchverbot für kleine Mädchen" (4. April 2018)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/ausland/2018-04/sebastian-kurz-oevp-kopftuchverbot-regierung-oesterreich (http://www.zeit.de/politik/ausland/2018-04/sebastian-kurz-oevp-kopftuchverbot-regierung-oesterreich)

Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 11, 2018, 10:17:18 AM
Quote[...] Alexander Dobrindt hat sich erneut zur Diskussion um den Islam geäußert. Der Islam sei für Deutschland "kulturell nicht prägend und er soll es auch nicht werden", sagte der CSU-Landesgruppenchef den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Muslime, die sich in unsere Gesellschaft integrieren wollen, sind Teil unseres Landes, aber der Islam gehört nicht zu Deutschland."

Dobrindt sagte, dem Islam fehle das, was für das Christentum die Aufklärung gewesen sei – mit all ihren positiven Rückwirkungen auf Glauben, Recht und gesellschaftlichen Zusammenhalt. "Kein islamisches Land auf der ganzen Welt hat eine vergleichbare demokratische Kultur entwickelt, wie wir dies in christlichen Ländern kennen." Unsere Vorstellungen von Toleranz und Nächstenliebe, von Freiheit, von Leistungs- und Chancengerechtigkeit fänden sich so in der islamischen Welt nicht wieder.

Islamforscher wie Bassam Tibi verweisen jedoch darauf, dass es den einen Islam nicht gebe, und betonen die Vielfalt dieser Religion, die in 57 Ländern praktiziert werde. Indonesien, das bevölkerungsreichste mehrheitlich muslimische Land der Welt, ist eine Demokratie.

In der Union gibt es unterschiedliche Auffassungen über die Rolle des Islams und den Umgang mit Muslimen in Deutschland. So distanzierte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sich bereits von früheren Aussagen Dobrindts und von Innenminister Horst Seehofer (CSU), wonach der Islam nicht zu Deutschland gehöre.

QuoteRebell im Kopf #2

Entfernt. Wir wünschen uns eine Community mit Spaß und Freude an der Diskussion über Artikel von ZON. Wir bitten deshalb alle, respektvoll und konstruktiv zu diskutieren und Unterstellungen zu unterlassen. Danke, die Redaktion/dl



Quotekrni #14

Können wir bitte diese Debatte, ob "der Islam" zu Deutschland gehört, ein für alle mal beenden? Damit werden keine Integrationsprobleme gelöst, keine Terroranschläge verhindert, nichts. Stattdessen werden nur Menschen wegen ihres Glaubens stigmatisiert.

Ganz ehrlich, es ist auch nicht so, dass ich "christlichen" Ländern alles picobello läuft. In sehr vielen dieser Länder kann man von Demokratie und Grundrechten nur träumen. Manche Politiker geben vor, die christliche Nächstenliebe in Europa schützen zu wollen - tatsächlich lieben sie nur ausgewählte Nächste und hassen den Rest. Davon hat Jesus nicht gesprochen.


QuoteSk Pizzle #30

Ich dachte immer wir hätten dem Islam wenigstens die Aufklärung voraus, doch wenn man Dobrindt zuhört zweifelt man daran zusehends. Nein, wir selber sind immer noch im Mittelalter, solange der Aberglaube an die Andersartigkeit aller Menschen des nicht eigenen Kulturkreises anhält. ...


Quoteserp #37

Ich hab so meine Zweifel ob Bayern eine echte Demokratie ist .


QuoteFalubor #49

"Meine Vorstellungen von Toleranz und Nächstenliebe, von Freiheit, von Leistungs- und Chancengerechtigkeit finden sich so in der CSU nicht wieder."
Die CSU ist die deutsche Partei, die ideologisch Erdogan am nächsten kommt: Religiös-konservativ. Wenn es nach der CSU gehen würde, wäre die BRD bedeutend näher am ,,islamischen Kulturkreis" als sie ist. Ich ziehe Säkularismus, Liberalismus und den Geist der Aufklärung vor.


QuotePyntanell #58

Ich will ja nicht nörgeln. Aber dass es hier um den zweiten Weltkrieg herum und in Teilen Deutschlands undemokratisch war. Lag nicht am Islam. Und dass es in in anderen europäischen Ländern gerade immer undemokratischer wird(Ungarn) das liegt auch nicht vordergründig am Islam. Das schaffen wir gerade ganz alleine. Von anderen christlichen Ländern wie Russland und den USA fang ich jetzt mal gar nicht an. ...


...


Aus: ""Kein islamisches Land hat eine vergleichbare demokratische Kultur"" (11. April 2018)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/deutschland/2018-04/alexander-dobrindt-islamdebatte (http://www.zeit.de/politik/deutschland/2018-04/alexander-dobrindt-islamdebatte)

Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 12, 2018, 09:32:31 AM
Quote[...] Kiel. ,,Mir ist die Hutschnur geplatzt", sagt Lass. Das liegt nun einige Wochen zurück, jetzt will sie reden. Die Mutter dreier Kinder betritt an jenem Morgen den Sophienhof, schiebt den Wagen durch die um diese Zeit noch verwaisten Gänge, als Thea hungrig aufschreit. Sie sucht einen Bäcker auf, wird abgewiesen. Claudia Lass zieht weiter zu einem Café, setzt sich, der Versuch des diskreten Stillens wird von einem Security-Mitarbeiter unterbunden. Das, so der Sicherheitsdienst-Mann, sei hier nicht gestattet.

Dann erbarmt sich die Verkäuferin einer Confiserie, lässt sie ihre Tochter endlich stillen. Das Ende eines kleinen Nervenkampfs. ,,Es geht mir darum, dass es das Normalste der Welt ist, sein Kind zu füttern", sagt sie. Das sehen andere nicht so. Lass erzählt von Diskriminierung und Pöbeleien, von abfälligen Gesten. ,,Passanten zeigen mir den Vogel, sagen, das ist abstoßend – vor allem Ältere und Frauen." Dabei gehe sie bewusst in stille, unbeobachtete Ecken. Doch das Verständnis bleibt gering – auch anderswo.

Im Februar 2016 startete eine Berlinerin eine Petition, nachdem sie beim Stillen in einem Café zum Gehen aufgefordert wurde. Ihr Wunsch nach einem Gesetz zum Schutz des Stillens ist bis heute verhallt – trotz der mehr als 23000 Unterschriften. Der wissenschaftliche Dienst des Bundestags kam in seinem Sachstand zur Zulässigkeit des Stillens in Cafés und Gaststätten zumindest zur Einschätzung, dies sei ,,unbedenklich". Der Weg zu einem Gesetz wie dem schottischen Breastfeeding Act, er ist holprig.

Beim Management des Sophienhofs reagiert man unterdessen betroffen bis verwundert auf die Schilderung von Claudia Lass – schließlich gebe im Erdgeschoss bei den Kundentoiletten einen Wickelraum samt Stillsessel. ,,Wir halten es für selbstverständlich, Müttern in dieser Situation zu helfen", sagt Center-Manager Karsten Bärschneider.

,,Wir tolerieren alles andere, lautes Telefonieren im Bus oder übelriechendes Essen in der Bahn", sagt Lass. Trotzdem will sie sich nicht als Vorkämpferin für das Stillen vor jedermanns Auge verstanden wissen. ,,Ich fordere von niemandem Toleranz", sagt sie. Aber etwas mehr Respekt dürfe es schon sein. Und bessere räumliche Angebote. ,,Ich will mich nicht abgeschoben fühlen."

Quote10.04.2018, 08:42      # 3
Mövenschiss

Prima. Jetzt weiß die ganze Welt, dass Thea Lass in der Öffentlichkeit gestillt wurde.
Das wird ihr später in der Schule und bei der Jobsuche sicher zum Vorteil gereichen.
Einmal im Internet immer im Internet.

Vielleicht sollte die Mutter mal in einer stillen Stunde nachdenken, was Sie mit dem Bericht ihrer Tochter antut, die ist erst 5 Monate alt, und schon wird Ihr Persönlichkeitsrecht verletzt.


Quote10.04.2018, 09:16
Karlsson vom Dach

Als Mittvierziger und Vater von zwei Kindern, halte ich mich noch immer für so jung, daß ich mir einbilde, in aufgeklärten Zeiten zu leben. Es erscheint mir völlig unbegreiflich, daß das Stillen in der Öffentlichkeit ein Stein des Anstosses sein soll!
Ich dachte die Angst vor dem evt. Anblick einer weiblichen Brust existiert nur in der weitläufigen Prüderie der USA!? Weit gefehlt!
Meiner Meinung nach kann das Stillen an jedem denkbaren Ort stattfinden. Den Teil der Bevölkerung, den dieser Vorgang ängstigt, könnte man ja schützen, indem man an öffentlichen Orten direkt neben dem Feuerlöscher und dem Dephibrilator kostenlose Einmalbrillen mit Scheuklappen anbietet. Ist billiger als ein Stillsessel in einem Extraraum.


Quote10.04.2018, 09:19      # 7
Dnizl

Zitat von bobby: Selbstverständlich fordert sie Toleranz von jedem dessen Blick zufällig auf
die Situation fällt, das darf sie ja auch gerne fordern, aber wenn jemand
nicht bereit ist das zu tolerieren, dann hat auch Derjenige dieses Recht!


Es ist in unserer Gesellschaft nicht üblich, Körperfunktionen die vielfach "das Normalste der Welt sind" in aller Öffentlichkeit auszuführen.
Also wer mit dem Anblick von Stillen ein Problem hat, sollte mal in sich gehen und über die normalsten Dinge der Welt nachdenken.


Quote10.04.2018, 09:44      # 8
Suppengruen

Die Generation ,,Me first and then me" hat es wahrlich schwer. Da gibt es schon den Komfort eines Stillraumes und dennoch sucht man die große Bühne. Und ist das Publikum nicht willig, dann wird die noch größere Bühne gewählt, jetzt erst recht!
Hier wird wieder aus nichts ein Drama gemacht, es ist wohl symptomatisch für unsere Zeit.


Quote10.04.2018, 10:34      # 10
Trallala

Was haben wir doch für Probleme!?


Quote10.04.2018, 11:37      # 11
Bernado

Vielleicht sollte die Dame auch etwas Rücksicht auf die Gefühle unserer internationalen Gäste und Jugendschutz nehmen. Insoweit halte ich Brüste enthüllen in der Öffentlichkeit für unangemessen.


Quote10.04.2018, 11:51      # 13
Nubian

Liebe Dauerempörten,

was stört euch denn?

a) die blanke Brust, die zu 90% vom Babykopf verdeckt ist
b) das Baby
c) das trinkende Baby

zu a) Ich nehme an, ihr meldet dann auch jede Frau im Bikini-Oberteil der Sittenaufsicht
zu b) ne, so krank kann niemand sein
zu c) Da Muttermlich nicht einmal ein tierisches Errzeugnis ist, dürften selbst militante Veganer keinen Anstoß daran finden.

Überall im Fernsehen und in Zeitschriften werden wir mit nackter Haut konfrontiert und dürfen Sexualakte bereits im Abendprogramm bewundern, aber wenn eine Mutter ihr Kind in einer Ecke stillt, DAS GEHT JA MAL GAR NICHT !!! Merkt ihr noch was?

Damit dem Drang nach Empörung nachgegeben werden kann, habe ich eine Liste interessanter Optionen aufgeführt, die der Empörung wirklich wert sind:

- Fahrradfahrer ohne Licht
- Unfallgaffer
- Mülltonnen-Falschbefüller
- Spielplatzlärmbeschwerer

Gruß
Nubian


Quote11.04.2018, 20:55      # 32
Nubian

Interessanterweise hat bisher keiner der "Stillgegner" erklärt, warum der Anblick einer stillenden Mutter so furchtbar ist. Auf meine Argumente ist niemand eingegangen. ...


...


Aus: "Beim Stillen in die Ecke gedrängt" Marco Nehmer (10.04.2018)
Quelle: http://www.kn-online.de/Kiel/Das-Normalste-der-Welt-Beim-Stillen-in-die-Ecke-gedraengt (http://www.kn-online.de/Kiel/Das-Normalste-der-Welt-Beim-Stillen-in-die-Ecke-gedraengt)

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Quote[...] Kiel. Am Mittwochnachmittag schaltet sich der Sophienhof in die Debatte um das Stillen ein. "Wir finden es gut, dass dieses gesellschaftliche Thema diskutiert wird und auf diese Weise die nötige Aufmerksamkeit erhält", heißt es in einem über Facebook verbreiteten Kommentar, der einer KN-Nachfrage folgt. "Falls sich ein Mitarbeiter unseres Sicherheitsdienstes in der Vergangenheit nicht korrekt verhalten haben sollte, möchten wir uns dafür entschuldigen."Die Stellungnahme war nötig geworden ob der rollenden Welle, losgetreten vom Fall um Claudia Lass. Sie wurde beim Versuch, ihrer Tochter die Brust zu geben, mehrfach abgewiesen, musste eine Bäckerei, später ein Café im Sophienhof verlassen.

Die Geschichte ruft ein großes Echo hervor – auch die Politik steigt mit ein. Die Kieler SPD bezieht noch am Dienstag Stellung. Annika Schütt, Anna-Lena Walczak, Jannick Schultz, Moritz Koitka und Benjamin Raschke, allesamt junge oder werdende Eltern, verbreiten eine Mitteilung: "Dass von Seiten einiger Café-Inhaber oder Sicherheitspersonal mit Unverständnis und Ablehnung reagiert wird, wenn eine Frau ihr Kind füttern muss, können wir nicht nachvollziehen. Hier geht es doch um das Grundbedürfnis eines kleinen Menschen und um seine Gesundheit."

Gesellschaftliches Leben müsse auch mit einem zu stillenden Kind möglich sein – eine Haltung, die Anklang findet. "Dass Stillen in der Öffentlichkeit überhaupt noch diskutiert wird, ist eigentlich unglaublich. Ein völlig natürlicher Vorgang, von dem doch niemand gestört wird", schreibt Grünen-Landeschefin Ann-Kathrin Tranziska auf der Facebookseite der Kieler Nachrichten. Ein Grundbedürfnis, völlig natürlich – das ist es für manche offenbar nicht. Viele Mütter berichten von ähnlichen Erfahrungen.

Das diskrete Entblößen der Brust zum Stillen, für das es keine rechtliche Regelung gibt, löst bisweilen Schamgefühle aus. Gleichzeitig ist die nackte Haut in Werbung und Popkultur eine conditio sine qua non – ohne geht nichts. "Was für eine Scheinheiligkeit", schreibt Jan Christoph Kersig bei Facebook. Der Geschäftsführer von Kersig Immobilien hat den KN-Artikel im sozialen Netzwerk geteilt. "Ich kann die jungen Mütter nur ermutigen, sich nicht in Ecken verschieben zu lassen."

Ecken, wie es sie vielerorts gibt. Abgelegene Räume, oft nur ein Stuhl. Das Stillen als Stigma? Im Sophienhof gibt es einen solchen Platz, einen Stillsessel im Wickelraum. Der erfährt bei den Facebook-Nutzern überwiegend Ablehnung: häufig kaputt, oft besetzt. Und: Wer will sein Kind schon neben einer Toilette stillen? Ortsbesuch, wir dürfen eintreten. Katrin Bolte sitzt im Sessel, füttert ihren vier Monate alten Sohn Jonas. "Ich finde es eigentlich okay", sagt sie. "Trotzdem ist es schade, dass es nichts anderes gibt."

Facebook-Nutzerin Sue Rose schreibt: "In anderen Ländern gibt es an jeder Ecke Stillräume, die auch gut genutzt werden." Die SPD-Kandidaten wollen nun reagieren. "Wir setzen uns für die Erstellung eines familienfreundlichen Stadtplans ein", erklären sie, die sich auch um Stillräume in öffentlichen Gebäuden bemühen wollen. Walczak rief am Mittwoch bereits dazu auf, stillfreundliche Cafés und Geschäfte zu nennen.

Die, die stillende Mütter abweisen, sind für CDU-Ratsfraktionschef Stefan Kruber indes keine Option mehr: "Ein Restaurant, das so vorgeht, wirbt darum, nicht von mir als Kunde heimgesucht zu werden." Melanie Boeck will sich und anderen das Stillen hingegen nicht verbieten lassen: "Liebe Kielerinnen, traut euch trotzdem in die Gastronomie."

Das tut auch Claudia Lass wieder. Sie, die den Stein ins Rollen brachte, staunt über die Reaktionen: "Da hätte ich im Leben nicht mit gerechnet." Beim Fototermin lernt sie Katrin Bolte kennen. Die beiden Mütter verstehen sich auf Anhieb – und gehen gemeinsam ins Café.


Aus: "Ein Fall schlägt hohe Wellen"  Marco Nehmer (12.04.2018)
Quelle: http://www.kn-online.de/Kiel/Debatte-ums-oeffentliche-Stillen-in-Kiel-Ein-Fall-schlaegt-hohe-Wellen (http://www.kn-online.de/Kiel/Debatte-ums-oeffentliche-Stillen-in-Kiel-Ein-Fall-schlaegt-hohe-Wellen)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 23, 2018, 05:21:28 PM
Quote[...] Dominik Finkelde SJ, geb. 1970, ist ein deutscher Jesuitenpater und Professor für Philosophie an der Hochschule für Philosophie München. 2016 erschien im Verlag Vorwerk 8 sein Buch «Phantaschismus. Von der totalitären Versuchung unserer Demokratie».

Sigmund Freud beschreibt in seinem berühmten Essay «Totem und Tabu» aus dem Jahr 1913 eine vorzivilisatorische Urhorde. Sie wird von einem Übervater beziehungsweise Urvater angeführt. Er ist dem «Silberrücken» bei Gorillahorden nicht unähnlich und folglich eine unangefochtene Macht in seiner Herde. Er ist aber auch die geniessende Ausnahme. Denn er kann sich zum Beispiel jedes Weibchen aus der Horde greifen, wie es ihm beliebt, ohne dass seine Begehrensansprüche durch andere Männchen begrenzt werden. Aus diesem Grund wird der Urvater gemäss Freuds spekulativem Mythos vom Ursprung der Kultur am Ende auch von den sogenannten Brüdern erschlagen. Freud schreibt: «Eines Tages taten sich die ausgetriebenen Brüder zusammen, erschlugen und verzehrten den Vater.»

In Zeiten von Donald Trump erleben wir nun ein Revival dieser Denkfigur des Übervaters, da Ersterer wie Letzterer ununterbrochen zu geniessen scheint. Trump zelebriert sich nahezu tagtäglich als die Ausnahme anerkannter Ordnungen und findet daran zum Verdruss seiner politischen Gegner Gefallen. Er hält sich nicht mit polemischen Angriffen gegen politische Kontrahenten zurück und bekennt sich offen zu einer patriarchalen Ordnung, in der die Begehren von Männern frei von Feminismus und politischer Korrektheit ungebrochen sein dürfen, was sie sind: natürliche Bedürfnisse. Für sexuelle Übergriffe, die er in der Vergangenheit begangen haben soll, muss er sich denn (bis jetzt) auch nicht verantworten.

Gerade durch Umstände wie diese aber verkörpert Trump für seine Anhänger eine utopische Figur, eine Form politischer Autarkie. In Zeiten, da zahlreiche politische Bewegungen auftreten, um etwa die Rechte von Belästigungsopfern (#MeToo), legalen und illegalen Einwanderern («Dreamers») oder Minderheiten («Black lives matter») einzuklagen, fühlen sich Trumps Sympathisanten offenbar immer mehr in ihren Grundrechten beschränkt. Sie sehnen sich infolgedessen nach Formen einer neuen Freiheit und wünschten, sie könnten im Bereich der Politik wie Trump alles sagen, was sie wirklich denken (auch wenn das vielleicht diskriminierend ist), und alles tun, was sie gerne täten: zum Beispiel wie Trump einmal bei einer prominenten Pornodarstellerin wie Stormy Daniels vorbeischauen, wenn ihnen, wie es in Georg Büchners «Woyzeck» heisst, «die Natur kommt».

In «Totem und Tabu» identifiziert Freud den Mord am Urvater als Ursprung der Sittlichkeit: Die Brüderhorde kommt darin überein, dass niemand mehr die Position des obersten Geniessers, des ungebändigten Übervaters, einnehmen darf. Die Autorität des Vaters wird aus Trauer über den Mord verinnerlicht, und als Heilmittel gegen die Gefahr eines obersten Geniessers wird die Utopie der gleichmässigen Verteilung von Lust propagiert. Man könnte diese Geschichte Freuds Gründungsmythos der Demokratie nennen. Denn wo einst eine ungebändigte Lust durch einen Übervater genossen wurde, darf jetzt nur noch das Geniessen als ein kollektiv verwalteter Akt toleriert werden.

Dieser Idee der Genusszähmung zugunsten einer politisch kanalisierten Verteilung steht Trump diametral entgegen. Als Übervater und Oberpatriarch, dem das Niedrige und das Obszöne nicht fremd sind, hebt er sich auch deutlich von anderen Politikerinnen und Politikern ab. Von Angela Merkel, die abschätzig «Mutti» genannt wird, ebenso wie von Theresa May, die sich offenbar nicht gegen Torys wie Boris Johnson durchsetzen kann. Und auch mit Emmanuel Macron ist Trump genusspolitisch unvergleichbar. Auch wenn man Letzteren dafür bewundert, eine ältere Frau geheiratet zu haben, scheint Trump doch auszuleben, was gemäss einem archaischen Empfinden mächtigen Männern gebührt – nämlich sich mit jüngeren Frauen zu umgeben.

Auch hinter diesem Gefühl verbirgt sich bei den Trump-Anhängern letztlich ein Freiheitsgedanke: Schön, dass es in einer von Verhaltensregeln für Gleiche unter Gleichen geprägten Ära wenigstens einen gibt, der einmal richtig auf seine Kosten kommen darf; einen, der sich alles nehmen kann, der kaufen und sagen darf, was und wie es seinem Begehren entspricht.

Doch warum sehnt sich eine bestimmte Brüderhorde im 21. Jahrhundert nach einer solchen Figur? Walter Benjamin beschreibt in seinem Text «Zur Kritik der Gewalt», wie ein Volk vor der «Gestalt des ‹grossen› Verbrechers» eine «heimliche Bewunderung» entwickelt, obwohl dieselbe eine Gefahr für das Gemeinwesen ist. Dem Verbrecher gelingt es nämlich, in das einschränkende Korsett der Rechtsstruktur eines Staates ein Loch der Singularität zu schlagen. Den grossen Verbrecher umgibt dann eine populäre Ehrfurcht, weil er den «Einspruch» gegenüber den Ordnungsformationen ausdrückt.

Trump ist kein Verbrecher, doch verkörpert er mit seiner Distanz gegenüber angestammten Formen politischer Sittlichkeit eine analoge Singularität. Sie kann heimliche Bewunderung hervorrufen; für seine Wähler kann Trump einem regelrechten Rächer ähneln. Er ist die Ausnahme, die die Grenzen der etablierten Ordnung überschreitet, oder vielmehr: Er ist derjenige, der das (traditionelle) Gesetz noch zu retten vermag. Wovor? Vor zu vielen partikularen Rechtsansprüchen, vor zu viel Humanität und Toleranz, vor zu viel Korrektheit.

Vielleicht hofft also die Brüderhorde im 21. Jahrhundert, dass die Normübertretungen des Übervaters helfen, ein altes, in ihren Augen angestammtes Recht zu retten. Der slowenische Philosoph Slavoj Žižek spricht in diesem Zusammenhang von einem «nightly law», einem Gesetz des Zwielichts. Es kommt dann zum Tragen, wenn bestimmte Bevölkerungsgruppen das liberale und aufgeklärt neutrale Gesetz dem Scheitern nahe sehen. Das «Recht des Zwielichts» tritt dann, so paradox es klingen mag, im Namen des Gesetzes auf: Es muss das angestammte Recht schützen und darf deshalb auch archaische und vorzivilisatorische Eigenschaften verkörpern. Žižek spricht hierbei von einem «obszönen Geniessen», das all diejenigen vereint, die die Überschreitung des Gesetzes im Namen des Gesetzes befürworten.

Trump lebt dieses Gefühl freudig wie kein anderer aus, aber auch im politischen Alltag der USA ist diese Art von Genusspolitik nicht unbekannt. Man denke etwa an paramilitärische Rangergruppen, die an der Grenze zu Mexiko mit dem Gewehr Jagd auf Einwanderer machen. Dazu fühlen sie sich berechtigt, da ihnen der Mangel an Grenzpolizisten den Zusammenbruch von Gesetz und Ordnung suggeriert. Die selbstorganisierte Grenzkontrolle tritt im Namen der patriarchalen Unterseite des normativen, aber scheiternden Gesetzes auf und provoziert ein genussvolles Wir-Gefühl.

Auch auf der aussenpolitischen Weltbühne verschafft sich das patriarchale Gesetz des Übervaters sein Recht. Wenn Trump bekanntgibt, die US-Botschaft gegen den Widerstand zahlreicher Nationen von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen, schafft er Fakten – wo alle anderen mit höflichen Plädoyers und unendlichen Dialogen zur Rücksichtnahme zwischen Palästinensern und Israeli auffordern. Den – wiederum Fakten schaffenden – Ausbau jüdischer Siedlungen konnten die Europäer mit solchen Aufforderungen nie verhindern; ihre Politik erscheint erschreckend machtlos. Wird auch sie eines Tages von ihrer «Nachtseite» überwältigt und ausgehebelt?

Trump verkörpert eine Form von neuen politischen Mitteln, einer Entscheidungskraft, die sich von Anweisungen und Erwartungen abnabelt. Seine Wähler sind ihm dankbar dafür, und ihre Bewunderung zumindest nachzuvollziehen, fällt nicht schwer. In Zeiten überkomplexer Verhältnisse scheint Trump als Übervaterfigur ein Desiderat in der Psyche eines politischen Gemeinwesens zu erfüllen: geniessen zu dürfen, wie man es gewohnt war, und Entscheidungen ungeachtet aller Komplexitäten zu treffen, schlicht und einfach, weil man etwas will und für richtig hält – egal, wie andere darüber urteilen.

In diesem Sinne ist Trump auch ein Symptom der westlichen Zivilisation, die an sich selbst verzweifelt. Als Ausnahmeerscheinung, die ihre Freiheit auslebt, verkörpert diese obszöne Gestalt zugleich den Frust und die Wut auf die Form, die die Zivilisation in der Freiheit angenommen hat. Das Phänomen Trump zeigt, wie fragil die Politik in der Kanalisierung von politischen Begehren ist und wie schnell die Gestalt des «grossen Verbrechers» auftaucht, wenn der Bereich des Politischen desintegriert. Eine Nation braucht notwendig die Illusion einer Einheit, auch wenn genau über diese Illusion keine konkrete Einheit gebildet werden kann.



Aus: "Donald Trump, der archaische Übervater" Dominik Finkelde (23.4.2018)
Quelle: https://www.nzz.ch/feuilleton/im-namen-des-uebervaters-donald-trump-freud-totem-und-tabu-ld.1378229 (https://www.nzz.ch/feuilleton/im-namen-des-uebervaters-donald-trump-freud-totem-und-tabu-ld.1378229)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 02, 2018, 10:05:45 AM
Quote[...] Plötz­lich bekam alles eine Kultur: Unter­neh­mens­kultur, Streit­kultur, Subkultur, Wohn­kultur, Gesprächs­kultur, Spaß­kultur... Gepflegt schlecht­ge­launte Kommen­ta­toren wie etwa der öster­rei­chi­sche Philo­soph Konrad Paul Liess­mann bemän­geln eine regel­rechte Kultur-Infla­tion, beklagen verlot­tertes Denken und plädieren für eine Veren­gung bzw. inhalt­liche Bestim­mung des Kultur­be­griffs. Denn wenn alles Kultur ist, so Liess­mann, würden kultur­po­li­ti­sche Inter­ven­tionen und eine kultur­päd­ago­gi­sche Erzie­hung sinnlos, würden Shake­speare und Dschun­gel­camp nur noch als Spiel­arten einer alles eineb­nenden Gesamt­kultur gelten, die keine Bewer­tung mehr kennt.

Doch das Plädoyer für einen weiten Kultur­be­griff ist schon älteren Datums. Tatsäch­lich war es der große Sozio­loge Max Weber (1864–1920), der, intel­lek­tu­eller Tändelei ganz unver­dächtig, den Kultur­be­griff aus seinem ehemals engen wertenden Korsett befreite und damit der Gegen­über­stel­lung von Hoch­kultur und Popu­lär­kultur die Grund­lage entzog. Aber noch in einer anderen Gestalt ist das Zauber­wort Kultur zu einer univer­sellen Chiffre geworden und findet sich in Konzepten wie Leit­kultur, Multi­kul­tu­ra­lismus oder Kampf der Kulturen als Bezeich­nung für Grup­pen­zu­ge­hö­rig­keiten wieder. Was also heißt Kultur?

Beim Versuch, genauer zu bestimmen, was gemeint ist, wenn von Kultur die Rede ist, muss man zwischen Alltags­sprache und wissen­schaft­li­chen Defi­ni­tionen, Konzepten und Theo­rien unter­scheiden, die aller­dings viel­fach aufein­ander bezogen sind, sich vermi­schen und gegen­seitig beein­flussen. Schließ­lich sollen Modelle wie ,,Multi­kul­tu­ra­lismus" und ,,Clash of Civi­li­za­tions" aktu­elle gesell­schaft­liche Phäno­mene erklären – sie sind Diagnosen des Zeit­ge­sche­hens, aus dessen Voka­bular sie sich notwen­di­ger­weise bedienen und das sie umge­kehrt auch wieder prägen. Werden theo­re­ti­sche Konzepte zu allge­meinen Schlag­worten, weil sie offenbar eine große Reso­nanz finden, können sich die ursprüng­li­chen Ansätze aller­dings erheb­lich verän­dern und auch wider­sprüch­liche Ideen unter einem einzigen Begriff vereinen. Ein Beispiel ist die erneute Beliebt­heit des Begriffs ,,Kultur­kreis", den heute wohl kaum noch jemand mit der rassis­tisch aufge­la­denen Wiener Kultur­kreis­lehre in Verbin­dung bringt, der aber nicht zuletzt mit der deut­schen Über­set­zung von Samuel Hunting­tons Clash of Civi­li­za­tions als Kampf der Kulturen eine gera­dezu atem­be­rau­bende Renais­sance erlebt hat.

Die dahin­ter­ste­hende Idee ist unab­hängig von jeder Kritik und der jeweils konkret benutzten Begriff­lich­keit – Kultur, Zivi­li­sa­tion, Kultur­raum, Kultur­kreis – wirkungs­mächtig. Mit der Vorstel­lung, es gäbe Kulturen, denen man ange­hört, die sich gegen­über­stehen und vermi­schen oder bekämpfen, werden extrem komplexe globale und gesell­schaft­liche Phäno­mene aller­dings auf ein einziges Erklä­rungs­muster und ein Dispo­sitiv längst über­holter ethno­gra­phi­scher Beschrei­bungen redu­ziert.

Mit der Aufsatz­samm­lung Dichte Beschrei­bung (1973) des ameri­ka­ni­schen Kultur­anthro­po­logen Clif­ford Geertz hielt Max Webers breiter Kultur­be­griff im Feld der Ethno­logie Einzug, die lange Zeit versucht hatte, ethni­sche Gruppen anhand typi­scher Sitten und Gebräuche sowie einer gemeinsam geteilten Sprache und spezi­fi­scher reli­giöser Prak­tiken abzu­grenzen. In der Praxis über­schnitten sich aller­dings die vermeint­lich ,,stam­mes­ty­pi­schen" Grup­pen­zu­ge­hö­rig­keiten, Wirt­schafts­weisen und Kosmo­lo­gien, und zudem konnten interne histo­ri­sche Verän­de­rungen sowie die Auswir­kungen von externen Faktoren wie Skla­verei und Kolo­nia­lismus kaum mit der Vorstel­lung von allein im Rhythmus der Jahres­zeiten lebenden Völkern ohne Geschichte in Einklang gebracht werden. Geertz hingegen verstand Kultur als ,,Ensemble von Texten", vertrat einen ,,semio­ti­schen Kultur­be­griff" und schrieb dazu:

Ich meine mit Max Weber, daß der Mensch ein Wesen ist, das in selbst­ge­spon­nene Bedeu­tungs­ge­webe verstrickt ist, wobei ich Kultur als dieses Gewebe ansehe.

Weber wandte sich dagegen, kultu­relle Erschei­nungen von vorn herein mit einem Wert­ur­teil zu verknüpfen. So waren etwa Geld, Prosti­tu­tion und Reli­gion für ihn zunächst einmal alles Bestand­teile von Kultur:

... Voraus­set­zung jeder Kultur­wis­sen­schaft ist nicht etwa, daß wir eine bestimmte oder über­haupt irgend­eine ,,Kultur" wert­voll finden, sondern daß wir Kulturmenschen sind, begabt mit der Fähig­keit und dem Willen, bewußt zur Welt Stel­lung zu nehmen und ihr einen Sinn zu verleihen.

Mit diesem breiten Kultur­be­griff rücken also nicht typi­sche Aspekte unter­schied­li­cher ,,Kulturen" in den Blick, sondern die grund­sätz­liche Fähig­keit der Menschen, sich zur Welt zu verhalten und diese sinn­voll zu ordnen. Für Geertz ist denn auch die Entschlüs­se­lung des Bedeu­tungs­ge­webes, die Inter­pre­ta­tion von gesell­schaft­li­chen Phäno­menen, die ,,zunächst rätsel­haft erscheinen", eine der wesent­li­chen Opera­tion der Ethno­logie. Das Text­en­semble der Kultur/en kann in einem semio­ti­schen Drei­schritt – Beob­achten, Deuten, Inter­pre­tieren – ,,gelesen" werden.

Mit diesem neuen Kultur- und Text­be­griff ging eine produk­tive Selbst­be­fra­gung in der Ethno­logie und verwandten Fächern einher, die sich zuneh­mend mit der Kritik anti-kolo­nialer Bewe­gungen konfron­tiert sahen und deren Diskus­sionen in engem Austausch mit Soli­da­ri­täts­be­we­gungen standen: Wie lässt sich die (oft schrift­lose) Realität der Anderen in fernen Ländern in unseren Texten abbilden? Was geht bei diesen Über­set­zungs­pro­zessen verloren? Können und dürfen wir über­haupt im Namen ,,fremder Kulturen" schreiben, und welche Bedeu­tung hat unser eigener kultu­reller Hinter­grund bei der Forschung, ja letzt­lich auch inner­halb der Soli­da­ri­täts­be­we­gungen? Zwar wandten sich solche Fragen gegen die Exoti­sie­rung der Anderen, aber para­do­xer­weise verfes­tigten sie die Dicho­to­mien zwischen der eigenen und der fremden Kultur. Wenn nämlich z.B. Clif­ford Geertz den bali­ne­si­schen Hahnen­kampf (so der Titel seines wohl berühm­testen Essays) einer kunst­vollen semio­ti­schen Lektüre unter­zieht, um die dahin­ter­ste­hende Bedeu­tung zu ergründen, bleibt er doch der west­liche Ethnologe/Beobachter, der die fremde, die bali­ne­si­sche Kultur inter­pre­tiert, und vergleicht nicht etwa die Hahnen­kämpfe auf Bali mit Hunde­kämpfen in England.

Als unter dem Eindruck einer deko­lo­ni­sierten Welt und zuneh­mender wirt­schaft­li­cher Globa­li­sie­rung das Konzept des Multi­kul­tu­ra­lismus ab den 1980er Jahren auch in Deutsch­land populär wurde, war damit die Einsicht verbunden, dass man nicht in ferne Länder reisen musste, um mit fremden Gebräu­chen, Küchen, Spra­chen, Prak­tiken und Auffas­sungen konfron­tiert zu werden. Und mit der Aner­ken­nung einer multi­kul­tu­rellen Realität ging auch zugleich die Behaup­tung vom ,,Schei­tern von Multi­kulti" einher. Dabei verweist die Rede vom Schei­tern darauf, dass das Konzept Multi­kulti nicht einfach der Fest­stel­lung von Tatsa­chen dient – Deutsch­land ist eine Einwan­de­rungs­ge­sell­schaft, in der die soge­nannten Gast­ar­bei­ter­fa­mi­lien heute in dritter Gene­ra­tion leben – sondern sich mit einem norma­tiven Anspruch verbindet, der aber selten konkret formu­liert wird. Ab den 1980er Jahren verlor die Klage über die niedere Popkultur als Gegen­über einer wert­vollen Hoch­kultur an Glanz, nun ging es um Fragen der eigenen und der fremden Kultur. Wie aber lässt sich Kultur positiv defi­nieren? Was in der Ethno­logie geschei­tert war, schei­terte nun auch im Alltag der Groß­städte.

Was ist z.B. deut­sche Kultur? Gehören nur jene Autoren, Künst­le­rinnen, Musiker und Kompo­nis­tinnen dazu, die sich selbst als ,,deutsch" verstanden haben und verstehen? Ab wann sind einge­wan­derte Gebräuche einhei­misch? Formen die vielen regio­nalen Küchen eine einzige deut­sche Küche? Ist das ,,Dschun­gel­camp" Teil deut­scher Kultur, und auch der Nackt­ba­de­strand? Proble­ma­tisch ist es zudem, der jewei­ligen Kultur einen je eigenen ,,Werte­kanon" zuzu­ordnen, denn sind z.B. Respekt vor dem Alter, Fami­li­en­sinn, das Verbot zu töten oder Gemein­sinn etwas kultu­rell Spezi­fi­sches? Andere Errun­gen­schaften, wie die juris­ti­sche Gleich­stel­lung von Mann und Frau, das allge­meine Wahl­recht oder bürger­liche Frei­heiten werden kurzer­hand einer west­li­chen ,,Kultur" zuge­schlagen, ohne auf die langen eman­zi­pa­to­ri­schen Kämpfe inner­halb der anderen ,,Kulturen" einzu­gehen, etwa der Kampf um Bürger- und Frau­en­rechte sowie die Abschaf­fung von Unter­drü­ckung und Skla­verei in den anti­ko­lo­nialen Kämpfen: von der Haitia­ni­schen Revo­lu­tion bis zur ersten demo­kra­ti­schen Wahl in Südafrika.

Auch freund­liche Ideen, wie etwa der Multi­kul­tu­ra­lismus und verwandte Konzepte, unter­liegen der Gefahr, Menschen aufgrund ihrer ange­nommen oder tatsäch­li­chen Herkunft ,,über einen kultu­rellen Kamm zu scheren" (A. Nassehi) – ob sie wollen oder nicht. So lenkt das gut gemeinte Postulat, zwischen den ,,Kulturen" sollten Respekt und Tole­ranz herr­schen, davon ab, dass hier ein untaug­li­cher, weil kollek­ti­vie­render Kultur­be­griff mitge­schleppt wird, der nicht erklären kann, wer in welcher Hinsicht was und wen respek­tieren soll. Darf ich bestimmte kultu­relle Deutungen, Sinn­ge­bungen und Alltags­prak­tiken in meiner Nach­bar­schaft oder in fernen Ländern ablehnen oder befremd­lich finden, oder muss eine Kultur als Ganzes respek­tiert werden? Sowie man diese Frage auf die eigene Gesell­schaft anwendet, zeigt sich ihre ganze Proble­matik: Was ist denn unsere Kultur? Eine natio­nale, eine in Kunst und Lite­ratur wurzelnde, eine akade­misch-libe­rale? Und warum sollten wir nicht bestimmte Aspekte ,,unserer Kultur" kriti­sieren und andere bewahren oder weiter­ent­wi­ckeln? Und dies den ,,anderen Kulturen" ebenso zuge­stehen?

Um der Falle zu entkommen, entweder jeder Fremd­heit wertend und mit univer­sa­lis­ti­schem Anspruch entge­gen­zu­treten, d.h. die eigene Kultur als univer­sell gütig und normal zu setzen, oder aber jede Kritik z.B. an Diskri­mi­nie­rung und Unter­drü­ckung als Respekt­lo­sig­keit gegen­über ,,fremden Kulturen" zu geißeln, lohnt der Blick in einen weiteren Klas­siker.

Der 1908 in Ungarn gebo­rene Psycho­ana­ly­tiker und Anthro­po­loge Georges Devereux analy­sierte in Angst und Methode in den Verhal­tens­wis­sen­schaften aus dem Jahr 1967 die alltäg­liche affek­tive Verstri­ckung ,,des Menschen mit dem Phänomen, das er unter­sucht". Dabei wird die Beschäf­ti­gung mit eigenen Gefühlen keines­falls gegen eine ange­strebte ,,Objek­ti­vität" ausge­spielt, im Gegen­teil. Devereux kriti­siert gerade, dass ein mangelndes Bewusst­sein der eigenen Subjek­ti­vität objek­tiven Beob­ach­tungen und Inter­pre­ta­tionen im Wege steht. Er zeigt an zahl­rei­chen ethno­lo­gi­schen Beispielen, dass nicht nur die bewusste oder unbe­wusste Über­tra­gung eigener Gefühle und Werte auf andere Gesell­schaften proble­ma­tisch ist, sondern auch gerade der löbliche Versuch, dies nicht zu tun. Werden Reak­tionen wie Ekel, Abscheu, Ableh­nung, usw. als euro­zen­tri­sche Wertungen verdrängt, wird also der Versuch gemacht, eine völlig neutrale und kultur­re­la­ti­vis­ti­sche Posi­tion einzu­nehmen, kann dies gerade zu Miss­ver­ständ­nissen und Ausblen­dungen führen. Jede interne Kritik der angeb­lich ewig gültigen Sitte und Bräuche der ,,Anderen" wird dann geflis­sent­lich über­sehen, jeder Wandel von Rechts- und Moral­vor­stel­lungen auf scheinbar allein äußeren Zwang zurück­ge­führt. Anstatt also für oder gegen Multi­kul­tu­ra­lität Stel­lung zu bezieht oder deren Schei­tern zu fest­zu­stellen, gilt es genau zu erklären, was mit ,,Kultur" gemeint ist und wer im Namen der Kultur spricht. Zu oft spie­gelt das Bild von einer ,,fremden Kulturen" nämlich allein deren Herr­schafts­dis­kurse wider, und zeigt weder ihre Viel­falt noch die ihr eben­falls zuge­hö­rigen abwei­chenden, dissi­denten Stimmen.

Was also ist Kultur? Es handelt sich um einen Contai­ner­be­griff, dem es zu eigen ist, dass er zugleich sehr groß gedacht werden kann, etwa im globalen Maßstab und mit globaler Erklä­rungs­kraft wie im Fall von Hunting­tons welt­um­span­nenden ,,Kampf der Kulturen", oder auch sehr klein, bezogen auf einzelne Dinge oder Prak­tiken inner­halb sehr kleiner Gruppen. Oder er kann als Binde­strich­kultur alles und nichts meinen – Stich­wort ,,Humor-Kultur".

Vor allem aber: Jeder Versuch, Kultur inhalt­lich, als Kern oder Essenz zu defi­nieren, muss schei­tern, und wird gefähr­lich, wenn sie dazu herhalten muss, das Poli­ti­sche zu begründen. Denn wer defi­niert, was zur Kultur einer Nation – gar zu einer ,,Leit­kultur" gehört? Werden Konflikte des Zusam­men­le­bens immer schon als ,,kultu­relle" Konflikte bzw. Konflikte zwischen Kulturen wahr­ge­nommen, verhin­dert das die genaue Analyse der jewei­ligen Probleme, bei denen es oft weit mehr um Fragen von sozialer Diffe­renz, des Zugangs zu gesell­schaft­li­chen Ressourcen, um das Geschlecht und Alter der Betrof­fenen oder um ihre Ausbil­dung, geht als um ihre ,,Kultur".

Keine Frage: ,,Kultur" ist ein prak­ti­sches Wort, das man im Alltag schnell, ungenau, ja oft wider­sprüch­lich verwendet und verwenden darf. In poli­ti­schen Ausein­an­der­set­zungen jedoch muss die Zeit sein, jeweils genau zu erklären, was das Zauber­wort ,,Kultur" im konkreten Fall meinen soll. Und viel­leicht lohnt es, ab und an mit jenen Wissen­schaften das Gespräch zu suchen, die sich schon lange vergeb­lich darum bemühen, ,,Kultur" zu defi­nieren...



Aus: "Alles #Kultur?" Gesine Krüger (2018)
Quelle: http://geschichtedergegenwart.ch/alles-kultur/ (http://geschichtedergegenwart.ch/alles-kultur/)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 03, 2018, 12:21:48 PM
Quote[...] Zufällig hört man Musik, sie dringt in lauten, schweren Beats aus einem Radio oder gar aus dem Kinderzimmer. Es rappt einer auf Deutsch. Und kaum vernimmt man ein paar Wörter – «Bitch», «Schwanz», «Nutte», «Hurensohn» –, wird man konfus. Darf das wahr sein?, fragt man sich. Kaum zu glauben, dass so viel Misogynie und Brutalität, so viel Zynismus und blanker Hass erlaubt sein sollen in der Gegenwart des Pop. Wäre das nicht ein Fall für die Polizei? Müsste sie nicht zensurieren und verbieten, um wieder Ordnung zu schaffen in dieser prekären Welt?

... Westliche Gesellschaften werden seit Jahrzehnten durchgeschüttelt infolge der Anmassungen wechselnder Jugendkulturen. Die Lage hat sich verschärft, seit Rock, Punk und Hip-Hop die Provokation als poppige Allzweckwaffe der Agitation und Promotion entdeckt haben. Und wer sich tatsächlich provozieren lässt, wer auf die Barrikaden steigt und die Zensur einfordert, erfüllt quasi das ästhetische Programm der Provokateure.

... Mitte der achtziger Jahre etwa empörte sich Susan Baker, die Frau des damaligen amerikanischen Finanzministers James Baker, über sexuelle Anspielungen im Madonna-Song «Like a Virgin»; nichtsahnend hatte sie die Platte ihrer siebenjährigen Tochter geschenkt. Ähnliche Erfahrungen machte Tipper Gore, Al Gores Gattin, deren Tochter Prince zuhörte, wie er in «Darling Nikki» die Masturbation besang. Die aufgebrachten Mütter gründeten zum Schutz des amerikanischen Nachwuchses nun gemeinsam das Parents Music Resource Center. Die Organisation setzte im amerikanischen Senat 1985 die Kennzeichnung «jugendgefährdender» Musik durch. Fortan mussten einschlägige Alben einen «Parental Advisory»-Sticker tragen, der Eltern vor Obszönität warnte.

... Man mag den Initiantinnen zugutehalten, dass der Sticker die Auseinandersetzungen um Anstand, Moral und Werte in die Zonen von Elternhaus und Erziehung brachte, wo sie gewiss hingehören. Auch das Musik-Business konnte sich dank der Sticker-Pflicht nicht mehr seiner Verantwortung entziehen. Allerdings hat die Pop-Kultur den warnenden Aufkleber quasi umgedeutet zum Gütesiegel: Alben ohne «Parental Advisory»-Sticker wurden kaum noch ernst genommen.

... Mehr noch als obszönes Reden prägen den amerikanischen Rap die Erfahrungen in den Ghettos, in denen viele schwarze Rapper aufgewachsen sind. Die Wut über Zurücksetzung und Ausgrenzung entlädt sich immer wieder in Posen der Delinquenz und im Tonfall des Hasses. Der typische Gangsta-Rapper beschwört den Kampf gegen die Staatsmacht, die ihn drangsaliert. Und er zelebriert den Gesetzesbruch als Initiation einer Gegen-Souveränität. Deshalb handeln die Lyrics immer wieder von der Polizei. «Fuck Tha Police» (1988) von NWA sorgte für einen ersten Skandal. Das FBI meldete sich bei der Major-Plattenfirma Warner. Nachdem auch Senatoren Druck gemacht hatten bei der Plattenfirma, musste Doug Morris, der verantwortliche Manager, den Hut nehmen (er machte dann Karriere bei Universal).

Zur Staatsangelegenheit wurde 1992 auch «Cop Killer», ein Stück, in dem sich der Rapper Ice-T als Polizistenmörder inszenierte. Präsident George Bush kritisierte die Plattenfirma, die solchen Schund herausbringe. Ice-T selber machte geltend, es handle sich um ein Rollenspiel. Letztlich gab er aber klein bei und veröffentlichte sein Album «Body Count» neu ohne den inkriminierten Song.

Rappen erschöpft sich nicht im Sprechen über etwas. Es handelt sich um einen Sprechakt, der das Fluchen und Verfluchen kultiviert in einem Wettbewerb um Schlagfertigkeit und rhythmischen Drive. Im Streit stiften sich die Akteure zuweilen zu künstlerischen Höchstleistungen an. Doch entwickelt sich im Sport des Verhöhnens und Beleidigens manchmal eine gefährliche Dynamik, die zu Aggressionen führt. Ein Rapper-«Beef» kann in offene Gewalt ausarten (wie in den neunziger Jahren zwischen West- und East-Coast-Rappern).

Aber schon Hetze und Hassrede sind strafrechtlich relevant – hier darf der Staat keine Milde walten lassen. Beispielhaft dafür sind die jamaicanischen Rapper, die sogenannten Deejay des Dancehall, die in ritualisierten «Batty Boy»-Tunes die Erschiessung oder das Erschlagen von Homosexuellen fordern. Sobald nun aber zu Gewalt gegen Individuen oder Gruppen aufgerufen wird, bewegen sich die Musiker jenseits der Legalität und können sich nicht mehr hinter Kunst- oder Meinungsfreiheit verschanzen. Ihre Texte sind strafbar.

An den Battles des amerikanischen Gangsta-Rap orientieren sich auch die deutschen Gangsta-Rapper. In der von Immigranten dominierten Szene wird dabei ein Milieu-Chauvinismus zelebriert, der bei allen Jungs gut ankommt. Für Halbwüchsige erweist sich der Gangsta-Rap (ähnlich wohl wie Ego-Shooter-Games) als ein Medium und Ventil, das Frustrationen, Wut und Hass gleichzeitig zelebriert und abführt. Wer sich durch den Sündenpfuhl dieser Szene bewegt, trifft deshalb allenthalben auf faulige Stilblüten, Geschmacklosigkeit und die sprachlichen Aggressionen dauergestresster Typen. Es werden «Mütter gefickt» oder «Schwuchteln umgebracht». Auch religiöse oder ethnische Minderheiten sind vor Beleidigungen nicht sicher.

In der Sorge um den demokratischen Frieden könnte man deshalb leicht auf undemokratische Gedanken kommen. Doch Dummheit und Geschmacklosigkeit sind per se so wenig justiziabel wie Misogynie oder Homophobie. Und wer nach Polizei und Zensur ruft, ist vielleicht bloss träge oder zu feige, selber Stellung zu beziehen.

...


Aus: "Kommentar: Dummheit und Geschmacklosigkeit sind so wenig justiziabel wie Misogynie oder Homophobie" Ueli Bernays (3.5.2018)
Quelle: https://www.nzz.ch/meinung/gangsta-rap-verletzt-tabus-bricht-er-auch-gesetze-ld.1382383 (https://www.nzz.ch/meinung/gangsta-rap-verletzt-tabus-bricht-er-auch-gesetze-ld.1382383)

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Quote[...] Die gegenwärtig vor allem in Deutschland geführte Auseinandersetzung um politische Korrektheit in der Sprache verleitet dazu, sich zügig als Kritiker oder Verteidiger, politisch am linken oder rechten Rand, einer wahlweise «Tugendterror-geleiteten» oder Gender-sensiblen Sprache zu bekennen. In diese Falle sollte man als Liberaler nicht treten, zumal, wenn man sich von ideengeschichtlichen und philosophischen Grundsätzen leiten lässt.

Auch wenn es mindestens seit 1932, als Kurt Tucholsky die Vereinnahmung von Friedrich Nietzsche durch die Nazis zurückwies, recht deutlich ist, dass sich Nietzsche für alle möglichen – auch politischen – Positionen heranziehen lässt, so hat uns dieser scharfsinnige Diagnostiker seiner Zeit doch einen Fundus von idiomatisch präzisierten Topoi hinterlassen, der manches besser fasst, als unsere zeitgenössische Sprache es mitunter kann. Warum also nicht bei dieser aktuell bedeutenden Debatte um die politische Korrektheit in der Sprache bei Nietzsche nachlesen?

Der Blick fällt auf ein Diktum, das Nietzsche im Zusammenhang mit seiner Abrechnung mit dem einst so verehrten Komponisten in «Der Fall Wagner» formuliert hat: «er setzt ein Princip an, wo ihm ein Vermögen fehlt [. . .].» Gemeint war der Vorwurf, dass Richard Wagner letztlich handwerkliches kompositorisches Unvermögen zum «Stil überhaupt statuier[t]», also als «Princip verkleidet» habe.

Der Vorwurf, wie falsch oder zutreffend er gegenüber Richard Wagner auch sein mag, enthält einen Gedanken, der für die Diskussion, inwieweit eine politisch korrekte Sprache zulässig und notwendig oder aber schädlich bzw. allenfalls lächerlich sei, instruktiv sein kann.

«Political Correctness» ist keine deutschsprachige Spezialität. Abgesehen davon, dass es schon immer auch einen moralisch inspirierten Anspruch an eine «richtige Sprache» über Politik und Gesellschaft gegeben hat, beginnt die Kritik an überkommenen Modi des Sprechens, vor allem über Frauen und gesellschaftliche Minderheiten, in den USA Ende der achtziger, Anfang der neunziger Jahre. Wie später in Deutschland auch hat man sich zunächst über Neuerungen lustig gemacht – in der klassischen Rhetorik als «Aptums-Verletzung» nachgerade als Standardfall von unbeabsichtigter Komik identifiziert. Diese Ebene der Diskussion ist in vielerlei Hinsicht unerheblich. Der Streit um den «Negerkuss», den «Wintermarkt», den «Traditionshasen», ja selbst der Eingriff in literarische Texte, wie etwa bei Otfried Preusslers «Klaubholzweibern», dienen lediglich dazu, den Protagonisten von Verteidigern und Gegnern neuer Idiome dabei zu helfen, das jeweils eigene Lager seiner selbst zu vergewissern. Liberale sollten sich darauf nicht einlassen.

Denn jenseits dieser Debatte um mehr oder weniger geglückte Sprachsubstitute sind sowohl das Phänomen als auch der Begriff der politischen Korrektheit zur politischen Waffe geworden. Die Hoheit über Begriffe hat den Bereich der politischen Auffassungen und ihrer Legitimität erreicht. Es stellt sich die Frage, in welchem Ausmass politische Äusserungen im öffentlichen Raum sanktioniert werden dürfen. Die Reaktionen etwa auf die sogenannte «Gemeinsame Erklärung 2018» zeigen, dass eine persönliche Positionierung im öffentlichen Raum nicht nur Gleichgültigkeit, Widerspruch oder Unterstützung erzeugt, sondern auch schneller, als dies vor zwanzig oder dreissig Jahren in Deutschland der Fall war, mit dem Vorwurf der Illegitimität konfrontiert wird. Man kann auch sagen: Die politische Positionierung im öffentlichen Raum ist zu einer Frage des Prinzips oder Stils im Sinne Nietzsches geworden.

Wenn einerseits in Zeitungen zur Ächtung von «Rechtsextremen» aufgerufen wird (wobei es offenbleibt, jenseits welcher Grenze nach Auffassung der Redaktionen Rechtsextremismus besteht), andererseits Bürgermeister, die öffentlich Position für Flüchtlinge beziehen, Hasstiraden im Netz ertragen und um ihre persönliche Sicherheit auf der Strasse fürchten müssen, dann sollte das nicht nur Liberale beunruhigen. Es geht nicht mehr um den Diskurs, um die Fähigkeit zur argumentativen Auseinandersetzung, sondern es geht ums Prinzip.

Der freie politische Diskurs, der nur an seinen äussersten Rändern begrenzt werden darf, um funktionieren zu können, ist am Ende des Tages die wichtigste Verteidigungslinie der Demokratie. Fragen der Grenzziehung sind dabei so alt, wie die Meinungsfreiheit Bestandteil moderner Verfassungsstaaten ist.

Doch heute hat sich etwas fundamental verändert: Es gilt nicht mehr, was Kurt Tucholsky den Journalisten einmal zugesprochen hat, nämlich dass ihre stärkste Waffe das Totschweigen sei. Debatten, die geführt werden wollen, werden geführt, die digitale Medienwelt hat den organisierten öffentlichen Diskurs des professionellen Journalismus entgrenzt. Konnten sich Herrscher früherer Zeiten darauf verlassen, dass erstens Ideen und Gedanken, die keine Sprache haben, auch keine Chance auf politische Durchsetzung beanspruchen können und dass zweitens der Lackmustest für die Sprachlosigkeit der öffentliche Raum und seine Medien sind, so lässt sich heute zwischen öffentlich und privat nur mit Mühe unterscheiden. Klassische Medien haben ihre Konsolidierungsfunktion für den öffentlichen Diskurs, mancher mag auch sagen: ihre Deutungsmacht, bereits weitgehend verloren. Der Versuch, auf diesem Wege den Korridor des politischen Konsenses unter Kontrolle zu halten, ist im 21. Jahrhundert zum Scheitern verurteilt.

Kritiker wie Verteidiger politischer Korrektheit bedrohen gleichermassen die Demokratie. Die Verteidiger trauen dem öffentlichen Diskurs in Wahrheit nicht und versuchen über eine Steuerung von Sprache den Korridor politischer Haltungen mitzubestimmen. Das ist aus liberaler Sicht töricht, denn auch die gesellschaftlichen Freiheiten, um die es einer wohlverstandenen politischen Korrektheit fraglos geht, lassen sich durch sanktionierte Sprach-Übungen letzten Endes nicht verteidigen. Es bedarf immer des substanziellen gesellschaftlichen Konsenses, der auf Dauer nur mit den besseren Argumenten, einem funktionierenden Rechtsstaat und einer dafür sensiblen politischen Elite sichergestellt werden kann.

Die Kritiker der politischen Korrektheit sind aus liberaler Sicht ebenfalls bedrohlich, weil sie denjenigen einen Schutzschirm der Toleranz leihen, denen es genau darum nicht geht, denen es in Wahrheit um eine konservative Revolution zu tun ist, die am Ende zur Ausgrenzung von Menschen führt. Beide Positionen sind für Liberale ein Greuel.

Für den Liberalismus ist eine sensible Sprache über die Dinge der Welt keine Frage des Prinzips, sondern eine des humanistischen Vermögens, eine Frage des Respekts vor anderen Menschen, kurz: eine Selbstverständlichkeit, die nicht verordnet werden muss. Systematische, abstrakte und letztlich auf reine Ideen bezogene Übungen der Sprache und Idiome über die Welt lehnt man als Liberale ab.

Die Fähigkeit, einen offenen Diskurs zu führen, der eine weit gefasste Toleranz für politische Meinungsäusserung hat und dennoch in der Sache argumentativ entgegentreten kann, ist eben das: ein Vermögen des Individuums und kein Prinzip. In Analogie zu Friedrich Nietzsche kann man sagen: Hinter dem Rekurs auf Prinzipien steht mitunter nicht mehr als ein Unvermögen in der Sache. Eine Schwäche der 68er war es denn auch, dass sie mit zunehmendem gesellschaftspolitischem Erfolg Prinzipien an die Stelle ihres unzweifelhaft bestehenden vitalen Vermögens gesetzt haben.

Werner Bruns und Markus Müller sind Honorarprofessoren an der Rheinischen Hochschule Köln bzw. der Zeppelin-Universität Friedrichshafen und waren Mitglieder von FDP-Grundsatzkommissionen.


Aus: "Gastkommentar: Politische Korrektheit ist oft nicht mehr als zum Prinzip erhobenes Unvermögen"
Werner Bruns und Markus Müller (3.5.2018)
Quelle: https://www.nzz.ch/meinung/politische-korrektheit-ist-oft-nicht-mehr-als-zum-prinzip-erhobenes-unvermoegen-ld.1371721 (https://www.nzz.ch/meinung/politische-korrektheit-ist-oft-nicht-mehr-als-zum-prinzip-erhobenes-unvermoegen-ld.1371721)


Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 22, 2018, 03:53:05 PM
Thea Dorn (* 23. Juli 1970 in Offenbach am Main, eigentlich Christiane Scherer) ist eine deutsche Schriftstellerin, Dramaturgin und Fernsehmoderatorin.
https://de.wikipedia.org/wiki/Thea_Dorn (https://de.wikipedia.org/wiki/Thea_Dorn)

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Quote[...] Gegenüber der kulturellen Unbehaustheit der Berliner Hipster und der identitätslosen "kosmopolitischen Nomaden" möchte Dorn den Heimatbegriff verteidigen und die Bedeutung der "kulturellen Identität" betonen. In der Tugend des Patriotismus sieht Dorn den einzig vorstellbaren Gegenzauber zum übertriebenen Individualismus, der die Bürger zu Monaden verhexe, die nur noch rücksichtslos ihre singulären Interessen verfolgten. Schließlich plädiert die Autorin für mehr "deutsches Selbstbewusstsein", insbesondere in weltpolitischer und militärischer Hinsicht. Und sie wirbt für ein Geschichtsbild, welches zwar "das finsterste Kapitel" der deutschen Geschichte nicht ausblendet, aber eine angebliche Fixierung auf jenes überwinde.

Dorn setzt sich ein ambitioniertes Ziel. Sie will zeigen, dass eher als rechts konnotierte Begriffe, zuallererst derjenige des Patriotismus selbst, einer Interpretation zugänglich sind, in der sie kompatibel werden mit universalistischen Prinzipien der Aufklärung. Mit Emanzipation, Selbstbestimmung, Menschenrechten. In ähnlicher Weise soll auch die Idee der deutschen Kulturnation vor jeder Deutschtümelei gerettet werden, indem der "menschheitszugewandte Geist" gerade auch des deutschen Kulturerbes gegenüber seiner nationalen und nationalistischen Verstümmelung herausgestellt wird.

Zugleich möchte Dorn dezidiert ein "Plädoyer für ein deutsches Wir" leisten und zu einer Haltung ermutigen, die sich "zu Deutschland bekennt". Sie möchte, so lässt sich ihr Programm wohlwollend verstehen, eine Art Überleitungs- und Vermittlungsleistung erbringen: Einerseits, indem sie bestimmten, von rechts besetzten Begriffen einen liberalitätskompatiblen Gehalt unterschiebt. Andererseits, indem sie ein gewisses Recht der Kritik am liberalen Universalismus durchaus anerkennt. Insbesondere in der Hinsicht, dass auch aufgeklärte Liberalität ein "ethisch-kulturelles Fundament" benötige. 

Um es vorwegzunehmen: Das gelingt der Autorin nicht.

... Das Buch schwankt zwischen der Behauptung, liberale Verfassungsprinzipien müssten durch ein Bewusstsein kultureller Identität ergänzt werden, und der Intention, diese Prinzipien selbst zum Ausdruck eigener kultureller Identität zu erklären. Mit dieser zweiten Behauptung ist das Buch exemplarisch für einen gegenwärtigen Diskurs, der universalistische Prinzipien identitätspolitisch verzwecken möchte: Die Verteidigung der Menschenrechte soll zugleich als Verteidigung des Eigenen gegenüber dem Fremden verstanden werden können.

Beispielhaft hierfür ist Dorns mehrdeutige Behauptung, "dass der Glaube ans Individuum und seine unveräußerlichen Rechte eben kein universeller, sondern ein kulturell tief verankerter und damit spezieller Glaube ist". ...

Es gibt einige Stellen in dem Buch, die den Eindruck erwecken, dass Dorns Vorhaben, den rechten Diskursen ihre Begriffe wegzunehmen, in die Nachahmung dieser Diskurse umschlägt. Das beginnt damit, dass die Autorin gegen die Wellnessmentalität und eine selbstverloren um die eigene Befindlichkeit kreisende Subjektivität eine heroische Opfer- und Todesbereitschaft empfiehlt, die "Ferien vom Ich" ermöglichen soll. Das setzt sich fort, wenn Dorn gegen die "unerträgliche Leichtigkeit des kosmopolitischen Seins" auf die Unverzichtbarkeit von "angestammten kulturellen Ressourcen" verweist und behauptet, nur "kulturell Verwurzelte" seien zu wirklich kreativen Leistungen in der Lage. Dorn übernimmt ohne jede Distanzierung das Stereotyp vom angeblichen "linksliberalen bis linken Mainstream" in den deutschen Medien.  ...

... So sehr Dorn den individualistischen Selbstverwirklichungsdiskurs der "Bobo-Kultur" als aufgeblasene Selbstbezogenheit kritisiert, so sehr ist das Buch selbst weithin in einem gefühligen Betroffenheitsstil geschrieben, der Argumente aufgrund ihrer emotionalen Wirkungen auf die eigene Person ins Recht setzt: Kriterium ist nicht, ob eine Auffassung vernünftig oder nachvollziehbar ist, sondern ob sie "sympathisch" ist oder ob der Autorin "nicht wohl" mit ihr ist. An die Stelle einer diskursiven Auseinandersetzung tritt häufiger Dorns Bericht davon, was sie "wütend" macht und was sie "traurig" stimmt, was ihr "die Tränen in die Augen" treibt und wobei es ihr "kalt den Rücken herunter" läuft.

Die Tonlage im zweiten Teil des Buches erinnert dagegen über weite Strecken an den staatsethischen Sound der geistig-moralischen Wende.  Schneidig wird abgefertigt, wer es jemals gewagt hat, deutschlandpolitische Ansichten links von Helmut Kohl zu äußern. Das Buch verfällt in einen merkwürdigen Ton, wenn Dorn mehr deutsches Selbstbewusstsein auf weltpolitischer Bühne einfordert, mit Karl-Heinz Bohrer die Provinzialität einer politischen Kultur beklagt, die den Ernstfall ausblende, und schließlich im Überschwang des Lobs soldatischer Tugenden eine grundsätzlich pazifistische Haltung als Feigheit denunziert.

Dorn möchte einerseits Bildungsbürgertum und Hochkultur, andererseits das Bekenntnis zur Nation als das Band verteidigen, das die Gesellschaft zusammenhält: Opernhäuser und Fußballnationalmannschaft. Die Verbindung beider Ideen bleibt aber prekär. Das Bestreben, den Nationalismus zu humanisieren, indem ihm ein Begriff des Kulturpatriotismus untergeschoben wird, der "weltbürgerliche Horizonte" eröffnet, schlägt um in die Nationalisierung des Bildungshumanismus, wonach "der Traum vom Weltbürgertum ein sehr deutscher ist".

... Der Bildungshumanismus wird in der Logik dieser Darstellung von inneren Widersprüchen entlastet. Seine Verstrickungen in die dunklen Kapitel der deutschen Geschichte werden so als Geschichte des bloß äußerlichen Missbrauchs erzählbar.

Dabei ist es nicht so, dass Dorn diese Ambivalenzen nicht kennt. Sie spricht sie stellenweise sogar an. Aber sie wirbt für einen Begriff kollektiver Identität, der sich mit einem Ambivalenzbewusstsein nicht richtig verträgt. Von den Diskursen der Achtziger- und Neunzigerjahre um "nationale Identität" und die "selbstbewusste Nation" lässt Dorn sich nicht nur die dort verbreitete schräge Vorstellung von Gesellschaft als Subjekt im Großformat vorgeben, über das in Begriffen der Individualpsychologie gesprochen werden kann ("Alles, was Freud über die individuelle Psyche sagt, lässt sich auf die Psyche einer Gesellschaft übertragen"). Die Autorin lässt sich aus diesem Kontext auch das Bedürfnis nach ungebrochener Identifikation, nach einem von Selbstzweifeln entlasteten Traditionsbezug soufflieren. Was ihr "Plädoyer für ein deutsches Wir" bedeutet und was es heißt, "sich zu Deutschland zu bekennen", wird so auf gefährliche Weise uneindeutig.

QuoteMaryPoppinsky #10

"[E]s werde einem damit 'nicht warm ums Herz'." - Was für ein kruder Gemütskitsch.


Quoteunbenannt #10.1

Mir wird auch nicht bei Spielen der Fußballnationalmannschaft oder Andreas Gryphius warm ums Herz. ...


QuoteGelber Molch #1.8

"Meines Erachtens ist unsere Nation eben nicht mit sich selbst im Reinen."

Wer kann schon ehrlich behaupten, mit sich selbst im Reinen zu sein. Mit sich selbst ins Reine zu kommen, ist m.E. immer work in progress für jedes Individuum und erst recht für ein Kollektiv.

Die Frage ist doch, was uns diesem Ziel näher bringt. Mehr Patriotismus und Nationalstolz? Und was soll Patriotismus eigentlich genau bedeuten, wie soll er sich äußern?
Durch ,,Hochschätzung von Forstwirtschaft, Ordnungsliebe und Fußballfieber"? Das ist doch Pipifax. Durch Fackelmärsche oder Führeransprachen? Bitte nicht noch einmal.
Am Ende bleibt, glaube ich, doch ,,nur" der Verfassungspatriotismus. Auch wenn einem davon nicht ,,warm ums Herz" wird. Warum sollte es auch?



Quoteben n #45

Fussball wird hier erwähnt, was hat der jetzt damit zu tun? Geht es hier um den literarischen Wert der Biographie von Lothar Mathäus. Ist das die Literatur die hier gemeint ist? Und dann dieser ganze Heimatquatsch. ...


QuoteDallniker #51

Heimatlose Rumstreuner haben weder Nation noch Kultur. ...


QuoteDr. Ole De These #1.15

Wie soll eine Nation mit sich im Reinen sein, wenn sie im Namen ihrer Kultur allein im letzten zwei Weltkriege angezettelt und dabei schlimmste Verbrechen verübt hat? ... Ein Berufen auf universelle Prinzipien, wie es Frau Dorn versucht, ist dabei ein richtiger Weg, er ist auch Teil deutscher Kulturgeschichte der Neuzeit (Kant, Hegel, Marx), wobei bei den Deutschen - vielleicht gerade deshalb - letztendlich immer nur das "am deutschen Wesen soll die Welt genesen" dabei heraus kam. ... Ist es nicht der Austausch von Kultur/Kulturen, der die Menschen am meisten bereichern kann? Dafür muss selbst aber eine Kultur besessen und gelebt werden. ...


Quotecontradore #1.25

"Ich meine gar keinen Nationalstolz im Sinne von "Deutschland über alles", sondern einfach die Freude an Errungenschaften, die wir hier haben und genießen."

kann man diese errungenschaften denn nicht auch einfach als wert-an-sich genießen und sich daran erfreuen - muß man deshalb schwarz-rot-goldene fähnchen schwenken, voller inbrunst die nationalhymne mitsingen (und wenn schon, dann hoffentlich die richtige strophe) und seinen "patriotismus" vor sich hertragen wie eine monstranz? [Eine Monstranz (lat. monstrare ,,zeigen") ist ein kostbares, mit Gold und oft auch mit Edelsteinen gestaltetes liturgisches Schaugerät mit einem Fensterbereich, in dem eine konsekrierte Hostie zur Verehrung und Anbetung feierlich gezeigt wird. ]

muß man sich künstlich den gestelzten begriff einer "kulturnation" an die brust heften (ohne hier hinterfragen zu wollen, ob das überhaupt noch zutrifft) - wo dieser doch geradezu impliziert, dass andere nationen kulturell tieferstehen, und dadurch einem ungesunden überlegenheitsgefühl raum schafft?

deutschland hat über fünfzig jahre lang extrem davon profitiert, sich zurückzunehmen, diesen (nebenbei durchgängig vorhandenen) patriotismus in grenzen zu halten und ihn eben nicht übertrieben nach außen zu tragen.


Quote
WeitOffeneGesellschaft #1.26

Es geht dabei nicht um Ausgrenzung anderer, sondern um das Erkennen des Wertes, den unsere Gesellschaft und unser Land für uns hat.

Und als Individuum können Sie diesen Wert nicht anerkennen? Dazu müssen Sie sich erst mal mit anderen - jedoch nicht allen! - zu einer "kulturellen Identität" vermatschen lassen? Und von wegen, so ein Kollektiv grenze nicht aus.

Denken wir doch mal praktisch! Was ist so ein Kulturdeutscher eigentlich? Wie viel deutsche (Kultur-)Geschichte muss er z.B. kennen, und welche? Vorsicht! Hier sind sie ganz schnell einen großen Prozentsatz heutiger Deutscher los!

Und wie deutsch oder nicht-deutsch macht es jemanden, wenn er a) Kant, b) Hegel, c) Hitler oder d) amerikanischen Death Metal mag? Gibt es da ein Punktesystem? Und wer legt das fest? Und was ist mit dem japanischen Germanisten?

Das Gelaber von kollektiver Identität ist bestenfalls sinnlos, wie aller Kollektivismus - Identität ist nämlich etwas individuelles, persönliches. Und schlimmstenfalls rechts - wenn man dann doch anfängt, Identität über Herkunft zu definieren.

So, wie Höcke es letztens dann schließlich wieder getan hat...



QuoteAnne van Yates #2

Ich finde es gut, dass es immer auch vernünftige Stimmen gibt, die sich der deutschen Selbstaufgabe entgegen stellen.


QuoteGordagar #2.18

Das ist Quatsch. Mein Freundes- und Bekanntenkreis ist sehr individuell und alle sind unterschiedlich, haben verschiedene Vorstellungen vom Leben, trotzdem ist man für sich da und hilft dem andern. Wir müssen dabei nicht die selbe Tracht tragen und die gleichen Lieder singen!



QuoteBalkonfürst #3.19

Der "typisch deutsche" Patriotismus, also im Sinne von Stolz auf diese Land, stolz als Deutscher geboren zu sein, wird wohl auch eher vom ganz rechten Rand abgefeiert. Was ich als Problem sehe ist, dass Menschen, die vll einfach nur stolz auf die westliche Lebensweise sind (Bsp. Frauenrechte, Ächtung von Rassismus usw.) und Angst haben, dass diese geschwächt wird, schnell mit den anderen in einen Topf geworfen werden. Gleichzeitig nähern sich Viele dieser auch mehr oder weniger bewusst dem Rand an.



QuoteVincentPeter #12

Eine der Knackpunkt Fragen der Zeit ist ja ob diese hier angesprochenen "Universalistischen Prinzipien" tatsächlich universell sind oder ob man Kulturrelativistisch an die Sache ran muss...


QuoteSimplicio #12.1

Wer sich auf Kulturrelativismus einlässt, der ist verloren.


QuoteMcBudaTea #20

Die Grundlagen der westlichen Gesellschaft ist doch gerade, dass jeder Mensch in erster Linie als Individuum betracht wird und nicht Teil eines Kollektivs. Sowohl Rechts- als auch Linksextremisten verneinen diesen Ansatz und durch eben diesen wurden die größten Gräueltaten des 20.Jahrhunderts legitimiert.


QuoteEinfreierBuerger #30

"Es gibt einige Stellen in dem Buch, die den Eindruck erwecken, dass Dorns Vorhaben, den rechten Diskursen ihre Begriffe wegzunehmen, in die Nachahmung dieser Diskurse umschlägt."

Das scheint mir des Pudels Kern zu sein. Dorn will die elementaren kulturellen Kernbestände JEDER Gesellschaft namens Familie - Heimat - Glauben vor den sich kosmopolitisch tarnenden Bilderstürmern von linksgrün verteidigen und gleichzeitig den "Kampf-gegen-Rechts" führen. Bei einer genaueren Analyse kommt sie aber an der Tatsache nicht vorbei, daß diese "Rechten" nichts anderes wollen als sie selbst. Sie kann also gar nicht anders als diese Begriffe verwenden und DENSELBEN Diskurs führen, den man bei Letztgenannten als untrügliches Zeichen für üblichen -ismen interpretiert und deswegen besinnungslos auf Parteien und Bürgerbewegungen wie AfD oder Pegida einschlägt. Das wiederum stößt dem Verfasser des Artikels auf, der in Dorn erkennbar keinen der "Rechten" vor sich hat, aber erkennt, daß hier jemand der "Eigenen" beginnt, in den ideologisch verhaßten Kategorien zu denken und zu schreiben.


QuoteMaryPoppinsky #30.2

Sie haben schon richtig erkannt, dass die braune Soße von AfD & Co. in Dorns Buch letztlich nur anders gewandet daherkommt.


QuoteBunsen #34

Kulturnationalismus klingt frappierend nach einer ähnlich klingenden schrägen These von einer Diktatur der Kunst von Jonathan Meese. Der übernahm, ganz ohne Unschärfen, auch weite Teile der Symbolik von Nazis und Rechten.


QuoteJohn70 #36

jedes volk hat ein kultur. vollig normal.


QuoteFrido Lehar #36.1

Nicht in Deutschland.


QuoteGladiola #38

Die Lehre aus dem 2. WK und auch der Nachkriegszeit war, dass man Nation möglichst klein schreiben und besser in Kollektiven Systemen wie NATO und EU unterschlüpfen sollte. Das war jahrzehntelang vom Ausland so gewollt und wurde mit Frieden und der Möglichkeit frei Handel zu treiben und dadurch Wohlstand aufzubauen belohnt.

Das hat sich aber seit dem Ende des kalten Krieges zunehmend gewandelt. Zum einen agiert die Bundesregierung innerhalb der EU teilweise wie eine Hegemonialmacht und stülpt die deutschen Wertvorstellungen anderen Nationen über, sei es in der Finanzpolitik (Austerität), sei es in der Migrationspolitik (open borders). Es gehört leider inzwischen auch zum "guten Ton" in deutschen Diskussionen, die ausgabefreudigen Südländer und die nationalbewussten Ostländer öffentlich zu schurigeln.
Zu anderen wird der über Jahrzehnte gewährte Welpenschutz auch langsam aufgehoben, und NATO/USA verlangen, dass D seiner wirtschaftlichen Potenz entsprechend auch sicherheitspolitisch Verantwortung übernimmt.

Die linken Abwehrreflexe gegen alles, was mit den Begriffen Nation, Volk, Militär, Machtprojektion etc. zusammenhängt mögen 1968 zeitgemäß gewesen sein. Heute sind sie gestrig und erschweren eine den aktuellen Gegebenheiten der Welt angemessene Diskussion.


Quotelyriost #39

Der alte Adorno ist mir sympathischer als epigonale Dorn'sche Möchtegernerei.


QuoteNightrider #40

Ich kann mich ganz ausgezeichnet mit der deutschen Kultur identifizieren, aber Patriotismus ist für mich keine Kategorie. Habe ich nicht, brauche ich nicht, vermisse ich nicht. Ich fühle deshalb aber nicht "unbehaust". Die nötige Nestwärme sucht man besser woanders. Von mir aus in der Heimat, aber gewiss nicht in der Nation.

Die Verbindung von Kultur und Patriotismus hat sich überlebt. Außerdem war sie in der deutschen Geschichte nicht nur der "fruchtbartste Mythos", sondern auch ein sehr problematischer.


Quotelyriost #56

Das ist doch im Kern nichts weiter als der alte Gegensatz von Zivilisation und Kultur aus den "Betrachtungen eines Unpolitischen" von Thomas Mann Anfang des letzten Jahrhunderts, nur neumodisch aufgewärmt.


Quotecasinoservice #74

,,In essayistischen Abhandlungen schreibt sie über die Furcht vor einem kulturellen Identitätsverlust und die Sorge um die Kultiviertheit des Landes. "

Vielleicht mal die Chinesen fragen, was die von der Kulturnation Deutschland halten. Habe mich mal 3 Stunden mit dem ehemaligen Chefredakteur des Goethe Instituts Peking darüber unterhalten. Während des Gesprächs musste ich mehrfach wirklich staunen: Die Chinesen haben davon scheinbar mehr Ahnung als die Deutschen.


Quote
MaryPoppinsky #75

Was Reiß gut herausarbeitet, ist der Grundwiderspruch zwischen Individualismus, den Dorn angeblich proklamiert, und kollektivistischer Zwangsjacke, in den sie ihn zu stecken versucht. Die zweifelsohne neoliberale Autorin hat jedoch das Wesen des Individualismus nicht verstanden. Sein Kern besteht in voluntaristischer Assoziation. Da gibt's keine Zwangsloyalitäten gegenüber wie auch immer gearteten Kollektiven, auch nicht gegenüber einer herbeiphantasmagorierten Kulturnation. Denn jedes Individuum pickt sich schließlich ganz individuell heraus, was es für schätzenswert hält, und schätzt diejenigen wert, die es für schätzenswert hält. Die kulturnationalistische Zwangskollektivierung ist hingegen nichts weiter als eine Form autoritaristischer Willkür. Warum soll ich die Stücke und Sonette Shakespeares nicht höher schätzen als die von Goethe oder Gryphius? Warum soll ich die kruden Machwerke Brekers höher schätzen als ostafrikanische Skulpturen oder den sozialistischen DDR-Realismus mehr als südamerikanischen Surrealismus, nordamerikanischen abstrakten Expressionismus oder japanische Nihonga? Warum sollte ich den Kitsch eines Händel der Wuchtigkeit eines Schostakowitsch vorziehen? Oder deutschen Fußball US-amerikanischem Basketball oder indonesischem Badminton? Warum sollte ich dem Nazi von gegenüber mehr Respekt oder gar Zuneigung entgegenbringen als FreundInnen aus Tansania oder Indien? ...


...


Aus: "Patriotismus als Gegenzauber" Tim Reiß (22. Mai 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/literatur/2018-05/thea-dorn-patriotismus-deutsche-kultur-rechte-buch/komplettansicht (https://www.zeit.de/kultur/literatur/2018-05/thea-dorn-patriotismus-deutsche-kultur-rechte-buch/komplettansicht)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 24, 2018, 03:45:20 PM
Quote[...] Ab 1. Juni muss im Eingangsbereich jeder bayerischen Behörde ein Kreuz hängen. AfD-Anhänger jubeln ... Es ist nun amtlich: Ab dem 1. Juni muss in allen bayerischen Behörden ein Kreuz hängen. Diese Woche wurde die entsprechende Regelung ("Kreuzerlass") im bayerischen Gesetz- und Verordnungsblatt veröffentlicht. "Im Eingangsbereich eines jeden Dienstgebäudes ist als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns gut sichtbar ein Kreuz anzubringen", heißt es dort. Wie viele Hausmeister oder gar Hausherren persönlich am 1. Juni auf eine Leiter steigen, um das Kreuz an die Wand zu nageln, ist aber unklar. Nach Angaben des bayerischen Innenministeriums gibt es 1.100 staatliche Hauptdienststellen. Bisher schrieb die Staatsregierung Kreuze nur für Klassenzimmer der bayerischen Schulen und Gerichtssäle vor. In Behörden konnten sie aufgehängt werden, es war

... in kleineren Gemeinden kommt das Kreuz in der Amtsstube viel besser an als in Städten.  ...  Generalsekretär Markus Blume [bezeichnet] die Kritiker des Kreuzerlasses als "unheilige Allianz von Religionsfeinden und Selbstverleugnern". Damit sind wohl auch jene Regensburger Studenten gemeint, die eine Onlinepetition gegen den Kreuzzwang gestartet haben und die strikte Trennung staatlicher und religiöser Anliegen fordern.  ...  Während der Ex-Verfassungsrichter Udo di Fabio keine Verfassungswidrigkeit sieht und auf fehlende Indoktrination verweist, erwartet der Würzburger Staatsrechtler Horst Dreier eine Verfassungsklage. Denn: "Das Neutralitätsgebot fordert vom Staat, sich gerade nicht mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung zu identifizieren." (Birgit Baumann aus Berlin, 24.5.2018)

Quote753

politisch verordnete rückkehr in die selbst verschuldete unmündigkeit. ...


QuoteFliegerbrille

Ich finde das gut. Gerade bei uns in den kleinen Landgemeinden ist das Pfarrleben vom Gemeindeleben de facto nicht zu unterscheiden. Die örtliche Pfarre nimmt in Kindergarten, Schule, aber zB auch bei der Musikkapelle und den Feuerwehren einen ganz großen Stellenwert ein. Daher ist es zu begrüßen dass die Bayern dies auch öffentlich zeigen. Grundsätzlich sind uns die Ober-und Niederbayern kulturell weit näher als die Menschen im Osten unseres Landes.


Quotegaliontariaho

"Das Kreuz ist nicht ein Zeichen einer Religion."

Auffallend also, dass dieser Erlass mit einer Lüge eingeführt werden soll, die dann im selben Atemzug auch als solche entlarvt wird. Es geht ja auch in der Begründung der rechtsaußen-Politiker darum, dass es um das Kreuz als christliches Symbol geht, das die "kulturelle Identität christlich-abendländischer Prägung" darstellt...

Verlogenheit als Basis für einen Relgions-Erlass, der die christlichne Werte, die eigentlich "Lüge" als Sünde verdammt, hochleben lassen soll.

Ja irgendwie ist das schon mächtig schizophren.


Quotethe_rooster

Wie es Gunkl so schön formuliert hat:

"Und auf einmal steht da ein Behauptungskatalog aus dem Frühmittelalter im Raum, mit allem was das Mittelalter so unerfreulich macht - Handabhacken, Auspeitschung, Steinigung, Familienehre durch Jungfräulichkeit - und alles was uns einfällt ist, dass wir dem einen Behauptungskatalog aus der Bronzezeit gegenüberstellen, mit einem Anhang aus dem Altertum. [...] Das ist unsere Antwort. Peinlich. 200 Jahre Aufklärung werden über Bord geworfen und was wir einer Wüstenreligion gegenüberstellen ist eine andere Wüstenreligion und nicht das womit wir diese Wüstenreligion überwunden haben."

"GUNKL über Wüsten-Religionen, Wissen, Respekt und Kränkungen" (Am 29.08.2013 veröffentlicht)
Der Kabarettist Günther ,,Gunkl" Paal über Gott, Glauben, Aufklärung, Religionen des Friedens, Frauenrechte und Respekt. Ein komprimierter Angriff gegen Religionen und dem Umgang damit. Ausschnitt aus dem Programm "Die großen Kränkungen der Menschheit auch schon nicht leicht"
https://www.youtube.com/watch?v=EKQVsHwOGII&t=211s (https://www.youtube.com/watch?v=EKQVsHwOGII&t=211s)


...


Aus: "Kruzifixerlass sorgt in Bayern für Unruhe" Birgit Baumann aus Berlin (24. Mai 2018)
Quelle: https://derstandard.at/2000080263707/Kruzifixerlass-sorgt-in-Bayern-fuer-Unruhe (https://derstandard.at/2000080263707/Kruzifixerlass-sorgt-in-Bayern-fuer-Unruhe)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 31, 2018, 04:28:22 PM
Quote[...] In Dänemark darf man sein Gesicht von August an in der Öffentlichkeit nicht mehr verhüllen. Das am Donnerstag vom Parlament beschlossene Verbot soll vor allem gegen Gesichtsschleier wie Burka und Nikab wirken, bezieht aber auch Hüte, Mützen, Schals, Masken, Helme und künstliche Bärte ein, die das Gesicht stark verdecken. Weiter erlaubt ist es allerdings, sich an kalten Tagen den Schal weit ins Gesicht zu ziehen oder zu Karneval Masken zu tragen.

Beim ersten Verstoß gegen das Verhüllungsverbot droht eine Strafe vom umgerechnet 135 Euro. Wird man zum vierten Mal erwischt, kostet es rund 1350 Euro. Niemand werde gezwungen, die Burka auf der Straße abzunehmen, sondern lediglich nach Zahlung der Strafe aufgefordert, nach Hause zu gehen, hatte Justizminister Søren Pape Poulsen zuvor erklärt.

Dänemark ist nicht das einzige europäische Land mit einem Verhüllungsverbot. Als erstes führte 2011 Frankreich eine entsprechende Regelung ein. Auch in Österreich darf das Gesicht seit dem vergangenen Herbst nicht mehr verhüllt werden.(dpa, AFP)

QuoteEtepetete 14:24 Uhr

Jetzt gibt es also auch in Dänemark eine Schleierfahndung.


...


Aus: "Dänemark verbietet Burka und Nikab in der Öffentlichkeit" (31,05.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/verschleierung-daenemark-verbietet-burka-und-nikab-in-der-oeffentlichkeit/22629488.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/verschleierung-daenemark-verbietet-burka-und-nikab-in-der-oeffentlichkeit/22629488.html)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 05, 2018, 09:31:27 AM
Quote[...] Von der SPD-Nachwuchsorganisation stammte [] der Antrag auf staatliche Förderung von feministischen Pornos, der am Sonnabend auf dem SPD-Parteitag beschlossen wurde. Künftig sollen demnach solche pornografischen Inhalte auch über die Mediatheken von ARD und ZDF verfügbar sein.

,,Brauchen wir das?", fragt hingegen Katrin Vogel, Gleichstellungsbeauftragte der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus. Sie hält die Politisierung des Themas für unangebracht.

Grüne und Linke wollten sich auf Anfrage noch nicht zu dem Thema äußern.

...

QuoteZimbo 07:46 Uhr

Unisextoiletten und Feministenpornos...da sage noch einer wir hätten keine Leitkultur!


Quotevigilate_bln 07:19 Uhr

    beschließt die SPD eine Filmförderung für feministische Pornofilme

Gehört dies zur Richtlinienkompetenz?


QuoteKorrekturfahne 04.06.2018, 21:05 Uhr

    Hier darf auch mal was schiefgehen, vor allem aber geht es gleichberechtigt zwischen den Geschlechtern zu, niemand wird herabwürdigend behandelt, ist in programmatischen Schriften zum feministischen Porno zu lesen...
    Künftig sollen demnach solche pornografischen Inhalte auch über die Mediatheken von ARD und ZDF verfügbar sein.


Endlich.
Staatliche Förderung für feministische Pornos. Längst überfällig und mal was anderes als immer nur das langweilige Gedöns von innerer Sicherheit, Wohnungsbau, Wirtschaft, Staatsfinanzen und Bildung.

... Am 14. Juni ist nächste Kultusministerkonferenz.
Eine gute Gelegenheit, dieses Anliegen von großer gesundheits- und gleichstellungspolitischer Relevanz für ganz Deutschland in die breite Bundespolitik zu tragen.

Schwierig vielleicht, weil der aktuelle Vorsitzende Holter zwar nominell Mitglied der Linkspartei ist, aber Ossi, alt, weiß und ein multiprivilegierter Mann.


QuoteXV71 04.06.2018, 20:31 Uhr

    Berliner SPD will feministische Pornos fördern

Endlich ist die Berliner SPD wieder wählbar. ...


Quotewpev 04.06.2018, 20:27 Uhr
Oh ja und unbedingt viele Pornos auf Steuerzahlerkosten herstellen. Nur nicht bedenken, und nicht davon ablenken lassen, das hier Schaden für Familien und junge Menschen entstehen kann. Dreck, Schund und Irrsinn müssen triumphieren ... danke SPD ...


Quoteschoeneberger 04.06.2018, 22:28 Uhr
Die meisten zugeknöpften Kommentator*innen hier werden es nicht glauben, aber feministische Pornos sind tatsächlich dazu da, wozu auch andere Pornos da sind: Sexueller Lustgewinn. Wenn man sich eben Sexualität nicht anders vorstellen kann als in einer Konstellation, in der nur die eine Seite Spaß oft auf Kosten der anderen hat und wenig im gegenseitigen Einverständnis geschieht, dann kann man sich auch nicht hineinfühlen in den Umstand, dass Sex auf Augenhöhe, egal ob Blümchensex oder BDSM, einfach viel besser und lustvoller ist, als alles andere. Es ist doch schon bemerkenswert, welches Bild von Sexualität man haben muss, wenn vorausgesetzt wird 'gleichrangig? Respektvoll? Kann ja nur lustlos und ungeil sein' - Sie müssen diese Filme nicht schauen, keiner muss es, aber ich es ist meiner Meinung nach voll OK, Steuergelder für die Förderung dieser Pornofilmsparte auszugeben. Denn Pornos gibt es so oder so, Jugendliche schauen sie in immer früheren Alter. Verhindern mit Verboten lässt sich das so gut wie gar nicht im heutigen digitalen Zeitalter, denn sie sind überall verfügbar. Aber dann ist es doch eine Überlegung und auch ein Handeln wert, ob wir mit unserer Knete das Angebot des Pornofilmmarktes so zu verändern versuchen, dass das Angebot ein besseres und respektvolleres Geschlechterbild vermittelt. Nehmen Sie die Situation zwölfjähige Jungs schauen sich auf dem Schulhof Pornos mit richtig frauenherabwürdigen Dialogen an. Mit welchem Bild von Sexualität wachsen diese Jungs auf? Wollen wir das? Nein. Ich glaube mit der Förderung feministischer Pornos wird ein guter Weg eingeschlagen.


Quotecoyote 04.06.2018, 20:24 Uhr

    Berliner SPD will feministische Pornos fördern

Das hätte ich eher von den Grünen erwartet. ...


...


Aus: "Berliner SPD will feministische Pornos fördern" Milena Reinecke (04.06.201)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/landesparteitag-der-spd-berliner-spd-will-feministische-pornos-foerdern/22642192.html (https://www.tagesspiegel.de/berlin/landesparteitag-der-spd-berliner-spd-will-feministische-pornos-foerdern/22642192.html)

Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 05, 2018, 09:43:39 AM
Quote[...] Der Oberste Gerichtshof der USA hat einem Bäcker Recht gegeben, der einem schwulen Paar aus religiösen Gründen keine Hochzeitstorte backen wollte.


Aus: "US-Bäcker darf Schwulen Hochzeitstorte verweigern" (04.06.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/oberster-gerichtshof-us-baecker-darf-schwulen-hochzeitstorte-verweigern/22642668.html (https://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/oberster-gerichtshof-us-baecker-darf-schwulen-hochzeitstorte-verweigern/22642668.html)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 05, 2018, 03:18:50 PM
Quote[...] "Für die illegalen Einwanderer ist das schöne Leben vorbei", tönt Italiens neuer Innenminister. Matteo Salvini ist zugleich Chef der rechtspopulistischen Lega Nord, seine Umfragewerte schnellen empor und gegen ihn gibt es fortan kein Regierungshandeln Italiens mehr. In Wahrheit führt Salvini die neue Regierung in Rom. Und er führt sie stramm in eine Abschiebepolitik. "Die Party ist vorbei", kündigt er an, Italien werde nicht länger "das Flüchtlingslager Europas" sein. Angela Merkels Politik habe versagt, sie habe Italien verraten und die EU sei morsch. Die Staaten Europas sollten endlich "ihren Job machen" und Europas Migrationspolitik radikal umkehren.

Seine Ansagen sind deutlich bis martialisch und eine Kampfansage insbesondere an die deutsche Bundeskanzlerin. Er werde dafür sorgen, dass sich das Geschäft der "Schlepper und Vize-Schlepper" nicht mehr lohnen werde. Mit den "Vize-Schleppern" meint Salvini die privaten Flüchtlingsretter im Mittelmeer. Mehr noch: Salvini will 500.000 Migranten, die sich illegal im Land aufhalten, "einen um den anderen zurückspedieren". Wer ihn nach seiner Radikalität fragt, bekommt zur Antwort, er verfolge keine "harte Linie" beim Thema Migration, sondern setze auf den "gesunden Menschenverstand".

Mit Matteo Salvini wird der Albtraum vieler Linker, Liberaler und auch Konservativer wahr. Er ist so kulturkämpferisch wie Ungarns Viktor Orbán, so radikalrhetorisch wie Frankreichs Marine Le Pen und so tabubrechend wie Alexander Gauland. Das Problem dabei: Salvini führt keine rechtsradikale Splitterbewegung, er führt die drittgrößte Volkswirtschaft der Europäischen Union.

Der neue starke Mann dürfte nun einen Alleingang Italiens in der Migrationspolitik starten. Über Twitter erklärt er bereits: "Entweder Europa hilft uns, unser Land zu sichern, oder wir wählen andere Methoden." Er hat schon im Wahlkampf keinen Zweifel daran gelassen, dass er das Dublin-Abkommen ablehnt und neu verhandeln will. Der Vertrag sieht vor, dass Flüchtlinge in dem Land ihr Asylgesuch stellen müssen, wo sie erstmals europäischen Boden betreten - und das ist bei Bootsflüchtlingen meistens Italien. Salvini fordert statt des Dublin-Abkommens eine "obligatorische und automatische Umverteilung der Asylbewerber auf alle EU-Länder". Die Mittel für die Flüchtlingsbetreuung will er drastisch kürzen, die rund fünf Milliarden Euro, die Italien jährlich dafür ausgebe, seien "ein bisschen viel".

Er sieht illegalen Grenzübertritt grundsätzlich als kriminellen Akt an und spricht sich für die Wiedereinführung eines Straftatbestandes zur Bekämpfung illegaler Einwanderung aus. Im Juli 2013 kommentierte Salvini die Rede des Papstes auf Lampedusa damit, dass Franziskus nicht die "Globalisierung des Verbrecherischen" fördern solle. "Wer vor dem Krieg flüchtet, ist bei uns willkommen. Aber alle anderen sollten gar nicht losfahren - und wenn sie es trotzdem tun, dann müssen sie wissen, dass sie nicht in Italien bleiben können." Salvini will möglichst rasch in ganz Italien Abschiebezentren einrichten und Massenabschiebungen einleiten.

Auch wenn manches nach wüster Stimmungsmache klingt, warnen italienische Analysten davor, Salvini zu unterschätzen. Er sei kein rechtspopulistischer Sponti, er habe gewaltige parlamentarische Erfahrung und arbeite seit vielen Jahren als Berufspolitiker. Salvini war ein Studienabbrecher, der sich seit 1997 als Journalist versuchte, so als Redakteur beim Parteisender Radio Padania Libera, dem Sender der Lega Nord zur Propagierung eines "freien Padaniens", also einer Abspaltung des Nordens vom italienischen Süden. Hernach war er 20 Jahre Mitglied des Stadtrats von Mailand, 14 Jahre Abgeordneter im Europäischen Parlament, zwei Jahre Mitglied der italienischen Abgeordnetenkammer. Er hat sich die Führung der Lega Nord geschickt erkämpft und treibt nun den politischen Betrieb Roms vor sich her.

Salvini trat bereits als 17-Jähriger der Lega Nord bei und ließ sich als provinzieller Separatist beschimpfen und belächeln. Seine linken Lehrer provozierte er mit neo-konservativen Sprüchen, bis sie sich aufregten. Nach eigener Aussage empfinde er zeitlebens, "Lust dabei, von der etablierten Macht gefürchtet zu werden". Das motiviere ihn. Je mehr er kritisiert werde, desto stärker mache ihn das. Als man ihn als Populisten beschimpfte, ließ er sich ein T-Shirt drucken mit der Aufschrift: "Ich bin ein Populist".

Nicht nur in der Migrationsfrage dürfte Salvini Europa schockieren und neuer Held aller Rechtspopulisten werden. Er ist zugleich ein vehementer Gegner des Euro, den er als "kriminelle Währung" diffamiert. Außerdem will er eine Revision der Russland-Politik. Im vergangenen Jahr schloss er mit seiner Lega einen Kooperationspakt mit Wladimir Putins Partei "Einiges Russland". Nach einer Begegnung mit dem russischen Präsidenten schwärmte er: "Niemand hat mich je so beeindruckt. Seine Art, seine feste Stimme, sein Händedruck: All das zeigte mir, dass er ein echter Leader ist." Im Regierungsprogramm wird das Ende der Russlandsanktionen gefordert. Für Salvini ist die Abspaltung der Krim keine völkerrechtswidrige Invasion sondern die Folge eines "ganz normalen Referendums".

Eine einheitliche außenpolitische Linie der EU wird damit unmöglich. Salvini folgt klaren politischen Feindbildern - Islamisten, Wirtschaftsflüchtlinge, Banken, die EU und Deutschland stehen für alles Übel. Sein politisches Programm ist ebenso klar wie simpel wie brisant: rein mit Russland, raus mit den Flüchtlingen und raus aus dem Euro.

Quelle: n-tv.de


Aus: "Person der Woche: Matteo Salvini: Der neue Held der Rechtspopulisten" Wolfram Weimer (Dienstag, 05. Juni 2018)
Quelle: https://www.n-tv.de/politik/politik_person_der_woche/Der-neue-Held-der-Rechtspopulisten-article20464583.html (https://www.n-tv.de/politik/politik_person_der_woche/Der-neue-Held-der-Rechtspopulisten-article20464583.html)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 19, 2018, 12:03:06 PM
Quote[...] Rutte ... Niederländer ist Anführer einer Gruppe aus kleineren Staaten im Norden Europas, zu denen sich auch Irland gesellt hat und für die Kommentatoren schon viele Namen gefunden haben: "Rutte und die sieben Zwerge", die "hanseatische Liga", "Achter-Gang" oder die "Biertrinker" (im Gegensatz zu den "Weintrinkern" des Südens).

...


Aus: "Niederländischer Premier Rutte: Der ruhige Rebell aus dem Norden" Anna Giulia Fink (19. Juni 2018)
Quelle: https://derstandard.at/2000081809281/Niederlaendischer-Premier-Rutte-Der-ruhige-Rebell-aus-dem-Norden (https://derstandard.at/2000081809281/Niederlaendischer-Premier-Rutte-Der-ruhige-Rebell-aus-dem-Norden)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 06, 2018, 08:47:06 PM
Quote[...] NZZ-Chefredaktor Eric Gujer hielt den folgenden Text als Rede an der Generalversammlung der AG für die Neue Zürcher Zeitung am 14. April 2018. Zur 150-jährigen Geschichte

Wir erleben eine extreme Polarisierung der Meinungen. Die Linke wittert überall Fremdenfeindlichkeit, die Rechte fühlt sich von Denkverboten umstellt. Wer das Falsche sagt, wird exkommuniziert. ...

Johannes R. Becher war ein Mann, der sich nicht beirren liess. Er war Kommunist, er lobhudelte Gedichte auf Stalin, verfasste den Text der DDR-Nationalhymne und wurde der erste Kulturminister des Arbeiter- und Bauernstaates. Ein dichtender Dogmatiker, selbstgewiss und unerschütterlich, wie gemacht für das 20. Jahrhundert mit seinen blutigen Ideologien, die umso «wahrer» wurden, je mehr Menschenleben sie forderten. Doch dann liess sich Becher beirren, wenigstens ein einziges Mal. Er schrieb das Gedicht «Der Turm von Babel», dessen letzte Strophe lautet:

«Das Wort wird zur Vokabel / Um sinnlos zu verhallen / Es wird der Turm zu Babel / Im Sturz zu nichts zerfallen».

Der biblische Turm stürzte bekanntlich nicht ein, er blieb nach der Sprachverwirrung einfach unvollendet. Bei Becher wurde der Turm jedoch zur Metapher des Zweifels an jeder Ideologie, die einen Alleinvertretungsanspruch auf die Wahrheit erhebt.

Mir scheint, als lebten auch wir wieder in Zeiten einer Sprachverwirrung babylonischen Ausmasses. Die grossen Ideologien sind verhallt. Bechers Kommunismus ist untergegangen, der Kapitalismus wurde gezähmt durch den Wohlfahrtsstaat. Und doch herrscht eine Sprachverwirrung oder, um es präziser auszudrücken: eine extreme Polarisierung der Meinungen.

Die Linke wittert überall «rechtes» Gedankengut: Rassismus, Ausländerfeindlichkeit, völkische Gesinnung. Die Rechte sieht Political Correctness mit Denk- und Sprechtabus am Werk; ferner «Gutmenschentum», das bedenkenlos die Grenzen öffnet und so eine Verdrängung oder mindestens Bedrängung der Einheimischen provoziert.

Schienen nach dem Fall der Berliner Mauer die Begriffe «rechts» und «links» an Bedeutung zu verlieren, bilden sich nun an den Rändern neue Lager. Sie haben mit dem traditionellen Rechts-links-Schema wenig zu tun, auch wenn wir sie der Einfachheit halber so nennen.

Wie alle Kulturkämpfe wird auch dieser besonders erbittert geführt. Beide Lager operieren mit autoritären Sprach-Codes und verlieren die Fähigkeit zur Differenzierung. Kritik ist nicht mehr Kritik, sondern «Bashing». Schreit die eine Seite «Lügenpresse», schallt es zurück: «Nazi». Wer das Falsche sagt, wird aus der Gemeinschaft der Demokraten exkommuniziert, und man verweigert jede Diskussion. So wird die pluralistische Gesellschaft nicht nur ein Stück weniger pluralistisch. In diesem Überbietungswettbewerb verkommt jedes Argument zur Beleidigung, Denunziation oder Stigmatisierung.

Man muss nicht den Dresdner Schriftsteller Uwe Tellkamp zum Antidemokraten erklären, nur weil er über die Grenzen der Willkommenskultur nachdenkt. Aber man sollte auch nicht den Untergang des Abendlandes heraufziehen sehen, nur weil eine Doktorandin der Universität Basel fordert, sogenannten «Rechten» den Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln zu verwehren.

Exkommunikation und Exorzismus überlassen wir besser der Kirche, beides hat im republikanischen Diskurs nichts verloren. Auf diese Weise degeneriert die demokratische Debatte nämlich zum Glaubenskrieg, in dem jeder den anderen durch Lautstärke zu übertrumpfen versucht. Das Wort wird zur Vokabel, um sinnlos zu verhallen.

Warum es so weit gekommen ist, möchte ich mit drei Stichworten beleuchten. Sie lauten Globalisierung, Identität und Individualismus. Die üblichen Hauptverdächtigen – die digitale Filterblase und den neuen Beelzebub Mark Zuckerberg – klammere ich aus, weil das Internet den Effekt zwar verstärkt, hierfür aber nicht ursächlich ist.

Zur Globalisierung: Von 1988 bis 2008 hat die Mittelklasse in den asiatischen Schwellenländern, besonders in China, am meisten Wohlstand hinzugewonnen. Gut ging es auch den Wohlhabenden in der westlichen Welt. Die Einkommen der unteren Mittelklasse im Westen stagnierten hingegen. Die Mittelklasse ist die Verliererin der Globalisierung, auch wenn sich dieser Trend in einigen Ländern wie der Schweiz nicht beobachten lässt. Trumps Wähler aus der Arbeiterschaft fühlen sich zu Recht als Endmoräne der Industrialisierung.

Die globalisierte Welt stellt zugleich den Nationalstaat infrage, weil Kompetenzen an supranationale Körperschaften delegiert werden. Diese Zusammenschlüsse können vieles besser steuern als nationale Behörden, weil es zu spät ist für eine vorausschauende Politik, wenn afrikanische Migranten bei Chiasso gestrandet sind. Die Regulierung der Zuwanderung findet besser an der Aussengrenze Europas statt. So weit die Theorie, doch in der Praxis erleben die Bürger auch, wie sich das System durch mangelnden Informationsaustausch und nationale Egoismen schachmatt setzt.

Kein Wunder also, dass nicht nur die untere Mittelklasse die Globalisierung als Bedrohung ansieht. Mit ihr werden die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland, Billigkonkurrenz und eine Zunahme der Einwanderung in Verbindung gebracht – kurzum das Verschwinden des Schutzraums, wie ihn der souveräne Nationalstaat einstmals markiert hat.

Damit einher geht das Gefühl, die Kontrolle über das eigene Land zu verlieren. Nicht umsonst lautete das Motto der Brexit-Kampagne: «Take back control.» Rechtspopulisten haben das einst linke Thema Globalisierungskritik gekapert und gewinnen damit Wahlen. Die Gegenseite fühlt sich vom konservativen Zeitgeist provoziert und reagiert darauf mit Abwehrreflexen. So schaukelt man sich gegenseitig hoch.

Die Globalisierungsgegner befürchten nicht nur ein Fremdwerden im eigenen Land, sondern ebenso materielle Konkurrenz. In Wohlfahrtsstaaten bedeutet die Zuwanderung von niedrigqualifizierten Personen ohne Sprachkenntnisse eine längere Unterstützung durch die öffentliche Hand.

Die Wohlhabenderen mögen davon nicht viel verspüren. Alle anderen, für die staatliche Transferleistungen einen Teil des Lebensunterhalts bilden, sind sich des Wettbewerbs sehr wohl bewusst. Kommen dann noch Identität und Religion hinzu, ergibt dies einen explosiven Cocktail.

Der Soziologe Didier Eribon hat das am Beispiel seines eigenen Elternhauses, einer Arbeiterfamilie, beschrieben. Erst beklagten die französischen Arbeiter die Konkurrenz durch nordafrikanische Einwanderer am Arbeitsplatz, danach verdrängten die muslimischen Migranten die Einheimischen aus ihren angestammten Wohnquartieren. Spätestens dann schimpften die Arbeiter über die Islamisierung Frankreichs und wählten den Front national.

Dass die Eliten in Politik und Medien solche Zusammenhänge zunächst zu leugnen pflegen, verursacht zusätzliche Erbitterung. Diese löst sich irgendwann von der Migrationsfrage und mündet in eine allgemeine Elitenkritik – und zwar nicht wie 1968 von links, sondern von rechts. Die Meinungseliten, und das ist die Ironie dabei, die früher selbst die Systemfrage stellten und mit Jürgen Habermas die «Legitimationsprobleme im Spätkapitalismus» beschworen, sehen sich nun ihrerseits durch Systemkritik herausgefordert.

Die Zurückweisung des Fremden, die Ablehnung der Institutionen und die Rückbesinnung auf eine verklärte Vergangenheit formieren sich zu einem veritablen Gegenmodell zu «1968».

Diese Bewegung ist weniger sprachgewaltig, ihre Protagonisten sind eher angegraute Wutbürger als aufrührerische Studenten. Aber sie formuliert genauso eine Unzufriedenheit wie jene vor fünfzig Jahren. Die Achtundsechziger verstanden sich als Revolutionäre, und jede Revolution gebiert nun einmal ihre Gegenrevolution.

Daher die wütende Kritik an Political Correctness und Denkverboten: In der Gegenrevolution geht es stets darum, die kulturelle Hegemonie der Eliten mit ihren Sprechweisen und Gesten der Überlegenheit zu erschüttern. Jede Gegenkultur versteht sich als Guerilla der Worte und Begriffe: Was früher das «Establishment» war, ist heute die «Lügenpresse».

Viele Journalisten reagieren darauf in einer Weise, die ihre Glaubwürdigkeit unterminiert. Sie machen sich mit ihren Gegnern gemein, indem sie ebenfalls mit Wortkeulen zuschlagen. Wenn sie nur lang genug eine hysterische Stimmung anheizen, sind die Medien irgendwann tatsächlich keine Organe der Aufklärung mehr, sondern Vehikel der Verdummung und Vernebelung.

Kulturkampf kann nicht Sache einer liberalen Zeitung sein. Dem Mummenschanz der selbsternannten Revolutionäre und Gegenrevolutionäre begegnet man am besten mit einer gehörigen Portion Gelassenheit.  ...

Wie halten wir es mit der Identität? Das rechte Milieu hat Angst, seine Identität und den vertrauten gesellschaftlichen Zusammenhang, kurz: die Heimat, zu verlieren. Das linke Milieu erhebt den Anspruch auf eine Identität, mit der es sich selbst vom Rest der Gesellschaft abgrenzt. So wurde in den USA aus dem eingängigen Kürzel LGB für Lesben, Schwule und Bisexuelle der Zungenbrecher LGBTQQIAAP, um jeder geschlechtlichen Identität gerecht zu werden. Das Akronym bedeutet Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender, Queer, Questioning, Intersex, Asexual, Allies und Pansexual.

Lautete die Lieblingsvokabel der Linken früher Inklusion, also die Einbeziehung aller Benachteiligten in die Gesellschaft, so geht es heute um selbstbestimmte Exklusion: Man will in seiner Differenz anerkannt werden. Jeder will anders sein, und das ist das Gegenteil von Gesellschaft, denn diese lebt vom Gemeinsinn.

Die neue Lifestyle-Linke versteht sich nicht mehr als Anwalt der Unterprivilegierten, denn diese haben für die luxurierende Identitätspolitik des akademischen Überbaus wenig übrig. Lieber mokiert sich die Linke über die Rückständigkeit dieser Bevölkerungsschicht. Hillary Clinton nannte sie «deplorables», also Bemitleidenswerte.

Kein Wunder, dass in den USA, Italien, Deutschland oder Frankreich Mitte-links-Parteien Niederlagen kassierten. Sie haben keinen Bezug mehr zur Lebenswirklichkeit ihrer früheren Stammwähler, die in der Fabrik arbeiten und ihre Männlichkeitsrituale pflegen. Sie richten sich lieber an den Hipster, der für eine NGO arbeitet und zur knöchellangen Hose farbige Socken trägt. Der Niedergang der traditionellen staatstragenden Linken hat den Aufstieg der Populisten aller Couleur wesentlich erleichtert.

Die Identitätspolitik von rechts arbeitet ebenfalls mit Exklusion, schliesst aber nicht sich selbst aus, sondern andere: Migranten, Muslime, Mexikaner – und alle anderen von Donald Trump benutzten Stereotype. Betonten die Präsidenten vor ihm das Gemeinsame des Schmelztiegels USA, unterstreicht Trump das Trennende.

Die in Yale lehrende Professorin Amy Chua spricht von «tribalism»: Linke und Rechte bilden Stämme, die den anderen und seine Argumente nur deshalb ablehnen, weil er zu einem anderen Stamm gehört. Verständigung ist so nicht mehr möglich. Das Wort wird zur Vokabel, um sinnlos zu verhallen.

Ging es früher um Gleichheit, geht es heute um Ungleichheit. Das Trendwort in Unternehmen und an Universitäten lautet Diversität. Je mehr Vertreter unterschiedlicher Gruppen eine Institution umfasst, umso besser. Das klingt positiv, nach Toleranz und Vielfalt, hat aber einen Haken. Es kommt weniger darauf an, was wir können, als darauf, wer wir sind. Schwierig wird es dann, wenn man sich in der Mitte der Normalverteilungskurve befindet, also nichts Besonderes ist: etwa der sprichwörtliche weisse Mann aus der Babyboomer-Generation. Gehört er der Unterschicht in den USA an, muss er erleben, dass Förderprogramme die Position anderer Gruppen am Arbeitsmarkt verbesserten, sich an seiner Lage jedoch nichts ändert.

Auch die Ostdeutschen machten die Erfahrung, dass ihr DDR-Leben in den Augen vieler Westdeutscher überflüssig war, während der Westen definiert, was «richtiges» Leben ist. Wer keine ausgeprägte Identität besitzt, fürchtet umso stärker deren Verlust. Viele Ostdeutsche und weisse Amerikaner wählen deshalb die AfD und Trump.

Das Ideal der Aufklärung lautet, dass wir alle gleich sind und unsere Besonderheiten gerade nicht unseren Wert als Bürger bestimmen. Je weiter wir uns von diesem Ideal entfernen, umso tiefer werden die Gräben, umso mehr sitzt jeder in seiner Stammes-Ecke. Menschen sind immer versucht, andere Menschen einzuteilen in wir und sie, Freund und Feind. Das entspricht unserer Natur als Hordenwesen. Doch wir sollten der Natur nicht zu fest nachgeben. Eine pluralistische Gesellschaft ist keine steinzeitliche Horde.

Damit wären wir beim Individualismus. Er hat im 20. Jahrhundert einen Siegeszug erlebt, im Westen herrscht geradezu ein Kult der Selbstverwirklichung. Der Einzelne hat sich aus den Zwängen der Grossgruppen befreit. Weder Sippe und Grossfamilie noch deren moderne Surrogate hemmen die Entfaltung der Individuen, und diese machen von ihrer Freiheit weidlich Gebrauch: Gewerkschaften und Kirchen kämpfen mit Mitgliederschwund, während Fitness-Studios florieren.

Seine Selbstermächtigung bezahlt der Einzelne allerdings teuer. Im Reich der grenzenlosen Freiheit findet er keinen Halt und keine Stütze mehr. Die fraglose Zugehörigkeit zu einer Institution bot Entlastung. Jetzt sind wir für alles selbst verantwortlich.

Nicht einmal mehr die Makroideologien, denen sich Johannes Becher verschrieb, stiften noch Sinn. Rechtspopulisten polemisieren gegen die Marktwirtschaft, Linkspopulisten plädieren für eine restriktive Einwanderungspolitik. Alles verschwimmt, und es entsteht das Gefühl, dass alles immer schlimmer wird: Kriege und Handelskriege, Populismus und Polarisierung – nichts davon ist wirklich neu, dennoch glauben wir, wir befänden uns auf einer schiefen Ebene.

Stattdessen boomen die Mikroideologien rund um Gesundheit und Ernährung. Jeder wird zur Ich-AG der Selbstertüchtigung. ... Konnte man früher Karl Marx einen guten Mann sein lassen, Marxismus oder Kapitalismus über einem Feierabendbier vergessen, ist das mit den Mikroideologien schon schwerer. Zeigt das Armband eine zu geringe Schrittzahl an, meldet sich das schlechte Gewissen. Bei jeder Scheibe Brot droht die «Weizen-Wampe», wie der Titel eines Ernährungsratgebers lautet, der den Lesern erklärt, «warum Weizen krank und dick macht».

Mit den Ich-zentrierten Mikroideologien kreisen wir um uns selbst. Orientierung finden wir so nicht, es entsteht eher ein Klima der Gereiztheit. Nebenbei löst sich der Kitt der Gesellschaft auf. Sie atomisiert sich in Kleinstgruppen, weil «jetzt auch die bekennenden katholischen Nichtschwimmer mit einem Interesse an Hirschgeweihen ihre geschlossene Facebook-Gruppe gründen», wie der Medienforscher Bernhard Pörksen in einem Interview mit der NZZ spöttelte. Jedem sein Hirschgeweih, jedem seine weizenarme Diät.

Für Liberale ist Kritik am Individualismus ein heikles Geschäft, weil sich der Liberalismus die freie Entfaltung des Individuums zum Ziel gesetzt hat. Dennoch müssen wir uns fragen, ob wir mit der Selbstverwirklichung nicht übers Ziel hinausgeschossen sind und uns zu wenig dafür interessieren, was Gesellschaften zusammenhält.

Liberale als die vernünftige Mitte tun gut daran, die Gräben nicht noch zu vertiefen: etwa den zwischen Stadt und Land. Während in den Zentren die fortschrittliche Avantgarde regiert (oder das, was sich dafür hält), haben in der Peripherie die Volksversteher und echten Schweizer das Sagen (oder die, die sich dafür halten). Unser Land besteht aus sehr unterschiedlichen Biotopen, aber am Ende ist es immer eine Schweiz. Folglich muss man Politik für das ganze Land machen und nicht nur für Klientelgruppen, ob urbane Schickeria im Kreis 4 oder Bauern im Toggenburg.

In diesem Kontext muss eine liberale Zeitung wie die NZZ einen klaren Standpunkt vertreten, aber zugleich der Debatte eine Plattform bieten. Denn ohne den Meinungsstreit, in dem man dem Gegenüber mit Respekt begegnet, verkümmert die öffentliche Sache, die Res publica.

Wir lassen uns deshalb nicht einschüchtern von autoritären Sprach-Codes, dem «Rechtsrutsch»- oder «Lügenpresse»-Geschrei, das besonders laut wird, wenn wir einer pointierten Stimme aus einem der beiden Lager das Wort geben.

Für die Bibel ist der Turmbau zu Babel die Metapher für eine Gesellschaft, die Gott herausfordert. Man kann das Gleichnis aber auch ins Positive wenden. Jede moderne Gesellschaft ist ein Turm, der sich immer weiter gen Himmel schraubt; ein Bau, der nie stillsteht, und eine fragile Konstruktion, wie alles, was Menschenhand hervorbringt. Wo die Bauarbeiten aufhören, endet die Weiterentwicklung, und der Verfall beginnt.

«Es wird der Turm zu Babel / Im Sturz zu nichts zerfallen.»

Nimmt die Sprachverwirrung überhand, verhalten wir uns wie Horden, die glauben, jede andere Horde habe prinzipiell unrecht, dann werden die westlichen Demokratien zwar nicht einstürzen, aber ihre Dynamik und Attraktivität verlieren. Die liberale Demokratie hat viele Gegner. Doch der einzige Gegner, der ihr wirklich etwas anhaben kann, sind wir selbst, wenn wir ihre Grundlagen zerstören.

Deshalb müssen wir den Turm gemeinsam weiterbauen. Wir müssen zur Verständigung über Gräben hinweg fähig bleiben und die polarisierenden Kräfte mit ihren Feindbildern in die Schranken weisen.


Aus: "Kommentar: Der eine schreit «Lügenpresse», der andere «Nazi»" Eric Gujer (18.4.2018)
Quelle: https://www.nzz.ch/meinung/der-eine-schreit-luegenpresse-der-andere-nazi-ld.1377703 (https://www.nzz.ch/meinung/der-eine-schreit-luegenpresse-der-andere-nazi-ld.1377703)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 07, 2018, 09:07:09 PM
Quote[...] Evangelikale Christen sind nicht nur Gläubige, sie sind auch eine der mächtigsten gesellschaftlichen Bewegungen der Nachkriegszeit. Keine andere religiöse Gemeinschaft in Amerika hat wie sie nach politischem Einfluss gestrebt. Als Reaktion auf die kulturellen Gewitter der Sixties begannen vor allem weiße, konservative Menschen aus den wachsenden Vororten Amerikas sich politisch zu organisieren. Sie begriffen ihr politisches Engagement als einen antiliberalen Feldzug zur Rettung der Seele Amerikas. 1979 gründeten Jerry Falwell und Tim LaHaye die Moral Majority-Bewegung, andere Gruppierungen folgten und rollten mit ihrem Kampf für "Familienwerte" die amerikanische Politik auf.

Evangelical wurde zunehmend gleichbedeutend mit christian right, mit rechter Politik. Abtreibung, Homosexualität, Feminismus, Pornografie, Verhütung, die sexuelle und soziale Revolution der Sechzigerjahre kam seit den späten Siebzigern auf die Agenda der Wahlkämpfe. Evangelikale Prediger wie Billy Graham hatten nicht nur stets Zugang zu den amerikanischen Präsidenten, als Fernsehprediger hatten sie auch Zugang zu jedem amerikanischen Wohnzimmer. Zumindest Ronald Reagan und George W. Bush gaben konservativen Christen das Gefühl, einer von ihnen stehe an der Spitze des Staates.

Die Hinwendung der Evangelikalen zu Trump ist weniger selbstverständlich. "Die moralischen Überzeugungen vieler evangelikaler Führer sind nur noch geprägt von politischem Lagerdenken. Das ist nicht einmal mehr Leichtgläubigkeit; es ist die reine Korruptheit", schrieb etwa der konservative Politiker Michael Gerson in einem wütenden Essay für den Atlantic. Gerson wuchs selbst in einer evangelikalen Familie auf und hat lange für republikanische Regierungen gearbeitet. An den derzeitigen republikanischen Präsidenten hätten die evangelikalen Christen ihre Seele verkauft. Die Anführer der evangelikalen Bewegung seien geblendet vom Hass auf ihre politischen Gegner und sähen gar nicht mehr, welchen Schaden sie den Zielen zufügten, denen sie ihr Leben gewidmet hätten.

... Der linke Philosoph und Theologe Adam Kotsko, der selbst aus einem evangelikalen Umfeld stammt, erklärt die Doppelmoral vieler amerikanischer Christen mit ihrem verzweifelten Drang nach kultureller und politischer Anerkennung. Trump gebe ihnen das Gefühl, respektiert zu werden, und dass ein reicher, mächtiger Mann von außerhalb der evangelikalen Kultur ihre Forderungen ernst nehme, mache die Bindung zu ihm fast noch enger, sagt Kotsko. So konnte Trump gegen alle Wahrscheinlichkeit zur Führungsfigur des weißen, christlichen Amerikas werden, zum völligen Unverständnis aller Liberalen, die in ihm nur den obszönen, ganz und gar unchristlichen Unhold sehen. Für die einen ist er eine Heilsgestalt, für die anderen der Antichrist. Auch das spiegelt wieder, wie zerbrochen die amerikanische Öffentlichkeit ist. Mehr noch als andere Konservative haben die Evangelikalen eine dichte Blase, ja eine Parallelgesellschaft, geschaffen. Sie heiraten unter sich, schicken ihre Kinder auf gesonderte Schulen und Universitäten und haben ihre eigenen Medien, welche von Trump gezielt hofiert werden. Das Christian Broadcasting Network des Predigers Pat Robertson unterstützte Trump etwa bereits im Wahlkampf und bekommt seitdem immer wieder exklusive Interviews mit dem Präsidenten und hohen Regierungsmitgliedern.

Tatsächlich hat vieles, was man heute mit dem Phänomen Trump in Verbindung bringt, eine Vorgeschichte in der evangelikalen Kultur. Nicht erst Trump brachte den evangelikalen Christen bei, dass man von Medien und Eliten verbreiteten Fakten auch ignorieren kann, wenn sie die eigene Identität bedrohen: Fast 70 Prozent aller Evangelikalen leugnen schließlich die wissenschaftliche Evolutionstheorie. Seit Jahrzehnten gehört es zur Grundstimmung der christlichen Rechten, sich vom gesellschaftlichen Mainstream entfremdet zu fühlen. Auch deshalb kämpfen Evangelikale so sehr um politische Macht und fühlen sich trotz ihres Einflusses gleichzeitig so unterlegen wie bedroht: Weil sie fürchten, den Kampf um die Seele Amerikas endgültig zu verlieren. Der Anteil der weißen Christen in der Bevölkerung liegt nur noch bei 43 Prozent. Dass in der amerikanischen Bevölkerung etwa Homosexualität zunehmend nicht mehr geächtet wird, erscheint vielen von ihnen als ein Zeichen definitiver Dekadenz. Mit diesem Untergangsgefühl, das leicht in eine Wagenburgmentalität und heftigen Aggressionen gegen den politischen Gegner mündet, trat der Trumpismus in Resonanz.

... Nicht alle folgen deshalb der Erzählung des konservativen Autors Michael Gerson, derzufolge die evangelikale Bewegung erst kürzlich und aus Opportunismus von ihrem reinen Weg abgekommen sei. Für viele ist Trump schlicht der authentische Ausdruck der antintellektuellen, nationalistischen und autoritären Kultur des evangelikalen Amerikas, die von der Angst durchsetzt ist, bald nicht mehr in einer christlich-weiß geprägten Nation zu leben. Das legt etwa die Forschung der Professorin Janelle Wong von der Universität von Maryland nahe. Nach der Wahl im November 2016 versuchte sie herauszufinden, warum Evangelikale für Trump gestimmt hatten. 50 Prozent der von ihr befragten weißen Evangelikalen seien der Ansicht, dass Einwanderer der Wirtschaft schadeten, schrieb sie in der Washington Post. Als konservative Christen fühlten sie sich angegriffen, als Weiße diskriminiert.

Der strukturelle Rassismus in der Geschichte der USA, die Vorstellung, das tiefe Amerika beruhe auf einer protestantisch-weißen Kultur und müsse gegen weitere Einwanderung oder gesellschaftliche Durchmischung mit anderen Kulturen, Religionen oder Hautfarben geschützt werden, war häufig religiös gefärbt. So rekrutierte der Ku-Klux-Klan, als er nach dem Ersten Weltkrieg im Zeichen des Kreuzes zu einer gewaltbereiten Millionenbewegung anwuchs, seine Mitglieder fast ausschließlich aus der protestantischen Mittelschicht. Die Agitation des Klans richtete sich gegen Migranten, Feminismus und alle Nichtweißen, aber auch gegen Katholiken und Juden. Er tat es auf eine Weise, die frappierend an die Anti-Islam-Agitation von heute erinnert.

"Evangelikalismus ist eine sehr weiße Bewegung", sagt auch Adam Kotsko. Was die Evangelikalen heute mit Trump eine, sei "das Gefühl, dass Amerika bedroht und umlagert ist. Dies sei die letzte Chance, um noch das, was sie für die authentischen amerikanischen Werte halten, zu bewahren."

Ob irgendetwas die Unterstützung der weißen Evangelikalen für Trump erschüttern könnte, ist von mehr als nur akademischem Interessen. Mit dieser Wählergruppe stehen und fallen Trumps Chancen, die nächsten landesweiten Wahlen zu gewinnen. Viele einflussreiche evangelikale Christen hatten klargemacht, dass sie die systematische Trennung von Eltern und Kindern nicht unterstützen können. Und Trump lenkte ein: Am 20. Juni setzte er dieser polizeilichen Praxis ein Ende. Stattdessen sollen die Gesetze so angepasst werden, dass auch Kinder unbegrenzt lange in Haft gehalten werden können. An der Grenze werden jetzt Zeltlager gebaut, in denen die Familien gemeinsam inhaftiert werden sollen. So hat die Symbiose zwischen Präsident Trump und den evangelikalen Christen wohl auch diese Prüfung überstanden.

Quote
AgeofAquarius #2.6

@atech #2.1 : "Die Naivität... auf den Seiten derer, die ... den Religiösen nachlaufen."

Das Problem ist die Flachheit all dieser Debatten. Kaum einer auch der modernen Aufgeklärten bemerkt, wie sehr gerade auch die sekularisierten westlichen Gesellschaften weiterhin in der Tradition des monotheisch-manichäischen Denkens stehen.
Wer nicht religös ist, vergöttert irgendeine andere Heilsbotschaft und verteufelt irgendeine andere Gruppe, Ideologie oder was auch immer in dem Irrglauben, alles werde gut, wenn die Bösen, seinen es nun Rechte, Muslime, Trumpisten, Putinisten einmal ausgerottet sein werden.
Auch die reinen, guten Demokraten und Weltretter rüsten bis zu abwinken und sanktionieren, verbieten auf Teufel komm raus im Glauben, sie könnten die anderen niederringen.
In diesem Prozess werden "wir" "denen" immer ähnlicher, rechtfertigen dieselben Mittel, für die wir die anderen verurteilen,weil der Zweck die Mittel heiligt.
In diesem Denken sind sich Evangelikale, Stalinisten, Gutmenschen, Islamisten, Gläubige und Ungläubige gleich.
Ob sie Ihren Glauben Religion nennen und ihr Ideal Gott oder eben nicht, spielt keine Rolle.


QuoteVerbaler Spaltpilz #2.10

Es ist leider so. Der religiöse Wahn, wie auch andere radikale Ideologien, gleichen sich im Prinzip bis auf das i Tüpfelchen. Nur bei dem Ding an das man glaubt unterscheidet man sich, die Mechanismen dahinter sind gleich. Darum ist der Hass ja auch austauschbar.


QuoteMcBudaTea #2.19

... Ich glaube z.b. nicht, dass die meisten Nazis und deren Sympathisanten böse Menschen waren. Sie haben abscheuliche Dinge getan, weil sie gedacht haben, sie tun das richtige. Und da liegt der Kern der Sache: Basierend auf Glaube kann jede Aktion gerechtfertigt werden.


QuoteJubhf #21

Religion hat für mich immer so etwas befremdliches. Sie wirkt gestrig und auch überholt, da Bibel und Co. gegen Wissenschaft stehen und ziemlich vieles was drin steht wissenschaftlich widerlegt oder sehr fragwürdig ist: Sintflut, Existenz Moses, Schaffung der Arten statt Evolution, Existenz König Davids, der Hase als Wiederkäuer etc. - deswegen sollte Religion auch keinen Einfluss haben, es liest ja auch keiner die Märchen der Brüder Grimm und nimmt diese zum Anlass daraus Vorschriften und Verhaltensweisen zu entwickeln.
Interessant ist dagegen, dass die Christen in den USA eher rechts sind, während hierzulande vor allem die evangelische Kirche eher im linken Lager zu finden ist.


QuoteMirona-Thetin
#22  —  vor 4 Stunden 10

Einen der zentralen Aussagen des Artikles finden wir hier:
sie fürchten, den Kampf um die Seele Amerikas endgültig zu verlieren. Der Anteil der weißen Christen an der Bevölkerung liegt nur noch bei 43 Prozent. Dass in der amerikanischen Bevölkerung etwa Homosexualität zunehmend nicht mehr geächtet wird, erscheint vielen von ihnen als ein Zeichen definitiver Dekadenz. Mit diesem Untergangsgefühl, das leicht in eine Wagenburgmentalität und heftigen Aggressionen gegen den politischen Gegner mündet, trat der Trumpismus in Resonanz.

Sie werden den Kampf um die Seele Amerikas verlieren. Das, was wir erleben, sind religiös retardierende Momente. Und wenn es heißt:

Er (der Ku-Klux-Klan) tat es auf eine Weise, die frappierend an die Anti-Islam-Agitation von heute erinnert.

so muss man schmunzeln. Ersetzen wir einmal die Ku-Kluxer durch die "Grauen Wölfe", dann sieht man wohl noch bessere Parallelen. Denn die intellektuellen Probleme der Evangelikalen gleichen doch sehr den intellektuellen Problemen der Mohammedaner.


QuoteDieZeitKommentieren #23

Die Doppelmoral der Kirche. Religionen sind waren schon immer gut für Krieg, Tod, Verfolgung und zum Geld verdienen. Jüngst kommt dann noch reichlich sexueller Missbrauch dazu...


QuoteSomething_is_rotten #25

Dieser Artikel hinterlässt bei mir eine große Gelassenheit.
Jesus sagt: ,,Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen Verfolgung erleiden, denn ihnen wird das Himmelreich zuteil! Selig seid ihr, wenn man euch um meinetwillen schmäht und verfolgt und euch lügnerisch alles Böse nachredet! Freuet euch darüber und jubelt, denn euer Lohn ist groß im Himmel! Ebenso hat man ja auch die Propheten vor euch verfolgt." (Jesus in Matthäus Kapitel 5, Verse 10-11)

... Im Übrigen: "DIE Evangelikalen" gibt es ebenso wenig wie "DIE Muslime".


Quote
vonDü #25.9

"Dieser Artikel hinterlässt bei mir eine große Gelassenheit."

Bei mir auch, denn, sollte es einen Himmel geben, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dort keine dieser selbstgerechten Heuchler zu treffen, die den Namen ihres Gottes missbrauchen, um andere zu verfolgen, zu schmähen und ihnen lügnerisch alles Böse nachreden.


Quoteatech #34.1

Religiöser Glaube ist nicht erblich. Moderne, naturwissenschaftliche Schulbildung ist ein wirksames Gegengift.
Das wissen die Religiösen weltweit allerdings auch. Donald Trump setzte Betsy deVos als Bildungsministerin für evangelikale Privatschulförderung ein, Präsident Erdogan hat die Evolutionstheorie aus dem Lehrplan gestrichen...


Quote
Heimweh04 #34.2

Auch in den USA versuchen Kreationisten schon lange, die Evolutionstheorie aus dem Lehrplan zu streichen.


Quotemounia #34.3

Wissenschaft und Religiösität schließen sich nicht aus.Viele Naturwissenschaftler glauben an einen Gott.


QuoteJimmy III. #34.4

Das nennt man kognitive Dissonanz. Das schliesst sich auf die gleiche Art "nicht aus" wie sich auch der beste Mathematiker mal verzählen , oder ein Fahrlehrer einen Unfall verschulden kann. Es ist ein Widerspruch, der auftritt weil nicht jeder seine Profession 24/7 im Kopf hat, oder sie auf alles anwendet. Es gibt keinen rationalen/wissenschaftlich vertretbaren Weg auf die Existenz eines Gottes bzw. gar einen oder mehrere spezifische Götter zu schliessen, und wenn ein Naturwissenschaftler heute die Existenz eines Gottes annimmt kann das nur darauf zurückzuführen sein, dass er Rationalität und wissenschaftliche Methodik/Logik bei dieser Annahme nicht angewandt hat.


QuoteSeemannsfrau #35

Deus vult !

Gott will es. Das hat schon vor unserer Zeit ganze Landstriche ins Chaos gestürzt.
Schauen wir mal, was noch alles auf uns zukommt.


Quoteder_pfälzer #36

Mir als bekennender Christ wird schlecht wenn ich dies lese. Das was die amerikanischen Evangelisten predigen hat nichts, aber auch gar nichts mit dem christlichen Glauben zu tun. Wenn ich - was ich per se meines evangelischen Glaubens nicht tue - an die Hölle glauben würde, wäre ich sicher dass diese Leute alle in der Hölle landen würden.


QuoteJimmy III. #36.3

Aha...nach welcher Methodik entscheiden sie denn was "christlich" ist, und was nicht?
Meiner Erfahrung nach ist die Logik immer die Selbe:
Was mir persönlich nicht passt ist unchristlich, und jeder der meiner Meinung ist ist christlich...


Quote
tobias.x #37

> "Man kann Trumps Regierung sicherlich als eine der christlichsten der jüngeren Geschichte bezeichnen."

Bitte schreiben Sie lieber:
"... als eine der Regierungen mit dem größten Einfluss sich christlich nennender Gruppierungen".

So wie im Text verwendet wird das Wort "christlich" komplett entwertet.

Schreibe ich als überzeugter Atheist, der aber die grundlegenden christlichen Werte in weiten Bereichen schätzt. Wenn sich die als Christen bezeichnenden Menschen nur mehr daran halten würden..


QuoteMatze 83 #39

"Gott wolle es so, das ist ein Argument, mit dem man in den USA Politik begründen kann."

Ein "Argument" mit dem man im Mittelalter auch schon die Kreuzzüge "begründet" hat. "Deus Vult"
Wenn eine Gesellschaft soweit ist das man ihr"Gottes Wille" als ausreichende Begründung für politische Entscheidungen verkaufen kann, kann man als Politiker alles machen, jede Grenze überschreiten (sprichwörtliche und reale) und jedes Verbrechen rechtfertigen.


QuoteKohlenträgersohn #42

Klasse Zeitartikel, wann findet der erste analytische untersuchende gegen den Islam statt oder traut man sich nicht ?


Quote
atech #42.1

what about...


QuoteMatze 83 #42.3

Ich hatte mich schon gefragt wann hier der Erste mit "Aber der Islam..." um die Ecke kommt. :)


QuoteSchnellerDrehmoment #43

Wer glaubt, dass der "liebe Gott" in diesem, sich immer weiter ausdehnenden, unfassbar großen Universum, ganz intensiv um kleine Erde kümmert und jeden Einzelnen von uns genau beobachtet, aufpasst, dass wir auch immer ordentlich beten, ganz nebenbei noch so Sachen wie die unbefleckte Empfängnis erfindet, natürlich alle Geschicke dieses Planeten genau vorher geplant hat, der glaubt auch, dass Fruchtzwerge gesund sind oder mit anderen Worten, dem ist auch nicht mehr zu helfen.


QuoteSchnellerDrehmoment #43.3

... und wenn jemand was gegen Religionen sagt, werden seine Beiträge zensiert, weil man ja religiöse Gefühle verletzt.
Warum werden die anderen nicht davor geschützt, dass man ihren gesunden Menschenverstand beleidigt.


QuoteMatze 83 #43.4

"Warum werden die anderen nicht davor geschützt, dass man ihren gesunden Menschenverstand beleidigt."

Weil diejenigen, die dem gesunden Menschenverstand statt irgendwelchen überkommenen Aberglauben anhängen erwachsen genug sind mit derartigen "Beleidigungen" umzugehen ohne einen Tobsuchtsanfall zu bekommen.

;)


Quoteheined #47

Eines Tages platzte einer meiner Schüler mit muslimischer Herkunft in mein Büro und fragte: "Nicht wahr, Gott ist doch nur ein grosser Schwindel?"
Ich überlegte und antwortete: "Ich unterrichte Mathematik und nicht Religion. Schule ist neutral in solchen Fragen. Aber es ist doch so, dass wenn ich eine Wurst auf den Tisch lege und dem Hund verbiete sie zu essen, wird er gehorchen, so lange ich da bin. Was aber passiert, wenn ich hinausgehe?"
Schüler: Er schnappt sich die Wurst."
"Eben," fuhr ich fort," ein Mensch aber gehorcht auch dann, wenn ich weg bin. Denn man hat ihm beigebracht, dass Gott alles sieht."


QuotePandoraner #48

Das Credo der Evangelikalen lautet: "Manchmal braucht man das Böse um das noch viel Bösere zu besiegen".
Der Spruch steht zwar nicht in der Bibel sondern stammt aus einem Science-Fiction-Film, dennoch bekämpft nun ein Trump die liberale weltoffene Gesellschaft, wird zur personifizierten Abrissbirne an Obamas politischen Reformen.
Ohne den hohen Anteil an ungebildeten US Bürgern wäre die evangelikale Bewegung undenkbar. Ein privatisiertes Bildungssystem soll nun die evangelikalen Wahrheiten fest im Bildungssystem verankern , dafür wird die Bildungsministerin De Vos schon sorgen.
Nicht etwa der Stand der Wissenschaft ist dann Maßstab für den Lehrplan sondern die Bibel  ...


Quotewilsieb #56

Liebe Deutschen, wähnt euch nicht sicher vor evangelikalen, fundamentalistischen Christen in Deutschland.

Einer meiner besten Freunde, inklusive der ganzen Familie, ist Mitglied in einer evangelikalen Freikirche. Das ist Gehirnwäsche pur, meiner Meinung nach. Pfadfinder-Vereine sind auch oft von evangelikalen Freikirchen (z.B. die Royal Rangers).
Mein Freund erzählt z.B. gerne was von Anzeichen für die Apokalypse. Bis vor kurzem hat er noch Theologie und Musik studiert, inzwischen hat er Theologie abgebrochen und ist auf Englisch gewechselt (gutes Zeichen!).
Er studiert im Raum Stuttgart - da gibt es leider viele Evangelikalen...

... Ach ja, zum Bibelkreis geht er übrigens auch.



Quotefreidenker80 #67

Ich finde es immer krass, wenn Leute meinen, den Willen eines übermenschlichen Wesens zu kennen. Jeder, der statt von Gott von anderen Fabelwesen wie Außerirdischen oder Kobolden faselt, ist reif für die Klapse. Aber wenn man sich einen Gott halluziniert und sich mit seinen Taten auf ihn beruft, wird das als normal akzeptiert.


QuoteErstmal -zurücklehnen #83

Das sind die christlichen Kirchen wie sie immer waren und bleiben. Die Kooperation mit den Nazis war es bei uns. Aktive Gegenwehr gegen "das Böse" schlechthin kam nur von einzelnen und sehr wenigen.
Heute salbadern sie bei uns wieder von Menschlichkeit. Aber jetzt wieder die Nagelprobe: Wo ist die klare Kante gegen das Verhalten von Seehofer und Co gegenüber dem Leid der Geflüchtete?

Sie politisieren und taktieren wieder. Klar meine Herren Kardinäle. ...


QuoteSaltatio #83.2

Es gab katholische Priester und evangelische Pfarrer, die sind in den KG der Nazis gestorben. In Dachau gab es zum Beispiel einen "Pfarrerblock". Bitte werfen Sie nicht alles in einen Topf.


QuoteMaryPoppinsky #88

Bildungsverachtung ist ebenfalls Teil des Problems:
"Most Republican voters believe that higher education is bad for the country."
"Republicans: College Is Ruining America"
"Republicans increasingly say colleges have negative impact on U.S. Republicans and Democrats offer starkly different assessments of the impact of several of the nation's leading institutions – including the news media, colleges and universities and churches and religious organizations – and in some cases, the gap in these views is significantly wider today than it was just a year ago. While a majority of the public (55%) continues to say that colleges and universities have a positive effect on the way things are going in the country these days, Republicans express increasingly negative views. A majority of Republicans and Republican-leaning independents (58%) now say that colleges and universities have a negative effect on the country, up from 45% last year. By contrast, most Democrats and Democratic leaners (72%) say colleges and universities have a positive effect, which is little changed from recent years."
-> https://www.youtube.com/watch?v=N22d_kqtYpA (https://www.youtube.com/watch?v=N22d_kqtYpA)



QuoteSteve45 #90

Wie kann man sich Christ nennen und gegen alles Verstoßen was Jesus zu seinen Lebzeiten getan hat?
Man darf unabhängig vom Glauben auch eine historische Sicht darauf haben und dann wird einem auch klar, dass 99% der Christen eine Schande für Jesus wären.


QuoteFlimnap #90.1

Das ist eine der zentralen Aussagen des Christentums seit zweitausend Jahren. ...


Quoterena85 #97

Als bekennende Agnostikerin würde ich allen hier gerne mal ein Buch empfehlen.
John Niven "Gott bewahre" (Second Coming). Als Link eine kleine Rezension aus der TAZ:
http://www.taz.de/!5113730/  (http://www.taz.de/!5113730/)Viel Spaß! Und, seid lieb. ;-)



QuoteHartmann Ulrich #104

Die Unterstützung vieler Evangelikaler für Trump beweist, daß das, was sie für sich in Anspruch nehmen und was ihnen auch in diesem Artikel zugeschrieben wird, nämlich daß sie die Bibel wörtlich nehmen, in Wirklichkeit nicht zutrifft. Wenn man nämlich die Bibel wörtlich nimmt, und da ist es fast egal, welchen Teil, steht Trump fast durchweg für das Gegenteil. Demut, Wahrhaftigkeit, Friedenswille, Feindesliebe, Verzicht, Bußfertigkeit, Mäßigung... Nicht einmal seine Anhänger können ernsthaft behaupten, daß diese Werte, die in der Bibel hochgehalten werden, von Trump verkörpert werden. Daß sie ihn dennoch unterstützen, zeigt, daß es sich bei ihnen nicht um (wörtlich gemeint) christliche Fundamentalisten handelt, sondern um Nationalreligiöse.


QuoteO Quijano #105

Text und Kommentare überbieten sich ja an Spott und Verachtung über christliche Amerikaner. Keine Ahnung ob es begründet ist oder nicht, dafür kenne ich diese Amerikaner zu wenig.

Eines weis ich aber: diejenigen, die sich so höhnisch über Glauben und Religion anderer erhaben fühlen, sollten sich fragen, ob sie selber nicht in grotesker Verblendung den Balken im eigenen Auge, die Allgegenwart von Glauben in ihrem eigen Leben übersehen.

Man mache einen Versuch und ersetzte ,,USA" durch ,,Deutschland" und ,,Gott/Religion/christlich" beispielsweise durch ,,Europa". Voilá, man erhält das Bild einer Gesellschaft, die in identischem Ausmaß vom Glauben bestimmt ist wie die Gemeinschaft der gerade noch unflätig als hinterwäldlerisch und irrational beschimpften Evangelikalen in den USA:

,,Die Anwendung des Gesetzes sei gut und moralisch, so habe Europa es gewollt. Europa wolle es so, das ist ein Argument, mit dem man in den Deutschland Politik begründen kann. Wie sehr Europa und Politik in Deutschland verquickt sind, ...... In seiner Rede stellte der Bundespräsident fest: Deutschland ist eine europäische Nation. Ohne Europa würde die deutsche Gesellschaft zugrunde gehen: Wenn unsere Nation sich von Europa abwendet, ... usw ...usw...usw"


QuoteKay-Ner #105.1

Das einzige Unterschied ist halt: mit "europäisch" gibt es wenigstens einen Bezug zur realen Welt, den man überprüfen kann. Da kann man Thesen prüfen und lernen.
Mit dem Deus vult - Gott will es, ist diese art der Reflexion schlicht ein No go, also eine Sackgasse.


QuoteInXR #108

Pauschaler geht es nicht - solch ein Essay ist der "Zeit", die sonst so auf differenzierte Darstellung Wert legt, nicht würdig.
In Amerika steht "evangelical" für "evangelisch" und ist eine überkonfessionelle Bewegung, der auch ein Jimmy Carter angehört (nachzulesen bei Wikipedia "Evangelikalismus"). Dazu werden nur negative Attribute miteinander wild verknüpft und unter dem Strich kommen Trump-Mittelalter-Monster rüber. Dass unter diesen "Evangelikalen" auch Friedensaktivisten (z.B. Mennoniten) oder Ärzte (z.B. Mercy Ships) sind, die sich weltweit ehrenamtlich für die Ärmsten der Armen engagieren, wird bewusst weggelassen.
Solch ein Essay über DIE Atheisten geschrieben, die im 20. Jahrhundert mit Mao, Stalin, Hitler und Pol Pot über 100 Millionen Menschen abgeschlachtet haben, weil sie den Menschen und sich selbst damit in den Mittelpunkt des Universums gesetzt haben - oh, oh, da gäbe es einen Aufschrei. Zu Recht, denn natürlich ist nicht jeder Atheist ein Mao, Stalin, Hitler oder Pol Pot.
Genauso wenig wie "Evangelikale Christen" Trump-Mittelalter-Monster sind.
Von daher nur eine kleine Bitte, die aber dringlich: Differenzierter und weniger auf Beifall heischend! Denn Evangelikale abzuwatschen, da kann man sich dem Beifall in den Kommentarzeilen sicher sein.


QuotePaul Benjamin #109

Erwachsene Menschen mit unsichtbaren Freunden sollten von politischer Verantwortung ferngehalten werden.


QuoteHaschim Ibn Hakim #110

Religion war schon immer ein probates Mittel zur Unterdrückung und Verdummung. Glauben muss man, was die Herrschaften vorgeben, waren sie doch 'Herrscher von Gottes Gnaden'. Seinerzeit hat der Papst den Kaiser gekrönt. Heutzutage läuft es halt ein wenig anders, aber überall wo sich Herrscher (oder Regierende) auf Gott berufen, ist etwas faul, Iran, Saudi-Arabien, und nun auch auch die USA.
Wer nichts weiss , muss eben glauben. Wissen, Erkenntnisse, kritisches Denken sind verpönt. ...


...


Aus einem  Essay von Paul Simon "Weil Gott es will" (7. Juli 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/2018-07/evangelikale-donald-trump-religioeser-fundamentalismus-usa-migration/komplettansicht (https://www.zeit.de/kultur/2018-07/evangelikale-donald-trump-religioeser-fundamentalismus-usa-migration/komplettansicht)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 21, 2018, 01:15:27 PM
Quote[...]  Ulrich Ingenlath #1

... In Sachsen erlebe ich - im Rahmen der politischen Bildung - seit einem Vierteljahrhundert, wie Druck auf Pädagogen ausgeübt wird, wie Schüler exkludiert werden, die nicht ins PISA und MINT-Konzept des Freistaates Sachsen passen. Das DDR-Erbe ist nur ein Teil des Problems in Sachsen und dort vor allem im ländlichen Raum. Die CDU Landesregierung unter Kultusministern wie Rößler, Flath und Kurth hat ein ziemlich autoritäres Sächsisches Schulsystem etabliert, welches Geisteswissenschaften systematisch benachteiligt hat und einen ˋ Untertanengeist´ - nicht nur in Klassen- und Lehrerzimmern - etabliert hat, der seit vielen Jahren überall in der Sächsischen Gesellschaft etabliert ist. Die Fremdenfeindlichkeit und Weltabgewandheit im ländlichen Raum ist ein Ergebnis von autoritärer und antidemokratischer Landespolitik, wie sie hier seit seeligen Kurt Biedenkopf-Zeiten betrieben wird. Sachsen hat den Bildungsbegriff zu Gunsten einer industriekompatiblen Minimalbildung verkümmern lassen. 40 Jahre DDR & 28 Jahre Sächs. Union haben Spuren hinterlassen.



QuoteStan_Smith #1.3

"Die Fremdenfeindlichkeit und Weltabgewandheit im ländlichen Raum ist ein Ergebnis von autoritärer und antidemokratischer Landespolitik, wie sie hier seit seeligen Kurt Biedenkopf-Zeiten betrieben wird."

Tut mir leid, aber das sehe ich anders. Schon alleine die Begriffe autoritär und antidemokratisch passen in Ihrer Beurteilung nicht wirklich zum Thema.
Wir sind nicht in Syrien, China oder in einem von diversen afrikanischen Staaten, bei denen die Wahlergebnisse schon vorher feststehen und man in einem Loch verschwindet, wenn man das ändern will. Doch genau das impliziert autoritär und antidemokratisch!
Das Nazis (Neonazis, nennen Sie es wie Sie es wollen) antidemokratisch sind, dass sollte jedem klar sein, aber es auf den Freistaat zu schieben, ist absoluter quatsch!
Natürlich hat der Osten das Naziproblem immer kleingeschwiegen (nur ein paar wenige, wir haben alles unter Kontrolle, nein, dass wäre nicht so schlimm ... usw) aber der Staat Sachsen ist nicht schuld an der Entstehung des Problems.
Nazis werden nicht geboren, Sie werden gemacht! Das hat fast immer etwas mit dem persönlichen Umfeld und der eigenen Bildung zu tun! Im Klartext, dass Problem liegt in der eigenen Familie. Da fängt der Mist nämlich an!  ...


Quote
Ressiw Resseb #1.5

"Sachsen hat den Bildungsbegriff zu Gunsten einer industriekompatiblen Minimalbildung verkümmern lassen."

Wirtschaft, Wirtschaft über alles.., nicht nur in Sachsen, das fällt uns jetzt vor die Füße.


QuoteNoG #1.7

"Auch in Bayern und Baden Württemberg verkommt die Allgemeinbildung zum Nebenfach."

Warum sollte eine Schule dafür verantwortlich sein den Schülern "Allgemeinbildung" beizubringen? Das können Eltern besser, sie müssen es nur tun.


QuoteTituz #1.8

Habe vor einiger Zeit mein Studium an einer sächsischen Hochschule fortgesetzt. Komme aus dem tiefsten Westen, bin aber vorurteilsfrei hergekommen.
Ich kann ihren Post leider nur bestätigen. Die gesamte Hochschule ist extrem verschult, Studenten werden oft wie Untertänige behandelt. Auf mich wirkt es oft, als kämen die jungen Erwachsenen nie auf die Idee Widerworte zu geben. Sie wirken dabei sehr leistungsorientiert.
Die Fixierung des Artikels auf den Osten finde ich dennoch unangebracht. Wer regelmäßig im Internet unterwegs ist, bekommt mit, wie Jugendliche ticken.
Ich habe festgestellt, dass Jugendliche immer mehr verrohen und eine immer aggressivere Grundhaltung ausstrahlen.
Grund dafür sehe ich (als großer Hip Hop Fan) bei ihren aktuellen Vorbildern: Rapper, die den Fokus in ihren Songs fast ausschließlich auf Gewalt (und Geld) lenken, dabei Asozialität und aggressives Auftreten vorleben und so in gewisser Weise salonfähig machen.
Wie soll ein Jugendlicher ein Auftreten falsch finden oder diskriminierende Aussagen gegen bestimmte Gruppen hinterfragen, wenn seine Idole damit so erfolgreich sind und diese Idole auch noch von Medien gehyped werden?

Die Frage stellt sich nicht nur im Osten.

Von Jugendlichen aus Bayern, NRW u.a. Bundesländern lese ich regelmäßig offen zugänglich Rassismus im Internet. Und Jugendliche mit Migrationshintergrund versprühen haufenweise Antisemitismus in sozialen Netzwerken.

Quellen kann ich liefern.


QuoteEusebius123 #1.10  + #1.11

"Sachsen hat den Bildungsbegriff zu Gunsten einer industriekompatiblen Minimalbildung verkümmern lassen. 40 Jahre DDR & 28 Jahre Sächs. Union haben Spuren hinterlassen."

Das diese Behauptung einfach Unsinn ist, zeigt die PISA-Studie. Sachsen ist Spitzenreiter.
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/2315/umfrage/pisa-e-studie---bundeslaender-ranking-in-den-naturwissenschaften/



"Die CDU Landesregierung unter Kultusministern wie Rößler, Flath und Kurth hat ein ziemlich autoritäres Sächsisches Schulsystem etabliert, welches Geisteswissenschaften systematisch benachteiligt hat und einen ˋ Untertanengeist´ - nicht nur in Klassen- und Lehrerzimmern - etabliert hat, der seit vielen Jahren überall in der Sächsischen Gesellschaft etabliert ist."

Geisteswissenschaften benachteilligt? Vielleicht eher Naturwissenschaften gestärkt. Sie sind in deutschen Schulen massiv überprortioniert. Sehen Sie sich die Studienanfänger doch mal an. Die Uni, an der ich Philologie studiert habe (um jetzt als Produktionshelfer zu arbeiten, weil in der Wirtschaft niemand gebraucht wird, der Versmaße erklären kann), erzeugt jedes Jahr (!) 1.500 Geisteswissenschaftler, womit man wohl den Arbeitskräftebedarf in sämtlichen Verlagen, Museen und Redaktionen dieses Landes für ca. 35 Jahre stillen kann.


QuoteZONLiebhaber #5

"Doch wie erzieht man zur Demokratie? Wie macht man Schülern glaubhaft, dass demokratiefeindliche Gedanken schaden, wenn man ihnen doch zugleich beibringen will, dass abweichende Meinungen den Wesenskern der Demokratie ausmachen?" Genau auf diese Fragen hat der Autor keine Antworten.


QuoteKorsnack #5.4

Demokratiefeindlichkeit ist aber keine abweichende Meinung. Sie versuchen eine Linie zu verschmieren, die deutlich genug ist.


QuoteOssilant #5.7

Rassismus ist keine Meinung.


QuoteDr. Econ #5.11

... Menschenfeindlichkeit und Totalitarismus führen irgendwann immer zu unsäglichem Leid, Entzivilisierung und Krieg. ...


Quoteder Eine Ring #8

"Jeder Dritte glaubt, dass die NS-Verbrechen in der Geschichtsschreibung "übertrieben" seien."
Sehr betrüblich, dass kaum mehr als sieben Jahrzehnte nach Ende des Dritten Reiches solches Denken existieren kann.
An mangelnden Möglichkeiten der Weiterbildung kann dies kaum liegen..


Quotepolylux #8.1

An welchen Widerstand gegen Nazideutschland wird denn im neuen Deutschland an stärksten erinnert? An das Hitlerattentat hoher Offiziere vom 20. Juli 1944. Vor diesen Offizieren habe ich hohen Respekt, allerdings waren sie auch an den deutschen Kriegsverbrechen beteiligt und durch ihren hohen Rang in besonderer Weise mitverantwortlich. Die Kriegswende datiert auf die Schlacht bei Stalingrad im Winter 1942/43, der deutsche Rückzug währte zum Zeitpunkt des Attentats also schon anderthalb Jahre.
Der Bruder meiner Großmutter sagte während seines Heimaturlaubs im Frühjahr 1944: "Wenn die Russen hierher kommen, und uns auch nur einen Bruchteil dessen antun, was wir ihnen angetan haben, dann gnade uns Gott!"...


QuoteLeserin40 #9

Ich denke, dass man egal in welcher Region von Kindheit an, eine Kultur des toleranten friedlichen Miteinander pflegen sollte.
Diese Erfahrungen fehlen aber in einigen Gegenden gänzlich. Der berühmte Blick über den Tellerand ist wenig möglich. Man sieht Fremdes als Bedrohung, kann nicht auf Erlebnisse mit ausländischen Mitbürgern zurückgreifen. Es fehlt an Erfahrungen im Umgang mit anderen Nationen. Sowas wie gemeinsame Ausflüge, zusammen Feiern müsste von Anfang an zum Alltag gehören.
Wenn Du als Kind mit Kindern fremdländischer Einwanderer gespielt hast und positive Erfahrungen gesammelt hast, haust du als 14 jähriger da nicht drauf.
Wenn Du aber Beachtung durch deutsche Parolen bekommst, fühlst Du dich bestärkt in deiner Richtung.


QuotePapst Gregor #9.2

Damit haben Sie wirklich zu 100% recht. Gelingender Kontakt ist wohl das beste Mittel gegen Vorurteile und Hass, auf beiden Seiten.

Die Kehrseite stimmt aber leider ebenso: Man lernt durch Kontakt eben mitunter auch die Seiten des anderen kennen, die man nicht als anziehend empfindet. Extremes Beispiel wären deutsche Jugendliche, die an Schulen mit einer Mehrheit von Schülern mit Migrationshintergrund gemobbt werden (gut, das wird jetzt in Sachsen sicher nicht vorkommen, aber das gibt es in Deutschland). Der Kontakt-Hypothese nach müssten ja gerade solche Schulen das friedliche Miteinander fördern - tun sie aber nicht, eher im Gegenteil.

Kontakt und Kennenlernen sind unverzichtbar, da gebe ich Ihnen nochmals ausdrücklich recht. Aber man sollte sich nicht der Illusion hingeben, dass dies ein Allheilmittel wäre und nicht auch in die andere Richtung losgehen kann.


Quote
Nest #11

"Wie in anderen ostdeutschen Bundesländern läge das vor allem an der Indoktrinierungserfahrung unter dem SED-Regime. "
Ich finde es ziemlich wohlfeil, das Versagen der politischen Bildung, nach nunmehr 28 Jahren CDU, noch dem SED-Regime anzulasten.


QuoteOssilant #11.1

Aber diese Lehrer unterrichten eben immer noch. Die haben Staatsbürgerkunde alle gehasst, aber unterrichtet. Und jetzt wird ihnen gefühlt wieder so etwas "aufgezwungen".
Es wird erst vorbei sein, wenn der letzte Lehrer der zu DDR Zeiten unterrichtet hat in Pension geht.


QuoteThoraalf #13

Ich selbst bin in der Stadt Chemnitz aufgewachsen und zur Schule gegangen. Auch Anfang der 00er Jahre gab es Nazis in meinem Gymnasium, einer "Schule ohne Rassismus". Es waren nicht diejenigen mit den damals noch szenetypischen Springerstiefeln. Nein, man hat sich "zum Spaß" mit Sieg Heil begrüßt oder bewusst provozierend Judenwitze gemacht, vielleicht eine Reaktion auf ein panisches und ängstliches Umfeld seitens der Lehrer. Warum ich das erzähle? Im Artikel ist von einem Rechtsruck die Rede, aber ich glaube nicht daran. Die rechten Einstellungen waren schon immer da.

Zum Punkt des DDR-Erbes und dem Rechtsradikalismus: Nach meinem Wissensstand ist dieser Zusammenhang gar nicht so sicher. Die Gelehrten streiten und wundern sich noch, da es in Osten und Westen quer durch die Regionen unterschiedliche Ausprägungen von rechtsradikalen Einstellungen gibt. Es gibt verschiedene Erklärungsansätze, z.B. dass die NPD direkt nach der Wende sich als Kümmerer im Osten etabliert und Strukturen aufgebaut hätte. Dass Landespolitik und Staatsschutz auf dem rechten Auge blind seien und damit rechte Umtriebe gefördert hätten. Ein Erstarken der AfD im Ruhrgebiet oder den Wahlerfolg Trumps erklärt das keineswegs. Es ist alles wahnsinnig komplex und es spielen wohl mehrere Faktoren zusammen. Viele Autoren verbrennen sich immer wieder die Finger dran, aber keiner dringt zum Kern des Problems vor. Ich denke, wir alle müssen uns endlich eingestehen: Wir kennen die Ursachen (noch) nicht.


QuoteKlostermann Hornissengeist
#13.2  —  vor 3 Stunden 2

Hinweise fänden sich aber z.B. hier:

"Deutsche Zustände" von Heitmeyer
Entsolidarisierung - Die neue Heitmeyer-Studie über deutsche Zustände
24. März 2010 von Torsten Arndt
https://www.boell.de/demokratie/demokratie-entsolidarisierung-heitmeyer-deutsche-zustaende-8883.html (https://www.boell.de/demokratie/demokratie-entsolidarisierung-heitmeyer-deutsche-zustaende-8883.html)

Oder hier:

http://www.bpb.de/politik/extremismus/rechtsextremismus/214192/gruppenbezogene-menschenfeindlichkeit (http://www.bpb.de/politik/extremismus/rechtsextremismus/214192/gruppenbezogene-menschenfeindlichkeit)

"Ablehnende und abwertende Einstellungen gegenüber sozialen Gruppen [...] dienen statushöheren Gruppen letztlich dazu, die eigenen Privilegien abzusichern, [...], und statusniedrigen Gruppen dazu, ihre Position in Relation und Abgrenzung zu denen, die noch weiter unten stehen, zu erhöhen. Solche sozialen Hierarchien finden sich tief verankert in fast allen Kulturen.

[...] Vorurteile bieten vermeintliches Wissen über soziale Gruppen, das angeblich erklärt, warum die Mitglieder einiger Gruppen auf der sozialen Leiter weiter oben, andere weiter unten stehen, z.B. im Schulsystem erfolgreicher oder weniger erfolgreich sind.

[...] Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit bietet zudem Kontrolle, [...] . So setzt etwa der Vorwurf einer "mangelnden Integrationsbereitschaft" eingewanderte Menschen unter ständigen Druck: Sie müssen ihre Integrationsbereitschaft ständig unter Beweis stellen, ohne dass ihnen gesagt wird, wann ihre Integration denn hinreichend gelungen sei. Die Abgrenzung zu den ,Anderen' bietet zugleich eine Stärkung des ,Wir-Gefühls", aus dem sich ein größerer Zusammenhalt und Vertrauen in der eigenen Gruppe speist. [...]"


Quoteheined #14

Schüler kommen bekanntlich nicht aus der Retorte, sondern haben Eltern.
Es ist eine Illusion, anzunehmen, dass Demokratie automatisch zu Menschlichkeit führt. Auch Kollektive können verrohen.


QuoteGelassener Bürger #14.1

Kollektive sind immer am anfälligsten für eine Verohung.


QuoteThavStrsty #15

Der Sachsenmonitor, eine offizielle und repräsentative Meinungsbefragung, stellt alljährlich fest, dass ein Großteil der Sachsen ein geschlossenes, rechtsextremistisches Weltbild hat. Ich kann nur empfehlen, die Ergebnisse der Befragung von 2017 zu lesen.


QuoteAnna2081995 #21

Die Eltern sind schuld
Die Politik ist schuld
Die Vergangenheit ist schuld
Etc.

Bin ich als Mensch nicht
für mich selbst verantwortlich
in meinen Denken Handeln ... ?

Wir sollten aufhören ein ÜberVerständnis für Täter aufzubringen.


QuoteAllgemeineGehirnBefriedigung #21.5

Ein Mensch lernt sein Leben lang von anderen und durch eigene Erfahrungen. Es ist immer ein Zusammenspiel mit der Gesellschaft.


Kommentare zu: "Wie erzieht man Demokraten?" Ralf Pauli (DIE ZEIT Nr. 30/2018, 19. Juli 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/2018/30/schule-demokratie-politik-bildung-rechtsruck-lehrer-gegenmittel (https://www.zeit.de/2018/30/schule-demokratie-politik-bildung-rechtsruck-lehrer-gegenmittel)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 31, 2018, 02:14:10 PM
Quote[...] Arthur F. Thurnau Professor, Karl W. Deutsch Collegiate Professor of Comparative Politics and German Studies, Professor of Political Science, Professor of Germanic Languages and Literatures, Professor of Sociology The University of Michigan, Ann Arbor --- gehalten am 5. Juni 2018 in Stuttgart auf Einladung des Deutschen Literaturarchiv Marbach in der Stiftung Geißstraße7

... Das Jahr 1968 war in den Vereinigten Staaten schon wegen der schieren Größe der Ereignisse zumindest genauso bedeutsam wie in Frankreich oder Deutschland, wenn nicht sogar noch bedeutsamer: Präsident Johnsons Ankündigung, nicht für eine weitere Amtszeit kandidieren zu wollen, die Ermordung Martin Luther Kings, die Studentenunruhen an der Columbia-Universiäet, alles nur im April des Jahres (obwohl Praesident Johnsons Erklärung am 31. März stattfand); die Ermordung Robert ,,Bobby" Kennedys, die Strassenschlachten zwischen der Polizei und linken Demonstranten beim Parteitag der Demokraten in Chicago im August. ...

... Es gibt keine Helden. Selbst die good guys der Geschichte begehen gravierende Irrtümer, in moralischer Hinsicht wie im täglichen Leben. Ich kenne da keine Ausnahmen. Ich habe nie irgendwelche Achtundsechziger in den Himmel gehoben und werde das niemals tun. Ihre Fehler waren häufig zu häßlich für mich, wofür sie oft nichts konnten – das Leben ist eben so, unschön, manchmal schmutzig.

... Die Nöte weißer Arbeiter, die Woody Guthrie, ein Verfechter fortschrittlicher Politik, in Songs wie ,,Pastures of Plenty" oder ,,Hard Travelin" fuer Oklahoma oder den ,,Dust Bowl" (der arme, weiße, ausgebeutete Arbeiter aus der Prairie Oklahomas als Träger progressiver Politik) so eindringlich beschrieben hat, war das zentrale Anliegen linker Politik in den Vereinigten Staaten bis 1968. In der Nach-68-Ära wurde aus genau diesen Leuten Merle Haggards ,,Okie from Muskogee" (und inzwischen ist der genau gleiche aus Oklahoma stammende weiße Arbeiter zum Träger und Repräsentant der Reaktion schlechthin und der Red Necks und des White Trash, also zum Kern der Trumpanhänger mutiert), der ungebildete, konservative, nationalistische, Country-Musik liebende, die linke Elite hassende weiße Mann des mittleren Westens, der unerschütterliche Parteigänger Trumps.

Machen wir uns nichts vor: Die wichtigste Kluft, die Amerika von 1968 bis zum heutigen Tag durchzieht, ist in erster Linie kultureller, nicht ökonomischer Natur. Die Spaltung des Landes, zu Recht als der große ,,Kultur-Krieg" bezeichnet, hat sich seit 1968 stetig vertieft.

... ,,1968" warf ernsthaft die Frage auf, ob der westliche Fortschritt tatsächlich wünschenswert ist. Ähnliches gilt für das Verhältnis von Männern und Frauen. Unsere Auffassung von Sexualität änderte sich. Neulich sah ich zufällig eine Folge von ,,Wheel of Fortune", eine durch und durch konventionelle, ungemein biedere und immer am Mainstream orientierte Gameshow im amerikanischen Fernsehen. Bei den Kandidaten handelte es sich um schwule, lesbische und transsexuelle Paare. Unglaublich!

Das victorianisch inspirierte Bild der idealen amerikanischen Familie, wie es TV-Shows von der Sorte ,,Leave it to Beaver" über Jahrzehnte popularisiert haben – der arbeitende Mann, die Hausfrau und Mutter, zwei Kinder, ein Vorstadt-Häuschen –, diese spiessbürgerliche Vorstellung ist vollständig verschwunden. Stattdessen gibt es Sendungen wie ,,Shameless" und unzählige andere, in denen eine Vielzahl familiärer Beziehungen vorgeführt werden, die sich entsprechend der sexuellen Neigungen und Geschlechterrollen von Folge zu Folge ändern. Ich finde es ausgesprochen bemerkenswert, wie schnell die amerikanische Öffentlichkeit diesen massiven sozialen Wandel akzeptiert hat.

,,1968" veränderte ebenso die victorianische Auffassung von Alter. In der Vor-68er-Zeit waren Kinder und Jugendliche gekleidet wie Erwachsene. Wie weit diese Gepflogenheit zurückreicht, zeigen die wunderbaren Brueghel-Gemälde im Wiener Kunsthistorischen Museum. Da sehen wir Kinder die einfach kleinen Erwachsenen gleichsehen. Das genaue Gegenteil geschah nach 1968: Selbst ältere Professoren kleiden sich seither wie ihre Studenten. Sehen Sie sich Bilder von Horkheimer und Adorno an, den Koryphäen des Frankfurter Instituts. In ihren gepflegten dunklen Anzügen und mit sorgfältig gebundenen Krawatten sehen sie aus wie gediegene Erwachsene, eigentlich wie Rechtsanwälte oder Spitzenmanager, aber keineswegs wie gegenwärtige Professoren in den Geistes- und Sozialwissenschaften. (Und Jura und Betriebswirtschaft und Medizin mag das schon anders sein). Meine Generation von Professoren hingegen liefert der Welt in Sachen Kleidung das Bild ergrauter Teenager. ,,1968" sorgte dafür, dass wir partout an der Jugendlichkeit und ihrer Kultur festhalten wollen. ,,Forever young", wie Bob Dylan singt.

,,1968" warf die ziemlich genau hundert Jahre währenden Lehren über den Haufen, die bestimmten, was es heißt, politisch links zu sein. Sie kennen alle die verschiedenen Glaubenssätze, auf die sich die alte Linke gründete und die sie von der neuen Linken unterschieden. Ich will mich darüber nicht weiter auslassen, sondern zu dem mit ,,1968" wichtigsten Wort meines Vortragstitels begeben: dem ,,Mitgefühl".

Ende der 1960er-Jahre, vielleicht nicht ganz genau 1968, aber doch nah genug dran, entwickelte sich in der fortgeschrittenen Welt der liberalen Demokratien ein breites Narrativ ueber das Mitgefühl. Dieser Diskurs ist meines Erachtens absolut demokratisch, weil er einen Prozess in Gang setzt, der Demokratie letztlich ausmacht: die über das allgemeine und gleiche Wahlrecht weit hinausgehende gesellschaftliche Einbeziehung vormals Ausgegrenzter. Dieser Demokratisierungsprozess ist für mich eine umfassende Bewegung mit dem Ziel, bis dahin ausgegrenzten sozialen Gruppen Würde, Authentizitaet und Respekt einzuräumen, die sie unbedingt verdienen. Voraussetzung dafür ist es, alte Fehler einzuräumen und für Schandtaten wahre Busse zu begehen, die von einer Gemeinschaft gegenüber einer anderen begangen wurden. Den was ich in meinen Arbeiten den ,,Discourse of Compassion" also den Diskurs der Reue nenne, hat mein Freund, der israelische Historiker und Columbia-Professor Elazar Barkan, in seinem brillanten Buch ,,The Guilt of Nations" ausführlich behandelt.
Wir erinnern uns alle an Willy Brandts Kniefall am Ehrenmal für die ermordeten Juden des Warschauer Ghettos im Dezember 1970. Weitere, nicht ganz so bekannte Beispiele, zunächst aus Grossbritannien: Die Entschädigung von 5.228 Kenianern, die von den britischen Machthabern während der Mau-Mau-Aufstands in den 1950er-Jahren brutal gefoltert und misshandelt worden waren. Oder der auf das Britische Museum ausgeübte Druck, die aus aller Welt zusammengetragenen Artefakte zurückzugeben. Deutsche Museen tun dies auch. Oder die Debatten an der Universitaet Oxford über die Cecil Rhodes-Statue. Ich könnte noch zig Beispiele aus Grossbritannien, aber auch äquivalente aus Frankreich, den Niederlanden, Belgien u.a. liberal demokratischen Ländern aufzählen, wo es in den letzten 20 Jahren zu emphatischen Ausdrücken der kollektiven Reue für frühere Missetaten gegenüber anderen, in diesem Fall oft Bevölkerungen ehemaliger Kolonien, kam.

In den Vereinigten Staaten gab es 1993 die lang ueberfällige Entschuldigung von Präsident Bill Clinton für die Internierung japanisch-stämmiger Amerikaner in Lagern an der Westküste nach dem Überfall auf Pearl Harbor. Es folgte die von Präsident Barack Obama in Gesetzesform gegossene Entschuldigung von 2009 bei den amerikanischen Ureinwohnern. Der Ruf des Amerika-Entdeckers Christopher Columbus ist inzwischen ziemlich ramponiert, da seine Landung immer mehr als Beginn einer Tragödie denn als Aufbruch zu einem grossartigen neuen Staatswesen und einer neuen Gesellschaft gesehen wird. Namen für Sportmannschaften, die auf amerikanische Ureinwohner Bezug nehmen, sind nach und nach verschwunden – mit Ausnahme der in der National Football League aktiven ,,Washington Redskins", eine ungemein erniedrigende Bezeichnung. Dass ein Team mit einem solchen Namen ausgerechnet in unserer Hauptstadt angesiedelt ist, ist beschämend und unentschuldbar. In den Südstaaten gibt es überall Initiativen, die sich dafür einsetzen, Denkmäler von politischen und militärischen Führern der Konföderation, die den ehemals versklavten Schwarzen und deren Nachkommen immenses Leid zugefügt haben, zu zerstören oder zumindest aus der Öffentlichkeit zu entfernen. Und da ist nicht zuletzt die landesweit geführte appropriations-Diskussion (die kulturelle Aneignungsdiskussion), eine absolut entscheidende Debatte um die kulturelle Entmündigung bis heute marginalisierter Gruppen und Möglichkeiten und angemessene Formen der Wiedergutmachung. (Kurz erklärt: Man darf sich Gegenstände und kulturelle Gewohnheiten und Habitus ehedem unterdrückter Gruppen ohne deren vollem und explizitem Zugeständnis nicht aneignen.  Es geht vor allem um den Respekt, den man unterdrückten Gruppen schuldet. Und deren Authentizität, die man hochhalten muss.

Solche Debatten werden auch in Australien und Neuseeland geführt... Frauen sind die zivilisierende Kraft dieser Welt, und wir Männer handeln häufig entgegengesetzt. Nehmen wir jenen Terroristen, der Ende April mitten in Toronto sein Auto als toöliche Waffe gegen Frauen einsetzte und zehn auch tötete. Leider war er erfolgreich in seinem Vorhaben als Verfechter der sogenannten INCEL Bewegung – involuntary celibacy – Frauen für sein vermeintlich unfreiwilliges Zölibat zu bestrafen. Und Männerwut auf Frauen und die vermeintliche Feminisierung der Öffentlichkeit ist jedem halbwegs mit dem Internet vertrauten Beobachter längst bekannt.

Auf hunderten oder tausenden Internetseiten treffen wir eine offenen Frauenfeindlichkeit an, die bäengstigend ist. Diese Frauenfeindlichkeit ist eine männliche Reaktion auf die wachsenden Strömungen der Emanzipation und des Mitgefühls seit 1968, bei der sich konventionelle Männer übergangen und eigentlich gefährdet fühlen.
,,Die Zukunft ist weiblich." Dieser inzwischen weltbekannte Slogan stand ursprünglich auf einem T-Shirt, das für Labyris Books entworfen worden war, den ersten Frauenbuchladen in New York City, den 1972 die beiden Achtundsechzigerinnen Jane Lurie und Marizel Rios eröffneten.

Ob die Zukunft wirklich weiblich sein wird, weiss ich nicht. Aber vieles spricht dafür, dass die Politik des Mitgefühls irreversibel ist. Sicher wird es Rückschlaege geben, wie das bei allen positiven Veränderungen der Fall ist. Nachlassen oder womöglich ganz verschwinden wird sie allerdings nicht. Was diese Politik auszeichnet ist die Tatsache, dass ihre Verfechter und Nutzniesser niemals zuvor die Macht hatten, sich Gehör zu verschaffen, oder – im Fall der Tiere – eben über keine Stimme im konventionellen Sinn verfügen. Sie waren stets auf externe Wohltäter mit Mitgefühl und Möglichkeiten angewiesen, die sich ihrer annahmen, sie zu ihrer Angelegenheit machten, was ihnen nichts einbrachte ausser der zufriedenstellenden Gewissheit, Notleidenden geholfen zu haben. Weder auf monetäre Belohnung noch auf sozialen Aufstieg durfte man hoffen. Der Einsatz für hilsbedürftige Lebewesen, die keine Stimme und null Macht haben, wirft keinen Gewinn ab.

Wenn ,,1968" zumindest ein kleines bisschen zu dieser selbstlosen Generosität und zu Ausbreitung und Vertiefung von Mitgefühl beigetragen hat, sollten wir es, denke ich, als Erfolg betrachten.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und Geduld.



Aus: "1968 und der Diskurs des Mitgefühls: Der lange Marsch zur sozialen Inklusion"
Vortrag von Andrei S. Markovits (Veröffentlicht am 22. Juli 2018 von E&F)
Quelle: http://emafrie.de/1968-und-der-diskurs-des-mitgefuehls-der-lange-marsch-zur-sozialen-inklusion/ (http://emafrie.de/1968-und-der-diskurs-des-mitgefuehls-der-lange-marsch-zur-sozialen-inklusion/)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 14, 2018, 03:34:32 PM
Quote[...] Seit seiner Jugend habe ihn die Auseinandersetzung mit den Schrecken der Totalitarismen des 20. Jahrhunderts geprägt und die Frage umgetrieben, wie sich solche Katastrophen verhindern ließen. Diese Motivation ist wohl der Grund, warum er sich nur für bestimmte Anpassungsstrategien und Mythen interessiert, die aus seiner Sicht vor einer Wiederkehr der Totalitarismen des 20. Jahrhunderts schützen, nämlich Hierarchie und Individualismus.

Da diese Vermischung von selektiver Wissenschaftsrezeption und moralischer Mission bislang kaum aufgeklärt wurde, kann sich Peterson in öffentlichen Debatten aus beiden Rechtfertigungsordnungen bedienen: Wenn es um biologische Unterschiede zwischen Männern und Frauen geht, bemerkt er, das sei kein Streitpunkt, sondern wissenschaftliche Tatsache.

Wenn es um Beziehungsprobleme zwischen Männern und Frauen geht, beklagt er mit der glaubwürdigen Ernsthaftigkeit des Therapeuten, niemand sorge sich um jene 50 Prozent der Männer, die im Leben scheiterten. Und wenn er die Gleichstellungspolitik kritisiert, verweist er auf die Gefahr durch einen angeblichen "neuen Totalitarismus".

... Gefahr sieht Peterson hier allein aufseiten der politischen Linken. Aufseiten der Rechten hingegen kann er – mindestens in Nordamerika – gegenwärtig keinerlei Bedrohung erkennen, weil die gemäßigte Rechte genau angeben könne, wann die Grenze zu totalitären Positionen überschritten sei, nämlich sobald ethnische Überlegenheit propagiert werde. 

Die gemäßigte Linke sei hingegen nicht in der Lage, sich von ihrem totalitären Lager abzugrenzen [...]. Peterson scheint hier seine Erfahrungen an der Universität zu verallgemeinern, wenn er die westliche Welt von einem "kulturellen Marxismus" bedroht sieht. Damit wird die verschwörungstheoretische Annahme bezeichnet, dass die Linken heute, nachdem ihnen klargeworden sei, dass sich der Marxismus politisch nicht durchsetzen lasse, versuchten, durch Identitätspolitik die Grundlagen der westlichen Welt zu unterminieren.

Als "kulturelle MarxistInnen" gilt Peterson nicht nur ein Großteil der geisteswissenschaftlichen ProfessorInnen und Angehörige der Universitätsadministrationen, sondern auch Studierende, die er "social justice warriors" nennt, ebenfalls ein Begriff aus dem Arsenal rechter Rhetorik, durch den zugleich insinuiert wird, es handle sich nicht um Studierende, die – wie sie es schon seit etlichen Jahrzehnten tun – an den Universitäten aus unterschiedlichsten Gründen gegen unterschiedlichste Missstände protestieren, sondern um KämpferInnen einer politischen Bewegung.

Damit gewinnt das Phänomen Peterson langsam an Kontur: Dass er als ein auf seinem Arbeitsgebiet anerkannter Universitätsprofessor spricht, verleiht ihm ebenso Glaubwürdigkeit wie die Tatsache, dass einige Universitätsadministrationen – wie auch seine KritikerInnen zugeben – in Fällen wie dem oben genannten Fall von Lindsay Shepherd tatsächlich über das Ziel des Minderheitenschutzes hinausgeschossen sind, also einige seiner Kritikpunkte eine gewisse Berechtigung haben. Petersons Rorschachtest-Formulierungen haben ebenso wie die polemischen Reaktionen seiner KritikerInnen dazu beigetragen, seine Inszenierung als Tabubrecher zu festigen und ihn zu einer zentralen Figur des sogenannten Intellectual Dark Web zu machen.

QuoteKaRamamba #3

"Liebe Leserinnen und Leser, in diesem Kommentarbereich prüfen wir alle Beiträge, bevor sie veröffentlicht werden. Ihr Kommentar erscheint, sobald er gesichtet wurde."

Schon dieser Satz von ZON, rechtfertigt Petersons Gedanken.


QuoteKnödeldödel #3.4

Dass die Redefreiheit im Westen nicht mehr den Stellenwert genießt, der ihr zusteht. Das Verfahren, alles, was veröffentlicht wird, vorab zu überprüfen, hat einen Namen: Zensur. Und nein, es spielt keine Rolle, ob das der Staat oder in diesem Fall ZEIT online macht.


QuoteThoraalf #3.5

Also wollen Sie im Namen der Redefreiheit auch verhetzende, beleidigende oder völlig am Thema vorbeigehende Beiträge sehen?
Ohne Moderation würde sicher das Forum verrohen und rechtspopulitische bis rechtsextreme Ansichten, vor allem, wenn es um Flüchtlinge oder identitätspolitische Themen geht, wären häufig an oberster Stelle. Diejenigen, die den jeweiligen Artikel auch wirklich gelesen hätten oder längere, differenziertere Beiträge als "Es gibt nur zwei Geschlechter. Das ist eine biologische Tatsache" verfassen, kämen kaum noch zu Wort und ziehen sich zunehmend zurück. Das Niveau würde weiter und weiter sinken. Sie glauben mir nicht? Dann gehen Sie mal auf einige Youtube-Kanäle.


QuoteBrendanB #3.8

"Das Niveau würde weiter und weiter sinken. Sie glauben mir nicht? Dann gehen Sie mal auf einige Youtube-Kanäle."

Oder bei der Welt schauen. Grausam, was sich dort abspielt.


Quotewayneinsane #3.9

"Also wollen Sie im Namen der Redefreiheit auch verhetzende, beleidigende oder völlig am Thema vorbeigehende Beiträge sehen?"

Das ist mir ehrlich gesagt lieber, als die gefilterte Wohlfühlvariante. Diese Menschen geben ja nicht ihre Meinung auf, weil ihre Beiträge nicht gepostet werden.


QuoteMinimaxprinzip #3.10

"Dass die Redefreiheit im Westen nicht mehr den Stellenwert genießt.."

Also da haben Sie Jordan Peterson aber völlig falsch verstanden. Er ist nicht grundsätzlich für entgrenztes Reden. Ganz im Gegenteil.

Lesen Sie seine Regel Nr. 8 noch mal ganz genau. Und dann Regel 7, 9 und 10.


QuoteKnödeldödel
#3.20  —  vor 14 Stunden 6

,,Also da haben Sie Jordan Peterson aber völlig falsch verstanden. Er ist nicht grundsätzlich für entgrenztes Reden. Ganz im Gegenteil.

Lesen Sie seine Regel Nr. 8 noch mal ganz genau. Und dann Regel 7, 9 und 10."
Keine dieser Regeln steht im Widerspruch zur Redefreiheit, und Peterson hat sich sehr wohl und sehr explizit für Redefreiheit ausgesprochen.
https://www.youtube.com/watch?v=E9PxdJNIc6w (https://www.youtube.com/watch?v=E9PxdJNIc6w)


QuoteKnödeldödel #3.22

,,Die Glaubwürdigkeit einiger Medien, z.B. Zeit in Kombination mit Vielfalt sind ein wesentlich besserer Schutz von Redefreiheit als eine offene Kommentarfunktion bei der systematisch Verzerrung, Provokation und Eskalation manipulativ eingesetzt werden."
Das Problem ist: die ZEIT empfinde ich bestenfalls noch als bedingt glaubwürdig. Es gab hier schon Artikel, in denen schlichtweg unehrlich argumentiert wurde, und mein Versuch, das sachlich in den Kommentaren zu kritisieren, wurde dann von der Moderation zensiert. Ich bin gespannt, ob dieser Beitrag hier durchkommt.


QuoteModerationsteam #3.32

... Uns geht es im Kommentarbereich viel mehr um eine sachliche und differenzierte Diskussion, weshalb wir uns bei manchen besonders polarisierenden Themen zur Vormoderation des Artikels entscheiden, da von vielen Kommentaren, die an der Netiquette scheitern würden, auszugehen ist.

Sie können sich in diesem Text über die genauen Hintergründe und auch unsere Auseinandersetzung mit dem Begriff Zensur informieren: https://blog.zeit.de/glashaus/2018/03/02/wie-wir-leserkommentare-moderieren/ (https://blog.zeit.de/glashaus/2018/03/02/wie-wir-leserkommentare-moderieren/)

Der Ausgangspost trifft in sofern einen wahren Punkt, als dass Herrn Peterson die Moderation hier in diesem Forum vielleicht nicht besonders gefallen würde, allerdings würden ihm auch die vielen unüberlegten und unsachlichen Kommentare, die wir hier täglich zu solchen und anderen Themen löschen, sicher nicht gefallen, ist er doch jemand, dem sprachliche Präzision und Sachlichkeit sehr wichtig scheint.

Wenn jemand sich von der Moderation in diesem Forum politisch bedroht fühlt, empfehle ich schlicht eines der unzähligen anderen Foren auf deutschen und internationalen Websites. Jeder kann sich im Internet so austauschen wie er es möchte. Es gibt aber keinen Anspruch darauf, dies auf jeder Website tun zu können.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen ein wenig helfen.

Liebe Grüße, das Moderationsteam/ee


Quotewysiwyg in offenbach #4

Danke. Auch interessant:
https://www.theguardian.com/science/2018/feb/07/how-dangerous-is-jordan-b-peterson-the-rightwing-professor-who-hit-a-hornets-nest (https://www.theguardian.com/science/2018/feb/07/how-dangerous-is-jordan-b-peterson-the-rightwing-professor-who-hit-a-hornets-nest)


QuoteRLloque #4.1

Das scheint die Leserschaft des Guardians aber etwas anders zu sehen.
Lesen sie mal die Kommentare. ;)


QuotePendel_Foucault #4.2

Kommentarspalten sind keineswegs repräsentativ. Was da zu lesen ist, stammt nicht von der Leserschaft des Guardians, sondern von Fans des Kanadiers.


Quote
Rage against the Washmachine #4.3

Man sieht das in praktisch allen angloamerikanischen Medien..
Öffentliche und veröffentlichte Meinung sind nur noch sehr sehr selten deckungsgleich.


QuoteJohannes Popannes #5

Peterson verdankt seinen Aufstieg zwei Faktoren (neben der Verwertungsmaschine YouTube):

1.) der kann gut reden, ist Professor und vertritt "trotzdem" konservative Thesen bzw. Gegenthesen im akademischen Linksliberalismus, wie er an vielen amerikanischen Unis vorherrscht. Da ist er ziemlich konkurrenzlos.

2.) einige Auswüchse beim Thema Gender an US Unis sind wirklich radikal und wirken auf "normale" Menschen wie der Versuch einer gesellschaftlichen Gehirnwäsche (SJW, Safespace, Triggerwarning, etc.). Hier gibt er sich als die konservative Stimme der Vernunft.

Im Endeffekt halte ich ihn für einen guten Selbstvermarkter, der aber, wie die Autorin auch schreibt, nichts wirklich bahnbrechendes zu bieten hat. Schaut man 10 Videos von ihn, dann sammelt sich schon einiges an kruden Aussagen und Thesen an.


QuoteHarmo-Nie
#5.9  —  vor 4 Stunden 2

Peterson fragt in folgendem Interview zum Beispiel, warum Frauen Make-Up am Arbeitsplatz tragen und bringt anschließend die Schlussfolgerung, dass Sie es aus sexuellen Gründen tragen. Selbst wenn wir davon ausgehen, dass dies wahr ist, dann können wir mit derselben logik uns auch fragen, warum Männer sich am Arbeitsplatz die Haare gelen,Krawatten tragen, etc... Darüber stellt er dann auch in Frage, ob Männer und Frauen überhaupt gemeinsam arbeiten können. Er stellt quasi eine Frage ("Können Männer und Frauen überhaupt gemeinsam arbeiten"), die unsere Gesellschaft eigentlich schon lange beantwortet hat (das "ob") und stellt damit die Rechte von hier z. Bsp. Frauen in Frage.

Ab Minute 5:50 https://www.youtube.com/watch?v=blTglME9rvQ (https://www.youtube.com/watch?v=blTglME9rvQ)

Der Beginn seiner youtube-karriee basiert auf dieser ganzen Transgender-Pronomen Geschichte, die (entweder absichtlich oder er hat es nicht verstanden) völlig aus dem Zusammenhang gerissen wird. Da befinden wir uns dann in einer Welt in der Transgender jeden dazu zwingen wollen korrekt pronomen zu verwenden und das Government jeden bestraft, der dies nicht tut. Dies entspricht aber nicht der Wahrheit. Vielleicht fänden Sie es zum Beispiel auch nicht so toll, wenn Sie in offiziellen Schreiben von Regierungsstellen fälschlicherweise als Herr oder Frau angesprochen werden. Was Sie in ihrem Privatleben tuen, stand nie zur Debatte in Kanada.


QuoteDD84 #5.17

Einen grossen Teil seines Erfolgs beruht auch darauf, der er unzähligen Menschen geholfen hat, wieder Sinn im Leben zu sehen, aus Depressionen rauszukommen und ein selbstbestimmtes Leben zu führen.

Ich bin einer derjenigen.
Aus meiner Sicht ein Thema, das im pffentlichen Diskurs sträflich vernachlässigt wird: die psychischen Karankheiten von Menschen und die überaus grosse Selbstmordrate von jungen Männern.


Quote
einfach_Eric #15

Peterson überzeugt viele junge Männer auch einfach dadurch, dass uns unser ganzes Leben lang überzeugende Argumente und Positionen von der *anderen*, nicht dezidiert linken/liberalen Seite, vom öffentlichen, medialen Diskurs vorenthalten wurden. Youtoube und das IDW ändern das. Ein Glück.


QuoteArktos #15.2

Das Intellectual Dark Web
Opinion - Meet the Renegades of the Intellectual Dark Web (Bari Weiss, May 8, 2018)
An alliance of heretics is making an end run around the mainstream conversation. Should we be listening?
Here are some things that you will hear when you sit down to dinner with the vanguard of the Intellectual Dark Web: There are fundamental biological differences between men and women. Free speech is under siege. Identity politics is a toxic ideology that is tearing American society apart. And we're in a dangerous place if these ideas are considered "dark."
I was meeting with Sam Harris, a neuroscientist; Eric Weinstein, a mathematician and managing director of Thiel Capital; the commentator and comedian Dave Rubin; and their spouses in a Los Angeles restaurant to talk about how they were turned into heretics. A decade ago, they argued, when Donald Trump was still hosting "The Apprentice," none of these observations would have been considered taboo.
Today, people like them who dare venture into this "There Be Dragons" territory on the intellectual map have met with outrage and derision — even, or perhaps especially, from people who pride themselves on openness. ...

https://www.nytimes.com/2018/05/08/opinion/intellectual-dark-web.html


QuoteAngestalt #23

Die Reaktionen zeigen zumindest mal, dass Peterson offenbar einen wunden Punkt getroffen hat und dass da einige der vermeintlich links-progressiven Akteure im Inneren äusserst Totalitär veranlagt sind.


QuoteBSantina #33

Ich will nicht bestreiten, dass man Peterson mit Interesse lesen, und sich seinen Ansichten anschliessen, sie diskutieren oder in Frage stellen kann. Ich persönlich halte seinen Versuch, individualpsychologische, psychopathologische und psychotherapeutische Konzepte als Erklärungen für politische Prozesse, oder gar als Grundlage für moralische Wertediskussionen in der Gesellschaft heranzuziehen, nicht für stichhaltig und überzeugend.

Ganz und gar entgeht mir allerdings, warum Peterson für den "wichtigsten Denker des Westens" gehalten werden soll. Das kann allenfalls für eine sehr kleine Gemeinde von Anhängern gelten.


QuoteHerr Mannelig #35

>>Trotzdem trägt er Mitverantwortung für diesen Beifall: Er ist anschlussfähig für rechte Gruppierungen, weil er ihre Kampfbegriffe übernimmt sowie zentrale Überzeugungen und ihre verschwörungstheoretischen Bedrohungsszenarien teilt. <<
Peterson distanziert sich klar von Rechts- und Linksextremismus. Ich denke, mehr kann man nicht erwarten. Er selber ist offensichtlich kein Rechtsextremer, welche er regelmässig "vile" (widerwärtig) oder "evil" (böse) nennt.

Dass man Peterson vorwirft, Rechts und/oder Rassist zu sein ist eher ein Spiegel für linke Denuntationen und Rufmordkampagnen, wie man sie in jeder politischen Debate überall in der westlichen Welt erleben kann.
Seine Vorträge, die im Artikel erwähnten Diskussionen und Interviews, kann man alle selber auf youtube anschauen, falls man sich selbst ein Bild machen will.


QuoteH_Dietz #35.2

Sehr geehrter Herr Mannelig,

doch, ich erwarte mehr. Ich erwarte, dass jemand, der die Rechte kritisiert und beansprucht, seine Worte sehr sorgfältig zu wählen, dann auch keine "Kampfbegriffe" der Rechten übernimmt (etwa cultural marxism und social justice warrior).

Peterson grenzt sich zwar an manchen Stellen klar gegen bestimmte Argumente der Rechten ab, da er jedoch im Moment in den USA keinerlei Bedrohung durch rechte Strömungen erkennen kann, auf der linken jedoch schon, muss er sich außerdem fragen lassen, wie ernst es ihm mit dieser Abgrenzung ist.

H. Dietz


Quote
BarkersPinhead #35.4

"Der Mann erscheint nur deshalb rechts, weil mittlerweile der Mainstream und die Medien so weit Links stehen, dass sogar aussagen wie "es gibt nur evolutionäre Unterschiede zwischen den Geschlechtern" einen zu einem Rechten machen."

Oder das Aufhängen von Din A 4-Zetteln mit der Aufschrift "It's okay to be white".


QuoteAlois Hingerl #43

Irgendwie betrachte ich die vergangenen 20 Minuten des Lesens og. Artikels schon ein wenig als Zeitverschwendung.

Peterson ist eigentlich nichts mehr oder weniger als die in D bekannten Fleischhauer und Mattusek (es gibt noch andere). Er hat halt den Vorteil des Anglos mit größerer Reichweite, akademischen Geruch und so was exotisch "in ein Bärenfell gehülltes" Holzfällerhemdkanadierimage.

Man muss im Grunde genommen nur die richtigen Schlagworte platzieren, dann hoppeln die Intellektuellen alle über´s Stöckchen, die (angeblich) linken Empörten und die rechten Claqueure, die bei Lob gerne das braun beschmierte Bällchen apportieren.

Und die Autorin nervt mal wieder mit diesem Gendergeschreibe "MenschInnen" oder so. Das ist nicht deutsche geschriebene Sprache, das nervt.

Ich war einmal ein Student, an meiner Uni gab es auch Studentinnen. Soweit keine Sensation, aber Student war ich 24 Stunden täglich, studierend machmal tagelang nicht, manchmal 36 Stunden am Stück.

Kein Wunder, wenn die rechten Ratten aus allen Ecken schnuppern, wenn die liberalen, aufgeklärten intelligenten Bürger, die eigentlich unsere KUltur verteidigen sollten, mit Binnen-I, Gendersternchen, Worterfindungen und der Frage ob Astrid Lindgren Rassistin war, Zeit verplempern.


...


Aus: "Mythos Tabubrecher" Hella Dietz (13. August 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/2018-08/jordan-peterson-kanada-professor-politische-korrektheit-feminismus-geschlechteridentitaet/komplettansicht (https://www.zeit.de/kultur/2018-08/jordan-peterson-kanada-professor-politische-korrektheit-feminismus-geschlechteridentitaet/komplettansicht)

Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 27, 2018, 10:35:46 PM
Quote[....] Thompson hob aber zugleich hervor, dass VW seine Bedenken ernst nehme. "Es sind eine Reihe von positiven Prozessen angestoßen worden." Bis der Konzern alle Verpflichtungen gegenüber der US-Justiz hinsichtlich Integrität, Compliance und Kultur erfüllt habe, sei aber noch einiges zu tun. "Dort sind wir noch nicht angekommen."  ...

Thompson soll drei Jahre lang überwachen, ob Volkswagen die versprochenen Reformen umsetzt, damit sich Verfehlungen wie im Dieselskandal nicht wiederholen können. Das war eine Folge des Vergleichs zwischen VW und dem US-Justizministerium aus dem Jahr 2017.

... Die Manipulationen von Abgaswerten bei Dieselfahrzeugen des VW-Konzerns waren Mitte September 2015 in den USA aufgeflogen, weltweit sind rund elf Millionen Fahrzeuge betroffen. VW hat seither Strafen von mehr als 20 Milliarden Dollar in den USA gezahlt, in Deutschland ermitteln mehrere Staatsanwaltschaften bei VW und den Töchtern Porsche und Audi.

VW-Vorstand Werner räumte ein: "Wir haben noch ganz schön viel Arbeit vor uns." Die angestoßene Veränderung der Unternehmenskultur werde den Konzern noch viele Jahre beschäftigen und habe beim Vorstand "oberste Priorität".  ...


Aus: "US-Aufseher kritisiert mangelnde Transparenz bei Volkswagen" (27. August 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2018-08/abgasskandal-volkswagen-larry-thompson-transparenz/komplettansicht (https://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2018-08/abgasskandal-volkswagen-larry-thompson-transparenz/komplettansicht)

QuoteGünter J. #8

Kaum zu glauben, dennoch wahr.
Ein US-Kontrolleur überwacht Einhaltung der Abgasvorschriften von VW-Fahrzeugen.
Ein Konzern der dem "Made in Germany" Glanz verleihen könnte, sollte so etwas wie eine (seriöse und autarke) Qualitätskontrolle haben.
Ich halte VW für einen lernunwilligen, unfähigen und korrupten Verein.
Und was ich über das Management denke darf ich nicht schreiben.


Quotemarcaurel1957 #10

... Ansonsten kaufen die Menschen die Produkte wir geschnitten Brot, was bedeutet, dass sich außer ein paar Fanatikern, kein Mensch für die Abgasmanipulatioen interessiert. ... VW ist ein erstklassiges Unternehmen, das seine Mitarbeiter ausgezeichnet behandelt, dass ausgezeichnete Produkte zu angenessenen Preisen herstellt.


...
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 27, 2018, 10:52:02 PM
Quote[...] Obwohl also die Banane als kulturelle Metapher über allem schwebt, ist Crazy Rich Asians kein Problemfilm, in dem es um die qualvolle Identitätssuche einer unterdrückten Minderheit ginge. Es ist eine gut gelaunte, selbstironische romantische Komödie; schamlos in ihrem Kitsch und der Zurschaustellung von Reichtum (übrigens eine sehr chinesische Sache). Man kann sehr gut zwei Stunden in seinem kleinen Kino verbringen, lachen, ein paar Tränen wegdrücken und danach beschwingt in den Abend hinausgehen. Crazy Rich Asians ist Unterhaltung für die Massen. ... Wie man derzeit in allen großen amerikanischen Medien nachlesen kann, hat es in Hollywood seit 25 Jahren keinen Film dieser Art gegeben: Die zwei Hauptdarsteller sind asiatisch-stämmig (Constance Wu ist taiwanesische Amerikanerin, Henry Golding malaysischer Brite), die restliche Besetzung und der Regisseur sind es ebenso. Es ist ein Hollywood-Film, der ohne Weiße auskommt. Ein Film von Leuten mit gemischten Biografien, die mit dieser Geschichte auch ihre eigene Geschichte erzählen.

Wie revolutionär das ist, sieht man nicht nur an den glückseligen Tweets der Zuschauer, die sich endlich ernst genommen fühlen. "Es ist schön, in einem Kino mit lauter weißen Zuschauern zu sitzen und über die Insiderwitze zu lachen, während alle anderen schweigen", schreibt ein asiatisch-stämmiger Genetiker aus Salt Lake City auf Twitter. "Es ist schön, dass es einen Film für Leute wie mich gibt."

... Gerade für Menschen asiatischer Herkunft, denen so oft nachgesagt wird, dass sie "fleißig", "angepasst" und "unauffällig" seien, ist dieses Gesehen-Werden wichtig. Es bricht das Klischee, das dazu dient, sie kleinzuhalten.

... In einer Zeit, in der weltweit so viel über Identität und Einwanderer gestritten wird, scheint sich auch das Kinopublikum nach guten Geschichten aus dem Leben der anderen zu sehnen. Nach Erzählungen, in denen reiche Asiaten über arme Amerikaner lachen und über sich selbst. 

... Vor einem halben Jahr erschien ein Film, der eine andere Minderheit stolz ins Zentrum setzte und zum Riesenerfolg wurde: die Marvel-Verfilmung Black Panther. Auch er hatte ein vornehmlich nicht-weißes Ensemble, auch er bediente sich vertrauter Schablonen: Superkräfte, fremde Welten, mächtige Bösewichte. Obwohl er deutlich politischer war als Crazy Rich Asians, war auch dieser Film in erster Linie Unterhaltung. Und während sich die Zuschauerin oder der Zuschauer mit diesem Anführer oder jener Generalin identifizierte, bekamen er und sie eine Geschichte über schwarze Identität gleich miterzählt.

Das ist das Kluge an Blockbustern wie diesen: Ob hier eine schwarze, weiße oder gelbe Figur liebt, kämpft oder stirbt, ist eigentlich gar nicht so wichtig. Die Hautfarbe definiert nicht den Charakter. Die Nicht-Weißen sind genauso böse, gut, romantisch oder gemein wie die Weißen. Sie müssen nicht gerettet werden oder anderen als exotischer Sidekick dienen – sie sind selbst die Retter und Heldinnen und Täter.

Gerade in Deutschland, wo sich die Identitätsdebatte so oft zu Skandalen verhärtet (Özil, Seehofer, Bamf), sind Filme wie diese so erfrischend wie dringend notwendig. Man sieht an ihnen, dass der Migrant nicht nur in Gestalt des afrikanischen Bootsflüchtlings daherkommt, der das gelobte Europa erreichen will. Es gibt viele Typen und noch mehr Geschichten, die man über sie erfahren kann. Manche handeln von der Not, andere von Weltrevolutionen und wieder andere von der Liebe.


Aus: "Der wichtigste Film, von dem Sie noch nie gehört haben" Khuê Phạm (27. August 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/film/2018-08/crazy-rich-asians-kino-film-hollywood-besetzung/komplettansicht (https://www.zeit.de/kultur/film/2018-08/crazy-rich-asians-kino-film-hollywood-besetzung/komplettansicht)

QuoteGnurg #17

Also ich hab' den Film Freitag gesehen (war allein in der 17 Uhr-Vorstellung :).

Der Film war unterhaltsam, hatte zwischendrin mal einen Hänger und wirklich Neues gab es auch nicht. Aber gut, Comedy, passt schon.

Was mich wirklich genervt hat, war dieser Wealth-Porn, der hat irgendwie alles zerstört, was den Film hätte gut werden lassen können. Dieser Film ist, um mal ein Zitat über Trump zu verwenden, die Vorstellung eines armen Mannes davon, wie ein reicher Mann sein muss. Selbst die Superreichen in dem Film (es gibt mehrere Abstufungen von Reichtum hier) benehmen sich wie eine Gruppe Kinder auf einer Geburtstagsparty mit Gratispopcorn - oder so. Ständig werden noch exorbitantere Shows, Luxus und Schmuck gezeigt, was mir irgendwann ziemlich auf den Sack gegangen ist. Die meisten Mega-Props spielen auch für die Handlung gar keine Rolle und manche Szenen sind einfach nur da, um noch mehr Luxus zu zeigen, ohne dass sie irgendwelchen Einfluss auf Handlung oder Charaktere haben. Die beiden Hauptdarsteller sind eigentlich recht sympathisch, und die Chemie stimmt auch, wird aber durch immer heftigere Shopping-Queen-Tagträume zerstört.

Auf der positiven Seite sind die China-Insider-Witze (Es kommen eigentlich auch nur Chinesen vor, keine anderen Asiaten), ein bisschen Straßenatmo von Singapur und - natürlich - ein Happy End, wobei keiner der Konflikte wirklich gelöst wird. Sehr oberflächlich, mit witzigen Stellen, wenn man weiß wo man guggen muss.


Quote
MaryPoppinsky #34

Auch hier läuft der Film gerade mal in zwei Kinos. Mir ist allerdings noch nicht ganz klar, worin nun der Witz dieses anscheinend typischen Blockbuster-Films sein soll, so wichtig die Abkehr von weißer Dominanz im Hollywood-Kino auch ist. Klischees unterminiert haben andere Filme mit rein asiatischen 'Ensembles' auch, leider mit deutlich kleinerem Zuschauerandrang, man denke etwa an die großartigen Filme von Wong Kar-Wai.


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Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 04, 2018, 09:52:59 AM
Quote[...] Punk stand nie im Verdacht staatstragend zu sein. Deshalb kann es die Punkband Feine Sahne Fischfilet vielleicht sogar als Auszeichnung verstehen, plötzlich im Mittelpunkt einer Debatte zu stehen, die mit einem Facebook-Posting des Bundespräsidenten begann. Frank-Walter Steinmeier hatte die Einladung zum ,,#wirsindmehr"-Konzert geteilt, mit dem neben den Toten Hosen, Marteria und Casper auch Feine Sahne Fischfilet am Montag in Chemnitz ein Zeichen gegen Rassismus setzen wollten.

Die ,,Bild"-Zeitung schlug Alarm: ,,Warum wirbt Steinmeier für linksradikale Rocker?". ...

Inzwischen folgen Feine Sahne Fischfilet dem Weg, den viele Punkbands vor ihnen gingen: Raus aus der Rebellion, rein in den Mainstream. ,,Ich kann immer noch nicht singen / Und spiel' jetzt bei Rock am Ring", wundert Gorkow sich im Hit ,,Alles auf Rausch". Sie traten auf Großfestivals auf, der Schauspieler Charly Hübner widmete ihnen den Dokumentarfilm ,,Wildes Herz", mit dem Album ,,Sturm & Dreck" gelang ihnen Anfang des Jahres der Sprung auf Platz 3 der deutschen Charts. Vor zwei Jahren war schon einmal über die Ausrichtung der Band gestritten worden, als der damalige Justizminister Heiko Maas sich per Facebook für ihren Einsatz gegen Neonazis bedankte.

Jetzt sagt Jan Gorkow: ,,Das ist eine verrückte Zeit, in der Menschen als Linksextremisten bezeichnet werden, die sich gegen Rechts engagieren."


Aus: "Punkband Feine Sahne Fischfilet: ,,Antifaschisten, die Mucke machen"" Christian Schröder (03.09.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/punkband-feine-sahne-fischfilet-antifaschisten-die-mucke-machen/22990752.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/punkband-feine-sahne-fischfilet-antifaschisten-die-mucke-machen/22990752.html)

Quotearmin_ulrich 08:56 Uhr

     ,,Die Bullenhelme, die sollen fliegen / Eure Knüppel kriegt ihr in die Fresse rein." Das Stück stammt von 2009, auch wegen dieser
    Gewaltfantasie stand die Band bis 2016 im Verfassungsschutzbericht.
    Gegründet hatten die Gruppe 2007 fünf Schulfreunde in der
    mecklenburgischen Kleinstadt Demmin. Sie verstehen sich bis heute als
    ,,Antifaschisten, die Mucke machen".


Ich verstehe es als faschistisch, wenn man Bullenhelme fliegen sehen möchte und jemandem seinen Knüppel in die Fresse schlagen möchte. ...


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Quote[...] Dann wird es still. Einige Sekunden nur, aber es wirkt, weil es so selten geworden ist in Chemnitz. Einige Tausend stehen auf dem Parkplatz nahe der Johanniskirche vor der schwarzen Bühne. Sie schweigen für Daniel Hillig, jenen Tischlerlehrling, der in der Nacht zum 26. August am Rande eines Stadtfestes erstochen worden war. Mutmaßlich von einem Iraker und einem Syrer. Aber sie sind hier, um Lärm zu machen. Gegen die Neonazis, die seitdem in Chemnitz durch die Straßen marschieren.

Zwei Stunden zuvor sitzt Campino am Montagnachmittag auf einem Podium in der Stadthalle von Chemnitz. Für den Sänger der Toten Hosen ist die Sache klar: ,,Das, was hier stattfindet, ist kein Kampf rechts gegen links." Was derzeit in Chemnitz stattfinde, sei vielmehr ,,ein Kampf von allen Menschen mit Anstand gegen einen übergriffigen, rassistischen Mob". Deswegen ist er an diesem Tag nach Chemnitz gekommen, deswegen tritt er am Abend vor bis zu 50.000 Zuschauern beim Benefizkonzert unter dem Motto ,,Wir sind mehr" auf. Gemeinsam mit Musikern wie Kraftklub, Feine Sahne Fischfilet und Marteria.

Es ist der vorläufige Höhepunkt in einem seit Tagen andauernden Kampf um die Deutungshoheit in Chemnitz. Seit Bilder von Neonazis um die Welt gingen, die auf der Straße den Hitlergruß zeigen. Bilder von Gegendemonstranten. Bilder von Chemnitzern, die zu all dem lieber nichts sagen. Seitdem wird in der Republik wieder diskutiert, wer hier eigentlich wirklich die Meinung des Volkes vertritt.

Robin Rottloff hat diesen Kampf von Anfang an aufgenommen. Der Sprecher des Bündnisses ,,Chemnitz nazifrei" hat in den vergangenen Tagen kaum geschlafen, hektisch an der Organisation des Konzerts mitgearbeitet. Er sagt, er könne nicht einschätzen, wie sich die Situation in Chemnitz entwickle, wenn Montagabend nach dem Konzert die meisten Gegenprotestler nach Hause führen. Wie dann das Kräfteverhältnis in der Stadt sei. Die Frage, die viele in Chemnitz an diesem Tag umtreibt: Gilt das Motto ,,Wir sind mehr" am Dienstag auch noch?

Man muss sich vom Konzertareal nur ein paar Querstraßen weit entfernen, um Stimmen zu hören, die ahnen lassen, dass das letzte Wort darüber nicht gesprochen ist. Wo man Chemnitzer trifft, die alle von sich behaupten, nicht rechts zu sein, aber Sätze sagen wie: ,,Zum Glück sind die nachher wieder weg" oder ,,Die haben angekündigt, heute die Gedenkstätte vom Daniel zu schänden." Einer verlangt, den Mitgliedern der Chemnitzer Band Kraftklub, die jetzt auftritt, das Wohnrecht zu entziehen. Zumindest dem Sänger, der sei besonders frech.

Der, Felix Brummer, gibt sich keinen Illusionen hin: ,,Wir sind nicht naiv, wir wissen, dass wir mit dem Konzert nicht alles verändern können", sagt er. Er und seine Bandkollegen wohnen immer noch in ihrer Heimatstadt. Brummer hatte die Idee zu dem Konzert am vergangenen Dienstag. Innerhalb weniger Stunden trommelte er befreundete Künstler zusammen. ,,Manchmal ist es wichtig zu zeigen, dass man nicht alleine ist", sagt er.

Das Gefühl, alleine gelassen zu werden, hatten zuletzt viele Menschen in Chemnitz. Nach dem Mord an Daniel Hillig demonstrierten an zwei Tagen in Folge große Gruppen von Rechtsradikalen in der Stadt, die sächsische Polizei hatte die Lage nicht unter Kontrolle. Menschen wurden durch die Straßen gejagt. Bei Zusammenstößen mit Gegendemonstranten gab es mindestens 18 Verletzte.

Am Rande pöbelt ein Mann mit Cowboyhut gegen die Konzertbesucher: Die seien doch alle scheinheilig und interessierten sich nicht für den getöteten Daniel Hillig. Die meisten gehen vorbei, ein paar versuchen, ins Gespräch zu kommen. Bringt aber nichts. ,,Ihr Schweine gehört alle zusammengeschlagen."

Eine große Zahl von Menschen in Chemnitz selbst hat das Konzert abgelehnt, manche wollten es sogar komplett verhindern. Auf Facebook-Seiten von AfD-Politikern wurde diskutiert, ob man die Veranstaltung nicht durch eine anonyme Bombendrohung stoppen könnte. Der Bundestagsabgeordnete Stephan Brandner beschimpfte den Auftritt als ,,widerliches Linksextremistenkonzert". Neonazigruppen riefen dazu auf, sich unter die Feiernden zu mischen und dann zu attackieren. Der Besitzer einer Pension in Bahnhofsnähe wollte ab dem Nachmittag sein Haus abschließen. ,,Wenn die Toten Hosen spielen, kommen viele Chaoten", sagt er. Die wollten sicher klauen, im schlimmsten Fall randalieren.

,,Gegenwind sind wir gewohnt", sagt Robin Rottloff vom Bündnis ,,Chemnitz nazifrei". ,,Viele schauen weg, viele verharmlosen, da ist es doch klar, dass wir für diese Leute unerwünscht sind."

Im Stich gelassen fühlt Rottloff sich deshalb auch von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, der das Problem rechter Gewalt kleinrede. Immerhin: ,,Die Chemnitzer CDU hat mit zu den Gegenprotesten am Samstag aufgerufen – das gab es noch nie!"

Eigentlich sollte das Konzert vor dem Marx-Monument stattfinden. Dort hatten in den vergangenen Tagen immer wieder Rechte demonstriert. Die Feier sollte dem andere Bilder entgegensetzen. Doch wegen der vielen Zuschauer haben die Veranstalter ihre Bühne einige hundert Meter entfernt aufgebaut. Am Fuße des Monuments ist stattdessen ein DJ-Pult. Andere Bilder gibt es trotzdem: tanzende Menschen, lachende Gesichter. Keine Wut.

Es gibt also gleich zwei Orte, an denen die Menschen feiern. Genau dazwischen liegt die Stelle, an der Daniel Hillig starb. In dem Meer aus Kerzen und Blumen steht nun ein größeres Holzkreuz.

Vielleicht zeigt sich nirgendwo deutlicher als hier, wo die Gräben verlaufen. 150 Leute haben sich dort versammelt. In der einen Ecke des Platzes stehen Menschen mit ,,Refugees Welcome"-Bannern. Ihnen gegenüber eine Gruppe Männer, dazwischen ein Schild: ,,An euren Händen klebt das Blut von Daniel Hillig." Irgendwann geht die Polizei dazwischen, bildet einen Kreis um den Tatort. Auf Nachfrage, ob hier Linke von Rechten getrennt werden, sagt ein Beamter: ,,Ich würde sagen, drinnen stehen die, die trauern und außen die, die was dagegen haben."

...


Aus: "Konzert gegen Rassismus: Wem gehört Chemnitz?"  Sebastian Leber Ann-Kathrin Hipp  (03.09.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/konzert-gegen-rassismus-wem-gehoert-chemnitz/22991420.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/konzert-gegen-rassismus-wem-gehoert-chemnitz/22991420.html)

QuoteGophi 09:10 Uhr
Besser, als in Chemnitz kann man die Spaltung der Gesellschaft nicht beobachten. Natürlich fühlen sich Nazis provoziert, durch die Konzerte:

    Der Bundestagsabgeordnete Stephan Brandner beschimpfte den Auftritt als ,,widerliches Linksextremistenkonzert".

Und so, als Provokation, sollte das Ganze ja auch rüberkommen. Als Antwort auf den Angriff auf unseren Rechtsstaat durch einen menschenhetzenden Mob. Auch das war Provokation und natürlich Teil des Spiels. Wir hier - ihr dort.

,,Wenn die Toten Hosen spielen, kommen viele Chaoten", sagt er. Die wollten sicher klauen, im schlimmsten Fall randalieren.

Was natürlich gelogen ist. Aber selbst wenn es wahr wäre, wäre es immer noch besser, als unschuldige Menschen in Todesangst zu versetzen.

Auf Nachfrage, ob hier Linke von Rechten getrennt werden, sagt ein Beamter: ,,Ich würde sagen, drinnen stehen die, die trauern und außen die, die was dagegen haben."

Das mag aus seiner Sicht stimmen, so einfach ist es aber nicht. Die Rechten instrumentalisieren eine inszenierte Trauer, um sich volksnah zu geben. Die, die wirklich trauern, um das Opfer und um unseren Staat, befinden sich derzeit außerhalb von Chemnitz und schauen ratlos zu. Wie kann man diesen Graben, diese Spaltung überwinden? Er wird noch viele weitere Opfer fordern, wenn das so weitergeht.


Quotematze0106 07:53 Uhr
Nee, ändern kann man mit einem Konzert nichts. Der 35 jährige wird nicht wieder leben und der rechte Mob wird immer noch Andersdenkende  und Ausländer jagen, wenn sie sich dafür stark genug fühlen. Wenn aber wenigstens einige wenige Menschen anfangen wieder zu denken und festzustellen, dass die Straße nicht dem rechten Pöbel gehört und auch nicht dem linken. Das gesellschaftliche Auseinandersetzung anders als gewalttätig angegangen werden muß, wenn man endlich begreift, dass ein Leben ein Leben ist und es da keine unterschiedlichen Wertungen geben darf, dann war das Konzert ein Erfolg. 65000 Menschen sind schon eine Hausnummer. Die hat weder die AFD mit den von ihr unterstützten Bewegungen Pegida, Thügida, Identäre usw.. auf die Beine gestellt, noch die Linken Gegendemos. Auch wenn ein Teil der Konzertbesucher sicherlich da gewesen ist um die Bands einmal ohne horrende Ticketkosten zu hören, haben sie sich doch in die Reihen der Toleranz und der bunten Gesellschaft eingereiht. Das ist genauso ein Statement wie in einer rechter Demo hinter Leuten die den Hitlergruß zeigen herzuwackeln.


QuoteBerlinPilot 07:17 Uhr
Rechte und Linke, was habt ihr in Chemnitz zu suchen? Warum macht ihr das Städtchen zu eurem Austragungs- und Darstellungsort. Ich kann gut verstehen, dass die Chemnitzer auch keine Konzerte von links gegen Rechts haben wollen. Jedenfalls nicht von Leuten, wie Campino. Ein Erzlinker und Unrealist, der seinen unqualifizierten Senf überall hinzuzugeben versucht.


QuoteHen-Riette 08:30 Uhr
Antwort auf den Beitrag von BerlinPilot 07:17 Uhr

    Rechte und Linke, was habt ihr in Chemnitz zu suchen?

Manche wollen das eben nicht verstehen. Die Linken sind da, weil die Rechten dort aufmarschieren und die Tat instrumentalisieren. Eigentlich sind das dann auch nicht unbedingt "die LInken", sondern einfach aufrechte Demokraten, die sich den widerlichen Rechten in den Weg stellen.

Warum macht ihr das Städtchen zu eurem Austragungs- und Darstellungsort.

Fragen Sie doch mal die Rechten, warum die diese Tat für ihre ideologische Zwecke mißbrauchen und instrumentalisieren.

Ich kann gut verstehen, dass die Chemnitzer auch keine Konzerte von links gegen Rechts haben wollen.

Dann sollten sie halt auch gegen rechts auf die Straße gehen, wenn ihnen das so wichtig ist. Nur zuhause sitzen und Klappe halte (oder evtl. sogar noch zustimmen) hilft halt nichts.

Jedenfalls nicht von Leuten, wie Campino. Ein Erzlinker und Unrealist, der seinen unqualifizierten Senf überall hinzuzugeben versucht.

Ja, danke an Campino und die anderen Künstler, für ihre richtigen und notwendigen Worte!


....
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 05, 2018, 11:07:51 AM
Quote[...] Der Elitenforscher und Soziologe Michael Hartmann problematisiert in seinem Buch "Die Abgehobenen. Wie die Eliten die Demokratie gefährden" die gesellschaftlichen Folgen von sozialer Exklusivität der Mächtigen im Lande. Was zunächst wie ein Diskursbeitrag zum Populismus klingt, kann sich auf fundierte sozialwissenschaftliche Studien stützen – und geht einher mit beachtenswerten politischen Warnungen. ...

Sein neues Buch bilanziert deren Ergebnisse im Lichte der erwähnten Problematik. Bereits in der Einleitung formuliert Hartmann als zentrale These: "Die Eliten sind in ihrer großen Mehrheit inzwischen so weit von der breiten Bevölkerung entfernt, dass sie zunehmend Schwierigkeiten haben, deren Probleme zu erkennen und die Folgen ihrer Entscheidungen für die Bevölkerung zu verstehen" (S. 9). Zur Elite gehören für Hartmann nicht Prominente und Reiche, sondern nur die Personen, die etwa in Politik und Wirtschaft reale Macht ausüben können. Der Autor blickt zunächst auf die soziale Herkunft und stellt fest, dass sie dadurch in Einstellung und Habitus geprägt sind und entsprechend denken und handeln. Daraus folgt: "Die Eliten in den großen westlichen Industriestaaten sind überwiegend sozial exklusiv und homogen." Deren Haltung "zu sozialer Ungleichheit und neoliberaler Politik wird entscheidend durch ihre soziale Herkunft geprägt" (S. 29).

Der Blick nach Großbritannien und den USA zeige, dass dort Politiker aus der Upperclass Politik für die Upperclass machen würden. Als deren gesellschaftliche Folge stiegen die sozialen Unterschiede an. Dabei handele es sich um ein internationales Phänomen, das eben auch für Deutschland konstatiert werden könne. Einher gehe damit eine besondere Deutung, welche der eigenen Interessenlage entspreche: kriminelle Finanztricks werden legitimiert, Steuerhinterziehung als Kavaliersdelikt betrachtet, Steuerforderungen als staatlicher Raubzug diffamiert. Damit lebe die Elite mental und sozial in ihrem eigenen Kosmos. Hartmann erklärt sich dadurch auch den Rechtspopulismus, der damit eingehenden Unmut aufgreife. Als Alternative fordert er eine Politik jenseits des Neoliberalismus und eine Orientierung am Schlüsselwort der "sozialen Gerechtigkeit". Dazu heißt es bezogen auf Konsequenzen: "Die Veränderung der Labour Party unter Jeremy Corbyn zeigt, wie eine solche Wende inhaltlich und personell aussehen müsste" (S. 249).

... Mit der Berufung auf eine Fülle von eigenen und anderen sozialwissenschaftlichen Studien macht der Autor deutlich, dass nicht wenige gesellschaftlichen Probleme mit der sozialen Exklusivität der mächtigen Eliten zusammenhängen. Gerade deren Abgeschlossenheit wird als Problem ausgemacht, ist doch auch Deutschland mehr eine Eliten- und weniger eine Leistungsgesellschaft. Mitunter neigt Hartmann aber auch zu Vereinfachungen. So hat der Aufstieg des Rechtspopulismus zwar auch etwas mit der Abgehobenheit von mächtigen Eliten und der Anstieg von sozialer Ungleichheit zu tun, lässt sich aber angesichts von noch anderen Bedingungsfaktoren allein oder primär nicht darauf zurückführen. Auch stellt sich die Frage nach den politischen Alternativen noch genauer, wenngleich Antworten darauf nicht die Aufgabe eines Soziologen sein müssen. Insgesamt handelt es sich gleichwohl um eine beachtenswerte Studie.

Michael Hartmann, Die Abgehobenen. Wie die Eliten die Demokratie gefährden, Frankfurt/M. 2018 (Campus-Verlag), 276 S., ...


Aus: "Die Abgehobenheit der Eliten – aus soziologischer Sicht" Armin Pfahl-Traughber (31. Aug 2018)
Quelle: https://hpd.de/artikel/abgehobenheit-eliten-soziologischer-sicht-15899 (https://hpd.de/artikel/abgehobenheit-eliten-soziologischer-sicht-15899)


Quote

rainerB. am 31. August 2018 - 22:31

Glückwunsch Herr Rezensent! Sind Sie doch nach ca. 2 Jahren und zahlreichen Rezensionen zum Thema des sog. "Rechtpopulismus" nun doch bei den eigentlichen Ursachen angelangt. Mit einem kritischeren Blick hätten Sie schon viel früher bei Ihren vielen dbzgl. Buchbesprechungen die Spreu vom Weizen trennen und die Leser besser orientieren können.

Sie fanden es aber stets interessanter, propagandistische Populismus-Definitionen auf dem hpd nachzuplappern, wie z.B. 'Populisten würden einen Gegensatz zw. Volk und einer Elite konstruieren' - als ob es diesen gar nicht gäbe...

Und auch jetzt wollen Sie die Hauptursache immer noch bestreiten: "Mitunter neigt Hartmann aber auch zu Vereinfachungen. So hat der Aufstieg des Rechtspopulismus zwar auch etwas mit der Abgehobenheit von mächtigen Eliten und der Anstieg von sozialer Ungleichheit zu tun, lässt sich aber angesichts von noch anderen Bedingungsfaktoren allein oder primär nicht darauf zurückführen." Nicht primär??

Da frage ich mich, welche "anderen Bedingungsfaktoren" es stattdessen sein sollen?? Der "Aufstieg des Rechtspopulismus" hat sehr wohl primär mit wachsender soz. Ungleichheit zu tun, denn diese verschafft ihm überhaupt erst die massenwirksame Klientel, ohne die Rechtsautoritäre über einen begrenzten Einfluss nicht hinauskommen würden!

Es ist ein Armutszeugnis für den hpd, bzgl. "Populismus"-Diskussionen über zwei Jahre hinweg nicht aus einem parteienbezogenen Links-Rechts-Schema und polit. Korrektheit herausgefunden zu haben!

Und auch mit dieser Rezension sind Sie leider sehr spät am Thema "Wie die Eliten die Demokratie gefährden", denn schon im April hat Paul Schreyer fast gleichlautend getitelt: "Die Angst der Eliten - Wer fürchtet die Demokratie?" und aus demokratischer Sicht tiefgründig beantwortet.

Bleibt nur zu hoffen, dass nun auch der hpd wegkommt vom nicht zielführenden 'Populisten wollen die Demokratie abschaffen' und endlich erkennt, dass große Teile der etablierten Eliten in DE wie auch der EU schon seit Jahren mit nichts Geringerem beschäftigt sind!


Quote

malte am 1. September 2018 - 12:00

Das Problem mit dem Eliten-Begriff der Rechtspopulisten ist doch, dass hier gar nicht real existierende Eliten angegriffen werden, sondern der politische Gegner einfach willkürlich als Elite definiert wird. Insofern kann man hier sehr wohl von einer Konstruktion sprechen. [Wenn Rechtspopulisten von "Eliten" sprechen, sind damit nicht real existierende Eliten - also Menschen, die reale Macht ausüben - gemeint, sondern ein bestimmtes kulturelles Millieu. In diesem Weltbild, auf das der Begriff "verquer" tatsächlich passt, gehört ein Mensch, der in einer Großstadt lebt, in einem prekären Job in der Medienbranche arbeitet, morgens Soja-Latte trinkt und schon mal gehört hat, was das Wort "Gender" bedeutet, angeblich zu den Eliten, während der Kleinunternehmer aus dem Vorort, der zwei Autos in der Garage stehen hat und jeden Samstag im Schützenverein vorbeischaut, angeblich "den kleinen Mann auf der Straße" darstellt. Siehe auch den Text "Wer Elite ist, bestimmen wir" von Bernhard Torsch in konkret 1/17.]


...
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 06, 2018, 05:20:28 PM
Vorlauf & Kontexte:

https://de.wikipedia.org/wiki/Ausschreitungen_in_Chemnitz_2018 (https://de.wikipedia.org/wiki/Ausschreitungen_in_Chemnitz_2018)

https://de.wikipedia.org/wiki/Rock_gegen_Rechts#Chemnitz_2018 (https://de.wikipedia.org/wiki/Rock_gegen_Rechts#Chemnitz_2018)

Quote... Gegenüber der Rheinischen Post wiederholte Seehofer am Donnerstag seine Wortwahl: "Die Migrationsfrage ist die Mutter aller politischen Probleme in diesem Land. Das sage ich seit drei Jahren."

Es ist verständlich, wenn Menschen in Chemnitz nach einem tragischen Tötungsdelikt wütend, fassungslos und empört sind. Es ist nicht verständlich, wenn sie an Aufmärschen rechtsextremer Gruppierungen teilnehmen, bei denen Ausländer gejagt und Hitlergrüße gezeigt werden. Und die Grenze verläuft auch nicht erst da, wo Straftatbestände wie versuchte Körperverletzung oder Volksverhetzung anfangen. Es reicht, dass Demonstranten "Ausländer raus", "Deutschland den Deutschen" oder "Frei, sozial, national" skandieren. Denn damit schüren sie Ängste, spalten eine Gesellschaft und schaden der Demokratie, die sie zu verteidigen meinen.

Von einem Innenminister könnte man erwarten, dass er in solchen Momenten mahnend an Ereignisse aus Mölln, Solingen und Rostock-Lichtenhagen erinnert. Anfang der 1990er-Jahre hatten Neonazis Ausländer schon einmal für vogelfrei erklärt. Stattdessen aber sieht Seehofer Migration pauschal als Übel und Quelle aller Missstände. Das ist ungefähr so, als würde man hinter jedem Bayern einen Serienmörder vermuten, weil Horst David, der berüchtigte "Würger von Regensburg", in den 1970er-Jahren zahlreiche Frauen tötete. Und es ist geschichtsvergessen: Ohne Migration wäre Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg nicht in diesem Maße zu Wohlstand gekommen, auf das es stolz sein kann.

Man mag über das Wort "Hetzjagd" streiten. Dass aber Ausländer bei den Demonstrationen nach dem Tod von Daniel H. um Leib und Leben fürchten mussten, steht außer Frage. Das ist auf einzelnen Twittervideos zu sehen. Das war bei den Demonstration merklich zu spüren. Das haben Watchblogs wie Der Rechte Rand rekonstruiert – und last, but not least: Das erzählten VICE gegenüber auch diejenigen, die davon betroffen waren, nämlich Migranten selbst.

Es ist ein Irrglaube, man könne Rechtspopulisten schwächen, indem man ihre Positionen kopiert. Genau das tut Horst Seehofer aber seit Monaten.


Aus: "Seehofers Äußerungen zu Chemnitz zeigen, dass er rein gar nichts verstanden hat" Jan Karon (Sep. 6 2018)
Quelle: https://www.vice.com/de/article/mb4mkn/seehofers-ausserungen-zu-chemnitz-zeigen-dass-er-rein-gar-nichts-verstanden-hat (https://www.vice.com/de/article/mb4mkn/seehofers-ausserungen-zu-chemnitz-zeigen-dass-er-rein-gar-nichts-verstanden-hat)

https://www.zeit.de/politik/deutschland/2018-09/chemnitz-verfassungsschutzpraesident-hans-georg-maassen-thomas-oppermann-spd (https://www.zeit.de/politik/deutschland/2018-09/chemnitz-verfassungsschutzpraesident-hans-georg-maassen-thomas-oppermann-spd)

https://www.zeit.de/politik/deutschland/2018-09/verfassungsschutz-hans-georg-maassen-chemnitz-hetzjagd (https://www.zeit.de/politik/deutschland/2018-09/verfassungsschutz-hans-georg-maassen-chemnitz-hetzjagd)

http://faktenfinder.tagesschau.de/inland/maasen-video-chemnitz-101.html (http://faktenfinder.tagesschau.de/inland/maasen-video-chemnitz-101.html)


Zeitgleich zu den Ausschreitungen in Chemnitz am 27. August sollen Neonazis ein jüdisches Restaurant in Chemnitz angegriffen haben. Gegen 21.40 Uhr hätten etwa zwölf schwarz gekleidete Angreifer das Lokal Schalom mit Steinen, Flaschen und einem abgesägten Stahlrohr beworfen und "Hau ab aus Deutschland, du Judensau" gerufen, berichtet die Welt.  ...
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-09/antisemitismus-juedisches-restaurant-chemnitz-angriff-neonazis (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-09/antisemitismus-juedisches-restaurant-chemnitz-angriff-neonazis)


QuoteDie Oben-Partei #16

Ich bin sicher, unser Verfassungsschutzpräsitdent kann uns beruhigen, dass das in Wirklichkeit gar nicht stattgefunden hat.


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Quote[....]  Tausende Chemnitzer sind wieder gegen andere Chemnitzer auf die Straße gegangen. Der Graben zwischen Links und Rechts ist auch einer zwischen Jung und Alt.

... Dass unter Pro Chemnitz am vergangenen Samstag rechtsextreme Parolen gerufen und Hitlergrüße gezeigt wurden, möchte sie nicht glauben. Ihre Freundin sei hier, weil sie den Glauben an den Rechtsstaat verloren habe und an Angela Merkel. Das eint sie mit dem Rest. "Merkel muss weg" wird der lauteste Schlachtruf dieses Protests sein.

Bevor sich der Zug in Bewegung setzt, mahnt der Sprecher von Pro Chemnitz die Demonstranten, Journalisten nicht anzugreifen. Außerdem seien Faschisten und "Rechten-Arm-Heber" hier nicht geduldet. "Wenn ihr bei 1945 stehen geblieben seid, ist das okay, aber dann seid ihr hier nicht richtig. Wir wollen die Probleme 2018 angehen. Wir sind Demokraten", ruft er. Auch SPD-Wähler und Grüne seien willkommen. Es ist ein Versuch, sich in die Mitte der Gesellschaft zu drängen. Er wird noch absurder, als die Menge anfängt, "Wir sind mehr" zu schreien, als sie sich die Botschaft der Gegenseite aneignet.

... Kinder demonstrieren gegen ihre Eltern. Eltern demonstrieren gegen ihre Kinder. Der Abstand zwischen ihnen ist groß, so groß, dass es an diesem Abend auch real kaum eine Chance gibt, dass die beiden Seiten aufeinander treffen. Zwischen den Demonstrationsrouten liegen zu jeder Zeit mehrere Straßenzüge und der Theaterplatz, auf dem das bürgerliche Chemnitz auf Bänken sitzt und Beethovens 9. Sinfonie lauscht, organisiert von den Kulturbetrieben der Stadt. Das ist ihr Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit, Hetze und Gewalt.

...


Aus: "Jung gegen Alt, Alt gegen Jung" Eine Reportage von Carolin Würfel, Chemnitz (8. September 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/politik/deutschland/2018-09/chemnitz-proteste-pro-chemnitz-jung-alt/komplettansicht (https://www.zeit.de/politik/deutschland/2018-09/chemnitz-proteste-pro-chemnitz-jung-alt/komplettansicht)

Quoter.schewietzek #2

Daß der Riß durch Familien gehen kann, bezweifle ich nicht - aber die politische Positionierung aufs Alter zurück zu führen, ist m.E. der Sache nicht dienlich. Auch bei den Neonazis und Rechtsextremen waren junge Leute dabei - leider. ...


Quotenabendallerseits #2.13

... "Vielleicht ist es eher eine Frage der Bildung - sowohl beruflicher Bildung als auch allgemeiner Bildung."

Faengt das jetzt wieder von vorne an? Wie bei Pergida (oder wie auch immer der Verein hiess): Erst sind's nur die Dummen, dann sind's die Abgehangenen (Wiedervereinigungsverieter), dann die Ewiggestrigen, dann die Schon-Immer-Nazis ...

Dann stellt sich raus: Alles auch nur Schubladendenken, so einfach isses nun mal nicht.

Jetzt wird hier unbeholfen mit der alt-jung Messlatte herumhantiert. Was fuer ein Stuss.

... Vielleicht sollte man diese postuliert eindimensionale Sichtweise einfach mal bleiben lassen. Und wer das einfach nicht schafft und meint jedes Phaenomen habe nur monokausale Ursachen, na der sollte - egal ob Forist oder Journalist - sich vielleicht mal die Frage seiner Bildung - sowohl beruflicher Bildung als auch allgemeiner Bildung - selber stellen, bevorzugt bevor er sich zu irgendeiner demonstrierenden Meute dazugesellt.


Quote
r.schewietzek #2.18

Also ich bin ja auch in sozialen Netzwerken unterwegs - und da fällt schon auf, daß da bei etlichen Foristen in extrem rechten Kreisen selbst die einfachste orthographische Bildung fehlt. Von stringenter Argumentation ist da auch kaum was vorhanden. (Auch hier bei ZON kommen und gehen die Foristen aus diesem Milieu, wenn nach Argumentationssträngen gefragt wird bzw. diese gefordert werden. Das scheint ein immanentes Problem zu sein.) Außer platten Thesen kommt da oft so gut wie garnichts. Eine Diskussion ist da überhaupt nicht möglich - dazu müsste man nämlich inhaltliche Argumente haben und diese verteidigen.
Sie selber argumentieren ja auch eher weniger in Ihrem Beitrag. Warum gehen Sie inhaltlich auf den Artikel nicht ein?


QuoteHerr Mannelig #4

>>Jung gegen Alt, Alt gegen Jung<<
In der politischen Entwicklung ist es normal, dass junge Leute zu utopistischen Ideen neigen und linke Ideen haben. Dies ändert sich im Laufe des Lebens und Menschen werden aufgrund von Erfahrungen konservativer. Daher gibt es bei politischen Konflikten normalerweise immer einen Unterschied zwischen Jung und Alt.
Die Aussage hat also wenig Aussagekraft.


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"Helene Fischer spricht sich gegen Rassismus aus und erntet Shitstorm" (6. September 2018)
In der Schlagerwelt gilt Helene Fischer als einer der größten Stars – nun hat sich die deutsche Sängerin auch politisch zu den aktuellen Ereignissen in Chemnitz geäußert. Auf Facebook schrieb sie: "Wir können und dürfen nicht ausblenden, was zurzeit in unserem Land passiert, doch wir können zum Glück auch sehen, wie groß der Zusammenhalt gleichzeitig ist – das sollte uns stolz machen." Musik sei ein Zeichen der Verbundenheit. Dazu teilte sie den Hashtag #wirsindmehr, der für ein Konzert gegen Ausländerfeindlichkeit und rechtsextreme Gewalt in Chemnitz genutzt wurde. Das gefiel vielen Nutzern nicht. Fischers Posting zog viel positives Feedback an, sorgte aber auch für eine Welle an Hasspostings auf Facebook und Twitter. So schreibt ein Nutzer: "Ab sofort sind Sie für mich gestorben, ich werde alles von ihnen entsorgen, dem größten Teil Ihrer Fans sind Sie in den Rücken gefallen." Ein weiterer fordert sie auf, "einfach mal die Fresse zu halten", noch einer findet es "schade", dass Fischer "den Lemmingen" folge, ein anderer sieht sie als "Untertan des Systems". Ein User fordert Fischer auf, "eine Woche lang in einem Asylantenheim zu arbeiten", und fügt hinzu: "Mal sehen, wie lange es dauert, bis sie von ihren Goldstücken gefi... wird." Einige Nutzer wünschen der Sängerin den Tod, zahlreiche weitere kündigen an, ihre CDs zu entsorgen.
In Chemnitz hatten zahlreiche Bands wie die Toten Hosen, Kraftklub und der Rapper Marteria ein Konzert gegeben, um gegen Rassismus zu protestieren. 65.000 Personen sollen dieses besucht haben. Zuvor war es tagelang zu Demonstrationen von Rechtsgerichteten, Neonazis und Gegnern der Flüchtlingspolitik der deutschen Regierung sowie zu Gegenprotesten gekommen. Anlass für die Proteste war die Tötung eines 35-jährigen Deutschen am Rande des Stadtfestes in Chemnitz. Zwei mutmaßlich aus Syrien und dem Irak stammende Verdächtige befinden sich in Untersuchungshaft, nach einem weiteren wird derzeit gefahndet. Danach war es zu Demonstrationen und rassistischen Ausschreitungen gekommen, derzeit laufen 51 Ermittlungsverfahren, unter anderem wegen Hitlergrüßen und Körperverletzungsdelikten. (red, 5.9.2018)
https://derstandard.at/2000086775505/Helene-Fischer-spricht-sich-gegen-Rassismus-aus-erntet-Shitstorm

Quote
Cor Anglais

Wenn schon Schlagersängerinnen an die Front abkommandiert werden, um die Truppenmoral zu stärken, dann befindet sich das Regime erfahrungsgemäß im Endstadium.


Quote
Vanille Bourbon

da haben sie vollkommen recht. erfahrungsgemäß haben USA im 2. Weltkrieg Schlagersängerinnen an die Front geschickt, und das Regime war im Endstadium (natürlich das nazi-regime).


Quote
Novae

Wer sich an einem Shitstorm gegen einen Menschen beteiligt, der sich gegen Rassismus und für den Zusammenhalt der Gesellschaft äußert... sprechen wir es offen und glasklar aus... ist ein rassistisches, rechtes Würstchen PUNKT.


Quote
Gib Komplexen keine Chance!

Gerade die Linken führen doch täglich vor, dass sie andere Meinungen nicht aushalten können und daher die Nazikeule schwingen, sobald sich einer kritisch zur Asylpolitik äußert.


Quote
balkon102

Ah ja, von den sogennanten Linken gibt es regelmäßig Morddrohungen gegen Menschen mit anderen Meinungen und Vergewaltigungsankundigungen? Wo denn bitte?


Quote
Deadmouth

Zusammenfassung:
Man ist ein Sklave des Systems wenn man:
- kein "besorgter Bürger" ist
- Menschenrechte respektiert
- gegen Gewalt gegen Leute auf der Straße ist

...


Quote
Objekt-Sinn

Unseren täglichen shitstorm gib uns heute...


Quote
EUphoriker

>Einige Nutzer wünschen der Sängerin den Tod<

So sind sie halt, die Menschenfeinde...


Quotecoldturkey

,,... dem größten Teil Ihrer Fans sind Sie in den Rücken gefallen.,,

Das ist der große Irrtum, dem die rechten Hetzer unterliegen, bzw. das, was sie sich selbst und andere glauben machen wollen: dass sie die Mehrheit oder gar ,,das Volk" seien. Tatsächlich kann davon keine Rede sein. Dass der Eindruck bei oberflächlicher Betrachtung ihre Anmaßung zu bestätigen scheint, liegt einzig und allein daran, dass sie besonders aktiv und fleißig beim Versprühen ihres Gifts sind (möglicherweise weil sie sonst nicht viel zu tun haben?) und die Mehrheit jener Menschen, die ganz und gar nicht ihre Ansichten teilen, zu kultiviert, zu besonnen, zu sehr um Ausgleich und Frieden bemüht sind, um mit ihnen in den Ring zu steigen.




QuoteBeat Reader

in österreich wollten leute ambros-cds wegwerfen, in deutschland jetzt wollen leute fischer-cds entsorgen. die sind ja so lieb und anständig die westeuropäischen rassisten. in den usa wurden cds der dixie chicks, die sich in london öffentlich öffentlich gegen george w. bush ausprachen vor ungefähr 15 jahren, noch "standesgemäß" verbrannt. was ist los mit dem mob in der alten welt? die haben wohl kein feuer!


Quote
Joplaya31

Am widerlichsten sind jedesmal die Vergewaltigungswünsche. Das zeigt nur allzudeutlich das Frauenbild dieser selbsternannten neuen Werte und Frauenverteidiger. Wenn die Frau nämlich nicht das tut, was sie gerne hätten und es wagt eine eigene Meinung zu haben, wird gern mal mit Vergewaltigung und Mord gedroht.



Quotebloody-nine

helene fischer gibt ein statement gegen rassismus ab, und "fans" drohen, ihre cds zu verbrennen nike wirbt mit kaepernick, und "fans" verbrennen ihre sneakers und schneiden den swoosh aus ihren socken ambros nennt die fpö das, was sie ist, und "fans" drohen, ihre cds wegzuwerfen... und jahrzehntelang haben wir uns aufgepudelt über die massen in irgendwelchen städten im nahen osten, wenn sie US-fahnen verbrannt haben...


Quote
Humanismus ist heilbar

Ich glaub sie entsorgen nur, nicht verbrennen. Aber ja, seltsam genug. Enttäuschte Zuneigung halt, die Helene war doch immer so ... deutsch ...


Quote
krendl

Sie soll den Shitstorm als Auszeichnung sehen.
Und ihren Enkerln kann sie mal stolz davon berichten.


Quote
gensfleischs_erbe

Im Gegensatz zu Campino hat Helene Fischer hier etwas zu verlieren. Davor ziehe ich meinen Hut.


Quote
derechteBockerer

Feuer, das archaische Reinigungsmittel.
Was haben wir uns über die Iraner gewundert, die die amerikanische Flagge verbrannt haben.

Heute verbrennen die Amis Nike-Schuhe, die Deutschen Fischer-Platten und die Österreicher Ambros-Platten.

Wo ist da der Unterschied ? Alles die gleichen Narren ...


Quote
correcthorsebatterystaple

Ich denke, die Spaltung der Gesellschaft ist bereits vollzogen. Aber das kann natürlich auch noch schlimmer werden. Links-rechts ist aber nur ein Teil des Problems, dazu kommen noch die oben-unten und die innen-außen Linien. Wenn Seehofer meint, Migration sei die Mutter aller Probleme, dann kann ich nur sagen: nein, es ist die Trennung der Menschen in jene, die drin sind, und jene, die draußen sind oder in der Gefahr schweben. Links/rechts ist nur unterschiedlicher Meinung, wie man mit denen "unten" und "draußen" umgehen sollte - vergessen nur leider, wie schnell man selbst dort landet. Außer natürlich man ist hochbezahlter Politiker oder gehört zu den oberen 3%, dann kann man getrost schwarz oder blau wählen. ...


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Quote[...] Die Einschätzung von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), es habe in Chemnitz "keinen Mob, keine Hetzjagd" gegeben, lässt sich auch nach einem internen Lagefilm der Polizei kaum halten. Laut dem ZDF-Magazin "Frontal 21" geht aus dem Lagefilm der Polizei hervor, dass es die Polizei Chemnitz am 27. August mit einer intensiven Bedrohungslage zu tun hatte. Nach dem gewaltsamen Tod des 35-jährigen Daniel H. in Chemnitz hatte es an dem Wochenende Demonstrationen und Proteste gegeben, an denen sich Rechtsextremisten beteiligten. Weiter gehe aus dem Polizeibericht hervor, berichtet "Frontal", dass es am 27. August zwischen 21 Uhr und 22 Uhr mehrfach Versuche rechtsgerichteter Gewalttäter gab, linke Demonstranten oder Ausländer zu attackieren. Um 21.42 Uhr heißt es in dem Bericht: "100 vermummte Personen (rechts) suchen Ausländer."

Für 21.47 Uhr vermeldet laut "Frontal 21" der Bericht: "20 bis 30 vermummte Personen mit Steinen bewaffnet in Richtung Brühl, Gaststätte "Schalom"". Die angezeigte Attacke auf das jüdische Restaurant in Chemnitz hatte bundesweit für Entsetzen gesorgt.

Außerdem berichtete "Frontal", dass ein Mann, der in Chemnitz aus einer spontanen Demonstration heraus ausländisch aussehende Menschen attackiert haben soll, angeblich Mitarbeiter einer bundesweit tätigen Sicherheitsfirma gewesen sei. Demnach bestätigte ein Sprecher des Unternehmens Securitas, dass der Vorfall und Mitarbeiter dort bekannt seien. Schon Ende August habe man sich "mit sofortiger Wirkung von dem Mitarbeiter getrennt, weniger als zwölf Stunden, nachdem uns das Video bekannt wurde", wird der Sprecher zitiert.

...


Aus: "Chemnitz und Köthen "100 vermummte Personen (rechts) suchen Ausländer"" (12.09.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/chemnitz-und-koethen-100-vermummte-personen-rechts-suchen-auslaender/23056202.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/chemnitz-und-koethen-100-vermummte-personen-rechts-suchen-auslaender/23056202.html)
...
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 09, 2018, 01:10:21 PM
"Weniger Moral, mehr Politik!" Bernd Ulrich (5. September 2018, 17:00 Uhr Editiert am 9. September 2018, 11:49 Uhr DIE ZEIT Nr. 37/2018)
Die einen regen sich über undankbare Flüchtlinge auf, die anderen über SUV-Fahrer. Empörung von allen Seiten. Aber es gibt einen Ausweg aus dieser Übermoral.
Kommentar zu: https://www.zeit.de/2018/37/moral-hypermoral-ideologiekritik-arnold-gehlen (https://www.zeit.de/2018/37/moral-hypermoral-ideologiekritik-arnold-gehlen)

Quote
Christian W. #11

Herrje Zeit-Online, kommt mal aus eurer akademischen Filterblase!
Die meisten Menschen da draußen interessiert es einen Scheiß, was sich irgendwelche Dozenten mit zu viel Tagesfreizeit an der Uni ausgedacht haben.
Meine Erfahrung ist, dass es genau andersherum ist, die Menschen werden immer unmoralischer, sie werden immer egoistischer, wollen alles haben, aber das darf nichts kosten, immer rücksichtsloser und der Grundrespekt ist auch weg.
Aber ich hänge ja auch privat nur mit normalen Arbeitern und Angestellten aus der unteren Mittelschicht rum und verkaufe Lebensmittel, vielleicht kommt ich daher auch zu anderen Ergebnissen.



QuoteZivilisationswächter #11.1

Meine Erfahrung ist, dass es genau andersherum ist, die Menschen werden immer unmoralischer, sie werden immer egoistischer, wollen alles haben, aber das darf nichts kosten, immer rücksichtsloser und der Grundrespekt ist auch weg.

Sie meinen also, die grundlegende Arschlochisierung der Gesellschaft ist bereits weit fortgeschritten? Dem würde ich aus meiner Erfahrung heraus zustimmen.
Aber gerade das sollte doch die Notwendigkeit eines moralischen Handelns klar verdeutliochen, oder nicht?


QuoteStehaufmann #11.2

Die Menschen sind nicht mehr "Arschloch", sondern es gibt immer weniger Gemeinsamkeit. Wenn es aber keine allgemeinverbindlichen Regeln mehr gibt, dann steigt die Anzahl der Interaktionen, die als "feindlich" wahrgenommen werden.

Eines der Gründe, warum ich immer wieder und wieder gegen "Neuaushandeln" von Zusammenleben eindringlichst warne ! Das ist nämlich nichts als Code für (heißen oder kalten) Bürgerkrieg .... verstehen die Meisten aber nicht !


QuoteArnd-Matthias Langner #12

"Früher war weniger Moral. Nicht in dem Sinne, dass die Menschen zu anderen Zeiten unmoralischer gehandelt hätten, gemeint ist etwas anderes: Der Geltungsbereich des Moralischen, ...scheint sich zuletzt rasant ausgedehnt zu haben."

Richtig. Und "früher" hat man vielleicht auch etwas trennschärfer unterschieden zwischen Moral einerseits und Phärisäertum bzw. Heuchelei andererseits.

Moral ist meine sehr individuelle Konsequenz aus meinen ethischen Prinzipien. Es ist meine genuine Entscheidung und ich(!) trage die kosten und Folgen meiner Überzeugung, statt sie anderen aufzuerlegen.

Heuchelei und an der ist der Zeitgeist überreich, ist das billige(!) Erheben moralischer Ansprüche an Andere. Andere sollen das tun was ich will - und was mir deswegen nicht weh tun würde wenn es gesetzlich geboten würde, und das lassen was mir ohnehin keinen Spaß macht und worauf ich deswegen auch nicht verzichten müsste, wenn ich VERBOT (für alle) schreie.

Ich will meinen Empathiekick und die Rechnung dafür möchte ich eigentlich gern vergesellschaften. Ich möchte in einem hömogenen Bullerbü leben und deswegen sollen gefälligst alle nach meiner Facon selig werden.

Gerade die Christen, die gern mit christlicher Moral argumentieren sind selten in der Rolle des armen Witwe, die ohne viel Aufhebens ihre Scherflein ihrer Überzeugung opfert, sie sind oft genug in der Rolle des Pharisäers mit dem erigierten moralischen Zeigefinger, der auf die Person (und in den Geldbeutel) des Nächsten zielt.


Quote
Tordenskjold #21

Ein gut formulierter Artikel, der am Ende aber lediglich nur den Begriff der Moral abwertet.

Quasi die akademische Variante des rechten Lamentos über die "Gutmenschen". Ja, die Moral der bösen "Teddybärschwenker" und "Veggie Day"-Befürworter ist oft widersprüchlich, anstrengend, intolerant.

Aber das Gegenteil ist der komplett moralbefreite völkisch/nationale Rassismus, der seine inhumanen Ansichten inzwischen komplett hemmungslos hinausposaunt.

Aber wo keine Moral mehr ist, da kann man sie natürlich auch nicht kritisieren.

Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 09, 2018, 08:57:25 PM
Quote[...] die treten intellektuell und höflich auf. Zehn junge Männer sammeln an einem Infostand von Realität Islam in Frankfurt Unterschriften gegen ein Kopftuchverbot. "Die Jungs sind sehr lieb. Ich finde es gut, dass man mal eine andere Seite vom Islam sieht", sagt eine junge Passantin am Stand.

Die Kampagne "Erhebe deine Stimme gegen das Kopftuchverbot" kommt bei vielen gut an. On- und offline haben Realität Islam (vor allem im Rhein-Main-Gebiet und in Nordrhein-Westfalen aktiv) und die Gruppierung Generation Islam aus Hamburg nach eigenen Angaben bereits rund 140.000 Unterschriften gesammelt. Sie reagierten damit auf die Überlegung der nordrhein-westfälischen Landesregierung, das Kopftuch für Mädchen unter 14 Jahren in Schulen zu verbieten. Die CDU-FDP-Landesregierung prüft, ob noch nicht religionsmündige Kinder so vor familiärem Zwang geschützt werden können.

"Die Unterschriftenkampagne soll den Eindruck erwecken, als stünde in Deutschland ein generelles Kopftuchverbot bevor", sagt Maik Fielitz vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg. Die Botschaft der Kampagne an junge Muslime sei, die eigene muslimische Identität im Kampf gegen das angeblich drohende Kopftuchverbot zu stärken.

Dahinter stecken jedoch laut Verfassungsschutzbehörden von Nordrhein-Westfalen, Hessen und Hamburg weit größere Ziele. Die Organisationen wollten die parlamentarische Demokratie durch ein Kalifat mit den Regeln der Scharia ersetzen. Man schließe ein "hohes islamistisches Radikalisierungspotential der Gruppierung Realität Islam nicht aus", zitiert hr-iNFO das Hessische Landesamt für Verfassungsschutz. 

Zu dieser Bewertung kommen die Behörden, weil die Gruppierungen in "gedanklicher Nähe" zur Hizb ut-Tahrir stünden. Die internationale Organisation ist in Deutschland verboten. Denn Hizb ut-Tahrir bestreite nicht nur das Existenzrecht des Staates Israel, sondern rufe sogar zur Vernichtung Israels und zur Tötung von Juden auf. So begründete im Jahr 2003 das Bundesinnenministerium das Verbot.

Auslöser des Verbotes war eine Hizb ut-Tahrir-Großveranstaltung im Jahr zuvor in Berlin. Dort traten auch der damalige NPD-Vorsitzende Udo Voigt, und der NPD-Prozessbevollmächtigte und Ex-RAF-Terrorist Horst Mahler auf. Islamisten und Rechtsextremisten fanden über den Antisemitismus zusammen.

Aktuell bekommen nun Gruppierungen wie Realität Islam und Generation Islam Zulauf, die gedanklich der Hizb ut-Tahir nahe stehen. Bislang gaben die Salafisten im islamistischen Spektrum den Ton an. "Doch durch die Auseinandersetzungen um ihr Verhältnis zur Terrormiliz IS ist die Szene zerstritten", sagt Islamismusexpertin Claudia Dantschke von der Gesellschaft Demokratische Kultur in Berlin. Außerdem habe das Verbot des Predigernetzwerks Die Wahre Religion den Salafisten schwer zugesetzt. "So ist eine Leerstelle vor allem im missionarischen Bereich entstanden", sagt Dantschke.

Diese Lücke füllen die Hizbis. Mit Unterschriftensammlungen in Moscheen und Aufrufen an Hijab-Shops rekrutierten sie Nachwuchs und strebten die Meinungsführerschaft an. Dantschke hält sie für "hochgradig gefährlich", weil sie mit ihrer Opferideologie Sympathisanten finden. "Ihre Argumentation gegen das angebliche Kopftuchverbot zielt bei jungen Muslimen auf das Gefühl ab, sie sollten nicht dazu gehören."

Dantschke hatte schon damals im Jahr 2002 die Annäherung zwischen Hizb ut-Tahrir und Rechtsextremen öffentlich gemacht. Auch heute sieht sie in beiden Bewegungen einen "ethnopluralistischen Ansatz". Die Hizbi-Ideologie verspreche nämlich: Wenn wir ein Kalifat haben, ziehen wir dorthin und ihr Deutschen könnt unter euch bleiben.

Forschungen vom Jenaer Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft zeigen ebenfalls Parallelen. "Islamisten und Rechtsextreme agieren gleichzeitig aus einer Stärke- und Schwächeposition: Auf der einen Seite fühlen sie sich gegenüber anderen überlegen, auf der anderen Seite fühlen sie sich permanent zu Unrecht diskriminiert und bedroht", heißt es in einer Studie.

Sowohl Rechtsextreme als auch Islamisten zeichnen ein apokalyptisches Weltbild. "Sie propagieren den Untergang der traditionellen Lebensform und gehen gleichzeitig von der Auslöschung der eigenen Gruppe aus", sagt der an der Studie beteiligte Rechtsextremismusforscher Fielitz.

Eine Anfrage zu der Kopftuchkampagne hat Realität Islam bislang nicht beantwortet. In einem Video kommentiert ein Aktivist jedoch die Berichterstattung. Sie entspräche einer wiederkehrenden Methode, "um muslimische Stimmen aus den Diskursräumen fernzuhalten und die Deutungshoheit über das, was gesagt und gedacht werden darf, in die Hände staatlicher Behörden und ihrer Lakaien zu legen".


Aus: "Islamismus: Jung, muslimisch und identitär" Eine Analyse von Volker Siefert (9. September 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-09/islamismus-aktivismus-kopftuchverbot-identitaer/komplettansicht (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-09/islamismus-aktivismus-kopftuchverbot-identitaer/komplettansicht)

QuoteLavendelzweig #1

Wenn das so weitergeht, bilden sich bald nur noch Blöcke in Deutschland, die sich gegenüber stehen.
Wo ist die Gemeinschaft?


QuoteKunsthaus #4

Langsam wird es langweilig. Hinz und Kunz gründen einen neuen Bauchladen. Der eine ideologisch, der andere religiös. Haben wir denn wirklich keine anderen Probleme?


QuoteKönigX #18

"Zehn junge Männer sammeln an einem Infostand von Realität Islam in Frankfurt Unterschriften gegen ein Kopftuchverbot. "

Ja die Tatsache das es nur Männer sind, fühlt sich irgendwie gar nicht richtig an ...

QuoteDerStandard #45

Das Kopftuch unterscheidet im Glauben des Islam "reine" von "unreinen" Menschen.

Was für einen Sinn hat es bereits kleinen Kindern diese menschenverachtende Denke einzutrichtern?


QuoteINGEN79 #43

Ob eine Frau ein Kopftuch trägt oder ohne Oberteil barbusig am Bagersee liegt sollte jeder Frau selbst entscheiden. Wichtig ist das man das respektiert.


Quote
Sendepause #25

Wo Identität brüchig geworden ist, hat die identitäre Ersatz-Utopie leichtes Spiel. Ein kulturübergreifendes Phänomen.


...
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 10, 2018, 01:11:29 PM
Quote[...] Am 9. September 2016 leistete sich die demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton einen Lapsus, den sie wahrscheinlich noch heute bereut. Auch wenn sich das vielleicht grob verallgemeinernd anhöre, sagte sie vor Spendern in New York, könne man die Anhänger Donald Trumps zur Hälfte in das sortieren, "was ich einen Korb der Bedauernswerten nenne". Es dauerte nicht lange, da trugen die Fans des Immobilienunternehmers T-Shirts mit einer Zeile, aus der sowohl trotziger Rebellengeist als auch Verachtung für die politische Elite, zu der Clinton gehörte, sprachen: "I am a deplorable – and damn proud of it" – "Ich bin ein Bedauernswerter – und verdammt stolz darauf". Genau hier versucht Steve Bannon anzuknüpfen – mit einem Film, der auf den Tag genau zwei Jahre nach Clintons Fauxpas Premiere feiert. Mit "Trump @ War" (Trump im Krieg), so der Titel des Streifens, will Bannon die Basis der Republikaner mobilisieren, auf dass sie am 6. November, dem Tag des Kongressvotums, den sogenannten Midterms, zahlreich an den Urnen erscheinen. Um sie aufzustacheln, lässt er den Kulturkonflikt des Jahres 2016 wiederaufleben, so simpel und karikaturistisch es nur geht. Auf der einen Seite der Barrikade verortet er das vermeintlich arrogante Establishment, verteidigt von CNN-Moderatoren und angeführt von Nancy Pelosi, der Nummer eins der Demokraten im Repräsentantenhaus, Hassfigur der Rechten.

Auf der anderen stehen die "deplorables", die in Trump ihren Erlöser gefunden haben. Bannon will Emotionen aufwühlen – eine Strategie, die er neulich im Gespräch mit dem Onlineportal "Axios" auf den Punkt brachte. "Wenn du ein Beklagenswerter bist, wirst du buchstäblich mit der Mistgabel in der Hand auf deinem Stuhl stehen und dir sagen: Ich muss die Leute dazu bringen, wählen zu gehen." Die Mistgabel: In der Mythologie der USA ist sie ein Symbol des Sich-Auflehnens gegen die Elitären.

Bannon, der Wahlstratege: Neuerdings fällt seine Bilanz eher mager aus, geprägt durch eine Serie blamabler Niederlagen. Im August, als die Republikaner in Arizona zu entscheiden hatten, wen sie anstelle des ausscheidenden Trump-Kritikers Jeff Flake ins Rennen um einen Sitz im US-Senat schicken, unterstützte er mit Kelli Ward eine dezidiert in der Tradition der Tea Party stehende Politikerin. "Wer Wind sät, wird Sturm ernten, und dieser Sturm ist Kelli Ward", dröhnte Bannon. Am Ende zog seine Favoritin klar den Kürzeren. Im Dezember hatte er die Trommel für Roy Moore gerührt, einen erzkonservativen Richter, der Senator Alabamas werden wollte, dann aber einem Demokraten den Vortritt lassen musste – was in Alabama im Duell zwischen den beiden großen Parteien höchst selten passiert. Moore, der den bibelfesten Moralapostel gab, hatte in den 1970er-Jahren Mädchen im Teenageralter sexuell belästigt. Und wie Bannon an seiner Seite auftrat, in zerbeulten Hosen, mit strähnigem Haar, als habe er kein Zuhause, lieferte er den Late-Night-Satirikern Steilvorlagen für beißenden Spott. Damals schien es, als habe er den Zenit seiner Macht bereits überschritten. Es schien, als bewahrheite sich, was Donald Trump prophezeite, nachdem er sich mit dem Architekten seiner America-first-Kampagne überworfen hatte. Der "schlampige Steve" werde untergehen, er vertrete seine, Trumps, Basis nicht: "Er macht das nur für sich selbst."

Bannon, im Sommer 2017 auf Drängen von Trumps Stabschef John Kelly entlassen, hatte dem Journalisten Michael Wolff Brisantes aus dem Innenleben des Weißen Hauses erzählt. Wolff schöpfte aus der Quelle, um sein Buch "Fire and Fury" zu schreiben. Zwischen Trump und seinem Chefideologen schien das Tischtuch zerschnitten, was dazu geführt haben soll, dass die Milliardärstochter Rebekah Mercer ihrem einstigen Protegé Bannon den Geldhahn zudrehte. Der wiederum versuchte sein Glück in Europa.

Erst solidarisierte er sich mit Marine Le Pen und dem Front National, dann mit dem ungarischen Premierminister Viktor Orbán und mit dem italienischen Rechtspopulisten Matteo Salvini. Im Juli verkündete er den Plan, ein Sammelbecken für europäische Rechtspopulisten gründen zu wollen: The Movement (Die Bewegung). "Ich versuche, die Infrastruktur für eine globale populistische Bewegung zu sein", erläuterte er der "New York Times" seine Philosophie. Im eigenen Land rief er vor kurzem die Gruppe "Bürger der amerikanischen Republik" ins Leben. Sie soll, so hat es der frühere Investmentbanker formuliert, für Trumps Agenda kämpfen und den Präsidenten vor einem Amtsenthebungsverfahren bewahren. "Trump @ War" ist die cineastische Untermalung dazu. (Frank Herrmann aus Washington, 10.9.2018)



Aus: "Bannon mit neuem Film "Trump @ War" wieder auf Kriegspfad" Frank Herrmann aus Washington (10. September 2018)
Quelle: https://derstandard.at/2000087008493/Bannon-mit-neuem-Film-Trump-War-wieder-auf-Kriegspfad (https://derstandard.at/2000087008493/Bannon-mit-neuem-Film-Trump-War-wieder-auf-Kriegspfad)

Quote
Nornje

Man sieht, dass die Ultrakonservativen damit Punkten, dass sie sich als Vertreter der Loser aufspielen um dann mit einer industriehörigen Politik gegen ihre Wähler zu arbeiten. ...


Quote
ralfiii

Inhalte sind mit Trump und Türkischblau abgewählt worden. Man wählt scheinbar Emotionen. Und wenn man zornig ist, dann wählt man eine zornige Partei, auch wenn einem selbst das nur schadet. Es bleibt (bei uns) die "Hoffnung". dass die "bösen Ausländer" noch schlechter abschneiden.
Ja, das ist dumm. Aber das scheint die "neue Demokratie" zu sein.


Quote
Hasan_Vural

Wann sehen es die Ami-Linken endlich ein dass sie verloren haben. Diese ganzen Bücher und Film, die letzter Zeit veröffentlicht werden gehen mir gehörig auf den Zeiger.


Quote
derechteBockerer

Verstehe, dass ihnen Bücher auf die Nerven gehen.
Lesen ist ja auch mehr was für Linke. ...


Quote
galiontariaho

Wirklich traurig ist, dass so banale Propaganda sogar funktioniert. Hier wird ja nicht subtil mit Sprache und Symbolik gespielt, da wird nicht etwas abgeholt, das tief in einem schlummern mag, nein das ist Banalismus auf niedrigstem Level bei dem man knapp davor steht es als Satire zu bezeichnen und doch hat genau diese Lächrelichkeit 2016 fast 50% der Wähler abgeholt.
Das spricht nicht gerade für die Wähler, dezent ausgedrückt. Amüsant dabei auch, dass heute noch das Feindbild Clinton bemüht werden muss und kann. 2 Jahre nach der Wahl wird noch immer "lock her up" gerufen. ...


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Quote[...] "Ich bin hier, um eine simple Botschaft zu überbringen: Ihr müsst wählen, weil unsere Demokratie davon abhängt." ...

"Die Politik der Spaltung, des Ressentiments und der Paranoia haben leider in der Republikanischen Partei ein Zuhause gefunden. (...) Das ist nicht konservativ. Es ist sicher nicht normal. Es ist radikal." ...

... "Die Behauptung, dass alles gut wird, weil es Leute im Inneren des Weißen Hauses gibt, die heimlich den Anweisungen des Präsidenten nicht folgen – das ist keine Kontrolle. Das ist nicht, wie unsere Demokratie funktionieren soll. Diese Menschen sind nicht gewählt. Sie können nicht zur Verantwortung gezogen werden. Sie erweisen uns keinen Dienst, indem sie 90 Prozent des verrückten Zeugs vorantreiben, das aus diesem Weißen Haus kommt, und dann sagen: 'Keine Sorge, wir verhindern die anderen zehn Prozent.' So sollten die Dinge nicht funktionieren. Das ist nicht normal. Das sind außergewöhnliche Zeiten. Und es sind gefährliche Zeiten.

"Letztendlich kommt die Bedrohung für unsere Demokratie nicht nur von Donald Trump oder der aktuellen Besetzung der Republikaner im Kongress oder den Koch-Brüdern und ihren Lobbyisten oder zu vielen Kompromissen von Demokraten oder russischem Hacking. Die größte Bedrohung für unsere Demokratie ist Gleichgültigkeit." "Solltet ihr gedacht haben, dass Wahlen keine Rolle spielen, dann hoffe ich, dass die beiden vergangenen Jahre diesen Eindruck korrigiert haben." "Wenn euch also nicht gefällt, was gerade passiert – und das sollte es nicht -, beschwert euch nicht. Nutzt keinen Hashtag. Werdet nicht ängstlich. Zieht euch nicht zurück. Steigert euch nicht in Extreme hinein. Verliert euch nicht in ironischer Distanz. Steckt euren Kopf nicht in den Sand. Jammert nicht. Wählt." (Barack Obama, 9.9.2018)


Aus: "Barack Obama: "Jammert nicht. Wählt"" Barack Obama (9. September 2018)
Quelle: https://derstandard.at/2000087006139-377/Barack-Obama-Jammert-nicht-Waehlt (https://derstandard.at/2000087006139-377/Barack-Obama-Jammert-nicht-Waehlt)

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Resilein

Spach der friedensnobelpreisträger der massenhaft tote zu verantworten hat.


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good vibration

Der Friedensnobelpreisgeschminkte ist in Wirklichkeit Warlord und Drohnenkönig - der Gescholtene Trump in Wirklichkeit weit besser für den Weltfrieden und das Medien-Establishment kann diese Fakten noch immer nicht transportieren, sind halt sehr träge.


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Teutonix76

Objektive Diskussion oder Affenzirkus - Verstehe nicht daß jeder Kommentar "pro-Obama" mit überschwänglichem Lob bedacht wird und jeder der einen eher kritische Kommentar schreibt gleich mit negativen Bewertungen überhäuft wird.
Warum betrachtet man die Amtszeiten von Herrn Obama nicht mal objektiv ohne gleich als "Trump Lover" diffamiert zu werden.

Positiv
- Krankenversicherung
- exzellenter Redner
- kann dynamisch über Treppen schweben

Negativ
- Guantanamo NICHT geschlossen
- Kriege im Irak und Afghanistan ausgeweitet ohne konkreten Lösungsansatz
- arabischer Frühling mit angeschoben und was das in der Region angerichtet hat ist ja allen bekannt
- schlecht finanzierte Krankenversicherung (s. o.)
- Ukraine / Krim Konflikt eskalieren lassen
- NSA Skandal NICHT aufgeklärt


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carcharodon carcharias

Was ich nicht leiden kann sind Halbwahrheiten
Obama wollte Guantanamo 2x schließen, es scheiterte jedesmal an den Gegenstimmen der Reps.
Und der Rest Ihrer Negativpositionen ist einfach falsch.

Diskussion? Wie wollen Sie bei Ihrer Propaganda eine Diskussion führen? Was bitte ist an Ihrem Kommentar objektiv?


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HookMind

"Verliert euch nicht in ironischer Distanz"
Trifft es doch wirklich gut...


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Krallenspine

Obamas Präsidentschaft war jetzt auch nicht das gelbe vom Ei. Aber zumindest ist der Typ ein guter Redner, sympathisch und ein wahrer Staatsmann. Vermisse ihn in dieser Hinsicht schon, wenn man sich ansieht, wer jetzt in den USA das Sagen hat...


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fotoreporter.vienna

Barack Obama, interessant ist seine Biographie (vor der Präsidentschaftswahl 2008 geschrieben) zu lesen, wie er von Tür zu Tür gegangen ist und sich langsam hochgearbeitet hat - sich die Sorgen von einfachen Bürgern angehört hat. Trump weiß nicht einmal was ein einfacher Bürger ist. ...


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Politischer Insider

Alles, was Obama jemals konnte, war große Reden schwingen. Da reicht ihm keiner das Wasser und das reicht leider um die Mehrheit zu beeindrucken. Think about it!


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Julian Rüther

So ist es also. Politische Inhalte egal, Hauptsache gegen das demokratische Establishment.


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_sC_

Was für eine Rede, was für ein Staatsmann. Beim aktiven US Präsident kann man nur die Hände überm Kopf zusammenschlagen.


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ScottHastings1

Die Botschaft, daß die Leute wählen gehen sollen anstatt nur ein Like bei Facebook zu vergeben oder eine Twitter-Nachricht weiterzuverbreiten kann man nur unterstreichen. Eine Stimme ist keine Garantie, daß es so kommt wie man es sich wünscht aber wer nicht wählt, der braucht sich wirklich nicht beschweren, wenn ihm das Ergebnis nicht gefällt. Das scheint mir besonders bei solchen Wahlen geboten, bei denen es eine starke Polarisierung zwischen jüngeren und älteren Wählern gibt und letztere deutlich disziplinierter zur Urne schreiten (Stichwort Brexit).


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Immanuel Krank

Ich hab mir die Rede fast ganz angesehen, da wird
wieder deutlich was für Unterschied zwischen Obama und Trump herrscht. Der direkte Vergleich ist so unglaublich. Das ist wie wenn man ein Formel 1 Auto gegen einen VW Polo antreten lässt. Oder einen Schwergewichsweltmeister gegen einen Volksschüler nach einem Jahr Judo.


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ready.player.one.

1:0 beim Telepromter-Ablesen für Obama!


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Optimist+Pessimist=Realist

Wenigstens ergeben diese sätze zumindest irgendeinen sinn als der tägliche twitterdurchfall des derzeitigen POTUS.


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Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 10, 2018, 05:24:20 PM
Quote[...] Alle Kinder haben eine frühe Phase, in der sie Da-und-weg-Spiele lieben. Hände vor die Augen: ,,Ich bin weg!" Hände herunter: ,,Ich bin wieder da!" Donald Woods Winnicott, der Vater aller Kinderpsychologie, sah darin einen wichtigen Schritt der Entwicklung. Das Kind drückt sein Bedürfnis aus entdeckt und gesehen zu werden und zugleich seinen Wunsch, intim für sich zu sein. Es agiert im Möglichkeitsraum, in einem potential space. So, im Spiel mit Ich und Nicht-Ich, arbeitet es an seiner Selbstwerdung. Weder ,,da" noch ,,weg" sind dabei absolut, zwischen beidem gibt es andauernde Bewegung.

Kindliche Versteckspiele gehören zum magischen Denken, worin Wunsch und Wirklichkeit noch ineinander verwoben sind und sein müssen. Wo heute auf den Straßen des Landes ,,Merkel muss weg!" skandiert wird, rutschen die Rufenden in eine solche magische Phase, allerdings ohne Bewusstsein dessen, dass und wie ihr Weg-Ruf einen Möglichkeitsraum zertrümmern statt schaffen will. ,,Mutti Merkel" steht hier, wie im infantilen Diktum des Innenministers von der ,,Migration als Mutter aller Probleme" für eben diese, die Migration. Im Subtext heißt es ,,Migranten müssen weg!", und die Quintessenz der Fantasie lautet: Ist Merkel erst ,,weg", sind auch die Migranten ,,weg".

Es handelt sich mithin um eine magisch-aggressive Säuberungsfantasie, begleitet von verbalen bis handfesten Akten der Feindseligkeit. So eint der Weg-Spruch ein breites, rechtes Spektrum. Chöre von Neonazis grölen ihn ebenso wie AfD-Demonstranten oder einzelne Verteidiger des christlichen Abendlands. Den komischen Aspekt des Wegwünschens betonte die Kinokomödie ,,Frau Müller muss weg!" von 2015, in der Dresdner Eltern gegen eine Lehrerin revoltieren, die ihren Kindern keine guten Noten erteilt.

Strukturell ähnlich verfährt die inzwischen gängige Rede, wonach für jemanden oder etwas ,,kein Platz" im Land sei. Michael Kretschmer erklärte unlängst: ,,Für Extremismus ist in Sachsen kein Platz". Wahlweise heißt es auch, für Rassismus, Islamismus, Neonazis und so fort sei ,,kein Platz" im Land. Bayerns AfD wirbt neuerdings auf Wahlplakaten für ,,islamfreie Schulen" – und würde gewiss das Mitgemeinte leugnen, nämlich dass für muslimische Kinder kein Platz an deutschen Schulen sei, beziehungsweise sein sollte.

Wer ,,muss weg" oder ,,kein Platz" sagt beschreibt weder Sachverhalt nach Position, sucht nicht nach Analysen und Strategien, liefert keine politischen Argumente, sondern spricht von einem irrationalen Begehren, möchte jemanden oder etwas, einen Umstand, fortschaffen, verklappen, weghaben, nicht wahrhaben. Das ist erlaubt, Wünschen ist nicht verboten. Sogar Beamte, die sich ,,durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlich demokratischen Grundordnung bekennen" sollen, dürften wohl ,,Merkel muss weg!" rufen, wie der Leiter des Beamtenbunds, Kai Rosenberger, vor ein paar Tagen der Stuttgarter Zeitung sagte. Ihre Loyalitätspflicht zum Staat endet erst da, wo etwa ,,Merkel-Galgen" oder andere ,,persönlichkeitsverletzende Darstellungen" zum Einsatz kämen – wo das ,,weg" also drastischer illustriert wird. Dann müssten Disziplinarmaßnahmen ergriffen werden, da es sich um ,,Beleidigung im Sinne des Strafgesetzbuchs" handelt.

Den Kernanliegen der unreflektierten bis manipulativen Weg-Rufer und Kein-Platz-Ansager hilft das alles nicht, denn phantasmatisch bleiben ihre Erwartungen allemal. Auch wenn Angela Merkel ,,weg" wäre, die Migranten, die, meist längst als deutsche Staatsbürger und oft schon seit Generationen im Land leben, wären mit Sicherheit noch da. Und auch wenn der Wunsch nachvollziehbar ist, dass es in der Demokratie ,,keinen Platz für Extremisten" geben soll – antidemokratische Extremisten existieren, leider, in Deutschland, Österreich, Italien, Ungarn, Schweden und anderen Staaten. ...


Aus: "Merkel muss wecken" Caroline Fetscher (10.09.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/gegen-rechts-merkel-muss-wecken/23024282.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/gegen-rechts-merkel-muss-wecken/23024282.html)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 18, 2018, 08:15:08 AM
Quote[...] Am 07. September hat die Steinberger Silberstein GmbH, in der ich Gesellschafter und Head Autor bin, eine Parodie auf den Wahnsinn in Chemnitz gedreht. Der Clip war eine Auseinandersetzung mit allen, die vom Tod eines jungen Mannes profitieren wollten: Betont empörte Medien, asoziale Kampftrinker, Rechtsextreme, die AfD, die mit großem Fangnetz mitten drin stand, aber auch die ganzen Quartals-Antifaschisten und Party-Demonstranten, denen Coca Cola unter dem Wir-sind-mehr-Label Produktproben hinterhergeworfen hat. Das war auch das letzte Mal, dass ich einen Gag erkläre, aber hier ist es wichtig, um den Wahnsinn zu illustrieren, der über uns hereingebrochen ist.

Beim Dreh in Berlin-Lichtenberg versammelten sich schnell Anwohner, die den Verdacht schöpften, wir wollten eine gefakte Nazi-Demo in Berlin inszenieren. Geduldig erklärten wir das Set und die Story, bemerkenswert vielen Menschen mussten wir auch die Kunstfreiheit erklären.

Wenig später veröffentlichte die Bundes-AfD einen Clip, der Szenen des Drehs präsentierte und in aller Einseitigkeit das Narrativ nährte, wir hätten eine Fake-Nazidemo gedreht, um sie als echte Veranstaltung auszustrahlen. Am Anfang lacht man über die Ironie, so war ja das AfD-Video eine bewusste Falschmeldung. Mulmig wurde uns, als Bilder von Team-Mitgliedern im Netz auftauchten und dazu aufgerufen wurde, die Namen und Adressen herauszufinden.

Schließlich stand der AfD-Abgeordnete Frank-Christian Hansel mit einem Kameramann vor der Haustür meines Firmen-Partners und filmte das Klingelschild ab. Der Krawatte nach zu urteilen ist Hansel ein Mensch, der erst handelt und dann nachdenkt, aber ein Abgeordneter muss wissen, dass diese Unsitte, Privatadressen ins Netz stellen, nicht nur illegal ist, sondern auch gefährlich. Das Video mit den Adressdetails wurde über den Facebook- und Youtube-Kanal der AfD-Berlin geteilt, wo viele Kommentatoren sehr erregt über den jüdischen Namen meines Partners waren.

... Natürlich wusste jeder bei der Partei, dass wir eine Satire drehen. Wir haben das komplette Set mit entsprechenden Hinweise zugekleistert. Hansel "besuchte" uns, als wir uns schon längst als Auftraggeber des Satire-Drehs zu Erkennen gegeben hatten. Und dennoch stellte er sich taktisch blöd. Man kann auch sagen: Er hielt an der perfiden Lüge fest. Denn in den Kommentaren zu den Videos erkennen wir, dass es die Story schon längst in den Alternative-Fakten-Kanon der rechten Filterblase geschafft hat. Schon immer wollte man beweisen, dass Videos wie Hetzjagden in Chemnitz von Linken und Systemmedien inszeniert werden. Wenn der Chef des Verfassungsschutzes genau dieses Narrativ in genau dieser Woche stützt, dann geht der Plan perfekt auf. Danke, Maaßen.

Viele tun immer so überrascht, wenn sie von diesen Methoden hören. Dabei gehören gerade Attacken auf Künstler und Journalisten zum kleinen Einmaleins der Autokratie. Die eigenen Anhänger sollen das Vertrauen in das wichtige Korrektiv namens Medien verlieren. Nicht umsonst ist überall auf der Welt und überall in der Geschichte Schritt eins nach der Machtübernahme die Einschränkung der Kunst- und Pressefreiheit. Zuvor wird diesem Eingriff der Weg geebnet, in dem systematisch an der Glaubwürdigkeit der Medien gesägt wird.

... Ich verstehe jeden, der es satt ist, von Tourette-Linken niedergeschrien zu werden. Ich verstehe jeden, der in der Migration ein gigantisches Problem sieht. Ich verstehe sogar alle, die sich eine Partei wünschen, die so erzkonservativ ist, dass sie uns am liebsten zurück in die 50er-Jahre bringen will. Aber weiter zurück sollten wir nicht fallen. Wer Künstler und Journalisten bedroht und in den eigenen Kommentarspalten toleriert, dass Medienschaffende und ihre Familien dem Mob präsentiert werden, der kann keine Alternative sein. Sagt das gern auch Euren Eltern.

Und jetzt viel Spaß mit unserem Clip, solange man in Deutschland solche Clips noch produzieren darf:

"Volksfest in Sachsen"
Nazis, Politik, Medien und Musikfreunde: Chemnitz war für alle ein voller Erfolg.
https://youtu.be/MAIuMnMdh1Y (https://youtu.be/MAIuMnMdh1Y)

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Aus: "Ein Hauch von '33 – Und plötzlich stehen sie vor deiner Tür" Schlecky Silberstein (Published on September 17, 2018)
Quelle: http://www.schleckysilberstein.com/2018/09/ein-hauch-von-33-und-plotzlich-stehen-sie-vor-deiner-tur/ (http://www.schleckysilberstein.com/2018/09/ein-hauch-von-33-und-plotzlich-stehen-sie-vor-deiner-tur/)

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Quote[...] Der SWR will die antisemitischen Drohungen gegen den Berliner Satire-Produzenten Schlecky Silberstein ,,sorgfältig und sachlich prüfen" und gegebenenfalls ,,notwendige Maßnahmen einleiten". Der Sender werde nicht hinnehmen, dass vom SWR beauftragte Produzenten diskreditiert oder bedroht werden, heißt es in einer Stellungnahme.

Silberstein produziert das Format ,,Bohemian Browser Ballett". Die Dreharbeiten zu einem Satire-Video ,,Volksfest in Sachsen", eine Parodie auf die Vorfälle in Chemnitz, hatte die AfD Berlin zu einem Hausbesuch veranlasst, Silberstein hat antisemitische Morddrohungen erhalten.

Der Berliner AfD-Vorsitzende Pazderski verteidigte das Vorgehen. Für die AfD seien antisemitische Kommentare kein Thema, ihr gehe es um die Aufdeckung unlauterer Propaganda mit Geldern des öffentlich-rechtlichen SWR.

Bei Satire können man immer darüber streiten, ob man sie gelungen finde oder nicht. ,,Aber wenn Drohungen und Einschüchterungsversuche gegen Künstler, Produzenten oder andere Medienschaffende erfolgen, zeigen sich gesellschaftliche Zustände, die Anlass zu Besorgnis geben", sagte Gerold Hug, Programmdirektor Kultur des SWR, der das ,,Bohemian Browser Ballett" produzieren lässt. Wie nun notwendige Maßnahmen zum Schutz der Journalisten aussehen könnten, teilte der SWR nicht mit. meh


Aus: "Der SWR will sich wehren" (19.09.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/medien/satire-video-von-schlecky-silberstein-der-swr-will-sich-wehren/23087108.html (https://www.tagesspiegel.de/medien/satire-video-von-schlecky-silberstein-der-swr-will-sich-wehren/23087108.html)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 18, 2018, 11:44:50 AM
Quote[...] Was eint die Deutschen? Diese Frage treibt sie seit jeher um, lässt sie erbittert streiten, und vielfältig fallen die Antworten aus: Sprache, Kultur, Tradition, Geschichte, Lebensweise, Blut, Abstammung, Verfassung, der Pass. Dabei ist das verbindende Element vielleicht etwas ganz anderes, das Gefühl nämlich, sich in diesem Land fremd zu fühlen.

,,Fremd im eigenen Land", das ist zum Topos geworden, so heißen Lieder, Bücher und Filme. ,,Nicht anerkannt, fremd im eigenen Land, kein Ausländer und doch ein Fremder", singen die Hiphopper von ,,Advanced Chemistry". In einem Sammelband aus dem Jahr 1979 drücken es in Deutschland lebende Juden ähnlich aus. Angela Merkel wiederum reagierte auf Kritik an ihrer Flüchtlingspolitik mit dem legendären Satz: ,,Ich muss ganz ehrlich sagen, wenn wir jetzt anfangen, uns noch entschuldigen zu müssen dafür, dass wir in Notsituationen ein freundliches Gesicht zeigen, dann ist das nicht mein Land."

In der Fremde ist die Fremdheitserfahrung gewissermaßen eingespeist. Sie wird erwartet und verstanden. Aber im eigenen Land? Da rebelliert etwas. Dabei ist das Gefühl der Nichtzugehörigkeit, des Ausgeschlossenseins, durchaus normal und konstitutiver Teil einer deutschen Identität. Denn das Land besteht ja quasi aus Parallelwelten. Der friesische Fischer beim Kölner Karneval, der nüchterne Hannoveraner beim Thalheimer Schuplattlerfest, der Hartz-IV-Empfänger aus Anklam, der Stadt mit der höchsten Arbeitslosenquote, zu Besuch in Kronberg im Taunus – man muss kein Fremder sein, um sich fremd zu fühlen. Es soll sogar Menschen geben, die sich in einem Deutschland, in dem sich niemand mehr fremd fühlen würde, gerade deshalb sehr fremd fühlen würden.

Das Land ändert sich, laufend. Wo früher der Konditor war, ist jetzt Starbucks, im Supermarkt bezahlt der Kunde bargeldlos mit dem Handy, Telefonzellen gibt's keine, eine Kundenberatung findet oft nur online statt. ,,Das ist nicht mein Land", seufzt der Senior. Kaum einer geht sonntags noch in die Kirche, auch Schwule dürfen heiraten, das Patriarchat ist am Ende. ,,Das ist nicht mein Land", seufzt der Konservative. Immer mehr Menschen aus dem Nahen Osten und Afrika kommen ins Land, viele sind Muslime, viele traumatisiert. ,,Das ist nicht mein Land", seufzt der besorgte Bürger. Wer einen ausländisch klingenden Namen hat, wird diskriminiert, hat Probleme bei der Wohnungs- und Arbeitsplatzsuche. ,,Das ist nicht mein Land", seufzt der Deutsche mit Migrationshintergrund. ,,Ich bin ein Deutscher, wenn wir gewinnen, aber ein Migrant, wenn wir verlieren", hat Mesut Özil gesagt.

Deutsche mögen einander nicht besonders. Das hat mit ihrer Geschichte zu tun. Ob Wessis gegen Ossis, Ossis gegen Wessis, Frauen gegen Männer, Männer gegen Frauen, Grüne gegen Liberale, AfDler gegen Linke, Deutsche ohne gegen Deutsche mit Migrationshintergrund: Da ballt sich die Faust schon in der Tasche, bevor das erste Wort gewechselt wurde. Das lässt sich bedauern, aber es spendet auch ein wenig Trost. Wenn keiner keinen mag, muss keiner das Nichtgemochtwerden persönlich nehmen. Einiges spricht dafür, dass Mitläufer der Pegida einen Aktivisten der Antifa noch stärker hassen als den Schutzsuchenden aus Eritrea.

Fremd im eigenen Land, das ist ein deutsches Alltagsgefühl. Vielleicht ist es der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich die Möglichkeit einer Verständigung über ideologische, ethnische und geographische Grenzen hinaus bringen lässt. Wenn es den Deutschen gelingt, sich in gegenseitiger Abneigung herzlich verbunden zu fühlen, hätten sie viel erreicht.


Aus: "Fremd im eigenen Land? Das verbindet!" Malte Lehming (17.09.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/kultur/deutsche-identitaet-fremd-im-eigenen-land-das-verbindet/23077534.html (https://www.tagesspiegel.de/kultur/deutsche-identitaet-fremd-im-eigenen-land-das-verbindet/23077534.html)

Quoteprovinzler 10:25 Uhr
Diese Deutschen, die so mit Deutschlandfahnen wedeln und Migranten + Linke + Liberale, Grüne, Christen + wer weiß nicht alles nicht mögen, sind mir tatsächlich sehr fremd. Und wenn ich mir von denen dann noch anhören muss, Gutmensch zu sein + Deutschenhasser + Kommunist.. zu sein, dann sehe ich wirklich nichts, was mich mit solchen verbindet. Wenn man irgendwo fremd ist, nützt es ja immer, sich mit der anderen Sprache und Kultur auseinanderzusetzen und dann entsteht eine Annäherung. Aber sorry, bei afdpegidanpd... finde ich so etwas nicht einmal im Ansatz.


QuoteNils74 09:09 Uhr
Hass ist nicht das richtige Wort, es geht auch nicht um mögen oder nicht mögen.

Es ist das Unverständnis darüber, was dem Gegenüber vor allem anderen wichtig ist, was ihn in seinem Denken und Tun antreibt. In dieser Hinsicht haben wir uns inzwischen zu einer sehr pluralistischen Gesellschaft entwickelt - zu dem Preis, dass wir einander oft nicht mehr verstehen. Das ist dann gerne der Punkt, an dem die blanke Denkfaulheit oder die Ideologie einsetzt und an dieser Stelle schließlich kommt dann auch der Hass ins Spiel.

Was uns Deutsche eint, ist das, was wir aneinander noch verstehen. Und das wird immer weniger.


QuotePat7 17.09.2018, 20:57 Uhr
Sich in herzlicher Abneigung fremd zu sein konnten die Menschen auf heute deutschem Boden doch schon seit Menschengedenken.  ...


Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 18, 2018, 12:24:04 PM
Quote[...] Die deutsche Linke und der Islam, das ist eine monströse Geschichte. Denn es ist die Begegnung zweier Seelenlagen, jede von ihnen voller Schuldgefühle. Das linke Schuldgefühl kommt aus der Hölle der deutschen Vergangenheit. Das islamische Schuldgefühl kommt aus dem allmächtigen Himmel, in dessen Dienst die muslimische Welt ihre Zukunft verpasst. Das linke Schuldgefühl entlastet sich durch maximale Toleranz. Das islamische Schuldgefühl besänftigt sich durch maximale Intoleranz. Beide Schuldgefühle erzeugen ein Monstrum an Irrationalität auf deutschem Boden. Die maximale Toleranz aber befreit die Linke keineswegs von ihrem Schuldgefühl. Deshalb tendiert ihre Toleranz zur Grenzenlosigkeit, sie toleriert alles, es sei denn, es komme von "rechts", aus der Hölle. Für alles andere, und sei es noch so übel, wird sie zur Blanko-Toleranz. Die islamische Intoleranz hingegen toleriert nichts, es sei denn, es komme aus dem Himmel. Auch sie ist in ihrem Schuldgefühl steckengeblieben. Deshalb verbaut sie der muslimischen Welt weiterhin die Zukunft. Beide Schuldgefühle versuchen sich durch jeweilige Hypermoralität zu entschulden. Das produziert den Überlinken einerseits und den Übermuslim andererseits. Beide müssen zur Vernunft gebracht werden. Aber wie und von wem?

Zunächst die triste Bilanz aus der Begegnung irrationaler Toleranz mit irrationaler Intoleranz: Die deutsche Linke hat den linken Verstand verloren, denn ihre Toleranz dem Islam gegenüber duldet alles, was der aufgeklärten deutschen Gesellschaft und was freiheitsbewussten Musliminnen und Muslimen in Deutschland und in der islamischen Welt schadet.

Es gibt einen neuen Orientalismus, den die Linke nun von den Muslimen selbst einfordert, schreibt die algerische Feministin und langjährige Unesco-Mitarbeiterin Wassyla Tamzali: "Muss ich ab jetzt verschleiert sein, um Gehör zu finden?" Der neue, linke Orientalismus grenzt den muslimischen Menschen aus der Aufklärung aus, wie früher der alte, eurozentrische Orientalismus es tat. Markenzeichen des linken Neo-Orientalismus ist das "Kopftuch". Es gehört in Anführungszeichen gesetzt, denn es ist kein Kopftuch. Es ist ein den Frauenkörper bis über die Fußknöchel abdeckender Hidschab, Nikab, eine Burka oder ein Burkini. Deshalb werde ich ab jetzt das Wort "Kopftuch" immer in Anführungszeichen setzen. Denn das Kopftuch ohne Anführungszeichen verharmlost, was das "Kopftuch" der Frau und dem Bild von der Frau in der heutigen Welt antut. Der linke Neo-Orientalismus behauptet, das "Kopftuch" werde "freiwillig" getragen. "Harvey Weinstein und seine Anwälte verteidigten sich gegen den von einer Frau erhobenen Vorwurf sexuellen Übergriffs mit dem Argument, die Frau habe den Handlungen des amerikanischen Produzenten freiwillig zugestimmt. Das hört man jetzt auch, wenn es um die verschleierten Frauen geht", so Wassyla Tamzali. Missionarisch, militant, inhuman ebnet die deutsche Linke dem "freiwilligen" Fundamentalismus in Deutschland den Weg. Der "freiwillige" Fundamentalismus ist gefährlicher als der offen erzwungene. Denn der offen erzwungene lässt den Widerstandswillen intakt, der "freiwillige" löscht ihn als "unislamisch" aus.

Ich hatte nie etwas gegen den Islam, bis ich plötzlich merkte, dass der Islam etwas gegen mich und meine muslimischen Freunde hatte. Ich habe mit dem heutigen Islam nicht mehr Schwierigkeiten, als ich mit jedem reaktionären Deutschen, Franzosen oder Chinesen habe. Mit jedem Amerikaner, Türken, Buddhisten, Christen, Hindu, Nord- oder Schwarzafrikaner, Dunkelhäutigen oder Hellhäutigen, der gegen die Gleichberechtigung von Mann und Frau ist, gegen die Gewissensfreiheit, gegen die Gleichheit aller Menschen, ob "gläubig" oder "ungläubig", der gegen die Trennung von Religion und Staat ist, der gegen die Vermischung von Menschen unterschiedlicher kultureller Prägung ist, der gegen Homosexuelle ist, gegen die sexuelle Selbstbestimmung der Frau, gegen die Gedankenfreiheit. Leider ist der gegenwärtige Islam gegen all dieses. Anders als der einzelne reaktionäre Deutsche, Amerikaner, Chinese, dem ich aus dem Weg gehen kann, hat der Islam mehr Macht als diese alle zusammen. Er ist vielerorts Staatsmacht. Er ist Staatsreligion. Er beherrscht einen großen Teil der Welt. Er steckt in international vernetzten Terrororganisationen. Er verfügt über zivile Organisationen, die "friedlich" und "tolerant" die westlichen Freiheiten für ihre antifreiheitlichen Zielsetzungen nutzen, an erster Stelle die westliche Religionsfreiheit, die der Islam bei sich nicht duldet. Dieser Islam ist militant und missionarisch wie die linke Islam-Toleranz, die ihm militant und missionarisch entgegenkommt. Seit dem 11. September 2001.

Ich habe keine Schwierigkeiten mit einer Linken, die links ist. Die "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" für alle gelten lässt. Die muslimische Aufklärer nicht als "Rassisten" diffamiert, weil sie Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit auch für Muslime wollen. Was wäre die Welt ohne die Linke? Ohne jene Linke, die sich für die gesellschaftliche Emanzipation auf sozialem und kulturellem Gebiet eingesetzt hat seit den Zeiten Voltaires? Die den Kolonialismus bekämpft hat? Die die Befreiungsbewegungen inspiriert und unterstützt hat? Die den katholischen Fanatismus besiegt hat? Die die Kirche gezwungen hat, Gleichberechtigung und sexuelle Selbstbestimmung anzuerkennen? Ich habe nur Schwierigkeiten mit einer Linken, die alles dies aufgibt, sobald das Wort "Islam" fällt. Die so tut, als wäre der Islam Teil einer Befreiungsbewegung gegen die (angebliche) politische und kulturelle Hegemonie des Westens. Die nicht zugibt, dass der Islam selbst zum grausamen Unterdrücker in weiten Teilen der einstigen "Dritten Welt" geworden ist. Die einverstanden ist, dass der Islam dort alles Aufgeklärte und Demokratiefreundliche als "westlich", "verwestlicht", "unislamisch" ablehnt und verfolgt. Die einen Islam unterstützt, der auch in Deutschland die Abschottung von allem "Westlichen" fordert und die Frau für "unrein" hält.

Mit einer Linken, die im Namen der Toleranz all dieses akzeptiert, will ich nichts zu tun haben. Sie missachtet die Menschenrechte. Sie toleriert, dass ein Teil unserer Gesellschaft, der Teil mit muslimischem "Migrationshintergrund", im Namen Gottes hinter die Menschenrechte für alle Menschen zurückfallen konnte. Ich will keine Linke, die Religionskritik für "rassistisch" hält, sobald sie den Islam betrifft. Religion ist keine Rasse, was soll der Unsinn? Es wird höchste Zeit für eine Linke, die wieder links wird. Die endlich kapiert, dass die bedrohte Minderheit in der Welt von heute nicht der Islam, sondern die Aufklärung ist. Deutschland braucht eine Linke, die mit der muslimischen Aufklärung zusammenarbeitet. Ihr sollte die linke Toleranz gelten, nicht – wie seit 20 Jahren – ihren Feinden. Es kann doch nicht sein, dass diese Selbstverständlichkeit aufgegeben wird, weil Kritik am Islam angeblich "Wasser auf die Mühlen der Rechten" liefert. Was wiegt denn diese Rechte gegen die Menschenrechte? Mit der Aufgabe linker Selbstverständlichkeiten ist es doch die Linke selbst, die seit Jahren Wasser auf jene rechten Mühlen liefert, die sie trockenlegen möchte. Die Linke ist es, die immer mehr Bürger nach "rechts" treibt, weil sie bei der Linken nicht mehr finden, was einst zum linken Selbstverständnis gehörte: Kritik an Dogmen, an Fanatismus, an Frauenverachtung, an gesellschaftlicher Rückständigkeit und an einer Aufteilung der Menschheit in "Gläubige" und "Ungläubige", also in Gut und Böse. So dreht die Linke die Republik nach rechts.

Um wieder links zu werden, muss die Linke erst einmal rechts anfangen, wo sich inzwischen alle Probleme zur Behandlung eingefunden haben, die die Linke seit zwei Jahrzehnten verdrängt: vom aufklärungsresistenten Islam über den vom Islam ruinierten Multikulturalismus und die gegen "Ungläubige" abgeschotteten Parallelgesellschaften bis hin zur Penetranz des Islam im staatlich neutralen Raum via "Kopftuch" für Lehrerinnen, dem Mobbing nichtislamischer Schüler und dem muslimischen Antisemitismus. Ganz zu schweigen vom Terror im Namen des Islam, der nach Rotgrünlinks mit dem Islam "nichts zu tun" hat. Dabei berichten algerische und marokkanische Zeitungen – muslimische (!) Zeitungen – ausführlich, warum genau das Gegenteil der Fall ist: "Der traditionelle religiöse Diskurs rechtfertigt in der Tat diese Gewalt. Es fordert uns viel Mut ab, das anzuerkennen, aber dennoch ist es die Realität. Wir müssen die religiösen Texte und archaischen Interpretationen angreifen, die immer noch Terrorismus hervorbringen und ihn rechtfertigen", war in der algerischen Zeitung "El Watan" nach dem Massaker an der "Charlie Hebdo"-Redaktion zu lesen.

(Samuel Schirmbeck, 15.9.2018) Samuel Schirmbeck (Jg. 1941) ist Soziologe, Autor und Filmemacher. Er hat ab 1991 das ARD-Büro Nordafrika in Algier aufgebaut und berichtete als Korrespondent über Algerien. Dieser Text ist ein Auszug aus seinem neuen Buch "Gefährliche Toleranz – Der fatale Umgang der Linken mit dem Islam". Es erscheint am 21. September im Orel-Füssli-Verlag.



Aus: "Der fatale Umgang der Linken mit dem Islam Kommentar der anderen" Samuel Schirmbeck (14. September 2018)
Quelle: https://derstandard.at/2000087380082/Der-fatale-Umgang-der-Linken-mit-dem-Islam (https://derstandard.at/2000087380082/Der-fatale-Umgang-der-Linken-mit-dem-Islam)

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dampfplaudern

Das Problem der sog. "Linken"
1. es gibt keine Zertifizierungsstelle für "Geprüfter und für gut befundener Linker".
Jeder, der glaubt irgendwie gegn das Establishment zu sein, kann sich "Linker" nennen. Derweil habe ich Zwifel, dass nur 1/10 von denen weiß, was "Linkssein" wirklich meint ("Ich bin kein Marxist!" cr. Karl Marx)
2. der limtieirende Fakter ALLER Linken, egal ob Avantgarde- oder Vulgärlinker, ist dennoch der Wahn, dass Gewalt NUR eine Folge ungleicher Verteilung ist, somit ist für denen islamistische Gewalt und islam. Unterdrückung nicht deren Versagen sondern unseren zuzurrechnen.
In dieser selbstgesteckten FAlle sitzen die Linken und werden wohl nie dort herasukommen


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madame schmeckenwasser

Als Linke (ich spreche für mich und möchte nicht wie der Autor hier pauschal von "den Linken" sprechen) lehne ich jede Form von Extremismus, antidemokratische und unsoziale Tendenzen ab.
Als Atheistin lehne ich jede Form von religiösen Chauvinismus und Fanatismus ab.
Als Feministin lehne ich jede Form von Sexismus, Misogynie und Antifeminismus ab.
Aber:
Als Freundin von frommen Christen, Moslems und Juden lehne ich die Beschränkung der Religionsfreiheit ab.
Ich lehne es ab jeden Moslem als Fanatiker, Sexist, Extremist zu diffamieren.
Ich lehne es ab Musliminnen die Selbstbestimmung noch einmal abzusprechen.
Ich lehne es ab, dass ein alter Mann es sich erlaubt, über "die Linken" und "die Moslems" pauschal einen Stab zu brechen.


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Liberaler Atheist

Genau so Linke wie Sie sind das Problem.


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Labsal

Exhibit A zum Artikelinhalt: madame schmeckenwasser
am besten gefällt mir die Vorliebe für ("fromme" :-) Muslime und Religionsfreiheit gleichzeitig. Gibt es irgendeine Ideologie auf der Welt, die Religionsfreiheit stärker ablehnt als der Islam?


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lokin

Hier wurde kein Stab gebrochen, sondern sehr schlüssig erklärt, wie unter dem Etikett "links" eine falsche Toleranz gepflegt wird. Die Moslems wurden nicht pauschaliert, sondern es wurde dargelegt, warum Toleranz von linker Seite v.a. gegenüber salafistischen Strömungen ein Verrat an genuin linken Ideen unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit ist, da dadurch die Rückendeckung für einen aufgeklärten Islam fehlt. Ich habe sehr wohl gläubige Moslems als Freunde, diese pflegen jedoch eine aufgeklärte Haltung, ich unterstütze meinen Freund im Ramadan, aber Kopftuch und Exklusion Andersgläubiger gibt es in dessen Familie nicht. Ich habe nach 34 Jahren als treuer Wähler aufgehört SPÖ zu wählen, weil mir eine klare Position zu diesem Thema fehlt.


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madame schmeckenwasser

Nein, der Autor hat das wiedergegeben, was Rechte über Linke sagen. Ich kenne wirklich sehr viele Sozialdemokraten, Grüne und Pilzwähler und auch Kommunisten, Politiker, Aktivisten und Sympathisanten, aber niemand deckt oder sympathisiert mit extremistischen Strömungen! Diese Behauptung wird nur von Rechten getätigt.


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lokin

Nein, der Autor hat das wiedergegeben, was frustrierte Linke über Linke im Toleranzwahn sagen. Das Frustrierendste ist, dass sich Leute wie Sie gleichzeitig für schlau und für links halten, dabei aber auf zumindest einem Auge blind sind, während sie sich an der eigenen Selbstgerechtigkeit erfreuen, obwohl sie die Ideale des Sozialismus verraten. Schauen Sie sich linke Wahlkampfplakate und Karikaturen aus den 50ern an, wie dort mit dem damals noch vorhandenen christlichen klerikalen Politagitatismus umgegangen worden ist. ...


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madame schmeckenwasser

"Frustrierte Linke" ... Sie meinen wohl eher jene Opportunisten, die sämtliche Errungenschaften der Sozialdemokratie ausnutzen und nun FPÖ wählen, weil FPÖVP ihnen einredet, dass die Flüchtlinge daran schuld sind, dass Österteich ein Failed State ist und im völlig abgesandelten Wien ein Bürgerkrieg tobt?
Ja, die Meinung dieser "frustrierten Linken" sind natürlich ganz ausschlaggebend für mich, wenn es darum geht, wie wir mit Minderheiten umzugehen haben.
Und zu den Wahlplakaten: Religiosität lässt sich nicht verbieten. Sämtliche Versuche (von der UdSSR bis Ägypten) zeigten, dass sich dadurch im Untergrund fundamentalistische Strömungen bilden und Extremismus entsteht.
Der Katholizismus wurde ja auch nicht verboten.


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wundertsichnurmehr

Ich KANNS schon nicht mehr hören... Die Muslime sind Terroristen und die linken Islamliebhaber... Also ALLE linken, die ich in meinem Leben kennengelernt habe, sind gegen jede Art von Unterdrückung und Bevormundung. Nur weil man gegen Assimilierung durch Verbote ist, heisst das nicht, dass man etwas gut findet. Ich habe in den letzten 20 Jahren mit so vielen fundamentalistischen Moslems diskutiert, dass ich ihre Zahl nicht einmal mehr ansatzweise nachvollziehen könnte. Ein einziges mal gelang es mir sogar, dessen Ansichten aufzuweichen. Wenn man solcher pauschalisierung dann von linken kritisiert wird (z.B. Sarazzin, der auch die ganze Zeit von "dem Islam" spricht, heisst es wieder man wäre für den totalitären Islam. Beginnt mal mit zuhören


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Chvojsik Roman

Die Frage ist einfach wie sie fundamentalistisch definieren. zb 76% der Afghanen halten Ehrenmorde für rechtfertigbar. Eher fundamentalistisch.

99% der brit. Muslime hält Homosexualität für unmoralisch. Da könnte man sagen das ist zwar rückständig aber nicht extrem und irgendwo Privatsache.
52% aber würden Homosexualität verbieten, das ist dann schon wieder recht radikal und auch nicht mehr Privatsache.

Natürlich gibt es aber auch moderate Muslime.

Ein Unterschied jedoch ist wesentlich und findet sich sich in muslim. Communities im Westen genauso wie in mehrh. muslimischen Ländern.

Radikale Ansichten finden, anders als bei westlichen Gesellschaften, bis weit in die Mitte der Gesellschaft Unterstützung (Antisemitismus, Frauenrechte, Rechtf. von Gewalt, ...).

Und das ist problematisch.


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TheBeast72

Da ich mich selbst recht eindeutig zur Linken zähle, kann ich über den Beitrag oben nur ein Urteil fällen: Komplett hirnbefreiter Unsinn.

Nachdem das gesagt ist: Kann mir irgendwer erklären, wo denn genau der Islam als der Freund der Linken definiert wird, und vor allem von wem? Es sind doch eigentlich die Rechten, die den eigenen Zugang zu den Futtertrögen einzementieren will, indem sie der Linken Kooperation mit den Asylbetrügern (wisse: alle Moslems sind solche!) unterstellen und impluieren, dass wer links wählt auch gleichzeitig die Mullahs in Afghanistan unterstützt.

Religionskritik ist eine urlinke Idee (siehe Marx), das heißt aber nicht, dass automatisch alle Anhänger einer(!) Religion böse sind, wie das die Rechte so gerne sieht.


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Sk3ptiker

Genau so sehe ich die politische Linke inzwischen auch. Früher waren andere Themen im Vordergrund, Themen, die den Leuten wirklich wichtig waren. Heute geht es anscheinend nur noch um den Kampf gegen Rechts und da die Rechten gegen den Islam sind, sind die Linken halt dafür. So kommt es einem zumindest vor. Warum sonst sollte gerade ein links orientierter Mensch eine Ideologie verteidigen, die für all das steht, was er einst so radikal bekämpft hat?

Also, aufwachen liebe Linken, der Islam ist nicht euer Freund! Wenn ihr das endlich lernt, klappts ja vielleicht auch wieder mit der nächsten Wahl...


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Vorstadtneurotiker

Dieser Artikel gehört den grünen Träumern ins Stammbuch geschrieben! Großartige und ins Schwarze treffende Analyse


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Partagas

Was "die Linken" nicht verstehen: je toleranter man ist desto mehr öffnet man den Intoleranten Tür und Tor.


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Igel im Gras

MUTIGER Artikel?
Ich finds spannend, dass dieser Artikel von so vielen "mutig" genannt wird. Dabei tönt doch seit Jahren jedes Revolverblatt, dass die Linke den Islam verharmlost. Und unsere lieben FPÖler und ÖVPler predigen das ebenfalls seit geraumer Zeit.
Ich würd eher sagen - willkommen im populistischen Mainstream.


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madame schmeckenwasser

Der Autor will den politischen Kreis schließen?
"Um wieder links zu werden, muss die Linke erst einmal rechts anfangen..."
Herr Schirmbeck, wo wären wir denn dann?
Da der Autor außer pauschalen Unterstellungen keinerlei Lösungsvorschläge anzubieten hat, aber "rechts anfangen" möchte, wird ihm der Vorschlag des österr. Innenministers, Menschen konzentriert zu halten, vielleicht gefallen.

Linke sind der Aufkläung und der Vernunft verpflichtet, beides lässt sich weder mit religiösem, noch mit politischem Extremismus vereinbaren. Dem Autor verschwimmen d. Grenzen zwischen Frömmigkeit und Fanatismus ebenso wie zw. Verfolgung und Toleranz.
Ich empfehle zur Linderung des übertriebenen Verkündens der "Wahheit" die Lektüre von Amos Oz "Liebe Fanatiker".

[Amos Oz entwirft das Profil des Fanatikers unabhängig von Religion oder politischer Anschauung. Er betrachtet Fanatismus als "schlechtes Gen", als Bestandteil der menschlichen Natur, aber auch als "ansteckende Krankheit". Deren Charakteristikum sei der Unwille zu diskutieren, völlige Humorlosigkeit, die Unfähigkeit, Unterschiede auszuhalten, Abscheu gegenüber Diskursen, die als "hegemonial" empfunden werden, Mangel an Toleranz gegenüber Andersdenkenden, Selbstmitleid, fehlendes Ego. Hingegen macht der Autor Neugier, Fantasie und Humor als "Teilimmunisierung" gegen Fanatismus aus. Die Vielzahl moralischer Argumente gegen Fanatismus reduziert Oz auf einen Satz: "Du sollst niemandem Schmerz zufügen." In der Auseinandersetzung mit ultraorthodoxen und nationalistischen Kräften in Israel positioniert sich Oz als selbstbewusster Israeli, der eine Kultur des Abwägens und Überzeugens, des miteinander Redens starkmacht gegenüber einer des Gehorsams. .... Quelle: https://www.deutschlandfunkkultur.de/essaysammlung-liebe-fanatiker-amos-oz-ueber-die-ansteckende.950.de.html?dram:article_id=412592 (https://www.deutschlandfunkkultur.de/essaysammlung-liebe-fanatiker-amos-oz-ueber-die-ansteckende.950.de.html?dram:article_id=412592) ...]



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Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 20, 2018, 07:16:08 AM
Quote[...] Meine Mutter ist eine Zeitreisende. Bisher hat sie ihren Heimatort nur ein einziges Mal und zwar für die Pilgerfahrt nach Mekka verlassen. Nun ist sie für zehn Tage in Europa und fühlt sich wie in einer Science-Fiction.

In ihren Augen ist hier alles aufregend und viel schöner als zu Hause: Die Bäume sind grüner, die Straßen sind sauberer, die Menschen sind sportlicher. Sie guckt sich die Welt mit dem Blick einer Abenteuerreisenden an und lässt sich nicht mal davon verschrecken, dass sie plötzlich einen halbentblößten Hintern vor der Nase hat, weil die Frau, die in der S-Bahn vom Flughafen vor ihr steht, einen so kurzen Minirock trägt.

Bevor wir in die Regionalbahn umsteigen, gehen wir am Hauptbahnhof essen. Ich wähle ein syrisches Restaurant. Da bin ich sicher, dass die Mahlzeit halal ist. Der Tee ist gut, befindet meine Mutter. Das Essen kann mit ihrem eignen aber nicht mithalten. Dafür interessiert sie das Publikum. Neben uns sitzt ein schwules Paar. Als wir auf dem Weg aus dem Restaurant darüber sprechen, hört sie gar nicht mehr auf zu kichern. Sie kann sich einfach nicht vorstellen, dass Männer Männer lieben können. Aber sie ist nicht verärgert, sie lacht nur. Wenn das so weitergeht, reißt sie sich morgen das Kopftuch runter und geht in die Disco.

Mein Vater sieht die Sache anders, in der Heimat ist fast alles schöner, größer und besser. Er ist als junger Mann etwas umhergereist und gibt sich weltmännisch. Nur an der ganz neuen Jeans und den ungetragenen sportlichen Schuhen erkennt man, dass er sich eigens für diese Reise europäisch verkleidet hat. Es soll keiner denken, dass er vom Mond kommt. Er hat mich schließlich schon mal besucht und wirft lässig mit seinen drei deutschen Worten um sich.

Es ist schön, die beiden hier zu haben. Und zeitgleich aufwühlend. Meine Mutter sieht abgekämpft aus. Nach der Bahnfahrt in meiner Wohnung angekommen, legt sie den langen alten Mantel und das Kopftuch ab. Sie hat sich auch schön gemacht für die Reise. Ihre grauen Haare sind gefärbt und die Haare modern geschnitten. Trotzdem sieht sie alt aus und bewegt sich beschwerlich. Ihr Körper ist kaputt. Sie hat immer arbeiten müssen, als älteste Tochter, als junge Ehefrau, als Mutter und nun als Oma. Sie kann sie sich gar nicht daran erinnern, dass sie mal einen Tag nicht geputzt und gekocht hat. Und vor der Reise hat sie tagelang Essen vorbereitet und eingefroren, damit die Familie nicht verhungert, während sie weg ist.

Kein Wunder, dass mein Vater von der Heimat schwärmt. Für Männer ist der Alltag in Irakisch-Kurdistan bequem. Doch für die meisten Frauen ist die Zeit dort stehen geblieben. Was würde passieren, wenn meine Eltern hier leben sollten. Würde mein Vater seine Frau zu Hause einsperren, aus Angst davor, dass sie sonst ein neues Leben beginnt?

"... ich soll doch endlich mit den Provokationen aufhören und meinen Atheismus im Leisen ausleben."

Ich kriege in diesen Tagen viele freundliche Nachrichten. Selbst Leute, die sich sonst an meiner Islamkritik stören, freuen sich über meinen Familienbesuch. Aber ich soll doch endlich mit den Provokationen aufhören und meinen Atheismus im Leisen ausleben, bitten sie mich. Ich soll Muslime nicht in ein schlechtes Licht rücken in diesen rassistischen Zeiten.

Natürlich gibt es auch in anderen Gesellschaften ähnliche Probleme. Aber ich erlebe nirgends sonst, dass die Ungerechtigkeit so breit mitgetragen wird. Ich kenne muslimische Väter, die ihren Töchtern den Schwimmunterricht verbieten. Ich habe muslimische Freunde, die ihre Schwestern überwachen. Ich erlebe muslimische Eltern, die ihre homosexuellen Kinder verstoßen. Und ich lese in der Zeitung von Muslimen, die sich und andere in die Luft sprengen. Weil Allah es angeblich so will? Und wo bleibt der Protest und der Aufschrei der aufrechten Muslime? Ich muss Muslime nicht negativ darstellen, das schaffen sie schon ganz für sich alleine – durch ihr Schweigen.

Meine Mutter hat ihren Mantel kaum abgelegt, da deckt sie den Tisch schon mit leckeren Speisen. Der ganze Koffer ist mit Leckereien gefüllt. Sie will meine Freunde bekochen, wir sollen alle einladen. Ich habe das vermisst, diese selbstverständliche Offenheit und Freundlichkeit. Meine Mutter ist kein böser Mensch. Auch mein Vater meint es gut. Sie haben mir nie schaden wollen, die Religion macht sie krank.

Glaube ist ein bisschen wie eine Droge. Wenn du selber entscheidest, wann und wie viel du davon genießt, dann kannst du viel Spaß damit haben. Aber wenn es dein Leben bestimmt, dann wird es zu einer Krankheit. Wenn du keinen Spaß verstehst und glaubst, dass es das einzig Wahre ist, dann hast du ein Problem. Und wenn du dir und anderen damit das Leben zur Hölle machst, dann brauchst du eine Therapie.

Ich nasche an den Keksen meiner Mutter, sehe meine glücklichen Eltern vor mir auf dem Sofa sitzen und werde leicht nervös bei dem Gedanken, dass ich heute vor dem Einschlafen nicht kiffen kann.

Diese Tage werden mir vielleicht ganz guttun, meinen Eltern hoffentlich auch.



Aus: "Familienbesuch aus Irakisch-Kurdistan - "Meine Mutter ist eine Zeitreisende"" Amed Sherwan (19. Sep 2018)
Quelle: https://hpd.de/artikel/meine-mutter-zeitreisende-15963#comments (https://hpd.de/artikel/meine-mutter-zeitreisende-15963#comments)

Quote

Kay Krause am 19. September 2018 - 18:33

Das erinnert alles sehr an einen Besuch meiner Schwiegermutter (einer liebenswerten Frau!) die - aus einem kleine bayerischen Dorf stammend, welches sie bis dato ebenfalls nie verlassen hatte, uns um 1968 in Hamburg b
esuchte und bei einem Innenstadt-Bummel sich partout weigerte, die Rolltreppe im Kaufhaus "Alsterhaus" zu betreten. Für sie war das ein teufelswerk!
Da sind wir nun heute mehr oder weniger alle mit einander weltweit vernetzt, und leben trotzdem immer noch in extrem unterschiedlichen Welten! ...


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Quote[...] Ourghi sprach sich dagegen aus, dass Mädchen vor der Pubertät ein Kopftuch tragen, denn diese könnten noch nicht selbst darüber entscheiden. Teils würden sie von ihren Familien emotional erpresst. So solle "die Sehnsucht nach der Freiheit und der Selbstbestimmung vor der Pubertät eliminiert werden", sagte Ourghi. Weiter sagte er: "Freiheit darf nicht erfahren werden. Wir sehen hier, dass das Kopftuch ein Instrument wird zu der Unterdrückung der Mädchen, schon früh. Ein Instrument, dessen Ziel die Unterwerfung der Frauen ist."

Abdel-Hakim Ourghi: "Ihr müsst kein Kopftuch tragen: Aufklären statt Verschleiern"
Claudius Verlag, München, 144 Seiten



Aus: "Kopftuch"Instrument der Unterdrückung"" (26.09.2018)
Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/kopftuch-instrument-der-unterdrueckung.886.de.html?dram:article_id=429010 (https://www.deutschlandfunk.de/kopftuch-instrument-der-unterdrueckung.886.de.html?dram:article_id=429010)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 20, 2018, 09:29:10 AM
Quote[...] Sie, die gute Freundin Höckes, ist zum Gesicht für den AfD-Erfolg in Bayern geworden. Bei diesem Erfolg spielt Protest eine Rolle, Unzufriedenheit, aber eben auch die Person Katrin Ebner-Steiner selbst. Wenn die blonde, blauäugige AfD-Politikerin im Dirndl am Rednerpult steht und mit niederbayerischem Dialekt Sätze ruft wie ,,Die AfD ist die Strafe Gottes für die CSU", dann tobt das Parteivolk. Und so mancher CSUler dürfte zustimmen. ...

...  Das Folkloristische, die Leidenschaft für die Familie, die regelmäßigen Kirchenbesuche – an Ebner-Steiner spricht eigentlich alles für die CSU. Doch Ebner-Steiner sagt: ,,Ich verkörpere das Wahlprogramm der AfD." Sie ist eine, die in einer Videobotschaft am Muttertag selig lächelnd davon spricht, wie schön es ist, wenn die Kinder abends im Bett liegen ,,und schlafen wie die kleinen Engelchen". Und die dann auf Parteiveranstaltungen wettert, der Islam strebe ,,nach der Weltherrschaft", Deutschland sei der ,,Anker für diesen Eroberungszug". Die von der Kanzlerin als ,,Deutschlandabschafferin" spricht und von ,,täglichen Vergewaltigungen, Messerstechereien und Morden". Davon, dass sie nachts manchmal nicht schlafen könne aus Angst um ihre vier Kinder.

Ebner-Steiner ist keine besonders begabte Rednerin, aber sie weiß, was die Partei hören will. Sie verbindet Mutterglück mit Islamhass, Bodenständigkeit mit einer Prise Verschwörungstheorie – und das kommt in der AfD ziemlich gut an.

Am Donnerstagvormittag vor zwei Wochen steht Ebner-Steiner wie jeden Donnerstag und Samstag auf dem Deggendorfer Marktplatz. Der Stand ist groß, an den Seitenwänden steht ,,Festung Europa" und ,,Unser Geld für unsere Leut". Drei Parteikollegen unterstützen sie, Rentner mit viel Zeit. Einer sagt: ,,Die Katrin reibt sich für die Partei auf."

... Ebner-Steiner selbst glaubt, dass sich ihr Erfolg in der Bürgernähe begründet, sich die Infostände auszahlen. ... Wie ist Ebner-Steiner von der naturschutzliebenden Mountainbikerin zur harten AfD-Vorzeigefrau geworden? Begonnen hat wohl alles vor 13 Jahren, als sich Ebner-Steiner gerade von ihrem ersten Mann getrennt hatte. Da wohnte sie eine Weile über einer türkischen Familie in einem Mehrfamilienhaus. ,,Katastrophal", sagt Ebner-Steiner. ,,Ständig die Familienbesuche, dann der Knoblauchgeruch im ganzen Haus und die Zigarettenqualmerei." Ebner-Steiner verdreht die Augen. ,,Das war meine erste negative Erfahrung. Vorher hab ich ja in Wolkenkuckucksheim gewohnt."

... Die Politik, sagt Ebner-Steiner, habe sie verändert, konsequenter gemacht, härter. ... Einerseits sagt sie Sätze wie ,,Emanzipation hat uns ja nicht viel gebracht" – weil sich Frauen zusätzlich zum Arbeiten immer noch um Haushalt und Kinderbetreuung kümmern müssten. Andererseits macht sie ja in der AfD Karriere.

Sie erzählt, wie sie in einer Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Passau Tränen in den Augen hatte, als sie die Frauen und Kinder dort sah. Da habe sie an die Reden gedacht, die sie gehalten habe, und sich ein wenig schlecht gefühlt. Dann sagt sie: ,,Aber man muss das große Ganze sehen, auch wenn einem der Einzelne leidtut."

Ebner-Steiner fordert eine Ausgangssperre für Flüchtlinge nach Einbruch der Dunkelheit, geschlossene Grenzen und konsequente Abschiebungen. Kurz vor Weihnachten vergangenen Jahres protestierten 175 Flüchtlinge aus Sierra Leone im Schnee gegen die Umstände ihrer Unterbringung im Deggendorfer Flüchtlingsheim. ,,Wir sind Flüchtlinge, nicht Feinde", stand auf einem ihrer Plakate.

... Der Stammtisch findet in einem Wirtshaus im Grünen statt, zehn Autominuten von Deggendorf entfernt. In einem kleinen Raum, getäfelt in hellem Holz und mit einem Kruzifix in der Ecke, sitzen schon etwa 20 Mitglieder und warten.

...  Dann stellt sich Dieter Will in die Mitte des Raumes, ein gebrechlich wirkender älterer Mann im khakifarbenen Rollkragenpulli. Seine angebliche Islamexpertise zieht er aus zwölf verschiedenen Koranen, die er zu Hause hat, alles unterschiedliche Übersetzungen. Der Titel seines Vortrages ist: ,,Sind wir Deutschen verrückt geworden?" Vor 2015 hätten die Deutschen ,,ein relativ schönes Leben" gehabt. Aber die Muslime hätten in Deutschland alles Mögliche eingeschleppt: Vielehe, Kinderehe, Zwangsehe. Er spricht von lügenden, von gewalttätigen Muslimen. Eine blonde Frau meldet sich: ,,Sie sind so kompetent, Sie müssten Hallen füllen!"

Dann kommt Will zum ganz düsteren Teil seines Vortrages. Demnächst hätten die Muslime die Mehrheit in Deutschland, bereits in fünf Jahren würden wir unser Land ,,nicht mehr wiedererkennen". Da wird es unruhig unter den Zuhörenden. Einer ruft: ,,Die Umvolkung ist nicht mehr zu stoppen!" Die blonde Frau sagt: ,,Wir sind verloren." Und ein anderer brummelt: ,,Es ist alles zu spät." Ebner-Steiner, die am Rand sitzt und bislang sehr still war, ruft: ,,Immer einer nach dem andern, sonst hört man nix!"

Als der Stammtisch vorbei ist und die Sonne untergegangen, fährt Ebner-Steiner zurück nach Deggendorf. Sie ist jetzt sehr müde. Im Auto sagt sie kurz vorm Abschied, manchmal zögen sie die vielen negativen Themen runter, die in der AfD diskutiert würden. Sie würde sich wünschen, dass die Partei mehr positive Botschaften setze. Manche in der Partei schlagen ihr vielleicht auch wegen dieser Haltung vor, sie solle doch lieber in die CSU wechseln. ,,Politik ist immer gefährlich", sagt Ebner-Steiner. Da hat man keine Freunde.


Aus: "Katrin Ebner-Steiner: Populistin im Dirndl" Maria Fiedler (20.09.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/themen/reportage/katrin-ebner-steiner-populistin-im-dirndl/23082642-all.html (https://www.tagesspiegel.de/themen/reportage/katrin-ebner-steiner-populistin-im-dirndl/23082642-all.html)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 20, 2018, 12:14:18 PM
Quote[...] Die bedeutendsten Forschungsprojekte zur Frage, was Menschen radikalisiert, zeigen, dass Menschen meist aus kultureller Verunsicherung, und nicht aus finanzieller Not heraus, zu Extrempositionen und Gewalt neigen.

Alle Klagen, die liberale Ordnung liege im Sterben, haben sicherlich einen wahren Kern. Immer mehr Menschen fühlen sich in der Realität nicht mehr zu Hause. Dieses Unbehagen drückt sich aus in der Wahl von Parteien, die einfache und «klare» Antworten auf hochkomplexe Fragen zu Wirtschaft, Immigration und Klimaveränderung haben, und von Politikern, die in «bodenständiger» Sprache («Die Mexikaner stehlen eure Jobs!») sprechen und nicht den Jargon von linksliberalen Intellektuellen pflegen.

Einer der wichtigsten zeitgenössischen Politikwissenschafter, Francis Fukuyama, ist seit Jahren sehr über die Erosion liberal-demokratischer Institutionen besorgt – auch wenn er vor fast dreissig Jahren Hegels Terminus vom «Ende der Geschichte» neu geprägt hat. Fukuyama glaubte nicht, dass keine geschichtlichen Ereignisse mehr stattfinden würden, sondern, dass ein System aus liberaler Demokratie und Marktwirtschaft nicht mehr von einer attraktiven Alternative überholt werden könne. Fukuyama hat bei vielen Gelegenheiten betont, er denke nicht, dass jemand in Russlands autokratischem Regime oder in Chinas Einparteisystem eine ernsthafte Alternative zur liberalen Demokratie sehen könne. Dies heisst nicht, dass liberale Demokratien nicht zusammenbrechen können, sondern, dass die liberale Demokratie als Ideal keine wirkliche Konkurrenz hat.

In seinem neuesten, eben erschienenen Buch «Identity: the Demand for Dignity and the Politics of Resentment», zusammengefasst in Fukuyamas Aufsatz «Die Gefahr der Identitätspolitik», argumentiert er, die ständige Beschäftigung der Linken mit immer kleineren Gruppen wie Transgendern oder Transsexuellen und das Verbot, nichtwestliche Kulturen zu kritisieren – die sogenannte politische Korrektheit –, hätten der demokratischen Kultur sehr geschadet. Der vielleicht wichtigste Schaden sei, dass die politische Rechte sich die «Tricks» der politisch korrekten Linken angeeignet habe und jetzt behaupte, auch die christliche Rechte habe das Recht, dass ihre Glaubenssätze nicht kritisiert würden.

Damit deutet Fukuyama auf eine permanente Schwäche der politischen Linken hin, die sich in ihrer gesamteuropäischen Schwächung ausdrückt. Immer wieder behaupten Sozialdemokraten, Radikalisierung – ob rechtsextrem oder islamistisch – sei allein auf mangelnde sozioökonomische Integration zurückzuführen. Doch die bedeutendsten Forschungen zur Frage, was Menschen radikalisiert, zeigen, dass Menschen meist aus kultureller Verunsicherung, und nicht aus finanzieller Not heraus, zu Extrempositionen und Gewalt neigen.

Fukuyamas neues Buch verbindet das mit Hegels Begriff des Bedürfnisses nach Anerkennung. Wie viel jemand in absoluten Zahlen verdient, sei für das Selbstbewusstsein weniger wichtig als der Vergleich mit dem Einkommen der anderen. Das Gefühl, die eigene Religion sei in der Mehrheitsbevölkerung nicht respektiert, habe auf das Selbstwertgefühl grösseren Einfluss als die Chancen auf wirtschaftlichen Erfolg.

Fukuyama behauptet seit dreissig Jahren, die liberale Demokratie biete die meisten Möglichkeiten zur Sicherung des Selbstwertgefühls, von Politik über Geschäftsleben bis Sport und Showbusiness. Aber derzeit scheint dies nicht zu reichen: Allzu viele Menschen, von der weissen Unterschicht in den USA bis zu Muslimen in Frankreich, fühlen sich «unsichtbar». Ihre wirtschaftlichen Nöte wahrzunehmen, ist wichtig, aber solange wir keine Wege finden, ihre Erfahrung mangelnden Respekts innerhalb eines liberal-demokratischen Systems zu mindern, müssen wir weiterhin mit Radikalisierungen von Weissen in den USA, Frankreich oder Italien, aber auch in islamischen Kreisen rechnen.



Aus: "Kolumne: Wenn Politik nur noch Identitätskampf ist" Carlo Strenger (20.9.2018)
Quelle: https://www.nzz.ch/meinung/kolumnen/wenn-politik-nur-noch-identitaetskampf-ist-ld.1421498 (https://www.nzz.ch/meinung/kolumnen/wenn-politik-nur-noch-identitaetskampf-ist-ld.1421498)

QuoteLaura Benedetti

... Die Linken haben in Europa den Fehler gemacht, zur Verschlechterung der Lebensbedingungen ihrer traditionellen Wähler beizutragen (z. B. Agenda 2010 und ungehemmte Immigration plus einhergehende Verknappung des Zugangs zu Bildung, Arbeit, Wohnraum und Wohlfahrt).
Die Linken haben dazu noch in Europa ihre eigene "kulturell gleichförmige Blase" selbst viel zu klein gemacht, so dass fast keiner darin noch Platz findet. Übertrieben formuliert, kann man kein Linker sein, wenn man nicht eine atheistische, vegane Lesbe ist, nicht mindestens drei Kindern von drei verschiedenen Vätern (darunter mindestens ein Asylant) hat und nicht als geisteswissenschaftliche Akademikerin verbeamtet ist und nicht in einem Minergiehaus wohnt.
In einem Punkt irrt Fukuyama. Die liberale Demokratie funktioniert bestens. Die Menschen der Unterschicht können sich auch dank der liberalen Demokratie sichtbar machen, auf der Strasse in Demonstrationszügen. Und sie machen sich sichtbar, als Verschiebungen in den Wähleranteilen der Parteien. Und nicht zuletzt machen sie sich sichtbar in der Entstehung und dem Aufblühen neuer Parteien oder in komplett überraschenden Präsidentschaftswahlen. Das sind Zeichen einer funktionierenden, liberalen Demokratie.


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Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 24, 2018, 11:27:04 AM
Quote... Es liegt was in der Luft: Junge Frauen suchen nach Sinn und flüchten in die Natur. Chakrenbalance, Kristalltherapie und Korbflechten sind .... hip. ... Chloe gehört einer Bewegung junger Frauen an, die mitten im Leben stehen, aber nach mehr suchen. Sie treffen sich regelmäßig in den Wäldern rund um London. Die Zusammenkünfte der sogenannten Sisterhood werden durch schamanische Praktiken, vedische Meditation, Tanz und Gesang begleitet. Dabei werden Lebensmittel fermentiert, Körbe geflochten, Stoffe gefärbt, Kräutermedizin hergestellt, Gedichte geschrieben, Yoga praktiziert, gemeinsam gekocht und vieles mehr. "Wir können nicht länger in einer zusammenhanglosen Welt existieren. Unser Überleben hängt davon ab, sich zu erinnern, wer wir sind und woher wir kommen", erklärt Charlotte Hall. Charlotte ist im gleichen Alter wie Chloe, lebt ebenfalls in London und arbeitet als PR-Beraterin in der Modeindustrie. Sie kam schon als Kind mit alternativen Lebensformen in Kontakt, besuchte regelmäßig New-Age-Gemeinschaften auf dem Land, die temporär zusammen lebten, Hütten nach altertümlichen Methoden bauten und ihr Essen am offenen Feuer zubereiteten. Als Teenager wandte sie sich von diesem Lebensstil ab, um wie die anderen zu sein. Erst mit der Schwangerschaft und Geburt ihrer Tochter öffnete sie sich wieder für ein anderes Leben und nimmt seither regelmäßig an Women's Gatherings teil.  ...

Aus: "Schamanismus: Finde die Weisheit der Gebärmutter" Lilli Heinemann (2. August 2017)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/2017-07/schamanismus-spiritualitaet-rituale-grossstadtleben-10nach8/komplettansicht (https://www.zeit.de/kultur/2017-07/schamanismus-spiritualitaet-rituale-grossstadtleben-10nach8/komplettansicht)

QuoteMag is back #1

Nur meine persönliche Meinung. Die oben genannten Rituale und Praktiken sehen für mich stark nach Wohlstandsdekadenz aus.



Quotecommandantina #13

Endlich mal ein angenehm nüchterner, nicht von vornherein ablehnender, aber doch kritisch hinterfragender Artikel zum Esoterik-Trend unserer Zeit, danke! Ich persönlich kann dieses Gewäsch "Verbinde dich mit deinen Körperteilen und heilige sie!" nicht ausstehen - dazu kenne ich (beruflich bedingt) viel zu viele Frauen im besten Alter, die erst aufgeblüht sind, als sie ihre Gebärmutter los waren. Auch die Behauptung, "göttliche Weiblichkeit" sei gleichbedeutend mit einem unbedingt zu akzeptierenden Empfangsprinzip (Zitat: "Bei der zelebrierten göttlichen Weiblichkeit ginge es hingegen um das Empfangen, darum, es den Dingen zu erlauben, zu einem zu kommen.") halte ich psychologisch für gefährlichen Unsinn: Es sind die Fesseln der Verzweiflung, die eine Frau der anderen anzulegen versucht, damit sie die Einsamkeit echter Erkenntnis nicht alleine ertragen muss.


QuoteJuliusU995 #16

"Chloe erklärt, dass die weibliche Kraft und Weisheit in der Gebärmutter "

Ok ZON ich versuche es sachlich. Gibt es nicht auch den Brauch das Mütter nach der Entbindung ein Teil der Plazenta zubreiten und essen ?
Es tut mir leid, ich kann mir nicht helfen. Aber ich weiß nicht wie man auf sowas reagieren soll ?
Humor ? Wut ? Gleichgültigkeit ? Schreiend zur Tür hinaus laufen? Und kommt es mir nur so vor oder geht es bei den ganzen Eso-Kram eigentlich nur um Sex ? Ich mein wenn ein paar Verpeielte gerne Geld ausgeben, bitte schön. Nur bei diesen ganzen EsoZeugs gibt es eine Menge Menschen die ernsthafte Probleme haben und verzweifelt sind. Kommt mir zu kurz in dem Artikel.


Quotetwigalo #16.1  —  3. August 2017, 11:50 Uhr 3

Lesen Sie weiter unten den Kommentar, der auf den Zusammenhang mit vorher erlebtem sexuellen Mißbrauch hinweist, und auf die konkret erlebte und nachhaltige Verbesserung und Entkrampfung im Beckenbereich durch praktisch geübte Entspannung. Das ist plausibel. Vielleicht müssen Sie dann nicht mehr schreien. Auch wenn das Ganze in etwas zu mystische Terminologie gepackt ist - wenn es hilft, hilft' s.


QuoteSomething_is_rotten #17  —  2. August 2017, 22:29 Uhr 5

Chakrenbalance statt Klassenkampf...vorübergehend...


QuoteKybernetik #18  —  2. August 2017, 22:54 Uhr 7

"Im Zentrum dieser Spiritualität steht auch der Holismus, der besagt, dass ein System als Ganzes funktioniert und nicht aus Einzelteilen zusammengesetzt ist – es geht um die Verbundenheit von allem mit allem."

Eigentlich ist es sogar wissenschaftlicher Konsens, das ein System anders funktioniert, als seine Einzelteile. Das es Systemgesetzte gibt, Regelkreise etc. Schaut man sich die Biosphäre an, so ist tatsächlich alles miteinander vernetzt und bilden verschiedene Organisationsformen aus, die wiederum mit anderen in Verbindung stehen.

Manche Menschen, die eine Psychose durchlebt haben, haben öfters auch spirituelle Erfahrungen gemacht. In diesen berichten sie immer wieder von dem wunderbaren Gefühl des Einseins mit der Natur und das alles mit allem verbunden ist.

Der Mensch wird wohl erst dann verstehen, dass er nicht außerhalb der Natur steht sondern mitten drin, wenn er es endlich geschafft hat sich selbst den Ast abzusägen, auf dem er sitzt.

Ich denke auch, das Spritualität durchaus etwas ist, wozu ein Mensch fähig ist und das dies auch einen Sinn erfüllt, gerade, wenn der Sinn nicht mehr im größer, schneller, mehr, gesehen wird, sondern in der Entschleunigung, der Rückbesinnung, der Erdung und letztlich wieder in einer zugewandten Gemeinschaft.


Quote
Googlefix #19  —  2. August 2017, 23:21 Uhr 5

Früher ging es eben etwas prosaischer zu. Bekannt wurden in den 70er Jahren die Selbstuntersuchungsgruppen, in denen sich Frauen gegenseitig mit gynäkologischem Besteck selbst untersuchten, alternative Verhütungsmittel erprobten und versuchten, sich Wissen und Kompetenz um und über den eigenen Körper anzueignen. Die sprirituellen Aspekte waren damals Thema in den Hexenseminaren.

Ziel war damals das Kennenlernen und Wertschätzen des eigenen Geschlechts, das ja heute vielfach noch als minderwertig begriffen wird. Analog dazu gibt es eben für die Männer die Schwitzhüttenrituale, denen auch Putin und Schröder frönten.


QuoteLaubfall #21  —  2. August 2017, 23:30 Uhr 5

Die Damen leben oder lebten in der City in ihrem Kokon aus Materialismus, Äußerlichkeiten, Beliebigkeit und mehr.

Würden Sie auf dem Land leben, mit eigenem Garten, Natur, im Einklang mit den Jahreszeiten, geerdet und weit weg von jedem Jet-Set, so hätten sie alles gehabt, was sie jetzt verzweifelt suchen.


QuoteFrau. Huber #21.1  —  3. August 2017, 7:27 Uhr

Ich glaube nicht, dass man das pauschal so sagen kann. Ich kenne z. B. eine Frau, die einen eigenen Garten hat, ein Kind hat, wenig Geld hat und alles andere als ein Jet Set Typ ist. Aber sie ist von so schamanischem Klimbim ziemlich angetan, was evtl auch damit zu tun hat, dass sie als Teenager vergewaltigt wurde und darüber nie wirklich hinweg gekommen ist und Probleme mit ihrem Körper und ihrer Weiblichkeit hat.


Quotetwigalo #21.2  —  3. August 2017, 11:03 Uhr 2

Ich glaube nicht, dass sie etwas ' verzweifelt' suchen. Vielleicht ein paar wenige, aber die meisten scheinen schon ganz zufrieden zu sein mit ihren Aktivitäten, haben Spaß dabei, und stören tun sie damit ja niemanden. Und wer weiss, was dann in ein paar Jahren sein wird. Der Weg ist das Ziel. Bis dahin viel Zeit in der Natur verbracht zu haben, ist jedenfalls für Körper und Geist schon mal nicht verkehrt. Komisch wird es dann, wenn sie teure Seminare machen.


QuoteTeilzeitberliner #23  —  2. August 2017, 23:45 Uhr 3

Die dürfen alle wählen gehen!

Das macht mir Angst.


Quote
X #23.2  —  3. August 2017, 2:26 Uhr 4

Angst und so ist normal für einen Städter, der in entfremdeter Umgebung einer entfremdeten Arbeit nachgeht.
Machen Sie mal was Anderes, bevor Sie sich dann im September selbst in der Wahlkabine einfinden.



QuoteMerowinger II #23.3  —  3. August 2017, 5:33 Uhr 6

Wer Menschen, die die Spiritualität für sich entdecken, für eine grosse Gefahr hält, dem ist nun wirklich nicht mehr zu helfen. Als ob es nicht genug echte Probleme gäbe, vor denen man Angst haben sollte.


Quotetwigalo #23.4  —  3. August 2017, 11:08 Uhr 1

Genauso wie die aggressiven Automachos, Deutsche Islamisten, Nazis, egoistische bullies usw. Und die sind übrigens keinen Deut rationaler.


QuoteYvolat #27  —  3. August 2017, 1:18 Uhr 5

Anscheinend macht die Autorin dieses Artikels sich lieber über etwas lustig, das ihr suspekt ist, als dass sie sich auch nur bemüht, es zu verstehen. Den Ton des Artikels finde ich unerträglich, die Verachtung für Frauen, die einen anderen, tieferen Sinn im Leben suchen, ist in jeder Zeile spürbar.
Zur "Weisheit der Gebärmutter" - als jemand, die als Kind sexuell missbraucht wurde, weiß ich, wie sehr diese Erfahrung sich im Becken als Störfaktor festsetzt, und das betrifft die Geschlechtsorgane (u.a. Gebärmutter), aber auch das Tan Tien, ein "Reservoir" unserer Lebensenergie. Blockaden der Lebensenergie im Beckenbereich haben sehr viele Frauen, nicht nur aufgrund persönlicher sexueller Mb-Erfahrungen (die natürlich nicht jede hat oder in der gleichen Weise hat), sondern auch aufgrund von religiös/kulturell verankerter Beschmutzung der weiblichen Sexualität, und der Tatsache, dass man als Frau immer wieder aufs Sexuelle reduziert/bezogen wird und es sehr schwer hat, einfach nur als Mensch wahrgenommen zu werden (nicht alle Frauen profitieren davon oder genießen es, sich sexuell/erotisch in Szene zu setzen) - all das hinterlässt Narben, und diese Narben haben im Sinne der Lebensenergie einen Ort, das Becken.
Ich bin übrigens ganz und gar keine Anhängerin von Esoterik, die für mich deutliche Gefahren hat, aber die spirituelle Sehnsucht der Frauen kann ich gut verstehen und teile sie. Schade, dass die Autorin den beschriebenen Trend nur benutzt, um sich einen abzulachen.


Quoteikonist #33  —  3. August 2017, 5:09 Uhr

es wird mit Hexenverbrennungen enden


Quotetwigalo #33.1  —  3. August 2017, 11:21 Uhr 1

Hä?


Quoteikonist #33.2  —  3. August 2017, 13:58 Uhr

der >(schwarze)humorlevel< ist nicht sehr hoch!?


QuoteGerhard Mall #34  —  3. August 2017, 5:14 Uhr 1

Mich erinnern die beschriebenen Praktiken an Rituale der NS-Zeit, die auf die Wandervogelbewegung und die Reformbewegung zurückgingen. Die Suche nach "Sinn" ist ungebrochen. Sehr interessanter Artikel!


QuoteKabeljau #38  —  3. August 2017, 9:23 Uhr 3

Als ich die Überschrift las musste ich spontan lachen. Es erinnerte mich sofort an meine Zeit als Student. Damals gab es an der Uni eine Menstruationsgruppe, die sich bei Mondschein treffen und gemeinsam menstruieren wollte.

Kommt irgendwie alles wieder.


Quotebiermännchen #42  —  3. August 2017, 11:44 Uhr 2

"Wenn Menschen aufhören, an Gott zu glauben, dann glauben sie nicht an nichts, sondern an alles Mögliche. Das ist die Chance der Propheten – und sie kommen in Scharen." G.K. Chesterton


QuoteFarmhouse #43  —  3. August 2017, 11:44 Uhr 1

So lange die Zunft der Seelenquacksalber jeden Morgen einen Dummen und eine Dumme findet, der für ihr Auskommen sorgt, werden Lichtwesen, Auren und Energiezentren die Regale der Buchläden und die Konten der Feen und Schamanen füllen.


QuotePyntanell #45  —  3. August 2017, 13:14 Uhr 3

Ich finde es immer wieder interessant, dass Schamanismus mit der üblichen Esogeldmacherei verbunden wird. Dabei ist gerade Schamanismus eine Erfahrung, für die man eigentlich keinen Tinnef braucht. Keine Ritualgegenstände, keine Kristalle,keine Altäre. Man braucht nur die Welt um sich herum und die Bereitschaft, ihr zuzuhöhren.


Quotederneuekarl #53  —  3. August 2017, 19:19 Uhr 2

Ein typisches Weiberding und einer der ersten Problempunkte, die ein Mann abchecken sollte. Vor allem eine potenzielle Geldvernichtungsmaschine im Haushalt, denn wer wird wohl in erster Linie von Astro-TV/Questico abgezockt? Für den Preis eines Fläschchens Schwingungswasser vom professionellen Channel-Medium kann der männliche Spinner viel Freie Energie aus einem alten Plattenspielermotor schöpfen...

Also Vorsicht, Männer, denn es fängt in jungen Jahren ganz harmlos mit Horoskopelesen, Homöopathie und Feng Shui an, und kann sich bei nicht beständigem Contra zu einem veritablen Schamanismus auswachsen. ...


QuoteMerowinger II #53.1  —  3. August 2017, 20:00 Uhr 2

Das erste, was man "abchecken" sollte, ist solche Arroganz und Ignoranz wie in Ihrem Beitrag. Nein, Spiritualität ist kein "typisches Weiberding". Und es gibt viele Männer, die sich eine spirituelle Parterin wünschen. Hören Sie also bitte auf, von sich aus auf andere zu schließen.


QuoteFarmhouse #54  —  4. August 2017, 22:39 Uhr

Für zahlreiche dieser Sinnsuche-Angebote gilt:

Skrupellose Scharlatane bringen Menschen in schwierigen Lebenssituationen (seien diese psychisch, physisch, materiell,....), von denen manch eine und einer profesioneller wie auch immer geartete Hilfe oder Unterstützung bedarf, um ihr Geld und manchmal um ihre ganze Existenz.


Quoteichweissdassichnichtsweiss2 #56  —  vor 21 Stunden

Dieser Quatsch ist doch inzwischen schon schon bei Trainings für Führungskräfte eingezogen. Solange man ein Haufen Geld damit verdienen kann ist alles recht. Willkommen im post-faktischen Zeitalter.


Quotecalifex #61

Die einen fangen dann philosophische Grundsatzdebatten an, die zweiten verteidigen die katholische und evangelische Kirche, dritte bekunden Sympathie gegenüber Spiritualität, distanzieren sich aber von Abzocke; vierte berichten dann von persönlichen Missbrauchserfahrungen (ja, das ist schon schlecht) – das führt doch alles zu nichts! ...


...
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 24, 2018, 11:37:30 AM
Quote[...] Mit einer Einwohnerfrage in der BVV wollte Thomas Stange aus Charlottenburg-Wilmersdorf erfahren, ob das Bezirksamt seine Idee einer Umbenennung der Bismarckstraße nach der sozialistischen Politikerin, Friedensaktivistin und Frauenrechtlerin Clara Zetkin (1857 bis 1933) unterstütze. In diesem Jahr werde ja das 100. Jubiläum der Novemberrevolution gefeiert, die Frauen ,,zum ersten Mal das aktive und passive Wahlrecht" verschafft habe.

Als Herausgeberin der Frauenzeitschrift ,,Die Gleichheit" sei Zetkin in die Geschichte eingegangen, findet Stange. Bismarck hingegen müsse heute ,,als Nationalist, Kriegstreiber und Feind des Sozialismus" gelten. Mit ,,einigen Unterstützern" plant Stange nach eigenen Angaben einen Volksentscheid zur Straßenumbenennung.

Baustadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne) ging nicht auf diese politischen Einschätzungen ein, sondern antwortete pragmatisch. Über Straßennamen debattiere üblicherweise die BVV, das Bezirksamt folge dann den Beschlüssen. Einerseits wäre eine Umbenennung der 1867 nach dem preußischen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck betitelten Straße ,,prinzipiell möglich", weil Berlin vier weitere Bismarckstraßen habe. Das Straßengesetz erlaube die ,,Beseitigung von Mehrfachbenennungen". Trotzdem sei eine Umwidmung zur Ehrung Zetkins ,,ausgeschlossen". Denn in Hellersdorf gebe es bereits den Clara-Zetkin-Weg und den Clara-Zetkin-Platz.


Aus: "Keine Chance für Clara-Zetkin-Straße" Cay Dobberke (21.09.2018)
Quelle: https://leute.tagesspiegel.de/charlottenburg-wilmersdorf/macher/2018/09/21/58147/keine-chance-fuer-clara-zetkin-strasse/ (https://leute.tagesspiegel.de/charlottenburg-wilmersdorf/macher/2018/09/21/58147/keine-chance-fuer-clara-zetkin-strasse/)

Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 25, 2018, 07:58:44 AM
"Aktion "Deutschland spricht": "Wir holen uns einen Haufen Sorgen ins Land""
https://www.zeit.de/gesellschaft/2018-09/deutschland-spricht-diskussion-dresden-taxifahrt-meinungsverschiedenheit/ (https://www.zeit.de/gesellschaft/2018-09/deutschland-spricht-diskussion-dresden-taxifahrt-meinungsverschiedenheit/)

QuoteCarlLeonhardGeuler #5

Was mich an diesen Berichten immer besonders erfreut, ist, dass die Menschen vis a vis wieder zu einem vernünftigen Umgang finden. Der Ton im Netz und auch hier im ZONforum ist häufig von einer Aggressivität begleitet, die wirklich erschreckend ist (und das von nahezu allen Seiten) in Realität besinnen sich 99% der Menschen dann aber anscheinend doch wieder. Wir sollten uns mehr darüber im klaren werden, dass wir möglicherweise unterschiedliche Meinungen bzgl. mancher Themen haben aber das macht die einen nicht gleich zu Nazis und die anderen nicht gleich zu Steinewerfern. Mehr Ruhe und Sachlichkeit und auch ein wenig Höflichkeit und Offenheit(in der Diskussion) sollte unsere Maxime im Forum sein. In diesem Sinne: Danke für den Artikel


Quote
letzter Mensch #5.10

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Leser eines Posts sehr häufig kein Textverständnis mitbringen und genau deshalb sehr schnell aggressiv werden.
Ein 'einige' wird dann zu 'alle', ein 'auch' zu 'nur', ein 'häufig' zu 'immer'.
Ganz besonders schlimm sind Menschen die nur zu entweder/oder Logik fähig sind, bzw. überhaupt nicht wissen, dass es ein einschließendes und ausschließendes oder gibt.
Andere denken sich schlicht einen Ton, der überhaupt nicht da ist.


Quotemaverick76 #8

Ich halte die Aktion für extrem sinnlos - zu diesem Zeitpunkt. Das Kind ist schon in den runne gefallen. 2014 hätte man diskutieren können. Jetzt gilt es zu handeln.  ... Eine mögliche Disussion ist Zeitverschwendung, denn sie hat keinerlei Einfluss auf die Politik. Ausserdem lasse ich Ihnen gerne Ihre Meinung und behalte meine. Ich für meinen Teil benutze meine Stimme bei der Wahl für den einzige kleine Einfluss, den ich habe.


QuoteAlfons Wedelmann #17

Nach der Schilderung haben die Beiden das Gespräch mit Anstand bewältigt. Trotz unterschiedlicher Meinung will man in Kontakt bleiben. Das finde ich gut. Ein ermutigendes Beispiel ...


Quoteratzeputz le Grand #19

Hier treffen exemplarisch zwei Menschen aus zwei unterschiedlichen Wohnvierteln aufeinander - und genau darum geht es, um die Wohngegend!

Frau Thiel bekommt in ihrem gutbürgerlichen Wohnviertel praktisch nichts von den Problemen mit, die andere in einkommenschwachen Gegenden haben. Es verändert eine ganze Atmosphäre wie jeder weiß und kann einen prägen.

ich [habe manchmal] das Gefühl, dass es auch manch einem Medienmacher sehr gut tun würde sich viel öfter einer solchen Situation mit einem ganz anders denkenden Menschen (nicht aus dem klassischen Altbauviertel) direkt zu stellen.


QuoteHamburgerin2.0 #21

... Was man lernen kann: Den Migrationsskeptiker wird man mit noch so glühenden Schilderungen eines positiven multikulturellen Lebensgefühls nicht überzeugen. Die Migrationsbefürworterin mit der 799.en Geschichte über irgendeinen Messermord in irgendeinernicht unmittelbar naheliegenden Gegend ebenso wenig.

Ich glaube, dass es weniger um Zahlen und Fakten geht. Interessant ist ja, dass beide in die islamische Welt gereist sind und daraus ganz unterschiedliche Schlüsse gezogen haben, dass beide in derselben Stadt wohnen und daraus ganz unterschiedliche Schlüsse ziehen, dass die eine fremde Sprachen in der Stadt als Bereicherung empfindet und der andere eher als Belastung. Ich denke, dass hat viel mehr mit Emotion zu tun als mit Fakten, denn die Fakten sind ja durchaus vergleichbar, wenn auch nicht gleich (durchaus unterschiedliche ökonomische Ausgangslagen, unterscheidliches Geschlecht, unterschiedliches Lebensalter). Wie so Vieles hat das mit einer Art Haltung zum Leben zu tun, d.h. Glas halb voll oder leer. Es ist eine Frage der persönlichen Lebenskultur.

Wenn sich alle Bürger so respektvoll begegnen würden, wie diese beiden hier, müsste man sich um Deutschland keine Sorgen machen.

Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 25, 2018, 09:35:49 AM
Als Künstlerinnen und Künstler, Kulturschaffende, Kulturvermittlerinnen und -vermittler sind wir entsetzt darüber, ...
http://www.seehofermussgehen.de/ (http://www.seehofermussgehen.de/) (09/2018)

Quote[...] Zahlreiche Kulturschaffende fordern den Rücktritt von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). "Als Künstlerinnen und Künstler, Kulturschaffende, Kulturvermittlerinnen und  -vermittler sind wir entsetzt darüber, dass der Bundesinnenminister fortwährend die Arbeitsfähigkeit der Bundesregierung sabotiert und dem internationalen Ansehen des Landes schadet", heißt es in dem Aufruf vom Freitag, zu dessen Initiatoren der Dramatiker Moritz Rinke gehört. 

Die Unterzeichner, zu denen unter vielen anderen die Schauspieler Burghart Klaußner und Jochen Busse, die Schauspielerin Meret Becker, Berlinale-Direktor Dieter Kosslick, die Schriftstellerinnen Antje Ravic Strubel, Terezia Mora, Kathrin Röggla und Judith Schalansky gehören, ebenso DT-Intendant Ulrich Khuon und der Schriftsteller Günther Wallraff sind außerdem entsetzt darüber, dass Seehofer, "dass er die Migrationsfrage zur ,,Mutter aller politischen Probleme" erklärt . Damit nehme er "18,6 Millionen, die mit migrantischen Wurzeln in Deutschland leben, in Geiselhaft" und stelle sie als Ursache dieser,Probleme' hin.

Im Wortlaut heißt es weiter: "Wir sind entsetzt darüber, dass der Bundesinnenminister die hohe Anzahl von 69 Abschiebungen nach Afghanistan mit seinem 69. Geburtstag in Verbindung bringt;dass er als Bundesinnenminister in einem oberbayerischen Bierzelt ausruft: ,Und ich bin auch froh über jeden, der bei uns in Deutschland straftätig wird, straffällig, und aus dem Ausland stammt'; dass er die rassistischen und kriminellen Übergriffe bei der Chemnitzer Demonstration durch die Aussage bagatellisiert, er wäre am liebsten ,auch auf die Straße gegangen'."

Seehofer verschweige dabei die zahlreichen Aktivitäten eines rechtsradikalen Mobs und lasse sich "in seiner fatalen Fehleinschätzung überdies flankieren von dem ihm unterstellten Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz, der von Amts wegen die Verfassung schützen und nicht politisch agieren sollte". Zur Causa Maaßen heißt es des weiteren, man sei entsetzt darüer, "dass Seehofer nun diesen Verfassungsschutzpräsidenten zum Staatssekretär in seinem Bundesinnenministerium befördert, dabei den Koalitionsfrieden als Druckmittel benutzt und als Bundesminister die politischen Kräfte stärkt, die sich nicht eindeutig von den Chemnitzer Ereignissen abgrenzen".

Zu den Unterstützern der Petition unter dem Titel "Würde, Verantwortung, Demokratie" gehören aus dem Filmbereich unter anderem die Regisseurinnen und Regisseure Emily Atef, Andres Veiel und Dietrich Brüggemann. Die Unterzeichner des offenen Briefs kommen zu dem Schluss, es sei nicht mehr erkennbar, "dass sich Horst Seehofer seiner politischen Verantwortung für die Bundesrepublik Deutschland bewusst ist. Seine enthemmten Bierzeltreden und unschlüssigen Pressekonferenzen tragen maßgeblich dazu bei, dass sich der Ton der politischen Auseinandersetzung  in diesem Land öffentlich verschärft – und dass dadurch auch die AfD ihre rechtspopulistische und rechtsradikale Entgleisungsrhetorik immer weitertreibt".

Man wolle eine stabile demokratische Gesellschaft, "in der alle Bürgerinnen und Bürger ihren Platz finden und Schutzbedürftigen nach Kräften geholfen wird". Deutschland brauche eine Bundesinnenpolitik, "die sich humanitärer Werte bewusst ist". Seehofer beschädige dagegen die Werte unserer Verfassung. Sein Verhalten sei "provozierend, rückwärtsgewandt und würdelos gegenüber den Menschen". Der Innenminister verstelle den Weg in eine zukunftsfähige deutsche Gesellschaft. "Er einigt das Land nicht, er spaltet es." Deshalb sollte Horst Seehofer vom Amt des Bundesinnenministers zurücktreten, noch vor der Landtagswahl in Bayern am 14. Oktober.

Initiatoren des Aufrufs sind neben Moritz Rinke die Autoren Jan Böttcher und Mathias Schönsee, der Filmregisseur Matthias Luthardt und die Künstlerin Rebecca Raue. Die Liste der Unterzeichner ist vollständig auf der Website www.seehofermussgehen.de (http://www.seehofermussgehen.de) nachzulesen, sie offen für weitere Unterstützer. Tsp


Aus: "Offener Brief: Kulturschaffende fordern Seehofers Rücktritt" (21.09.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/kultur/offener-brief-kulturschaffende-fordern-seehofers-ruecktritt/23097794.html (https://www.tagesspiegel.de/kultur/offener-brief-kulturschaffende-fordern-seehofers-ruecktritt/23097794.html)

QuoteKasparHauser 21.09.2018, 14:20 Uhr
Ist ja sicherlich gut gemeint, vor allem aber auch ein wenig eitel. Es ist ja leider ein anscheinend sehr weiterverbreiteter Irrtum, dass Künstler und neuerdings auch "Kulturschaffende und Kulturvermittler" quasi qua Amt eine höhere Kompetenz in der Beurteilung politischer und gerne auch moralischer Fragen haben, als Otto und Erna Normalverbraucher. Andernfalls wäre es wohl nicht zu erklären, warum es Aufrufe, Appelle und offene Briefe dieser Berufsgruppen immer wieder in die Medien schaffen.  Wo kommt das bloß her? Wer kann mir das erklären? ...


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Quote[...] Viele Wörter haben ihre Zeit, verschwinden dann wieder und schaffen es mit Glück auf die Listen der Spracharchäologen. Mummenschanz! Pönale! Ratzefummel! Andere vergessene Wörter brauchen diese Hilfestellung nicht, sie tauchen einfach von allein auf, wieder und wieder: Kulturschaffende! ,,Kulturschaffende" von Günter Wallraff bis Hugo Egon Balder haben jetzt den Rücktritt Horst Seehofers gefordert.

Das ist seltsam, nicht die Forderung, sondern das Wort. Denn schon 1934 erschien im ,,Völkischen Beobachter" der ,,Aufruf der Kulturschaffenden", in dem die Unterzeichner Treue zum Führer gelobten; einigen wie Emil Nolde half das wenig, und der Begriff landete zu Recht in Süskinds ,,Wörterbuch des Unmenschen". 1976 kam er wieder hoch. Das ,,Neue Deutschland" titelte nach der Ausbürgerung Wolf Biermanns: ,,Überwältigende Zustimmung der Kulturschaffenden der DDR zu Politik von Partei und Regierung".

Der Begriff ist also kontaminiert. Menschen mit Sprachgefühl benutzen ihn allenfalls ironisch, denn er steht für die mehr oder weniger erzwungene Anbiederung an Unrechtsregime. Im Westen Deutschlands wurde das Wort bis zur Wende deshalb kaum benutzt. Davon abgesehen: Was genau sind eigentlich Kulturschaffende? Und was unterscheidet sie von Künstlern? Schaffen sie persönlich Kultur (an?) oder sind sie nur an ihrer Ermöglichung beteiligt? Reicht der eigene Blog zu irgendeinem kulturnahen Thema oder womöglich schon der Besitz eines Kulturbeutels? (Auch so ein aussterbendes Wort.)

Die banale Wahrheit ist vermutlich: Das Wort ist praktisch. Das Partizip, auf dem es beruht, umschifft den Gender- Stern in ,,Künstler*innen" oder das sprachlich noch schwerer zu handhabende ,,Künstlerinnen und Künstler" – es ist wie bei den Studierenden und den Radfahrenden, denen in allen denkbaren identitätspolitischen Schattierungen eben nur noch diese Form gerecht zu werden vermag. Mit anderen Worten: Die Umsetzung des Gender-Prinzips wird unter vielen Kulturbewussten höher eingestuft als die historische Belastung eines Wortes.

Nur eine Vermutung. Es kann natürlich auch sein, dass ein paar führende Unterzeichner das Wort einfach arglos von damals angeschleppt haben. Aber wie auch immer: Horst Seehofer hat sich von der scharf formulierten Forderung offenbar nicht beeindrucken lassen. Alles andere wäre allerdings auch eine große Überraschung gewesen.


Aus: "Ist "Kulturschaffende" ein Nazi-Wort?" Eine Glosse. Bernd Matthies (24.09.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/matthies-meint-ist-kulturschaffende-ein-nazi-wort/23108802.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/matthies-meint-ist-kulturschaffende-ein-nazi-wort/23108802.html)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 26, 2018, 10:27:23 AM
QuoteTerry Gilliam: ... Es gibt einen großen Unterschied zwischen Humor und Hass. Wenn Leute beides nicht unterscheiden können, begeben wir uns auf gefährliches Terrain. Die beste Comedy basiert auf Ehrlichkeit und Wahrheit, politische Korrektheit tut es zu oft nicht. ... Einmal wurde mir ein Vertrag vorgelegt, der eine sehr weit gefasste "Moralklausel" enthielt: Sie sollte mich dazu verpflichten, nichts zu sagen oder zu tun, was irgendjemanden beleidigen könnte. Es hatte nichts mit kreativen Fragen zu tun; es ging nur darum, dass die Produktionsfirma per Vertrag sicherstellen wollte, dass ich "politisch korrekt" bleibe.

Haben Sie unterschrieben?

Gilliam: Natürlich nicht! Zumindest nicht die Fassung, die mir und meinen Mitarbeitern gezeigt wurde. Im Grunde hatte diese gesagt: Wenn Sie mit uns arbeiten, stimmen Sie zu, Ihre Meinungsfreiheit auf die Dinge zu beschränken, die dem Mainstream genehm sind und weder als kontrovers noch beleidigend aufgefasst werden könnten. Wenn Sie kontroverse Dinge sagen, die die Befindlichkeiten von anderen verletzen könnten, dürfen wir Sie feuern. Es handelt sich dabei um eine sehr erfolgreiche Firma, die sehr erfolgreiche Shows fürs Fernsehen produziert, doch sie hat sich von der öffentlichen Meinung einschüchtern lassen in der Frage, welche Ansichten in der heutigen Welt akzeptabel sind. Ich nehme an, dass es Leute gibt, die dort arbeiten wollen und dieses Statement unterschrieben haben. Das macht mir Angst.

ZEIT ONLNE: Wie gehen Sie damit um, wenn Sie von anderen beleidigt werden?

Gilliam: Wissen Sie, ich bin die ganze Zeit beleidigt. Wegen dem, wie sich Leute verhalten, wegen dem, was sie sagen ... Aber was soll ich tun? Entweder ich starte eine Organisation, um das zu bekämpfen – oder ich drehe einen Film oder schreibe etwas Witziges. Manchmal sage ich etwas, das kein anderer sagt, um die Debatte zu eröffnen. Unsere Gesellschaft ist zu sehr von Gruppendenken geprägt: Jeder will sich nur mit Leuten umgeben, die so denken wie er selbst.

ZEIT ONLNE: Sie finden, dass man die gesellschaftliche Polarisierung nur durchbrechen kann, wenn man ab und zu etwas Provokantes sagt?

Gilliam: Das denke ich. Natürlich wird man angegriffen werden, wenn man sich nach vorne wagt. Aber so ist das halt. Während der #MeToo-Debatte habe ich gesagt, dass einige Frauen davon profitiert haben, mit Harvey Weinstein auf sein Hotelzimmer gegangen zu sein. Das habe ich nicht getan, um seine Opfer zu beleidigen, sondern weil es stimmte. Viele fanden meine Aussagen jedoch widerlich. Gleichzeitig habe ich auf Facebook sehr viele positive Kommentare von Frauen bekommen, die auch fanden, dass #MeToo zu weit gegangen ist und viel zu rachsüchtig bei kleinen Vergehen war. Eine Schauspielerin hat mir in einer Email geschrieben, dass sie die Dinge so sieht wie ich. Sie selbst war mit Weinstein in einem Hotelzimmer gewesen, hatte sich im Gegensatz zu anderen aber wieder herausgequatscht. Ich habe ihr gesagt: Du musst das laut sagen! Ich als Mann kann das nicht tun. Aber sie hatte Angst, dass sie dann auch angegriffen wird.


Aus: ""Die Menschen werden immer dünnhäutiger"" Interview: Khuê Phạm (25. September 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/film/2018-09/terry-gilliam-interview-comedian-satire-politische-korrektheit (https://www.zeit.de/kultur/film/2018-09/terry-gilliam-interview-comedian-satire-politische-korrektheit)


Quote
Islay #5

Ich befürchte, Terry Gilliam beschreibt eine Welt, die Leuten wie dem interviewenden Journalisten inzwischen total fremd und merkwürdig vorkommt: Provokant sein, politische Korrektheit in den Wind schlagen, Querdenken, gegen den Strom schwimmen, nicht immer mit Angtschweiß auf der Stirn nach Rechts schielen ...


QuoteDr. J #11

Monty Phyton haben in das Leben des Brian auf satirische Weise Zustände beschrieben, die noch heute eine Region prägen (Seid ihr die judäische Volksfront? Nein, wir sind die Volksfront von Judäa!). Zudem haben sie mit Eric Idle als Loretta quasi die heutige Genderdebatte vorweggenommen. Man sollte Menschen, die so vorausschauend waren, ernster nehmen.


QuoteMiasto #12

Wie erfrischend.

Wir tragen ja schon alle die "Zensur-Schere" im Kopf. Bloß nicht anecken. Es könnte sich ja jemand diskriminiert fühlen. Zum Glück habe ich gerade eine geschlechtsneutrale Formulierung gewählt. Ufff. Nochmal Glück gehabt.


Quoteconwa #12.1

Man muss aber auch nicht jeden Windhauch der Kritik als Faulen-Eier-Furz empfinden. Auch die, die "Neger" sagen, sind verdammt dünnhäutig geworden.


QuoteFür-den-Erhalt-des-echten-Asylrechts #16

Die Political Correctness ist ein Gewissens-Substitut.
Im Gegensatz zum Gewissen ist die PC aber von außen veränderbar und genau das ist das ganz große Problem, meiner Meinung nach!
Ich leiste mir weiterhin den Luxus einer eigenen Meinung und eines eigenen Gewissens.


QuoteVernünftiger Kommentarschreiber #16.1

Polanski sagte etwa (sinngemäß): der einzige Sinn vom PC ist die Hoffnung, sich Ärger mit den Minderheiten vom Leib zu halten.


Quotewoherwohinwarum #19

Schönes Interview. Satire, dass es auf ZON steht.


QuoteSchreckhafte Tapete #19.1

Hehe, sehr gut! :)


QuoteKantsKind #23

Heute darf man noch nicht mal mehr Jehova sagen....


Quote
Miniwahr #27

Was, frage ich euch, haben weiße Männer je für uns getan?


QuoteKantsKind #27.1

den Aquädukt?


QuoteAdam Kowalski #30

Man stelle sich nur vor, heute würde jemand einen Film drehen, in dem Burgen mit Kühen beschossen oder Kaninchen von heiligen Handgranaten in die Luft gejagt werden.


John Cleese - Political Correctness Can Lead to an Orwellian Nightmare
(Gervasio Chiazzo, Am 31.01.2016 veröffentlicht):
https://youtu.be/ukisoucFIk4 (https://youtu.be/ukisoucFIk4)

Quoteraflix #39

Beschwert sich über political correctness und jammert gleichzeitig, er würde als weißer Mann für alles verantwortlich gemacht. Wer ist hier dünnhäutig?


QuoteNightrider #39.2

Sie haben die Ironie nicht verstanden. Eben das beklagt er.


QuoteBetta-Splendens #42

"Das Leben des Brian" ist vielleicht der beste politische Film ever. Zu meiner Studentenzeit wurden die Zitate daraus bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit verwendet. Setz dich, nimm dir nen Keks.

Die politischen Diskussionen in der Widerstandsgruppe sind zeitlos und funktionieren heute noch genauso.

Inklusive der Szene in der Stan erklärt künftig Loretta zu sein und Babys bekommen zu wollen. Die Steinigungszene, die Volksfront von Judäa versus judäische Volksfront versus populäre Front -> Spalter Szene ect. ect.

Das ist alles zeitlos...


Quotemrami #42.1

Ich lese viel Zeitung und denke, dass "Das Leben des Brian" die meistzitierte Quelle nach den offiziellen Klassikern wie Adorno und Habermas ist - nach wie vor. Gerade wieder sehr beliebt: "er hat Jehova gesagt".


Quote
Shenia #46

"Sie selbst war mit Weinstein in einem Hotelzimmer gewesen, hatte sich im Gegensatz zu anderen aber wieder herausgequatscht."

Nicht jede Frau, die mit Weistein in einem Hotelzimmer war konnte sie sich herausquatschen. Deswegen fühlen manche vergewaltigte und/oder genötigte Frauen nicht ernst genommen. Und das ist schlimm, weil Gewalt ist immer Gewalt, egal ob sie in einem Hotelzimmer passiert oder irgendwo in Bosnien, wo Frauen systematisch vergewaltigt wurden. Das sollte man nicht bagatellisieren.

Bei den Männern habe ich oft Solidarität vermisst bei der Kampf der Frauen gegen Gewalt. Obwohl diesen Männern kein Gewalt angetan wurde, gab es ein Aufschrei wegen der Männer-Bashing. Arme Männer! Oder ging es bei #MeToo nicht um die Gewalt die den Männern angetan wurde, die haben es einfach verwechselt?


Quotegrüne Insel #47

Der Mann spricht mir aus der Seele , ich kann dem Inhalt des Interviews auch als Frau nur zustimmen. Und ja , man kann es auch mit der political correctness übertreiben , im Grunde erschwert sie die Debatte bzw. Auseinandersetzung zwischen Menschen mit unterschiedlichen Ansichten und Standpunkten. ...


QuoteG300Marker #49

Bleibe ich in meinem kulturkreis und beschäftige mich mit der gesellschaft um mich rum oder nehme ich andere gesellschaften in weiter ferne aufs korn?
Beim letzteren könnte man "jud süss" mit farbe und backgroudgelächter aufarbeiten und es als satire verkaufen.
Sind uns grenzen gesetzt?


QuotePaul Freiburger #49.2

Terry Gilliam hat den Unterschied doch klar gemacht: "Es gibt einen großen Unterschied zwischen Humor und Hass. Wenn Leute beides nicht unterscheiden können, begeben wir uns auf gefährliches Terrain."


QuoteBastet88 #49.3

Dneken Sie doch mal an Lubitsch "Sein oder Nichtsein" oder an den "Großen Dikator". Meinetwegen auch an "Frühling für Hitler".
Vor vielen Jahren kam im Anschluss der Ausstrahlung des Lubitsch-Films eine Dokumentation mit Diskussion. Lachen über Hilter- darf das sein? Leider wurde dies nie mehr ausgestrahlt.


Quotecnlzeitonline #54

"Die Menschen werden immer dünnhäutiger"

...leider wahr.


Quotemagnalogger #54.1

Das empfinde ich als eine Mikro-Agression.

Im Ernst: Die Zeiten werden immer autoritärer , dem PC-Imperativ ist bedingungslos zu folgen. ...


QuoteDohlenmann #56

Ich muss Terry Gilliam zustimmen. Er mit seinen Punkten einfach recht. Besonders wichtig finde ich zwei Dinge:

1)
Tatsächlich sollte man von PC sprechen, selbst wenn es ein Begriff der Rechten ist. Es ändert ja nichts daran, dass die Beschreibungen einfach in manchen Teilen zutrifft - die Dosis macht es freilich. Der Unterschied zu den rechten Wirrköpfen oder Hetzern ist, dass diese PC als Kampfbegriff gebrauchen und wirklich hinter ALLEM, was gegen sie argumentiert, PC wittert.
Die PC, um der es Leuten wie Gilliam geht ist wiederum diejenige, die aus Angst vor dem offenen Kurs alles zensiert und alles angreift, was nicht einer ganz vagen Linie des Sagbaren entspricht, die viele Verfechter nicht einmal selbst definieren können.

2)
Linke und Mitte-Leute sollten tatsächlich mehr Humor lernen. Wenn man dort etwas selbstironischer auftreten könnte, wäre man weniger verkrampft und würde auch mehr Leute ansprechen. Heutzutage - und das großteilig zurecht - will man sich nicht andauernd belehren lassen. Wir leben ja freilich auch nicht in einer so schlimmen Zeit (wirklich nicht). Durch ständiges Schuld-einreden kriegt man niemanden ernsthaft überzeugt.


Quotepatrick rozina #58

...

"Die Siechen, ich hab's schon immer gewusst, die Siechen."
"Gepriesen sei die Winterindustrie."
"Jeder nur ein Kreuz,..."
"Ist Weibsvolk anwesend?"
"Rübennase!"


QuoteZeitabzuhauen #63

Terry, ich hab dich lieb. Echt. Dieser Mann hat mir mit TIME BANDITS, BRAZIL, 12 MONKEYS und anderen noch viel schrägeren Filmen früh die Augen geöffnet, wo diese bekloppte Menschheit mal hingehen könnte. Und siehe da: Hier sind wir jetzt!


Quote
Levi Krongold #65

Aus der Seele gesprochen!
Wir leben offenbar in einer Zeit der masochistischen Selbstzensur und devoter, eilfertiger Unterordnung. Das könnte kein autoritärer Staat besser hinbekommen. ...


QuoteVic Dorn #65.1

Hat schon jemand Brahms 'Zigeunerlieder' umgetextet? Oder gibt's dafuer in Deutschland bereits ein Auffuehrungsverbot? ...


QuotePeter Wimsey #65.2

Ich stelle mir gerade vor, wie es wäre, wenn "Cindy und Bert", zwei Stars aus Dieter Thomas Hecks 'Hitparade' meiner Kindheit, heute auftreten würden. Ihr bekannter Schlager hieße wahrscheinlich "Aber, am Abend, da spielt der Angehörige einer nicht sesshaften Minderheit" ...


Quote0tttt0 #68

Bitte formulieren Sie Kritik sachlich und differenziert. Danke, die Redaktion/mf]Entfernt. Bitte formulieren Sie Kritik sachlich und differenziert. Danke, die Redaktion/mf


Quote0tttt0 #68.1

Soll das ein Witz sein Herr Adler?


Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 01, 2018, 12:22:46 PM
Quote[...] Als Donald Trump Ende Juni in Fargo, North Dakota, eine Rede hielt, kam er auf eines seiner Lieblingsthemen zu sprechen: die Kritik an den Eliten. Seiner gewohnten Tirade gegenüber ,,diesen Leuten", die ,,Elite genannt werden", fügte er eine erstaunlich dialektische Pointe an: ,,Warum sind sie die Elite?", fragte er mit Blick auf linksliberale Führungsriegen, und setzte nach: ,,Ich habe ein viel besseres Apartment als sie. Ich bin klüger als sie. Ich bin reicher als sie. Ich wurde Präsident und sie nicht." Dann bezog er seine Anhänger direkt mit ein: ,,Ihr arbeitet härter, und ihr seid klüger als sie. Bezeichnen wir uns also von jetzt an als Superelite."

Diese Einlassungen Trumps sind in zweierlei Hinsicht symptomatisch für den politischen Gegenwartsdiskurs. Zum einen, weil hier exemplarisch deutlich wird, dass Elitenkritik nicht mehr nur von links, sondern einem politischen Paradigmenwechsel gleich auch von rechts kommt: Das Verdammen von ,,denen da oben" avanciert zunehmend zum Kerngeschäft rechter Populisten, und viele Linke verteidigen jene Institutionen und Personen, die bis vor Kurzem noch zu ihren bevorzugten Gegnern gehörten. Sei es das internationale Freihandelssystem, die ,,bürgerliche Presse", Bundeskanzlerin Angela Merkel oder Ex-FBI-Chef James Comey.

Zum Zweiten offenbart die Rede des US-Präsidenten ein Paradox, das sich auch bei anderen Rechtspopulisten zeigt: Die Eliten werden nicht aus antielitärer, sondern aus ,,superelitärer" Perspektive kritisiert. Ob Multimillionär Trump, Schlossbesitzerin Marine Le Pen oder die Ex-Investmentbanker Alice Weidel und Nigel Farage: Die Führungsfiguren von US-Republikanern, Rassemblement National, AfD oder Ukip gehören biografisch und ökonomisch zu den Privilegiertesten.

Das unterscheidet sie historisch gesehen nicht grundsätzlich von linken Elitenkritikern – siehe Robespierre, Marx, Che Guevara oder Gudrun Ensslin, alles Adels- oder Bürgerkinder –, doch lässt sich ein zentraler Unterschied ausmachen: Während linke Elitenkritiker ihre eigene Privilegiertheit entweder verschwiegen, kritisch hinterfragten oder in Arbeiter- und Guerillero-Kostümen versteckten, stellen reaktionäre Populisten ihren Elitismus geradezu aus: Trump protzt mit seinem Vermögen, Nigel Farage kleidet sich wie das Klischee eines britischen Landlords und auch die AfD-Führungsriege um Alexander Gauland und Alice Weidel könnte mit ihrem großbürgerlichen Habitus kaum privilegierter wirken.

Den rechten Elitenkritikern erwächst daraus zumindest in der Binnenperspektive kein Glaubwürdigkeitsproblem, denn rechte Elitenkritik folgt einer anderen Logik als linke. Erstere richtet sich gar nicht gegen Eliten an sich. Im Gegenteil: Reaktionäres Denken war immer schon mit der Idee einer starken Anführerschaft verbunden.

Ausgangspunkt einer rechten Elitenkritik ist vielmehr die Behauptung einer verloren gegangenen Harmonie zwischen Herrschenden und Beherrschten. Demnach gab es in einer vormaligen Zeit eine durch Religion, Tradition und Staat eingehegte Ordnung, in der soziale Rollen und Autoritäten klar verteilt waren und jeder seinen Platz hatte. ,,Plötzlich aber", schreibt der US-Ideenhistoriker Mark Lilla in seinem Buch ,,Der Glanz der Vergangenheit", ,,kommen von außen Ideen auf, deren Vertreter Intellektuelle – Schriftsteller, Journalisten und Professoren – sind. Sie stellen die Harmonie infrage, und der Wille der Herrschenden, die Ordnung aufrechtzuerhalten, wird geschwächt." Lilla folgert: ,,Im Zentrum jeder reaktionären Geschichte steht der Verrat der Eliten."

Der reaktionäre Populismus der Gegenwart, dessen Slogans bezeichnenderweise ,,Make America Great again", ,,Take back control" oder ,,Wir holen uns Deutschland zurück" lauten, offenbart sich deshalb zunächst als eine Politisierung von Nostalgie, oft sogar als eine Form der Retrofiktion. Denn jene Vergangenheit, die wiederhergestellt werden soll, ist eine idealisierte oder gänzlich erfundene.

Dennoch führt sie im reaktionären Denken zu einer Aufspaltung des Elitenbegriffs: hier die funktionalen, ,,volksfernen" Verwalter eines degenerierten Systems, die durch Multikulturalismus, Werterelativismus und Pluralisierung die Interessen der Nation verraten, dort die plebiszitären, ,,wahren" Eliten, die die vermeintlich harmonische Vergangenheit in die Zukunft zurückzuholen. Dass Trump ein Multimillionär ist, tut seiner Elitenkritik binnenlogisch keinen Abbruch, weil nicht Geld oder Status im reaktionären Elitendiskurs entscheidend sind, sondern das nostalgische Verhältnis zur Vergangenheit.

... Ideologisch funktioniert die reaktionäre Elitenkritik wie eine eierlegende Wollmilchsau: In einer paradoxen Selbstbeschreibung als überlegenes Opfer denkt man sich in einen aggressiven Protestmodus, während benachteiligte Minderheiten in die Rolle der zu bekämpfenden Herrschenden fantasiert werden.

Der entscheidende Vorteil dieser Selbstinszenierung: Im Unterschied zu linken Eliten können rechte Eliten die eigene Privilegiertheit offen zur Schau stellen. Müssen linke Elitenkritiker gemäß ihrem Gerechtigkeitsideal einer der vielen werden, können rechte Elitenkritiker mit dem Versprechen punkten, dass ihren Anhängern durch den Ausschluss von vermeintlichen Schmarotzern (Flüchtlingen etc.) bald ein Stück von jenem Reichtum zukommt, den die Trumps dieser Welt bereits genießen. Diese rechte Verheißung verfängt heute immer mehr. ,,Die Reaktionäre unserer Zeit haben entdeckt", schreibt Mark Lilla, ,,dass Nostalgie eine machtvolle politische Motivation ist, vielleicht noch stärker als die Hoffnung. Hoffnungen können enttäuscht werden, Nostalgie aber ist unwiderlegbar."

...

Dieser Artikel erschien zuerst im Dossier ,,Brauchen wir Eliten?" des aktuellen ,,Philosophie Magazin" (Nr. 06/2018, erschienen am 20. September).


Aus: "Warum rechte Elitenkritik erfolgreich ist" Nils Markwardt (30.09.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/populismus-warum-rechte-elitenkritik-erfolgreich-ist/23128788.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/populismus-warum-rechte-elitenkritik-erfolgreich-ist/23128788.html)

QuoteTobias_Johst 29.09.2018, 18:40 Uhr
Guter Essay von Herrn Markwardt zur Frage, weshalb gerade ökonomische Eliten von "rechts" den Eindruck vermitteln können, für das "Volk" zu sprechen. Danke an den TS.

Beispiel Alice Weidel: Einst Stipendiatin der CDU nahen KAS, BWL-Studentin, Promotion mit summa cum laude, arbeitete u.a. für Goldmann Sachs, Allianz Global Investors, Rocket Internet, lebt und zahlt Steuern in der Schweiz. Lebt mit einer aus Sri Lanka stammenden Frau zusammen. Und ist zugleich eine der Führungsfiguren der "AfD", deren Zuspruch - nicht nur - aber überproportional von Menschen kommt, die weder Abitur noch Studienabschluss haben. Das wirft Fragen auf.

Wenn der "Habitus" ins Feld geführt wird, lohnt ein Blick auf Bourdieus "Feine Unterschiede"; Bildung, Kultur, Weltoffenheit, Selbstwirksamkeit stehen den Gefühlen der Abgehängtheit, des ständigen Wettbewerbs, dem Misstrauen und der gesellschaftlich-politischen Indifferenz gegenüber.
Das "Oben" und das "Unten" ist nicht in erster Linie an ökonomischen Faktoren auszumachen, sondern an der Kultur eines Menschen. Und der Kulturerwerb benötigt Generationen (und oft Reichtum), während Reichtum in Einzelfällen ohne Kultur erworben werden kann. Beispiel: "Volksvorbilder" Dieter Bohlen, Felix Blume, Carsten Maschmeyer, Donald Trump.

Der Begriff der "Gutmenschlichkeit" kritisiert daher Jene "Elitären", die befähigt sind, selbstbewusst und angstfrei zu handeln. Während die anderen (wie viele Millionen Menschen waren seit 1990 eigentlich für "Finanzdienstleister" zuständig?) von ihren Vorbildern lediglich gelernt hatten, an Konkurrenz und Härte zu glauben. Das hat aber nichts mit Konservatismus zu tun, sondern eher mit dem seitens Marx definiertem "Lumpenproletariat".


QuoteBenthebrave 30.09.2018, 17:32 Uhr
Im Wesentlichen geht um diversitätstrunkene, kosmopolitische Globalisierungsgewinnler, die von No-go areas und den Schattenseiten der von ihnen propagierten und protegierten Einwanderung aus Afrika und Nahost nicht betroffen sind.

Die eigenen Kinder auf Privatschulen, oder in kirchliche Einrichtungen, später auf teure Eliteunis oder Internate, die ,,Integrationsarbeit" überläßt man dann doch lieber dem einheimischen Präkariat, und sonnt sich selber in höherer Moral.

Der Kampf dieser kosmopolitisch verdrehten Kreise richtet sich in erster Line gegen bodenständige, heimatbewußte und patriotisch gesinnte Europäer. Diese wurden zum Feindbild auserkoren. Sie sind wahlweise die Dummen, die Rückständigen, die Abgehängten, die Rassisten, welche die Segnungen von Multikulti extrem einfach nicht begreifen wollen.

Und dagegen formiert sich entsprechende Gegenwehr, was sich in den europaweiten Wahlergebnissen niederschlägt.


Quotealleachtung 30.09.2018, 17:05 Uhr
Eliten zu kritisieren, die sich verselbständigt haben und daher auch zu Machtmissbrauch neigen können, ist durchaus etwas, was immer wieder mal in Angriff genommen werden sollte.
Das, was die AfD und andere Nazi-Vereinigungen, das was Trump oder die Lega in Italien, die rechtsradikale FPÖ in Österreich treiben, für Elitenkritik zu halten, grenzt schon an Blindheit. ...


Quotecivis42 30.09.2018, 16:59 Uhr
Fragwürdig ist die Definition der "Eliten".  Zu mindestens was die Wählerschaft angeht, hat der "FOCUS" gerade in seinem Faktenreport aufgezeigt, dass vor allem ungelernte Arbeiter überproportional AfD wählen und Menschen mit Abitur unterproportional.
Das deckt sich mit Studien in den USA und dem Zulauf zu Trump ...


Quoteatzebrauner 30.09.2018, 19:30 Uhr
Schaut nach Österreich! Hart erkämpfte Arbeitnehmerrechte werden zerstört und FPÖ Politiker reden über ausländische Hunde als Problem! Rassismus ist ein menschenverachtendes Herrschaftinstrument! ...


QuoteRalfM. 30.09.2018, 16:51 Uhr
Vielleicht liegt der mangelnde Erfolg linker Elitenkritik aber schlicht und ergreifend daran, dass im Informationszeitalter die Bigotterie von Wasser predigen und Wein saufen einfach nicht mehr funktioniert?!


QuoteSchalottenburger 30.09.2018, 13:37 Uhr
Ich glaube, der Elitenvorwurf nährt sich daraus, dass sich der neoliberale, "alternativlose" Konsens einer marktgerechten Durchformung von Mensch und Gesellschaft seit Anfang der 90er tief in das Bewusstsein der Gesellschaft gefressen hat und nun eine bewusste oder unbewusste Revolte dagegen stattfindet. Nachdem das marktkonforme Denken, an dem heute auch die meisten "linken" Parteien teilnehmen, in die letzten Kapillaren der Menschen eingedrungen ist, frisst sich der Kapitalismus von selbst auf.

Die neue Führungsschicht gibt sich bescheiden-administrativ und als bloß ausführendes Organ einer angeblich unausweichlichen, ewigen Wahrheit. Die blasse Angela Merkel ist die perfekte Repräsentantin dieses stählernen Gehäuses, aus dem es angeblich keinen Ausweg gibt. Dabei ist diese ganze Konstruktion in Wirklichkeit eine menschengemachte und ideologische insofern, als sie eben fast ausschließlich den obersten Schichten ihrer Verfechter dient. Wie durch Wunder vermehrt sich deren Macht und Besitz trotz  Krise und Systemerschütterung wie von selbst. Die Technik der politischen Korrektheit dient dabei dem Ziel, die Beherrschten gegeneinander aufzubringen, sich in immer kleinere Grüppchen zu zerstreiten und darüber das große Ganze zu vergessen, dem sie unterworfen sind. -- Immer mehr Menschen sehen dies, oft auf einer eher intuitiven Ebene, und rebellieren dagegen.

Der klügste Kritiker der heutigen Verhältnisse ist derzeit Bernd Stegemann, der die herrschende Ideologie kürzlich als liberalen Populismus bezeichnet hat, mit Fug und Recht. Dieser Populismus der wohlmeinenden Gewinnler und der liberal-bürgerlichen Oberschicht ist der eigentliche Feind und muss durch einen echten linken Populismus durchbrochen werden, um überhaupt erst einmal wieder frei denken und sprechen zu können. Man muss die Verhältnisse einfach wieder deutlich beim Namen nennen und sich dabei nicht beirren lassen.

So gesehen ist z.B. "Merkel muss weg" eine völlig legitime und korrekte Aussage.


Quotefluechter 30.09.2018, 14:07 Uhr
Antwort auf den Beitrag von Babsack 30.09.2018, 13:44 Uhr
Korrekt oder auch nicht korrekt, die "Eliten" arbeiten stetig und emsig an ihren Zielstellungen und sind damit derzeit recht erfolgreich.

Zum Thema "Eliten" kommt mir zum Fall Kavanaugh [https://www.tagesspiegel.de/politik/der-fall-kavanaugh-drama-vor-gericht/23129828.html] ein
Brief ins Gedächtnis, den Absolventen und Mistudenten Kavanaughs schon am 09. Juli 2018 an den US-amerikanischen Senat für Justiz versendet haben, um die Qualitäten Kavanaughs zu unterstreichen.

Ich habe die Liste noch nicht wirklich ausgewertet, aber es fällt schnell auf, dass die Fürsprecher Kavanaughs ganz überwiegend aus der Wirtschaft, aus dem Unternehmertum kommen und nur in ganz geringem Umfang überhaupt der Juristerei nahe stehen.

Ich kenne mich jetzt mit der Stellenpolitik für höchste Richterämter in den USA nicht aus, finde aber schon, dass da ein gewisses Selbstverständnis mitspielt, wenn ehemalige Kameraden mithilfe eines solchen"Referenzschreibens", welches die Tätigkeit, um die es schließlich gehen soll, gar nicht anreisst, hier meinen, etwas Gutes für "ihren Mann" tun zu können.

Darauf muss man erst einmal kommen - dazu gehört ein diffuses Verständnis der Zugehörigkeit zu einer Elite, so kommt mir das vor.

Auch interessant, nach Geisteswissenschaftlern und "Kulturschaffenden" sucht man hier vergebens, auch sind viele Unterzeichner aus Maryland, obwohl es ja um einen Posten für die ganzen USA geht.

Vielleicht ist so etwas ja üblich.... Ich bin erstaunt und gleichzeitig dankbar, dass so ein Brief bei Social Media auch zu finden ist.


QuoteBabsack 30.09.2018, 15:23 Uhr
Antwort auf den Beitrag von fluechter 30.09.2018, 14:07 Uhr
Trump hat gerade den kleinen Leuten,die sich dieser Unterschiede zwischen "Eliten" und "Supereliten" keinesfalls bewußt sind,eine bösen Streich gespielt.
Aber da der Hass in Richtung der "Eliten" von links,nenne ich es jetzt einmal,traditionell bei diesen Leuten aufgrund von Bildungsdünkel und mangelnder Weltgewandheit,verhaftet ist,kann Trump ihn eine zeitlang nutzen,bis den Leuten klar wird,dass sie mit den "Supereliten" vom Regen in die Traufe gekommen sind.


Quotefluechter 30.09.2018, 13:14 Uhr
"Ich habe ein viel besseres Appartment als sie, ich bin klüger als sie, ich bin reicher als sie, ich wurde Präsident und sie nicht."

Noch vor wenigen Jahren hätte ich mir nicht vorstellen können, dass ein Mensch, der die größte Machtfülle, die er haben kann, auf sich vereinigt - Präsident der Vereinigten Staaten von Armerika - so einen Stuss reden könnte und ich hätte noch weniger geglaubt, dass dieser Stuss auch noch Bestand haben könnte, dass nicht Wähler den Irrtum spätestens nach einem Jahr erkennen und sagen: Ich habe mich vertan - den wollte ich doch nicht als Präsidenten, der ist ja wie ein trotziger Vierjähriger

"Wir haben ein viel größeres Haus als sie, ich kann schon bis 100 zählen, sie nicht, ich habe ein Quad für Kinder, sie haben das nicht, ich bin Schützenkönig geworden beim Kinderschützenfest und sie nicht."

Dann würde er eine Tüte Süsses auspacken und es nur an die "Bro"-Gemeinde verteilen und die anderen kriegten nichts ab - Ätsch, selbst Schuld.

...


Quotemelaina 29.09.2018, 21:37 Uhr
Zu den Wählern dieses "möchtegern-elitären-Haufens" fällt mir nur ein: "Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Schlächter selber". B. Brecht


Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 01, 2018, 03:50:38 PM
Quote[...] Zwei Kämpfe haben sich in den letzten Wochen überlagert, gegenseitig verstärkt und kulminierten am Donnerstag in der Kavanaugh-Anhörung: das Ringen um das Erbe der #MeToo-Bewegung, deren Beginn sich in diesen Tagen jährt, und der lähmende politische Lagerkampf zwischen Demokraten und Republikanern. Es ist das Ringen der Vereinigten Staaten mit sich selbst und um die politische und gesellschaftliche Realität: Wie zivilisiert oder wie anarchisch sind die USA?

Beides, der politische Lagerkampf und die daraus resultierende Trump-Präsidentschaft sowie die feministische Bewegung #MeToo stehen für die Erkenntnis, dass sicher geglaubte zivilisatorische Fortschritte nur Scheinsiege waren. Die massive sexuelle Gewalt, von der im vergangenen Jahr so viele Frauen erzählt haben, fand in einem Land statt, das wie kein anderes auf politisch korrekte Sprache achtet, in dem ein Heer von Anwälten jederzeit bereit ist, Frauen in Zivilklagen zu vertreten. Gleichzeitig regiert plötzlich ein stammelnder Narzisst ohne Affektkontrolle. Seine Berater halten ihn nur mühsam von seinen wahnsinnigsten Ideen ab, folgt man der Recherche des Journalisten Bob Woodward.

Donald Trump ist ein misogyner Präsident, der sich wie wohl kaum ein anderer öffentlich abfällig über Frauen geäußert hat. Die zivilisatorische Schicht über dem Brodeln von Gewalt, Irrationalität und politischen Extremen scheint plötzlich dünn, brüchig, ja durchlässig.

Die Anhörung am Donnerstagabend geriet zu einem Symbol für dieses Gefühl. Sie war auf seltsame Weise quälend, ja nahezu unerträglich. Alle Beteiligten rangen um ihre Haltung: Christine Blasey Ford unterdrückte Tränen. Brett Kavanaughs Gesicht zuckte und arbeitete. Der republikanische Senator Lindsey Graham ließ seiner Wut freien Lauf. Immer wieder traten Wut und Tränen kurz an die Oberfläche. Es waren acht Stunden des andauernden Nahezu-Berstens.

Der Hass in den Mundwinkeln stand dabei in krassem Kontrast zum Setting: ein enger, fensterloser Raum, in dem sich alle an Redezeiten und Protokollgepflogenheiten hielten. Etwas ungeheuer Ursprüngliches wurde nur mühsam durch die Zwänge institutioneller und gesellschaftlicher Gepflogenheiten zusammengehalten. Gleichzeitig ließ gerade der Zwang der Institution die Konflikte grell und explosiv erscheinen und weckte eine in sich widersprüchliche klaustrophobe Angst vor dem Kontrollverlust.

Auch die Erzählung Blasey Fords selbst steht für den Zweifel an der Realität des Zivilisierten. Die Szenen, die sie beschreibt, tragen sich in den wohlhabenden Vororten Washingtons zu, an teuren Privatschulen, an denen die zukünftige Elite des Landes ausgebildet wird. Es ist eine Welt, in der Häuser von großen, perfekt gepflegten Rasenflächen umgeben sind. Hinter dieser bürgerlichen Fassaden lässt die Anhörung nun entgrenzte Partys und bierdunstige Gewaltszenen aufscheinen – und eine männliche Elite, die sich im High-School-Jahrbuch gegenseitig prahlerisch daran erinnert, zu den ,,Alumnen" eines bestimmten Mädchens gehört zu haben.

Nach dieser Anhörung fragen sich nun viele: Hat sich seither etwas geändert? Wie viel kann #MeToo verändern? Kann überhaupt eine faire Auseinandersetzung gelingen in diesem polarisierten Land? ,,Sie wollen einen fairen Prozess?", fragte der Senator Lindsey Graham Brett Kavanaugh sarkastisch. ,,Dann sind Sie zum falschen Zeitpunkt in die falsche Stadt gekommen." Auch progressive Stimmen sind nach der Anhörung verbittert. Im ,,New Yorker" schrieb die Journalistin Doreen St. Félix: Auch das nächste Jahr werde ,,ein Jahr der Männer".

Tatsächlich zeigt Brett Kavanaugh, wie tief das Gefühl der Immunität mancher weißen Männer wurzelt. Über weite Strecken unterdrückte Kavanaugh nur mühsam die Wut eines privilegierten Mannes, dessen Lebenswerk unter seinen Fingern zerbröckelt, eine überraschte, erstaunlich hilflose und erstaunlich unkontrollierte Wut. Wiederholt berief er sich auf seinen ,,guten Namen", seine ,,Arbeit im Dienst der Allgemeinheit, auf den höchsten Ebenen der Regierung" – als befreie ihn das von der Pflicht, sich mit den Anschuldigungen auseinanderzusetzen. ,,Wenn du ein Star bist", sagt Donald Trump in einer Tonaufzeichnung aus dem Jahr 2005, die im Wahlkampf öffentlich wurde, ,,lassen sie es dich machen. Du kannst alles machen. Grab' em by the pussy." Er wurde bekanntlich gewählt.

Und dennoch zeigt die Anhörung auch, wie viel #MeToo bereits verändert hat. Es reicht ein Blick auf jenen vergleichbaren Fall von 1991, der im Vorfeld der Kavanaugh-Anhörung immer wieder zitiert wurde. Es ging um die Bestätigung des republikanischen Richterkandidaten Clarence Thomas. Seine damalige Mitarbeiterin Anita Hill sagte aus, er habe sie gefragt, ob sie mit ihm ausgehen wolle, was sie ablehnte, danach dennoch Gespräche immer wieder auf Sex gelenkt. Er habe etwa Szenen aus pornografischen Filmen geschildert. In der Anhörung fragte der Senator Howell Heflin Anita Hill: ,,Are you a scorned woman – sind Sie eine verschmähte Frau?" Noch 1991 war es möglich, eine Frau, die den Vorwurf der sexuellen Belästigung erhob, als prüde abzutun.

Das ist heute anders. Die republikanischen Senatoren ließen aus Angst vor der Erinnerung an Anita Hill eine Staatsanwältin die Fragen stellen. Nur der republikanische Senator Lindsey Graham machte die Wut der weißen Männer sichtbar: ,,Ich bin ein alleinstehender weißer Mann aus North Carolina", wütete er. ,,Mir wurde gesagt, ich soll die Klappe halten. Aber ich werde die Klappe nicht halten."

Dieses amerikanische Ringen mit sich selbst ist ein offenes. Das Momentum der Kavanaugh-Anhörung ist deprimierend und gleichzeitig voller Hoffnung. Noch am Freitag verkündete der republikanische Senator Jeff Flake, er werde für Kavanaugh stimmen. Flake galt als mögliche Nein-Stimme in seinem Lager, er ist ein gemäßigter Republikaner, der seinen Senatssitz unter dem Druck der Trumpisten in der eigenen Partei aufgeben wird.

Dann aber stellten ihn zwei Aktivistinnen, Opfer sexueller Gewalt, im Fahrstuhl. In einem von CNN aufgezeichneten Spontantribunal forderten sie Jeff Flake auf, sich zu erklären. Wenige Stunden später erklärte der Senator, er werde doch nur unter der Bedingung zustimmen, dass das FBI ermittelt.


Aus: "Die Immunität des weißen Mannes" Anna Sauerbrey (30.09.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/kultur/streit-um-kavanaugh-berufung-die-immunitaet-des-weissen-mannes/23130864.html (https://www.tagesspiegel.de/kultur/streit-um-kavanaugh-berufung-die-immunitaet-des-weissen-mannes/23130864.html)

QuoteMcSchreck 29.09.2018, 20:39 Uhr

    ...fand in einem Land statt, das wie kein anderes auf politisch korrekte Sprache achtet, in dem ein Heer von Anwälten jederzeit bereit ist, Frauen in Zivilklagen zu vertreten. Gleichzeitig regiert plötzlich ein stammelnder Narzisst ohne Affektkontrolle.

Ich bleibe ja dabei, dass beides extrem miteinander zusammen hängt. Dass die "Tugendwächter" sich so sehr auf die "saubere Sprache" konzentriert haben, dass Menschen sich von ihnen mehr drangsaliert als geschützt fühlen.

Bzw. Schwarze und andere Minderheiten, die zur arbeitenden Bevölkerung gehören, gut mit anderen auskommen und vor allem daran interessiert sind, dass die Wirtschaft am Laufen bleibt und sie nicht arbeitslos werden, sie fühlten sich von solchen "Vertretern" nicht repräsentiert, deren Prioritäten so anders liegen.

Dazu gab es inzwischen genügend Analysen, wie die Demokraten es "verbockt haben".


Quotemogberlin 30.09.2018, 12:00 Uhr
Antwort auf den Beitrag von McSchreck 30.09.2018, 11:50 Uhr
Ihre "Sachargumente" beschränken sich auf Schuldzuweisungen an Demokraten und andere Ihnen missliebige Personen, lieber McSchreck, von Selbstkritik keine Spur, was aber angebracht wäre, schließlich entstammen der erbärmlichste US-Präsident aller Zeiten und seine Anhänger Ihrem Spektrum, und auch von tatsächlichen Sachargumenten, solchen nämlich, die sich mit der Causa Kavanaugh beschäftigen, ist nicht viel zu sehen.

mog


Quotebmkt 30.09.2018, 12:11 Uhr

... wer sich moralisch im Recht wähnt und dadurch unantastbar gibt, während er sich diametral unmoralisch verhält, generiert eine politische Sehnsucht nach dem sichtbarem anderen.
Aus Basis solcher moralischen Arroganz wurde Trump gewählt, fand der Brexit statt, legte die AfD bei uns zu, wandeln sich die Gesellschaften.
Ich denke ja nach wie vor: so wie bestimmte Forumsteilnehmer hier auftreten, muss sich die AfD nur noch zurück lehnen bzw.  sollte ihnen fairer Weise monatlich Geld überweisen.


Quotemogberlin 30.09.2018, 13:18 Uhr
Antwort auf den Beitrag von McSchreck 30.09.2018, 13:05 Uhr
Hier geht es vornehmlich um die geplante Berufung des charakterlich und fachlich ungeeigneten Kandidaten Kavanaugh zum Richter am Supreme Court; da es sich erstens um ein lebenslanges Amt handelt und seine Kritiker zweitens wohl auch an einer gesellschaftspolitischen Signalwirkung interessiert sind, geht es bei seiner Verhinderung um ein längerfristiges und höheres Ziel und um eine gerechtere Welt, lieber McSchreck.

Die Prüfung seiner Tauglichkeit ist darum das geeignete Mittel der Wahl, daran ist nichts auszusetzen. Es sei denn, man hat ein grundsätzliches Problem damit, wenn die Gewissheit der weißen Männer, Macht nach Belieben unter sich aufteilen und sich ansonsten erlauben zu können, was ihnen beliebt, explizit auch zum Nachteil von Frauen und Minderheiten, "kaputt gemacht" wird.

mog


Quotepatatasbravas 30.09.2018, 16:03 Uhr
Antwort auf den Beitrag von mogberlin 30.09.2018, 14:08 Uhr

Es geht immer um Macht.

Glauben Sie, die Sprösslinge der Eliten in afrikanischen oder anderen nichteuropäischen Ländern verhalten sich anders? Auch nicht gegenüber Frauen. Da ist kein großer Unterschied. Der einzige Unterschied ist, das die Opfer heute  meistens schweigen. Noch, aber nicht mehr lange.
Diese high school kostet derzeit 55000  $ pro Studienjahr und gehört damit zur Ivy League der high schools.
Zu seiner Schulzeit war es weniger, aber auch damals konnten sich das nicht viele Eltern leisten. Viele bekannte Alumni kann die Georgetown Prep trotzdem nicht vorweisen.
Es geht vor allem um das Netzwerk der Schüler der eigenen Schule und der durch die Sportligen verbundenenen high schools.
Mit einem Netzwerk kommt man zwar voran, aber ein Netzwerk kann persönliche Leistung nicht ersetzen.


Quotemogberlin 30.09.2018, 16:29 Uhr
Antwort auf den Beitrag von patatasbravas 30.09.2018, 16:03 Uhr

Es geht immer um Macht.

Korrekt, lieber patatasbravas. Und solche Machtstrukturen sind zu brechen.

Glauben Sie, die Sprösslinge der Eliten in afrikanischen oder anderen nichteuropäischen Ländern verhalten sich anders?

Nein. Aber hier geht es um die "Eliten" der "Eliten", nämlich um den männlich-weißen Machtanspruch, der gegenüber anderen Kulturen seit Jahrhunderten/-tausenden und gegenüber Frauen seit Anbeginn der Zeiten erhoben wird, ihn gilt es zu brechen, nur dann sind auch andere Formen des Rassismus und der strukturellen Diskriminierung im Rahmen einer globalen (Bestrebung nach) Gerechtigkeit wirksam zu bekämpfen.

Der einzige Unterschied ist, das die Opfer heute  meistens schweigen. Noch, aber nicht mehr lange.

Eben. Diese Opfer sind zu bestärken, ihnen ist mit Solidarität zu begegnen, es ist also genau das zu tun, was die frauen- und minoritätsfeindlichen Kampagneros zu konterkarieren versuchen, auch hier im Forum.

Diese high school kostet derzeit 55000  $ pro Studienjahr und gehört damit zur Ivy League der high schools.

Das ist ein Aspekt der besprochenen Problematik, auch hier sind politische und gesellschaftliche Gegenmaßnahmen erforderlich; derlei Einrichtungen, deren struktureller Aufbau inklusive Preisgestaltung nicht (nur) der bestmöglichen Bildungsvermittlung dient, sondern vorrangig dem Ziel, unerwünschte Gesellschaftsschichten systematisch fernzuhalten und somit die eigene, angemaßte Zugehörigkeit zu einer selbsternannten Elite zu manifestieren, sind zivilisations- und menschenfeindlich, auch hier braucht es eine Demokratisierung.

mog


QuoteMcSchreck 11:11 Uhr
Antwort auf den Beitrag von mogberlin 08:33 Uhr

... Wenn man glaubt, im Besitz einer "unumstößlichen Wahrheit" zu sein, die erst seit 100 Jahren in Teilen der Welt anerkannt ist, im Rest noch durchaus umstritten (und ich fürchte, in der dt. Gesellschaft ist die Gleichwertigkeit aller Menschen, egal welcher Herkunft, welchen Alters, welcher Intelligenz und körperlichen Fähigkeiten, welchen Geschlechts, welcher Religion, welcher politischen Ausrichtung auch noch nicht Konsens), wer das also glaubt, der sagt damit mehr als genug über sich aus.


Quotemogberlin 11:22 Uhr
Antwort auf den Beitrag von McSchreck 11:11 Uhr

Sie streiten die universelle Gültigkeit der Gleichheit (Gleichwertigkeit) aller Menschen und anderer Menschenrechte ab, lieber McSchreck? Das ist bemerkenswert, aber nicht überraschend. Wer das tut, der sagt damit mehr als genug über sich aus.

mog


QuoteMcSchreck 11:34 Uhr
Antwort auf den Beitrag von mogberlin 11:22 Uhr

Ich streite es nicht ab, das habe ich auch zuvor geschrieben.

Aber es ist keine "unumstößliche Wahrheit", wenn es nur eine Minderheit der Erdbevölkerung so sieht. Ich gehe sogar noch weiter: bei allen "Wertungsfragen" kann es überhaupt keine unumstößliche Wahrheit geben, weil Wertungen vom Zeitgeist, der Region, wo man lebt und vielem anderen abhängen. Wertungen sind immer subjektiv.


Quotemogberlin 11:39 Uhr
Antwort auf den Beitrag von McSchreck 11:34 Uhr
Selbstverständlich haben alle Menschen grundsätzlich den gleichen Wert, lieber McSchreck, ob diese Wahrheit mehrheitlich anerkannt wird, ist für die Feststellung dieser Tatsache nachrangig. Aber ich verstehe natürlich, dass es für Sie und Ihre Ideologie von Bedeutung ist, die Achtung der Gleichwertigkeit aller Menschen als "subjektive Zeitgeistfrage" darzustellen.

mog


QuoteSonnenblumenfeld 30.09.2018, 09:48 Uhr
Zitat: "Tatsächlich zeigt Brett Kavanaugh, wie tief das Gefühl der Immunität mancher weißen Männer wurzelt. "

Und wieder eine volle Breitseite gegen den verhassten weißen Mann. Dass das Verhalten von Kavanough nicht typisch für weiße Männer, sondern typisch für Beschuldigte seines Standes, ganz gleich welcher Hautfarbe und welchen Geschlechts, sein könnte, kommt der Autorin offenbar nicht in den Sinn. Testfrage: Wie ist Winnie Mandela mit den gegen sie erhobenen Vorwürfen umgegangen?


QuoteRuedigerKK 30.09.2018, 10:02 Uhr

    Die Immunität des weißen Mannes

falsch, richtig müsste es lauten: Die Immunität des reichen Mannes.
Kavanaugh ist aufgeschmissen, weil er das Problem - wie sonst üblich - eben nicht mit Geld aus der Welt schaffen kann.


Quotecarolina 30.09.2018, 13:45 Uhr
Antwort auf den Beitrag von RuedigerKK 30.09.2018, 10:02 Uhr

Mich stört diese pauschalisierende, sexistisch-rassistische Sicht- und Ausdrucksweise "(alte) weiße Männer".
In anderen, nicht-"weißen" Gesellschaften mit patriarchalischen Strukturen gibt es diese "Immunität" der Männer ebenfalls, siehe Indien,
Es geht um Privilegien von Männern, vorwiegend Männern der Oberschicht, aber je nach Land nicht ausschließlich aus der Oberschicht..
Wer die Bezeichnung "(alte) weiße Männer" so benutzt wie dies (auch) hier in diesem Artikel geschieht, diskriminiert Männer. Das sollten wir Frauen nicht tun ...


QuoteW.Wang 30.09.2018, 14:01 Uhr
Sehr geehrte Frau Sauerbrey,

Ihr Beitrag wurde unter der Rubrik Kultur veröffentlicht. Die Überschrift lädt zum Nachdenken ein, aber andere, besonders wichtige Teile Ihres Beitrags sind eine reine faktische Zusammenfassung der Abläufe. Warum? Wieso schreiben Sie nicht eindeutiger Ihre Bewertung des Geschehenen?

Die Heldinnen des Freitages waren Ana Maria Archiles und Maria Maria Gallagher, die mit ihren aufgebrachten Anschluldigungen Senator Jeff Flake zum Nachdenken bewegten. Der Held des Freitages war Jeff Flake, der Frau Prof. Dr. Ford mit seiner salomonischen, bedingten Abstimmung nicht nur Glaubwürdigkeit schenkte, sondern ihr damit auch als einziger unter den Republikanern im Ausschuss mit Würde begegnete.

Jeff Flake ist ein Beispiel der alten, aussterbenden Schule der privilegierten weißen Männer.

Der ganze Prozess des Ausschusses aber offenbarte den tief verwurzelten, selbstHERRlichen Paternalismus bei den Republikanern.

Und die Wahl, die Beförderung, dieses Richters, Kavanaugh, zum lebenslänglichen Mitglied des obersten Gerichts muss jedem, der an diesen Tagen diese Person im Fernsehen erleben konnte und musste, und der nur ein kleines bisschen Menschenverstand hat, zum Schaudern bringen.


Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 04, 2018, 12:08:39 PM
Quote[...] Wilke hat nicht nur eine juristische Frage aufgeworfen, sondern auch eine politisch grundsätzliche. Denn was tut ein Land, dessen Strafrecht ganz auf Resozialisierung ausgelegt ist, eigentlich mit traumatisierten und gewaltaffinen Flüchtlingen, die offenkundig keine Integrationsperspektive haben? Sinnvolle Debatten darüber sind zurzeit kaum möglich. Die einen wittern überall rassistische Verallgemeinerungen über Flüchtlinge, während andere der Hysterie vor pathologisch gewaltbereiten Arabern verfallen sind.

... Einige Tage nach dem Überfall auf den Frosch sind drei der mutmaßlichen Täter in U-Haft.

... Was ihn wirklich beunruhige, sagte Wilke, dass in der Flüchtlingsfrage inzwischen auch Leute schwankten, die immer gegen den Rassismus gekämpft hätten. Sogar ein Pfarrer sei darunter, der Flüchtlingen Kirchenasyl gewähre. "Was ich gesagt habe, ist ein Befreiungsschlag für die, die genauso gefühlt und gedacht haben, aber sich selbst gezwungen haben, es nicht zu sagen." Und dann: "Ist es nicht besser, wenn ich es bin, der ihnen diese Befreiung verschafft, als wenn es Alexander Gauland tut?"

Am Ende holt er aus seinem Bücherregal ein Buch über Bart Somers, den Bürgermeister des belgischen Mechelen. Somers führt die Stadt seit 2001 mit einer Mischung aus Multikulti- und Law-and-Order-Politik und wurde dafür von der city mayors foundation im Jahr 2017 zum besten Bürgermeister der Welt gewählt. Wilke lobt auch Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD), die in Berlin-Neukölln mit ihrer Nulltoleranzpolitik gegenüber Straßengangs und Clans populär wurde. "Multikulti und Law-and-Order", sagt er. "Das ist es, was ich tue."

...



Aus: "Die Grenze" Eine Reportage von Christian Bangel, Frankfurt (Oder) (4. Oktober 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-10/frankfurt-oder-fluechtlinge-ausweisungsbeschluss-gefahr-rechtsextremismus (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-10/frankfurt-oder-fluechtlinge-ausweisungsbeschluss-gefahr-rechtsextremismus)

Quoteah-jun #14

"Denn was tut ein Land, dessen Strafrecht ganz auf Resozialisierung ausgelegt ist, eigentlich mit traumatisierten und gewaltaffinen Flüchtlingen, die offenkundig keine Integrationsperspektive haben? Sinnvolle Debatten darüber sind zurzeit kaum möglich. Die einen wittern überall rassistische Verallgemeinerungen über Flüchtlinge, während andere der Hysterie vor pathologisch gewaltbereiten Arabern verfallen sind"

Das beschreibt das Problem exakt. Die Konsequenz wäre das Strafrecht an Menschen anzupassen, die nicht resozialisierbar sind. Dann würden wir vielleicht das Problem der Clans in den Griff bekommen.

Die Debatte über dieses Probleme scheuen die die etablierten Parteien wie der Teufel das Weihwasser. ...

Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 08, 2018, 06:10:58 PM
Quote[...] Caroline Sommerfeld-Lethen (geb. Sommerfeld; * 1975 in Mölln)[1] ist eine deutsche Köchin, Philosophin, Autorin und Aktivistin der Neuen Rechten und der Identitären Bewegung. ... Die Süddeutsche Zeitung schrieb über die Wandlung von Sommerfeld von Positionen der 68er-Bewegung hin zu neurechten Ideologien, dass sie eine viel gelobte philosophische Dissertation über Immanuel Kant unter dem Titel ,,Wie moralisch werden?" geschrieben habe und früher ,,ein gern gesehener Gast auf geisteswissenschaftlichen Tagungen" gewesen sei. Nun marschiere sie ,,bei Fackelzügen der Wiener Identitären zum Gedenken an die Schlacht gegen die Türken von 1683 mit". Sommerfeld erklärte hierzu, dass jeder Kritiker dieser Entwicklung ein ,,Individuum auf Gemeinschaftszerstörungsdroge" sein müsse und somit ,,asozial im Wortsinne". ... In einem Gespräch mit Hasnaim Kazim verneinte sie die Frage, ob auch Nichtweiße Deutsche sein könnten. Zwar sei dies für sie nicht allein unter dem Gesichtspunkt der ,,Rasse" zu bewerten, ,,aber es hat auf jeden Fall ganz elementar eine ethnische Komponente. Mit der Staatsbürgerschaft allein ist es nicht getan." Was ,,deutsch" sei, sei ,,augenscheinlich" und bedürfe keiner komplexen Definition. Es reiche, in eine typische deutsche Kleinstadt zu fahren und zu registrieren, ,,wie die Leute dort denken, wie sie sprechen, wie sie aussehen". Sie sei aber nicht ,,gegen Fremde ganz pauschal, das ist Quatsch". ...


https://de.wikipedia.org/wiki/Caroline_Sommerfeld-Lethen (https://de.wikipedia.org/wiki/Caroline_Sommerfeld-Lethen) (8. Oktober 2018)



Quote[...] Lebten wir in anderen Zeiten, würde es diese Kolumne nicht geben. Denn die handelt vom ,,Deutsch sein" beziehungsweise davon, wer angeblich in diesen illustren Kreis gehört, und wer nicht.

Der in Oldenburg geborene ,,Spiegel"-Journalist Hasnain Kazim ist beispielsweise ein ,,Fremdkörper", zumindest, wenn man der Philosophin und neurechten ,,Ikone" (,,Spiegel") Caroline Sommerfeld folgt. Die hatte Kazim auf einem Podium als ,,Fremdkörper" bezeichnet und ihre Erklärung des ,,richtigen Deutschen" auf dem rechten Blog ,,Sezession" weiter ausgerollt. Sommerfeld verrührt mit ganz vielen Buchstaben eine völkische Suppe, die zwar als kompliziert behauptet wird, herunter gebrochen aber recht wässrig daherkommt.

Am Anfang steht der alles bedingende ,,Abstammungsdeutsche". Der muss gar nicht ,,reinrassig" im Blut- und schon gar nicht Grenzen-Sinne sein, vielmehr reiche die Fortpflanzung des ,,charakterlich und atmosphärisch Typischem". Der Kniff ist clever. Damit mogelt sie all jene in den völkischen Baukasten, die in ihren identitären Kram passen, und der definiert sich nicht nach 2018, sondern eher nach 1942.

,,Phänotyp des Deutschen" sind entsprechend ,,preußisch gewordene Hugenotten, ...Österreicher samt in der Donaumonarchie weiland beheimateter Tschechen und Ungarn". Dunkelhäutige Menschen können es nach Sommerfeldscher Logik ,,augenscheinlich" nicht sein, im Gegenteil dürfe nichts ,,Physisches verloren gehen, dessen das zukünftige Deutschtum bedarf, um sich hieraus kontinuierlich weiter entfalten zu können."

Wir haben verstanden. Wer deutsch ist, wird anhand völkischer Merkmale bestimmt, und wer die konstruiert, sind die rechtsextremen Identitären und ihre Vordenkerin. Die spricht von ,,Prototypenkategorisierung" und liefert selbst ein hübsches Beispiel: von der Amsel und dem Pinguin.

Die Amsel sei ,,ein prototypischer Vogel", der Pinguin hingegen nicht – ,,aber beide sind Vögel". Übersetzt ist die Amsel ,,der prototypische Deutsche", sie kann fliegen, hat also das Merkmal, was einen Vogel gemeinhin als solchen auszeichnet. Dem Pinguin, auch fedrig, aber flugunfähig, fehlt die als qualitativ wichtig markierte Vogelfähigkeit. Genauso wie dem Schwarzen, der natürlich Mensch ist, aber eben, sorry, optisch kein richtiger Deutscher, maximal ein ,,Passdeutscher" sein kann, lebten seine Vorfahren einfach auf dem falschen Kontinent. Und da hilft es auch nichts, ,,für Deutschland einzustehen", zum Volkskörper – weil nicht prototypisch – gehören Schwarze laut Abstammungslogik trotzdem nicht. Bei den Urenkeln könnte es klappen, vorausgesetzt, sie bedienen die Volksseele.

Es ist nicht zu fassen, welchen Rassismus Sommerfeld als Philosophie verkauft. Ihr geht es um die von den Rechtsextremen behauptete ,,Umvolkung", nur weitet sie diese auf Menschen mit sogenanntem Migrationshintergrund aus, die auf dem schwarz-weißen Klassenfoto mehr auffallen, als auf einem bunten. Mitgemeint sind all jene, die sich in den Grenzen von 1990 noch nicht dem kulturell-völkischen Heimatkitsch angepasst haben.

Genau darauf wollen sie hinaus, die Sommerfelds, Gaulands und Höckes. Auf eine Hierarchie in einer als besonders wertig mystifizierten deutschen Gesellschaft, in der zur Elite gehört, wer über vordefinierte Merkmale verfügt, und sich parallel dem kulturellen Diktat einer völkischen Rechten unterordnet. ...


Aus: "Identitäre Bewegung Wie man den Deutschen vom ,,Fremdkörper" unterscheidet" Katja Thorwarth (27.09.2018)
Quelle: http://www.fr.de/politik/meinung/kolumnen/identitaere-bewegung-wie-man-den-deutschen-vom-fremdkoerper-unterscheidet-a-1590351 (http://www.fr.de/politik/meinung/kolumnen/identitaere-bewegung-wie-man-den-deutschen-vom-fremdkoerper-unterscheidet-a-1590351)

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QuoteBierchen mit Biss

Liebe Frau Thorwarth, Ihre Beschreibung bezüglich der Zugehörigkeit zum ,,illustren Kreis" der Deutschen kann man direkt auf das Thema Gläubiger und Ungläubiger aus Sicht vieler Moslems übertragen. Das wird so in D auch teilweise recht offen kommuniziert und gelebt.

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QuoteRaven Nofolk

Der Hammer ist ja , dass diese völkischen Spinner die eigentlichen Feinde Deutschlands sind.
Das haben sie in der Vergangenheit eindrucksvoll bewiesen und das wird ihnen auch wieder gelingen, wenn man sie lässt.
Es ist eigentlich unglaublich, dass immer noch Menschen auf diesen Unsinn hereinfallen und das im Jahre 2018.
Ähnlich wie diese "Kreationisten" in den USA. ...



QuoteKommentatorKlug

Bei solchem Quatsch fällt mir immer ein, was Carl Zuckmayer in "Des Teufels General" den Titelhelden Harras zum Leutnant Hartmann sagen läßt:

    " ... Denken Sie doch - was kann da nicht alles vorgekommen sein in einer alten Familie. Vom Rhein - noch dazu. Vom Rhein. Von der großen Völkermühle. Von der Kelter Europas!

    Und jetzt stellen Sie sich doch mal Ihre Ahnenreihe vor - seit Christi Geburt.

    Da war ein römischer Feldhauptmann, ein schwarzer Kerl, braun wie ne reife Olive, der hat einem blonden Mädchen Latein beigebracht. Und dann kam ein jüdischer Gewürzhändler in die Familie, das war ein ernster Mensch, der ist noch vor der Heirat Christ geworden und hat die katholische Haustradition begründet. - Und dann kam ein griechischer Arzt dazu, oder ein keltischer Legionär, ein Graubündner Landsknecht, ein schwedischer Reiter, ein Soldat Napoleons, ein desertierter Kosak, ein Schwarzwälder Flözer, ein wandernder Müllerbursch vom Elsaß, ein dicker Schiffer aus Holland, ein Magyar, ein Pandur, ein Offizier aus Wien, ein französischer Schauspieler, ein böhmischer Musikant - das hat alles am Rhein gelebt, gerauft, gesoffen und gesungen und Kinder gezeugt - und - und der Goethe, der kam aus demselben Topf, und der Beethoven, und der Gutenberg, und der Matthias Grünewald, und - auch was, schau im Lexikon nach.

    Es waren die Besten, mein Lieber! Die Besten der Welt! Und warum? Weil sich die Völker dort vermischt haben. Vermischt - wie die Wasser aus Quellen und Bächen und Flüssen, damit sie zu einem, großen, lebendigen Strom zusammenrinnen. Vom Rhein - das heißt: vom Abendland. Das ist natürlicher Adel. Das ist Rasse. ..."


QuoteSocrates

Deutsche – kauft deutsche Bananen, wahlweise Zitronen!


QuoteJörg Steinhäuser

Diese "Dame" entspricht nicht dem Herrenvolk. Sie sollte sich schnellstens zurück ziehen. Frauen der arisch einwandfreien Rasse sind blond, haben blaue Augen und einen gesunden Körper. Mens sana in corpore sano, das kann eigentlich nur für den Body herhalten. Sie ist brünett, hat wahrscheinlich dunkle Augen, kein Typ aus dem Lebensborn. Da muss ich aber an Höcke und Co. zweifeln, dass sie eine derart undeutsche Frau neben sich stehen lassen. Diese Partei ist nicht mehr wählbar. Sie akzeptiert Rassen-Unreinheit. ...


QuoteNewBambus --> Jörg Steinhäuser

Es fällt auf, dass die, die von Phänotypen schwadronieren eigentlich zu den Auszusortierenden gehören. Die Dame wäre problemlos selbst als fremdvölkischer Eindringling zu qualifizieren und ohne Ausweisdokumente sofort an der bayerischen Grenze als osteuropäischer Wirtschaftsflüchtling zurückzuweisen. ...


QuoteKommentatorKlug --> Jörg Steinhäuser

Hitler, Göring und Goebbels waren doch auch nicht diese blond-blauäugigen Recken als die sie ihren Herrenmenschen verkauft haben.


QuoteMargot Benetti

Sie scheinen offenbar kein einziges Wort aus dem Sommerfeld-Text verstanden zu haben. Auch Begriffe (und die Konzepte dahinter) wie Phänotyp und Prototypensemantik kontern Sie ausschließlich mit dem altbekannten Ressentiment, dass jedwede Differenzierung schon Rassismus sei. Please try harder.


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Quote[...]  Das sieht dann doch nach einer veritablen Verhaltenslehre der Kälte aus, was dem Professor Helmut Lethen da unter der Betreff-Zeile ,,Aufkündigung Ausbildungsvertrag" von der Waldorfschule Wien-West per Einschreiben mitgeteilt wurde: ,,Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Lethen, hiermit kündigen wir den Ausbildungsvertrag für Ihre Söhne \[eingefügt sind deren Namen\] zum nächstmöglichen Termin, sohin am 31.08.2018. Mit der Bitte um Kenntnisnahme verbleiben wir mit freundlichen Grüßen \[gezeichnet vom Vorstand der Schule\]".

Nach Diktat verreist. Die Söhne des Kulturwissenschaftlers Lethen, eines der profiliertesten seiner Generation, der Generation der Achtundsechziger, ein Exponent der kulturellen Linken – dessen acht und zwölf Jahre alte Söhne hatten also Knall auf Fall die Waldorfschule zu verlassen, wurden am letzten Schultag vor den Sommerferien jäh aus ihrem Klassenverband herausgerissen, viele Kinder der noch anwesenden 6. Klasse begannen zu weinen, als der Rausschmiss der Lethen-Söhne feststand, auch die Lehrerinnen kämpften mit den Tränen; aber es half nichts: Der Vorstand hatte so entschieden. Gerade noch rechtzeitig zum neuen Schuljahr fanden die beiden Jungen ein Gymnasium, auf dem sie ihre Schulzeit nun fortsetzen können.

Was war geschehen? Was hatten sich die Brüder zuschulden kommen lassen? Die Antwort lautet: Sie haben die falsche Mutter. Genauer: eine Mutter mit gefährlichen politischen Ansichten. So hat es der Schulvorstand gesprächsweise denn auch unverhohlen zum Ausdruck gebracht. Die Mutter, um die es geht, heißt Caroline Sommerfeld-Lethen, ist promovierte Philosophin und seit einigen Jahren publizistisch bei den Neuen Rechten unterwegs, ohne dass sie auf der Waldorfschule mit ihrem identitären Ideenwust Propaganda betrieben hätte und ohne dass ihre Söhne auf irgendeine Weise als indoktrinierte Störer im Unterricht auffällig geworden wären; im Gegenteil, sie waren beliebt, wie die herzzerreißenden Szenen am letzten Schultag noch einmal zeigten.

So was kommt eben vor, könnte man sagen. So was kommt vor, wo sich ein Begriff von demokratischer Öffentlichkeit durchsetzt, der politische Konflikte auf Freund-Feind-Verhältnisse verengt. Es geht dann um maximalen Beschuss, um ein Ausschlussdenken statt um Auseinandersetzung, um Erkennung und Ortung anhand von Signalbegriffen, um Abstandsmessungen noch in die nachwachsende Generation hinein. Um ein Orientierungsverhalten mithin, wie es der ,,Radartyp" in den ,,Verhaltensweisen der Kälte" an den Tag legt, Lethens Bestseller über Lebensweisen zwischen den Weltkriegen, der gerade eine ungeahnte Aktualität erfährt. In diesem Sinne ist der Rausschmiss der beiden Söhne ein besonders prägnantes, nahegehendes Beispiel dafür, wie selbst hinter der Deklaration, empathisch zu sein, Mitgefühl zu üben, die Kälte hochkriecht; wie auf beiden Seiten des Kulturkampfes der Gegenwart ein Reinheitswahn grassiert, in welchem Menschen als verstrahlte Körper behandelt werden, die noch als Minderjährige in Mithaft zu nehmen sind, will man sich vor Infizierung schützen.

Der Vater vermag das, was die Waldorfschule Wien-West mit seinen Söhnen machte, nicht zu fassen: Lethen, Autor von Studien zur Charakterkunde des politischen Extremismus, der mit Caroline Sommerfeld in politisch gemischter Ehe lebt, gibt im Interview mit der österreichischen Zeitschrift ,,Profil" zu Protokoll: ,,Meine Kinder wurden von der Waldorf-Schule Wien-West geworfen aufgrund einer Sippenhaftung, weil sich meine Frau im Umfeld der Neuen Rechten betätigt. Es ist mir unbegreiflich, dass ein weltanschaulicher Konflikt von Eltern mit der Schulleitung auf dem Rücken der Kinder ausgetragen wird. Die Neuen Rechten könnten sich freuen – jetzt haben sie wieder ein Argument."

Bei der neurechten Mutter kommt solche Freude naturgemäß nicht auf. Caroline Sommerfeld, der zuvor schon als Köchin der Schule gekündigt worden war (,,als Köchin, nicht als Schulleiterin oder Geschichtslehrerin", Sommerfeld), hatte sich seinerzeit an die Gleichbehandlungsstelle im österreichischen Frauenministerium gewandt. In dem daraufhin eingeleiteten außergerichtlichen Schlichtungsverfahren wegen Jobkündigung aus politischen Gründen war der Schulvorstand hart geblieben. Für Sommerfeld ein klarer, noch nicht einmal bemäntelter Fall von Diskriminierung im Zeichen der Antidiskriminierung.

Am Schultor gab es neulich zum Schuljahrsbeginn noch eine Mahnwache für die geschassten Lethen-Söhne und für ein paar andere Kinder, die man wegen politisch unbotmäßiger Elternteile gleich mit entsorgt hatte. Nun ist die Waldorfschule Wien-West wieder blitzblank, und die Schüler essen von politisch sauberen Tellerlein.


Aus: "Waldorfschule in Wien: Die falsche Mutter" Christian Geyer (07.09.2018)
Quelle: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/waldorfschule-wien-schulverweis-wegen-neurechter-mutter-15775010.html (http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/waldorfschule-wien-schulverweis-wegen-neurechter-mutter-15775010.html)

QuoteBarbara Noyer (noyer),     07.09.2018 - 18:36

Was mich an den Kommentaren erstaunt: dass die Waldorfschulen für links gehalten werden. Bei anderer Gelegenheit wird ihnen aufgrund ihres Gründers dann wieder das Gegenteil vorgeworfen.


QuoteHans Bauernfeind (H.Bauernfeind), 07.09.2018 - 15:38

Keine Demokraten

Rechtsextreme stören sich am Äußeren und Linksextreme am Inneren. Wer es da wagt eine andere Meinung zu haben, ist schlecht gelitten. So wie es in einer Demokratie selbstverständlich sein sollte, Menschen mit einem Aussehen, was einem vielleicht nicht so zusagt, zu bedienen, sollte man auch deren Meinung ausklammern. Solange Frau Sommerfeld durch igendwelche Aktionen den Schulfrieden nicht gestört hat, hätten Demokraten auch solch eine Aktion nicht gestartet. Die Bühne für eine politische Auseinandersetzung ist woanders. ...


QuoteBernhard Keim (KeimB), 07.09.2018 - 14:37

Ärgerlich, denn so entzieht man jeder Diskussion die Grundlage

Der Tribalismus greift um sich. Politische Zugehörigkeit bestimmt, wo man sich noch blicken lassen darf und wo nicht. Das ärgerliche: man versucht erst gar nicht mehr zu verstehen. Jeder wird in seine Filterblase verbannt.


QuoteChristian Karl Marx (deprofundis), 07.09.2018 - 13:29

So bedauernswert dieser Vorfall für die Kinder auch ist,

letztlich kündigt (offenbar auch fristgerecht) nur ein privates Institut einen Vertrag mit unliebsamen Kunden. Kommt in der Tat vor. Ich möchte zum Beispiel auch keine Vertragspartnerin, welche das Anerkennen der historischen Verantwortung für den Holocaust als "Schuldkult" oder "Nationalmasochismus" bezeichnen, hier endet die Toleranz.


QuoteImmanuel Kratzer (sojetztja), 07.09.2018 - 13:26

Das ist nichts Neues

Ist das jetzt neu? Waldorfschulen suchen sich ihre Schülerschaft schon immer nach Gutdünken aus. Sie schwadronieren zwar von ihrer toller Pädagogik, überlassen die echten Problemfälle oder auch Kinder, die nicht in ihr Raster passen, aber traditionell sehr gerne den öffentlichen Schulen. Man will als Waldi ja unter seinesgleichen bleiben...


QuoteWolfgang Käflein (wokaef), 07.09.2018 - 12:01

Kinder werden auch nicht gefragt, wenn Erwachsene Krieg beschließen

oder die Umwelt zerstören. Die "falsche Mutter", die falsche Nationalität, die falschen Eltern, wenn diese ggf. zu Gewalt und Missbrauch neigen. Schlecht abzuschätzen ist bei dem Beitrag leider, wer die Kinder zu erst instrumentalisiert hat. Das hier begründete Opfer-Täter Verhältniss ob das wirklich stimmt? Was nicht heißt, dass sich nicht alles genau so zugetragen hat. Die Frage ist was sich vielleicht noch dazu, zusätzlich (dem Redakteur unzugänglich) zugetragen hat.


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Quote[...] Hat mal jemand ein Auge drauf?

Nein, nicht auf den Hüter der Verfassungsschutzbehörde, der offenbar eine ganz eigene Agenda pflegt, die einem intellektuell raffinierten Selbstschuss- Mechanismus ähnelt, und der offenbar in Kauf genommenen Destabilisierung des Ansehens der politischen Führungsschicht dient, aber auch den demokratischen Institutionen. Hat jemand ein Auge auf Seehofer? Dem alten Mann aus Bayern, der es wider Erwarten und ohne Befähigung doch ins Ministeramt nach Berlin geschafft hat, getrieben eigentlich vor allem von seinem verhassten Nachfolger als Ministerpräsident des krachledernen Landes. Hat jemand ein Auge auf Bundeskanzlerin Merkel? Hat sie nicht bislang jeden über- ehrgeizigen politischen Opponenten geschickt aus dem Feld geschossen, vor allem wenn es Männer waren, die das - die Selbsterledigung- eigentlich verlässlich selber schafften? Was ist mit Merkels Strategien der Macht? Haben sie nicht vielleicht etwas Rost angesetzt, hängen nicht Spinnweben in den Mechanismen?

Hat jemand ein Auge auf die Anthroposophen? Ja, die erledigen sich ja nun wirklich zuverlässig selbst. Was die Intrigen, Machtspielchen, Sandkasten- Randale und Selbstzerstörungs- Mechanismen betrifft, so ist auf diesen Verein stets Verlass. Man muss nur mal anschauen, wie sich die vormals vorbildlich erscheinende englische Schule Kings Langley durch autoritären Führungsstil, Arroganz gegenüber kritischen Eltern und Schulaufsichtsbehörden, Vernachlässigung von simplen Aufsichtspflichten, innere Querelen bis zur Selbstzerstörung, und völlig inakzeptable Methoden der Beeinflussung (Drohbriefe an Eltern) (1) es zur eigenen dauerhaften Schließung geschafft hat. Wen es im Detail interessiert, kann das im Blog von Jeremy Smith (2) nachlesen, der auch die Geschichte des Geländes selbst, das auf frühe englische Könige im 13. Jahrhundert zurückgeht, darlegt, aber auch die inneren Mechanismen der Selbstzerstörung. Smith hat selbst mal in dieser Schule gearbeitet. Er schildert auch die Geschichte der zähen, sturen, alt- Steinerschen Leiterin der Schule, Margaret Cross, die diese Schule als ihr Lebenswerk bis 1955 etabliert, aber wegen anhaltender Konflikte mit sämtlichen Kollegen (3) im Grunde auch fast zugrunde gerichtet hatte. Es ist dann, nach einer so umfassenden Tradition und Verwurzelung doch erstaunlich, dass ein heutiges Kollegium mitsamt der typischen charismatischen Führungspersönlichkeit und den üblichen internen Konflikten nicht in der Lage ist, ein vernünftiges Arrangement mit der Schulaufsicht zu finden. Offenbar handelt es sich um die Art von Verblendung, die den nahenden Abgrund über Jahre zu ignorieren, schön zu reden und mit Phrasen zuzuschütten bemüht ist. Jedenfalls sind inzwischen auch die letzten Versuche, die Schule unter anderem Namen neu zu gründen, gescheitert- schon weil selbst die Versicherungen Zweifel an der Integrität des Unternehmens hatten.

Eine andere Schule, die nicht nur an den offenbar üblichen finanziellen Abgründen balanciert, sondern auch an ideologischen, ist geschlagen mit der identitären Rechten Caroline Sommerfeld-Lethen, die ihre Gegner gern direkt in der ,,Sezession" von Ellen Kositza auseinander nehmen lässt. In diesem Fall handelt es sich nach identitärer Analyse eindeutig um ,,Repression" und bei Frau Sommerfeld, die an dieser Wiener Schule vorher schon als ideologisierte Schulköchin unangenehm aufgefallen war, in ihrer Selbstsicht um eine Dissidentin. In ihrer Sicht ist aber die ganze Waldorfbewegung unterwandert von den Globalisten und Linken, die den eigentlich völkischen Rudolf Steiner so ,,verraten" haben, dass er heute - so wie sie mit ihren Kindern selbst- aus Rudolf- Steiner - Schulen hinaus komplimentiert werden würde: ,,Sie haben, das weiß ich jetzt, Steiners Grundideen verraten und verkauft. Natürlich nicht nur diese fünf Hanseln im Vorstand von Waldorf Wien West, sondern in der ganzen institutionalisierten Anthroposophie ist seit etwa 10 Jahren etwas im Gange: derselbe Kurzschluß zwischen Kulturmarxismus und Globalisierung wie in der ganzen Linken, mit derselben Rhetorik für ,,Toleranz", ,,Vielfalt" und die ,,offene Gesellschaft". Diese hat aber eine sinistre (Anthroposophen würden sagen: eine ,,ahrimanische") Kehrseite, nämlich ideologisch motivierte Verfolgung von allem, was sich dieser Weltordnungsphantasie in den Weg stellt. Selbst die Linken in den 70er und 80er Jahren, von denen ja auch viele ihre Kinder auf Alternativschulen schickten und da als Eltern mitmischten, hatten keinen solchen Furor gegen Andersdenkende, keine Agenda ,,gegen Rechts", so wie gegenwärtig. Rudolf Steiner würde heute, las ich mal in einer schönen Glosse in einem abtrünnigen Anthroposophenmagazin, aus der Anthroposophischen Gesellschaft ausgeschlossen werden wegen rechter Gedanken." (4)

Dass es nun die Kinder von Frau Sommerfeld- Lethen ausbaden müssen, ist zu bedauern. Man muss aber auch nicht gleich ein so wehleidiges Gesamtkonzert vom verfolgten, benachteiligten armen Rechten anstimmen wie Christian Geyer-Hindemith in der FAZ: ,,Was war geschehen? Was hatten sich die Brüder zuschulden kommen lassen? Die Antwort lautet: Sie haben die falsche Mutter. Genauer: eine Mutter mit gefährlichen politischen Ansichten. So hat es der Schulvorstand gesprächsweise denn auch unverhohlen zum Ausdruck gebracht. Die Mutter, um die es geht, heißt Caroline Sommerfeld-Lethen, ist promovierte Philosophin und seit einigen Jahren publizistisch bei den Neuen Rechten unterwegs, ohne dass sie auf der Waldorfschule mit ihrem identitären Ideenwust Propaganda betrieben hätte und ohne dass ihre Söhne auf irgendeine Weise als indoktrinierte Störer im Unterricht auffällig geworden wären; im Gegenteil, sie waren beliebt, wie die herzzerreißenden Szenen am letzten Schultag noch einmal zeigten." (5)

Gewiss, herzzerreißend. Zudem ist der Vater auch noch ein übrig gebliebener Alt-68er, der mit Sommerfeld in einer oft und gern, auch in ihrem Buch (6) ,,Mit Linken leben" thematisierten politisch spannungsreichen Ehe lebt und die Entlassung von Frau und Kindern als ,,Sippenhaft" anprangert. Die Legende, die Sommerfeld-Lethen selbst spinnt (,,ideologisch motivierte Verfolgung von allem, was sich dieser Weltordnungsphantasie in den Weg stellt"), scheint durch den Herauswurf bestätigt. Allerdings benutzt Sommerfeld-Lethen die sich entfaltende Agenda, um - wie im oben genannten Sezession- Interview - die gesamte Wendung der Waldorfbewegung gegen Rassismus zu attackieren- also die so mühsam, über Jahrzehnte aufgebaute anthroposophische Aufklärung - auch in Abgrenzung zu mindestens kultur- chauvinistischen Äußerungen Rudolf Steiners. Diese Aufarbeitung hat die anthroposophische Bewegung, die selbst 1968 nie so recht internalisiert hatte und eng an der wortwörtlichen Auslegung der Worte ihres Gurus klebte, Kraft und Mühen gekostet, die womöglich jetzt von einer Schulköchin weggefegt werden?

Hat mal jemand ein Auge drauf? Immerhin sind wir mit der ,,Sezession" in der ideologischen Schaltzentrale der ,,Neuen Rechten" (was neu daran sein soll, erschliesst sich freilich nicht), wo sich Kubitschek mit dem seltsamen Björn Höcke trifft. Vielleicht möchte ja die Philosophin Sommerfeld einen entglobalisierten Rudolf Steiner als ideologischen Background dieser Rechten etablieren, einer völkisch interpretierten Anthroposophie mit klarer Orientierung auf den mitteleuropäischen weißen Menschen als Krone der Schöpfung? Mit Russland als Träger der nächsten Kulturepoche? Mit einem Steiner, der Schwangeren keine Negermusik zumuten wollte und geheime Logen hinter dem Weltgeschehen sieht, die bemerkenswert den angeblichen Plänen der ,,Weltelite" und George Soros ähneln, die die alternde mitteleuropäische Bevölkerung mit ,,Flüchtlingen" ersetzen will? Man lese das mal bei Compact nach (7) und hat schnell einen rechts interpretierten anthroposophischen Scherenschnitt des geheimen Weltgeschehens an der Backe kleben. Volksaustausch! Da werden bei Björn Höcke die Wangen rot und aufgeplustert.

Hat jemand ein Auge drauf? Wird der oberste Verfassungsschützer Hans- Georg Maaßen durch neue Enthüllungen Frau Sommerfelds Bemühungen unterstützen? Wird bald die nächste Waldorfschule in Selbstzerfleischung den Gang alles Irdischen gehen? Fragen über Fragen.

1 https://www.telegraph.co.uk/education/2018/06/24/rotten-core-flagship-steiner-school-close-emerges-concerned/
2 https://anthropopper.wordpress.com/2018/07/29/death-of-a-steiner-school/
3 https://anthropopper.wordpress.com/2018/07/21/margaret-cross-rudolf-steiner-and-the-school-at-kings-langley/
4 https://sezession.de/59361/repression-im-gespraech-mit-caroline-sommerfeld
5 http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/waldorfschule-wien-schulverweis-wegen-neurechter-mutter-15775010.html?GEPC=s2
6 https://antaios.de/gesamtverzeichnis-antaios/einzeltitel/45278/mit-linken-leben
7 https://www.compact-online.de/george-soros-und-sein-7-punkte-plan-fuer-den-volksaustausch/



Aus: "Caroline Sommerfeld, die Neue Rechte und die Selbstzerfleischung der Waldorfschulen" Michael Eggert (September 13, 2018)
Quelle: https://egoistenblog.blogspot.com/2018/09/caroline-sommerfeld-die-neue-rechte-und.html (https://egoistenblog.blogspot.com/2018/09/caroline-sommerfeld-die-neue-rechte-und.html)

QuoteIngrid_H Mod

Der Bund der Freien Waldorfschulen veröffentlichte ein Interview mit Wilfried Bialik, Geschäftsführer und Lehrer an der Freien Waldorfschule Gladbeck, und Manfred Schulze, Oberstufenlehrer an der Freien Waldorfschule Köln:
Wo stehen Waldorfschulen politisch: rechts, links oder in der Mitte? (September 2018 )
https://www.erziehungskunst.de/artikel/zeichen-der-zeit/wo-stehen-waldorfschulen-politisch-rechts-links-oder-in-der-mitte/ (https://www.erziehungskunst.de/artikel/zeichen-der-zeit/wo-stehen-waldorfschulen-politisch-rechts-links-oder-in-der-mitte/)


QuoteMichael Eggert Mod --> Ingrid_H

Da gibt es noch zu ergänzen, dass diverse Berichte über den Herauswurf in diversen neurechten Blogs zeitgleich, manchmal unterschiedlich im Text nur durch Zwischenüberschriften gepostet worden sind- um nach dem FAZ Beitrag eine gewisse Stimmung zu verbreiten und eine Kampagne gegen die "globalisierten" Anthroposophen loszutreten und die Legende von Frau Sommerfeld als rechtes Opfer weiter zu verstreuen. Man kann das schlicht und einfach googeln. Man darf wohl annehmen, dass diese Legende, die ja von Frau Sommerfeld ausgeht, von ihrem Netzwerk in ihrem Dienst als Kampfmethode gegen die liberalen Rudolf- Steinerschulen geschürt wird. Jede Schule schliesst individuelle Verträge mit den Eltern, die vertrauensvolle Zusammenarbeit bedingen. Letztere ist durch diesen politisch agitativen Aktivismus Frau Sommerfeld nicht gegeben. Man kann nicht agitierten und zugleich Vertrauensbildung erwarten. Im übrigen werde solche Verträge immer wieder gekündigt. Es ist auch eine Grundlage des freien Geisteslebens.


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Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 09, 2018, 12:21:25 PM
Quote[...] Positive Aussagen zur Homosexualität und zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare haben eine weitere Amtszeit des Rektors der Theologisch-Philosophischen Hochschule Sankt Georgen, Ansgar Wucherpfennig, verhindert. Wie der ,,Kölner Stadt-Anzeiger" und die ,,Frankfurter Rundschau" (Montag) berichten, verweigert die Bildungskongregation im Vatikan dem Jesuitenpater Wucherpfennig das ,,Nihil Obstat" (Unbedenklichkeitserklärung) und verlangt einen öffentlichen Widerruf seiner Positionen. Im Februar sei Wucherpfennig für eine dritte zweijährige Amtszeit mit großer Mehrheit wiedergewählt worden.

Der 52-Jährige bestätigte auf Anfrage, dass er Ende September die Hochschulkonferenz über den Vorgang unterrichtet habe. Sein direkter Vorgesetzter, Provinzial Johannes Siebner SJ, sagte den Zeitungen, er stehe uneingeschränkt hinter Wucherpfennig. In einem Antwortschreiben habe er sich ,,befremdet" über das römische Vorgehen gezeigt. ,,An Pater Wucherpfennigs Expertise, seiner Loyalität und damit auch an seiner Eignung für das Rektorenamt bestehen für mich nicht die geringsten Zweifel."

2016 hatte Wucherpfennig, Professor für Neues Testament, die biblischen Verurteilungen der Homosexualität in einem Interview als ,,tiefsitzende, zum Teil missverständlich formulierte Stellen" bezeichnet, wie die Zeitungen berichten. Wucherpfennig, der im katholischen Stadtdekanat Frankfurt auch als Homosexuellen-Seelsorger wirkt, sprach sich demnach für eine stärkere kirchliche Anerkennung von gleichgeschlechtlich Liebenden aus.

Der für Sankt Georgen in Frankfurt zuständige Bischof von Limburg, Georg Bätzing, stellte sich vor Wucherpfennig. Er habe der Wiederwahl ,,uneingeschränkt" zugestimmt, sagte ein Bistumssprecher. Bätzing habe auch in Rom deutlich gemacht, dass ,,Bistum und Jesuitenorden gut beraten sind, an der bewährten Hochschul-Leitung festzuhalten". Der Bischof gehe daher weiter von einer gütlichen Lösung aus.

Erst vor kurzem hatte der Papst für Empörung gesorgt, als er sagte, homosexuelle Jugendliche sollten psychiatrisch behandelt werden.


Aus: "Wegen positiver Aussagen zu Homosexualität: Vatikan verweigert Jesuitenpater das Rektorenamt" (KNA, 08.10.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/queerspiegel/wegen-positiver-aussagen-zu-homosexualitaet-vatikan-verweigert-jesuitenpater-das-rektorenamt/23158516.html (https://www.tagesspiegel.de/berlin/queerspiegel/wegen-positiver-aussagen-zu-homosexualitaet-vatikan-verweigert-jesuitenpater-das-rektorenamt/23158516.html)

Quotemelaina 08.10.2018, 19:25 Uhr
Das bestätigt mich mal wieder in meiner Entscheidung aus der Kirche ausgetreten zu sein.

Vor ca. 30 Jahren war ich bei einer Taufe. Der Pfarrer der evangelischen Kirche hat angefangen über AIDS und die Strafe Gottes zu palavern. Ich hätte damals aufstehen sollen und dagegen halten sollen, wollte ich auf Rücksicht der Eltern aber nicht. Hätte ich mal...

Die Katholiken hängen ja immer "etwas" hinterher, aber sie haben kein humanes Weltbild. Es wird von übelsten Doktrin geprägt.


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Quote[...] Der Zölibat war sicher ein Thema, das am Ende noch in der Waagschale gelandet ist. Es war frustrierend, sich mit diesem Verzicht zu beschäftigen, während meine Altersgenossen ihre Jugendlichkeit ausleben konnten. Damit meine ich nicht direkt oder ausschließlich sexuelle Betätigung, sondern den Tatendrang und die positive Energie, mit denen das Testosteron einen in jungen Jahren ausstattet. Mein Eindruck war, dass die meisten meiner Mitbrüder nicht zwingend heiß waren auf ein Leben in Enthaltsamkeit. Es wurde als Bedingung betrachtet, um Priester werden zu können. Sexualität, so sagte es auch einer unserer geistlichen Leiter, lässt sich nicht ausschalten, sondern nur verdrängen um eines größeren Ziels willen.

Die späten Neunzigerjahre waren nicht sorgenfrei für die Kirche. In der katholischen Stadt am Rhein jedoch schienen die Uhren stehen geblieben zu sein: Auch hier wurde für die Fronleichnamsprozession die ganze Altstadt geschmückt und die Musik der Orgel und die Gesänge des Chors über Lautsprecher nach draußen übertragen. Den Mainzer Domchor hatte Anfang der Achtzigerjahre ein heftiger Missbrauchsskandal erschüttert. Der Kapellmeister, ein Geistlicher, wurde des Missbrauchs von jungen Sängern beschuldigt. Dieses dunkle Kapitel hatte man in den Neunzigerjahren weitgehend vergessen.

Dann kam der Missbrauchsskandal in Boston: Ich war damals aus der Nachrichtenredaktion des ZDF, wo ich nach meinem Ausscheiden aus dem Seminar zu arbeiten begann, für zwei Monate als Hospitant in das Studio New York geschickt worden. Udo van Kampen, der Korrespondent mit dem Klang meiner rheinhessischen Heimat in der Stimme, schickte mich nach Boston, um Interviews zu führen. Ich traf dort ein Missbrauchsopfer und den Opferanwalt Mitchell Garabedian. In Big Apple folgten weitere Gespräche unter anderem mit einem Aktivisten der Gruppe SNAP. Diese Selbsthilfegruppe tritt für die Missbrauchten, die sich selbst "Überlebende" nennen, ein. Boston erschien damals wie ein Einzelfall. Und Father John Geoghan, ein Priester der Erzdiözese Boston, der 130 Jungen missbraucht haben soll, kam am Ende ins Gefängnis. Das ganze Ausmaß des Missbrauchs in der katholischen Weltkirche war da noch nicht zu erahnen.

Heute gibt es kein Land in der christlichen Welt, in dem nicht Fälle von Missbrauch bekannt geworden wären. Das Verbrechen hat Methode: Verschleierung, Versetzung, Vertuschung. Joseph Ratzinger hat, als Kardinal und später als Papst, versucht, mit Härte gegen dieses System in der Kirche vorzugehen. Unter seinem Vorgänger, dem heilig gesprochenen Johannes Paul II., ging noch der Gründer der Legionäre Christi, Marcial Maciel, im Vatikan ein und aus. Der Fromme wurde hernach entlarvt: Er hatte unzählige Buben und junge Männer missbraucht. Der aktuelle Statthalter Christi, Papst Franziskus, soll im Jahr 2013 erzwungen haben, innerkirchliche Ermittlungen gegen den britischen Bischof und seinen engen Freund, Cormac Murphy-O'Connor, abzubrechen, der angeblich heftig für Franziskus im Konklave getrommelt haben soll.

Von diesen drei Päpsten war der erste nicht interessiert und der zweite zu alt, um dem Treiben ein Ende zu setzen. Noch heute hält sich in der Ewigen Stadt, die wahrlich keine heilige unter den Städten des Erdkreises ist, das Gerücht, Benedikt XVI. habe abgedankt, weil ein homosexuelles Netzwerk im Vatikan selbst einem Papst die Hände binde. Und der dritte, gegenwärtige Pontifex scheint selbst korrumpiert zu sein. Zumindest wenn man den Aussagen und Anschuldigungen seiner geweihten Rivalen vertraut.

Die aktuelle Studie zum Thema Missbrauch, die die Deutsche Bischofskonferenz bei ihrer Herbstvollversammlung in Fulda präsentiert hat, legt nahe: Die Kirche sollte ihre Haltung zum Zölibat und ihre Kompromisslosigkeit beim Thema Homosexualität überdenken. Das ist notwendig, wenn man an die Stelle der gelebten Doppelmoral im Katholizismus eine neue Ehrlichkeit setzen will. Die Doppelmoral ist mir vor allem in Rom des Öfteren begegnet. Als ich an der Päpstlichen Universität Gregoriana studierte, gab es etwa auf dem Männer-WC im Erdgeschoss neben dem Café ein Loch in der Holzwand zur Nachbartoilette, auf idealer Höhe, um auf der einen Seite ein Glied einzuführen, welches dann auf der anderen Seite verwöhnt werden konnte.

In meiner Zeit im Seminar gab es meiner Einschätzung nach ein Drittel Hetero-, ein Drittel Homo- und ein Drittel Asexuelle. Es gab solche, die sich dem Zölibat verschreiben wollten, und solche, denen die vorgeschriebene Keuschheit recht egal war. Was möglich ist, kommt vor, lautete die Haltung vieler. Aber das, was vorkommt, wird allzuoft nicht an- und ausgesprochen, weil es ja eigentlich noch nicht einmal gedacht werden darf.

Heute steckt die katholische Kirche in der schwersten Krise seit der Reformation: Auch in einst frommen Winkeln wie in Wiesoppenheim bleiben die Katholiken der Messe fern. Es gibt nur noch alle paar Jahre eine Fronleichnamsprozession im Dorf, da wir jetzt in einem Pfarrverband sind, der sich den Priester teilt. Die Kinder bekommen auch nicht mehr schulfrei, um bei Beerdigungen zu dienen, angeblich wegen fehlenden Versicherungsschutzes. Und die wertvolle Figur des heiligen Martin wurde den Wiesoppenheimern abgeluchst und fristet nun ihr Dasein im Diözesanmuseum. Es ist fast so, als wolle man zusammenraffen, was noch geht. In unserer Kirche steht jetzt eine Attrappe. Die Volkskirche hat aufgehört zu existieren. In ihr war der Missbrauch mächtig, weil die Kirche mächtig war. Angesichts der unfassbaren Gräuel, die durch die von der Bischofskonferenz in Auftrag gegebene Studie ans Tageslicht kamen, erscheint es fast wie eine gute Nachricht, dass das Priesterseminar in Mainz mittlerweile nahezu verwaist ist. Der Klerikerstand in der Kirche hört auf zu existieren.

"Zermalmt die Infamie!", möchte man mit dem französischen Aufklärer Voltaire angesichts des Missbrauchsskandals rufen. Der Furor ist berechtigt. Jedoch fällt mir dann wieder unser Pfarrer Gottfried Bell ein, der mit seinem priesterlichen Dienst vielen Wiesoppenheimern ein Seelsorger war. Gilt nicht um dieser guten Geistlichen willen das Wort des Herrn, dass das Unkraut ausgerissen werden muss, damit es nicht den guten Weizen befallen kann? Die Kirche hat bislang leider nicht erkennen lassen, dass sie das Problem an der Wurzel anpacken will.


Aus: "Hauptsache, die Fassade steht" Alexander Görlach (5. Oktober 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/2018/41/homosexualitaet-priestertum-moral-verdraengung-kirche/komplettansicht (https://www.zeit.de/2018/41/homosexualitaet-priestertum-moral-verdraengung-kirche/komplettansicht)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 10, 2018, 11:02:41 AM
Quote[...] Später sei Schmidt von Personen mit "Quarzsand-Handschuhen" verfolgt worden. Schmidt bestätigt die Verfolgung, er sei dann aber durch Mitglieder der eigentlich kritischen Gruppe geschützt worden. "Die Szene war in dieser Situation gespalten", sagte er. Juristische Schritte will er nicht einleiten, es habe sich um eine "Schulhof-Mentalität" gehandelt. Eigentlich hatte Schmidt mit den Anwohnern über Strategien gegen Mietsteigerung und Gentrifizierungen sprechen wollen. Ein Thema, das im Samariterkiez, wo unter anderem die CG-Gruppe mehrere Neubauprojekte trotz Bürgerproteste durchgesetzt hat, immer wieder für Ärger sorgt. In einigen Häusern wohnen seit Jahren Mitglieder der linksautonomen Szene. Trotz der Brisanz des Themas waren Schmidt zufolge am Montag nur rund 35 Personen erschienen, weil die Veranstaltung nur mit Plakaten beworben worden sei, die aber abgerissen wurden. ...


Aus: "Baustadtrat wird bei Veranstaltung in Rigaer Straße bedroht" Felix Hackenbruch (09.10.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/friedrichshain-kreuzberg-baustadtrat-wird-bei-veranstaltung-in-rigaer-strasse-bedroht/23164850.html (https://www.tagesspiegel.de/berlin/friedrichshain-kreuzberg-baustadtrat-wird-bei-veranstaltung-in-rigaer-strasse-bedroht/23164850.html)

QuotePat7 09.10.2018, 18:20 Uhr
Quarzhandschuhe und derartige Drohungen haben nichts mit "Schulhofmentalität" zu tun.  ... Meinungsfreiheit existiert bei denen nur für die eigene Meinung und wo Brüllen nicht reicht, wird es dann heftiger. Es ist an der Zeit die nicht mehr mit Samthandschuhen anzufassen. Den Typen wie die bringen jeden zivilen gewaltlosen Widerstand gegen Spekulationen mit Wohnraum in Verruf.


QuoteSpandau-Loewe 09.10.2018, 18:49 Uhr
Antwort auf den Beitrag von Pat7 09.10.2018, 18:20 Uhr

Wir sind hier in Friedrichshain-Kreuzberg und dazu in einer Umgebung, die dem Baustadtrat doch gefällt. Also ist das "Schulhofmentalität". Und fertig.


QuoteHenrik1970 09.10.2018, 18:17 Uhr
Das hätte nicht mal ich mir vorstellen können, dass Baustadtrat Schmidt von Linken angegriffen wird.
Schmidt macht doch fast alles, was diese Menschen wollen und verhindert jeglichen Neubau, soweit er das kann.


QuoteMcSchreck 09.10.2018, 21:51 Uhr
Antwort auf den Beitrag von Epaminaidos 09.10.2018, 20:54 Uhr
wenn man sehr sehr weit links steht, ist jeder rechts. Und wer ein Amt hat, ist schon mal immer der Feind, egal wie er es ausübt. Er hat sich ja mit den Verhältnissen arragiert.

Da sind sich die Extremisten sehr nah.


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Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 10, 2018, 12:19:16 PM
Quote[...] Jan-Werner Müller, Real Citizens: "The only important thing is the unification of the people, because the other people don't mean anything." This is Trump's populism, plain and simple, and its defining feature is not anti-elitism but anti-pluralism.


From: "Technocrats, Populists, and Citizens" (Boston Review, November 10, 2016)
Source: https://bostonreview.net/reading-lists/technocrats-populists-citizens (https://bostonreview.net/reading-lists/technocrats-populists-citizens)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 10, 2018, 03:11:45 PM
Quote[...] Nehmen wir Mesut Özil. Er sei Deutscher, wenn die Mannschaft gewinne, aber ein Immigrant, wenn sie verliere, schrieb er in seinem viel zitierten offenen Brief. Hier formulierte eine Person mit Migrationshintergrund, wie es so schön heißt, eine Abfuhr an den deutschen Integrationszirkus. Özil ,,desintegrierte" sich mit viel Aplomb und nur folgerichtig in englischer Sprache. Ein Gestus, der Max Czollek, Autor der Streitschrift Desintegriert euch!, gefallen muss. Czolleks Text, der zwischen feinem Humor und bitterer Polemik schwankt, attackiert das bundesdeutsche Integrationsparadigma, in dem Migranten eine ,,Bringschuld" wie einen Bauchladen vor sich herschleppen, in den die guten Deutschen greifen, wann immer es passt. Die Bringschuld besteht nicht nur darin, die schlecht bezahlten Jobs anzunehmen. Sie besteht auch in der Anpassung an die Dominanzkultur. Zur Integration in den deutschen Volks-, äh, Gesellschaftskörper gehören Reinlichkeitsrituale (Einhaltung der Kehrwoche) ebenso wie das Beherrschen der deutschen Sprache. Gute Migranten sind für die deutsche Gesellschaft Human Resources. Ein leuchtendes Beispiel und Beweis, dass man es in der deutschen Gesellschaft zu etwas bringen kann, wenn man nur hart genug arbeitet.

Max Czollek besuchte die Jüdische Oberschule in Berlin bis 2006, studierte Politologie und promovierte am Zentrum für Antisemitismusforschung an der Technischen Universität. Zusammen mit Sasha Salzmann veranstaltete er 2016 am Berliner Gorki-Theater einen Kongress über ,,zeitgenössische jüdische Positionen". Besonders angewidert zeigt sich der 1987 geborene Lyriker und Essayist von der Instrumentalisierung der Juden durch die deutsche Nachkriegsgesellschaft. Reinstes ,,Gedächtnistheater" sei das. Die seit den 80er Jahren lauter werdenden Rufe nach einem Schlussstrich unter den deutschen Schuldkomplex – lange vor der Existenz der AfD geäußert – entsprechen dem Ruf nach einer Endabrechnung: Okay, wir waren böse, aber wir haben uns wirklich Mühe gegeben in den letzten Jahrzehnten. Schuld beglichen. Reich mir noch ein paar gefilte Fisch.

... Der Umgang mit jüdischer Kultur sei folkloristisch – lecker Essen hier, bisschen Kitschklezmer da, dazu das Bild vom melancholischen Juden. Pianist Igor Levit zum Beispiel. Als problematisch würden dagegen Maxim Biller oder Henryk M. Broder wahrgenommen. Die unbequemen Zeitgenossen würden nur geduldet, weil auch das zum deutschen Gedächtnistheater gehöre: Haha, wir ertragen die giftigen Äußerungen der Juden. Wir sind geläutert! Die Läuterung endet aber, wo mancher Michel meint, der Umgang der Israelis mit den Palästinensern sei den Naziverbrechen so unähnlich nicht.

Czollek geht es auch um Identitätspolitik. Juden oder Migranten dürften da ihre Erfahrung äußern, wo sie das bunte Antlitz Deutschlands bereichern, bleiben aber in Nischen gefangen. Der deutsche Jude steht für traurige Shoah-Geschichten, nicht für deutsche oder gar allgemein menschliche Erfahrungen. Der Migrant ist ein Spiegel der deutschen aufnehmenden Kultur, aber alles, was er macht, wird mit dem Adjektiv ,,migrantisch" versehen. Es gelte aber, radikale Diversität zu fördern, statt Integration zu fordern. Etwas außer Acht lässt der Autor in seinem Furor, dass die Stimmen junger MigrantInnen seit Jahren lauter werden und auch gehört werden. ,,Max Czollek ist dreißig, jüdisch und wütend", heißt es im Klappentext.

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Aus: "Brav, Migrant! Sei hübsch bunt" Marlen Hobrack (Ausgabe 37/2018)
Quelle: https://www.freitag.de/autoren/marlen-hobrack/brav-migrant-sei-huebsch-bunt (https://www.freitag.de/autoren/marlen-hobrack/brav-migrant-sei-huebsch-bunt)

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Quote[...] Max Czollek: In den Diskussionen und Ereignissen der letzten Zeit ist eine Radikalisierung des Integrationsdenkens zu beobachten. Das Wort selbst beruht auf der Vorstellung, dass die verschiedenen Minderheiten sich in die Mitte zu bewegen haben. Und in der Mitte ist etwas, was unsichtbar bleibt, nicht näher beschrieben werden muss. Diese Dominanzposition nenne ich deutsch. Deutsch bezeichnet diesen Ort, der bestimmt, wo Integration hinführen soll, wer integriert ist und wer nicht. Das Gerede von deutscher Leitkultur oder jüdisch-christlichem Abendland zielt letztlich auf die Bestimmung von Zugehörigkeit. Mit ,,Desintegriert Euch!" schlage ich eine Strategie vor, sich dieser Bestimmung zu verweigern. Es gibt kein dominantes Zentrum, das die ganze Gesellschaft anleitet, sondern ganz viele Zentren und Orte, an denen entsteht, was deutsche Gegenwart, deutsche Kultur ist.

Was stört Sie am Bild von kultureller Einheitlichkeit?


Max Czollek: Harmoniedenken spielt eine große Rolle in Deutschland. Subkulturen, die nebeneinander existieren, kann man sich nur als Parallelgesellschaften vorstellen. Nicht als etwas, das auf Dauer funktionieren könnte. Das ist eine spezifisch deutsche Denktradition, eine deutsche Angst. In anderen Ländern denkt man anders über Vielfalt. Das Motto von Kanada lautet: Unity in Diversity. Einheit in der Vielfalt. In der Leitkulturdebatte hingegen wird verteidigt, was Konservative als ,,das Deutsche" apostrophieren. Dabei blenden sie aus, dass Homogenität historisch niemals die Realität war.

Nicht einmal nach 1933?

Da gab es das Ideal der Volksgemeinschaft, einer ethnisch und politisch gereinigten Gesellschaft, die auf eine andere Art dann in den fünfziger Jahren in Westdeutschland weitgehend realisiert war. Dabei ist die Wiedereingliederung alter Nazis vielleicht die größte Integrationsleistung der deutschen Nachkriegsgeschichte. Da sind wir heute natürlich drüber hinaus, aber das ist der Zustand, zu dem die AfD scheinbar zurückmöchte. Wir erleben derzeit eine Rückkehr völkischen und rassistischen Denkens, und von der linken Gegenseite kommen konzeptionell kaum Angebote.

Wie könnte ein Angebot aussehen?

Es müsste mit der richtigen Problemanalyse beginnen. Für mich kann sie nicht lauten, dass AfD-Wähler und Pegida-Anhänger frustrierte, ausgeschlossene, sozusagen verlorene Deutsche seien, die man zurückgewinnen muss. Aber das scheint die herrschende Strategie zu sein. Stattdessen sollten wir lieber der Frage nachgehen, welche Vorstellungen von Zugehörigkeit das neue völkisch- rechte Denken möglich gemacht haben. Und auch in den politischen Programmen Konsequenzen daraus ziehen, dass ein Viertel dieser Gesellschaft laut Statistischem Bundesamt einen sogenannten Migrationshintergrund hat. Zählt man religiöse, sexuelle, kulturelle Minderheiten dazu, spricht einiges dafür, andere Modelle für das zu finden, was wir als Zugehörigkeit zu Deutschland definieren.

Warum spielen solche Überlegungen kaum eine Rolle in der Debatte?

Möglicherweise liegt das an der Trägheit politischer Gedanken. Man denkt gerne in den gewohnten Zugehörigkeitskonzepten weiter, selbst wenn die Realität bereits anderswo angekommen ist. Ich denke, es ist an der Zeit, auch mit den Konzepten hinterherzukommen. Die MeTwo-Debatte hat gezeigt, dass Menschen, die in der dritten Generation in Deutschland leben, nur weil sie dunkle Haare haben, Mohammed oder Ayse heißen, immer noch auf ihre Integrationsleistung befragt werden. In der Konsequenz haben sie nicht den Eindruck, als politische Subjekte zur Teilhabe an diesem Land aufgefordert zu werden. Dabei sprechen wir von einem Viertel der Gesellschaft, die Hälfte davon besitzt den deutschen Pass, eine riesige Wählergruppe also, die systematisch ausgeschlossen wird. Stattdessen wird das Achtel, das die AfD wählt, umworben. Man hat den Eindruck, dass alle Parteien ihre Angeln in den rechten Teich auswerfen, als wäre es die völlig überfischte Nordsee.

Juden, die ihren Glauben abgelegt hatten, wurden im Nationalsozialismus trotzdem ermordet. Hat Ihre Skepsis gegenüber der Assimilierung durch Integration mit dieser historischen Lektion zu tun?

Man sollte von jüdischer Seite nicht den Fehler machen zu glauben, nicht gemeint zu sein, nur weil die Aus- und Abgrenzung sich gerade vor allem auf Muslime konzentriert. Überhaupt, viele Freunde von mir, die jetzt als Muslime ausgegrenzt werden, sind gar keine. Und auch die Nazis haben viele Menschen zu Juden gemacht, die sich selber gar nicht mehr als Juden sahen. Daraus folgt doch, dass die Frage, wie du dich selber wahrnimmst, gar nicht entscheidend ist für die Art und Weise, in der du politisch positioniert wirst in der Gesellschaft.

Die Deutschen träumen von einem unverkrampften, ,,normalen" Verhältnis zu Juden. Ist das Illusion oder Zumutung?

Beides. Ich verstehe schon, warum sich die andere Seite Normalisierung und Entlastung wünscht, Richard von Weizsäcker sprach von ,,Erlösung durch Erinnerung". Aber von jüdischer Seite gibt es dieses Begehren nicht. Die Idee der deutsch-jüdischen Symbiose hat sich mit dem Nationalsozialismus erledigt, die wird es nicht mehr geben. Ich möchte darauf beharren, dass es nicht wieder gut wird. Aber das ist vielleicht gar nicht so schlimm, wie es klingt, denn dieser unheilbare Bruch ist doch auch eine Aufforderung, Deutschland als Gesellschaft mit unterschiedlichen Perspektiven und Konflikten zu denken. In diesem Sinne garantiert die jüdische Perspektive das Ende traditioneller Harmonie- und Homogenitätsvorstellungen in diesem Land.

Die Fußball-WM 2006 gilt heute als Sommermärchen. Sie sehen einen ,,schwarz-rotgoldenen Exzess". Warum so missmutig?

Vor 2006 war in meinem Umfeld klar: Ein Produkt, auf dem eine deutsche Fahne prangt, wird nicht gekauft. Bei Wettbewerben sangen deutsche Sportler die Hymne nicht mit. Das war kein Problem, sondern eine Lehre, die man aus der Geschichte gezogen hat. Und ich fand das gut so. 2006 war plötzlich alles anders, die Sehnsucht nach nationalen Symbolen, nach Nationalstolz brach förmlich aus den Leuten heraus. Es zeigte sich ein Kollektiv derjenigen, die sich gerierten, als wären sie vorher dazu gezwungen worden, ihre Nationalgefühle zu unterdrücken. 2006 war diese Haltung fast unwidersprochen, die Menschen empfanden das wie eine Befreiung, eine Wiedervereinigung 2.0. Zehn Jahre später haben wir die AfD im Bundestag. Diese beiden Dinge hängen für mich zusammen.

Sie übertreiben. Schwarz-Rot-Gold, das sind die Farben der deutschen Demokratie, der gescheiterten Revolution von 1848.

Das kann man vielleicht so herleiten, aber de facto ist das nicht, was auf der Straße passiert. Da hängt niemand die Fahne raus und sagt ,,1848". Probieren Sie es gerne einmal aus! Kaum einer von denen, die jetzt die Fahne schwenken, könnte erklären, was 1848 passiert ist. Die Frage ist doch, was man erreichen möchte mit einem Diskurs der Nationalliebe, die bis ins Lager der Grünen reicht, zur Sommerreise von Robert Habeck und Annalena Baerbock unter der Devise ,,Des Glückes Unterpfand". Woher der Optimismus, dass das diesmal gut geht? Inzwischen sind zwar die alten Nazis fast alle tot, aber wir leben in einer postnationalsozialistischen Gesellschaft. Mehr als jeden zweiten Tag findet ein Übergriff auf eine Flüchtlingsunterkunft statt. Eine neovölkische Partei sitzt im Parlament und hat immer weiter Zulauf. Das ist alles noch nicht so lange her in diesem Land.

Halten Sie die AfD für antisemitisch?

Das Problem ist doch, dass in Deutschland die Leute immer KZ hören, wenn man Antisemitismus sagt. Bei anderen Formen von Diskriminierung ist das differenzierter. Wer Sexismus sagt, muss nicht Vergewaltigung meinen, Belästigung gehört auch dazu. Auch Antisemitismus hat in den meisten Fällen nicht Schoah bedeutet, sondern Ghetto, Ausschluss, Entrechtung und Marginalisierung. In diesem Sinne finden sich antisemitische Tendenzen in der AfD. Aber mich interessiert diese Partei vor allem als Auslöser, als Trigger für das, was jetzt in den großen Parteien und der Gesellschaft passiert. Denn aus Umfragen wissen wir ja, dass ein Fünftel der Gesellschaft stabil antisemitische Einstellungen hat. Die Frage lautet: Was ist mit den anderen 80 Prozent, warum gelingt es ihnen nicht, sich stabil abzugrenzen?

Ihre Parole lautet: ,,Wir werden diese Gesellschaft nicht aufgeben". Wie wollen Sie kämpfen?

Nach der Bundestagswahl gab es bei meinen Freunden und mir zwei Impulse: Wir suchen uns ein Exil – oder wir fangen jetzt an, uns zu wehren. ,,Desintegriert Euch!" ist der Versuch, sich zu wehren.

Was heißt das konkret?

Wir müssen aus den Orten, die Laboratorien für neue gesellschaftliche Zusammenhänge sind, hinausgehen in die Gesellschaft. Wir müssen mehr intervenieren. Dabei funktioniert etwa das Berliner Gorki-Theater als eine Art Durchlauferhitzer für politische Innovationsmodelle. Viel mehr, als das in Universitäten oder im Feuilleton der Fall ist.

Sind Sie optimistisch, dass Deutschland eine offene Gesellschaft bleibt?

Ich bin extrem irritiert von vielen politische Entwicklungen der letzten Monate. Nicht auf der Seite der AfD, da weiß ich, dass es nicht meine Freunde sind. Sondern auf der anderen Seite, bei den Leuten, die ich für Verbündete halten möchte. In der Linken gibt es viel Ignoranz, viel Unwissen und Nicht-wissen- Mögen über die Zuschreibungen, die Migranten, Muslime und Juden gleichermaßen erleben. Mein Lieblingsschriftsteller Umberto Eco hat einmal vom tragischen Optimismus gesprochen, der weiß, dass es schlecht aussieht, und es trotzdem versucht. Damit möchte ich es halten. ...


Aus: "Max Czollek über Nationalismus und Minderheiten ,,Der rechte Teich wird überfischt"" Christian Schröder (22.09.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/kultur/max-czollek-ueber-nationalismus-und-minderheiten-der-rechte-teich-wird-ueberfischt/23099400.html (https://www.tagesspiegel.de/kultur/max-czollek-ueber-nationalismus-und-minderheiten-der-rechte-teich-wird-ueberfischt/23099400.html)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 12, 2018, 12:42:57 PM
Quote[...] Heinz Helle, geboren 1978, Studium der Philosophie in München und New York, Arbeit als Texter in Werbeagenturen, Absolvent des Schweizerischen Literaturinstituts in Biel, wohnhaft ebendort, verheiratet, eine Tochter. ...

Ich frage es mich jedes Mal, wenn ich diese Bilder sehe von wütenden Leuten mit schwarz-rot-goldenen Fahnen oder mit schwarz-weiß-roten, wenn ich in Videos sehe, wie sie ihre Fäuste recken und ihre Ärsche zeigen, wenn ich sie schreien höre, wenn ich sie auf die Straße springen sehe, zu dritt, um einem Mann hinterherzujagen, der etwas dunklere Haut hat als sie.

Ich frage es mich, wenn ich lese und höre, was gewisse Politiker so sagen zu diesen Bildern oder einfach so, weil ja Wahlkampf ist oder Donnerstag oder Herbst.Ich frage es mich, wenn ich an der Supermarktkasse mein Portemonnaie öffne, um zu bezahlen, und neben der EC-Karte und dem Führerschein blitzt plötzlich ein schmaler Streifen Personalausweis auf und da steht neben dem Wort Bundesrepublik das Wort Deutschland, einfach so, als wäre nichts gewesen.

Ich frage mich dann, ob einer der vielen Empörten, die sich neuerdings vorgenommen haben, dieses Land zu lieben und zu verteidigen bis zum Ende, gegen Linke und Grüne, den Islam und die Medien, gegen Umvolkung, Merkel und Altparteien, ob jemand von diesen Leute zufällig einmal versucht hat, sich vorzustellen, wie das ist, wie viel Mühe es kostet, wie viel Zeit, Kraft und Geduld, einen Menschen großzuziehen, ihm Laufen, Reden und Lesen beizubringen, und dann wird er angeschrien, geschubst und geschlagen und irgendwann sogar erschossen, nur weil etwas an ihm anders ist, der Name zum Beispiel, die Sprache oder die Uniform?

Ich frage mich, ob all diejenigen, die jetzt endgültig keine Lust mehr haben, die deutsche Vergangenheit zu bewältigen, wirklich einmal versucht haben, sich bildlich vorzustellen, wie viele Menschen im Dreck lagen in Europa im Mai 1945, geliebt und vermisst und verzweifelt erwartet, während sie langsam von Maden gefressen wurden, von Würmern und von Bakterien? Ich frage mich, ob sie es schaffen, den Schritt zu denken von 1 zu 50? Und dann den zu 50 Millionen?

Ich frage mich, ob Alexander Gauland, ehe er von Stolz sprach, von Pflicht und Soldaten, zufällig einmal Walter Kempowski gelesen hat, Das Echolot, den Teil über Barbarossa, und darin vielleicht den Tagebucheintrag des jungen russischen Offiziersanwärters, der mit seinen Kameraden im Wald liegt und voller Freude von Lagerfeuern schreibt, von den Sternen am Himmel der Sommernacht, als Sturzkampfbomber ohne Kriegserklärung über die Verbündeten herfallen, brave deutsche Soldaten, die nur Befehle befolgen, und eine Gruppe Heranwachsender bis auf wenige Ausnahmen in dampfende Fleischfetzen verwandeln?

Ich frage mich, ob Björn Höcke, als er Worte wie ,,Schuldkult" schrieb für seine Reden oder ,,Denkmal der Schande,,, kurz davor oder danach vielleicht auch der Name Babyn Jar durch den Kopf ging, und ob er dabei vielleicht die Stimmen seiner spielenden Kinder hörte, unten im Haus, und wenn ja, ob er sich dann vielleicht ganz kurz gefragt hat, was eine Frau ihrem Kind wohl sagt, während sie sich vor deutschen Wachen nackt ausziehen muss und dann ihr Kind, und dann legen sie ihre Kleider auf einen riesigen Haufen und sich selbst in eine Grube, auf noch warme nackte Körper? Keine Angst, alles wird gut?

Ich frage mich, wie lange Alice Weidel wohl nachgedacht hat, ob sie es sich wirklich genau überlegt hat, ehe sie sagte, dass die Faschisten von gestern die Antifaschisten und Gutmenschen von heute seien, und ob sie sich wohl zufällig gefragt hat, wie es ihr und ihrer Lebensgefährtin ergangen wäre unter jenen echten Faschisten von gestern, deren Fahnen und Gesten heute wieder offen auf der Straße gezeigt werden, neben und vor und hinter Transparenten mit dem Schriftzug ihrer Partei?

Und dann frage ich mich, ob diese Leute eigentlich irgendetwas über Deutschland wissen. Ob sie irgendetwas an Deutschland schätzen. Ob sie irgendetwas an Deutschland interessiert.

Ich denke nicht.

Denn wenn sie etwas über Deutschland wüssten, müssten sie die historische Chance nutzen und helfen, die Werte, denen sich dieses Land nach unvorstellbaren Verbrechen und großen Opfern verpflichtet hat, gemeinsam mit einem geeinten Europa zu verteidigen gegen religiösen und wirtschaftlichen Fanatismus.

Wenn sie etwas an Deutschland schätzen würden, wären sie stolz auf sein Grundgesetz und sie würden alles tun, um dessen erstem Artikel zu mehr Geltung zu verhelfen, jeden Tag in Wort und Tat und Gedanken: Die Würde des Menschen ist unantastbar.

Wenn sie sich wirklich für Deutschland interessieren würden, würden sie echte Lösungen vorschlagen für echte Probleme wie soziale Ungleichheit, Klimawandel oder Steuerbetrug, statt ein neoliberales Wirtschaftsprogramm hinter nationalen Rauchbomben zu verstecken.

Wenn sie sich die Mühe gemacht hätten, sich einmal gründlich zu beschäftigen mit diesem Land, mit seiner Geschichte, seiner Gegenwart und seiner Zukunft, würden sie wissen, dass deutsch sein heute vieles bedeutet, aber vor allem eins:

Niemals zu vergessen, wozu Menschen fähig sind, die sich für überlegen halten.

Aber ganz offenbar denken die neuen, selbst ernannten Verteidiger Deutschlands nicht so gerne nach, ehe sie sprechen. Sie schreien lieber gleich los. Sie meckern und jammern und heulen, wirres, zusammenhangloses Zeug, in einer Sprache ohne Maß, ohne Vernunft.

Ich verstehe nicht, was sie sagen oder warum.

Aber ich weiß eins: Es geht ihnen nicht um Deutschland.


Aus: "Es geht ihnen nicht um Deutschland" Heinz Helle (11. Oktober 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/freitext/2018/10/11/es-geht-ihnen-nicht-um-deutschland/ (https://www.zeit.de/freitext/2018/10/11/es-geht-ihnen-nicht-um-deutschland/)

QuoteErikH   #33

Politisch Andersdenkende werden hier mal wieder herabgewürdigt. Ich sehe mein Land bedroht, durch grenzenlose und unkontrollierte Migration. Es gibt keine andere Partei, die dagegen etwas unternimmt. Deshalb stehe ich zur AfD.

Seit 2015 erlebe ich, wie selbst meine Kleinstadt plötzlich massiven Anstieg an Kriminalität hat und ich will, dass dagegen etwas getan wird. Ich empfinde es als peinlich, hier mit Nazivergleichen zu kommen. Genauso gut kann ich die Eroberung Konstantinopels als Gegenbeispiel anbringen oder die Belagerung Wiens, um die möglichen negativen Folgen für die Zukunft aufzuzeigen. Mache ich aber nicht, weil es sinnlos ist.

Sie werden keine Einheit finden, wenn sie die Wähler der AfD weiter in dieser Art herab würdigen. Sie werden lernen müssen, dass es auch andere politische Einstellungen gibt. Dass nicht jeder ,,Open Border" will und dass auch dies eine legitime Einstellung ist.

Im übrigen erzeugen solche moralinsauren Beiträge nichts als Ekel. Sie werden damit niemanden beeindrucken können, der die AfD wählt. Versuchen Sie es mal damit auf die Leute zuzuhegen und machen Sie Vorschläge, wie man die verschiedenen Standpunkte zusammen bringen kann.

Ich bin ein junger Mann und hatte 2015 das erste mal in meinem Leben Angst vor der Zukunft. Mein Vertrauen in den Staat wurde massiv zerstört. Und glauben Sie mir, mit Anschuldigungen, Nazivergleichen oder Beleidigungen, werden Sie mein Vertrauen nicht wieder gewinnen.


QuoteterrestrischeLebensform   #26

Die Aussicht ein Regime nach eigenen, kranken Vorstellungen zu errichten, die Aussicht auf Macht und Einfluss, die Aussicht es allen ungestraft heimzahlen zu können, die man schon immer hasste – das ist der Antrieb oder besser die Droge dieser Leute. Sie wollen nichts verstehen, schon gar nicht geschichtliche Zusammenhänge, es ist ihnen schlicht unnütz. Es geht ihnen nicht um die Menschen, ohnehin nur Mittel zum Zweck, es geht ihnen ausschließlich um sich selbst. Endlich sehen sie die Chance aus der Bedeutungslosigkeit zu treten, bejubelt zu werden, zu Herrschen und zu Richten. In bunten Farben malen sich sich aus wie es sein wird, wenn der Tag X hereinbricht, Wut und Hass legitimiert sein werden.


QuoteHansifritz    #10

Natürlich gehts nicht um Deutschland. Nachdem die Rechten aber keine Lösungen parat haben, suchen sie sich einen Sündenbock. Das ist aber nichts neues in der Politik, ob Arbeitslose, Superreiche oder SUV-Fahrer, oder Migranten. Die Ursache ist aber eine ganz andere: Die Unzufriedenheit mancher Menschen.



QuoteZerdenker    #4

,,All die Neuen Rechten, was wollen sie eigentlich verteidigen?"
... Was hier als Neue Rechte bezeichnet wird, sind einfach nur konservativ eingestellte Wähler, ein großer Teil über 50 und CDU/CSUler , welche sich nicht mehr repräsentiert fühlen und daher eine gesinnungsnahe Partei wählen, die einfache Lösungen für die derzeitigen Probleme verspricht.



Quotetitanicus   #3

>>Aber ich weiß eins: Es geht ihnen nicht um Deutschland.<<

Nein, um Deutschland geht es ihnen nicht. Die AfD-Parteigänger sind vielmehr die wahren Deutschlandhasser. Nationalisten, Faschisten und Militaristen, die sich allesamt für Patrioten hielten, waren es, die das Territorium des ersten deutschen Nationalstaates von circa 540 000 Quadratkilometern anno 1871 um ein Drittel auf die rund 357 000 Quadratkilometer von heute verkleinerten. Das in Deutschland stets vom Zertrampeln durch Militärstiefel bedrohte zarte Pflänzchen des freisinnigen Liberalismus (nicht zu verwechseln mit der FDP) und auch die demokratische Linke sind dafür nicht in Haftung zu nehmen.

Bleibt man im Jargon des AfD-Rechtsextremismus, sind die Deutschlandhasser also unter jenen zu finden, die ihr Vaterland angeblich abgöttisch lieben. Dass sie ihr Vaterland, und nicht nur dieses, in regelmäßigen Abständen in Schutt und Asche legten, weisen sie weit von sich. Schuld sind stets andere. Deutscher Nationalismus und Militarismus aber ruinierten zuverlässig das, was sie vorgaben zu achten: die Nation. Der Extremfall Nationalsozialismus ist unter zivilisierten Nationen beispiellos.

Die wahren Deutschlandhasser standen und stehen rechts. Das wusste schon der Zentrumspolitiker und Reichskanzler Joseph Wirth. Die Chauvinisten machen sich selbst letztlich – und paradoxerweise – nach vollendetem Zerstörungswerk immer zu ,,vaterlandslosen Gesellen". Niemals hinterlassen etwas anderes als Gräber und Ruinen.


QuoteHeikoausOffenbach   #17

Diese empathiebefreiten Menschen, kaltherzig, auf Revision der deutschen Geschichte bedacht, nicht über den eigenen Tellerrand schauend und somit lernunfähig, gab es schon immer.Sie trauen sich heute jedoch öffentlich, vor Jahren noch unsagbares zu sagen, und leider finden das mehr Leute gut, als Ich annahm. ...


QuoteKalkulator   #40

Darum geht's...

,,Gut jeder Vierte wünscht sich laut der Umfrage eine ,,starke Partei", die die ,,Volksgemeinschaft insgesamt verkörpert". Mehr als jeder Zehnte sehnt sich nach einem ,,Führer", der ,,Deutschland zum Wohle aller mit harter Hand regiert" und hält eine Diktatur für ,,die bessere Staatsform"."

https://www.welt.de/politik/deutschland/article10264372/Jeder-zehnte-Deutsche-sehnt-sich-nach-einem-Fuehrer.html (https://www.welt.de/politik/deutschland/article10264372/Jeder-zehnte-Deutsche-sehnt-sich-nach-einem-Fuehrer.html)

Über 10 Prozent Verfassungsfeinde, die die FDGO ablehnen, hassen und/oder bekämpfen.


QuoteOmnipotenz    #47

Natürlich gibt es genug Dumpfbacken die jetzt auf den Zug aufspringen, aber es gibt auch viele die den Zug gestartet haben, weil Toleranz und grenzenlose Solidarität auf Dauer keine Lösung sind.
Auf der Welt sind 800 Millionen Menschen auf der Flucht. Das wird bestimmt nicht weniger. Die können nicht alle nach Deutschland. ...


QuoteWestern gold rush   #66

Als AfD-Symphatisantin kann ich nur sagen, um was es mir im Zusammenhang mit Deutschland geht:
Deutschland hatte einen weltweit einmaligen Sozialstaat, ein tolles Schulsystem mit Bildungsfreiheit. Es war ein sehr sicheres Land.
Mit all diesen Errungenschaft geht es durch die Zuwanderung den Bach runter... – aber gewaltig.
Da die AfD die einzige Partei ist, die daran ansetzt, sympathisiere ich mit ihr.


QuoteFreundschafter   #68

Ein mitreißender Text, geschrieben von einem Kosmopoliten (München, New York) der im reichsten Land der Erde mit den rigidesten Zuwanderungs- und Asylgesetzen lebt. Keine Gefahr für die eigene Existenz! Solche Texte bedienen nur die eigene gutsituierte studierte Klientel, hilft aber in keiner Weise die Spaltung in Deutschland zu überwinden!


QuotedeDude   #69

,,Wenn sie sich die Mühe gemacht hätten, sich einmal gründlich zu beschäftigen mit diesem Land, mit seiner Geschichte, seiner Gegenwart und seiner Zukunft, würden sie wissen, dass deutsch sein heute vieles bedeutet, aber vor allem eins: Niemals zu vergessen, wozu Menschen fähig sind, die sich für überlegen halten."

Danke.


QuoteMischa Strogow   #74

Ein guter Text, der auf einige sonst gern unterschlagene Umstände aufmerksam macht: die schwarzgekleideten Hooligans in Chemnitz mögen ihren Hitler grüßen, die echten gefährlichen Nazis sind eben die in der Politik, den Behörden, bei Polizei und Armee. Denn Faschismus bedeutet vor allem Krieg und Zerstörung.

Und was soll man davon halten, wenn mal wieder die Rüstungsausgaben verdoppelt werden oder wenn die Bundesregierung kleinlaut erklärt, ihr lägen zwar keinerlei Hinweise auf eine Bedrohung des Baltikums und Polens durch Russland vor und trotzdem rotzfrech Heer und Luftwaffe dorthin verlegt.


QuoteSimonPhoenix   #91

,,Heinz Helle, geboren 1978, Studium der Philosophie in München und New York, Arbeit als Texter in Werbeagenturen, Absolvent des Schweizerischen Literaturinstituts in Biel, wohnhaft ebendort,.."

Nicht gerade jemand, der besonders mit Deutschland verwurzelt ist, bzw. der ,,das Schätzenswerte" dieses Landes in den von ihm benannten Personen, nicht erkannt haben will!
Oder irre ich mich da?


Quotekeine zensur   #111

es geht sicher vielen Rechten auch um die deutsche Kultur.
Und die lässt sich nun nicht einfach wegwischen.
Schiller,Goethe,Fichte,Schelling,Hölderlin sind nun mal deutsch und nicht afrikanisch oder asiatisch.
Und wenn sie sich wieder auf die deutschen Klassiker besinnen,dann finde ich das aller Ehren wert.
Der Tradition treu zu sein heisst,der Flamme treu zu sein,nicht der Asche.(Jean Jaurais) ...


QuoteBrunoFranz   #112

Wer Ihnen nicht zustimmt ist ein Gegner unserer Verfassung und ein Feind dessen, was Deutschlands Identität ausmacht. Dies als " Vogelschiss" zu bezeichnen ist selbsterklärend. Ich glaube man kann nicht Deutschland als Land, sondern nur die Menschen, die in diesem Land leben, lieben. Wer sagt, dass er Deutschland liebt muss alle Menschen dieses Landes lieben, ohne Ausnahme. Auch die 25% mit Migrationshintergrund. ...


Quoteeilbekermicha   #118

Egoismus ist das Stichwort. Die Rechten wollen, dass ihr Horizont, der oft sehr begrenzt scheint, zum Maßstab erhoben wird. Es geht darum, Recht zu haben mit der eigenen Sicht auf die Gesellschaft.
Die Unzufriedenheit wird genährt von der zunehmenden materiellen Ungerechtigkeit, der Schere zwischen Arm und Reich, in Deutschland und auch weltweit. Die Ortung der eigenen Position in der Gesellschaft wird immer schwieriger, da die bisher bekannten Strukturen und Klassen verschwimmen.
Diese neue Kompromisslosigkeit wird zu einem guten Teil genährt durch das Internet, namentlich der Kommunikation in Filterblasen. Der Umgang mit Meinungen, die von der eigenen abweichen, wird in diesen Räumen verlernt.


...
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 13, 2018, 07:55:53 PM
Quote[...] jene, die noch einige Jahre zuvor eine virale Gegenkultur euphorisch prognostiziert hatten, verstummten plötzlich. Denn diese neue Bewegung ließ den Frosch Pepe in Witzbildchen bevorzugt spotten über "ungefickte Feministinnen mit behaarten Beinen" und "pädophile Mexikaner". Gleichzeitig beschworen diese Netzkämpfer Donald Trump als neuen Messias. Wer sich auf die verwinkelten Unterseiten von Reddit begibt, kann ihre Fantasien mitlesen, welcher Feministin dringend mal welches Werkzeug in welche Körperöffnungen gezwängt gehöre.

Früher rebellierten die Punks, die Situationisten, die 68er gegen die Regeln der Mächtigen, der Spießer. Doch was ist, wenn die Regeln nun von Linksliberalen gemacht werden? Sind dann Vergewaltigungswitze der neue Punk?

Die 34-jährige Autorin Angela Nagle geht dieser Frage nach in ihrem Buch Die digitale Gegenrevolution, das letztes Jahr in den USA für Furore sorgte und nun auf Deutsch erscheint. Nagle, die als Autorin der marxistischen Hipster-Zeitschrift Jacobin bekannt wurde, ist sich sicher: Der Erfolg von Trump wurzelt in ebenjener neuen, dynamischen Internet-Subkultur, in der sich Nerds und organisierte Rechte der Alt-Right-Bewegung zusammengefunden haben – zusammengeschweißt durch die Ablehnung eines angeblich linksliberalen Mainstreams.

Diesem Mainstream will auch Nagle auf den 145 Seiten ihres kurzweiligen Büchleins ans Leder. Dem linksliberale Lager um Hillary Clinton wirft sie vor, durch eine Amour fou mit dem Neoliberalismus die universelle Idee der Emanzipation verraten zu haben. In Tumblr-Blogs und Sonntagsreden predige man eine selbstgerechte Identitätspolitik, in der noch jede bis ins Kleinste parzellierte Minderheit zu ihrem Ausdruck komme. Aber eben nicht: zu ihrem Recht. McDonald's etwa drucke am Weltfrauentag sein Logo, das goldene M, verkehrt herum auf seine Colabecher, weil das W für woman steht – aber, so fragt Nagle, wieso tut ihr Liberalen nichts gegen den Hungerlohn der Burgerbraterin?

Stattdessen vergrätze man andere lieber und trete auf als "sauertöpfische Identitäre", die, "getrieben von der Sehnsucht eines Priesters, zu exkommunizieren", jeden diffamierten, der in Diskussionen ein falsches, politisch nicht opportunes Wort benutze – womit man "massenhaft" Menschen in die Arme der Rechten scheuche.

Nachdem die alten Konservativen durch ihre moralinsaure Verbotspolitik in vergangenen Kulturkämpfen als träge Besitzstandswahrer diskreditiert seien, habe die neue Rechte ihre Taktik geändert und die ursprünglich linke Idee einer subversiven Gegenkultur gekapert: "Erst die auf Satire-Bildern beruhende Kultur mit ihrer Grenzüberschreitung und ihren Hacker-Taktiken verlieh der Alt-Right ihre jugendliche Energie."

Nagle zeichnet ausführlich Genese und Entwicklung dieser virtuellen Schattenwelten nach. Teilweise jagt sie dabei den Details mit einer Akribie nach, die an Obsession erinnert, und doch lohnt sich die Lektüre. Denn so unermesslich der Einfluss der rechten Online-Subkultur auf die US-amerikanische Politik, so unbekannt ist sie für all jene, die sich nicht stundenlang auf Internetseiten rumtreiben, die sich lesen wie die Wand einer Schultoilette.

Und jetzt, wo die Neue Rechte im Weißen Haus sitzt, verliert sie da nicht ihren Nimbus als tapferer David, der sich unerschrocken mit den Mächtigen anlegt? Nagle glaubt: Ja, das Bündnis aus Reddit-Trollen, Stahlarbeitern und konservativen Republikanern wird zerbrechen. In Umfragen betont mittlerweile die Mehrheit der jungen Amerikaner, der sogenannten Millennials (auch so eine identitätspolitische Kategorie), dass sie Sozialismus für eine gute Sache halten. Landesweit bringen linke Jungpolitiker aus dem Umfeld von Bernie Sanders die als "neoliberal" geschmähte Führung der Demokratischen Partei in Bedrängnis.

Folgt man Nagle, ist die Steppe also staubtrocken, und für den Flächenbrand bedarf es nur noch eines Funkens. Doch, und das will man ihr entgegnen: Wenn die USA unter Trump für eines als Beispiel dienen, dann dafür, dass Vorhersagen und Wahrscheinlichkeiten keine harte Währung mehr sind, mit der sich krisensicher investieren lässt.

Angela Nagle: Die digitale Gegenrevolution. Online-Kulturkämpfe der Neuen Rechten von 4chan und Tumblr bis zur Alt-Right und Trump. A. d. Engl. v. D. Niehaus; transcript Verlag, Bielefeld 2018; 148 S


Aus: "Ist Sexismus der neue Punk?"  Eine Rezension von Martin Eimermacher (3. Oktober 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/2018/41/digitale-gegenrevolution-angela-nagle-sexismus-kulturkaempfe (https://www.zeit.de/2018/41/digitale-gegenrevolution-angela-nagle-sexismus-kulturkaempfe)

Quotedaxer #1

Wenn dieses Buch sich tatsächlich wie in dieser Rezension dargestellt auf die Durchforstung von 4chan oder bestimmten Reddit-Foren beschränkt, dann ist die Analyse für deutsche Verhältnisse relativ wertlos. Das sind die extremen hard-core Ränder eines weltweiten sozialen Phänomens, die aber nach meinem Eindruck nur die häßliche Spitze eines Eisbergs sind. Darunter liegt ein bis weit in die Mitte der Gesellschaft reichender Eindruck, daß "die Linke" (was immer das genau ist) mit ihrer Identitätspolitik erheblich zur Spaltung der Gesellschaft und zum Erstarken der Extreme beigetragen hat.

Ferner habe ich starke Zweifel, ob eine Analyse, die sich so stark auf Nordamerika bezieht, irgendwelche Erkenntnisse für D. liefert. Dieses Buch bezieht sich sowohl bei den politischen Bewegungen wie den alt right wie auch bei den Internetauftritten, die stark von dort dominiert werden, offenbar fast nur auf Nordamerika. Man kann sich gerne für die USA interessieren, aber wir haben hier in D. vollkommen andere Verhältnisse.


Quote
White_Chocobo #1.10

Was bitte ist 'die Linke' mit 'ihrer Identitätspolitik'? Es gibt sowohl Links wie Rechts 'Identitätspolitik' und die ist sicherlich kein 'linkes' Markenzeichen. Vielmehr sehe ich in Teilen der Linke eher den Versuch, sich gegen starre Identitätskonstruktionen und -zuschreibungen zu positionieren, während die neue Rechte mit bspw. der Identitären Bewegung ganz klar auf eine rassistisch-völkische Identität setzt.

Etliche soziologische Studien zeigen aber dennoch, dass das asymmetrische Geschlechterverhältnis auch dann noch erhalten bleibt, wenn wir bspw. das Beispiel von McDonalds ansehen. Auch dort stehen häufig Männer über Frauen. Bei Reinigungsunternehmen sind es i.d.R. die Männer, die entsprechende Trupps leiten, während Frauen putzen und die Mülleimer leeren. Strukturen wiederholen sich, nur eben in kleinerem Maßstab.

Sicher bin ich auch dafür, dass man negative Entwicklungen auch für Männer in den Blick nimmt, aber sowohl weltweit als auch lokal sind es nach wie vor in aller Regel nicht Männer, die auf der Seite der Verlierer stehen, wenngleich es natürlich auch solche gibt. Insofern sollte man dies definitiv im Blick haben, bevor man entsprechende Probleme versucht damit zu relativieren, dass ja 'auch' Männer betroffen sind - oder wird das Problem erst für Sie relevant WENN Männer betroffen sind? Ich hoffe nicht.


QuoteDanke für dieses Geräusch #1.14

"Es gibt sowohl Links wie Rechts 'Identitätspolitik' und die ist sicherlich kein 'linkes' Markenzeichen."
Die rechte Identitätspolitik ist völkisch-ethnisch und ziemlich offensichtlich Käse.
Hongkong z.B. hat über 40% Ausländeranteil, darunter ein zweistelliger Anteil Muslime. Und diese Mischung bringt keine Probleme. Die Probleme stammen aus Sozialisierungen, nicht Ethnien.
Die linke Identitätspolitik betrifft Gruppenidentitäten (Schwule, Frauen, People of Color usw.) und deren gemutmaßte relative Unterdrückung. Was bei den Linken früher Klassenunterschiede waren, sind heute solche Gruppenidentitäten.
Dass diese Betrachtungsweise Teil des Mainstreams ist, kann man sich an ganz einfachen Beispiel veranschaulichen. Wichtig ist demnach nicht, was jemand sagt, sondern wer es sagt. Wenn z.B. ein Mann einen kritischen Artikel über den Feminismus schreibt, hat es ganz andere Folgen als wenn eine Frau den identischen Artikel verfasst.
Diese Art zu denken ist also bereits Mainstream.
Die Probleme, die damit einhergehen, sind aber weniger offensichtlich als im Fall der rechten Identitätspolitik.


Quotebabasikander #16.1

Ich erinnere mich an die Sparkassenwerbung mit den Hippie-Eltern, die vor einigen Jahren lief. Der Revolutionär war der Spießersohn im Anzug.
Das Pendel. Es schwingt hin. Und her...


QuoteGraf Porno von Geilenkirchen #17

Normies raus!


QuotePausenbrot #18

Natürlich sind die Linksgrünversifften heute die arrivierten Spießer, die die Macht besitzen. Nur dass die Punks heute nicht mehr so wie Sid Vicious ein Hakenkreuz-T-Shirt tragen...


QuoteSpätzleundSauerbraten #21

Guten Morgen liebe Gemeinde. Ich poste heute zum ersten mal. Love & Peace.

Ich finde, dass dieser Artikel sehr wichtig ist und fast schon zu spät kommt. Die meisten Schreiber im Kommentarbereich sind halt schon recht alt (Ü40) und verstehen die Vernetzungen der jungen Konservativen nicht. Wie auch, wenn man dem gedrucken Medium aus Altersgründern noch näher steht als dem "Neuland."

Für viele hier ist der klassische Nationalkonservative oder auch der Rechte, der grölende Schlapphut mit Deutschlandflagge past 50y, also der klassische besorgte Bürger. Das ist aber schon lange nicht mehr so. Im digitalen Underground wächst eine sehr große Gemeinschaft heran die sehr stark ist. Hauptsächlich wächst die neue Generation-Z zu konservativ, patriotischen Jugendlichen heran.

Sie rufen sich als Erkennungszeichen "Reeee" zu, singen die Punkversion von "Shadilay" und setzen mit Aktionen über 4chan sogar Prominente unter Druck. Beispiel Shia LaBeouf mit seinem #HWNDU wurde so unter Druck gesetzt, dass er fast verzweifelte und sich in Behandlung geben musste. Die Jugendlichen um die 17-22y alt, College Degree, kopieren Aktionen der Linken und setzten sie gekonnt ein. Sie sehen auch so aus. ...
Und nein, dies ist nicht nur auf die USA beschränkt, auch hierzulande vernetzen sich diese Jugendlichen untereinander. Der Haschtag #wirsindmehr, kann man eigentlich so nicht mehr stehen lassen. Diese Ignoranz ist gefährlich.


QuoteKognitiveDissonanz #23

"Im Internet haben die Rechten die alten linken Formen des Widerstands gekapert. Ihre Provokationen halfen Trump ins Amt."

Können wir uns darauf einigen, daß es die amerikanischen Wähler waren, die Trump ins Amt geholfen haben?


QuoteNantiane #30

Mich ekeln rechte Trolle an aber ich sehne mich auch nicht danach durch linke Manipulationen (Vogelsterben, Glyphosat, Ökobilanz von E-Autos, Migration der "Fachkräfte" usw) ganz sanft in Richtung glorreiche sozialistisch-marxistische Zukunft geschubst zu werden.
Die Autorin des Buches hat es schon richtig erkannt. Die Rechten haben die Werkzeuge der Manipulation von den Linken übernommen und solange man für die bessere Sache Statistiken frisiert und Stimmung macht gegen alle wissenschaftlichen Erkenntnisse ist es ja ok. Oder?


QuoteBalduin-das-Schloß #31

Marxistische Hipsters gegen Alt-Right Tricksters ...

...
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 15, 2018, 01:46:25 PM
Quote[...] Polen hat als einziges EU-Land die sogenannten Schlussfolgerungen zur EU-Grundrechtecharta blockiert. Die polnische Regierung argumentierte, dass sie eine Diskriminierung von Christen und Juden in die gemeinsame Grundrechte-Erklärung aufnehmen wolle, statt nur allgemein von religiösen Gruppen zu sprechen.

Dafür aber fand Polen keine Mehrheit im Kreise der EU-Justizminister - und entschloss sich, im Alleingang das ganze Dokument zu blockieren. Denn für die sogenannten Schlussfolgerungen der EU-Grundrechtecharta braucht es Einstimmigkeit. EU-Diplomaten sprachen von einem präzedenzlosen Vorgang.

In einer noch am Abend verbreiteten Erklärung verwies das zuständige polnische Justizministerium auf religiös motivierte Attentate wie auf dem Berliner Weihnachtsmarkt oder die Ermordung eines Priesters in der Normandie. In der Erklärung ist aber auch von Übergriffen auf gläubige Polen im Westen die Rede und von Spott und Hetze, der praktizierende Christen ausgesetzt seien.

Vizejustizminister Lukas Piebiak bedauerte gegenüber polnischen Medien, dass vor allem westeuropäische Staaten nicht bereit gewesen seien, Diskriminierung von Christen auf eine Stufe mit der von Schwulen oder Lesben zu stellen. Menschen würden ermordet, weil sie Christen seien. Ein Dokument, dass das nicht widerspiegle, sei nicht wert, unterzeichnet zu werden, so der Minister.

Im Kommuniqué seines Ministeriums hieß es außerdem, Polen habe sein Veto im Geiste grundlegender Rechte ausgesprochen, die alle seine Bürger gleichermaßen genössen. Die Wahrung bürgerlicher Freiheiten und Rechte habe in Polen eine lange Tradition, betont das Ministerium, die weit über Verordnungen hinausginge: Schon im 16. Jahrhundert sei Polen das gelobte Land für im Westen verfolgte Juden gewesen. Frauen hätte wählen dürfen, lange bevor dies in Frankreich der Fall gewesen sei. Und während in Deutschland Homosexuelle noch bis in die 1960er-Jahre hinein strafrechtlich verfolgt wurden, hätte ihnen das in Polen nicht gedroht.

Tatsächlich werfen derzeit EU-Kommission und einige westliche EU-Staaten der aktuellen polnischen Regierung vor, gegen EU-Grundwerte zu verstoßen, etwa durch den umstrittenen Umbau der Justiz. Gleichgeschlechtliche Partnerschaften erkennt Polen bislang nicht an.

Allerdings veröffentlichte das Oberverwaltungsgericht in Warschau gestern ein in dieser Frage möglicherweise wegweisenden Urteil: Es verpflichtet eine polnische Behörde, das Kind eines in England lebenden lesbischen Paares auch in Polen anzuerkennen.

Im ostpolnischen Lublin hob zudem ein Berufungsgericht das Verbot einer sogenannten Gleichheitsparade dauf. Der Lubliner Stadtpräsident hatte die sogenannte LGBT-Parade wie auch eine Gegenveranstaltung untersagen wollen und dabei Sicherheitsgründe genannt. Der Lubliner Bürgermeister gehört indes gar nicht zur nationalkonservativen PIS, sondern zur oppositionellen "Bürgerplattform".


Aus: "Deshalb blockiert Polen" Jan Pallokat, ARD-Studio Warschau (12.10.2018)
Quelle: https://www.tagesschau.de/ausland/eu-polen-eklat-103.html (https://www.tagesschau.de/ausland/eu-polen-eklat-103.html)

Quote
Am 12. Oktober 2018 um 13:56 von frosthorn
interessante Argumentation

Man möchte also die Rechte von Christen und Juden auf die selbe Stufe stellen wie die von Schwulen und Lesben. Klingt ja erst mal ganz gut, jedenfalls, wenn man nichts dabei findet, Äpfeln mit Birnen zu vergleichen. Gleichzeitig will man aber andere Religionen von dieser Gleichstellung ausnehmen? Und zwar deshalb, weil Nicht-Christen Blutbäder veranstaltet haben (wie alle anderen auch)? Sollten dann nicht die Christen sowie die Europäer und vor allem die Arier ebenfalls ausgenommen werden wegen eines Anders Brejvik?
Es ist ein Glück für die Polen, dass eine Verweigerungshaltung nicht mit Vernuft begründet werden muss, sondern dass man sich irgendeinen Schwachsinn als Rechtfertigung einfallen lassen kann.


Quote
Am 12. Oktober 2018 um 14:00 von to be stupid - first
Nach dieer Argumentationsweise

müßten nach den poln. Vertretern die Muslime, und natürlich alle anderen, außer der christlichen Religion, aus dieser Schlußfolgerung ausgeschlossen werden. Wie ist das dann mit Christen, denen ja schon nach ihrem Glauben verboten ist, zu töten, die in andere Länder, wie z. B. den Irak, Afghanistan, Lybien, und wenn man die Dronenangriffe dazu nimmt, werden es noch mehr Staaten, in denen die Mehrheit muslimisch geprägt ist, fliegen, und dort Menschen muslimischen Glaubens töten? Werden dann für alle die Grundrechte abgeschafft, so, wie es die PIS in Polen, oder Orban in Ungarn, macht.


Quote
Am 12. Oktober 2018 um 15:18 von dermulla
Hm, Polen will also

Hm, Polen will also ausdrücklich, daß auch Juden und Christen in der Erklärung erwähnt werden. Was ist denn dann mit anderen Religionen? Buddhisten, Hindus, Muslime, Pagane, Satanisten, Gläubige des Spagghettimonsters? Und vor allem die wohl größte Minderheit Europas, die Atheisten? Schließlich werden die ja auch (zumindest in Deutschland) diskriminiert durch Kirchensteuer bei Alg oder Tanzverbot an Karfreitag.
Da Religionsfreiheit bereits Bestandteil der Grundrechtecharta ist besteht keine Notwendigkeit der Erwähnung von einzelnen Gruppen.
Falls es zu Benachteiligungen bestimmter Gruppen kommt, steht jedem Betroffenen der Gang nach Strasbourg offen.


Quote
Am 12. Oktober 2018 um 15:00 von Dieter Schmidthuber

Die Macht der katholischen Kirche in Polen.


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Quote[...] ,,Ein Frauenarzt ist kein Zahnarzt, du musst nicht regelmäßig hingehen." - ,,Das beste Mittel für die Verhütung ist dein Kalender." - ,,Wenn du einen Minirock anziehst, ist es deine Schuld, wenn du belästigt wirst." Sätze wie diese lesen polnische Schüler in ihren Schulbüchern, wenn Sexualerziehung auf dem Lehrplan steht. Dabei ist Sexualerziehung eigentlich der falsche Begriff. Das Fach heißt stattdessen ,,Vorbereitung auf das Familienleben". Oft unterrichten Priester oder Nonnen. Nun bekommen sie Konkurrenz: Das Topmodel Anja Rubik will mit ihrem neuen Buch die Aufklärung in Polen revolutionieren. Ihr Ziel ist, Sex als Thema in der streng katholischen Gesellschaft zu enttabuisieren.

Dabei soll Rubik ihre Prominenz helfen. Sie zählt zu den bekanntesten Models der Welt und stand schon für Yves Saint-Laurent, Chanel und Victoria's Secret auf dem Laufsteg. Die 33-Jährige war außerdem Gastjurorin der polnischen Version von ,,Germany's Next Topmodel", auf Instagram folgen ihr mehr als eine Million Menschen.

Wenn sie nicht vor der Kamera steht, setzt sich Rubik für Frauenrechte ein. Als die rechtskonservative Regierungspartei PiS im Jahr 2016 verkündet, das ohnehin schon sehr restriktive Abtreibungsgesetz noch weiter zu verschärfen, demonstriert Rubik mit tausenden Polinnen dagegen und hält Reden bei den Protesten. Nebenbei liest sie wissenschaftliche Studien zum Thema Abtreibung und vergleicht Polen mit anderen europäischen Ländern. Sie findet heraus, dass in Ländern, in denen Abtreibung legal ist, die Sexualerziehung viel gründlicher ist. Dort gebe es auch geringere Abtreibungszahlen.

Rubik versucht, sich an ihre eigene Aufklärung zu erinnern. Nur: Es gab keine. ,,Ich selbst hatte nie Sexualunterricht in der Schule und obwohl meine Eltern Ärzte und sehr offen und tolerant sind, haben wir zu Hause nie über Sex gesprochen", erzählt Rubik. ,,Das Problem in Polen ist, dass die Eltern auch keine Sexualerziehung hatten und nicht wissen, wie sie eine solche Konversation mit ihren Kindern beginnen sollen. Und um ehrlich zu sein: Sie haben wahrscheinlich auch keine Ahnung." Rubik untersucht, ob sich mittlerweile etwas geändert hat, liest in Schulbüchern, spricht mit Psychologen und Lehrern. Doch alles sei noch wie früher. ,,Ich war geschockt!", sagt sie. So werde zum Beispiel Homosexualität noch immer als Krankheit dargestellt.

Dass die Informationen aus den polnischen Schulbüchern problematisch sind, bestätigt auch eine Studie der Wissenschaftlerin Maria Wozniak, die an der Universität Warschau zum Thema Sexualerziehung promoviert hat. Die Schulbücher, die das polnische Bildungsministerium den Lehrern empfiehlt, sind wissenschaftlich nicht auf dem aktuellen Stand, schreibt Wozniak. Außerdem würden vor allem natürliche Verhütungsmethoden vorgestellt. Gesundheitsvorsorge sei nur ein marginalisiertes Randthema.

Rubik beschließt, etwas zu tun. Ihr hören die Menschen in Polen zu, vor allem junge Frauen. Ende 2017 startet sie eine kleine Kampagne und veröffentlicht Videos, in denen Freunde von ihr eine Minute lang über Sex reden. ,,So wollte ich Sex überhaupt einmal in der Gesellschaft thematisieren", sagt sie. Die Videos werden ein Erfolg und erreichen mehr als zehn Millionen Klicks.

Viele Jugendliche melden sich bei Rubik: ,,Ich bekam Briefe von Menschen aus allen Altersstufen, vor allem von Teenagern, die mir sagten, wie diese Kampagne ihr Leben beeinflusst hat, dass sie mit ihren Eltern vor dem Bildschirm saßen, die Videos geguckt haben und nun über Sex sprechen können." Angetrieben von den positiven Rückmeldungen und dem Ärger über die Bildungspolitik der Regierung macht das Model weiter. Sie will eine Alternative zu den polnischen Schulbüchern. Ihre Idee: Ein eigenes Aufklärungsbuch.

Zusammen mit einer Psychologin reist sie durch Polen und führt Interviews mit verschiedenen Experten, Virologen, Sexualwissenschaftlern und Gynäkologen. Rubik überarbeitet die Texte in Zusammenarbeit mit Jugendlichen. ,,Mir war wichtig, dass es in einer einfachen Sprache geschrieben und interessant für Teenager ist", erklärt Rubik. Dabei richte sich ihr Buch ,,#sexedpl" gar nicht nur an Jugendliche: ,,Es ist ein Buch für jeden. Die Leute denken, sie wissen über Sex Bescheid, nur weil sie Sex haben. Das ist aber nicht wahr. Allein während der acht Monate, in denen ich das Buch gemacht habe, habe ich so viel gelernt, über mich, über Sexualität und über andere Menschen."

Ihr Modelberuf hat mit ihrem Engagement nichts zu tun, sagt Rubik, ,,denn Sexualerziehung geht alle etwas an, egal ob du ein Model, eine Anwältin oder eine Journalistin bist". Doch das Buch gefällt erwartungsgemäß nicht allen: Vor allem vom sehr katholischen Teil der Gesellschaft wird sie attackiert, berichtet Rubik. ,,Sie haben das Buch noch nicht mal gesehen und sagen, ich würde Kinder sexualisieren. Das ist absurd."

Sie fand einen Verlag, der das Buch für umgerechnet fünf Euro als Non-Profit-Projekt herausgibt. Es soll für Jugendliche bezahlbar sein. Ihre Suche nach Sponsoren für die Videokampagne und das Buch verlief aber erfolglos. ,,Sexualerziehung ist in Polen ein sehr politisches Thema. Jeder hat Angst, sich zu äußern", sagt Rubik.

Deshalb plant sie schon die nächsten Schritte. Im Dezember will Rubik einen Song veröffentlichen und für das nächste Jahr plant sie, mit einem Bus durch Polen zu fahren und Workshops für Jugendliche anzubieten. Sie träumt davon, eine große Bewegung zu starten: ,,Ich will, dass Sex kein Tabu mehr ist. Und wenn ich mir etwas vornehme, dann ziehe ich das auch durch."




Aus: "Ein Topmodel will Polen aufklären" (14.10.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/sexualerziehung-ein-topmodel-will-polen-aufklaeren/23185216.html (https://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/sexualerziehung-ein-topmodel-will-polen-aufklaeren/23185216.html)

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Quote[...]  Auf besonders ... grenzgängerische Art und Weise versuchen "Die Blitzmädchen" seit ein paar Monaten in sozialen Medien die Rolle der Frau in der Wehrmacht im Nazischick als schöne, heile und perfekte Welt nachzuzeichnen. Mit ihrem bewussten Spiel an der Grenze zur NS-Verherrlichung erreichen sie tausende "Fans".

"Da ich mich schon seit einiger Zeit mit dem Zweiten Weltkrieg beschäftige und mich insbesondere auch für die Aufgaben der deutschen Frau in dieser Zeit interessiere, habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, diese so authentisch wie möglich darzustellen", stellt sich etwa Margarete aus dem Norden Deutschlands auf der Facebook-Seite vor.

Als "Reenactmentgruppe" bezeichnen sich die drei jungen deutschen Frauen, die für ihren Onlineauftritt Nachrichtenhelferinnen des deutschen Heeres darstellen und für ihr hauptsächlich männliches Publikum posieren. Das englische Wort reenactment bezeichnet dabei die Neuinszenierung konkreter geschichtlicher Ereignisse in möglichst authentischer Weise. Vor allem in den USA erfreuen sich etwa Wiederaufführungen von Bürgerkriegsschlachten großer Beliebtheit.

Von einer "möglichst authentischen" Darstellung der Rolle der Frau in der deutschen Wehrmacht sind "Die Blitzmädchen" jedoch weit entfernt. Viel eher verherrlichen und romantisieren sie die Rolle zahlreicher zwangsrekrutierter, aber auch freiwillig zum Dienst gemeldeter Frauen während des Zweiten Weltkrieges. Rund 500.000 Wehrmachthelferinnen waren ab 1939 als Nachrichten-, Stabs-, Flak- und Luftwaffenhelferinnen aktiv. Aufgrund des Blitzabzeichens in Runenoptik wurden die Frauen meist abschätzig "Blitzmädchen" genannt. Mindestens 20.000 von ihnen sollen laut Schätzungen in Kriegsgefangenschaft oder durch Tieffliegerangriffe, Bombardments und Partisanenüberfälle gestorben sein.

Das treibende Argument hinter der Rekrutierung der Frauen, so wurde es ihnen zumindest beigebracht, war stets, "Männer für die Front freizumachen", schreibt die deutsche Historikerin Rosemarie Killius. Dass seitens der jungen Mädchen nun die Rolle der Wehrmachthelferin schöngeredet wird und die grausamen Verbrechen der diktatorischen Naziherrschaft sowie der Holocaust keinerlei Erwähnung in den Postings der "Blitzmädchen" finden, empfindet Killius im STANDARD-Gespräch als "oberflächlich und dumm", wenn man sich die Reaktionen in den sozialen Medien darauf anschaue, sogar als "gefährlich". Killius, die im Rahmen eines Buchprojektes einst selbst zahlreiche Wehrdiensthelferinnen interviewt hat, stören dabei weniger die "faktischen Ungenauigkeiten", sondern vor allem die Schönfärbung einer grausamen Zeit der deutschen Geschichte.

"Für die meisten Frauen im Dienste der Wehrmacht war es eine grausame Zeit", sagt Killius. Rund ein Drittel der Frauen habe sich damals freiwillig zum Dienst gemeldet, vor allem, weil man ihnen einen Auslandseinsatz in Paris versprach und zu Hause oft ein weit tristerer Arbeitsalltag drohte. Es wurde letztendlich meist ein körperlich und seelisch äußerst anstrengender Posten im Osten Europas, wo vor allem beim Rückzug nach der absehbaren Niederlage Nazideutschlands viele der Frauen in Gefangenschaft gerieten oder starben. In den Jahren nach dem Krieg wurde die Rolle der Wehrmachthelferin kaum thematisiert. In Killius' Buch sprachen erstmals einige einerseits vom Stolz, ihren Dienst für das Vaterland geleistet zu haben, aber auch von der großen Kameradschaft unter den Frauen. Mit zunehmendem Alter habe sie aber zusehends die Scham ergriffen, einem verbrecherischen Regime gedient und zu wenig zu dessen Unterdrückung unternommen zu haben. Dass nun junge Mädchen für ein wenig Aufmerksamkeit diese Zeit verherrlichen, empört auch eine 98-jährige ehemalige Wehrmachthelferin gewaltig, wie diese dem STANDARD bestätigt.

"Die Blitzmädchen" jedoch zeigen weder Scham noch Verständnis für die Gräueltaten der Nazis. Zwar streiten sie diese nicht offen ab und verleugnen sie auch nicht, auch zeigen sie keinerlei verbotene Zeichen wie etwa die doppelte Siegrune der SS oder das Hakenkreuz, dennoch spielen sie ganz bewusst mit jener Optik und lassen alle Grausamkeiten der Nationalsozialisten bei ihren Bildern einfach außen vor. Zudem erklären sie unwissenden ausländischen Website-Besuchern gerne einmal im freundlichen Ton, dass aufgrund des Verbotsgesetzes viele Abzeichen nun einmal nicht hergezeigt werden dürften. STANDARD-Anfragen wollte man nicht beantworten, es bestehe "kein Interesse", hieß es. Neben dem einschlägigen Publikum mit teils rassistischen, sexistischen und hetzerischen privaten Profilen, das auch auf zahlreichen ähnlichen Plattformen fleißig kommentiert, fällt bei der Durchschau der öffentlichen Social-Media-Profile der "Blitzmädchen" vor allem die Besinnung auf deutsche Werte und deutsche Dichter auf. Dort finden sich neben äußerst streitbaren Persönlichkeiten mit antisemitischen Tendenzen wie Ernst Moritz Arndt auch immer wieder Gedichte von Johann Wolfgang Goethe. Auch die zahlreichen angeblichen Freizeitaktivitäten (Kerzen gießen, in der "Wehrmacht"-Zeitung über das Weltgeschehen informieren, Frühlingsspaziergänge) sind laut Historikerin Killius reine Schönfärberei einer verbrecherischen Zeit. (Fabian Sommavilla, 15.10.2018)


Aus: ""Die Blitzmädchen": Auf Like-Suche im Nazischick" Fabian Sommavilla (15. Oktober 2018)
Quelle: https://derstandard.at/2000088908198/Die-Blitzmaedchen-Auf-Like-Suche-im-Nazi-Schick (https://derstandard.at/2000088908198/Die-Blitzmaedchen-Auf-Like-Suche-im-Nazi-Schick)

Quote
peter schmidt

... das erinnert mich an gerhard polt "im biergarten" "dann sitz ich da und denke an was schönes zum beispiel die schlacht von verdun!"


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Jerry Fletcher

wer nichts weiß und wer nichts kann, schnappt sich einen nazi mann!


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Kernel Decker

Diese "tollen" Blusen und Röcke gibts sicher bald bei "Heimatmode" zu kaufen.
Made in Bangladesh ....


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T-m-s-i-d-R-Schnapper

Der Daseinszweck von Reenactment und Living History ist es Bestandteil der Geschichtsvermittlung zu sein um ein möglichst umfassendes Geschichtsbild zu vermitteln. Sich an Uniformen aufzugeilen ist keine Wissensvermittlungsmethode, das als Reenactment zu titulieren eine Lüge.


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el campesino

dem kickl wird's gefallen.


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Sehr geehrte Herrinnen und Damische! Mit großer ...

N(S)ostalgie nach 50 shades of brown
Diesmal: Fashion-Tipps aus den 1930er bis Mitte der 1940er, für die "deutsche Frau", die ihr "Deutschtum" aber sowas von eindeutig zeigen will (ohne verbotene Zeichen)


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B. Enzo di Azepin

Die Rolle der Frauen während des NS
Zunächst haushaltschupfende Gebährkuh. Traditionelles Familienbild. Als die Männer an der Front wegstarben dann Frau für Arbeit gut genug und die Frau als Schlüssel zum Endsieg stilisiert Diesen Werdegang dokumentieren auch gut Plakate von damals.


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Mathias Steinlaus

STANDARD-Anfragen wollte man nicht beantworten, es bestehe "kein Interesse", hieß es.
Wen überrascht das auch? In den Kreisen wird der Standard sicher als "linkes Propagandamaterial" angesehen ... der Falter dürfte da wohl auch Probleme haben, oder die Süddeutsche, NZZ, FAZ usw...


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TheBirdOfHermes

Es gibt native weibliche Österreicher die FREIWILLIG zum Islam konvertierten und dann mit Burka rumlaufen.
Aber mit Vollschutz und Handschuhen und wenn sie dann telefonieren, hören sie sich wie Steirer & Co an (Mundart bis zum geht nicht mehr).
Wie sehen solche Frauen ihren "Stellenwert"?


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Blunschli

whataboutism


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Quote[...] Schon an den ersten drei Tagen haben in Polen 935.357 Menschen den Kinofilm "Kleriker" (polnisch: Kler) gesehen. Ein Zuschauerrekord. Kein anderer Film lockte in den vergangenen 30 Jahren so viele Polen ins Kino. Die fiktive Handlung dreht sich um drei befreundete katholische Priester. Einer misshandelt Kinder sexuell; ein anderer führt eine Liebesbeziehung zu einer Frau. Hinzu kommt ein im Luxus lebender Bischof, der eng mit der Regierungspartei verbunden ist und Einfluss auf die große Politik nimmt.

Der Skandalfilm könne zu einem der größten Publikumserfolge der polnischen Kinogeschichte werden, schreibt die Warschauer Zeitung "Rzeczpospolita" (Dienstag). "Klerus" sei keine romantische Komödie, sondern ein "ernster und schmerzhafter Film über die polnische Wirklichkeit, die bereits ein wesentliches Phänomen der Gesellschaft geworden ist", so das liberal-konservative Blatt.

Der regierungsnahe Online-Dienst "wPolityce.pl" protestierte dagegen. Der Film erinnere "viele Beobachter an die Propaganda der Nazis gegen die Juden". Denn er hetze gegen eine ganze Bevölkerungsgruppe: die Geistlichen. Er sei der "Beweis für eine Verrohung eines Teils des kulturellen Milieus sowie für den barbarischen Hass eines Teils des medialen Establishments".

Der bekannte Regisseur Wojtek Smarzowski (55) gewann mit dem Film bereits den Publikumspreis beim landesweit wichtigsten Filmfestival in der Ostseestadt Gdynia (Gdingen). Wie angespannt die Stimmung ist, zeigte der staatliche Sender TVP Kultura. Er zensierte die zeitlich verzögerte Übertragung der Preisverleihung an Smarzowski, weil dieser in seiner Ansprache über den TVP-Intendanten Jacek Kurski scherzte. Kurski hatte die TVP-Programme auf Linie der nationalkonservativen Regierungspartei PiS gebracht - die wiederum sehr gute Kontakte zur Kirche unterhält.

Die Kirche reagierte ruhiger auf den umstrittenen Film als die Regierungspartei. Sie schweigt fast. Einen offiziellen Kommentar zu "Klerus" wollte Polens Bischofskonferenz bislang nicht abgeben. Manche Bischöfe sagten, dass sie den Film gar nicht anschauen werden. Auch Journalisten katholischer Medien erklärten, dass sie ihn nicht sehen wollen. Einige Kinos boykottieren ihn sogar - offiziell aus Rücksicht auf die Kirche und die Gläubigen.

Polens Bischöfe betonen schon lange, dass sie keinerlei sexuelle Übergriffe duldeten. Wie ihre Amtsbrüder in anderen Ländern erarbeiteten sie auch Leitlinien zur Prävention. Diese seien "viel restriktiver als das geltende polnische Recht", so der Kinderschutzbeauftragte der Bischofskonferenz, Pater Adam Zak. Der Schutz von Minderjährigen sei eine der "vorrangigsten Tätigkeiten der Kirche". Er verweist auf das 2013 eröffnete katholische Kinderschutzzentrum, das bereits mehr als 2.000 Menschen geschult habe. "Null Toleranz für Pädophilie - das ist die Haltung der gesamten Kirche in Polen, sowohl der Geistlichen als auch der katholischen Laien", so Zak.

Die Kirche könne allerdings durchaus noch mehr tun, meint etwa die liberale katholische Zeitschrift "Tygodnik Powszechny". Fast die Hälfte der Bistümer nenne auf ihren Internetseiten nicht die Telefonnummer ihres zuständigen Beauftragten, an den sich Missbrauchsopfer und ihre Angehörigen wenden sollen. Das hindere Opfer daran, sich zu melden, kritisiert das Blatt.

Im November will die Bischofskonferenz landesweite Zahlen zum Ausmaß von Kindesmissbrauch durch Kirchenvertreter veröffentlichen. Einen so umfangreichen Untersuchungsbericht wie in Deutschland wird es in Polen jedoch vorerst nicht geben. Ein weiterer Unterschied zu Deutschland: Polens Bischöfe lehnen bislang Schadenersatzzahlungen an Missbrauchsopfer ab, die über eine Übernahme von Therapiekosten hinausgehen.

Von Oliver Hinz (KNA)


Aus: "Rekordstart für Kinofilm "Kleriker" in Polen" Oliver Hinz (KNA) (Warschau - 04.10.2018)
Quelle: https://www.katholisch.de/aktuelles/aktuelle-artikel/rekordstart-fur-kinofilm-kleriker-in-polen (https://www.katholisch.de/aktuelles/aktuelle-artikel/rekordstart-fur-kinofilm-kleriker-in-polen)

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Quote[...] Sie steht für "außergewöhnliche Reize" und eine "besondere Optik": Dazu zählt neben der pechschwarzen Mähne, dem prallen Dekolleté und den sinnlichen Lippen mittlerweile auch ein Hakenkreuz-Tattoo auf dem Oberschenkel. Und das soll sich Domina Charlize jetzt entfernen lassen.

Ihre XXL-Tätowierung am Oberschenkel hat in den vergangenen Tagen nicht nur bei Venus-Besuchern für mächtiges Aufsehen gesorgt. Auch die Veranstalter der weltweit größten Erotikmesse zeigten sich überrascht und vor allem entsetzt von der Körperkunst der Domina. Denn Lady Charlize ist das Werbegesicht der "Kinky-Venus", dem Paradies für BDSM-Fans.

... Mit dieser Tätowierung wollte Domina Charlize nach eigenen Angaben ein  Zeichen setzen. "Ich bin Perserin und absolut nicht rechts. Ich habe versucht, dieses Tattoo so darzustellen, dass ich gegen Rechts bin und nicht dafür", erklärt sie das Bild auf ihrem Bein im Gespräch mit t-online.de.

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Aus: "Venus-Domina muss Nazi-Tattoo entfernen lassen" Ricarda Heil, Nicole Faßbender (15.10.2018)
Quelle: https://www.t-online.de/unterhaltung/stars/id_84612658/hakenkreuz-eklat-bei-der-venus-domina-muss-nazi-tattoo-entfernen-lassen.html#utm_source=websuche&utm_medium=t-online-ergebnisse&utm_campaign=link1 (https://www.t-online.de/unterhaltung/stars/id_84612658/hakenkreuz-eklat-bei-der-venus-domina-muss-nazi-tattoo-entfernen-lassen.html#utm_source=websuche&utm_medium=t-online-ergebnisse&utm_campaign=link1)

Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 16, 2018, 10:16:03 AM
Quote[...] Bereits seit Monaten streiten sich die Patriarchate von Moskau und Istanbul über die Zuständigkeit für die Ukraine. Istanbul unterstützt die Gründung einer von Moskau unabhängigen Kirche in der Ukraine. Dadurch droht die russisch-orthodoxe Kirche in der Ukraine viele Gläubige und Gotteshäuser zu verlieren. Moskau will die Oberhoheit über die Ukraine behalten und wirft dem ökumenischen Patriarchat in Istanbul eine "Invasion" in das Territorium der russischen Kirche vor.

Auf Drängen des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko leitete der Istanbuler Patriarch Bartholomäus I. die Bildung einer eigenständigen orthodoxen Kirche in der Ukraine ein und entsandte zwei Bischöfe in das Land. Zudem lehnt er zukünftig nicht mehr die Oberhäupter abgespaltener orthodoxer Kirchen in der Ukraine ab. Als Reaktion verbot die russische Kirche ihren Bischöfen die Konzelebration – also gemeinsame liturgische Feier – mit Bischöfen von Konstantinopel. Auch setzte sie die Mitarbeit in kirchlichen Gremien, die von Konstantinopel geleitet werden, aus.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow verurteilte die Entscheidung der ukrainischen Kirche, sich von Russland zu lösen. Die Entscheidung des Ökumenischen Patriarchats zur Zulassung einer eigenständigen ukrainisch-orthodoxen Kirche sei eine "Provokation", die "mit direkter öffentlicher Unterstützung aus Washington" geschehen sei, sagte er. Lawrow warf den USA eine "Einmischung in Kirchenangelegenheiten" vor. Die mögliche Loslösung der Ukraine von der russisch-orthodoxen Kirche beschäftigte am Freitagabend auch den von Staatspräsident Wladimir Putin geleiteten russischen Sicherheitsrat.

Die russisch-orthodoxe Kirche ist die größte Nationalkirche und seit jeher eng mit der politischen Führung Russlands verbunden. Moskau werde die Entscheidungen aus Konstantinopel nicht anerkennen, sagte der russisch-orthodoxe Metropolit Hilarion. Er warf Bartholomäus I. vor, die Kirche zu spalten. 1996 hatte das Moskauer Patriarchat im Streit um die Kirche in Estland schon einmal den Kontakt zu Konstantinopel ausgesetzt.

Das Verhältnis zwischen der Ukraine und Russland ist wegen der Annexion der Halbinsel Krim durch Russland und des russischen Militäreinsatzes in der Ostukraine angespannt. Zwar ist die Ukraine laut Verfassung ein säkularer Staat, doch ist der Einsatz für die kirchliche Unabhängigkeit auch Teil der geplanten Wiederwahl von Petro Poroschenko 2019. Dementsprechend will der Präsident im Konflikt mit Russland den Einfluss der als feindlich empfundenen russischen Kirche zurückdrängen. In dem Land gibt es drei orthodoxe Kirchen, von denen eine mit Moskau verbunden ist. 70 Prozent der Ukrainer sind orthodoxe Christen.


Aus: "Moskauer Patriarchat trennt sich von Istanbul" (15. Oktober 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-10/orthodoxe-kirche-moskau-istanbul-ukraine-bartholomaeus-i-hilarion (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-10/orthodoxe-kirche-moskau-istanbul-ukraine-bartholomaeus-i-hilarion)

QuotePaul Freiburger #3

Christliche Brüder unter sich. Kirchenspaltungen gibt es, seit es die Kirche gibt, das ist quasi frühchristliche Tradition ;-)

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QuoteMichel Angelo #7

... Es geht um Einfluss und natürlich auch Besitz. ...


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Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 16, 2018, 05:08:40 PM
Quote[...] In der Märchenstadt Hanau werde die Wahrheit ans Licht kommen, etwa darüber, dass sich ,,bis zu 300 Millionen Einwanderer aus Afrika" in den nächsten Jahren ,,zu uns auf den Weg machen". Das wird auf Bannern und in Videos im Internet behauptet, mit denen rechte sowie rechtsextreme Akteure derzeit für eine ,,Demo gegen den globalen Pakt zur Migration" werben. Sie soll am Samstag um 16 Uhr auf dem Marktplatz beginnen.

Als ,,Gastgeber" der Veranstaltung werden zwei Vereinigungen angegeben, die sich ,,Wir schaffen das 2.0" (auf dem Logo steht ,,die hier schon länger leben" unter ,,wir") und ,,Abendland Deutschland" nennen. Sie bezeichnen sich als unabhängige politische Organisationen, die der Wahrheit und dem Wohl des Landes verpflichtet seien, aufdecken und Widerstand leisten würden.

Immer wieder wird auf den Seiten gegen Geflüchtete und Migranten gehetzt, werden Ängste und Vorurteile geschürt. Es gibt offenbar Verbindungen zu Gruppen, die mit Aufmärschen in Kandel, Wiesbaden und Mainz versucht haben, die Tötung von Mia V. beziehungsweise Susanna F. zu instrumentalisieren.

Zudem werden Verschwörungstheorien aufgestellt, etwa zum Migrationspakt. Es geht um den Pakt der UNO, der am 11. Dezember final unterzeichnet werden soll: ein Abkommen für eine globale Migrationspolitik. Eines der Ziele: Migration durch mehr Kommunikation zwischen den Staaten besser zu koordinieren. Gegen die Pläne mobilisiert besonders die rechtsextreme ,,Identitäre Bewegung". Doch von der angeblichen ,,Migrantenflut" oder einem ,,Bevölkerungsaustausch" kann keine Rede sein, unter anderem, weil konkrete Zahlen zur Aufnahme von Geflüchteten nicht vereinbart werden und der Pakt rechtlich nicht bindend ist.

Kurz vor der Landtagswahl soll die Demo vermutlich Parteien wie der NPD und der AfD helfen, auf Twitter wird sie auch unter dem Hashtag ,,AfD" verbreitet.

Die Stadt Hanau bestätigt auf Anfrage der FR, dass die Kundgebung angemeldet wurde. Da dabei ein Grundrecht wahrgenommen werde, ,,müssen wir als zuständige Versammlungsbehörde dieser Veranstaltung neutral gegenüberstehen". Sicherheitslage und Vorkehrungen würden noch erörtert, zuvor träfen sich der Versammlungsleiter, die Polizei und das Ordnungsamt zu einem Kooperationsgespräch. Die Polizei teilt  mit, sie wisse von der Demonstration und sei vorbereitet. Weitere Angaben mache sie aus taktischen Gründen nicht.

Nach FR-Informationen formiert sich bereits Widerstand, unter dem Motto ,,Mietenwahnsinn stoppen! Nazis zum Mars!" bereiten Hanauer Aktivisten eine Gegendemo vor, die ebenfalls bereits angemeldet ist. Daran beteiligen wollen sich unter anderem Unterstützer des Bündnisses ,,Solidarität statt Spaltung".

Der Landesverfassungsschutz hat die ,,Demo gegen den globalen Pakt für Migration" im Blick und weist darauf hin, dass auch ein Funktionär der rechtsextremistischen NPD zur Teilnahme aufruft.


Aus: "Rechtsextreme mobilisieren in Hanau" Gregor Haschnik (16.10.2018)
Quelle: http://www.fr.de/rhein-main/alle-gemeinden/main-kinzig-kreis/marktplatz-rechtsextreme-mobilisieren-in-hanau-a-1602262 (http://www.fr.de/rhein-main/alle-gemeinden/main-kinzig-kreis/marktplatz-rechtsextreme-mobilisieren-in-hanau-a-1602262)

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Quote[...] ,,Unteilbar" ist ein schönes Motto für eine Demonstration, die gegen Aus- und Abgrenzung protestiert, von der sozialen Spaltung über die Abschottung Europas bis hin zum bornierten Denken in nationalen Grenzen. Es ist ein Motto, unter dem sich die zersplitterte Linke geeint versammeln und ein starkes Zeichen setzen könnte: Die Idee, Freiheit und Gerechtigkeit miteinander zu versöhnen, ist noch lange nicht tot. Zur nationalen Engstirnigkeit wie zur globalen Gerechtigkeitsblindheit gibt es Alternativen.

Etwa so ist die Demonstration gemeint, zu der ein breites Bündnis für den nächsten Samstag aufruft. Und doch zeigt sich auch hier, wie gespalten diejenigen untereinander sind, die sich als links verstehen. Sahra Wagenknecht hat der Demo eine Absage erteilt, weil die Forderung nach ,,offenen Grenzen" ihr ,,irreal" erscheint. Eine Forderung, die so im Demonstrationsaufruf gar nicht auftaucht. Die von Wagenknecht initiierte ,,Aufstehen"-Bewegung macht offiziell nicht mit.

Unteilbar ist die Linke offensichtlich nicht. Dabei müsste es doch möglich sein, in der Migrationsfrage zwischen totaler Offenheit und rigider Abgrenzung Mittelwege zu finden. Die Notwendigkeit, diesem Land wieder viel stärker ein humanes und soziales Gesicht zu geben, ist zu groß für Rechthabereien.


Aus: "Linke Rechthaber" Stephan Hebel (10.10.2018)
Quelle: http://www.fr.de/politik/meinung/kommentare/unteilbar-linke-rechthaber-a-1599307 (http://www.fr.de/politik/meinung/kommentare/unteilbar-linke-rechthaber-a-1599307)

Quotedaxoop

Wagenknecht hat der Demo auch deswegen eine Absage erteilt, weil die dort vertretene linke Wohlfühlpolitik in ihrem Absolutheitsanspruch der AfD noch weitere Wähler zuschustert. Man kann ja gerne versuchen, mit sperrangelweit offenen Grenzen und LGBTIQ*-Gedöns denjenigen Menschen in Deutschland, die unter der Erosion ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse leiden, eine ganz tolle linke Zukunft vorzugaukeln. DAS ist irreal.

Und ja, Herr Hebel, die offenen Grenzen stehen im Gründungsaufruf - man muss nur lesen können. Oder wollen. Ebenso wie die bewusste Abgrenzung zu "Aufstehen". Seltsam, dass Sie dies nicht erwähnen.


Quotehansundsophie --> daxoop

Nur leider sind "Abgehängte" wie Sie sie beschreiben nicht auf Grund offener Grenzen arm dran, sondern auf Grund der Wirtschaftspolitik unseres Landes, pardon auf Grund der Lobbypolitik von VW und Konsorten, denn wir wissen doch alle:
Wächst die Wirtschaft geht es uns gut und die Wirtschaft ist in den letzten Jahren gewachsen, Rekordgewinne für Unternehmen und Vorstände... Wie erklären Sie das in Ihrer einfache-Antworten-Welt? ...


QuoteChristian Will

Man sieht aber, das dieses Thema eben höchst komplex ist. ... TAZ: ,,Wir sind nicht formal dabei, es wird sicherlich Leute von uns geben, die da hingehen", sagte Wagenknecht auf einer Podiumsdiskussion in Berlin Lichtenberg. Sie fände es zwar richtig, dass viele Menschen gegen Rassismus und die Rechtsentwicklung auf die Straße gingen, gleichzeitig kritisierte Wagenknecht aber den Aufruf des Bündnisses: Weil in der Tendenz die Position ,,Offene Grenzen für alle" als die bestimmende Position dargestellt werde. ,,Wenn wir über offene Grenzen für alle reden, dann ist das eine Forderung, die die meisten Menschen als irreal und völlig weltfremd empfinden, und sie haben recht damit"

Hier wird ja nur versucht, eine andere Form der Abspaltung zu verhindern. Insofern könnte man auch die Frage stellen ,wer spaltet hier mehr ... Eine Unteilbar Bewegung die radikal linke Ziele vertritt, oder eine Aufstehen Bewegung, die eher moderate linke Ziele vertritt? Wie gesagt, ich halte die Frage für überflüssig, da beides besser ist als so vieles andere.


QuoteFritz Grimm

Wenn Seehofers Lieblingsthema in diese Bewegung getragen wird, kann sie keinen Erfolg haben. Es ist der Dreh von Seehofer und vor allem auch der AfD, dieses Randthema in den Mittelpunkt zu stellen, um darüber sämtliche sozialen Probleme, deren wir in Deutschland reichlich haben, auszublenden.


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Quote[...] Es ist, als ob ich wieder eine Heimat verloren habe". Magdalena Williams sitzt an ihrem Wohnzimmertisch, knetet ihre Finger und versucht ein Lächeln, das ihr nicht gelingt. Ihre Heimat, das ist zur Zeit noch das Städtchen St. Mary Cray im Südosten Londons. Ihre alte Heimat, das war vor über sechzig Jahren das kommunistische Ungarn, aus dem ihre Familie 1956 flüchtete. Da war sie noch ein Kind. Jetzt steht wieder eine Flucht an.

Williams, eingebürgerte Britin, will ihr Land wegen des bevorstehenden Brexit verlassen. Sie bemüht sich um die deutsche Staatsbürgerschaft. Noch bevor der Brexit Ende März nächsten Jahres erfolgt, soll es losgehen. ,,Nach Passau vielleicht", sagt die 70-Jährige, ,,das ist nahe Österreich, wo mein Bruder wohnt."

Der ,,Brexodus" von Briten, die ihrem Land den Rücken kehren, hat begonnen. Enttäuscht und besorgt über den Austritt ihres Landes aus der EU, wandern viele auf den Kontinent aus, und nicht wenige wollen sich in Deutschland niederlassen. Die Zahl der Einbürgerungen von britischen Staatsbürgern, so ein Sprecher des deutschen Innenministeriums, sei massiv angestiegen. Die Statistik zeigt, dass im Jahr 2015, vor dem Brexit-Referendum, nur 622 Briten die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben. 2017 waren es dagegen 7493 Insulaner, so viele wie nie zuvor.

Und das sind nur die Briten, die heute schon in Deutschland wohnhaft sind. Noch im Königreich befinden sich laut einer Umfrage der Online-Jobplattform ,,StepStone" rund 600.000 auswanderungswillige Briten. 44 Prozent von ihnen, also rund 264.000 Insulaner, benennen Deutschland als ihre erste Wahl.

Für Williams ist die Emigration der ultimative Protest. Bis zum Referendum hatte sie sich als Britin gefühlt. ,,Ich bewunderte diese offene, tolerante Gesellschaft. Ich wurde angenommen, das ist für mich sehr wichtig als Flüchtling." Aber im Referendums-Wahlkampf hat sie Erfahrungen gemacht, die ihr die Augen geöffnet haben. Sie hat Anfeindungen, sie hat Rassismus erlebt. ,,Es ist nicht mehr das Land, in das ich mich verliebt habe." Ein Neuanfang in Deutschland würde schwer. ,,Es ist ein Riesenschritt in meinem Alter. Aber hier will ich nicht bleiben."

...


Aus: "Der Brexit wird zum Brexodus" Jochen Wittmann (16.10.2018)
Quelle: http://www.fr.de/politik/grossbritannien-der-brexit-wird-zum-brexodus-a-1601979,0#artpager-1601979-1 (http://www.fr.de/politik/grossbritannien-der-brexit-wird-zum-brexodus-a-1601979,0#artpager-1601979-1)

Quotehansundsophie

Der gute weisse Brite, der Wirtschaftsflüchtling, der unseren
Sozialstaat aber nicht ausnimmt ist gerngesehen, obwohl er uns ja gute
Jobs wegnimmt, die dreckigen Muselmanen, die vor einem Krieg flüchten
und kaum Deutsch sprechen belasten uns nur....
Deutsche Doppelmoral...
oder ist das noch Hitler´s Heimholprogramm für Reichsdeutsche oder artverwandte Germanen...?


QuoteMinando

Fremdenfeindliche Erlebnisse in GB, und die Leute glauben, in Deutschland wäre es besser?
Also DAS nenne ich mal Optimismus.


QuoteHark Luders

Was passiert eigentlich mit den Briten, die er nicht schaffen, sich bis zum Brexit eine nach-wie-vor-EU-Staatsangehörigkeit zuzulegen?
Kommen die dann alle in Abschiebehaft???
Oder sind sie auch dann noch gleicher als andere?


QuoteZugezogi Hark Luders

Man kann auch ganz legal als Ausländer in anderen Ländern leben wenn man eine privilegierte Nationalität besitzt. Und GB wird definitiv auch in Zukunft dazugehören. Es leben doch auch deutsche Staatsbürger in der ganzen Welt mit Aufenthaltsrecht ohne abgeschoben zu werden.


QuoteNewBambus Hark Luders

Interessante Frage, müßte man sich als Brite also dann ein Visum oder einen dauerhaften Aufenthaltstitel zulegen. Sonst heisst es: zurück auf die Insel.


QuoteJohn Smith NewBambus

Jepp, bei einem harten Brexit wäre das der Fall...wenn die EU nicht irgenwelche Sonderregeln aufstellt(frei nach dem Motto: Die Auslandsbriten können ja nicht dafür, die waren auch sicher nicht für den Brexit.).


Quoteanteater

"Die Statistik zeigt, dass im Jahr 2015, vor dem Brexit-Referendum, nur
622 Briten die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben. 2017 waren
es dagegen 7493 Insulaner, so viele wie nie zuvor."

Angeln, Sachsen und Kelten holen sich also ihr Land zurück. ^^

"Aber im Referendums-Wahlkampf hat sie Erfahrungen gemacht, die ihr die
Augen geöffnet haben. Sie hat Anfeindungen, sie hat Rassismus erlebt."

Diese Anfeindungen und dieser Rassismus waren vorher auch schon da. Wie in anderen Staaten traut sich dieser Rassismus aber neuerdings ziemlich das Maul aufzureißen. Toleranz ist nicht mehr.

"Anne Graham und ihr Mann Tony gehören zu den rund hunderttausend Briten,
die nach Schätzung der britischen Statistikbehörde ONS heute schon in
Deutschland leben."

Ich kenne auch solche Menschen. Seit 50 Jahren in Deutschland, nie arbeitslos gewesen, sondern wirklich besserverdienend. Selbstständig, deshalb mehrere Immobilien als Altersvorsorge. Fließendes Deutsch natürlich, mit Akzent. Und was macht man hierzulande? Man lädt sie vor, stellt dann fest, dass der Sprachnachweis wohl nicht mehr erfolgen muss, wohl aber, ob diese Personen sich selbst finanzieren können. Menschen, die über Jahrzehnte mit ihren Steuern und Sozialabgaben hier alles mitfinanziert haben. Das ist schon bitter. Und selbst wenn man es ihnen anbietet wollen halt nicht alle die deutsche Staatsbürgerschaft annehmen.


QuoteWolf Kreide

Die Briten sind doch gerne gesehen, Integration ist unproblematisch, nicht mal die Rechten werden sich gegen deren Aufnahme sträuben, denn diese Rolle ist schon vergeben,...


QuoteNewBambus Wolf Kreide

Wie, und was ist mit unserer Identität? Bald werden die ersten um 5 Uhr Tea Time fordern, das Gedrängel an den Eingängen wird von nervig ordentlichen Schlangen abgelöst, Brot und Bier werden schlechter. Und zum Steak wird Minze serviert. :)

Da werden sie brav daheimbleiben, die ach so großen Bewahrer von IB und PEGIDA. Aber nicht jammern, wenn irgendwann in der Kneipe Bier bestellt und lauwarmes London Ale serviert wird. :)


...
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 17, 2018, 10:07:18 AM
Quote[...] Es ist ein Foto aus dem Jahr 2014. Sawsan Chebli spiegelt sich in einer Scheibe. Ihre Hände verschränkt sie unter der Brust und blickt selbstbewusst in die Kamera. ,,Die neue stellvertretende Sprecherin des Außenministeriums, Sawsan Chebli. Die Deutsch-Palästinenserin kommt aus dem Berliner Innensenat, wo sie bislang Referentin für interkulturelle Angelegenheiten war", heißt es im Text zu dem Pressefoto vor vier Jahren.

Bisher hat sich niemand groß für die teure Uhr an ihrem Arm interessiert. Bis am vergangenen Freitag ein Facebook-User dieses Bild hervorholte, eine Fotomontage daraus machte und mit den Worten ,,Alles was man zum Zustand der deutschen Sozialdemokratie 2018 wissen muss^^" veröffentlichte. Seither tobt in den sozialen Medien ein Shitstorm gegen Chebli.

Sie selbst reagierte auf Twitter so: ,,Wer von Euch Hatern hat mit 12 Geschwistern in 2 Zimmern gewohnt, auf dem Boden geschlafen&gegessen, am Wochenende Holz gehackt, weil Kohle zu teuer war? Wer musste Monate für Holzbuntstifte warten? Mir sagt keiner, was Armut ist. #Rolex"

Beobachtet man die Diskussion im Netz, wird schnell klar, dass sie all die Kritik und den Hass nicht wegen ihrer Uhr bekommt. Sondern weil sie eine Frau und Muslima ist, weil sie Migrationshintergrund hat und weil sie verdammt selbstbewusst ist. Das passt so einigen gar nicht und darum muss nun – vier Jahre später – ihre Rolex herhalten, um sie angreifbar zu machen. Die derzeitige Diskussion rund um die Frage, ob Chebli nun eine Rolex tragen darf oder nicht, ist sinnlos und könnte abgekürzt werden: Ja, natürlich darf sie!

Schließlich sitzen die Männer der Politik auch in teuren Sportwagen, rauchen Zigarren oder tragen Designer-Anzüge. Man erinnere sich nur mal kurz an einen Parteikollegen Cheblis: Gerhard Schröder, der sich 1999 frisch im Amt in teurer Mode ablichten ließ. Auch Schröder wurde damals kritisiert, als ,,Kaschmir-Kanzler" verspottet. Geschadet hat es ihm nicht und bei vielen anderen bleibt die Diskussion meist ganz aus. Nur selten werden Politiker für Statussymbole kritisiert.

Und an diesem Punkt angekommen, könnte die Diskussion rund um Cheblis Rolex tatsächlich spannend werden. Denn die Frage, ob gerade SPD-Politiker*innen, die sich für Chancengleichheit und Gerechtigkeit in der Gesellschaft einsetzen, Statussymbole tragen, fahren, besitzen, rauchen oder trinken sollten, ist eine Diskussion wert.

...


Quelle: https://ze.tt/sollten-politikerinnen-auf-statussymbole-wie-eine-rolex-uhr-verzichten-sawsan-chebli/ (https://ze.tt/sollten-politikerinnen-auf-statussymbole-wie-eine-rolex-uhr-verzichten-sawsan-chebli/)

QuoteJonas Schmiddunser
"Beobachtet man die Diskussion im Netz, wird schnell klar, dass sie all die Kritik und den Hass nicht wegen ihrer Uhr bekommt. Sondern weil sie eine Frau und Muslima ist, weil sie Migrationshintergrund hat und weil sie verdammt selbstbewusst ist."

"Auch Schröder wurde damals kritisiert, als ,,Kaschmir-Kanzler" verspottet."

Etwas widersprüchlich, meinen Sie nicht?


QuoteStephan Huber

In Österreich wurde der neue SPÖ-Bundesgeschäftsführer, Mann, kein Muslim, ebenfalls selbstbewusst, mit einem vergleichbaren Shitstorm überzogen...


QuoteAlexis Weimer
Rolexuhren und teuren Goldschmuck so zu präsentieren, machen eigentlich nur Ganster Rapper und richtige Ganster.


QuoteHansa Plast
Das heißt Gankster, Bruda


QuotePatrick Santer

Diese Debatte ist absurd und zeigt wieder, wie tumb und dumm und voller Neidkomnplexe der deutsche Michel ist... In Frankreich wäre solch eine Diskussion gar nicht möglich.


QuoteJochen Rieseberg

Was haben all die Leute bloss geschluckt, woher kommt all diese negative Energie?


...

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Quote[...] Patrick Wildermann: Herr Stegemann, über Ihr politisches Engagement in der linken Bewegung ,,Aufstehen" ist viel berichtet worden. Es wirkt, als seien Sie überrascht, in welchen Trubel Sie da geraten sind. Bereuen Sie es schon?

Bernd Stegemann: Bereuen auf gar keinen Fall. Überrascht bin ich allerdings, und zwar über den Wind, der im sogenannten politischen Diskurs weht. Man hat das Gefühl, viele warten nur darauf, Äußerungen falsch zu verstehen, um sie gegen einen verwenden zu können. Das ist im Theater so nicht der Fall. Da dürfen Sätze durchaus doppeldeutig, ironisch, uneigentlich gemeint sein – sowohl auf der Bühne als auch hinter den Kulissen. Ästhetik hat ja ihrem Wesen gemäß eine fast fundamentalistische Uneindeutigkeit. Dieser Gestus wird in der politischen Kommunikation überhaupt nicht akzeptiert, sondern als Einladung genommen, dir in die Fresse zu hauen.

Theaterleute sind gern politisch, grenzen sich aber von der Tagespolitik ab. Gilt dieser Unterschied für Sie nicht?

Es sind zwei verschiedene Sphären, das Politische und die Politik. Ich kann im Prinzip jeden Raum zu einem politischen machen, indem ich Widersprüche öffentlich zur Verhandlung stelle. Das ist natürlich noch nicht Politik. Die ist tatsächlich gekoppelt an Macht. Wer hat das Amt, wer die Mehrheit, wer darf das Gesetz erlassen? Je mehr ich mich mit Politik befasse, desto mehr verstehe ich die Scheu derer, die lieber im Raum des Politischen bleiben möchten. Er ist viel freier und viel schöner – in einem ästhetischen Sinne.

Und obendrein verantwortungsloser.

Verantwortungslos im Sinne von machtlos, ja. Die Machtlosigkeit ist womöglich die Bedingung für Kunst. Wenn die Kunst anfängt, nach Macht zu schielen, wird sie tendenziös. ... Unser Ziel ist eine Befreiung aus der rechten Geiselhaft, indem wir eine linke Alternative so stark machen, dass die Leute sie der AfD vorziehen. Wenn ich mich auf das Spiel des Ressentiments einlasse, bin ich gezwungen, selbst ins moralisierende Ressentiment zu gehen. Da kann man nichts gewinnen.

... Sahra Wagenknecht richtet sich doch auch gegen ,,offene Grenzen". Wegen der angeblichen Forderung danach hat sich ,,Aufstehen" schließlich nicht an der großen #Unteilbar-Demo in Berlin beteiligt.

Mitglieder von ,,Aufstehen" haben sich an der Demo beteiligt. ... . Dass man sie [Sahra Wagenknecht] verkürzt und missverständlich interpretieren will, ist bedauerlich. Und außerdem können diejenigen, die ,,Aufstehen" diffamieren wollen, die Frage, wie sie den Sozialstaat in einer grenzenlosen Welt erhalten wollen, nicht beantworten.

... Es gab ja immer schon ideologische Überschneidungen zwischen dem rechten und dem linken Rand. Wie lässt sich verhindern, in so einer Sammelbewegung die Falschen einzusammeln?

In unserem Programm steht klar, dass wir für eine soziale Frage stehen und gegen alle Arten von Diskriminierung sind. Jeder, der gerade die hegemoniale Zusammenarbeit von Moral und Kapitalismus kritisiert, muss sich in einer bestimmten Weise aus einem grobianischen Vokabular bedienen, auf den Putz hauen, um Gehör zu finden. Dass da manchmal ähnlich klingende Dinge gerufen werden – das ist dann so. Trotzdem ist sehr Unterschiedliches damit gemeint. Der entscheidende Punkt, warum ich mich bei ,,Aufstehen" engagiere, ist der Versuch, linke Politik wieder als Sozialpolitik zu machen.


Aus: ""Aufstehen"-Sammlungsbewegung ,,Die Angst war vorher da"" Patrick Wildermann (16.10.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/kultur/aufstehen-sammlungsbewegung-die-angst-war-vorher-da/23194296.html (https://www.tagesspiegel.de/kultur/aufstehen-sammlungsbewegung-die-angst-war-vorher-da/23194296.html)

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Quote[...] Auf der Homepage des Kreisverbands schreibt sie, dass sie 34 Jahre alt sowie Mutter von drei Kindern sei und eine Ausbildung zur  Automobilkauffrau absolviert habe. Sie gehört dem Bezirksvorstand als Beisitzerin an. Laut ihrem Facebook-Profil arbeitet Bießmann bei einer Security-Firma. Ihre Posts lassen erkennen, dass sie Angela Merkel als Kanzlerin und die Vollverschleierung ablehnt. Zudem hegt sie offenbar die Befürchtung, dass die deutsche Bevölkerung vergessen wird – auch wenn unklar ist, von wem. Bießmann wird eine von drei Frauen in der AfD-Fraktion sein. Als thematische Interessen nennt sie Gesundheit, Soziales und Bildung.

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Aus: "Berlin-Wahl Diese fünf AfD-Politiker ziehen direkt ins Abgeordnetenhaus ein" Frederik Bombosch (19.09.2016)
Quelle: https://www.berliner-zeitung.de/berlin/wahl/berlin-wahl-diese-fuenf-afd-politiker-ziehen-direkt-ins-abgeordnetenhaus-ein-24770272-seite2 (https://www.berliner-zeitung.de/berlin/wahl/berlin-wahl-diese-fuenf-afd-politiker-ziehen-direkt-ins-abgeordnetenhaus-ein-24770272-seite2)

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Quote[...] Myspace – ein Portal aus den Anfangsjahren der sozialen Netzwerke im Internet – kann Politikerkarrieren beschädigen: Womöglich stolpert die in Marzahn direkt gewählte AfD-Abgeordnete Jessica Bießmann über Fotos, die sie vor Jahren in dem längst veralteten Netzwerk hochgeladen hatte. Darauf ist Bießmann zu sehen, wie sie sich in wechselnden Outfits und in verschiedenen Posen auf einem Küchentresen räkelt – im Hintergrund stehen Weinflaschen mit Hitler-Etikett. Der Wein darf in der Bundesrepublik nicht öffentlich gezeigt werden, der gewerbliche Handel mit den Flaschen sei verboten, hieß es. Doch im heimischen Regal dürfen die Flaschen durchaus stehen.

Ein Twitter-Nutzer hatte in der vergangenen Woche auf die intimen Fotos hingewiesen. In der ,,B.Z." versuchte sich Bießmann an einer Erklärung: Die Fotos seien zehn Jahre alt und in der Wohnung eines Freundes in Chemnitz entstanden. Zu diesem habe sie auch keinen Kontakt mehr. Die Flaschen im Hintergrund mit Hitler-Konterfei habe sie gar nicht bemerkt. ,,Ich bedaure, dass es diese Fotos gibt", sagte Bießmann.

... der Berliner AfD-Vorstand beschloss am Montagabend einstimmig, ein Parteiausschlussverfahren gegen Bießmann einzuleiten, wie Sprecher Ronald Gläser am Dienstag mitteilte.

... Bei Hitler ist für die Partei also eine Grenze überschritten – dass Bießmann auch sonst zu den Radikalen in der Landespartei gehört, hat bisher niemanden gestört. Nicht zehn Jahre, sondern nur wenige Tage alt sind Facebook-Botschaften wie: ,,Das Abschlachten muss endlich ein Ende haben!", Warnungen vor ,,Islamisierung" und die antisemitisch konnotierte Forderung ,,Soros raus aus Deutschland!" Die 37-jährige Bießmann gehört zum völkischen Flügel der Partei, sehnt sich nach einer ,,echten Nationalmannschaft" und teilt bevorzugt Posts von Björn Höcke, etwa zum ,,Tabu-Thema Aids-Import".

Neben Ausflugsfotos vom Burschenschaftsdenkmal bei Eisenach zeigt sie Bilder von ihrer Teilnahme an einer Pegida-Demonstration im Mai. Die Bundespartei wünscht das offiziell nicht, auch der Landesverband ist mit seinem moderaten ,,Berliner Kurs" dagegen. ...


Aus: "Berliner AfD-Abgeordneter droht Parteiausschluss" (17.10.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/raekelei-vor-hitlerwein-berliner-afd-abgeordneter-droht-parteiausschluss/23194832.html (https://www.tagesspiegel.de/berlin/raekelei-vor-hitlerwein-berliner-afd-abgeordneter-droht-parteiausschluss/23194832.html)

Quoteebookowski 08:40 Uhr
Au weia, ich habe noch drei Flaschen mit dem Bild von Stalin und einer stilisierten Fahne inclusive angeklebtem Hölzchen im Keller, bin ich jetzt etwa ein Stalinist ?

PS: Der wein schmeckt leider nicht besonders gut, die Flasche ist als Mitbringsel aber immer mit viel Humor aufgenommen worden.


QuoteDragonfighter 08:46 Uhr
Antwort auf den Beitrag von ebookowski 08:40 Uhr

Ein Stalinbild versteckt im Keller ist also das Gleiche wie ein Hitlerbild für alle sichtbar in der Küche?
Mir würde ja der Appetit vergehen. Aber die Geschmäcker sind bekanntlich verschieden.


QuoteBabsack 08:04 Uhr

Ja,wer hätte auch vor 10 Jahren damit gerechnet,dass "die Bewegung" noch einmal so weit kommen würde? Seitdem haben die meisten Kameraden ihre Privaträume auch auf Vordermann gebracht,es kann ja sonstwas passieren,wer weiß ob nicht irgendwelche linksgrünversifften Handwerker, die man im Hause hat, ein Foto schießen und so weiter und so fort.
Ja,eine Reichskriegsflagge wäre ihr bestimmt auch aufgefallen,aber dass so ein kleiner Hitler mal solche Wellen schlägt,wer hätte denn damit gerechnet.
Vor allem,wo man in ihren Kreisen ständig von solchem Zeug umgeben ist.
Ach nee, das ist echt ärgerlich. Da hat man die ganze Zeit so aufgepasst und sogar die schöne SS-Bettwäche extra aussortiert. ...


Quoteford_perfect 07:49 Uhr

... Interessant an diesem Fall ist dass nicht Jessica Bießmanns offen rassistische Positionen Grund für den Beschluss sie auszuschließen sind, sondern die Weinflaschen mit den Hitler-Portraits. Da aber die Bilder nicht in ihrer Wohnung aufgenommen wurden und die Flaschen nur im Hintergrund zu sehen sind wird die Frau sich wohl erfolgreich auf den Standpunkt zurückziehen dass sie die Abbildungen des "Führers" gar nicht wahrgenommen habe.


QuoteBerlinPilot 07:37 Uhr
Antwort auf den Beitrag von db0815 16.10.2018, 20:44 Uhr

    Die Bilder sind absolut keine Pressemeldung oder auch nur Aufregung wert. Sie "räkelt" sich ja auch nicht vor den Weinflaschen, sondern auf
    dem Küchentresen.


Überpingelig bin ich da auch nicht. Aber dass jemand solche Flaschen erwirbt und sich in die Küche stellt, finde ich dann schon merkwürdig. Würden Sie sich so etwas hinstellen? ...


QuoteBabsack 07:53 Uhr
Antwort auf den Beitrag von db0815 16.10.2018, 20:44 Uhr

... Ich wünsche der AFD viele Mitglieder wie Sie und ihre blonde Kameradin, dann läuft das schon.
Also, Augen geradeaus ! Ein Lied !


Quoteford_perfect 07:55 Uhr

... Öffentlich wird sie sich auf den Standpunkt zurück ziehen dass sie die Flaschen gar nicht wahrgenommen habe. Das ganze natürlich mit einem Augenzwinkern für die "Eingeweihten" garniert.


Quotedb0815 08:55 Uhr
Antwort auf den Beitrag von ford_perfect 07:55 Uhr

Das Umfeld vieler AFD Mitglieder sollte inzwischen jedem in diesem Land aufgefallen sein. Aktuelle politische Äußerungen von Frau Bießmann zeigen ziemlich offen die politische Ausrichtung. Aber das ist den Leuten vermutlich zu kompliziert. Ein altes Foto jedoch, wo man rechte Motive irgendwo undeutlich im Hintergrund erahnen kann, die taugen plötzlich als Aufreger. Vermutlich weil die Leute viel besser auf ein Foto anspringen als sich mit geschriebenen Wörtern zu befassen.
Die meisten hier, die dieses Foto ohne Kontext irgendwo gesehen hätten, hätten nicht einmal ansatzweise A.H. auf den Flaschen entdeckt. Es sei denn, man hat solche Flaschen selbst im Regal stehen.


Quote
dudi 09:33 Uhr
Antwort auf den Beitrag von mcgyver 16.10.2018, 22:50 Uhr

    Was genau wirft man der Frau genau vor?

Nichts, absolut nichts. Aber ich denke, dass wir uns einig sind, dass sie kein politisches oder öffentliches Amt mehr bekleiden kann.


...
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 17, 2018, 10:37:48 AM
Quote[...] Die muslimische Religionslehre fungiert im Westen als Projektionsfläche für Ängste und dadurch als Ersatz für Antisemitismus und Antikommunismus, wie Petra Wild in ihrem neuen Buch ,,Lieblingsfeind Islam" schreibt. In ihrer Hauptthese bestreitet sie, dass sich Kulturen separat voneinander entwickeln: Die ,,Reinheit" einer Kultur gebe es nicht. ...

Um ihre Hauptthese vom neuen Feindbild Islam zu untermauern, zitiert die Autorin einen Beitrag der ,,Washington Post", wonach das US-Verteidigungsministerium nach dem Ende des Kalten Krieges aktiv auf der Suche nach einem neuen Feind gewesen sei. Petra Wild zitiert den damaligen Oberbefehlshaber der NATO, John Calvin, der 1988 in seiner Abschiedsrede angesichts des bevorstehenden Zusammenbruchs der Sowjetunion erklärte:

    ,,Den Kalten krieg haben wir gewonnen. Nach einer siebzigjährigen Verirrung kommen wir nun zur eigentlichen Konfliktachse der letzten 1300 Jahre zurück: das ist die große Auseinandersetzung mit dem Islam."

Tatsächlich steht der amerikanische General Calvin und mit ihm vor allem Europa in der Tradition eines Konzeptes, wonach die westliche Welt so, wie sie sich seit Renaissance, Aufklärung und dem von diesen Strömungen inspiriertem Kolonialismus entwickelt habe, den meisten anderen Kulturen überlegen sei. (Diese These hat Samuel Huntington in seinem Werk ,,Kampf der Kulturen" in den Dienst der amerikanischen Expansionspolitik in der islamischen Welt gestellt).

Die auf diesem Konzept beruhende Expansion des Westens entspricht einem Weltbild, dass der palästinensische, einst in den USA lehrende, inzwischen verstorbene Wissenschaftler Edward Said (1935 – 2003) mit ,,Orientalismus" beschrieben hat. Petra Wild schreibt:

    ,,Der Orientalismus bestimmt die Wahrnehmung der westlichen Welt bis heute. Dessen wohl hartnäckigstes Erbe ist die Angewohnheit, alles, was die muslimische Welt betrifft, durch den Islam erklären zu wollen, wohingegen keiner auf die Idee käme, den Vietnamkrieg durch das Christentum ... erklären zu wollen."

Und weiter:

    ,,Die islamische Welt wird außerhalb der Geschichte gestellt und Muslime .... werden zu einer besonderen Spezies gemacht. Das nutzte und nutzt den imperialistischen Mächten, deren Politik die Entwicklungen in der arabischen Welt entscheidend geprägt haben. Daß nach dem 11.September 2001 versucht wurde, die Erklärung für die Angriffe auf das Pentagon und das World Trade Center im Koran zu suchen statt in der US-Außenpolitik, ist beredtes Zeichen für das Fortleben des Orientalismus."

...


Aus: "Der Islam als willkommenes Feindbild" Heiko Flottau (17. Oktober 2018)
Quelle: https://www.nachdenkseiten.de/?p=46528 (https://www.nachdenkseiten.de/?p=46528)

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Quote[....] Im Salafismus muss eine Frau tun was ihr Mann will um in das Paradis zu gelangen. Feministische Frauen in Algerien erleben oft andere, salafistische Frauen als ihre Feindinnen. Einige sagen, immer öfter, der größte Feind der Frau ist die Frau. Sicherlich passt dieser Spruch zum Patriarchat. Das Patriarchat fokussiert sich weniger auf den Mann als Ausbeuter, sondern immer auf die Frau. Trotzdem thematisiert es die fehlende gegenseitige Unterstützung, sogar im Fall von tätlichen Übergriffen.

Durch zunehmende salafistische Strukturen wird Solidarität unter Frauen kaum möglich sein; die salafistischen Gegenspielerinnen sind gut organisiert und werden unterstützt. Frauen gegen Frauen-eine Entwicklung, die ablenkt von der eigentlichen Ideologie und dem gemeinsamen Feind, dem salafistisch geprägtem Patriarchat.

Auch in Deutschland sind viele Frauen die der salafistischen Szene zuzurechnen sind sehr aktiv mit Aktionen, wie zum Beispiel Informationsständen zum Kopftuch mit dem Tenor, ,,Wieso spricht man über uns statt mit uns.." oder Hijabi Kreiseln mit Vorträgen über die Frau im Islam. Es wird die gegenseitige Stärkung und Unterstützung betont.  Es geht beim Tragen des Kopftuches um das ,,Wohlgefallen" Allahs und nicht um das ,,Wohlgefallen der Gesellschaft", und das kompromisslose und standhafte Festhalten an die ,,islamische" Kleiderordnung ist deshalb das Ziel, egal wie die ,,weltlichen" Konsequenzen aussehen mögen. Der Lohn Gottes wird als größer angesehen wie die Integration. Diese Auslegung des Islam folgt dem Wahabismus-es gibt nur eine Kleiderordnung und eine Interpretation des Korans.

Die Unterwerfung vor Gott ist etwas, was auch das ,,christliche Abendland" kennt. Es ist nicht Teil eines neuen ,,Kulturkampfes" der immer wieder neu beschworen wird. In Europa waren es Nonnen (und Mönche) die einen ähnlichen Lebensweg wählten. Auch sie verabschiedeten sich vom ,,weltlichen Leben". Frauen haben nur im Unterschied zum Christentum Kinder zu bekommen. Nonnen ist dies untersagt, aber beide ordnen sich der ,,weltlichen Ordnung" unter.

Bevor ,,das Andere" in der Sichtweise auf diese Entwicklung und die Mitwirkung von Frauen konstruiert wird, wie es gerne in Bezug auf den Islam und den Orient getan wird, sollten wir salafistische Frauen als ,,rechte Frauen" definieren. Ihre Strategien unterscheiden sich in keiner Weise von den Strategien von anderen Frauen in der westlichen Welt, die rechten, konservativen Strukturen zuzuordnen sind. ...

Die Spaltung Algeriens insgesamt hat sich verstärkt. Immer mehr Frauen versuchen im salafistischen Patriarchat zu überleben und wählen den Weg der Anpassung. Die Perspektive ist nicht rosig. Tatsächlich gibt es eine kleine Gegenbewegung.  ...


Aus: "Angriff auf die Weiblichkeit: Salafismus in Algerien" Ariane Panther (24. September 2018)
Quelle: https://diestoerenfriedas.de/angriff-auf-die-weiblichkeit-salafismus-in-algerien/ (https://diestoerenfriedas.de/angriff-auf-die-weiblichkeit-salafismus-in-algerien/)

Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 17, 2018, 10:56:57 AM
Quote[...] Montreal - In Ländern, in denen die körperliche Bestrafung von Kindern verboten ist, prügeln auch die Jugendlichen weniger. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie mit Daten aus 88 Ländern, die im ,,British Medical Journal Open" veröffentlicht ist. Die Forscher um Frank Elgar von der McGill University in Montreal (Kanada) hatten Studien zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen ausgewertet, in denen auch nach der Häufigkeit von Prügeleien gefragt worden war.

Einer Untersuchung des Kinderhilfswerks Unicef zufolge hatten etwa 17 Prozent der Jugendlichen weltweit körperliche Bestrafung innerhalb des Vormonats erfahren, entweder in der Schule oder zu Hause. Inzwischen gibt es jedoch mehrere Untersuchungen, die die negativen Folgen der Prügelstrafe belegten, schreiben die Wissenschaftler um Elgar. Auswirkungen seien beispielsweise aggressives und antisoziales Verhalten, psychische Probleme, geistige Defizite, geringes Selbstwertgefühl und körperliche Misshandlungen.

Elgar und seine Mitarbeiter nutzten für ihre Untersuchung nun Daten von zwei großen internationalen Studien aus den vergangenen Jahren und ergänzten diese um einige landesweite Erhebungen. Angaben zu den gesetzlichen Regelungen in den 88 untersuchten Ländern liefert eine globale Initiative zur Beendigung der körperlichen Bestrafung von Kindern. Als gewalttätig stuften die Wissenschaftler diejenigen Jugendlichen ein, die angaben, in den vergangenen zwölf Monaten an vier oder mehr körperlichen Auseinandersetzungen beteiligt gewesen zu sein.

Im Durchschnitt aller Länder waren 9,92 Prozent der männlichen und 2,81 Prozent der weiblichen Jugendlichen regelmäßig in Prügeleien verwickelt. Allerdings gibt es sehr große Unterschiede zwischen den Ländern: von 0,86 Prozent der Mädchen in Costa Rica bis 34,78 Prozent der Jungen in Samoa. Nimmt man solche Gewalt aus Ländern ohne Verbot der Prügelstrafe als 100 Prozent, dann lag der Anteil der gewalttätigen männlichen Jugendlichen in Ländern mit Verbot bei 69 Prozent. Bei weiblichen Jugendlichen sind es sogar nur 42 Prozent.

Andere Faktoren, wie Waffengesetze, Mordrate, Elternerziehungsprogramme oder Wohlstand wurden als mögliche Ursachen für die Unterschiede untersucht. Sie hatten jedoch wenig bis gar keinen Einfluss auf die Anzahl der prügelnden Jugendlichen, teilweise zur Überraschung der Wissenschaftler: ,,Wir gingen davon aus, dass wir in wohlhabenderen Ländern weniger Prügeleien finden würden", schreiben sie, ,,aber in Kambodscha, Myanmar und Malawi fanden wir die geringste Häufigkeit von Prügeleien bei männlichen Personen und an beiden Enden des Spektrums eine Mischung aus einkommensschwachen und einkommensstarken Ländern."

Mit Ausnahme von Ghana und Sambia sind männliche Jugendliche stets häufiger in Prügeleien involviert als weibliche, zeigte die Analyse weiter. Teilweise sei der Unterschied erheblich. Weshalb das so ist, ist unbekannt, schreiben die Forscher. ,,Es könnte sein, dass männliche Personen, im Vergleich zu weiblichen, außerhalb der Schule mehr körperlicher Gewalt ausgesetzt sind oder durch körperliche Bestrafung von Lehrern anders betroffen sind." Dies müsse jedoch noch untersucht werden.

Die Forscher betonen auch, dass die Studie nur eine statistische Beziehung zwischen Verbot der Prügelstrafe und Prügeleien unter Jugendlichen aufzeigt. Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge sind damit noch nicht geklärt. In Deutschland ist eine körperliche Bestrafung von Heranwachsenden seit dem Jahr 2000 nicht mehr erlaubt.

Von dpa/RND


Aus: "In Ländern ohne Prügelstrafe gibt es weniger Gewalt unter Jugendlichen" (16.10.2018)
Quelle: http://www.kn-online.de/Nachrichten/Wissen/In-Laendern-ohne-Pruegelstrafe-gibt-es-weniger-Gewalt-unter-Jugendlichen (http://www.kn-online.de/Nachrichten/Wissen/In-Laendern-ohne-Pruegelstrafe-gibt-es-weniger-Gewalt-unter-Jugendlichen)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 17, 2018, 11:03:50 AM
Quote[...] Hannover - Peter Tauber hat mit einem Tweet über Erwin Rommel die Debatte über die Rolle des Wehrmachtsgenerals befeuert. Schon am Sonntag schrieb der CDU-Bundestagsabgeordnete auf dem Kurznachrichtendienst: ,,Heute vor 74 Jahren starb Erwin Rommel, von den Nazis zum Selbstmord gezwungen."

Unter seinem Tweet entwickelte sich schnell ein Streit darüber, wie sehr Rommel in die Verbrechen des Nazi-Regimes verstrickt war. Die Linken-Politikerin Petra Pau etwa schrieb: ,,Rommel war an Kriegsverbrechen beteiligt (vorsichtig gesagt)." Eine Soldatin entgegnete sogleich, dass auch heute noch Kasernen nach Rommel benannt sind.

In der Tat ist Rommel eine umstrittene Person. Zum einen diente er Hitler und dem NS-Regime als General. In der Propaganda der Nazis spielten der ,,Wüstenfuchs" und seine militärischen Erfolge etwa in Nordafrika eine große Rolle.

Wegen angeblicher Kontakte zu den Widerstandskämpfern um Claus Schenk Graf von Stauffenberg geriet er aber in den Verdacht, Hitler stürzen zu wollen. Um einem Prozess zu entgehen, nahm sich Rommel das Leben. Rommels tatsächliche Einstellung zum Regime ist aber bis heute ungeklärt.

Taubers Tweet fällt in eine Zeit, in der die Bundeswehr wie eh und je über die Rolle der Wehrmacht diskutiert. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat in ihrem ,,Traditionserlass" vorgegeben, dass die Wehrmacht als Ganzes nicht als Vorbild dienen dürfe. Auf einzelne Soldaten und Offiziere der Wehrmacht könne sich die Bundeswehr aber durchaus berufen.

Tauber, selbst Reserveoffizier, traut Rommel diese Rolle offenbar zu. Doch die Debatte darüber ist längst nicht zu Ende.

Von pach/RND


Aus: ",,Wüstenfuchs": Peter Tauber irritiert mit Rommel-Tweet" (17.10.2018)
Quelle: http://www.kn-online.de/Nachrichten/Politik/Wuestenfuchs-Peter-Tauber-irritiert-mit-Rommel-Tweet (http://www.kn-online.de/Nachrichten/Politik/Wuestenfuchs-Peter-Tauber-irritiert-mit-Rommel-Tweet)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 17, 2018, 12:09:41 PM
Quote[...] Damir Skenderovic ist Professor für Zeit­geschichte an der Uni­versi­tät Fri­bourg. Er forscht zu Rechts­popu­lismus, Migrations­geschichte, 68er Bewegung und Gegen­kulturen

In den 1960er Jahren wehte ein Wind des Aufbruchs und Wandels durch die euro­päi­schen Gesell­schaften. Insbe­son­dere die Nach­kriegs­ge­nera­tion glaubte an die Form­bar­keit von Gesell­schaft und Zukunft, an die Wirkungs­kraft poli­ti­schen Handelns. Für sie gehörte die Kluft zwischen Wunsch und Realität, zwischen Verspro­chenem und Mach­barem zu den biogra­fisch prägenden Erfah­rungen. Mit 1968 öffnete sich ein neuer Reso­nanz­raum für Kritik und Alli­anzen gegen die als erstarrt wahr­ge­nom­mene Politik und Gesell­schaft. Doch nicht nur auf der linken Seite rich­tete sich die genera­tio­nelle Dynamik gegen die konfor­mis­ti­schen Haltungen der gesell­schaft­li­chen Mitte und die tradi­tio­nellen Ordnungs­mo­delle der Alten Linken. Auch die Rechte nutzte die dama­lige Aufbruchs­stim­mung, und an ihren Rändern mehrten sich die Stimmen vor allem der jüngeren Genera­tion, die nach Verän­de­rung und Neuan­fang riefen. Beide Seiten sahen sich als Ausdruck von Nonkon­for­mismus und Subver­sion, Revolte und Protest und stritten auf den glei­chen poli­ti­schen und gesell­schaft­li­chen Schau­plätzen um Deutungen und Begriff­lich­keiten. So ist 1968 keines­wegs nur als grad­li­nige, bruch­lose Erzäh­lung eines von links einge­lei­teten Wandels unter eman­zi­pa­to­ri­schen und progres­siven Vorzei­chen zu lesen, wie es im laufenden Jubi­lä­ums­jahr vieler­orts weiss­ge­macht wird.


... Wenn in den laufenden Erin­ne­rungs­ar­beiten die ,,Verwalter der Erzäh­lung von 1968" (Axel Schildt) den Kampf für eine parti­zi­pa­tive, egali­täre und soli­da­ri­sche Gesell­schaft mit Lang­zeit­wir­kungen ins Zentrum stellen, wird vergessen, dass diese Gesell­schafts­ideale eine neue Genera­tion von rechten Intel­lek­tu­ellen und Akti­visten beson­ders heraus­ge­for­dert und ange­sta­chelt haben. Seit ihren Anfängen hat die Neue Rechte nicht nur die Öffnung des Sagbaren und Einfor­der­baren durch die 68er Bewe­gung dazu genutzt, um ihre eigenen gesell­schafts­po­li­ti­schen Posi­tionen zu schärfen, sondern auch von den 68ern gelernt, wie stra­te­gi­sche und seman­ti­sche Arbeit aussieht. Inzwi­schen ist die Neue Rechte von der meta­po­li­ti­schen zur real­po­li­ti­schen Stra­tegie über­ge­gangen und greift offen­kundig nach der Definitions- und Deutungs­macht. Ihre Leser- und Anhän­ger­schaft weitet sich stark aus, ihre Vertreter walten als Stich­wort­geber und Poli­tik­be­rater im globalen Aufstieg der Rechts­po­pu­lismus. Eine Erzäh­lung, die diese konflik­tu­ellen und konkur­ren­ti­ellen Dimen­sionen und Brüche von 1968 ausblendet, vernach­läs­sigt die Vorge­schichte für die gegen­wärtig statt­fin­denden Verschie­bungen und Ausein­an­der­set­zungen zwischen rechts und links.

...


Aus: "1968 von rechts. Das verges­sene Jubi­läum" Damir Skenderovic (2018)
Quelle: https://geschichtedergegenwart.ch/1968-von-rechts-das-vergessene-jubilaeum/ (https://geschichtedergegenwart.ch/1968-von-rechts-das-vergessene-jubilaeum/)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 17, 2018, 12:15:14 PM
Quote[...] Saudi-Arabien ist ein autoritär geführtes Königreich, in dem es schon ein epochaler Fortschritt ist, wenn sich Frauen hinters Steuer setzen dürfen. Das ist dann aber auch genug der Freiheit – Kritik am Führungsstil und am Umgang mit Minderheiten duldet die Führung in Riad nicht.

Der vermutliche Mord an dem unbequemen Journalisten Jamal Khashoggi, für den wohl niemals jemand gerichtsfest verantwortlich gemacht werden kann, sollte das auch dem letzten deutschen Wirtschaftsvertreter vor Augen führen. Es ist ein Armutszeugnis, dass bislang kein namhafter Konzernvertreter ein Zeichen setzt und zumindest die Teilnahme an dem anstehenden Wirtschaftsgipfel in Riad absagt. Gerade der Siemens-Vorstandsvorsitzende Joe Kaeser, der sich gerne als AfD-Gegner zur moralischen Instanz aufspielt, sollte sich anders verhalten, wenn er seine Glaubwürdigkeit nicht aufs Spiel setzen will.

Mutig ist es nicht, eine von Medien beklatschte, populäre Position zu beziehen. Mutig ist es, auch dann Haltung zu zeigen, wenn das kurzfristig Geld kosten kann. Doch davon ist die deutsche Wirtschaft leider weit entfernt – egal, ob es um Geschäfte mit den Saudis, der Türkei oder Iran geht. ...


Aus: "Armutszeugnis von Konzernchefs" Johannes Pennekamp (15.10.2018)
Quelle: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/saudi-arabien-kommentar-armutszeugnis-von-konzernchefs-15839382.html (http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/saudi-arabien-kommentar-armutszeugnis-von-konzernchefs-15839382.html)

QuoteMoney rules ...

    Karl Fuchs (fuka60), 15.10.2018 - 20:15

Ab einem gewissen Geschäftsvolumen ist das Verhalten des Geschäftspartners hinsichtlich ethischer Maßstäbe sehr zweitrangig - eigentlich müssten dies die Kommentatoren einer konservativen und wirtschaftsnahen Zeitung wissen. ...


Quote

Im Ernst: Hat sich "die deutsche Wirtschaft" je, von welcher ...

    Ralf Finger (R.Finger), 15.10.2018 - 18:31

Sauerei auch immer, davon abhalten lassen, mit den entsprechenden Ländern und Regimen Geschäftchen zu machen? Ohne staatliche Verbote oder massive öffentliche Empörung ist in der Hinsicht, so wie ich dies sehe, NIE etwas (Substanielles) geschehen.
Gerne würde ich mich eines Besseren belehren lassen. Vielen Dank für Gegenbeispiele!

Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 18, 2018, 11:22:06 AM
Quote[...] In Kanada sind die Joints seit heute legal. In Uruguay, den US-Staaten Colorado, Washington, Alaska, Oregon und Kalifornien schon seit längerem. Die Coffeeshops von Amsterdam locken Kiffer aus aller Welt. In Spanien und Belgien werden ,,Social Cannabis Clubs" geduldet, in Tschechien der Besitz von bis zu 15 Gramm Marihuana. In der Schweiz gibt es (leichte) Hanfblüten und -zigaretten am Kiosk.

In Deutschland dagegen wird die Drogenbeauftragte an diesem Donnerstag bei der Vorstellung ihres Drogenberichts wieder energisch vor Legalisierung und Verharmlosung des Cannabis-Konsums warnen. Marlene Mortler wird erklären, dass das Kiffen wegen des gestiegenen Wirkstoffgehalts viel gefährlicher geworden ist, als noch vor zwei Jahrzehnten. Die CSU-Politikerin wird vermelden, dass die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung an einem gesamtdeutschen Präventionsprojekt bastelt, für das sie aus dem Haushalt einen Millionenbetrag loseisen konnte. Und sie wird dennoch einräumen müssen, dass die Zahl der Cannabis-Konsumenten trotz Strafandrohung steigt.

7,3 Prozent der 12- bis 17-Jährigen und 15,3 Prozent der 18-bis 25-Jährigen hierzulande hatten in den vorausgegangenen zwölf Monaten Cannabis konsumiert, resümierte der Drogenbericht 2017. Bei jungen Männern war es sogar mehr als jeder Fünfte. Die Cannabis-Prohibition bindet Polizei und Justiz stärker denn je, scheint aber wenig zu fruchten. Und Mortler steht mit ihrem rigiden Kurs politisch zunehmend im Abseits. Außer der Union und der AfD wünschen sich inzwischen Experten aller Bundestagsfraktionen die Entkriminalisierung sogenannter weicher Drogen.

Bei den Jamaika-Verhandlungen waren sich FDP und Grüne schon weitgehend einig – und die Linkspartei wäre auch mit dabei. Alle drei Fraktionen legten Anfang des Jahres detaillierte Legalisierungskonzepte vor. Am weitesten gingen dabei die Grünen, die auf 69 Seiten gleich einen kompletten Gesetzentwurf zur kontrollierten Cannabis-Freigabe präsentierten – ein Entwurf übrigens, der den jetzt in Kraft getretenen Regelungen in Kanada bis in die Details der erlaubten Abgabemengen entspricht.

Die Linke verlangte erst mal nur den Verzicht auf Strafverfolgung für geringe Cannabismengen, die FDP will mit Modellprojekten in den Ländern beginnen. Und die SPD? Bewegt sich nun ebenfalls. Es werde ,,Zeit, endlich auch in Deutschland zu einer neuen Drogenpolitik zu kommen", verkündeten vor kurzem ihre Experten Sabine Dittmar und Dirk Heidenblut. Die Entkriminalisierung der Cannabis-Konsumenten sei ,,da der zentrale Schlüssel".

Die schwarz-rote Verbotspolitik sei ,,krachend gescheitert", sagte der frühere Grünen-Chef Cem Özdemir dem Tagesspiegel. ,,Der Schwarzmarkt blüht, es gibt weder einen funktionierenden Jugend- noch Gesundheitsschutz." Kanada zeige, dass die Legalisierung von Cannabis-Konsum für Erwachsene der richtige Weg sei. Die Regierungskoalition müsse die "Bevormundung der Bürger" beenden und endlich für effektiven Jugendschutz sorgen.

Nur die Union bleibt hart. Der CDU-Politiker Alexander Krauß etwa sprach von ,,verheerenden Folgen" des Freigabe-Experiments in einigen US-Staaten. ,,Solch katastrophale Zustände mit abertausenden Drogenabhängigen, wie zum Beispiel in San Francisco, möchte ich in Deutschland nicht erleben." Es brauche keine Menschenversuche, um herauszubekommen, dass Drogen schädlich seien.

Allerdings gibt es unter den Christdemokraten dazu auch Querdenker. Vor drei Jahren bereits drängte der wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Joachim Pfeiffer, auf einen legalen und staatlich regulierten Cannabis-Markt. Nur so lasse sich organisierte Kriminalität wirksam bekämpfen, befand er gemeinsam mit seinem damaligen Kollegen Dieter Janecek (Grüne). Vorrangig ging es den beiden aber um etwas anderes. Eine Liberalisierung, rechneten sie vor, brächte Steuereinnahmen von bis zu zwei Milliarden Euro im Jahr. Und weitere ein bis zwei Milliarden durch die wegfallende Strafverfolgung von Cannabis-Konsumenten.

Pfeiffer wurde sofort zurückgepfiffen. Es handle sich um eine Einzelmeinung, teilte die Unionsfraktion mit, man sei natürlich gegen die Legalisierung von Cannabis. Interessant war damals übrigens auch der Einwurf eines gewissen Jens Spahn, der inzwischen Gesundheitsminister ist. Mit dem Argument, auf diese Weise den Schwarzmarkt zu bekämpfen und zusätzliche Steuern einnehmen zu können, so der CDU-Politiker, lasse sich auch die Legalisierung von Heroin begründen. Wobei man über den straffreien Besitz geringer Cannabis-Mengen reden könne.

Vor einem Monat preschte aber noch ein weiterer Unionspolitiker vor: Erwin Rüddel, der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Bundestag. Überraschend tat der CDU-Mann kund, dass er offen sei für die von der FDP vorgeschlagenen Cannabis-Modellprojekte. Zwar gebe es bereits viele Erfahrungen anderer Länder mit der Legalisierung von Cannabis. Sie ließen sich jedoch nicht eins zu eins auf Deutschland übertragen.

Eine Frage etwa sei, ob sich der Drogenkonsum durch Entkriminalisierung erhöhe oder ob sich dadurch nicht womöglich auch manche Drogenkarriere verhindern lasse. Die FDP reagierte hocherfreut und bekräftigte ihre Forderung nach Modellprojekten. Niemand könne schließlich ,,dagegen sein, dass wir klüger werden", so ihr drogenpolitischer Sprecher Wieland Schinnenburg.


Aus: "Kiffen kommt der Koalition nicht in die Tüte" Rainer Woratschka (18.10.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/legalisierung-von-cannabis-kiffen-kommt-der-koalition-nicht-in-die-tuete/23198624.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/legalisierung-von-cannabis-kiffen-kommt-der-koalition-nicht-in-die-tuete/23198624.html)

Quoteschoenfeldp 10:45 Uhr
Ich war bisher gegen die Legalisierung von Cannabis, auch weil ich seit Jahrzehnten nikotinabhängig bin und das für mich als schlimm genug empfinde. Aber..allein die Schadenfreude, wenn Jungs vom Görli sich ein andere Arbeit suchen müssen und zukünftig nicht mehr Scharen von Hipstern und verpeilten Jugendlichen irgendwelches Gras andrehen können, macht mich zum glühenden Verfechter der Legalisierung.


Quotepanicstar 10:54 Uhr
Antwort auf den Beitrag von schoenfeldp 10:45 Uhr

Rauchen ist deutlich schädlicher als kiffen Im Übrigen stehen sie Jungs vom Görli nur dort, weil Leute wie Sie bisher gegen die Legalisierung waren. Ich hoffe Ihre Schadenfreude beinhaltet das Lachen über Ihre eigene Anmaßung.


QuoteiGELig 10:12 Uhr
Ich behaupte nicht, dass Kiffen ungefährlich ist. Genau wie bei anderen Drogen incl. Alkohol gibt es da eine Menge Probleme.

Aber die Verbote haben in der Vergangenheit nichts bewirkt! Im Gegenteil, da man Kanabis legal nicht kaufen kann, blüht der illegale Handel. Ein Besuch im Görli reicht eigentlich als Beweis. Und Dealer achten auch nicht auf den Jugendschutz, Zigaretten sind für Jugendliche schwerer zu beschaffen als Kanabis! ...


QuoteChamster 09:43 Uhr
ich danke dem nicht-süchtigen Teil der Gesellschaft, dass zumindest versucht wird, unsere Kinder vor diesem Dreck zu bewahren. Mit Kiffern braucht man darüber nicht zu diskutieren.


Quotemargin_call 10:05 Uhr
Antwort auf den Beitrag von Chamster 09:43 Uhr

Nach meiner Erfahrung ( Vater von 2 Kindern ) finde Kinder immer einen Weg sich illegales Zeugs zu besorgen.
Deswegen wäre es für das Kindeswohl besser, sie könnten sich ihr Gras legal kaufen als bei dubiosen Dealern in Parks und Bahnhöfen.
Zudem verschwindet da der Reiz des Verbotenen, was auf so manche Kinder eine magische Anziehungskraft ausübt.


QuoteTagtraeumer 08:47 Uhr

Solange Politiker in großen Nachrichtensendungen das Bier ins Bild halten, halte ich sämtliche Aussagen zu Einstiegsdrogen unglaubwürdig.


Quotetca 09:58 Uhr
Antwort auf den Beitrag von Tagtraeumer 08:47 Uhr

Das nennt man Heuchelei.


QuoteSabella 08:38 Uhr
Kaum sind wir seit ein paar Jahren den ekligen Zigarettenqualm in Clubs uns Restaurants los, schon kommt die nächste Idee die Luft legal mit Cannabisdampf zu verpesten.
Ich hoffe das in dieser Frage die Union ausnahmsweise mal Haltung bewahrt und das Zeug verboten bleibt.


QuoteMisterSoGehtsRichtig 09:24 Uhr
Antwort auf den Beitrag von Sabella 08:38 Uhr

Na das ist ja mal eine messerscharfe Analyse.


Quotexberger 07:50 Uhr

Die wirkliche Einstiegsdroge ist der KAFFEE!!! Er war lange verboten. Nun haben wir den Salat und der ist nichtmal veggy!
Selbst in Krankenhäusern wird Kaffee angeboten .... wo sind wir nur hingekommen?


QuoteAl.Dente 10:14 Uhr
Antwort auf den Beitrag von Garzauer 09:14 Uhr

Die wirkliche Einstiegsdroge ist die Muttermilch. Damit fängt es an. Dann Kuhmilch, Cola, Bier, Schnaps... Und da wundern wir uns, dass wir am Ende alle sterben!


Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 08, 2018, 07:33:08 PM
QuoteMS-Bielefeld #22

Ex-Soldat erschießt in Kalifornien mindestens zwölf Menschen

... und Präsident Trump versichert den Hinterbliebenen sein aufrichtiges Mitgefühl und Anteilnahme und verspricht umgehend Abhilfe zu schaffen, in dem er Türsteher, Discjockey's und Barkeeper bewaffnen wird.


QuoteDemvolkedienen #20

Trump wird jetzt erneut sagen...."wären die bewaffnet gewesen".......ich stell mir das lustig vor, ich tanze mit einem hübschen Mädchen, ein Killer kommt rein, ich natürlich geistesanwesend und auf alles vorbereitet, ziehe meine Waffe und erschieße ihn bevor er mich erschließt. Danach tanze ich entspannt weiter. ...


Quoteelfotografo #16

Laut Zahlen des Human Development Index aus dem Jahr 2012 stellten die Amerikaner rund vier Prozent der Weltbevölkerung.
Aber 42 Prozent aller Schusswaffen in Privatbesitz lagerten in amerikanischen Schränken.

In den USA kommen auf eine Million Einwohner 29,7 Morde (mit Schusswaffen).
In der Schweiz waren es 7,7, in Deutschland 1,9.

Quelle: FAZ, 18.2.2018


Quote
Ginger_Collins #16.1

Was ist denn in der Schweiz los?


QuoteMajorDanger #16.2

Soweit Ich mich erinnere schließt dies auch Selbstmorde mit ein.


QuoteKelAdo #16.3

Auch in der Schweiz sind die Waffengesetze relativ liberal und es gibt mehr privaten Waffenbesitz als in Deutschland. Bis auf ganz wenige Ausnahmen gilt weltweit der Grundsatz : Je mehr Schusswaffen, desto mehr Tote durch Schusswaffen (Mord und Selbstmord).


QuoteDD84-2 #16.4

Richtig in der Statistik der Waffentoten der Schweiz sind Suizide mit drin. Wenn ich mich richtig erinnere eine unglaublich hohe Zahl, so 80-90% aller Schusswaffentoten.


QuoteHugo Henner #4

Wenn das so weitergeht, wird derartiges in den USA bald zum Alltag. ...


Quotesi-ar #4.2

2017 gab es insgesamt 345 mass shootings. Anhand dieser Zahl, würde ich es als alltäglich bezeichnen.


QuoteCryptocurrency #3.12

... Die meisten Leute hier waren nie in den Staaten, kennen die Kultur nicht, kennen das Land nicht, kennen die Menschen nicht, aber wissen natürlich alles besser. Typisch Deutsch halt, alle so wie wir bitte, alles Andere ist falsch. Wie weit wir damit kommen sieht man ja immer wieder. Es gibt in den Staaten übrigens auch Wildtiere, Bären, Pumas, und co. da können Sie auch 10 Hunde halten, die haben keine Chance.

Waffen sind in einigen Teilen der Staaten unverzichtbar, ob der Deutsche Sofaexperte das verstehen möchte oder nicht.


QuoteKarasing Gargir #3.14 

> Die meisten Leute hier waren nie in den Staaten, kennen die Kultur nicht, kennen das Land nicht, kennen die Menschen nicht, aber wissen natürlich alles besser.

Ich war dort, habe dort gearbeitet, habe Verwandschaft und Freunde dort und kenne also die Menschen.
Seit den mass-shootings der letzten Jahre geht die Zustimmung zu Waffen in der breiten Bevölkerung deutlich zurück. Die Leute fühlen sich auch angesichts der offen getragenen Waffen, wie es in manchen Bundesstaaten erlaubt ist, immer unsicherer. In manchen Gegenden werden Kinder mit schusssicherer Kleidung zur Schule geschickt. In Florida war ich in einem Computershop, da wurde ich am Eingang sehr genau nach Waffen untersucht (mit Abtasten, Beine spreizen usw., wie im Krimi bei den Verbrechern) und im Laden selbst saßen auf hohen Gestellen, ähnlich den Schiedsrichterstühlen beim Tennis, Männer mit entsicherten Waffen und kontrollierten den Laden von oben.
Ein entspanntes Shoppen will sich da nicht so recht einstellen.
Solche Verhältnisse möchte ich in Deutschland auf keine Fall haben.


QuoteRicochet #3.7

Konservative Hardliner verteidigen legale Schusswaffen für den Privatgebrauch häufig mit der Wirkungslosigkeit von Verboten.
Bei der Legalisierung von Drogen sehen sie allerdings das Abendland untergehen, wenn es keine Verbote mehr gibt. ...


Quotecontradore #3.8

"Bitte verzichten Sie auf polemische Behauptungen "

äußerst schwierig auf polemik zu verzichten - angesichts der ständigen behauptungen trumps, noch mehr waffen würden solche amokläufe verhindern.


Kommentar zu: "Ex-Soldat erschießt in Kalifornien mindestens zwölf Menschen" (8. November 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-11/thousand-oaks-kalifornien-schuesse-schiesserei-bar-tote?cid=22850484#cid-22850484 (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-11/thousand-oaks-kalifornien-schuesse-schiesserei-bar-tote?cid=22850484#cid-22850484)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 08, 2018, 08:04:30 PM
Quote[...] Ofir: Neulich habe ich etwas sehr Deutsches gemacht: Ich habe jemanden darauf hingewiesen, dass er etwas Verbotenes tut. Ich war in einer Berliner Bar, in der ein Typ andauernd Fotos gemacht hat. Dabei hingen überall diese Verbotssymbole. Ich habe ihm dann gesagt, dass er das Fotografieren lieber lassen sollte, weil die Betreiber da streng sind. Da dachte ich: Jetzt lebe ich wirklich in Deutschland.


Aus: ""Ich bekam das Gefühl, als Jüdin nicht normal zu sein"" (8. November 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/campus/2018-10/antisemitismus-juden-deutschland-berlin-israel-traditionen-herkunft (https://www.zeit.de/campus/2018-10/antisemitismus-juden-deutschland-berlin-israel-traditionen-herkunft)

Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 14, 2018, 01:41:21 PM
Quote[..] Neumünster - Ein 34-Jähriger ist am Dienstagabend gegen 20.15 Uhr in Neumünster festgenommen worden, nachdem er seine Nachbarn in einem Mehrfamilienhaus in der Christianstraße mit einer Schreckschusspistole bedroht hatte. Dem vorausgegangen waren Streitigkeiten.

Ein 34-jähriger Hausbewohner hörte lautstark Musik und wurde von seinen Nachbarn angesprochen, die Lautstärke zu reduzieren. Daraufhin zog der Mann eine, wie sich später herausstellte, Schreckschusspistole aus dem Hosenbund. Er lud diese durch, richtete sie auf einen der Mieter und forderte sie auf zu verschwinden. Danach schloss er seine Wohnungstür wieder.

... In seiner Wohnung wurde die Schreckschusspistole aufgefunden und beschlagnahmt. Er selbst machte zur Sache keine Angaben.

Der Mann stand erheblich unter Alkoholeinfluss und wurde bis zum Mittwochmorgen im Polizeigewahrsam untergebracht. Da er sich diesen Maßnahmen widersetzen wollte, wird gegen ihn nun außer wegen Beleidigung und Bedrohung auch noch wegen Widerstand gegen und Tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte ermittelt. Ein entsprechendes Strafverfahren wurde eingeleitet.


Aus: "Mieter bedroht Nachbarn mit Pistole" (14.11.2018)
Quelle: http://www.kn-online.de/Lokales/Neumuenster/Polizeieinsatz-Ruhestoerung-in-Neumuenster-Strafverfahren-eingeleitet (http://www.kn-online.de/Lokales/Neumuenster/Polizeieinsatz-Ruhestoerung-in-Neumuenster-Strafverfahren-eingeleitet)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 16, 2018, 03:33:33 PM
Quote[...] Was, wenn alle nur noch Minderheit sein wollen? Tristan Garcias Buch "Wir" bilanziert 200 Jahre Politik und zeigt, warum Geschlecht und Herkunft bloß Strategien sind.

Im Mittelpunkt von Wir steht die Frage, wer dieses "Wir" eigentlich sein soll. Die nervige Frage der Identität (ersetzbar durch "Heimat", "Leitkultur", "Mehrheitsgesellschaft" oder "Integration") wird von Garcia nicht einfach beantwortet, sondern auf ihre Voraussetzungen geprüft. Alle wesentlichen Protagonisten haben in diesem Buch ihren Auftritt: die Linken, die gemerkt haben, dass sie die Sache mit der Identität nicht länger den Rechten überlassen können; die Rechten, die begriffen haben, dass ihre Begründung der Identität mit Vaterland, Arbeitskraft und Kernfamilie inzwischen nicht mal mehr den Lebensrealitäten der eigenen Wähler entspricht.

... Zwischen Männern und Frauen, Armen und Reichen, Alten und Jungen, Schwarzen und Weißen, Cholerikern und Melancholikern gibt es zweifellos erkennbare Unterschiede. Sie sind aber weder natürlich noch absolut gesetzt, sondern entsprechen einer Einteilung, die von Menschen, oft mit großem wissenschaftlichen Aufwand, erstellt wurde. Dahinter steckt nicht einfach ein vulgärer soziologischer Konstruktivismus, wie Gegner der postmodernen Linken es gerne behauptet haben. Dahinter stecken die gigantischen Beobachtungsapparate der Wissenschaften und der kulturellen Tradition, durch die wir zu wissen glauben, was ein Mensch, was das biologische Alter, was ein Deutscher ist.

Die Grenzgänger zwischen den Kategorien, die Cyborgs und Binationalen, die Klassenwechsler und Transpersonen, die Altklugen und Berufsjugendlichen fordern diese Einteilungen heraus, weil sie zeigen, dass sie überwindbar sind.

... Welche "Bildschicht" des kleinen persönlichen Kollektivs im Vordergrund steht und wie stark dieser Vordergrund die anderen Identitätsschichten überdeckt, hängt immer davon ab, wer mit welcher Absicht auf wen schaut.

... Der politische Kampf von heute basiert überwiegend auf solchen strategischen Absichten und selektiven Wahrnehmungen. Das könnte damit zu tun haben, dass die Entgründung der Kategorien, von der Garcia spricht, inzwischen sehr weit fortgeschritten ist. Keine Identität ist mehr selbstverständlich. Es könnte auch mit der Art zusammenhängen, wie das Internet Kollektive organisiert und sichtbar macht. Nirgendwo ist es leichter, Teil einer Gruppe oder sogar Bewegung zu sein als in den Sozialen Netzwerken. Es gibt allerdings auch kaum einen Ort, an dem weniger klar ist, was aus einer solchen Zugehörigkeit noch folgt.

Zu sehen war das gerade wieder am Hashtag #unten. Da schrieben Menschen von sozialer Benachteiligung, die es insofern nach oben geschafft haben, als sie Zeit und Muße zum Twittern und auf Twitter auch einige Follower haben. Sind sie die Proletarier von heute? Wahrscheinlich nicht. Haben sie mit den Proletariern von heute vielleicht doch etwas gemeinsam? Wahrscheinlich schon.

Niemand geht in einer Identität vollständig auf. Man ist nie ganz und ausschließlich Kind-ehemaliger-Geringverdiener oder Vom-Patriarchat-benachteiligte-Frau. Wahrscheinlich legt man solche Identitätskomponenten aber auch nie ganz ab. Man kann sich in das Meinungsbürgertum hochgearbeitet haben und trotzdem noch das latente Unterlegenheitsgefühl derjenigen in sich tragen, die früher belächelt wurden, weil ihre Eltern sich keinen Urlaub leisten konnten. Folgt aus einer solchen Biografie, dass man heute automatisch die Linkspartei wählt? Wahrscheinlich nicht. Folgt aus ihr, dass man soziale Benachteiligung noch immer für ein wichtiges Thema hält? Wahrscheinlich schon.

...


Aus: "Die Mehrheitsgesellschaft ist vorbei"  Tobias Haberkorn (16. November 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/2018-11/tristan-garcia-wir-sachbuch-buchkritik-kollektive-identitaet/komplettansicht (https://www.zeit.de/kultur/2018-11/tristan-garcia-wir-sachbuch-buchkritik-kollektive-identitaet/komplettansicht)

Quote
Zeitleserwissenmehr #5

"Die Geschichte zeigt, dass Minderheiten ein strategisches Identitätskalkül unbedingt brauchen. "
Identität ist nur eine andere Form der Kundenbindung - egal ob es um Macht, Politik oder Konsumartikel geht.
"Ethnnomarketing" ist eine etablierte Praxis. Kosmetik für Afro-Amerikaner? Haarconditionier für "nordisches Blond"? Bier nach Reinheitsgebot?
Wer eine starke Identität hat zahlt halt gerne mehr für seine identitätsunterstützenden Produkte.

Ist man erst mal Mitglied in einer Identitätsgruppe dann ist man leichte Beute.


...
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 18, 2018, 03:43:01 PM
Quote[...] Bei strahlend blauem Himmel tuckerte das Dampfschiff durchs Wasser, auf den Deichen standen Tausende Menschen, die Kinder winkten fröhlich, die Flügel der Mühlen drehten sich im Wind.

Das niederländische Städtchen Zaandam bot am Wochenende eine Bilderbuch-Kulisse für die traditionelle Ankunft des Nikolauses. Doch längst ist dieses Fest kein unschuldiges Vergnügen mehr. Um den Nikolaus und seine schwarzen Helfer ist ein erbitterter Kampf entbrannt. Die schwarz geschminkten ,,Zwarten Pieten" sind für viele ein rassistisches Symbol.

In diesem Jahr wurde der Nikolaus im rot-weißen Bischofsgewand und mit langem weißen Bart auch von Dutzenden Demonstranten empfangen - sowohl Gegnern von Zwarte Piet (,,Schwarzer Peter") als auch Anhängern. Mehrere Hundert Polizisten waren ausgerückt. Der nationale Nikolaus-Einzug in dem Städtchen im Norden von Amsterdam war besser geschützt als ein Risikospiel der Profi-Fußballliga.

In Zaandam blieb es friedlich. Doch nicht so an anderen Orten im Lande. In Groningen, Eindhoven oder Rotterdam war die Stimmung mehr als grimmig. Es kam zu Rangeleien zwischen Demonstranten und Fußball-Hooligans. Die Polizei nahm mehrere Personen fest.

Der Rassismus-Streit wird jedes Jahr heftiger. Sogar Ministerpräsident Mark Rutte sah sich im Vorfeld gezwungen, das Volk zur Ruhe zu ermahnen. Man solle ,,ruhig, würdig und respektvoll" miteinander umgehen. Es sei schließlich ein Kinderfest.

Nach der Legende kommt Sinterklaas im November mit dem Boot aus Spanien an - mit Pieten und Geschenken. Drei Wochen lang ziehen Sint und seine Helfer nun durchs Land bis zur großen Bescherung am 5. Dezember.

Eigentlich liebt jeder die Pieten - wenn da nicht das Outfit wäre. Sie sind meist rabenschwarz geschminkt und tragen bunte Pumphosen, einen passenden Wams mit Spitzenkragen und ein Käppi mit großer Feder. Vor allem aus Sicht schwarzer Niederländer ist dies purer Rassismus: Schwarze würden als dümmliche oder lustige Knechte dargestellt.

,,Die Figur Zwarte Piet ist Rassismus", sagte einer der führenden Gegner, Jerry Afriyie, von der Aktionsgruppe ,,Kick Out Zwarte Piet". ,,Doch die Leute, die das Fest feiern, sind keine Rassisten." In diesem Jahr protestierte die Gruppe in 18 Städten. ,,Blackface ist kein Kinderfest", schrieben sie auf Transparente. Blackface - damit ist die Maskerade gemeint, wenn sich weiße Darsteller das Gesicht schwarz anmalen.

Für die Mehrheit der Niederländer ist Zwarte Piet eine unschuldige Figur. ,,Es ist ein Kinderfest", sagt die Aktionsgruppe Pro-Zwarte-Piet. Für sie gehört die Figur zur niederländischen Identität wie Tulpen und Käse.

Doch so alt ist die Tradition überhaupt nicht. Der Helfer des Nikolauses wurde erst im 19. Jahrhundert zum Schwarzen. In den Jahrhunderten zuvor trat der Sinterklaas entweder alleine auf oder hatte eine Art ungehobelten Knecht Ruprecht bei sich wie seine übrigen europäischen Kollegen.

Auch in anderen Ländern ist das Blackfacing umstritten. Erst kürzlich war eine US-Moderatorin vom TV-Sender NBC nach einer Kontroverse um Blackface-Kommentare entlassen worden. Megyn Kelly hatte über Halloween-Kostüme gesprochen und dabei gesagt, dass es in ihrer Jugend in Ordnung für weiße Menschen gewesen sei, sich das Gesicht schwarz anzumalen, solange man sich als bestimmte Person verkleidet.

In Deutschland gab es Streit beim Karneval: Der Verein ,,Frechener Negerköpp" aus der Nähe von Köln hat nun nach 40 Jahren seinen Namen geändert. Grund waren zunehmende Anfeindungen. Auch ein Karnevalsverein aus Fulda sah sich Rassismusvorwürfen ausgesetzt, weil Mitglieder Kolonialuniformen trugen oder sich als schwarze Menschen geschminkt hatten. In Frankreich musste sich Star-Fußballer Antoine Griezmann 2017 entschuldigen, weil er geschminkt und mit Afro-Perücke als Basketballspieler posiert hatte.

In den Niederlanden nimmt der Streit an Schärfe zu. Eine radikale Gruppe hatte nun sogar versucht, eine einstweilige Verfügung gegen den Nikolaus zu erwirken.

Doch Richter Antoon Schotman in Haarlem wies die Klage ab. ,,Schwarzer Piet ändert sich bereits", sagte er in seinem ungewöhnlichen Schlusswort und sprach vielen aus der Seele. Für die einen gehe das zu schnell, für die anderen zu langsam. ,,Es ist aber wichtig, dass das Gespräch weiter geführt wird."

Den Kindern sei die Hautfarbe total egal, stellte die Amsterdamerin Merel fest. ,,Meine Kinder sehen das gar nicht. Für sie ist nur das Kostüm wichtig." In Amsterdam wurde Piet bereits abgeschminkt und hat nur noch ein paar braune Flecken im Gesicht. Merels kleiner Sohn Wiebe (7) weiß auch genau, warum das so ist. ,,Das kommt vom Ruß", sagt er. ,,Die Pieten klettern durch die Schornsteine und bringen die Geschenke - ist doch klar."


Aus: "Niederlande streiten erbittert um Nikolaus und ,,Zwarte Piet"" Annette Birschel, dpa (18.11.2018)
Quelle: https://www.donaukurier.de/nachrichten/panorama/Brauchtum-Gesellschaft-Rassismus-Nikolaus-Weihnachten-Zwarte-Piet-Niederlande-Niederlande-streiten-erbittert-um-Nikolaus-und-Zwarte-Piet;art154670,3987952 (https://www.donaukurier.de/nachrichten/panorama/Brauchtum-Gesellschaft-Rassismus-Nikolaus-Weihnachten-Zwarte-Piet-Niederlande-Niederlande-streiten-erbittert-um-Nikolaus-und-Zwarte-Piet;art154670,3987952)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 24, 2018, 07:17:34 PM
Quote[...] Den Körper einsetzen für die Karriere? ... Über Bedeutung und Verlust einer Kulturtechnik. ... Sex ersetzt alles, ist mächtiger als die Macht, wussten Homer, Shakespeare und Philip Roth. Frauen (und Männer) schliefen sich nicht selten nach oben, setzten für berufliche oder private Ziele nicht nur geistiges, sondern auch erotisches Kapital ein. ...


Aus: "Gleichberechtigung im Beruf: Stürzen statt Hochschlafen" Ein Essay von Sarah Pines (21. November 2018)
Quelle: https://www.zeit.de/2018/48/gleichberechtigung-beruf-metoo-frauen-benachteiligung-hochschlafen-unterwerfung (https://www.zeit.de/2018/48/gleichberechtigung-beruf-metoo-frauen-benachteiligung-hochschlafen-unterwerfung)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 27, 2018, 11:28:51 AM
Quote[...] Seyran Ates (55) ist in Istanbul geboren und lebt seit 1969 in Deutschland. Sie ist Autorin, Rechtsanwältin und Frauenrechtlerin. 2017 hat sie die Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Berlin gegründet und ist dafür mit dem Marion-Dönhoff-Preis ausgezeichnet worden. 1984 erschoss ein Mann, der Mitglied der Grauen Wölfe war, eine ihrer Klientinnen und verletzte Ates lebensgefährlich. Am 13. November war sie Hauptrednerin beim FPÖ-Vortragsabend "Der politische Islam und seine Gefahren für Europa". Kurz darauf war sie Gast bei der Konferenz über "Europäische Werte, Herrschaft des Rechts und Sicherheit" vom FPÖ geführten Innenministerium.


...

STANDARD: Für diese Kritik an konservativen Muslimen werden Sie aus einem linken Spektrum und von Feministinnen kritisiert. Was antworten Sie darauf?

Ates: Linken und vor allem Feministinnen attestiere ich, dass sie ihren politischen Verstand abgegeben haben, wenn es um den Islam und die Integration von Migranten geht. Die Gleichberechtigung der Geschlechter, LGBTQ, also die Anerkennung aller legalen sexuellen Orientierungen, und Religionsfreiheit sind die drei Themen, um die ich mich kümmere. Bei diesen Themen kämpfen Feministinnen gegen alle reaktionären Kräfte innerhalb ihres Lagers – also gegen die Rechten, Konservativen oder die katholische Kirche. Da sind sie gnadenlos konsequent. Aber sobald es um diese Themen im Lager der Muslime geht, arbeiten sie mit Organisationen zusammen, die nicht bereit sind, diese Themen anzusprechen. Die Feministinnen fallen uns liberalen und progressiven Muslimen in den Rücken, wenn es um die Gleichberechtigung der Frauen und das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung geht.

... STANDARD: Haben durch das Nichteinfordern der eigenen demokratischen Werte die fundamentalistischen Muslime so einen Aufschwung erfahren?

Ates: Die fundamentalistischen Strömungen sind vom Ausland finanziert. Während wir hier Diskussionen führen, ob das Kopftuch fremd- oder selbstbestimmt ist, agieren die Radikalen im Hintergrund und haben unzählige Bildungseinrichtungen eingerichtet, sodass sogar schon Kindergartenkinder von Kopftüchern betroffen sind. Das ist absurd und hat nichts mit dem Islam zu tun. In keiner Auslegung finden Sie eine Berechtigung für ein Kinderkopftuch. Der fundamentalistische Islam, der hier eingeführt wird über die Muslimbrüder, die Türkei oder Staaten der Arabischen Halbinsel, der ist so unübersehbar. Wir laufen wie Schnecken hinterher und sagen: "Entschuldige bitte, darf ich das kritisieren, dass bei euch Frauen und Männer in der Moschee getrennt sein müssen?"

STANDARD: Sie werden von Personenschützern begleitet. Mit welchen Anfeindungen aus welchem politischen Spektrum haben Sie zu kämpfen? Ates: Ich kämpfe gegen die konservativen Muslime, die keine andere Art der Religionsausübung akzeptieren als die eigene. Und vor allem gegen das Patriarchat. Es ist nicht so, dass mir der "Islamische Staat" oder die Boko Haram gedroht hätten. Die Beschimpfungen oder Presseerklärungen kommen von einfachen Leuten aus den sozialen Medien oder auch aus dem Iran, etwa über das Islamische Zentrum Hamburg, aus der Türkei oder von den Muslimbrüdern. Personenschutz bekomme ich, weil ich mich für Frauen- und Menschenrechte einsetze. Manche reagieren darauf so aggressiv, dass sie bereit wären, mich dafür zu töten.



Aus: "Seyran Ates: "Es gibt ein Versagen der Toleranz bei der Integration"" Stefanie Ruep (27.11.2018)
Quelle: https://derstandard.at/2000092357552/Seyran-Ates-Es-gibt-ein-Versagen-der-Toleranz-bei-der (https://derstandard.at/2000092357552/Seyran-Ates-Es-gibt-ein-Versagen-der-Toleranz-bei-der)

Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 27, 2018, 12:52:26 PM
Quote[...] Die Zahl der Opfer sogenannter Partnerschaftsgewalt oder häuslicher Gewalt stieg zwischen 2013 und 2017 von mehr als 121.000 auf knapp 140.000 Fälle. Besonders schockierend: An jedem zweiten bis dritten Tag wurde im vergangenen Jahr eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet. "Das Problem ist aber definitiv größer als die Zahlen das wiederspiegeln", sagt Dominic Schreiner im DW-Gespräch. Nach Angaben des Pressesprechers der Hilfsorganisation für Kriminalitätsopfer Weißer Ring sind Frauen von häuslicher Gewalt generell mehr bedroht als durch andere Gewaltdelikte wie allgemeine Körperverletzung oder Raub.

Dabei gibt es nach Behörden-Angaben eine hohe Dunkelziffer. Viele Taten kommen gar nicht erst ans Licht. "Maximal 20 Prozent der Betroffenen holen sich überhaupt Hilfe, so dass von weitaus mehr Opfern auszugehen ist", erläutert Schreiner. Die Justizministerin und ehemalige Familien- und Frauenministerin Katarina Barley erklärte im Ersten Deutschen Fernsehen, dies läge daran, dass Gewalt gegen Frauen immer noch sehr Scham besetzt sei, "dass den Frauen oft eingeredet wird, sie seien selbst schuld an diesem Zustand."...

... Wenn Frauen Gewalt erfahren, können Sie sich an Organisationen wie den Weißen Ring oder das Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" vom Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben wenden. Das Hilfetelefon bietet ihnen eine erste Unterstützung: rund um die Uhr, anonym, in 17 Sprachen. Die Anruferinnen kommen aus allen Bildungs- und Einkommensschichten, Nationalitäten und Religionen. "Uns erreichen Frauen jeden Alters, uns kontaktieren Frauen mit und ohne Migrationshintergrund", sagt Petra Söchting, die Leiterin der telefonischen Hilfe. "Es bildet sich genau das Phänomen ab, was wir auch überall anders sehen: Gewalt gegen Frauen kann jede Frau betreffen."

Allein im letzten Jahr verzeichnete ihre Organisation 38.000 Beratungs-Anfragen. In 60 Prozent der Anrufe ging es um häusliche Gewalt. Darunter gebe es immer wieder Fälle, "die auch für die Beraterinnen besonders sind. Die ihnen noch länger nachgehen." Seit Jahren nehmen die Anrufe zu. Söchting begründet das im Gespräch mit der Deutschen Welle mit der wachsenden Bekanntheit ihrer Organisation und Kampagnen wie der Me-Too-Debatte, die geholfen hätten, "das Thema Gewalt gegen Frauen in die Öffentlichkeit zu bringen und es zu enttabuisieren." Solche Kampagnen zeigten, wie alltäglich Gewalt gegen Frauen sei. "Ich denke, dass es Betroffenen dadurch leichter fällt, sich zu melden."

Einig sind sich die Experten weitgehend, dass man zum Schutz von Frauen noch an einigen Stellschrauben drehen kann. Immerhin seien aber in den letzten Jahren einige Verbesserungen im Strafrecht erreicht worden, erklärte Justizministerin Barley. "Man kann sich kaum noch vorstellen: Bis vor gut 20 Jahren war Vergewaltigung in der Ehe nicht strafbar. Wir haben jetzt den Grundsatz 'Nein heißt Nein' eingeführt beim Sexualstrafrecht." Allerdings dürfe man es Frauen im Verfahren nicht so schwer machen. "Wir wissen, dass viele Frauen nicht anzeigen, weil sie so oft aussagen müssen." Dies sei ein quälender Prozess. Barleys Vorschlag: Eine einmalige Videovernehmung, die man immer wieder verwerten kann.

Als eine weitere zentrale Stellschraube gelten die in Deutschland tradierten Geschlechterrollen. "Dieses hohe Ausmaß von Gewalt gegen Frauen, das wir hier zu verzeichnen haben, ist ein Ausdruck davon, dass es nach wie vor eine Ungleichheit zwischen Männern und Frauen gibt", sagt Petra Söchting. Man habe es bisher nicht geschafft, dass Frauen gleichberechtigt an allen gesellschaftlichen Belangen Teil hätten.

Dominic Schreiner von der Hilfsorganisation Weißer Ring spricht sogar von einer gesellschaftlichen Prägung, "die dem Mann nach wie vor eine Art Herrscherrolle in den eigenen vier Wänden zuschreibt." Dies begünstige die Gefahr, dass er seine Macht unter Umständen mit Gewalt ausübe. Also Deutschland ein Macholand? Schreiners entlarvende Bewertung: "Vielleicht ist Deutschland überhaut nicht so modern was Rollenverständnis und tradierte Rollenklischees betrifft."


Aus: "Gewalt gegen Frauen: Zuhause droht die Gefahr" Autor Ralf Bosen (25.11.2018)
Quelle: https://www.dw.com/de/gewalt-gegen-frauen-zuhause-droht-die-gefahr/a-46408768 (https://www.dw.com/de/gewalt-gegen-frauen-zuhause-droht-die-gefahr/a-46408768)

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Quote[....]  Gerade hat die Familienministerin die Zahlen häuslicher Gewalt als "schockierend" bezeichnet: Fast 140.000 Opfer sind im vergangenen Jahr von der Polizei registriert geworden, 82 Prozent davon Frauen. 147 von ihnen haben nicht überlebt - im Schnitt alle zweieinhalb Tage stirbt eine Frau durch einen gewalttätigen Ehemann, Lebensgefährten oder Ex-Partner.

Die Dunkelziffer betroffener Frauen ist hoch: Jede vierte erlebt mindestens einmal im Leben körperliche oder sexualisierte Gewalt durch den Partner - das hat eine Studie im Auftrag des Familienministeriums schon 2004 belegt. Ebenso wie die Tatsache, dass häusliche Gewalt in allen Schichten, Alters- und Bevölkerungsgruppen vorkommt. Ja, die jüngsten Zahlen sind schockierend - aber kein bisschen neu.

... Und, ja, in die Frauenhäuser flüchten überdurchschnittlich viele Betroffene mit Migrationshintergrund. Warum? Unter anderem, weil sie weniger Einkommen haben und weniger unterstützende Netzwerke.

Und, ja, Frauen mit Migrationshintergrund erleiden öfter Partnergewalt - statt jede vierte ist es rund jede dritte Frau. Auch das belegt die Studie des Familienministeriums. Liegt es an der ethnischen Herkunft, gar am Islam? Vergewaltigt ein Mann aus Aachen eine Frau, weil er ein Arschloch ist - ein Mann aus Aleppo aber, weil er Muslim ist?

... Männer teilen Tritte, Schläge, Demütigungen eher aus, wenn sie arbeitslos sind, wenn das Geld vorne und hinten nicht reicht, wenn die Wohnung klein ist und die Zukunftsaussichten mäßig sind. Unter solchen Bedingungen leben Einwanderer öfter als die Durchschnittsbevölkerung. Das entschuldigt die Täter nicht - niemals! Aber es erklärt, dass die Gründe keine kulturellen sind. Fakt ist: Patriarchale Gewalt gibt es überall - und bei gleichen Lebensbedingungen kommt sie etwa gleich oft vor.

... Und die "Ehrenmorde"? Sind schwerwiegende Verbrechen. Aber extrem selten, wie eine Studie des Max-Planck-Instituts zeigt: Sie verzeichnet pro Jahr etwa zwölf solche Tötungen, die aus Gründen der "Ehre" oder schlicht aus Eifersucht oder Rache begangen werden - von insgesamt 700 Tötungsdelikten pro Jahr in Deutschland.

Fakten, die unsere Medien ignorieren: Denn wenn ein Türke in Deutschland seine Frau umbringt, heißt die fette Schlagzeile "Ehrenmord". Ist der Täter Deutscher, gibt es (wenn überhaupt) eine kleine Meldung unter der Überschrift "Familiendrama". Statt beides zu nennen, was es ist: häusliche Gewalt. Männergewalt gegen Frauen.

Aber es ist ja so viel bequemer, die Täter als "die anderen" zu definieren, die nicht "zu uns" gehören - statt uns einzugestehen, dass der Gewalttäter auch der nette deutsche Nachbar sein kann, "einer von uns".

...


Aus: "Kommentar: Keine Frage der Kultur" Beate Hinrichs (25.11.2018)
Quelle: https://www.dw.com/de/kommentar-gewalt-gegen-frauen-keine-frage-der-kultur/a-46418952 (https://www.dw.com/de/kommentar-gewalt-gegen-frauen-keine-frage-der-kultur/a-46418952)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 04, 2019, 01:53:13 PM
Quote[...] Die deutsche Kolonialgeschichte muss heute auch als Fantasiegeschichte des Kolonialen beschrieben werden. Warum? Das Wissen der Kolonisatoren war aus einem Mix an Überlieferungen und neuen Erkenntnissen zusammengesetzt. Sie besaßen ein Eigenleben und spielten bei der Konfrontation zwischen ,,Eigenem" und ,,Fremdem" jeweils eine entscheidende Rolle. Denn Vorwissen, das von vornherein kulturell und emotional hoch codiert war – etwa die Vorstellungen von ,,edlen Wilden" oder spiegelbildlich von ,,gefährlichen Kannibalen" –, wurde mit den vermeintlichen Realitäten in den Kolonien fortlaufend abgeglichen. Dabei wurden tatsächliche oder ,,gefühlte" Abweichungen in neue Bilder übersetzt.

Deutschland erlebte zwischen den 1880er-Jahren und dem Ersten Weltkrieg eine Phase aktiver Kolonialpolitik. Sie war länger, als man gemeinhin glaubt, jedoch kürzer als die vieler kolonialer Konkurrenznationen. Als ,,Weltaneignung" hat die Kolonialisierung jedoch eine lange vor- und außerstaatliche Geschichte. Sie reicht von der Sammlung von Wissen über die Erforschung, die Benennung und die Kartierung bis zu dem, was man mit ,,Erschließung" umschrieben hat, also die überwiegend ökonomische Nutzbarmachung fremder Gebiete.

Der Wettlauf um die Erforschung der letzten weißen Flecken auf den Landkarten war im 19. Jahrhundert mit dem Ehrgeiz einer Totalerfassung der ,,Welt" verknüpft. Dieser Begriff wurde insbesondere in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts für viele Deutsche zu einem zentralen Referenzpunkt. Die imperialistisch Imprägnierten wollten deutsche ,,Weltpolitik" betreiben und musterten infolgedessen alles auf einer globalen Ebene ab, um für Deutschland einen ,,Platz an der Sonne" zu fordern.

Politisch relevant wurde dies erst, als sich das Wissen mit konkreten Handels- und Machtinteressen verband und die koloniale Agitation über Vereine und Organisationen begann, bestimmenden Einfluss auf die Politik des jungen Deutschen Kaiserreiches zu nehmen. Hieraus entwickelte sich eine ,,imperialistische Imagination", die nicht immer mit Fantasien der Unterwerfung einhergehen musste, sondern ein breites Spektrum an Antrieben und Motivationen umfasste: originäre Neugier gegenüber dem Unbekannten, eine Faszination für das Neue und das ,,Exotische", bisweilen auch für das Erotische. Einige der von Fernweh Geplagten sprachen sogar von einer ,,Tropensehnsucht".

Zur imperialistischen Grundüberzeugung gehörte es aber auch, zwischen höher- und minderwertigen, stärker oder weniger entwickelten, fortschrittlichen und rückschrittlichen Völkern zu unterscheiden. Das dichotomische Denken des christlichen Abendlandes prägte den Denkstil des modernen Imperialismus grundlegend, nur dass sich der Missionsgedanke im Laufe der Zeit immer stärker von der christlichen Bekehrung ablöste und auf die ,,Segnungen" der westlichen Zivilisation übertrug.

Diejenigen Forscher, die im 19. Jahrhundert unter großer Anteilnahme einer weltweiten Öffentlichkeit Erkundungen ins Landesinnere Afrikas oder Asiens vornahmen, hatten ihrerseits nicht von vornherein zu einem rationalen Verständnis von Land und Leuten beigetragen. Vielmehr waren auch sie Irrtümern und Wahrnehmungsverzerrungen ausgesetzt, weil sie nicht selten ,,im Tropenfieber" reisten und oft auf eine unkontrollierte Weise berichten konnten, die eher den medialen Sensationsgelüsten entgegenkam als einer nüchternen Erkenntnis.

Aus solchen Fantasieräumen in der Ferne entstanden nach und nach populärkulturelle Geschäftsmodelle. Namentlich die Völkerschauen haben hierauf aufgesattelt und die Schaulust eines Publikums befriedigt, das durch Hörensagen neugierig geworden war. Alle populären Bildmedien haben hieran angeknüpft und über exotisierende Darstellungen ein Interesse hervorgerufen, das sich oft oberflächlich als ein dokumentarisches darstellte, meist aber die immer gleichen Stereotypen aufrief. Diese koloniale Bilderwelt war weit über das Ende der deutschen Kolonialzeit, ja sogar weit über 1945 hinaus wirksam.

Es erscheint paradox, aber mit großer Wahrscheinlichkeit hat Deutschland die größte Zahl an Kolonialbegeisterten in genau dem Moment besessen, in dem das offizielle Ende der deutschen Herrschaft über ,,seine" Kolonien besiegelt wurde. 1919 war jedenfalls eine große Empörung gegen diejenigen Bestimmungen des Versailler Vertrags zu mobilisieren, welche die vormals von Deutschen beherrschten Regionen in Übersee betrafen.

Dies führte zu einer Art von ,,Phantomschmerz", vorhandene koloniale Fantasien wurden weiter geschürt, der ,,koloniale Gedanke" in der deutschen Bevölkerung wachgehalten. Dazu wurden weiterhin Völkerschauen veranstaltet, Kolonialausstellungen organisiert, zahlreiche Broschüren und Bücher geschrieben, deren bekanntestes der voluminöse Roman ,,Volk ohne Raum" des vormaligen ,,Deutsch-Südwesters" Hans Grimm war. Dessen Titel missbrauchten die Nationalsozialisten dann als Schlachtruf, um kontinentale Expansionsansprüche in Osteuropa zu begründen.

Die Gewinnung von deutschem ,,Lebensraum" im Osten, also in Polen und dem Gebiet der Sowjetunion, war nach 1933 zunächst eine Minderheitenposition. Doch unter dem Einfluss namhafter Nationalsozialisten, nicht zuletzt Adolf Hitler selbst, geriet der koloniale Revisionismus immer stärker in die politische Defensive. Spätestens 1943 wurden alle kolonialen Planungen regierungsseitig untersagt. Der berühmte Afrika-Feldzug des Generals Erwin Rommel hatte nicht der Wiedergewinnung von Kolonien gegolten, sondern der strategischen Schwächung der alliierten Gegner.

Die Ideologie der Ostexpansion war deutlich radikaler und brutaler als die der Kolonialzeit. Sie nahm auf einheimische Bevölkerungen keine Rücksicht, sondern entledigte sich ihrer in einem vorgeblichen Lebenskampf der Rassen. Was den kaiserzeitlichen Imperialismus stets begleitet hatte, nämlich mehr oder weniger subtile Formen von Angeboten an andere Länder und Regionen, sich von deutscher Kultur und deutschem ,,Wesen" positiv beeinflussen zu lassen, spielte hier keine Rolle mehr.

Die deutschen Ziele der Zwischenkriegs- und der Kriegszeit für eine Ausweitung des ,,Lebensraums" schlugen letztlich in ihr Gegenteil um, sodass Deutschland nach 1945 nicht nur auf den kleinsten Raum seiner nationalen Existenz zusammenschrumpfte, sondern zusätzlich noch geteilt und besetzt wurde.

Die ersten zwei Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg konnte man in Deutschland so tun, als ginge einen die Kolonialzeit nichts (mehr) an. Fixierungen auf das ,,Andere" waren von den Vorgängen jenseits des Eisernen Vorhangs fast vollständig absorbiert. Die Unterstellung von Imperialismus und Kolonialismus erfolgte durch den jeweiligen Gegner im Kalten Krieg, worin erneut viele Fantasien eingewoben waren. Zudem waren in Deutschland nun bestimmte Redeweisen, mit denen man sich zu anderen Völkern in Bezug setzte, diskreditiert. Offen rassistische oder kolonialistische Forderungen zu stellen, war nicht mehr die Situation der Deutschen. Stärker noch als nach dem Ersten Weltkrieg nährten sie vielmehr die Fantasie, nun selbst Objekt von kolonisatorischen Bemühungen von außen zu sein, also ,,amerikanisiert" oder ,,sowjetisiert" zu werden.

Dabei kam Deutschland der frühe Verlust der Kolonien durchaus zugute, denn es galt inzwischen in vielen derjenigen Länder, die einer Dekolonisation zustrebten, als ,,kolonial unbelastet". Nach dem Muster des eigenen Wiederaufbaus und der ökonomischen Integrationspolitik des Marshallplans konnte die Bundesrepublik im Windschatten der Weltpolitik und ausgestattet mit dem Nimbus eines ,,Wirtschaftswunderlandes" in Ländern der ,,Dritten Welt" daher eine erfolgreiche außenwirtschaftliche Angebotspolitik verfolgen.

Dennoch brachte der Versuch, den Kolonialimperialismus durch eine beherzte Entwicklungspolitik zu ersetzen, das Problem neu entstehender Abhängigkeiten nicht aus der Welt. Zu den nachhaltigen Kolonial-Fantasien gehört es bis heute, die Bevölkerungen des ,,Globalen Südens" als grundlegend defizitär und rückständig zu kennzeichnen.

Die Bundesbürger selbst konnten sich durch das Radio, das Fernsehen, die Illustrierten und die Fernreisen nach 1945 der entferntesten Regionen, Völker und Ereignisse bemächtigen. Ferien im Ausland erlaubten nicht nur eine teilnehmende Beobachtung des Anderen, sondern auch eine Aneignung des Exotischen, seinen individuellen Rückimport nach Deutschland sowie eine umfassende Erweiterung der persönlichen Horizonte. Die Deutschen wurden – auch hierbei extrem – bald zu Reiseweltmeistern. Nicht immer ist dabei die Bereitschaft, sich auf das Fremde einzulassen, besonders ausgeprägt: Wie die Eroberer und Kolonisatoren bringen natürlich auch Urlauber ihre Vorstellungen und Voreinstellungen mit. Bisweilen suchen sie auf Reisen gar nicht das Fremde, sondern einen Platz an der Sonne, der Deutschland dennoch möglichst gleicht.

Der Kolonialismus schlich sich spätestens seit dem 19. Jahrhundert in die Wahrnehmungsmuster von ,,Welt" ein, und er prägt unser Denken in Teilen bis in die Gegenwart. Seit einigen Jahren sind immer mehr (post)koloniale Relikte erforscht und aufgedeckt worden, sodass man sich heute ein weitaus umfassenderes Bild davon machen kann, wie stark und in wie vielen Verästelungen sich koloniale Fantasien über lange Zeiträume hinweg niedergeschlagen haben. Der deutsche Kolonialismus wird seit vielen Jahren zu einem überwiegend selbstkritischen bis negativen Bezugspunkt der deutschen und europäischen Geschichte umcodiert. Dabei ist nicht auszuschließen, dass erneut Fantasien und Projektionen eine Rolle spielen.

Der Autor Dirk van Laak ist Professor für deutsche und europäische Geschichte des 19. bis 21. Jahrhunderts an der Universität Leipzig. Sein Artikel beruht auf einem Beitrag zum Sammelband ,,Deutschland Postkolonial? Die Gegenwart der imperialen Vergangenheit" (hrsg. von Marianne Bechhaus-Gerst und Joachim Zeller), der soeben im Berliner Metropol Verlag erschienen ist.


Aus: "Der lange Schatten der Tropensehnsucht" Dirk van Laak (04.01.2019)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/wissen/deutscher-kolonialismus-der-lange-schatten-der-tropensehnsucht/23825568.html (https://www.tagesspiegel.de/wissen/deutscher-kolonialismus-der-lange-schatten-der-tropensehnsucht/23825568.html)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 04, 2019, 02:35:08 PM
Quote[...] Am 2. Januar legte Patrick Bahners in der FAZ nach. Er hatte mit Hans-Joachim Lang gesprochen, ein Experte für die Geschichte der NS-Medizinverbrechen. Laut Lang hatte Menasse auf einem Vortrag in Tübingen im Dezember 2017 erwähnt, dass Hallstein seine Antrittsrede als EWG-Chef in Auschwitz hielt. Lang ließ sich den Band ,,Europäische Reden" Hallsteins aus der Universitätsbibliothek kommen. Dort war sie nicht verzeichnet. Es gibt sie wohl nicht – und sie wäre auch ungewöhnlich gewesen: Hätte der oberste Beamte der EWG seine Antrittsrede ausgerechnet in der Volksrepublik Polen gehalten? Auschwitz als Gründungsmythos der EU passt perfekt in die Argumentation Menasses eines postnationalen Europa, das die Grenzen überwinden muss, um Frieden und Menschenrechte zu sichern.

Am 18. Januar wollte Malu Dreyer (SPD) Menasse in Mainz die Carl-Zuckmayer-Medaille verleihen. Menasse trete ,,für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie" ein, äußerte die rheinland-pfälzische Landeschefin, als sie die Preisverleihung im August bekanntgab. Der Preisträger erhält neben der Medaille auch ein 30-Liter-Fass Nackenheimer Wein, der Lieblingswein Zuckmayers. Die Staatskanzlei will jetzt die Verleihung der Medaille prüfen und das Gespräch mit Menasse suchen. ...


Aus: "Wie der Fall Menasse ins Rollen kam" Martin Reeh (3.1 .2019)
Quelle: https://www.taz.de/Schriftsteller-erfand-Politiker-Zitate/!5560166/ (https://www.taz.de/Schriftsteller-erfand-Politiker-Zitate/!5560166/)

-

Quote[...] Nun also Robert Menasse. Nur wenige Wochen nach Claas Relotius haben liberale Linke und Medien ihren nächsten Fälschungsfall. Der österreichische Schriftsteller hat über Jahre hinweg Zitate des ersten EWG-Kommissionschefs gefälscht, die Menasses Vision der Vereinigten Staaten von Europa besser legtimierten. Sogar eine Antrittsrede von Hallstein in Auschwitz hat Menasse erfunden.

In beiden Fällen haben die Sicherungsmechanismen versagt. Im Fall Relotius musste sein Kollege Juan Moreno auf eigene Faust recherchieren, weil seine Chefs zunächst Relotius und nicht ihm glaubten. Bei Menasse ist das Versagen noch eklatanter: Der Historiker Heinrich August Winkler begründete schon im Oktober 2017 in einem Spiegel-Essay, warum er die Hallstein-Zitate für falsch hielt. Niemand reagierte. Weder Menasse noch seine zeitweilige Co-Autorin Ulrike Guérot, weder der ,,Spiegel" selbst noch andere Medien oder andere Institutionen im Kulturbetrieb.

Menasse hielt weiter Lesungen, schrieb Essays, nahm Ehrungen entgegen, ohne dass er auf die falschen Zitate angesprochen wurde. Weite Teile des linksliberalen Betriebs fühlen sich derzeit im Kulturkampf gegen Rechts – seine Antennen sind darauf gerichtet, rassistische Äußerungen von Provinzverwaltungen aufzuspüren. Fälschungen im eigenen Lager erkennen sie nicht.

Ebenso wie Relotius' hat auch Menasse das Schwarz-Weiß-Denken des Kulturkampfs bedient. Bei Menasse ist es die Position, dass die Nationalstaaten obsolet seien und die Vereinigten Staaten von Europa kommen müssten. Erst das hat den Österreicher in Deutschland richtig bekannt gemacht.

Dabei hat gerade diese sich selbst als pro-europäisch verstehende Position etwas sehr Deutsches: Es ist die Sehnsucht nach absoluten Lösungen statt mühsam Kompromisse auszuhandeln oder sich durchzumogeln. Und es ist zugleich eine Bewältigung der deutschen und österreichischen Geschichte: Weil Deutschland (und Österreich) mit Auschwitz ein einmaliges Verbrechen in der europäischen Geschichte begangen haben, sollen auch alle anderen ihre Nationalstaatlichkeit aufgeben. In Deutschland hat man nur wenig Verständnis dafür, dass Länder, die einmal Opfer der deutschen Geschichte wurden, schon wieder anders denken als man selbst.

Kann man etwas aus dem Fall Menasse lernen? Zumindest soviel: Es tut der liberalen Linken nicht gut, in Schwarz-Weiß-Mustern zu denken. Die fehlende Lust an differenziertem Denken führt auch zum Verlust, offenkundige Fälschungen zu erkennen oder wahrzunehmen. Menasse selbst fühlte sich berufen, Auschwitz für seine politischen Vorstellungen zu instrumentalisieren und Zitate zu erfinden – und dies auch noch als legitimes Mittel zu rechtfertigen. Dabei gewinnt man politisch so nichts: Der FPÖ wird es von jetzt an eine Freude sein, Menasse als Fälscher vorzuführen.


Aus: "Kommentar Journalismus und Fakezitate - Fälschen für Europa" Kommentar von Martin Reeh (3.1.2019)
Quelle: https://www.taz.de/Kommentar-Journalismus-und-Fakezitate/!5562629/ (https://www.taz.de/Kommentar-Journalismus-und-Fakezitate/!5562629/)

Quotenutzer, 12:04

"In Deutschland hat man nur wenig Verständnis dafür, dass Länder, die einmal Opfer der deutschen Geschichte wurden, schon wieder anders denken als man selbst."

schließlich machen wir es nun ja alles richtig....

Ein sehr guter Satz, der den selbstgerechten Blick in Deutschland auf sich selbst auf den Punkt bringt.


Quoteecox lucius, 12:03

"Es tut der liberalen Linken nicht gut, in Schwarz-Weiß-Mustern zu denken. "

Es tut niemandem gut in Schwarz-Weiß-Mustern zu denken.

Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 04, 2019, 03:07:09 PM
Quote...

Moritz Moritz
@Moritzzz_
In der Zwischenzeit erklärt Herbert Kickl, dass Whiskey-Cola ein Kultgetränk der Ultras sei. Dieser Alptraum muss endlich aufhören. #rapidkessel

schütten für leutzsch
@Phil77943462
·
21. Dez.
Whisky cola
🤔
nur ein wahrer okktra trinkt whisky pur !!!

Paul
Paul
@Paul29293557
·
20. Dez.
Antwort an @Moritzzz_
und @ChrBruckner
Acht Colawhisky Acht Bier vor jedem Match san sicher drin

ivo.exe (halal) 🌐
ivo.exe (halal)
🌐
@ivo815
·
20. Dez.
Antwort an @Moritzzz_
und @nona_christine
Was hatte eigentlich sein Mentor der Haider Jörgl intus, Allah hab ihn selig, als er in einer Rechtskurve von Kärnten Richtung Hades driftete?

Heribert Berger
Heribert Berger
@HeribertBerger
·
20. Dez.
Wasser

ivo.exe (halal) 🌐
ivo.exe (halal)
🌐
@ivo815
·
20. Dez.
Feuerwasser...
🔥

KaNoNym
KaNoNym
@KamNoNym
·
20. Dez.
Kann mir jemand von euch 2 die Ahnung von Fussball haben bitte erklären, weshalb es Kickl so enorm darauf anlegt Fans zu kriminalisieren?
Verärgert dieses Verhalten nicht auch den durchschnittlichen FPÖ-Wähler?
Was hat er davon?

Floč Bohin
@floboing
·
20. Dez.
Na immer gegen Leute mit schwacher Lobby, kriminelle Zuwanderer, Tierquäler, Sexualverbrecher, Avantgardekünstler usw

Frank Rauschenberg
@FrankRauschenb3
·
31. Dez.
Antwort an @Moritzzz_
und @ana_nym
Ah, Herr Kickl unterscheidet Verkehrsteilnehmer also nach Whiskey-Cola Trinkern und Schwangeren? In welche Rubrik fällt er denn persönlich?

IchFickeMeineHand
@FickeHand
·
20. Dez.
Antwort an @Moritzzz_
und @zarkojank
Wie aufregend


https://twitter.com/Moritzzz_/status/1075773144357527557 (https://twitter.com/Moritzzz_/status/1075773144357527557)

-

Quotebrutalheim-كريم
@brutalheim
grad haben welche diskutiert ob man elmex morgens oder abends benutzt es ist so deutsch


brotlose kunst
@just_write_it
·
16 Std.
Antwort an @brutalheim
abends
🙃


Hei Hei
@__randoom__
·
15 Std.
next level: elmex Kids geht morgens und abends, aber nur für Milchzähne.


https://twitter.com/brutalheim/status/1080944163825291264 (https://twitter.com/brutalheim/status/1080944163825291264)

...

Quoteredcat hat retweetet
happyfeet

@12happyfeet12
Ich führe grundsätzlich keine Impfdebatten mehr, seit ich Patienten im Alter von 20 und 50 Jahren an Windpocken und Masern habe sterben sehen. Wir können über Wurstsorten oder Handytarife diskutieren, aber definitiv nicht über Impfungen! Da gibt es nichts zu diskutieren!


Voland
@VolandMephisto
·
19 Std.
Antwort an @12happyfeet12
ich mag ungarische Salami

Wasdnedsagsd?!
@ShadowchildN
·
22 Std.
Mehr Leberwurst für mich.

Andreas Kubasik
@AndiWug
·
16 Std.
Antwort an @12happyfeet12
Jeder hat seine Meinung. Pro und Contra. Wie haben die Leute das alles vor dem Impfgeschäft überlebt???

Pfannkuchenprinzessin
@melli_meter
·
22 Std.
Antwort an @12happyfeet12
Ich bin absolut kein Impfgegner & finde es auch schlimm, dennoch kenne ich auch 2 Fälle, da ist das Kind an einer Impfung gestorben und das andere Schwerbehindert. Kann bei solchen Leuten nachvollziehen warum sie dagegen sind. Aber, ja die meisten Impfgegner habe keine Argumente

Roland Frisch
@rofrisch
·
7 Std.
Da sind 2 Fälle, wo Leute trotz Rettungsboot gestorben sind. Trotzdem würde ich im Ernstfall nicht auf nen Platz im Rettungsboot verzichten.

Omnimodo Facturus
@OmniFactu
·
21 Std.
Antwort an @12happyfeet12
und @JensFiege
Mit Paprikalyonern diskutiere ich nicht.

Dirk Rauen
@DirkRauen
·
1 Std.
Antwort an @12happyfeet12
Wie schaffen es Leute mit dieser Argumentation (kenne zwei....) sich tatsächlich als wissenschaftlich zu verkaufen?? Propaganda läuft!

paulii.mnk
@MnkPaulii
·
6 Std.
Antwort an @12happyfeet12
und @mrs_prongs
Wusste gar nicht dass man sich gegen Windpocken impfen lassen kann. Ich dachte immer das hat man als Kind halt einmal und gut ist.

Der Pendler
@ArdbegForever
·
6 Std.
Antwort an @12happyfeet12
und @perlenmarmelade
Das ist so eine Diskussion, die ich mit ner bekannten  zum Thema "Gurt" führen musste. Sie wollte sich nie anschnallen, weil ein Bekannter überlebt hätte, wenn er bei einem speziellen Unfall nicht angeschnallt gewesen wäre.

Prokrastinateur
@Prokrastinateu1
·
4 Std.
Antwort an @12happyfeet12
Wow, starkes Statement!
Und jetzt bitte noch ein Beitrag zum Thema #Homöopathie

🎃👻🦇🦇Störsender 🦇🦇👻🎃
Störsender
@KatiPierson
·
5 Std.
Antwort an @12happyfeet12
Wurst grundsätzlich nur aus ganzen Fleischstücke wie Schinken, kein durchgedrehtes Zeug. Wenn das rauskommt, was da reinkommt, dann kommen die Wursthersteller irgendwo rein, wo sie nie wieder rauskommen.
😉

Christian Steifen
@ChristianBloomy
·
20 Std.
Können wir dann nicht erstmal über ein Rauchverbot debattieren? ;)

o. timmermann
@oti28908737
·
4 Std.
Antwort an @12happyfeet12
Impfgegner sind nur gegen Argumente von Impfbefürwortern immun.

Signal77
@Signal77
·
20 Std.
Antwort an @12happyfeet12
Ich bin gegen Impfen. Dennoch sind meine Kinder durchgeimpft. Weil ich das Wohl der Gesellschaft über meine subjektive Meinung stelle.
Und ich steh eher auf Leberwurst. Die feine, im Naturdarm.

Allyouneed
@needfull_
·
22 Std.
Antwort an @12happyfeet12
und @ausserirdischer
Aber Autismus. Und Spätfolgen. Und überhaupt. Impfen ist böse. Besser Globuli....
Sorry. Mit Impfgegnern diskutieren... Jedesmal so

Black Ace
@Bl4ck_4c3
·
22 Std.
Globuli helfen ja auch nur, wenn man sie mit nach links gedrehtem Granderwasser runterspült. Weiss doch jeder.
🤪

Allyouneed
@needfull_
·
22 Std.
Dank Twitter weiß ich sowas.


https://twitter.com/12happyfeet12/status/1080850067156856832 (https://twitter.com/12happyfeet12/status/1080850067156856832)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 06, 2019, 01:03:57 PM
Quote[...] Und wer will bestreiten, dass Menschen Kultur­wesen seien, die in ihre Kultur ,verstrickt' sind, welche sie prägt und sie in viel­fäl­tiger Weise ,,unter­schied­lich" macht? Daran ist nichts auszu­setzen, die Frage ist nur: Welche Geschichte, und welche Kultur? Histo­ri­sches Denken und histo­ri­sche Forschung sind in dem Masse Produkte der Aufklä­ung, wie sie versu­chen, Legenden von angeb­li­chen ,,Ursprüngen" und behaup­tete ,,Tradi­tionen" durch histo­ri­sches Wissen zu ersetzen. Auf dieses kann man sich zwei­fellos beziehen – aber es bietet nicht mehr die tröst­liche Gewiss­heit von Ursprungs­my­then. Dasselbe gilt für die Kultur: Dass diese immer ,,ethnisch" sei, kann mit guten Gründen bestritten werden. Denn Kultur entsteht, wie Gene­ra­tionen von Geis­tes­wis­sen­schaft­lern gezeigt haben, durch Kontakt, Austausch und Über­la­ge­rung mit anderen ,,Kulturen" (die ihrer­seits nichts Stabiles sind) und verän­dert sich dabei ständig. ...


Aus: "Der alte Hass auf die Aufklä­rung. Die Neue Rechte von Arnold Gehlen bis Botho Strauß" Philipp Sarasin (2019)
Quelle: https://geschichtedergegenwart.ch/der-alte-hass-auf-die-aufklaerung-die-neue-rechte-von-arnold-gehlen-bis-botho-strauss/ (https://geschichtedergegenwart.ch/der-alte-hass-auf-die-aufklaerung-die-neue-rechte-von-arnold-gehlen-bis-botho-strauss/)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 12, 2019, 02:35:25 PM
QuoteARTE gefällt das

Nico

@ncolnz
Ich liebe arte.

Tweet zitieren
ARTE
@ARTEde
Für jeden Menschen, der heute (nachweislich!) anstelle von @RTLde ARTE einschaltet, zeigen wir dieses Jahr einen schlüpfrigen französischen "Autorenfilm" aus den 60ern
😏

#IBES #Dschungelcamp


Quelle: https://twitter.com/ncolnz/status/1083838943802609665 (https://twitter.com/ncolnz/status/1083838943802609665)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 16, 2019, 07:42:42 PM
QuoteClaudiaZettel
@ClaudiaZettel
Gillette weist in einem Spot auf Sexismus hin und wird von rechts geshitstormt. Es ist alles wie immer

Gillette erntet rechten Shitstorm für ,,Angriff auf die Männlichkeit"
Gillette wird von rechten Medien und sogenannten Vertretern von Männerrechten hart für eine neue Kampagne attackiert.

https://futurezone.at/digital-life/gillette-erntet-rechten-shitstorm-fuer-angriff-auf-die-maennlichkeit/400378775 (https://futurezone.at/digital-life/gillette-erntet-rechten-shitstorm-fuer-angriff-auf-die-maennlichkeit/400378775)


https://twitter.com/ClaudiaZettel/status/1085232394087645184 (https://twitter.com/ClaudiaZettel/status/1085232394087645184)

-

Quote[...] Der Rasiererhersteller Gillette hat eine neue Kampagne gestartet, mit der Sexismus im Alltag und ein falsches Verständnis von Männlichkeit angesprochen wird. Der klassische Gillette-Slogan ,,The best a man can get" (das Beste, was ein Mann bekommen kann) wird dafür in ,,the best men can be" (das beste was Männer sein können) umgewandelt.

In dem Video ist zu sehen, wie Sexismus im Büro zum Alltag gehört und über mehrere Jahrzehnte hinweg in Filmen und TV-Serien verharmlost und zur Lachnummer gemacht wurde. Mobbing und #MeToo wird ebenso angesprochen, wie die stereotypische Aussage, die bei unartigen Buben oftmals zu hören ist: ,,Jungs sind nun mal Jungs." In dem Video wird aufgefordert mehr als dieses Klischee zu sein und aktiv gegen Sexismus, Mobbing und dieses veraltete Bild von Männlichkeit vorzugehen.

Die Reaktion auf die Kampagne fällt erwartungsgemäß heftig aus. Auf YouTube hat das Video über 300.000 Dislikes, bei nur 60.000 Likes. In den sozialen Medien verkünden viele User nie wieder Gillette-Produkte kaufen zu wollen – meist in Kombination mit diversen Beleidigungen und Parolen, die man auch von sogenannten Verfechtern für Männerrechte immer wieder hört.

Das rechtspopulistische Magazin The New American wirft Gillette vor, viele falsche Annahmen zu reflektieren. Die Männer seien das wildere Geschlecht, weshalb sie gefährlicher aber auch dynamischer seien. Auch Prominente schließen sich dem Shitstorm gegen Gillette an. Der Schauspieler James Woods wirft Gillette vor, auf den ,,Männer sind schrecklich"-Zug aufgesprungen zu sein.

Andere versuchen die Kampagne herunterzuspielen. So fragt etwa ein User, wie sich wohl die Männer fühlen würden, die die Strände der Normandie gestürmt haben, um die Welt vom puren Bösen zu befreien, wenn sie das Video sehen. Viele sprechen auch von einem ,,globalen Angriff auf die Männlichkeit" und dass Gillette alle Männer zu potenzielle Vergewaltigern erklärt.


Aus: "Gillette erntet rechten Shitstorm für ,,Angriff auf die Männlichkeit"" (15.01.2019)
Quelle: https://futurezone.at/digital-life/gillette-erntet-rechten-shitstorm-fuer-angriff-auf-die-maennlichkeit/400378775 (https://futurezone.at/digital-life/gillette-erntet-rechten-shitstorm-fuer-angriff-auf-die-maennlichkeit/400378775)

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We Believe: The Best Men Can Be | Gillette (Short Film)
Bullying. Harassment. Is this the best a man can get? It's only by challenging ourselves to do more, that we can get closer to our best. To say the right thing, to act the right way. We are taking action at http://www.thebestmencanbe.org. Join us.
https://youtu.be/koPmuEyP3a0 (https://youtu.be/koPmuEyP3a0)

194.257 Kommentare (Stand: 16.01.2019)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 18, 2019, 12:23:08 PM
Quote[...] Als Reservat seiner Verfechter diente die ,,ZDF-Hitparade", in der nur deutsch singende Sänger auftreten durften. Dass sie sich als Bollwerk gegen ,,Überfremdung" verstand, als der Siegeszug des angloamerikanischen Pops nicht mehr aufzuhalten war, lag an ihrem ersten Moderator Dieter Thomas Heck. Dieser hatte zuvor seine Brötchen als Autoverkäufer, Radiomoderator und (wenig erfolgreicher) Sänger verdient, ehe das ZDF und Regisseur Truck Branss ihn als Promoter und Retter deutschsprachigen Liedguts einsetzten. Interpreten wie Chris Roberts, Lena Valaitis, Jürgen Marcus, Mary Roos, Paola, Heino, Tony Marshall oder Howard Carpendale bevölkerten fortan das Berliner Studio, brauchten die Auftritte auch, um ihre Karrieren voranzubringen.

Heck, der aus seinen konservativen Anschauungen nie einen Hehl machte, avancierte zum engagiertesten Fürsprecher des Schlagers. Er wurde zum Sprachrohr jener, die eine sich überlegen fühlende Medienwelt als naive Heile-Welt-Liebhaber abtat und die ein englisch gesungenes ,,My Baby Baby Balla Balla" nicht automatisch für klüger als ein deutsch gesungenes ,,Der Junge mit der Mundharmonika" hielten. Die schweigende Minderheit, die wohl immer eine Mehrheit war, liebte Heck und hatte in ihm ein eloquentes Sprachrohr gefunden. ...


Aus: "Wir lassen uns das Singen nicht verbieten" Rainer Moritz (17.01.2019)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/start-der-zdf-hitparade-1969-wir-lassen-uns-das-singen-nicht-verbieten/23879898.html (https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/start-der-zdf-hitparade-1969-wir-lassen-uns-das-singen-nicht-verbieten/23879898.html)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 25, 2019, 04:15:32 PM
Quote[...] James D. Hunter schrieb schon lange vor Donald Trumps Präsidentschaft vom Kulturkampf in der US-Gesellschaft

Die Gesellschaft ist gespalten, so lautet seit einigen Jahren der immer wiederkehrende Befund von Analysen zur Lage der Welt. Die Rede ist von der Polarisierung zwischen rechtskonservativen und populistischen Weltsichten auf der einen und liberalen Vorstellungen von Demokratie auf der anderen. Unter dem Titel "European Culture Wars?" veranstaltete die Akademie der Wissenschaften (ÖAW) kürzlich ein Expertenforum zu dem Thema. Gast war der US-amerikanische Soziologe James D. Hunter, der mit dem 1992 veröffentlichen Buch Culture Wars: The Struggle to Define America bekannt wurde, in dem er eine Polarisierung in der amerikanischen Politik und Kultur beschrieb.

STANDARD: Sie wurden mit dem Buch "Culture Wars" bekannt, das Bruchlinien in der Gesellschaft beschreibt, und zwar zu einem Zeitpunkt, als noch nicht jeder davon sprach. Wie kam es dazu?

Hunter: Was mich damals beschäftigte, war ein Wandel in der Debatte zwischen Konservativen und Progressiven, zwischen rechts und links. Während des 20. Jahrhunderts diskutierte man in der Gesellschaft hauptsächlich Fragen des Wohlstands: Warum er zum Beispiel nicht gleich verteilt ist? Soziale Fragen standen im Mittelpunkt, die Gesundheitsversorgung zum Beispiel. Aber im letzten Drittel des Jahrhunderts wandelte sich der Diskurs – der Fokus ging von Ökonomie und Politik auf kulturelle Fragen im Zusammenleben über. Die Konservativen unter den Katholiken, Protestanten und jüdischen Bevölkerungsgruppen hatten da mehr miteinander gemeinsam als mit dem progressiven Teil ihrer eigenen religiösen Gemeinschaft. Sie waren einander einig über Geschlecht, Sexualität und Familie. Genauso die progressiven Mitglieder dieser Gemeinden.

STANDARD: War das der ideale Boden für US-Präsident Trump?

Hunter: Seine Wahl hatte mehrere Gründe. Durch die Wirtschaftskrise 2008/2009 kam ein neuer Faktor dazu: Die sozialen Klassen wurden wieder verstärkt spürbar. Die konservativen Kräfte in der US-Bevölkerung haben wenig Zugang zu Bildung, in der Krise blieben sie auf der Strecke und wurden zu den Verlierern. Sie fühlten sich lange vor der Wahl Trumps als Loser. Dann kam der Millionär, der zwar zum Establishment zählte, ihnen aber versprach, dass er ihnen in ihrem Lebenskampf gegen Ungerechtigkeiten helfen würde. Er gab ihrem Hass auf die anderen, die es sich ihrer Ansicht nach gerichtet haben, eine Stimme. Er wurde zu einem Symbol.

STANDARD: Ist er und die Tatsache, dass jemand mit diesem Stil Präsident werden konnte, nicht auch ein Symptom?

Hunter: Das ist er zweifelsohne. Die kulturellen Bedingungen waren ideal für ihn. Hätte es Trump nicht gegeben, man hätte ihn erfinden müssen. Er artikulierte eigentlich nur den Zorn jener, die auf der Verliererstraße waren. Sie wüssten, dass sie "deplorables", Beklagenswerte, waren, lange bevor Hillary Clinton im September 2016 die Hälfte der Trump-Unterstützer als "basket of deplorables" bezeichnete. "Xenophob, homophob, sexistisch und rassistisch" nannte die demokratische Präsidentschaftskandidatin die Wähler ihres politischen Gegners.

STANDARD: Am Ende der Wirtschaftskrise begann die Amtszeit von Barack Obama. Hat seine Administration Fehler gemacht? Hunter: Die Demokraten haben unter seiner Präsidentschaft an Boden verloren. Die Verlierer der Wirtschaftskrise haben sich kaum von ihm angesprochen gefühlt. Dadurch wurde eigentlich klar, dass sich politische Leader abseits des Establishments durchsetzen werden. Man ging ja allgemein davon aus, dass das Duell um die aktuelle US-Präsidentschaft Clinton gegen Jeb Bush heißen würde. Aber der Sohn des verstorbenen Expräsidenten wurde von den extrem rechten Gruppierungen in seiner Partei aus dem Rennen geworfen. Auch Bernie Sanders, eigentlich Sozialist, war ein Symbol für jene, die die Politik der Etablierten nicht mehr mittragen wollten. Er verlor nur gegen Hillary Clinton in den demokratischen Vorwahlen.

STANDARD: Was geschah mit der zuvor besprochenen Kultur im Zusammenleben, dass das passieren konnte? Hunter: Sie war in Unordnung geraten, dadurch wurde die Politik zum Spiegelbild. Politische Gegner wurden zu Feinden. Viele sagen, dass die Gesellschaft hoffnungslos gespalten sei, dass die Aufklärung am Ende sei, weil Fakten angezweifelt würden, weil für viele nicht mehr klar sei, was wahr ist und was nicht. Ich glaube aber, dass es wieder eine Gegenbewegung geben wird. Das begann schon mit Ronald Reagan und George Bush senior. Danach kam Bill Clinton, nach ihm wieder ein Republikaner, Bushs Sohn George W., danach Obama und nun Trump. Immer hat eine Gegenbewegung das Ende der Präsidentschaft begleitet, die Leute hatten auf die aktuelle Administration ihren Hass entwickelt. Wobei ich denke, dass der Hass auf Trumps Führung universeller ist.

STANDARD: Welche Rolle kann die Wissenschaft dabei spielen? Hunter: Das Problem ist: Die Wissenschaften haben nicht die Autorität in der Erklärung der Welt, die ihr die Aufklärung beigemessen hat. Das hat viele Gründe, unter anderem auch den, dass Wissenschafter unter Zeit- und Publikationsdruck Ergebnisse publiziert haben, die man nicht wiederholen konnte. Öffentliche Institutionen haben in den USA insgesamt an öffentlichem Vertrauen verloren, das bezieht sich auch auf den Kongress. Die einzige Institution, die gewonnen hat, ist das Militär. In dieser Stimmung und weil viele Menschen gegenwärtig lieber glauben, was ihnen politische Köpfe sagen, haben es die Zweifler an wissenschaftlicher Evidenz richtig weit gebracht. Aus dieser Situation können wir nur wieder rauskommen, wenn wir sachlich bleiben und faktenorientiert argumentieren. (24.2.2019, Peter Illetschko)

Zur Person: James D. Hunter, Jahrgang 1955, ist Soziologe und Buchautor. Er lehrt an der University of Virginia und ist Gründer und Direktor des Institute for Advanced Studies in Culture.


Aus: "US-Soziologe Hunter: "Trump gab Losern eine Stimme"" Interview Peter Illetschko (25. Februar 2019)
Quelle: https://derstandard.at/2000098459895-629/US-Soziologe-Hunter-Trump-gab-Losern-eine-Stimme (https://derstandard.at/2000098459895-629/US-Soziologe-Hunter-Trump-gab-Losern-eine-Stimme)

Quote
benevolent dictator

So wird das nichts. Wählerbeschimpfung wird nicht zum Ziel führen. Trump ist natürlich ein Idiot, ein gefährlicher Narzisst. Nur wissen auch viele seiner Wähler, dass er nicht das Gelbe vom Ei ist, sie haben ihn halt Clinton vorgezogen.
Die Demokraten sollten sich selbst fragen, was sie besser machen können. Mit dem Finger auf andere zeigen ist zu wenig.


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Filippos Bzahlnixos

Die Arbeiter-Klasser wird jetzt von den Links-Liberalen als "Loser" bezeichnet und wird von den einschlägigen Eliten ständig diffamiert und angegriffen. Dann dann wundert man sich über Wahlergebnisse. ...


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Tellur

Er bezeichnet Trump Wähler als Loser, und beklagt zeitgleich die Spaltung der Gesellschaft.. Schon a bisserl unklug dieser """Experte"""


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harmoniebedürftiger Kampfrhetoriker

Laut Nachwahlanalyse war Trump bei Wählern mit höherem Haushaltseinkommen erfolgreicher als Clinton.
https://en.m.wikipedia.org/wiki/2016_United_States_presidential_election#Voter_demographics (https://en.m.wikipedia.org/wiki/2016_United_States_presidential_election#Voter_demographics)

Also sind längst nicht alle Hillbillys im Trailerpark


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humanökologische Pyramide

Faktenorientiert zu argumentieren kommt leider nicht mehr an. Die Rechte Fraktion spricht nur mehr die Gefühlsebene an. Via digitaler Medien bringen die binnen Sekunden ihren Dreck unter die Leute. Und die Rechten wissen die digitalen Medien wesentlich besser zu nutzen.
Wo das enden wird? Ich möchte es lieber nicht aussprechen. Die Zeichen sind eindeutig.


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Mittelinks liegengelassen

Oh ja. In den nächsten Jahren werden sehr sehr viele Leute durch die Automatisierung zu Losern gemacht werden. Da schlittern wir gerade ebenso konzeptlos hinein wie in die Globalisierung in den 80ern. Beides sind Prozesse, die von der Politik vehement beschleunigt werden, und für die sie nicht die geringsten sozialen Lösungen hat. [ ... Ich sag einmal so: Diese Loser sind jene Leute gewesen, die in den 80ern vom gewerkschaftlich geschützten, gut bezahlten Job in der Produktion zum schlecht bezahlten, unsicheren Dienstleistungsjob wechseln mussten, weil das Kapital und Washington beschlossen, jetzt mal Globalisierung zu machen. ...]


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Aruanda

Genau diese Überheblichkeit - Unterstützer von Trump sind "Loser", primitiv, lächerlich usw - wird für seine Wiederwahl sorgen ....


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sirius buzinez

Obwohl der gute Herr auf dem richtigen Weg ist, checkt er es immer noch nicht. Ich hab' wirklich schon Angst, wieviel ich korrigieren muss, wenn meine Kinder in 15 Jahren die Geschichte der 2010er lernen...

Wie dem auch sei, wenigstens gibt er - zwischen den Zeilen - folgendes zu: Es gibt tastsächlich eine überparteiliche Elite, welche es als ihr gottgegebenes Recht sieht, uns zu regieren und zu entscheiden, was wir dürfen und was nicht. Wer "deplorable" ist, und wer nicht. Welche sich auf der "richtigen" Seite der Geschichte sieht.

Und es gibt einen ganzen Haufen von uns, denen diese neue "softe" Aristokratie suspekt ist, und die nicht einfach leise aufgeben werden.


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woifee 0.0

Und dann wählt man Trump als Teil dieser Aristokratie ins höchste Amt.

Gut durchdacht.


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el pollo diablo


Ganz ehrlich ich interessiere mich nicht viel für Politik aber den überheblichen Linken die meinen das jeder der eine andere Meinung hat dumm ist,ein Loser, oder. das die Stimme weniger wert sein sollte. Den Leuten wünsche ich echt noch einmal 4 weitere Jahre Trump.


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CamshotDave

Eine schöne Blase in der sie da stecken
Tag täglich wird von der rechtskonservativen Seite der gesellschaftliche Konsens sich nicht stündlich zu beschimpfen und den tot zu wünschen ignoriert und ruiniert.
Tag täglich wird von der rechtskonservativen Seite daran gearbeitet die Idee der Aufklärung und der Demokratie zu untermauern und zu diskreditieren.
Tag täglich muss man sich anhören wie die bösen Intellektuellen und Linken das Vaterland verraten weil sie alle Ausländer ins Land geholt haben, eigenhändig natürlich.
Währenddessen werden diese wertefreien, wohlstandverwahrlosten Loser immer weinerlicher, arroganter und wertloser. Ruinieren alles was unsere Großeltern und Eltern nach dem Krieg aufgebaut haben. Aber die "Linken" sind arrogant ... alles klar.


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el pollo diablo

Ich halte weder etwas von den extrem Rechten noch von den extrem Linken, beides gleich peinlich auf seine eigene art und weise.
Auserdem will ich eher darauf eingehen das die meisten Personen die rechts wählen vermutlich dazu zu bringen sind Links zu wählen.
Aber wenn man nie auch nur den Ansatz eines Versuches startet die Probleme dieser Menschen zu verstehen und sie immer nur mit dem "sind e alles idioten" Argument drüberfährt darf man sich halt nicht wundern wenn man Wahlen verliert.
Weil ich glaube nicht das jeder Mensch der Trump gewählt hat ein Idiot ist.


Quote
Klassenbester

Naja, dumm vielleicht nicht zwingend aber trotzig, beleidigt und destruktiv wie ein Volksschulkind in einer verspäteten Trotzphase.
Oder gibt es irgendwelche rationalen Argumente für Trump? Aber das haben Sie in Ihrem Posting eh schon beantwortet.
Dieser Typ Trump Wähler wäre eigentlich ein Fall für den Psychotherapeut.


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Kreisler_1583

Die kapitalistische Gesellschaft produziert zwangsläufig Gescheiterte in großer Zahl; am Ende kann in einem scharfen Wettbewerb nur einer gewinnen. Einerseits tragen die Loser immer noch die Gesellschaft, andererseits werden sie, wie in der Wirtschaftskrise geschehen, gnadenlos über den Tisch gezogen. Im politischen Diskurs fühlen sie Ohnmacht und werden verspottet (Clintons "Deplorables"). Da hilft es wohl, wenn ein Präsident zumindest vorgibt, diese Leute im Fokus zu haben. Das ist natürlich eine Lüge, aber sie wird noch immer geglaubt; man klammert sich an jeden Strohhalm. ...


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echtschlecht

So geht kritik

Die Wähler sind entweder Loser oder von Putin gesteuert.


...
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 25, 2019, 05:02:01 PM
Quote[...] Karin Krichmayr: Österreich ist auf Zuwanderung angewiesen. Dennoch ist ein großer Teil der österreichischen Bevölkerung Migrantinnen und Migranten gegenüber kritisch eingestellt. Sei es die berüchtigte "Ausländerkriminalität", sexuelle Gewalt, die besonders von Migranten ausgehe, oder die Angst, dass Muslime das christliche Abendland überrollen: In der öffentlichen Debatte haben sich eine Menge Botschaften ausgebreitet, die von Stereotypen geprägt sind und sich mitunter als schlicht falsch herausstellen, sobald sie auf ihren Wahrheitsgehalt abgeklopft werden. Der Kulturanthropologe Klaus Schönberger ist überzeugt: Allein auf Fakten zu beharren ist nicht genug, der Mythos braucht einen Gegenmythos. Warum glauben so viele Menschen an Mythen, die sich bei genauerer Betrachtung als unrichtig herausstellen?

Schönberger: Diese Erzählungen und Narrationen, manche nennen sie Mythen, fallen nicht einfach vom Himmel, sondern haben oft eine lange Geschichte. Waren es in der Vergangenheit antisemitische Ressentiments, ist jetzt auch noch der Islam in das Fadenkreuz des Rassismus geraten. Menschen greifen diese Erzählungen nicht auf, weil sie dumm oder ungebildet sind. Sie wissen zum Teil sehr genau, dass diese Behauptungen ins Reich der Fabeln gehören und keinem Faktencheck standhalten können. Oft handelt es sich um eine Verschiebung von Problemen, über die nicht gesprochen werden soll. Insofern haben diese Erzählungen durchaus eine Funktion, einen rationalen Kern.

STANDARD: Was meinen Sie damit?

Schönberger: Menschen haben unterschiedliche Gründe, warum sie an solche Erzählungen glauben möchten. Einer ist, dass sie Teil einer Maschinerie sind, in der sie sich ohnmächtig fühlen. Die Vorstellung, dass da jemand ist, den ich ausgrenzen kann, dem ich sagen kann, er muss sich integrieren, suggeriert mir Handlungsfähigkeit. Das ist ein ganz rationales Interesse, um mich wieder handlungsfähig zu fühlen, indem ich nach unten trete und mich in der sozialen Hierarchie über andere erhebe.

STANDARD: Es geht also in Wahrheit um andere Probleme?

Schönberger: In einer komplexen Welt mit vielen Unsicherheiten, die ja real sind, treffen diese Erzählungen auf einen fruchtbaren Boden. Wer möchte sich schon grundsätzlich damit auseinandersetzen, warum seine Pension unsicher ist, warum private Aktiengesellschaften darüber bestimmen, ob man morgen noch seinen Job hat? In Kombination mit einer gewissen Medienpräsenz dieser Mythen kann man alle Probleme der Welt auf einen bestimmten Bereich fokussieren, in dem Fall auf Zuwanderer. Es ist mehr als die Suche nach einem Sündenbock, sondern eine Verschiebung der eigenen Probleme. Wir müssen allerdings aufhören, von den "berechtigten Ängsten" derjenigen, die andere drangsalieren, zu schwadronieren. Sie haben keine Angst vor Migranten, sie möchten sie herumkommandieren und sie verachten sie.

STANDARD: Üblicherweise erscheint die Migrationsdebatte eher von Ängsten getrieben. Wie lässt sich das erklären?

Schönberger: Es ist aberwitzig, welcher Aufwand betrieben wird, um die Burka zu verhindern, obwohl es nur eine Handvoll Fälle in ganz Österreich gibt. Wenn man aber eine kulturelle Ordnung und Unterordnung haben möchte, dann ist es rational, sich so zu echauffieren. Die Instrumentalisierung der Migrations- und Flüchtlingsfrage ist nichts anders als der Versuch, die gegenwärtige Demokratiekrise und gewisse Verarmungstendenzen zu dethematisieren.

STANDARD: Die Migrationsmythen sind also Teil der politischen Strategie?

Schönberger: Österreich braucht Einwanderung, das ist bekannt. Die Behauptung, dass Migranten Arbeitsplätze wegnehmen und den Sozialstaat gefährden, passt gut zu dem, was die Regierung vorhat, also einen ökonomischen Umbau und den Abbau von sozialen Sicherungssystemen. Diese Instrumentalisierung ist aus Sicht der ÖVP nachvollziehbar. Aus universitärer Perspektive verstehen viele aber nicht, warum der gerade in Migrationsfragen anerkannte Bildungsminister Heinz Faßmann entgegen der wissenschaftlichen Faktenlage Maßnahmen vertritt, die von Hasspredigern zur Regierungslinie erhoben wurden.

STANDARD: Warum ist es so leicht, sich auf Migration zu stürzen?

Schönberger: Es gibt Traditionen dieser Erzählungen, etwa die von der angeblich besonders hohen Kriminalität der "Ausländer". Oder das Beispiel sexuelle Gewalt. Man könnte das als Problem von toxischer Männlichkeit verhandeln. Die meiste Gefahr für Frauen geht von den Männern in den eigenen vier Wänden aus. Das ist also kein Problem der Migration, sondern eines der Männlichkeit. Dazu kommt, dass die Debatte um "Genderismus", die auch von der FPÖ geführt wird, eine Ermutigung ist für Männer, die eine Legitimation für ihren Besitzanspruch über Frauen suchen. Die komplexen sozialen Beziehungen und Machtverhältnisse zwischen den Geschlechtern können nicht von heute auf morgen aufgelöst werden, müssen aber jenseits der Migration angegangen werden, wenn es wirklich ein Interesse gibt an einer demokratischeren und gewaltfreieren Gesellschaft.

STANDARD: Wie kann man gegensteuern? Mit Gegenaufklärung und Fakten?

Schönberger: Man muss auf verschiedenen Ebenen agieren. Bei direkten Auseinandersetzungen muss man mit rationalen Fakten widersprechen. Die nächste Strategie ist die Dethematisierung, also die realen Probleme anzusprechen, die mittels Mythen weggeschoben werden. Und das Dritte ist: Der Mythos braucht einen Gegenmythos. Die Leute werden nicht überzeugt, weil sie die richtigen Fakten haben, sondern es muss ihnen etwas angeboten werden, wo sie ihre Hoffnungen hinprojizieren können.

STANDARD: Was könnte so ein Gegenmythos sein?

Schönberger: Es muss eine attraktivere soziale Praxis sein, von der niemand ausgeschlossen ist. Es geht um einen emanzipatorischen Mythos, in dem Herkunft keine Rolle spielt. Ich denke, man muss beim Klimawandel ansetzen, um die Jungen einzubeziehen. Die Forderung nach einem besseren Leben, besseren Partys und ökologisches Bewusstsein müssen sich nicht ausschließen. Es geht nicht darum, die alten Mythen von Sozialismus, Kommunismus und Anarchismus wieder aufzuwärmen, das ist gegessen. Nicht gegessen sind die damit verbundenen Versprechen von einer gerechteren und freieren Gesellschaft für alle. Die müssen wir anders artikulieren und neu formulieren.

(Karin Krichmayr, 24.2.2019)

Klaus Schönberger ist Professor für Kulturanthropologie am Institut für Kulturanalyse der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt. Er betreibt im STANDARD den Blog "Kulturanalyse des Alltags".


Aus: "Kulturanthropologe: "Es ist rational, nach unten zu treten" InterviewKarin Krichmayr" (24. Februar 2019)
Quelle: https://derstandard.at/2000098441426/Kulturanthropologie-Schoenberger-Es-ist-rational-nach-unten-zu-treten (https://derstandard.at/2000098441426/Kulturanthropologie-Schoenberger-Es-ist-rational-nach-unten-zu-treten)

Quote
Freigeist78

Auch wer Antifaschismus ernst nimmt muss mit gängigen Auslegungen des Islam ein Problem bekommen. Ich kann an diesen kulturrelativistisch verwirrten Ansätzen auch nichts Linkes erkennen.


Quote
Hibiskus

Wieder einer, der glaubt, seine Mitmenschen wüssten nicht, was sie tun, können nicht denken und eine eigene Meinung bilden, strampeln nur (nach unten) und glauben an "Mythen".


Quote
Querschädl

haha
schon wieder so ein "Studierter". Brauchen wir nicht, diese reflektierten Menschen, die statt billigem Populismus wissenschaftlich fundierte Ursachenforschung betreiben.
Wie heißt es so schön im heutigen Einserkastl: "Basti, der Schutzpatron der Unstudierten" wirds schon richten!


Quote
Paul Stanley

Was Mythos ist und was nicht, wird hier ganz schlicht nach Weltanschauung sortiert, Fakten kommen in dem ganzen Gespräch nicht vor.


Quote
Norm MacDonald

Ich möchte Herrn Schönberger gern für das Brett vorm Kopf des Jahres nominieren.


Quote
Lupus C. Cornu

Sie beleidigen Herrn Schönberger! UNFASSBAR - wie kommen Sie dazu???


Quote
k.u.k hofquerflötendepotverwalter

Entspann dich mal a bissi ... Versuch es mit cordhosenbügeln auf dem fliesentisch.


Quote
Little Green Man

recht hat er - er bleibt aber ein rufer in der wüste, wie man hier im forum sehen kann. leute, die nicht bereit sind, sich die situation aus einer anderen perspektive ansehen zu wollen. der beissreflex hier im forum beweist genau die thesen des arktikels.


Quote
Barbarus hic ergo sum ....

der beissreflex hier im forum beweist genau die thesen des arktikels.
GENAU! der beißreflex gegen die katholische kirche beweist, dass sie recht hat!

gell?


Quote
Canonista66

"Nicht gegessen sind die damit verbundenen Versprechen von einer gerechteren und freieren Gesellschaft für alle."

Das ist doch auch wieder nur eine Plattitüde. Was für einen politischen Plan kann man daraus destillieren?
Wenn es um materielle Gerechtigkeit geht, dann wird es immer noch zu akzeptieren sein, dass nicht alle für ihre Arbeit gleich viel bezahlt bekommen. Wenn es um Freiheit geht weiß ich nicht, wo die Unfreiheiten sind.

Zuwanderung ist ein Faktum, meine Großeltern sind aus der Böhmei zugewandert, aber müssen es unbedingt völlig un(aus)gebildete Problembären aus vollkommen fremden Kulturkreisen vom anderen Ende der Welt sein?


Quote
Gigantopithecus Rex

das radfahrer-verhalten:
nach oben buckeln, nach unten treten.

wenn "der Mythos einen Gegenmythos braucht", wie wär es mit diesem:
wenn du nach unten trittst, dann darfst du dich auch nicht beschweren, wenn du von einem 'höheren' getreten wirst!

dieser gegenmythos sollte jedem bekannt sein. JEDE mutter/vater bringt dem kind bei "was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu!"
vielleicht ist es zeit, verstärkt daran zu erinnern, durch die realität.


Quote
Herr und Frau Österreicher

Was hier fehlt, ist die Rolle der Propaganda und Negativberichterstattung. Liest man Klatschblätter, tummelt man sich in den einschlägigen Bubbles (die ja mittlerweile im Mainstream angekommen sind) und hört man der Regierung zu, glaubt man ja wirklich, hinter jeder Ecke lauert ein 'Auslända", der einem nach dem Leben trachtet.


Quote
GWS

"Es ist aberwitzig, welcher Aufwand betrieben wird, um die Burka zu verhindern, obwohl es nur eine Handvoll Fälle in ganz Österreich gibt."

Gilt dieser Satz äquivalent auch, wenn es um die Einführung von Toiletten für Menschen mit "alternativem" Geschlecht geht?

Es gibt übrigens in Ö so +/- 50 Morde im Jahr (heuer womöglich ein bisserl mehr). Bei über 8 Mio. Einwohnern eigentlich vernachlässigbar. Sollen wir deshalb - mit obigem Argument - Mord aus dem StGB streichen und die Mordkommissionen auflösen?


Quote
Korinthenkacker

Ich gebe ihm Recht in dem Punkt, dass die Regierung versucht davon abzulenken, dass sie den Sozialstaat abbaut.


Quote
Achsel-des-Boesen

Wissen Sie, ich habe als Trainerin in einer AMS-Maßnahme für junge Erwachsene ohne Bildungsabschluss gearbeitet
In Wien bedeutet das: Über 80% Muslime.
Einmal habe ich es gewagt, weil in einen Text der Begriff "fossile Brennstoffe" vorkam,den Leuten erklären zu wollen, was eine "Fossilie" ist. Worauf mir ein Teilnehmer sagt: "Das ist eine politische Frage" Ich,völlig konsterniert:"Nein, eine wissenschaftliche". Ein anderer Teilnehmer erklärt mir nun, es stehe nicht im Koran, dass der Mensch vom Affen abstammt, deswegen glaube er das nicht. Und ein anderer meint, alle Wissenschaftler würden lügen und ließen sich dafür gut bezahlen. Die ganze Gruppe hat zugestimmt mit einer Ausnahme.Die Ausnahme war ein junger Afghane, dessen Vater Astronom war.
Das war nur eine von vielen Geschichten, bei denen mir ganz anders wurde.


Quote
gnadevorrecht
... Wer hierzulande als Frau leben muss, weiß auch von den allgegenwärtigen - oft subtilen - sexuellen Angriffen, denen frau ausgesetzt ist. "Zufällige" Blicke von Inländern(!), von denen frau in den Öffis "gestreift" wird, sind zum Beispiel an der Tagesordnung, die jedoch von den Opfern berechtigterweise als stare rape empfunden werden, welcher in Österreich dank einer untätigen Regierung (noch) nicht strafbar ist. Und jetzt sind es - typisch für uns - wieder die Ausländer, die als Sündenböcke herhalten müssen, dabei wird hier - wie oben treffend beschrieben - nur durch xenophobe Kräfte projiziert.


Quote
Pinackel

Sie Schlingelin!
Fast wäre ich Ihnen auf den Leim gegangen.
Knochentrockener Humor, Kompliment!


Quote
Mills

Ist das Satire oder fordern Sie hier ernsthaft dass flüchtige Blicke strafbar sein sollen?


Quote
Dr. Lefotrak

Spätestens wo "Linksliberale" solchen Leuten wie Abdel-Samad, Necla Kelek, Hirsi Ali oder Seyran Ates in den Rücken gefallen sind, um sich bei erzkonservativen Religionsvereinen anzubiedern, habe ich diese politische Ecke für immer wegen akutem Realitätsverlust abgeschrieben. Das war für mich der entgültige mentale Zusammenbruch der linksliberalen Bewegung, und diese ideologischen Sonntagsreden werden mich nicht zurückholen.


Quote

moustérien

Wenn man nur ein bisschen über diese ganzen echauffierten "Rationalitäten" der rechten Trollarmee im Forum drüberliest [1388 Postings/Kommentare, Stand 25.02.201817:00], leuchtet am Ende dieses luziden Interviews auch noch ein dickes fettes Q.E.D auf ...

([Die Wendung quod erat demonstrandum (lat. für ,,was zu beweisen war") bindet das Ergebnis einer logischen oder mathematischen Beweisführung an den vorangestellten Zweck zurück und schließt damit die Beweisführung ab])


...

Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 07, 2019, 09:29:37 AM
Quote[...] In einer Hamburger Kita sind sogenannte Indianer- und Scheichkostüme an Karneval unerwünscht. Nun empören sich viele über eine Verbotskultur, dabei bräuchte es viel mehr Kitas wie diese. Ein Kommentar

Aktuell herrscht Empörung über eine Entscheidung einer Kitas in Hamburg. Sie wünschte sich von den Kindern, nicht im ,,Indianer- oder Scheichkostum" zu erscheinen. Der Grund: Sie würden Stereotype und Vorurteile bedienen. ,,Wir achten im Kitaalltag sehr auf eine kultursensible, diskriminierungsfreie und vorurteilsbewusste Erziehung", schrieb eine Kita vor dem Faschingsfest an die Eltern. Eine Kita möchte Kinder für verschiedene Kulturen sensibilisieren? Ist eigentlich erstrebenswert.

Das finden nicht alle. Viele Medien berichten über ein Verbot oder fragen: ,,Muss man denn auf alles Rücksicht nehmen?" Dabei hat es gar kein Verbot gegeben. Die Kita-Leitung hatte lediglich einen Wunsch geäußert, keine verpflichtende Vorgabe gemacht. In den sozialen Netzwerken halten sich Postende die Waage zischen teils harter Kritik und Lob für die Entscheidung. Selbst Politiker*innen haben nun etwas zu sagen. Die CDU Bundestagsabgeordnete Sylvia Pantel würde etwa ihre Kinder aus der Kita nehmen, weil ihr die Vorstöße der Erzieher*innen zu weit gegangen seien. Grigorios Aggelidis, familienpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, befindet den Wunsch der Kita als weltfremd und absurd.

Wer so denkt, sollte sich zuerst mit dem eigenen privilegierten Weltbild auseinandersetzen. Was ist falsch daran, inklusiv zu sein und nicht durch Stereotype Menschen verletzen zu wollen? Denn Kostüme sind nicht nur harmlose Kostüme, egal warum man sich als Pocahontas, Inuit oder sogenannter Ureinwohner verkleidet. Derartige Kostüme ethnifizieren.

Kostüme anderer Kulturen basieren auf Stereotypen, auf pauschalisierenden Vereinfachungen, und ignorieren damit eine vielleicht problematische Geschichte, die oft mit Enteignung, Kolonialisierung, Versklavung oder sogar Ausrottung einhergeht. Nur weil manche Kulturen zum Glück davon verschont blieben, heißt das noch lange nicht, dass naives Verkleiden angebracht ist. Menschen können sich dadurch gekränkt und reduziert fühlen. Auch wenn man mit einer derartigen Verkleidung nicht unbedingt selbst zu einem rassistischen Menschen wird, sind es trotzdem rassistische Verkleidungen.

Die Empörung um die Entscheidung der Kita teilen übrigens die wirklich Betroffenen nicht, nämlich die Eltern der Kinder. Im Gegenteil: ,,Es haben sich bei der Leitung nur Eltern gemeldet, die das total gut fanden. Die haben sich gefreut, dass dafür eine Sensibilität geschaffen wurde", sagt die pädagogische Geschäftsführerin Franziska Larrá der Deutschen Presse-Agentur. Das ist richtig. Schließlich kann man nicht früh genug damit beginnen, Menschen für andere Kulturen und deren Historie zu sensibilisieren. Die Empörer*innen wurden es offensichtlich nicht.

Selten werden so viele rassistische Klischees bedient wie im Fasching. Der harmlose Wunsch der Hamburger Kita ist daher ein Schritt in die richtige Richtung und hat hoffentlich Vorbildwirkung für andere Kitas und Eltern. Denn wer Bescheid weiß, ist klüger. Fasching macht nämlich noch mehr Spaß, wenn man ihn nicht auf Kosten anderer Kulturen begeht.



Aus: "Warum es richtig ist, schon in der Kita auf Cultural Appropriation aufmerksam zu machen" Philipp Kienzl (06. März 2019)
Quelle: https://ze.tt/warum-es-richtig-ist-schon-in-der-kita-auf-cultural-appropriation-aufmerksam-zu-machen/ (https://ze.tt/warum-es-richtig-ist-schon-in-der-kita-auf-cultural-appropriation-aufmerksam-zu-machen/)

QuoteEberhard Schorr
Als Kind habe ich mich am liebsten als Indianer verkleidet. Ich fand es super, wie sich Indianer lautlos anschleichen konnten, mit Pfeil und Bogen zielgenau schießen konnten und überhaupt ihr Haltung hat mich begeistert. Geliebt habe ich die Lederstrumpf Geschichten, Held war Chingachgook. Und ich war wütend auf die Weißen Siedler und Soldaten, die den Indianern ihr Land wegnahmen.
Aus Solidarität und weil ich sie und ihre Lebensweise so cool fand habe ich mich wie einer angezogen - nicht nur zum Fasching.


QuoteThomas Melber
Wie sieht es dann aus mit Verkleidungen als Cowboy oder Wikinger? Oder Ninja? Hexe geht dann wohl auch nicht ^^


QuotePetr Meyer
Als notorischer Diskriminierungsallergiker weise darauf hin, dass reale Dikriminierung zu bekämpfen schwerer ist als Hineininterpretierte und bei aller Berechtigung der Argumentation, den Teilsatz des Textes ´naives Verkleiden angebracht´, reiße ich aus dem Kontext und mache ihn mir genauso zu Eigen, wie kindliches Verkleiden hier aus seinem eigenen Kontext herausgerissen wurde: Um Kinder nicht zu diskriminieren, muss man ihnen dass Recht zubilligen, sich naiv zu verkleiden. Es wird ja nicht verkleidet, um fröhliches Diskrimineren zu spielen. Es ist das Privileg der Kindheit naiv und ungebildet, unaufgeklärt und unvoreingenommen zu sein. Und ja, Kinder sollen ihre Vorstellungen von Identitätswechselmöglichkeiten ausleben, diese Illusionen werden ihnen ohnehin sehr bald ausgetrieben und sie werden auf ihr reales gesellschaftliches Ich reduziert. Was soll das Geschwätz von ´du kannst alles werden´ wenn sogar zu Karnevall sofort gesellschaftrelevante Einschränkungen hinterher geworfen werden? Kleine Kinder haben meist ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden, Schaden nimmt es nicht durch Kostüme, sondern durchs Leben.


QuoteUwe Wuschick
Vielleicht bin ich ja zu doof dafür, aber ich hab immer noch nicht gecheckt, was am Indianer- oder Scheich-Kostüm diskriminierend sein soll. Es mag ja "ethnisierend" sein, na und ? Sollen am besten alle in den selben Kostümen kommen, damit nur ja keine eventuelle Sensibilität verletzt wird? Werden jetzt die Bayern diskriminiert, wenn das Kind in Lederhosen zum Fasching kommt?


QuoteJürg Wanda
Ich kann nicht einmal sagen das es eine kranke entscheidung ist, Kostümierungen für Kinder zu verbieten! Es ist schrecklich was wir in kurzer Zeit an Kultur alles vernichten! Man lässt Zombis und Blutrünstige maskierungen bei Kinder zu, aber Indianer werden verboten! Ich bin so froh das ich als Kind eine ruhigere und natürlichere Kindheit erleben durfte! Was wird aus uns mit all diesen Verboten und wo soll das enden!


QuoteKingston Spirit
Hintergrundwissen ist mir wichtig, ich studiere die Geschichte und möchte wissen, wie es zu einem bestehenden politischen oder gesellschaftlichen Konflikt gekommen ist.
Aber die Kostüm-Diskussion geht selbst mir zu weit. Klitsches und kulturelle Missverständnisse werden sich in den nächsten Jahrhunderten nicht ausräumen lassen.
Sollen sich die Bayern jetzt beispielsweise diskriminiert fühlen, wenn Australier oder Asiaten in klischeehaften und authentizitätsfremden Trachten beim Oktoberfest erscheinen?
Da finde ich den schießwütigen, Marlboro rauchenden Cowboy verwerflicher als den stolzen Indianer. In jede Verkleidung kann etwas Anstößiges interpretiert werden.


QuoteBeri Kristina
Ich kann nicht nachvollziehen, weshalb es respektlos oder gar rassistisch sein soll, sich als Indianer oder Inuit zu verkleiden. Kinder wollen doch in die Rolle eines Wesens schlüpfem, das sie bewundern. Im Fasching haben sie die Möglichkeit dazu. Es findet eine hohe Identifiaktion statt, auch im Herzen. Problematischer würde ich es finden, wenn sich plötzlich kein Kind mehr als Indianer verkleiden wollte. Und als Scheich? Why not? Gäste der arabischen Emirate bekommen oft selbst eine halbe Scheich-Ausstattung für ein Foto. Natürlich zielt eine Verkleidung auf das Exotische, Fremdländische und ganz sicher auch in Stereotypen, die zumeist durch die klimatischen Bedingungen in den jeweiligen Ländern begründet sind. Ist doch schön, wenn Fasching alles multikulti ist. Außerdem: was sich liebt, das neckt sich. Ich habe weder als Kind noch als Erwachsene Kinderkostüme als abwertend empfunden. Und genau@Uwe Wuschick: würde sich anderswo auf der Welt jemand als Bayer verkleiden - wir wären geschmeichelt! Ein schönes Kompliment.


QuoteAngelina Kitsche Dembek
Geboren Ende 1972.
Zu Karneval als Kind war ich
Indianer(männlich, nicht Pocahontas),
Cowboy(männlich),
Ungarin(die Veruschka, die Veruschka aus Buda-, Budapest).
Niemals hat sich ein amerikanischer Ureinwohner, Nachkomme eines Auswanderers oder Ungar bei meinen Eltern beschwert.
Wie auch?
Ein Kindergarten-Karneval im Norden von Dortmund ist einfach nicht deren Problem(zone).

Das Gleiche bei meinen Jungs.
Wikinger, Dracula, Pirat ...
Kein Nordmann, Siebenbürgener, Freibeuter hat interveniert.
Warum auch?

Statt den Kindern ihre Kostüme madig zu machen, könnten Eltern und Erzieher* doch einfach die Gelegenheit nutzen, altersentsprechend Geschichten über die jeweilige Kultur zu erzählen.
Haben meine Eltern so gemacht, hab ich gemacht.

*-innen und Xe sind mitgemeint.


QuoteMariella Wilcke
Als ich als 10-Jährige mal als inuit ging, waren im Dorf meines Onkels in nordkanada, in dem 95% der bewohner inuit sind, alle, denen er das erzählt oder die Bilder gezeigt hat, stolz darauf und haben sich gefreut, dass sich im fernen fernen Deutschland ein Kind in ihrer traditionellen Tracht verkleidet.
Genau wie viele Bayern sich freuen, wenn menschen auf anderen kontinenten sich mit Lederhose verkleiden.
(Und nein, mein Onkel ist kein böser Kolonialist, sondern Krankenpfleger und selbst Immigrant (mit 20 als einer der so gefürchteten alleinstehenden jungen männlichen immigranten nach kanada eingewandert), der durch ein jobangebot in dem Dorf gelandet ist, und mittlerweile seit über 40 Jahren dort lebt.)
Ja, die Geschichte der inuit beinhaltet viele der im Artikel angesprochenen dunklen Kapitel... vieles davon wird durch Engagement von Menschen, Organisationen, Behörden gemildert und gebessert. Vieles wird noch ewig als Trauma bleiben. Helfen tut z.b. mein Onkel, der -inzwischen in rente- eine traumaklinik aufbaut. Nicht helfen tun kostümverbote.


QuoteHänning Fischä
Ich könnte Gefühlte verletzen, ich glaube ich bleibe heute lieber im Bett.


...

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Quote[....] Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer kann die Empörung über ihren vermeintlichen Fastnachtwitz nicht nachvollziehen. "Manchmal muss man genau hinschauen, bevor man sich künstlich aufregt", sagte Kramp-Karrenbauer auf dem politischen Aschermittwoch ihrer Partei im mecklenburgischen Demmin. Wer sich ihre Rede vor dem Stockacher Narrengericht in voller Länge angehört habe, verstehe, dass sie keinen Witz auf Kosten von Intersexuellen gemacht habe. Sie habe vielmehr versucht, sich gegen den Vorwurf zu verteidigen, eine "Emanze" zu sein. "Es ging um die Klage von Machos, um das Verhältnis von Mann und Frau."

Grünenchef Robert Habeck hatte die Saarländerin auf dem politischen Aschermittwoch seiner Partei in Biberach zuvor aufgefordert, sich für ihre umstrittene Äußerung über die Einführung von Toiletten für das dritte Geschlecht zu entschuldigen. Es sei immer billig, auf Minderheiten herumzureiten, sagte Habeck. Für ihren Witz hatte Kramp-Karrenbauer auch von anderen Seiten viel Kritik einstecken müssen.

In Stockach am Bodensee hatte die CDU-Politikerin gesagt: "Wer war denn von euch vor Kurzem mal in Berlin? Da seht ihr doch die Latte-macchiato-Fraktion, die die Toiletten für das dritte Geschlecht einführen." Wer nicht wisse, ob er beim Pinkeln noch stehen dürfe oder schon sitzen müsse, für den gebe es nun eben eine weitere Option.

Dass in Deutschland über "so einen Blödsinn" diskutiert werde, zeige, "dass wir keine anderen Probleme haben", sagte Kramp-Karrenbauer in Demmin. Die Deutschen könnten heute nicht mehr glücklich sein. Im Gegenteil: "Wir sind das verkrampfteste Volk, das auf der ganzen Welt herumläuft." Die Parteichefin warnte: "Wenn wir so weitermachen, laufen wir Gefahr, die Tradition von Karneval und Fastnacht kaputtzumachen."

...


Aus: "Annegret Kramp-Karrenbauer: "Wir sind das verkrampfteste Volk, das auf der ganzen Welt herumläuft"" (6. März 2019)
Quelle: https://www.zeit.de/politik/deutschland/2019-03/annegret-kramp-karrenbauer-fastnachtswitz-politischer-aschermittwoch (https://www.zeit.de/politik/deutschland/2019-03/annegret-kramp-karrenbauer-fastnachtswitz-politischer-aschermittwoch)

QuoteAndreas71 #1

Ein bisschen hat sie ja Recht.


QuoteNö zur Komfortzone #10


... Sehe ich mit meinen vielen Auslandaufenthalten genauso: Entspannt euch mal, keiner braucht Moralaposteln. Wir brauchen selbstständig denkende, ethisch gebildete Menschen. Und zur Ethik, meine ich, gehört auch das Wissen, zu unterscheiden, was Lachen auf Kosten anderer ist - und was Fasching und Karneval im weiten Kontext nun mal bedeutet. ...


QuoteSo ist das eben #23


"Wir sind das verkrampfteste Volk, das auf der ganzen Welt herumläuft"

Sagt jene Frau, für die die Schwulenehe ein absolutes No-Go ist und § 219a der schützens- und verteidungswürdigste Paragraf des StGB darstellt.
Verkrampft sind also jene, die sich sich für Minderheiten- und Frauenrechte einsetzen. Ist schon klar, Frau AKK...


Quote
Scholae Palatinae #23.1

"Verkrampft sind also jene, die sich sich für Minderheiten- und Frauenrechte einsetzen. Ist schon klar, Frau AKK..."

Sie missverstehen. Verkrampft sind diejenigen, die sich als professionelle Minderheitenaktivisten betätigen und keinen Humor zulassen.


QuoteGrundgesetz-Gutmensch #25

Ich glaube mittlerweile, dass das Absicht war:
Sie provoziert mit einem bewusst sensiblen Thema als harmlosen Klamauk, um Empörung zu ernten und sich anschließend als Anti-Empörungsbeauftragte zu inszenieren und so im konservativen Lager zu punkten.

Oder glaubt irgendjemand ernsthaft, die CDU-Bundesvorsitzende geht ohne sorgfältige Public Relations-Beratung zum Witze-Reißen auf eine Karnevals-Bühne?

Natürlich war und ist die Empörung übertrieben; unzählige Komiker machen ständig Witze aufkosten von Minderheiten und mithilfe von Klischees - so funktioniert Humor halt oft. Und keiner unterstellt Ressentiments.
Hier aber macht es eine künftige Kanzlerkandidatin, die genau weiß, für welche geschlechterpolitischen Ansichten sie bekannt ist und dass es Empörung geben wird. Die wird provoziert und sie kann sich grundsätzlich und vordergründig zu Recht als Gegnerin einer übertriebenen Empörungskultur inszenieren.

Alles peinlich: das Kalkül, der Witz, die Reaktionen.


...

Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 07, 2019, 01:58:27 PM
QuoteBerlin (dpo) - ES IST DER WOHL SKANDALÖSESTE SKANDAL DER DEUTSCHEN NACHKRIEGSZEIT! Soeben wurde der muslimische Bundeskanzler Tufan Bilgin-Lehmann (CDU) auf einer Berliner Toilette für Intersexuelle von einer Horde kostümierter Indianer überfallen und beinahe skalpiert. In Deutschlands Zeitungs-Redaktionen geht es seitdem drunter und drüber.
"Ich war gerade dabei, mein drittes Geschlecht auszupacken, da kamen diese Wilden hereingestürmt", so der Bundeskanzler, der immer noch sichtlich unter Schock stand. "Ich danke Allah, dass ich mit dem Leben davongekommen bin." Zum Glück habe es sich bei den Indianern wohl nur um rassistische Kinder in Verkleidung gehandelt. "Entsprechend stumpf waren auch ihre Waffen", so der CDU-Politiker, der sich inzwischen an einem sicheren Ort befindet.
Woher die kostümierten Indianer kamen, ist unklar. Es wird allerdings vermutet, dass sie aus einer Hamburger Kita geflohen sind und nun Jagd auf Menschen mit Doppelnamen machen. Die Sprachpolizei hat die Ermittlungen aufgenommen.
Medienexperten sind sich einig, dass dieser denkwürdige Vorfall derart skandalträchtig ist, dass er die Schlagzeilen der nächsten 200 Jahre dominieren dürfte – es sei denn, morgen passiert irgendwo irgendetwas anderes, worüber man streiten kann.


Aus: "SKANDAL! Muslimischer CDU-Kanzler auf Intersex-Toilette von kostümierten Indianern überfallen" (Mittwoch, 6. März 2019)
Quelle: https://www.der-postillon.com/2019/03/skandal.html (https://www.der-postillon.com/2019/03/skandal.html)

QuoteHubert

Schon wieder der pure Seximus hier! Bitte ändern Sie im Artikel "Indianer" in "Indianerinnen und Indianer".
Danke.


Quote
Swen Ekaf

echt ein Skandal! Schon wieder eine Nichtfrau als CDU–Bundeskanzlerin.... Typisch 50er Jahre Machopartei!


QuoteRed Hirsching

Das rassistische Hetzblatt hier musste natürlich gleich die Ethnie der Täter nennen. Ekelhaft.


QuoteAnke

Indianer? INDIANER?!?? Das heißt Indigene Völker Nordamerikas! Ich bin empört !!


QuoteSwen Ekaf

ich dachte die Grünen hätten die Indigene schon lange verboten?


QuoteERR_USER_NOT_FOUND

Zum Glück lese ich nur Qualitätsmedien, die solche Vorfälle nicht unüberlegt skandalisieren. Ich bin doch hier bei der Apothekenrundschau, oder?


QuoteZwölf Olf

Der Bürgermeister von Stuttgart hätte diese Rotzlöffel wegen Majestätsbeleidigung verklagt.


Quoteidiotanumerouno

Ich würde lieber etwas über Welpen lesen...


QuoteBoris Bogunovic

Der soll froh sein, dass er hier auf ein anständiges Klo kann. In der Türkei müsste er im Stehen pinkeln.


Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 16, 2019, 06:37:14 PM
Bei einem Anschlag auf zwei Moscheen in Christchurch (Neuseeland) sind am 15. März 2019 mindestens 49 Menschen getötet und weitere 40 Menschen verletzt worden. Die Tat ist nach Zahl der Todesopfer das schwerste Verbrechen in der Geschichte Neuseelands. ... (Stand: 16.03.2019)
https://de.wikipedia.org/wiki/Anschlag_auf_zwei_Moscheen_in_Christchurch (https://de.wikipedia.org/wiki/Anschlag_auf_zwei_Moscheen_in_Christchurch)

Quote[...] In seinem 87-seitigen Manifest spottet der möglicherweise gleiche Täter: Spyro, ein kleiner violetter Videospieldrache, habe ihn zum Ethnonationalismus konvertiert. Er bedroht auch Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem Tod. Sie sei "die Mutter aller anti-weißen und anti-germanischen Dinge, ganz oben auf der Liste". Wenige hätten so viel getan, um Europa zu schädigen. Die Passage endet mit den Worten: "KILL ANGELA MERKEL, KILL ERDOGAN, KILL SADIQ KHAN."

Mit Ironie und bewusster Provokation will er offenbar emotionale Reaktionen beim Publikum auslösen. So wird es fast unmöglich, sein Weltbild aus seinem Pamphlet zu rekonstruieren. Darüber hinaus will sich T. keiner bestimmten rechtsextremen Gruppe zuordnen. Lediglich gegenüber anderen Attentätern, darunter Dylann Roof und Anders Breivik, empfindet er eine Art ideologische Verbundenheit. Das Manifest des norwegischen Massenschützen sei seine "wahre Inspiration" gewesen.


Aus: "Rechtsextremismus: Was trieb den Attentäter von Christchurch an?" Patricia Zhubi (15. März 2019)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/2019-03/rechtsextremismus-terrorattentat-christchurch-pewdiepie-youtuber (https://www.zeit.de/gesellschaft/2019-03/rechtsextremismus-terrorattentat-christchurch-pewdiepie-youtuber)

Quotespiegelwechsler #4

Was trieb ihn an?
Der Attentäter ist nicht richtig im Kopf.
Für sowas gibt es keine Rechtfertigungen.


Quoteah-jun #4.1

"Der Attentäter ist nicht richtig im Kopf"

Also straffrei ab in die Klappse?


Quote
Best Friend Tabitha #4.5

Ach die Rechten sind ja nie richtig im Kopf, wenn sie Leute umbringen. Alle anderen natürlich schon. ...


QuoteDer freundliche Waran #4.16

Weil vom Standpunkt eines normalen Menschen aus "schlicht und einfach irre" zu sein keine geeignete Kategorisierung ist, um schwerste Verbrechen richtig einordnen zu können. Gut ein Drittel der Bevölkerung erkrankt irgendwann im Laufe des Lebens psychisch, kaum jemand begeht deswegen dann Straftaten. Umgekehrt gibts kaum Mordfälle, in denen eine psychische Erkrankung juristisch relevant ist - das ist sie nur dann, wenn jemand durch die Erkrankung die Fähigkeit verliert, seine Taten steuern zu können. Das passiert nur durch schwerste Wahnvorstellungen, "die Stimmen haben es befohlen" usw.
Bei den meisten Mördern ist das nicht der Fall und auch hier gingen die Täter wohl zu planvoll und systematisch vor, um davon auszugehen, dass es zutreffen könnte.

Was machen wir dann mit der Mehrheit der Mörder, die zwar irgendwie nicht mehr ganz sauber ticken, deren Taten sich aber nicht durch einen Verlust ihrer Steuerungsfähigkeit erklären lassen? Nun, wir sehen uns an, was sie sonst noch für Motive haben. Denn nur so finden wir heraus, warum sie nicht z.B. wie andere narzisstisch Gestörte ein unauffälliges Leben führen, in dem sie nur gelegentlich mal rumbrüllen, wenn man sie kränkt.

Nur außerhalb des pathologischen Teils ihrer Persönlichkeit finden wir den wahren Grund, warum sie Täter geworden sind. Am Ende steht bei einem steuerungsfähigen Menschen immer die Entscheidung, Täter zu werden. Die Frage ist, was zu dieser Entscheidung führt.

In diesem Fall ist es übrigens Faschismus.


Quotemineyanoor #4.24

Der ist genau so wenig verrückt wie alle anderen Fanatiker. ...


Quote
vincentvision #9

Menschen wurden bewusst getötet und verletzt, nur weil sie eine andere Religion leben - damit unterscheiden sich solche Taten nicht im Mindesten von denen islamistischer Attentäter, die angeblich Ungläubige töten wollen.

Und damit geht einmal mehr die Saat derjenigen auf, die täglich gegen Menschen hetzen und sie ausgrenzen.

Und deren Hetze man größtenteils unwidersprochen lässt.

Dass es dann zu solchen Taten führt, ist keine Überraschung.

Denn seit den alltäglichen Salonrassisten ist aber genau diese Hetze unter bürgerlich-braunem Mäntelchen normal und intelligente Differenzierung bei gewissen Mitbürgern nicht mehr en vogue. ...


Quote
AH-JA #19

Dummheit, abgrundtiefer Hass, politische Verblendung, Selbstüberschätzung und Gewaltbereitschaft werden zusammengerührt und führen zu diesen terroristischen Mordexzessen. Ein unheilvolles Gebräu von Menschenverachtung.


QuoteGrosMorse #24

Habe das Manifest gelesen. Das ist so ein Haufen Mist, da weiß man gar nicht wo man anfangen soll. Der Mann feiert darin andere Massenmörder wie den Quebec Mosque Shooter oder den Killer von Charleston. Er schreibt außerdem, dass er Europa mit der Tat einen Gefallen getan hat und tut dies im Namen von Millionen Europäern. Er ist überzeugt, er sollte außerdem für den Friedensnobelpreis nominiert werden.
Im Manifest sind außerdem Bilder von Blonden Frauen und Kindern enthalten, die völlig verquert mit Bildern von martialischen Soldaten gemischt sind. Nordische Mythologie ist natürlich auch mit dabei.

Er nutzt die gleiche Rhetorik die die Identitäre Bewegung, Front National, Britain First und andere Rechte Bewegungen in Europa nutzen. Außerdem redet er von einem Völkermord in Europa an der weissen Bevölkerung durch die niedrigen Geburtenraten. Daher ruft er zum Mord an allen Nicht-Europäern in Australien, Europa, Argentinien, Nordamerika und Neuseeland auf. Das sind ihm zu Folge nach Bruderländer.
Die Kapitalisten sollen außerdem Millionen billig Arbeitskräfte importieren um die Kultur zu zerstören und Gewinn zu machen.
Außerdem müssen wir die Umwelt schützen um unseren ethnisch reinen Staat zu bewahren und die Kultur, die mit der Natur verbunden ist, mehr schätzen.

Das ganze Manifest ist so unfassbar rassistisch, menschenverachtend und lehnt alle Werte und Normen der westlichen Zivilisation ab.


QuoteHelloDarknessMyOldFriend #30

Hat sich der Autor mit dem "Manifest" eigentlich überhaupt beschäftigt? Es ist wirklich eckelhaft das so vor diesen Hintergrund zu schreiben, aber das meiste davon ist ein Witz. Was aber daraus klar wird sind die Intentionen des Mörderers. Er will den "Culture War" beschleunigen. ...


...
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 02, 2019, 02:33:13 PM
Quote[...] Vor dem S-Bahnhof Berlin-Grunewald herrscht beinahe Partystimmung. Technobässe wummern über den Platz, auf dem mehrere Tausend Menschen in der Sonne stehen.

Bands spielen, Väter tragen ihre Kinder auf den Schultern. Plakate mit Sprüchen wie ,,Deine Geldanlage ist unser Zuhause" oder ,,Heuschrecken grillen" verraten jedoch, dass es um mehr als ums Feiern geht.

Auf einer Bühne steht ein Mann, auf seinem T-Shirt ,,Deserteur". Er stellt sich als Breatt vor und erklärt, worum es hier geht: Berlins Nobelviertel Grunewald sei ein ,,Problembezirk".

Man habe sich heute versammelt, um den reichen Villenbesitzern am Gartenzaun beizubringen, welche gesellschaftlichen Verwerfungen sie auslösen: Vielen sei ja offenbar gar nicht klar, wie sie mit ihrem ,,stetig wachsenden Immobilienportfolio und Renditeerwartungen Leute in ärmeren Bezirken aus ihrem Zuhause rausschmeißen".

Es ist das zweite Jahr in Folge, dass das linke Bündnis Hedonistische Internationale am 1. Mai zum ,,Kiezspaziergang" durch den Grunewald eingeladen hat. 2018 kamen rund 3000 Teilnehmer, in diesem Jahr dürften es noch mehr gewesen sein. Die Veranstalter sprechen von mehr als einer Verdoppelung. Eine offizielle Zahl gibt es zunächst aber nicht.

In der deutschen Hauptstadt, einst arm, sexy und billig, gibt es kaum ein Thema, das so viele Menschen bewegt wie der Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Wohl auch deswegen diskutiert Berlin ernsthaft darüber, ob die Stadt Wohnungsbaugesellschaften wie die Deutsche Wohnen SE enteignen sollte.

Weil die Sache so wichtig sei, sei es auch wichtig, friedlich zu bleiben, sagt Organisator Breatt. Im vergangenen Jahr hatte es hier rund 100 Strafanzeigen gegeben, die meisten wegen Sachbeschädigung, weil die Demonstranten Fassaden besprüht oder Sticker auf Autos geklebt hatten. An diesem 1. Mai verlief die Demonstration bis zum späten Nachmittag gewaltfrei.

Lustig machen über die ,,Bonzen" wollte man sich natürlich trotzdem. Zum Beispiel über den CDU-Bundestagsabgeordneten Klaus-Dieter Gröhler: Der habe in einem Schreiben den Anwohnern empfohlen, ,,hochpreisige Fahrzeuge in Sicherheit zu bringen und ihre Toranlagen geschlossen zu halten". Im Publikum höhnisches Gelächter. ,,Toranlage! Jeder Bezirk hat eben seine eigenen Probleme", sagt Breatt.

Doch auch unter den vermeintlichen Bonzen gibt es Sympathisanten. Eine davon ist Birgit Huber, eine Dame um die 50, die mit ihrer teuer wirkenden Kleidung in der Masse auffällt.

Sie lebe in Charlottenburg, verdiene als Geschäftsführerin eines Krankenhauses sehr gut und zähle sich selbst zu den oberen Zehntausend. ,,Vor anderthalb Jahren habe ich beschlossen, wieder demonstrieren zu gehen", sagt sie. Weil sie das Gefühl habe, in der Gesellschaft sei etwas ins Rutschen geraten.

,,Die Ungleichheit in unserer Gesellschaft gefährdet die Demokratie." Sie sei heute hier, um die Eliten daran zu erinnern, dass mit Geld auch eine besondere gesamtgesellschaftliche Verantwortung komme.

,,Ich habe das Gefühl, viele reiche Menschen in Deutschland haben die Bodenhaftung verloren." Insofern ergebe es Sinn, im Grunewald und nicht, wie früher, in Kreuzberg zu demonstrieren.

Weniger optimistisch, dass die Demonstration die Menschen hinter ihren Villenzäunen wachrütteln kann, ist dagegen der Kneipenbesitzer Christian, der seinen Nachnamen nicht nennen möchte.

Er hält ein großes Plakat in die Höhe: ,,Syndikat bleibt", steht darauf geschrieben. Die Eckkneipe ,,Syndikat" ist eine Institution in Berlin-Neukölln.

Vor einigen Monaten wurde Christian und den anderen Kneipenbetreibern nach 33 Jahren der Pachtvertrag gekündigt. ,,Ohne jede Begründung", sagt er.

Der Eigentümer sei eine Briefkastenfirma, und hinter der steckten Investoren, die irgendwo in Grunewald wohnten. ,,Die verschanzen sich hier in ihrem Villenviertel und zerstören unsere Existenz."

Verdrängung, Zwangsräumung, Wohnungsnot und hohe Mieten sorgen in Berlin sehr viele Menschen. Weniger als ein Prozent der Wohnungen steht in der deutschen Hauptstadt leer.

In den vergangenen zehn Jahren haben sich die Mietpreise verdoppelt – nirgendwo sonst im Land steigen sie so rasant.

Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft dürfte sich die Lage in den kommenden Jahren sogar noch verschärfen, denn Berlins Bevölkerung wächst schneller als die jeder anderen Stadt im Land.

Die Berliner Initiative Deutsche Wohnen & Co enteignen sammelt derzeit Unterschriften, um ein Volksbegehren zu beantragen. Sie verlangt, Unternehmen, denen mehr als 3000 Wohnungen gehören, gegen Entschädigung zu ,,vergesellschaften".

Eine der Organisatoren ist Susanna Raab, eine kleine blonde Frau, die mit einem Unterschriftenzettel in der Menge steht. Die Soziologin setzt sich seit Jahren in verschiedenen Projekten für mehr bezahlbaren Wohnraum in der Stadt ein. Berlin steuere geradewegs auf eine Katastrophe zu, wenn die Stadt jetzt nicht schnell handele.

Ihre Forderung nach Enteignungen sei schon radikal, sagt sie selbst. Die Stadt sei aber an einem Punkt, an dem nur noch radikale Lösungen helfen könnten.

In Berlin würde zwar neuer Wohnraum gebaut, aber viel zu teuer und damit völlig am Bedarf vorbei. ,,Zwei Drittel aller Berliner verdienen so wenig, dass sie Anrecht auf einen Wohnberechtigungsschein haben", sagt Raab.

Die Stadt müsse ihren Bestand an bezahlbaren Mietwohnungen daher deutlich erhöhen – das ginge kurzfristig am besten über Enteignung: ,,Wir sind überzeugt, dass das eine mietpreisbremsende Wirkung auf die gesamte Stadt hätte."

Offenbar gibt es eine ganze Menge Menschen in Berlin, die ihrer Meinung sind. Der Unterschriftenblock von Susanna Raab füllt sich schnell. Um ein Volksbegehren zu beantragen, braucht die Initiative 20.000 Unterstützer. Raab sagt, die nötigen Unterzeichner hätten sie schon locker zusammen.


Aus: "Enteignungsdemo im Villenviertel" Tina Kaiser (02.05.2019)
Quelle: https://www.welt.de/politik/deutschland/article192790071/1-Mai-in-Berlin-Enteignungsdemo-im-Villenviertel.html (https://www.welt.de/politik/deutschland/article192790071/1-Mai-in-Berlin-Enteignungsdemo-im-Villenviertel.html)

Quotejobst v.

Ich würde es mal mit Arbeit probieren. Arm und sexy war Euer Motto, jetzt kommen die Konsequenzen.


QuoteGraf Krollock

Bei Demonstrationen schau ich immer gerne in die Gesichter der Demonstranten. Kann ich mich mit den Teilnehmer identifizieren?
Schau ich mir die Gesichter dieser Leute an, ganz sicher nicht: Alle Wohlstandskinder ohne jegliche Leistungsbereitschaft.


QuoteGünter F.

Wird es Zeit dieses Land zu verlassen ? Klima Greta, Enteignungs- Fetischisten und die Antifa, die auch bei dieser Demo fleissig mitläuft, sorgen bei mir für ein flaues Gefühl.  Ich bin wahrlich kein Freund von Turbokapitalismus, aber ohne klare Differenzierung geht es auch nicht. Ich als normaler Arbeiter und Steuerzahler sage es einmal so, es gibt auch und das ist die klare Mehrheit, auch anständige Geldsäcke !

QuoteFingerinderwunde F.

Die leute die enteignen wollen, haben selber nichts auf die reihe bekommen.
Wollen aber das haben was den anderen gehört.
Kommt mir bekannt vor.


QuoteMarcus W.

Und wenn man den Bestand an bezahlbarem Wohnraum dann erhöht hat, kommen wieder doppelt so viele neue Hipster nach Berlin, wie es Wohnungen gibt ....


QuoteCarl T.

Allein schon die Debatte um Enteignungen wird Deutschland weiter runterziehen und ärmer machen.
Investitionen werden zurückgestellt, nicht nur bei Immobilien, dank SPD Kühnert auch in der Industrie.
Vermögende machen sich aus dem Staub und der Kuchen wird noch kleiner werden. ...


QuoteBetty B.

Aus diesen Demonstranten und ihren Forderungen spricht der pure Neid.
Sie haben es zu nichts gebracht und machen andere dafür verantwortlich.


QuoteSusanne S.

Ich bin wirklich geschockt ueber diese meiner Ansicht nach dumme Kurzsichtigkeit dieser sogenannten
Demonstranten. Denken diese wirklich das den Eigentuemern dieser Grundstuecke  nichts dafuer getan
haben um diese zu besitzen? Also muessen diese enteignet werden um ihnen einen besseren Lebensstandard zu bescheren?
Zusaetzlich bin ich geschockt ueber den Stil der Berichterstattung von Welt!


QuoteUwe T.

Stimmt, der Inhaber von KIK bezahlt Mindestlohn an seine Mitarbeiter und wohnt selbst in einer Villa.


QuoteMonika S.

Ich wohne am Stadtrand von München und war kürzlich in Berlin....für was protestieren die eigentlich? Noch billiger als dort gehts ja schon fast nicht mehr....


QuoteArne D.

Naja, aus Sicht der sozialistischen Träumer in Berlin ist es eine Zumutung, überhaupt für etwas zahlen zu müssen, das ja schon da ist.


QuoteHeiko T.

Sind diejenigen, die die Wohnungsknappheit beklagen, nicht dieselben, die für  offene Grenzen sind und am liebsten ganz Afrika nach Deutschland holen wollen ?
Über 2 Millionen illegale Migranten in den letzten Jahren, dazu jährlich noch 2,3 Großstädte zusätzlich - die wandern nicht nur in unsere Sozialsysteme ein, die benötigen auch hunderttausende Wohnungen !


QuoteUdo G.

Die einfachen kausalen Zusammenhänge zu erkennen ist halt nicht die Stärke der linksorientierten Gesellschaft in Berlin.


QuoteCarlos T.

Wenn ich mir ansehe wer da so mitläuft, wird mir ganz anders. Menschen die ihre Kinder instrumentalisieren. Oder welche die überhaupt keine Lust haben für ihr Geld zu arbeiten. Bzw. sich den gesellschaftlichen Normen nicht anpassen wollen. ...


QuotePina L.

Ja haben wir denn wieder Sozialismus?


QuoteA. W.

Wahrscheinlich sind die Mieten noch nicht hoch genug, da es Leute immer mehr nach Berlin, Hamburg oder München zieht. Warum soll ich die Miete nach den Wünschen der Mieter anpassen.  ...


Quoteluka p.

Die Sonnenbrille für 400 Euro, aber dem russischen Kindermädchen 1,50 Euro zahlen, das sind diese Dauerdemonstranten, man hat wichtigeres zutun als auf seine Kinder aufzupassen. Und was mich persönlich aufregt, es ist immer Berlin, man hat es ja. Man sollte diese Stadt den 4 Siegermächten zurückgeben.


QuoteJohn L.

Das lustige, oder traurige - je nachdem wie man es sehen will - an der Sache ist das es wahrscheinlich gerade die Wähler von SPD und Grüne sind die auf die Straße gehen und nach Enteignung schreien und dabei vergessen haben das es genau diese Parteien waren die vor 15 Jahren dafür verantwortlich waren das über 50000 Wohnungen zu einem Spottpreis verscherbelt worden sind. An wen? An genau jene die man jetzt enteignen will...


QuoteMark B.

vielleicht sollten wir denen allen mal eine Woche Venezuela / Cuba Urlaub schenken, dann können sie sich ja selber ein Bild davon machen, wie gut Sozialismus und Enteignungen funktionieren. Und zum Thema "günstiger" Wohnraum, sollen sie mal mit ihrer Wunschpartei den Grünen sprechen, die durch ihre Auflagen größtenteils dafür verantwortlich sind, dass man unter €3.000 / qm nicht mehr bauen kann und die vor allem in Berlin kaum noch Flächen freigeben..


QuotePrimus V.

Die Neidgesellschafft geht auf die Strasse.
Schon bedrückend, dass die Menschen die Konsequenzen ihrer Wahlentscheidungen nicht verstehen.
Selbst wenn sie von der Realität eingeholt werden und soviel Leidensdruck verspüren, dass sie auf die Strasse gehen, können sie Ursachen und Wirkung nicht einschätzen.


QuoteUwe H.

Wie sehen eigentlich die Antworten der AFD zu diesem Thema aus oder ist das noch wichtig?


QuoteChristan M.

Bitte uns hängen deren Plakate: keine Enteignung!

Soweit eindeutig..


QuoteChristiane B.

Nicht alle Wohlhabenden sind Mietspekulanten oder Lottogewinner. Viele arbeiten jahrzehntelang 60 bis 70 Stunden die Woche. Danach sehen die meisten Demonstranten nicht aus. ...


QuoteStefan U.

Warum demonstrieren die eigentlich nicht vorm Abgeordnetenhaus oder der EZB? Da sitzen die eigentlichen Verursacher der Misere...aber billiges Ressentiment gegen Bonzen ist halt einfacher. Und endet, wie Kollege Don schon richtig festgestellt hat, bei aller Konsequenz im Gulag.


QuoteAlexander G.

Bei "Enteignung" denken jetzt viele, dass tatsächlich die"Grossen" dran wären. Wobei fast Niemand etwas mit Namen wie BlackRock, Norges, Lansdowne Partners, Massachusetts Financial Services anfangen kann. Diese Gesellschaften haben ihren Sitz gar nicht in Deutschland. Ob ein paar Naivlinge im Grunewald runtorkeln ist denen egal. Diese Unternehmen sind rechtlich nicht erreichbar. Was die Leute nicht verstehen ist, dass die "Grossen" die Politik machen. ...


QuotePaul O.

Soso, die Bösen wohnen also im Grunewald. ...


QuoteFrank P.

Solche Enteignungs-Phantsien schrecken alle ab, die bereit sind in Deutschland zu investieren. Man sollte sich darüber klar werden, welch ein Bild hier nach außen getragen wird. ...


QuoteWolfgang E.

Hässliche Bilder mitten aus Deutschlands sog. Mitte der Gesellschaft.


QuoteThomas H.

Wie lange schauen wir uns schon die linksgrüne Versuchsanstalt ,,Berlin" an, pumpen Jahr für Jahr Milliarden Hart verdienter Steuergelder dorthin, damit sie dort ihren marxistischen Fasching feiern können?? ... Vermutlich versorgen wir die Leistungsverweigerer inzwischen zu gut. Verbunden mit zuviel Freizeit steigt das einigen wohl zu Kopf.

Und Kevin, Du der das Berufsleben nur aus der Theorie kennst, willst hier den grossen intellektuellen Zampano spielen und den Leistungsträgern erklären die Welt funktionieren sollte. Das war Anfangs ganz amüsant. Doch Du solltest Dir langsam mal einen richtigen Job besorgen.


QuoteKalle

Natürlich, sie Neiddebatte wird weiter gepflegt. Ich wohne auch zur Miete, bin abhängig Beschäftigter. Wenigstens gehe ich einer Tätigkeit nach, das lässt sich bei den "Aktivist$€¥¢×#*... Innen" vom "Syndikat" nicht so einfach vermuten.
Und ich habe den Mut zu zugeben, dass ich nicht mein Geld einem unternehmerischen Risiko aussetze, um zu investieren. So bin ich nicht der Verwirklicher von Geschäftsideen, sondern eher meiner egoistischen Konsumwünsche.
Daher kann ich auch nicht Eigentum schaffen, dass andere beneiden und ohne eigene Leistung begehren.
Vor meiner Toreinfahrt im Wohnhaus hat übrigens keiner demonstriert.


QuoteBenis Johnson

Das ist ehrenhaft, schön den Gratismut zur Schau zu stellen!


QuoteRantamplan

Die Mieten in Berlin sind weder im nationalen, noch im internationalen Vergleich hoch. Sie bewegen sich lediglich ausgehend von sehr niedrigem Anfangsniveau Richtung Normalität. ...


QuoteAndres A.

Wir werden erleben, dass die Leute sich einzäunen werden. Dann fährt nur noch der rein, der darf. Die anderen beissen die Hunde, später dann (so in 10-15 Jahren, wenn wir nochmal 3 Mio Kulturfremde mehr hier haben) wird scharf geschossen.


QuoteNordlicht

Vor 30 Jharen gingen die Bürger der DDR auf die Straße um das System des real existierenden Sozialismus abzuschaffen. Heute wird für die Wiedereinführung der DDR demonstriert. ...


QuoteConrad L.

Vor einigen Jahren habe ich nah einer Wohnung in Berlin zur Geldanlage gesucht - ich bin ja selbstständig und muss mich für die Rentenzeit irgendwie aufstellen und absichern.
Der Invest fand dann aber in Rostock statt.
Den Mietern der vermieteten Wohnung, die ich kaufte, sagte ich mit dem Kauf (sozusagen zur Beruhigung) zu, die Miete 5 Jahre nicht erhöhem zu wollen - obwohl diese zum Kaufzeitpunkt eher niedrig war.
Warum ich in Berlin nicht investierte: Misstrauen gegen die linke Regierung und gegen Teile der Stimmung in der Stadt.
Ich glaube, die Rostocker hats gefreut.


QuoteLothar R.

Das ist doch Prima, was die Geschäftsführerin des Krankenhauses sagt, ich hoffe doch, dass sie ein Wohnhaus baut und es deutlich unter Marktwert an die mit Demonstranten vermietet. 


QuoteBirgit D.

Die Enteignugsfantasien linker und grüner Politiker sind verfassungswidrig und gefährden den sozialen Frieden in Deutschland ...


QuoteMaKiLu

Wurden auf der Demo auch "Refugees Welcome" Banner herumgetragen?

Das hätte die Schizophrenie und das völlige Fehlen von wirtschaftlichem Basisverständnis besonders schön gezeigt. "Links" in Deutschland ist nur noch ein "Lifestyle" - unreflektiert, einseitig und ohne den Anspruch, noch irgendetwas mit der Realität zu tun zu haben.


QuoteDr. M.

Als "Irgendwas-mit-sozial"-Student wird man sich nie ein Haus in Grunewald leisten können. Da hilft auch kein Trommeln am Tag der Arbeit.


QuoteNadja S.

Es geht auch nicht drum, sich ein Haus in Grunewald leisten zu können. Das Schlimme ist ja, dass man sich als Normalverdiener auch eine normale Wohnung in Kreuzberg nicht mehr leisten, wenn die Mieten ständig steigen und man aus seinem Zuhause vertrieben wird. ...


QuoteGerhard B.

Wenn das so weitergeht werden ,,die Reichen" Berlin und Deutschland verlassen und ihr Geld und Vermögen z.B. in der Schweiz anlegen, dort ist es sicher vor Enteignung und linksgrüner Verleumdung.
Das tut sich auf Dauer niemand an. ...


QuoteDaniel D.

Alle reden von der braunen Suppe, rechter Rand, Nazis, Populisten...
Aber was ist mit der Linken und Grünen Gefahr für Deutschland? ...


QuoteHans K.

Naja auch wenn ich die Meinung der Demonstranten nicht teile, sind Soziologinnen und Kneippenbesitzer weniger beängstigend als eine Horde Glatzen.


Quotealbin h.

Es geht hier nicht um Arm und Reich.  Es geht hier darum wer fuer die billigen Mieten zahlen soll.  Der Mieter, der Vermieter, Steuerzahler oder der liebe Gott? 


QuoteMoritz L.

Berlin muss aufpassen mit allem. Wäre ich Investor, ich würde nicht in Berlin sondern woanders investieren. Diese Demos will kein Investor hören oder sehen.


QuoteDominik R.

... Arbeit muss sich lohnen das bedeutet nicht dass jeder 100.000€ verdienen muss denn das wäre nur weitere Geldentwertung. Andersherum wird ein Schuh daraus, wer nicht arbeitet der muss nicht alles haben können. ...


QuoteClaudia M

Berlin, das Mekka der Leistungsempfänger, möchte noch mehr Multi und Kulti, noch mehr Menschen und wundert sich über Probleme. ...


QuotePeter R.

Unser Land verkommt total. Gibt es nur noch Irre? ...


Quotechristian h.

... Weniger Sozialismus wagen!


QuoteHomunkulus

Sozialismus funktioniert nicht. Mehr ist dazu nicht zu sagen.


QuoteChristopher Marlowe

Spielen die '68?


QuoteRenate S.

Mir riechen diese "Spaziergänge" nach beginnendem Progrom. ...


QuotePiepengrün

... Verwelkte, Verkrampfte, Verhetzte.
Geisterstunde in Deutschland.


QuoteMorpheus

Diese Leute tun nichts für die Allgemeinheit. Denen geht's nur ums eigene Süppchen. Sie wollten vor allem sich selber schützen.
Gentrifizierer der ersten Stunde sind das, die jetzt durchdrehen.


QuoteNiko L.

Dann lasst uns die enteignen, die das fordern: Grüne, Linke und Teile der SPD, sowie ihre Wähler. Damit wäre ich vollkommen einverstanden. ...


QuoteUwe M.

Einfach nur peinlich.
Was ist aus der Leistungsgesellschaft geworden?
Was haben wir da groß gezogen?


QuoteTeetrinker

"die mit ihrer teuer wirkenden Kleidung in der Masse auffällt."

Ein. Brüller!


QuoteKöln GD

Kommunisten, Spinner und Individuen, die weder eigene noch gesellschaftliche Werte geschafft bzw. schaffen werden.

Über Generationen staatlich versorgter 68er Bildungsplebs.


QuoteMichael Z.

Die Leute auf den Abbildungen sehen nicht so aus, als hätten diese jemals einen Stein bewegt. Das überlässt man gerne anderen.


QuoteFeli citas

Mein Papa (Diplom-Mathematiker) ist sein Leben lang 1.5h mit der Bahn nach München hin und 1.5h wieder zurück gependelt. Eine Wohnung hätten wir uns dort auch noch leisten können. Stattdessen hat er seiner Familie ein Kleinstadtleben ermöglicht und ich erbe 3 Häuser. Seine Kindheit verbrachte er übrigens mit Ochsenpflug auf dem Feld! Von nichts kommt nichts, liebe Linken.


QuoteDerDreisatz

Richtig, nichts wertvolles fällt einem einfach so zu. Wer erfolgreich sein oder reich werden will, hat zwangsläufig eine Zeit der Entbehrungen. Das kann sogar über Jahrzente gehen, ohne Garantie auf Erfolg.

Und wer Kinder hat, wird ohnehin versuchen, dass es ihnen besser geht und wenn es auch nur drei Häuser auf dem Land sind.


usw.
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 07, 2019, 02:30:53 PM
Quote[...] Sama Maani Sama Maani, Schriftsteller und Psychoanalytiker. Publikationen (u.a.): "Ungläubig" (Roman), "Der Heiligenscheinorgasmus und andere Erzählungen". 2018 erscheint der Roman "Teheran Wunderland" bei Drava.


Bis in die 1990er-Jahre behauptete der Diskurs der Rassisten und "Ausländerfeinde" in Österreich und in Deutschland, die Türken würden "uns" deshalb Probleme bereiten, weil sie Türken seien. Seit dem Erstarken des sogenannten politischen Islam, vor allem seit den Anschlägen von 9/11, behauptet der neue rassistische Diskurs, die Türken (die Araber, die Nordafrikaner, die Iraner ...) würden "uns" Probleme bereiten, weil sie Muslime seien. Seither gilt der Islam als eine – mit Marx zu sprechen – den Türken (den Arabern, den Nordafrikanern ...) "an und für sich selbst zukommende Eigenschaft". Die Kategorie "Islam" funktioniert hier als Fetisch im Marx'schen Sinn: Eine gesellschaftlich (sprich durch das Sich-Bekennen gläubiger Muslime oder durch die Fremdzuschreibung an die Adresse tatsächlicher oder vermeintlicher Muslime) hergestellte Verknüpfung zwischen einzelnen Subjekten und dem Islam erscheint als eine naturgegebene. Der Zusammenhang zwischen dem Islam und den Türken (den Arabern, den Iranern ...) wird als ein unauflöslicher, quasi genetischer aufgefasst. -

Diese "volle Identifizierung" von real existierenden Individuen mit der imaginären Kategorie Islam (imaginär, weil es sich hier um Glaubensvorstellungen handelt) ist unabdingbare Voraussetzung des neuen Rassismus. Voraussetzung für die Kritik dieses Rassismus wäre daher die Kritik dieser Voraussetzung. Der sich selbst als "antirassistisch" missverstehende Diskurs des linken und liberalen Mainstreams kann diese Kritik aber schon deshalb nicht leisten, weil er mit den Hetzern von FPÖ, AfD und Co die Grundvoraussetzung ihres Diskurses teilt – ebenjene Ideologie der "vollen Identität" (Isolde Charim)¹ zwischen Individuen aus bestimmten Ländern und dem Islam, was sich deutlich an Kampfbegriffen wie "Islamophobie" ablesen lässt: Wer nicht müde wird, die Angst vor dem Islam beziehungsweise die Feindschaft gegen den Islam als "rassistisch" zu bezeichnen, für den existiert ein unauflöslicher Zusammenhang zwischen der imaginären Kategorie "Rasse" und – einem Glaubensbekenntnis. "Rassistisch" wäre "Islamophobie" dann (und nur dann), wenn wir den Islam zur unauflöslichen, "rassischen" Eigenschaft von Türken, Arabern oder Iranern erklärten – eine ihrerseits zutiefst rassistische Position. Denn: Rassistisch ist selbstverständlich nicht die Angst vor einem – oder die Ablehnung eines – Glaubensbekenntnis(ses), sondern einzig die falsche – und fixe – Verknüpfung von Herkunft und Religion.

Für "Antirassisten" des linken und liberalen Mainstreams hat – genauso wie für die Rassisten von FPÖ, AfD und Co – die Beziehung vermeintlicher oder tatsächlicher Muslime zum Islam einen buchstäblich existenziellen Charakter. Menschen, die aus Gesellschaften mit islamischer Bevölkerungsmehrheit stammen oder einen entsprechenden "Migrationshintergrund" haben, kommt aus dieser Perspektive außerhalb der Sphäre des Islam kein Existenzrecht zu. Der vermeintliche oder tatsächliche Muslim ist aus dieser Sicht durch und durch Muslim, scheint mit dem Islam nicht bloß identifiziert, sondern identisch zu sein. Was hier (meist unbemerkt) auf der symbolischen Ebene des Diskurses passiert, hat im Umgang vieler islamischer Gesellschaften mit dem Phänomen der Apostasie (des Abfalls vom Islam) eine unheimliche reale Entsprechung: In Saudi-Arabien, dem Sudan, dem Jemen, dem Iran, Katar, Pakistan, Afghanistan, Somalia und Mauretanien kann der Abfall vom Islam mit dem Tod bestraft werden.

Was würde es aber bedeuten, diese weitverbreitete Ideologie der "vollen Identität" zu brechen, jene falsche fixe Verknüpfung zwischen dem Islam und Individuen aus Ländern mit islamischer Bevölkerungsmehrheit aufzulösen? Es würde zum einen dem trivialen Umstand Rechnung tragen, dass Gesellschaften mit islamischer Bevölkerungsmehrheit selbstverständlich nicht nur aus bekennenden Muslimen bestehen, sondern auch aus Christen, Juden, Atheisten, Agnostikern et cetera, und dass das natürlich auch für aus diesen Ländern stammende Migranten gilt: jene vermeintlichen – aus Sicht der FPÖ und der Pegida-Rassisten "optischen" – Muslime, denen häufig dieselben Ressentiments entgegengebracht werden wie ihren muslimischen Landsleuten. Entscheidender ist aber, dass ein erstaunlich großer Teil der in Deutschland lebenden Migranten oder der Menschen mit "Migrationshintergrund", die aus Ländern mit islamischer Bevölkerungsmehrheit (und auch tatsächlich aus muslimischen Familien) stammen, in Umfragen angibt, nicht Muslim zu sein – so etwa 50 Prozent der aus dem Iran, 63 Prozent der aus Südosteuropa und 36 Prozent der aus dem "Nahen Osten" stammenden Befragten. Für die deutsche Bundesregierung hingegen zählen all jene Migranten, die aus einem "mehrheitlich muslimischen Land" stammen, sowie alle deutschen Staatsbürger mit einem entsprechenden "Migrationshintergrund" als Muslime – cuius regio, eius religio (wes der Fürst, des der Glaub').


Aus: "Warum wir Linken über den Islam nicht reden können" Sama Maani (10. Jänner 2017)
Quelle: https://derstandard.at/2000050315751/Warum-wir-Linke-ueber-den-Islam-nicht-reden-koennen-1 (https://derstandard.at/2000050315751/Warum-wir-Linke-ueber-den-Islam-nicht-reden-koennen-1)

Quote
Larporello, 15. Jänner 2017, 19:14:15

"Warum wir Linken über den Islam nicht reden können"
Der Grund ist eigentlich ganz einfach, da muss man gar nicht viele Wort verlieren: Der Islam steht aus westlicher Perspektive für das Andere und das Fremde. Außerdem wird er als Religion von unterprivilegierten 'People of Color' wahrgenommen (auch wenn er das in der Praxis häufig nicht ist).
Deshalb triggert Kritik am Islam bei vielen Linken die gleichen psychologischen und moralischen Reflexe wie wenn jemand schlecht über Schwarze redet oder über Homosexuelle herzieht.


Quote
standardposting 24. Jänner 2017, 21:37:34

Da werden "Linke" genauso rassistisch-ideologisch diskriminiert, wie das im Artikel der Fall für Angehörige aus mehrheitlich islamischen Ländern der Fall ist! Natürlich dürfen Linke genauso über den Islam reden und ihn kritisieren, wie alle anderen! Genauso wie über alle anderen Religionen. Die Diskussion über eine Religion per se als rassistisch unterbinden zu wollen, ist abstrus.


Quote
Strellnikow, 15. Jänner 2017, 15:38:28

die Linke?
fühle mich als Linker hier nicht angesprochen und rede offen und kritisch über den Islam sowie über alle anderen Religionen, auch über Linke die aus falsch verstandener Toleranz Intoleranz akzeptieren wollen...


QuoteNörgler, 14. Jänner 2017, 07:51:41

Einfluss der Sozialisierung
Schön und gut, aber Menschen, die in einem islamischen Staat sozialisiert wurden, ticken einfach anders als Menschen, die nach dem WK2 in unseren Breiten sozialisiert wurden. Diesen Aspekt vermisse ich in dem Artikal, und Marx ist schon lange tot.


Quote
lesmuts

13. Jänner 2017, 15:02:50

Der Islam ist heute mehrheitlich eine Proletarierbewegung, die sich sowohl in vielen muslimischen Ländern (siehe z.B. Muslimbrüder oder AKP) wie in den europäischen Einwanderungsländern mit postkolonialem Pathos und Leberwurstbeleidigtheit gegen den "bösen Westen" und die "verderbten Eliten" wendet - dramaturgisch ganz ähnlich dem europäischen Faschismus des 20 Jhdt.
In der Türkei funktioniert dieser Schmäh heute so gut, dass dort ein pseudoislamischer Diktator unter tosendem Beifall der schadenfrohen Massen die Macht an sich reißt und der Opposition zu Leibe rückt, im Iran dasselbe 40 Jahre früher.
Hierzulande schaut es eher noch schlimmer aus unter den Migraten, v.a. den Türken, der Autor möge aber gerne jene selber zum Islam befragen.


Quote
gelöschter User
12. Jänner 2017, 21:26:29

Die Sorgen der Linken erschöpfen sich meist in
endlos langen Diskussionen über Herkunft, Rasse, Ethnie oder Religion von meist armen Menschen - und wie kann man als Linker, aus dieser eigentlich unlösbaren Gemengelage, moralisch erhaben, seinen Nimbus als P.C. Charakter bewahren.
Solche unlösbaren Problemfelder wird es solange geben, solange es Religionen und verschiedene Kulturen auf diesem Planeten gibt.
Lieber sollten sich Linke, mit der gleichen Energie, den wirklichen Gefahren für Staaten und Gesellschaften zuwenden - und die kommen aus der Wall Street, der City of London oder Hongkong - dort fragt keiner nach der Herkunft, der Rasse oder der Religion der Akteure;
und der Götze, dem sie sich alle unterworfen haben, könnte irgendwann einmal alle Religionen dieser Welt ersetzen...


Quote
Ausgeflippter Lodenfreak

12. Jänner 2017, 17:03:31

In Wirklichkeit ist ja "Islam" bei uns in der Zuwanderungsdiskussion nicht einfach die Religion sondern ein Code für Fremdheit. Religion und Herkunft werden nicht miteinander verknüpft, sondern sind Codes für eine besonders große Fremdheit die bei uns Probleme verursacht.
Ab einem gewissen Ausmaß an Fremdheit wird diese von vielen als Problem empfunden, weil sie einen Gegensatz und keine Ähnlichkeit darstellt und die größte Gemeinsamkeit vieler großer und sehr großer Gruppen welche diese Schwelle der Fremdheit überschreiten, ist nun einmal in der Österreichischen und Europäischen Realität der Islam.


Quote
Bankert

12. Jänner 2017, 08:55:26

aufs Simpelste ausgedrückt: Die Linken haben Angst als Rassisten zu gelten, obwohl Religion keine Ethnie ist. Dabei waren die alten Linken religionskritisch.


Quote
früherhättsdesnetgeben

11. Jänner 2017, 16:54:23

Ein langer Artikel für einen einfachen Zusammenhang: Religionskritik hat nichts mit Rassismus zu tun.

Was wir bei unserer eigenen Religion täglich leben, die Sozis allen voran, sollten wir endlich einmal auch auf andere Religionen anwenden. Kritik am Papst ist ja auch keine Kritik an den (mehrheitlich katholischen) Österreichern, also warum sollte das beim Islam anders sein? Wenn der Papst Frauen das Priestertum verwehrt gibt es einen Aufschrei, beim Islam kräht kein Hahn danach.


Quote
cba

11. Jänner 2017, 17:27:36

> Religionskritik hat nichts mit Rassismus zu tun

zeitgenössischer rassimus tarnt sich häufig als 'religionskritik'


Quote
Hans Müller1

11. Jänner 2017, 16:39:21

naja, ist schwierig zu trennen, denn im Islam gibt's keine Glaubens- und Gewissensfreiheit. Man braucht nur mit einem Türken mal drüber reden warum er nicht x oder y macht (gegen den Willen der Familie) - die Antwort ist meistens einfach nur: "Du hast keine Ahnung wie das bei uns ist".  ...


...
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 16, 2019, 09:03:26 AM
Quote[...] In den USA scheint derzeit ein Wettstreit abzulaufen, wer das schärfste Abtreibungsrecht verabschieden kann. Genauer gesagt sind es die republikanischen Hochburgen, die sich hier zu überbieten versuchen. Jüngstes Beispiel ist Alabama, jener Bundesstaat im amerikanischen Süden, in dem die Zustimmung zu US-Präsident Donald Trump regelmäßig einen landesweiten Spitzenwert einnimmt.

Mit einer Mehrheit von 25 zu sechs Stimmen verabschiedete der Senat von Alabama am späten Dienstagabend (Ortszeit) das wohl schärfste Abtreibungsgesetz des Landes. Wohlgemerkt: mit 25 Stimmen ausschließlich weißer Männer. Es gibt dort überhaupt nur vier Senatorinnen, und diese gehören alle der Demokratischen Partei an.

Das Gesetz, so es denn wie erwartet von der republikanischen Gouverneurin Kay Ivey unterzeichnet wird, würde fast alle Schwangerschaftsabbrüche untersagen. Ausnahmen gäbe es nur noch, wenn das Leben der Mutter in Gefahr oder das Kind nicht lebensfähig wäre. Nach einer Vergewaltigung oder in einem Fall von Inzest müsste eine Frau dagegen das Kind zur Welt bringen. Ärzten, die Frauen in einer solchen Notlage helfen wollen, drohen zwischen zehn und 99 Jahren Haft.

Der Aufschrei ist riesig – und prallt doch an der republikanischen Mehrheit ab. Der Oppositionschef Bobby Singleton warf den Unterstützern des neuen Gesetzes vor, sie hätten ,,den Staat Alabama gerade selbst vergewaltigt". Planned Parenthood, eine auf Familienplanung spezialisierte Organisation, sprach von einem ,,dunklen Tag für Frauen in Alabama und dem ganzen Land". Die Politiker des Bundesstaates würden wegen ihrer Entscheidung ,,für immer in Schande leben". Für die Nationale Frauen-Organisation ist das Gesetz schlicht ,,verfassungswidrig".

Welches Leid entsprechende Gesetze mit sich bringen können, zeigt ein aktueller Vorfall in einem anderen Bundesstaat. In Ohio wurde ein elfjähriges Mädchen entführt und vergewaltigt. Sie ist schwanger – und muss das Baby behalten, obwohl sie selbst eigentlich noch zu jung zum Kinderkriegen ist. Dabei ist die Begründung für die Gesetzesverschärfung eigentlich, dass damit die Rechte derjenigen geschützt werden sollen, die ,,am meisten verwundbar" seien.

Solche Extremsituationen drohen nicht nur in Ohio. Auch in Mississippi, Georgia und Kentucky sollen nach dem Willen der Gesetzgeber Frauen nicht mehr abtreiben dürfen, wenn der Herzschlag des Embryos zu hören ist, darum heißen diese Gesetze ,,Heartbeat Bill". Das kann bereits ab der sechsten Woche der Schwangerschaft der Fall sein, zu einem Zeitpunkt, an dem vielen Frauen noch gar nicht klar ist, was sich in ihrem Körper entwickelt. Georgia geht sogar so weit, dass einer werdenden Mutter bei einer Fehlgeburt Ermittlungen und eine Anklage drohen. Hier immerhin sind Vergewaltigung und Inzest Ausnahmen.

Nun ist es so, dass Frauen in den USA seit 1973 grundsätzlich das Recht haben abzutreiben. Diese Entscheidung fällte der Supreme Court in dem Präzedenzfall ,,Roe versus Wade". Alle diese harten Gesetze, die derzeit verabschiedet werden, können daher zunächst auch gar nicht in Kraft treten.

Ihren Befürwortern geht es aber ohnehin um Größeres. Das hat die Republikanerin Terri Collins, die das Gesetz in Alabama eingebracht hat, im Vorfeld deutlich gemacht: ,,Wir wollen ,Roe versus Wade' kippen und den Staaten erlauben vorzugehen, wie sie wollen." Wenn nun Frauen- und Bürgerrechtsgruppen gegen die neuen Gesetze klagen, so das Kalkül, dann steht die Grundsatzentscheidung auf einmal wieder zur Debatte. Und diese Debatte könnte im Supreme Court anders ausgehen als noch vor 46 Jahren.

Dafür hat Trump gesorgt. Gleich zwei konservative Oberste Richter konnte der Präsident in seiner bisherigen Amtszeit bereits nach Washington schicken: Neil Gorsuch und Brett Kavanaugh. Personalentscheidungen, die gerade seine erzkonservativen Anhänger bejubelten – und die Liberalen erbittert bekämpften; sie ahnten, was diese Richterbesetzungen für Folgen haben könnten. Denn auf einmal haben die Anhänger der ,,Pro Life"-Bewegung Grund zur Hoffnung, dass ,,Roe versus Wade" in naher Zukunft doch noch gekippt werden könnte.

Der Präsident weiß, wie wichtig die Evangelikalen für seine Wiederwahl sind. Gerade erst hat er ihnen am ,,Nationalen Gebetstag" Anfang Mai versprochen, er werde eine ,,Kultur des Lebens" aufbauen. Dabei kündigte er an, die Rechte von Ärzten und anderen Gesundheitsmitarbeitern zu stärken, die aus Glaubensgründen keine Abtreibungen oder andere medizinische Eingriffe wie Sterilisation und Sterbehilfe durchführen wollen. Schon jetzt haben Frauen in manchen Staaten Schwierigkeiten, überhaupt noch einen Arzt zu finden, der Abtreibungen durchführt.


Aus: "Abtreibungsgegner machen mobil" (15.05.2019)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/kulturkampf-in-den-usa-abtreibungsgegner-machen-mobil/24345630.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/kulturkampf-in-den-usa-abtreibungsgegner-machen-mobil/24345630.html)

Quotewilhelm 15.05.2019, 17:31 Uhr
Kulturkampf?

[Politiker beugen sich sich den Evangelikalen, die sich an einem Buch aus vorwissenschaftlicher Zeit festgebissen haben, die dieses Buch wörtlich auslegen bis hin zum Kreationismus. Diese Leute glauben, allein durch Berufung auf ihren Gott anderen Menschen Vorschriften machen zu dürfen. Diesen Leuten muss einmal klipp und klar gesagt werden, dass die Zeit, und mit ihr Wissenschaft und Philosophie, nicht bei Abraham und nicht bei Jesus stehen geblieben sind, dass sie zwar glauben können was immer sie wollen, aber mit ihrem Gott und ihrem Glauben keine anderen Menschen zu behelligen haben.]

Ein Kampf archaischer Postulate und Dogmen gegen Wissenschaft und Vernunft. Wären diese Leute nicht in den USA sondern in den Hindu-Regionen Indiens geboren, würden sie mit dem gleichen Eifer und mit der gleichen Inbrunst und mit der gleichen Überzeugen die dort geltende Götter, Dogmen und Rituale verfechten.

Zufall von Zeit und Ort der Geburt als Fundament des Götterglaubens: Dagegen ist selbst Treibsand weit tragfähiger.


...
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 03, 2019, 12:06:02 PM
Quote[...] Die Ibiza-Affäre, auch Strache-Affäre oder Ibizagate genannt, ist ein politischer Skandal in Österreich, der im Mai 2019 zum Bruch der Regierungskoalition aus ÖVP und FPÖ führte. ... Strache und Gudenus unterhalten sich in den bisher bekannten Videoausschnitten mit den beiden anderen Personen über mögliche Großinvestitionen der vermeintlichen Russin in Österreich, mögliche Spenden an die Freiheitliche Partei sowie über eventuelle Gegengeschäfte für solche Investitionen und Spenden. Sie selbst gibt an, mehrere hundert Millionen Euro ihres Vermögens für solche Investitionen bereitstellen zu können.

Strache spricht im Video von einer möglichen Übernahme der Kronen Zeitung, der größten Tageszeitung Österreichs, durch die ,,Russin". In diesem Fall müsse man ,,ganz offen reden". Strache deutet indirekte Beeinflussung der Berichterstattung dadurch an, ,,drei, vier Leute [...] pushen" und ,,drei, vier Leute [...] abservieren" sowie ,,gleich nochmal fünf neue aufbauen" zu wollen. Weiter gibt Strache an, würde die Kronen Zeitung ,,zwei, drei Wochen vor der Wahl" plötzlich die Freiheitliche Partei ,,pushen", wäre bei der Nationalratswahl ein Stimmenanteil von 34 Prozent möglich. Er schlägt auch vor, die Frau könne zur Unterstützung der Freiheitlichen Partei an einen gemeinnützigen Verein spenden, da auf diesem Weg auch bei größeren Geldbeträgen eine Meldung an den Rechnungshof sowie die Gesetze zur Parteienfinanzierung umgangen werden könnten ...

... Der Eurodance-Hit We're Going to Ibiza aus dem Jahr 1999 von der niederländischen Musikgruppe Vengaboys etablierte sich als Protestlied der Affäre und stieg in der Woche, nachdem das Video mit Strache veröffentlicht worden war, in Österreich auf die obersten Chart-Plätze der Streamingdienste. Den Anstoß gab Jan Böhmermann, der das Musikvideo am Tag der Veröffentlichung des Skandalvideos kommentarlos auf Twitter veröffentlicht hat. ...


Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Ibiza-Aff%C3%A4re (https://de.wikipedia.org/wiki/Ibiza-Aff%C3%A4re) (Ibiza-Affäre, Stand:  3. Juni 2019)

Quote[...] Als Hannes Androsch 1981, auf dem Höhepunkt des Consultatio-Skandals, ein Praterlokal betrat, gaben ihm die Gäste, größtenteils Arbeiter, stehende Ovationen. Seine Unschuld war damals noch nicht bewiesen, andernfalls sie wohl nicht applaudiert hätten. Plebejer, die sich keine andere Welt als die verkehrte vorstellen können, mögen den Gauner oder Lottogewinner lieber als den Idealisten, der den Kuchen gerecht verteilen will. Erstere könnte man ja selber sein, und wie sie würde man nichts abgeben davon.

Wer meint, Ibiza-Gate diskreditiere Strache und Spießgesellen, hat bereits bei den EU-Wahlen letzten Sonntag den Beginn einer Kette blauer Wunder erleben können. Wer so denkt, liegt einem größeren Selbstbetrug auf als die FPÖ-Wähler, die nach linker Lesart noch immer verirrte Schäfchen seien, welche in der Verzweiflung darüber, von der Sozialdemokratie rechts liegengelassen worden zu sein, den Rechten in die Arme gelaufen seien.

Alsbald würden sie einsehen, dass die FPÖler keine Sozialisten für unsere Leut' sind, sondern Steigbügelhalter westlichen und östlichen Kapitals. So sieht ein linker Selbstbetrug aus, der liberale aber im Glauben, die rechtsstaatlichen Institutionen seien heilige Tempel, vor denen das Volk erschaudert.

Dem politisch verwaisten FPÖ-Fan haben sich auf Ibiza Ocean Eleven-hafte, coole Jungs dargeboten, die wild und gefährlich leben, auf Augenhöhe mit verhängnisvoll schönen russischen Oligarchinnen pokern und sich stellvertretend für ihn den Anteil am Kuchen, von dem man ihn fernhält, nehmen.

Und zwar mit den Methoden des Gangsterfilms, mit dem man sozialisiert wurde und der weitaus spannender ist als das Streberspiel namens parlamentarische Demokratie. Zum Leidwesen poststrukturalistischer Politologen hat das Ibiza-Video zudem enthüllt, wie primitiv und simpel die Spiele der Macht ablaufen, bei denen es dann doch zugeht wie bei Bertolt Brecht oder im Mobster-Movie: Zack, zack, zack, wer zahlt, schafft an, Glock, Glock, Glock, Kohle her, Redaktionen stürmen, Staat übernehmen, liberaler Konkurrenzunternehmer, missliebiger Journalist – ihr seid so was von tot.

Der Ethnologe und Psychoanalytiker Mario Erdheim hat die Funktionabilität von Soldaten in der institutionellen Verlängerung ihrer Adoleszenz erkannt, im Stoppen ihres Reifungsprozesses, ihrer Individuation.

Dieser Corpsgeist der ihren Offizieren oder "Leibfüchsen" ergebenen großen Jungs überträgt sich – mit allen homoerotischen Implikationen – auf die rechte Bewegung, als Sammelbecken für Männer, die nicht mehr erwachsen werden können.

Rechtes Ressentiment war zunächst der Reaktionsmodus des unteren Mittelstands, der sich schon von politischer Reflexion abgehängt hatte, bevor er sich einbildete, auch sozial abgehängt zu werden. Es übertrug sich wie ein schleichendes Gift auf das Gros der werktätigen Massen.

Diese Menschen, denen man mit einem mannigfaltigen Unterhaltungs- und Freizeitangebot die Fähigkeit ausgetrieben hatte, ihre politischen Rechte wahrzunehmen, zu erkämpfen oder zu verteidigen, nahmen die politische Welt nur noch so wahr wie ihre Vorabendserien, Talkshows und Computerspiele: individualisierend, psychologisierend und durch die Emotionen, welche die sogenannten Kandidaten bei ihnen auslösten.

Diese wiederum designten das politische Spiel den Konsumentenwünschen entgegen. Und inszenierten den rebellischen Bruch mit einer völlig richtig als falsch empfundenen, aber falsch gedeuteten Welt.

Wenn die Rechtswähler etwas verstehen, dann, dass sie von der alten liberalen Ordnung nichts mehr zu erwarten haben – sie spüren den postdemokratischen Schein der riesigen Umverteilungsmaschinerie, richten ihre Aggression aber nicht auf die Lüge der Vernünftigkeit dieser Ordnung, sondern auf die Vernunft selbst: die richtige Grammatik, die Menschenrechte, den Rechtsstaat, die Humanität.

Rechte Agitation ist der ständig in den Startlöchern scharrende Zivilisationsbruch, der die kollektive Enthemmung, kollektiven Sadismus mit der Erzählung von Law and Order und alten emotionalen und territorialen Rechten legitimieren soll.

Die Rechtschreibfehler auf FPÖ-Plakaten, eine beliebte Lachnummer fürs Bildungsbürgertum, waren dessen bewusst gesetzte Provokation, sie sagten nichts als: Diese Sprache gehört uns, und wir werden mit ihr machen, was wir wollen, und so wie der Orthografie wird es euch und euren ausländischen Freunden auch ergehen.

Rechte Bewegungen waren stets nicht nur Magnete und Sammelbecken für Kriminelle, Kriminalität ist ihr Bodensatz und Teil ihres Wesens. Sie sind für alle, die sich halb fühlen in der Welt, das Angebot, über die Halbwelt gesellschaftliche Ohnmacht in Macht weißzuwaschen. Wenn das falsche Ganze schon nicht begriffen wird, muss es in Trümmer geschlagen werden, damit die Halbwelt dessen Platz einnehmen kann.

Der Polizist mit einem Bein im Dealer- und Rotlichtmilieu, Schieber, Psychopathen, Fremdenlegionäre, Provinzspekulanten, Heimatschützer ... die rechte Bewegung ist die Bewegungszone, wo schwere Jungs sich in angesehene Bürger und langweilige bürgerliche Leichtgewichte sich in schwere Jungs verwandeln dürfen.

Die Dreieinigkeit von Warlord, Plünderer und Raubtierunternehmer, der als nationalpopulistischer Commandante oder Cavaliere ins Parlament einzieht, um dieses zu unterwandern, ist das permanente Ideal der vaterlosen Buberlpartien. Daher die Begeisterung für den serbischen Nationalismus.

All das vereint die Ikonografie auf dem Cover von Straches Propagandabiografie mit dem bezeichnenden Titel Vom Rebell zum Staatsmann, worauf er posiert als – Staatsmann, Rapper und Soldat, der eindeutig Assoziationen mit der Fremdenlegion und Fallschirmeinsätzen wecken will.

Dieser Wandel will sich als Bruch verkaufen, vom faschistischen Rabauken zum würdigen Patrioten. Doch Volksnähe und Nation, Ehre und Anstand sind bloß die Etiketten, an denen das Rudel untereinander sich als tiefverwurzelte Dazugehörige erkennt, wenn es in der permanenten Bartholomäusnacht darum gehen wird, Flachwurzler und fremdes Kraut zu jäten.

"Wien darf nicht Chicago werden", dekretierte einst jene Partei, die wie keine andere dafür steht, das zivilisatorische Niveau jenes demokratisch abgesicherten, subtileren Gangstertums, das die Enteignung der Massen zugunsten von Konzernen und Banken managt, auf das von Chicago 1927 und vielmehr Moskau 1993 zu senken.

Wie östliche Oligarchen nach ihren Gangsterkriegen um die postsowjetische Verschubmasse als Feudalherren, Nationalfaschisten und richtige Kerle und "richtig schoafe Weiber" posieren, fungiert als das große romantisierte Vorbild der kleinen Jungs, die mit ihren Glocks und ersehnten Mehrheiten an einflussreichen Zeitungen spielen.

Richtige FPÖ-Wähler schrecken Kriminalität und Peinlichkeit nicht ab. Darum haben sie die Partei ja gewählt. Sie wählten ihre eigene Peinlichkeit an die Macht, eine Peinlichkeit, mit der sie sich identifizieren können, um den Preis, sich das letzte Hemd ausziehen zu lassen, und den Deal, dass wenigstens Migranten sich nicht einmal ihrer Haut sicher sein dürfen.

Und wenn sie sich von ihren chronisch adoleszenten Über-Ichs vorübergehend abwenden, dann nicht aus staatsbürgerlicher Einsicht, sondern weil andere Über-Ichs, z. B. Kronen Zeitung und Kurz, sich in dieser Universum-Folge einstweilen durchgesetzt haben.

Kein Grund, sich ihnen überlegen zu fühlen. Denn die kognitive Verzerrung in der politischen Wahrnehmung geht durch alle Bevölkerungs- und Bildungsschichten. Das merkt man vor allem am Wunschdenken, die liberalen Besitzstandwahrer des Kapitals gäben ein zivilisatorisches Bollwerk gegen die rechten Horden ab. Sie sind es, welche die sozialen Flurschäden verantworten, die nun von der braunen Suppe geflutet werden.



Aus: "Die Freiheitlichen: Kleinspurganoven und ihr großes Ding" Essay Richard Schuberth (1.6.2019)
Quelle: https://derstandard.at/2000104117573/Kleinspurganoven-und-ihr-grosses-Ding (https://derstandard.at/2000104117573/Kleinspurganoven-und-ihr-grosses-Ding)

Quote
submarino

Gute Analyse. Leider.


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plainberg

wie hat es einmal geheissen, die fpö ist die partei der anständigen und tüchtigen


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Wolfxxi

Dieser Artikel bedient die Vorstellungen der Menschen, meist Maturanten und Akademiker, welche weit weg von den Problemen der breiten Masse ihr Leben genießen dürfen.
Mit den wahren Gefühlen und Überlegungen der angesprochenen Wähler hat dies kaum zu tun.
Quasi gutmenschliche Kundenbindungsstrategie damit der Teil der Wählerschaft welcher auf den "einfachen" FPÖ Wähler herabsieht bestätigt wird.
Für mich eine Art intellektuelle Variante eines Rattengedichtes.


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Cicero22

"Der Ethnologe und Psychoanalytiker Mario Erdheim hat die Funktionabilität von Soldaten in der institutionellen Verlängerung ihrer Adoleszenz erkannt, im Stoppen ihres Reifungsprozesses, ihrer Individuation. Dieser Corpsgeist der ihren Offizieren oder "Leibfüchsen" ergebenen großen Jungs überträgt sich – mit allen homoerotischen Implikationen – auf die rechte Bewegung, als Sammelbecken für Männer, die nicht mehr erwachsen werden können."

Interessant. Ich habe mir auch schon überlegt, weshalb der 43-jährige Gudenus oder der 50-jährige Strache sich in dem Video kaum von meinem 13 jährigen Sohn unterscheiden. Das Ganze wirkt wirklich stark pubertär und die Protagonisten als extrem unreif. Wie halbstarke Jungs mit Entwicklungsverzögerung.


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Joseph Yossarian

Rechtspopulistische Parteien wie die FPÖ wurden immer als merkwürdige Allianz von Täuschern und Getäuschten gesehen. Der Essay nimmt diese These auseinander und zeigt auf, dass der Getäuschte eigentlich davon träumt zu den Täuschern zu gehören. Ibiza als Wichsvorlage. Macht Sinn.


QuoteAruanda

Apropos kriminelle Energie: Wie stehts mit der Aufklärung der strafrechtswidrigen Auspioniererei und Veröffentlichung? In anderen Ländern weiss man offenbar schon einiges ("Russische Oligarchenichte" ist bosnische Studentin). In Österreich wird offen
bar nicht sonderlicher Wert auf die Aufklärung gelegt, man ist mehr dabei, die Ausspionierten medial zu erledigen. ...


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mir wird schlecht

den vorfall als spionage zu bezeichnen, bestätigt nur die obige zusammenfassung!


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Hey Hey, My My

Selbst Sonderschüler verstehen, dass sich die beiden "Helden" selbst erledigt haben. Die Nichte ist ziemlich irrelvant.

Aber anderer Frage: Habe gerade einen interessanten Essay gelesen und möchte die Probe aufs Exempel machen: Schlägt dein kleinkriminelles Herz nicht höher, wenn zwei du..e Kleinkriminelle von anderen Kleinkriminellen übers Ohr gehauen werden?


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Gerichtlich beeideter Deutschprofessor

Das ist eben die Infantilisierung der Politik.
Findet schon seit Jahrzehnten statt. Haider war einer der ersten, die erkannt haben, dass es sinnlos ist, die Wähler als Erwachsene anzusprechen und zu behandeln. Wer das erwartet, findet heute in Österreich praktisch keine Partei und keinen Politiker mehr, die ihm wählbar erscheinen.


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mowox

Berlusconi - Syndrom
ich will auch so ein Gauner sein der die Puppen tanzen lässt .....


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hotzenplotz1

Schon als Berlusconi Anfang 1990-er zum ersten Mal kandidierte, lobten ihn viele Italiener nicht trotz - sondern wegen - seiner Mafia-Kontakte.


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madeingermany

Die FPÖ macht mit ihren Wählern das, was Zuhälter mit Prostituierten machen: das Angstmachen-Beschützer-Spielchen. ...


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Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 11, 2019, 10:02:30 AM
Quote[...] Eine Soziologie-Professorin und Islam-Expertin kündigte kürzlich eine Podiumsdiskussion über "Das islamische Kopftuch - Symbol der Würde oder der Unterdrückung?" an. Dazu lud sie streitbare Kontrahentinnen ein, die von einer Befürworterin des Kopftuchs als "Schleier der Freiheit" bis zu dezidierten Islam-Kritikerinnen reichten, darunter auch die stets polarisierende Krawallschachtel Alice Schwarzer.

Eine studentische "Initiative gegen anti-muslimischen Rassismus" warf der Professorin daraufhin sogleich Rassismus vor, forderte ein Verbot der Veranstaltung und - ihre Entlassung. Der Asta der Universität nannte dies eine "Hetzkampagne" und stellte sich hinter die Veranstaltung; eine solche Diskussion müsse möglich sein. Die Universitätsleitung unterstützte die Professorin ebenfalls und wies die vorgetragenen Ansinnen zurück.

Die Veranstaltung fand schließlich statt; dabei wurden die bekannten Standpunkte ausgetauscht, die von der Charakterisierung des Kopftuchs "als Flagge des politischen Islam" (Alice Schwarzer) bis zur von der Theologin Dina El Omari vorgetragenen Position reichten, es als "Zeichen einer selbstbestimmten Spiritualität" zu interpretieren. Vor dem Veranstaltungssaal hatten sich parallel die Kritiker*innen lautstark versammelt. Andere Podiumsteilnehmer*innen stellten das Kopftuch als Zwang dar, von dem die Frauen befreit werden müssten (Islamwissenschaftler Abdel-Hakim Ourghi) oder bezeichneten es als Symbol der "sexuellen Apartheid", wie die Publizistin Nekla Kelec.

Was ist von der Kritik an der Veranstaltung als Forum, Ausdruck eines anti-muslimischen Rassismus zu halten? Wie immer muss man genau hinschauen und differenzieren:

1. Anti-muslimischen Rassismus gibt es bekanntermaßen auf Seiten insbesondere der völkischen Rechten durchaus: Der Islam gerät hier zum Sinn- und Zerrbild "fremdartiger" religiöser und kultureller Praktiken, die nicht zur Kultur und modernen Sichtweise des "abendländischen" Christentums passen würden - wie wenn in dessen Rahmen nicht fast zwei Jahrtausende lang ähnlicher Unsinn verzapft und nicht weniger vernunftfreie Ge- und Verbote praktiziert worden wären; erst die "Aufklärung" und der moderne Staat haben das religiöse Regelwerk ein Stück weit ins Privatleben zurückgestutzt; und auch dies (gerade in Deutschland) nur unvollständig. Mit Frauen hat der Katholizismus bekanntlich auch heute noch ein Problem und Kopftücher wurden von diesen bis in die 50er Jahre hinein gerade in den katholischen Landgemeinden ganz selbstverständlich getragen - wie heute noch in Polen und im christlich-orthodoxen Russland.

2. Die Religion dient hier als Sinnbild für das identitär Fremde, das nicht Integrierbare, was in praktischer Perspektive unsinnig ist: Können sich Zuwanderer ins alltägliche Leben integrieren, passen sie erfahrungsgemäß auch ihre religiösen Praktiken an diesen Integrationserfolg an. Gelingt die Integration nicht bzw. wird sie verweigert, kann eine mögliche Reaktion darin bestehen, dass nun trotzig die eigene "Identität" hochgehalten wird - mehr hat man ja nicht mehr vorzuweisen ....

3. Aber: Rechtfertigt dies die Zurückweisung jeglicher kritischen Diskussion über (zumindest von Teilen der Flüchtlinge praktizierten) den Islam, dessen Frauenbild und seine Geboten? Besteht die Akzeptanz islamischer Personen darin, dass man ihre Auffassungen für sakrosankt erklärt und sich nicht mehr kritisch damit auseinandersetzt?

Das kann nicht sein und führt zu einem "umgekehrten" Rassismus: Der religiöse Glaube oder bestimmte kulturell-soziale Praktiken werden zu qua regionaler Herkunft oder kultureller Zugehörigkeit untrennbar mit bestimmten Individuen verbundenen Wesensmerkmalen erklärt, so dass die Kritik daran gleich als unzulässige Infragestellung der Person, ihrer ominösen "Identität" erscheint. Eine derartige Identitätsbestimmung naturalisiert veränderliche Ideen, Glaubensvorstellungen, Positionen und Handlungsweisen und stellt insofern eine Elementarform eines modernisierten, kulturellen Rassismus dar.

4. Boris Palmer hat in einer SPIEGEL-Diskussion mit Hasnain Kazim eine rationelle Unterscheidung dazu getroffen - und dies gilt unabhängig davon, wie man Palmers Äußerungen zu manchen anderen Themen beurteilen mag!

Wer z.B. als Jude antisemitisch angegriffen wird, kann sich als Jude betroffen fühlen (und selbst das ist nicht selbstverständlich - vielleicht sieht er sich trotz Herkunft gar nicht mehr als Jude, sondern ist religionsfrei in Alltagspraxis und Denkweise!). Aber sich als Jude betroffen zu fühlen, wenn z.B. die Politik Netanjahus oder der israelische Umgang mit den Palästinensern kritisiert wird, stellt eine krasse Themaverfehlung dar: Israelische Politik, eine zionistische Staatsauffassung oder politische Konzepte bezüglich des Umgangs mit den arabischen Nachbarn sind kein natürlicher Bestandteil einer wie auch immer modellierten "jüdischen Identität", sondern der allgemeinen Diskussion und Beurteilung zugängliche politische Positionen, die objektiviert, als frei flottierende Standpunkte existieren und von vielen geteilt oder verworfen werden können, ohne dass diese dadurch ihre "Persönlichkeit" aufgeben müssen.

Eine "Opferidentität" für sich zu reklamieren, heißt, eine Eigenschaft wie die Religionszugehörigkeit und das Festhalten am damit verbundenen Regelwerk als Freibrief für eine Generalabsolution zu missbrauchen: Die reklamierte "Identität" begründet eine schützenswerte Sonderrolle als diskursfreien Raum, in dem die Auffassungen und Handlungsweisen des "identitären" Opfers keiner kritischen Analyse und begründeten Zurückweisung mehr unterzogen werden dürfen.

Derartige Zurückweisungen können in aufgeklärten Diskussionszusammenhängen natürlich nur in Gegenargumenten, also argumentativen Denkangeboten, bestehen, die bei Annahme eine neue Sicht auf das eigene Leben, Denken und Meinen ermöglichen. Damit muss keineswegs schon feststehen, dass man zufällig in eine muslimische oder katholische Familie hineingeboren wurde. Die Identität macht aus diesem Zufall eine Notwendigkeit, die sich auf liebgewonnene Denk- und Verhaltensgewohnheiten beruft, die qua schierer Existenz der kritischen Betrachtung entzogen sind, da sich das jeweilige Individuum als damit untrennbar verwachsen ansieht - eine zutiefst diskursfeindliche, strukturkonservative Grundhaltung.


Aus: "Zur Kritik der Identitätspolitik" Rainer Schreiber (10. Juni 2019)
Quelle: https://www.heise.de/tp/features/Zur-Kritik-der-Identitaetspolitik-4437188.html (https://www.heise.de/tp/features/Zur-Kritik-der-Identitaetspolitik-4437188.html)

Quotemedienskeptiker, 10.06.2019 16:25

Ein Kopftuch zu tragen,ist eine veraltete Tradition.So wie Männer mit Krawatten

Oder noch bizarrer Juden mit Hut und Haargeflechten. Eine Gesellschaft die auf Menschen in veralteten Kleidungsstilen losgeht ist halt ebenso verknöchert und verschlossen.
Die Behauptung jede Frau die ein Kopftuch trägt-oder Muslima-Nonne oder bäuerliche Frau in Osteuropa wäre an sich schon unterdrückt - ist möglih aber als generelle Beschuldigung natürlich völlig unsinnig und abzulehnen.
Die Intensität und Emotionalität die dieser Frage zugeordnet wird - ist ein klares Zeichen wie hinterwäldlerisch unsere Gesellschaft in Wirklichkeit tatsächlich noch sind.


Quote

    zimmet, 10.06.2019 16:32

Identitätspolitik in 50 Sekunden

"Life of Brian", "Ihr seid alle völlig verschieden!"

https://www.youtube.com/watch?v=rhJCQCk3sO0 (https://www.youtube.com/watch?v=rhJCQCk3sO0)


Quotecybergorf, 10.06.2019 18:33

leider ist die deutsche Übersetzung hier Mist

Es kommt der Satz: "think for yourselves!"

Was dann aber falsch mit "ihr müsst nur an euch selbst denken!" übersetzt wird.

Gemeint ist aber "fangt an selbst zu denken!"


QuoteSchlafender Drache, 10.06.2019 19:20

Und was ist mit Bärten?

Damit kann man mittlerweile auch als BIO-Deutscher schon mal aus dem Kirmeszelt fliegen. ...


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Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 26, 2019, 09:34:17 AM
Quote[...] Der Innenausschuss des Bundestages hat eine Gesetzesvorlage beschlossen, die strengere Regeln für die Verleihung der deutschen Staatsbürgerschaft vorsieht. Das gab die Pressestelle des Bundestages bekannt. Mit den Stimmen von Union und SPD sprach sich eine Mehrheit des Ausschusses für die Änderungen aus. In dem Entwurf heißt es unter anderem, die Einbürgerung werde von der "Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse" abhängig gemacht.

Nach eigener Aussage zielt die große Koalition mit dieser Klausel auf Vielehen ab: Wer mehr als einen Ehepartner habe, soll von der Einbürgerung ausgeschlossen sein. In einer Stellungnahme der Bundesregierung heißt es dazu: "Der über die Einbürgerung bewirkte Zugang zum Staatsvolk stellt bestimmte Anforderungen an die Identifikation mit dem bestehenden Gemeinwesen auf, die nicht erfüllt sind, wenn der Einbürgerungsbewerber mit einem weiteren oder mehreren Ehegatten verheiratet ist. Der Grundsatz der Einehe ist in der Bundesrepublik Deutschland verfassungs- und strafrechtlich verankert." Das gelte auch dann, wenn die Doppelehe nach ausländischem Recht wirksam geschlossen worden sei und nicht gegen deutsches Strafrecht verstoße.

Im Prozess der Einbürgerung könne es von einem Einbürgerungskandidaten allerdings nicht verlangt werden, mit Dokumenten zu bezeugen, dass er nicht in mehr als einer Ehe lebe. Die Forderung derartiger Nachweise würde "mit praktischen und regelmäßig unzumutbaren Schwierigkeiten einhergehen", heißt es in dem Papier.

Die Opposition kritisierte die Formulierung zur "Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse": Die Grünen-Abgeordnete Filiz Polat nannte den Passus ein "schwammiges Kriterium", das in der Praxis weitreichende Auswirkungen auf das Leben aller Migrantinnen und Migranten in Deutschland haben werde. "Mit diesem Gesetz versucht die Union ohne Not, das Leitkulturprinzip im Staatsangehörigkeitsrecht zu verankern", sagte Polat.

Zustimmend äußerte sich hingegen die FDP: Es sei richtig, "klarzustellen, dass eine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse die Voraussetzung für eine Einbürgerung ist – und das insbesondere eine Mehrehe ausschließt", sagte die Generalsekretärin der Liberalen, Linda Teuteberg. Der Gesetzesentwurf leiste einen wichtigen Beitrag, "um die Werte unserer offenen, liberalen Gesellschaft konkret zu verteidigen".

Der Gesetzesentwurf, der dem Bundestag am Donnerstag vorgelegt werden soll, führt noch weitere Regeln zum Umgang mit der deutschen Staatsbürgerschaft an: So soll es etwa möglich sein, Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft den deutschen Pass zu entziehen, wenn sie einer Terrorgruppe – etwa dem sogenannten "Islamischen Staat" (IS) – angehörten.

Die Änderungen des Staatsangehörigkeitsrechts sollen demnach veranlassen, dass Deutsche, "die sich ins Ausland begeben und dort an Kampfhandlungen für eine Terrormiliz konkret beteiligt haben und dadurch zum Ausdruck bringen, dass sie sich von Deutschland und seinen grundlegenden Werten ab- und einer anderen ausländischen Macht in Gestalt einer Terrormiliz zugewandt haben", die deutsche Staatsangehörigkeit kraft Gesetzes verlieren, wenn sie noch eine andere Staatsangehörigkeit besitzen. Nicht möglich sei es auch in Zukunft, einem Mitglied einer ausländischen Terrorgruppe die deutsche Staatsangehörigkeit zu entziehen, wenn der Betroffene dadurch staatenlos werden würde.

Diese Regelung dürfe jedoch nicht rückwirkend angewendet werden. Menschen mit deutschem Pass, die sich dem IS angeschlossen hätten, aber bereits zurückgekehrt seien, seien nicht betroffen. Für Fälle von Kämpfern der Terrormiliz, die die deutsche und eine weitere Staatsangehörigkeit hätten und sich weiterhin in den verbleibenden Rückzugsgebieten der IS-Miliz aufhielten, könne die Neuregelung aber angewendet werden.

Des Weiteren sei es mit dem neuen Gesetz möglich, Menschen, die sich die Einbürgerung durch falsche Angaben erschlichen hätten, auch noch zehn Jahre nach Verleihung der Staatsbürgerschaft den deutschen Pass zu entziehen. Bislang konnte die deutsche Staatsbürgerschaft in solchen Fällen höchstens fünf Jahre nach der Einbürgerung wieder aberkannt werden.


Aus: "Deutsche Staatsangehörigkeit: Menschen in Vielehe soll Staatsbürgerschaft verwehrt werden" (25. Juni 2019)
Quelle: https://www.zeit.de/politik/deutschland/2019-06/deutsche-staatsangehoerigkeit-staatsbuergerschaft-gesetzesentwurf-grosse-koalition (https://www.zeit.de/politik/deutschland/2019-06/deutsche-staatsangehoerigkeit-staatsbuergerschaft-gesetzesentwurf-grosse-koalition)

Quoteübermüdete Stationsärztin #4

"Der Grundsatz der Einehe ist in der Bundesrepublik Deutschland verfassungs- und strafrechtlich verankert."

In anderen Kulturen ist das anders. ...


Quoteke1ner #4.12

Die Einehe ist vor allem eine christliche Tradition, und sehr leicht identifizierbar ist, dass sich hier auch ganz ohne Einfluss von außen etwas ändert.

Bis vor kurzem nämlich war der höchste Repräsentant der Bundesrepublik Deutschland der protestantische Pfarrer Joachim Gauck, 'mehr Toleranz für Rechte'.

Gauck ist seit Jahrzehnten verheiratet, an seiner Seite allerdings hat ihn z.B. bei seinen Reisen ins Ausland seine faktische 'Zweitfrau', die Journalistin Daniela Schadt - >>Sie war, wie vor ihr die Ehefrauen aller vorheriger Bundespräsidenten, Schirmherrin von UNICEF [6] und des Müttergenesungswerkes. [7]<< (Wikipedia) - begleitet, die auch sonst repräsentative und karitative Aufgaben an seiner Seite wahrgenommen hat.

Gauck war Kandidat der GroKo, durchgesetzt seinerzeit von Sigmar Gabriel - wie war's denn um Gaucks "Einordnung in deutsche Lebensverhältnisse" bestellt?

Doppelmoral und Kleingeistigkeit, heuchlerisches Fischen am rechten Rand - viel mehr fällt mir zu sowas nicht mehr ein


QuoteKiretep #4.51

Ihr Kommentar träfe ins schwarze, wenn Gauck darauf bestünde seine "Zweitfrau" rechtlich zusätzlich zur "Erstfrau"privilegieren zu lassen. Was bei der unterkomplexen Argumentation; "Viele andere haben auch Frau und Freundin" offenbar absichtlich ausgeblendet wird, ist die einfach Tatsache das die Freundin im Gegensatz zur Ehefrau/Mann/o.Ä. keinerlei rechtliche Privilegien genießt.
Also in einfach: Jeder, egal ob Moslem,Bundespräsident, oder Busfahrer kann sich beliebige Anzahl an Partnern suchen, ehelichen, und damit rechtlich privilegieren lassen aber nur einen von ihnen. Warum sollte hier für Migranten eine Ausnahme gemacht werden?


Quote
Tanja Gönner #4.14

Art. 6 Absatz 1 GG garantiert den rechtlichen Bestand der Ehe und spricht ihr und der Familie einen besonderen Schutz zu.
Die legal in anderen Ländern geschlossene Ehe hier willkürlich auflösen zu wollen dürfte Art. 6 widersprechen.
Wo lesen sie im GG ab, dass nur Homo- und Hetero Einehen mit dem GG vereinbar wären?


QuoteUnd_die Sintflut gab es doch #4.24

Man fragt sich, was der nächste Schritt sein wird.
Auch verblüfft die Vehemenz, mit der hier viele gegen Kultur und Werte sowie gegen womögliche Pflichten von ungebetenen Gästen agitieren.
Wird bald auch die körperliche Züchtigung von Frauen diskutiert werden?
Das Problem von Zwangsehen gerade auch minderjähriger Wirtschaftsmigrantinnen ist an Berliner Schulen jetzt schon virulent.
https://www.morgenpost.de/berlin/article226179953/Sommerferien-Risiko-fuer-Teenager-Zwangsehen.html (https://www.morgenpost.de/berlin/article226179953/Sommerferien-Risiko-fuer-Teenager-Zwangsehen.html)
Wo ist nur das Problem, das bviele mit Kultur haben?
Das "Hausrecht" ist doch sonst so heilig.


QuoteEddaSchwarz #4.27

Kultur entwickelt sich fast mit jeder neuen Generation ein bisschen weiter. Warum wohl musste meine Mutter um ihre erste Jeanshose kämpfen, während ich selbstverständlich als Mädchen mehr Hosen wie Röcke getragen habe? Warum durfte meine Mutter früher nur auf eine Party wenn ihr Zwillingsbruder auch dort war, mir aber lediglich Geld fürs Taxi in die Hand gedrückt wurde? Das Handbuch für Ehefrauen gibt es heute auch nicht mehr.


Quote
Philosoph77 #4.52

Die Kommune und Vielweiberei sind bei uns auch bekannt, nur eben in wilder Ehe und nicht im Rahmen einer offiziellen Familie. Ich Waage zu behaupten, das in Deutschland mehr nichtreligiöse Polyamoristen leben, welche in einer Gemeinschaft zusammen leben, als irgendwelche religiösen mit 2 oder mehr Frauen.


Quote
Tobilerone #4.53

in manch anderen Kulturen heiratet man auch oft Blutsverwandte, wollen wir das dann auch?


Quotespiegelwechsler #5

Deutsche Verhältnisse.
Also Frau und Geliebte statt 2 Frauen.


QuoteOestlichsterDeutscher #7

Hab mal gehört einige Menschen in Deutschland haben neben ihren Ehepartner, noch jemand anderen für Intimitäten. Es soll ja sogar in diesem digitalen Neuland ganze Portale geben, wo verheiratete Menschen, jemand anderen kennenlernen können.


QuoteSnake Plissken #7.1

Daraus leiten sich aber keine Pflichten für die Gesellschaft, sprich den Steuerzahler ab. Daher ist mir das egal.


QuoteOestlichsterDeutscher #7.2

Ob das so einfach ist? Wer zahlt z.B. für uneheliche Babys, die in der Babyklappe landen? Oder für Partnerinnen, die sich aufgrund eines aufgedeckten Seitensprunges trennen und auf finanzielle Hilfe angewiesen sind? [Die Aussage, dass die Konsequenz eines Seitensprunges, keine gesellschaftlichen Pflichten mit sich ziehen ist eindeutig falsch.]


QuoteBlack Rose #7.6

Aussereheliche Geliebte haben aber keinen Anspruch auf Familienversicherung, Steuervergünstigungen, Ehegattensplitting etc. [In Ländern, in denen die Vielehe erlaubt ist, gibt es in der Regel keine Sozialhilfe - das ist ein Grund, warum ein Mann mehrere Frauen heiraten darf.]


QuoteBinane #18

Die Grünen haben hier recht, dieser schwammige Begriff "Einordnung in deutsche Lebensverhältnisse" kann durchaus zu Missbrauch führen. Was sind deutsche Lebensverhältnisse und in wie weit darf man abweichen? Zur Vielehe, das wäre doch einfach anders zu regeln. Wer die deutsche Staatsbürgerschaft hat und mit mehreren Frauen oder Männern verheiratet ist macht sich strafbar. Die Annullierung nach deutschem Recht sollte doch dann problemlos möglich sein. Somit findet dann auch kein Sozialmissbrauch, Nachzug etc. mehr statt.


Quote
123Valentino #20

Ich halte die Polygamie noch unerträglicher als die Monogamie, das bringt mich zur Frage was machen wir mit mehrfach Geschiedenen?
Ich denke da an Herrn Schroeder und an Herrn Matthäus.


Quotefritzmario #20.1

Zustimmung. Ich habe schon Probleme damit, mir nur einen Hochzeitstag zu merken.


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Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 24, 2019, 12:37:19 PM
Quote[...] Ein Vierteljahrhundert nach dem Erscheinen von Samuel P. Huntingtons "Kampf der Kulturen" (im Original unter dem weniger reißerischen Titel "Clash of Cultures") ist dieser vermeintliche Kampf in aller Munde. Und auf den ersten oberflächlichen Blick kann es tatsächlich scheinen, als habe Huntington Recht behalten: Dass globale Konflikte entlang kultureller "Bruchlinien" entstehen, dass die großen politischen Machtkämpfe zwischen den Blöcken der westlichen Welt, China und dem islamischen Kulturraum ausgetragen werden.

Doch das war schon Mitte der Neunziger falsch und vor allem grob vereinfachend. Kulturelle und nationalstaatliche Grenzen waren für Huntington mehr oder weniger absolut. Eine auch durch das Internet globalisierte Welt, in der kulturelle Übergänge fließend sind, war für ihn allenfalls in Ansätzen vorstellbar - und das wurde auch damals schon kenntnisreich kritisiert, von den logischen Brüchen und anderen Unzulänglichkeiten seines Theoriegebildes ganz zu schweigen.

In einem anderen Punkt kam er der Wahrheit deutlich näher: Dem Niedergang der westlichen Vorherrschaft in der Welt, die nie auf den moralischen Ansprüchen von Werten sowie der theoretischen Überlegenheit des demokratisch-parlamentarischen Systems bestand, sondern auf militärischer und ökonomischer Gewalt sowie einem hegemonialen kulturellen Anspruch.

Bahman Nirumand sprach von "Menschenrechten als Alibi": Der Westen wird im Osten vor allem deshalb nicht ernstgenommen und anerkannt, weil das Gerede von Menschenrechten und Demokratie regelmäßig mit Ausbeutung, Bomben und der Unterstützung von Autokraten konterkariert wird.

Dass Kultur eine bestenfalls geringe Rolle im globalpolitischen Theater spielt, sobald es um Geld, Macht, Einfluss und geostrategische Interessen geht, zeigt das Verhältnis zu zwei Ländern im Nahen Osten. Das saudische Regime, das eines der repressivsten der Welt ist, wird von den USA und Europa hofiert.

Zugleich steht Iran immer wieder in der Schusslinie, wird mit Sanktionen überzogen und mit Krieg bedroht - was nicht zuletzt daran liegt, dass die iranischen den saudischen Interessen zuwiderlaufen. Dass Iran einst auf einem ziemlich guten Weg hin zu einer parlamentarischen Demokratie war und dass diese vom Westen zugunsten eines Militärregimes im Jahr 1953 weggeputscht wurde, hat man dort keineswegs vergessen.

Es ist eher so, dass Huntingtons Theorien zur selbsterfüllenden Prophezeiung wurden, was die weltpolitischen Konfliktlinien betrifft - weil sie so praktisch waren und sich nach dem Ende des Kalten Krieges eine ganze Menge westlicher Politiker und Thinktanks daran orientierten. Das führte dazu, dass heute, im Jahr 2019, nicht nur denkfaule Journalisten, sondern auch zahllose Menschen in aller Welt - und keineswegs nur die Rechtsradikalen mit ihrem identitären Gewäsch - den Kampf der Kulturen im Munde führen schon auf der simplen Ebene des Privaten.

Wenn es zum Beispiel um die hanebüchene Erkenntnis gehen soll, dass Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen nicht miteinander können (in der Regel sind der "westliche" und der "islamische" gemeint, womit schon vom Ansatz her zwei Dinge in einen Topf geworfen werden, die darin nichts zu suchen haben - eine geografische Verortung und eine religiöse).

Bevor man auf so einen Zug aufspringt, sollte man die Frage stellen, was eigentlich kulturelle Unterschiede ausmacht, und weshalb diese nicht genauso viel Gemeinsames wie Trennendes haben könnten. Man muss dafür nicht Philosophie und Kulturwissenschaft bemühen. Es genügt schon, den Blick auf den Alltag zu werfen.

Es gibt Erfahrungen, die wohl jeder kennt, der längere Zeit im Ausland gelebt hat. Mal fällt es schwer, sich einzuleben, mal kommt man sofort an und fühlt sich wohl. So ging es mir mit der Türkei. Istanbul wurde für mich rasch zu einer Stadt, in der ich mich ebensosehr heimisch fühlte wie in Köln.

Der Übergang war nahtlos, schon beim ersten Besuch vor vielen Jahren. Kulturelle Unterschiede, die Probleme bereitet hätten? Nicht vorhanden. Um Missverständnisse zu vermeiden: Ja, natürlich läuft das Leben in der Türkei anders als in Deutschland. Aber das bedeutet nicht, dass es (für mich) nennenswert schwieriger war, mich zurechtzufinden und gut zu leben. Das vermeintlich kulturell Trennende hat nie eine nennenswerte Rolle gespielt.

Wer nun einwendet, dass Istanbul nicht die Türkei ist und es beträchtliche Unterschiede zum anatolischen Kernland gibt, der hat durchaus Recht. Allerdings werden diese Unterschiede kleiner. Zwar gibt es in Istanbul die sehr offenen, multikulturell geprägten Stadtviertel, in denen sich vielfach auf den ersten Blick auch das findet, was vereinfachend als "westliche Einflüsse" gelabelt wird.

Es gibt aber neben Taksim, Cihangir oder Kadiköy auch noch Üsküdar oder Fatih oder Eyüp - die konservativen, islamisch und anatolisch geprägten Ecken, in denen Alltag und Atmosphäre anders sind. Und auch die Kommunikation. Ich habe Istanbuler aus den ersten Vierteln erlebt, die sich geweigert haben, in letztere einen Fuß zu setzen. Aufgrund vermeintlich kultureller Differenzen.

Bei genauerem Nachfragen waren es dann doch oft eher Wahlzettel-Differenzen, die sich inzwischen auch wieder nivellieren - so hat Üsküdar, das eigentlich traditionelles AKP-Gebiet ist, der AKP zuletzt im Wahllokal die Unterstützung versagt. Die Kulturbruchlinien existieren mehr in den Köpfen als in der Realität.

Mitunter erscheinen mir die kulturellen und Mentalitätsunterschiede zwischen innerdeutschen Städten und Bundesländern größer als zwischen Rhein und Goldenem Horn. Die Rheinländer ticken anders als die Hamburger, die Kölner anders als die Düsseldorfer, die Frankfurter anders als die Berliner. Wer aus Köln daran gewohnt ist, dass auch Fremde einen mitunter verkumpelten, direkt duzenden Umgang pflegen, wird in Hamburg erstmal vor eine Wand rennen.

Aber beide Mentalitäten haben ihren ganz eigenen Charme. Natürlich kann der auch mal zu viel werden. Der Kölner Karneval, dieses enthemmte Saufgelage der Biedermeier, gilt ja gemeinhin auch als Kultur. Trotzdem fühle ich mich darin fremder als in der anatolischsten Ecke Istanbuls - und flüchte daher jedes Jahr vor dem Frohsinn in den Norden und genieße dort die Zurückhaltung und höfliche Reserviertheit.

Am Ende scheint mir die Bruchlinie zwischen den sozialen- und Bildungsschichten deutlich größer und auch relevanter als die zwischen westlicher und östlicher, christlicher und islamischer Kultur. Der amerikanische Schriftsteller Dan Simmons sagte einmal: "Being a reader or non-reader, I've long thought, is a far greater (but less visible) divide than being black or white, Christian or atheist or Jewish, or man or woman."

Und ich glaube, er hat da nicht ganz Unrecht. Der kulturelle Unterschied zwischen jenen, die abends ein Buch lesen und jenen, die vor dem Fernseher sitzen, scheint mir mitunter um Längen größer als all die beschworenen Kulturkonflikte über Länder- und Kontinentalgrenzen.

Das zeigt sich auch an einem anderen Beispiel: Wohlhabenden Grünen-Wählern wird regelmäßig vorgeworfen, dass sie zwar für Zuwanderung und Aufnahme von Geflüchteten sind, zugleich aber Petitionen unterschreiben, wenn in dem Nobelviertel, in dem sie Wohnen, eine Flüchtlingsunterkunft gebaut werden soll.

Ähnliche Fälle gibt es bei Plänen für Sozialwohnungen. Und dabei sind das in der Regel Menschen, deren Communities interkulturell sind, deren Kollegen und Freunde aus unterschiedlichsten Ländern stammen. Was sich hier zeigt, ist eine Art von sozialem Rassismus. Es geht ihnen nicht um Herkunft, Hautfarbe oder Religion der potentiellen neuen Nachbarn. Sondern um die Unterschiede der sozialen Schicht.

In Deutschland scheint das Phänomen, dass soziale und Bildungsschichten unter sich bleiben und sich nach unten wie oben abgrenzen, stärker etabliert zu sein als in anderen Ländern. Es handelt sich dabei nicht zuletzt um eine Status-Selbstvergewisserung, die möglicherweise an die Angst vor sozialem Abstieg gekoppelt ist (was keineswegs verallgemeinernd sein soll - selbstredend gibt es auch innerhalb sozialer Gruppen Ausnahmen und Abweichungen, und Menschen, die versuchen, eben diese Fronten aufzubrechen).

Letztlich ist es eine nicht nur im Ausland, sondern im eigenen privaten Umfeld täglich zu erlebende Tatsache, dass Menschen mit den unterschiedlichsten kulturellen Hintergründen problemlos in der Lage sind, gut miteinander auszukommen und einander zu ergänzen, voneinander zu lernen, wenn sie nur dafür offen, wenn sie interessiert sind und ihre Grundhaltung ist, den Anderen zu akzeptieren wie er ist, anstatt ihn anhand willkürlicher Merkmale abzulehnen. Eine Erkenntnis, die so banal ist, dass man sich wundert, sie im Jahr 2019 überhaupt noch darlegen zu müssen.

Hinter den aus rechten bis rechtsradikalen Kreisen in die Mitte der Gesellschaft dringenden Kulturvorbehalten verbirgt sich in aller Regel nichts weiter als dumpfer Rassismus. Das zeigt sich wiederholt auch daran, dass die Ablehnung von Menschen aus anderen Kulturkreisen dort am höchsten ist, wo kaum Menschen mit ausländischen Wurzeln leben.

Die Rechten haben hierfür in den letzten Jahren eine neue Rechtfertigung gefunden: Man wolle ja eben verhindern, dass es in Deutsch-Hintertupfingen irgendwann so "schlimm" wird wie in Berlin, Köln oder Frankfurt. Ein "Argument", das allenfalls bei jenen verfängt, die noch nie in diesen Städten gelebt und erlebt haben, dass Diversität und Multikulturalität dort in der Regel weitgehend problemlos funktionieren.

Die ständige Forderung an Zuwanderer, sich zu "integrieren" ist vor diesem Hintergrund einigermaßen dreist - weil auch hier oft genug Rassismus mitschwingt: Eine Ablehnung von anderen Lebensweisen. Dabei gibt es in Deutschland nur eine einzige notwendige Integrationsgrundlage, und die ist das Grundgesetz.

Darüber hinaus kann und soll jeder so leben, wie er oder sie es möchte, solange die Freiheiten anderer nicht beeinträchtigt werden. Genau dieser Grundkonsens ist es, der dieses Land heute ausmacht. Und in diesem Aspekt sind es die rechtsradikalen fünfzehn Prozent, die am integrationsresistentesten sind und sich (man kann es nicht oft genug feststellen) mit der radikalislamistischen Minderheit die Pranke reichen dürfen.

Wenn aber die kulturellen Differenzen bloß ideologisch und vorgeschoben sind und die wesentlicheren Probleme in den Differenzen zwischen den sozialen Schichten liegen, offenbart sich das Problem, dass die eigentlichen Debatten sich viel stärker um die Verwerfungen drehen müssten, die Radikalkapitalismus und Neoliberalismus in der Welt anrichten.

Denn sie sind es, die zu den Verwerfungen und Spaltungen führen, die aufzulösen die vielleicht größte globale Aufgabe der kommenden Jahrzehnte ist. Neben dem Kampf gegen Klimawandel - der denselben Ursprung hat.



Aus: "Kampf der Kulturen: Echt jetzt?" Gerrit Wustmann (24. Juli 2019)
Quelle: https://www.heise.de/tp/features/Kampf-der-Kulturen-Echt-jetzt-4476769.html (https://www.heise.de/tp/features/Kampf-der-Kulturen-Echt-jetzt-4476769.html)

Quote

    Verdummnix, 24.07.2019 08:41

Istanbul

    Kulturelle Unterschiede, die Probleme bereitet hätten? Nicht vorhanden.

Und dann aber doch:

    Es gibt aber neben Taksim, Cihangir oder Kadiköy auch noch Üsküdar oder Fatih oder Eyüp - die konservativen, islamisch und anatolisch geprägten Ecken, in denen Alltag und Atmosphäre anders sind. Und auch die Kommunikation. Ich habe Istanbuler aus den ersten Vierteln erlebt, die sich geweigert haben, in letztere einen Fuß zu setzen. Aufgrund vermeintlich kultureller Differenzen.

Es gibt einen interessanten Artikel dazu in der ZEIT:
https://www.zeit.de/politik/2015-11/neue-anschrift-bosporus-buch-reisebericht-istanbul-susanne-landwehr-michael-thumann/komplettansicht (https://www.zeit.de/politik/2015-11/neue-anschrift-bosporus-buch-reisebericht-istanbul-susanne-landwehr-michael-thumann/komplettansicht)

Da heißt das dann so: Ein Hindernis, uns in Istanbul zu Hause zu fühlen, wuchs mit der Zeit. Es waren die polarisierten Debatten in der Gesellschaft, die zunehmende Feindschaft der Türken untereinander. Erst ging sie von den Säkularen und Kemalisten aus. Säkulare Eliten fürchteten die Konkurrenz der aufsteigenden gläubigen Mittelklasse, sie verabscheuten den Anblick von Kopftüchern in den ehemals kopftuchfreien schicken Vierteln der Stadt.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (24.07.2019 08:42).


...
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 25, 2019, 09:54:49 AM
Quote[...] In Leipzig hatte die Leitung zweier Kindertagesstätten entschieden, künftig auf Schweinefleisch und Gelatine zu verzichten, mit Rücksicht auf die muslimischen Kinder in der Einrichtung. Das Schreiben, mit dem der Leiter die Eltern der rund 300 Kinder darüber informierte, geriet in die Hände der ,,Bild"-Zeitung, die sich offenbar dachte: ,,Geil, das klickt" und damit wucherte, in der Zeitung sogar auf der ersten Seite. Focus Online zog nach.

Am Dienstagnachmittag trendete das Schlagwort #Schweinefleisch auf Twitter.

Die AfD stieg ein. Beatrix von Storch sprach von ,,kultureller Unterwerfung". Der Landesgeneralsekretär der CDU Sachsen, Alexander Dierks, sagte, ein ,,Verbot" sei nicht der richtige Weg. Die Bundestagsfraktion der CSU twitterte: ,,Einmal mehr überdrehen die Vertreter linker Political Correctness!" Die Katholische Nachrichtenagentur rief bei Heinz-Peter Meidinger an, dem Chef des deutschen Lehrerverbandes, der sagte, viele Schulen verzichteten mittlerweile auf Schweinefleisch, was er für problematisch halte, wenn ,,sich dann die nichtmuslimische Minderheit dieser Vorgabe komplett unterwerfen muss".

Auf der Facebook-Seite von Focus Online ergingen sich die Kulturkämpfer derweil in Subversionsfantasien: Katrin K. schrieb, wäre ihr Enkel betroffen, bekäme er zu Hause jeden Tag Schweinebraten, ,,schon aus Prinzip". Am Mittwoch dann verbreitete eine Nachrichtenagentur die Meldung, die Leipziger Polizei habe Streifenwagen vor den Kitas postiert. Das dementierte ein Polizeisprecher später am Telefon genervt.

Man habe die Bildzeitungsnachricht gesehen und sei daraufhin am Dienstag zwei Mal zur Kita gefahren, um zu fragen, ob man wegen des erhöhten Medieninteresses Hilfe brauche – der Leiter sei nämlich nicht ans Telefon gegangen. Das tut er auch am Mittwochnachmittag nicht, verständlicherweise. In einem Schreiben an die Eltern hatte er schon am Dienstagabend auf den Verzicht vorerst wieder verzichtet.

...



Aus: "Deutschland, du bist crazy!" Anna Sauerbrey (25.07.2019)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/debatte-um-schweinefleisch-in-kitas-deutschland-du-bist-crazy/24696364.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/debatte-um-schweinefleisch-in-kitas-deutschland-du-bist-crazy/24696364.html)

Quoteeinliberaler 08:56 Uhr
Liebe Frau Sauerbrey, wie viele vor Ihnen wollen Sie offenbar das Grundproblem nicht verstehen: Hier wird ausdrücklich mit der religiösen Befindlichkeit von 2 (!) muslimischen Kindern (oder genauer: deren Eltern) begründet, dass die übrigen 298 (!) Kinder kein Schweinefleisch mehr essen sollen. Es geht eben nicht darum, ob Sie oder irgendwer Schweinefleisch gesund oder ethisch vertretbar findet! Vor diesem Hintergrund ist es sehr wohl nachvollziehbar, dass daraus eine Grundsatzdiskussion erwächst.



Quoteklausbork 07:24 Uhr
ich denke, die kinder in den kitas sehen das nicht so dramatisch. ...


QuoteCeHaDe 09:31 Uhr

Man muss das nur zuende denken: Die Eltern von 298 Kindern lehnen aus Tierschutzgründen geschächtetes Fleisch ab. damit haben wir eine vegetarische Kita.
2 Kinder haben eine Nussallergie, eines ist gegen Hülsenfrüchte allergisch, also sind diese Nahrungsmittel auch für alle Kinder zu verbannen.
80 Bestehen auf Bio-Qualität, 40 lehen Bio aus Kostengründen ab.
Einzige mögliche Lösung: Alle bringen ihr essen selber mit und das Mitagessen findet nicht in der Gruppe statt, sondern es gibt einen schweinefleischfreien Raum, einen vegetarischen Raum usw.


QuoteFirebird 09:22 Uhr
Crazy ist eigentlich nur die Art der Berichterstattung zu diesem Thema. Während n-tv, absolut belegfrei, von "Polizeischutz" schrieb, die Berliner Morgenpost, ebenfalls belegfrei von einem "ausuferndem Streit" fabulierte, der Merkur eine "Gefahrenabwehr" erkannt haben will (was der SPIEGEL dann, na klar - belegfrei - übernahm) und die SZ, wie inzwischen anscheinend üblich, belegfrei,  twitterte, der Kita-Leiter hätte aufgrund der Polizeipräsenz seine Entscheidung revidiert, fragt man sich, wer hier eigentlich noch Journalismus betreibt oder eher politische Stimmungen anheizen will.
Die Entscheidung des Kita-Leiters, aufgrund "einer sich verändernden Welt" allen Kindern der Einrichtung Schweinefleisch zu verbieten, halte ich persönlich für falsch, heuchlerisch, unterwürfig und auch dumm. Nach Elternprotesten ist diese Entscheidung revidiert. Vielleicht auch eine Lehre für den SPD-Bürgermeister dieser Stadt.
Daß die Medien daraus lernen, glaube ich eher nicht.


QuoteAl.Dente 08:52 Uhr
Ich habe in den 70er Jahren mangels Alternative regelmäßig in einer Kantine gegessen. Dort wurde "typisch deutsches Essen" angeboten. Häufig auch Schweinefleisch. Nach meiner Erinnerung haben alle Mitarbeiter das Essen akzeptiert. Auch die muslimischen aus der Türkei und vom Balkan. Ein Türke sagte einmal zu einem Kollegen, auf die Frage ob er denn das Schweinefleisch überhaupt essen dürfe: "Allah ist weit weg. Den habe ich in der Türkei gelassen"


Quotetorsten379 08:50 Uhr
Hysterie ist fehl am Platz. Allerdings würde ich das Streichen von Schweinefleisch und Gummibärchen auch nicht als Belanglosigkeit abtun. Den muslimischen Kindern sollte natürlich ein den Vorschriften ihrer Religion entsprechendes Essen angeboten werden. Deshalb den anderen ein gelegentliches Schnitzel oder Bouletten und Bratwürste  zu verwehren, ist unverhältnismäßig und intolerant. Mich ärgert die ignorante Haltung des Kita - Leiters, der mit seiner überzogenen Maßnahme unnötigerweise Ressentiments schürt. Zum Glück waren in der Öffentlichkeit schon Reaktionen von Muslimen zu lesen, die sich von seinem nur scheinbar liberalen Aktionismus distanzierten.


QuoteMagerquark 08:42 Uhr
Es geht darum, dass Deutschland sich verändert durch falsch verstandene Rücksichtnahem auf religiösen Aberglauben. ...


QuoteKM70 08:14 Uhr
ZItat: "Schweinefleisch gilt nicht als besonders gesundes Lebensmittel. Trotzdem darf es natürlich jeder weiter essen."

Toll!

...


Quotesantacruz 07:36 Uhr
Nun, meine Nachbarin arbeitet seit Jahrzehnten in Kitas in und rund um Kreuzberg. Sie meinte bereits vor einiger Zeit, dass viele muslimische Eltern auf den Verzicht von Schweinefleisch in der Kita bestehen und dies auch unbedingt durchsetzen wollen. So geht's natürlich auch nicht. Ich kann mir aber auch vorstellen dass deutsche Helikoptereltern diesbez. auch nicht toleranter sind und auf makriobiotisch -erodynamisches , veganes Essen bestehen.Ganz ehrlich: ich würde als Kitaleitung schauen , dass das Essensangebot frisch und gesund ist und anonsten: es wird gegessen was auf den Tisch kommt. Wenn jeder versucht seine individuellen Befindlichkeiten in einer Gemeinschaft durchzusetzen, dann wird das nichts.


QuoteBrotkrume 09:04 Uhr
Antwort auf den Beitrag von santacruz 07:36 Uhr
Da ich in meinem Umfeld gleich mehrere Personen habe, die in den Kochprozess an Schulen / Kitas eingebunden sind (sei es als Koch an einer Schule oder im Catering), kann ich das teilweise bestätigen. Allerdings sind das nicht viele muslimische Eltern, sondern einige. Genauso wie es einige deutsche Eltern sind, die darauf bestehen, dass das Essen vegetarisch sein soll.  ...


Quotegunnarqr 07:11 Uhr

Aufgebauschter Mist! Was soll das ganze Getöse? Schwein in welcher Form auch immer vom Speiseplan zu nehmen ist echt übertrieben, aber es könnten ja Alternativen geboten werden! Geht's auch mal pragmatisch ohne Kultur/Religionskampf?


...
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 08, 2019, 12:32:53 PM
Quote[...] In aktuellen Debatten wird oft einem öffentlichen Streitgegenstand – etwa einer Karikatur, einem Film, einer Äußerung oder auch einer Geste – ein persönliches Empfinden, zum Beispiel religiöser Art, oder ein persönliches Gefühl, etwa verletzter Intimität, gegenübergestellt. Aber das ist eine irreführende Gegenüberstellung. Sie reduziert religiöse Menschen, Frauen oder Angehörige von Minderheiten lediglich auf deren Empfindung. Damit macht man sie zu bloßen Empfindungsmaschinen, die zu keinem reflektierten Urteil fähig sind. Doch jeder und jede, egal, woher sie kommen und was sie glauben, können mehr als nur empfinden. Sie können auch ihre Empfindungen kritisch reflektieren, sie unter Umständen auch revidieren – denn Empfindungen sind bekanntlich das Trügerischste – und zu einem Urteil gelangen. ... Es ist unzureichend, zu sagen: »Ich fühle mich verletzt«; man kann aber sehr wohl sagen: »Ich beurteile das als verletzend.« Dabei kann man sich dann allerdings auch irren und den Irrtum nachgewiesen bekommen. Diese Urteilsfähigkeit ist das Allgemeine an uns, und das Einzige, was Anerkennung ermöglicht und verdient. Diese Fähigkeit darf man von jedem und jeder verlangen. Diskriminierung hingegen beginnt genau damit, dass man – meist in wohlmeinender Absicht – bestimmten Leuten diese Fähigkeit abspricht und aufhört, sie ihnen abzuverlangen.

...

ROBERT PFALLER ist Philosophieprofessor. Lehrt an der Kunstuniversität Linz. Geboren 1962 in Wien. Radikaler Gegner von Rauchverboten, obwohl er wegen Nebenhöhlenproblemen kaum raucht. Seine Aphorismen sind legendär, etwa: »Wir sollten nicht den Tod fürchten, sondern das schlechte Leben« oder »Statt zu fragen, wofür wir leben, fragen wir uns nur noch, wie wir möglichst lange leben«. Lebt in Wien.

Das Werk (u. a.)
Wofür es sich zu leben lohnt. Elemente materialistischer Philosophie. S. Fischer 2011
Kurze Sätze über gutes Leben. S. Fischer 2015
Erwachsenensprache. Über ihr Verschwinden aus Politik und Kultur. S. Fischer 2017




Aus: "Robert Pfaller im Interview: Was sind für Sie Pseudolinke?" Stefanie Mooshammer, Peter Unfried (2019)
Quelle: https://taz.de/Robert-Pfaller-im-Interview/!169159/ (https://taz.de/Robert-Pfaller-im-Interview/!169159/)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 13, 2019, 09:38:57 AM
Quote[...] Seyran Ates ist gläubige Muslimin, Rechtsanwältin und Mitbegründerin der liberalen Ibn-Rushd- Goethe-Moschee in Moabit, in der auch Frauen die Predigt halten dürfen. Mit ihr sprach Frank Bachner.

Frank Bachner: Frau Ates, Tausende Muslime sind am Sonntag zum ,,Gebet im Freien" auf das Tempelhofer Feld gekommen. Eingeladen hat der Verein ,,Neuköllner Begegnungsstätte", dem Verbindungen zur militanten Muslimbruderschaft vorgehalten wird. Wie groß waren Ihre Bauchschmerzen bei diesem Gebet?

Seyran Ates: Relativ groß, weil dort die Geschlechtertrennung im öffentlichen Raum zelebriert wurde. Die Verantwortlichen, die das Gebet genehmigt haben, müssen sich die Frage stellen lassen, ob sie rechten Identitären auch so viel Raum gegeben hätten. Für mich handelt es sich bei Muslimen, die Geschlechtertrennung so massiv betreiben, um muslimische Identitäre. Mit diesem Thema sollte die offene demokratische Gesellschaft doch bitte kritischer umgehen, auch wenn die Thematik aus der muslimischen Community kommt, die von deutschen Rechten rassistisch und islamfeindlich verfolgt wird.

Welchen Unterschied macht es, dass diese Geschlechtertrennung beim Gebet nicht in einer Moschee, sondern in der Öffentlichkeit stattgefunden hat?

Die Tatsache, dass in den vergangenen 20 Jahren immer mehr patriarchalisch-archaische Praktiken zunehmend aus den privaten in öffentliche Räume gebracht wurde, führt dazu, dass sich eine Gesellschaft mit diesem Bild – in Anführungszeichen – immer mehr anfreundet und solche Praktiken als selbstverständlich betrachtet.
Diese Idee der Geschlechtertrennung wird immer massiver in den öffentlichen Alltag getragen. Der Rest der Bevölkerung soll sich daran gewöhnen, dass Geschlechtertrennung Identität dieser Menschen sei und dass sie als wichtig empfänden, so zu leben. Das ist absurd, da wir ja auch der anderen Seite für mehr Geschlechter-Gerechtigkeit kämpfen.

Betrachten Sie dieses Gebet im Freien als Pilotprojekt, als Versuch, zu schauen, was allgemein akzeptiert wird, um dann diese Form der religiösen Demonstration auszuweiten?

Ja, für mich ist es ein Pilotprojekt und Anreiz für andere, sich ihm anzuschließen. Nehmen wir doch als Beispiel das Kopftuch. Vor 20 Jahren trugen es noch vereinzelt erwachsene Frauen. Dann immer jüngere Frauen, und heute ist es für viele Menschen nichts Besonderes mehr, wenn sogar kleine Kinder ein Kopftuch tragen.
Schritt für Schritt wird etwas visualisiert, an das sich die Menschen gewöhnen sollen. Es gibt aus diesen Kreisen – die Muslimbrüder oder die Verbände, die aus der Türkei oder aus Katar gelenkt werden – immer wieder Stimmen, die sagen: Ihr müsst mutiger werden, ihr müsst mehr einfordern, ihr müsst Euch mehr Rechte nehmen.
Man bekämpft sehr berechtigt den wachsenden Rassismus und die Islamfeindlichkeit der Identitären. Aber man übersieht leicht, dass es sich bei diesen Menschen, die solche Sonderrechte einfordern, um muslimische Identitäre handelt. Diese Leute sehe ich sogar noch rechts neben der AfD.

Die Verantwortlichen, die dieses Gebet erlaubt haben, sitzen beim Landesunternehmen Grün Berlin. Was werfen Sie ihnen vor, was hätten sie Ihrer Meinung nach besser machen sollen?

Die Verantwortlichen bei Grün Berlin müssen sich die Frage gefallen lassen, ob sie kritisch genug waren, als sie das Feld dem Neuköllner Verein überlassen haben. Und ob sie die gleiche Offenheit gezeigt hätten, wenn eine rechte deutsche Gruppierung eine ähnliche Veranstaltung beantragt hätte.

Es gibt das Argument Religionsfreiheit.

Aber Religionsfreiheit bedeutet nicht, dass wir über die Grenzen der Grundrechte gehen und andere Grundrechte wie die Gleichberechtigung der Geschlechter übersehen. Grün Berlin muss sich auch die Frage stellen lassen, ob es einer christlichen Gruppierung ein Teil des Feld überließe, wenn die dort eine massive Geschlechtertrennung praktizieren und dies als Ideal für die gesamte Gesellschaft postulieren würde.

Eine Kita in Leipzig wollte vor kurzem für die ganze Einrichtung Schweinefleisch und Gummibärchen abschaffen, mit dem Hinweise, man wolle religiöse Gefühle von zwei muslimischen Kindern nicht verletzen. Sehen Sie Parallelen zur Problematik beim Gebet auf der Tempelhofer Feld.

Ja natürlich. Die Aufforderung zur Sensibilität gilt ja nicht bloß für Grün Berlin, sondern für alle Verantwortlichen, die meinen, man könne und müsse alles unter das Dach der Religionsfreiheit packen. In Leipzig können dann plötzlich zwei Kinder, drei Jahre alt, die von Erwachsenen instrumentalisiert werden, darüber bestimmen, was 298 andere Kinder essen beziehungsweise nicht mehr essen dürfen. Hier gibt es eine Schräglage im Hinblick auf das friedliche Zusammenleben. Es kann nicht sein, dass die Dominanz einer Minderheit mit all ihren archaischen und patriarchalischen Strukturen gefeiert wird.


Aus: "Seyran Ates zum Gebet auf dem Tempelhofer Feld: ,,Das sind muslimische Identitäre"" (12.08.2019)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/seyran-ates-zum-gebet-auf-dem-tempelhofer-feld-das-sind-muslimische-identitaere/24895706.html (https://www.tagesspiegel.de/berlin/seyran-ates-zum-gebet-auf-dem-tempelhofer-feld-das-sind-muslimische-identitaere/24895706.html)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 13, 2019, 03:18:51 PM
Quote[...] Es sind nicht mehr viele Tage bis zur ersten Gay-Pride-Parade in Sarajevo. Was eigentlich ein Grund zum Feiern wäre, noch nie hat die Parade in der bosnischen Hauptstadt stattgefunden. Das Motto am 8. September wird "Ima izać'!" ("Kommt heraus!") heißen. Und als Anfang April von LGBTIQ-Aktivistinnen in Sarajevo das Datum und das Motto angekündigt wurde, gab es viele Reaktionen aus allen Lagern und Ideologien, unterstützende und homophobe gleichermaßen.

Doch die medienwirksamste Gelegenheit bat sich ein paar Tage später beim großen Fußballderby zwischen FK Želježničar Sarajevo und FK Sarajevo. Diese Chance ließen sich die organisierten Fans des FK Želježničar, die "Manijaci" (die "Wahnsinnigen"), nicht entgehen. Als Reaktion auf die Gay Pride wurde vor ihrer Kurve ein homophobes Banner angebracht. Dort stand deutlich geschrieben "Ima zabranit'!" ("Es soll verboten werden!"). Die wohl kalkulierte Grenzüberschreitung ging auf, das Bild wurde durch soziale Medien und die folgende Berichterstattung tausendfach geteilt.

Während das noch vielleicht als erlaubte Meinungsäußerung zählte, so war die Flagge des Königreichs Brunei neben dem Banner weitaus weniger missverständlich. In Brunei wurde kurz zuvor unter weltweitem Protest ein neues Gesetz verabschiedet, durch das homosexueller Geschlechtsverkehr und Ehebruch mit dem Tod durch Steinigung strafbar gemacht wurden.

Der Vorfall beim Stadtderby von Sarajevo wurde in der postjugoslawischen Region kaum als solcher wahrgenommen oder kritisch diskutiert. Dabei steht er symptomatisch für das Problem mit Homophobie im balkanischen Fußball. Es ist weitverbreitet und bleibt fast immer unwidersprochen. Alltagshomophobie ist auf dem Balkan gesellschaftlich akzeptiert.

Zum Beispiel stellte eine 2017 von der Equal Rights Association (ERA) und der Weltbank durchgeführte Studie für den Westbalkan fest, dass ein Drittel der LGBTIQ-Community aufgrund ihrer sexuellen Orientierung schon mindestens einmal physische Gewalt erfahren hatte. "Schwuler" wird in der Alltagssprache fast ausschließlich abwertend gebraucht, im Fußball natürlich noch inflationärer als ohnehin schon.

Der Vorfall in Sarajevo in diesem Frühjahr war auch nicht der erste, bei dem ein Stadion in Bosnien und Herzegowina von Fangruppierungen benutzt wurde, um Hass zu streuen. Die "Horde Zla" (die "Horden des Bösen"), eine Fangruppierung des FK Sarajevo, nahm 2015 am Internationalen Tag gegen Homophobie und Transphobie ein Banner ins Stadion, auf dem stand: "Der 17. Mai ist euer Feiertag und wir wünschen, dass ihr uns deshalb die Schwänze lutscht."

Vorfälle wie diesen gibt es zuhauf. In Kroatien werden der Fußballverband und seine Vertreter von organisierten Fangruppen oft zu "Schwulen" degradiert, die "den Fußball gef*ckt haben". Die Regenbogenfahne ist dabei ein Symbol, um zu beleidigen. Fans von Roter Stern Belgrad, die "Delije" (die "Helden"), sind gegen die offizielle serbische Kosovopolitik. Zum Ausdruck bringen sie das mit einem weit über Fankreise hinaus populären "Kampfschrei". Der serbische Präsident Aleksandar Vučić wird mit "Vučić, Schwuler!", bedacht, oftmals gefolgt von einem "Du hast Serbien verraten".

Und ganz besonders haben sie sich auf die amtierende serbische Premierministerin Ana Brnabić eingeschossen. Sie ist offen lesbisch und hat vor Kurzem mit ihrer Partnerin einen Jungen adoptiert. Seither und vor allem, weil sie es gewagt hatte, Nationalismus und Xenophobie bei den Delije zu kritisieren, wird sie regelmäßig besungen: "Werde schwanger, Ana Brnaba" und "Es ist nicht deines, Brnaba, vielleicht ist es unseres, Brnaba" sind nur zwei Beispiele. Der Höhepunkt der homophoben Gesänge war der Vers: "Es sollen Babys geboren werden, das ist die Nachricht der Nordkurve, denn wir wollen nicht, dass Serbien ein Land von Schwulen wird." Mittlerweile existiert eine abgeschwächte Variante ohne den homophoben Part.

Dennoch: Von Fußballfunktionären hört man dazu wenig bis gar nichts. Ab und zu ringt man sich eine halbherzig gemeinte Stellungnahme ab, in der jeglicher Diskriminierung im Fußball abgeschworen wird, darüber hinaus passiert sehr wenig. Der mittlerweile verstorbene langjährige Präsident des kroatischen Fußballverbandes, Vlatko Marković, hatte seinerzeit sogar von der Uefa eine Geldstrafe wegen homophober Äußerungen bekommen. Für ihn sollten keine schwulen Spieler in einem Nationalteam spielen, aber das würde ja ohnehin kein großes Problem darstellen, da "glücklicherweise nur normale Menschen Fußball spielen".

Ein anderer kroatischer Fußballtrainer, Otto Barić, behauptete, bloß auszusprechen, "was viele denken", nämlich dass er "niemals einen Homosexuellen erlauben würde, in seiner Mannschaft zu spielen".

Auch die meisten Spieler schweigen dazu. Nur von Josip Brekalo, dem kroatischen Nationalspieler vom VfL Wolfsburg, hat man gehört, dass er aufgrund seiner christlichen Überzeugung nicht hinter einer Kapitänsbinde in Regenbogenfarben stehen könne, mit der der VfL seit einem Jahr aufläuft. Ivan Rakitić vom FC Barcelona sagte in einem Interview, das schon sieben Jahre zurückliegt, aber dessen Zitate in diesem Frühjahr wiederaufkamen, dass er Homosexuelle zwar respektiere, sie aber nicht in der Kabine haben wollen würde. Er wollte sich in diesem Jahr dazu nicht weiter äußern.

So wie auch beim bislang letzten Vorfall in Sarajevo: Sowohl der Verein als auch der bosnische Fußballverband blieben nach den Bannern gegen die Gay Pride stumm. Bosnien und Herzegowina ist das einzige Land der postjugoslawischen Region, in dem bisher noch keine Pride-Parade stattgefunden hat, sie soll das bislang unsichtbare Leben der LGBTIQ-Community sichtbar machen. Dementsprechend geht die gesellschaftliche Debatte weit über das Fußballfeld hinaus.

Die Parlamentsabgeordnete des Kantons Sarajevo Samra Ćosović-Hajdarević von der islamisch-nationalistischen SDA veröffentlichte auf Facebook einen Kommentar, der mittlerweile wieder gelöscht wurde. Dort attestierte sie der Parade und ihren Teilnehmern, dass sie "Volk und Land zersetzen" würden. Schüler der Polizeiakademie Bosnien und Herzegowina veröffentlichten eine Umfrage, in der sie fragten, ob die Gay-Pride-Parade beschützt werden sollte oder ob man die Teilnehmerinnen und Teilnehmer "inhaftieren" sollte.

In den Post eingebaut war auch eine Petition, die zu einem Verbot der Parade aufruft. Die Gefahr von physischer Gewalt ist also sehr real. Denn es bleibt nicht nur bei Gewaltfantasien und Aufrufen. Schon zweimal wurden andere LGBTIQ-Veranstaltungen in Sarajevo wegen gewaltsamer Übergriffe abgebrochen. Und es ist nicht lange her, als die Pride-Paraden in Belgrad und in Split von gewaltbereiten Fußballhooligans attackiert wurden. Homophobie ist also kein fußballspezifisches Problem auf dem Balkan, sondern ein gesamtgesellschaftliches. Nur hat der Hass im Fußball keine Konsequenzen.


Aus: "Sarajevo: Wo Homophobie der Alltag ist" Dario Brentin (13. August 2019)
Quelle: https://www.zeit.de/sport/2019-08/sarajevo-gay-pride-fussball-homophobie-balkan/komplettansicht (https://www.zeit.de/sport/2019-08/sarajevo-gay-pride-fussball-homophobie-balkan/komplettansicht)

Quotehermannheilner #12

"Postjugoslawisch" in Tirana... Albanien war nicht Teil Jugoslawiens


QuoteNista77 #18

"Ima izać" bedeutet nicht "Kommt heraus" sondern eher "Es gibt einen Ausgang/Ausweg"

Izlazite ist die Aufforderung herauszukommen


Quoteviolettagetyourgun #20

Beim Lesen kamen mir die Tränen.
Immer neue Horrormeldungen aus dem Osten.
Auch in Polen und Russland ist Homophobie weit verbreitet.
Warum dieser furchtbare Hass auf die Liebe ?


QuoteNachbohrer #21

Toleranz gegenüber der LGBTIQ-Community scheint immer dann ein Problem zu sein, wenn Gesellschaften zu stark von orthodoxen religiösen Einstellungen beeinflußt werden...


QuoteÖlsparer #22

Soo krass, wie rückständig und intolerant derartige viele Menschen in Europa noch immer sind. Nein, das ist nicht Arabien, nicht Nordafrika. Es sind mehrheitlich selbsternannte Christen...
Würde mich interessieren, wieviel da der eiserne Vorhang seinen Anteil daran hat...
Ich vermute, in Polen und Ungarn sieht es nicht viel anders aus...
Nein, Europa hat diese Teilung noch längst nicht überwunden - wohlwissend, dass auch im "freien Westen" noch viel von diesem Gedankengut herumschwirrt...


Quotexelaq #23

Ich frage mich woher diese Homophobie im Kern stammt. Viele der Balkanländer bzw. osteuropäischen Ländern waren ja Teil des Ostblocks - evtl. stammt das noch aus der Zeit?

Andererseits ist die Kirche in diesen Ländern noch stärker vertreten als bei uns. Ich habe leider selber in Rumänien miterleben müssen, wie der Pfarrer während der Predigt gegen Minderheiten gehetzt hat. O-Ton: "Wenn wir alle mit anpacken, können wir diesen Makel ausrotten." Er bezog sich in diesem Fall zwar auf Sinti & Roma, ich habe aber keinen Zweifel dass es solche Ansprachen auch gegen Homosexuelle gab.


QuoteSidesshowBob3526 #26

Was für ängstliche Kleingeister müssen sich eigentlich hinter diesen homophoben Hools verstecken, da scheint die eigene männliche Identität ja sehr fragil zu sein wenn sie nur in Abgrenzung (nicht schwul) funktioniert. ...


QuoteTheraphosis #27

Die Gefahr ist sehr real, allerdings.

Ich war vor Jahren in der Nähe von Belgrad, als dort eine der Paraden stattfand.
Es ist unglaublich, mit welcher Verachtung quer durch alle Bevölkerungsschichten über Homosexuelle gesprochen wird.

Man muss dabei berücksichtigen, dass die Mentalität einer Toleranz sehr entgegensteht. Das geschlechtspezifische Rollendenken ist sehr viel stärker ausgeprägt als hier, Männer und Frauen definieren sich sehr stark über das Geschlecht.

Gerade deswegen ist jede Abweichung suspekt, eine Diskussion so gut wie unmöglich.
Vorurteile und Fehlinformationen bestärken das noch.
Ein Schwuler wird "peder" genannt, was meines Wissens von "Päderast" kommt.
Homosexualität wird in de Köpfen der Menschen mit Kindesmissbrauch gleichgesetzt.


...
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 13, 2019, 03:53:01 PM
Quote[...] In Paris tobt eine hart geführte Diskussion um die Rekonstruktion von Notre-Dame. Traditionalisten und Identitäre fordern die Wiederherstellung in alter Form, Modernisten wollen ihr lieber ein neues Dach aufsetzen.


Aus: "Kulturkampf um Notre-Dame" Marcus Woeller (13.08.2019)
Quelle: https://www.welt.de/kultur/architektur/plus198449309/Kulturkampf-in-Paris-Wer-den-Streit-um-Notre-Dame-gewinnt.html (https://www.welt.de/kultur/architektur/plus198449309/Kulturkampf-in-Paris-Wer-den-Streit-um-Notre-Dame-gewinnt.html)

Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 14, 2019, 03:37:47 PM
Quote[...] Ich liebe Fleisch, ich bin verrückt nach Fleisch, ich esse Fleisch für mein Leben gern und werde niemals darauf verzichten, auch wenn meine beiden Töchter überzeugte Vegetarierinnen glücklicherweise ohne missionarischen Eifer sind. Zu meinen schönsten Kindheitserinnerungen gehört der Duft der Lammkeulen, gespickt mit Knoblauch, Thymian und Rosmarin, die meine spanischen Tanten über dem offenen Feuer unseres Sommerhauses in Katalonien grillten. Zu meinen kulinarischen Offenbarungen gehörte mein erstes Bresse-Huhn, das ich mir als armer Student in Bourg-en-Bresse vom Mund absparte, um dann mit einem so unfassbar intensiven, so überwältigend delikaten Geschmack belohnt zu werden, wie ich ihn zuvor noch nie bei einem Huhn schmecken durfte. Und bis heute ist für mich ein Leben als Feinschmecker ohne Fleisch undenkbar, weil mein Himmeltellerreich auf Erden ein kurz gebratener Rehrücken mit Morcheln ist oder ein pochiertes Kalbsfilet im Kräutermantel oder ein Kotelett vom Ibérico-Schwein, das sein ganzes Leben frei wie der Wind in den Eichenhainen Andalusiens verbracht hat.

Genau aus diesem Grund habe ich kein schlechtes Gewissen, wenn ich Fleisch esse: Ich kaufe niemals Billighack oder Tiefkühlbroiler beim Discounter, zu denen ich ohnehin aus Prinzip nicht gehe. Ich esse niemals den Plastik-Fast Food-Ramsch amerikanischer Imbissketten, verweigere mich allen Arten von Würsten aus Fleischabfällen, boykottiere die Massentierhaltung und finde die Industrialisierung der Viehzucht so verwerflich wie ihre Preise obszön. Ich bin kein Snob, sondern ein Gourmet. Deswegen esse ich Charolais-Rinder und Schwarzfederhühner, Lämmer von der Müritz und Schweine aus Jabugo, und ich gebe dafür mit Vergnügen viel Geld aus, für viele Menschen viel zu viel Geld. Doch das ist der Preis, den ich dafür zahle, dass die Tiere ein gutes Leben hatten und es mir mit ihrem wunderbaren Geschmack danken. Der hohe Preis ist für mich auch kein Ablasshandel, mit dem ich mein schlechtes Gewissen, den Tod eines Lebewesens verursacht zu haben, beruhigen müsste. Denn ich handele mit meinem Fleischkonsum – anders, als es viele Moralisten der Fleischfeindlichkeit behaupten – nicht wider die menschliche Natur.

Ohne Fleisch wäre der Mensch gar kein Mensch. Die These ist in der Anthropologie längst fest verankert. Die enorme Energie von Fleisch und Knochenmark hat es den Menschenaffen überhaupt erst ermöglicht, ihr Gehirn so sehr zu vergrößern und weiterzuentwickeln, dass Menschen aus ihnen werden konnten. Mit schwer verdaulicher Pflanzennahrung wäre das nie gelungen. Hätten wir unsere Ernährung vor hunderttausend Jahren nicht radikal umgestellt, säßen wir immer noch in der Höhle und kauten auf Wurzeln. Fleisch aber gab und gibt uns große, leicht zu absorbierende Mengen an Proteinen, Eisen und Vitamin B und damit den entscheidenden evolutionären Vorteil, um unser Gehirn zu versorgen, das zwar nur zwei Prozent der Körpermasse ausmacht, aber zwanzig Prozent unserer Energie verbraucht.

Natürlich sind wir heute in der Lage, Fleisch zu ersetzen, ohne unsere Ernährung und Gesundheit zu gefährden, aber ich will das nicht – und ich muss es auch nicht. Denn wir müssen etwas anderes tun: Wir müssen aufhören, jeden Tag billiges Fleisch mit dem Geschmack von Styroporverpackungen in uns hineinzustopfen und uns dabei auch noch einzureden, dass dieser Unfug ein Menschenrecht sei. Wir müssen uns endlich dafür interessieren, wie die Tiere auf unserem Teller gelebt haben und gestorben sind. Wir dürfen nicht länger tolerieren, dass Fleisch wie ein anorganisches Industrieprodukt behandelt wird – von den Großmästern ebenso wie von gedankenlosen Konsumenten. Wir müssen begreifen, dass nicht das Fleisch an sich, sondern allein der Exzess seines Konsums die Regenwälder zerstört und das Klima ruiniert.

Wir müssen also verstehen, dass die Lösung des Problems, das falsche Fleisch zu essen, nicht lauten kann, überhaupt kein Fleisch mehr zu essen. Stattdessen müssen wir wieder lernen, wie gut gutes Fleisch schmeckt, wie zart und zugleich kraftvoll, wie fein und zugleich intensiv, wie unvergleichlich und unersetzlich. Fleisch ist ein ganz besonderes, vielleicht sogar das kostbarste, das köstlichste Geschenk der Natur an uns. Lasst es uns endlich schätzen, anstatt es zu verdammen! Lasst es uns genießen!


Aus: "Bekenntnisse eines Fleischessers" Ein Kommentar von Jakob Strobel y Serra, stellvertretender Leiter des Feuilletons (14.08.2019)
Quelle: https://www.faz.net/aktuell/wissen/klimawandel-die-auswirkung-des-hohen-fleischkonsums-16331451.html (https://www.faz.net/aktuell/wissen/klimawandel-die-auswirkung-des-hohen-fleischkonsums-16331451.html)

QuoteBelügen wir (Fleischesser) uns nicht ein bisschen selbst, Herr Strobel y Serra

Horst Schmidt (Legastheniker), 14.08.2019 - 14:14

Auch ich esse sehr gerne Fleisch. Als Angehöriger einer Generation, der Fleisch als gut und gesund galt, hat es meine Essgewohnheiten nachhaltig geprägt. Ich kann viel leichter aufs Auto verzichten als auf Fisch oder Fleisch. Aber ich weiß eben auch, dass es falsch ist. Moralisch falsch! Mit jedem Steak beschädige ich die Lebensgrundlagen meiner Kinder und Enkel. Das kann so nicht weitergehen. Nur weil man etwas (straffrei) tun kann, ist es noch lange nicht richtig. Mag sein, dass ein oder zwei Fleischgerichte in der Woche gerade noch tolerabel sind. Aber da müssen wir (Fleischesser) erst mal hinkommen. Selbstbetrug ist dazu nicht dienlich.


Quote"Discounter, zu denen ich ohnehin aus Prinzip nicht gehe"

    Artus Daniel-Hoerfeld (ArtusDanielHoerfeld), 14.08.2019 - 14:12

Zu Anfang konnte ich Jakob Strobel y Serra noch zustimmen, doch dann folgte mal wieder die Verdammung der Armen.
Muss das immer sein? Ich weiß, zwischen dem Autor und mir liegen wirtschaftlich gesehen gewiss Lichtjahre, und so mancher mag darüber hämisch grinsen, doch man stelle sich vor: Auch die da unten wollen Fleisch essen!
Und ob das "glückliche" Tier in der Blüte seines Lebens den Weg auf den Teller wirklich freudig beschritten hat, oder das Mastvieh nicht doch eher dankbar war, durch Metzgers Hand aus seinem Elend befreit zu werden, lasse ich einmal dahingestellt.
Ob das Fleisch ersterer besser schmeckt? Das mag sein, aber noch besser wird es mit Goldüberzug, wie wir erst kürzlich erfahren durften.
Der kulinarische Anspruch des Autors hat also noch Luft nach oben...


Quote

Werter H. Strobel

    Harald HEINZ (willer3), 14.08.2019 - 14:11

Ihre Meinung ist eher unerheblich für diese Welt und zeigt eher Überheblichkeit über die Dinge, wie sie sind.
Ich habe mich nach wiederholter Lektüre der Misere bei der Fleischerzeugung - damals im Stern im Juni 2017 - entschlossen, konsequent keine Schweinefleischprodukte mehr zu essen, bis Besserung eingekehrt ist. Das habe ich bis heute durchgehalten und meine Gesundheit und mein Gewicht haben schnell Fortschritt gemacht.
Wenn wir herumdiskutieren, ändert sich garnix. Wir haben Regierungen in Europa, die sich nicht um die Welt scheren - speziell in Brüssel. Der schwarze Lobbyismus bringt die Natur noch hin. Sich da in den Elfenbeinturm des Genusses zu verkriechen und zu jubilieren, ist wahrhaft schändlich.
Und zur Vergangenheit: Ich kann mich noch an den Geschmack von Koteletts aus kleinster Nebenerwerbslandwirtschaft meines Schwiegervaters in den 70ern erinnern. Dabei belassen wir es. ...

... Ich empfehle die Lektüre von ein paar gescheiten Leuten und dann hätte ich gerne die Kommentare nochmals neu: "Die Kunst kein Egoist zu sein" und "Tiere denken" von Richard David Precht - im Gegensatz zu anderen Philosophen einfach zu lesen und gut verständlich / unterhaltsam. "Das Schweinesystem" von Dr. Matthias Wolfschmidt. Beides hilft Mensch und Tier besser zu verstehen. Den Egoismus und das Verhalten des Menschen werden diese sicherlich in der Masse wenig verändern.


QuoteWo ist die Ethik und der IPCC Bericht?

    Jan Felix Walther (JanW93), 14.08.2019 - 14:02

Sehr geehrter Herr Strobel y Serra,

sie haben in Ihrem Artikel schön beschrieben, warum sie Fleisch so lieben. Dass Ihnen Fleisch schmeckt, glaube ich Ihnen. Mehr Argumente haben Sie leider nicht genannt. Was ist mit der Ethik? Warum ist es aus Ihrer Sicht ethisch vertretbar, ein Tier zu züchten und dann – in Ihrer Welt – "human" zu töten? Ab wann ist ein Lebewesen so wenig wert, dass der Mensch es töten darf?
Jeder muss selber wissen, ob ein Geschmack Tier- und Umwelt-Leid wert ist. Dass Tiere Ihnen aber mit ihrem Geschmack danken, weil Sie sie töten ließen, ist makaberer kaum vorstellbar.


QuoteBravo

    Andreas Bartsch (bartsan1), 14.08.2019 - 13:36

Dem Artikel stimme ich voll und ganz zu! Ich werde nie auf Fleisch verzichten und auch ich werde nie Billigfleisch in mich hineinstopfen!


...
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 19, 2019, 10:22:46 AM
Quote[...] Berlin/Zagreb – Rassistische Äußerungen, die auf der Facebook-Seite einer in Berlin tätigen kroatischen Diplomatin gepostet wurden, haben in Kroatien für Aufregung gesorgt. Wie das Nachrichtenportal "index.hr" am Freitag berichtete, stellte Elizabeta Mađarević, eine Erste Sekretärin der kroatischen Botschaft in Berlin, am 8. August Fotos von der kroatischen Adriaküste auf ihre Facebook-Seite.

Auf Englisch schrieb sie darunter: "Reines und authentisches Europa. Nur weiße Europäer, so wie es vor noch 30 Jahren in ganz Europa der Fall war. Das sollte gute Werbung für Reisen sein. Man würde denken, dass das heute nicht mehr möglich ist, aber Gott sei dank ist es das."

Das kroatische Außenministerium distanzierte sich aufs Schärfste von den Äußerungen der Diplomatin und bestellte sie zu einem Gespräch ins Ministerium in Zagreb ein.

... In einer ihrer Ausfälligkeiten beschimpfte [Mađarević] auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel. Wegen deren Äußerung, dass der Islam zu Deutschland gehöre, bescheinigte sie ihr, dass es ihr "an eigener Kultur mangelt". ...


Aus: "Aufregung um rassistische Äußerungen kroatischer Diplomatin in Berlin" (18. August 2019)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000107531363/aufregung-um-rassistische-aeusserungen-kroatischer-diplomatin-in-berlin (https://www.derstandard.at/story/2000107531363/aufregung-um-rassistische-aeusserungen-kroatischer-diplomatin-in-berlin)

Quote
sriver

Wahrscheinlich nur eine Privatmeinung in betrunkenen Zustand


Quote
Luccci

wir echte Weiße dürfen ja wenigstens zum Alk greifen beim Feiern


-

Quote[...] Arnstadt – Bei der Präsentation des AfD-Wahlprogramms für die anstehenden Landtagswahlen in Thüringen am 27. Oktober forderte der Parteisprecher und Landtagsfraktionsvorsitzende Björn Höcke eine "Verabschiedungskultur" für "illegale Einwanderer". ...


Aus: "Deutschland: AfD-Höcke fordert eine "Verabschiedungskultur"" (18. August 2019)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000107528401/afd-hoecke-fordert-eine-verabschiedungskultur (https://www.derstandard.at/story/2000107528401/afd-hoecke-fordert-eine-verabschiedungskultur)

Quote
Walters Sachwalter

Sieht man ja bei den Hugenotten! Die sitzen heute noch in Deutschland rum, statt wieder nach Frankreich zu gehen. So weit ist es gekommen!


QuoteKvik_mig_op

Und die ganzen Mischrassen im Rheinland!


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Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 22, 2019, 11:46:26 AM
Quote[...] Cécile Calla,1977 geboren, war Korrespondentin der französischen Tageszeitung "Le Monde "und Chefredakteurin des deutsch-französischen Magazins "ParisBerlin". Sie hat den Blog "Medusablätter" über Frauen und Feminismus gegründet. Sie ist Gastautorin von "10 nach 8"

Ich habe entschieden, meine Kinder nicht zu schlagen. Die meisten Leserinnen und Leser wird diese Aussage sicherlich nicht überraschen; denn in Deutschland gibt es einen breiten Konsens, Kinder nicht zu schlagen – es ist seit dem Jahr 2000 verboten. In Frankreich, wo ich aufgewachsen bin, ist körperliche Züchtigung hingegen noch weit verbreitet: Drei Viertel der französischen Eltern betrachten die "kleine Ohrfeige", die fessée – auf Deutsch: den Klaps auf den Po – als legitime Erziehungsmethode. Sie scheuen auch in der Öffentlichkeit nicht davor zurück, sie anzuwenden, und geben es in Gesprächen ohne Scham zu. Seit dem 10. Juli ist der Klaps nun auch in Frankreich offiziell verboten. Das Gesetz hat aber nur symbolischen Charakter: Der Gesetzestext fordert, dass "die elterliche Autorität ohne körperliche und psychologische Gewalt ausgeübt wird". Väter oder Mütter, denen die Hand ausrutscht, werden allerdings nicht bestraft. Die Regierung setzt stattdessen darauf, einen Kulturwandel durch Informationskampagnen einzuleiten.

Als Kind hörte ich oft den beliebten Spruch "qui aime bien, châtie bien": Wer liebt, züchtigt gern. Ohrfeigen und Klapse von meinen Eltern waren zwar nicht alltäglich, aber sie kamen vor. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass die elterlichen Schläge mich sonderlich verunsichert hätten. Ich weiß noch sehr gut, dass ich mich im Vergleich zu anderen Spielkameraden oder Cousinen, die manchmal eine ordentliche Tracht Prügel bekamen, glücklich schätzte. Die Nachbarskinder, mit denen ich jeden Tag spielte, hatten zu Hause einen martinet – eine kleine Peitsche aus Lederriemen, die man früher in allen Drogerien Frankreichs kaufen konnte. Den martinet kannten damals fast alle Kinder; er gehörte bis in die Achtzigerjahre bei vielen französischen Familien zum festen Haushaltsinventar, auch wenn er meist nur als Drohung eingesetzt wurde. Im Jahr 1984, ich war damals sechs Jahre alt, hat der Gesetzgeber seinen Einsatz als ungesetzlich erklärt. Einige Familien kauften ihn jedoch weiterhin und verwendeten ihn, wenn der liebe Nachwuchs aus ihrer Sicht übertrieb.

Aus meiner kindlichen Perspektive viel schockierender waren die Schläge in der Schule oder in den Vorschulen. Sie waren zwar eigentlich nicht gestattet. Körperliche Züchtigung in Grundschulen wurde erstmals in einer Schulverordnung von 1795, und nochmals 1887, kurz nach der Gründung der kostenlosen und laizistischen öffentlichen Schule, formell verboten. In der Praxis konnten jedoch viele Lehrer ihr droit de correction, ihr Züchtigungsrecht, bis Ende der Achtzigerjahre ziemlich ungestört ausüben. Erst 1991 verbot eine Richtlinie des Kultusministeriums ausdrücklich jegliche Strafe in den Vorschulen und jede Form körperlicher Züchtigung in den Grundschulen – und selbst danach gab es laut einem Bericht aus dem Jahr 2004 noch 81 registrierte Fälle körperlicher Züchtigung.

Meine Schwester und ich wurden nach heutigen Gesichtspunkten jedenfalls – wie nicht wenige französische Kinder – noch in den Achtzigerjahren von Lehrern psychisch und körperlich misshandelt. Die Bestrafungen nahmen alle möglichen Formen an: von Demütigungen bis hin zum Klaps auf den Po, von Ohrziehen bis hin zu Ohrfeigen. Wir Kinder erzählten unseren Eltern diese Vorgänge nicht. Einerseits, weil wir weiteren Ärger befürchteten, und andererseits, weil wir sie irgendwie als normal ansahen. Ich weiß allerdings noch, dass ich in der ersten Klasse einen wiederkehrenden Alptraum mit schwarz-weißen Bleistiften hatte, die ein Rennen in einer Art Stadion liefen. Ich war wohl einer dieser Stifte und verlor das Rennen ständig, was mich in tiefe Verzweiflung stürzte. Das war der Moment, in dem ich schweißnass und in Tränen aufwachte.   

Inzwischen ist solches Verhalten in der Schule Vergangenheit. Aber die Kultur der Gewalt ist – wie die Diskussionen um ein Verbot der erzieherischen Gewalt in Familien belegen – längst nicht verschwunden. Weil Frankreich sich viele Jahre lang dagegen sträubte, den Eltern körperliche Züchtigung per Gesetz zu verbieten, wurde es regelmäßig vom Europarat gerügt. Trotzdem trauten sich die verschiedenen Regierungen nicht, das Thema voranzubringen. Sprach man Franzosen darauf an, erntete man meist nur Spott.

Als im Jahr 2016 eine Abgeordnete den Gesetzentwurf für ein Verbot auf den Weg brachte, dauerte es mehr als zwei Jahre, bis er von den beiden Parlamentskammern verabschiedet wurde. Das Thema spaltete die Gesellschaft. Die Gegner erklärten, dass ein Klaps auf den Po noch niemanden getötet habe und dass uns im Falle eines Verbots eine Gesellschaft von kleinen Tyrannen erwarte. Die meisten Franzosen sprachen sich gegen ein Verbot aus – 2015 etwa waren 70 Prozent der Befragten dagegen.

Die Befürworter eines Verbots sahen darin eine demokratische Notwendigkeit. Aus ihrer Sicht ermöglicht ein solches Verbot, die Wurzeln der Gewalt in der Gesellschaft zu bekämpfen. Viele Studien belegen, dass in der Kindheit erfahrene Gewalt oft im Erwachsenenalter reproduziert wird. Der Kinderarzt Herbert Renz-Polster behauptet sogar eine Korrelation zwischen körperlicher Züchtigung bei Kindern und rechtsextremer Gesinnung. In seinem vor Kurzem erschienenen Buch Erziehung prägt Gesinnung widmet er der strengen französischen Erziehung eine lange Passage und erinnert daran, wie stark die Rechten, insbesondere Marine Le Pens Partei Rassemblement National in Frankreich sind. Dass die rechtsextreme Gesinnung seit Jahren an Einfluss gewonnen hat, ist unbestreitbar. Dass dies hauptsächlich mit einem "homogenen, strengen" Umgang mit Kindern, mit dem Klaps auf den Po und der kürzeren Stillzeit, zusammenhängt, bezweifle ich. Denn ein Erstarken des Rechtspopulismus erleben wir auch in Deutschland und in anderen Ländern.

Allerdings stimme ich Herbert Renz-Polster in einem Punkt zu: Es gibt diesen Konsens über strenge Erziehung und französische Kinder stehen, gerade im Vergleich zu deutschen Kindern, oft unter hohem Druck. Meistens – und weit häufiger als in Deutschland – arbeiten beide Eltern in Vollzeit. Viele kämpfen auch mit Arbeitslosigkeit oder unsicheren Arbeitsverhältnissen. Die Bindungsforschung konnte sich nie wirklich etablieren, die Schule ist durch den Zentralstaat sehr normiert und alternative Bildungskonzepte sind weit weniger verbreitet.

Dass elterliche Schläge so spät erst gesetzlich verboten wurden, zeigt auch, wie lange diese alltägliche Gewalt banalisiert, schöngeredet oder einfach ignoriert wurde. Bis heute spricht übrigens die Gesetzgebung von "autorité parentale", deutsch: "elterlicher Autorität", während man in Deutschland seit 1980 von "elterlicher Sorge" spricht. 

Recht ähnlich verlief es auch im Umgang mit sexuellen Übergriffen. Sexismus und sexuelle Belästigung wurden lange als Kollateralschaden der "französischen Verführungskultur" kleingeredet. Die #MeToo-Welle wirkte in Frankreich wie die Offenbarung eines Familiengeheimnisses: Der Clan spaltete sich. Die einen – das war der Brief der 100 Französinnen um Catherine Deneuve – verteidigten die Tradition der Galanterie, die anderen forderten einen anderen Umgang zwischen den Geschlechtern. Plötzlich erschienen auch Themen wie sexuelle Belästigung auf der Straße oder Gewalt im Kreißsaal, die eher Gleichgültigkeit hervorgerufen hatten, auf dem vordersten Platz in den Medien. Auch alltägliche Gewalt am Arbeitsplatz gewinnt zunehmend an Aufmerksamkeit. Im europäischen Vergleich gehört Frankreich zu den Ländern, in denen häufiger Erfahrungen körperlicher Gewalt gemacht werden.

Wie Politik und Gesellschaft den Körper und die Psyche eines Menschen brechen können, beschreibt Edouard Louis in seinem jüngsten Buch Wer hat meinen Vater umgebracht. Er zeigt ein Kontinuum zwischen der politischen Gewalt und der alltäglichen Gewalt im Privaten auf. Diese Erzählung kann sich auch im Nachhinein wie ein Vorzeichen der Gelbwestenproteste lesen: Die Gewalt, die – auf beiden Seiten übrigens – bei diesen Protesten zum Vorschein trat, schockierte nicht nur Deutschland, sondern auch Frankreich. Dort hat jeder die Bilder der Verwüstung des Arc de Triomphe durch die Gelbwesten im vergangenen Dezember in Erinnerung. Aber inzwischen wird eben auch Polizeigewalt in Frankreich zunehmend thematisiert. 

Autorität ist allerdings auf der anderen Seite des Rheins grundsätzlich sehr en vogue. Umfragen zeigen, dass ein erheblicher Teil der Franzosen, zuletzt 41 Prozent in einer Befragung von Oktober 2018, sich ein autoritäres Regime wünschen, um den "Niedergang abzuwenden" und "das Land tiefgreifend zu reformieren". Die Verfassung der IV. Republik, die bis 1958 galt und dem Staatspräsidenten eine eher repräsentative Funktion zuschrieb, hat bis heute einen sehr schlechten Ruf in Frankreich. Die Regierung galt und gilt als führungsschwach und instabil. Im Vergleich dazu wird das Machtsystem der V. Republik von der Mehrheit der Bevölkerung – selbst von den Gelbwesten – nicht infrage gestellt und Emmanuel Macron weiß sich seine umfangreichen Machtbefugnisse zunutze zu machen.

Ich selbst brauchte eine gewisse Zeit, um mich von dieser autoritären Kultur zu distanzieren. Erst der Umzug nach Deutschland und die Auseinandersetzung mit der hiesigen Streitkultur brachte mich zum Umdenken. Zwar empfand ich – und empfinde manchmal noch heute – viele Menschen hierzulande als allzu kontrolliert und korrekt und deren Kinder oft als wild, tyrannisch und schlecht erzogen. Mich ärgert es, wenn so getan wird, als ob Gewalt gar nicht zu unserer menschlichen Existenz dazugehöre. Gleichzeitig begriff ich, dass die französische Familienidylle mit Supermüttern und höflichen Kindern, die so viele Autoren loben, oft mit Druck und einer Portion Gewalt einhergeht. Also entschied ich mich, es ein bisschen anders zu machen und auf körperliche Züchtigung bei meinen Kindern zu verzichten. Ich schreibe bewusst "ein bisschen anders"; denn ich bin sicherlich strenger als viele deutsche Eltern und empfinde nach wie vor wenig Scham, meine Kinder anzubrüllen. Ganz aus meiner französischen Haut kann ich wohl nicht heraus.


Aus: "Gewalt in der Erziehung: Klaps auf den Po?" Cécile Calla (21. August 2019)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/2019-08/gewalt-erziehung-fessee-autoritaet-kinder-frankreich/komplettansicht (https://www.zeit.de/kultur/2019-08/gewalt-erziehung-fessee-autoritaet-kinder-frankreich/komplettansicht)

QuoteAufs Ergebnis kommts an #2

Ein Mittelweg ist hier angemessen.


QuoteGrundgesetz-Gutmensch #2.1

Eine halbe Ohrfeige??


QuoteLinksrechtsobenunten #2.2

Ein Mittelweg zwischen "dem Kind eine geordnete Umgebung durch klare Regeln schaffen" und "dabei trotzdem eine möglichst freie Entfaltung gewährleisten"?

Gerne.

Bei physischer Gewalt darf es keinen s.g. Mittelweg geben. Da bin Ich radikal dagegen. Im Artikel werden die -auch aus meiner Sicht- weit überzeugerenden Argumente dagegen genannt. Mal ganz abgesehen davon, dass ich den Gedanken (m)ein Kind zu schlagen, genauso selbstverständlich "extrem verstörend" finde, wie wohl manche Franzosen und Französinnen es als "normale Erziehungsmethode" sehen.

Psychische Gewalt ebensowenig, auch wenn ich da natürlich verstehe, dass es da in den verschiedenen Ansichten verschobene Grauzonen zu einer "einfach" stregeren Erziehung gibt.


QuoteRobert Nozick #2.5

Das Problem ist, das die geordnete Umgebung und die Durchsetzung klarer Regeln ohne körperliche Gewalt offenbar für sehr viele Erziehungsberechtigte ein großes Problem ist.

Viele kapitulieren und produzieren eine Generation völlig grenzenloser Egoisten, denen in der KITA elemetarste Regeln des Miteinanders nicht mehr beizubringen sind, wenn in den übrigen 16 -20 Stunden des Tages alles anders gelehrt wird. Meine Lebensgefährtin ist Erzieherin.

Auch wenn ich selbst nie schlagen würde, weiss ich manchmal nicht, ob mir die Zeiten, in denen diese überforderten Eltern sich wenigstens noch per Watschn durchsetzen konnten und in ihnen nichnt gesellschaftlich suggeriert wurden, sie müssten ihren kleinen Prinzen auf Händen tragen, lieber waren.


QuoteHühnerhabicht78 #2.11

Körperliche Gewalt gegenüber Kindern aus Wut auf Fehlverhalten ist unverzeihlich. Einen Klaps in bestimmten Situationen, als Mittel der Erziehung, ohne Wut und anschließendem Liebesentzug, halte ich dagegen für gerechtfertigt in bestimmten Situationen.
Ich gebe Ihnen sogar noch ein Beispiel:
Unsere 20 Monate alte Tochter wollte dem 3 Monate alten Nachbarsjungen ihre Kuchengabel ins Auge stechen. Wahrscheinlich um zu sehen, was passiert, wer weiß das schon. Konnte gerade noch eingreifen. Dafür gab es auf die Finger und eine beherzte Ansprache. Eine Woche später hat sie es erneut versucht, gleiche Reaktion meinerseits.
Danach hat sie es verstanden und nie mehr versucht.
Also los verurteilen Sie mich in Gutmenschen-Manier.


QuoteGrundgesetz-Gutmensch #2.19

Sie werden es nicht glauben, aber die meisten Eltern schaffen es ohne Gewalt Kinder großzuziehen, auf die man stolz sein und die man Liebhaben kann ohne sich für sie schämen oder rechtfertigen zu müssen. [ ... Es geht um das Prinzip: Gewalt ist Gewalt, und Gewalt als Mittel der Erziehung ist ein Zeichen von Schwäche, Grobschlächtigkeit und erzieherischer Armut. Es geht immer anders. Immer.]


QuoteHühnerhabicht78 #2.30

Obwohl ich anerkenne, dass Ihre Antwort wesentlich differenzierter ist, als die manch anderer Kommentatoren, bin ich anderer Meinung.

Wenn Sie jedoch wissenschaftliche Erkenntnisse verlinken können, die Ihre These stützen, werde ich das unvoreingenommen lesen.

Aus eigener Erfahrung, muss ich sagen, dass wütendes Rumgeschreie durch die Mutter, mir als kleinen Jungen eher in Erinnerung geblieben ist, als ein Klaps vom Vater, der sowieso eine absolute Ausnahme, reserviert für außergewöhnliche Frechheiten meinerseits, war. ...


Quote
Friedlicher Kampfradler #2.32

Interessant, ich habe ähnliche Situationen meistern können, ohne meine Kinder dabei dann körperlich zu misshandeln. Und ich musste dies dann auch nicht immer und immer wiederholen. Wenn das Kind sich nämlich auf die Ansprache konzentrieren kann, ohne dabei von den Schmerzen der elterlichen Brutalität abgelenkt zu werden, sitzt es einfach leichter.

Wie häufig haben Sie Ihre Kleinkinder bislang insgesamt unterm Strich prügeln müssen?


QuoteIn die Hutze integrierter Holm #2.34

Ich kenne Einzelmeinungen von Leuten die grob gesagt in der Neurologie forschen und arbeiten und die sind offenbar radikaler als alle Antworten hier im Forum. Bereits das Anschreien, ja die Stimme aggressiv zu erheben sei bereits einer gesunden Hirnentwicklung abträglich. Überhaupt sei das Anschreien in seiner Auswirkung nicht von Schlägen zu unterscheiden.

Unter dieser Annahme kann das wütende Geschrei Ihrer Mutter in der Summe wirklich schlimmer gewesen sein als die seltenen Schläge Ihres Vaters, für die Sie immerhin eine Erklärung gefunden haben.
Einlesen müssen Sie sich aber selbst, ich bin nicht qualifiziert und es ist wohl auch sinnlos jetzt einzelne Studien rauszusuchen.
Das werde ich im nächsten Sabbatical nachholen.


QuoteHühnerhabicht78 #2.38

Natürlich, ich bin Arbeitnehmer und gehe gleich arbeiten unterwürfig arbeiten, um auch weiterhin die Steuern zu zahlen, die der Staat heute so für seine gesellschaftlichen Experimente benötigt.
Sie dagegen sind vermutlich Mitglied der linksalternativlosen Szene und bereiten gerade im Stillen die Revolution vor.
Um ihre Versorgung brauchen Sie sich derweil nicht zu sorgen, dass übernehmen Ihre wohlmeinenden Eltern für Ihren Junior doch gerne :)

Und das alles nur weil ich als Kind ab und zu mal angeschnauzt wurde, wenn ich mal wieder Rebellion geübt habe...
Deutschland könnte so schön sein, mit 80 Millionen selbstverwirklichten Guevaras. Da muss ich mich jetzt wirklich bei meinen Eltern beschweren, wenn ich die das nächste mal sehe.



Neurologen, die anhand von Hirnuntersuchungen verhaltenspsychologische Zusammenhänge erklären wollen und dabei Dogmen formulieren, laufen Gefahr ungewollt einem Druiden, der aus Vogelinnereien liest, zu ähneln.

Unter den Verhaltenspsychologen selbst gibt es nämlich auch jene, die davon ausgehen, dass ein Kind dadurch massive Fehlentwicklungen erleiden kann, wenn die Eltern immer beherrscht und frei von negativen Emotionen erziehen. Es hat dann keine Chance Empathie zu entwickeln (bis hin zu soziopathischen Zügen) und ist völlig überfordert, wenn später in Schule und Gesellschaft auf einmal deutlich negative Reaktionen auf das eigene Verhalten erfolgen.

Als Laie müssen Sie dann entscheiden, wie Sie ihr Kind erziehen. Nicht immer so einfach, wie es dem ein oder anderen hier scheint.

Vermutlich haben Sie es noch nie geschafft, Ihre ideologische, rosarote Brille kurz abzulegen, um die Welt in allen ihren Facetten und Zwischentönen wahrzunehmen.
Vielleicht klappt das ja noch zu einem späteren Zeitpunkt


QuoteKapaster d.J. #4

Ich bin in der DDR aufgewachsen und ich war einer der wenigen männlichen Kinder in meinem Umkreis, der nicht von häuslicher Gewalt betroffen war.
Lehrer durften nicht schlagen, aber in den Familien wurde teils hemmungslos geprügelt. Für mich steht der Zusammenhang zwischen autoritärer Weltanschauung und Gewalt ausser Zweifel.


QuoteAlemannischschwäbisch #4.4

Psychische Gewalt war dort Staatsräson
Wie auch im 3. Reich.
Sollten ja alle Staatstreue Kommunisten werden.


QuoteEr_ist_wieder_da. #4.12

Antiautoritäre Eltern haben oft Gewalt erlebt und dadurch ist Aggression oft Tabu und verdrängt. Das geht dann Richtung Gutmensch und irgendwann entwickeln die Kinder Probleme weil sie nicht mit den eigenen Wutgefühlen umgehen können.

Oder passiv aggressive Menschen treiben ihr Umfeld in die Wut. Gesellschaftlich wäre das dann Gutmensch vs. Wutbürger.


QuoteSichersucher #2.45

... Was ich bedrückend finde, ist die Ansicht, jemand könnte Schläge oder andere Gewaltformen verdient haben. Dass wir brüllen oder schlagen, wenn wir hilflos sind, wird wohl (noch lange) so bleiben. Aber es richtig zu finden... Wann ist Gewalt gegen Schwächere uns Abhängige logisch (ohne Wut) oder gesellschaftlich wünschenswert? Wie kann es richtig sein, jemanden anders so zu bahandeln, wie man selbst nicht möchte - und er auch nicht? Übrigens führt dieser Ansatz (auch meine Erfahrung) zu einem Gegenteil von Rücksichtslosigkeit oder Gewalt, weil die Frage gelernt wird, wie sich der andere fühlt. Ich sehe eher das Problem, dass diese empatischen Kinder dann von Kindern, die Gewalt als normal empfinden, als schwach wahrgenommen werden. Da hängt wieder ein ganzer Rattenschwanz dran, aber der offensichtliche Hebel scheint mir, dass aus Gewalt gegen Schwächere verzichtet und als feige betrachtet wird. Wer schlägt heute in Deutschland schon seine Frau/seinen Mann und spricht offen darüber und bezeichnet das als richtig? Und nach oben? Schon mal den Chef/die Chefin geschlagen und erwartet, dass sich daraufhin die Arbeit wünschenswert entwickelt? Nein? Sicher, dass noch nie ein Chef einen anderen so zur Weißglut getrieben hat, wie ein Kind? Ich glaube, wir haben gelernt, entlang des Machtgefälles Gewalt als normal zu empfinden.


...
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 24, 2019, 09:26:37 PM
Quote[...] Den Trend "Gemüse aufessen" habe ich nicht kommen sehen. Hätte man mir als Sechsjähriger gesagt, dass der Tag kommen wird, an dem alle Leute ganz verrückt sind nach Brokkoli, Radieschen und Grünkernbratlingen, so verrückt, dass sie sogar ihr Gemüse fotografieren, ich hätte demjenigen einen Vogel gezeigt. 1981 wohnte ich mit meinen Eltern in einer großen Hausgemeinschaft in der westdeutschen Provinz. Mitbewohnerin Bine* hatte sich gerade eine Körnermühle gekauft. Bei Gudrun* nebenan gab es mittags Vollkornnudeln und Möhren, die nicht aus der Dose kamen. (Für alle, die nicht dabei gewesen sind: In den Siebzigern kannte man Gemüse – also Erbsen und Möhren – nur aus der Dose, und wer sich die Arbeit machte, frisches zu kochen, musste fanatisch sein. So wie Gudrun, die in der Clique meiner Eltern den Ruf einer Hardlinerin hatte.) Meine Mutter hingegen kochte weiterhin weiße Spaghetti mit roter Soße aus Dosentomaten. Was zur Folge hatte, dass alle WG-Kinder bei uns mitessen wollten und Bine auf ihren Grünkernbratlingen und Gudrun auf ihren Vollkornnudeln sitzen blieb. Als Sechsjährige hätte ich daraus folgern können, dass der Markt sich selbst reguliert. Doch es sollte anders kommen.

Knapp vierzig Jahre später. Es ist wie in einem schrägen Science-Fiction-Thriller: Stell dir vor, du trittst eines Morgens auf die Straße, und alle sehen aus wie deine Eltern. Alle tragen die gleichen Jeans wie deine Eltern und die gleichen Vollbärte, alle essen die gleiche Vollwertkost, fahren die gleichen Lastenfahrräder, die gleichen VW-Busse und haben sogar die gleichen fucking Fjällräven-Rucksäcke dabei. Damals waren diese Rucksäcke Trophäen aus einem überstandenen Skandinavien-Zelturlaub; heute kannst du sie bei Zalando bestellen.

Und gerade als du denkst, dass darin irgendwo ein Hinweis versteckt sein könnte, zündet der Grusel die zweite Eskalationsstufe: Diejenigen, die nicht aussehen wie deine Eltern, sehen aus wie du selbst! Sie tragen dieselben Bomberjacken, die du als Vierzehnjährige angezogen hast, nachdem du den kratzigen Wollpulli deiner Kindheit den Eltern vor die Füße geworfen hast. Alle hören halb ironisch Hip-Hop und tragen die entsprechenden Turnschuhe dazu. Auf diesen berufsjugendlichen Einheitslook können sich erschreckend viele Leute einigen, ob Teenagertochter türkischer Einwanderer oder ergrauter Rechtsanwalt. Dazu wollen alle plötzlich selbstbestimmt arbeiten und hängen mittags im Café und abends mit einer Flasche Bier auf den Bordsteinkanten rum. Alle!

Das ist der schräge Albtraum, in dem ich mich gerade wiederfinde.

Es sind nicht alle so, komm mal raus aus deiner linksgrün versifften Blase!, hör ich da rufen. Und ihr habt recht, ich lebe in einer Blase, und das schon lange: Kindheit in dieser Wohngemeinschaft, Jugend in den unzähligen linksalternativen Kulturzentren in Bremen, ab Mitte der Neunziger habe ich dann das Epizentrum dieser Blase als Wohnort gewählt, Berlin-Kreuzberg. Da lebe ich bis heute. Problem nur: Ich finde den Ausgang nicht mehr, so sehr hat sich diese Blase aufgebläht. Der grün-individualistisch-hedonistische Lebensstil scheint eine immense Sogwirkung zu haben. Sicherlich nicht auf alle, aber eben auf viele. Die Ergebnisse der Europawahl nähren meinen Wahn.

Ist doch schön, könnte man sagen. Alles wird ein bisschen gesünder, selbstbestimmter, umweltbewusster, das tut auch dem Klima gut. Und sogar der junge BWL-Student, der vor Jahren noch von seinem Schlips drangsaliert, von seiner Aktentasche gebeugt und vom Familienjoch geknechtet wurde, dieser BWL-Student sitzt jetzt mit seinem Fjällräven-Rucksack und einem Bierchen auf dem Bordstein vor meiner Haustür in der Abendsonne und fragt fröhlich: So what?

Wenn du aus dem Haus trittst, und plötzlich sehen alle aus wie du und deine Eltern, scheint das zunächst nicht mehr zu sein als ein crazy Selbsterfahrungstrip. Was ist, wenn plötzlich alle Welt im Straßencafé draußen Cappuccino trinken will, wie meine Eltern 1977 in der ersten italienischen Eisdiele im Ort? Was ist, wenn plötzlich alle das kalt gepresste Olivenöl haben wollen, das 1983 aus dem Italienurlaub mitgebracht wurde? Was ist, wenn plötzlich alle Avocados essen wollen? Was ist, wenn alle Bulli fahren wollen? Was ist, wenn sogar alle diese scheußlichen Outdoorklamotten haben wollen, die meine Eltern in den Neunzigern für sich entdeckten? Die beige Rentnerkleidung, die davor Standard war, war wenigstens kompostierbar, weil nicht aus Multifunktions-Kunstfasern.

Das ist immer noch kein Problem, nur ein lustiges Gedankenspiel. Genauso lustig wäre es, wenn plötzlich alle Welt aussehen würde wie die Eltern anderer Leute. Alle würden Kaffee mit Dosenmilch trinken oder Dujardin im Cognacschwenker und dann besoffen auf den Tennisplatz gehen oder so. (So was machen zurzeit nur Mittzwanziger, und das auch nur ironisch und nur in Musikvideos.)

Aber wieso find ich's nicht lustig? Was brodelt da in mir, wenn ich beobachte, wie eine Mutter im Berliner Graefekiez oder in Hamburg-Ottensen, eine Mutter mit Birkenstocks, ihrem Kind das Dinkelbrötchen in den Kinderwagen reicht? Ich könnte doch auch einfach denken: Süß, guck mal, genau wie Gudrun früher. Doch ich muss gestehen, wenn ich tief in mich reinhorche: Da ist nicht nur Liebe in mir. Irgendwas in mir will dieser Frau vors Schienbein treten. Würd ich nie machen, siehe pazifistische Erziehung. Ich atme schwer und gehe weiter.

Vielleicht ärgert mich, dass die Versprechen meiner Kindheit gebrochen wurden. Damals, als meine Eltern jung waren, und neulich, als ich jung war, durften noch alle mitmachen, die Lust dazu hatten. In den Wohngemeinschaften meiner Eltern gingen die unterschiedlichsten Leute ein und aus. Es galt die stille Übereinkunft: Solange du dich von deinen Nazi-Eltern distanzierst, solange du die richtigen Jeans trägst und den richtigen Parka, solange du die richtige Musik hörst und solange du die richtigen drei, vier Bücher im Regal stehen hast, darfst du dabei sein. (Du musst sie nicht gelesen haben, das kann ich bezeugen. Ich habe meinen Vater so gut wie nie lesen sehen, und er durfte trotzdem dabei sein. Vielleicht weil er tolle Kindermöbel bauen und Autos reparieren konnte.)

Und sogar was diese kulturellen Codes betraf, wurde oft ein Auge zugedrückt. Bei uns wohnte jahrelang eine Frau, die definitiv die falschen Hosen trug und mit ihrer falschen Frisur an der Supermarktkasse saß, selbst gestochene Unterarmtattoos hatte und mit ihren zwei Kindern vor ihrem prügelnden Mann geflohen war. Alle durften mitmachen, auch die Türkin mit Kopftuch von nebenan saß im Sommer mit am WG-Gartentisch, weil meine Mutter auf ihre kleine Tochter aufpasste, während sie arbeiten ging. Wie gesagt, das war 1981 in der ostwestfälischen Provinz.

Und das ist der entscheidende Unterschied zu damals: Das Versprechen "Alle dürfen mitmachen" gilt nicht mehr. Die Birkenstocks von der Frau mit dem Kinderwagen und dem Dinkelbrötchen sind nur ein Paar von vielleicht dreißig Paar Schuhen, die sie zu Hause hat, und ihr Kinderwagen kostet so viel wie das gebrauchte WG-Auto meiner Eltern. Früher wurden wir Kinder in selbst gestrickte Pullover und billige Gummistiefel gesteckt. Heute tragen die Kleinkinder in den linksalternativen Stadtteilen dieser Republik Outdoorklamotten, Wollwalk-Overalls und skandinavische Schuhe im Wert eines Hartz-IV-Monatssatzes. Damals fuhr man Bulli, weil acht Personen mitfahren konnten, und man wohnte mit fünf Erwachsenen und vier Kindern in einer Sechszimmerwohnung. Heute wohnt in der gleichen Wohnung eine Kleinfamilie, und der Multivan-Bulli ist teurer als ein Mercedes S-Klasse. Damals durfte jeder in Kreuzberg wohnen, der keine Angst vor Klo auf dem Gang, Ofenheizung und Türken hatte. Heute dürfen nur noch diejenigen in Kreuzberg wohnen, die das Geld dafür haben.

Ich heule nicht dem Ausverkauf eines Lebensstils hinterher. So was passiert. Was mich allerdings ankotzt, ist, dass er äußerlich nachgeahmt, aber innerlich ausgehöhlt wird. Es ist, als ob die Neo-Kreuzberger sagen: Euren Lifestyle, den finden wir ganz fancy, nur die Sache mit dieser Solidarität, das haben wir noch nie verstanden, das lassen wir mal lieber weg. Die Dinkelmütter von damals haben Kinderläden und freie Schulen gegründet, die Dinkelmütter von heute pirschen sich am Kuchenstand auf dem Schulfest an die Direktorin ran, damit ihr Kind nicht nur auf die beste Schule, sondern auch in die beste Klasse mit der besten Lehrerin kommt. Damals warf man mit drei, vier Familien die Miete für einen baufälligen Bauernhof auf dem Land zusammen, als Wochenendhaus. Heute stehen sich Familien, die genauso aussehen wie die von damals, als erbitterte Konkurrenten gegenüber, im Kampf um eine Datsche in der Kleingartensiedlung.

Dass der Wind sich dreht, habe ich zum ersten Mal vor ungefähr zwölf Jahren auf einem Kreuzberger Spielplatz bemerkt. Mein damals einjähriges Kind stritt sich mit einem anderen Kind um ein Sandkasten-Förmchen. Die Reflexe meiner eigenen Erziehung funktionierten einwandfrei, doch ehe ich sagen konnte: "Guckt mal, ihr könnt doch zusammen damit ...", rief die andere Mutter (die genauso aussah wie ich) ihrem Kind schon zu: "Jetzt lass dir doch nicht immer jedes Spielzeug abnehmen! Setz dich mal durch!" Ich blieb bestimmt zehn Minuten mauloffen im Sand stehen.

Dass Durchsetzungsvermögen der neue Kreuzberger Soft Skill ist, wurde mir in den nächsten Jahren klar, als der Run auf bezahlbare Altbauwohnungen, auf Kindergartenplätze, Schulplätze, Parkplätze, Plätze im Fußballverein, Plätze in der Musikschule und so weiter begann. Glück für alle, die rechtzeitig ihr Durchsetzungsvermögen trainiert haben. Für alle anderen ist das Leben eine Warteliste.

Kann sein, dass ich die Vergangenheit in nostalgischem Licht sehe. Meine Mutter erinnert mich immer wieder daran, dass in unseren WGs auch viel gestritten wurde. Doch ich glaube, dass das bisschen Streit um Abwasch und Rasenmähen nicht halb so schlimm für den Seelenfrieden war, wie es das nagende Gift eines Lebens in chronischer Wettbewerbsvorteilsverschaffung ist.

Mit grün im Sinne von umweltverträglich hat das, was wir in Kreuzberg veranstalten, ohnehin schon länger nichts mehr zu tun. Während Bine und ihre Freundinnen damals Yoga in der Volkshochschule gemacht haben, fliegen Julia und ihre Freundinnen ins Yoga-Retreat nach Thailand. Und was ist an einem VW-Bus eigentlich grüner als an einem SUV? Einfach mal Maße und Spritverbrauch vergleichen, schon bröselt einem das Selbstbild unter den Fingern weg.

Wahrscheinlich hätte ich gar nichts bemerkt von diesen Widersprüchen, wenn die Reichen brav auf ihren Golf- und Tennisplätzen geblieben wären und nicht auf Birkenstocks in meine Blase reingelatscht wären. Beim Nächsten, der bei mir im Hof steht, um einen unverbindlichen Small Talk über Immobilienpreise anzufangen, vergesse ich meine pazifistische Erziehung.

Ich werde wahrscheinlich noch eine Weile in diesem schrägen Science-Fiction-Thriller leben. So lange, bis ich mir die steigende Miete wirklich nicht mehr leisten kann. Wenn dann die deutschen Innenstädte für Normalverdiener unbezahlbar werden, so wie in London oder San Francisco, wenn der Verteilungskampf noch verschärft wird, weil Firmen wie Google oder Zalando oder irgendeine KI-Klitsche ihre Mitarbeiter ganz dringend in den "angesagten Trendbezirken" unterbringen wollen, haben all diejenigen Glück, die sich rechtzeitig eine Immobilie gesichert haben. Alle anderen können gehen. Das Kreuzberger Kreativprekariat hätte zumindest noch die Möglichkeit, einen Deal mit den neuen Platzhirschen einzugehen und seine herrlich unkonventionelle Kreativität zur Verfügung zu stellen, damit die ganze Sache authentischer, rougher und auch: grüner rüberkommt.

Hab ich behauptet, ich wisse nicht, wo der Ausgang aus der Blase sei? Vielleicht weiß ich's doch. Vielleicht bau ich mir eine Holzhütte auf dem Golfplatz, da ist ja keiner mehr. Oder ich ziehe in einen verwaisten Bungalow, den die Erben nicht wollen und für den sie wegen Asbest keinen Käufer finden. Angst vor Ungesundem hatte ich noch nie. Ich koche weiße Nudeln mit roter Soße, vielleicht kommt ja jemand zum Essen vorbei. In der Hausbar finden wir Dujardin. Den Rasen mähen wir morgen.

* Name von der Redaktion geändert


Aus: "Früher war mehr Öko" Tina Thoene (21. August 2019)
Quelle: https://www.zeit.de/2019/35/oekologischer-lebensstil-solidaritaet-hippie-zugehoerigkeit-mainstream/komplettansicht (https://www.zeit.de/2019/35/oekologischer-lebensstil-solidaritaet-hippie-zugehoerigkeit-mainstream/komplettansicht)

QuoteTrümmerlotte #22

Sehr unterhaltsamer Artikel.
Und das es so kommen könnte, hätte man aber doch ahnen können.
Und zwar frühzeitig... als in den 80ern Punk-Klamotten bei Karstadt vertickert wurden und seit man bei Che Guevara eher an den T-Shirt-Kauf denkt statt an die Gründung ner handfesten Stadt-Guerilla, spätestens da muß einem doch klar gewesen sein: es gibt keine Überzeugung oder Lebensstil, die sich nicht auch als Konsumprodukt mit entsprechendem Kolateralschaden eignet...
jetzt hat es halt die Ökos erwischt, shit happens :-)


QuoteEigenverantwortung #24

Grüne und Ökos können mich Mal ganz gepflegt.


QuoteWatzinger #24.1

Schlüssige Argumentation, flüssig formuliert, höfliche Sprache und für die vielen Wörter nur wenige Fehler. Glückwunsch.


...
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 12, 2019, 01:11:41 PM
Quote[...] Mit einem Klimaschutz mit Askese, Verbot und Verzicht werde Deutschland vielleicht ,,Moral-Weltmeister", sagte FDP-Chef und -Fraktionsvorsitzender Christian Lindner: ,,Aber niemand wird uns auf der Welt folgen." ...


Aus: "Lindner warnt vor ,,Moral-Weltmeister" Deutschland" (11.09.2019)
Quelle: https://www.welt.de/politik/deutschland/article200107024/Generaldebatte-im-Bundestag-Lindner-warnt-vor-Moral-Weltmeister-Deutschland.html?wtrid=onsite.onsitesearch (https://www.welt.de/politik/deutschland/article200107024/Generaldebatte-im-Bundestag-Lindner-warnt-vor-Moral-Weltmeister-Deutschland.html?wtrid=onsite.onsitesearch)

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Quote[...] Moralinsaure Moralisten überall. Aktivisten wollen dies. Aktivisten wollen das. Hin. Her. Hoch. Runter. Ding. Dong. Und ich stehe amüsiert im Raum. Es ist ein Fest für Trolle. Ein Galadinner für Stresser. Ein innerer Scheißparteitag für an die Schienbeine Pisser. Wenn Sie hypereifrige Aktivisten ärgern wollen, dann geht das inzwischen ganz einfach. Malen Sie Geschlechtsorgane irgendwo hin [ https://werberat.de/werberat-spricht-nachtragliche-beanstandung-aus-social-media-werbung-von-true-fruits-uberschreitet (https://werberat.de/werberat-spricht-nachtragliche-beanstandung-aus-social-media-werbung-von-true-fruits-uberschreitet) ]. Wie früher in der Schule auf die Bank. Oder auf das Klo. Penis. Penis. Titten. Noch mehr Titten. Und alle rasten aus. Inzwischen reichen sogar freie Oberkörper irgendwo auf einem Plakat und Twitter dreht durch. Alerta Alerta, da hat einer Penis gesagt. PENIS! Hashtag! Retweet!

Ich dachte vor ein paar Jahren mal, die Welt könne nicht bekloppter werden, doch das war ein Irrtum. Ein Trugschluss. Ich habe das nicht zu Ende gedacht und angenommen, die menschliche Blödheit sei auf einen bestimmten unverrückbaren Sockel limitiert und könne nicht ins Unendliche gesteigert werden, aber das stimmt nicht. Sie werden von Jahr zu Jahr blöder. Lauter. Kreischender. Und verrückter.

Was da mit erhobenem Zeigefinger dasteht und krakeelt, ist nicht weniger als der neue Klerus. Viktorianisch. Prüde. Bitterernst. Sie haben die alten, lahmenden Presseorgane in ihrem Bataillon, die öffentlich-rechtlichen Anstalten, aus dem Gebührenaufkommen querfinanzierte YouTube-Kanäle, lassen ihre Kritiker blocken und haben sich, damit das einfacher geht, dafür sogar ein Gesetz zimmern lassen. Und bis zum Zäpfchen privilegierte Premiumautorinnen mit Fangirls im Kometenschweif rennen medienwirksam in den Supermarkt und räumen Regale um, auf dass ich mein ejakulatartiges sexistisches Fruchtpüree nicht mehr finde und doch bitte auf das turbokapitalistische Konkurrenzprodukt von Coca Cola umsteige, was quer durch die etablierten Portale fürsorglich beklatscht wird.

Ihr seid so doof.

Ihr seid alle so doof.

Meine Güte was seid ihr doof.

Jedem mit einem Funken rebellischem Geist macht es im Moment reinste ehrliche klammheimliche Freude, euch zu stressen, zu nerven, zu trollen, die Dinge, die man nicht tut, extra zu machen. Ja, bitte, nehmt euch die Zeit und räumt die Flaschen der kleinen Bonner Fruchtsaftklitsche rüber zu den Eiweißriegeln oder unter die Bananen, weil ihr nicht wollt, dass ich das trinke, doch ich werde das Zeug auf jeden Fall finden und damit hinter euch an der Kasse stehen und euch ins Gesicht strahlen, ihr Nixblicker, denn wenn ich etwas mehr als alles andere hasse, ist es, wenn mir jemand vorschreibt was ich zu tun habe, ohne mich dafür mit einem Monatsgehalt zu bezahlen. Was ihr da tut weckt unmittelbar, vollkommen automatisch und ohne dass ich das irgendwie steuern könnte meinen Widerwillen. Es ist absolut unvermeidbar, dass ich genau das tue, von dem die Moralapostel, Kleriker und diese neue superkorrekte elitäre Medienblase nicht wollen, dass ich es tue. Einfach aus Spaß. Und nur aus Spaß. Nicht um zu zeigen, dass das hier immer noch ein freies Land ist, in dem Eiferer eben nicht die private Agenda des Einzelnen bestimmt dürfen, gut, das ist ein Nebeneffekt und auch vollkommen folgerichtig, sondern ich mache das nur aus Spaß. Immer anders als die da von mir wollen. Weil ich es kann. Und darf. Und will. Weil ihr den Stinkefinger so sehr hasst und ich den so mag.

In meinem Büro läuft gerne mal Minderheitenmusik aus der Bluetoothbox. Coldwave. Gothicrock. Neofolk. Brandenburger Punk. Oi. Satyricon. Amon Amarth. Die guten alten Jungs von Slayer. Und Böhse Onkelz. Said what? Huhu. Aber doch nicht die. Darf man nicht hören. Geht gar nicht. Haben mir die letzten knapp 20 Jahre verschiedene Leute gesagt. Geht nicht. Weil die rechts bedienen. Auch wenn ich von denen noch nicht ein rechtes Statement zu irgendwas gehört habe. Aber das spielt keine Rolle, es reicht, dass sie mit süßen 17 Jahren in der Szene waren und da helfen auch satte 30 Jahre an Distanzierungen nicht mehr. Man darf die nicht hören. Die gehen gar nicht. Sagen mir Leute. Seit der Schule schon. Unaufgefordert. Ohne dass ich sie vorher gefragt habe, ob ich diese Band hören darf. Oder sie zu Bewertungen meiner Angelegenheiten aufgefordert habe. Und ohne dass ich ihren Senf zu irgendwas überhaupt generell haben möchte. Nein. Sie kommen einfach daher und sagen, was zu tun ist. Was man tut und was nicht. Andere Musik hören. Anderen Fruchtsaft trinken. Auto abschaffen. Vegan essen. Nicht mehr fliegen. Zu Alnatura statt zu Lidl gehen. Dieter Nuhr nicht mehr schauen. Keine Drogen nehmen. Keinen Alkohol mehr trinken. Ursula von der Leyen toll finden. Und bitte meine Sprache gendern. Wegen, keine Ahnung, Awareness.

Ich höre meine Musik natürlich trotzdem. Weil ihr mich – na klar – alle am Arsch lecken könnt. Das ist doch nur logisch. Wie sieht das denn aus, wenn ich einknicke und die Musik nicht mehr höre, die ich mag, nur weil ihr das wollt. Echt jetzt. Würdet ihr das tun? Nicht mehr Max Giesinger, Jennifer Rostock oder Bosse hören, nur weil ich die alle eine grässliche Zumutung finde?

Was seid ihr doof. Unendlich doof. Ihr erreicht mit diesem ständigen penetrierenden dauerempörten unendlich abgehobenen Geblöke genau das Gegenteil: Euch eigentlich grundsätzlich mal zugeneigte Leute wenden sich ab, wählen eure Parteien nicht mehr, lachen beim Bier über euren verkopften Scheiß, feixende Trolle stressen euch in die Schnappatmung und die vollkommen Frustrierten wählen seit Neuestem sogar rechts, weil das offenbar das ist, mit dem man euch am allermeisten ärgern kann und ihr merkt das alles nicht, sondern twittert munter weiter eure Moralinsäure in die Welt als gingen die Zehnerjahre, in denen ihr die uneingeschränkte Lufthoheit über alle Ressourcen hattet, nicht bereits in ein paar Monaten schon zuende.

Inzwischen ist plakativ kalkulierte Unkorrektheit ein Stilmittel in der Werbung, mit dem sich unter Verwendung der Social-Media-Empörungskloake in kürzester Zeit die Zuneigung der angekotzten Mehrheitsgesellschaft gegen die pikierte Moralelite gesichert werden kann. Sie wollen mehr Produkte verkaufen? Das geht ganz einfach. Drücken Sie ein paar Knöpfe, bei denen die üblichen blasierten Twitterinfluencer sofort an die Decke gehen. Daraufhin berichten alle gängigen Onlineportale mit Reichweite darüber, wie schlimm Ihr Produkt ist und nennen dabei Ihren Namen. Kostenlos. Über Tage. Das steigert Ihren Umsatz. Sofort. Weil Ihr Produkt plötzlich irrwitzigerweise zu einem Symbol gegen die da oben geworden ist, die ihre limitierenden Moralvorstellungen in die Alltage drücken wollen und damit gerade im letzten Jahrzehnt so erfolgreich waren, dass diese Gestalten und ihren Kodex jetzt kein normaler Mensch mehr sehen kann.

Ihr seid so doof. Was ihr nicht merkt ist, dass die Dinge bröckeln. Auf die Gängelung durch eine selbstherrliche Obrigkeit hat die Mehrheit nicht den Hauch von Bock und reagiert darauf im Moment mit vielen Dingen, die ihr gar nicht seht. Geht doch mal wieder in eine verrauchte Kneipe, hinten am Bahnhof zum Späti auf ein Bier an eine dieser speckigen Stehtonnen oder auf so ein garantiert unveganes Dorfest außerhalb des S-Bahn-Rings, auf dem der Pöbel feiert, dessen Lebensstil ihr so leidenschaftlich verachtet, aber das könnt ihr gar nicht, weil ihr gar nicht wisst wo der Pöbel überhaupt zu finden ist. Lieber sitzt ihr feist und satt auf eurem begrünten Balkon über Berlin-Friedrichshain, Ingwer-Zitronengrastee auf dem Tisch und einen getrockneten Apfelschnitz in der Hand, während der Pöbel unten bei 32 Grad die Straße neu teert. Euren Bürgersteig pflastert. Eure Couscousbrösel für euer Taboulé in den Bioladen liefert. Und euren Wohlstandsmüll zur Deponie fährt. Um danach mit dem Regionalexpress wieder raus nach Brandenburg zu fahren. Sprecht doch mal mit einem von denen. Die hassen euch alle inzwischen. Und ihr merkt nichts da oben auf eurem Balkon, auf dem ihr alt werdenden Vetteln vor dem Macbook immer noch wie 2010 über dem nächsten Hashtag für die neueste Empörung brütet. Und von wo aus ihr nicht seht wie sich der Wind dreht, wie eure Onlinekampagnen nicht mehr verfangen, die Leute sich ermüdet bis angewidert abwenden nach der hunderttausendsten beliebigen Empörungswelle, die aus irgendeinem Grund immer noch jedes Mal tagelang durch eure angeschlossenen Funkhäuser genudelt wird.

Als wäre immer noch 2010.

Was ihr auch nicht merkt, weil ihr die alle geblockt habt: Unter eurem Radar hat Rechts dazugelernt. Massiv. Erfolgreich. Professionell. Und seit neuestem reichweitenstark. In kürzester Zeit. Kommt jetzt young, fresh, urban, hip daher. Ist frech. Naseweis. Bärtig. Trägt Hoodie. Und verarscht euch. Macht sich lustig. Über die Bräsigkeit. Das Superkorrekte. Klerikale. Glückwunsch. Alles falsch gemacht. Da habt ihr sie. Das ist jetzt eure Opposition. Der Protest gegen euch. Da nutzt auch euer Löschen nix. Die laden das einfach neu hoch, vernetzen sich über Telegram, vk, dtube, reddit, alles Orte, an die ihr nicht rankommt, während ihr immer noch emsig Löschanträge bei YouTube stellt, als würde das Löschen irgendwas bringen, außer sie zu Zensurmärtyrern zu machen, was ihnen jedes Mal noch eine Schippe mehr Anhänger sichert, die inzwischen nicht mal halb so alt sind wie ihr und Oberlehrer samt Bräsigkeit schon seit der Schulzeit nicht leiden können.

Und sonst? Ideen? Neues? Nein, ihr seid wie immer. Eure Kanäle sind fad, eure Stellungnahmen in eurem Verwaltungsgenderdeutsch ein Elend und eure immergleichen hysterischen Choreographien abstoßend routiniert, alles nur wohlfeile Empörungsrituale, für die sich außerhalb eurer Blase niemand mehr interessiert. Ihr schmeckt säuerlich. Vergoren. Giftig oft. Ihr seid nicht hip. Nicht frech. Und schon gar nicht mehr jung. Ihr seid lame. Spießig. Öde. Ihr seid der Klerus auf dem goldenen Balkon, der jede kleine Frechheit übel nimmt, weil Frechheit gegen die Linie verstößt. Wie konnte es passieren, dass sich die Dinge so umkehren? Wann ist euch das entglitten? Und warum verkauft sich Rechts jetzt als der hippe Protest gegen euch, die ihr in den Clubsesseln der Schaltstellen sitzt? Und warum fällt ihnen das so leicht? Und euch nichts dagegen ein?

Ach, egal. Ihr macht eh so weiter wie ihr es immer gemacht habt und schießt euch sukzessive selbst auf die Auswechselbank, was rege ich mich eigentlich auf. Trullala. Ich sitze in meinem Kasperlebezirk und habe besseres zu tun. Ich muss mir mal wieder ein schönes Stück fette alte Kuh auf den Balkongrill legen. Es hat knapp ein Kilo und wurde mir aus Spanien geliefert. Mit dem Flugzeug. Oder dem Laster. Mir egal. Und das muss heute auf den Grill, weil mich meine dämliche sauerkrautköpfige Nachbarin, die uns vor einiger Zeit das Fridays for Future-Plakat ins Treppenhaus gehängt hat, gestern in jenem Treppenhaus schon wieder ungefragt darüber informiert hat, dass vegane Ernährung mir helfen würde, im Laufsport bessere Ergebnisse zu erzielen. Weil Fleisch meine Arterien verstopft, was zu einer schlechteren Versorgung des Hirns und der Lunge führen würde, so dass ich nicht so schnell rennen kann wie ich könnte. Sie sehen: Sie gibt nicht auf. Missioniert mein Hirn zu Brei. Fängt immer wieder davon an. Und ich finde sie immer noch so kacke, dass es quietscht. Lieber sterbe ich ein paar Jahre früher als ihren superkorrekten faden Seitanscheiß zu fressen.

Zum Fleisch werde ich mir ein Bier aufmachen. Ich habe mir ein paar Kästen davon auf den Balkon gestellt, bevor aktivistische Autorinnen, Dozentinnen, Journalistinnen und Regisseurinnen aus dem Elfenbeinturm eine neue Empörung ausrufen und bei Rewe die Bierflaschen unter den Kohlköpfen verstecken, auf dass die Schäfchen lieber ChariTea kaufen. Weil das viel gesünder ist als Bier. Und so superkorrekt. ...


Aus: "Die Aktivisten sind wieder empört" Der Maschinist (08/09/2019)
Quelle: https://pestarzt.blog/2019/09/08/die-aktivisten-sind-wieder-empoert/ (https://pestarzt.blog/2019/09/08/die-aktivisten-sind-wieder-empoert/)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 15, 2019, 11:06:46 AM
Quote[...] ,,Es besteht kein Konflikt, keine Meinungsverschiedenheit zwischen der Kirche, dem Heiligen Stuhl, und den Vereinten Nationen in Sachen Menschenrechten, vor allem nicht wenn es um den Frieden und den Wohlstand für alle Menschen geht."

Silvano Maria Tomasi ist katholischer Erzbischof und ständiger Beobachter des Heiligen Stuhls bei den Vereinten Nationen, der UNO. Allerdings hat der Vatikanstaat die Menschenrechtscharta der UNO nicht unterzeichnet. Die Menschenrechte stellen jene Rechte dar, die einzelne Personen vom Staat einfordern können. Der Heilige Stuhl ist einer der wenigen Staaten, die diese Rechtsforderungen der Vereinten Nationen nach wie vor ablehnen. Auch die Europäische Menschenrechtskonvention wurde bisher vom Heiligen Stuhl nicht unterzeichnet.

Aus einem präzisen Grund hat der Vatikan immer noch Probleme damit, solche internationalen Dokumente zu unterzeichnen, erklärt Daniele Menozzi, Historiker an der Universität Scuola Normale Superione in Pisa und Autor eines 2012 erschienen Buches zum Thema Kirche und Menschenrechte:
,,Gegen das Recht des Menschen über sich selbst zu bestimmen argumentieren die Päpste mit dem Naturrecht, dem sich der Kirche nach die Menschen unterzuordnen haben."

Die Kirche und die Menschenrechte: ein Thema, das die Päpste seit 1789 beschäftigt. Die Ausrufung der Menschenrechte während der Französischen Revolution überraschte die Kirche. Vor allem war Papst Pius VI. über das Verhalten des französischen Klerus angesichts der Menschenrechtserklärung überrascht.

,,Die französische Kirche beteiligte sich an der Verfassung dieser Erklärung. Sie war nicht mit allen Artikeln der Erklärung einverstanden, gab aber Empfehlungen, die beim Abfassen des Textes berücksichtigt wurden. Als Rom davon erfuhr, reagierte der Papst sofort: Pius VI. verurteilte die Menschenrechtserklärung offiziell, mit dem Hinweis, dass diese Rechte der kirchlichen Lehre widersprächen."
Die Mehrheit des französischen Klerus gehorcht dem römischen Diktat.

Mit der entschiedenen Ablehnung dieser ersten Menschenrechtserklärung beginnt Historiker Menozzi zufolge die konfliktreiche Geschichte zwischen dem Vatikan und den verschiedenen späteren Menschenrechtserklärungen:

,,Das Motiv der Ablehnung solcher Erklärungen seitens der Kirche liegt in der Überzeugung der Päpste, dass sich eine menschliche Gesellschaft nach den Prinzipien Gottes und nicht der Menschen zu organisieren habe.

Und so kommt es vor allem im 19. Jahrhundert zu scharfer Kritik seitens der Päpste allen Versuchen gegenüber Menschenrechte zu deklarieren. Ende der 1870er-Jahre schließlich erklärt Papst Leo XIII., dass es innerhalb des göttlichen Naturrechts gewisse Menschenrechte gebe."

Die Rede ist vom Sogenannten ,,ius divinum naturale". Das ist jenes göttliche Recht, das aus den Hinordnungen, den inclinationes, der menschlichen Natur abgeleitet werden kann und somit dem Naturrecht vergleichbar ist. Das ,,ius divinum" wird unmittelbar auf den Willen Gottes zurückgeführt. Es ist im Verständnis der Kirche überzeitlich, dem übrigen kirchlichen und menschlichen Recht übergeordnet. Es kann somit weder von weltlichen noch von kirchlichen Gesetzgebern verändert und aufgehoben werden. Aus diesem Grund tat sich vor allem die Kirche des 19. und der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts schwer damit, Menschenrechtserklärungen anzuerkennen. Schon allein deshalb, weil jede solche Erklärung den päpstlichen Primat nicht nur infrage stellt, sondern negiert. Der päpstliche Primat gilt allerdings als eine dem Willen des menschlichen Gesetzgebers entzogene weil von Gott verliehene Rechtstatsache.

Die Einstellung der Kirche den Menschenrechten gegenüber änderte sich, so Historiker Menozzi, zum ersten Mal mit Papst Johannes XXIII.:
,,Vor allem mit seiner Enzyklika ,Pacem in terris' von 1963 vollzog die Kirche eine tief greifende Wende. Zum ersten Mal überhaupt wurde das Wort ,Menschenrechtserklärung' positiv in einem päpstlichen Dokument erwähnt. Dieser Papst war davon überzeugt, dass diese Erklärung die Basis für alle menschlichen Organisationen sein sollte."

Johannes XXIII. eröffnete damit einen Dialog innerhalb seiner Kirche. Die bis dato hohe Barriere zwischen Menschenrechten und göttlichem Naturrecht war entschieden niedriger geworden.

Das Abschlussdokument des Zweiten Vatikanischen Konzils sprach sich aber weitaus vorsichtiger gegenüber dem Thema der Menschenrechte aus als Papst Johannes XXIII. Dort war, wenn auch mit weitreichenden Zugeständnissen der modernen Gesellschaft gegenüber, wieder vom Primat des göttlichen Naturrechts die Rede.

Mit dem Pontifikat von Johannes Paul II., vor allem aber von Benedikt XVI. setzte sich innerhalb der Amtskirche wieder jene orthodoxe Konzeption des göttlichen Naturrechts als allem menschlichen Recht übergeordnet durch.

Und jetzt, mit Papst Franziskus? Wird sich mit ihm in Sachen Kirche und Menschenrechten etwas ändern? Katholiken weltweit erwarten sich, so Historiker Daniele Menozzi, auch in diesem Punkt Veränderungen durch den Papst aus Argentinien:

,,Während des Pontifikats von Benedikt XVI. kann man von einer Obsession bezüglich des göttlichen Naturrechts sprechen. Franziskus hat deutlich gemacht, das unter seinem Pontifikat diese Fixierung nicht mehr so wichtig ist. Er sagte es klar: Die Kirche darf nicht wollen, dass sich die Menschen ihrem Recht unterordnen, sondern sie muss die Frohe Botschaft verbreiten."

Aber Menozzi glaubt nicht, dass der Vatikan bald schon UNO- und EU-Menschenrechtserklärungen unterzeichnen wird. Mit Papst Franziskus, so der Historiker, wird das Dogma des göttlichen Naturrechts als allem menschlichen Recht übergeordnet nicht etwa abgeschafft, sondern nur weniger wichtig.


Aus: "Staat und Religion: Der Vatikan und die Menschenrechte" Thomas Migge (09.01.2015)
Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/staat-und-religion-der-vatikan-und-die-menschenrechte.886.de.html?dram:article_id=308219 (https://www.deutschlandfunk.de/staat-und-religion-der-vatikan-und-die-menschenrechte.886.de.html?dram:article_id=308219)

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Quote[...] Markus Tiedemann (Jg. 1970) ist Professor für Didaktik der Philosophie und Ethik an der TU Dresden. Publikationen unter anderem: "'Liebe Fanatiker!' Philosophische Briefe an Menschen extremer Glaubensrichtungen" und "'In Auschwitz wurde niemand vergast'. 60 rechtsradikale Lügen und wie man sie widerlegt".

Er referiert am 16. Oktober (17 Uhr, NIG, Hörsaal 3D) im Rahmen der von Philosoph Konrad Paul Liessmann, Niklas Gyalpo, Bernadette Reisinger und Elisabeth Widmer in Kooperation mit dem STANDARD organisierten Vortragsreihe "Fachdidaktik kontrovers" zum Thema "Weder Tugendterror noch Nihilismus. Das Konzept der Transzendentalen Toleranzerziehung". Das Generalthema im Wintersemester 2019/20 lautet: "Erziehung zum Guten? Ethikunterricht zwischen Reflexion & Indoktrination".


STANDARD: Was halten Sie vom österreichischen Plan, Ethikunterricht nur für jene verpflichtend zu machen, die keinen konfessionellen Religionsunterricht haben?

Tiedemann: Ich finde es grundsätzlich wünschenswert, dass Ethik in Österreich nun breiter eingeführt wird, gleichwohl ist das Modell alles andere als ambitioniert. Meines Erachtens braucht die pluralistische, multikulturelle Gesellschaft ein Pflichtfach Ethik für alle, und wer dann möchte, kann zusätzlich Religion wählen. Denn diese beiden Fächer sind sehr unterschiedlich. Eine ethische oder philosophische Reflexion ist per Definition ergebnisoffen, während eine religiöse Perspektive notwendig an Dogmen gebunden ist.

STANDARD: "Ethikunterricht ist nicht religionsfeindlich", sagen Sie. Viele Kritiker des Ethikunterrichts sagen, genau das ist er.

Tiedemann: Wer sich für Ethikunterricht ausspricht, geht davon aus, dass die wesentliche Grundlage unserer Gesellschaft auf einem gemeinsamen Diskurs beruht, zu dem Menschen unterschiedlichster sozialer Prägung oder religiöser Tradition versammelt werden. Schulunterricht sollte genau das befördern. Das kann er aber nicht, wenn er junge Menschen in unterschiedlichen, kulturell homogenen Schubladen unterbringt. Vor allem gilt ein wichtiger Grundsatz: Die entscheidenden Werte unserer Gesellschaft beruhen nicht auf religiösen Überzeugungen. Die Menschenrechte sind gegen und nicht durch die Religionen erkämpft worden. Das kann gar nicht oft genug betont werden. Der Vatikan hat bis heute die Menschenrechte nicht anerkannt. Insofern darf betont werden: Wenn wir die humanistischen Grundlagen unserer Gesellschaft pflegen wollen, dann sind diese zunächst einmal areligiös. Das heißt nicht, dass man religionsfeindlich ist.

STANDARD: Eine der Befürchtungen der Kritiker eines Ethikunterrichts lautet: Da werden die Schülerinnen und Schüler einfach nur anders, eben nichtreligiös indoktriniert ... quasi Gesinnungsunterricht auf andere Art oder Political Correctness als Schulfach. Was entgegnen Sie diesem Vorwurf?

Tiedemann: Zunächst würde ich sagen: Ja, Sie benennen eine große Gefahr. Das ist die Gefahr, die in jeder Pädagogik steckt, und wir Didaktiker zerbrechen uns darüber den Kopf unter dem Stichwort Wertevermittlungsdilemma. Wie kriegen wir es hin, dass Menschen moralisch wertvolle Grundsätze entwickeln, aber gleichzeitig dem Prinzip des Selbstdenkens und der freien Urteilskraft treu bleiben? Wir können ja nicht sagen: Ich möchte, dass du deine autonome Urteilskraft schulst, aber am Ende musst du ein Vertreter von Menschenrechten, Toleranz und Demokratie sein. Wir können diese Ergebnisse nicht vorgeben ohne die philosophische Essenz des Selbstdenkens zu verraten. Es geht nicht um Wertevermittlung, sondern Werte-Entwicklung, die von Generation zu Generation neu ausgetragen werden muss.

STANDARD: Wie gehen Sie mit diesem Dilemma im Unterricht um?

Tiedemann: Die philosophische Auseinandersetzung hat ein formales Dogma: Argumentiere kohärent, nicht willkürlich. Nur die Argumente werden anerkannt, die von jedem vernunftbegabten Wesen als Argument zumindest nachvollzogen werden können. Was die Pflege der humanistischen Werte angeht, gibt es das Vertrauen auf den zwanglosen Zwang des besseren Arguments nach Jürgen Habermas. Das heißt, in einem freien, rationalen Diskurs, so die – wie ich finde, auch begründete – Hoffnung, werden sich auch die Argumente durchsetzen, die ein starkes Primat für Menschenrechte, Toleranz und Demokratie vertreten.

STANDARD: Sie haben eine Studie über kulturell-religiöse Konflikte in Schulen durchgeführt. Sind sie mehr geworden, welche sind es, und wie sollen Schulen damit umgehen?

Tiedemann: Immer dann, wenn in ein System, hier die Schule, mehr Menschen unterschiedlicher Prägung hineinkommen, steigt die Konflikthäufigkeit. Die Lehrerinnen und Lehrer berichten, dass die Organisation, der Alltag und der Unterricht formal durch mehr Konflikte belastet sind und sie auch inhaltlich vor neuen Orientierungsfragen stehen. Vor 50 Jahren hätte wohl kaum eine Lehrerin oder ein Lehrer über Ernährung bei Schulfesten nachdenken müssen. Heute muss das organisatorisch geklärt werden. Aber auch inhaltliche Fragen wie die Gleichberechtigung der Geschlechter stehen erneut auf der Agenda und müssen neu ausgehandelt werden. Religions- und Kulturkunde sind hier hilfreiche, vielleicht sogar notwendige Bestandteile des Diskurses. Sie sind aber nicht hinreichend, um entsprechende Konflikte zu lösen. Dafür bedarf es des gemeinsamen Ringens um Argumente höherer Ordnung.

STANDARD: Diese Konflikte sind lauter Beispiele, wo Schulen oder die Gesellschaft entscheiden müssen, was tolerieren wir und was nicht. Wie und wo sollen Integrationsgesellschaften da die Grenze ziehen?

Tiedemann: Wir haben eine relativ gut begründete Grenze: die Menschenrechte. Wenn Menschenrechte zur Disposition stehen, haben wir gute Gründe zu sagen: Bis hierher und nicht weiter! Prinzipiell müssen wird uns des Begriffs Toleranz bewusster werden. In der Alltagssprache herrscht ein inflationärer Gebrauch: Wenn du mich gut findest, bist du tolerant. Und wenn du mich nicht gut findest, bist du intolerant. Das hat mit Toleranz nichts zu tun. Tolerare heißt ja erleiden, erdulden. Wir müssen etwas schlecht finden, um überhaupt tolerant sein zu können. Wenn es mir egal ist, bin ich nicht tolerant, und wenn ich es gut finde, auch nicht. Ich muss es ablehnen. Ablehnen und dennoch akzeptieren, das ist die Herausforderung echter Toleranz.

STANDARD: Warum soll ich etwas, das ich schlecht finde, akzeptieren?

Tiedemann: Weil es Argumente höherer Ordnung gibt. Ein Beispiel: Mein Nachbar spielt Trompete, und ich hasse es. Ich finde es schlecht und toleriere es dennoch, weil es Argumente höherer Ordnung gibt: die Freiheit der Lebensgestaltung, Gesetzestreue, Solidarität und so weiter. Oder: Ich mag es nicht, wenn Karikaturen über meinen Propheten gemacht werden. Dennoch toleriere ich es, weil die Rechtfertigung auf Werte wie Meinungs- und Pressefreiheit verweist, die über meine subjektive Empfindung hinausweisen. Deswegen darf ich die Karikaturen nach wie vor ablehnen und schlecht finden. Niemand zwingt mich, sie zu begrüßen, aber solange ich meine Ablehnung nicht selbst mit Argumenten höherer Ordnung rechtfertigen kann, muss ich mich fügen. Rainer Forst nennt dies das Recht und die Pflicht auf allgemeine und reziproke Rechtfertigung. Die Tugend echter Toleranz muss sehr intensiv trainiert werden. Meine Hoffnung ist, dass der Ethikunterricht zum expliziten Ort für dieses Training wird.

STANDARD: Warum ist philosophisch-ethische Bildung "eine wichtige Radikalisierungsprophylaxe", wie Sie sagen?

Tiedemann: Weil mir selbstkritische Reflexion die Endlichkeit meiner eigenen Vernunft vor Augen führt. Ein Beispiel: "Kann Gott einen Stein erschaffen, den er selbst nicht heben kann?" Fragen wie diese setzen einen Reflexionsprozess in Gang, der sich mäßigend auf religiösen Fundamentalismus auswirkt. Wie kann ich blind den Geboten eines angeblich allmächtigen Gottes folgen, wenn ich diese Allmacht nicht einmal widerspruchsfrei denken kann? Ein zweites Beispiel: "Wie kann ich eine politische Bewegung auf den Begriff einer nationalen Identität gründen, wenn ich gleichzeitig nicht in der Lage bin, diesen essenziell oder historisch zu definieren?" Wo meine Rechtfertigungen inkohärent werden, ist für meine Forderungen Bescheidenheit geboten. Das zu verstehen ist eine wirkungsmächtige Dogmatismusprophylaxe. (Lisa Nimmervoll, 14.10.2019)


Aus: "Fachdidaktik kontrovers: Philosoph zum Ethikunterricht: "Menschenrechte wurden gegen Religionen erkämpft""
Interview Lisa Nimmervoll (15. Oktober 2019)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000109862955/philosoph-zum-ethikunterricht-menschenrechte-wurden-gegen-religionen-erkaempft (https://www.derstandard.at/story/2000109862955/philosoph-zum-ethikunterricht-menschenrechte-wurden-gegen-religionen-erkaempft)

QuoteJakob Stainer

Sehr gutes Interview! - Ich befürchte, dass viele, welchen es gut stehen würde das durchzudenken, nicht lesen werden.


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Kilian Schirrhackl

"Wenn die Welt erst ehrlich genug geworden sein wird, um Kindern vor dem 15ten Jahr keinen Religionsunterricht zu erteilen; dann wird etwas von ihr zu hoffen sein."
Arthur Schopenhauer (1788 - 1860), deutscher Philosoph


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jumpingjack flash

einen stein erschaffen den man nicht heben kann also der christliche Gott kann das - der schreibt auch auf krummen Linien gerade...
sprich da ist klar dass es um Dimension geht die NICHT mit unserem menschlichen verstand greifbar sind. ...


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Pater W1

Wenn Gott einen Stein erschaffen kann, den er nicht heben kann ist er nicht allmächtig - er hat zwar den Stein geschaffen, kann ihn aber trotz seiner Allmacht nicht heben. Oder er kann ihn heben, dann ist es aber kein Stein, den nicht mal er heben kann. Insofern gibt es keine Allmacht. Jetzt verstanden?


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jumpingjack flash

ja, nur entzieht sich das Verständnis dieser "Logik" völlig dem allmächtig und ungreifbaren bild des christlichen gottes (wie das bei Mohammed ist weiß ich nicht) - solche Fangfragen sind schlicht sinnlos - wie gesagt er kann auf krummen Linien gerade schreiben.
auch die Unendlichkeit ist ein begriff wo sich viele schwer tun - den zu vermitteln ist nicht leicht bis unmöglich.


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VHRedhunter

Immer wieder beeindruckend, wie sehr Rel. das Denkvermögen schädigt.


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Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 17, 2019, 04:24:46 PM
Quote[...] Christian Schüle, 48, hat in München und Wien Philosophie, Soziologie und Politische Wissenschaft studiert, war Redakteur der ,,Zeit" und lebt als freier Essayist, Schriftsteller und Publizist in Hamburg. Er hat mehrere Bücher veröffentlicht, darunter den Roman ,,Das Ende unserer Tage" (Klett-Cotta) und zuletzt die Essays ,,Heimat. Ein Phantomschmerz" (Droemer) sowie ,,Wir haben die Zeit. Denkanstöße für ein gutes Leben" (Edition Körber-Stiftung). Seit 2015 ist er Lehrbeauftragter im Bereich Kulturwissenschaft an der Universität der Künste in Berlin.

Eine verhängnisvolle Idee des Politischen geistert durch den Raum und besetzt mehr und mehr Köpfe: Identität. Die explizite Identitätspolitik psychischer, kultureller, sozialer oder geschlechtlicher Bedürfnisse und Anliegen führt zu einer weitgehend fragmentierten Gesellschaft, der peu à peu die Idee des Allgemeinen, der res publica, abhanden zu kommen scheint.

Wir haben es mit einer ständigen Ausweitung gruppenspezifischer Ansprüche an den Staat und die Gesellschaft zu tun, woraus eine Zersplitterung in Parzellen und Reviere, Communities und Lobbies folgt, die ihre jeweiligen Interessen zum Maß der Dinge erheben und sich – als Opfer struktureller Benachteiligung – gegebenenfalls beleidigt, gekränkt und in ihrem Selbstwert verletzt fühlen.

Geschlechter-Präferenzen, religiöse Gefühle, nationale Abstammung und lebensweltliche Befindlichkeiten sind für sich genommen aller Ehren wert, und jede und jeder hat das unbedingte Recht, nach ihrer und seiner Fasson glücklich zu werden. Aber wenn jede soziale Gruppe ihre Bedürfnisse moralisch verabsolutiert, um – durch rhetorisches Framing – die höchst erregbare öffentliche Wahrnehmung auf sich zu lenken, führt das im Furor von Empörungs-Hysterie und Shitstorm-Schwachsinn zunehmend in eine unübersichtliche Kampfzone. Vor lauter aufwertungsbedürftigen Minderheiten lässt sich schließlich gar nicht mehr von der Mehrheit sprechen. Bald könnte es, überspitzt gesagt, eine Multigender-, Polyamorien-, Bioveganer-, Animisten- und National-Anarchistenquote für Politik und Wirtschaft geben, weil jeder im öffentlichen Raum Geltung haben will.

Letztlich geht es dabei um zahllose in sich geschlossene Schutzräume, die weder ineinander übersetzbar noch anschlussfähig sind und vor allem Homogenität fördern, die – mit ihrer Neigung zu fundamentalistischer Selbst-Offenbarung – in einer offenen Gesellschaft ja ausdrücklich verhindert werden soll.

Identitätspolitik ist per se spalterisch und verstößt in einer ohnehin von Spaltungen aller Art zerklüfteten Gemeinschaft gegen das Grundprinzip einer liberalen Demokratie: die Bewältigung von Ambivalenz durch Prozesse.

Pluralismus produziert permanent Widersprüche und Mehrdeutigkeiten – das eine gilt so wenig oder viel wie das andere. Wenn die Ausdifferenzierung der Lebensentwürfe weiter voranschreitet, wird es bald mehr als 60 kulturell codierte Geschlechter und durch zunehmende Migration weit mehr als 200 Nationalitäten auf engem Raum geben. Dann wird es permanent zu Konflikten zwischen widerstreitenden Wert- und Normvorstellungen kommen, dann wird jede gestopfte Gerechtigkeitslücke für die eine Gruppe mindestens eine neue für andere Gruppen aufreißen. Und dann wird der diffuse Begriff der Würde ständig neue Forderungen nach dem spezifischen Respekt für sich aufs neue benachteiligt fühlende Minoritäten hervorbringen.

In einer superdiversen Gesellschaft – und auf eine solche wird es hinaus laufen – wird der einzelne Bürger nicht umhin kommen, Kränkungen zu ertragen und mit Neid und Ressentiment leben zu lernen. Wem es nicht nur in wohlfeilen Sonntagsreden, sondern aus Einsicht in die Notwendigkeit um gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalt in Zeiten sozialer Isolierung und digitaler Echokammern geht, der muss die Bewältigung der Ambivalenzen zur Kulturtechnik erklären, deren Beherrschung jeder Einzelne künftig einzuüben hat. Eine auf Dauer garantierte Ordnung der Freiheit für alle findet nur dann allseitige Zustimmung, wenn sie nicht der Durchsetzung besonderer moralischer, ethischer oder religiöser Vorstellungen und Interessen dient, sondern ausschließlich eine Ordnung der individuellen Handlungsfreiheit ist.

Ambivalenzbewältigung wird also eine neue Schule der sozialen Ethik erfordern. Man sollte schon jetzt die Lehrpläne erweitern und die besten Pädagogen suchen, sonst brauchen wir in Kürze ein Heer von Therapeuten.


Aus: "Zersplitterung der Gesellschaft Lob der Ambivalenz - Ein Standpunkt von Christian Schüle" (26.02.2019)
Quelle: https://www.deutschlandfunkkultur.de/zersplitterung-der-gesellschaft-lob-der-ambivalenz.1005.de.html?dram:article_id=441961 (https://www.deutschlandfunkkultur.de/zersplitterung-der-gesellschaft-lob-der-ambivalenz.1005.de.html?dram:article_id=441961)

Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 20, 2019, 09:30:55 PM
Quote[...] Der Medienwandel ist längst auch zu einem Kulturkampf geworden, zwischen den Modernisierungsgewinnern und den Modernisierungsverlierern: Kosmopoliten gegen die Sesshaften, Veganer gegen die Fleischesser, Netflix-Nutzer gegen die Tagesschau-Seher, Smartphone-Junckies gegen Festnetz-Telefonierer. ...


Aus: "Smartphone-Junkies gegen Festnetz-Telefonierer oder Die Verzwergung der Kultur" Rudolf Stumberger (20. Oktober 2019)
Quelle: https://www.heise.de/tp/features/Smartphone-Junkies-gegen-Festnetz-Telefonierer-oder-Die-Verzwergung-der-Kultur-4532597.html (https://www.heise.de/tp/features/Smartphone-Junkies-gegen-Festnetz-Telefonierer-oder-Die-Verzwergung-der-Kultur-4532597.html)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 07, 2020, 10:44:52 AM
Quote[...] Als der Bikini 1946 das erste Mal der Öffentlichkeit gezeigt wird, sind die Leute empört. So wenig Stoff am Körper zu tragen, empfinden sie als schamlos und unsittlich. Keine große Überraschung, wenn man bedenkt, dass Frauen Anfang des 20. Jahrhunderts beim Baden noch Schuhe, Wollstrümpfe und Beinkleider tragen müssen, um nicht zu viel Haut zu zeigen. Mitunter ist die Kleidung an Badeorten sogar gesetzlich geregelt, samt zentimetergenauen Vorgaben, welche Körperstelle bedeckt sein muss. Im Jahr 1922 werden Berichten zufolge in Chicago noch Frauen am Strand verhaftet, wenn der Abstand zwischen Badeanzug und Knie größer als 15 Zentimeter ist. Auch in Deutschland ist die Bademode Regeln unterworfen: Der Berliner Beamte Franz Bracht versucht 1932, mittels des sogenannten Zwickelerlass die Freizügigkeit an den Stränden Preußens per Gesetz zu verbieten.

Trotz der anfänglichen Empörung lässt sich in den kommenden Jahren die Entwicklung des Bikini zur normalen Strand- und Freibadbekleidung nicht aufhalten. Der ,,kleinste Zweiteiler der Welt" gilt heute als Zäsur in der Geschichte der Mode. Sein Name ist in fast alle Sprachen ohne Übersetzung übernommen worden und ist heute Sammelbegriff aller Zweiteiler. Die Geschichte des Bikinis ist eine Geschichte der Emanzipation, verbunden mit viel Aufregung und Furor.

Die Geschichte des Bikinis beginnt im Jahr 1946, in einer Zeit, die nicht gerade von einer joie de vivre geprägt ist. Die Nationen erholen sich von den grauenhaften Folgen des Zweiten Weltkriegs. Wenige Monate zuvor töten die ersten und bisher einzigen Atombombenabwürfe in einem Krieg Hunderttausende Menschen und zwingen Japan zur Kapitulation. Der Krieg ist zu Ende – und trotzdem noch allgegenwärtig. Die unfassbare Zerstörungswut der Atombombe verändert die Welt. US-Präsident Harry S. Truman ordnet an, weitere Kernwaffentests durchzuführen. Auf kleinen Atollen im Pazifischen Ozean sollen sie stattfinden, ihr volles Zerstörungspotenzial soll untersucht werden. Als Testgebiete suchen die Verantwortlichen das Eniwetok-Atoll und das benachbarte Bikini-Atoll aus. Ihre Bewohner*innen lässt Truman umsiedeln.

Die USA ziehen die Tests als internationales Medienspektakel auf, die Öffentlichkeit soll bei den Experimenten zuschauen. Atomtests bedeuten Fortschritt, Überlegenheit und Sensation, so die Propaganda. Der bis dahin weitgehend unbekannte Name Bikini taucht nun weltweit in den Schlagzeilen der Tageszeitungen auf, als am 1. Juli 1946 die vierte Atombombe der Weltgeschichte auf dem Atoll zündet.

Vier Tage vergehen. Das Wort Bikini bleibt in den Schlagzeilen – und ein französischer Bademodendesigner beschließt, es für eine Provokation zu nutzen. Louis Réard lädt zum 5. Juli zu einer Misswahl im öffentlichen Freibad Molitor in Paris ein. Dort stellt er ein Kleidungsstück vor, das für die damalige Zeit dermaßen skandalös ist, dass sich die Erfindung binnen weniger Tagen über die ganze Welt verbreitet: der Bikini, benannt nach dem Ort, an dem Truman insgesamt 67 Atombombentests durchführen lässt. Réards Überlegung: Eine Atomwaffen-Inszenierung ist skandalös und provokant, warum kann es nicht auch ein Kleidungsstück sein? Und sei es alleine für Marketingzwecke.

Der Aufdruck des ersten Bikinis ist eine Collage aus verschiedenen Zeitungsausschnitten. Vorgeführt von Micheline Bernardini, hauptberuflich Nackttänzerin im Casino de Paris. Réard wählt sie zur Präsentation seines neuen Kleidungsstücks, weil sich professionelle Models weigern, eine derartig entblößende Klamotte zu tragen. Die Zuschauer*innen im Freibad Molitor sind entrüstet. Aus dem Badeanzug sind zwei Teile geworden, die nur noch die intimsten Körperstellen bedecken. Réard bestärkt die Aufregung, etwas Großes geschaffen zu haben. Zwei Wochen später lässt er sich den Bikini patentieren.

Der Bikini hat Startschwierigkeiten im Verkauf, weil er die gesetzten Moralvorstellungen sprengt. In Badeorten in Italien, Spanien und Portugal wird der Zweiteiler verboten, in den USA zusätzlich bei Schönheitswettbewerben und in Hollywoodfilmen. 1949 ist sich sogar sein Herkunftsland uneins darüber, ob Bikini-Tragen in Ordnung ist. Die französische Polizeipräfektur erlaubt ihn am Mittelmeer, verbietet ihn aber weiterhin an der französischen Atlantikküste.

Der Bikini bleibt tabu – bis er Gegenstand einer Emanzipationsbewegung wird. Der Bikini etabliert sich, wie auch der Minirock, als weiterer Baustein beim Kampf der Frauen um ihr Recht auf Selbstbestimmung. In den 1960er Jahren, in der Zeit der sexuellen Befreiung, tragen Frauen ihn als Kampfmittel. Er wird zum Symbol der Freiheit.

Die Verbote fallen, die Akzeptanz steigt. Nach und nach entdeckt der Mainstream den Bikini für sich, er verliert seine emotionale Aufgeregtheit. Die Modeindustrie schafft freizügige und ausgefallene Modelle, die symbolisch die Selbstverwirklichung unterstützen sollten. Die Szene aus dem ersten James-Bond-Film, 007 jagt Dr. No aus dem Jahr 1962, bei der Ursula Andress als Bond-Girl aus dem Wasser auftaucht, gilt nach wie vor als legendäre Bikini-Inszenierung. Andress' beigefarbener Zweiteiler wird 2011 sogar für umgerechnet 60.000 Euro versteigert und gilt seitdem als das teuerste Stück Badebekleidung. Marilyn Monroe trägt ihn, Brigitte Bardot trägt ihn, Romy Schneider genauso. Der Bikini ist nach all der Zeit der Aufregung en vogue.

Jetzt bekommt der Bikini schließlich ein eigenes Museum. Anfang 2020 wird in Bad Rappenau in Baden-Württemberg das weltweit erste Bademodenmuseum, das BikiniARTMuseum, öffnen. Der Bikini hat trotz der großen Aufregung überlebt und ist Ergebnis einer emanzipatorischen Bademodenentwicklung. Und so entstehen nach wie vor neue Modelle. Die Säume werden höher, Shorts werden von Höschen und Riemen durch Schnüre ersetzt. Neue Stoffe ersetzen die alten. Viskose, Baumwolle, Nylon, Elasthan, es folgen Tanga- und String-Bikinis, dann Mono-, Mini- und Mikrokinis, teils mit sonnendurchlässigen Stoffen. Mittlerweile gibt es sogar ein außergewöhnliches Hightech-Modell, bei dem ein sogenannter Tan-Timer mithilfe eines Piepstons signalisiert, dass sich die Trägerin doch nach 15 Minuten bitte umdrehen sollte, damit sie gleichmäßig gebräunt wird. Mit Blick auf das vergangene Jahrhundert, als Frauen noch mit Beinkleidern oder Wollstrümpfen ins Wasser mussten, ist das jedenfalls ein Fortschritt.




Aus: "Warum der Bikini das wohl skandalöseste Kleidungsstück der Geschichte ist" Philipp Kienzl (05. Juli 2019)
Quelle: https://ze.tt/warum-der-bikini-das-wohl-skandaloeseste-kleidungsstueck-der-geschichte-ist/ (https://ze.tt/warum-der-bikini-das-wohl-skandaloeseste-kleidungsstueck-der-geschichte-ist/)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 18, 2020, 11:03:40 AM
Quote[...] Rio de Janeiro – Der brasilianische Kultursekretär Roberto Alvim hat mit einer Rede im Stil von NS-Propagandaminister Joseph Goebbels in Brasilien Bestürzung ausgelöst. Künstler wie der Schriftsteller Antonio Prata oder der Sänger Marcelo D2 äußerten sich entgeistert.

In einem Video, das das Sekretariat für Kultur der Regierung des rechten Präsidenten Jair Bolsonaro auf Twitter postete, sagte Alvim: "Die brasilianische Kunst des nächsten Jahrzehnts wird heroisch sein und sie wird national sein. (...) Oder sie wird nichts sein."

Brasilianische Medien wie das Nachrichtenportal "G1" oder die Tageszeitung "Folha de S. Paulo" verglichen die Passage mit Aussagen Goebbels und stellten die beiden Stellen übereinander. Sie verwiesen auf eine Goebbels-Biografie des deutschen Historikers Peter Longerich. Demnach hatte Goebbels 1933 vor Theaterleitern gesagt: "Die deutsche Kunst des nächsten Jahrzehnts wird heroisch, sie wird stählern romantisch (...) sein, oder sie wird nichts sein." Auch die Ästhetik des Videos, der Ton des Vortrags und die Hintergrundmusik – aus der Oper "Lohengrin" von Richard Wagner – erinnerten brasilianische Beobachter an Nazi-Propaganda.

Später erklärte Alvim auf Facebook, er habe nicht gewusst, woher der Satz stammte. Hätte er es gewusst, hätte er dies nie gesagt. Mit dem Video hatte ursprünglich der von der Regierung Bolsonaro neu geschaffene Kunstpreis verbreitet werden sollen. (APA, 17.1.2020)


Aus: "Goebbels-Rede imitiert: Kultursekretär schockt Brasilien" (17. Jänner 2020)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000113438652/goebbels-rede-imitiert-kultursekretaer-schockt-brasilien (https://www.derstandard.at/story/2000113438652/goebbels-rede-imitiert-kultursekretaer-schockt-brasilien)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 03, 2020, 05:04:08 PM
Quote[...] Heute ist Super Tuesday in den USA. Da in 14 Bundesstaaten gleichzeitig Vorwahlen sind, ist es der Tag, an dem die meisten Delegierten gewählt werden. Die US-Demokraten suchen nach einem Kandidaten oder einer Kandidatin für die Präsidentschaftswahl im Herbst, um US-Präsident Donald Trump herauszufordern. Doch zunächst müssen die Vorwahlen gewonnen werden.

In der US-Gesellschaft stünden sich heute zwei Lager in großer Fremdheit gegenüber, beschreibt der Politologe Torben Lütjen die Situation. Der Professor an der Vanderbilt University in Nashville, Tennessee, hat gerade das Buch ,,Amerika im kalten Bürgerkrieg" veröffentlicht, sagt aber das sei eher metaphorisch gemeint. Es gebe zwar spätestens seit Trumps Amtsantritt ernsthafte Debatten darüber, ob es zum Bürgerkrieg kommen könne, aber das scheine ihm doch relativ weit weg, wenn auch für die Zukunft nicht ausgeschlossen.

Die beiden Lager operierten mit sehr unterschiedlichen Wirklichkeitsannahmen, hätten die Zugbrücke zur Gegenseite hochgezogen und verharrten in ihren rhetorischen Schützengräben. Der politische Gegner werde inzwischen als Feind gesehen. ,,Trump ist eher Symptom, nicht Ursache dieser Spaltung", sagt Lütjen. Die Entwicklung dieser Spaltung erstrecke sich über einen langen Zeitraum. ,,Es gibt so eine Art von Sattelzeit der Polarisierung, das sind vermutlich die 60er und 70er Jahre des 20. Jahrhunderts, als sich verschiedene Konfliktlinien herausgeprägt haben." Lütjen nannte unter anderem ethnische Konflikte, die Frage der Religion und das Gefälle zwischen Stadt und Land.

Für die Zukunft verficht der Politologe eher düstere Prognosen: ,,Sehr viel Hoffnung habe ich nicht", sagt er. Egal wer die Präsidentenwahl gewinne, das Land werde im Modus dieser extremen Spaltung der Gesellschaft verharren. Er sehe keinen Politiker, der das Land einen könne. Vielleicht könnten sich in 20 oder 30 Jahren manche Konfliktlinien abschleifen. Es könnte sein, dass dann auch Trumps Politik nicht mehr mehrheitsfähig sei und die Republikaner dann gezwungen seien, auch auf andere Wähler zuzugehen und sich zu mäßigen. ,,Das scheint mir aber doch insgesamt ziemlich in der Zukunft zu liegen."

(gem)


Aus: "USA im Vorwahlkampf Zwei politische Lager in großer Fremdheit" Torben Lütjen im Gespräch mit Stephan Karkowsky (03.03.2020)
Quelle: https://www.deutschlandfunkkultur.de/usa-im-vorwahlkampf-zwei-politische-lager-in-grosser.1008.de.html?dram:article_id=471521 (https://www.deutschlandfunkkultur.de/usa-im-vorwahlkampf-zwei-politische-lager-in-grosser.1008.de.html?dram:article_id=471521)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 18, 2020, 11:36:19 AM
Quote[...] "Ales zua, richtig still is' es", bemerkt Josef Gaisberger. Und an diese Ruhe sollen sie sich gefälligst halten, die Zuagrasten, meint Josef Gaisberger. Er drückt es natürlich viel höflicher aus. Denn so ganz verschrecken, wie sein Bürgermeister es getan hat, will er die Touristen und Zweitwohnbesitzer ja auch nicht.

Immerhin ist er als Fischermeister am Altausseer See auch so etwas wie eine Respektsperson, und man lebt halt doch – und das gar nicht schlecht – vom Fremdenverkehr und den Zweitwohnbesitzern, die mittlerweile schon beinahe die Hälfte der Immobilien im Ort erworben haben.

Genau auf diese hatte es der Altausseer Bürgermeister – im Bunde mit seinen Kollegen der Nachbargemeinden – aber abgesehen, als er kürzlich in einem Schreiben an die steirische Landesregierung forderte, Besitzer eines Zweitdomizils müssten sich entscheiden, "ob sie diese Krise an ihrem Haupt- oder Zweitwohnsitz durchstehen wollen".

Es seien von Ordnungsorganen vermehrt "Autokennzeichen aus Graz, Wien und Linz" gesichtet worden, diese Gäste würden sich "den örtlichen Vorgaben und den Anordnungen der Bundesregierung widersetzen". Der Übertritt der Gemeindegrenzen müsse daher beschränkt werden. Auf grob Steirisch: Sie sollen dort bleiben, wo sie herkommen.

"Disziplinlos", seien sie, die Zweitwohnbesitzer, grollt der rüstige Über-80er Gaisbauer: "Wir müssen ja auch daheimbleiben." Nicht einmal zu seinen geliebten Fischen runter zum See könne er gehen.

Die Altausseer müssten sich an die Coronaregeln halten, aber "die" – da meint er die Städter – "halten sich nicht an die Bestimmungen. Sie kommen her zu ihren Zweitwohnsitzen, fahren in der Gegend rum, was weiß ich wohin, und dann bringen's womöglich die Viren und Infektionen mit."

Die Zweitwohnbesitzer, und derer gibt es in Altaussee eben viele, fühlen sich jetzt, tief gekränkt, vor die Tür gesetzt. Plötzlich sind sie Fremde im eigenen Land und werden auch als solche behandelt. In Internetforen lassen sie Luft ab, ein mittlerer Orkan zieht gegen die Altausseer auf, denen vorgeworfen wird, jetzt trete deren Fremdenfeindlichkeit zutage.

"Unser Geld wollen sie schon", setzte ein überaus grantiger, gar nicht so unbekannter Wiener Bohemien einen Tweet ab. Ein Anderer aus der Twitter-Blase sieht die ganze Aufregung hingegen mit Augenzwinkern: "Da wollen Menschen aus Wien oder anderen Städten jahrelang nichts sehnlicher, als Teil der dort heimischen Subkultur zu werden. Sie mieten oder kaufen sich ein, kaufen sich neue Hüte und alte Lederhosen. Nehmen Sprache und Gebräuche an, um dann in der Krise festzustellen, dass all ihre Bemühungen vergebens waren und sie am Ende doch ,Die Wiener' geblieben sind, die sie von Anfang an waren."

Die Altausseerinnen und Altauseer sind aber eh noch milde. In Kritzendorf im Bezirk Tulln in Niederösterreich wurde den dortigen Zweitwohnbesitzern einfach das Wasser abgedreht. Die Stadt Klosterneuburg hatte beschlossen, das Wasser nicht aufzudrehen, um in Zeiten der Coronavirus-Krise "das Pendeln zwischen zwei Wohnsitzen einzudämmen", hieß es.

Apropos Wasser: Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil ließ jetzt anordnen, dass nur noch nahe wohnende Burgenländer das Neusiedlersee-Areal betreten dürfen. Burgenland den Burgenländern. Von draußen aus der Großstadt könnte ja das Virus kommen. Altausseer Weisheit.

Orte wie Altaussee oder Plätzchen am Neusiedlersee sind Synonyme für die Suche nach der Idylle, der Romantik alter Sommerfrische. Das Ländliche, Erdige, Ursprüngliche war immer schon – bereits in der Antike – ein "Sehnsuchtsort" wie es Friedrich Torberg 1942 im Exil für sein Altaussee formuliert hatte.

Musterbeispiel Altaussee: Es war in jüngerer Vergangenheit zuerst der Adel, der ab Mitte des 19. Jahrhunderts dem Kaiser in Bad Ischl nahe sein wollte und ins Salzkammergut nachreiste. 1847 ist der erste Zweitwohnsitz in Altaussee verbrieft.

Der Offizier und Schriftsteller Joseph Christian Freiherr von Zedlitz errichtete als erster Künstler "aus Liebe zur Natur und dem Entzücken über diese wunderbare Landschaft" sein "Seehaus". Später kamen Schriftsteller wie Hugo von Hofmannsthal Arthur Schnitzler oder Friedrich Torberg, auch Sigmund Freud und Gustav Mahler nach.

Sie alle machten Altaussee durch ihre schiere Anwesenheit zur österreichischen Sommerfrische-Berühmtheit. Altaussee könnte als Prototyp eines Sehnsuchtsortes für Städter, wenn es der Zufall gewollt hätte, sicher auch ganz woanders liegen. Österreich verfügt ja über eine Vielzahl an idealtypischen Entschleunigungsorten.

Nicht nur Österreich hat Derartiges zu bieten. Man denke etwa an das schweizerische Sils Maria, das für Hermann Hesse und andere Künstler zur zweiten Heimat wurde. "Wir sind hier restlos begeistert und schlürfen die Luft der Gemsen wie französischen Champagner", schrieb der Komponist Richard Strauss 1947 aus dem Engadin.

Schriftsteller wie Max Frisch, Thomas Mann oder Kurt Tucholsky genossen hier diese Einschicht, Friedrich Dürrenmatt, Albert Einstein waren ebenso hier. Friedrich Nietzsche lebte karg in einem kleinen Engadiner Häuschen.

Diese damals geübte Bescheidenheit der Sommerfrischler ist längst aus der Mode gekommen. Die Natur, das Plätschern des Baches, das Läuten der Kuhglocken und die Heuernte wollen in einem doch eher luxuriösen Ambiente genossen und das tagsüber bei Spaziergängen Erlebte bei einem guten Tropfen und delikater Haubenküche am Abend reflektiert werden.

"Es ist ein Privat-Vergnügen – vor allem für Neu-Eliten, die sogenannten Raumpioniere, die dem Leben der Stadt entrinnen und es sich leisten können, auf das Land zu ziehen, um verödete und verlassene Räume neu zu besetzen.

Es sind Nomaden, die wie Außerirdische in der Provinz landen", formulierte es einmal der Kulturgeograf Marc Redepenning. Und da ist auch dieses erhabene Gefühl, zur Elite zu gehören, dort wo – wie in Altaussee – auch die Androschs und Mateschitz verweilen und dort mächtig ins Tourismusgeschäft investieren.

Man gehört dazu – aber plötzlich kommt dieses Virus daher und vermiest die schönLandromantik. Und nichts ist es mehr mit Stammtischsitzungen.

Die Einheimischen erlassen vielmehr eine rücksichtslose Regel des Social Distancings: Inländer raus. In ihnen keimt wieder etwas auf, das Sozialpsychologen als "soziale Identität" bezeichnen würden.

Bei einer Bedrohung von außen ist sie rasch gebildet, die einende und abwehrende "Gruppenidentität". Dann ist man Altausseer oder Burgenländer. Das Prinzip "Eigengruppe versus Fremdgruppe", funktioniert immer, wie in einer Vielzahl sozialpsychologischer Studien nachgewiesen wurde.

Es beginnt schon im gesellschaftlichen Mikrokosmos, wenn die ansässigen Speckgürtelbewohner gegen die "Zuwanderer" aus der Stadt schimpfen, wenn das obere Dorf gegen das untere Dorf polemisiert.

Im Fußballmatch der Bezirksliga ist das Dorf aber wieder geeint, wenn es gegen die Nachbargemeinde geht. Und natürlich fühlt man sich – wenn's darauf ankommt – übergeordnet als Mühlviertler, Murtaler oder Wiener. Und irgendwann kommt der Zeitpunkt, sich als Tiroler, Steirer oder Kärnten zu outen, wenn die gemeinsame Identität der Geburtsregion gefragt ist.

Der Gruppenzusammenhalt reicht in Ausnahmefällen, wenn die Republik von außen kritisiert wird oder bei Länderspielen sogar für eine "Wir-sind-Österreicher"-Identität. Das Gefühl der Gruppenzugehörigkeit hört spätestens bei Europa auf.

Das ist eine Dimension zu weit weg, da bleibt man lieber in der kleinen, aber sicheren Selbstbestimmtheit als Altausseer oder Burgenländer unter sich, mit dem Kirchturm als Horizont.

Da können die Städter kommen und noch so viele Lederhosen und Dirndln kaufen, in diese "lokale Identität" werden sie nicht integriert. Sie werden immer die "Zuagrasten" bleiben. Mit oder ohne Virus. (Walter Müller, 18.4.2020)


Aus: "Corona-Krise: Inländer raus" Walter Müller (18. April 2020)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000116950860/inlaender-raus (https://www.derstandard.at/story/2000116950860/inlaender-raus)

Quote
haslach

IMMER SO!

Die "Fremden" sind o.k., solange sie:
a) Geld bringen
b) eine Fussballmannschaft zum Sieg führen
c) als billige Hilfskräfte tätig sind (besonders in der Pflege ...)
d) als billige Erntehelfer kommen
e) in der Prostitution tätig sind (Exotik macht geil)
f) für bestimmte Kreise: ausländische Politiker als Wahlhelfer für die bevorzugte Ideologie

AMERKUNG: Die Punkte e und f stehen natürlich ohne Absicht nebeneinander


Quote
Kara Mustafa

Hm. Ich fühle mich ehrlich gesagt zu Tirolern oder Steirern nicht überdurchschnittlich stark sexuell angezogen. Trotz der Exotik.


Quote
bauernopfer

Ich schreibe es gerne nochmal: Das ist eine logische Fortsetzung des wachsenden Nationalismus. Aus unserem Land wird unser Bundesland, unser Bezirk, unser Ort, unsere Siedlung und am Ende dann mein Haus. Flugs den Stacheldraht aufgebaut, wer weiß schon, was dieser Nachbar im Schilde führt...


Quote
haslach

CORONA

Was einem alles in der Corona-Krise so in den Sinn kommt: Pest, Lepra, Aussätzige, Strafe-Gottes-Theoretiker, Mia-san-mia-Philosophen, Krisengewinnler statt Kriegsgewinner, Verschwörungstheoretiker ... Und stets aufs Neue das Wort von G. B. Shaw: "Die Politik ist das Paradies der zungenfertigen Schwätzer!"


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Rohling

Wie Adolf Loos schon sagte:,Der Städter, der sich wie ein Bauer kleidet, ist ein Hanswurst." - Vor vielen Jahren auf der Loserhütte, August, Sonntagabend: Die Terrasse voll mit Wienern in Luxustrachten und Eingeborenen in Jeans. Unvergesslich.


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Hudson

Als Durchschnittsverdiener, der meilenweit davon entfernt ist irgendwo einen Zweitwohnsitz zu haben (es warad wegen der Kohle) und der im Moment ganz andere Sorgen und Themen hat, beobachte ich dieses Match irgendwie mit einem gewissen Grinser: Übersättig-reiche Städter/,,Zweitwohnsitzer" gegen hohle Bauernschädeln/,,Bürgermeister".

Hat was. Meine Prognose: Die Beppis vom Land werden irgendwann draufkommen, dass sie die Kommunalsteuern und Einnahme der Zweitwohnsitzer doch gern hätten, spätestens im Sommer wenn die Kasse dann komplett leer ist. Als Revanche könnte Wien nach der Wahl aber auch schon mit einer City-Maut nachgezogen haben....natürlich nur wegen dem Klimaschutz, was denn sonst....


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Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 11, 2020, 11:11:47 AM
Quote[...] Der größte kulturelle Kampfplatz der letzten Jahre – Identitätspolitik –, durch Corona zuerst fast zum Erliegen gekommen, weitet sich plötzlich rasant aus. Wohin führt das? Es geht ein Riss durch Familien, Talkshows und Redaktionen, und dieser lässt auf einen Generationskonflikt blicken, wie er schon bei Fridays for Future beobachtet werden konnte. In der New York Times gärt gerade ein Kampf zwischen eher linksliberalen Mitarbeitern, die über 40 sind, und den Progressiven, Jüngeren, die als ,,woke" gelten, was man entweder als überempfindlich oder eben angemessen ,,wachsam" gegenüber rassistischer Ungerechtigkeit verstehen kann. Komplizierter ist das, weil Jung und Alt auf der ersten Ebene, ganz ähnlich wie beim Klima, einer Meinung scheinen: Natürlich ist man ,,gegen" den Klimawandel, natürlich ist man gegen Rassismus. Auf Änderungswünsche reagieren Cis-Boomer in Gesprächen aber auffallend bockig: Nein, man selbst habe damit nichts zu tun, hier ist es anders, besser.

Das ist absurd, da die Gewalttaten durch rechts auch hierzulande zunehmen und weil eine junge Generation nichts weniger fordert als eine Wurzelbehandlung des Rassismus. Sie will an seine Strukturen gehen. Wie sie das macht, stößt auf unseren Widerwillen. Muss man wissen, warum Schwarze sich nun häufig als PoC (People of Color) oder BIPoC (Black, Indigenous and People of Color) definieren? Brauche ich wirklich Benimmregeln, wie ich mich als weißer Mensch auf einer Demonstration für die Rechte von Schwarzen verhalten darf? Und muss man dort Buße tun, wie das in Amerika zum Teil vor Demonstrationen zelebriert wird?

Dabei hantiert die Woke-Jugend nur mit etwas, das uns bekannt vorkommen sollte, sie nennen es nur eben anders: Dekonstruktion, ein analytisches Verfahren, das Hinterfragen des Alltäglichsten und Selbstverständlichsten. Die Schlausten und Härtesten von ihnen wollen in die Grammatik unserer Sprache, in die Geschichten unserer Familie, in die banalsten Gespräche beim Esstisch – sie wollen, dass sie sich und wir uns als Teil des Problems erkennen.

Das geht tief. Und kann ganz schön nerven. Aber könnte es nicht auch interessant sein, noch einmal zum tiefen Kern von sich selbst hinabzusteigen und zu fragen: Warum rede ich so? Was hat das vielleicht doch mit mir zu tun, wenn, wie eine Studie zeigt, Lehramtsstudenten einem Kind namens ,,Murat" im Schnitt beim Diktat eine schlechtere Note geben als ,,Max" – auch wenn die Leistung bzw. Fehlerzahl gleich war. Alles außer unserer Solidarität für diese Bewegung bedeutet ein fades und folgenschweres Weiter-so.


Aus: "Muss ich wirklich wissen, was PoC bedeutet?" Timo Feldhaus (Ausgabe 24/2020)
Quelle: https://www.freitag.de/autoren/timofeldhaus/muss-ich-wissen-was-poc-bedeutet (https://www.freitag.de/autoren/timofeldhaus/muss-ich-wissen-was-poc-bedeutet)

Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 11, 2020, 11:17:46 AM
Quote[...] Der Filmklassiker "Vom Winde verweht" hat nach einer Absage vom US-Streaminganbieter HBO Max überraschend Zulauf bekommen. In den Amazon-Verkaufscharts sei das Südstaatendrama nun zum Bestseller geworden, berichteten "Variety" und andere US-Medien. Einen Tag zuvor hatte HBO Max den Film vorerst aus dem Programm gestrichen.

Der Film zeige ethnische und rassistische Vorurteile, "die leider in der amerikanischen Gesellschaft gang und gäbe waren", sagte ein Sprecher von HBO Max. Das zu Warner Media gehörende Unternehmen wolle dem Film Erklärungen zu dessen Vorurteilen und der problematischen Darstellung von Sklaverei zur Seite stellen. "Er wird mit einer Erläuterung seines historischen Kontexts und einer Distanzierung von den rassistischen Darstellungen ins Programm wiederaufgenommen werden", hieß in einem Statement des Unternehmens.

"Vom Winde verweht" ist 1939 erschienen und erzählt die Geschichte der Gutsherrin Scarlett O'Hara in den US-Südstaaten zu Zeiten des Bürgerkrieges. Auch nach der Abschaffung der Sklaverei stehen mehrere afroamerikanische Charaktere freiwillig und loyal zu Scarletts Familie, Probleme durch Sklaverei werden in dem Klassiker nicht thematisiert.

Das preisgekrönte Epos gehört zu den erfolgreichsten Filmen aller Zeiten. Schauspielerin Hattie McDaniel hatte in dem Streifen ein Kindermädchen gespielt und dafür 1940 den Oscar gewonnen. Bei der Verleihung durfte sie wegen ihrer dunklen Hautfarbe nicht mit dem Rest des Teams an einem Tisch sitzen, sondern war in den hinteren Teil des Raumes verbannt worden.

John Ridley, Drehbuchautor des Sklavendramas "12 Years a Slave", hatte bereits von HBO gefordert, das Liebesdrama aus dem Angebot zu nehmen. "Es ist ein Film, der in den Momenten, in denen er nicht ohnehin den Horror der Sklaverei ignoriert, einige der schmerzhaftesten Stereotype über People of Color verbreitet", schrieb er in der "Los Angeles Times". "Es arbeiteten die größten Talente Hollywoods ihrer Zeit gemeinsam daran, eine Geschichte zu glorifizieren, die es so nie gab."

Quelle: ntv.de, jpe/dpa/AFP


Aus: "Rassistisches Südstaaten-Epos "Vom Winde verweht" stürmt Verkaufscharts" (Donnerstag, 11. Juni 2020)
Quelle: https://www.n-tv.de/leute/Vom-Winde-verweht-stuermt-Verkaufscharts-article21838944.html (https://www.n-tv.de/leute/Vom-Winde-verweht-stuermt-Verkaufscharts-article21838944.html)

Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 01, 2020, 12:21:29 PM
Quote[...] In Denkmälern, Texten, Bildern, Filmen, Comics und TV-Serien stecken rassistische Klischees, werden immer noch rassistische Personen und Taten verherrlicht. Und dort gibt es auch, eines der größten Probleme, den "Rassismus in netter Form". Damit kann man ins Herz einer europäischen Kulturbiografie stechen: Die Kinderbücher, die man einst so geliebt hat, Pippi Langstrumpf oder Jim Knopf; die Comics, die man verschlungen hat, Tarzan oder Akim, Flash Gordon oder Prinz Eisenherz; die Schlager, die man gedankenlos trällerte, von faulen, kindlichen Südamerikanern etwa, ja, das war mexikanisch; die fragwürdigen Kinderlieder (Dra Chanasan ...); das Blackfacing im Karneval oder bei den Heiligen Drei Königen; Straßennamen, an die man sich gewöhnt hat, ohne über Namensgebung nachzudenken; Firmenschilder, vom "Mohrenbräu" bis zum "Sarotti-Mohr"; alte Filme von Laurel & Hardy mit "lustigem" Blackfacing; Sonntagsmatinee-Western und ihrem heroischen Vernichtungskampf gegen die üblen "Rothäute"; Worte und Begriffe, die auch in weniger verdächtigen Texten auftauchen und doch in ihrer Bedeutung kontaminiert sind; schließlich sogar der umgekehrte Vorgang einer weißen Inbesitznahme schwarzer Musik, schwarzer Helden, schwarzer Kunst und vielleicht sogar schwarzer Politik durch die rebellischen Kinder des weißen Mittelstandes. Widerspruchsfrei ist am Ende nicht einmal "weißer Antirassismus" zu haben. All das steht in einer Geschichte, deren Bezeichnung "postkolonialistisch" einem viel zu leicht von der Hand geht.

Nicht rassistisch zu sein in einer Gesellschaft, die immer noch rassistisch geprägt ist und in einer Kultur, die immer noch nicht mit ihrem rassistischen Erbe umzugehen gelernt hat, ist unmöglich. Möglich und verpflichtend aber ist eine Arbeit an der Überwindung des Rassismus. Diese Arbeit beginnt mit einem Bekenntnis zur Widersprüchlichkeit und zur Unabschließbarkeit: Das Kind, das seine Eltern fragt, was Rassismus eigentlich einmal war, ist im Moment noch reine Utopie. Stattdessen ist die Realität zu beobachten, dass Rassismus aus dem Stadium der sozialen Latenz wieder an die Oberfläche der politischen Rhetorik gelangt, vom rechten Rand ausstrahlend bis in die viel beschworene Mitte der Gesellschaft.

Von diesem rechten Rand freilich kommt mit dem "gewöhnlichen Rassismus" auch noch jener, der an Barbarei alle übertrifft, der Antisemitismus, der uns seit Jahr und Tag fragen lässt, ob man noch Heidegger lesen, Richard Wagner hören, Ufa-Filme sehen kann, und wenn ja, mit welcher Haltung. Einer der beklemmendsten Augenblicke von Art Spiegelmans Graphic Novel Maus ist jener, in dem der Sohn wutentbrannt seinen Vater verlässt, den KZ-Überlebenden, der sich gegenüber seinen schwarzen Mitbürgern in den USA als Rassist entpuppt. Nichts ist klar, nichts erledigt, gar nichts.

Zur Arbeit am Antirassismus gehört allerdings auch, in der Dialektik von sozialem und kulturellem Rassismus wachsam und realistisch zu bleiben. Denn das Wesen des Rassismus ist nicht allein Ideologie, Semantik und Kultur, sondern vor allem politische, soziale und nicht zuletzt eben auch gewalttätige Praxis. Genau darum geht es ja den Protesten gegen rassistisch grundierte Polizeigewalt. Sie ist die Spitze eines Eisberges von realer Unterdrückung, realer Ausbeutung, realer Demütigung. Es geht um den Zusammenhang von Worten und Bildern auf der einen, Verhältnissen und Taten auf der anderen Seite.

Wenn wir also die Archive und die Produktion von Kunst und Kultur kritisch durchforsten, ist es die soziale Wirklichkeit des Rassismus, die uns hier hingebracht hat. Zwar ist es klar, dass mit einer universitären Debatte über Texte und Bilder noch lange keine soziale Gerechtigkeit geschaffen wird, aber es ist auch klar, dass Rassismus nicht in einer Kultur überwunden werden kann, die ihrem rassistischen Erbe gegenüber gleichgültig bleibt.

Es gibt nun mehrere Strategien, damit umzugehen. Nicht alle sind gleichermaßen realistisch oder Erfolg versprechend:

1. Wir lassen alles, wie es ist, in der Hoffnung darauf, dass eine im Wesentlichen aufgeklärte, tolerante und sich selbst historisch-kritisch verstehende Gesellschaft schon damit umgehen kann. Die Denkmäler, Bilder und Textstellen fungieren dann als Erinnerungen daran, wie hart der Weg zur besseren Zukunft war und ist. Leider kann sich eine solche Lösung des bedingungslosen Liberalismus auf keine Gemeinschaft beziehen, die diese Kriterien erfüllen würde. Diese müsste erst geschaffen werden – und wird derzeit offenbar eher verhindert.

2. Da wir unser kulturelles Erbe nicht verfälschen wollen, als hätte es den Rassismus nie gegeben und als ließe sich historische Schuld durch die Säuberung der Dokumente verdrängen, versehen wir diese Dokumente mit Kommentaren und Hintergrundwissen. Mit Texten oder Filmen wird bereits so verfahren, freilich in einem denkwürdigen Sinn: "So hat man das damals gesagt oder abgebildet (wie etwa das rassistische Klischee der übergewichtigen schwarzen Hausdienerin in Tom-und-Jerry-Cartoons), so würden wir das heute nicht mehr machen." Ob die bloße Distanzierung genügt, um etwas vom Rassismus in einer Kultur zu verstehen?

3. Wir nehmen eine selektive Bearbeitung vor. Öffentliche Ehrungen fragwürdiger Personen durch Denkmäler, Straßennamen oder Institutionen, wie gerade am Beispiel des Woodrow-Wilson-Centers in Washington, werden nicht mehr akzeptiert. Dem "normalen" kulturellen Erbe ist man nicht mehr in der Öffentlichkeit ausgesetzt, man kann es in ohnehin kuratierten Institutionen wie Bibliotheken, Museen oder Kinosälen besichtigen. Extreme Achtsamkeit wird bei der neuen Gestaltung des öffentlichen Raums, nämlich bei Werbung und PR erwartet; ein Fall wie die jüngst missratene VW-Werbung etwa (das "Wegschnippen" einer Person of Color durch eine weiße Hand ...) zeigt, wie notwendig eine solche Achtsamkeit ist. Es ist der öffentliche Raum, als materieller wie als digitaler, in dem Rassismus auch in "historisierter" oder "harmloser" Form nicht geduldet werden darf.

4. Die Präsenz einer Gegen-Geschichte ist sehr wichtig. Kritik an den Dokumenten der Geschichte des Rassismus ist die eine Seite, die andere Seite ist die Dokumentation aus der Perspektive der Opfer. Der öffentliche Raum muss nicht nur von der bewusstlosen Darstellung der rassistischen Geschichte und der Klischees von heute befreit werden (durch Entfernung, Distanzierung oder Aufklärung), sondern auch zum Ort für Trauer, Erinnerung und Kritik. Das eine wie das andere wird die "Empfindlichkeit" der Rassisten provozieren.

5. All das wird nicht ausreichen. Es braucht eine fundamentale Erneuerung, ein rewriting der Kulturgeschichte der postkolonialen Gesellschaften und Nationen. Den Nachfahren der rassistischen Politik und den Immer-noch-Rassisten ist es zuzumuten, dass die Nachfahren der Opfer bestimmend an diesem rewriting beteiligt sind, das in der Tat nicht bloß in Text- und Bildwelten eingreift, sondern auch in die kulturellen Biografien, ja in das, was man "kulturelle Identität" nennt.   

Gleichgültig, auf welche Strategie man sich einigt – von der ersten, der Laissez-faire-solution abgesehen: Sie sind alle mit Schmerzen, mit Widersprüchen, mit Entfremdungen verbunden. Und Patentrezepte gibt es schon gar nicht. Nehmen wir ein wahrhaft vergiftetes Werk wie David Wark Griffiths Birth of a Nation. Ohne diesen Stummfilm von 1915 ist die Geschichte des Mediums kaum zu verstehen, aber mit ihm kommt der Keim eines Rassismus, der zwar in einem analytischen Seminar bestens zu entzaubern ist, beim "naiven" Betrachten (und auch das gehört zur Magie des Mediums) untrennbar mit Sentiment und Pathos verbunden ist. Die Geburt einer Nation ist rassistisch, und schmal ist auch hier der Grat zwischen Kritik und Mythos.

Um wie viel drastischer stellt sich das Problem bei einer weniger offensichtlichen Feier des rassistischen Erbes wie in dem Film Vom Winde verweht dar? Sklavenarbeit wird geschönt, die schwarzen Haussklaven werden als loyale Diener dargestellt, die sich voll und ganz mit ihren Herren und mit dem System ihrer Herrschaft identifizieren, die "befreiten Schwarzen" werden als Horden dummer Gewalttäter dargestellt, usw. Es ist ein durch und durch rassistisches Werk, das einen weißen Blick auf die Sklavenökonomie und ihre Brutalität generiert, nicht nur in dem, was ausgeblendet wird, sondern auch in der Verzerrung der Perspektiven. Eine schwarze Gegen-Geschichte wäre dringend erforderlich, aber gibt es dafür eine Basis in der politischen Ökonomie des Filmemachens? Als HBO ankündigte, den Film vorerst vom Markt zu nehmen, um ihn später in einer kommentierten Fassung anzubieten, schnellten die Verkaufszahlen der entsprechenden DVD dramatisch in die Höhe. Man will sich das "authentische" kulturelle Erbe nicht nehmen lassen. Eine Mehrheit der manischen DVD-Besteller würde den Verdacht, rassistisch zu sein, sicherlich weit von sich weisen. 

Nicht minder empört würden sich wohl hierzulande jene zeigen, die sich gegen eine "Zensur" von Texten oder Bilderbüchern wenden. Sie argumentieren oft im Namen einer Autonomie des Kunstwerkes, gewiss, aber auch im Namen einer kulturellen Biografie. Teile einer Kindheit müssen gebrochen werden, wenn Pippis Taka-Tuka-Land oder Micky Maus' kannibalischer "Besuch aus Afrika" als Rassismen enttarnt werden. So auch die Erinnerung an unangemessene Synonyme für Schokoküsse oder die Unmöglichkeit, laut den Namen des Mannes auszusprechen, der in Huckleberry Finn zusammen mit dem weißen Jungen auf dem Weg in die Freiheit war.

Ich (der Rassist, der keiner sein will) spreche als Erbe einer Kultur, in der Rassismus eben nicht nur in seiner brutalen, mörderischen und sadistischen Weise präsent war, sondern auch in einer subtileren, emotionalen und "familiären" Art. Wie lange mussten schwarze Kids darauf warten, bis auch sie einen Superhelden bekamen, und wie bedeutsam war der People-of-Color-Freund der weißen Helden für die postkoloniale Gesellschaft! Auch weiße Mädchen bekamen schwarze Puppen, aber immer erst als zweite oder dritte. Es ist nicht leicht, den strukturellen Rassismus der Popkultur als Erbschaft des Kolonialismus zu verstehen. Noch schwieriger ist es, ihn zu transformieren, sodass er ins postkoloniale Weltbild der Wir-sind-doch-nicht-rassistisch-Gesellschaften passt.

Im Zentrum einer Kultur, die den Rassismus in sich selbst und in der Welt überwinden will, steht neben dem rewriting der Kulturgeschichte und der Bearbeitung ihrer Dokumente das Problem der Restitution von Kunstwerken: Wie umgehen mit jener Beute des Kolonialismus, die zu einem Teil der eigenen Kulturgeschichte wurde? Das "Völkerkunde"-Museum als Traumort gehört ebenso dazu wie der Einfluss afrikanischer Plastik auf das Werk moderner westlicher Künstler. Gibt es für die einst geraubte Kunst überhaupt ein Zurück? Oder einen öffentlichen Raum, in dem sie wirklich für alle zugänglich wären? Ist auch hier zum Beispiel ein Mitausstellen der Umstände ihres Raubes notwendig, und, wiederum, die Präsenz einer Gegenerzählung?

Das Afrikanische, das Asiatische, das Lateinamerikanische – sie sind über die Diebstähle und Ausbeutungen des Kolonialismus und über die Marktstrategien der Popkultur Teil unserer eigenen Kultur geworden, die ihrerseits oszilliert zwischen einer weißen und einer "gesamten" Kultur. Aus der Beute wurde in Teilen eine Aneignung (wie die Aneignung der schwarzen Musik durch das weiße Business), und aus der Aneignung ein internes Amalgam. Wie kraus waren doch die Begründungen der Oi!-Skins und des Nazirock dafür, dass "ihre" Musik ihre Wurzeln im schwarzen Amerika oder in der Karibik hatte!

In der Musik, in der bildenden Kunst, in der Architektur. Wie soll ein weißes Bürgerkind, sagen wir, mit dem Afrikanischen in seiner Kulturbiografie verfahren? Muss das Afrikanische in mir (und es ist eine ganze Menge) also akzeptiert oder kritisch isoliert werden? Es ist die Umkehrung des Problems, von dem Whoopi Goldberg spricht, wenn sie sagt, dass sie die Bezeichnung "Afroamerikanerin" für sich ablehne. Sie sei vielmehr einfach Amerikanerin, denn ihre Vorfahren und sie selbst hätten das Land ebenso mit aufgebaut wie alle anderen. Wann haben wir das Recht, wann das Glück, "wir" sagen zu dürfen?

Wo Widersprüche herrschen, hilft, gelegentlich, Humor. Aber kaum etwas ist so kontaminiert im Diskurs des Rassismus wie das Lachen. Das effizienteste und sadistischste Mittel, zu verhindern, dass wir miteinander lachen (unter anderem über die Schrecken der Vergangenheit, schwierig genug, das), ist es, übereinander zu lachen. Das historische Blackfacing in den USA diente diesem weißen Lachen über die Schwarzen, das alles zugleich ausdrückte und verdrängte, das Empfinden der Überlegenheit, die Angst vor dem kommenden Aufstand und den klammheimlichen Neid. Was wäre Antisemitismus ohne "Judenwitze" – sogar der kultivierte Post-Antisemit pflegt eine Vorliebe für diesen "typisch jüdischen Humor", nicht wahr? Und der neofaschistische Terror bereitet seine Untaten nur zu gern mit "Satire" vor.

Wo lacht man über Rassismus, und wo lacht man rassistisch? Die Satireserie 30 Rock war sicherlich nie rassistisch, trotzdem tat Tina Fey, Hauptdarstellerin und Showrunner, recht daran, die Ausstrahlung von Folgen zu verhindern, in denen es um Blackfacing ging: Der kulturelle Code dieser Inszenierung ist an sich schon kontaminiert, unabhängig vom Inhalt der jeweiligen Szenen. In der amerikanischen Anwaltserie The Good Wife kommt es zu Auseinandersetzungen einerseits über die Identität des Unternehmens (man hat das Image einer "schwarzen Kanzlei", deswegen müssen die weißen Mitarbeiter gelegentlich in den Hintergrund treten) und andererseits über die reale Gleichheit (verdienen People of Color wirklich weniger als Weiße?) und mediale Restriktionen. "Sagen Sie doch einfach N..., wer hindert Sie", versucht ein schwarzer Rechtsanwalt seinen weißen Kontrahenten in einer Talkshow aus der Reserve zu locken, nachdem der sich über Restriktionen beklagt hat.

Die Komik solcher Szenen ist, wie man so sagt, quälend. Und das gilt wohl auch für entsprechende Szenen in Family Guy, wo der typische Vorstadtbürger Peter Griffin mit seinem schwarzen Freund und Nachbarn immer wieder in Konflikte gerät, weil der eine denkt, der andere denkt, man denke, dass der andere denkt, irgendetwas sei rassistisch gemeint. Den Meta-Humor über Rassismus gibt es auch hierzulande, zum Beispiel in einer Folge der Heimatkrimiserie Mord mit Aussicht, wo ein schwarzer Kriminalpolizist sich seufzend gegenüber der Protagonistin über die Empfindlichkeit seiner Chefin in Sachen rassistischer Kommentare äußert (ein "schwarzer Mann", aha, die eine meint die Kleidung, die andere argwöhnt die Hautfarbe).

Diese mehr oder weniger komischen Szenen gewöhnen uns an einen Alltag, in dem wir lernen müssen, mit der Allgegenwärtigkeit des Rassismus, hier als Realität und da als Projektion, umzugehen. Eine einfache Lösung gibt es nicht in den drei großen Problemfeldern des kulturellen Post-Rassismus – der kritischen Revision des rassistischen Erbes, des Umgangs mit der kolonialen und postkolonialen kulturellen Beute und mit dem Humor als Ventil für die verschiedensten Formen der Spannungen.

Es gibt jedoch eine sehr einfache, sehr strikte Grenze zum realen, expliziten und ideologischen Rassismus. Alles diesseits dieser Grenze zu ordnen und aufzuarbeiten, ist kompliziert. Der Rassismus, der keiner mehr sein will, hat noch viel zu tun.


Aus: "Cancel Culture: Es wird schmerzhaft" Ein Essay von Georg Seeßlen (30. Juni 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/2020-06/cancel-culture-struktureller-rassismus-kolonialismus-popkultur/komplettansicht (https://www.zeit.de/kultur/2020-06/cancel-culture-struktureller-rassismus-kolonialismus-popkultur/komplettansicht)

Quote------ #1

Irgendwann wird es albern. ...


QuoteChristoph Breer #1.15

Ich vermute mal, dass Sie das als Weißer sagen.


QuoteAngus_Parvis #1.20

Und "natürlich" definieren weisse Westeuropäer, wann es albern wird? ;)


QuoteNaturliebe #1.4

"Irgendwann wird es albern."

Es ist erst dann albern, wenn alle darüber lachen können.


QuoteWirhabenkeinPlatz #16

Biologisch-evolutionär betrachtet ist der Rassissmus Teil der Überlebensstrategie von Gruppen. Das kann man nun gut oder schlecht finden. Ist aber ein Faktum.


QuoteTobias87 #16.1

Biologisch-evolutionär betrachtet ist auch die Fortpflanzung durch Vergewaltigung ein Teil einer Überlebensstrategie, werden dadurch doch Gene weitergegeben.
Ob etwas biologisch-evolutionär betrachtet Teil einer Überlebensstrategie ist, sagt also null komma nichts darüber aus, ob es richtig ist.


QuoteMaxxee #26

Ich befürchte, Ausführungen wie in diesem Artikel stürzt viele Normalbürger in Verzweiflung. ...


QuoteZeitig19 #34

Wenn man wirklich einen pluralistischen und demokratischen Staat mit selbstverantwortlichen Staatsbürgern anstrebt, bleibt sicher nur die unter 1. beschriebene und im späteren Text salopp als "Laissez-Faire-Solution" bezeichnete Möglichkeit in Frage. Alles andere führt zu mindestens teilweiser (Meinungs-)Diktatur. Jeder sollte das mit etwas Nachdenken erkennen.


QuoteJens B #51

Bin 1961 geboren. Habe Pippi Langstrumpf, Jim Knopf, Tarzan, Flash Gordon oder Prinz Eisenherz geliebt oder verschlungen. Im Fasching habe ich mich am liebsten als "Rothaut" verkleidet, weil ich den Bogen, mit dem man echte Pfeile verschießen konnte, viel besser fand, als die olle Käpselespistole, die nur ein bisschen geknallt hat. Im Kino habe ich mich gefreut, wenn Winnetou gegen die bösen, alten, weißen Schurken gewonnen hat. Meine italienische Mitschülerin habe ich glühend beneidet, weil ihr Vater die größte Eisdiele am Ort besessen hat. Sie hat übrigens auch Abitur gemacht und studiert. Der Schlager "Zwei kleine Italiener" hat also die Lehrer nicht davon abgehalten, sie gerecht zu benoten.
Noch schlimmer. Die genannten Bücher habe ich auch meinen eigenen Kindern zu lesen gegeben.
Dieser Artikel hat mir erstmals die Augen geöffnet, wie rassistisch vergiftet meine Seele doch ist. Ich werde mir sofort auf Amazon die ganze Karl-May-DVD-Edition bestellen, solange die noch nicht auf dem Index steht. Und dann gabs da noch ein Buch von Otfried Preußler von einem kleinen weißen Nachtgespenst, das durch einen Sonnenstrahl zu einem schwarzen Taggespenst wurde.


Quoteviolettagetyourgun #51.1

Ich bin auch 1961 geboren.
Ich habe die gleichen Bücher gelesen, die gleichen Filme gesehen wie sie.
Ich hatte dunkelhäutige Puppen und liebte den Sarottimohren.
Mein Vater war ein großer Fan von Mohamed Ali.
Meine Mutter hört immer noch gerne Louis Armstrong und Otello.
Vor einigen Jahren habe ich Vom Winde verweht gesehen und fast die ganze Zeit über geweint.
Würde ich der Definition des Autors folgen, müssten wir eine Familie von Rassisten sein.

Absurder Gedanke.


Quotewandalina #53

Es fängt doch schon beim "Nachbar" an. Ist er nicht unserer Meinung und vertritt er nicht unsere Werte dann wird er ausgegrenzt. Ob er Schwarz, weiss, braun, Gelb oder einfach Pole ist, das "wir" wird es nie geben, da kann man die ganze Geschichte ausblenden und vernichten, das ändert den Menschen nicht. Wir werden immer "andere" nicht gerecht oder gleichwertig behandeln, außer sie sind wie "wir".


QuoteBluto Blutarski #73

Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich ein schwarzer Millionär von einem weißen Obdachlosen nicht wirklich wirksam diskriminieren lässt.
Mich beschleicht mehr und mehr die Vermutung, all diese Diskussionen um Minderheiten aller Art dienen im Wesentlichen einem einzigen Ziel: Davon abzulenken, dass der wahre und ewige Graben zwischen den Habenden und den Nicht-Habenden verläuft.


Quote------ #73.1

Der Graben verläuft zwischen den Was im Kopf-Habenden und den Nichts im Kopf-Habenden.


Quotemultiply #74

Nationalisten fordern die Reinheit des Volkes. Rassisten die Reinheit der Rasse. Wohin das führt oder geführt hat hat die Geschichte gezeigt.
Jetzt kommen Anhänger des Woke-ism mit dem Ziel die Reinheit der Sprache und des Denkens zu etablieren. Was soll schon schiefgehen?


QuoteWerSchreibtDa #79

Ist es heute bei einem gebildeten, durchschnittlichen Menschen wirklich Rassismus? Ich habe einen deutschen Nachbarn, den ich nicht mag. Bei einem Nachbarn aus Serbien hege ich das gleiche Empfinden. Ist es jetzt beim deutschen Nachbarn normale Abneigung und beim Serben Rassismus? Die Bayern mögen ja die Preussen auch nicht aber mögen (manche) Roberto Blanco ...
Sind Ablehnung und Sympathie nicht menschliche Eigenschaften? ...


Quotetonart #81

viele Beträge zeigen wie wichtig und richtig und überfällig die Debatte ist! ... und ja, es wird unserer Selbstherrlichkeit und Bequemlichkeit weh tun - jedoch ist dieser Schmerz nicht annähernd mit dem Leid der permanenten Herabsetzung als Folge des Kolonialismus vergleichbar.

Danke für den Artikel.


Quotehansmaier2 #98

aus dem Artikel: "Nein, ich bin Rassist, weil ich in einer Gesellschaft lebe, in der immer noch struktureller Rassismus parallel zur sozialen Ungerechtigkeit verläuft, und in der jemand mit heller Hautfarbe, ob er oder sie es will oder nicht, Privilegien erfährt oder wenigstens Gefährdungen und Benachteiligungen vermeiden kann. "

Ich bin also Rassist, nur weil ich in dieser Gesellschaft lebe?
Wenn das mal kein Rassismus ist.
Ich fasse es nicht.



Quotevincentvision #100

Denkfaule, wenig differenzierende Menschen haben Vorurteile, gerne auch rassistische Vorurteile - und finden das auch ganz in Ordnung so...
Sie sind selten bereit, ihre Wahrnehmungen zu überprüfen, warum auch, so ist es viel leichter - und es hebt das Ego, wenn man sich der vermeintlich überlegenen Gruppe zugehörig fühlt.
Intelligente Menschen wissen, wie fehlbar unsere Wahrnehmung ist, wie sehr wir uns täuschen lassen, generalisieren und dadurch Vorurteilen schnell erliegen.
Sie bemühen sich, Einzelbetrachtungen anzustellen, ihre Vorerfahrungen nicht zu dominant werden zu lassen und dadurch nicht zu vorschnell zu urteilen.

Ganz einfach.

Und das sollte selbstverständlich sein - denn schließlich erwartet umgekehrt auch jeder, dass man ihn individuell beurteilt (und als Deutschen nicht pauschal mit Nazis, Fremdenfeinden, Spaßbremsen und Nörglern gleichsetzt).

Oder?


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Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 07, 2020, 01:18:01 PM
Quote[...] Mehrere Tausend Motorradfahrer haben gegen mögliche Fahrverbote an Sonn- und Feiertagen demonstriert. In Friedrichshafen kamen rund 5.000 Motorradfans zu einem Korso entlang des Bodensees zusammen. In Stuttgart trafen sich bis zu 8.000 Motorradfahrer, was zu erheblichen Verkehrsbehinderungen führte. In München war die geplante Demonstration verboten worden, dennoch waren nach Angaben der Polizei 6.000 Biker in der Stadt unterwegs. Auch in Dresden, Düsseldorf, Schwerin und Wiesbaden trafen sich jeweils tausende Motorradfahrer.

Der Protest richtete sich gegen eine Initiative des Bundesrats zur Reduzierung von Motorradlärm. So sollen die zulässigen Geräuschemissionen auf einen Wert begrenzt werden, der in etwa der Lautstärke eines vorbeifahrenden Lkw oder eines Rasenmähers entspricht. Der Bundesrat will zudem beschränkte Motorrad-Fahrverbote an Sonn- und Feiertagen ermöglichen.

In Baden-Württemberg haben sich mehr als 100 Städte, Gemeinden und Landkreise zur Initiative Motorradlärm zusammengeschlossen. Ihr Forderungskatalog umfasst geänderte Zulassungsregelungen für Motorräder und drastischere Strafen für Manipulationen an Motoren, Verkehrsverbote sowie stärkere Kontrollen. Im Südwesten gelten vor allem landschaftlich reizvolle und kurvige Strecken als Lärm-Hotspots. Anwohner klagen dort über Raser und Wettfahrten.

Er verstehe den Ärger über den Lärm durchaus, sagte Jörg Brucker von der Gruppe Biker for Freedom, der die Demonstration am Bodensee organisiert hatte. Man dürfe die Motorradfahrer aber nicht unter Generalverdacht stellen.

Ob die Anregung der Länderkammer für weniger Motorradlärm umgesetzt wird, hängt jedoch von der Bundesregierung ab. Das Verkehrsministerium verwies am Samstag auf Aussagen von Minister Andreas Scheuer (CSU), dass er den Beschluss des Bundesrats von Mitte Mai kritisch sehe und keine "weiteren Verbote und Verschärfungen" für Motorradfahrer wolle.

Außerdem könnten die Straßenverkehrsbehörden laut dem Ministerium die Lage vor Ort am besten einschätzen und aus Lärmschutzgründen entsprechende Maßnahmen anordnen. Sie hätten zum Beispiel bereits jetzt die Möglichkeit, die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken zu beschränken oder den Verkehr umzuleiten.

"Wir haben ausreichende geltende Regeln", sagte Scheuer am Samstag. "Die Biker zeigen bei den Protesten ihre Haltung gegen Verschärfungen und Verbote. Das ist auch meine Haltung. Ich werde die Beschlüsse des Bundesrates, also der Bundesländer, nicht umsetzen."




Aus: "Biker protestieren gegen Anti-Lärm-Initiative" (4. Juli 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/mobilitaet/2020-07/motorrad-demo-motorradlaerm-bundesrat-regulierungen-fahrverbote (https://www.zeit.de/mobilitaet/2020-07/motorrad-demo-motorradlaerm-bundesrat-regulierungen-fahrverbote)

Quotenucleolus #71

"Biker protestieren gegen Anti-Lärm-Initiative"

Und das machen sie, indem sie mit jenseitsmäßigem Gedröhn, Gestank und Krach durch die Innenstadt kesseln.
Genau mein Humor. ...


QuoteLykaner42 #1

Krad Fahrer und Fahrerinnen haben trotz aller Unterschiede eben etwas das sie eint. Die Liebe zu den unbeschreiblichen Gefühl Motorrad zu fahren.
Schön das wenigstens eine Gruppe über alle Schichten der Bevölkerung hinweg zusammenhält.


Quotewozie #1.2

Dass mit "allen Schichten" ist ne steile These, Motorradfahren ist ein sehr teures "Hobby".


QuoteSüdstern 9 #1.10

Mich macht es einfach nur fassungslos und auch wütend,
wenn bspw. im Oberharz kilometerweit die Landschaft durchbrüllt wird von den Maschinen dieser Motorradfahrer. Mir fehlen gerade die Worte um meinen Abscheu vor dieser selbstsüchtig dekadenten Egomanie zum Ausdruck zu bringen. Haben diese Menschen wirklich nicht mehr drauf als sich und andere zu gefährden und mit die schönsten Landschaften mit ihrem Lärm zu terrorisieren, sowie der Tierwelt schweren Schaden zuzufügen?


Quotejgbk #1.13

Motorradfahren ist kein teures Hobby.
Ich fahre seit 7 Jahren eine Suzuki GS 500 BJ 94, für 1500 Euro gekauft.
Die Karre kostet 36 Euro Versicherung und ähnlich viel Steuer.
und braucht 3,5 l auf 100 km.
Die Grundkosten im Jahr sind geringer als manche in einer Woche verrauchen
Es kommt einem mit dem Motorrad ein Motorrad entgegen und die Linke zum Gruß.
Wie eine große Familie.


QuoteVolker B. #8

Ich lebe in einem, von Motorrad begeisterten Menschen regelmäßig und exzessiv heimgesuchten Mittelgebirge. Neulich habe ich darüber nachgedacht Haus und Hof zu verkaufen. Mir gehen die Krad Fahrer\innen so auf den Sack. In großen Gruppen oder auch einzeln belästigen sie Mensch und Tier ohne Rücksicht auf irgend etwas. Ja, lasst uns diese Fortbewegungsmittel, die längst nur noch Sportgerät sind, auf den Schrottplatz der Geschichte schicken. Oder kontrolliert auf die diversen Rennstrecken der Nation verbannen. Dort kann man sich dann das ganze Wochenende austoben.
Das kuriose ist, sie suchen die kleinsten Täler und Dörfer heim, weil es dort so romantisch und kurvenreich ist.
Ich kann leider nicht so viel fressen wie ich brechen muß.


Quotehansmaier2 #17

Was sind wir für ein freiheitsliebendes Volk, tolerant, bunt und weltoffen
aber wenn ich was nicht will: weg damit


Quote2b∫2b #17.1

Die Freiheit ist halt auch immer die Freiheit der vielen anderen Menschen, ...


Quotejolande9 #8.7 

Motorräder können sehr leise sein - wenn sie laut sind, ist das meist reines Posing und meist künstlich erzeugt - "Sound Design" - voll männlich ey!
Jeder, der röhrt, ist aus meiner Sicht ein präpubertärer, rücksichtsloser D*pp. Und damit meine ich nicht das organische Gölpern einer alten Harley, sondern das künstlich erzeugte Geröhre.
Und nein, man muss auch nicht zu zwanzigst im Konvoi fahren wenn man weiß, dass das für das Umfeld unerträglich ist.
Ich frage mich, ob das den Leuten eigentlich nicht peinlich ist...


QuoteHab da so meine Zweifel #18

Lasst den vernünftigen Leuten doch Ihren Spass und dafür richtig harte Sanktionen bei den Prolltypen, die mit kreischendem und jaulenden Motor durch die Gegend fahren.
Am besten Maschine kassieren und beim nächsten Mal Tschüss Führerschein.

Wir wohnen ca. 300 m nach Ortseingang.
Da nehmen die manchmal vorher nochmal richtig Anlauf. Da klingeln hinterher die Ohren...


QuoteBikersLives Matter #20

ja es ist eine tolle Erfahrung, die Freiheit auf einem Motorrad zu genießen. Beschleunigung, Dynamik..einfach Großartig..

Niemand will dies den Bikern wegnehmen. Bei den momentanen Auseinandersetzungen geht es auch nicht darum. Es geht um den Höllenlärm den ein signifikanter Teil der Bikes verursacht. Dieser von den Bikern gewünschte sog "satte Sound" ist dafür aber gar nicht nötig. Es geht offensichtlich um etwas Anderes: offenbar handelt es sich um irgendeine Art von Potenzgebaren.

Und liebe Biker, ihr müßt jetzt ganz tapfer sein: wir also die große Mehrheit der Menschen finden euren Sound überhaupt nicht cool, sondern ihr geht uns damit tierisch auf den Sack, manche Leute finden das asozial.. Ich befürchte, was Ihr damit in Wahrheit bezwecken wollt, ist nichts anderes als eine Form von Krawall.

Bitte verschont uns damit


QuoteErbauer2 #32

Ja, da kommen ganz dunkle Zeiten auf Biker zu, wenn sie statt mit lauten Motorrädern dann aus Rücksicht mit leisen Motorrädern fahren müssen. Un-zu-mut-bar.


QuoteLiberteDetZim #42

Es hat kein Mensch wirklich etwas gegen Biker, sind ja in aller Regel nette Typen die sich freundlich grüßen. Dennoch: wenn ein einziger Motor mir 5 Minuten den Nerv raubt, weil er gefühlt mindestens 10 km zu hören ist, dann frage ich mich, ob der Geselle noch alle Latten am Zaun hat. Da geben sich Ingenieure die größten Mühen, Fahrzeuge so leise wie nur möglich zu machen und die Damen und Herren schrauben einen "Sportauspuff" an, damit wirklich alle etwas von ihrem Hobby haben. Für diesen Egoismus fehlt mir jegliches Verständnis. ...


Quotebrises9 #63

bin heute mitm Rennrad von München über Kochel zum Walchensee und zurück. Meine Haltung zu Gestank und Lärm zum Eigenspaß muss ich jetzt nicht aussprechen. Oder?


QuoteAron Silberstein #59

Den protestierenden Damen und Herren Motorradfahrer fehlt schlichtweg Empathie. Es gibt kein Grundrecht auf Lärm und Krach. ...


QuotePeterKai #79

Lasst den Bikern ihren Spaß. Wir haben genug Verbote.


QuoteReinbott #87

Wer aus Protest gegen Lärmbeschränkungen Lärm macht, hat es nicht verstanden.


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Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on July 18, 2020, 04:27:29 PM
Quote[...] "Während wir dies von der radikalen Rechten nicht anders erwarten, breitet sich auch in unserer Kultur zunehmend eine Atmosphäre von Zensur aus", hieß es jüngst in einem offenen Brief von 153 Intellektuellen (darunter auch Noam Chomsky, Margaret Atwood oder Salman Rushdie), der gleichzeitig in Harper's Magazine, Le Monde, La Repubblica und der ZEIT erschien.

Seine Botschaft in einem Satz: "mehr Toleranz" für abweichende Meinungen. Der Aufruf ist bedenkenswert: Ein "Klima der Intoleranz" greife nicht nur in radikal rechten Kreisen um sich, die ohnehin intolerant seien, sondern vielmehr "in allen Lagern". Auch die politischen Gegner der radikalen Rechten müssten aufhören, weiter in "ideologischer Konformität" zu verharren, die eigene Kritik zum "Dogma" verkommen zu lassen und der verbreiteten Tendenz zu frönen, "komplexe politische Fragen in moralische Gewissheiten zu überführen".

Dass sich über diesen Aufruf gerade diejenigen Linken empörten, die sich hiervon nicht zu Unrecht angesprochen fühlen durften, war ebenso wenig überraschend wie der Umstand, dass viele ihrer Empörung in kurzen Tweets Ausdruck verliehen. Natürlich entging ihnen die Ironie, dass sie ihre Kritik an dem Aufruf in eben jenem Duktus der "moralischen Gewissheit" formulierten, den der Brief zuvor problematisiert hatte. Doch auch damit war zu rechnen, denn tatsächlich wird unsere Zeit zunehmend und in nicht unerheblichem Maße von "linken" Gestalten geprägt, die alle genannten Momente in sich bündeln: einen Hang zu Konformität, krasser Komplexitätsreduktion und moralistischer Dogmatik.

Wie der Philosoph E.M. Cioran einmal hellsichtig bemerkt hat, kann es geschehen, "daß die Linke, die in die Mechanik der Macht verstrickt ... ist, ihre Tugenden verliert, daß sie erstarrt und die Übel erbt, die gewöhnlich der Rechten eignen". Diese Beschreibung trifft unsere kulturelle Situation sehr genau.

Eine erstarrte und ins Pädagogische abgedriftete Linke, die sich durch ihre Weigerung bestimmt, "ihr eigenes Machtstreben zu reflektieren, ihren Aufstieg in den akademischen und kulturellen Institutionen" (Michael Hampe), ein dergestalt zur Karikatur verkommener Linksliberalismus, der vergessen hat, dass er nicht mehr unter allen Umständen subversiver Underdog ist, sondern sich an Universitäten oder in Social-Media-Kontexten explizite Machtzentren geschaffen hat, bringt einen epochalen Menschenschlag hervor: den digitalen linken Spießer.

Dieser droht die Linke leider für Leute von außerhalb dieser Blasen mittelfristig noch unattraktiver zu machen, als sie es ohnehin schon ist, denn auch und gerade für politische Bewegungen gilt: An ihren Langweilern sollst du sie erkennen. Der neue linke Spießer betrachtet Gegenwart und Vergangenheit mit puritanischem und polizeilichem Blick und genießt es, unablässig den Wuchs der Diskurshecken zu prüfen, mit der Gartenschere in der Hand.

Wahlweise stört er sich an den Scherzen von John Cleese oder Terry Gilliam, an einer Zeile von Nick Cave oder Steely Dan, an einer Karikatur von Ralf König oder an den Witzchen des Theoretikers Slavoj Žižek, von dem sein konservativer Freund Tylor Cowen behauptet, er habe den Humor eines "moderate right-winger", worauf sich Žižek gegenüber Cowen empört verteidigt: "Als ich jung war, war das noch linker Humor!"

Die linken Spießer begegnen allen unsensibel scherzenden oder gar andersdenkenden Zeitgenossen mit offener Verachtung, beweisen aber eine hohe Sensibilität, sobald man ihre eigene progressive Rolle in Zweifel zieht. Dies zu tun, ist jedoch nötig, denn ihr Zorn trifft in jüngerer Zeit sogar historische Figuren, auf deren Schultern sie stehen könnten, wenn sie deren Erbe nicht verspielten. Die Folge jener "ungeheuren Herablassung der Nachwelt" (eine Wendung von E.P. Thompson, die immer wahrer wird) ist ein äußerst abgeflachtes Verhältnis zur großen Andersheit namens Geschichte, die neuerdings ebenfalls von allen krummen Zweigen, von allen Irritationsmomenten bereinigt werden soll – jedenfalls sind es deftige Werturteile, die gegenwärtig geistesgeschichtliche Verdienste überschatten.

Zuletzt teilten bekannte italienische Linksintellektuelle, Politikerinnen und Aktivisten in den sozialen Netzwerken, anknüpfend an den alten Slogan von Lonzi, mannigfach ein Bild mit der Aufschrift "Sputiamo su Hegel" ("Wir spucken auf Hegel"): Der deutsche Philosoph – so  der sozial-mediale Tenor – sei letztlich nämlich nichts weiter als ein bösartiger Sexist gewesen. In der Verkürzung abstrus, aber ein exemplarischer Fall, finden doch in Deutschland längst vergleichbare "Debatten" statt (wobei hierzulande zufälligerweise Kant unter Beschuss gerät).

Es ist bedauerlich, dass ein Teil der Linken nicht mehr liest und wenn doch, dann bestenfalls Memes und Twitterbotschaften, zumindest ist das der Referenzrahmen, in dem dann die weitere Auseinandersetzung stattfindet. Aber spuckt nicht, wer auf Hegel spucken möchte, zugleich auch auf die bedeutende Rolle, die dieser für die Entwicklung des emanzipatorischen Denkens gespielt hat – und noch immer spielt: bei Judith Butler, Axel Honneth oder Jacques Rancière? Kennen die neuen linken Militanten die feministische Hegellektüre von Simone de Beauvoir, in der die Dialektik von Herr und Knecht analog zum Emanzipationsverhältnis von Mann und Frau gedacht wird? (Von den zahlreichen feministischen Lektüren der Antigone-Diskussion bei Hegel ganz zu schweigen...)

Gewiss: Der Hinweis darauf, dass die Beziehung zwischen Hegel und dem Feminismus auch gegenwärtig im Zentrum ernsthafter internationaler Debatten steht, ist für diejenigen, die den Autor der Phänomenologie des Geistes auf stumpfsinnige Weise abtun möchten, vollkommen uninteressant: Er lässt sich nämlich kaum für die eigene mediale Selbstinszenierung verwerten, die ja auch und gerade die Nicht-Leser unter den Linken motiviert. Aus demselben Grund geht sie auch jene Ambivalenz buchstäblich nichts an, die darin liegt, dass Hume, Kant oder Hegel zweifelsfrei rassistisch oder sexistisch schrieben und trotzdem ein unverzichtbarer Teil der europäischen Geistestradition sind, welche die Bewegung zur Abschaffung der Sklaverei, die Erklärung der Menschenrechte oder die gesetzliche Gleichberechtigung der Geschlechter hervorbracht hat.

Ganz unbestreitbar haben sie die Geschichte der Emanzipation mitgeprägt. Ob die neuen Linken ernstlich dem Aberglauben anhängen, wonach sich ein historischer Akteur jederzeit am eigenen Schopf aus der Geschichte ziehen könnte, um aus dem ahistorischen Ideenhimmel das moralisch Richtige zu deduzieren, ist am Ende schwer zu sagen. Sicher ist nur, dass es sie unablässig danach drängt, sich öffentlichkeitswirksam als moralische Instanz zu präsentieren, und dass sich jeder echte Spießer – auch der linke und digitale – durch sein Bedürfnis verrät, permanent als besonders tadelloses oder moralisch sattelfestes Exemplar unserer denkwürdigen Spezies wahrgenommen zu werden.

Das Schlimmste an den gegenwärtigen Spießern ist nun aber nicht, dass sie ahistorisch denken, jedes (vermeintlich) verunglückte Wort zur Würde des Skandals erheben, ständig Situationen des Verdachts organisieren (Wer hat was zu wem gesagt?) oder aus den Menschen wieder reumütige Geständnistiere zu machen versuchen. Das alles ist bloß schlimm. Schlimmer als schlimm ist, dass sie sich immer noch widerständig und "alternativ" fühlen, obwohl sie längst einem kulturell tonangebenden Milieu angehören. Eine unerlässliche Voraussetzung von Toleranz – und dieser Satz steht fest – liegt im ehrlichen Selbsteingeständnis von eigener Macht, auch diskursiver Macht (zum Beispiel an den Universitäten).

Nur die, die wissen, dass sie über Macht verfügen, können sich überhaupt die Frage stellen, ob sie andere tolerieren, das heißt: aushalten, erdulden möchten – oder eben nicht. Hieraus folgt: Die neopuritanische Linke muss sich darüber ehrlich machen, dass ihre Adepten in vielen politisch-kulturellen Konstellationen mittlerweile zu nichts anderem als Figuren der Macht geworden sind. Bislang versuchen sie es wortreich zu vermeiden, doch gerade sie hätten es nötig, sich ein Mantra von Adorno, einem maßgeblichen Vertreter der lesenden Linken, in Erinnerung zu rufen: "Wer innerhalb der Demokratie Erziehungsideale verficht" – mahnte dieser nämlich streng – "ist antidemokratisch, auch wenn er seine Wunschvorstellungen im formalen Rahmen der Demokratie propagiert."

Dass eine solche demokratische Gesinnung derzeit bei vielen Linken wenig praktische Würdigung erfährt, mag auch von der althergebrachten Arroganz herrühren, mit der insbesondere die einflussreichen französischen Linksintellektuellen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts – vor und nach 1968 – über liberale Demokratien nachgedacht haben. Denn be­zeich­nen­derweise interessiert sich etwa Deleuze noch in den Neunzigerjahren gerade für ein "Demokratisch-Werden, das nicht mit den faktischen Rechtsstaaten zusammenfällt", während bei Barthes, Foucault, Lacan oder Kristeva demokratietheoretische Reflexionen fast gänzlich ausgespart werden. Anders als in früheren Zeiten, in denen der vielerorts immer abwegiger wirkende Terminus "linksalternativ" einen realen Sinngehalt hatte, fällt es indessen heute ins Gewicht, wenn diskursmächtige Linke immer noch in Begriffen wie "Subversion", "Aufstand", "Ereignis", "Unterlaufen", "Rebellion", "Widerstand" oder "Ungehorsam" denken, statt sich über die ganz konkrete demokratische Vermittlung progressiver Ideen den Kopf zu zerbrechen. Am Ende dieses Gedankens wird eine Linke, die ihre reale Diskursmacht leugnet, zwangsläufig moralisch totalitär. Sie duldet eben keinen Widerspruch, weil Widerspruch per se falsch ist. Die Macht, die sie hat, reicht ihr nicht, sie möchte sie weitestmöglich ausdehnen. Das aber zielt dann weder in faktischen Rechtsstaaten noch in anderen Gebilden auf einen demokratisch organisierten Diskurs.

Was die alte poststrukturalistische linke Avantgarde angeht, so bestach sie aus heutiger Sicht freilich durch ihren – für die linken Spießer der Gegenwart empörenden – Mangel an moralistischer Dogmatik. Sie verehrte de Sade, studierte Heidegger und rehabilitierte mit Nietzsche einen der politisch unkorrektesten Autoren der Geistesge­schichte. Im Übrigen betonte etwa Foucault, dass sich Fragen der Ent-Unterwerfung niemals dogmatisch, systematisch oder gar verwaltungstechnisch entscheiden ließen; vielmehr zähle der subversive Umgang mit Einzelfällen. Und auch Richard Rorty – der ein zentraler Vertreter der sogenannten postmodernen amerikanischen Linken war – glaubte nicht daran, dass sich gesellschaftliche Wirklichkeiten mit starren sprachlichen Regeln verändern ließen. Vielmehr brauche es idiosynkratische Einbildungskraft – "kreativen Sprachmissbrauch" –, eine Position, zu der sich auch Judith Butler einmal bekannt hat.

Den dominanten Strang der gegenwärtigen Linken, die mit dogmatischen Lösungen flirtet, ohne ihren Underdog-Status aufgeben zu wollen, vermag dies ebenso wenig zu beunruhigen wie der Umstand, dass sie keine funktionierenden ökonomischen Konzepte hat, um der sozialen Frage zu begegnen – man denke etwa an die exorbitanten Mietpreise oder an die prekären Lebensbedingungen des neuen Dienstleistungsproletariats. Aber auch das ist nicht verwunderlich, kann doch ökonomische Konzeptlosigkeit überhaupt als ein Grund dafür angesehen werden, sich mit derart verbissenem pädagogischen Eifer auf das Feld der Kultur zu stürzen.

Es geht nicht darum, jedes Interesse für Begriffe oder jede differenziertere Bewertung historischer Persönlichkeit zu diskreditieren. Die Verbissenheit aber, mit der man Debatten mit zugleich geleugneter diskursiver Macht moralistisch zu dominieren versucht, führt letztlich zu populistischer Reaktanz und schwächt die Linke noch dort, wo sie reale Probleme bekämpft. Denn natürlich gibt es, anders als es die politische Rechte behauptet, tatsächlich strukturellen Sexismus und Rassismus in Deutschland, und unter denen, die in universitären oder sozial-medialen Kontexten diskursmächtig sind, finden sich auch Menschen, die in anderen gesellschaftlichen Kontexten benachteiligt oder marginalisiert werden. Das Problem der Linken besteht offenkundig nicht darin, dass sie sich den Reaktionären entgegenstellt, die sich das kulturelle Zeichensystem der Fünfzigerjahre zurückwünschen und auf alle Ewigkeit stillstellen möchten. Sondern darin, dass sie diesen Kampf mit den zensorischen Instinkten führen möchte, die lange Zeit der politischen Rechten gehörten (anstatt an das selbstständige Urteil mündiger Menschen zu appellieren) und dass sie noch dazu die Klassendimension unterschlägt, die allen diesen Kämpfen inhärent ist.

Dass heute die AfD bei manchen Wahlen mehr Arbeiter-Stimmen erhält als jede andere Partei, ist in jedem Fall auch ein trauriges Zeugnis für die naserümpfende, spießig gewordene Linke, die in ihren schlechtesten Momenten zugleich den Eindruck erweckt, einen Klassenkampf "von oben" zu betreiben: eine Rebellion der tadellosen Vier-Zimmer-Altbau-Bourgeoisie gegen das schrecklich vulgäre, unaufgeklärte und politisch unkorrekte Proletariat. Solange die Linke das nicht begreift, werden sich ihre politischen Gegner die Hände reiben.



Aus: "Identitätspolitik: Die digitalen linken Spießer" Ein Gastbeitrag von Jan Freyn (18. Juli 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/2020-07/identitaetspolitik-linke-intoleranz-zensur-demokratie-meinungsfreiheit/komplettansicht (https://www.zeit.de/kultur/2020-07/identitaetspolitik-linke-intoleranz-zensur-demokratie-meinungsfreiheit/komplettansicht)

Kontext: https://www.zeit.de/2020/29/cancel-culture-liberalismus-rassismus-soziale-gerechtigkeit (https://www.zeit.de/2020/29/cancel-culture-liberalismus-rassismus-soziale-gerechtigkeit)

QuoteEinHistoriker #23

"Wie der Philosoph E.M. Cioran einmal hellsichtig bemerkt hat..."
Vielleicht bin ich ja auch nur ein moralisierender Linker, aber ich bezweifle, dass Cioran, ein Antisemit, Anhänger der rumänischen Eisernen Garde und Bewunderer Hitlers ein geeigneter Zeuge gegen die echte oder angebliche Linke ist.



Quotekosmokrator #23.1

Sie bestätigen genau den Artikel. Welch verachtenswerte Anschauungen auch immer Cioran (oder jeder Mensch) hatte, dies diskreditiert nicht automatisch alle Aussagen.

Luther als Antisemit hat durchaus treffende Kritik am Katholizismus geäußert.

Che Guevara hat trotzdem dass er ein skrupelloser Mörder war manche sozialen Misstände korrekt angeprangert.

Die amerikanischen Gründerväter haben mit der amerikanischen Verfassung ein wunderbares Meisterwerk vollbracht obwohl sie zum Teil Sklaven hatten.

Usw.usf.

Die Welt ist nicht schwarz und weiß. Hauptsächlich besteht sie aus Grautönen.
Und eine infantile Vereinfachung aller Zusammenhänge ist auch ein merkmal der regressiven Linken. Genau wie der extremen Rechten.


QuoteThore-lk #58

Bravo!

Leonardo da Vinci: "Jede kleine Ehrlichkeit ist besser als eine große Lüge."


Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 13, 2020, 03:06:33 PM
Quote[...] Review by ScreeningNotes (Date ????): " ... The Searchers gives the lie to the supposed heroism of the Wild West mythos. John Wayne plays the same Indian-killing cowboy we've seen him play since the early 1930's, the image of a valiant savior come to rescue a bunch of white folks from the Native American menace, but here he plays it as explicitly racist, calling out the pathological nature of the traditional cowboy's racialized violence. Our heroes of the West were always outlaws who had to ride off into the sunset, but they were glorified outcasts, they were getting rid of the ,,real" bad guys. The Searchers shows this hero not as an altruistic warrior, but as a murderer whose positive effects on society are less purposeful, more of a coincidental afterthought. ..."


Source: https://letterboxd.com/screeningnotes/film/the-searchers/ (https://letterboxd.com/screeningnotes/film/the-searchers/)

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Quote[...] Nolan Moore (June 5, 2015) " ... Ethan is trapped between two worlds: the outlaw West and civilization. Like many cowboy protagonists — think Pike Bishop in The Wild Bunch (1969), John W. Burns in Lonely Are the Brave (1962) and Tom Doniphon in The Man Who Shot Liberty Valance (1962) — Ethan Edwards is a throwback to an older time ..."

http://screenprism.com/insights/article/what-does-the-final-shot-of-the-searchers-mean (http://screenprism.com/insights/article/what-does-the-final-shot-of-the-searchers-mean) | https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Schwarze_Falke (https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Schwarze_Falke)

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Quote" ... Joseph Campbell wies darauf hin, dass aus religiöser Sicht Mythos als ,,die Religion anderer Leute" definiert werden kann. Insofern sei Religion ,,missverstandene Mythologie". Das Missverständnis bestehe darin, dass ,,mythische Metaphern als Hinweise auf unumstößliche Tatsachen interpretiert werden". ..."


https://de.wikipedia.org/wiki/Mythologie (https://de.wikipedia.org/wiki/Mythologie) (2. März 2018)

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Quote[...] Ertuğrul war ein echter Held des 13. Jahrhunderts: ein furchtloser Krieger, bedingungslos loyal gegenüber seinem Fürsten, gefürchtet bei seinen Untertanen, aber noch mehr bei seinen Feinden. Nun gut, die zeitgenössischen historischen Quellen sind dürftig, das meiste wurde post mortem verfasst, denn es war sein Sohn, der Ertuğrul weit über seinen Clan hinaus bekannt gemacht hat: Osman, der Gründer der osmanischen Dynastie, die das größte islamische Reich der Weltgeschichte schaffen sollte.

Dennoch ist das, was über Ertuğrul bekannt ist, nicht nur Legende. Er entstammt einem Clan der zentralasiatischen Turkmenen, der unter dem Druck der Mongolen nach Anatolien in das Herrschaftsgebiet der Seldschuken wanderte. Im Grenzgebiet zum byzantinischen Reich ließ er sich nieder und verbreitete mit Überfällen auf die nichtmuslimische Zivilbevölkerung Angst und Schrecken.

Als der damalige byzantinische Kaiser Laskaris Truppen zur Sicherung der Grenze entsandte, wurden die Byzantiner vernichtend geschlagen, was maßgeblich auch Ertuğrul zuzuschreiben war. Aus Dankbarkeit schenkte ihm der Sultan erhebliche Ländereien. Wie zumeist bei Warlords machten die Siege Lust auf mehr, und sie führten ihm neue Verbündete zu. Tatsächlich wurde Ertuğrul nach dem Sieg über Kaiser Laskaris Truppen einer der erfolgreichsten Kriegsherren des Sultans.

Hätte Ertuğrul seine Raubzüge für die spanische Krone oder andere europäische Kolonialmächte getätigt, stünde es heute schlecht um seine Reputation. In der Debatte über Kolonialisierung, Sklaverei und Rassismus wäre auch manches Ertuğrul-Standbild gefallen. Doch Ertuğruls Nachfahren wollen von alldem nichts wissen; im Gegenteil, der brutale mittelalterliche Warlord ist Pate einer der erfolgreichsten türkischen Fernsehserien, ,,Diriliş: Ertuğrul", häufig als ,,islamisches Game of Thrones" bezeichnet.

Die Serie – auf Deutsch ,,Ertuğruls Auferstehung" – bringt alles, was Legendenbildung ausmacht: Spannung, Kampf, schöne Frauen, die beschützt werden müssen – und bedient ein simples schwarz-weißes Weltbild: Hier die frühen Türken, die Rechtgläubigen, die Ehrenvollen, die Tapferen, kurz die Guten. Dort die Feinde, die ungläubigen Mongolen, die blutrünstigen Christen – Lieblingsfeindbild die Tempelritter – kurz: die Bösen.

Wer den Kampf zwischen Gut und Böse gewinnt, weiß man aus den Hollywoodwestern mit John Wayne. Das Skript von ,,Diriliş: Ertuğrul" unterscheidet sich in nichts davon; außer dass John Wayne wegen seiner rassistischen Äußerungen über die indigene Bevölkerung inzwischen entzaubert ist. Ganz anders ,,Diriliş: Ertuğrul".

Das Heldenepos über die türkische Frühgeschichte ist zu einem Verkaufsschlager in weiten Teilen der islamischen Welt geworden, auch in solchen, die ethnisch und kulturell nichts mit der Türkei zu tun haben, wie Malaysia oder Pakistan. Dort ist das Bekenntnis zur ,,Diriliş: Ertuğrul" inzwischen ein Politikum, denn sogar die Staatschefs werben dafür. Die seit 2014 produzierte Serie wurde in 65 Staaten verkauft.

Pakistans Ministerpräsident Imran Khan, der den Anspruch erhebt, einen idealen Muslimstaat nach dem Vorbild von Mohammeds erster Gemeinschaft in Medina zu errichten, ist der Überzeugung, die Serie trage dazu bei, die Bedeutung der islamischen Zivilisation zu verstehen. Zudem werde damit ,,der weltweiten Islamophobie entgegengetreten". Das bezweifeln Kritiker auch in der islamischen Welt. Der politische Aktivist Pervez Hoodbhoy hält dagegen:

,,Wenn die Serie den Islam als friedliebende Religion darstellen und Islamophobie bekämpfen will, dann erreicht sie angesichts der weit verbreiteten Gewaltdarstellungen genau das Gegenteil". Die populäre Glorifizierung der türkisch-islamischen Frühgeschichte zu einem Zeitpunkt, da anderswo auf der Welt fragwürdige Helden von den Sockeln geholt werden, passt zu einem Verständnis von ,,Antirassismus", das nur auf andere gerichtet ist, ohne die eigenen Schattenseiten wahrzunehmen. Das treibt in der Türkei extreme Blüten.

Als Mesut Özil wegen seiner demonstrativen Nähe zu Staatspräsident Erdoğan im Umfeld der letzten Fußball-WM kritisiert wurde, initiierten türkische Sportverbände imposante Kampagnen gegen Rassismus. Sport spielt in der türkischen Gesellschaft eine wichtige Rolle, Erdoğan selbst gilt als großer Fan. Um internationale Erfolge zu feiern, hat die Türkei LäuferInnen aus Kenia und Äthiopien mit finanziellen Verlockungen eingebürgert.

Sie haben zahlreiche Medaillen bei Europameisterschaften erlaufen – nicht ohne zuvor turkisiert worden zu sein. So wurde aus der zweifachen Goldmedaillengewinnerin von 2016, Vivian Jemutai,Yasemin Can; aus Kiprotich Mukche wurde Ali Kaya, aus Kipruto Kigen wurde Kaan Özbilen. Man stelle sich den ,,antirassistischen Aufschrei" vor, wenn Mesut Özil als Meinrad Oswald in der deutschen Fußballnationalmannschaft hätte auflaufen müssen.

Die Liste viel schwerwiegenderer Beispiele, die eine erschreckende Einseitigkeit im Kampf gegen Rassismus, Kolonialismus, Gewalt und ­Sklaverei zeigen, ist lang:

Der Völkermord an den Armeniern und Assyrern/Aramäern; die brutale Praxis des Kinderraubs aus christlichen Familien, die zur osmanischen Elitetruppe der Janitscharen gedrillt wurden; der über Jahrhunderte weltweit größte Sklavenmarkt im nordafrikanischen Tunis; oder die arabischen Sklavenjäger, die zu Beginn der Sklaverei in Nordamerika Zehntausende Männer, Frauen und Kinder an Sklavenhändler verkauften, geraten dabei aus dem Blick.

Wenn dann noch Vertreter islamischer Staaten oder ­Organisationen den Opferstatus beanspruchen, wird die Kampagne heuchlerisch. Nicht nur die christ­liche Tradition hat ihre Leichenberge und ihre ­falschen Helden; auch die islamische. Es gibt keinen Grund, das zu tabuisieren oder gar zu heroisieren.


Aus: "Türkische Netflix-Serie ,,Diriliş: Ertuğrul": Falsche Helden" Kommentar von Klemens Ludwig (13.8.2020)
Quelle: https://taz.de/Tuerkische-Netflix-Serie-Dirili-Erturul/!5702236/ (https://taz.de/Tuerkische-Netflix-Serie-Dirili-Erturul/!5702236/)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 19, 2020, 03:29:27 PM
" ... Im heutigen französischen Verständnis ist Laizismus zu einem politischen Ideal geworden, das die Grundsätze der Neutralität des Staates gegenüber den Religionen, deren Gleichbehandlung sowie die Glaubensfreiheit zum Ziel hat. Laizismus ist ein Verfassungsprinzip. Religion ist ausschließlich Privatangelegenheit, woraus folgt, dass Religion nicht nur keine staatliche, sondern auch keine öffentliche Funktion hat. ..." (26. Februar 2020)
https://de.wikipedia.org/wiki/Laizismus (https://de.wikipedia.org/wiki/Laizismus)

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" ... Multikulturalismus (zumeist abwertend auch Multi-Kulti oder Multikulti) ist der Oberbegriff für eine Reihe sozialphilosophischer Theorieansätze mit Handlungsimplikationen für die Gesellschaftspolitik eines Staates. ... Ziel des Multikulturalismus ist die multikulturelle Gesellschaft, in der es keinen staatlichen oder auch nichtstaatlichen Anreiz oder ,,Druck" zur Assimilation geben soll. Die ethnischen und kulturellen Gruppen sollen hingegen einzeln existieren. Dabei beruht dieses Modell auf dem Postulat, dass die (Angehörigen der) jeweiligen Ethnien sich gegenseitig Verständnis, Respekt, Toleranz entgegenbringen und einander als gleichberechtigt ansehen können. Kanada wird des öfteren als positives Beispiel für die Umsetzung des Multikulturalismus angeführt. ... "
https://de.wikipedia.org/wiki/Multikulturalismus (https://de.wikipedia.org/wiki/Multikulturalismus) (7. Juli 2020)

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Quote[...] Multikulturalismus ist ein trügerisches Wort, weil es viel weitreichendere Implikationen hat, als man auf den ersten Blick vermutet. Wenn wir an Multikulturalismus denken, denken wir meistens an die bunte Begegnung zwischen vielfältigen Traditionen, Bräuchen, Speisen, Kleidung, Musik usw. Aber der Multikulturalismus hat auch politische Konsequenzen und kann aus der Pluralität der Traditionen zu einer Pluralität der Rechte führen, was problematisch ist.

Nach dem Multikulturalismus sollten die verschiedenen Kulturen so, wie sie sind, akzeptiert werden und dürfen nicht infrage gestellt werden. Das Problem dabei ist, dass die Kulturen keine unveränderlichen und beschlossenen Objekte sind, sondern vielmehr soziale Prozesse, die ständig in Bewegung sind und die letztendlich vom Austausch einzelner Menschen leben – jeder mit seinen eigenen Erfahrungen, Gedanken, politischen und ethischen Überzeugungen, die nicht völlig von der Herkunft oder der religiösen Zugehörigkeit bestimmt sind.

Die Falle des Multikulturalismus ist die, dass man vor lauter Respekt vor den Kulturen Gefahr läuft, die Verletzungen der Menschenrechte der einzelnen Individuen zu übersehen oder sogar zu fördern.

Im Jahr 1972 hat eine Amish-Familie in den USA gefordert, dass ihre Kinder von der Schulpflicht befreit werden, weil nach ihren eigenen religiösen Überzeugungen die Grundschule für die Kinder ausreichte und weiter in die Schule zu gehen, ihre Erlösung gefährdet hätte. Der oberste Gerichtshof der USA hat diese Anfrage angenommen, weil sie auf religiösen Gründen basiert.

Ein solches Sonderrecht den Amish anzuerkennen bringt die Verletzung des Rechts der Kinder auf Bildung mit sich und stellt eine Diskriminierung im Vergleich zu den anderen Kindern dar. Eine Verletzung mit großen Folgen: Da die Amish-Kinder keine Möglichkeit hatten, weiter in die Schule zu gehen, hatten sie auch keine Freiheit, ihr Leben selbstbestimmt zu führen.

Um Menschenrechte immer und überall zu schützen, brauchen wir eine strenge Laizität, die die Menschenrechte in den Mittelpunkt stellt und ihnen alles andere unterordnet. Überall wo Religionen eine große Rolle im öffentlichen Leben spielen, werden Menschenrechte (und insbesondere Frauenrechte) verletzt. Wir brauchen nicht weit umherzuschauen, um das zu beweisen: In Polen will die Regierung, die tief von der katholische Kirche beeinflusst ist, aus der Istanbul-Konvention gegen Gewalt gegen Frauen austreten.

Aber was heißt Laizität? Laizität ist das politische Prinzip, das sich ausgehend vom historischen Prozess der Trennung von Kirche und Staat durchgesetzt hat und das heute noch einen Schritt weitergehen muss. Bisher stellte sich das Problem nämlich rein als eine Frage der Macht dar (der Staat gegen eine Kirche, die säkulare Ambitionen hatte) – ein Problem, das man durch die Aufteilung der Machtbereiche lösen konnte, indem man dem Kaiser gab, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist.

Heutzutage reicht das nicht mehr und der ,,Kaiser" muss einerseits dafür sorgen, dass ,,Gott" nicht gegen die Grundprinzipien des demokratischen Staates verstößt, angefangen bei den Grundrechten des Einzelnen; und andererseits muss der ,,Kaiser" die kulturellen, wirtschaftlichen, sozialen und materiellen Voraussetzungen dafür schaffen, dass die ­einzelnen Bürger tatsächlich in die Lage versetzt werden, ihre eigenes Leben selbst zu bestimmen.

Seit rund 20 Jahren umgibt uns ein Narrativ, das uns in ein ,,wir" und ein ,,die anderen" aufteilen will und uns in einen fatalen ,,Konflikt der Kulturen" zwingt. In Wahrheit gibt es aber keinen Kulturenkonflikt, was es allerdings tatsächlich gibt, ist ein ganz und gar politischer Konflikt, der jeder Kultur der Welt inhärent ist: ein Konflikt zwischen reaktionären und fundamentalistischen Kräften auf der einen Seite und progressiven Kräften und Verfechtern der Menschenrechte auf der anderen. Ganz oft, und oft ohne Absicht, rutschen die Multikulturalisten auf die Seite der Reaktionäre.

Das Folgende ist der Bericht einer Mutter, deren Tochter, eine muslimische in Großbritannien lebende Frau, sich zivilrechtlich von ihrem Mann hatte scheiden lassen: ,,Mein Exschwiegersohn tauchte in unserer örtlichen Moschee auf und verkündete den Betenden, dass ich eine ,unmoralische Frau' sei und meine Töchter zwinge, sich zu prostituieren. Er bat die Ältesten, ihm zu helfen, sich seine Frau und die gemeinsamen Kinder zurückzuholen, um ihre Seelen zu retten. Die Moschee (in East London) schickte eine Delegation zu mir nach Hause. Fünf Männer tauchten an meiner Haustür auf. Sie sagten mir, ich müsse meine Tochter zwingen, zu ihrem Mann zurückzukehren. Ich sagte ihnen, dass Lubna sich hatte scheiden lassen, doch sie antworteten, die englische Scheidung sei nichts wert und gelte nicht vor dem islamischen Gesetz."

Deswegen musste am Ende diese Frau vor ein ,,Scharia-Gericht" gehen, um eine muslimische Ehescheidung zu bekommen und endlich in Ruhe gelassen zu werden.

Ein Bericht der britischen Regierung schätzt, dass in Großbritannien Dutzende solcher Scharia-Gerichte aktiv sind, die über die Ehescheidungen entscheiden. Das Problem betrifft nur Frauen, weil Männer, laut der Scharia, über das Recht der Verstoßung verfügen, den sogenannten Talāq. Der Bericht wurde heftig kritisiert, weil er diese Gerichte nicht als illegal erklärt. Die Begründung dafür lautet ,,die Scharia-Räte decken in manchen muslimischen Gemeinschaften einen Bedarf ab. Es besteht ein Bedarf an religiöser Scheidung, dem aktuell die Scharia-Räte entgegenkommen."

Ich frage mich: Wessen Bedürfnissen kommen diese Gerichte entgegen? Denen der Frau, die einfach in Ruhe ihr Leben führen möchte, oder denen der Männer der Community, die die Freiheit der Frau nicht akzeptieren?

Wenn wir in dieser Geschichte das religiöse Element entfernen, wären wir mit einem klassischen Fall von Stalking konfrontiert und hätten keine Zweifel, auf welche Seite wir uns stellen sollen. Wenn wir aber wieder das religiöse Element einfügen, scheint es plötzlich nicht mehr ein Fall von Stalking, sondern eine religiöse und kulturelle Frage zu sein, die mit Samthandschuhen und gebührendem ,,Respekt" behandelt werden muss.

Die Rhetorik vom ,,Respekt vor den Kulturen" ist für die Menschenrechte brandgefährlich. Das lässt sich mit der Geschichte von Rita Atria ­illustrieren, die wie ich aus Sizilien stammt. Rita war die Tochter eines Mafiosos, der, als sie elf Jahre alt war, getötet wurde. Nach dem Tod des Vaters nahm Ritas älterer Bruder seinen Platz in der mafiösen Organisation ein. Im Juni 1991 wurde auch der Bruder getötet. Die erst 17-jährige Rita ­beschloss, mit der Polizei zusammenzuarbeiten, und wandte sich an den Richter Paolo Borsellino.

Rita wurde sofort ins Schutzprogramm aufgenommen: Neue Identität, geheimer Wohnort. Im Juli 1992 wurde der Richter Borsellino in der sogenannten Strage di Via d'Amelio in Palermo ermordet. Rita ertrug die Situation nicht länger und stürzte sich eine Woche danach aus dem siebten Stock der Wohnung in Rom, in der sie unter Polizeischutz lebte.

Ritas Familie hat sie immer verleugnet, ihre Mutter ist nicht zu ihrer Beerdigung gegangen, und sie hat sogar den Grabstein ihrer eigenen Tochter mit Hammerschlägen zerstört.

Warum? Weil Rita die Familie ,,verraten" hatte, weil sie der Gemeinschaft ,,den Respekt verweigert" hatte. Aber welchen Respekt war Rita ihrer Kultur schuldig? Sie entstammte dieser Kultur, dennoch besaß sie den Mut, ihre eigene Kultur infrage zu stellen, ihr im Namen der Gerechtigkeit und der Freiheit ,,den Respekt zu verweigern", wofür sie einen sehr hohen Preis zahlen musste.

Ritas Geschichte ist die Geschichte all jener, die in jedem Winkel dieses Planeten, in jedem kulturellen Kontext patriarchalische und autoritäre Muster infrage stellen und die beschuldigt werden, den Traditionen, der Kultur und der Gemeinschaft den Respekt zu verweigern, beschuldigt von denen, die den Status quo aufrechterhalten wollen.


Aus: "Debatte um Identitäten und Multikulti: Die gewollte Spaltung" Cinzia Sciuto (19. 8. 2020)
Quelle: https://taz.de/Debatte-um-Identitaeten-und-Multikulti/!5702485/ (https://taz.de/Debatte-um-Identitaeten-und-Multikulti/!5702485/)

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Quote[...] Die Gesellschaften Europas, in denen wir heute ­leben, werden zunehmend komplex. Ethnische, religiöse und kulturelle Konflikte durchziehen sie und machen eine Suche nach neuen Entwürfen des Zusammenlebens erforderlich. Will eine Gesellschaft kulturelle Vielfalt und Persönlichkeitsrechte unter ­einen Hut bringen, das zeigt Cinzia Sciuto in ihrem Buch, muss sie zwischen Staat und Religion unterscheiden. Sie muss laizistisch sein. Laizität ermöglicht den diversen Spielarten von Religionen und Weltsichten erst, in einer pluralistischen Gesellschaft nebeneinander zu existieren. Sie garantiert auf der einen Seite die Religionsfreiheit, gleichzeitig legt sie jedoch Prinzipien fest, von denen nicht abgewichen werden darf, auch nicht im Namen irgend­einer Gottheit. Laizität ist die vorpolitische Voraus­setzung für ein ziviles Zusammenleben in einer komplexen Gesellschaft, in dem die Freiheiten und Menschenrechte von allen respektiert werden.
Dieser politische Essay in der Art wie die von Carolin Emcke oder Hamed Abdel-Samad zeigt die problematische Kehrseite des Multikulturalismus. Wo Anerkennung und Respekt für die Identitäten der diversen ethnischen, religiösen und kulturellen Bestandteile einer Gesellschaft eingefordert werden, läuft man Gefahr zu vergessen, dass jeder Einzelne Träger seiner subjektiven Rechte ist und keine Gruppenzugehörigkeit diese ihm streitig machen kann. Cinzia Sciuto stellt die Prioritäten wieder auf die Füße: Das Individuum ist Träger von Identitäten und Zugehörigkeiten, anstatt dass es von seiner Zugehörigkeit definiert wird.



Laizität und Menschenrechte in einer vielfältigen Gesellschaft
Originaltitel: Non c'è fede che tenga
Übersetzung: Johannes von Vacano
Rotpunktverlag, 08/2020
Einband: Gebunden
Sprache: Deutsch
ISBN-13: 9783858698865
Umfang: 180 Seiten



Aus: "Buch  - Cinzia Sciuto: Die Fallen des Multikulturalismus" (2020)
Quelle: https://www.jpc.de/jpcng/books/detail/-/art/cinzia-sciuto-die-fallen-des-multikulturalismus/hnum/9870542 (https://www.jpc.de/jpcng/books/detail/-/art/cinzia-sciuto-die-fallen-des-multikulturalismus/hnum/9870542)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 27, 2020, 03:29:44 PM
Quote[...] In großangelegten Werbekampagnen von Handel und Industrie sind sexistische Motive immer weniger zu finden. Dagegen werben Handwerksfirmen und kleinere Dienstleistungsunternehmen immer aggressiver mit geschlechtsdiskriminierenden Bildern und Slogans. ,,Werf' deine Alte raus", heißt es bei einem Sanitärunternehmen, das eine halbnackte Blondine in der neuen Badewanne zeigt. Ein anderes Beispiel: Eine Frau mit gespreizten Beinen auf dem Auto einer Rohrreinigungsfirma mit dem Werbespruch: ,,Wir kommen überall durch".

Rund 5000 solcher Beispiele hat die Frauenrechtsorganisation Pinkstinks im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend über zwei Jahre hinweg gesammelt und bewertet. Das ,,Monitoring sexistischer Werbung" hat die Hamburger Organisation im September 2019 vorgelegt. Doch fast ein Jahr danach habe Pinkstinks keinerlei Reaktion erhalten von Seiten des Ministeriums.

,,Das sind 400.000 Euro, die uns gegeben wurden für zwei Jahre, um die Studie zu machen", erklärt Stevie Schmiedel, Geschäftsführerin von Pinkstinks. "Und jetzt interessiert sie niemanden. Wir haben überhaupt keine Rückmeldung von den PolitikerInnen bekommen, die letztendlich die Studie beauftragt haben. Das ist eigentlich nicht fair, den SteuerzahlerInnen gegenüber", beklagt sie.

Auch die Wirtschaftsjuristin Susanne Engelsing, Professorin an der Hochschule Konstanz, bedauert, ,,gegen frauenfeindliche Werbung wird zu wenig getan". Sie fordert schärfere Gesetze, weil die Selbstkontrolle der Werbewirtschaft durch den Deutschen Werberat leider nicht funktioniere. ,,Der Deutsche Werberat ist selbst Partei und hat die alleinige Deutungshoheit über das, was menschenverachtende Werbung ist", so Engelsing. "Man darf es aber nicht in den Händen der Werbewirtschaft lassen, sondern es müssen Gerichte eingeschaltet werden können."

...


Aus: "Sexistische Werbung: Nackte Haut für den Profit" (Frontal 21 vom 11. August 2020)
Quelle: https://www.zdf.de/politik/frontal-21/sexistische-werbung-100.html (https://www.zdf.de/politik/frontal-21/sexistische-werbung-100.html)

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Quote[...] Die Moral hat es dieser Tage nicht leicht. Sie ist zum Ismus verkommen und damit zum Schimpfwort. Ganz neu ist die Debatte nicht, doch im Zuge der Migrationshysterie wurde aus dem augenzwinkernden ,,Moralin" der spaßbefreite ,,Moralismus". Die rechte Publizistik hyperventiliert sogar von einer ,,Moralismus-Diktatur" – und rückt so Moral sprachlich in die Nähe von NS-Regime oder DDR. Aber Moral, war das nicht eigentlich mal was Gutes?

,,Moral ist im Prinzip erst mal etwas Gutes. Also Moral brauchen wir ja auch, um den Gang der Gesellschaft irgendwie zu ordnen. Aber sobald Moral sich selbstständig macht, dann wird es eben schnell zum Moralisieren."

Die finnisch-deutsche Schriftstellerin Beile Ratut sprach sich deshalb im Deutschlandfunk für einen kritischen Blick auf moralische Belehrungen aus. Der Philosoph Alexander Grau diagnostizierte ebenfalls im Deutschlandfunk einen ,,Moralismus mit totalitären Zügen". Der verlangt dann auch nach einem neuen Superlativ, beziehungsweise Hyperlativ: dem Hypermoralismus.

,,Der Hypermoralismus ist ja nicht politisch neutral, sondern wir kennen ihn vor allem eigentlich aus dem linken oder linksliberalen Lager. Er ist der Versuch, die Gesellschaft anhand linker Ordnungsvorstellungen und eines weitestgehend links konnotierten Menschenbildes auszurichten und hat seine Wurzeln in der 68er-Bewegung und in der kulturellen Hegemonie, die in einigen Teilen der Gesellschaft zumindest dieser Linksliberalismus inzwischen erlangt hat."

Die viel gescholtenen ,,alten weißen Männer" scheinen besonders stark unter der vermeintlichen linken Moraldiktatur zu leiden: Broder, Hahne, Tichy und so weiter haben dem Moralismus den Kampf angesagt (Der Vorwurf des ,,links-grünen Moralismus").  ...


Aus: "Moralismus-Debatte: Hype um die Hypermoral" Christian Röther (10.08.2018)
Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/moralismus-debatte-hype-um-die-hypermoral.886.de.html?dram:article_id=422221 (https://www.deutschlandfunk.de/moralismus-debatte-hype-um-die-hypermoral.886.de.html?dram:article_id=422221)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 29, 2020, 01:17:06 PM
Quote[...] Kein geringerer als John Wayne soll über Fred Zinnemanns klassischen Western ,,High Noon" (1952) geäussert haben, das Ende dieses Films sei ,,unamerikanisch". Tatsächlich setzte Zinnemann – zudem in einer Zeit, in der ein gewisser McCarthy einen Ausschuss zur Bekämpfung ,,unamerikanischer Umtriebe" führte, mit dem auch Drehbuchautor Carl Foreman, Kameramann Floyd Crosby und Lloyd Bridges konfrontiert wurden – mit ,,High Noon" neue Massstäbe dieses uramerikanischen Genres Western. Die insgesamt düstere Stimmung des Films, die Bitterkeit eines Marshalls (Gary Cooper), der gerade geheiratet hatte (Grace Kelly), über die Feigheit der Menschen in seiner Stadt, die ihm viel zu verdanken haben und in dem Moment zurückweichen, als er Hilfe braucht, um Gangster zu bekämpfen, die sich an ihm rächen wollen – all das konterkarierte das Genre mit den eigenen Mitteln. Da gab es nicht den stilisierten Helden, der glorreich seine amerikanische Stadt zu Ruhm und Ehre führt.

So nimmt es nicht Wunder, dass ,,High Noon" in manchen amerikanischen Reviews als Prototyp des ,,linken", des liberalen Amerika charakterisiert wurde, während Howard Hawks ,,Rio Bravo" sozusagen als Gegenschlag der ,,Rechten", der Konservativen eingeschätzt wird. Hawks selbst wollte einen starken, männlich-heldenhaft geprägten, vor Selbstvertrauen strotzenden Film drehen, in dem die nach seiner Sicht uramerikanischen Werte wieder zum Ausdruck kommen. John Wayne, mit dem Hawks bereits in ,,Red River" elf Jahre zuvor zusammengearbeitet hatte, war nicht nur in dieser Hinsicht der geeignete Schauspieler, um Hawks Anliegen zu realisieren. Mit Dean Martin, dem Sänger Ricky Nelson, Angie Dickinson und Walter Brennan ergänzte er die Crew um Schauspieler, die hervorragend miteinander harmonieren.

Sheriff John Chance (John Wayne) verhaftet Joe Burdette (Claude Akins) wegen Mordes an einem Mann im Saloon der kleinen Stadt Rio Bravo. Chance ist sich darüber im klaren, welche Folgen diese Verhaftung hat. Denn Joes Bruder Nathan (John Russell) wird nicht eher ruhen, bis er seinen Bruder aus dem Gefängnis befreit hat. Sechs Tage muss Chance warten, bis der zuständige Marshall Burdette unter seine Fittiche nimmt und dem Richter vorführt. Chance lehnt die Hilfe der Einwohner von Rio Bravo ab; er will nicht, dass irgendein friedliebender Bürger Opfer Nathan Burdettes und seiner Bande wird. Ihm zur Seite stehen lediglich der alte Stumpy (Walter Brennan), der auf einem Bein humpelt, und der Ex-Hilfssheriff Dude (Dean Martin), der dem Whisky verfallen ist, weil er vor Jahren einer Frau gefolgt war, die er liebte, die ihn aber nicht liebte.

Dude hat kein Geld, wartet darauf, dass irgend jemand ihm einen Dollar spendiert, um an ein Glas Whisky zu kommen. Andererseits kämpft er innerlich gegen das Teufelszeug. Dude und Stumpy sind die einzigen, die Chance als Helfer gegen die Burdettes akzeptiert – bis der junge Colorado Ryan (Ricky Nelson) erscheint, der nicht nur mit dem Revolver gut umzugehen weiss, sondern hell im Kopf ist. Doch Colorado, der für den Händler Pat Wheeler (Ward Bond) arbeitet und den Chance als Hilfssheriff akzeptieren würde, will sich jedenfalls zunächst aus der Sache heraushalten.

Zu allem Überfluss erscheint in Rio Bravo dann auch noch die schöne Feathers (Angie Dickinson), von der Chance zunächst annimmt, sie seine eine Falschspielerin, die steckbrieflich gesucht wird. Tatsächlich pokert Feathers besser als so mancher Mann. Eigentlich ist Rio Bravo für sie nur eine von vielen Durchgangsstationen. Doch der selbstbewusste Sheriff lässt Feathers länger bleiben als geplant. Sie verliebt sich in Chance.

Als Nathan Burdettes Leute, die wissen, dass sie Joe nicht direkt aus dem Gefängnis befreien können, beginnen, aus dem Hinterhalt auf Chance und Dude zu schiessen und dabei Wheeler ermorden, ist es Dude, der den Mörder im Saloon dingfest machen kann. Das gibt ihm Auftrieb. Und obwohl Chance niemanden aus Rio Bravo in die Auseinandersetzung mit der Burdette-Bande hineinziehen will, helfen ihm fast alle: Colorado, Feathers – und sogar der Besitzer des Alamo-Hotels Pedro (Carlos Robante) und seine Frau Consuela (Estelita Rodriguez) ...

Obwohl John Wayne in seiner gewohnten Art und Weise als selbstbewusster Held mit Durchblick, der nie die Ruhe verliert, erneut eine Paraderolle spielt, eine Rolle, die auf ihn zugeschnitten ist, sind es vor allem Walter Brennan als ewig quengelnder alter Haudegen Stumpy und Dean Martin als Mann, der versucht, dem Geist der Flasche zu entkommen, die zum Humor und zur Dramatik des Films beitragen. Angie Dickinson als intelligente, liebende Frau und der junge Ricky Nelson als zurückhaltender, schlauer Fuchs tragen zu einer exzellenten Besetzung bei, die kaum etwas zu wünschen übrig lässt.

Im Gegensatz zu anderen Beispielen des Genres erstaunt, dass Hawks weitgehend auf eine allzu pathetische Inszenierung des Heldentums verzichtet. Die Handlung verläuft eher in ruhigen Bahnen und Hawks setzt vor allem auf eine detaillierte Beschreibung seiner Hauptfiguren. Tatsächlich kann man in ,,Rio Bravo" eine Art Gegenstück zu Zinnemanns ,,High Noon" sehen. Während dort Gary Coopers Marshall verzweifelt nach Hilfe in der Bevölkerung sucht, um die Verbrecher zu bekämpfen, lehnt Sheriff Chance es kategorisch ab, dass sich ausser Stumpy und Dude irgend jemand der Gefahr im Kampf gegen Burdette aussetzt. Während die Leute in ,,High Noon" aus Feigheit Marshall Kane alleine lassen, reissen sich in ,,Rio Bravo" die Leute geradezu darum, Chance zu unterstützen.

Während ,,High Noon" dem amerikanischen Publikum den Spiegel vorhält und – man kann schon sagen: fast gnadenlos – die Feigheit vor Heldentum und Zusammenhalt ,,siegen" lässt (auch wenn Coopers Marshall am Schluss die Verbrecher besiegt), feiert Hawks alles, was den american dream ausmacht: einen ausgeprägten Individualismus ebenso wie den Zusammenhalt der ,,Sippe". In ,,Rio Bravo" ,,entsteht" Familie. Nicht nur, dass Chance und Feathers ein Paar werden. Die Gefahrensituation schweisst die örtliche Gemeinschaft zusammen. Dude führen Risiko und Bedrohung durch Burdette zur Abkehr vom Alkohol. In Colorado gewinnt der Ort einen neuen Freund. Chance beweist sich als geeigneter Sheriff. Und selbst die Mexikaner Carlos und Consuela tragen ihren Part dazu bei, um die Gemeinschaft auf höherer Stufe zusammenzuschweissen. Aus der heimatlosen Feathers, die einem Spieler zum Opfer gefallen war, wird eine liebende Ehefrau (in ,,High Noon" wirft Marshall Kane am Schluss seinen Stern auf den Boden und verlässt mit seiner jungen Frau die Stadt).

Trotz dieser mehr als eindeutigen Feier des Heldentums wirkt ,,Rio Bravo" jedoch nicht übertrieben oder unglaubwürdig. Hawks, ein Erfahrener auf dem Gebiet des Westerns (mit John Wayne in der Hauptrolle u.a. ,,Rio Lobo", 1970; ,,El Dorado", 1967; ,,Red River", 1948 – um nur einige zu nennen), hütet sich davor, dem Pathos Tür und Tor zu öffnen. Seine Figuren ,,bleiben auf dem Teppich", und gerade die Konzentration auf Charaktere und ihre Beziehungen zueinander machen ,,Rio Bravo" zu einem der spannendsten Western aller Zeiten.


Aus: "Rio Bravo Kontra ,,High Noon" ?!" Ulrich Behrens (26. August 2020)
Quelle: https://www.untergrund-blättle.ch/kultur/film/rio-bravo-1388.html (https://www.xn--untergrund-blttle-2qb.ch/kultur/film/rio-bravo-1388.html)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 03, 2020, 10:14:07 AM
Quote[...] Udo Wachtveitl und sein Schauspielerkollege Miroslav Nemec hatten als das Münchner Duo Batic und Leitmayr die meisten Einsätze in der Geschichte des ,,Tatorts".

Im Gespräch mit der ,,Zeit" zieht Wachtveitl nun eine durchaus kritische Bilanz der Krimireihe. Ihm sei der ,,Tatort" moralisch zu erwartbar geworden, so der 61-Jährige. Der Unterprivilegierte sei in der Krimiserie mit öder Regelmäßigkeit der bessere Mensch, wird der Darsteller von Kommissar Franz Leitmayr in der Wochenzeitung zitiert.

,,Neulich hat mich ein Freund gefragt: Wie viele moralisch gute Charaktere gibt es eigentlich im ,Tatort', die reich waren? Gute Frage", sagte er demnach.

Wachtveitl vermutet, dass das eine Generationenfrage sei: ,,Ich glaube, da ist ein bisschen 1968er-Kitsch dabei. Diese Leute sind jetzt alle in den Redaktionen in den entsprechenden Positionen. Bei denen darf der hart arbeitende Ausländer unter den drei Verdächtigen sicher nicht der Täter sein."

Auch Regisseur und Drehbuchautor Dominik Graf würde sich wünschen, dass der ,,Tatort" weniger erwartbar wäre und seine Zuschauer auch mal überfordern würde.

...


Aus: "Schauspieler: Wachtveitl kritisiert zu viel ,,68er-Kitsch" im ,,Tatort"" (12.08.2020)
Quelle: https://www.welt.de/kultur/article213375856/Udo-Wachtveitl-sieht-zu-viel-68er-Kitsch-im-Tatort.html (https://www.welt.de/kultur/article213375856/Udo-Wachtveitl-sieht-zu-viel-68er-Kitsch-im-Tatort.html)

QuoteOrthograf

Es sind ja nicht nur die Alt-68er in den Redaktionen. Nachgerückt ist eine junge Journalisten-Generation, deren Angehörige scheinbar ganz offen Aktivismus als elementaren Bestandteil ihres Berufs sehen. Der Leser, Zuschauer, Hörer muss offenbar von der "richtigen" Meinung überzeugt werden. ...


QuoteDirk A.

Deutschland produziert nun auch in Sachen Film und Fernsehen nur noch hypermoralisierten Müll. ...


QuoteGunter P.

Nicht nur manchmal zu viel 68er Kitsch.
Insgesamt (!) sind die Filme zu "pädagogisch" und damit langweilig.
Genau das braucht ein guter Kriminalfilm nicht:
Langeweile und Belehrungen.

Dabei gibt es genügend wirklich hervorragende und inspirierende Vorbilder: Französische Kriminalfilme der 60er oder frühen 70er Jahre.
Amerikanische Kriminalfilme der "goldenen Ära" bis etwa 1980.
Nur Mut!


QuoteKarl W.

Beim letzten Tatort, den ich vollständig geschaut habe, hieß der Kommissar noch Schimanski. ...

Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 03, 2020, 11:17:20 AM
Quote[...] Aufbauschen, skandalisieren, beschimpfen: Unsere Gesprächskultur verkommt immer öfter zu strategischer Kommunikation. Das funktioniert, indem gezieltes Falschverstehen zur Taktik wird ...

Kein kommunikativer Trend ist so auffällig wie der sich in den sozialen Medien, in Talkshows und auf Demos austobende Hang zur rechthaberischen Fehlinterpretation. Zum Einsatz kommen dabei vor allem drei rhetorische Kampftechniken.

Die erste ist die Strategie der Nicht-Interpretation: Man weigert sich, ,,zwischen den Zeilen" zu lesen, nimmt jedes Wort für bare Münze. Damit geht jegliche Doppelbödigkeit des Gesprächs verloren, auch alles Hintergründige und vor allem jede Ironie.

... Die zweite Taktik ist die gezielte Falschinterpretation.

... Die dritte Technik ist die Überinterpretation. Was sonst nur Karikaturen können, ist auf Twitter Modus Vivendi: Wer die Absage einer Hygiene-Demo begrüßt, ist Anhängerin der Merkel-Diktatur, wer auf die Demonstrationsfreiheit pocht, ist ein ,,Covidiot". Und wer Kant gegen den Vorwurf des Rassismus verteidigt, verteidigt zugleich auch den Rassismus ...

Traurig ist, dass die Tugend hermeneutischen Wohlwollens dem Laster des hermeneutischen Generalverdachts weicht: Man ist sich stets sicher, und zwar rechts wie links, dass das Gegenüber ein viel schlechterer Mensch ist, als das aus seinen manifesten Äußerungen hervorgeht. Deshalb will man ihn nicht mehr verstehen. ... Verweigertes Verstehen macht freudlos und verbissen.  ...


Aus: "Verrohte Gesprächskultur: Der Wille zum Missverständnis" Arnd Pollmann (30.08.2020)
Quelle: https://www.deutschlandfunkkultur.de/verrohte-gespraechskultur-der-wille-zum-missverstaendnis.2162.de.html?dram:article_id=483182 (https://www.deutschlandfunkkultur.de/verrohte-gespraechskultur-der-wille-zum-missverstaendnis.2162.de.html?dram:article_id=483182)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 15, 2020, 02:00:22 PM
Quote[...] Vor 50 Jahren Auf dem Laufsteg wird er als Lieblingskind der Mode gefeiert, Boutiquen und gutbürgerliche Bekleidungshäuser räumen ihm bereitwillig Platz in der Vitrine ein. Und auch im modischen Straßenbild bedeutet er längst eine Selbstverständlichkeit. Im Büro, am Arbeitsplatz aber ist der Hosenanzug als ,,korrekte Kleidung" noch umstritten, um nicht zu sagen, verpönt. Während Miniröcke den durchaus wohlwollenden Blick vieler Chefs ernten, sind die durch lange Hosen züchtig bedeckten Beine – sofern sie überhaupt im Büro aufmarschieren – auch im Jahr 1970 bei einigen Firmen Stein des Anstoßes. Für das Mißfallen, das Hosen an Damenbeinen bei Personalchefs offenbar auch im Zeitalter der Frauenemanzipation manchmal noch erregen können, gibt es ein verblüffendes Beispiel: Vor kurzem wurde bei einer Bremer Filiale einer Weltfirma eine Kontoristin entlassen. Der Kündigungsgrund: eine rote lange Hose und die Weigerung der Trägerin, in Zukunft auf diese ,,nicht passende Aufmachung" zu verzichten. (30./31. Mai 1970)   

Hintergrund Man mag es kaum für möglich halten, aber das Thema Hosenanzug rief im Frühjahr 1970 einen handfesten Skandal hervor. Dafür sorgte eine gebürtige Bremerin, die frisch gewählte SPD-Bundestagsabgeordnete Lenelotte von Bothmer (1915-1997) aus Isernhagen bei Hannover. Bis dahin hatte es noch keine Frau gewagt, das Parlament in Hosen statt mit Rock zu betreten und damit gegen die ungeschriebene Kleiderordnung zu verstoßen.

Doch als der damalige Bundestagsvizepräsident Richard Jaeger (CSU) kundtat, er werde keiner Frau erlauben, mit Hosen im Plenum zu erscheinen und erst recht nicht, in einer solchen Aufmachung auch noch das Wort zu ergreifen, stachelte das den Widerstand einer kleinen Gruppe gewählter Volksvertreterinnen an. Dabei konnte die Sozialdemokratin keineswegs als junge Wilde durchgehen, im Gegenteil: Die damals 54-Jährige musste sich ihren beigen Hosenanzug extra kaufen, eigentlich bevorzugte sie den Rock. Aber die patriarchalische Haltung Jaegers entfachte nun einmal ihren Zorn, es ging ums Prinzip.

Als Lenelotte von Bothmer sich im April 1970 erstmals in Hosen im Bundestag blicken ließ, ging ein Raunen durch die Reihen, etliche Stimmen fürchteten um die Würde des Hohen Hauses. Dass sie bei dieser Gelegenheit noch nicht einmal eine Rede hielt, spielte keine Rolle. Ein mächtiges Rauschen durchzog den medialen Blätterwald, alarmierte Bürger ergingen sich in wüsten Beschimpfungen. ,,Armes Deutschland, so tief bist du gesunken mit den roten Parteiweibern", hieß es in einer anonymen Zuschrift. Freilich beruhigten sich die Gemüter auch bald wieder. Entgegen gern kolportierter Ansicht tobte der Saal keineswegs, als die unerschrockene Politikern am 14. Oktober 1970 ihr Rededebüt im Hosenanzug gab. Das Protokoll vermerkt nur einen einzigen, vergleichsweise harmlosen Zwischenruf des CDU-Abgeordneten Berthold Martin: ,,Die erste Hose am Pult!"

Bereits in den 1930er-Jahren hatten Schauspielerinnen wie Marlene Dietrich einen Hosenanzug getragen. In breiteren Schichten setzte sich die Kombination aus Jacke und Hose aber erst in den 1960er-Jahren durch, ironischerweise erregten die doch eigentlich untadeligen Hosenanzüge fast noch mehr gesellschaftlichen Disput als die zeitgleich aufkommenden Miniröcke. Das Beispiel der angefeindeten Bremer Kontoristin zeigt, wie schwer sich manche Firmen taten, den Hosenanzug als Alternative zum Rock zu akzeptieren. Dazu der WESER-KURIER: ,,Was im Bonner Bundestag möglich ist, sollte in einem Bremer Büro eigentlich nicht unmöglich sein." Inzwischen sind Hosenanzüge längst salonfähig, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sogar eine ausgesprochene Vorliebe dafür.

Aus: "Vor 50 Jahren - ,,Der Kündigungsgrund: eine rote lange Hose"" Frank Hethey (30.05.2020)
Quelle: https://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-stadt_artikel,-der-kuendigungsgrund-eine-rote-lange-hose-_arid,1915827.html (https://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-stadt_artikel,-der-kuendigungsgrund-eine-rote-lange-hose-_arid,1915827.html)

Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 27, 2020, 10:46:01 AM
Quote[...] KAIRO taz | Es sind die üblichen Verdächtigen, die aus den Äußerungen des französischen Präsidenten zu den Mohammed-Karikaturen versuchen in der islamischen Welt Nutzen zu ziehen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan rief seine Landsleute dazu auf, keine französisch gekennzeichneten Waren zu kaufen. Muslime seien einer ähnlichen Lynchkampagne ausgeliefert wie früher die Juden in Europa, behauptete er. Erdoğan bezeichnete Emmanuel Macron als ,,Krankheitsfall", dessen geistiger Zustand überprüft werden müsse.

... Hintergrund sind Aussagen Macrons vom Mittwoch als Reaktion auf den Mord an dem Lehrer Samuel Paty, in denen er die kontroversen Mohammed-Karikaturen und die säkularen Werte Frankreichs verteidigte. Er forderte, gegen radikale Formen des Islam vorzugehen.

Erdoğan nutzte die Gunst der Stunde, um viele offene Rechnungen mit Macron zu begleichen, wie etwa den Streit um die Öl- und Gasvorkommen im Mittelmeer. Bei diesem Konflikt hatte sich Frankreich am vehementesten gegen die Türkei auf die Seite Griechenlands gestellt.

Andere muslimische Länder reagierten zwar nicht mit Boykottaufrufen, aber sie verurteilten die Worte Macrons. Pakistans Premierminister Imran Khan warf ihm Islamophobie vor. ,,Präsident Macron hat die Gefühle von Millionen von Muslimen in Europa und auf der ganzen Welt angegriffen und verletzt", twitterte er und forderte ein Verbot islamophober Inhalte auf Facebook. Die Organisation Islamischer Staaten hat die ,,französischen Attacken gegen Muslime" und ,,beleidigende Karikaturen" gegen sie verurteilt.

Ahmed al-Tajib, der Großscheich der Al-Azhar-Universität in Kairo, eine der wichtigsten Rechtsautoritäten des sunnitischen Islam, sprach von einer systematischen Kampagne, die den Islam in politische Kämpfe drängen solle. Zuvor hatte die Al-Azhar den Mord an dem französischen Lehrer Paty verurteilt, aber hinzugefügt, dass die Beleidigung von Religio­nen im Namen der freien Meinungsäußerung eine Einladung zum Hass darstelle. Die meisten dieser Erklärungen sind Verurteilungen der Karikaturen und deren Verteidigung.

Der Rest des neu heraufbeschworenen Kulturkampfes findet vor allem in der Blase der sozialen Medien statt. Es ist sozusagen ein Sturm im Twitter-Glas, um präzise zu sein: im islamistischen Twitter-Glas. Da werden fleißig französische Flaggen durchkreuzt und zum Boykott der französischen Supermarktkette Carre­four aufgerufen. Irgendwo in Katar oder in Kuwait werden Videos gezeigt, in denen französische Käsesorten mit lachenden Kühen aus dem Regal genommen und Boykott-Zeichen am Regal angebracht werden.

So wie westliche Medien gerne einen erneuten Kulturkampf an die Wand malen, wird dieses Bild von islamistischen Blasen in den sozialen Medien freundlich bedient. Ein kurzer Blick auf den vollen Parkplatz von Carrefour zeigt, dass das mit dem Leben der meisten Menschen in der arabischen Welt wenig zu tun hat. Da ist es wichtiger, dass die französische Kette billigere Produkte verkauft als die benachbarte amerikanische. Laut UN-Statistiken leben zwei Drittel der Araber unter der Armutsgrenze oder sind kurz davor, in diese abzustürzen. Sonderangebote sind allemal attraktiver als ein Kulturkampf.

Und wenn es dann unter den gläubigen Muslimen immer noch wen kümmert, gibt es Stimmen wie die der Muslim World League, die das Pferd anders aufzäumen. ,,Karikaturen können den Propheten weder verletzen noch beleidigen, denn er ist größer und heiliger, als dass er beleidigt werden kann." Das Sekretariat hochrangiger saudischer islamischer Rechtsgelehrter hat eine Erklärung veröffentlicht, laut der ,,eine Beleidigung von Propheten diese nicht verletzen kann, sondern einzig und allein als Aufruf zur Radikalisierung dient".

,,Macrons ,Krise des Islam' ist langweilig", twittert der ägyptische Soziologe Amro Ali. Die wirkliche Krise der muslimischen Welt werde dadurch verstärkt, ,,dass Macron den dortigen Diktatoren seine Waffen verkauft", schreibt er. Tatsächlich gehörten die arabischen Autokraten in Katar, Saudi-Arabien und Ägypten im letzten Jahr zu den größten Kunden der französischen Waffenindustrie. Das gebe ihnen grünes Licht.


Aus: "Boykott französischer Produkte: Kulturkampf in den sozialen Medien" Karim El-Gawhary - Auslandskorrespondent Ägypten (26. 10. 2020)
Quelle: https://taz.de/Boykott-franzoesischer-Produkte/!5720819/ (https://taz.de/Boykott-franzoesischer-Produkte/!5720819/)

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Quote[...] Erstaunlich: Da ermordet ein islamistischer Terrorist einen Menschen in Frankreich, und wenig später wird zum Boykott französischer Waren aufgerufen. Wer die Aufrufe liest und die Wut zu verstehen versucht, wird stutzig: Präsident Macron dient als Feindbild, von Beleidigung des Islam ist die Rede und einer Verletzung von Gefühlen. Aber: Was genau soll Macron eigentlich getan haben?

Um Missverständnisse zu vermeiden: Nicht ,,die islamische Welt" ruft jetzt aus herbeifantasierten Motiven zum Boykott Frankreichs auf. Die meisten Gläubigen weltweit dürften von dem Streit bislang nichts mitbekommen haben oder nehmen ihn schulterzuckend zur Kenntnis. Es sind Einzelne, die Stimmung machen.

Doch in den antifranzösischen Chor reihen sich gewichtige Stimmen ein wie die Al-Azhar-Universtität in Kairo, die nicht zum Boykott aufruft, aber von einer ,,Kampage gegen den Islam" faselt; Groß-Imam Ahmed al-Tajib sieht eine ,,systematische Kampagne" am Werk, und die Organisation für Islamische Zusammenarbeit spricht von einem Angriff auf Muslime.

Islamophobie ist ein ernstes Problem, in Frankreich wie in anderen Ländern. Aber Macrons ,,Kampagne" ist ein Phantom. Nach dem Mord an Samuel Paty hat sich Macron gegen Radikalismus ausgesprochen und die Meinungsfreiheit verteidigt, von der er auch Mohammed-Karikaturen gedeckt sieht. Mehr nicht.

Selbst in Deutschland gibt es vereinzelte Stimmen, die den Boykott unterstützen. ,,Wir dürfen nicht zurückbeleidigen. Beleidigungen gehören nicht zur islamischen Erziehung", schrieb am Montag der unabhängige Prediger Abdul Adhim Kamouss, der den Anschlag in Paris zuvor deutlich verurteilt hatte. Dann folgt das Aber: ,,Aber wir sind sauer und traurig." Deshalb boykottiere er nun französische Waren.

Auffällig ist, dass die Empörung erst jetzt kommt, nach den Hetzreden Erdoğans am Samstag. Der Populist, der sich an die Spitze der islamisch Konservativen und Islamisten weltweit zu setzen versucht, hatte Macron angegriffen und einen Kulturkampf heraufbeschworen, der an den Karikaturenstreit von 2005/06 erinnert. Am Montag rief er offiziell zum Boykott auf. Spätestens jetzt sollten sich die Boykottierer*innen fragen: Will uns da jemand instrumentalisieren?

Nachdem IS-Terroristen die Welt jahrelang im Namen des Islam in Atem hielten und nun erneut einer ihrer Freunde im Geiste gemordet hat, sollte allen klar sein, wie falsch der Boykott ist. Nach dem Mord an Paty ist Zeit für Solidarität, nichts anderes.


Aus: "Boykottaufrufe gegen Frankreich: Macrons Phantom-Kampagne" Kommentar von Jannis Hagmann (27. 10. 2020)
Quelle: https://taz.de/Boykottaufrufe-gegen-Frankreich/!5720709/ (https://taz.de/Boykottaufrufe-gegen-Frankreich/!5720709/)

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Quote[...] die These vom verwirrten Einzeltäter gilt schon lange nicht mehr: Der Mord an Samuel Paty hat noch einmal fast lehrbuchartig vor Augen geführt, dass es ohne ein breites ideologisches Umfeld solche Taten nicht geben kann: Ein Vater, der mit Unterstützung eines landesweit bekannten Islamisten in der Schule seiner Tochter die Strafversetzung eines Lehrers fordert und im Internet gegen ihn hetzt – obwohl die Tochter in besagter Geschichtsstunde gar nicht anwesend war.

Ein islamistischer Prediger, der in der Großen Moschee von Pantin walten darf, auf deren Facebook-Seite das Hetzvideo des Vaters gegen den Lehrer verbreitet wird. Ein Video, das den Täter erst auf den Lehrer aufmerksam macht. Bis hin zu einer Studentin, die in den sozialen Medien die Tötung Patys gutheißt. Sie wurde zu drei Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt. Ja, das mag symbolisch sein; ja, nur mit Verboten lässt sich dem Problem nicht beikommen, das seine Wurzeln auch darin hat, dass viele junge Leute mit Migrationshintergrund in Frankreich sozial abgeschlagen sind.

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Aus: "Macron nimmt den Kampf mit den geistigen Brandstiftern auf" Aus einer Kolumne von Andrea Nüsse (27.10.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/mehr-solidaritaet-mit-frankreich-macron-nimmt-den-kampf-mit-den-geistigen-brandstiftern-auf/26309512.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/mehr-solidaritaet-mit-frankreich-macron-nimmt-den-kampf-mit-den-geistigen-brandstiftern-auf/26309512.html)

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Quote[...] Murat Kayman ist Jurist und war von 2014 bis 2017 Koordinator der Landesverbände des islamischen Dachverbands Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib). Nach der Affäre um die Spitzeltätigkeit von Imamen in Deutschland legte er sein Amt nieder. In diesem Gastbeitrag, der auf einem längeren Blogeintrag basiert, setzt er sich nach dem Attentat auf den Pariser Lehrer Samuel Paty kritisch mit der Haltung muslimischer Verbände und vieler Muslime zur Gewalt auseinander. Kayman ist Mitbegründer der Alhambra Gesellschaft, einem Zusammenschluss von Musliminnen und Muslimen, die sich als Europäer begreifen, und Mitglied des Podcasts "Dauernörgler".

Der Lehrer Samuel Paty wurde nur 47 Jahre alt. Er war damit in meinem Alter. Er musste sterben, weil er seinen Schülern am Beispiel der Mohammed-Karikaturen die Bedeutung von Meinungsfreiheit erklären wollte.

"Musste sterben" ist angesichts der tatsächlichen Umstände der Mordtat eine Verharmlosung. Wir müssen, gerade als Muslime, deutlicher beschreiben, wie er umgebracht wurde. Samuel Paty wurde nicht erschlagen oder erstochen. Er wurde nicht erdrosselt oder erschossen. Die Art und Weise seiner Ermordung haben muslimische Extremisten bei ähnlichen Taten in der Vergangenheit als "Schlachtung" ihres Opfers bezeichnet. Die Täter vollziehen ihre Tat dabei unter Anrufung Gottes. Es ist zu vermuten, dass auch der Mörder Samuel Patys seinem Motiv und seiner Tat die Bedeutung einer religiösen Rache oder einer stellvertretend vollzogenen göttlichen Strafe verleihen wollte.

Lehrer. Meinungsfreiheit. "Schlachtung". Aufgrund dieser besonderen Konstellation habe ich gewartet und mich gefragt, was die muslimischen Gemeinschaften und Dachverbände in Deutschland zu diesem Mordanschlag in Paris sagen werden.

Als Muslim meint und hofft man, die öffentlich präsenten muslimischen Dachverbände auf Bundesebene, wie die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib), die Islamische Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG), der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) oder der Islamrat, hätten gerade wegen dieser Konstellation das Bedürfnis, in diesem Fall nicht zu schweigen, so wie oft. Denn welchen Wert hat es, zu behaupten, man erfülle die Merkmale einer Religionsgemeinschaft, als die man vom deutschen Staat anerkannt werden will, wenn in den entscheidenden Momenten unseres Zusammenlebens diese Behauptung nicht mit Wort und Tat bestätigt wird?   

Doch außer ein paar spärlichen Tweets oder Einträgen auf Facebook war nichts zu lesen oder zu hören. Selbst das wenige, das gesagt wurde, folgte einer Dramaturgie, die mittlerweile wie eine ritualisierte Betroffenheitsfolklore wirkt. Fast schon genervt klangen diese Erklärungen. Man habe doch all die Jahre immer und immer wieder erklärt, dass solche Taten nichts mit dem Islam zu tun haben! Am Ende des Tages bedeutet Islam Frieden und Allah allein weiß, weshalb Menschen plötzlich auf die Idee kommen, anderen die Kehle durchzuschneiden. Ich kann diesen öffentlich reproduzierten ignoranten Fatalismus der muslimischen Dachverbände nicht mehr hören.

Dabei gäbe es nach einem solchen Anschlag vieles zu bereden. Und viele Fragen. Ob etwa ein Zusammenhang zwischen einem solchen Mord und dem islamischen Opferritus bestehen könnte. Das jährliche Opferfest wird als Pflichterfüllung und Segen angepriesen. Kaum jemand stellt dies infrage oder fordert, die Schlachtung vielmehr als mahnende Erinnerung an das menschliche Gewaltpotenzial wahrzunehmen; als einen Tabubruch, nämlich der Tötung eines von Gott erschaffenen Wesens, das an die Anmaßung des Menschen erinnern und ihm Demut abverlangen soll.

Stattdessen wird der Akt des Tötens, konkret des Schlachtens eines dem Menschen hilflos ausgelieferten Lebewesens mittels Kehlschnitt als Normalität der Dominanz des Überlegenen gegenüber dem Unterlegenen – dem vielleicht Minderwertigen? – etabliert. Eine Dominanz, die sich in den eingangs geschilderten extremistischen Morden als Tathergang wiederholt.

In Freitagspredigten mag noch so häufig wiederholt werden, dass Islam Frieden bedeutet. Aber es gibt im religiösen Alltag der Muslime, in den Verbänden und Gemeinschaften bis ins unterste Glied strukturelle Probleme und jene, die vorgeben, uns Muslime zu vertreten und sich gerne als "Großverbände" präsentieren, sind mit ihrer Verdrängungshaltung ein gewichtiger Teil dieser Probleme. Es geht um ein Vorleben, um Denk- und Handlungsmuster, die von den Dachverbänden bis in die Gemeinden hinein ein Klima der Abwertung und Hierarchisierung schaffen. Es herrschen Bedingungen, in denen sich der Einzelne mit seinem individuellen Verhalten stets einer kollektiven Akzeptanz unterordnet und sich einer widerspruchslosen Duldung und Befürwortung durch die religiöse Gemeinschaft vergewissert.

Alle Religionen, so auch der Islam, tragen ein Friedenspotenzial und ein Gewaltpotenzial in sich. Das, was die Glaubensgemeinschaften als religiös konforme Haltung vorleben und tradieren, prägt ganz wesentlich die Frage, in welche Richtung sich insbesondere junge Muslime entwickeln.

Wenn also die muslimischen Verbandsvertreter frustriert und desinteressiert darauf hinweisen, dass das alles nichts mit dem Islam zu tun hat, müssen wir ihnen entgegnen: Es hat was mit uns Muslimen zu tun. Die von Muslimen verübte Gewalt hat sehr viel mit dem zu tun, was Muslime in ihren Gemeinschaften als akzeptabel dulden, was sie unterstützen, was sie nicht zum Anlass für Widerspruch nehmen, was sogar eine gemeinsame Identität fördert und was das Gefühl von Zugehörigkeit festigt. Denn auch der Mörder Samuel Patys wird für sich in Anspruch genommen haben, als "guter Muslim" zu handeln. Die muslimischen Dachverbände schulden uns Muslimen und der gesamten Gesellschaft eine Antwort auf die Frage, warum er seine Tat nicht als Widerspruch zu diesem Anspruch erlebt hat.

Dabei kann ich nicht die Augen davor verschließen, was wir in unseren muslimischen Gemeinschaften unwidersprochen hinnehmen und als wiederkehrende Verhaltensmuster akzeptieren. Es geht nicht darum, dass Gewalt ausdrücklich befürwortet wird, aber sehr wohl gibt es unter Muslimen eine unkritische Haltung zur Gewalt und eine Militanz des Denkens und Glaubens, die nicht mehr hinterfragt wird und nicht als Widerspruch zum Islam wahrgenommen wird.

In unseren muslimischen Gemeinschaften hat Gewalt einen viel zu häufig akzeptierten, als gesellschaftliche Normalität hingenommenen Platz. In der Kindererziehung, im Verhältnis von Mann und Frau oder als Muster kollektiver, politischer oder identitärer Auseinandersetzungen.

Weit verbreitet ist zum Beispiel in der religiösen Pädagogik noch die Vorstellung von Autorität und Unterordnung, die im Zweifel auch mit körperlicher Züchtigung einhergehen kann – die körperliche Herrschaft über das physisch unterlegene Kind wird als legitim angesehen. Oder suchen muslimische Frauen, die seelische oder körperliche Gewalt in der Ehe erfahren, Rat bei muslimischen Gemeinden und Verbänden, kommt es nicht selten vor, dass ihnen Geduld und stillschweigendes Ausharren empfohlen wird. Nicht die Gewalt des Mannes gilt als religiöse Verfehlung oder gesellschaftliches Stigma, sondern vielmehr der Status einer geschiedenen Frau.

In den muslimischen Dachverbänden ist nicht selten die Vorstellung verbreitet, die eigenen Gemeinschaften seien Festungen des Islam in einem antimuslimischen Europa; seien wehrhafte Wagenburgen des Anstandes und der Moral in einer ethisch verderbten Gesellschaft, die sich dem Hedonismus, der Promiskuität, der Homosexualität und ganz allgemein der Lasterhaftigkeit hingegeben hat. Weil die Außenwelt derart schädlich ist, ist der innere Zusammenhalt besonders wichtig.

Zur Rhetorik gehört deshalb häufig die Reminiszenz an die Schlacht von Uhud im Jahre 625. Sie gilt als metaphorische Warnung vor Pflichtvergessenheit und Leichtsinn. In dieser historischen Schlacht standen die muslimischen Kämpfer in Medina kurz vor einem Sieg gegen ihre Angreifer. Jedoch verließen die muslimischen Bogenschützen, getrieben von der Aussicht auf reiche Beute, eine strategisch wichtige Anhöhe und verloren damit den sicher geglaubten Sieg. Die Verbandsfunktionäre werden nicht müde, das Bild der Uhud-Bogenschützen zu beschwören, wenn sie die eigenen Reihen schließen und zur bedingungslosen Loyalität aufrufen wollen.

Wenn eine solch militarisierte Sprache gepflegt und historische Schlachten zitiert werden, um zu demonstrieren, dass man bald auch in Deutschland siegreich sein werde, dann muss man sich nicht wundern, dass es in hiesigen Moscheegemeinden nicht als pädagogische Entgleisung wahrgenommen wird, wenn Kleinkinder mit Uniform und Spielzeuggewehr unter dem Applaus ihrer begeisterten Eltern an Inszenierungen von historischen Kriegen und Tod teilnehmen.

Bis heute ist das Verständnis von Erfolg und Macht mit der Eroberung ehemals muslimisch beherrschter Gebiete oder Symbolbauten verwoben. Eine besondere Funktion erfüllt dabei die al-Aqsa-Moschee in Jerusalem. Ihre regelmäßig geforderte "Befreiung" richtet sich gegen Juden, die im Rahmen antisemitischer Stereotype als übermächtiger Feind und Ränkeschmied imaginiert werden.

Die Rollenverteilung im Nahostkonflikt hat mittlerweile eine quasireligiöse Ersatzfunktion eingenommen: Die Haltung zu diesem Konflikt gilt als Nachweis der eigenen Frömmigkeit. Als "guter Muslim" ist es völlig klar, wie die Antwort auf die Gretchenfrage kollektiver muslimischer Identität "Wie hältst du es mit Israel?" lauten muss. Der Antisemitismus unter Muslimen ebnet damit den Weg zur Wahrnehmung und letztlich auch zur Legitimation von Gewalt als Reaktion auf erlittenes Unrecht. Er gilt als gegenwärtiger Vergewisserungsanker für historische Gewalt an Muslimen – und damit als moralische Entschuldigung eines religiösen Tabubruchs: der Tötung eines anderen Menschen.

Es gehört zum Wesen einer jeden Religion, dass sie exklusivistische Züge trägt. Wir halten unsere eigene Erzählung von Gott und der Schöpfung nur deshalb für glaubwürdiger als die vieler anderer alternativer Erzählungen, weil wir mit ihr aufgewachsen sind. Jede Religion hält jedoch für ihre Angehörigen auch die Zumutung von Irrationalität bereit. Diese Bruchstellen sorgen im Idealfall dafür, dass der Wahrheitsanspruch der eigenen Religion stets einen Hauch des Selbstzweifels erhält. Unser Glaube fordert uns dazu heraus, den eigenen Wahrheitsanspruch nicht nur zu behaupten, sondern durch gute Taten für alle unter Beweis zu stellen.

Jemand, der Gewalt gegen andere ausübt, will diesen mittelbaren Wahrheitsbeweis nicht antreten. Er will der Herausforderung, in einer widersprüchlichen Welt gläubig zu sein, durch die Vernichtung des anderen ausweichen. Ein wahrhaft gläubiger Mensch kann sich indes nie im Besitz einer vollständigen Wahrheit– und damit im Zustand der Vollkommenheit – wähnen. Vollkommenheit ist ein göttliches, kein menschliches Attribut.

Wer sich als Muslim im täglichen Gebet nur Gott hingibt und sich nur vor ihm beugt, im Gebet geradezu körperlich, darf eigentlich von keinem anderen Menschen erwarten, dass dieser sich der Glaubensüberzeugung und der Meinung eines Muslims zu beugen habe.

Wer aber in Kategorien von Überlegenheit und Unterordnung glaubt, ist anfällig dafür, andere Menschen abzuwerten. Jene, die einen solchen Weg einschlagen, können irgendwann auch zu der Überzeugung gelangen, dass menschliches Leben unterschiedlich viel wert ist, je nachdem, was einer denkt und meint.

Wir müssen als Muslime deshalb aufhören, andere Lebensweisen und Glaubensauffassungen in eine Rangfolge der Glaubwürdigkeit oder Werthaltigkeit einzuordnen. Wir müssen aufhören, solche Abwertungs- und Ausgrenzungserzählungen in unseren Gemeinschaften zu dulden. Wir müssen aufhören, Rassismus, Antisemitismus und Misogynie als hinnehmbare Haltung, ja gar als kollektive Identitäten stiftende Merkmale eines "normalen" oder "guten" Muslims wahrzunehmen.

Der Islam ist eine Idee davon, was Gott und was der Zweck seiner Schöpfung sein mögen. Wir Muslime entscheiden täglich darüber, wie wir diese Idee leben und damit auch darüber, ob sie uns zur Gewalt oder zum Frieden führt.


Aus: "Mord an Samuel Paty: Das hat was mit uns Muslimen zu tun" Ein Gastbeitrag von Murat Kayman (26. Oktober 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/2020-10/samuel-paty-mord-islamismus-islam/komplettansicht (https://www.zeit.de/gesellschaft/2020-10/samuel-paty-mord-islamismus-islam/komplettansicht)

QuoteNow we have the salad #9

Nur ein Satz: Danke für diesen wichtigen und aus meiner Sicht längst überfälligen Beitrag, Herr Kayman.


QuoteDialog 2.0 #1.2

Finde den Text [ ] sehr gut. Er könnte sogar als Paradetext im Ethikunterricht für alle großen Religionen sinnvoll sein. Wenn man die richtigen Stellen ersetzt so passt vieles ebenso auf das Christentum oder das Judentum...


QuoteA dream within a dream #1.7

Und da man als nichtgläubiger Mensch bei Gläubigen oft auf taube Ohren stößt hat man vor allem auch die Hoffnung dass Argumente aus deren eigenen Reihen besser wirken.
Es lässt mich z.B. auch leise hoffen dass der Papst mit seinen kürzlichen Aussagen zu Homosexuellen in LGBT-feindlichen, katholischen EU Ländern eher ankommt als die Kritik aus nichtgläubigen oder andersgläubigen Kreisen. Er wird zwar selbst in seinem Amt nicht zu allen durchdringen (angeblich wird er von den Hardlinern als zu liberal kritisiert) aber ich denke doch eher als jemand der komplett außerhalb der Kirche steht.
Von daher freue ich mich besonders über solche guten Texte die aus der gläubigen Community selbst kommen, sei es die muslimische, christliche oder sonstige. Es steigert die Hoffnung dass es doch einige zum Nachdenken bringt.
Es empfiehlt sich z.B. auch immer wieder bei Reizthemen wie dem Urknall oder der Evolution usw. auf gläubige Wissenschaftler zu verweisen - ansonsten hat man bei einigen überhaupt keine Chance bei dem Thema überhaupt durchzuringen. Gibt leider immer noch zu viele die aus Glaubensgründen Wissenschaft verleugnen.


QuoteNormanRae #7

Ein guter und wichtiger Kommentar gegen den Chor der Relativierung dieses scheußlichen Verbrechens, der in den letzten Tagen auf verschiedensten Ebenen bereits angestimmt wurde.


Quotefiete.hansen #10

"Der Islam ist eine Idee davon, was Gott und was der Zweck seiner Schöpfung sein mögen. Wir Muslime entscheiden täglich darüber, wie wir diese Idee leben und damit auch darüber, ob sie uns zur Gewalt oder zum Frieden führt."

Ein klarer und betont unpolemischer Artikel mit einer Zusammenfassung, die für alle fundamentalistischen Religionen und deren Angehörigen gelten sollte.

Nur befürchte ich, dass die Ratio nicht bei Fanatisten ankommt.


Quotemcurmel #12

Ein sehr guter Beitrag.
Leider dürfte Herr Kaymann aber der sprichwörtlich einsame Rufer in der Wüste sein.


QuoteCarina Si-Fi #12.1

...so einsam ist er nicht, nur das Problem - Muslime, die es so sehen wie Kayman werden diffamiert und bedroht, brauchen nicht selten Personenschutz.


Quoteolaola #20

Danke für den Artikel. Zwischen Rechten die so gerne "Murat den Messerstecher" heraufbeschwören und Linken bei welchen Islamophobie einzig ein politisches Kampfwort ist, brauchen wir mehr Debatte über dieses Thema!


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Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 19, 2020, 03:55:33 PM
QuoteRezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 09.11.2020
Überzeugend findet Rezensent Nico Hoppe die Kritik der französischen Feministin Caroline Fourest an der postmodernen Linken. In "Generation Beleidigt" legt sie dar, wie die linke Identitätspolitik mit dem Verweis auf die Herkunft Radikalismus verharmlost und zudem einen Opferkult aufbaut, der als lebenserhaltende Maßnahme für jene Diskriminierung und Privilegierung funktioniert, die von ihr eigentlich angeprangert wird. Wie genau es aber dazu kommen konnte, dass ursprünglich linke Ideale wie Diversität und Aufgeschlossenheit sich in ihr Gegenteil verkehrten, schafft sie leider nicht einleuchtend zu erklären, so der abwägende Rezensent.


Aus: "Caroline Fourest: Generation Beleidigt - Von der Sprachpolizei zur Gedankenpolizei" (2020)
Quelle: https://www.perlentaucher.de/buch/caroline-fourest/generation-beleidigt.html (https://www.perlentaucher.de/buch/caroline-fourest/generation-beleidigt.html)

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Quote[...] Will man in den USA einen Film machen, ist ,,Sensitivity Counselor" fast so wichtig wie der Drehbuchautor, der Kameramann oder der Regisseur. Wie durch ein Minensucher leitet der Sensitivity Counselor das Filmteam über das Feld der Befindlichkeiten. Wird die Rolle des Transsexuellen auch durch einen Transsexuellen verletzt? Könnten Text oder Teile der Ausstattung eine Minderheit beleidigen? Darf der Regisseur überhaupt diesen Film drehen? Nehmen sich Weiße eines Thema wie Rassismus an, ist das schon einmal schwierig. Aber als Spike Lee den in Chicago spielenden Film Chi-Raq drehte gab es Kritik, dass Lee ja gar nicht aus Chicago kommt, sondern, in Atlanta geboren, in Brooklyn aufwuchs. Der Koch Jamie Oliver bekam Probleme, weil er ein Reisgericht mit einer jamaikanischen Gewürzmischung vorstelle – die in Jamaika allerdings nur für Hähnchengerichte genutzt wird.
Caroline Fourest Buch ,,Generation Beleidigt – Von der Sprachpolizei zur Gedankenpolizei" ist voll solcher Beispiele. Sind Yoga-Kurse kulturelle Aneignung?  Warum werden die Rollen von Indigenen beim Théâtre du Soleil nicht ausschließlich mit Indigenen besetzt? Mit der Frage, ob eine französische, feministische Laizistin sich über das Kopftuch äußern darf, wurde Fourest während ihrer Arbeit an einer amerikanischen Universität selbst konfrontiert. Und das sind noch die harmlosesten Beispiele, die sie beschreibt. Als der Biologieprofessor Bret Weinstein, ein engagierter Bürgerrechtler und Vorkämpfer gegen Diskriminierung jeder Art, sich an der Evergreen Universität dagegen aussprach, dass Weißen an einem Tag der Zugang zur Hochschule untersagt werden sollte, weil dies für ihn als ,,Bürgerrechtler – vielleicht sollte ich sagen, auch als Jude – inakzeptable (ist). Wenn die Leute anfangen, mir zu sagen, wohin ich gehen kann und wohin nicht, klingt das für mich wie ein Warnsignal." Studenten forderten daraufhin die Entlassung Weinsteins, bedrängten und bedrohten ihn. Auf Hilfe seiner Universität konnte er nicht setzen. Schließlich verließ er den Campus.

Es solche Vorfälle, um die es geht, wenn auch in Kontinentaleuropa über Cancel Culture diskutiert wird. Und nach der Lektüre des Buchs ist klar, dass solche Zustände verhindert werden müssen. Es geht darum, dass Gruppen an den Hochschulen und auch immer mehr in den Medien jeder Freiheit der Debatte einschränken, keine Diskussion mehr wollen und die Identität in das Zentrum rückt. Dürfen sich Weiße zu Rassismus reden? Laizisten zum Islam? In den USA, sagt die Autorin, hätten Professoren Angst, Themen anzusprechen, über die sich ihre Studenten aufregen. Zum Beispiel, wenn ihnen die Lektüre von Ovid zugemutet wird. Es droht Jobverlust. Braucht nicht jede Gruppe einen Safe-Space, in dem sie vor allen sie vielleicht irritierenden Ansichten geschützt ist? Fourest meint nein: Die Identitätspolitik, ein weitere Ausdruck der sich gegen den Universalismus und die Aufklärung stellenden Postmodernen, beschreibt sie als ein repressives System, dessen Protagonisten sich nicht gegen die Unterdrückung der Frau oder die Verfolgung von Homosexuellen stellen, sondern gegen Meinungs- und Kunstfreiheit. Profitieren von all dem nur die politische Rechte, denn der postmoderne Wahn schwäche die Linke. ,,Es ist Zeit, Luft zu holen und von neuem zu lernen, die Gleichheit neu zu denken, ohne der Freiheit zu schaden."

Caroline Fourest "Generation Beleidigt: Von der Sprachpolizei zur Gedankenpolizei", Edition Tiamat


Aus: "Im Fegefeuer der Befindlichkeiten" Stefan Laurin (19. November 2020)
Quelle: https://www.ruhrbarone.de/im-fegefeuer-der-befindlichkeiten/193166 (https://www.ruhrbarone.de/im-fegefeuer-der-befindlichkeiten/193166)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 22, 2020, 12:22:45 PM
Quote[...] Was haben Katja Krasavice und Andrew Onuegbu gemein? Sie sind Opfer von Zwangsbeglückern geworden. Zwangsbeglücker sind Menschen, die anderen auf den richtigen Weg helfen wollen. Klingt gut, hat aber einen Haken: Was der richtige Weg ist, entscheiden sie.

Onuegbu ist aus Nigeria und Wirt. In Kiel betreibt er das Restaurant ,,Zum Mohrenkopf". Er hat sich den Namen selbst ausgesucht und kein Problem damit. Andere haben jedoch eins. Der Name seines Lokals sei rassistisch und müsse weg, bekommt er immer wieder zu hören. Seine Antwort: ,,Nö, der Name gefällt mir."

Kürzlich trat der Nigerianer im Fernsehen auf, bei ,,hart aber fair". Der Mohrenkopf stehe für Qualität, sagte er, das sei schon im Mittelalter so gewesen, deswegen habe er den Namen gewählt. Im Übrigen brauche er keine Weißen, die ihm erklären, wann er sich gekränkt fühlen soll.

Onuegbu möchte nicht zwangsbeglückt werden: ,,Ich finde es schlimm, wenn Menschen mir sagen, wann meine Gefühle verletzt sind. Ich bin alt genug und habe genug Verstand, um selbst zu wissen, wann mich jemand verletzt."

Katja Krasavice ist eine Internetberühmtheit kurz vor der Grenze zum Pornostar, mehrfach operiert, schmales Näschen, dicke Lippen, falsche Brüste, von allem zu viel, zu blond, zu geschminkt, eine lebende Kunstfigur, eigentlich heißt sie Katrin Vogel und kommt aus Sachsen. Sie ist erfolgreich, hat mit ihren 24 Jahren schon ihre Autobiografie veröffentlicht, ,,Die Bitch Bibel" erreichte Platz 2 der ,,Spiegel"-Sachbuchbestsellerliste.

Musik macht sie auch: Ihr Debütalbum ,,Boss Bitch" stieg in diesem Jahr auf Platz 1 der Albumcharts. Das Lied ,,Doggy", in dem sie trällert, wie gerne sie von hinten genommen wird, wurde auf Youtube 31 Millionen Mal angesehen. An Krasavice stören sich – was sonst – Feministinnen. Schließlich stellt sie sich als Sexobjekt dar. Krasavice selbst findet das prima.

Die ,,Zeit" widmete ihr im September ein ganzseitiges Interview, in dem sie ähnlich entwaffnend wie der Kieler Wirt einfach nicht sieht, was das Problem ist. Na klar sei sie ein Sexobjekt, bestätigt sie, sie sei aber völlig selbstbestimmt.

,,Wenn ich zum Beispiel rausgehe, wird mich kein einziger Typ klarmachen, denn ich suche mir den Typen aus", sagt sie in dem Interview. In ihrem Buch findet sich der Satz: ,,Eine emanzipierte Gesellschaft muss es ertragen können, wenn eine Frau über Sex redet, Künstlichkeit feiert und sich der Klischees bedient, die andere als Zeichen männlicher Unterdrückung verstehen."

Wer hat jetzt das Problem? Schadet sie damit dem Feminismus? Oder hat sie nicht eher dessen Ziele perfekt umgesetzt, nämlich die Emanzipation der Frau, bloß anders, als die Vertreterinnen des Feminismus sich das vorgestellt haben?

Die eigene Position infrage zu stellen, kommt den Zwangsbeglückern nicht in den Sinn. Aber was bringt es ihnen eigentlich, Leute disziplinieren zu wollen, die sie für ,,unterdrückt" halten, die sich blöderweise aber gar nicht so fühlen?

Man kann annehmen, dass es ihnen um die Sache gar nicht geht – sondern um das eigene Gefühl der moralischen Überlegenheit. Sie brauchen die ,,Unterdrückten" mehr als diese sie – denn ohne sie hätten die Zwangsbeglücker keine Mission mehr und müssten verstummen. Oder in den Worten von Krasavice: ,,Meine Seele fühlt sich gut, wenn sie Silikonbrüste hat."



Aus: "Sexobjekt und zufrieden damit Eine Gesellschaft muss auch Silikonbrüste aushalten können" Fatina Keilani (20.11.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/sexobjekt-und-zufrieden-damit-eine-gesellschaft-muss-auch-silikonbrueste-aushalten-koennen/26640966.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/sexobjekt-und-zufrieden-damit-eine-gesellschaft-muss-auch-silikonbrueste-aushalten-koennen/26640966.html)

QuoteCharlyBrensberger 21.11.2020, 17:25 Uhr

Sehr schöner Artikel. Und ja, jede(r) Angehörige einer Minderheit kennt das: Die selbsternannten Lobbyisten und "Kümmerer" drängen einem auf (vorschreiben wäre zuviel gesagt), worüber man sich bitteschön aufzuregen und wogegen man zu protestieren habe. Will ich mich aber tatsächlich zu selber wahrgenommenen postiven oder negativen Umständen äußern, kann es passieren dass die Lobbyisten mir über den Mund fahren. Der Duktus ist dann: Du als Betroffene(r) hast ja keine Ahnung, wir können das besser beurteilen.

Das war jetzt bewusst sehr allgemein formuliert, weil auch dieses Phänomen leider omnipräsent ist.

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Quotedorfler 20.11.2020, 19:16 Uhr

Das Selbstbestimmungsrecht von Frauen wird, so sieht man, von verschiedenen Seiten auf unterschiedliche Art bedroht. Will eine Frau ein Kopftuch tragen, wird sie von der AfD angegangen, will sie Ihr Geld in der Sexarbeit verdienen, wird Herr Lauterbach sie in die Illegalität treiben wollen, entscheidet sie sich für einen Schwangerschaftsabbruch, machen sog. "Lebensschützer" daher Stress. Silikonbrüste - wo kommen wir denn dahin?

Immerhin sind die Silikonbrüste Frau Krasavices legal, während Abtreibung, Sexarbeit und Kopftuch entweder verboten sind oder das Verbot von bestimmten Leuten gefordert wird.

Vorschlag: Kann wenigstens der Staat bitte allen geschäftsfähigen Menschen das Recht zugestehen, mit ihrem Körper zu machen was sie wollen? Ob "body modification", Sexarbeit, Abtreibung, diese oder jene Kleidung, ob nun Kopftuch oder FKK?


QuoteSchartinMulz 20.11.2020, 20:08 Uhr
Antwort auf den Beitrag von dorfler 20.11.2020, 19:16 Uhr

Sie wollen im Ernst, dass demnächst auf den Straßen Nackte herumlaufen?


QuotePartypapst 21.11.2020, 12:11 Uhr
Antwort auf den Beitrag von SchartinMulz 20.11.2020, 20:08 Uhr

Welche negativen Konsequenzen hätte es denn? Wer es nicht sehen will, der kann wegschauen...


Quotealleswirdbesser 21.11.2020, 17:31 Uhr
Antwort auf den Beitrag von dorfler 20.11.2020, 19:16 Uhr

Ich glaube Sie bringen da ganz schön was durcheinander. Das z.B. mit dem Kopftuch haben Sie auch nicht verstanden. Ich habe noch nie gehört das Eltern ihre 13-14 jährigen Mädchen dazu drängen jetzt FKK zu machen. Das mit dem FKK ist nämlich 100% freiwillig im Gegensatz dazu das Kopftuch tragen.


Quoteder_vom_storch 20.11.2020, 18:03 Uhr

In meinen Augen sind diese ganze Zwangsbeglücker, Meinungs- und Deutungshoheitler einfach nur mit sich selbst unzufriedene Menschen.


Quoteberlinonzin 20.11.2020, 17:28 Uhr

Ein Plädoyer für Liberalität, Selbstbestimmung und Freiheit.
Früher hielt ich sowas tatsächlich für links. Wie naiv.


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Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 24, 2020, 09:22:57 AM
Quote[...] Das Mantra von der ,,Krise als Chance" kann wahrscheinlich mittlerweile niemand mehr hören. Der Berliner Senat aber scheint auch nach Monaten des Lebens mit dem Virus die Coronakrise noch als Chance zu betrachten. Zum Beispiel, um endlich ein Böllerverbot zu erwirken. Treiber der Initiative sind vor allem die Grünen. Das Verbot steht seit langem auf ihrer Agenda. Nun wird es als Coronamaßnahme verkauft und soll am Mittwoch im Kreis der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin abgestimmt werden.

Jeder kann zum privaten Feuerwerk stehen, wie er mag. Die Attacken auf Rettungskräfte und regelrechte Böllerschlachten zwischen Jugendlichen haben die Ablehnung in den vergangenen Jahren befördert. Neue Böllerverbotszonen ermöglichten friedliches Feiern, der Erfolg war durchwachsen, der Aufwand enorm.

... Es gibt eben Unterschiede: Zwischen der Großstadt, ihren Raketenkriegern und ihrem Nase rümpfenden urbanen Bürgertum, das mit Abscheu auf die banalen Knallerfreuden herabblickt, und den Familien in den Dörfern und Kleinstädten ein paar Kilometer weiter in Brandenburg liegen Welten.

...


Aus: "Diskussion um Böllerverbot zeigt die Arroganz der Großstädter" Alexander Fröhlich (23.11.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/vorstoss-des-berliner-senats-diskussion-um-boellerverbot-zeigt-die-arroganz-der-grossstaedter/26651452.html (https://www.tagesspiegel.de/berlin/vorstoss-des-berliner-senats-diskussion-um-boellerverbot-zeigt-die-arroganz-der-grossstaedter/26651452.html)

QuoteWind10 23.11.2020, 19:19 Uhr

Herr Fröhlich hat eine romantische Vorstellung von der Einfamilienhaussiedlung nach dem Motto, Eltern mit Kindern gehen nach draußen, um ein paar Raketen in den Himmel zu schicken. Ich wohne in solch einer Siedlung. Da werden stundenlang Kracher und Raketen abgeschossen. Die Luft stinkt, und am nächsten Morgen ist alles vermüllt, weil die Böllerfans meinen, irgendjemand wird ihren Dreck schon wegmachen. ...


Quoteoldie2020 23.11.2020, 19:24 Uhr

... Ich böllere schon lange nicht mehr, aber mein Sohn und ein guter Freund haben einen Heidenspaß daran, und diesen Spaß gönne ich ihnen von Herzen. ...


Quotekath11 23.11.2020, 19:15 Uhr

Ich kann gut verstehen, dass es Menschen gibt, für die Knallerei und Raketen dazu gehören - ist eben ein Ritual (ich meine damit die Maßvollen, nicht die Hirnlosen, die andere gefährden). Ich kann auch die Menschen verstehen, die das trotzdem überhaupt nicht mögen, für die ist das Krach, Gestank und Müll. ...


Quoterfi2k 23.11.2020, 19:02 Uhr

Da in Berlin während der Stunden um den Jahreswechel herum teilweise bürgerkriegsartige Zustände herschen, bin deswegen samt Familie auch schon an Silvester nach Dublin geflüchtet, weil dort Knallerei verboten ist.
Geht auch ganz wunderbar einen Jahreswechsel zu feiern, ohne das man dabei von allen Seiten bombadiert wird!


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Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 24, 2020, 10:55:14 AM
Quote[...] Für einiges Aufsehen sorgte am Donnerstagabend ein Polizeieinsatz im achten Wiener Gemeindebezirk. 60 bis 70 Personen hatten sich im Kellerlokal des Wiener Akademikerbundes zusammengefunden – mitten im Lockdown. Draußen wurden Straßenzüge abgesperrt, mehrere Mannschaftswägen und teils schwer bewaffnete Polizisten wurden in Stellung gebracht. Unten im Keller bekam man davon angeblich nichts mit.

Der Wiener Akademikerbund war einst eine Art Vorfeldorganisation der ÖVP, allerdings wurden der damalige Obmann Josef Müller und Christian Zeitz aus der ÖVP ausgeschlossen, nachdem Müller in einem Brief an Politiker die Abschaffung des NS-Verbotsgesetzes, die Streichung des Gleichbehandlungsgesetzes und die Zurücknahme der Fristenlösung bei Schwangerschaftsabbrüchen vorgeschlagen hatte.

Seither machte man mit guten Kontakten zu rechts außen, zu Burschenschaften und regelmäßigen Veranstaltungen mit Gastvorträgen ohne ÖVP weiter. Ein Gastvortrag war auch Teil der Zusammenkunft am Donnerstag, die Obmann Zeitz dem STANDARD als "außerordentliche Generalversammlung" beschreibt. Der Molekularbiologe Jaroslav Belsky war gekommen, um den Anwesenden etwas über Corona zu erzählen. Zudem habe man "dringliche juristische und politische Dinge zu beratschlagen gehabt", sagt Zeitz.

Bewohnern des Hauses war das Treiben nicht ganz geheuer, wie sie dem STANDARD erzählen, zumal niemand einen Mund-Nasen-Schutz trug. Die Polizei rückte zunächst mit drei Beamten an. Diese verließen aber nach einem Gespräch, das laut Zeitz höchstens 15 Minuten gedauert hatte, den Keller wieder. Er habe ihnen gesagt, dass die Versammlung laut Paragraf 12 in der am 15. November ausgegebenen Covid-19-Notmaßnahmenverordnung rechtens sei. Dort steht unter Paragraf 12, Absatz 5, dass "unaufschiebbare Zusammenkünfte von statutarisch notwendigen Organen juristischer Personen, sofern eine Abhaltung in digitaler Form nicht möglich ist", zu den Ausnahmen der Verordnung zählen.

Auf die STANDARD-Frage, ob man sich nicht, wie andere auch, digital versammeln könnte, sagt Zeitz: "Nein, das ist in unseren Statuten gar nicht vorgesehen." Die drei Beamten schickte Zeitz jedenfalls mit dieser Auskunft zu ihrem Vorgesetzten zurück. "Wir konnten unsere Veranstaltung planmäßig mit allen Nachfragen und Beratungen nach ungefähr eineinhalb Stunden beenden", sagt Zeitz zufrieden. Nachsatz: "Der Polizeijurist hat das wohl so gesehen wie wir."

Eine Frau, die auch zur Versammlung wollte und spät dran war, sah dann etwa eine Stunde später das Polizeiaufgebot, das freilich auch Anrainern aufgefallen war. Sie wurde nicht mehr durchgelassen. Im Keller blieb man davon unbehelligt.

Die Landespolizeidirektion Wien ließ den STANDARD auf genaue Nachfrage über den Ablauf des Einsatzes lediglich wissen, dass es einen Einsatz der "Wiener Polizei und der Magistratsdirektion der Stadt Wien" gab: "Im Zuge einer nicht angezeigten Versammlung in Wien 8 haben sich circa 60–70 Personen in einem geschlossenen Raum versammelt. Der Veranstalter (Privatperson) wurde nach dem Versammlungsgesetz und dem Epidemiegesetz angezeigt: Unterlassen der Versammlungsanzeige, Veranstaltung ohne zugewiesene und gekennzeichnete Sitzplätze, Veranstaltung mit mehr als sechs Personen, Nichteinhalten des Mindestabstandes, fehlender Mund-Nasen-Schutz", heißt es in der schriftlichen Antwort.

Zeitz geht davon aus, dass er die angezeigte Person ist, da sonst von niemandem die Personalien aufgenommen wurden. Abgesehen von den ersten drei Beamten habe sich niemand in den Keller begeben.

"Ich sehe der Anzeige mit großer Gelassenheit entgegen, ich würde mich sogar freuen, sie bis zum Obersten Gerichtshof durchzukämpfen", meint Zeitz. Man werde sich auch weiter "intensiv mit dem Corona-Regime der Bundesregierung, das unsere Verfassung zerstört, beschäftigen". In welchem Rahmen man das mache, wisse er nicht: "Eine für 1. Dezember geplante Veranstaltung, die unter diesem Maßnahmenregime nicht möglich wäre, werden wir verschieben."

Ob Zeitz die Pandemie nicht ernst nehme? "Ich bin nicht der Meinung, dass das keine Krankheit ist und dass es nicht zu gefährlichen Verläufen kommen kann, aber es ist nicht weit von einer herkömmlichen Influenza entfernt. Was behauptet wird, ist eine Verzerrung der Wirklichkeit." Es gebe auch genug Betten in Spitälern. Gefragt, ob er selbst Mediziner sei, verneint Zeitz, er habe aber einst seinen schwer kranken Vater gepflegt und daher "Einblick in die Intensivmedizin".

Anrainer des Lokals des Akademikerbundes sehen das Kommen und Gehen, das auch im Lockdown dort herrscht, jedenfalls mit Besorgnis. "Für die müssen doch die Gesetze genauso gelten wie für alle anderen", so ein Nachbar zum STANDARD. (Colette M. Schmidt, 23.11.2020)


Aus: "Pandemiegesetz: Polizei löste Akademikerbund-Treffen in Wien-Josefstadt nicht auf" Colette M. Schmidt (23. November 2020)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000121930368/rechte-versammlung-mitten-im-lockdown (https://www.derstandard.at/story/2000121930368/rechte-versammlung-mitten-im-lockdown)

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Gerald Ruschka

Akademikerbund? ...


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L'eu El-Rühb

Die ÖVP, eine gefährliche Parallelgesellschaft.


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Suspicious Koala

Als jemand, der sich an die Maßnahmen hält, soziale Kontakte meidet und mit 2er Maske einkaufen geht, fühle ich mich ein bissl verarscht.


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EvangelikalerChrist

Selber schuld. Es teilen eben nicht alle Ihren kriecherischen Untertanengeist. Im Übrigen können auch Sie unaufschiebbare Vereinstreffen organisieren. Der Verein hat hier kein Privileg in Anspruch genommen, sondern ein Recht (Ausnahmetatbestand), das unter den entsprechenden Voraussetzungen jedermann zusteht...


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GRohnePunkte

Eine Generalversammlung ist keine Generalversammlung wenn sie nicht formal korrekt angezeigt wurde. Und alles Andere dürfen auch due rechtsrechten Recken nicht. Gut zu wissen, dass ab sofort auch Gastronomiebetriebe, Shisha Bars uvm ihre regelmässigen Generalversammlungen ihres Vereins mit 70 Leuten ohne MNS abhalten dürfen. Ob da die Polizei auch wieder unverrichteter Dinge weggeht?

Übrugens kann dann auch eine Hochzeitsfeier offenbar unter dem Titel "Generalversammlung" des dafür extra gegründeten Hochzeitsvereins mit 70 Personen ohne MNS problemlos abgehalten werden. "SIE FEIERN EINE ILLEGALE HOCHZEIT"

"Nein, wir haben nur das zufällig anwesende Brautpaar in den Vorstand gewählt".


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Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 17, 2020, 07:43:03 PM
Quote[...] EU-Staaten dürfen nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs auch für rituelle Schlachtungen eine Betäubung des Tieres vorschreiben. Rituelle Schlachtungen als solche würden nicht verboten und damit werde die Religionsfreiheit geachtet, befanden die Richter des höchsten EU-Gerichts am Donnerstag. Das Urteil kommt überraschend, da ein EuGH-Gutachter kürzlich noch zu dem Schluss gekommen war, derartige Vorschriften widersprächen dem Recht auf Religionsfreiheit. Religionsvertreter kritisierten das Urteil scharf, Tierschützer begrüßten es.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sprach von einem Angriff auf die Religionsfreiheit. Man hoffe, dass es keine Nachahmer in Europa finde und andere EU-Staaten die religiöse Schlachtung weiterhin ermöglichten. Bini Guttmann, Präsident der Europäischen Union jüdischer Studenten, warnte gar, die Ermöglichung eines Schächt-Verbots ,,könnte jüdisches Leben, so wie wir es kennen, langfristig unmöglich machen".

Verhandelt wurde ein Rechtsstreit aus Belgien. Dort hatte die Region Flandern die Schlachtung ohne Betäubung 2017 aus Tierschutzgründen verboten. Jüdische und muslimische Verbände klagten dagegen. In beiden Religionen gibt es Vorschriften zum Schlachten ohne Betäubung – dem Schächten, um Fleisch koscher beziehungsweise halal herzustellen. Den Tieren wird dabei mit einem Schnitt Speiseröhre, Luftröhre und Halsschlagader durchtrennt; sie bluten dann aus.

Der Deutsche Tierschutzbund begrüßte das EuGH-Urteil: Es sei gut, dass daraus hervorgehe, dass es Wege gebe, sowohl der Religionsfreiheit als auch dem Tierschutz gerecht zu werden. Oftmals werde es so dargestellt, ,,dass beides nicht in Einklang zu bringen ist". In ihrem Statement verwiesen die Tierschützer auf Betäubungsarten, die bereits von vielen Muslimen akzeptiert würden.

Dem Urteil vom Donnerstag zufolge lässt das EU-Recht zwar in Ausnahmefällen und im Sinne der Religionsfreiheit die rituelle Schlachtung ohne vorherige Betäubung zu. Die EU-Staaten könnten aber dennoch dazu verpflichten, die Tiere zu betäuben.

Die Konferenz der Europäischen Rabbiner (CER) zeigte sich empört über die Entscheidung. Ihr Präsident, Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt, teilte mit, die Entscheidung stehe ,,im Widerspruch zu den jüngsten Erklärungen der europäischen Institutionen, dass jüdisches Leben geschützt werden soll". Der Versuch der Richter, das religiöse Schlachten zu definieren, sei ,,absurd". Das Verbot werde ,,nachhaltige Auswirkungen auf die jüdische Gemeinde in Europa haben".

In anderen EU-Staaten wie Schweden oder Dänemark ist es hingegen verboten. In Deutschland können aus religiösen Gründen zwar Ausnahmen erteilt werden. Dem Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) zufolge seien solche Ausnahmeregelungen in einigen Teilen der Bundesrepublik aber schon nahezu unmöglich. Grund sei eine Zunahme an Auflagen, da hierzulande Tierschutz schon länger stärker berücksichtigt werde.

ZMD-Vorsitzender Aiman Mazyek beobachte deswegen, dass einerseits immer mehr geschächtetes Fleisch importiert und andererseits immer wieder inoffiziell geschächtet werde. ,,Und das wollen wir eigentlich nicht." Dass ein Urteil bewerte, was als Teil eines religiösen Ritus möglich ist oder nicht, sei ,,der falsche Weg", kritisierte Mazyek. Veränderungen sollten durch die Religionsgemeinschaften selbst und nicht von außen erfolgen. ,,Der Ritus ist jahrtausendalter Teil jüdischen und muslimischen Lebens."


Aus: "EuGH-Urteil : Juden und Muslime kritisieren Einschränkung des rituellen Schlachtens" (17.12.2020)
Quelle: https://www.faz.net/aktuell/politik/juden-und-muslime-kritisieren-einschraenkung-des-schlachtens-17107115.html (https://www.faz.net/aktuell/politik/juden-und-muslime-kritisieren-einschraenkung-des-schlachtens-17107115.html)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 13, 2021, 12:11:01 PM
Quote[...] Pjönjang – Kim Jong-un ist kein Fan südkoreanischer Popmusik. Im Gegenteil unternimmt sein Regime in Nordkorea alles, um jeden popkulturellen Einfluss aus dem kapitalistischen Nachbarstaat zu unterbinden. Und doch fällt es der Diktatur trotz aller Restriktionen und Strafandrohungen immer schwerer, die eigene Jugend von Musik, Filmen und Dramen aus Südkorea fernzuhalten.

Nach Meinung von Kim Jong-un ist es schlicht ein ,,bösartiger Krebs", der aus dem Süden ins Land dringt. Seine Staatsmedien lässt er verkünden, dass dieser ,,Tumor" die ,,Kleidung, Frisuren, Sprache und Verhaltensweisen" junger Nordkoreaner:innen ,,korrumpiere". Apokalyptisch heißt es dort auf allen Kanälen, dass die ,,Volksrepublik wie eine feuchte Mauer zerbröckeln" würde, wenn der kulturelle südkoreanische Einfluss nicht ,,kontrolliert" werde.

Das Wort ,,kontrolliert" ist wie so viel aus dem Vokabular der Kim-Diktatur als Euphemismus zu verstehen. Tatsächlich heißt es: auf jeden Fall und unter der Androhung drakonischer Strafen verboten. Erst kürzlich berichteten nordkoreanische Quellen dem Internetmagazin NK News von einer öffentlichkeitswirksamen Hinrichtung. Das Medium, das als wichtigstes Sprachrohr der nordkoreanischen Exil-Opposition gilt, erzählte die Exekution eines Mannes vor den Augen seiner engsten Familie nach. https://www.fr.de/politik/nordkorea-mann-hingerichtet-kim-jong-un-antisozialistische-handlung-90781356.html (https://www.fr.de/politik/nordkorea-mann-hingerichtet-kim-jong-un-antisozialistische-handlung-90781356.html)

Sein Verbrechen: Er soll dabei erwischt worden sein, wie er USB-Sticks mit südkoreanischen Medieninhalten in der nordkoreanischen Provinz verkauft haben soll. Zum Verhängnis wurde ihm das neue ,,anti-reaktionären Gedankengesetz", wonach bereits eine unterlassene Meldung solcher ,,antisozialistischer" Aktivitäten sieben Jahre Straflager nach sich ziehen kann.

Und doch hat die südkoreanische Popkultur, die weltweit immer mehr Fans für sich gewinnt, nun auch die letzte Grenze erreicht: Nordkorea. Der wachsende Einfluss der nur im geheimen gehandelten und konsumierten südkoreanischen Popkultur hat Kim Jong-un und seine Machtzirkel in einen ,,Kulturkampf" gezwungen. An dessen Ende könnte es tatsächlich darum gehen, ob die Kim-Diktatur auch zukünftig einen de facto uneingeschränkten Zugriff auf die Menschen im Land behält.

Kims Problem besteht in der schieren Menge der über die südliche Grenze ins Land gelangenden Kulturerzeugnisse. Selbst eine dermaßen straffe und penibel organisierte Diktatur wie die des Kim-Clans kann kaum garantieren, jederzeit und überall im gut 120.000 Quadratkilometer umfassenden Staat ein Auge auf die Endgeräte seiner Jugend zu haben. Erst recht dann, wenn die Inhalte nicht über das staatlich zensierte Internet, sondern mittels Datenträgern wie CDs, USB-Sticks und externe Festplatten gehandelt werden.

Und so ist in den letzten Monaten in Nordkorea kaum ein Tag vergangen, an dem Kim oder seine staatlichen Medien, die sich in seinem Land ausbreitenden ,,antisozialistischen und nichtsozialistischen" Einflüsse nicht verteufelt hätten. Im Fokus der staatlichen Zensur stehen vor allem südkoreanische Filme, sogenannte K-Dramen und K-Pop-Videos. Im Zuge eines zunehmend als verzweifelt wahrgenommenen Bestrebens, diese Einflüsse zurückzudrängen, soll Kim Jong-un seinem Staatsapparat befohlen haben, die laut New York Times ,,kulturelle Invasion auszurotten".

Kims Zensur ist mithin alles andere als das Wüten eines verstimmten Diktators. Sie fällt in eine Zeit, in der sich der Zustand der seit langem maroden nordkoreanischen Wirtschaft weiter verschärft. Die Gründe für diesen Zustand sind so vielfältig wie in ihrer Zusammenstellung giftig für die Dynastie der Kims. Die Corona-Pandemie, eine konsequente Abriegelung des Landes, eine kaum noch stattfindende Diplomatie mit westlichen Nationen: Der jüngsten nordkoreanischen Generation werden genügend Gründe geboten, empfänglich für Einflüsse von außen zu sein.

,,Die jungen Menschen in Nordkorea finden nicht, dass sie Kim Jong-un etwas schulden", erklärt Jung Gwang-il. Jung, ein in Südkorea ansässiger Exil-Nordkoreaner, betreibt ein Netzwerk zum Schmuggel von K-Pop in seine alte Heimat. ,,Er ist jetzt gezwungen, seine ideologische Kontrolle über die Jugend wieder geltend zu machen, wenn er die Zukunft der dynastischen Herrschaft seiner Familie nicht aufs Spiel setzen will."

Die Loyalität der Millennials im Land gegenüber der seit drei Generationen herrschenden Kim-Dynastie wurde mehr als einmal auf die Probe gestellt. Sie wurden während einer Hungersnot in den späten 1990er Jahren erwachsen. Sie erlebten mit, wie das Regime keine Nahrungsrationen bereitstellen konnte und Millionen Menschen starben. Sie wurden von klein auf mit einem System vertraut, in dem Familien nur überlebten, indem sie ihre Lebensmittel auf inoffiziellen Märkten erstanden.

Neben den aus dem kommunistischen Schwesterstaat China ins Land geschmuggelten Nahrungsmitteln, kamen die heranwachsenden Leistungsträger:innen der ,,Volksrepublik" so schon früh in Kontakt mit unter dem Tisch gehandelten Unterhaltungsmedien aus südkoranischer Produktion. Für das Narrativ des Regimes, wonach Südkorea ein verarmter Staat von Bettler:innen sei, ist diese Entwicklung brandgefährlich. Setzt sich die Überzeugung durch, dass diese vom Nachbarn behauptete Armut tatsächlich zwischen den eigenen Landesgrenzen beheimatet ist, muss Kim Jong-un ein zunehmendes Aufbegehren seiner Bevölkerung fürchten.

Und genau diese Wahrheit erzählen die über die südliche Landesgrenze geschmuggelten Dramen. Die nordkoreanischen Millennials sehen Geschichten von Südkoreaner:innen, die freiwillig Diät halten, um Schönheitsansprüchen zu genügen, während sie selbst im täglichen Kampf ums Überleben und inmitten eines ständigen Nahrungsmangels aufwuchsen. Um eine flächenbrandartige Verbreitung dieser Anschauung zu verbreiten, reagiert die Kim-Diktatur mit Gesetzen, die beispielsweise zwei Jahre Zwangsarbeit für jene bereithalten, die ,,im südkoreanischen Stil sprechen, schreiben oder singen".

,,Für Kim Jong-un hat die kulturelle Invasion Südkoreas ein erträgliches Maß überschritten", sagte Jiro Ishimaru, Chefredakteur von Asia Press International. Seine Webseite wirft von Japan aus einen kritischen journalistischen Blick auf Nordkorea. ,,Er befürchtet, dass sein Volk anfangen könnte, den Süden als alternatives Korea zu betrachten, wenn es nicht mit harter Hand handelt."

Und so lässt er seine Behörden nun auch nicht mit dem Internet verbundene Datenträger nach Inhalten und gar Akzenten durchsuchen, die auf einen Konsum südkoreanischer Medien hinweisen. Die jungen Frauen im Land sind angewiesen, von ihren männlichen Bekanntschaften als ,,Genossen" zu reden. Finden sich Formulierungen wie ,,Honey", einer in Südkorea üblichen Bezeichnung für den eigenen Liebhaber, folgen Verhöre und unangenehme Fragen. Dies kann so weit führen, dass die gesamten Familien derjenigen, die den ,,Marionettenakzent" des Südens ,,nachahmen", aus ihren Städten vertrieben und in die äußerste Provinz geschickt werden.

Und doch könnte es für Kim Jong-un und seine Staatspropaganda bereits zu spät sein, die entstandenen Risse zu kitten. Pop-Schmuggler Jung Gwang-il beispielsweise nennt den südkoreanischen Film ,,Eifersucht" als einen Grund für seine Flucht aus dem Norden. Das K-Drama über junge Liebe sei ein ,,Kulturschock" für ihn gewesen: ,,Im nordkoreanischen Fernsehen drehte sich alles um die Partei und den Führer", erinnert er sich. ,,Wir haben dort nie eine so natürliche Darstellung menschlicher Emotionen gesehen. Nicht einmal einen Mann und eine Frau, die sich auch nur küssen."

Mit seiner Erfahrung steht Jung nicht allein. Im Rahmen einer Umfrage der Seoul National University wurden 116 Menschen befragt, die in den Jahren 2018 und 2019 aus Nordkorea geflohen waren. Fast die Hälfte gab an, im Norden ,,häufig" südkoreanische Unterhaltung gesehen zu haben. Im Moment besonders beliebt, so erzählt es Jung, sei die Serie ,,Crash Landing on You". Dort dreht es sich um eine südkoreanische Erbin, die beim Paragleiten von einem Windstoß über die Grenze getragen wird und sich in einen nordkoreanischen Armeeoffizier verliebt.


Aus: "Südkoreanische Einflüsse: Feindbild K-Pop: Kim Jong-un führt Kulturkrieg um die nordkoreanische Jugend" Mirko Schmid (13.06.2021)
Quelle: https://www.fr.de/politik/nordkorea-kim-jong-un-kpop-kulturkrieg-nordkoreanische-jugend-suedkorea-90800619.html (https://www.fr.de/politik/nordkorea-kim-jong-un-kpop-kulturkrieg-nordkoreanische-jugend-suedkorea-90800619.html)

QuoteThomas Ortlauf

Ergaenzend zum Girl Band Titel-Foto: Die "Gefahr" duerfte meiner Einschaetzung nach eher von den suedkoreanischen Boy Bands (fuer die z.B. meine Tochter auch sehr schwaermt) auf die WEIBLICHE nordkoreanische Jugend ausgehen (Untergrabung des martialischen Maennerbildes, "subversive" Zersetzung der "Kampfkraft" der nordkoreanischen "Volksgemeinschaft").


QuoteDetlefvon Seggern

Auch Kim Jong wird im Zeitalter des weltweiten Internets, den Wandel der Zeit nicht aufhalten können, wo junge Menschen wie auch immer, mehr mitbekommen, das es auch ein anderes Leben gibt, als jenes, was ihnen Kim Jong vorschreiben will. Russland und China lassen diesbezüglich grüßen. Auch in der ehemalige DDR, ist dies durch noch so alle Abschottungsversuche des Staates, nicht gelungen ...


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Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on September 09, 2021, 03:41:57 PM
Quote[...] Peking verbannt Schauspiel-Stars aus dem Fernsehen, die dem gewünschten Macho-Image nicht entsprechen. Man fürchte um die nationale Sicherheit.

China ist längst zur politischen und wirtschaftlichen Weltmacht aufgestiegen. Doch gleichzeitig hat die derzeitige Staatsführung in Peking niemals ihre allumfassende Paranoia abgelegt. Diese Fragilität zeigt sich aktuell besonders deutlich: Pekings Regierung fürchtet, die Jugend des Landes könne nicht ,,männlich" genug sein.

Vor einer Woche ordnete die staatliche Fernsehbehörde einen Boykott androgyner Stars aus dem Showgeschäft an, die seit Jahren zu den bestbezahlten Sängern und Schauspielern zählen. Sämtliche Männer ,,mit weiblichem Stil und anderer abnormaler Ästhetik" sollen aus dem TV verbannt werden. In der offiziellen Ankündigung verwendeten die Regierungsvertreter auch den überaus vulgären Begriff ,,Niang Pao": eine beleidigende Abwertung für feminine Männer.

Wer die soziokulturellen Zusammenhänge des Phänomens verstehen möchte, muss ein wenig im Archiv kramen. Die androgyne Ästhetik, die der Kommunistischen Partei ein Dorn im Auge ist, lässt sich zu den japanischen Manga-Comics der 1990er Jahre zurückverfolgen. Internationale Popularität erlangte der neue Look vor allem im benachbarten Südkorea, wo nach der Jahrtausendwende erstmals die sogenannten ,,Kkonminam" auftauchten: wortwörtlich ,,schöne Blumen-Jungen".

Deren exaltierte Mode, sorgsam gestylte Haare und geschminkte Gesichter waren damals durchaus auch ein rebellisches Statement. Zumindest grenzte sich die Jugend zur älteren Generation an Männern ab, die sich – geprägt durch den in Südkorea verpflichtenden Militärdienst – als harte Machos präsentierten: kalte Miene, keine Emotionen und stets eine verspiegelte Pilotenbrille im Gesicht. Das Schönheitsideal in Seoul hingegen könnte gegensätzlicher nicht sein: weiche Gesichtszüge, ,,niedlicher" Habitus und Skinny Jeans zur geschminkt blassen Haut.

Trotz der genderneutralen Ästhetik blieb diese zunächst reine Oberfläche: Zwar spielten die aufkommenden koreanischen Boy Bands äußerlich mit Geschlechter-Stereotypen, doch bedeutete dies nicht im Umkehrschluss, dass sich hinter dem Milchbubi-Gesicht nicht ein waschechter Chauvinist versteckt.

Mit der koreanischen Welle, dem Kulturexport der Popmusik und Fernsehserien schwappten die ,,Blumen-Jungs" auch in die Volksrepublik. Für die konservative Staatsführung Pekings war der K-Pop-Hype schon damals ein Dorn im Auge. Sie fürchteten um den Einfluss auf die heimische Jugend. Diese Paranoia hat wohl auch vor allem damit zu tun, dass sämtliche Parteikader mit nennenswerter Macht in China mindestens 60 Jahre alt und fast ausschließlich männlich sind.

Etliche Politiker machten in den letzten Jahren die ,,Feminisierung" der Jugend für alle möglichen gesellschaftlichen Probleme verantwortlich: Mal hieß es, dass die angebliche Verweichlichung für einen Anstieg an Homosexualität sorgen würde. An anderer Stelle kritisierten vermeintliche Experten, dass die Androgynität der männlichen Jugend deren mangelnde Körperfitness widerspiegele. Nicht selten wurde gar ein Zusammenhang zu der nationalen Sicherheit des Landes hergestellt: Wer sich die Haare stylt und die Gesichtshaut schminkt, könne unmöglich sein Heimatland im Ernstfall verteidigen.

Für die Tattoo-tragenden Celebrities mit den gefärbten Haaren hat sich auf sozialen Medien längst ein abwertender Begriff durchgesetzt: ,,xiao xian rou", was sich in etwa mit ,,jungem Frischfleisch" übersetzen lässt.

Vor Jahren bereits sorgte ein Pekinger Lehrer für mediale Schlagzeilen, als er die durch ,,K-Pop korrumpierte Jugend" mit einem eigens gegründeten Bootcamp wieder zu Alpha-Männern umerziehen wollte – mit Box-Training und Marschgesängen inklusive. Bislang jedoch konnte noch keine staatliche Erziehungsmaßnahme der Attraktivität der neuen Männlichkeit etwas anhaben.


Aus: "Zensur im chinesischen TV: Die alte Paranoia" Fabian Kretschmer, Korrespondent China (9. 9. 2021)
Quelle: https://taz.de/Zensur-im-chinesischen-TV/!5795697/ (https://taz.de/Zensur-im-chinesischen-TV/!5795697/)

Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 10, 2021, 09:30:17 PM
Quote[...] In den USA ist ein Kulturkampf über die Frage ausgebrochen, wie bunt die Antike war. Der Altphilologe Jonas Grethlein von der Universität Heidelberg wies im vergangenen Dezember in einem Beitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" darauf hin, dass in den Vereinigten Staaten "ein weites Spektrum rechter Intellektueller Anspruch auf das Erbe der Antike" erhebe. Vor allem weiße Suprematisten würden die antike Literatur und Philosophie als Beleg für eine Überlegenheit "weißer Kultur" heranziehen. ...

Nicht nur Philosophie und Literatur, auch die Bemalung der antiken Statuen können Empörung in entsprechenden Ecken auslösen. Das musste Sarah Bond, Professorin für alte Sprachen am Institut für Alte Geschichte an der Universität Iowa, feststellen. Um die Antike für ein breites Publikum zugänglich zu machen, schreibt sie Blog-Beiträge und engagiert sich auf Twitter.

Als sie vor zwei Jahren mehrere Beiträge veröffentlichte, in denen sie erklärte, warum antike Marmorstatuen ursprünglich bunt bemalt waren, erntete sie erst Spott von konservativen Webseiten. Dann kam der Shitstorm in den Sozialen Medien. Von ihren Aussagen fühlten sich alle bedroht, die ihr weißes Geschichtsbild angegriffen sahen. Sie sahen und sehen die Tradition einer weißen westlichen Kultur bis hin zurück zur Antike in Gefahr.

Der Grund, warum die Statuen heute keine Farbe mehr aufweisen, bestenfalls noch Reste, ist indes banal: Weil die Statuen entweder im Wasser oder aber in der Erde gelegen hatten, löste sich die Farbe - und es blieb nur der weiße Marmor. Spätestens seit der Archäologe und Kunsthistoriker Johann Joachim Winckelmann (1717-1768) die weißen Marmorstatuen der römischen und griechischen Antike zum höchstes Ideal der Schönheit erklärte, sah man über die Farbspuren einfach hinweg. So entstand ein Bild von einer weißen antiken Gesellschaft, das mit der Realität nur wenig zu tun hat.

Die Statuen der griechischen und römischen Antike waren also so bunt wie die Bevölkerung des römischen Stadtstaates von der Steinzeit bis zum Mittelalter. Das, was Wissenschaftler aus historischen Quellen wussten, unterstützt seit kurzem auch eine Genanalyse: Eine im November 2019 veröffentlichte Studie zeigt, dass die Stadt - wenig verwunderlich - ein Schmelztiegel für Menschen unterschiedlichster Herkunft war. Forscher von der US-amerikanischen Stanford University, der Universität Wien und der Sapienza Universität in Rom stellten fest, dass sich mit der Expansion des Römischen Reiches im Mittelmeerraum Menschen aus dem Nahen Osten, Nordafrika und Europa in der Stadt am Tiber niederließen.

Jonathan Pritchard, einer der Autoren der Studie, betont, dass die antike Welt ständig in Bewegung war - sowohl was die Kultur anging als auch die Migration. "Diese Studie zeigt, wie dynamisch die Vergangenheit war. Menschen von überall her kamen nach Rom, und das korrespondiert mit den historischen und politischen Ereignissen", stellte Hannah Moots fest, ebenfalls als Autorin an der Studie beteiligt. Die antike Welt war also keineswegs uniform, sondern bunt wie das Leben.


Aus: "Um die Antike ist ein Kulturkampf ausgebrochen: Bunte Statuen und Weiße Suprematisten " Christiane Laudage (11.01.2020)
Quelle: https://www.domradio.de/themen/kultur/2020-01-11/bunte-statuen-und-weisse-suprematisten-um-die-antike-ist-ein-kulturkampf-ausgebrochen (https://www.domradio.de/themen/kultur/2020-01-11/bunte-statuen-und-weisse-suprematisten-um-die-antike-ist-ein-kulturkampf-ausgebrochen)

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Quote[...] Mal ist es Robert E. Lee hoch zu Ross. Mal ist es Thomas "Stonewall" Jackson. Mal ist es nur ein einfacher Infanterist mit Vorderlader. Doch die Statuen von Generälen und Soldaten der konföderierten Armee - des Heeres der Südstaaten also, die im amerikanischen Bürgerkrieg von 1861 bis 1865 gegen den Norden kämpften - stehen überall im Süden der USA. Kaum eine Stadt kommt dort ohne ein Monument aus, das an den brutalen Krieg und die vielen Toten erinnert.

Die Befürworter sehen die Monumente als Zeichen der Mahnung, die vor allem an soldatische Tugenden wie Ehre oder Pflichterfüllung erinnere. Für viele Kritiker jedoch erinnern diese Statuen an etwas ganz anderes: an eine finstere Zeit, in der Rassismus Staatsdoktrin war, eine ganze Gesellschaft auf dem Fundament der Sklaverei ruhte und schwarze Menschen eine Ware ohne Rechte waren, die nach Belieben gehandelt werden konnte.

Seit einigen Jahren gibt es daher vermehrt Initiativen, die den Abbau der Monumente durchsetzen wollen, zumindest der Statuen der führenden Südstaaten-Generäle wie Lee und Jackson. Vergleichbar ist das vielleicht mit der Forderung nach der Umbenennung von Kasernen in Deutschland, an denen auch lange Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg noch die Namen von Wehrmachtsgenerälen prangten, die willige Helfer bei Adolf Hitlers Vernichtungskrieg waren. In Charlottesville, wo es nun zu tödlichen Auseinandersetzungen um die Lee-Statue kam, wird schon lange über dieses Monument gestritten. Auch in New Orleans gab es in den vergangenen Monaten heftige Konflikte, weil die Stadtverwaltung vier Statuen von Südstaaten-Generälen entfernen ließ.

Dass es jetzt um Reiterstandbilder geht, mag neu sein. Im Grunde aber tobt der Kulturkampf um die Symbole der Konföderation seit Jahrzehnten. Vor den Statuen ging es dabei vor allem um die alte Kriegsflagge der Südstaaten, jene auch bei Rechtsextremen und Rassisten beliebte Fahne mit den schräg gekreuzten blauen Balken auf rotem Grund. Etliche US-Bundesstaaten im Süden hissten diese Flagge noch bis in die jüngste Vergangenheit über ihren Parlamenten, in Mississippi zum Beispiel ist das Balkenkreuz immer noch Teil der Fahne des Bundesstaates. In North Carolina wurde die Südstaaten-Flagge erst 2015 abgehängt, nachdem ein weißer Rassist in einer schwarzen Kirche mehrere Menschen erschossen hatte.

Für die linksliberale Ostküstenelite sind die Südstaatler, die an ihren Generälen hängen, nur bigotte Hinterwäldler. Da ist freilich eine gehörige Portion Heuchelei dabei. Denn in jedem Januar versammeln sich Washingtons Reiche und Mächtige zu einem Festbankett, dem sogenannten Alfalfa-Dinner. Es ist das größte gesellschaftliche Ereignis des Jahres und findet seit 1913 statt - zu Ehren des Südstaaten-Generals Robert E. Lee.


Aus: "In Amerika tobt ein Kulturkampf um Reiterstandbilder" Hubert Wetzel, Washington (13. August 2017)
Quelle: https://www.sueddeutsche.de/politik/gewalt-in-charlottesville-in-amerika-tobt-ein-kulturkampf-um-reiterstandbilder-1.3626668 (https://www.sueddeutsche.de/politik/gewalt-in-charlottesville-in-amerika-tobt-ein-kulturkampf-um-reiterstandbilder-1.3626668)

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Quote[...] ,,Hauptstadt der extremen Rechten", nannte El Plural unlängst Madrid. Die Online-Zeitung beschäftigte sich mit dem Umgang des seit zwei Jahren regierenden Bürgermeisters Madrids José Luis Martínez-Almeida mit der spanischen Vergangenheit.

Der Politiker aus den Reihen der konservativen Partido Popular (PP), der mit der Unterstützung der rechtsliberalen Ciudadanos und den Stimmen der rechtsextremen Vox die Geschicke der spanischen Hauptstadt lenkt, schickte vergangenen Herbst städtische Angestellte mit Hammer und Meißel los, um eine Tafel zu Ehren des ehemaligen Premierministers der spanischen Republik, des Sozialisten und Gewerkschafters Francisco Largo Caballero (1869–1946) zu entfernen. Zurück blieben Trümmer.

Den Steintafeln mit 3.000 Namen von standrechtlich Erschossenen aus den ersten Jahren der Franco-Diktatur, die eine Gedenkstätte auf dem hauptstädtischen Friedhof zieren sollten, erging es ähnlich. Verse des Dichters Miguel Hernández, der in einem faschistischen Gefängnis verstarb, wurden ebenfalls entfernt.

Es ist eine 180-Grad-Wende in der Politik des Erinnerns. Almeidas Vorgängerin, die linksalternative Manuela Carmena nutzte das Gesetz zum historischen Erinnern aus dem Jahr 2007, um 52 Straßen, die Namen von Persönlichkeiten oder Institutionen der Diktatur trugen, gegen demokratische auszutauschen. Kläger dagegen bekamen teilweise recht.

Almeida nutzt das Urteil jetzt, um sechs Straßen wieder ihre alten, franquistischen Namen zurückzugeben. So wird etwa die Straße ,,Barco Sinaia", benannt nach dem Schiff, das am Ende des spanischen Bürgerkriegs republikanische Flüchtlinge ins Exil nach Mexiko brachte, künftig wieder ,,Crucero Baleares" heißen. Der Kreuzer bombardierte 1937 die Zivilbevölkerung in Málaga.

Und die Straße, die nach der Lehrerin Justa Freire, pädagogische Erneuererin aus den Jahren der Republik, benannt wurde, trägt erneut den Namen des faschistischen Generals Millán Astray. Dieser wurde durch den Ruf ,,Es sterbe die Intelligenz! Es lebe der Tod" während eines Vortrags des Philosophen Miguel de Unamuno an der Universität in Salamanca bekannt.

,,Namen schaffen Bewusstsein", sagt die Historikern María del Mar del Pozo. ,,Jeder weiß, wie seine Schule oder die Straße hieß, in der er oder sie aufgewachsen ist. Es macht einen Unterschied, ob sie den Namen einer Lehrerin oder den eines faschistischen Generals trägt", so die Professorin von der Universität Alcalá. Sie ist Autorin mehrerer Studien und Bücher über die pädagogische Reformbewegung in den Jahren der frühen Republik. ,,Justa Freire glaubte fest daran, dass der Zugang zu Bildung die soziale Lage der Kinder aus armen Verhältnissen verbessern könne."

Und was macht Bürgermeister Almeida? Er will jetzt gar eine sechs Meter hohe Soldatenstatue errichten lassen. Sie soll an die Spanischen Legion erinnern. 1920 als Fremdenlegion gegründet, gelangte die Legión Española vor allem durch Kriegsverbrechen in Nordafrika und während des spanischen Bürgerkrieges zu Berühmtheit. Das Denkmal soll ausgerechnet auf dem Platz vor dem Königlichen Palast in Madrid stehen. Dort also, wo Diktator Francisco Franco (1892–1975) gerne seine Ansprachen an die Massen hielt.

Die Symbole der Diktatur sind in der Hauptstadt heute nach wie vor sehr präsent. Am Verteidigungsministerium prangen die Wappen der Diktatur. Auf dem Uni-Campus steht eine Büste des Ministers, der die demokratischen Akademiker verfolgen ließ. In einem der städtischen Parks steht ein Denkmal für die Putschisten von 1936. Und den Eingang der Stadt vom Nordwesten her ziert ein Triumphbogen zu Ehren des Sieges der Faschisten über die Demokratie im Jahre 1939.

,,Der Regierungspalast ist nur wenige Meter entfernt. Alle Regierungschefs, egal welcher Couleur, fuhren dort täglich vorbei. Gestört hat es scheinbar keinen", beschwert sich Emilio Silva, Vorsitzender und Gründer der Vereinigung zur Wiedererlangung der historischen Erinnerung (ARMH). Er streitet seit Jahren für Gerechtigkeit und Wiedergutmachung für die Opfer der Diktatur. Für ihn ist die Politik von Bürgermeister Almeida ,,eine neuerliche Erniedrigung der damaligen Opfer". Die Überreste von 100.000 von ihnen liegen bis heute in Spanien irgendwo in anonymen Massengräbern verscharrt.

Almeida führt, so Silva, einen ,,Krieg um die Deutung der Geschichte und um den Begriffe der Freiheit" fort, den die Rechte vor Jahren bereits unter dem einstigen spanischen Ministerpräsidenten José María Aznar begann.

,,Die PP hat Bürgerkrieg und Diktatur nie verurteilt. Anders als in Deutschland hat die spanische Rechte nie ganz mit dem faschistischen Erbe, dem Franquismus gebrochen", meint auch Clara Ramas San Miguel. Für die Philosophieprofessorin von der hauptstädtischen Universität Complutense hat die PP zwei Seelen: ,,Eine staatstragende, die regiert und verwaltet, und eine ideologische". Mit der neuen Generation rund um den jungen Parteichef Pablo Casado sei die ideologische Rechte am Drücker.

Casado diskreditiert den Antifaschismus mit Behauptungen wie: ,,Links sein kann nicht modern sein. Sie sind Ewiggestrige, die den ganzen Tag von Großvaters Krieg und von den Massengräbern von was weiß ich wem reden." Almeida ist einer seiner engsten Vertrauten, Sprecher des Parteivorstandes.

,,Die rechtsextreme Vox treibt die PP vor sich her", sagt Professorin Ramas. Die PP dominierte jahrzehntelang das gesamte rechte Spek­trum. Dann brach Vox die Hegemonie vom rechten Rand her auf. Die von Ex-PPlern gegründete Partei wurde bei den letzten spanischen Parlamentswahlen 2019 auf Anhieb drittstärkste Kraft.

Für Vox steht neben der nationalen Einheit Spaniens die Ablehnung der ,,Genderdiktatur" ganz oben auf der Liste ihrer Themen. Feminismus ist das Feindbild schlechthin. ,,Almeida ist auf die Unterstützung von Vox im Rathaus angewiesen. Deshalb geht er immer wieder auf deren Forderungen ein", sagt Ramas. So etwa, als die Rechtsextremen die Entfernung einer großflächigen feministischen Wandmalerei verlangten.

Es zeigt herausragende Persönlichkeiten wie Rosa Parks, Angela Davis, Rigoberta Menchu, Emma Goldman oder Frida Kahlo. Almeida nahm schließlich von dem Vorhaben Abstand. Das Gemälde blieb, wurde aber kurz darauf geschändet. Den Frauen wurden Fadenkreuze auf die Stirn gesprüht.

,,Almeida versucht, der Linken die Interpretation der Geschichte der letzten 100 Jahre in Spanien streitig zu machen, sie neu zu definieren", sagt Guillermo Fernández. Die Strate­gie des Bürgermeisters sei eine der extremen Rechten weltweit, erklärt der Dozent an der Madrider Universität Carlos III. ,,Die Rechte beklagt, dass die Linke eine vermeintliche kulturelle Hegemonie besitze", sagt Fernández, der über die europäische radikale Rechte forscht.

,,Deshalb gestalten sie den politischen Kampf nicht nur in Parlamenten, oder auf den Straßen und in sozialen Bewegungen. Sie kämpfen auch um die Kultur und die Weltbilder." Der ,,metapolitische Kampf" richte sich gegen die vermeintliche intellektuelle Vorherrschaft des fortschrittlichen Lagers, gegen eine demokratisch orientierte Erinnerungspolitik, gegen Feminismus und gegen eine Toleranz für verschiedene Lebensformen.

Jorge Lago, Verleger und Politikdozent an der gleichen Universität wie Fernández, benennt noch einen weiteren Aspekt. ,,Almeida spielt mit der Linken. In dem die Linke gezwungen wird, Symbole und Name aus der Vergangenheit zu verteidigen, erscheint sie linker als sie ist. Die Linke verliert so die Initiative, sie reagiert nur noch", so Lago. ,,Das hinterlässt bei vielen den Eindruck: Die Linke handelt nicht aus einem gesunden Menschenverstand der Gegenwart, sondern sie ist parteiisch und nostalgisch und kümmert sich nur um rückwärtsgewandte Themen und um bestimmte Minderheiten."

Selbst die sozialdemokratische PSOE, die wirtschaftspolitisch längst so neoliberal sei wie die PP, werde in diesen Debatten um Vergangenheit und Werte zur Linken alten Stiles deklariert. Während sich die PP gleichzeitig als Partei der Zukunft inszeniert, die sich auf gutes Verwalten und erfolgreiche Wirtschaftspolitik verstehe. ,,Eine intelligente Strategie. Die Rechte drängt die Linke dorthin, wo sie nur verlieren kann", schlussfolgert der Spe­zialist für politische Diskurse.


Aus: "Kulturkampf in Spaniens Hauptstadt: ,,Es sterbe die Intelligenz!"" Reiner Wandler, Auslandskorrespondent Spanien (1.10.2021)
Quelle: https://taz.de/Kulturkampf-in-Spaniens-Hauptstadt/!5801087/ (https://taz.de/Kulturkampf-in-Spaniens-Hauptstadt/!5801087/)

Quotefritz
1. Okt, 10:40

Spanien. Die Autobiographie von Bunuel öffnet die Augen. Da bleibt von der Republik nicht nicht übrig.


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Quote[...] Am letzten Sonntag spielten sich in der englischen Hafenstadt Bristol Szenen ab, die an den Sturz der Statue Saddam Husseins in Bagdad im Jahr 2003 erinnerten. Eine wütende Menschenmenge versammelte sich vor dem Denkmal des Sklavenhändlers und Stadtvaters Edward Colston. Mit Seilen rissen die «Black Lives Matter»-Aktivisten die Statue vom Sockel, rollten sie unter Jubelrufen zum Hafenbecken und versenkten sie im Wasser. Nach Jahren ergebnisloser Debatten über die Zukunft des Denkmals schufen die Demonstranten Fakten und lösten im ganzen Land einen Dominoeffekt von Initiativen zur Entfernung von Monumenten von Sklavenhändlern und Kolonisatoren aus. Selbst zur Rolle bedeutender Staatsmänner wurden plötzlich Fragen laut – vom brutalen Regime in Irland unter Oliver Cromwell im 17. Jahrhundert bis zur Hungersnot in Bengalen im Jahr 1943 unter dem als Antifaschisten verehrten Winston Churchill.

Dass sich die vom Tod von George Floyd in den USA ausgelöste Rassismus-Debatte im britischen Kontext an Denkmälern und an der Kolonialgeschichte entzündet, ist kein Zufall. Denn der Streit um die Bewertung des britischen Empires trägt schon seit längerem kulturkämpferische Züge. Konservative Historiker wie der bekannte Brexit-Anhänger und emeritierte Cambridge-Professor Robert Tombs kritisieren dabei die «antikolonialistische Orthodoxie» der letzten Jahrzehnte, die das Empire nur als System von Sklaverei, Rassismus und Ausbeutung darstelle.

Tombs betont im Gespräch, dass er den Aufbau des Weltreichs aus heutiger Perspektive nicht rechtfertigen würde, doch wirbt er für eine differenzierte historische Betrachtung. So habe das Empire teilweise auch Frieden, staatliche Ordnung und über Infrastrukturprojekte wirtschaftliche Entwicklung gestiftet. Tombs räumt zwar ökonomische Ungleichheiten ein, betont aber, dass das Empire für das Mutterland nicht nur profitabel, sondern auch kostspielig gewesen sei. Die britische Arbeiterklasse sei dem Imperium gleichgültig bis ablehnend gegenübergestanden, während die Verwaltung der Kolonien ohne die Unterstützung weiter Teile der Lokalbevölkerung gar nicht funktioniert hätte. Er wolle damit nicht bestreiten, dass das Empire Leid und Unrecht verursacht habe, betont Tombs. «Aber müssen wir uns deswegen ewig schuldig fühlen?»

Tatsächlich war das Empire, das 1922 knapp einen Viertel der globalen Landfläche und rund einen Fünftel der damaligen Weltbevölkerung umfasste, ein vielschichtiges Gebilde. Die vom Würgegriff Pekings bedrohte Protestbewegung in Hongkong blickt gerade in diesen Tagen mit Wehmut auf die britische Herrschaft zurück, unter der es Rechtsstaatlichkeit und Freiheit, jedoch keine demokratische Mitbestimmung gab. Insgesamt aber wirken Hinweise auf die positive Rolle bei der Abschaffung der Sklaverei oder auf Verdienste des Empires allzu oft wie ein Versuch, kolonisatorische Arroganz und brutale Herrschaftsmethoden zu relativieren. Und dass Konservative glauben, das Empire verteidigen zu müssen, sehen linke Akademiker wie der Kulturwissenschafter Paul Gilroy gerade als Beweis für ihre These, dass Grossbritannien seinen imperialen Niedergang noch nicht überwunden hat.

Der am Londoner University College lehrende Gilroy ist ein renommierter Experte für Rassismus und die Kultur der afrikanischen Diaspora, greift aber im Gespräch auf das Vokabular der Psychologie zurück. Die Briten blickten bis heute mit Wehmut auf den Verlust ihres Weltreiches, anstatt diesen Verlust proaktiv zu verarbeiten, erklärt Gilroy. Diese Verweigerungshaltung sei verständlich, denn es sei unangenehm und führe zu Schuldgefühlen, historischen Tatsachen ins Auge zu blicken und die eigene Rolle als Befreier und Zivilisator zu hinterfragen. «Ich denke nicht, dass sich heute jemand schuldig fühlen muss, denn niemand von uns war zur Kolonialzeit dabei», meint der Brite mit guayanischen Wurzeln. «Aber angesichts von Mord, Brutalität, Folter und Hungersnöten ist ein gewisses Schamgefühl durchaus angebracht.»

Gilroy interpretiert den Brexit als Versuch, die verlorene Grösse des alten Kolonialreichs wieder herzustellen. Tatsächlich strebt die Regierung von Boris Johnson ein weltumspannendes Netz neuer Freihandelsverträge an – namentlich mit den Ländern des Commonwealth, dem Überbleibsel des Empires, wobei der Enthusiasmus in den ehemaligen Kolonien kleiner ist als in London. Tombs wiederum wittert hinter den Angriffen auf das Empire einen Versuch, den Brexit zu diskreditieren.

... Das Erbe des Empires zeigt sich auch in der ethnischen Diversität der britischen Gesellschaft. Tombs wagt gar die These, Einwanderer aus dem alten Empire hätten weniger Integrationsprobleme als andere Migranten, da sie mit der englischen Sprache und Kultur vertraut seien. Unübersehbar sind im multikulturellen London aber auch die sozialen Ungleichheiten, von denen gerade Menschen mit Wurzeln in den ehemaligen Kolonien besonders stark betroffen sind.

Wer mit jugendlichen «Black Lives Matter»-Demonstranten spricht, hört oft die Forderung nach einem kritischeren Umgang mit der Kolonialzeit in der Schule – Statuen von Sklavenhändlern im öffentlichen Raum symbolisieren dieses gefühlte Manko. Während Tombs Statuen nicht für sakrosankt hält, ortet Gilroy die Gefahr, dass der alleinige Fokus auf historische Monumente von heutigen strukturellen Diskriminierungen ablenke. Gilroy plädiert eher dafür, problematische Statuen nicht zu entfernen, sondern durch zeitgenössische Künstler in einen neuen Kontext stellen zu lassen. In Bristol haben die Behörden die Colston-Statue mittlerweile aus dem Wasser gefischt – und entschieden, sie künftig in einem Museum auszustellen.


Aus: "Denkmalsturz in Bristol: In Grossbritannien tobt ein Kulturkampf um das verlorene Empire" Niklaus Nuspliger, London (13.06.2020)
Quelle: https://www.nzz.ch/international/grossbritannien-kulturkampf-um-das-verlorene-empire-ld.1560568 (https://www.nzz.ch/international/grossbritannien-kulturkampf-um-das-verlorene-empire-ld.1560568)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 22, 2021, 03:38:07 PM
Quote[...] In Afghanistan haben die regierenden militant-islamistischen Taliban weitreichende Einschränkungen für Fernsehinhalte verhängt. TV-Sender dürften keine Filme oder Serien mehr zeigen, in denen Frauen eine Rolle spielen oder die der islamischen Scharia oder afghanischen Werten widersprächen, heißt es in einer Anweisung des Ministeriums für die Förderung der Tugend und Verhütung des Lasters, die am Sonntag an Fernsehsender ausgegeben wurde. Der Sprecher des Ministeriums, Mohammed Sadik Asif, bestätigte die Direktive.

Die Ausstrahlung heimischer oder ausländischer Filme, die fremde Kulturen und Traditionen in der afghanischen Gesellschaft verbreiteten und Sittenlosigkeit verursachten, müssten gestoppt werden, heißt es in der Anweisung. In Unterhaltungsprogrammen solle zudem niemand beleidigt werden. Weiter erlaubt ist der Auftritt von Moderatorinnen oder Reporterinnen, allerdings müssten diese den islamischen Hidschab tragen.

In Afghanistan sind vor allem türkische, indische und iranische Seifenopern beliebt, seltener wurden US-Serien oder Filme gezeigt. Bereits zuvor gab es von Konservativen oder Klerikern in dem Land immer wieder Kritik an diesen Programmen, in denen etwa Frauen ihre Ehepartner selbst wählten. Die Serien verführten die Jugend, hieß es.

Auch Satireprogramme sind in Afghanistan sehr beliebt. Wöchentliche Sendungen verunglimpften die ehemalige Regierung von Aschraf Ghani, korrupte Beamte oder das Militär.

Quelle: ntv.de, mbu/dpa



Aus: "Hidschab-Pflicht bei Moderation Taliban verbieten Filme mit Frauen" (Montag, 22. November 2021)
Quelle: https://www.n-tv.de/politik/Taliban-verbieten-Filme-mit-Frauen-article22946397.html (https://www.n-tv.de/politik/Taliban-verbieten-Filme-mit-Frauen-article22946397.html)

Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 01, 2021, 05:30:21 PM
... Also kulturell abrüsten im Status-Wettkampf. ...

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Zu: "OECD-Studie: Immer mehr Deutsche verlieren Anschluss an Mittelschicht" (1. Dezember 2021)
Quelle: https://www.zeit.de/wirtschaft/2021-12/oecd-studie-mittelschicht-deutschland-abstieg-pandemie-bertelsmann (https://www.zeit.de/wirtschaft/2021-12/oecd-studie-mittelschicht-deutschland-abstieg-pandemie-bertelsmann)


QuoteDr. Econ #41

Alle paar Monate kommt eine neue Studie, dass sich innerhalb der wohlhabenden, westlichen Leistungsgesellschaften die finanziellen und sozialen Ungleichgewichte bei Einkommen und Vermögen verstärken.

Und immer gibt es zwei vorhersehbare Reaktionen, ja fast Reflexe, die beide wie stumpfe Messer keinen Stich gegen das Problem haben:

1. Noch mehr davon. Mehr Konkurrenz, mehr Leistungsprinzip. Der Staat ist schuld, er soll weniger versuchen, die Ungleichgewichte abzumildern. Die Bürger sollen härter konkurrieren, mehr in ihr Humankapital investieren, um es dann später besser ausbeuten zu können.

Quintessenz: Die Religion verkündet die Wahrheit und bringt die Erlösung, du musst nur frommer werden und fester im Glauben. Umarme, lebe ihre Prinzipien - und so sollst auch du eines Tages ins Paradies geführt werden. Versprochen.

Das Problem ist nur: Auch die Nationen mit der niedrigsten Staatsquote und der konsequentesten Durchsetzung eines unerbittlichen Leistungsprinzips sehen Jahr um Jahr sich verschärfende soziale Umwuchten. Bis zu völlig entkoppelten Lebenswelten wo sich eine in Status, Selbstwert und wirtschaftlich völlig entkoppelte Mittelschicht nativistischen Populisten zuwendet - weil ihnen die Leistungsreligion sonst nichts mehr lässt, auch moralisch. Denn du bist ja selber schuld.

2. Wir brauchen mehr Sozialstaat. Mehr Almosen für die Armen und Abgehängten. Sonderrente, Sonderkindergeld, Sozialaufschlag, 50€ Bildungsgutscheine, sozialen Wohnungsbau etc.

Das Problem: Hier akzeptiert man schon, dass die Abgehängten abgehängt sind - man will es ihnen nur ein bisschen netter machen. Das hilft aber nicht dem Selbstwertgefühl. Das wahre Problem ist nicht die Umverteilung nach Almosenprinzip, sondern die Exklusivität der Leistungsgesellschaft.

Und daran rüttelt man nicht mit sozialem Wohnungsbau und Sondergeldern.

...

Wir müssen erst mal mit den Reflexen aus der Mottenkiste aufhören. Mit den vorbereiteten Antworten aus der jeweiligen ideologischen Schublade.

Und erkennen, dass weder "mehr davon", noch staatliche Alimentierung das Problem lösen. Wir haben beide Extreme in verschiedenen Nationen über Jahrzehnte ausprobiert aber sehen ähnliche strukturelle Entkopplungen und den Aufstieg des populistischen Nativismus.

Ich sehe in einer Zeit zunehmender Spreizung und Exklusivität die Leistungsreligion selbst als problematisch an.
Die Elite und die Mittelschicht kämpfen im Statuskampf mit ungleichen Waffen.

Das Versprechen des sozialen Aufstiegs durch Leistung ist daher bedroht.
Es galt am ehesten in der Phase der Nachkriegsjahre bis Ende der 70er - seitdem hat sich die wachsende Produktivität aller westlichen Volkswirtschaften von den Medianeinkommen immer weiter entkoppelt.

... Wir brauchen einen Kulturwandel: Wenn Karriereerfolg allein den sozialen Status bestimmt, der für viele aber immer öfter unerreichbar wird - die 60er sind vorbei - dann suchen sich die Leute ihr Selbstwertgefühl woanders. Deutsch zu sein, weiß zu sein, über den Zugewanderten zu stehen, einer wissenden Minderheit anzugehören, die die "wahren Pläne" der bösen Elite kennt, etc.
Das Problem wächst und wächst.

... Die Leistungsgesellschaft muss deutlich inklusiver werden. Muss immer lachen wenn die FDP von Chancengleichheit spricht: Echte Chancengleichheit wäre eine Revolution, die massivste Investitionen erfordern würd

Also kulturell abrüsten im Status-Wettkampf.

Das ist eine große Aufgabe und passt nicht zur derzeitigen Fetischisierung von Status, Erfolg und Berühmtheit auf Instagram, in Casting-Shows, in der Popkultur.

Und auch nicht zu den leeren Versprechen die wir schon unseren Kindern eintrichtern - du musst nur härter gegen die anderen konkurrieren, dann schaffst du den Aufstieg. Weil es nicht mehr so zutrifft wie vor 40, 50 Jahren und dann hast 95% die sich schuldig fühlen nicht genug getan zu haben obwohl sie in Wahrheit nie eine echte Chance hatten.

Oder anders gesagt: Endlich kapieren dass nicht alle Läufer eine Medaille bekommen, wenn alle 20% schneller laufen. Die Rangfolge bleibt gleich aber alle sind kaputter - auch die Gewinner. Nur gehts hier um mehr als nur einen Sprint. Um alles, die Identität, das Selbstwertgefühl, das Einkommen. Lebenslang.

Und dazu echte Chancengleichheit schaffen.

Was die FDP immer fordert aber eigentlich nicht wirklich zuende gedacht haben kann.

Denn das wäre ein gewaltiges Projekt, von dem ihre Wählerklientel definitiv nicht profitieren würde, sondern im Gegenteil.



...
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 02, 2021, 10:43:10 AM
Der Anteil derjenigen, die glauben, dass der kulturelle Hintergrund der Erziehungsberechtigten einen großen Einfluss auf die Bildungschancen der Kinder hat, ist laut Forsa sehr deutlich auf 51 Prozent gestiegen ...

Quote[...] Eine Mehrheit  der 14- bis 21-Jährigen glaubt nicht, dass alle Kinder unabhängig von ihrer sozialen und kulturellen Herkunft die gleichen Chancen auf eine gute Bildung haben. Eine repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstitut Forsa im Auftrag der Initiative "Tag der Bildung" (8. Dezember) ergab, dass 59 Prozent der befragten jungen Menschen an der Chancengerechtigkeit im Bildungssystem zweifeln. 

... Der Anteil derjenigen, die glauben, dass der kulturelle Hintergrund der Erziehungsberechtigten einen großen Einfluss auf die Bildungschancen der Kinder hat, ist laut Forsa sehr deutlich auf 51 Prozent gestiegen - das sind 20 Prozentpunkte mehr als bei der ersten Abfrage dieses Faktors im Jahr 2016. 73 Prozent der Befragten sehen auch einen großen Einfluss beim Freundeskreis der Kinder und Jugendlichen und 67 Prozent bei der Bildung der Eltern.

... Für die Umfrage wurde von der Forsa Politik- und Sozialforschung im September und Oktober 2021 rund 1000 Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 14 bis 21 Jahren befragt.


Aus: "Deutsche Jugend zweifelt an Chancengleichheit" Jan Kixmüller (02.12.2021)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/wissen/bildungsgerechtigkeit-deutsche-jugend-zweifelt-an-chancengleichheit/27852896.html (https://www.tagesspiegel.de/wissen/bildungsgerechtigkeit-deutsche-jugend-zweifelt-an-chancengleichheit/27852896.html)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 05, 2021, 01:47:10 PM
Wie eine lebensrettende medizinische Maßnahme – Impfen – zum Teil eines Kulturkampfs werden konnte, werde ich nie verstehen. Wir leben in gegenaufklärerischen Zeiten.

post-truth adjective relating to a situation in which people are more likely to accept an argument based on their emotions and beliefs, rather than one based on facts
https://dictionary.cambridge.org/dictionary/english/post-truth (https://dictionary.cambridge.org/dictionary/english/post-truth)

Quote... Der Begriff Obskurantismus findet sich insbesondere als Terminus in Texten, die unmittelbar mit der Epoche der Aufklärung oder dem damit verbundenen Gedankengut im Zusammenhang stehen. Im allgemeinen deutschen Sprachgebrauch galt er – anders als das Adjektiv obskur – zwischenzeitlich bereits als ungebräuchlich. In aktuellen Wörterbüchern und Lexika ist der Begriff Obskurantismus jedoch weiterhin präsent, als Bestreben, andere Menschen absichtlich ,,in Unwissenheit zu halten, ihr selbstständiges Denken zu verhindern und sie an Übernatürliches glauben zu lassen ... "


Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Obskurit%C3%A4t (https://de.wikipedia.org/wiki/Obskurit%C3%A4t) (28. November 2021)

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Quote[...] Erneut nahmen organisierte Rechtsextreme eine prominente Rolle bei den Versammlungen ein. Es kam zum Teil zu unübersichtlichen Situationen.  ... Von FPÖ-Chef Herbert Kickl gab es nach der Demo Lob: "Auch heute gelang es wieder gemeinsam mit zigtausenden Menschen ein friedliches aber sehr lautes und enorm starkes Zeichen gegen den bevorstehenden Impfzwang zu setzen", postete er auf Facebook. Für kommende Woche ist erneut eine Demonstration in der Bundeshauptstadt angesagt. Die FPÖ kündigte bereits eine "Großkundgebung" an. (Vanessa Gaigg, 4.12.2021)


Aus: "Zehntausende demonstrierten in Wien gegen Impfpflicht und gegen Lockdown" (5. Dezember 2021)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000131674525/zehntausende-demonstrierten-in-wien-gegen-impfpflicht-und-gegen-lockdown?ref=rss (https://www.derstandard.at/story/2000131674525/zehntausende-demonstrierten-in-wien-gegen-impfpflicht-und-gegen-lockdown?ref=rss)

Quote
Il_Serpente, 5. Dezember 2021, 10:29:14

Wenn sie 'das Volk' sind, dann möchte ich nicht dazugehören. Ich habe Verständnis für Demos, die zu den demokratischen Grundrechten gehören, aber wenn 'das Volk' sich an keine Coronaregeln hält, dann hört mein Verständnis echt auf.


Quotegigawatts

Liebe FPÖ, liebe MFG, liebe Identitäre, lieber Küssel, lieber Kickl, lieber Rutter und wie ihr heldenhaften Rebellen gegen den "Gesundheitsfaschismus" alle heißt
Ich hätte da ein Rechenbeispiel für Euch:
Inzidenz von 700 momentan. Heißt: 700 von 100.000 oder 0.7% der Bevölkerung sind momentan aktiv infiziert. Von den 40.000 Demo-Teilnehmern waren dann ca. 300 infiziert. So eng, wie ihr da ohne Masken zusammensteht und dann mit Bussen oder im Zug maskenlos heimfährt, steckt jeder von Euch wohl 5 weitere an. Also 1500 Neu-Infektionen. Gehen wir von 1% Letalitätsrate bei Ungeimpften aus. Das heißt: 15 Menschen werden direkt infolge dieser Demo sterben. Und 150 Long Covid-Fälle. Zusammenfassung: Ihr bringt eure eigenen Wähler um.


QuoteNachdenklich

Was der Pferdewurmführer dazu sagt, ist unter aller Sau. Kann den bitte jemand auf den Mond schießen?
Ich wollte es zuerst hier verlinken, aber das ist es mir nicht wert. Kann jeder selbst auf orf.at nachlesen.
Nein, diese 42000 Demonstranten sind NICHT ÖSTERREICH, sondern ein kleiner verblendeter Teil, Sie and NICHT DAS VOLK, sondern 0,5% davon.
Der Großteil Österreichs geht impfen, mehr als 50% befürworten auch die Impfpflicht, weil sie nicht verstehen, dass sie von der lauten Minderheit unterdrückt wird.
So schauts aus. Mehr Menschen gehen an einem Tag zur Impfung als zur Demo. Und zur Impfung gehen nicht immer die gleichen


Quote
grashopper

Die Demoteilnemer aus den Bundesländern
sind für die Wiener eine Belastung. Sie bringen die höheren Infektionszahlen in die Stadt. Tragen keine Masken in den öffentlichen Verlehrsmitteln und benehmen sich wie Wilde. Das brauchen wir in Wien nicht, hier können sich die Leute im öffentlichen Raum besser benehmen.


Quote
FUMUS

Das ist erst der Anfang! In wenigen Jahren werden sich die Klimaretter und die Klimaleugner ebenso unversöhnlich gegenüber stehen! ...


Quote
Nachteule99

Man sollte diesen Herrschaften geben, was sie wollen, sprich:
- testen, wer will
- impfen, wer will
- maskieren, wer will
- alles öffnen
- nur medizinische Grundversorgung für Ungeimpfte
- bei Triage Vorzug für Geimpfte


Quote
Coolidge

Jo eh, aber auch dann sind sie die Opfer. Man kann es drehen wie man will, das sind die geborenen Opfer.


...

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Quote[...] In den Protesten gegen die Corona-Maßnahmen schließen sich unterschiedliche Milieus gegen ,,die da oben" zusammen, beobachtet der Religionswissenschaftler Andreas Grünschloß. Der Glaube an eine ,,alternative Weltsicht" verbinde Esoteriker, Fundamentalisten und Rechtsextreme, sagte er im Dlf.

Christian Röther: Herr Grünschloß, was verstehen Sie als Religionswissenschaftler unter dem Begriff ,,Esoterik"?

Andreas Grünschloß: Der Begriff Esoterik ist etwas schwammig, wird auch meistens heute etwas breiig gebraucht. Zunächst mal bezeichnet er das Innere – oder auch dann in seiner Verwendung häufig das Geheime. Also gerade im religiösen Zusammenhang spricht man von esoterischen religiösen Traditionen, also solche Traditionen, wo der Zugang zu dem eigentlichen wichtigeren religiösen Wissen nicht allen zugänglich ist, sondern nur einem Kreis von Eingeweihten. Also religiöse Traditionen, die so eine Art Initiation brauchen, um die Leute eben in bestimmten Stufen eventuell auch an die inneren Geheimnisse heranzuführen. Man könnte sagen: Esoterische Religiosität ist eigentlich eine Geheimreligiosität.

Das Ganze ist dann so ein bisschen ein Widerspruch, weil eigentlich bezeichnen wir mit Esoterik heute alle die nicht in großen, verfassten religiösen Traditionen operierenden Diskurse, sondern Gruppierungen oder auch Einzelakteure, die eine modernere, alternative Weltsicht, häufig auch eben durch Inputs aus verschiedenen religiösen Traditionen, betreiben.

Und wenn man versuchen möchte, zusammenzustellen, was charakterisiert das, was wir mit Esoterik meinen, dann meinen wir damit eben religiöse Weltdeutungen, die zum einen eine Art von einem spirituellen höheren Selbst im Menschen annehmen – also, wenn man mit einem indischen Begriff arbeiten möchte, eine ,,Atman"-artige Seelensubstanz, die den Kern der eigentlichen Person bildet.

Daher finden Sie eigentlich auch fast durchgängig in den esoterischen Traditionen die Vorstellung von Wiedergeburt beziehungsweise Reinkarnation, dass eben genau dieser Seelenkern sich immer wieder verkörpert. Teilweise ist das auch weltbildartig dann ausgeweitet, dass eben auch das gesamte Universum, die gesamte Welt lebendig ist – also die Gaia-Hypothese, dass auch die Erde ein Organismus ist, eben auch so eine Atman-artige Seelensubstanz besitzt. Also das wäre so der eine Punkt, der sehr häufig anzutreffen ist.

Dann Entsprechungen zwischen dem, was im Mikrokosmischen und im Makrokosmischen vorgeht. Also ein bestimmter Laut, so wie in der indischen Mantra-Meditation, hat eine Auswirkung nicht nur auf meine Psyche und auf meine Seele, sondern setzt in der Umgebung auch makrokosmische Entsprechungen heraus. Das Paradebeispiel wäre etwa die Transzendentale Meditation des Maharishi Mahesh Yogi, der gesagt hat, wenn ein bestimmter Prozentsatz von Meditierenden in einer Stadt sind, dann wird die Kriminalitätsrate runtergehen, wird das sofort eine Auswirkung auf den Makrokosmos haben. Und solche Thesen gab es dann jetzt auch in der Coronazeit, dass eben durch den Einsatz von Meditation tatsächlich auch das Virus wegmeditiert, eingedämmt werden könne.

Röther: Und jetzt fällt der Begriff Esoterik eben öfters in Zusammenhang mit den Corona-Protesten in Berlin jetzt am Wochenende, aber auch schon vorher. Inwiefern passt dieser Begriff Esoterik auf die Menschen dort, oder auf Teile der Menschen dort, die da gegen die Anti-Corona-Maßnahmen protestiert haben?

Grünschloß: Also in dem Falle, wo es um eine religiös motivierte – die Menschen, die so was vertreten, nutzen nicht so gerne den Begriff Esoterik für sich, zumindest nicht mehr, das war in den 80er- und 90er-Jahren noch ein bisschen anders, häufig ist heute der Esoterik-Begriff so mit Dubiosität und ,,spinnerter" Weltsicht verbunden im öffentlichen Sprachraum.

Aber was wir häufig haben, die Idee oder die Sehnsucht danach, den Graben zwischen einer materialistisch ausgerichteten Naturwissenschaft und der spirituell-religiösen, geisteswissenschaftlichen Dimension des Menschen zu überbrücken. Das findet sich seit dem 19. Jahrhundert als durchgehender Tenor bis heute, eine holistische, neue, integrale Wissenschaft zu entwickeln, die beides überbrückt. Deswegen eben auch Offenheit für alternative Heilverfahren, alternative Wissenschaftskonzeptionen.

Und gerade im Bereich von Corona kann man dann natürlich zu Thesen kommen, dass hier eine andere Form von Heilung möglich sein muss als das, was die Autoritäten sagen. Dass vielleicht das, was vorgeschoben wird vor Corona, was ganz anderes ist, dass ganz andere Akteure im Hintergrund virulent sind. Also die Affinität zu Verschwörungstheorien, weil man eben an eine integralere, umfassendere Weltsicht glauben möchte, das ist ein Motiv, das nun Verschwörungstheoretiker, esoterisch gestimmte Menschen, aber auch zum Teil eher rechtslastige Leute oder auf der anderen Seite auch fundamentalistisch-christlich orientierte Leute wieder miteinander vereinen kann bei so einer Demonstration, weil sie sagen, wir kämpfen im Prinzip gegen denselben Feind. Das, was die da oben uns erzählen wollen, ist nicht die wahre Sache, wir haben hier eine alternative Weltsicht. Das wäre so ein vager Anlaufversuch, wo gibt es da Affinitäten.

Röther: Jetzt gibt es Aufnahmen vom Wochenende, wo Menschen dort ,,Hare Krishna, Hare Rama" singen am Brandenburger Tor im Kontext dieser Proteste. Also ein Mantra aus dem Hinduismus, das auch aus neuen religiösen Bewegungen, aus der Hare Krishna-Bewegung eben, ISKCON, bekannt ist. Es verwundert auf den ersten Blick trotzdem, dass es jetzt da in Berlin am Wochenende zu hören war. Hat es Sie auch verwundert?

Grünschloß: Natürlich, klar. Ich hätte gedacht, wenn das jetzt eine Demo gewesen wäre in den 70er-Jahren, dann ist das klar, dann haben alle noch irgendwie George Harrison ,,My Sweet Lord" im Kopf und haben auch die Bilder von missionierenden Hare Krishna-Anhängern, also die Internationale Gesellschaft für Krishna-Bewusstsein, die ihre Büchlein verteilen auf den Straßen. In der Spät-Hippie-Zeit war das immer noch so im Diskurs. Das ist es ja heute eigentlich nicht mehr, auch die Hare-Krishna-Gemeinschaft ist ja weitestgehend aus der sichtbaren Oberfläche vielfach verschwunden.

Aber da war offenbar eine Gruppe dabei, die eben typisch da mit ihren Trommeln unterwegs waren und dieses Mantra gechantet haben. Das ist eben eine neo-hinduistische Bewegung, die in den 60er-Jahren entstanden ist in New York durch Swami Prabhupada, der als neo-hinduistischer Missionar in den Westen kam, um eben die Gottesliebe in Gestalt der Krishna-Verehrung unter die Menschen im Westen zu bringen. Aber das ist eher, würde ich sagen, ein Zufall, dass die halt auch dort waren und dass dann andere da miteinstimmen in den Gesang.

Wie der eine Reporter, der es dann nicht mal identifizieren konnte, was singen die da, was ist das, kenne ich gar nicht. Das ist eigentlich eher anachronistisch fast und eher ein Zufallsprodukt, dass hier nun, weil da eben ein paar Hare Krishna-Anhänger eben das gesungen haben, dann auch mehrere da miteingestimmt haben. Das würde ich jetzt erst mal aus der Ferne versuchen so zu diagnostizieren – so wäre mein Eindruck zumindest.

Röther: Aber, was Sie auch schon sagten, es ist dann ja wiederum kein Zufall, dass eben Menschen, die dieses Mantra kennen, weil sie eben in esoterischen Kontexten unterwegs sind, dort anzutreffen sind. Um das noch mal aufzugreifen, Sie haben es eben schon angedeutet, weil die durchaus eben, ich sage mal weltanschauliche Berührungspunkte haben eben mit Reichsbürgern, Menschen, die an Verschwörungen glauben, Rechtsextremisten. Trifft man sich da in dieser gemeinsamen Ablehnung der bestehenden Ordnung oder in der Esoterik, was Sie genannt haben, dass man sich im Besitz einer höheren Wahrheit eben wähnt?

Grünschloß: Ja, das wäre schon so eine Gemeinsamkeit, das man sagt, die Welt ist hintergründiger als das, was uns die etablierten Medien, die etablierten Wissenschaften und natürlich auch die etablierten politischen Autoritäten weismachen wollen. Dieser Vorbehalt gegenüber der, ich sage mal Oberfläche der etablierten Diskurse, das wäre etwas, was sie alle gemeinsam haben.

Es kommt noch meines Erachtens ein wichtiger Punkt mit hinzu: Das ist, dass aufgrund der – trotz allen kleineren Fehlern, die man gemacht hat, aber doch auch aufgrund der relativ umsichtigen Corona-Politik, die in Deutschland relativ schnell dann ja begonnen hat als es klar wurde, die Pandemie droht, kennen die meisten von uns hier in Deutschland das Virus eigentlich nur vom Hörensagen. Und von daher ist es relativ leicht, zu behaupten, das ist unplausibel und der Lockdown, das alles ist überzogen, da ist eine andere Motivation dahinter als das, um diese angebliche Krankheit zu verhindern.

Gerade in der Anfangsphase der Corona-Pandemie gab es ja eine Fülle von esoterischen oder sagen wir mal ,,alternativen" Deutungen dessen, was hier im Gange ist: Dass es sich hier gar nicht um ein Virus handelt, sondern das sind Strahlen der Übertragungsmasten und what have you. Also eine ganze Reihe von alternativen Deutungsmustern.

Und das ist, glaube ich, ein wichtiger Punkt. Wir kennen es nur vom Hörensagen – und wenn man dann mit Beeinträchtigungen leben muss, dann kann man sich natürlich relativ leicht darüber hinwegsetzen und behaupten, diese ganzen Reduzierungsvorschriften, die sind unplausibel, ich kenne überhaupt niemanden, der das Virus gehabt haben soll. Das kommt auch noch mit hinzu.

Und dann eben das gepaart, sei es nun aus einer alternativen politischen Utopie, also ich sage mal einer Reichsbürger-affinen Ideologie heraus oder sei es aus einer esoterischen Weltdeutung heraus, wo man sagt, hier sind gewisse Mächte im Gange, die im Hintergrund ihre Fäden ziehen, auch in der esoterischen Weltdeutung gibt es ja Verschwörungstheorien, es muss nicht, aber es gibt sie, und so können dann natürlich so bestimmte Argumentationsmuster sich ergänzen. Und dass man zumindest da dann sich auf einer Demo zusammenfinden kann und sagen, wir haben einen gemeinsamen Feind, und das sind die etablierten, diskursmächtigen Größen, die uns hier was weismachen wollen.


Aus: "Esoterik, Rechtsextreme und Proteste gegen Corona-Maßnahmen ,,Gegen denselben Feind"" Andreas Grünschloß im Gespräch mit Christian Röther (02.09.2020)
Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/esoterik-rechtsextreme-und-proteste-gegen-corona-massnahmen.886.de.html?dram:article_id=483421 (https://www.deutschlandfunk.de/esoterik-rechtsextreme-und-proteste-gegen-corona-massnahmen.886.de.html?dram:article_id=483421)

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Quote[...] Als am 28. Februar 1933 der Reichstag brannte, wurden die Flammen zum Fanal des Untergangs. Sie markieren das Ende der ersten deutschen Demokratie. Hitler, vier Wochen zuvor zum Reichskanzler ernannt, nutzte das Ereignis, um mittels der ,,Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat" seine Macht auszubauen. Am vergangenen Wochenende war das Reichstagsgebäude wieder Schauplatz einer bizarren Versammlung. Antidemokraten versuchten, ein Zeichen zu setzen.

Die Grundrechte der Weimarer Verfassung galten nicht länger. Gegner des Nationalsozialismus, unter ihnen viele kommunistische Abgeordnete, wurden inhaftiert. Erste Konzentrationslager entstanden. Angst regierte. Wer konnte, floh. Der Theaterkritiker Alfred Kerr tauchte unter und rettete sich nach Prag. Seine Tochter Judith Kerr beschreibt den Abschied in ihrem Erinnerungsbuch ,,Als Hitler das rosa Kaninchen stahl".

Vorhergesagt worden war der Reichstagsbrand von Erik Jan Hanussen. Der ,,Hellseher" hatte das Übernatürliche zum erfolgreichen Geschäftsmodell gemacht. In seiner ,,bunten Wochenschau", einer astrologischen Zeitschrift mit einer sagenhaften Auflage von 140 000 Exemplaren, schrieb er von einem bevorstehenden kommunistischen Anschlag. Als er am 26. Februar 1933 in der Lietzenburger Straße einen ,,Palast des Okkultismus" eröffnete, orakelte er über einen Großbrand.

Hanussen hieß in Wirklichkeit Hermann Chajm Steinschneider, er war auch kein Däne – wie er behauptete –, sondern Österreicher und hatte seine Karriere als Zauberkünstler begonnen. Obwohl er Jude war, begeisterte er sich für Hitler. Hanussen/Steinschneider ist im März 1933 von einem SA-Kommando verhaftet und ,,auf der Flucht" erschossen worden. Lion Feuchtwanger diente er als Vorbild für den Telepathen Oskar Lautensack in seinem Gesellschaftsroman ,,Die Brüder Lautersack".

Die Verbindung von Esoterik, Verschwörungstheorien und Rechtsextremismus, wie sie sich bei der von der Initiative Querdenken 711 veranstaltete Berliner Corona-Demonstration zeigte, hat eine lange Tradition. Sie reicht mindestens ins 19. Jahrhundert zurück, im Kern handelt es sich bei dem ideologischen Amalgam um eine Gegenbewegung zur Moderne und ihren Zumutungen. Dabei flossen Heilserwartungen und Fortschrittsskepsis ineinander, immer schon ging es um alternative Wahrheiten. Auf komplizierte Fragen mussten einfache Antworten gefunden werden. Manchmal wurden sie auch von Toten gegeben, die bei spiritistischen Sitzungen zu reden begannen.

Esoterik, im Altgriechischen der Begriff für Innerlichkeit, bezeichnet einen anti-intellektuellen Weg zur Erkenntnis, der nur demjenigen zugänglich ist, der sich spirituell öffnet. Die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, von dem Historiker Joachim Radkau ,,Zeitalter der Nervosität" genannt, war eine Ära rasanten technischen Aufschwungs, boomender Industrialisierung und mäandernder Sinnsuche. Zwar waren Dampflok, Telegraf und das elektrische Licht erfunden worden. Doch was fehlte, war Orientierung.

In seinem Roman ,,Der Zauberberg" beschreibt Thomas Mann gleich zwei Wunder. Die in einem Schweizer Sanatorium versammelte Gesellschaft von Kranken und Genesenden lauscht staunend der aus einem Grammophon klingenden Musik, ,,es war ein strömendes Füllhorn heiteren und seelenschweren künstlerischen Genusses".

Kurz danach werden tischerückend Geister angerufen. ,,Ist eine Intelligenz zugegen?", wollen die Patienten wissen. Nach kurzem Zögern kippt das Glas auf dem Tisch, was heißt: Der Geist bejaht. Thomas Mann hatte selbst an einer spiritistischen Sitzung teilgenommen, bei der ein Taschentuch zum Schweben gebracht wurde. Eine Erfahrung, über die er später spottete.

Man mag den wilhelminischen Spuk für Hokuspokus halten, aber unterscheidet ihn wirklich so viel von den Methoden heutiger Kryptoaktivisten und Parawissenschaftler? ,,Mainstream"-Bezweifler erkennen in den Kondensstreifen von Flugzeugen (,,Chemtrails") Bedrohungslagen oder besitzen Geheimwissen über unterirdische Menschenexperimente (,,QAnon"). Und ist tatsächlich sicher, dass die Erde eine Kugel ist und keine Scheibe? In den Tiefen des Internets lassen sich die wildesten Thesen finden.

Esoterik ist eine Form der Gegenaufklärung. Sie unterliegt Moden, alles kehrt irgendwann wieder. Um 1900 war der Wunsch nach einem radikalen Neuanfang, nach Umdenken und Alternativen besonders groß. In der Lebensreformbewegung bündelten sich Sehnsüchte. Zu ihrem Symbol wurde der Monte Verità, Berg der Wahrheit, im Schweizer Kanton Tessin.

Dort trafen sich Pazifisten, Vegetarier, Aussteiger, Theosophen und Sonnenanbeter und schufen eine modellhafte, auf Partizipation und Gleichheit beruhende Kommune. Der Wunsch, zur Natur zurückzukehren, war groß. Nietzsche hatte in seinem Buch ,,Jenseits von Gut und Böse" den ,,homo natura" zum Vorbild ausgerufen.

Hermann Hesse kletterte nackt über Felsen, schlief in einer Holzhütte und ernährte sich von Beeren. Er hoffte, wie in seinem autobiografisch grundierten Roman ,,Peter Camenzind" formuliert, ,,auf den Herzschlag der Erde zu hören, am Leben des Ganzen teilzunehmen". Auch Erich Mühsam reiste an, sah sich aber von seiner Vision eines ,,großen sozialen Versuchs" enttäuscht.

Den Ernährungsregeln widmete er ein Schmähgedicht: ,,Wir essen Salat, ja wir essen Salat / Und essen Gemüse von früh bis spat. / Auch Früchte gehören zu unsrer Diät./ Was sonst noch wächst, wird alles verschmäht."

Am Ende zerstritten sich die Gründer der Bergbehausung, wobei es auch um die Frage ging, wie sehr die Unterkunft kommerzialisiert werden solle. Doch die Ideen, die dort den Schritt von der Theorie in die Praxis schaffen sollten, leben weiter. Sie finden sich noch bei den Grünen, die sich 1980 in ihrem ersten Parteiprogramm gegen eine ,,eindimensionale Produktionssteigerungspolitik" wandten und forderten, ,,uns selbst und unsere Umwelt als Teil der Natur zu begreifen". Die Lebensreformbewegung, zu der auch Rudolf Steiners Anthroposophie gehört, verzweigte sich in sozialistische, anarchistische und völkische Stränge.

Verzicht zu üben, aufs Land zu ziehen und sich selbst zu ernähren, das blieb der Versuch, eine Utopie im Kleinen zu verwirklichen. Während der Weimarer Republik ließen sich mitunter linke gleich neben rechten Projekten nieder. ,,Heimland" nannte sich eine völkische Siedlung bei Rheinsberg, ins Leben gerufen von einem antisemitischen Publizisten. Nur wenige Kilometer weiter bei Neuruppin orientierte sich die Handwerkerkommune Gildenhall an sowjetischen Wirtschaftsformen und der Bauhaus-Ästhetik.

War der Nationalsozialismus nicht auch eine anti-rationale Bewegung, vielleicht die größte, die Deutschland hervorgebracht hat? Ihre Ideologie entwickelte sich aus rassistischen, sozialdarwinistischen und pseudoreligiösen Versatzstücken. 1943 – dem letzten Jahr, aus dem gesicherte Zahlen vorliegen – hatte die NSDAP 7,7 Millionen Mitglieder.


Aus: "Esoterik und Extremismus: Geister, die sie rufen" Christian Schröder (02.09.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/kultur/esoterik-und-extremismus-geister-die-sie-rufen/26144918.html (https://www.tagesspiegel.de/kultur/esoterik-und-extremismus-geister-die-sie-rufen/26144918.html)

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Quote[...] Sie sprechen von "Menschlichkeit" und der "Harmonie des Universums", doch ihre Ideologie ist rassistisch. Sie halten sich für unpolitisch, aber bejubeln Holocaustleugner und besuchen Seminare von Rechtsextremen. Seit Monaten versuchen Anhänger der sogenannten "Anastasia-Bewegung", im Großraum Berlin Fuß zu fassen. An diesem Montag wollen sie sich auf einem Hof im Nordwesten Brandenburgs zur gemeinsamen Feier der Wintersonnenwende treffen.

Die Veranstaltung findet auf einem Hof bei Putlitz im Landkreis Prignitz statt. Organisiert wird sie von den Gründern des geheimen Telegram-Kanals ,,Familienlandsitz & Siedlungsforum", in dem sich derzeit 3300 Anhänger vernetzen.

Bei der Anastasia-Bewegung handelt es sich um einen ökoesoterischen Kult, der Menschen verspricht, sie könnten übersinnliche Fähigkeiten wie Hellsicht und Telepathie erlangen, wenn sie nur als Selbstversorger in die Natur ziehen . Sektenbeauftragte und Experten warnen, die Bewegung sei eine "Rutschbahn in den Rechtsextremismus". Neugierige, die lediglich im Einklang mit der Natur leben wollten, würden mit Ideen der Rassenlehre und brauner Esoterik indoktriniert.

Geistiges Idol der Bewegung ist eine Romanfigur: eine junge Frau namens Anastasia, die angeblich  in der Wildnis Sibiriens lebt. Erschaffen wurde sie vom russischen Autor Wladimir Megre, 70.

Sehr aktiv in der Gruppe ist der Rechtsextremist Frank Willy Ludwig aus Liepe bei Eberswalde. Er berät und belehrt Neuankömmlinge im Forum, klärt über die Bedeutung von Runen und Hexagrammen auf, möchte nach eigener Auskunft mit seinen "Erfahrungen dienen". 

Frank Willy Ludwig sagt, sein Auftrag sei, ,,das arische Wissen in den Stämmen wieder zu erwecken". Ludwig hält deutschlandweit Vorträge, in denen er etwa über die ,,Gesetze der Reinheit des Blutes" spricht und erläutert, warum die Menschenrassen unter sich bleiben sollten: Mischlinge hätten das Problem, nicht zu wissen, zu welchen Ahnen sie Kontakt halten sollten.

Zudem besitze jede Rasse ihre ,,eigenen Wahrnehmungskanäle". Arier hätten 16, Asiaten zwölf, Schwarze sechs.  Arier seien eigentlich Außerirdische und kämen vom Sternbild des Kleinen Wagens. Einmal sei versucht worden, ,,den Schwarzen ein Gewissen einzupflanzen", doch dann habe ,,man gemerkt, an den Genen darf man nicht rumpfuschen".

In der Telegram-Gruppe, die zur Feier am Montag einlädt, ist Ludwig eine Respektsperson.  Andere Mitglieder loben ihn für sein Wissen und seine Erklärkünste. Er selbst sieht sich als "göttliches Wesen bedingungsloser Liebe". Ludwig wirbt in der Gruppe auch für eine mehrtägige Reise nach Rügen, die er für Interessierte organisieren will. Dort könne er, gegen einen Unkostenbeitrag von 360 Euro, über wichtige Zusammenhänge aufklären.

In der Gruppe werden Tipps zur Verwendung von Heilkräutern geteilt, aber auch Holocaustleugner wie Ursula Haverbeck und Horst Mahler bejubelt. Nicht alle Forenteilnehmer haben die Anastasia-Bücher gelesen, einige wissen daher nichts von dem dort gepredigten Antisemitismus. Der Anastasia-Erfinder  Wladimir Megre schreibt  in einem Band etwa, Juden seien programmierte ,,Bio-Roboter". Sie hätten ,,die Presse verschiedener Länder unter ihre Kontrolle gebracht", die globalen Geldströme würden ,,zum größten Teil von Juden kontrolliert". Seit Jahrtausenden versuchten sie, ,,mit allen Mitteln so viel Geld wie nur möglich in ihren Händen zu konzentrieren".

Einer, der die Umtriebe der Anastasia-Bewegung seit längerem verfolgt, ist der FDP-Bundestagsabgeordnete Jürgen Martens. Im November hat er der Bundesregierung die Frage gestellt, ob die Anastasia-Bewegung inzwischen vom Bundesamt für Verfassungsschutz oder anderen Diensten beobachtet werde - und eine bemerkenswerte Auskunft erhalten.  Zum Beobachtungsstatus der Bewegung könne man keine Antwort geben, heißt es in der Antwort des Innenministeriums.  Und weiter: "Die angefragten Informationen sind so sensibel, dass auch die geringfügige Gefahr eines Bekanntwerdens nicht hingenommen werden kann."

Dies ist erstaunlich, denn erst im vergangenen Jahr hatte die Bundestagsabgeordnete Martina Renner (Linke) eine ähnliche Anfrage zur Anastasia-Bewegung gestellt. Damals wurde eine Beobachtung noch eindeutig ausgeschlossen.

Wo genau die Feier zur Wintersonnenwende stattfindet,  haben die Organisatoren lange geheim gehalten. Die exakten Koordinaten, die zu einem Hof am Rand  von Lütkendorf, einem Ortsteil der Stadt Putlitz, führen, wurden erst an diesem Wochenende verschickt. Ob der Betreiber der Hofs von der Gesinnung der Feiernden weiß, ist unklar. Für den Tagesspiegel war er am Sonntag nicht zu erreichen.

Dass die Feier wegen der hohen Infektionszahlen sowieso nicht stattfinden dürfte, ist den Anastasianern egal. Viele von ihnen leugnen die Existenz des Virus. Frank Willy Ludwig warnt allerdings davor, sich  auf Corona testen zu lassen. Diese Gelegenheit würde von den Herrschenden zur Zwangsimpfung genutzt.


Aus: "Rechte Öko-Sekte ,,Anastasia-Bewegung": Wo die Anhänger der Rassenlehre am Lagerfeuer feiern" Sebastian Leber (20.12.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/rechte-oeko-sekte-anastasia-bewegung-wo-die-anhaenger-der-rassenlehre-am-lagerfeuer-feiern/26735250.html (https://www.tagesspiegel.de/berlin/rechte-oeko-sekte-anastasia-bewegung-wo-die-anhaenger-der-rassenlehre-am-lagerfeuer-feiern/26735250.html)

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Quote[...] Eine Mehrheit der AfD-Anhänger hält eine "Corona-Verschwörung" einer Umfrage zufolge mindestens für wahrscheinlich. In der von der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung in Auftrag gegebenen Umfrage gaben 24 Prozent der AfD-Anhänger an, "es handele sich bei der Corona-Pandemie um eine Verschwörung zur Unterdrückung der Menschen", berichtete die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" (FAS). Weitere 41 halten dies demnach für wahrscheinlich.

Auch jenseits der AfD finden sich Anhänger von Corona-Verschwörungstheorien. Jeder Elfte - neun Prozent - hält es für wahrscheinlich, dass die Pandemie nur ein Vorwand zur Unterdrückung der Menschen ist. Weitere fünf Prozent sind sich da sogar sicher. Nach Parteien unterschieden sind bei Anhängern von Union, SPD und Linken neun bis zwölf Prozent sicher oder halten es für wahrscheinlich, dass es sich bei der Pandemie um eine Unterdrückung handelt, so die "FAS".

Trotz dieser Zahlen hat der Glaube an eine Weltverschwörung insgesamt aber abgenommen, heißt es dem Bericht zufolge in der Studie weiter. Vor der Corona-Krise seien elf Prozent der Deutschen sicher gewesen, die Welt werde durch geheime Mächte gesteuert - nun sind es noch acht Prozent. Vor Corona hielten weitere 19 Prozent es für wahrscheinlich richtig, dass geheime Mächte die Welt steuern - jetzt seien es mit 16 Prozent ebenfalls weniger. Nur bei AfD-Anhängern sei der Glaube an eine Weltverschwörung weiter gestiegen.

Quelle: ntv.de, jhe/AFP


Aus: "Umfrage zu Verschwörungstheorien Viele AfD-Wähler halten Corona für Erfindung" (Sonntag, 20. Dezember 2020)
Quelle: https://www.n-tv.de/politik/Viele-AfD-Waehler-halten-Corona-fuer-Erfindung-article22247897.html (https://www.n-tv.de/politik/Viele-AfD-Waehler-halten-Corona-fuer-Erfindung-article22247897.html)


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Quote[...] So unerfreulich das Coronavirus insgesamt ist, für eines muss man ihm regelrecht dankbar sein: Es hat einigermaßen schonungslos eine echte strukturelle Schwachstelle dieses Landes und seiner Bewohner sichtbar gemacht, die dringend der Reparatur harrt, auch wenn Corona irgendwann längst überwunden sein wird: eine besonders ausgeprägte Skepsis nicht nur gegenüber der Covid-Impfung, sondern bis zu einem gewissen Grad auch der Wissenschaft und Technik insgesamt gegenüber.

...Wo sind wir da eigentlich falsch abgebogen? Ein Teil der Erklärung mag in der Geschichte des Landes liegen. Denn Österreich vertrieb oder vernichtete nach 1938 einen erheblichen Teil jenes - oft jüdischen - Bildungsbürgertums, das gemeinhin die gesellschaftliche Basis aufklärerischen, rationalen Denkens bildet. Nach dem Krieg konnte diese intellektuelle Leere nicht gefüllt werden, davon habe sich Österreich teils bis heute nicht erholt, analysierte jüngst der Ökonom Ulrich Berger von der WU Wien im "Standard".

Gefüllt haben sie zunehmend unwissenschaftliche und irrationale Methoden und vermeintliche Therapien wie Homöopathie, anthroposophische Medizin, Steinheilung, Irisdiagnostik, Kinesiologie, Ayurveda oder die Verwendung von Bachblüten, Schüßler-Salzen und Grander-Wasser - um nur einige zu nennen. (Einen guten Überblick über die traditionelle Schwurblerszene bietet das gerade erschienene Buch "Geschäfte mit dem Nichts - Risiko Scheinmedizin" von Theodor Much und Edmund Berndt.).

Es ist wohl einer an sich sympathischen österreichischen Variante von "Leben und leben lassen" geschuldet, dass die Vertreter von Vernunft und Aufklärung diesem intellektuellen Tumor zu lange zu wenig Beachtung schenkten. Dass zahllose Apotheken heute Globuli verkaufen und auch die Ärztekammer nicht frei von Vertretern der Quack-Fraktion ist, passt leider in dieses Bild - und verleiht der Gegenaufklärung eine Aura von Legitimität.

Einen Booster für die Unvernunft in diesem Kontext stellte der politische Kampf der Grünen gegen Technologien wie die Gentechnik dar; dass in den grün-affinen Ländern Deutschland und Österreich vor allem die neuen mRNA-Impfstoffe auf Skepsis stoßen, überrascht da wenig. Dass heute vor allem rechtsextreme Corona-Skeptiker die Früchte dieser Gegenaufklärung ernten können, ist eine subtile Pointe der Geschichte. Gelingt es nicht, der Aufklärung wieder mehr Gehör und Gewicht zu verschaffen, wird Corona nicht die letzte Krise sein, an der wir weitgehend scheitern.


Aus: "Wo sind wir falsch abgebogen?" Christian Ortner (03.12.2021)
Quelle: https://www.wienerzeitung.at/meinung/gastkommentare/2129984-Wo-sind-wir-falsch-abgebogen.html (https://www.wienerzeitung.at/meinung/gastkommentare/2129984-Wo-sind-wir-falsch-abgebogen.html)

Quote
Ralf-Raigo Schrader 03.12.2021, 08:04 Uhr

'...zunehmend unwissenschaftliche und irrationale Methoden und vermeintliche Therapien wie Homöopathie ...'
Bei so viel Ahnungslosigkeit muss man sich nicht wundern, wenn ein grosser Teil der Bevölkerung dem im Artikel benutzten positivistischen Medizin- und Gesundheitsverständnis nicht folgen will. Ich erkläre es gern noch einmal: Medizin ist keine Wissenschaft, sondern eine Sammlung von Kulturtechniken, welche das Ziel haben, Krankheiten und Gesundheitsstörungen zu heilen. Die objektiven Krankheiten heilt man, wenn vorhanden mit pathogenetischen, also naturwissenschaftlichen Therapien. Die subjektiven Gesundheitsstörungen, welche 2/3 der Gründe ausmachen, eine Hausarztpraxis zu besuchen, heilt man ohne naturwissenschaftliche Methoden. Es ist sogar sträflich, Leiden ohne körperliches Substrat, z.B. Persönlichkeitsstörungen biologisch zu behandeln.
Homöopathie ist salutogene, d.h. Psychotherapie, in der das Homöopathikum die Rolle z.B. der Musik in der Kunsttherapie einnimmt.


QuotePhilip Steger @philister1123

... "The strain of anti-intellectualism has been a constant thread winding its way through our political and cultural life, nurtured by the false notion that democracy means that 'my ignorance is just as good as your knowledge.'" - Isaac Asimov


https://twitter.com/philister1123/status/1467217453130338305 (https://twitter.com/philister1123/status/1467217453130338305)


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QuoteMathieu von Rohr@mathieuvonrohr

Wie eine lebensrettende medizinische Maßnahme – Impfen – zum Teil eines Kulturkampfs werden konnte, werde ich nie verstehen. Wir leben in gegenaufklärerischen Zeiten.

10:23 vorm. · 4. Dez. 2021


https://twitter.com/mathieuvonrohr/status/1467061968456593408 (https://twitter.com/mathieuvonrohr/status/1467061968456593408)

QuoteMarkus Wachshofer @MWachshofer @mathieuvonrohr

Kaum jemand ist gegen die Impfung. Aber viele sind für die freie Impfentscheidung, ohne Druck, zumal es eine persönliche Entscheidung sein muss.
Genau darum geht es in diesem Kulturkampf, nicht um die Impfung!


QuoteBernhard Huss@HussProf

Antwort an @mathieuvonrohr und @Morgenschwester

Hat wohl leider einen gewaltigen historischen Vorlauf und ist schon im 19. Jahrhundert zu beobachten. Offenbar haben wir den Franzosen während der Aufklärung nicht gut genug zugehört ...


QuoteDr. Almamartha @DrAlmamartha5
@mathieuvonrohr

Ja. Post-faktisch. Contra-Vernunft. Verdunkelt sind allzu viele Hirne.


QuotePero@peroberlin Antwort an @mathieuvonrohr

Wer ist einer der mächtigsten Akteure in diesem "Kulturkampf"? Die Medien ...


QuoteFridolin Formfleisch
@FridolinFormfl1@mathieuvonrohr

Ja, wir erleben gerade eine Lektion in Sachen Dialektik. Aufklärung schlägt wieder um in Mythos — aus Mut wird Wut, aus Zweifel wird Paranoia, aus Emanzipation wird Renitenz.


QuoteThomas Lippert @tlnue
·
4. Dez. Antwort an @mathieuvonrohr

Um ehrlich zu sein, die Gegenaufklärung kam aber auch aus der grün-ökologischen Ecke. (Gefahr durch Gentechnik, Mobilfunk, etc. etc.)


QuoteTom@TomC25
@mathieuvonrohr

Diese anti-Sciences Welle haben viele Jahre die Grünen geritten. Als die Grünen pragmatischer werden mussten, weil sie mehr und mehr Regierungsverantwortung übernahmen, ist diese Klientel teilweise zur AfD abgewandert.


QuoteThomas Lippert @tlnue
·
4. Dez.

... Es gab immer ideologische Schnittmengen zwischen "Blut und Boden" und der esoterischen Ökoszene.


QuoteLivia Clauss
@LiviaClauss
·
4. Dez.Antwort an @mathieuvonrohr

Aber das gibt es doch schon lange. Gerade in den gentrifizierten Stadtteilen mit ihren Öko-Bewohnern war und ist die Impfquote bei ihren Kindern besonders niedrig. ...


QuoteHBS
@SchmitzHannes

Gibt es hier tatsächlich eine so große Schnittmenge mit Corona-Impfgegnern? Mein Eindruck ist, dass sich insb. durch Fehlinformationen und Polarisierung auf Social Media eine ganz neue Gruppe an Impfgegnern entwickelt hat.


QuoteOft ganz nett Zwinkerndes Gesicht mit Zunge @Liebeleiny

Die Dummen gab es schon immer, aber das oben Beschriebene bezieht sich auf vermeintlich gebildete Schichten und Akademiker, die es bisher schick fanden gegen die wissenschaftliche Welle zu schwimmen. Und das fliegt denen jetzt intellektuell um die Ohren.


QuoteGabriele Lange @Frau_Lange
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@mathieuvonrohr

Wer sich interessiert auf Esoterikmessen herumgetrieben, mit Anthroposophen, Homöopathie-, Bachblüten-, Heilpraktiker-, Osteopathie- oder TCM-Fans diskutiert hat, mal in einem Yoga-Kurs war, mit Hebammen zu tun hatte... wundert sich kein bisschen. ...


QuoteJan Schnorrenberg
@spektrallinie
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@mathieuvonrohr

Hinter vielen Narrativen der Gegenaufklärung steckt meist ein Geschäftsmodell, welches aus Angst Geld macht. Die Ursprünge der modernen Impfkritik basieren genau auf dieser Logik ...


QuoteReinhard Schulze
@SchulzeRein
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@mathieuvonrohr

Gegenaufklärung war der Aufklärung immer inhärent. Was wir seit einigen Jahren erleben ist ihre Verdichtung in einem ziemlich hartnäckigen, v Medien u Interessensgruppen bedienten sozialmoralischen Milieu, was auch mit einer Radikalisierung nach Rechts verkoppelt ist.

Und wenn ich es richtig sehe, wird in diesem Milieu die Idee der ,,Freiheit" zu einem radikalen gegenaufklärerischen Konzept umgemünzt. Allgemeiner ausgedrückt: Der Liberalismus droht in die Gegenaufklärung abzudriften.


QuoteJonathan Winkler @___jdw___
@mathieuvonrohr

Man kann die Menschen aus dem Mittelalter holen aber das Mittelalter nicht aus den Menschen...


QuoteDennis Kazooba @d_kazooba
·
@mathieuvonrohr

Die rechten weltweit ziehen alle in den abgrund. Sie merken, dass es in der moderne keinen platz für ihr primitives gefühlsleben gibt, dass die menschheit einen schritt weitergeht, also haben sie sich auf sabotage und destruktivität verlegt.


QuoteMaren B. - innoviva consulting - #KLIMAvor8 @innoviva @mathieuvonrohr

wir leben also quasi in der ,,Obskuration" (wäre doch ein passendes Pendant zur ,,Aufklärung"?), in welcher Verzerrung von Tatsachen und gezielte Falschinformation sich für Macht-getriebene (Lobby)Gruppen wieder auszahlen. wie im Mittelalter- nur krasser!


QuoteDarthStitch@StitchDarth
@mathieuvonrohr und @kulturbolschewi

20 Jahre Globuli und die Menschen glauben jeden Scheiss bloss nichts was wissenschaftlich belegt ist....


QuoteJohannes Kapfer ☘ Ιωάννης
@JohannesKapfer@mathieuvonrohr und @oliverdasgupta

Die Zeugen Jehovas sind auch gegen Blutspenden. Irre.


Quoteebbi @eb_ebbi @mathieuvonrohr

ja aber die letzten Jahre haben Sendungen wie Dschungelcamp, Bauer sucht Frau, Familien im Brennpunkt und alles, was da noch zu bieten gibt doch gezeigt, auf welchem Niveau wir uns befinden...


QuoteAlex
@cerritus_caput @mathieuvonrohr

Naja, wer sich mit der Verschwörerszene  beschäftigt wusste schon zu Beginn der Pandemie was da kommen wird


QuoteAntje Kuffner @GabiStapler

@mathieuvonrohr

Ich denke im Moment darüber nach, ob Verschwörungstheoretiker und Querdenker einfach nur Ersatz für Religion suchen. Offensichtlich ist die Sehnsucht nach Glauben statt Wissen immer noch genauso da, wie vor der Aufklärung. Gruselig...


QuotePetition NP Kalkalpen @kalkalpen
Antwort an @mathieuvonrohr

In vielen Themenfeldern hat man das Gefühl, das es eher wieder Rückschritte statt Weiterentwicklung gibt. Rollenbilder von vorvorgestern werden wieder gesellschaftsfähig. Eine Autoritäre Geisteshaltung kehrt zurück. Emphatiefähigkeit und faktenbasierter Diskurs waren einmal.


QuoteSimon Weiß@SimonWe59594122

Antwort an @mathieuvonrohr

Doch, ich verstehe es! Es hängt am Misstrauen der Bevölker der Regierung gegenüber. Es wird keine Politik auf Augenhöhe betrieben. Die Kommunikation unserer Regierung ist unterirdisch und misstrauenderweckend. Bevormundung und Zwang ist kontraproduktiv!


QuoteThomas Haemmerli
@HaemmerliT

Antwort an @mathieuvonrohr

Helvetien stimmte 2009 mit rund 70% Ja dafür, dass "Komplementär Medizin" i.e. Nichtschulmedizin u meist Humbug & Hokuspokus via Krankenkassen vergütet wird. Das war schon eine softe Kapitulation vor dem Schwurblertum, das man mit Geld zu besänftigen hoffte.


QuoteAlex Cio @alexcio_

@mathieuvonrohr

Das Problem ist doch mehr die Art wie heutzutage Aufklärung stattfindet. Wir sitzen heute alle in unseren eigens geschaffenen Blasen die das verstärken was wir glauben. Jeder für sich, während wir nie gelernt haben sie sinnvoll zu nutzen. Und jeder hat seine eigene Realität. Vielleicht ist das schon die Art Matrix, nur dass man sie als solches nicht erkennt. Es gilt viel mehr hier wieder eine Aufklärung zu starten, weil wir sonst auch die nächsten Katastrophen verbocken werden.



QuotehexaOrthorexia @hexaOrthorexia Antwort an @mathieuvonrohr

Es fühlt sich an wie eine zweite Frühneuzeit. Ob auch eine zweite Aufklärung kommt?


QuoteUnlogiker @unlogiker

Antwort an @mathieuvonrohr
und @RockYourIdea

2000 Jahre Wissenschaftsfeindlichkeit und Verblödung durch christliche Kirchen hinterlassen eben ihre deutlichen Spuren.


...
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 30, 2021, 10:49:00 AM
"Feuerwerksverbot und Corona: Knaller wandern zurück ins Lager" (27. 12. 2020)
Die Hersteller von Feuerwerk sehen sich durch das Verkaufsverbot bedroht. Umweltschützer freuen sich dagegen über das ruhige Silvesterfest.
https://taz.de/Feuerwerksverbot-und-Corona/!5736220/ (https://taz.de/Feuerwerksverbot-und-Corona/!5736220/)

Quote[...] Wer zu Silvester böllert, bekommt es mit der Polizei zu tun. Allein in Berlin gilt an mehr als 50 Orten ein Versammlungs- und Feuerwerksverbot. Auseinandersetzungen mit Bürgern über Feuerwerksbagatellen sind nicht nur in der Hauptstadt vorprogrammiert. Die Begründung für das Verbot: Weil die Notaufnahmen wegen der Coronapandemie ohnehin überlastet sind, sollen zusätzliche Unfälle mit Feuerwerk vermieden werden.

Zwar gab es etwa in Berlin 2020 – als bereits ein Böllerverbot bestand – einen Rückgang schwerer Verletzungen im Zusammenhang mit Feuerwerk, dennoch sprechen sich Experten gegen ein Verbot aus. Der Leiter der Notaufnahme im Dortmunder Klinikum Nord sagt etwa: ,,Diejenigen, die wirklich böllern wollen, besorgen sich dann beispielsweise illegale Böller aus dem Ausland."

In der Tat: Statt rigoros reglementierte Feuerwerkskörper aus deutschen Supermärkten werden zu Silvester gefährlichere Knallkörper etwa aus Polen gezündet, in denen mehr ,,Nettoexplosivmasse" enthalten sein darf. Und genau dieses Feuerwerk kann zu deutlich schwereren Verletzungen führen.

Vor allem die Grünen und Umweltverbände kämpfen seit einigen Jahren für ein generelles Böllerverbot für Privatpersonen. Die Deutsche Umwelthilfe begründete ihren Vorstoß vor Beginn der Coronakrise unter anderem mit den Umweltauswirkungen und Belastungen für Haustiere. Nun soll also die Pandemie als Rechtfertigung herhalten.

Der Verdacht liegt nahe, dass das großstädtische Öko-Milieu die Coronakrise dazu nutzen will, um sich eines Brauchs zu entledigen, den es kulturell ohnehin ablehnt. Böllern auf der Straße ist eine Bastion proletarischer Feierkultur, mit dem das gesittete Bürgertum schon immer wenig anfangen konnte. Um nicht mit dem Silvesterkrach belästigt zu werden, soll dann auch die sonst oft kritisierte Polizei einschreiten. Für die Akzeptanz notwendiger Corona­maßnahmen ist der linksbürgerliche Kulturkampf rund um das Böllern allerdings komplett kontraproduktiv.


Aus: "Böllerverbot zu Silvester: Linksbürgerlicher Kulturkampf" Kommentar von Jörg Wimalasena (29.12.2021)
Quelle: https://taz.de/Boellerverbot-zu-Silvester/!5822021/ (https://taz.de/Boellerverbot-zu-Silvester/!5822021/)

QuoteAxel Donning

Ob man nun tatsächlich alles so plattbügeln sollte, dass es in eine steil konstruierte Klassenkampf - These passt? Böllern als "proletarischer Brauch"? Ich denke wir sollten uns doch lieber um den Mietendeckel und ungerechte Besteuerung kümmern, als uns in solche doofen Scheingefechte zu begeben. Wer als "Proletarier" (auch ich wurde in eine Arbeiterfamilie geboren) keine anderen Sorgen hat, als sich durch das Böllerverbot drangsaliert fühlen zu müssen, der hat's wohl irgendwie geschafft!


QuoteNoMeansNo

"Das großstädtische Öko-Milieu" will also die Coronakrise für seine finsteren Zwecke wie Umwelt- und Tierschutz nutzen. Auch die taz stammt ja eigentlich aus diesem bösen Milieu. Und ihre Redakteure sollten vielleicht doch ab und zu aus ihrer HomeOffice-Blase herauskommen und so manche Artikel mal vor Veröffentlichung in einer Redaktionssitzung diskutieren oder was man im proletarischen Journalistenmilieu sonst so macht tagsüber...


QuoteLife is Life

Wenn man die unterschiedlichen Kommentare von Herrn Wimalasena so liest, kann man nur hoffen, dass das nicht seinem Weltbild entspricht sondern lediglich provozieren soll.....
Böllern, proletarisch? Echt jetzt?

...


QuoteJulius Anderson

Ja Herr Wimalasena, so scheint es in der Tat zu sein.
Umfragen zu dem Thema zeichneten dazu unlängst ein klares Bild. Die Grünen sind bei diesem Verbot (wen wunderte es) wieder ganz vorne dabei, als primärer Stellvertreter der neuen, akademischen und urbanen Mittelschicht. Anschließend kamen SPD und dann Die Linke oder anders gesagt: Je progressiver die Wählerschaft einer Partei ist desto eher befürworten sie diese Maßnahme.

...


QuoteHenry94

Ich finde die Verve, mit der Herr Wimalasena das Recht des Proletariats auf Billigfleisch und Böllern verteidigt, ja wirklich bemerkenswert und das Ansinnen, dieser von unserer Politik vernachlässigten Bevölkerungsgruppe mit solchen Kommentaren zu Aufmerksamkeit zu verhelfen, wirklich nobel. Allerdings halte ich die Art und Weise, in der die Probleme wie hohe Lebenshaltungskosten (beim Thema billiges Essen) oder Verbot von Freizeitangeboten (wie jetzt im Kontext des Böllerverbots) angesprochen werden, für problematisch, weil so maximal die Symptome und nicht die Ursachen der Marginalisierung bekämpft würden und stattdessen zwei vollkommen gerechte Sachen, nämlich Sozialpolitik und Umweltpolitik, gegeneinander ausgespielt werden.

Warum geht es also immer nur darum, den Zugang relativ armer Menschen zu billigsten Waren und Aktivitäten erhalten zu wollen, anstatt Ihnen höherwertige Waren und bessere Unterhaltung ermöglichen zu wollen? Sollte man solche Themen nicht mal ganzheitlich denken, anstatt progressive Vorhaben vorn vornherein zu verteufeln, weil man der Verteidiger des kleinen Mannes ist? Wenn sich inzwischen sogar die CDU nicht zu doof dabei vorkommt, die sozialen Folgen solcher Maßnahmen zu betonen, dann sollte man deren eigentliches Ziel, nämlich den sozialpolitischen Status Quo bloß nicht zugunsten niedriger Einkommen zu verändern, immer im Hinterkopf behalten. Wer dann unkritisch in die Kritik an Özdemir oder dem Böllerverbot einstimmt, gibt der CDU nur Argumente, warum alles so bleiben muss, wie es vermeintlich schon immer war.


QuoteEin Freund der Erde

Auf die Wiedereinführung der Arbeiterklasse warte ich schon seit 1989.
Seither ist alles Dienstleistung, was also ist proletarisch?

Wenn jemand, der nicht selbst dazu gehört, für die Arbeiterklasse spricht, läuten bei mir alle Alarmglocken.
Immer wieder war die Argumentation für die Arbeiterklasse das Mittel für einen anderen Zweck.


QuoteIo Jap

Es gibt Menschen, die finden Böllern toll und es gibt Menschen, die es verabscheuen. Eine Korrelation mit der Klassenzugehörigkeit existiert meines Wissens nicht. Sollte es dafür Evidenz geben, immer her damit! Bis dahin verbuche ich das als substanzlose Behauptung.

Die Leidtragenden der Böllerei sind jedenfalls überwiegend Stadtbewohner/innen, egal ob proletarisch oder kleinbürgerlich, egal ob Mensch oder Spatz.


QuoteOskar

@Io Jap Naja die Gruppe die ihren eigenen Lebensstil verpflichtend machen will sind aber eben schon linksliberale Kleinbürger aus Altona, Friedrichshain und Ehrenfeld. Ich zumindest hab noch nie was von Currywurst, Jogginghose und Feuerwerkspflicht gehört


QuoteNafets Rehcsif

Man muss das Bürgertum auch verstehen. Die ganzen Raketen kommen ja irgendwo wieder runter und bis man die dann alle im großen Garten eingesammelt hat dauert das. Und wenn sich das Reitpferd erschrickt und verletzt, dann kostet das auch wieder unnötig Geld. Und Gott bewahre, was wenn so eine Rakete auf Dach des neuen Stromers fällt?
Also das Risiko für die Umwelt ist ja offensichtlich, wenn einem die halbe Umwelt gehört halt.
Außerdem ist es für verbitterte Besserverdiener unerträglich wenn sich arme Minderleister amüsieren. Das Geböllere ist also auch eine echte Belästigung.

...


Quoteamigo

Jeder und jedem steht es frei, sich einen Kopfhörer aufzusetzen, um sich Böllerschüsse direkt aufs Gehör zu feuern!
Aber lasst gefälligst andere mit dem Dreck in Ruhe!


QuoteTannenzapfen

Meiner Erfahrung nach sind es hauptsächlich prahlende Mittelschichtjungs, die darauf wert legen überteuerte Böller aus Polen und Tschechien zu kaufen. Die können auch mal verzichten und das Krankerpflegerproletariat freut sich um einen Patienten weniger in der Notaufnahme.


QuoteJochen Laun

'Bastion proletarischer Feierkultur'. Schön. Ich mag das.


QuoteChristian Lange

@Jochen Laun Ja. Ich bin auch ein Freund von unbeabsichtigter Real-Satire.


QuoteMustardman

Mit Klassenkampf kann man alles und nichts begründen...


...
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 04, 2022, 04:25:57 PM
Quote[...] Die islamistischen Taliban haben in Afghanistan erneut strenge Vorschriften erlassen: Modegeschäfte im Westen des Landes wurden aufgefordert, Schaufensterpuppen zu köpfen. Es handle sich um Götzenbilder – das sei unislamisch, sagte Asisul Rahman, ein Provinzvertreter des neu geschaffenen Ministeriums zur Erhaltung der Tugend. "Sie müssen beseitigt werden", verlangte Rahman. Zunächst solle es jedoch genügen, dass die Schaufensterpuppen enthauptet werden.

Der Chef der zuständigen Handelskammer in der Provinz Herat, Abdul Wadud Faissada, kritisierte die neue Anweisung. Die Ladenbesitzer hätten viel Geld für die Schaufensterpuppen ausgegeben. Die Modelle seien außerdem keine Götzenbilder, sondern würden zum Präsentieren von Kleidung aufgestellt. "Das gibt es in allen islamischen Ländern in den Geschäften", sagte der Handelskammer-Chef weiter. In den sozialen Medien kursieren bereits Videos, auf denen zu sehen ist, wie Köpfe von Schaufensterpuppen abgesägt werden.

In den vergangenen Wochen hatten die Taliban immer strengere Vorschriften für das öffentliche Leben verhängt. Immer noch sind die meisten weiterführenden Schulen für Mädchen geschlossen. Frauen können in vielen Fällen nicht mehr zurück an ihre Arbeitsplätze; an Universitäten wurde eine Geschlechtertrennung eingeführt.

Fernsehsender wurden aufgefordert, keine Dramen und Seifenopern mit Schauspielerinnen mehr zu zeigen. Das Tugend-Ministerium verlangte zudem von Fernsehjournalistinnen, bei ihren Auftritten Hidschabs zu tragen. Ende Dezember wurden Autofahrer angewiesen, im Fahrzeug keine Musik abzuspielen. Außerdem sollen Frauen ohne männliche Begleitperson nicht weiter als etwa 70 Kilometer reisen dürfen.

Die Taliban hatten im August wieder die Macht in Afghanistan übernommen. Bereits während ihrer Herrschaft in den Neunzigerjahren hatten sie Frauen stark unterdrückt. Mädchen durften nicht zur Schule gehen, Frauen das Haus nur mit einer Burka bekleidet und mit männlicher Begleitung verlassen. Im Sommer vergangenen Jahres hatten die Islamisten jedoch versprochen, dass ihre neue Herrschaft milder ausfallen werde als damals.

Internationale Geberländer haben mehrfach angekündigt, dass die Achtung von Frauenrechten eine Voraussetzung für die Wiederaufnahme internationaler Hilfen für Afghanistan sei. Die Wirtschaft dort liegt am Boden, Millionen Menschen hungern. In diesem Winter steht dem zentralasiatischen Land nach Einschätzung der Vereinten Nationen eine "Lawine des Hungers" bevor. Viele Frauen sind seit der Machtübernahme der Taliban aus dem Land geflohen.   


Aus: "Taliban lassen Schaufensterpuppen köpfen" (4. Januar 2022)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2022-01/afghanistan-taliban-schaufensterpuppen-enthaupten (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2022-01/afghanistan-taliban-schaufensterpuppen-enthaupten)

Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 03, 2022, 03:29:34 PM
Quote[...] Frankfurt am Main - Wer nicht von morgens bis morgens in den sozialen Netzwerken herumgeistert, dürfte mit dem Begriff ,,Wokeness" selten in Berührung kommen. Auf Facebook und insbesondere Twitter hingegen ist der ursprünglich emanzipatorisch verwendete Terminus zum Schimpfwort der konservativ-rechten Blase mutiert.

,,Stay woke" steht eigentlich für Widerstand gegen diskriminierende Strukturen – besonders die systemimmanente Benachteiligung von Schwarzen Menschen. Doch was macht die reaktionäre Rollback-Fraktion daraus, die sich selbst gerne als ,,liberal" labelt? Sie besetzt einen positiv-kämpferischen Ausdruck negativ, um ihn abwertend als Fremdbestimmung zu instrumentalisieren. Tatsächlich passiert das nicht erst seit gestern, mittlerweile ist jedoch alles, was nicht von ,,Springer"-, ,,Junge Freiheit"- oder ,,Focus"-Protagonist:innen abgesegnet wird, linksgrünrotversifft ,,woke".

,,In hohem Maße politisch wach und engagiert" übersetzt der Duden, und es scheint gesetzt, dass ,,wach und engagiert" bei jenen Kreisen nicht gut ankommt, die ihr Abendland ambitionierter gegen das Gendern oder Klimapolitik verteidigen als gegen Nazis. Entsprechend gilt die Forderung nach einem Tempolimit bereits als ,,woke", ebenso der Verzicht auf Massentierhaltung und auf Produktion von Billigfleisch. ,,Freiheit" ist hier der heroische Gegenpart, dem wirklich alles implizit ist, Hauptsache, es geht den verbitterten Gutmenschen ordentlich auf den Keks.

Ist einigermaßen postpubertär, aber da geht natürlich noch viel mehr. Voll ,,woke", übrigens in einer symbiotischen Beziehung mit ,,Cancel Culture" zu lesen, ist nämlich auch Kritik an pseudo-kulturellen antisemitischen Eskapaden, wie sie Kabarettistin Lisa Eckhart gerne als Satire verkauft. Wie oft wurde die Österreicherin, ganz armes ,,Woke"-Opfer, nicht aus dem Fegefeuer der nullcheckenden linken Twitter-Blase gerettet, weil eben nichts Antisemitismus sein kann, worüber Dieter Nuhr lacht.

Oder etwa Florian Schroeder, noch so ein Berufskomiker, der auf den Lisa-Eckhart-Zug ironisch aufgesprungen ist, um schließlich zurückzurudern. Am Auschwitzgedenktag hatte er getwittert, künftig mit Eckhart ,,langjährig" zusammenzuarbeiten. Nach zahlreichen Irritationen tat er das Ganze als ,,gescheiterte Ironie" (sic) ab – und gilt dennoch als krasse ,,Woke"-Beute im Eckhartschen Windschatten.

Das jetzt und für alle Zeiten größte ,,Woke"-Opfer ist aber Julian Reichelt. Richtig, das ist der ehemalige Chef der ,,Bild", der zwar nicht über den Schund stolperte, mit dem das Blatt Tag für Tag die Gesellschaft vergiftet, sondern über Vorwürfe von Machtmissbrauch gegenüber Abhängigen. Ist natürlich alles total ungerechtfertigt, vielmehr bejammerte Reichelt bei Servus-TV im Januar den Umgang mit seiner Person. Die Unschuldsvermutung sei außer Kraft gesetzt worden, ,,in Zeiten, in denen wir leben, mit Cancel Culture und Woke-Wahnsinn", verwundere ihn das ,,nicht mal besonders".

Puh, das schmerzt, dass die rechten Alpha-Männchen hier zur Abwechslung mal nicht das Finale diktiert haben, sondern eine monatelange Recherchearbeit investigativer Journalistinnen und Journalisten dem patriarchalen ,,Freiheitsgebaren" die Grenzen aufzeigte.

Reichelts Genörgel klingt übrigens ein bisschen nach einer ,,Woke-Waffe", wie sie auch auf extrem rechten Seiten als Kampfbegriff verwendet wird, um damit die Zerstörung Deutschlands zu assoziieren. Aber das muss die Verfechterinnen und Verfechter einer anti- ,,woken" Freiheit nicht weiter irritieren. (Katja Thorwarth)


Aus: "Julian Reichelt und Lisa Eckhart: Wie aus ihnen Wokeness-Opfer werden" (03.02.2022)
Quelle: https://www.fr.de/meinung/kolumnen/woke-wokeness-ex-bild-chef-julian-reichelt-lisa-eckhart-dieter-nuhr-cancel-culture-twitter-91277220.html (https://www.fr.de/meinung/kolumnen/woke-wokeness-ex-bild-chef-julian-reichelt-lisa-eckhart-dieter-nuhr-cancel-culture-twitter-91277220.html)

QuoteHans-Joachim Elflein

     Julian Reichelt jammert über den Umgang mit seiner Person

Der Ärmste. Ob er schon einmal auf die Idee gekommen ist, dass er selbst daran schuld ist?


...
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 03, 2022, 03:55:15 PM
Quote[...] Frankfurt - Haben Sie das gehört? ,,Boostern" ist der ,,Anglizismus des Jahres". Was das bedeutet? Klare Antwort: Kommt drauf an. Was Sie damit anfangen sollen? Das hängt von Ihrem politischen und vor allem sprachpolitischen Standpunkt ab. Die Frankfurter Rundschau, Ihre Ratgeberin in den schönsten Streitfragen der Gegenwart, nennt zwei Möglichkeiten zur freien Auswahl, je nachdem, welcher Bevölkerungsgruppe Sie angehören.

Erstens: Aus Ihrer Sicht steht der Untergang des deutschsprachigen Abendlandes unmittelbar bevor. Als größte Bedrohung Ihrer Existenz (außer Gendersternchen und Flüchtlingen) empfinden Sie die ,,sprachliche Selbstaufgabe" durch Anglizismen, wie der von Ihnen verehrte ,,Verein Deutsche Sprache" (VDS), das traditionelle Bollwerk linguistischen Deutschtums, sich auszudrücken pflegt.

Täglich ziehen Sie den ,,Anglizismenindex" des VDS zu Rate, und das schon seit damals, als Sie einen VDS-Fanclub gründen wollten: Gerade noch rechtzeitig schauten Sie nach und riefen anschließend einen ,,Mitfiebererverbund" (Anglizismenindex, Seite 143) ins Leben. Das ist für Sie ein besonders schönes Wort, da es neben seiner deutschen Komplexität auch noch die männliche Form enthält.

Wenn Sie dieser Gruppe angehören, denken Sie für einen Moment: Ah, Anatol Stefanowitsch, der Linguist und Initiator der Aktion ,,Anglizismus des Jahres", ist ein Verbündeter im Kampf gegen das unbefugte Eindringen englischer Wörter in unsere Muttersprache! Aber dann lesen Sie die Begründung: Das Wort ,,Boostern" als Synonym für das Verabreichen einer Auffrischungsimpfung ermögliche ,,eine knappe und trotzdem eindeutige Kommunikation", heißt es da. Außerdem habe es ,,einen optimistischen und dynamischen Beiklang, an den die Auffrischung einfach nicht heranreicht". Stefanowitsch ist, für Sie keine Frage, ein Verräter.

Ergebnis: Sie malen ein Plakat ,,Boostern killt Deutschland". Das werfen Sie weg und malen schnell noch ein Plakat, auf dem Sie ,,killt" durch ,,tötet" ersetzen. Anschließend gehen Sie mit dem Plakat auf die Straße und bekommen einen Wutanfall.

Zweitens: Sie kommen zwar manchmal weder beim Gendern so recht mit noch bei den Anglizismen, vor allem wenn Sie abends nach fünf Zoom-Calls und drei Meetings, darunter zwei Kick-offs, erschöpft vom Homeoffice in den Livestream Ihres bevorzugten Sportportals wechseln. Aber eine Ideologie machen Sie aus Ihrer Skepsis deshalb nicht.

Sie verstehen schließlich sowohl das Bemühen um Ausdrucksweisen, die die gesellschaftliche Vielfalt widerspiegeln, als auch die quasi natürliche Lebendigkeit von Sprachen, die sich schon immer miteinander vermischt und durch Fremd- oder Lehnwörter gegenseitig bereichert haben. Was in Zeiten globalen Austauschs natürlich erst recht der Fall ist, allen Übertreibungen zum Trotz. Sie haben auch gelesen, dass viele Anglizismen aus Wörtern bestehen, die das Englische selbst übernommen hat, ohne unterzugehen, zum Beispiel aus dem Lateinischen.

Ganz entspannt schauen Sie sich also die Liste der ,,Anglizismen des Jahres" an. Dort finden Sie vertraute Begriffe wie ,,Shitstorm" (2011), ,,Fake News" (2016), ,,...for Future" (2019) oder ,,Lockdown" (2020). Und irgendwie ahnen Sie, dass die Anglizismen-Wut mancher Leute vielleicht nicht nur mit der Herkunft der Wörter zu tun hat, sondern auch mit ihrer Bedeutung.

Ergebnis: Sie genehmigen sich ein Glas Bitter Lemon (VDS-Deutsch: Bitterlimonade) oder gar ein alkoholisches Mischgetränk mit tonischem Wasser. Dabei schauen Sie weiter Ihre Lieblingssportart im Direkt-Datenstrom (Anglizismenindex, Seite 232).

So weit die Auswahlmöglichkeiten. Kleiner Hinweis für Ihre Entscheidung: Vom Typ eins gibt es schon mehr als genug. (Stephan Hebel)


Aus: ",,Boostern": Anglizismus des Jahres 2021: Woher kommt die Wut aufs ,,Boostern" wirklich?" (01.02.2022)
Quelle: https://www.fr.de/meinung/kolumnen/boostern-anglizismus-des-jahres-2021-politik-sprachpolitik-glosse-91275164.html (https://www.fr.de/meinung/kolumnen/boostern-anglizismus-des-jahres-2021-politik-sprachpolitik-glosse-91275164.html)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on February 09, 2022, 12:10:37 PM
Quote[...] Neusprech, die umgebaute Sprache aus George Orwells Roman "1984", erfreut sich vor allem in rechten und konservativen US-Kreisen neuer Beliebtheit. Er wird besonders gerne als Beispiel herangezogen, wenn es darum geht, die angeblichen Auswüchse politischer Korrektheit kritisch zu hinterfragen: Man dürfte nicht mehr sagen, was man denke, heißt es dann oft, sondern müsse sich hinter erfundenen Wortschablonen verstecken. Ins gedankliche Schema des Neusprech passt aber auch, was sich in vielen US-Bundesstaaten derzeit in der Schulbildung ereignet. Dort werden Forderungen konservativer Gruppen nach dem Verbot einer stets wachsenden Liste von Büchern immer lauter. Begründet werden sie ausgerechnet mit der Meinungsfreiheit.

Diese, so das Argument, gebe Eltern das Recht, ihren Kindern die Werte beizubringen, die sie für richtig halten. Werde in der Schule anderes verbreitet, sei die Meinungsfreiheit der Eltern eingeschränkt. Erst jüngst sorgte das Verbot des Holocaust-Comics "Maus" für Aufregung, das ein Schulbezirk in Tennessee durchgesetzt hatte. Die Liste der bemängelten Lektüre ist allerdings viel länger – und auf viele Themen bezogen.

Wissen über Sexualität im Allgemeinen und jene Ausprägungen, die konservativ-religiösen Ansichten entgegenlaufen, im Besonderen soll den Schülerinnen und Schülern nicht vermittelt werden. Ebenso wenig ist Margaret Atwoods feministische Dystopie "Der Report der Magd" erwünscht. Und der Kampf gegen die "Critical Race Theory" erfasst mittlerweile auch Werke wie das von der "New York Times" vorangetriebene "1619 Project", das sich mit der Sklaverei und ihren Folgen bis heute befasst. Weißen Schülerinnen und Schülern werde damit zu Unrecht ein Gefühl der persönlichen Schuld eingeimpft.

Der US-Streit um Bücher im Unterricht ist nicht neu: Seit Jahren befinden sich auf der Liste "bedrohter Bücher" der American Library Association von Konservativen kritisierte Werke, in denen etwa Nacktheit, Alkohol oder Sexualität thematisiert werden. Von der anderen Seite kam zugleich immer wieder Kritik an US-Klassikern wie "Wer die Nachtigall stört" und "Von Mäusen und Menschen". Hier würden rassistische Stereotype reproduziert, so das Argument, zudem kommt das N-Wort vor. Doch die derzeitige Debatte übertrifft in Dynamik, Ausmaß und vor allem Politisierung die vergangenen bei weitem.

Das Pen-Zentrum, ein Verband von Autorinnen und Autoren, der sich für Redefreiheit einsetzt, zählte Ende Jänner 122 Gesetzesvorlagen, sogenannte "educational gag orders", in 33 US-Bundesstaaten. 88 davon sind derzeit in Kraft. Allein in den ersten drei Jänner-Wochen kamen 71 dazu. Bei der American Library Association, einer Bibliothekenvereinigung, gingen derweil allein im Herbst 330 Beschwerdemeldungen über Bücher ein, eine vorher noch nie dagewesene Anzahl.

Die "School Boards", in mehr als 90 Prozent der Fälle sind das politisch gewählte Institutionen, werden so zu mächtigen Entscheidungsgruppen. Dabei geht es nicht immer nur um Literatur – beschränkt werden soll auch, worüber das Lehrpersonal sprechen darf. Im nordtexanischen Carroll wies die mehrheitlich konservative Schulverwaltung jüngst Lehrkräfte an, bei der Behandlung des industrialisierten Massenmords an den europäischen Juden im Geschichtsunterricht auch "entgegengesetzte" Sichtweisen darzustellen. Es ist ein Wunsch, der im Einklang mit dem oft vorgebrachten konservativen Begehr steht, bei strittigen Themen – Klimawandel, Sexualität, Corona – auch bei der Diskussion wissenschaftlicher Erkenntnisse solche Ansichten einzubinden, die diesen widersprechen. Im Fall des Holocaust distanzierte sich die Behörde, als der Vorgang im Oktober vergangenen Jahres öffentlich wurde.

Kurz darauf kam das Verbot von "Maus": "Unnütze Verwendung von Obszönität und Nacktheit sowie die Darstellung von Gewalt und Suizid" wurden daran moniert, was für die Altersgruppe nicht angemessen sei. Angeprangert wurden auch die Thematisierung von vorehelichem Sex und "acht Schimpfwörter". Der Autor Art Spiegelman sieht das Vorgehen der Schulbehörde im Zusammenhang mit einem "größeren Problem" in den USA. Der Verbannung hafte ein "Hauch von Autokratie und Faschismus" an.

Zahlreiche Gesetzesvorlagen beschäftigen sich explizit mit "Critical Race Theory". Republikanische Wahlkämpfe kommen mittlerweile kaum mehr ohne sie aus: Glenn Youngkin, der vergangenes Jahr überraschend die Gouverneurswahl in Virginia gewann, hatte das Narrativ im Wahlkampf ebenfalls exzessiv genutzt. In einer seiner ersten Amtshandlungen als Gouverneur ließ er eine Hotline einrichten: Besorgte Eltern können dort Lehrpersonal melden, wenn sie der Ansicht sind, dass im Unterricht CRT vorkommt.

In New Hampshire setzte die konservative Gruppe Moms for Liberty gar ein Kopfgeld von 500 Dollar auf Unterrichtspersonal aus, das den Eindruck erweckt, eine bestimmte Gruppe könne als Ganzes unterdrückend wirken. Dort war zuvor ein Gesetz in Kraft getreten, das Schulen unter anderem untersagt, im Unterricht zu thematisieren, dass eine bestimmte Gruppe grundsätzlich – bewusst oder unbewusst – rassistisch, sexistisch oder unterdrückend ist.

In der Debatte wird CRT bewusst zu einem Theoriekonstrukt gemacht, das es in dieser Art in der akademischen Forschung zwar als Überbegriff gibt, nicht aber als konzise Theorie, und das in Schulen daher auch nicht gelehrt wurde. Vor allem aber werden zahllose Texte, die Sklaverei und Rassismus zum Thema haben, quasi im Nachhinein der CRT zugeordnet und damit verdammt – oder gemeldet. Das gilt vor allem dann, wenn sie nahelegen, dass das Leben in rassistisch geprägten Gesellschaften in Menschen auch unbewusste Vorurteile festsetzen kann.

Ein Gesetz aus North Dakota sieht vor, CRT insgesamt aus dem Klassenzimmer zu verbannen. Diese wird dabei als Theorie definiert, die "Rassismus nicht lediglich als Produkt gelernter, individueller Vorurteile sieht, sondern als systemisch in die amerikanische Gesellschaft eingebettet". An der Formulierung des Gesetzestextes kommt scharfe Kritik: Diskutiere man über Sklaverei, dürfte das Lehrpersonal nun nur noch sagen, dass die einzelnen Sklavenhalter rassistisch gewesen seien, sagt Jeffrey Sachs vom Pen-Zentrum dem Radiosender NPR. "Das System, in dem sie sich befanden, die Gesetze, die sie unterstützten, die Wirtschaft, die das Geschäft profitabel machte – all diese institutionellen Besonderheiten müsste man davon trennen."

Das sei ein "Minenfeld", in dem Lehrpersonal herausfinden müsste, wie nun unbestritten essenzielle Themen wie Sklaverei oder Holocaust überhaupt unterrichtet werden dürfen. Auch bei Gesetzesvorlagen, die so vage formuliert sind, wie jene in South Carolina: Sie verbietet Themen, die "Unwohlsein, Schuld oder Kummer" im Zusammenhang mit politischen Überzeugungen auslösen könnten.

Übrigens hätte der Eifer der konservativen "Neusprech"-Fans auch schon einmal fast jenes Buch betroffen, aus dem sie die Inspiration für ihre Argument beziehen. Bereits 2017 sollte an einer Highschool in Idaho auch "1984" verboten werden. Immerhin, der Vorschlag scheiterte schließlich.


Aus: "Verbannte Bücher und Melde-Hotlines machen Unterricht in den USA zum Minenfeld" Manuel Escher, Noura Maan (9.2.2022)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000133192662/verbannte-buecher-und-meldehotlines-machen-unterricht-in-den-usa-zum (https://www.derstandard.at/story/2000133192662/verbannte-buecher-und-meldehotlines-machen-unterricht-in-den-usa-zum)

https://www.derstandard.at/story/2000133076321/verbot-von-holocaust-comic-maus-an-us-schulen-loest-kontroverse (https://www.derstandard.at/story/2000133076321/verbot-von-holocaust-comic-maus-an-us-schulen-loest-kontroverse)

https://www.nytimes.com/2021/11/15/books/review/the-1619-project-nikole-hannah-jones-caitlin-roper-ilena-silverman-jake-silverstein.html (https://www.nytimes.com/2021/11/15/books/review/the-1619-project-nikole-hannah-jones-caitlin-roper-ilena-silverman-jake-silverstein.html)

https://www.ala.org/advocacy/bbooks/frequentlychallengedbooks/top10 (https://www.ala.org/advocacy/bbooks/frequentlychallengedbooks/top10)

https://pen.org/steep-rise-gag-orders-many-sloppily-drafted/ (https://pen.org/steep-rise-gag-orders-many-sloppily-drafted/)

https://www.derstandard.at/story/2000130913155/so-half-das-wahlkampfthema-rassismus-in-virginia-den-republikanern (https://www.derstandard.at/story/2000130913155/so-half-das-wahlkampfthema-rassismus-in-virginia-den-republikanern)

https://www.nhpr.org/nh-news/2021-11-18/moms-for-liberty-prize-nh-schools (https://www.nhpr.org/nh-news/2021-11-18/moms-for-liberty-prize-nh-schools)

https://www.npr.org/2022/02/03/1077878538/legislation-restricts-what-teachers-can-discuss (https://www.npr.org/2022/02/03/1077878538/legislation-restricts-what-teachers-can-discuss)

Quote
Gerald Johann Josef Gruber IV. 19

Meine Erinnerung kann mich zwar täuschen, aber wer hat denn in jüngster Vergangenheit damit begonnen jahrzehntealte Kinderbücher, jahrhundertealte Märchen und andere Schriften nach CRT Kriterien und "versteckten misogynen und transphoben Tendenzen" zu durchsuchen, verbannen und indizieren?
Wenn das Pendel zu weit in die eine Richtung ausschlägt, folgt unweigerlich die Korrektur.
Oder wie mal Klonovsky schrieb:
"Anscheinend ist keine Emanzipationsbewegung weise genug, um kurz vor dem Überspannen des Bogens innezuhalten."


Quote
Nyan Cat

Ich empfehle all den Bücherverbietern die Lektüre von "Fahrenheit 451".


Quote
CV13

Leider haben primär die Linken damit angefangen, gewisse Begriffe unmöglich zu machen und jeden, der sich da nicht total alert verhalten hat, an den Pranger zu stellen. Das nutzen halt die in den USA völlig irren ,,Konservativen" aus. Die Zustände in diesem Land sind schon recht arg, glaube ich.
Erinnern möchte ich an Justin Trudeau, der zu Kreuze kriechen musste, nur weil er in den 80er Jahren oder so mit schwarz angemaltem Gesicht auf einer Kostümparty war. So etwas von lächerlich. Und die heiligen 3 Könige stehen mittlerweile ohne den schwarzen König vor der Tür. ...


QuoteKeks1980

Es ist schon grotesk, dass genau die Leute, die immer wieder "Meinungsfreiheit" brüllen keine andere Meinung außer der ihren gelten lassen.


Quote
bloody-nine

das ist bei den rechten schon lange bekannt - wer am lautesten "freiheit" schreit hat immer nur seine eigene im sinn, auch auf kosten aller anderen ...


Quote
Cellulite Cypher

also ich persönlich bin ja der meinung, dass alle rothaaringen eigentlich hexen sind. das tut unserer gesellschaft nicht gut. man sollte sie verbieten und evtl mit feuer bekämpfen. ...

*achtung kann spuren von ironie, sarkasmus und zynismus enthalten*


Quote
wrtlprmft

Nur von Rechts?

Die beschriebenen Phänomene in den USA sind fürchterlich.
Es ist allerdings ein fragwürdiges Framing, wenn diese Cancel-Culture nur als "rechte" Unsitte bebrandmarkt wird, da seit geraumer Zeit vom linken Flügel der Demokraten der Schul- und Hochschulbereich diesbezüglich in gleicher Weise "vermint" wird.
https://www.welt.de/debatte/kommentare/article147137100/Amerikas-PC-Regeln-bedrohen-die-freie-Lehre.html (https://www.welt.de/debatte/kommentare/article147137100/Amerikas-PC-Regeln-bedrohen-die-freie-Lehre.html)
Bitte erinnern: Der US-Antirassismus-Klassiker "Wer die Nachtigall stört" und Twains "Huckleberry Fin" wurden von BLM-Aktivistinnen auf die Verbotsliste gesetzt, nicht von Rechten. Und "Harry Potter" wird von Rechten wie von Queer-Aktivisten gleichermaßen verbrannt.


Quote
Glurns

rinks und lechts!


Quote
Zyniker083

Der Aufschrei erfolgt immer dann, wenn sich die falsche Seite der Mittel bedient, die man für sich gepachtet zu haben glaubt. Dieses Muster kann man schön verfolgen wenn man seine Augen nicht verschließt.


Quote
tiramisu pour vous

Bei uns werden Bücher umgeschrieben - Pippi darf keine Rassistin mehr sein...
https://www.deutschlandfunk.de/suedseekoenig-statt-negerkoenig-100.html (https://www.deutschlandfunk.de/suedseekoenig-statt-negerkoenig-100.html)


Quote
Rotes Käppchen

Finden Sie es so schlimm, dass einzelne Wörter geändert werden, um einem moderneren Zeitgeist gerecht zu werden?
Schließlich bezeichnet heute auch keiner mehr seine Frau als "Weib" und seine Angestellten als "Gesinde". NS-Vokabular ist ebenso zurecht out, auch wenn nicht jeder Anwender Nazi war.
Davon, dass auch schwarze Kinder Pippi lesen möchten, ohne ein Schimpfwort gegen sie gerichtet zu sehen, red ich ja noch gar nicht.
Und die Geschichten selber wurden ja nicht geändert.


Quote
gujand

sehen sie das problem ist, dass es am anfang immer nur um einzelne woerter ging...


Quote
Lercherlschaß

Pippi ist ein fiktiver Charakter. Eine Erfindung der Autorin Astrid Lindgren ...
die, wie viele Autoren der damaligen Zeit, Wörter verwendet hat, die heute als problematisch gelten. Ich bin Vorarlberger und lebe seit 30 Jahren im Ausland. Das Wort "heil" ist in Vorarlberg unverfänglich und wird auch heute noch von vielen Vorarlbergern als Begrüssung und Verabschiedung verwendet. Im Ausland ist es eher besser, diese Begrüssung nicht zu verwenden, daher habe ich es schon vor Jahrzehnten, durch das Schweizer "Hoi" ersetzt. Man muss ja nicht gleich jedem zeigen, dass man ein unverbesserlicher österreichischer Hinterwäldler ist. Es gibt viele Dinge, die man hierzulande als selbstverständlich betrachtet, die aber in anderen Ländern gänzlich anders gesehen werden.


Quote
Kalimero aus Palermo

Pippi war nie Rassistin. Aber das Wort "Neger" hat sich in seiner Bedeutung verändert, es ist heute keine neutrale Bezeichnung für Schwarze mehr, seit Jahrzehnten nicht. Somit ergibt es Sinn, die Übersetzungen zu verändern.

... Eine Frage: Bezeichnen Sie in der Öffentlichkeit und unironisch Ihre Gattin als "Mein Weib", bzw. fänden Sie das ganz normal, wenn jemand anderes das tut?
Als ich in den Achzigern als Kind noch gezwungenermaßen in die Kirche gegangen bin hieß es im Ave Maria schon "du bist gebenedeit unter den Frauen". Früher war's "Weiber". Ergebnis des woken Cancel-Kultur der Kirche in den 60er/70ern?


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Wienbär

Es ergibt aber keinen Sinn, wenn in der "kleinen Hexe" der Kinderfasching plötzlich keine Chinesen, Indianer und Zigeuner mehr hat. Ein Kind trägt diese Verkleidung, weil es sich in dieser Rolle toll fühlt und nicht aus Verachtung.

Und dass der Vater von Pippi plötzlich zum König der Südseeinsulaner wird, statt zu einem König eines afrikanischen Stammes, ist auch mehr als fragwürdig.
Warum werden die "schlimmen" Begriffe nicht in einem verständlichen Vorwort hinsichtlich ihrer damaligen Bedeutung erklärt und das Buch so gelassen, wie es geschrieben wurde?
Warum schreibt man eigentlich die Bibel nicht um? Da herrschen Rassismus, Frauenfeindlichkeit, Glaubenskrieg .....


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Kalimero aus Palermo

"wenn in der "kleinen Hexe" der Kinderfasching plötzlich keine Chinesen, Indianer und Zigeuner mehr hat""
Den Fall kenn ich nicht.

Pippi ist eine _Kinderbuch_, keine Abhandlung, wo man im Vorwort Absichten erklärt. Pippis Vater weiterhin Negerkönig nennen in einer Zeit, in der das Wort klar negativ konnotiert ist verändert die Grundaussage der Geschichte viel mehr als geografische Spitzfindigkeiten.

Die Bibel ist ein historisches Dokument und kein Kinderbuch.


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muskulöserBizeps

Ein Kinderbuch ist ebenfalls ein historisches Dokument, wie jedes Schriftstück, das existiert. Entscheidet man sich Kinderbücher zu ändern, dann muss auch die Bibel geändert werden, denn auch wenn die Kinder diese meist nicht lesen, so wird ihnen ihr Inhalt gelehrt


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Belus

In einer Zeit, wo Kinder sich im Internet zu allen möglichen Themen informieren, Bücher in Schulen zu verbieten ist nicht wirklich zielführend.


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Ausgeflippter Lodenfreak

Dieser Artikel zeigt perfekt das Problem heutiger Geisteswissenschaften und des Journalismus auf. Das Thema wird streng und ausschließlich von einem politischen Standpunkt durch einen Tunnel betrachtet und alles andere ausgeblendet. So entsteht der Eindruck einer strengen Teilung in Gut-Böse, die es natürlich nicht gibt.
Denn natürlich ist es so, dass auch die Linken, Demokraten bzw. die Identitätspolitik Bücher und Autoren bzw. sogar Lehrer und Wissenschaftler verbannen bzw. ächten will und Inhalte und Worte verbietet. Beim erwähnten "1619 Project" musste die NY Times auch ordentlich zurückrudern, weil es einfach Unsinn ist, die Geschichte der USA ausschließlich als Rassenfrage bzw. vor dem Hintergrund der Sklaverei zu sehen.


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Liazna

Religiöser Fanatismus ist Gift für das Hirn - man haut immer gerne (auch teilweise zurecht) auf den Islam hin, aber dieser portestantisch geprägte Wahnsinn in den USA ist auch brandgefährlich auf lange Sicht.


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wolltihrdietotalesicherheit?

Und immer dasselbe Muster:
Geistig in der Pubertät hängengebliebene Eltern sorgen dafür, dass ihr Kind in der Schule nichts lernt, das ihnen unangenehme Fragen zu Hause bescheren könnte.

Im Grunde nur ein gelebter Beweis für Erziehungsunfähigkeit.


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Strolchi

Vorwärts, es geht zurück.

Der Beginn der Aufklärung wir mit 1715 datiert: ,,Sapere aude! Habe den Mut, Dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen."
Wir werden gerade Zeugen, wie die in 300 Jahren mühsam erkämpften Errungenschaften der Aufklärung in Superzeitraffer zunichte gemacht werden.

In den USA, wie im Artikel beschrieben, traurig genug. - Aber in der Türkei wird Darwin aus dem Biologieunterricht gestrichen und Journalisten, Beamte, Lehrer usw. wegen ihrer politischen Überzeugung als Terroristen verfolgt, ganz zu schweigen von Afghanistan, wo Frauen wieder eingesperrt und aus dem öffentlichen Leben verbannt werden.

Bei uns wird der offene Diskurs mit cancel culture, political correctness etc. eingeschränkt bzw. verhindert.

Die Geister, die ich rief ...


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Prinz auf dem Erbs

interessant das der standard darüber berichtet und gleichzeitig die politische korrektheit hemmungslos übertreibt. die kommentare werden oft grundlos gelöscht.


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dearseall

"Grundlos" ist es nicht ;)

Um seine kaiserliche Hoheit Robert Heinrich I. zu zitieren: "Er/Sie muss halt auch amal a bisserl brav sein!"


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Darth Gy

Es ist immer wieder erstaunlich wie wenig wir als Gesellschaft heutzutage "aushalten". "Persönliches Unwohlsein" über diverse Themen wird als Argument gegen Bildung herangezogen.


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Aspergillus

"bei der Behandlung des industrialisierten Massenmords an den europäischen Juden im Geschichtsunterricht auch "entgegengesetzte" Sichtweisen darzustellen"

Da ist sie, die dümmste Ausformung des Bothsidesism bisher.


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Simon K

In den USA werden religionskritische Theorien "gecancelt", indem man Bücher verbrennt. In Europa werden Prophetenkarikaturen gecancelt, indem man Journalisten tranchiert und Lehrer köpft. Fundamentalismus da wie dort.


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#wemnütztes

Kummer darf nicht erzeugt werden

Ist halt bei Themen wie Holocaust oder Sklaverei etwas schwierig, dass eine freudige Stimmung aufkommt.


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Handbremse

die wahrheit ist den menschen zumutbar!  ...


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Robert Niessner

Mit Vollgas vorwärts zurück in die Vergangenheit.


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Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 21, 2022, 03:50:17 PM
Quote[...] Warum hat das Putin-Regime in offen imperialistischer Manier die Ukraine überfallen?

Wenn es nach Kommentator:innen in rechtskonservativen Kreisen geht, ist ein wesentlicher Teil des Problems, dass westliche Staaten zu verweichlicht, zu politisch korrekt, zu liberal seien. So schreibt Markus Somm in der «SonntagsZeitung» vom 27. Februar, wir alle hätten so getan, als «bestünden unsere dringendsten Sorgen nach wie vor darin, ob es auch Velowege in Schwamendingen gibt oder in unseren Formularen das Gendersternchen oft genug auftaucht, sodass niemand sich verletzt fühlen muss». Der Westen, konstatiert Somm, sei «krank»: «Eine schwächliche, verzagte Generation, die sich lieber selber umbringt, als sich zu wehren.»

Roger Köppel kommt am 26. Februar in der «Weltwoche» online zum Schluss, die «rotgrüne Scheinwelt» breche nun zusammen: «Der Westen muss wieder über Panzer, Energie und Wirtschaft sprechen statt über Windräder und Gendertoiletten.» Die Politologin Regula Stämpfli diagnostiziert einen Tag zuvor auf nebelspalter.ch, dass der Westen die Geopolitik vernachlässigt habe, weil wir über «irrelevanten Scheiss» redeten. Was für «irrelevanten Scheiss» genau? Zum Beispiel die Frage, «was eine Frau und was ein Mann» sei. Und Urs Gehriger beklagt am 25. Februar auf weltwoche.ch, militärische Rüstung sei «im Zeitalter von Gender-Wahn, cancel culture und Öko-Fetisch» nicht «en vogue». Diese Schwäche des Westens habe Putin darin bestärkt, seinen Angriffskrieg zu lancieren.

Der Westen, so der Tenor, befinde sich im Zerfall. Unsere Gesellschaft sei derart liberal und progressiv, dass sie sich selbst abschaffe und die Bühne Potentaten wie Putin überlasse, die bodenständig geblieben seien. Dieses Deutungsmuster ist inhaltlich offensichtlich Humbug – die Militärbudgets und die Feuerkraft der Nato-Mitgliedsländer übersteigen jene von Russland um ein Vielfaches. Dass sich diese Argumentation jedoch in der Schweiz so durchgesetzt hat, weist auf ein grösseres Problem hin: Die Vorstellung, Russland sei stark, weil der Westen dekadent sei, zeugt davon, wie erfolgreich die antidemokratische Kreml-Propaganda der letzten zehn Jahre war.

Im ersten Jahrzehnt der Putin-Ära war Russland eine verhältnismässig technokratische Autokratie, die deutlich weniger reaktionär-nationalistische Züge trug als heute. Den grossen Umschwung brachte die Zeit um 2011 und 2012, die von Protesten gegen Putin und seine Regierung gezeichnet war. Als Reaktion setzte der Kreml ab circa 2013 auf eine Strategie reaktionärer Propaganda, die auf Traditionalismus und Konservatismus setzte. Dadurch sollte das russische Demokratiedefizit innenpolitisch gerechtfertigt und nationale Geschlossenheit markiert werden. Der demokratische Westen, so die Propaganda, zerfalle ob seiner liberalen Prinzipien der Offenheit und Toleranz. Dieses Schicksal solle Russland nicht ereilen, und darum würde die drohende westliche Dekadenz durch Tradition, Nationalstolz und Christentum bekämpft. Das Vokabular der Propaganda war dabei von Anfang an jenes, das rechtskonservative Kreise in ihren Dekadenzdiagnosen heute verwenden. Der Liberalismus des Westens, so Putin im Jahr 2013, sei «genderlos und unfruchtbar».

Diese reaktionäre, antidemokratische Staatsideologie war aber nicht bloss als innenpolitische Propaganda konzipiert. Das Bild von Russland als konservativem Rettungsboot in einer Welt, die von Feministinnen, von Schwulen und trans Menschen, von nichtweissen muslimischen Migrant:innen kaputtgemacht werde, wurde auch aktiv nach aussen projiziert.

Mit durchschlagendem Erfolg: Der globale Desinformationsschlauch des Kreml, der von Social-Media-Trollen bis zu staatlichen Propagandamedien wie RT (ehemals Russia Today) reicht, in Kombination mit der «Flüchtlingskrise» von 2015 als Propaganda-Brandbeschleuniger, verfestigte in westlichen rechtskonservativen bis rechtsextremen Milieus das Bild von Russland als starkem Gegenpol und Gegenentwurf zum Westen, der unter seiner moralischen Beliebigkeit kollabiere. Und um Wladimir Putin, den Architekten dieser vermeintlichen konservativen Renaissance, der die westliche Zivilisation rette, bildete sich ein weltumspannender Personenkult.

Was lernen wir aus dieser Episode? Propaganda wirkt. Ob die konservativen Kreise, die die Kreml-Propaganda des dekadenten, verweichlichten Westens wiedergeben, dies bewusst tun oder nicht, sei dahingestellt. Sicher ist: Sie machen sich dadurch zu nützlichen Idiot:innen, die das Dekadenznarrativ verinnerlicht haben und aufrichtig glauben, der Westen stehe vor dem Untergang, weil Minderheiten und vulnerable Gruppen besser behandelt werden als früher.

Doch das ist ein Trugschluss. Gleichheit, Vielfalt, Inklusion machen uns nicht schwach – im Gegenteil: Das sind just die demokratischen Werte, die Gesellschaften und Gemeinschaften stark machen.


Aus: "Aus Putins Mund ins rechte Ohr" Marko Kovic (Nr. 09/2022 vom 03.03.2022)
Quelle: https://www.woz.ch/2209/rechte-rhetorik/aus-putins-mund-ins-rechte-ohr (https://www.woz.ch/2209/rechte-rhetorik/aus-putins-mund-ins-rechte-ohr)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 24, 2022, 11:09:11 AM
QuoteFlorian Aigner
@florianaigner

Bin nicht sicher, was blöder ist: Wenn Leute aus der Klimabewegung intern wegen Dreadlocks streiten, oder wenn Konservative, die sich sonst nie mit der Klimabewegung auseinandersetzen, jetzt plötzlich so tun als wären Dreadlocks das Hauptthema von Fridays for Future.

11:29 vorm. · 24. März 2022·


Quelle: https://twitter.com/florianaigner/status/1506941224204259331 (https://twitter.com/florianaigner/status/1506941224204259331)

QuoteDasOrakel
@DasEchteOrakel
·
22 Std.
Antwort an
@florianaigner

Es ist halt ein typisches Problem progressiver und linker Bewegungen, sich über Nebenthemen zu spalten.


QuoteTekay @Tekay37
·
In dem Fall ist das kein Nebenthema, sondern Ausdruck eines fundamentalen Konflikts in der Linken zwischen jenen, die ein ernsthaftes Interesse an einer Verbesserung der Welt haben und den Postmodernisten., der Ideologie alles in Unterdrücker vs. Unterdrückte einteilt.


QuoteDasOrakel
@DasEchteOrakel

Ich stimme dir zu, werde aber das Fass hier nicht aufmachen und nicht darüber diskutieren.


QuoteTekay @Tekay37

Verständlich. :D


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Quote[...] Mit dem Begriff Kulturelle Aneignung (englisch cultural appropriation) wird die Übernahme eines Bestandteils einer Kultur von Mitgliedern einer anderen Kultur oder Identität bezeichnet. Die ethische Dimension kultureller Aneignung wird in der Regel nur dann kritisiert, wenn die angeeignete Kultur einer Minderheit angehört, die als sozial, politisch, wirtschaftlich oder militärisch benachteiligt gilt,[1][2] etwa wegen ethnischer Konflikte.[3] Die Kultur wird aus Sicht der Kritiker durch ihre historischen Unterdrücker ihrem Kontext entrissen.[4][5][3] Die Verwendung des Begriffs der Kulturellen Aneignung wird wiederum als Identitätspolitik kritisiert.[6]

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Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Kulturelle_Aneignung (https://de.wikipedia.org/wiki/Kulturelle_Aneignung)

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Quote[...] Identitätspolitik (englisch identity politics) bezeichnet eine Zuschreibung für politisches Handeln, bei der Bedürfnisse einer spezifischen Gruppe von Menschen im Mittelpunkt stehen. Angestrebt werden höhere Anerkennung der Gruppe, die Verbesserung ihrer gesellschaftlichen Position und die Stärkung ihres Einflusses. Um die Mitglieder einer solchen Gruppe zu identifizieren, werden kulturelle, ethnische, soziale oder sexuelle Merkmale verwendet. Menschen, die diese Eigenschaften haben, werden zu der Gruppe gezählt und häufig als homogen betrachtet.

... Für Francis Fukuyama fiel die Krise der Linken in den letzten Jahrzehnten mit ihrer Hinwendung zu Identitätspolitik und Multikulturalismus zusammen. Die Forderung nach Gleichheit sei für die Linke weiterhin kennzeichnend, doch ihr Programm legte nicht mehr wie einst den Nachdruck auf die Lebensbedingungen der Arbeiterschaft, sondern auf die Wünsche eines ständig größer werdenden Kreises ausgegrenzter Gruppen.[11] Für manche Linke sei die Identitätspolitik zu einem billigen Ersatz für ernsthafte Überlegungen geworden, wie der seit 30 Jahren andauernde Trend sozialökonomischer Ungleichheit in den meisten liberalen Demokratien umgekehrt werden könne.[12] Schon 1998 hatte Slavoj Žižek ähnlich argumentiert: Die postmoderne Identitätspolitik der partikularen (ethnischen, sexuellen und anderer) Lebensstile passe perfekt zu einer entpolitisierten Idee der Gesellschaft.[13] Russell A. Berman sieht in der Identitätspolitik auch eine Ähnlichkeit zur Strategie Teile und Herrsche des verwaltenden Staates. Durch Identitätspolitik würden sich soziale Bewegungen immer weiter fragmentieren.[14] Auch äußern linke Kritiker wie Walter Benn Michaels oder Sahra Wagenknecht in ihrem Buch Die Selbstgerechten den Verdacht, dass es sich bei Identitätspolitik um die ,,Artikulation milieuspezifischer Präferenzen von ökonomisch Privilegierten" handele.[15]

Unter Bezugnahme auf Walter Benjamins These von 1936, dass die faschistische ,,Ästhetisierung der Politik" den Wunsch der Ausgebeuteten bediene, sich ästhetisch ausdrücken und zeigen zu können, z. B. auf Militärparaden oder im Massensport, formuliert auch der spanische Philosoph José Luis Pardo von der Universität Complutense Madrid die These, dass der Staat nach der Finanzkrise von 2008–2012 die Politik einer sozialen Angleichung und Gleichstellung aufgegeben habe zugunsten der Förderung einer Identitätspolitik, die als eine rein symbolische Politik wesentlich billiger sei.

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Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Identit%C3%A4tspolitik (https://de.wikipedia.org/wiki/Identit%C3%A4tspolitik) (12. März 2022)

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Quote[...] Die weiße Musikerin Ronja Maltzahn (28) darf nach einem Entschluss von Fridays for Future wegen ihrer Dreadlocks nicht wie zunächst geplant bei einer Demonstration in Hannover auftreten. Die Hannoveraner Ortsgruppe der Klimaschutzbewegung sagte einen Auftritt der Künstlerin an diesem Freitag in der Innenstadt ab, wie die Gruppe am Mittwoch auf ihrer Website mitteilte.

Die Aktivisten begründeten die Absage mit der Frisur der Sängerin. Dreadlocks seien in den USA ein Widerstandssymbol der Bürgerrechtsbewegung schwarzer Menschen geworden. ,,Wenn eine weiße Person also Dreadlocks trägt, dann handelt es sich um kulturelle Aneignung, da wir als weiße Menschen uns aufgrund unserer Privilegien nicht mit der Geschichte oder dem kollektiven Trauma der Unterdrückung auseinandersetzen müssen", schrieben die Klimaschützer.

Maltzahn hatte die Absage selbst auf ihren Social-Media-Kanälen öffentlich gemacht. Die Musikerin reagierte betroffen: ,,Wir hatten uns darauf gefreut ein Zeichen für Frieden und gegen Diskriminierung mit unserer Musik setzen zu dürfen. Schade dass wir aufgrund von äußerlichen Merkmalen davon ausgeschlossen werden." Es gehe darum, kultureller Vielfalt eine Bühne zu geben und für Achtsamkeit, Toleranz und Geschlechtergerechtigkeit einzustehen. ,,Ich hoffe dass unsere Zuhörer dieses Bild durch unsere Musik vermittelt bekommen und nicht das Gegenteil", schrieb die Musikerin.

Fridays for Future Hannover erklärte zu der Absage, es sei der Gruppe wichtig, ,,BiPoC's (Schwarze, indigene und People of Color) Raum innerhalb der Klimagerechtigkeitsbewegung zu geben", der ihnen bis jetzt nicht genug eingeräumt worden sei, aber schon häufig eingefordert wurde. Dies müsse konsequent passieren, ,,weil das Auftreten einer weißen Person mit Dreadlocks auf unserer Bühne für BiPoC's den Eindruck erwecken kann, dass diese Bewegung für sie keinen Safer Space darstellt" – also keine geschützte Umgebung ohne Diskriminierung biete. ,,Deshalb haben wir uns dazu entschieden, Ronja Maltzahn abzusagen."

Die Aktivisten der Klimaschutzbewegung baten in der Mitteilung die Musikerin aber auch um Entschuldigung. In einer Chat-Nachricht an Maltzahn hatte die Gruppe ihr die Absage mitgeteilt, gleichzeitig aber gesagt, dass ein Auftritt möglich sei, wenn sie sich bis Freitag ihre Dreadlocks abschneide. Dieser Vorschlag sei ein Eingriff in die Privatsphäre der Künstlerin gewesen, der so nicht hätte passieren dürfen, teilte Fridays for Future später mit.

Die Absage habe sie ,,überrascht und auch ein wenig schockiert", sagte Maltzahn der Deutschen Presse-Agentur. Vor allem die Ansprache habe sie als unsensibel empfunden. ,,Dass wir grundsätzlich in unserer Gesellschaft genau gucken, wo steckt überall Diskriminierung drin, das befürworte ich sehr." Aber es sei auch wichtig, den Kontext dabei nicht außer Acht zu lassen.

,,Tatsächlich kommt meine Inspiration, Dreads zu tragen, aus alternativen Kreisen", sagte die Sängerin. Sie sei interessiert an verschiedenen Kulturen. Auf Reisen und Auslandsaufenthalten seien ihr viele Menschen mit Dreadlocks begegnet. ,,Ich finde es künstlerisch schön, aber auch das Lebensgefühl, was damit verbunden wird, fand ich sehr passend für meine Lebenseinstellung", sagte sie.

Bislang habe sie wegen ihrer Haare eher andere Reaktionen erhalten. Häufig würden Menschen mit ihrem Erscheinungsbild assoziieren, dass sie vielleicht vegan lebe oder grün eingestellt sei. Maltzahn sagte, sie hoffe, dass die angestoßene öffentliche Debatte das Bewusstsein für Diskriminierung in der Gesellschaft schärfe.

Mit Fridays for Future wolle sie weiter in Kontakt bleiben. ,,Ich möchte dieses Thema in keinster Weise ausarten lassen in eine Art Shitstorm oder in irgendeine Art von Schlechtmachung dieser Organisation, in irgendeine Form von Streit", sagte sie in einem am Mittwochabend veröffentlichten Instagram-Video.

,,Ich freue mich auch darüber, nächste Woche noch einmal ausführlicher ins Gespräch zu kommen, strukturierter, mit dieser Organisation. Denn eigentlich ist Fridays for Future eine Organisation, von der ich eine Menge halte." Eine Vertreterin von Fridays for Future habe sich schon in einem persönlichen Gespräch für den ,,eher unsensiblen Tonfall" entschuldigt, sagte Maltzahn. Dafür sei sie dankbar.

Nach Angaben ihres Musikverlags Timezone Records in Osnabrück macht Maltzahn Musik aus dem Genre Worldpop. Die 28-Jährige kommt aus Bad Pyrmont, lebt in Münster und Hannover und spielt Cello, Gitarre, Ukulele und Piano. Zudem tritt sie mit einem größeren Folkensemble auf, dem Blue Bird Orchestra. ,,Wir sind eine bunte Band, aus verschiedenen Nationalitäten, singen auf verschiedenen Sprachen, in verschiedenen Stilistiken und zelebrieren die Vielfalt und wollen keinesfalls Menschen diskriminieren", sagte Maltzahn.

Beim globalen Klimastreik an diesem Freitag wollen nach Angaben von Fridays for Future Menschen überall auf der Welt für Klimagerechtigkeit und Frieden demonstrieren – von Taiwan über Nigeria bis nach Australien. Allein in Deutschland sind Aktionen an 240 Orten geplant. (dpa)


Aus: "Fridays for Future lädt Musikerin Ronja Maltzahn von Demo aus" (24.03.2022)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/wegen-dreadlocks-unerwuenscht-fridays-for-future-laedt-musikerin-ronja-maltzahn-von-demo-aus/28194858.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/wegen-dreadlocks-unerwuenscht-fridays-for-future-laedt-musikerin-ronja-maltzahn-von-demo-aus/28194858.html)

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User4

24. März 2022, 09:44:38

Ich hab ein Problem mit dem Konzept der "kulturellen Aneignung". Sie geht von einem essentialistischen Verständnis von Kultur aus, also dass sich Kultur nicht mischen kann, bzw nur einer bestimmten Gruppe vorbehalten ist. Die muss aber auch mal definiert werden. Sorry aber so funktioniert das nicht. Kultur ist ein sich ständig veränderndener Prozess. Wer darf Dreads tragen und wer nicht? Schon alleine diese Frage klingt absurd. Ich verstehe wenn es bei Dreads um Vermarktung geht, also dass daraus Kapital geschlagen wird und Personen abgewertet werden, dass man sich darüber aufregt. Aber doch nicht bei einer Person die diese Dreads als ein Symbol ihres Antirassismus trägt.


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Mr JimPanse

24. März 2022, 08:07:17

Fridays for Future könnte für so wichtige Themen einstehen und sie schießen sich mit solchen Blödheiten in Richtung Bedeutungslosigkeit. Irgendwie traurig wenn es nicht schon wieder witzig wäre.


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Da Harry

24. März 2022, 08:00:32

Ich verstehe kulturelle Aneignung ja nicht ganz. Ist es nicht gut, wenn Menschen Dinge von anderen Kulturen verwenden und sich damit zeigen, damit sich das vermischt und die Kulturen mehr akzeptiert werden?


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attitude333

Wenn FfF doch ein wenig Systemtheorie lesen würden.


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ernst, der baumeister

"erst, wenn du dir die haare abschneidest, darfst du..." hat sich mein vater in seiner jugend in den 70ern auch anhören dürfen.

das soll progressiv sein?
verkopft, verkrampft und humorlos, vorgetragen ohne jeden anflug von selbstzweifel mit belehrendem tonfall.

nicht gut, gar nicht gut.


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Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000134364343/fridays-for-future-luden-weisse-saengerin-mit-dreadlocks-aus (https://www.derstandard.at/story/2000134364343/fridays-for-future-luden-weisse-saengerin-mit-dreadlocks-aus)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 28, 2022, 11:48:43 AM
Quote[...] Denke ich an den Siegeszug des Döners, muss ich eine Geschichte aus New York erzählen. Vor ein paar Jahren war ich das letzte Mal dort. Mich interessierte vor allem die junge Food-Start-up-Szene. Nirgendwo war sie damals lebendiger als in dieser Stadt. Junge Gründer*innen experimentierten mit neuen Liefer- und Imbisskonzepten, mit veganem Fleisch oder entkleideten Urban Gardening der Schrebergarten-Romantik und bauten Container zu Gewächshäusern um. All das ist inzwischen auch in Europa angekommen. Während ich durch lange Gänge eines ,,Food Court" im angesagten Brooklyn lief – in New York gibt es kaum noch ein Viertel ohne Markthalle –, fragte ich mich, ob es überhaupt noch etwas gibt, das den umgekehrten Weg nehmen könnte, von Europa in die USA, bog um eine Ecke und stieß auf eine Filiale von ,,Kotti Berliner Döner". ...

[Seidel] (Eberhard Seidel. Döner (März Verlag, 257 S., 20 Euro) will den Döner gar nicht feiern, er ist für ihn Vehikel für eine deutsch-türkische Kulturgeschichte, die mit allerlei Legenden aufräumt, zum Beispiel genau jener, dass der Döner in Berlin erfunden worden sei. Dafür erzählt er die faszinierende Geschichte, wie der Imbiss zugleich dort wie in Istanbul in Mode kam. Er unterschlägt nicht die Rolle des Gyros beim Aufstieg in Deutschland und wo die deutsche Döner-Industrie heute ihren Hauptproduktionsstandort hat, nämlich in Polen. Der stärkste und wichtigste Teil des Buches aber behandelt den Döner in Ostdeutschland. Das Sandwich und seine Macher spielten eine bedeutende Rolle bei der Integration der fünf neuen Bundesländer nach der Wende, zugleich aber ist das ostdeutsche Kapitel auch eine Gewaltgeschichte, die nicht erst damit beginnt, dass die Morde des NSU zu Beginn ,,Döner-Morde" genannt werden, und einen traurigen Höhepunkt beim Anschlag von Halle 2019 erfährt, als neben der Synagoge auch ein Imbiss namens Kiez-Döner zum Anschlagort wird. ...

Der Döner ist sowohl Symbol für die Emanzipation und den wirtschaftlichen Aufstieg der ehemaligen Gastarbeiter wie neuerdings Gegenstand der kulturellen Aneignung durch eine kosmopolitische, biodeutsche Klasse, die das Fast Food inzwischen – selbstverständlich in Bio-Qualität – auf die Speisekarte des Hotels Adlon gebracht hat. ... Sein Image ist schimmernd, fluide und dreidimensional, alles, was ein Kultobjekt braucht.

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Aus: "50 Jahre Döner: Auch eine ostdeutsche Gewaltgeschichte" (Jörn Kabisch | Ausgabe 12/2022)
Quelle: https://www.freitag.de/autoren/jkabisch/50-jahre-doener-von-cottbus-bis-new-york (https://www.freitag.de/autoren/jkabisch/50-jahre-doener-von-cottbus-bis-new-york)

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Quote[...] Cem Kara hat Geschichte und Philosophie in Köln und Istanbul studiert. 2017 schloss er seine Promotion an der Ludwig-Maximilians-Universität München zur transkulturellen Geschichte des Bektaschi-Ordens im langen 19. Jahrhundert ab. Seit 2018 ist er Universitätsassistent (Postdoc) im Fachbereich Alevitisch-Theologische Studien der Universität Wien. Seine Forschungsschwerpunkte umfassen unter anderem die Geschichte des Alevitentums und des Bektaschitums.

Der aktuelle gesellschaftliche Diskurs wird zunehmend von politisch aufgeladenen sowie polarisierenden Schlagworten und Begriffen geprägt. Eine kontinuierlich wachsende Aufmerksamkeit erfährt dabei der Begriff der kulturellen Aneignung. Vereinfacht gesagt, werden darunter Phänomene verstanden, bei denen sich eine privilegierte Gruppe kulturelle Errungenschaften einer diskriminierten Minderheit zu eigen macht.

Während sich die Debatte zunächst an sichtbaren Aneignungen wie Körperschmuck, Kleidungsstilen oder Frisuren entzündet hatte, ist der Begriff sukzessive auf Bereiche wie Musik oder das religiöse Feld ausgeweitet worden. So wird etwa im Format "13 Fragen" des ZDF die Frage aufgeworfen, ob Rap-Musik von Weißen als kulturelle Aneignung zu verstehen ist.

Im religiösen Feld werden die Debatten insbesondere hinsichtlich der westlichen Rezeption des Buddhismus geführt – begonnen bei der Nutzung von Gebetsflaggen über Yoga bis hin zu Mantra-Gesängen. Häufig scheinen hierbei die Fronten verhärtet: Während die eine Seite in allen Formen der Rezeption von Minderheitenkultur durch Mehrheiten Aneignungen sehen möchte, werden von der anderen besagte Rezeptionen lediglich als Würdigung und Respektbekundung gedeutet.

Mit Blick auf die religiöse Minderheit der Aleviten finden sich ebenfalls Phänomene, die mit den eben erwähnten Diskussionsthemen durchaus verglichen werden können. Hier kann auf die Arte-Doku "Saz" verwiesen werden: In dieser Doku wird die Geschichte einer polnisch-stämmigen Wiener Musikerin erzählt, die das Saiteninstrument Saz spielt, das bei religiösen Kulturen vom Balkan bis Zentralasien – unter anderem beim Alevitentum – eine zentrale Rolle in der Sakralmusik und Ritualpraxis einnimmt. So begibt sich die Musikerin, von ihrem Wohnort Berlin aufbrechend, auf eine Spurensuche des Instruments, die sie von Bosnien über die Türkei bis in den Iran führt.

Nun könnte man einwenden, dass die Geschichte des Instruments erst dann erzählenswert wurde, nachdem eine Westeuropäerin das Instrument für sich entdeckt hatte, und zugleich den Vorwurf erheben, dass sie sich kulturell ein Instrument aneignete, das für Aleviten und viele weitere religiöse Minderheiten eine sakrale Bedeutung hat. Wäre auch dies als eine Form kultureller Aneignung zu verstehen?

In Geschichte und Gegenwart des Alevitentums lassen sich viele kulturelle Aneignungen rekonstruieren – sowohl von der Mehrheitsgesellschaft in der Türkei als auch von westlichen Gruppen. Auf einer diskursiven Ebene wollten türkische Nationalisten und westliche Orientalisten im Alevitentum sowie im Bektaschitum, dem vor allem auf dem Balkan verbreiteten und mit dem Alevitentum religiös-kulturell eng verwobenen Sufi-Orden, eine Version der eigenen kulturellen Prägung sehen. Für türkische Nationalisten waren Alevitentum und Bektaschitum zusammengedacht in ihrem Kern eine türkische Religion; für westliche Orientalisten hingegen eine Kryptoversion des Christentums. So sollte aus dem Alevitentum jeweils ein verlängerter Arm der eigenen Kultur werden.

Auch im Bereich der Musik finden sich viele Prozesse kultureller Aneignung. In der Türkei bedienen sich seit Jahrzehnten türkisch-nationalistische Musikerinnen und Musiker an Melodien, Motiven und Kompositionen alevitischer Sakralmusik und komponieren die Musik in einem türkisch-nationalistischen Kontext um. Zugleich gibt es Beispiele für weniger politisch gefärbte, dafür umso stärker kommerziell motivierte Aneignungen, bei der alevitische Poesie und Musik ohne Verweis auf das Original in der Popkultur neu interpretiert werden.

Dabei werden die Lieder nicht nur ihrer religiös-kulturellen Komponente beraubt, sondern häufig jegliche Verbindung zum Alevitentum gekappt. Bei vielen Musikerinnen und Musikern, die die alevitische Musik nachhaltig prägten, wird die religiös-kulturelle Zugehörigkeit unterschlagen. So zelebrieren diskursbestimmende Medien den Dichter und Musiker Âşık Veysel (1894–1973) als großen Künstler und Repräsentanten türkischer Kultur, ohne dessen alevitischen Glauben, der nachweislich seine Kunst prägte, auch nur einmal zu erwähnen. Bei kurdischsprachiger Musik wurden zuweilen kurdische Lieder einfach ins Türkische übersetzt, sodass unverblümt der Eindruck vermittelt wurde, es handle sich bei besagten Liedern um Produkte türkischsprachiger Kultur.

Auch im Westen finden sich, wenngleich vereinzelter, kommerziell motivierte Aneignungen von Musik, die der alevitischen Musik zugeordnet werden können. Der erfolgreiche Musikproduzent Timbaland sampelte – ebenfalls ohne Angabe der Quelle – eine Komposition des alevitischen Dichter-Musikers Muhlis Akarsu (1948–1993) für ein Lied von Nelly Furtado. Dass besagtes Lied dezidiert ritualpraktisch kodiert ist und Muhlis Akarsu Opfer eines alevitenfeindlichen Pogroms wurde, machte diese Aneignung für Aleviten nochmals brisanter [Muhlis Akarsu ist in dem Pogrom von Sivas 1993 ermordet worden. Das gesampelte Lied trägt den Titel "Allah Allah desem" ("Wenn ich Allah Allah sagte"). Die Doppelung des Gottesnamen erfüllt im alevitischen Kollektivgebet, Cem, die Funktion des Amens, wird zu Affirmation an Gebete angehängt und ist entsprechend ritualpraktisch kodiert.].

Ferner gibt es jenseits des Musikfeldes in den USA bis zum heutigen Tag mit den sogenannten Mystic Shriners eine Freimaurer-nahe Gruppe, die sich bei ihrer Gründung im späten 19. Jahrhundert als Fortsetzung der Bektaschis inszenierte. Sie betrachteten sich als "Americanized version" der Bektaschis, ohne dass die Bektaschis in Anatolien und auf dem Balkan auch nur ahnen konnten, dass jenseits des Atlantiks eine Gruppe in ihrem Namen Hunderte von Zentren gegründet und hunderttausende Mitglieder gewonnen hatte. In New Hampshire hat die Gruppe bis heute ein Zentrum mit dem vielsagenden Namen Bektash Temple, in dem die Fez-tragenden Mitglieder an Weihnachten Bektash Christmas feiern und auf ihren Bektash-"Fez"tivals der Bektash Music Choir auftritt. Die offenkundig stereotype Orientalisierung könnte mit dem Fez und den exotisierenden Wortspielen kaum augenscheinlicher sein.

Bei all diesen Beispielen handelt es sich unzweifelhaft um kulturelle Aneignungen, bei denen sich die diskursiv mächtigere Kultur bei der schwächeren wie in einem Supermarkt frei bedient und es nicht für notwendig befindet, auf die Inspirationsquelle zu verweisen und zugleich die rezipierte Kultur auf exotisierende Elemente reduziert. Es wird entweder so getan, als ob die kulturellen Erzeugnisse der eigenen Kultur oder einem Karl-May-Roman entsprungen seien.

Gleichzeitig stellt sich aber die Frage, wo die Grenze liegt zwischen diesen eindeutigen kulturellen Aneignungen, die es in Geschichte und Gegenwart des Alevitentums zuhauf gegeben hat, und anderen, unverfänglicheren Prozessen kulturellen Austauschs. Denn Kultur entsteht erst durch Austausch. Der Kulturwissenschafter Lutz Musner spricht daher von der Kultur als Transfer, da sich erst durch Austauschprozesse Kulturen weiterentwickeln oder gar erst entstehen.

In einer idealen Welt begegnen sich Kulturen in solchen Prozessen auf Augenhöhe, ohne Macht-Hierarchien. Aber die Realität disqualifiziert dies leider sehr schnell als Utopie, weswegen in vielen kulturellen Austauschprozessen ein Ungleichgewicht in den Machtverhältnissen kaum vermeidbar ist. Wenn dieses Ungleichgewicht sodann aber einen reziproken Transfer ausschlösse, wären kulturelle Austauschprozesse kaum oder nur sehr eingeschränkt möglich, was – etwas pathetisch gesprochen – unsere kulturelle Welt um einiges ärmer machen würde.

Die entscheidenden Unterscheidungsmarker, die in diesen Diskussionen häufig zu kurz kommen, sind Intention, Interesse und Transparenz. Wird gezeigt, woher das kulturelle Produkt stammt, oder wird die Inspirationsquelle verschwiegen? Liegt ferner ein aufrichtiges Interesse vor, das kulturelle Erzeugnis ganzheitlich im Kontext seiner Entstehung zu verstehen, oder findet nur eine nachahmende Reproduktion von Begriffen und Symbolen statt, die die rezipierte Kultur auf plakative und stereotype Elemente reduziert?

Der Grad an Transparenz und die Art des Interesses legen sodann auch eine Intention nahe – ob sie lediglich kommerzieller oder politischer Natur ist, oder ob tatsächlich Neugierde und der Wunsch einer Horizonterweiterung der Rezeption zugrunde liegen. Das Argument, dass die Aneignung die kulturellen Erzeugnisse ihrem Kontext entreißen würde, ist hingegen grundsätzlich problematisch: Denn die Rekontextualisierung des Rezipierten gehört schlichtweg zum Kulturtransfer. Im Prozess eines Kulturaustauschs werden stets Elemente einer Kultur aus ihrem Entstehungskontext dekontextualisiert und in der rezipierenden Kultur rekontextualisiert. Schließlich sind auch die Phänomene, die per kultureller Aneignung vereinnahmt werden, gleichfalls durch diese Prozesse der De- und Rekontextualisierung entstanden.

In der Vergangenheit geschahen diese Prozesse zumeist sehr unreflektiert, weswegen die aktuelle Debatte auch ein sehr großes Potential für einen reflektierten Kulturaustausch aufweist. Zwar ist die Rezeption kultureller Erzeugnisse diskriminierter Gruppen bei fehlender eigener Diskriminierungserfahrung meines Erachtens nicht von vornherein abzulehnen, aber ein Verschweigen oder Ausblenden dieses Umstandes ist zweifellos sehr problematisch. Ein Bewusstsein dafür, dass die rezipierten Kulturerzeugnisse in einem Diskriminierungskontext entstanden sind, ist daher unabdingbar.

Mit diesen Überlegungen auf die "Saz"-Doku von Arte und die Wiener Saz-Spielerin zurückkommend: Die Künstlerin zeigt besagte Sensibilität und ein aufrichtiges Interesse, das Instrument im Kontext seiner kulturellen Vielfalt ganzheitlich zu verstehen – die gesamte Doku ist ja schließlich eine kulturelle Spurensuche. Exotisierungen zeichnen sich zwar hier und da ab, aber sie erreichen nie eine peinliche Überspitzung. Aber mir scheint ein weiterer Aspekt dafür ausschlaggebend zu sein, dass man hier keine problematische Form kultureller Aneignung vorfindet: nämlich die Reaktion der Angehörigen der rezipierten Kultur.

Selten wurde mir im Familien- und Freundeskreis so oft eine Dokumentation empfohlen und weitergeleitet. In der Reaktion vieler Aleviten auf die Doku schwingt schon beinahe so etwas wie Stolz mit, dass eine "Fremde" ein solches Interesse an den eigenen Kulturerzeugnissen zeigt – auch und vor allem vor dem Hintergrund, dass man als unterdrückte Kultur im besten Fall ignoriert, häufig vielmehr aktiv diskriminiert oder der eigenen Kulturerzeugnisse durch Vereinnahmung beraubt wurde. Umso größer scheint dann die Anerkennung zu sein, wenn die Adaption einem aufrichtigen und reflektierten Interesse entspringt. Bezeichnend hierfür ist eine Szene in der Doku, in der die Wiener Protagonistin einen türkischen Musiker fragt, ob die musikalische Tradition der Saz in einer anderen Kultur fortgeführt werden könne. Seine deutliche Antwort: "Natürlich, natürlich!" (Cem Kara, 23.3.2022)


Aus: "Kulturelle Aneignung in der Religion: Darf man ein alevitisches Instrument spielen?" (25. März 2022)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000134276178/kulturelle-aneignung-in-der-religion-darf-man-ein-alevitisches-instrument (https://www.derstandard.at/story/2000134276178/kulturelle-aneignung-in-der-religion-darf-man-ein-alevitisches-instrument)

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diegemeintefreiheit

Wehe dem Asiaten, der es wagt ... Klavier zu spielen oder gar hier westliche Musik zu studieren!!!! ...


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Rokin
25. März 2022, 08:44:36

Ein hoch problematischer Begriff

"Aneignung" sagt, dass jemand etwas nimmt, was anderen gehört. Voraussetzung für den Begriff ist, dass dieser andere eine Identität hat und bestimmbar ist. "Ich bin ..." und darf das daher spielen, tanzen, gestalten. Dieses Denken in separaten Identitäten ist - nun ja - identitär. Und aus der Denkfalle kommt man auch nicht raus. ...


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geld stinkt

Die menschliche Zivilisation ist ein einziger Prozess gegenseitiger Beeinflussung, Inspiration und Nachahmung. Dieses Aneignungsempörungsgeschwafel ist die mit Abstand dämlichste Scheindebatte, die mir je untergekommen sein wird. ...


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ice box
25. März 2022, 13:20:03

Guter Text

Zentral die Aussage: "...Intention, Interesse, Transparenz!"

Die Intention der Sprechenden und Handelnden wird in der identitätspolitischen Debatte ja in der Regel automatenhaft ignoriert



Quotedapapawirdschorichten
25. März 2022, 09:03:16

Was ist kulturelle Aneignung und wer hat die Hochheit darüber eine solche auszumachen? Noch mehr: wie genau will man feststellen können, wem was gehört. Ist die Zwölftonmusik völlig neu erfunden, oder nimmt sie Elemente aus der asiatischen Obertonmusik? Ist van Goghs berühmtes Bild "Sternennacht" kulturelle Aneignung? Die Höhlenmalerei ist ja nun ein paar Jahre älter als dieses außerordentliche Kunstwerk. Wenn eine Theatergruppe aus Turkmenistan Mozarts "Zauberflöte" aufführt, ist das nun Aneignung oder Erweiterung? ...

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Humanist1

Ich betrachte diese kulturelle Aneignungsdebatte als Zeichen dekadenten Denkens gelangweilter, präpotenter Wohlstandsbürger, die sich mangels sinnvoller Beschäftigung als Hobbygesellschaftsphilosophen betätigen. In Zeiten des Ukrainekrieges, einer kaum mehr zu bewältigenden Umweltproblematik, einer bereits mehr als zwei Jahre andauernden Pandemie und einer drohenden Massenverarmung in diversen Staaten ist es absurd, ein künstlich produziertes Problem zu befeuern. Ob ein Europäer sich mit einer japanischen Kampfkunst beschäftigt, eine Weiße Dreadlocks trägt, sich eine Afrikanerin die Haare glätten lasst oder sich ein nicht christlicher Rapper mit riesigen Kreuzen schmückt, ist Ausdruck einer berechtigten Individualität und nicht mehr.


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freiraumXi

... es ist wirklich absurd: wie kann irgendjemand meinen, das kulturelle 'Reinheit' irgendwas mit postkolonialismus, antirassismus,... oder sowas zu tun hat? Ganz im Gegenteil: die völkischen Feinde der Moderne, völlig egal ob Neonazis, Taliban oder Lords Liberation Army oder Tibetische Religionsfaschisten haben ALLE gemeinsam, dass sie eine Einheit zwischen "VOLK" und "KULTUR" sehen.

Ich widerspreche da diametral:
- Meine Zahlen sind arabisch
- Meine Buchstaben römisch
- mein Essen kommt zum Glück aus der ganzen Welt
- Rasta sind eine Frisur, WTF ist los?!
- es ist mir völlig egal ob jemand schwarz grün weiß oder gelb oder non-binär, schwul, einarmig oder "them" als Pronomen hat.

Mensch = Mensch, alles andere ist Ideologie-Müll.


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FUMUS

Dürfen Nichtsteirer Steirerhüte tragen?


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blutteddy

Langsam wird es lächerlich.


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Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 05, 2022, 12:45:46 PM
Quote[...] In ihrem Film "Sonne" [https://youtu.be/acrO23HDMEk (https://youtu.be/acrO23HDMEk)] bürstet die Filmemacherin das Klischee des unterdrückten muslimischen Mädchens gegen den Strich. ...

Dominik Kamalzadeh: In Ihrer Fördereinreichung für den Film haben Sie geschrieben, Sie wollten eine migrantische Geschichte richtig erzählen. Was empfanden Sie denn als falsch?

Kurdwin Ayub: Als junges Mädchen mit Migrationshintergrund haben mich diese dramatischen Ausländergeschichten genervt. Ich wollte nun eine andere Sicht ermöglichen, die auch real und authentisch ist: Ohne dass es darauf hinausläuft, dass der Vater streng, die Mutter arm ist und die Mädchen nichts dürfen. Und ohne Terrorismus. Auch wenn es den gibt.


Dominik Kamalzadeh: Oft steht in solchen Problemfilmen am Ende die Utopie einer Versöhnung.

Kurdwin Ayub: Ja, das ist auch lustig. Eine Utopie, ein bisschen wie die vom weißen Ritter, der einen rettet. Das kenne ich gut. Filme für ein weißes Publikum, damit man sich gegenseitig auf die Schulter klopfen kann. "Wir machen gute Filme über Ausländer!" Ich wollte keinen Film über einen Flüchtling machen, der vom Boot fällt. Das steht auch in meinem Statement.

Dominik Kamalzadeh: Stattdessen gilt es, gegen solche Erwartung zu erzählen. Wie geht das?

Kurdwin Ayub: Das habe ich bei Sonne versucht: Klischees umzudrehen. Klischees zu benutzen, um damit zu spielen und zu provozieren.


Dominik Kamalzadeh: Welches war das erste Klischee?

Kurdwin Ayub: Das Klischee des muslimischen, unterdrückten Mädchens. Meine Figur Yesmin kann machen, was sie will. Ich wollte auch zeigen, dass es kein unglaubliches Drama wird, wenn das Kopftuch einmal abgelegt wird.

Dominik Kamalzadeh: Das Kopftuch ist kein Symbol der Unterdrückung. Die drei Frauen twerken im Hidschab zu "Losing my Religion" von R.E.M.

Kurdwin Ayub: Für die Mädels ist es eher ein Symbol, um sexy zu sein. Ich hab die Sachen für die Szene anprobiert, da war der erste Gedanke: ein bisschen Bein zeigen und sexy Fotos machen. Auch mit muslimischen Mädchen kann es lustig sein. Auf das Lied bin ich gekommen, weil gerade dieses 90er-Revival ist.

Dominik Kamalzadeh: Was auffällt, ist die Selbstverständlichkeit, mit der die Frauen kulturelle Versatzstücke annehmen: Woher kommt dieser sehr dynamische Umgang mit solchen Codes?

Kurdwin Ayub: Ich habe das selbst so erlebt. Mich fasziniert, wie man sich einer Kultur bedienen kann. Man nimmt sich ein Fragment und hat damit Erfolg. Es ist ein wenig wie bei Kim Kardashian, die mit ihrem Hintern, dicken Lippen und Selbstbräunerbody sehr viel Geld macht. In den USA haben schwarze Frauen darüber diskutiert, warum Kardashian mit ihren Attributen so viel verdienen kann. Da war ein Gefühl von Diskriminierung im Spiel. In Sonne wollte ich darstellen, dass Yesmin mit ihrer Identität kämpft, während ihre Freundinnen Bella und Nati einfach Teile davon annehmen. Und ab irgendeinem Punkt wird es kritisch. Wenn sie keinen Respekt mehr dafür haben, aber so tun, als wäre es trotzdem okay.

Dominik Kamalzadeh: Eine feine Grenze.

Kurdwin Ayub: Ich kann gar nicht sagen, wo genau sie verläuft, aber ich kann sie fühlen. Als ich ein junges Mädchen war, hatte ich eine Freundin, die sich wegen eines Burschen entschlossen hat, ein Jahr lang muslimisch zu sein und Kopftuch zu tragen. Als der Typ weg war, war's vorbei. Da hatte ich dieses Gefühl, konnte es aber nicht in Worte fassen. Das ist meine Kultur – und sie nimmt sich einen Teil davon. Die tausend Onkel, die sich wie meine Väter benommen haben, hat sie sich erspart.

Dominik Kamalzadeh: Gegenwärtig wird die Grenze oft definiert. In Deutschland wurde eine weiße Musikerin ausgeladen, weil sie Dreadlocks hatte.

Kurdwin Ayub: Das ist wieder ein bissl zu arg. Am liebsten habe ich es ja, wenn Leute, die nichts mit Diskriminierung zu tun haben, andere Leute diskriminieren, die auch nichts damit zu tun haben! Da denk ich mir: Ihr habt zu viel Zeit!

Dominik Kamalzadeh: In "Sonne" geht es auch um das Selbstbild der jungen Frauen und die Rolle, die sie in sozialen Medien spielen. Was hat Sie an dieser Differenz interessiert?

Kurdwin Ayub: Das Leben mit Alter Egos im Internet hat mich schon in vielen meiner Kurzfilme fasziniert. Man kommt nicht daran vorbei, wenn man ehrlich von Jugend erzählen will. Mit gefällt auch das Visuelle an mit Handy gefilmten Szenen. Jeder ist der Filmemacher seines Lebens. Das funktioniert wie ein Newsflash der Emotionen der Mädchen. Es zeigt auch die Schnelllebigkeit an: Heute bin ich das, morgen will ich das sein. Auch wenn es oberflächlich scheint, wird hier ein Problem sichtbar, diese Verlorenheit.

Dominik Kamalzadeh: Hat sich der Druck, entsprechen zu müssen, durch soziale Medien noch radikalisiert?

Kurdwin Ayub: Es fällt auf, wie gut sich die Mädchen selbst darstellen. Sie wissen von den Influencern, wie sie sich anziehen und reden sollen. Das ist schräg. Früher hatten wir das nicht. Wir hatten auf Myspace die Emo-Prinzessinnen. Ich war eine davon. Es ist noch schwieriger geworden für junge Frauen, dem Ideal einer sexy Influencerin zu entsprechen. Jetzt sind überall Filter darüber. Heute sieht nicht nur Britney Spears geil aus, sondern tausend andere, die deine Nachbarin sein könnten.



Aus: "Regisseurin Kurdwin Ayub: "Heute sieht nicht nur Britney Spears geil aus"" Dominik Kamalzadeh (5. April 2022)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000134673174/regisseurin-kurdwin-ayub-heute-sieht-nicht-nur-britney-spears-geil (https://www.derstandard.at/story/2000134673174/regisseurin-kurdwin-ayub-heute-sieht-nicht-nur-britney-spears-geil)

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M00erf00ger

HA?


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OidaVoda

,,Am liebsten habe ich es ja, wenn Leute, die nichts mit Diskriminierung zu tun haben, andere Leute diskriminieren, die auch nichts damit zu tun haben! Da denk ich mir: Ihr habt zu viel Zeit!"

Danke dafür!


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John Moke

Wer ist Britney Spears und wieso ist die geil?


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1.21 gigawatts

geil war die nie, eher peinlich.


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Cataclysm Economist

Und wann zeigt sie den in Saudi Arabien? Ausserhalb ihrer Schickeria-Blase gibt´s nämlich noch genug Unterdrückung. Peinlich.


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BrandonCrow

Ich glaube dann, wenn es keine Korruption mehr in österreichischen Parteien gibt. ^^


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Simon K

"Das Klischee des muslimischen, unterdrückten Mädchens. Meine Figur Yesmin kann machen, was sie will. Ich wollte auch zeigen, dass es kein unglaubliches Drama wird, wenn das Kopftuch einmal abgelegt wird."

Finde ich gut, so soll Kino sein. Ich habe im Kino z.B. Spiderman gesehen: Ein Mann, der fliegen kann. In der Realität können es die meisten nicht.


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Mathias Steinlaus

Ein Mann, der fliegen kann. Der Mann kann nicht fliegen, er schwingt von Haus zu Haus .... Spinnen fliegen auch nicht, sondern klettern, springen, schwingen ....


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Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 25, 2022, 01:49:39 PM
Quote[...] Es mutet an wie aus einem früheren Jahrhundert: In den USA landen mehr Bücher denn je auf dem Index. 1.597 Werke zählte die American Library Association, der Verband der Bibliotheken, im vergangenen Jahr, die auf Wunsch von Eltern oder – meist konservativen – Aktivisten aus den Regalen von Schulbibliotheken und kommunalen Leihbüchereien fliegen sollten. So viele waren es noch nie, seit der Verband diese Statistik erhebt.

Darunter Bücher der Schwarzen US-amerikanischen Nobelpreisträgerin Toni Morrison, aber auch Maus, Art Spiegelmans Graphic Novel über den Holocaust, die einst den Pulitzer-Preis gewonnen hat. Ein großer Teil dieser sogenannten Banned Books sind Werke von Angehörigen von Minderheiten, darunter Out of Darkness über die Romanze zwischen einem Schwarzen Teenager und einem mexikanisch-amerikanischen Mädchen.   

Vornehmlich aber geraten Bücher ins Visier der Möchtegernzensoren, die sich mit den Erfahrungen von LGBTQ+-Jugendlichen beschäftigten oder von LGBTQ+-Autoren und -Autorinnen geschrieben wurden, also lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans, queeren oder Jugendlichen anderer sexueller Orientierung oder Geschlechteridentifikation.

Das Buch, gegen das die meisten Verbotsgesuche eingereicht wurden, war Gender Queer: A Memoir von Maia Kobabe, das die Erfahrungen von nicht binären Heranwachsenden beschreibt, die sich nicht der Einteilung in weiblich oder männlich unterordnen wollen. Auch Henry McMaster, der Gouverneur von South Carolina, zitierte Kobabes Memoiren und forderte eine Untersuchung von "obszönem und pornografischen" Lernmaterial an Schulen seines Bundesstaates. Wie McMaster haben viele Republikaner den Bücherstreit als fruchtbares Wahlkampfthema für sich entdeckt.

Vorgemacht hat es Glenn Youngkin, der vergangenes Jahr nicht zuletzt mit der von ihm inszenierten Kontroverse über Leselisten in den öffentlichen Schulen überraschend die Gouverneurswahlen in Virginia gewann (Sein zweites Aufregerthema war die Maskenpflicht an Schulen). In einem seiner Wahlkampfvideos ist eine blonde Frau zu sehen, die vor dem heimischen Kaminfeuer buchstäbliche ihre Hände ringt und sich über das "explizite" Lesematerial ihres Sohnes beschwert. Als sie die Pflichtlektüre Volksvertretern gezeigt habe, sei denen darüber die Schamesröte ins Gesicht gestiegen.

Es dauerte nicht lang, bis herauskam, dass der betreffende Sohn inzwischen Anwalt, 27 Jahre alt und für Youngkins Partei im Kongress tätig ist. Das Werk, das der Mutter und ihrem Sprössling angeblich so zusetzte: Beloved von Toni Morrison. Es beschreibt in der Tat Schreckliches und für das Land Beschämendes, nämlich das Schicksal einer Schwarzen Sklavin. Angeblich geht es den Politikern darum, die Elternrechte zu wahren.

Doch der Kulturkampf wird nicht zufällig so angeheizt, denn im Herbst sind die Kongresswahlen und die Republikaner ziehen alle Register, um in Washington eine möglichst große Mehrheit im Repräsentantenhaus als auch im Senat zu erhalten. Dann wäre Präsident Biden endgültig eine "lahme Ente" für die verbleibenden zwei Jahre seiner Amtszeit. Die Wahl im November sei aber eigentlich gar keine demokratische Abstimmung, sondern ein moralisches Referendum, bei dem es um die Kinder gehe. "Kinderreferenda", wie es Elizabeth Bruenig im The Atlantic nannte.

Es hilft den Demokraten nicht, dass sich viele Eltern im Chaos der Pandemie von Schulbehörden wie Politikern alleingelassen fühlten. Die Demokraten sehen sich stärker in der Defensive, weil in den von ihnen regierten Bundesstaaten und Kommunen Schulschließungen und Maskenpflicht weit stringenter und verbreiteter waren. So konnte sich Phil Murphy, Gouverneur von New Jersey, dessen Wiederwahl eigentlich als sicher galt, vergangenes Jahr nur mit knappster Mehrheit im Amt halten.

Kein Wunder, dass Ron DeSantis, der als möglicher Rivale von Donald Trump für die Präsidentschaftswahl 2024 gehandelt wird, auch auf das Thema Kinder setzt. Er hat Ende März ein Gesetz verabschiedet, dass es Lehrern verbietet, im Unterricht über Geschlechteridentifikation und sexuelle Orientierung zu sprechen. Kritiker tauften das Verbot Don't-Say-Gay-Gesetz, das "Sag nicht schwul"- Gesetz. Sie fürchten, dass DeSantis Erlass der Diskriminierung und dem Mobbing von LGBTQ+ Kindern und Jugendlichen Vorschub leisten könnte.

Aktivisten setzten auch den Disney-Konzern unter Druck, der in Florida inzwischen 80.000 Mitarbeiter beschäftigt, beim Gouverneur gegen den Maulkorb für Lehrer zu intervenieren. DeSantis ergriff die Gelegenheit, um nun seinerseits Disney mit dem Entzug von Steuervorteilen zu drohen. Auch Ted Cruz, ebenfalls ein möglicher Präsidentschaftskandidat für die Republikaner, wollte da offenbar nicht zurückstehen. Bald zeige Disney, wie Mickey Mouse und Pluto Sex hätten. Den Ausdruck, den der amerikanische Senator dafür verwendete, kann ich hier nicht verwenden.

Ein Gutes hat das bigotte Gezerre um das angebliche Kindeswohl: Das Interesse gerade für die Banned Books steigt. Sowohl die Verkaufszahlen für Beloved als auch für Maus sind gestiegen. Immerhin etwas, das Autoren und Bibliothekare freuen dürfte. Und auch nach wie vor die meisten Eltern.



Weiterführende Links:
CNBC: "Tennessee school board bans Holocaust graphic novel 'Maus' – author Art Spiegelman condemns the move as 'Orwellian'"
NBC: "Author of 'Gender Queer,' one of most-banned books in U.S., addresses controversy"
New York Times: "Glenn Youngkin vs. Toni Morrison"
New York Magazine: "New Jersey's Education Rebellion Was a Long Time Coming. But Democrats didn't heed the signs."
Washington Post: "Florida's law limiting LGBTQ discussion in schools, explained"
Voice of America: "Florida Battles Disney World Over 'Don't Say Gay' Bill"
Quartz: "A dispute over "Beloved" in the Virginia governor's race is making Toni Morrison's book a best seller"



Aus: "Was sich aus verbotenen Büchern lesen lässt" Eine Kolumne von Heike Buchter (25. April 2022)
Quelle: https://www.zeit.de/politik/ausland/2022-04/usa-verbotene-buecher-banned-books-kulturkampf-beloved-toni-morrison (https://www.zeit.de/politik/ausland/2022-04/usa-verbotene-buecher-banned-books-kulturkampf-beloved-toni-morrison)

Quoteuhu_131 #1.34

Die Auswahl der Pflichtlektuere war schon immer politisch.
Das war in der DDR so, und ist hier in den USA nicht anders.
Und bei 2 Buechern pro Schuljahr, kann eine Einseitige Themensetzung schon indoctrination sein, links wie rechts.
Und natuerlich, wenn eine Seite die Gesellschaft nach links (oder rechts) zerrt, zerrt die andere Seite zurueck.
Und als Elternteil, ich halte es auch nich fuer gut, die Menge an Modethemen.

Die Balance muss zurueck. Da kann auch mal wieder im Westen nichts Neues oder All the things they carried gelesen werden.


QuoteHarmlos01 #1.23

Der Irrationalismus der konservativen Kreise erreicht immer größere Ausmaße:

Abtreibung ist die schlimmste Sünde, aber sobald die Kinder geboren sind dürfen ihnen Krankenversorgung, Schulbildung und Sozialleistungen verwehrt werden.

Werden rechte Publizisten ausgeladen ist es Cancel Culture, werden linke Publizisten gar nicht erst eingeladen ist es Hausrecht.

Wird Hate Speech gelöscht ist es Zensur, aber wenn LTBQ Erwähnung verboten wird ist es Kinderschutz.

Und Waffengewalt wird nur durch mehr Waffen verhindert.

Wann werden die Republikaner wieder anfangen sich mit der Realität auseinanderzusetzen? Natürlich kann man argumentieren, dass auch die Demokraten im linken Parteispektrum nur noch wenig Bodenhaftung hat, aber dort wird wenigstens versucht echte Probleme zu lösen und nicht auf Ideen und Bücher losgegangen.


QuoteAlexandra S. #1.24

Finde ich auch immer wieder faszinierend. Erzkonservative haben angeblich immer so gefestigte Werte und Gott auf ihrer Seite, aber die sind andererseits ständig in Gefahr, durch die bloße Anwesenheit anderer Werte.
Ist wie mit den Nationalisten, die ihr Land für das größte, stärkst und beste halten, was es auf dem Planeten gibt, aber denken, es würde sofort untergehen, wenn mal ein paar Migranten über die Grenze kommen. ...


QuoteSüdvorstadt #1

... Diese konservative Bigotterie werde ich wohl nie kapieren. Diese Leute sind getrieben von Angst, Panik und Unsicherheit.


QuoteIndossatar #4


"Den Ausdruck, den der amerikanische Senator dafür verwendete, kann ich hier nicht verwenden."

Wie ironisch. "Don't say sodomy", oder wie?

Zur Frage der Zensur: es kommt bei den Extremen ja immer auf den Blickwinkel an. Viele Klassiker dürfen ja aus Sicht der "anderen Seite" ebenfalls nicht unmodifiziert gelesen werden.


QuoteLaus oder Hexe #4.1

Falls Sie auf das Buch des kleinen Mannes mit dem komischen Bart anspielen... es ist unmodifiziert, aber kommentiert.
Und soweit mir bekannt übrigens nicht Teil der Schullektüre...


QuoteIndossatar #4.2

In Ihrer Welt ist "Mein Kampf" ein Klassiker?


QuoteGise von der Wiese #4.11

Und eben diese Kindergarten- und Grundschulkinder sollen mit jeder Spielart der Geschlechtlichkeit incl. der Veränderung des biologischen Geschechts konfrontiert werden? Weil das für einige Erwachsene das Wichtigste auf der Welt ist? Nicht mit meinen Kindern, danke sehr.


QuoteJeanLuc7 #4.15

"Und eben diese Kindergarten- und Grundschulkinder sollen mit jeder Spielart der Geschlechtlichkeit incl. der Veränderung des biologischen Geschechts konfrontiert werden?"

Bloß weil Florida es jetzt explizit verbietet, heißt das noch lange nicht, dass es vorher Teil des Lehrplans war.

Es ist nun aber so, dass die beiden Mütter oder Väter eines Kindes in Florida im Unterricht als solche nicht mehr vorkommen dürfen. "My parents" ist ok, "my dads" oder "my moms" aber nicht. Und wehe, ein Kind fragt dann, wieso jemand zwei Väter haben kann...

Dahin zielt das Gesetz, nicht aber auf Sexualkundeunterricht in all seinen Ausprägungen.


QuoteJeanLuc7 #4.13

"In den Pippi-Langstrumpf-Büchern, die aus moralischen Gründen heraus nachredigiert werden, könnte, wenn man voraussetzt, es mit mündigen, zur Reflexion fähigen Mitmenschen zu tun zu haben, das Wort "Neger" in einen (sprach-) historischen Kontext stellen und erläutern. "

Aber gerade Pippi-Langstrumpf-Bücher werden ja nun nicht von Erwachsenen gelesen, sondern von Kindern im Grundschulalter. Ich war 8, als ich diese halbgroßen blauen Bücher "verschlungen" habe.


QuotePapaya-Salat #4.16

Ich bitte Sie, waren Sie etwas nicht in der Lage, mit 8 einen sprachhistorischen Kontext zu erarbeiten? ...


QuoteKlaipeda #4.17

Das wollen einige hier nie kapieren, dass beleidigende Bezeichnungen in Twains Huck Finn wichtige Wörter für die Geschichte sind und in Pippi Langstrumpf absolut überflüssig. Da wird immer alles bunt in den Topf geworfen und durchgestampft.

Bei all dem Wortgedröhne des Vorredners über diese bösen Veränderungen in der Sprache (Guten Morgen, Nationalsprachen seit zweihundert Jahren) scheint eines durch: er kann Bücher und deren Publikum einfach überhaupt nicht einordnen.
Wie im Artikel: als wenn 27jährige eine Version von Pippi Langstrumpf läsen, in der das Wort wichtig ist und dann doch davor geschützt werden müssten, sich mit diesen Realitäten auseinanderzusetzen. Wozu diese Ebenen auseinandernehmen, wenn man erfinden/behaupten kann, dass bisher alles okay war, nur diese blöden Änderungen in Gesellschaft und Wahrnehmung würden stören.

(Ich aber bin der Meinung, dass man 2020 einfach andere Bücher vorlesen und verfilmen sollte als Pippi Langstrumpf.)


QuoteEinTollerName #4.23

"Das wollen einige hier nie kapieren, dass beleidigende Bezeichnungen in Twains Huck Finn wichtige Wörter für die Geschichte sind und in Pippi Langstrumpf absolut überflüssig. Da wird immer alles bunt in den Topf geworfen und durchgestampft."

Eben. Bücher wie Pipi Langstrumpf kann man ohne jeden Schaden "fixen". Der Südseekönig macht die Geschichte weder anders noch schlechter und man muss auch nix erklären. Es ist einfach eine neuere Übersetzung. Die Aufregung ist völlig fehl am Platz.

"Huckelberry Finn" oder – noch heftiger – "Robinson Crusoe" kann man nicht reparieren. Die brauchen eine Menge Kontext.


QuoteCenobite #9

Wie wäre es mit einem Artikel über die Zensur der "klassischen" Litarut in heutigem Deutschland. Alles natürlich unter dem Vorwand irgend eine Minderhait zu schonen / schützen. Es fängt hier schon bei Kinderbüchern an.


QuoteManuel Andresen #10

Unter dem Vorwand "Kinderschutz" wird in Deutschland auch versucht, teilweiße das Internet zu zensieren und Kontrollmechanismen (Ausweispflicht) durchzusetzen.
Anderes Beispiel: Der Auftrittsverbot von Ronja M. bei den Fridays For Future, weil die Musikerin Dreadlocks trägt. ...


Quotekielce87 #10.2

"Anderes Beispiel: Der Auftrittsverbot von Ronja M. bei den Fridays For Future, weil die Musikerin Dreadlocks trägt. "

Es ist auch ein Beispiel für unerklärliche Ambivalenz: Während es verpönt ist, sich das Aussehen einer anderen "Rasse" anzueignen (kulturelle Aneignung), ist es absolut in Ordnung, sich das Aussehen eines anderen Geschlechts anzueignen. Das ist dann komischerweise keine "sexuelle Aneignung".

Also ich darf für mich entscheiden, dass ich dem anderen Geschlecht angehören oder "genderfluid" sein möchte, aber ich darf mich nicht entscheiden, dass ich PoC sein möchte.


Quotemobo #10.6

Habe dazu neulich einen Artikel einer schwarzen Autorin gelesen. Wenn man schwarz ist, betrifft das auch Erfahrungen der ganzen Familie. Bspw. sind die meisten Schwarzen in den USA nachfahren von aus Afrika entführten Sklaven, denen die Sprache und Geschichte geraubt wurde, und die auch nach der Befreiung 1865 noch Menschen zweiter Klasse waren, bis tief in das 20. Jhd. Noch heute gibt es massive Diskriminierung von schwarzen in den meisten westlichen Ländern.

Das Geschlecht ist dagegen in der Familie immer gleich verteilt, das heißt wenn ich biologisch als Mann geboren bin, habe ich ja immer auch eine Mutter und ggf. 1-2 Großmütter. So habe ich schon immer einen Bezug zum Männlichen und Weiblichen. (und natürlich gibt es auch eine systematische Diskriminierung von Frauen)

Damit ist Hautfarbe und Geschlecht was die Sozialisation angeht nicht dasselbe.


QuoteCelo #10.9

Schwarz zu sein ist keine Entscheidung. Homosexuell zu sein ist keine Entscheidung. Trans zu sein ist keine Entscheidung (sie haben sich nie dazu entschieden, in einem falschen Körper geboren zu sein).

Das sind alles Dinge, die angeboren sind. Sie können ja mal auf einen Schwarzen zugehen und sagen "Sei mal weißer, mir passt deine Optik nicht" - viel Spaß.

Im Kontrast dazu:

Sprache ist eine Entscheidung. Klamotten sind eine Entscheidung. Religion ist eine Entscheidung. Eine Frisur ist eine Entscheidung (alters- oder krankheitsbedingte Fälle ausgeklammert).

Das heißt nicht, dass sie jetzt rumrennen und Leuten erzählen sollen, dass ihnen ihre Sprache, Kleidung oder Religion nicht in den Kram passt. Aber allein vom reinen Sachverhalt her ist das unmöglich mit den davor genannten Merkmalen zu vergleichen. Ich kann mein Metal-Shirt ausziehen wenn es dem Anlass nicht angemessen ist, auch wenn ich keinen Bock drauf hab und evtl. beleidigt wäre. Aber ich kann NICHT auf Knopfdruck heterosexuell werden, nur weil's irgendwem im Raum sonst nicht passt. Mein Kumpel kann nicht plötzlich weiß werden, nur weil Leute im Bus Affengeräusche machen. Die betroffene Person bei der FFF-Sache kann sich ne andere Frisur zulegen, auch wenn sie das natürlich nicht sollte (bin persönlich überhaupt nicht damit einverstanden, was da passiert ist, aber ich sehe hier auch keinen Menschenrechtsverstoß). Wenn ich in einen Club will kann ich leider auch nicht so angezogen sein, wie ich will.


QuoteDer Physiker1 #15

Ich habe in der englischen Originaldiskussion das oben erwaehnte S-Wort (Sex mit Tieren) nicht gefunden. Ted Cruz verwendete "to go at it". Das steht umgangssprachlich einfach fuer "Sex haben", also nichts Neues auf der Entruestungsskala ...


QuoteFlummiEnte #19

Dieser Beitrag zeichnet ein sehr unvollständiges Bild. Er entspricht der Sicht des amerikanischen Kulturkampfes aus der linken Perspektive. Das erkennt man auch an den Weiterführenden Links die mit NBC, New York Times, Washington Post und co. ausschließlich linke Medien beinhaltet.

Tatsächlich ist es eher so, dass die linke Identitäspolitik in den USA das universitäre Umfeld dominiert. Zumindest in den Geisteswissenschaften gibt es quasi keine konservativen Professoren mehr. Damit existiert kein politisches Regulativ mehr und die Lehre driftete im Laufe der letzten Dekaden von mittig liberal/libertär nach stramm-links mit radikalen bis extremistischen Tendenzen. Speziell die Sythese der Themen Rasse, Gender und Geschlecht zu Disziplinen wie 'Queer black Feminism' verankerte radikale Personen und politisch Ansätze tief in den Geisteswissenschaften - und damit auch in der Pädagogik. Entsprechend sind nahezu alle modernen Ansätze in den Erziehungswissenschaften politisch links und durchsetzt mit der linken, identitätspolitischen, intersektionalen Weltsicht.

Mit den Ereignissen um den Mord an George Floyd 2020 und den folgenden Protesten sahen viele aktivistische Pädagogen die Zeit gekommen, nun auch die Schulen zu transformieren. Beim politisch moderaten bis konservativen Teil der Elternschaft stoßen die radikalen Inhalte der linken Pädagogen auf Ablehnung. Die Demokraten bieten aber keine Hilfe, also wenden sich viele Eltern den Republikanern zu.


QuoteLululululu #20

Bücher umzuschreiben und Statuen oder Strassennahmen verbieten zu wollen ist ein politisches Instrument, welches ursprünglich eher von linker Seite kam. Dass es nun auch vom politischen "Gegner" der Autorin verwendet wird, war abzusehen. Es war kurzsichtig, diese Art vom Empörung überhaupt politisch zu instrumentalisieren.


Quotevisitor2016 #22

Mir ist das bereits 2002 bei einem Besuch in Kalifornien aufgefallen. Ich kam mit einer Bibliothekarin ins Gespräch, die mir sagte, daß schon längere Zeit diese Zensur unterhalb des "public radar" abläuft.

Damals war bereits Harry Potter auf dem Index einige Staaten und es gab eine Kampagne mit dem Titel "Dare to read a banned book".

Der Satz, der mich am stärksten beeindruckte, lautete:

Der gefährlichste Ort einer Stadt ist die Bücherei - dort werden Ideen aufbewahrt..


QuoteTante Prusseliese #22.1

Ein Grund, warum Republikaner die gerne finanziell austrocknen.

"The Trump Budget Will Gut The Public Library" By Lizzy Francis, Mar 03 2020
The Trump 2021 budget plan would cut federal funding for every library across the country.
https://www.fatherly.com/love-money/trump-budget-gut-public-library/ (https://www.fatherly.com/love-money/trump-budget-gut-public-library/)


QuoteCooper71 #23

In den USA habe ich über viele Jahrzehnte beruflich wie privat aufgehalten und einen tiefen Einblick in das gesellschaftliche Leben zumindest der Republikaner bekommen.
Das dieses Land sich so negativ entwickelt hat ist für mich sehr schmerzlich. Die "bigotte" Haltung vieler Menschen geht dort schon über das Maß des Erträglichen hinaus. Das grenzt bereits an Okkultismus und hat gefühlt nichts mehr mit der eigentlichen Ausübung christlicher Religion zu tun.
Auf der anderen Seite gilt nur noch "money making". Ihr schlechtes Gewissen kaschiert diese US-Gesellschaft mit Charity - damit erkaufen sie sich die Absolution für all die Dinge, die sie im rauen täglichen Leben verbrochen haben; sei es in ihrem business, beim Umgang mit etnischen Minderheiten etc. etc. die Zensur von Büchern ist einer der Höhepunkte dieser grausamen US-Gesellschaft. Darauf können sie nicht Stolz sein - ein Stolz, den sie immer mit ihren vielen US-Flaggen vor sich hertragen, mit denen sie Ihre Häuser schmücken.........


QuoteThe Academist #26

Leider ist "Kulturkampf" ja nicht "nur" das Problem einer Seite.


Quotepourquoi pas #36

Es ist im Prinzip richtig, auf inhaltliche und sprachliche Qualität zu achten. Wer als Kind schlechte Wörter verwendet, wird es nie lernen, als Erwachsener sauber zu denken.


QuoteLerincaj #36.2

..."schlechte" Wörter, "sauber Denken",

autsch...


QuoteIjon Tichy #48

Wer sich für die Geschichte der Bücherberbote von der Antike bis in die Gegenwart interessiert, dem kann ich als kleine Einführung dazu ein recht kurzweiliges Buch empfehlen:
Werner Fuld: Das Buch der verbotenen Bücher; Berlin 2012.

Der Autor stellt darin exemplarisch die verschiedenen Gründe vor, wie und warum immer wieder Bücher bekämpft wurden, und zeigt wie zahlreiche Werke von Autoren, welche heute bei uns als Klassiker gelten, als "Gefahr" für die Gesellschaft abgestempelt wurden.

Baudelaire stellte der ersten Ausgabe von "Les fleurs du mal" folgende Zeilen voran:
"Man soll, so heißt es, alles Widerwärtige / in den Brunnen des Vergessens werfen und das Grab schließen, / und das Böse, neu erweckt durch Schriften, / vergifte die Sitten der Nachwelt; / doch das Wissen ist keineswegs die Mutter des Lasters / und die Tugend ist keine Tochter der Ignoranz."

Besser kann man es m.E. nicht auf den Punkt bringen: Die größte Gefahr für die Kultur ist die Ignoranz.

MfG, Ijon Tichy



QuoteWTHKT #1.1

Entfernt. Bitte verzichten Sie auf überzogene Polemik. Danke, die Redaktion/se


etc. ...


Quoteberlinerin73 #54

Ich finde es gerade ziemlich gruselig, wie viele völlig vernünftige Beiträge hier zensiert werden beim Thema Zensur ...


QuoteNurmeinebelanglosemeinung #54.1

Merke: "zensieren" tun immer nur die Anderen, man selbst versachlicht den Diskurs.


...
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 16, 2022, 12:27:05 PM
Quote[...] Die Welt hat genug von ,,liberalen Werten". Davon ist der russische Kinostar Sergej Besrukow überzeugt. Russlands Militäreinsatz in der Ukraine und die westlichen Sanktionen gegen sein Land können seiner Ansicht nach dabei helfen, dass die russische Kultur endlich wieder ihren eigenen Weg geht - mit konservativen Werten, Patriotismus und dem orthodoxen Glauben.

,,Wir müssen die Isolation (Russlands) nutzen, um uns wieder mit unseren Traditionen zu verbinden", sagt Besrukow, einer der beliebtesten Künstler Russlands, in einem Interview mit AFP. Anstatt zu Hollywood aufzublicken, sollte Russland seine eigene Kultur aufbauen. Er plädiert dafür, die russische Kultur von westlichem Einfluss zu säubern.

,,Seit 30 Jahren leben wir im Marvel-Universum", sagt der 48-jährige Schauspieler und Regisseur mit Blick auf die US-Filmindustrie. ,,Es ist an der Zeit, unser eigenes zu schaffen", fordert Besrukow am Moskauer Gubernskij-Theater, wo er künstlerischer Leiter ist.

,,In die Zeiten der UdSSR zurückzukehren, ist unmöglich, aber wir können versuchen, das Vertrauen in Russland wiederherzustellen", fügt er hinzu. Von der Europäischen Union wurde Besrukow kürzlich wegen seiner Unterstützung der russischen Ukraine-Offensive mit Sanktionen belegt.

Schon in der Vergangenheit hat sich Kreml-Chef Wladimir Putin stets als Hüter traditioneller Werte wie der Ehe zwischen Mann und Frau sowie der Religion ausgegeben und betont, dass westliche liberale Werte obsolet geworden seien. Seit dem Beginn der Offensive Moskaus in der Ukraine haben die Behörden ihre Bemühungen verdoppelt, mit westlichen Werten zu brechen - und viele Künstler sagen, dass die Kunst dabei die Hauptrolle spielen sollte.

,,Russland steht an der Schwelle zu einer konservativen Revolution", sagt der Theaterproduzent und Regisseur Eduard Bojakow, der sich für den ,,heiligen Krieg" Russlands in der Ukraine einsetzt, wie er es nennt.

Nach Beginn der Offensive in der Ukraine Ende Februar verließen zahlreiche Künstler Russland, darunter der Regisseur Kyrill Serebrennikow und die Schauspielerin Schulpan Chamatowa. Diejenigen, die noch im Land sind, stehen unter wachsendem Druck, die Intervention in der Ukraine zu unterstützen. Viele Kremlgegner können in Russland nicht mehr auftreten.

,,Seit Februar wurden mehr als hundert Musikaufführungen abgesagt", sagt Alexej Kosin, Direktor von Navigator Records, einem großen russischen Musiklabel, das sich auf Rock spezialisiert hat. Eine inoffizielle ,,schwarze Liste" bestehe derzeit aus rund 40 Namen, darunter Jurij Schewtschuk, ein legendärer Rockmusiker, der den Kreml während eines Konzerts im Mai beschuldigte, junge Russen und Ukrainer zu ,,töten".

Ende Juli forderte der Vorsitzende der kremlfreundlichen Partei ,,Gerechtes Russland", Sergej Mironow, eine ,,weiße Liste patriotischer Künstler", um der Öffentlichkeit zu erklären, ,,wer in der russischen Kunst heute wer ist",.

Im Juni kündigten die Moskauer Behörden einen Austausch der Führung in drei der besten Theater der Hauptstadt an. Das Gogol-Zentrum, von Serebrennikow zu einer Bastion künstlerischer Freiheit ausgebaut, wurde geschlossen. Hinzu kommen Absagen von Ausstellungen.

,,Inmitten des Krieges in der Ukraine findet in Russland eine Kulturrevolution statt",, warnt die im Exil lebende Chefredakteurin der Zeitschrift ,,Teatr", Marina Dawidowa, in den sozialen Netzwerken.

,,Nach 30 Jahren pro-westlichem Liberalismus ist in Russland eine konservative Revolution im Gange", freut sich Olga Andrejewa von der russischen konservativen Wochenzeitung ,,Expert". ,,Dies ist der Moment der Wahrheit auf Russlands Weg im ewigen Kampf zwischen Westlern und Slawophilen", sagt sie.

Putin gibt dabei den Ton vor: Im März forderte er die ,,Selbstreinigung" der Gesellschaft und sagte, die Russen würden ,,Gesindel und Verräter" ausspucken, die in Russland ihr Geld verdienten, aber lieber nach westlichem Stil lebten.

Als Symbol dieser Kehrtwendung ziert den neuen 100-Rubel-Schein seit Ende Juni das Denkmal des unbekannten Soldaten. Vorher war dort der griechische Gott der Künste Apollo am Giebel des Bolschoi-Theaters abgebildet. (AFP)


Aus: "In Russland ist eine konservative ,,Kulturrevolution" im Gange" Marina Lapenkova / AFP (16.08.2022)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/kultur/abkehr-von-westlichen-werten-auch-in-der-kunst-in-russland-ist-eine-konservative-kulturrevolution-im-gange/28602442.html (https://www.tagesspiegel.de/kultur/abkehr-von-westlichen-werten-auch-in-der-kunst-in-russland-ist-eine-konservative-kulturrevolution-im-gange/28602442.html)

Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 16, 2022, 01:05:16 PM
Quote[...] Jetzt hat es also doch noch jemand getan. Dieser Gedanke war am Freitagabend unabweisbar, als Nachrichten von einem Angriff auf Salman Rushdie die Runde machten. Der Schriftsteller wurde durch seinen Roman "Die satanischen Verse" 1989 zu einer Hassfigur für muslimische Fundamentalisten. Der iranische Revolutionsführer Khomeini hatte in einer Fatwa zu Rushdies Tötung aufgerufen.

Rushdie war am Freitag in Chautauqua im Bundesstaat New York eingeladen, über die Vereinigten Staaten als Ort des Exils für Schriftsteller zu sprechen, als er von einem einzelnen Mann mit einem Messer attackiert wurde. Inzwischen sind Details über den Grad seiner Verletzungen bekannt geworden, und man weiß jedenfalls so viel, dass man klar sagen kann: Salman Rushdie (75) sollte nach dem Willen des 24 Jahre Jahre alten Hadi M. am Freitag sterben.

Das Attentat ist ein schrecklicher Epilog zu einer Affäre, die 1988 in Indien begann, also im Salman Rushdies Herkunftsland. Der Roman "Die satanischen Verse" war zuerst in England erschienen, man kannte den Autor zu diesem Zeitpunkt vor allem wegen seines zweiten Romans "Mitternachtskinder", der als Höhepunkt der postmodernen Literatur gilt.

In die literaturkritische Rezeption mischte sich bald ein anderer Ton. Muslime in England und in Indien warfen Rushdie Blasphemie vor, vor allem wegen eines zentralen Kapitels in dem vielschichtigen und komplexen Roman: Eine der beiden Hauptfiguren, der Schauspieler Gibril Farishta, träumt darin von den Zeiten, in denen ein Mann namens Mahound in einer Stadt namens Jahilia (steht für Mekka) Offenbarungen empfängt, die unter anderem dazu führen, dass die lokale Religion unterdrückt wird. Mahound setzt seine "Geschäftsordnung" durch, schrieb Rushdie, und er lässt seine alternative Geschichte der Entstehung des Korans und des Islams in einem Bordell enden, in dem die Prostituierten die Namen der Frauen von Mahound annahmen, also eine erotische Gegengemeinde bilden zu der, aus der heraus eine Weltreligion entstand.

Die Passagen haben für ein geübtes Lesepublikum alle Anzeichen eines Pastiches, also einer kritischen, satirischen Überschreibung geläufiger Inhalte. Aber sie sind natürlich anstößig für Menschen, die Texte nur beim Wort nehmen wollen.

Noch 1988 verbot Indien den Import von Rushdies Buch, weitere Länder folgten. Bei Demonstrationen in seiner Heimatstadt Bombay wurden muslimische Protestierer getötet. 1989 griff der iranische Revolutionsführer Khomeini die Angelegenheit auf, und erließ eine Fatwa gegen Rushdie, die zu dessen Tötung aufrief.

Rushdie war dadurch gezwungen, für längere Zeit die Öffentlichkeit zu meiden und sich unter Personenschutz zu begeben. An seiner Stelle wurden in einigen Ländern seine Übersetzer angegriffen. 1991 wurde Hitoshi Igarashi in Japan erstochen. 2012 beschrieb Rushdie diese Zeit in dem autobiographischen Buch Joseph Anton, das er nach dem Pseudonym benannte, das er damals für sich wählte (die Vornamen zweier seiner literarischen Helden, Joseph Conrad und Anton Tschechow).

In den vergangenen Jahren war Rushdie zunehmend in das öffentliche Leben zurückgekehrt, auch wenn es in Kreisen der Islamischen Republik Iran immer wieder Erhöhungen des Kopfgelds auf ihn gegeben hatte. Ungeachtet vieler diplomatischer Bemühungen war davon auszugehen, dass die unmittelbare Gefahr vermutlich gesunken, aber nie vollständig verschwunden war. Nun hat sich gezeigt, dass das Kapitel alles anders als abgeschlossen war.

Es war übrigens der STANDARD, der 1993 dem damaligen Bundeskulturminister Scholten von Rushdie ausrichten ließ, dass er persönlich nach Wien kommen würde, um den Staatspreis in Empfang zu nehmen – damals noch aus dem "Untergrund" heraus.

Noch 2012 hat Rushdie sich über die desillusionierenden Erfahrungen mit der internationalen Politik geäußert, vor allem mit Deutschland, dessen Außenminister einmal sagte, "wegen eines Einzelnen" könnte nicht ein ganzes Land seine Außenpolitik ändern.

Österreich hat sich damals mit dem Umgang mit dem Staatspreis anfangs auch nicht gerade durch geopolitischen Mut hervorgetan (die 1992 beschlossene Auszeichnung sollte zuerst geheim bleiben), dann aber doch 1994 mit einer Überraschungszeremonie ein starkes Zeichen gesetzt. (Bert Rebhandl, 13.8.2022)


Aus: "Rushdies "Satanische Verse" und der Blasphemie-Vorwurf" Bert Rebhandl (13. August 2022)
Quelle: https://www.derstandard.de/story/2000138264067/rushdies-satanische-verse-und-der-blasphemie-vorwurf (https://www.derstandard.de/story/2000138264067/rushdies-satanische-verse-und-der-blasphemie-vorwurf)

QuoteF800GS

Nicht Gott hat den Menschen erfunden, sondern der Mensch Gott.
Daher begehen alle Menschen die im Namen Gottes ein Verbrechen begehen, einfach ein Verbrechen.


QuoteAncalagon the Black

Nachdem es höchstwahrscheinlich keinen Gott geben dürfte, gibt es höchstwahrscheinlich auch keine Blasphemie.
Das ist ideologischer Unfug und dass selbiger in manchen Länder (übrigens auch Österreich) immer noch strafbar ist, lässt eh tief blicken. Bis ins tiefste Mittelalter.


Quotestarship

"Wenn der Terrorismus besiegt werden soll, muss die islamische Welt die säkularistisch-humanistischen Prinzipien übernehmen, auf denen die Moderne beruht und ohne diese wird die Freiheit der muslimischen Länder ein ferner Traum bleiben."

(Salman Rushdie)


...

Quote[...] Nach dem Attentat auf Salman Rushdie diskutiert Großbritannien intensiv, wie es derzeit um die Meinungs- und Publikationsfreiheit im Land bestellt ist. Und wie groß sich die Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus darstellt, nicht zuletzt unter dem Eindruck des Mordes an dem Unterhausabgeordneten David Amess, der 2021 von einem Extremisten erstochen wurde. Medien und Politiker sind sich einig, dass man vor Extremisten keinen Zentimeter zurückweichen dürfe. Intellektuelle dagegen sind skeptisch.

Die Nachricht vom Messerangriff in Chautauqua war erst wenige Stunden alt, da meldete sich der zuletzt kaum noch in der Öffentlichkeit präsente Noch-Regierungschef aus dem Urlaub zu Wort. Der 75-Jährige Rushdie habe stets ,,ein Recht ausgeübt, das zu verteidigen wir nicht aufhören dürfen", so Boris Johnson. Labour-Oppositionsführer Keir Starmer verurteilte einen Tag später den ,,feigen Anschlag auf jemanden, der den Kampf um die Freiheit verkörpert".

Einer der Bewerber um Johnsons Nachfolge, Ex-Finanzminister Rishi Sunak, nutzte die Gelegenheit für ein außenpolitisches Signal: Da das iranische Regime die Todesdrohungen gegen Rushie und alle an der Veröffentlichung seines Buches Beteiligten bis heute nicht zurückgenommen habe, müsse man Teherans Revolutionsgarden mit Sanktionen belegen. In den USA gelten sie als terroristische Vereinigung.

Die konservative ,,Sunday Times" wies auf das weitverbreitete Gefühl in der Literaturszene hin, demnach Autoren und Verlage schon in vorauseilendem Gehorsam vor Kontroversen zurückscheuen oder allzu schnell selbsternannten Sittenwächtern nachgeben. Der in Japan geborene britische Literaturnobelpreisträger Kazuo Ishiguro beklagt ein ,,Klima der Furcht", das junge Autoren aus Angst vor einem ,,anonymen Lynchmob" Selbstzensur üben lasse.

Ähnlich schätzt Rushdies Freund Hanif Kureishi die Stimmung auf der Insel ein: Ein Roman wie ,,Satanische Verse" würde heute gar nicht mehr geschrieben, so das bittere Fazit des Pakistan-stämmigen Engländers. Und wenn doch jemand ein ähnliches Buch schriebe, führt die frühere Präsidentin des britischen PEN-Clubs, Lisa Appignanesi, das Argument weiter, ,,würde es nicht veröffentlicht". Pessimistisch beurteilt auch der Autor Kenan Malik die Stimmung in der literarischen Welt. Rushdies Kritiker hätten die Schlacht verloren, aber den Krieg gewonnen: ,,Die Meinungsfreiheit hat heute viel engere Grenzen, teilweise als Antwort auf die Rushdie-Affäre."

Kontroversen um Rushdie und seinen Roman hatte es seit 1989 immer wieder gegeben, so auch 2007 nach dem Ritterschlag für Rushdie durch die Queen. Boris Johnson, damals kulturpolitischer Sprecher seiner konservativen Fraktion, sprach dem Roman den ,,literarischen Wert" ab. Das Mullah-Regime protestierte gegen das ,,beleidigende, verdächtige und ungehörige Handeln" und bestellte gar den Botschafter ein.

Doch dem immer wieder von islamistischen Mordanschlägen heimgesuchten Land steht mittlerweile deutlich vor Augen: Das Vorgehen der Fanatiker gegen Rushdie, seine Übersetzer und Verleger – der Japaner Hitoshi Igarashi wurde erstochen, der Italiener Ettore Capriolo schwer verletzt, in Norwegen entging Verlagschef William Nygaard nur knapp einem Mordanschlag – war vergleichbar mit der ersten Krähe in dem Hitchcock-Film ,,Die Vögel", also das erste Anzeichen jenes Fundamentalismus-Sturmes, der die Welt bis heute in Atem hält.

Man könne, sagte Rushdie stets, ,,eine direkte Linie" ziehen von den Attacken gegen ihn zu 9/11 und dem Terror in London am 7. Juli 2005. Nun reicht die Linie bis nach Chautauqua – 34 Jahre nach Erscheinen der ,,Satanischen Verse".


Aus: "So einen Roman traut sich niemand mehr zu schreiben" Sebastian Borger (15.08.2022)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/kultur/wie-england-das-attentat-auf-rushdie-diskutiert-so-einen-roman-traut-sich-niemand-mehr-zu-schreiben/28601242.html (https://www.tagesspiegel.de/kultur/wie-england-das-attentat-auf-rushdie-diskutiert-so-einen-roman-traut-sich-niemand-mehr-zu-schreiben/28601242.html)

QuoteMadame.X 15.08.2022, 19:25 Uhr
Auch der deutsche Journalismus weicht oft vor den Herausforderungen zurück und schweigt lieber, weil es eine laute Gruppe gibt, die andere Meinungen mit "Diskriminierung", "Rassismus" und ähnlichen Totschlagwörtern aus dem Diskurs zu drängen versucht.

Die Benennung von Wahrheit ist schlicht Tatsachenbeschreibung. Wer dagegen vorgeht, ist extremistisch.

Dass der Angriff auf Herrn Rushdi in der islamischen Welt bejubelt wurde, ist auch so ein Fakt, den man gern unter den Tisch fallen lässt. Nicht von allen, sicherlich. Aber von sehr vielen. Da tun sich Gräben auf, die sich durch Appeasement und Dauerlächeln nicht überbrücken lassen werden.


...
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 23, 2022, 01:07:42 PM
Quote[...] Der Kinderbuchverlag Ravensburger hat die Veröffentlichung von zwei Buchtiteln zum vor anderthalb Wochen in den Kinos angelaufenen Film Der junge Häuptling Winnetou als Fehler bezeichnet. Nach "vielen negativen Rückmeldungen" habe das Team entschieden, die Auslieferung des Buchs zum Film ab acht Jahren und des Erstlesebuchs zum Film ab sieben Jahren zu stoppen und die Titel aus dem Programm zu nehmen, schreibt Ravensburger auf Instagram.

Hauptsächlich in sozialen Netzwerken wurde kritisiert, dass der Stoff von Karl May überhaupt noch verlegt wird, vor allem für Kinder. Darin würden fremdenfeindliche Stereotype wiedergegeben, die ihren Ursprung im Kolonialismus haben. Auch der Vorwurf der kulturellen Aneignung steht im Raum – also die Übernahme von Merkmalen der Kultur der Indigenen.

Es sei nie die Absicht gewesen, mit den Titeln die Gefühle anderer zu verletzten, schreibt der Verlag. "Unsere Redakteur*innen beschäftigen sich intensiv mit Themen wie Diversität oder kultureller Aneignung." Dabei würden externe Fachberater zurate gezogen oder sogenannte Sensitivity Reader eingesetzt, die Titel kritisch auf den richtigen Umgang mit sensiblen Themen prüfen. "Leider ist uns all das bei den Winnetou-Titeln nicht gelungen."

Die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW), eine Einrichtung aller Bundesländer, hatte Der junge Häuptling Winnetou als "besonders wertvoll" eingestuft. In der Begründung heißt es aber, dass die Jury in der Gesamtbewertung des Films "absolut gespalten war – zwischen vehementer Ablehnung einerseits und großer Zustimmung andererseits".

Zu den kritischen Stimmen heißt es: Karl Mays literarische Idylle im Herkunftsland der indigenen Völker Nordamerikas sei eine Lüge, die den Genozid an den Indigenen und das ihnen zugefügte Unrecht der Landnahme der weißen Siedler und der Zerstörung ihres natürlichen Lebensraumes vollkommen ausblenden würde. Die im Film gewählte Ausstattung, die Darstellung der indigenen Menschen, die musikalische Untermalung und der Inszenierungsstil würden sich den verkitschten Karl May-Filmen der Sechzigerjahre anpassen.

Die Rückziehung der Buchtitel zieht allerdings wieder Kritik nach sich. In den Kommentaren unter dem Instagram-Post reagieren Nutzer enttäuscht und werfen dem Verlag vor, vor "woker Hysterie" einzuknicken. "Redet einfach mit den Kindern und klärt sie auf, um zu zeigen, dass es heute anders ist, statt alles zu verbieten und zu zensieren", schreibt ein Nutzer. 



Aus: "Ravensburger stoppt Auslieferung von "Winnetou"-Büchern" (22. August 2022)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/2022-08/winnetou-buch-verlag-ravensburger-auslieferung (https://www.zeit.de/kultur/2022-08/winnetou-buch-verlag-ravensburger-auslieferung)

Quotesugarvision #1

Nun sollten auch andere Kinderbuchverlage nachziehen und Pippi Langstrumpf und Jim Knopf aus dem Programm nehmen.


Quotechang et al #1.3

Da gehört mal richtig ausgemistet. Nicht wahr?


QuoteVera_ KVAC #1.4

Wenn es wirklich danach geht, kann man in vielen Dingen etwas hineininterpretieren. Wann wohl Heidi verurteilt wird?


Quotesonneleipzig #1.6

... Gut dass wir im privaten all die Bücher noch in den Regalen haben.


QuoteMzeemkubwa #1.10

Eigentlich gleich alle Kinderbücher, in denen nicht streng auf eine LGTBi+ und People of Colour Quote geachtet wird! Harry Potter, nicht ein lesbisches Paar, Die wilden Hühner, nur weiße Menschen, Tintenherz des Gleichen. Die Liste lässt sich endlos fortsetzen! Traut den Kindern mehr Verstand zu! Die wissen zu unterscheiden zwischen einer ausgedachten Geschichte und der Realität. Mir war als Stepke klar, dass bei Jim Knopf die Beschreibung Chinas genauso realistisch ist wie Herr Turtur. Durch Karl May und Winnetou bin ich dazu inspiriert worden, Bücher wie "Begrabt mein Herzan der Biegung des Flusses" zu lesen. Gebt den Lesern, ob alt oder jung, die Chance Widersprüche zu entdecken, Ungereimtheiten aufzuklären und den Umgang mit dem geschriebenen Wort zu lernen, zwischen den Zeilen zu lesen, denn das lernt niemand, wenn die Literatur allein nach ihrer politische Korrektheit ausgerichtet wird.


QuoteL.patschino #1.13

Vor allem müssen wir mit dem rechnen aufhören. Die Zahlen haben wir uns angeeignet. Zudem bitte beim Oktoberfest darauf achten wer sich bayrisch kostümiert. Falls es Touristen sind bitte belehren und unverzüglich ausweisen.


QuoteArthur Philipp Dent #1.14

Nach den Büchern machen wir dann bei den Lebensmitteln weiter. Die meisten Gewürze wurden ursprünglich in Kolonien hergestellt z.B. Pfeffer. Und dann sollten wir Kartoffeln und Mais (aus Südamerika) etc direkt mit auf die Liste setzen. Alles kulturell angeeignet. ...


QuoteMurer #1.18

Und was ist mit dem Sams?


QuoteJamokaim #1.31

Das Sams muss es heißen! Nonbinär


QuoteSonnenau #1.20  —  vor 19 Stunden
155

"Gut, dass wir im Privaten noch alle Bücher in den Regalen haben"

Das haben wir auch. Auch Jim Knopf und Pippi Langstrumpf etc. Und wir haben sie auch vorgelesen - und würden es selbstverständlich wieder tun.
Überhöhung und Überzeichnung sind Mittel, die in der Kinderliteratur immer wieder vorkommen.

Und was ist z.B. mit Mattis' Aufforderung an Ronja, seinen Kopf zu streicheln, als Glatzen-Per stirbt?
Übergriffigkeit an der Grenze zum Missbrauch?

Was ist mit all den Töpfen, die unter Gebrüll an die Wand flogen?
Gewaltproblem im Hause Mattis?

Was ist mit dem gefesselten und geschlagenen Birk? Klare Kindesmisshandlung! Sofort Jugendamt einschalten!

Übrigens war der schwarze Jim Knopf einer der Helden (!) meiner Kinderzeit!

Und wenn Kinder sich als Indianer verkleiden, dann deshalb, weil sie sich mit ihnen identifizieren.
Kinder schlüpfen in Rollen von Menschen, die sie bewundern.

Und natürlich ist das anfangs etwas stereotyp - wie im Übrigen die ballernden Cowboys auch ;-).

Aber dafür kann und soll man mit Kindern reden - um sie zu einfühlsamen, verantwortungsbewussten Menschen zu erziehen.

Und das scheitert garantiert weder an Winnetou noch an Jim Knopf - und auch nicht an Ronja Räubertochter - bei aller Überzeichnung einem der tollsten Bücher überhaupt, die ich als Kind gelesen habe. Wer nichts falsch machen möchte, beschränke sich auf "Die Häschenschule" ;-).


Quoteder Eine Ring #1.21

,, und der Peter mit den Geißen und der Alpöhi mit dem kleinen Mädchen...Missbrauchspotential ohne Ende..."

Wenn man um die Schicksale sog. Verschickungskinder auch in der Schweiz weiß, liest sich die Geschichte heutzutage nun einmal tatsächlich deutlich anders...
Da wird jeder für sich entscheiden müssen, wie er damit umgehen möchte...


Quotegelöschter_Benutzer #1.23

"Nun sollten auch andere Kinderbuchverlage nachziehen und Pippi Langstrumpf und Jom Knopf aus dem Programm nehmen."

Jawohl! Machen wir Nägel mit Köpfen! Den Struwelpeter und all die anderen Bücher auf einen Haufen und anzünden! Nicht


QuoteAchwat #1.24

Gute Idee, und dann gibt es begleitende Programme zur Gehirnwä.... Äh pardon, ich meinte natürlich gesellschaftliche Umerziehung im Dienste des Guuuten.


QuoteTom BEST #1.25

Allein das Wort "Oktober" in "Oktoberfest" klingt nicht wirklich nach unserer deutschen Kultur. Das ist doch fremden Ursprungs und somit angeeignet, oder etwa nicht?
Ich finde, wir sollten die Römer respektieren und das Oktoberfest in "Achterthing" umbenennen.


Quotedeschamp #1.28

Mein Problem dabei ist:
An welcher Stelle fängt Zensur an?

Als ich im Kindergarten war, sangen wir "Zehn kleine Negerlein". Das würde heute nicht passieren — zurecht. Vor einiger Zeit wurde diskutiert, ob Pippi Langstrumpf noch tragbar ist, wg. des "Negerkönigs." Ich glaube, dass wir an der derzeitigen Entwicklung einer Überprüfung auf kulturelle und/oder politische Korrektheit nichts werden ändern können und auch nicht sollten. Es ist ein Pendel, das aus dem Teil der Sorglosigkeit im Umgang mit Minderheiten gerade rüberschwingt in den Bereich eines überkorrekten Umgang mit diesem Thema. Dabei kommt es zu einem vorauseilenden Gehorsam, bei dem Dinge im Sinne der gefühlten oder wahrhaftigen Diskussion bereits umgesetzt werden _bevor_ die Gesellschaft tatsächlich einen Konsens gefunden hat. Wir werden das aushalten müssen und können, das Pendel wird irgendwann in der Mitte stehen bleiben. Dabei wird vielleicht die eine oder andere kuturpolitische Vase zerbrochen werden, es wird sicherlich auch noch so manche Stilblüten erblühen die über Flaniermeile (statt Fußgängerzone) hinausgeht, aber das ist letztlich auszuhalten.
Zu verabscheuen sind aber m.E. Bilderstürmereien jeglicher Art. Vieles lässt sich mit dem Wissen und den gewandelten Ansichtigen von heute trefflich kritisieren, aber deshalb gleich verbieten? Stellt es in den Kontext zur damaligen Zeit, erläutert es, stellt Fragen. Kinder sind schlau + können es einsortieren.
Zensur war noch nie wirklich erfolgreich!


QuoteBevvox #1.29

"Naja, der Schritt von Karl Mays albernen Stereotypen zur Diskriminierung ist allerdings ziemlich weit."

Es geht ja eben nicht um den Original-Karl May.
Und es geht eher um Verniedlichung als um Diskriminierung.
Also um positive Diskriminierung.


QuoteEckhardSchmidt #1.34

....dann müsste man mindests zwei Drittel der Abenteuerliteratur des 19. Jahrhunderts auf den Index setzen - die war damals schon äußerst populär. Als Beispiel nehme man Felix Dahn, ein seinerzeit nicht weniger populärer Schriftsteller ("Ein Kampf um Rom"). Darin werden massive anti-pseudoromanische bzw. pro-pseudogermanische Stereotype "abgefeuert". Weiteres Beispiel, die Ballade "Marienburger Mette": anti-pseudoslawische Versatzstücke pur. Dies und Ähnliches hat zwar keine vergleichbare Auflagenhöhe, aber warum darf es ungehindert gedruckt und vertrieben werden? - Karl May starb 1912 relativ wohlhabend und hat in seiner zweiten Lebenshälfte ausgesprochen pazifistische Ansichten vertreten (1912 herrschte bereits Kriegs-Obsession). Er propagierte im Grunde eine kindliche Art von Humanismus.


QuoteNurseBetty #1.37

Habe beides als Kind geliebt (Pipi Langstrumpf, Jim Knopf) und tu das immer noch.

Hat es eine Rassistin aus mir gemacht? Nein!

Pipi Langstrumpf ist eine Bereicherung für mindestens jedes Mädchen und Jim Knopf ist eine so tolle Geschichte. Bitte erklären Sie mir den Rassismus in dem Buch. Ganz Lummerland liebt dieses Findelkind und das er schwarz ist spielt überhaupt keine Rolle.


QuoteSonnenau #1.63

"Bei Jim Knopf empfand ich schon damals die klischeehafte Beschreibung der Chinesen als hochpeinlich (...)"

Okay - das ist Ihr gutes Recht.

Ich habe das Buch geliebt - und meine Kinder auch.

Und es ist mit Sicherheit nicht (!) diesem Buch zu verdanken, dass ich dem chinesischen Regime heutzutage recht kritisch
gegenüberstehe ;-). Das hat andere, "handfeste" Gründe. ...


QuoteÖlge #1.77

Aber diese Drachenlehrerin (Name vergessen) ist gut getroffen. Solche Lehrer:innen gibt es leider wirklich.



QuoteSchmusekater #1.78:  ... Frau Mahlzahn ...


...
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on November 03, 2022, 11:32:27 AM
Aus dem Streit um Twitter ist ein Kulturkampf geworden

Quote[...] ... Elon Musk hat Twitter übernommen – nun fürchten Kritiker einen Rechtsruck auf der Plattform.  ... Im Januar 2020 treffen sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Twitter in Houston, Texas, zu einem großen Firmenevent. Als Höhepunkt tritt Jack Dorsey auf, der Gründer und damalige Chef von Twitter. Auf der Bühne ruft Dorsey einen Mann an, der sich zu dieser Zeit beruflich mit Elektroautos und Raketen beschäftigt, aber nicht mit sozialen Medien: Elon Musk. Der Tesla-Chef erscheint auf dem Bildschirm, und Dorsey fragt ihn, was er von Twitter halte und ob er nicht Lust habe, die Plattform zu leiten. Ein Witz. Die Twitter-Leute im Publikum lachen. So ist es in einem Video zu sehen.

Zweieinhalb Jahre später hält das niemand mehr für einen Scherz. Musk, 51, hat Twitter tatsächlich gekauft, zum ursprünglich vereinbarten Preis von 44 Milliarden Dollar. Es ist eine feindliche Übernahme, das vorläufige Ende eines monatelangen Streits, ausgetragen vor Gericht und – natürlich – auf Twitter. Wobei zwischenzeitlich fraglich war, ob Musk das Unternehmen überhaupt noch haben will.

Nun, da endlich klare Verhältnisse herrschen, rückt eine andere Frage ins Zentrum: Was hat Musk mit Twitter vor? Einer Plattform, die mit fünf Milliarden Dollar Jahresumsatz zwar wirtschaftlich ein Zwerg ist, aber umso größeres politisches Gewicht besitzt, weil sich dort viele Debatten abspielen.

Wie Musk Twitter verändert, welche Personen er dort zulässt, ist auch deshalb heikel, weil in den USA die Midterm-Wahlen anstehen. Twitter ist in dem Land ein mächtigerer politischer Lautsprecher als in Deutschland; ein Ort, an dem Nachrichten und Lügen kursieren, an dem sich Konflikte hochschaukeln. Nach dem Attentat auf den Ehemann von Nancy Pelosi, der Sprecherin des Repräsentantenhauses, werden weitere Gewalttaten befürchtet – befeuert von Hetze in den sozialen Medien.

Elon Musks Gegner sehen ihn als Katalysator für diese Spirale aus digitaler und echter Gewalt. Sie glauben, dass er Twitter zu einer Plattform machen wird, auf der Hass und Lügen unwidersprochen zirkulieren. Für sie geht es längst darum, wie gefährlich Musk ist.

Seine Fans hingegen jubeln. Sie feiern ihn als mutigen Kämpfer gegen Zensur durch linke und woke Aktivisten, als Retter der Meinungsfreiheit.

Aus dem Streit um Twitter ist ein Kulturkampf geworden: Auf der einen Seite stehen die rechten Stimmen, die keinerlei Einmischung durch die Plattform wollen; auf der anderen Seite die linken Kräfte, die es für Twitters Pflicht halten, Lügen und Propaganda zu brandmarken und Menschen wie Donald Trump für immer von der Plattform zu verbannen.

Und Musk? Machte gleich klar, zu welcher Seite er tendiert. Zu seinen ersten Amtshandlungen gehörte der Rausschmiss des Managements. Neben dem CEO Parag Agrawal feuerte er auch die Chefjuristin Vijaya Gadde. Und erfreute damit viele Rechte, die Gadde zu ihrem Feindbild erklärten, nachdem sie im Januar 2021 mitentschied, Trumps Account stillzulegen.

Eine offizielle Bestätigung der Personalien gab es vom Unternehmen bis Redaktionsschluss nicht. Ein Twitter-Sprecher sagte der ZEIT, dass er von Musks Plänen, 75 Prozent der Belegschaft zu entlassen, auch nur aus den Medien erfahren habe.

Chaos und Unruhe stiften, das ist typisch für Musk. Zugleich ist der Rauswurf des Führungsteams eine Machtdemonstration: Liebe Leute, hier wird wenig so bleiben, wie es war, ab sofort hat nur noch einer das Sagen – ich, Elon Musk.

Um zu verstehen, wie es so weit kommen konnte, hilft es, noch einmal zum 1. April 2022 zurückzugehen. Musk, Agrawal und der Aufsichtsratschef Bret Taylor treffen sich an diesem Tag in einem Airbnb am Flughafen San José. In den Wochen zuvor hat Musk einen Anteil von zehn Prozent an Twitter erworben, und Agrawal und Taylor drängen ihn, nun auch einen Sitz im Aufsichtsrat zu übernehmen, das lässt sich aus Textnachrichten rekonstruieren, die während des Streits vor Gericht öffentlich wurden.

Die Twitter-Leute sehen Musk offenbar als Retter für das strauchelnde Unternehmen, als Mann mit Geld und frischen Ideen fürs Geschäft. Denn anders als Google oder Meta machte Twitter zuletzt sogar Verluste. Die Werbeeinnahmen sind überschaubar, auch weil die Zahl der Nutzerinnen und Nutzer seit Jahren nur noch langsam wächst.

Musk gibt dem Werben der Twitter-Leute nach und sagt zu, in den Aufsichtsrat einzuziehen. Doch innerhalb weniger Tage ändert er seine Meinung, aus Frust über die vielen Spam-Nachrichten unter seinen Posts und über Twitters angebliche Untätigkeit dagegen. Am 9. April teilt er Agrawal per Textnachricht mit: Er werde ein Übernahmeangebot abgeben und versuchen, Twitter von der Börse zu nehmen. Alles andere sei "Zeitverschwendung".

Schnell wird klar, dass Musk Twitter nicht nur als weiteres Unternehmen in seinem Portfolio sieht, sondern eine Agenda verfolgt. Musk nennt sich selbst einen free speech absolutist, einen absolutistischen Verfechter der Meinungsfreiheit. Einem Vertrauten versichert er in einer Textnachricht zwar: "Twitter wird natürlich nicht zu einer rechten Irrenanstalt werden. Ziel ist es, so inklusiv wie möglich zu sein." Aber als die EU im Frühjahr die Propaganda-Sender Russia Today und Sputnik verbietet, schreibt er einem befreundeten Investor: "Wir sollten es genau deshalb erlauben, weil wir es hassen." Und im Mai verspricht er auf einer Konferenz, den Bann gegen Trump aufzuheben.

Mit solchen Aussagen bringt Musk viele Twitter-Mitarbeiter gegen sich auf. Manche von ihnen sind bekennende Unterstützer der Demokraten. Als sich Musk im Juni ihren Fragen stellt und sich offenbar als politisch "gemäßigt" bezeichnet, schlagen ihm Kritik und Misstrauen entgegen. Das geht aus geleakten Slack-Nachrichten hervor. Ein Twitter-Mitarbeiter schreibt in einem internen Chat an seine Kollegen: "Seine Definition von gemäßigt ist ziemlich anders als unsere." Ein anderer meint: "Queere Menschen können diesem Mann nicht vertrauen."

Die progressiven und den Demokraten nahestehenden Twitter-Mitarbeiter, die sich nun gegen Musk wenden, drängten die Firma vor der letzten US-Präsidentschaftswahl, härter gegen Lügen und Hass vorzugehen. Damals begann Twitter, Posts von Trump mit Warnhinweisen zu kennzeichnen. Schließlich sperrte Twitter ihn ganz, weil er seine Anhänger indirekt zur Revolte angestachelt habe.

Auch andere Accounts, die zu Gewalt oder Terrorismus aufriefen, suspendierte Twitter, allein zwischen Juli und Dezember 2021 knapp 1,3 Millionen Profile. Daneben schaltete Twitter mehrfach staatlich gesteuerte Netzwerke aus, etwa eine chinesische Propaganda-Kampagne, die Lügen über die unterdrückten Uiguren verbreitete.

Offen ist, was nun mit diesen Programmen passiert, die nach Ansicht von Aktivisten noch immer viel zu lasch und zu langsam sind, um Hass und Desinformation effektiv zu bekämpfen.

Wird Twitter überhaupt noch in der Lage sein, rassistische oder antisemitische Posts einzudämmen, wenn der neue Chef Content-Moderatoren und Programmierer massenhaft feuert oder diese von selbst das Weite suchen? Oder will Musk das Chaos auf der Plattform vielleicht sogar?

Einen Eindruck konnte man schon am vergangenen Wochenende bekommen. Da raunte Musk auf Twitter, dass die brutale Attacke auf den Mann von Nancy Pelosi ja vielleicht gar kein politisch motiviertes Attentat gewesen sei – eine Mischung aus Gossip und Verschwörungstheorie, die Twitter unter normalen Umständen wohl mit einem Warnhinweis versehen hätte. Aber diesmal kam das Geschwurbel vom Chef persönlich.

Twitter selbst meldete am Montag einen sprunghaften Anstieg "schädlicher Inhalte", orchestriert von einer "Troll-Kampagne". Aktivisten warnen, die Stimmung könne sehr schnell kippen, auch wenn Musk noch gar keine neuen Regeln verkündet habe. "Die rechtsextreme Partei Britain First ist auf Twitter zurück, die Verwendung des N-Worts Analysen zufolge um 500 Prozent gestiegen", sagt Imran Ahmed von der Nichtregierungsorganisation Center for Countering Digital Hate. "Musk hat Extremisten und Hetzern signalisiert, dass sie auf Twitter ab sofort ungestraft tun können, was sie wollen."

Ob bald auch der prominenteste Unruhestifter wiederkommt, ist dagegen noch unklar. Donald Trump sagte dem TV-Sender Fox Newsnach Musks Übernahme: "Ich mag Elon, aber ich bleibe bei Truth." Wie lange diese Absage gilt, ist erfahrungsgemäß schwer zu sagen. Truth Social, Trumps eigenes soziales Netzwerk, entwickelt sich trotz enormer wirtschaftlicher Probleme langsam zum wichtigsten Sammelpunkt für Konservative und Rechtsaußen, Verschwörungstheoretiker und Menschen, die Joe Bidens Wahlsieg anzweifeln. Trumps Posts dort erreichen mehr als vier Millionen Anhänger. Bei Twitter hatte er 89 Millionen Follower – eine digitale Fanbasis, die er gut gebrauchen könnte, sollte er tatsächlich eine erneute Präsidentschaftskandidatur anstreben.

Für Musk könnte das alles am Ende eine Frage der wirtschaftlichen Abwägung sein. Er ist zwar der reichste Mann der Welt, aber der Kauf von Twitter hat auch ihn ein Vermögen gekostet. Er hat den Deal teils mit Krediten finanziert, deren Zinsen Twitter belasten. Musk muss dringend neue Wege finden, Geld zu verdienen. Eine erste Idee: Nutzer sollen bald eine monatliche Gebühr für den kleinen blauen Haken hinter ihrem Namen zahlen, aktuell spricht Musk von acht Dollar. Der Haken bescheinigt, dass ein Account echt ist, und ist bislang Prominenten, Politikerinnen und Journalisten vorbehalten.

Schon vor Monaten sinnierte Musk mit einem Vertrauten darüber, dass man Stars wie Justin Bieber wieder auf die Plattform locken und sie für die Kommunikation mit ihren Fans zahlen lassen könnte. Doch Prominente und Werbekunden dürften wenig Lust auf eine Plattform haben, die einer Dreckschleuder gleicht. Das spräche für ein stärkeres Eingreifen, mehr Moderation. Auch Musks Ankündigung, ein Gremium "mit sehr diversen Standpunkten" über die Inhalte auf Twitter entscheiden zu lassen, dient wohl vor allem dazu, die Werbekunden zu besänftigen.

Der Aktivist Imran Ahmed sieht noch eine andere, sehr viel heiklere Verbindung zwischen Politik und Geschäft: Musks Abhängigkeit von China und anderen autoritären Staaten. "Musks Doppelrolle als Tesla-Chef und Twitter-Eigentümer ist besorgniserregend", sagt Ahmed. Er habe schließlich schon häufiger gezeigt, dass er sich Autokraten regelrecht andiene, wenn es ums Geld geht. Gerade China ist wichtig für Tesla. Was, wenn die kommunistische Führung Tesla mit Nachteilen droht, sollte Twitter chinesische Propaganda weiter sperren?

In den kommenden Tagen dürfte es aber erst mal in gewohnter Musk-Manier weitergehen: mit Provokationen und widersprüchlichen Ankündigungen von ihm und sehr wahrscheinlich Nachrichten über Entlassungen. "Der Vogel ist frei", schrieb Musk in Anspielung auf das Firmenlogo. Noch ist überhaupt nicht klar, was das bedeutet.


Aus: "Twitter-Übernahme: Ein undurchsichtiger Deal" Von Ann-Kathrin Nezik, Mitarbeit: Heinrich Wefing ()
Quelle: https://www.zeit.de/2022/45/twitter-uebernahme-elon-musk-plaene/komplettansicht (https://www.zeit.de/2022/45/twitter-uebernahme-elon-musk-plaene/komplettansicht)

QuoteEpicurus #10

Musk ist Republikaner. Er ist Trump oder abwechselnd De Santis Anhänger. Er ist dem frauenverachtenden Thiel befreundet. Er ist sicherlich kein Anhänger von Demokratie. Ich habe ihn mal für Tesla bewundert und auch durchaus intelligente Vorträge von ihm gehört. Wie man sich irren kann.


...
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on March 26, 2023, 05:12:47 PM
Quote[...] Wegen mehrfacher Beschwerden zu ihrem Kunstunterricht wurde eine Lehrerin im US-Bundestaat Florida nun zum Rücktritt als Schulleiterin gezwungen. Wie die Zeitung ,,Talahassee Democrat" berichtet, hatte der Vorsitzende der Schulbehörde Hope Carrasquilla nach den Nachrichten der Eltern ein Ultimatum gestellt.

Hintergrund war eine Unterrichtsstunde an der Tallahassee Classical School, in der die Lehrerin die weltberühmte Skulptur des ,,David" von Michelangelo zeigte. Mehrere Eltern der 11- bis 12-jährigen Schülerinnen und Schüler reichten daraufhin Beschwerde wegen ,,pornografischem Unterrichtsmaterial" ein.

,,Es macht mich traurig, dass meine Zeit hier auf diese Weise enden musste", erklärte Carrasquilla. Sie soll am vergangenen Donnerstag sogar von Polizisten vom Schulhof geführt worden sein, so der ,,Talahassee Democrat".

Vor allem in den sozialen Netzwerken ist das Entsetzen über den Vorfall in Florida groß. Ein Kollege der Schulleiterin startete zudem eine Online-Petition gegen Carrasquillas Entlassung. Ihm wurde ein Disziplinarverfahren angedroht, die Petition sofort entfernt.

Die Statue des David stammt aus dem 16. Jahrhundert und gilt als eine der bekanntesten Marmorskulpturen der Geschichte. In der Renaissance wurden die Genitalien des David lange durch Feigenblätter aus Metall verdeckt, da die römisch-katholische Kirche Nacktheit als obszön wertete.

Angefeuert wird die Debatte durch Floridas republikanischen Gouverneur Ron DeSantis, der die sogenannte ,,Don"t say gay,,-Vorschrift demnächst auf alle Altersklassen ausweiten will. In Floridas Grundschulen gilt bereits das Verbot, im Unterricht über sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität zu sprechen. (Tsp)



Aus: ",,Pornografischer" Kunstunterricht in Florida: Schulleiterin muss wegen David-Skulptur von Michelangelo zurücktreten" (26.03.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/pornografischer-kunstunterricht-in-florida-schulleiterin-muss-wegen-david-skulptur-von-michelangelo-zurucktreten-9564857.html (https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/pornografischer-kunstunterricht-in-florida-schulleiterin-muss-wegen-david-skulptur-von-michelangelo-zurucktreten-9564857.html)

QuoteWisente
26.03.23 16:01

Der Artikel ist leider nicht vollständig.

"Der Vorstand hat letzten Monat eine neue Regel verabschiedet, die eine Benachrichtigung der Eltern zwei Wochen im Voraus über jeden Lehrplan erfordert, der ,,potenziell kontrovers" ist, sagte Bishop. Die Eltern können auch den Lehrplan und die dazugehörigen Fotos einsehen, und eine Woche im Voraus wird eine Erinnerungsnachricht versandt. ,,Elternrechte haben oberste Priorität, und das bedeutet, die Interessen aller Eltern zu schützen, egal ob es eins, 10, 20 oder 50 ist", sagte Bishop."

"Ein Brief, in dem die Eltern über den Kunstunterricht informiert werden, hätte an die Eltern geschickt werden sollen, sagte Carrasquilla, aber ein Kommunikationsausfall zwischen dem Schulleiter, dem Betriebsleiter und dem Kunstlehrer führte zu einem Verwaltungsversehen, und die Eltern wurden nicht informiert."

Man mag davon halten was man will, so wirkt das aber wie eine bewußte Aktion der Lehrerin, welche diese neue Regel kennen müsste. Das es kontrovers ist, sollte klar gewesen sein, und es gibt sicher unzählige Beispiele der Renaissance, welche man Elfjährigen als Thema zeigen könnte. David und Venus gleichzeitig muss auch im Auge eines neutralen US-amerikanischen Betrachters wie eine Provokation wirken. Was an einem College mit 16/18jährigen anders zu beurteilen wäre.

Hätten alle Eltern zugestimmt, wäre es ja auch kein Problem gewesen. Aber von einer Lehrerin, die nichtmal ein Jahr an der Schule ist, sollte man vieleicht auch sowas wie Rücksichtnahme auf die örtlichen Gegebenheiten erwarten, wenn es solch großen Interpretationsspielraum gibt.

Und es geht auch nicht um Nacktheit oder die Darstellung des Gliedes, denn das dritte Werk, die Erschaffung Adams führt ja nicht zum Protest.


Quotemarstetz
26.03.23 15:53

Die evangelikalen Verblödungskampagnen von Governor DeSantis, dem Trump-Clon, zeigen erste "Erfolge".  ...


QuoteZehlendorfer, 26.03.23 16:23

Florida hat nicht nur die zweitgrößte Pornoindustrie der USA (und damit der Welt), man verhaftet auch regelmäßig prä-grundschul Mädchen, weil diese oben-ohne am Strand unterwegs waren.
Das Wort, dass mir zu Florida als erstes in den Sinn kommt: Bigotterie

Und das geht dort schon wirklich lange, hat also nicht direkt etwas mit den Republikanern zu tun, bis 1999 wurde der Staat von den Anderen regiert.


Quote0815a, 26.03.23 16:02

So ist das halt, in Gottesstaaten. Sie hat Glück, nicht verbrannt oder gesteinigt worden zu sein.


Quotecrossoverhill
26.03.23 15:55

Was haben eigentlich Amerikaner untenrum?


Quote0815a
26.03.23 16:17
@crossoverhill am 26.03.23 15:55

Stars and Stripes.

So heißt es dort, glaube ich.


...
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 05, 2023, 11:37:28 AM
Quote... "die Anderen" ...

Quote[...] Endlich einmal ist Donald Trump wieder dort, wo er hin will und wo er seiner Meinung nach hingehört: Im Rampenlicht, im Zentrum aller Aufmerksamkeit. Allerdings nicht so, wie er sich das vorstellt. Zwar sind in dem New Yorker Gerichtssaal keine Fernsehkameras zugelassen, wo eine knappe halbe Stunde lang die Anklage gegen ihn verlesen wurde. Aber die wenigen TV-Bilder zeigen ihn mit versteinerter Miene, auf Fotos wirkt er ungewohnt betroffen - auch ohne Handschellen.

Der Wind der Geschichte, der an diesem Tag durch New York und die gesamte USA hinwegfegt, scheint nicht einmal Trump unbeeindruckt zu lassen. Dabei geht es nicht nur um den konkreten Fall und die Frage, ob die Schweigegeldzahlung an den früheren Porno-Star Stormy Daniels eine illegale Wahlkampfspende war. Es geht um viel mehr: Es ist das erste Mal, dass ein ehemaliger Präsident wegen krimineller Vergehen angeklagt wurde - und dazu vernommen wurde. Und es ist das erste Mal, dass Trump wegen krimineller Vergehen vor Gericht steht.

Für wohl jeden anderen Kandidaten wäre eine Anklage im beginnenden Vorwahlkampf eine Katastrophe. Für die meisten anderen Kandidaten wären schon Ermittlungen gegen sich, Grund genug gewesen, die Kandidatur zurückzuziehen. Nicht so für Trump, der noch immer die üblichen Regeln des Politikbetriebs außer Kraft setzt. Zumindest kurzfristig profitiert der frühere Präsident sogar von diesem Prozess. Denn er bietet ihm wertvolles Material, um seine Basis anzustacheln - die in den vergangenen Tagen bereits einen Millionenbetrag gespendet hat - und zugleich seine Kontrahenten im Vorwahlkampf der Republikaner zwingt, ihn zu verteidigen.

... Trump kommt zu Pass, dass er diesen Fall wunderbar für sich instrumentalisieren kann. Er stellt sich als absolut unschuldig dar und trichtert seinen Anhängern ein, dass es nicht um Recht und Gesetz gehe, sondern darum, ihn mundtot zu machen. Mehr noch, seine Botschaft ist: Sie verfolgen mich, weil ich für euch kämpfe. Das verfängt noch immer bei vielen seiner Wähler. Insofern wäre auch ein Foto von ihm, dass ihn für die Akten von vorn und der Seite zeigt und damit wie einen Verbrecher aussehen lässt, kein Problem. Es würde seine Anhänger nur noch wütender machen. Und Wut ist gut für Trump.

Der Republikaner profitiert auch davon, dass der Oberstaatsanwalt von Manhattan ein Demokrat ist - der von den Menschen dort in das Amt gewählt wurde wie ein Bürgermeister oder ein Parlamentarier. Das Amt des Oberstaatsanwalts ("District Attorney") ist politisch und ein Sprungbrett für höhere Aufgaben. Amtsinhaber Alvin Bragg versprach sogar im Wahlkampf, Trump anzuklagen. Das aber dient Trump und seinen Verbündeten in den Medien als Munition. Das zeige ja, dass es hier um Politik und nicht um Recht gehe, sagen sie. Dabei ist allerdings zu beachten, dass Trumps frühere Anwalt Michael Cohen wegen des Stormy-Daniels-Falls bereits hinter Gitter sitzt.

Hinzu kommt, dass die Stadt New York eine Hochburg der Demokraten ist, der vermeintlich "verrückten Liberalen" - und somit im Kulturkampf zwischen Rechten und Linken ein Symbol für "die Anderen" ist.

... Es passt ins Bild, dass Trump nach der Vernehmung gleich nach Florida zurückkehrt, um eine Rede zu halten. Den Schwung möchte er offenbar mitnehmen, um dann wieder seine Botschaft verbreiten, Hexenjagd, politische Verfolgung und bitte spenden Sie jetzt hier, damit ich Amerika retten kann.

Wer also denkt, mit einer Anklage gegen sich ist Trump politisch tot, liegt falsch. Doch das gilt nur für den Vorwahlkampf bei den Republikanern. Sollte Trump noch die drei anderen drohenden Anklagen einsammeln, ginge er schwer angeschlagen in den eigentlichen Wahlkampf gegen Joe Biden oder wer auch immer dann für die Demokraten kandidiert. Manchen Demokraten gilt Trump gar als der Kandidat, der am einfachsten zu schlagen wäre. Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg - erstmal muss sich Trump im Vorwahlkampf durchsetzen. Das New Yorker Verfahren ist dafür kein Rückschlag. Im Gegenteil.

Quelle: ntv.de


Aus: "Trump vor Gericht: Für jeden anderen wäre es eine Katastrophe" Volker Petersen (04.04.2023)
Quelle: https://www.n-tv.de/politik/Anklage-in-New-York-Fuer-jeden-anderen-als-Trump-waere-es-eine-Katastrophe-article24034013.html (https://www.n-tv.de/politik/Anklage-in-New-York-Fuer-jeden-anderen-als-Trump-waere-es-eine-Katastrophe-article24034013.html)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 20, 2023, 11:27:09 AM
Quote[...] Floridas republikanischer Gouverneur Ron DeSantis hat das bereits seit 2022 für Grundschulen geltende umstrittene Verbot von Unterricht über sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität auf alle Altersstufen ausgeweitet.

Wie der ,,Spiegel" [https://www.spiegel.de/panorama/florida-verbietet-auf-vorschlag-von-ron-desantis-unterricht-ueber-geschlechtsidentitaet-a-4e6fbcd1-e574-4c47-90cb-ccb931f0524a (https://www.spiegel.de/panorama/florida-verbietet-auf-vorschlag-von-ron-desantis-unterricht-ueber-geschlechtsidentitaet-a-4e6fbcd1-e574-4c47-90cb-ccb931f0524a)] berichtet hat der Bildungsrat des US-Bundesstaates heute einem entsprechenden Vorschlag des Gouverneurs zugestimmt. Unter Berufung auf einen Sprecher des Bildungsministeriums prognostiziert der Bericht eine Umsetzung der Gesetzeserweiterung innerhalb des nächsten Monats.

DeSantis hatte im vergangenen Jahr durchgesetzt, dass an Grundschulen Unterricht über sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität verboten ist.

Lehrerinnen und Lehrer, die künftig gegen das Gesetz verstoßen, können in Florida womöglich ein Berufsverbot erhalten. Ausnahmen gelten nur für Lehrinhalte, die Bestandteil des Unterrichts über reproduktive Gesundheit sind, den die Schüler nicht verpflichtend machen müssen.

Bereits der Vorstoß erntete Kritik sowohl aus Washington als auch von LGBTQ-Aktivisten. ,,Lassen wir uns nicht täuschen. Das ist ein Teil einer beunruhigenden und gefährlichen Tendenz, die wir im ganzen Land beobachten", erklärte die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre.

Die Organisation Equality Florida erklärte ihrerseits: ,,Das war das Ziel von Anfang an: eine allgemeine Zensur und das Verbot von Büchern." DeSantis wolle mit seinem Vorstoß gegen die LGBTQ-Gemeinde ,,seine Präsidentschaftsambitionen füttern".

Der Gouverneur gilt als möglicher Bewerber für die Präsidentschaftswahl 2024. Sollte er seinen Hut in den Ring werfen, müsste er beim Vorentscheid der Republikaner gegen Ex-Präsident Donald Trump antreten.

DeSantis gilt derzeit als der potenziell gefährlichste Rivale Trumps. Er führt in Florida einen scharf rechten Kurs und wurde im vergangenen Herbst mit einem Erdrutschsieg zum Gouverneur wiedergewählt. (AFP)


Aus: "Verbot von Unterricht über sexuelle Orientierung: DeSantis weitet ,,Don't say gay"-Vorschrift auf alle Schulen aus" (23.03.2023, Update: 20.04.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/queerspiegel/desantis-weitet-dont-say-gay-vorschrift-auf-alle-schulen-aus-9547346.html (https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/queerspiegel/desantis-weitet-dont-say-gay-vorschrift-auf-alle-schulen-aus-9547346.html)

Quotemcgyver
23.03.23 12:35
Genau genommen heißt die Regel "Parental Rights in Education". Sie betont, wie der Name bereits sagt, das Recht der Eltern bei der Aufklärung ihrer Kinder und will deren Beeinflussung durch Queer Theory und Critical Race Theory in der Schule unterbinden.


Quotederverwalter
24.03.23 10:15
@mcgyver am 23.03.23 12:35
Klarer gesagt:
Sie will objektive Wissensvermittlung und soziale Kompetenz unterbinden.

Es geht hier nicht um Erziehung oder sexuelle Aufklärung, sondern um Vermittlung von Faktenwissen.


Quotesql
23.03.23 13:25
In die Schule gehört die Information über Fortpflanzung des Menschen, Verhütung, männlich/weiblich und meinetwegen die Besonderheit, dass es Intersexualität/Zwitter gibt. Dieses ist wichtig und Kenntnisse hierüber sind definitiv für das Kindeswohl relevant. Durch dieses Wissen können ungewollte Schwangerschaften und religiöse Bauernfängereien vorgebeugt werden.

Den Rest bringen sich die Schüler dann ohnehin selber bei.
Und auch, wenn es den Woke-Jüngern gegen den Strich geht: für die weitergehende (Sexual-)Erziehung der Kinder sind immer noch die Eltern verantwortlich und auch zuständig. Und das Kindeswohl ist definitiv nicht gefährdet, nur weil die Kleinen beispielsweise nicht schon mit sieben Jahren erfahren, dass es Männer gibt, die sich als Frau fühlen. Also hat das auch nichts im schulischen Lehrplan zu suchen.


QuoteSchrat86
23.03.23 14:25
@sql am 23.03.23 13:25
Das ist eine kuriose Verdrehung, denn es sind die Konservativen die argumentieren, es sei schädlich für das Kindswohl, wenn sie schon in jungen Jahren über Geschlechtervielfalt und sexuelle Orientierungen aufgeklärt würden. Ich kann ihnen aus der Elternpraxis versichern: Kinder werden nicht schwul oder Transgender, wenn man ihnen erklärt, dass es auch sowas gibt.


Quotesql
23.03.23 15:08
@Schrat86 am 23.03.23 14:25

    Ich kann ihnen aus der Elternpraxis versichern: Kinder werden nicht schwul oder Transgender, wenn man ihnen erklärt, dass es auch sowas gibt.

Das glaube ich Ihnen und bin davon auch überzeugt. Dennoch ist es die Entscheidung der Eltern, welche Art der Aufklärung über das notwendige Maß (ich nenne das mal "klassische Aufklärung") hinaus ihren Kindern beigebracht wird.
Das Kindswohl ist gefährdet, wenn sie nichts über Fortpflanzung und Verhütung lernen. Das Kindswohl ist aber nicht gefährdet, wenn sie in jungen Jahren nichts über Queer lernen. Damit haben hierüber die Eltern zu entscheiden und nicht der Staat.


QuoteStefLake
23.03.23 19:11

@sql am 23.03.23 15:08
Das Kindswohl betroffener Kinder kann sehr wohl gefährdet sein, wenn sie in Elternhäusern aufwachsen, die solche quarkigen Gesetze gut finden und keinerlei Aufklärung an anderer Stelle erhalten. Nicht umsonst ist die Selbstmordrate unter homo- und transsexuellen Kindern und Jugendlichen in der Regel wesentlich höher als bei heterosexuellen cis-Jugendlichen. Das hat sicherlich viele Faktoren, aber altersgerechte Aufklärung darüber, dass solche Kinder und Jugendlichen 'nicht allein sind' kann sowohl diesen selbst helfen als auch die Toleranz ihrer Mitschüler erhöhen und damit Mobbing und ähnlichem zumindest ein wenig entgegenwirken.
Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass ein relevanter Anteil an Eltern, die sowas hier unterstützen, ihre Kinder dann stattdessen zuhause entsprechend aufklären werden?


Quotederverwalter
24.03.23 10:13

@sql am 23.03.23 15:08

    Das Kindswohl ist aber nicht gefährdet, wenn sie in jungen Jahren nichts über Queer lernen.

Selbstverständlich ist das Kindeswohl dann gefährdet, sie lernen dann nämlich gegebenenfalls, dass Queer unnormal, abartig, pervers oder sonstwie zu verurteilen ist und werden sich ihrer queeren Umgebung gegenüber dann auch entsprechend verhalten.

Es ist zu befürchten, dass die Erzkonservativen in den USA auch genau das wollen.

Wissensvermittlung über queere Daseinsformen des Menschen ist keine Sexualerziehung, sondern zielt auf gesellschaftliche und soziale Kompetenz ab.


Quotesql
24.03.23 13:05

@derverwalter am 24.03.23 10:13

    Selbstverständlich ist das Kindeswohl dann gefährdet, sie lernen dann nämlich gegebenenfalls, dass Queer unnormal, abartig, pervers

Ah ja. Wenn man also den Eltern die Sexualerziehung überlässt, dann ist also (gegebenenfalls) das Kindeswohl gefährdet, weil die Eltern ihren Kindern Schlechtes lehren.
Dass gilt dann natürlich logischerweise für alles andere auch. Kinder laufen also Gefahr zu Nazis zu werden, zu Vergewaltigern zu werden, Schwarze zu hassen, Weiße zu hassen usw.
Wenn man Ihrer Logik folgt, dann müssen also Kinder vor ihren eigenen Eltern geschützt werden.
Ich weiß ja nicht, ob Sie selber Kinder haben, aber unabhängig davon sollten Sie den Eltern durchaus zutrauen, dass sie wissen, was für ihre eigenen Kinder das Beste ist. Jedenfalls wissen sie es meistens besser, als irgendwelche Personen in missionarischer Mission.


Quotechangnoi
02.04.23 16:22

@sql am 23.03.23 13:25

    nur weil die Kleinen beispielsweise nicht schon mit sieben Jahren erfahren, dass es Männer gibt, die sich als Frau fühlen. Also hat das auch nichts im schulischen Lehrplan zu suchen.

dann vergeht sich der pfarrer, der tennislehrer and dem kl. jungen oder dem maedchen, und der/die weiss oberhaupt nicht was mit ihr geschieht.
was glauben sie was mit (fast) allen kindern in den 50ern und 60er jahren geschehen ist. gerade auf dem kirchlich gepraegten, verklemmten land.
fuerchterlich!


QuoteDr.CharlesBronson
19.04.23 22:03

@changnoi am 02.04.23 16:22
So ein Unsinn. Man kann seine Kinder sehr wohl schützen und für Gefahren sensibilisieren, ohne sich eine Genderideolohie zu eigen zu machen. Was für eine beschränkte Vorstellung von Ihnen.

Offensichtlich ist DeSantis bei den Einwohnern Floridas mit seiner Politik beliebt, anders lässt sich ein Erdrutschsieg nicht erklären.


QuoteForThePeople
19.04.23 21:13

Ich bin kein Unterstützer des Genderns und halte die ganze Debatte um "Geschlechtsidentitäten" für vollkommen überzogen, aber DAS geht entschieden zu weit. Man kann und sollte keine Sprechverbote erteilen über Dinge, die da sind. Was kommt als Nächstes ? Das Problem wird sich so nicht lösen lassen. Was für eine Farce.


QuoteMcSchreck
19.04.23 21:09

Während ich das Verbot für Grundschulen nachvollziehbar - wenn nicht sogar richtig - finde, ist es für ältere Schüler absolut nicht nachvollziehbar.


Quotegregthecrack
19.04.23 21:03

Auch die Rechten können verbieten, nicht nur die Linken.

Als Liberaler sage ich: Freiheit!


Quotechangnoi
02.04.23 16:17

der gesamte planet wird reaktionaerer.
eine schleichende katastrophe :-(((


QuotePeterHaber
23.03.23 17:41

Erschreckend, aber was will man in einem Land erwarten in dem ein nicht unerheblicher Teil (Tendenz angeblich steigend) die Evolutionstheorie Charles Darwins ablehnt und stattdessen das Creative Design als die wissenschaftliche Wahrheit betrachtet.
God's own country halt.


QuoteWaedliman
23.03.23 14:17

Die USA sind ein komplexes Land, das sich in Metropolen und Flächengebieten aufteilt, die wiederum mal liberaler sind, so wie der Nordosten, oder verstockt konservativ wie der gesamte Süden. Hier spielt Frömmelei ebenso eine Rolle wie mangelhafte Bildung und selbst die, die über Jahrhunderte unterdrückt wurden, scheuen sich nicht, wie neulich in Tennessee, lautstark gegen Drag Queens zu demonstrieren. DeSantis ist mir schon länger ein Dorn im Auge und ich befürchte, dass er als möglicher nächster Präsident, den Keil des Hasses noch tiefer durch das Land treiben wird.


Quotebigal
23.03.23 11:54
Man sollte den woken Wahnsinn nicht mit einer neuen (diesmal konservativen) "cancel-culture" kontern, sondern mit Aufklärung. So dreht sich das Pendel nur wieder von links-liberalem Wahnsinn zu rechts-konservativem Wahnsinn (mit DeSantis oder Trump).

Meanwhile überholt in Deutschland die AFD vollkommen ausser Kontrolle geratene, ideologisch verbohrte, selbstverliebte Grüne. Und bei solch einer Politik kann man das, so sehr es weh tut, auch irgendwo nachvollziehen.


QuoteA.Wegner
23.03.23 11:23

    Kommt das Gesetz durch, wird Sexualorientierung und Geschlechtsidentität komplett aus dem Lehrplan in Florida gestrichen.

Da - die im Prinzip wünschenswerte - sachliche (d. h. nicht ideologieimprägnierte) Informierung der Kinder nur schwer realisierbar ist, könnte in der Tat die gänzliche Herausnahme dieses Unterrichts aus dem Lehrplan die beste Lösung sein. So ist sichergestellt, daß weder Indoktrinierung von Links noch von rechts stattfindet. Es ist Aufgabe der Eltern, ihre Kinder 'aufzuklären'.


QuoteSchrat86
23.03.23 13:13
@A.Wegner am 23.03.23 11:23

Das ist das Argument der Konservativen in den USA und eigentlich auch das Argument sämtlicher verschwörungsideologischer Schulpflichtverweigerer hüben wie drüben. Der Staat könne quasi nur ideologisch geprägten Unterricht anbieten und deshalb seien die Eltern geeigneter ihre Kinder zu unterrichten.
Mit Blick auf die allgemeine Bildungsarmut und ideologische Spaltung in den USA, kann man da nur die Hände über dem Kopf zusammen schlagen. Worauf es hinauslaufen würde, wäre dass Kinder noch mehr im soziokulturellen Eigensaft der Eltern und ihrer politischen oder religiösen Blase kochen und aus ihnen eine nächste Generation von Amerikanern wird, die sich fest in einem Lager verorten und dem anderen gegenüber wenig gesprächsbereit sind.


QuotePonyHuetchen
23.03.23 11:13

Unterricht mit dem Inhalt, dass der Typ zu Hause mit dem Bart auch die Mami sein kann, wird nun mal weiterhin umstritten bleiben.


QuoteGeBrau
23.03.23 11:36
@PonyHuetchen am 23.03.23 11:13

    dass der Typ zu Hause mit dem Bart auch die Mami sein kann

solche dümmlichen Bemerkungen kommen halt dabei heraus, wenn man in der Schule nichts von nichtheterosexuellen Menschen und Respekt mitbekommen hat.


QuotePat7
23.03.23 10:58

Die Talibanisierung der Rep Staaten schreitet voran.
Meine Eltern klären mich bereits in den 70 Zeigern in der DDR kindgerecht darüber auf, dass es mehr als nur verschieden geschlechtliche Paare gibt.
Trotzdem bin ich weder homosexuell noch bi. Sondern hetero.
Und geschadet hat es mir auch nicht, im Gegenteil es hat meine Toleranz gefördert.


QuoteSchrat86
23.03.23 11:10

@Pat7 am 23.03.23 10:58

Die Talibanisierung der Rep Staaten schreitet voran.

Ich hätte es eher als eine regionale Entwicklung weiter Landesteile zu einem evangelikalen Gottesstaat bezeichnet, aber diese andere Art der Hufeisentheorie ist nicht ganz abwegig.
Bestimmte Strömungen konstituieren sich eben dadurch, Minderheiten einzuschränken und Macht über sie auszuüben.


QuoteMax1992
23.03.23 10:28

Komisch, den Leuten, die rechts ticken, wird es nie langweilig immer auf irgendwelche Minderheiten drauf zu hauen. Das scheint in die DNA solcher Leute eingeschrieben zu sein. Mein Opa hatte recht, Doofheit kombiniert mit Boshaftigkeit plus übersteigertem Selbstbewusstsein, stirbt nie aus. ...


QuoteCaliGuy
23.03.23 10:48

@Max1992 am 23.03.23 10:28
Leute, die links ticken, wird nie langweilig, zu behaupten man müsse den Reichen wegnehmen, damit es allen besser geht. Doofheit kombiniert mit Boshaftigkeit....


Quotederverwalter
23.03.23 10:53

@CaliGuy am 23.03.23 10:48
Was hat das eine mit dem anderen zu tun?
Es geht hier um die Diskriminierung von Minderheiten.


Quotegregthecrack
19.04.23 21:19

@derverwalter am 23.03.23 10:53
Ahhh die Reichen sind ja die Mehrheit! Wait...


QuotePat7
23.03.23 11:01

@CaliGuy am 23.03.23 10:48
Was ist daran falsch? Um die Aufgaben der Zukunft lösen zu können, müssen sich eben auch die Reichen beteiligen. Doch die drücken sich vor Steuerzahlungen mit allerlei halblegalen und illegalen Methoden.

Ganz abgesehen davon, dass Ihr Vorredner absolut recht hat. Im Übrigen sind sich die Ansichten der extrem Rechten wie DeSantis und der Taliban nicht zufällig sehr ähnlich.


QuoteApfelansager
23.03.23 10:26

    Kommt das Gesetz durch, wird Sexualorientierung und Geschlechtsidentität komplett aus dem Lehrplan in Florida gestrichen.

Die Sexualorientierung ist auch nichts, was den Staat angeht. De Santis liegt vollkommen richtig.


QuoteCaliGuy
23.03.23 10:51
@Apfelansager am 23.03.23 10:26

Und der Klapperstorch bringt die Kinder...


QuoteAlso_ick_wees_nich
23.03.23 11:11

@CaliGuy am 23.03.23 10:51

   Und der Klapperstorch bringt die Kinder.....oder was erklärt man den Schülern?

Im Artikel steht kein Wort darüber, dass DeSantis den Sexualkundeunterricht verbieten will, sondern:
Kommt das Gesetz durch, wird Sexualorientierung und Geschlechtsidentität komplett aus dem Lehrplan in Florida gestrichen.
Da bliebe also ausreichend Raum für "Klapperstörche" und auch für diese Sache mit den Bienen und den Blüten.

Kein Grund zur Panik also!


QuoteSchrat86
23.03.23 11:15

... Sie missverstehen die wahren Motive von Republikanern wie DeSantis. Die republikanische Partei hat sich vor einigen Jahrzehnten mit den erzkonservativen christlichen Kirchen der USA verbündet und diese Glaubensgemeinschaften sehen in weltlicher Schulbildung zu Themen wie Geschlechtsidentitäten, Evolutionstheorie, etc., eine Gefahr für ihren Anspruch auf Deutungshoheit und Wertebildungshoheit in der amerikanischen Gesellschaft. Die evangelikalen Kirchen machen Wahlkampf für die Republikaner, die sich dafür wiederum bei denen bedanken, in dem sie weltliche Schulbildung einschränken, wo sie können.


QuoteZweites_Ich
24.03.23 15:14
@CaliGuy am 23.03.23 10:56

    Auf Gendersprache und Grün folgt zwangsläufig eine ultrarechte Regierung.

Könnten Sie dies näher erläutern, was speziell Sie darunter verstehen.


QuoteCaliGuy
24.03.23 15:45

... Machen Sie sich mit der Ausbreitung von Political Correctnes im amerikanischen Hochschulwesen seit Anfang der 90er Jahre vertraut. Machen Sie sich mit der Umbenennung öffentlicher Gebäude in demokratischen Staaten vertraut. Machen Sie sich mit der Durchsetzung von LGBT-Rechten vertraut. Wenn Sie all das zusammen nehmen, verstehen Sie, warum die Amerikaner 2016 Donald Trump gewählt haben.
Europa hängt wie immer etwas hinterher, aber die Ausbreitung PC gerne verbrämt mit Klimapolitik oder feministischer Außenpolitik oder Genderspeak im Staatsfernsehen gibt es auch hier. Bislang scheint es so, dass rechtspopulistische Parteien nur die Ablehnung von unkontrollierter Immigration politisch ausdrücken. Doch das wird sehr bald umschlagen in eine komplette Ablehnung von links-grün initiierten gesellschaftlichen Projekten.


...
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 20, 2023, 12:05:53 PM
Rudolf Chametowitsch Nurejew (* 17. März 1938 in der Nähe von Irkutsk, Russische SFSR, Sowjetunion; † 6. Januar 1993 in Levallois-Perret, Frankreich) war ein Tänzer tatarischer Herkunft aus der Sowjetunion, der 1982 die österreichische Staatsbürgerschaft annahm. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_Chametowitsch_Nurejew (https://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_Chametowitsch_Nurejew)

Quote[...] Das weltberühmte Moskauer Bolschoi-Theater hat unter politischem Druck Kirill Serebrennikows Ballett Nurejew um den an Aids gestorbenen schwulen russischen Tänzer Rudolf Nurejew aus dem Spielplan gestrichen. Das Ballett sei wegen des Verbots von Propaganda "nicht traditioneller Werte" aus dem Repertoire genommen worden, sagte Theaterintendant Wladimir Urin bei der Vorstellung des Spielplans. Das vielfach ausgezeichnete Ballett von Serebrennikow gehörte zu den beliebtesten Aufführungen der weltgrößten Balletttruppe.

Der in dem Ballett dargestellte Nurejew war aus der Sowjetunion geflohen und im Westen berühmt geworden, bevor er 1993 im Alter von 54 Jahren starb. In der Aufführung waren auf der Bühne homosexuelle Szenen und Männer in Frauenkleidern und auf Stöckelschuhen zu sehen.

Verstöße gegen das von Russlands Präsident Wladimir Putin unterzeichnete Gesetz, das etwa positive Darstellungen von Homosexualität verbietet, werden mit hohen Geldstrafen geahndet. Homosexualität selbst ist nicht verboten.

Russlands Kommunikationsaufsichtsbehörde veröffentlichte nun auch erstmals Leitlinien zum Verbot von Propaganda "nicht traditioneller Lebensweisen". So hatten sich etwa Verlage unsicher gezeigt, ob auch Bücher verboten sind, die gleichgeschlechtliche Liebe als gleichwertig darstellen wie Beziehungen zwischen Mann und Frau. Das ist dem neuen Kodex zufolge nicht erlaubt und dürfte zu weiterer Zensur auch von Klassikern führen.

Serebrennikow, der Russlands Krieg gegen die Ukraine scharf kritisiert hatte, verließ angesichts der politischen Verfolgung seine Heimat und arbeitet in Frankreich und Deutschland, wo er erfolgreich Opern inszeniert. Der 53-Jährige, der auch ein erfolgreicher Filmemacher ist, stellt inzwischen viele seiner Arbeiten online. Zu sehen sind im Internet Theaterinszenierungen des von ihm lange geführten Gogol-Zentrums in Moskau.

Er war kurz nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine in Russland für schuldig befunden worden, öffentliche Gelder abgezweigt zu haben. Seine Unterstützer werteten das Urteil als politisch motiviert, da der Regisseur in seiner Arbeit Autoritarismus und Homophobie unter Putin anprangerte.

Serebrennikow hatte mit seinem stets ausverkauften Ballett Nurejew gleich vier Auszeichnungen beim renommierten Tanzpreis Benois de la Danse erhalten. Ihm selbst sprach die internationale Jury in Moskau den Preis für die beste Ballettregie zu. Im Zuge der wachsenden Repressionen gegen Kunstschaffende in Russland war auch Serebrennikow bei den regierungstreuen Kulturfunktionären, die etwa Werte der russisch-orthodoxen Kirche hochhalten, in Ungnade gefallen. Aus Angst vor Verfolgung haben viele Künstler Russland verlassen, um frei arbeiten zu können.


Aus: "Bolschoi-Theater streicht Stück über Tanzlegende Rudolf Nurejew" (20. April 2023)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/2023-04/homofeindlichkeit-russland-moskau-bolschoi-theater (https://www.zeit.de/kultur/2023-04/homofeindlichkeit-russland-moskau-bolschoi-theater)

Quote
DasBertl

Bleibt die Frage: Ist Russland nun das Florida Europas oder Florida das Russland der USA?

[Aus: "Verbot von Unterricht über sexuelle Orientierung: DeSantis weitet ,,Don't say gay"-Vorschrift auf alle Schulen aus" (23.03.2023, Update: 20.04.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/queerspiegel/desantis-weitet-dont-say-gay-vorschrift-auf-alle-schulen-aus-9547346.html (https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/queerspiegel/desantis-weitet-dont-say-gay-vorschrift-auf-alle-schulen-aus-9547346.html)]


Quote
Franz1971

Gab es da eine Absprache mit DeSantis in Florida?


Quote
2.Juni

Die Russen sollten konsequent sein. BOLSCHOIBALETT ohne Schwanensee. Tschaikowsky war schwul. Wenn schon, denn schon.


QuoteRobotron

" ...das Verbot von Propaganda "nicht traditioneller Werte""

Warum musste ich gerade an völkische Lebens- und Sittengesetze denken?


...
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 27, 2023, 05:33:14 PM
Quote[...] Seinen auf absehbare Zeit letzten Fernsehmoment hatte Fox-News-Moderator Tucker Carlson am vergangenen Freitag an der Seite eines Pizzalieferanten. Im Karton befand sich eine kulinarische Kombination, die jeden Food-Connaisseur mit Grauen erfüllt: Wurst und Ananas.

Carlson, ein Freund der Grenzüberschreitung, lachte: ,,Ich kenne keine Scham." Auch politisch ist der Journalist schon länger ein acquired taste, wie man im englischsprachigen Raum euphemistisch gewöhnungsbedürftige Verhaltensauffälligkeiten nennt.

Carlson hat sich im Verlauf von knapp 15 Jahren von einem liberalen Kommentator zu einem der verbissensten Kulturkämpfer der amerikanischen Rechten gewandelt. Sein Gruß ins Wochenende endete am Freitag mit den Worten: ,,Wir sind Montag zurück!" Dazu ist es nicht mehr gekommen.

Am Montag meldete der zum Medienimperium von Rupert Murdoch gehörende Sender, dass sich die Wege von Tucker Carlson und Fox News mit sofortiger Wirkung und ,,in gegenseitigem Einvernehmen" trennen.

Es war das überraschende Ende einer lukrativen Partnerschaft. Carlsons Show gehörte zu den erfolgreichen Primetime-Formaten, mit denen Fox News allabendlich direkt in die Wohnzimmer der treuesten Trump-Anhänger sendet.

Der Exitus der politischen Talkshow ,,Tucker Carlson Tonight" markiert vermutlich keinen politischen Paradigmenwechsel. Er zeigt aber, dass der Nachrichtensender künftig eine moderatere politische Linie einzuschlagen gedenkt.

Zuletzt war Tucker Carlson das bekannteste Gesicht und die lauteste Stimme von Fox News – und das immer öfter zum Nachteil des Senders.

Seit dem Sturm von Anhängern Donald Trumps auf das Kapitol in Washington am 6. Januar 2021 und der Niederlage in den Zwischenwahlen im November haben sich die Hosts der Primetime-Talkshows in immer absurderen ,,Kulturkämpfen" verrannt: über Wokeness, Polizeigewalt, Rassismus, Geschlechteridentität. Und waren auch maßgeblich verantwortlich für die Verbreitung der ,,großen Lüge", dass Joe Biden nur durch einen systematischen Wahlbetrug vor drei Jahren die Präsidentschaft gewann.

Die Abberufung von Carlson eine knappe Woche nach der außergerichtlichen Einigung zwischen Fox News und dem Wahlsoftware-Hersteller Dominion, die eine Schadensersatzforderung von 1,6 Milliarden Dollar auf 787 Millionen Dollar reduzierte, ist natürlich kein Zufall. Carlson war am Ende weder politisch noch finanziell noch tragfähig.

Zumal der Prozess gegen Fox News eben auch einen Haufen interner Emails zutage gefördert hatte, in denen klar wurde, dass die Trump-freundliche Polemik von Carlson, Sean Hannity, Laura Ingraham, Jeanine Pirro und Maria Bartiromo nur Polit-Theater für die Einschaltquoten sind. Innerlich hatten sich Rupert Murdoch und sein Sender längst von Trump distanziert.

Dass der lange aussichtsreiche republikanische Präsidentschaftskandidat Ron DeSantis in den Umfragen derzeit noch über zwanzig Prozentpunkte hinter Donald Trump liegt, macht den Medienwahlkampf bis zu den Vorwahlen im Februar 2024 wieder interessant.

Auch DeSantis positioniert sich als Kulturkämpfer, der sich unter anderem mit dem ,,woken" Disney-Konzern, dem größten Arbeitergeber in seinem Bundesstaat Florida, anlegt. Wahlkampf ist in den USA seit Donald Trump ein unglaublicher Medienzirkus. Schon 2017 gab CNN-Chef Tony Maddox zu, die Wahl von Trump sei ,,gut für das Geschäft" gewesen.

Dem Konkurrenten Fox News sind Donald Trump und seine Folgen nun hingegen teuer zu stehen gekommen. Ein nicht zu unterschätzender Kollateralschaden ist die Spaltung der amerikanischen Gesellschaft in Trump-Anhänger und Trump-Hasser. Beziehungsweise: zwischen den überwiegend demokratisch wählenden, dicht besiedelten Metropolen und der überwiegend republikanisch wählenden Vorstadt- und Landbevölkerung.

Die Aufhebung des demokratischen Grundgedankens der Überparteilichkeit geht zwar auf den Republikaner Newt Gingrich zurück, der bis 1999 Sprecher des Repräsentantenhauses war. Aber erst Donald Trump und Mitch McConnell zementierten die politischen Fronten.

Die amerikanischen Nachrichtensender haben diese Entwicklung begleitet und gefördert. Heute stehen sich CNN und MSNBC im liberalen Lager und im rechten Spektrum Fox News sowie obskure Sender wie Newsmax und One America News Network (OANN) unversöhnlich gegenüber.

Insofern ist vielleicht nicht ganz unmaßgeblich, dass mehr oder weniger zeitgleich mit der Entlassung von Tucker Carlson auch CNN die Trennung von seinem Moderator Don Lemon nach 17 gemeinsamen Jahren bekanntgab.

Lemon gehörte im CNN-Stall zu den polemischsten Kritikern von Trump. Die Gründe für seine Entlassung waren aber, gemessen an den verbalen Fehltritten, die täglich auf Fox News zu hören sind, vergleichsweise harmlos.

Lemon hatte in einer Sendung eine abfällige Bemerkung über das Alter der Trump-Herausforderin Nikki Haley gemacht. Man bedenke: Viele Republikaner wählten 2016 Donald Trump trotz sexistischer Bemerkungen zum Präsidenten.

Auch wenn die beiden Fälle nicht vergleichbar sind, werfen die Entlassungen ein Licht auf den gegenwärtigen Zustand der politischen Diskurse in den Nachrichtensendern. Die Personalien könnten ein Indikator für atmosphärische Veränderungen in der Medienlandschaft sein. 2017 hatte sich Fox News noch von seinem Motto ,,Fair and Balanced" verabschiedet.

Die Entlassung von Carlson bedeutet nun nicht, dass der Sender zu einer ausgewogenen Berichterstattung zurückkehrt; allein schon deswegen nicht, um mit dem Weggang von Carlson nicht auch noch dessen radikalisierte Zuschauerschaft an die Konkurrenz von Newsmax und OANN zu verlieren. Bereits im Laufe des Montags trendete unter Carlson-Fans der Hashtag ,,Done with Fox" (Schluss mit Fox) auf Twitter.

Doch eine Mäßigung des blindwütigen Konfrontationskurses der Fox-News-Moderator:innen könnte fortsetzen, was der Dominion-Prozess bereits angestoßen hat. Nämlich die Einsicht bei Rupert Murdoch und Sohn Lachlan, die lange Zeit gut an den Kontroversen verdienten, dass die Meinungen am radikalen rechten Spektrum langfristig nicht gut fürs Geschäft sind. (Zumal man mit Ron DiSantis bereits über ein geeignetes Zugpferd für die Trump-Nachfolge verfügt.)

Konkurrent CNN hatte bereits im vergangenen Sommer erklärt, dass der Senderkonzern vom Meinungsjournalismus der Trump-Jahre zur politischen Unparteilichkeit zurückkehren wolle. Lemon könnte in dieser Strategie möglicherweise nur ein Bauernopfer sein.

CNN-Chef Chris Licht begründete den Richtungswechsel im Sommer damit, dass man wieder demokratische und republikanische Wähler erreichen wolle. Sollte sich die Politik der Grand Old Party weiter radikalisieren, wäre das zumindest ein kluger Schachzug, um die wachsende Zahl von Trump-kritischen Republikanern für CNN zu gewinnen.

Vor dem Hintergrund solcher Nachrichten wirken die aktuellen Enthüllungen um Springer-CEO Matthias Döpfner fast possierlich. Das hängt aber auch damit zusammen, dass die US-Medien in der jüngeren Vergangenheit selbst zu offen politischen Akteuren geworden sind.

In Deutschland ist politische Medienmacht stärker verwaltungstechnisch verankert. Was im Umkehrschluss dazu führte, dass in den USA Journalist:innen (und die zahlreichen ,,Polit-Experten" in den Talkshows) zu regelrechten Popstars werden konnten.

Auch die Personalie Tucker Carlson, der nun das journalistische Alleinstellungsmerkmal besitzt, von CNN, MSNBC und Fox News gefeuert worden zu sein, ist nur ein Mosaiksteinchen in den aktuellen medialen Verwerfungen. Seine weitere Karriere könnte, analog zu einem Julian Reichelt, dem früheren ,,Bild"-Chef, weiter an den rechten Rand der amerikanischen Publizistik (und damit in die Bedeutungslosigkeit) führen. Entscheidend für den künftigen Kurs von Fox News ist ohnehin das politische Profil seiner Nachfolge.

Die Trump-Anhänger hat Fox News mit der Entscheidung vom Montag endgültig verloren. Spannender dürfte es werden zu sehen, wie das Murdoch-Imperium dieses gewaltige Vakuum nun wieder füllt.


Aus: "Kulturkampf in den US-Medien: Tucker Carlson ist nicht das Problem, sondern ein Symptom" Andreas Busche (27.04.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/kultur/kulturkampf-in-us-medien-tucker-carlson-ist-ein-symptom-nicht-das-problem-9715697.html (https://www.tagesspiegel.de/kultur/kulturkampf-in-us-medien-tucker-carlson-ist-ein-symptom-nicht-das-problem-9715697.html)

QuoteMcSchreck
26.04.23 11:35

@Charybdis66 am 26.04.23 10:23
Pizza Hawaii ist aber mit Schinken und Ananas - Wurst finde ich noch eine Spur krasser. Aber es gibt teilweise noch schlimmere Varianten, etwa mit Currywurst, Gryros und so weiter.....


Quoteimmerzu
26.04.23 10:35

Was mich am traurigsten stimmt, ist, dass es um demokratische Prozesse und inhaltliche Auseinandersetzungen in und mit der Presse überhaupt nicht mehr zu gehen scheint, sondern um Geld und Hass.  ...


...
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on April 30, 2023, 11:04:37 AM
Quote[...] ,,Manta Manta – Zwoter Teil" verzeichnet trotz verheerender Kritiken bereits über eine Million Zuschauer. ... Zwar ist bisher nicht bewiesen, dass Til Schweiger sich tatsächlich etwas hat zuschulden kommen lassen. Aber die über 50 Personen, von denen in der ,,Spiegel"-Recherche die Rede ist, deuten darauf hin. ...

Aus: "Vorwürfe gegen Til Schweiger: Hat die Filmbranche nichts gelernt?" Andreas Busche (29.04.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/kultur/vorwurfe-gegen-til-schweiger-hat-die-filmbranche-nichts-gelernt-9742802.html (https://www.tagesspiegel.de/kultur/vorwurfe-gegen-til-schweiger-hat-die-filmbranche-nichts-gelernt-9742802.html)

QuotePK.Em
29.04.23 19:59

"Taugt Schweiger noch zum gesellschaftlichen Vorbild?"

Ich glaube nicht, dass er jemals eines sein wollte.


QuotePeterHaber
29.04.23 19:25

    Taugt Schweiger noch zum gesellschaftlichen Vorbild?

Schweiger... gesesellschaftliches Vorbild? Hääää.... gehts nocht? Wann soll er denn das jemals gewesen sein?

    ,,Manta Manta – Zwoter Teil" verzeichnet trotz verheerender Kritiken bereits über eine Million Zuschauer

Quantität hat ja auch nichts mit Qualität zu tun. Wenn das so wäre, müsste die BILD, die beste Zeitung in D sein, weil meistgelesen.


Quote2010ff
29.04.23 20:22

Ich finde gut, dass dieser Punkt auftaucht:

    Taugt Schweiger noch zum gesellschaftlichen Vorbild?

Er macht deutlich, was für ein grandioses "Fehldenken" hier - scheinbar unbewusst - stattfindet.

Was hat es denn mit einer gesellschaftlichen Vorbildfunktion zu tun, wenn jemand ein erfolgreicher Geschäftsmann ist? In diesem Fall ist das Geschäft des Herrn Schweiger die Schauspielerei, das Produzieren von gemochten Filmen.

Es ist ja in Ordnung, wenn ein Schweiger Filme macht, die von vielen gerne gesehen werden. Oder ein - ich wähle bewusst diese Vergleiche - ob ein Mario Barth seine Quatsch-Auftritte erfolgreich gestaltet. Auch Heino fand sein Publikum. Oder Roy Black.

Alles bis hier nicht zu beanstanden. Aber an keiner Stelle geht es hier darum, etwas qualitativ zu bewerten. Es geht nur darum, dass es gefällt, was diese Protagonisten herstellen.

Ist der Unterschied so schwer zu erkennen?

Wenn der Chirurg meisterhaft die neue Herzklappe einsetzt - das ist Qualität. Das lässt sich loben. Oder der Rettungsanitäter, der durch seinen kompetenten Einsatz dafür sorgt, dass der Herzanfallpatient gut vorbereitet in die Klinik kommt und eine adäquate Sofortbehandlung erhält. Das ist doch alles nicht schwer zu unterscheiden. Unsere Gesellschaft ist an vielen Stellen vollkommen verblendet, unfähig, tatsächlich wichtig von unwichtig zu unterscheiden.


QuoteKaiserVonChina
29.04.23 19:44
@PeterHaber am 29.04.23 19:25

Würde mich nicht wundern, wenn demnächst jemand Dieter Bohlen als gesellschaftliches Vorbild bezeichnet - Den kennen schließlich alle!


Quoteklauschristiankoch
29.04.23 20:07
@KaiserVonChina am 29.04.23 19:44

Wenn es um erfolgreiche Musik oder "Geld scheffeln" geht ist Dieter Bohlen sicher ein Vorbild.


QuoteZehlendorfer
29.04.23 22:11
@klauschristiankoch am 29.04.23 20:07

Sie hätten Musik besser auch in Anführungszeichen gesetzt.


QuoteReturntosender
29.04.23 22:23
@Werauch_Immer am 29.04.23 19:21

    Wer taugt denn zum gesellschaftlichen Vorbild?

Ich glaube, dass ist die falsche Frage. ...




QuoteMcSchreck
29.04.23 21:01
@2010ff am 29.04.23 20:22

Danke einmal mehr. Man hat den Eindruck, in Deutschland gibt es nur noch ein Kriterium, das ist moralische Unangreifbarkeit. Alles andere ist für Teile des Journalismus uninteressant.
Nur wird es vermutlich niemanden geben, der tatsächlich so moralisch ist, das man nichts finden könnte. Was natürlich diesem Teil des Journalismus auch Macht verleiht.


QuoteruralBliss
29.04.23 21:34

Das kennt man ja schon vom Opa: "Er war halt Alkoholiker. Aber er war trotzdem kein böser Mensch."


QuoteAssyriana
29.04.23 21:42

Wenn man sich anschaut, was gerade bei Axel Springer los war, dann ist die Filmbranche in D. nicht die einzige, in der einiges schief läuft!
Miese Umgangsformen sind ja leider in D. keine Seltenheit.

Ehrlich gesagt, muss die ganze Nation in die Benimmschule- die wenigen Ausnahmen bestätigen die nur.


...
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 02, 2023, 04:51:49 PM
Quoteshantivanille
02.05.2023, 13:11

Einfach mal schauen, was da wirklich passiert ist:

https://twitter.com/ebonyplusirony/status/1652050557295644673 (https://twitter.com/ebonyplusirony/status/1652050557295644673)

https://twitter.com/Bibliothomas/status/1652047771073912859?s=20 (https://twitter.com/Bibliothomas/status/1652047771073912859?s=20)


QuoteAtaraxia

Ich fand die SWR-Sendung unten gut (über sein Gebrauch des N-Wortes vor einem Jahr), weil sie das Thema sensibel mit Tübingern diskutiert. Man muss Bertolt Brecht verstehen, der aus dem Schwarzwald weggelaufen ist. Eigentlich mochte ich früher mal Palmer, weil er ein paar Sachen umgesetzt hat.

Aber Selbstironie und Bescheidenheit fehlen da ziemlich. Andererseits hat der Hass einiger 150prozentig politisch Korrekter auch deren Gesichter verzerrt. Es scheint ihnen Lustgewinn zu bringen, jemanden abzustempeln. Anstatt freundlich auf ihn einzuwirken. Andererseits war Boris wohl ziemlich stur und arrogant. O tempore, o mores.

Rassismus-Vorwurf an Boris Palmer | SWR Zur Sache! Baden-Württemberg (22.05.2021)
Vor-Ort-Reporter Sebastian Schley rekonstruiert den "Fall Palmer" und fragt nach. Was genau hat der Tübinger Oberbürgermeister gesagt? Und warum?
https://youtu.be/Olieb2EZPXg (https://youtu.be/Olieb2EZPXg)


QuoteIch1000

Ich habe mir das Video angeschaut wo Demonstranten ihn niedergeschrien haben. Es war unsäglich ich habe da einen unheimliche Wut auf diese Demonstranten bekommen. Ich kann seine Reaktion sogar verstehen aber es hätte ihm nicht passieren dürfen sich zu solchen Äußerungen hinreißen zu lassen. Aber im Kern hat er recht. Die Diskussionskultur in Deutschland ist wirklich unter aller Kanone. Und es wird in vielen Medien falsch dargestellt. Habe mir bewußt das Video rausgesucht da ich ohne es gesehen zu haben mir keine Meinung bilden wollte. Was aber die meisten tuen. Und wenn er darüber redet ob man bei Kinderbüchern von Lindgren die Bezeichnung "Negerkönig" durch "Südeseekönig" ersetzen sollte, soll er dann N-König sagen? Das hat er ja auch so erläutert und da muß ich ihm recht geben. ...


QuoteBenedikt Bräutigam

Ich habe überhaupt nicht den Eindruck, dass Palmer irgendetwas einsieht. Er macht auf verfolgte Unschuld und begründet seinen Rückzug mit der Belastung die sein Umfeld durch die Reaktionen auf seine Aussagen hinnehmen muss. Er findet die Reaktionen übertrieben, nicht sich selber. Selbst sein jetziges Hinwerfen ist pampig und zutiefst unbescheiden.


QuoteVincent Braun

Unhaltbar ist der Holocaust-Vergleich. Palmer als Nazi zu beschimpfen auch. Und mit der Sprachdiktatur hat er halt einfach recht.


QuoteIngo Bernable

@Vincent Braun "sprachdiktatur"

Nun, dann wünsche ich ihnen, dass man sie wegen dieses Kommentars nicht abholt und verschwinden lässt. ...


https://taz.de/Ruecktritt-von-Boris-Palmer/!5931398/ (https://taz.de/Ruecktritt-von-Boris-Palmer/!5931398/)

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Quote[...] Frankfurt – An der Frankfurter Goethe-Universität sollte eine wichtige Frage diskutiert werden: Wie steuert man Migration, wie gestaltet man Pluralität, welche Herausforderungen gibt es, auf welche Konzepte kann man zurückgreifen? Doch alles kam ganz anders, als es sich die Veranstalter gedacht hatten. Trotz der bereits im Vorfeld geäußerten Kritik an der Zusammensetzung der Konferenz – man unterstellte etwa dem Soziologen Ruud Koopmans fälschlicherweise eine anti-muslimische Haltung – hoffte man auf den zwanglosen Zwang des besseren Arguments in einem möglichst herrschaftsfreien Diskurs.

Was vom Tage übrig blieb? Eine aus dem Ruder gelaufene Konferenz, bei der der Moderator nicht weitermachen will, eine gigantische mediale Wirkung, die sich nicht dem Thema der Migration, sondern der Verwendung des N-Wortes widmet und ein wieder mal in den Fokus geratener Oberbürgermeister aus dem beschaulichen Tübingen.

Diese Schieflage ist einer Person geschuldet: Boris Palmer, der sich nicht allein durch seine bisherigen Auftritte das Prädikat des Provokateurs verdient hatte, sondern auch als jemand, dem von einigen Seiten rassistische Tendenzen nachgesagt werden.

Der Anlass der Eskalation ist nunmehr bekannt, die FR berichtete in der Zeitung und im Internet ausführlich darüber. Palmer trifft auf Demonstranten vor der Goethe-Universität, die ihn mit seinem Verständnis des Gebrauchs des N-Wortes konfrontieren. Für den Provokateur eine Steilvorlage. Er lässt sich nicht lange bitten und benutzt das Wort, auch als ein Mann mit schwarzer Haut ihm das Mikrofon unter die Nase hält, quasi um zu prüfen, ob er, Palmer, sich auch das traut. Palmer gebraucht das Wort erneut, die Menge johlt und schäumt. Sie skandiert: Nazis raus! Palmer macht mit, klatscht wie die anderen rhythmisch dazu, ruft wie die anderen: Nazis raus. Denn dafür sei er ja auch. Er würde sich nur nicht gerne diffamieren lassen, nur weil er ein umstrittenes Wort gebrauche. Als Referenzgröße, einzig durch ein Merkmal als Mensch definiert zu werden, zog er den Vergleich zum Judenstern heran, womit er sich anschließend den Vorwurf der Holocaust-Relativierung einhandelte. Sein Anwalt Rezzo Schlauch entzog ihm daraufhin die Freundschaft und auch die Bereitschaft, Palmer in Zukunft juristisch zu verteidigen – wegen der historischen Parallele zum Judenstern als Symbol der Judenverfolgung in Nazi-Deutschland. ,,Da gibt es nichts mehr zu erklären, zu verteidigen oder zu entschuldigen", so Schlauch in einem Bericht des ,,Spiegel".

Palmer hatte die Demonstranten darauf hingewiesen, dass eine Debatte über das N-Wort in literarischen Texten anders geführt werden müsse, als im Falle des Gebrauchs des Wortes durch einen Neonazis, der schwarze Menschen damit diffamiere. Dabei gebrauchte Palmer das Wort selbst immer wieder. Er verwies darauf, dass es sich hier um einen reinen Sprechakt handele und er daher nicht als Nazi anzusehen sei. Was er dabei vergaß, war, dass Sprechen eben auch Handeln ist, und er einen Begriff verwendete, der sich gegen Menschen richtet und gerichtet hatte, um diese in ihrem Menschsein maximal zu diffamieren. ,,Worte sind Taten", sagte schon der Sprachphilosoph Ludwig Wittgenstein. Besonders daran hätte Palmer sich bei seiner Anlehnung an Sprechakte erinnern sollen.

Offenbar hofft der Tübinger OB darauf, mit solchen Äußerungen auf Beifall im Publikum zu stoßen. Und tatsächlich hat sich in der Debatte um den Gebrauch der Vermeidung von N-Wörtern eine Art Verteidigungsbereitschaft von den als solchen bezeichneten Bewahrern literarischer Werke herausgebildet. Auf der einen Seite die Woken, die die Literatur auf dem Irrweg sehen, wenn darin rassistische, sexistische oder kolonialistische Narrative zu entdecken sind. Auf der anderen Seite die Bewahrer, nicht selten als alte weiße Männer diffamiert, die sich um die literarische Überlieferung sorgen. Sie wollen eben nicht, dass in Pippi Langstrumpf der N-König nun ein andere Bezeichnung erhält, mit der andere Menschen sich nicht angegriffen fühlen müssen.

Der Kölner Literaturwissenschaftler Adrian Daub erkennt ,,inzwischen eine eine internationale moralische Panik über junge Aktivist:innen und ihr Gebaren, in einem Moment, an dem sich ganz andere Kräfte anschicken, die Fragmentierung der westlichen liberalen Demokratien weiter voranzutreiben". Diese Panik scheint dafür verantwortlich zu sein, dass Palmer in bestimmten Kreisen – und damit sind nicht etwa Rechtsextreme gemeint – für seine Äußerungen auf Applaus hoffen darf. Eines der Grundprobleme besteht in der nicht genügend durchdrungenen Fragestellung, warum man das N-Wort einfach als aufgeklärter Bürger oder aufgeklärte Bürgerin meiden sollte. Hierfür ist der Wechsel der Perspektive unerlässlich, weg von der Frage der persönlichen Freiheit in Rede und Antwort, hin zu den Menschen, auf die dieser Begriff in diskriminierender Absicht abzielt.

Man muss nur der Preisträgerin des Deutschen Buchhandels Tsitsi Dangarembga zuhören wollen, um es förmlich greifen zu können, worum es geht: ,,Während ich die Erwachsenen um mich herum beobachtete, entwickelte ich intuitiv die Idee, dass Worte Macht waren. Ich wurde also in diese grausame Gesellschaft geboren, die mich im Wesentlichen als mangelhaftes Wesen konstruierte, als jemanden, der erst ein vollständiger Mensch werden müsse, aber da er einen schwarzen Körper habe, diesen Status nie erreichen werde. In dieser Situation wuchs ich auf." Es seien diese Bösartigkeiten, ihre Grundlagen und ihre Wirkung auf ihr Leben und das Leben anderer Menschen mit schwarzem Körper, warum sie ihren letzten Essay ,,Schwarz und Frau" verfasst habe. Sie erzählt darin, dass europäische Händler die versklavten dunkelhäutigen Afrikaner routinemäßig als ,,menschliches Vieh", bezeichneten.

Im Westen wird der Begriff der Würde des Menschen stets hochgehalten. Er steht im Grundgesetzt an aller erster Stelle der Grundrechte. Doch wie steht es mit der Würde all jener, die durch das N-Wort diffamiert werden? Ist da die Freiheit des Einzelnen plötzlich höher einzuschätzen? Ein Gespenst geht um in den Medien, das Gespenst der Cancel Culture, heißt es in den letzten Jahren immer häufiger, und die Reaktionen werden immer gereizter.

Einen guten Überblick über die Debatte gibt der im Hanser-Verlag erschienene Band ,,Canceln. Ein notwendiger Streit". Die Beiträge der Autoren sind facettenreich und gut durchdacht. Man hört interessiert dem Zeit-Feuilletonisten Ijoma Mangold zu, der sagt: Die identitätspolitische Orthodoxie hat sich zu Tode gesiegt. Man käme eben nicht mehr mit der ,,Mit der Alles Nazi außer icke"-Haltung durch. Wer recht und unrecht in den Fragen habe, lasse sich wohlmöglich erst in ein oder zwei Jahrzehnten klären, wenn die Emotionen nicht mehr so stark hineinspielten.

Literaturwissenschaftler verweisen darauf, dass vor allem solche Texte zu Problemfällen werden, von denen man erwartet, dass sie auch in kommenden Generationen zu Bildungserlebnissen werden. Es gehe um Autoren, auf die man Wert legt und nicht solche, die von Forschern hinter den Türen von Seminaren durchgeackert werden. Es heißt, das Zumutbare und Unzumutbare müsse in der Wissenschaft Platz haben, Forschung müsse ein Ort der Freiheit bleiben. Nicht schwierig scheint es zu sein, wenn Heinrich von Kleist von Menschen erzählt, die Rassenvorurteile haben, aber nirgends ihre Haltung billigt? Wie in der ,,Verlobung in St. Domingo".

Aber wie sieht es bei Jim Knopf aus? Ist das Buch von Michael Ende bereits rassistisch? Über die Kontroverse hierzu kann man auf der Homepage des Thielemann-Verlages einiges nachlesen. Ein Autor sei nun einmal im Sprachgebrauch ein Kinder seiner Zeit. Aber müssen dann alle Kinder künftiger Generationen eben auch mit der Sprache von dessen Zeit aufwachsen? Bei Ende findet sich auch die Verwendung des N-Wortes durch die Lummerländer, als sie das Paket öffnen und ein schwarzes Baby darin erkennen.

Oder es gibt die Passage bei Jim Knopf, wo die kluge und fleißige Li, die für die ostasiatischen Menschen steht, auf Lukas trifft, der als eher faul dargestellt wird und damit das Klischee vom der faulen schwarzen Menschen bedient. Merkmale, die Stücke verdächtig machen.

Seit geraumer Zeit wird aufgeräumt und sauber gemacht, so sagt es der Philosoph Konrad Paul Liessmann. ,,Man möchte die Menschen vor schlimmen Gedanken und bösen Bildern bewahren." Doch wo die Grenzen verlaufen, ist eine offene Frage, die in einem Diskurs geklärt werden muss. Und der sollte idealerweise herrschaftsfrei verlaufen und dem besseren Argument den Vortritt lassen und nicht den durch Provokationen ausgelösten Emotionen. Boris Palmer hat in dieser Hinsicht dieser Debatte gleich mehrfach Schaden zugefügt.

Inzwischen hat Palmer mitgeteilt, dass er seine Aussagen bereue, insbesondere der Judenstern-Vergleich sei ,,falsch und völlig unangemessen" gewesen. In Folge des Eklats will sich der Tübinger Oberbürgermeister eine berufliche Auszeit nehmen, professionelle Hilfe konsultieren und seine Partei Die Grünen verlassen.


Aus: "Boris Palmer in Frankfurt: Ein hoffnungsloser Fall" Michael Hesse (01.05.2023)
Quelle: https://www.fr.de/kultur/gesellschaft/boris-palmer-frankfurt-eklat-nwort-juden-rassismus-antisemitismus-holocaust-relativierung-92246353.html (https://www.fr.de/kultur/gesellschaft/boris-palmer-frankfurt-eklat-nwort-juden-rassismus-antisemitismus-holocaust-relativierung-92246353.html)

QuoteFriedensreich

... Die Diktatur der Wohlmeinenden ist für mich viel gefährlicher als jedes N-Wort. ...


QuoteWillauchmalmitreden

Das heuchlerische Erstaunen der verantwortlichen Wissenschaftler erstaunt am meisten. Sie haben einen billigen medialen Aufnerksamkeitseffekt angezielt und einen bekannten aufmerksamkeitssüchtigen Egomanen zu einer "kontroversen Debatte" eingeladen. Und Palmer hat prompt "geliefert". Was solche absichtsvoll inszenierten Empörungskreisel noch mit wissenschaftlicher Seriosität zu tun haben sollen, begreife ich nicht.


Quotebisneulich

"...man unterstellte etwa dem Soziologen Ruud Koopmans fälschlicherweise eine anti-muslimische Haltung –..."

Auch im Lager der (angeblich) politisch Korrekten gehören Unterstellungen mitterweile zum Kanon der Auseinandersetzung. ...


QuoteAvatar

Ein Tiefpunkt der Debattenkultur ist das in der Tat. Ein falsches Wort und du wirst zum Geächteten. Wer du bist, was du glaubst, plötzlich alles egal, du hast das falsche Wort gesagt, also bist du ein Nazi. Konnte diese Heuchelei in der Politik noch nie leiden, aber das ist wirklich ein neuer Tiefpunkt.


QuoteTimi Minando

Sie haben die Diskussion nicht verstanden, es geht nicht, um die Verwendung des Wortes. Es geht um seine Einstellung dazu. Sie können zum Beispiel als Politiker auch nicht sagen: ,,Migranten sind dumme Menschen" und sich danach damit rausreden, dass sie im Durchschnitt eine schlechtere Bildung genossen haben. Es geht nicht, um das Wort, sondern darum, dass man nicht versteht, dass es andere Menschen beleidigt oder verletzt. Die typische Ausrede ,,So meine ich das ja nicht" zeigt auch wieder nur, dass man nicht versteht, dass es nicht darum geht, was im eigenen Kopf vorgeht, sondern was im Kopf der anderen vorgeht. Nennt sich auch Empathie.


QuoteAvatar
-> Minando Timi

Also ist der Palmer gar kein Nazi, sondern nur doof? Auch ne Erklärung. ...


QuoteMartin Cichy

Der Tiefpunkt der Debattenkultur liegt nicht bloß in den teilweise fragwürdigen Vokabeln von Herrn Palmer, sondern mindestens ebenso im reflexartigen Reagieren auf Einzelbegriffe ohne Kontextsetzung. Bezeichnend wie wohlfeil, dass sich alle in ihrer jeweils eigenen Opferrolle gefallen.


...

-

https://www.zeit.de/politik/deutschland/2023-05/boris-palmer-tritt-bei-den-gruenen-aus (https://www.zeit.de/politik/deutschland/2023-05/boris-palmer-tritt-bei-den-gruenen-aus)

Quote
Richard Würfel

Ein düsterer Tag für die hiesige Debattenkultur. Und zwar in mehrfacher Hinsicht. Nun hat er so oft Jehova gesagt, dass er gesteinigt wird. ...


Quoteklausrey

Man kann auch seine Reputation durch Einges Handeln und Fehlern selbst zerstören. Und nichts anderes hat Herr Palmer getan.


QuoteInstitut für Bekleidungskultur


Aus der Stellungnahme Boris Palmers, wie sie im Schwäbischen Tagblatt ungekürzt wiedergegeben wird:

"... Aus einer großen übermächtigen Gruppe als Nazi bezeichnet zu werden, hat tief in mir sitzende Erinnerungen wach gerufen.

An den Besuch des von Neo-Nazis geschändeten Friedhofs mit den Gräbern meiner Vorfahren. An meinen Vater, der mit dem Judenstern auf der Brust gegen Unrecht demonstrierte. An die Gruppe Jugendlicher, die mir als Junge Schläge androhten und riefen, man habe nur vergessen, meinen Vater zu vergasen.

Als Mensch musste ich mich wehren, um das alles irgendwie ertragen zu können. Als Politiker und Oberbürgermeister hätte ich niemals so reden dürfen.

Die Erwähnung des Judensterns war falsch und völlig unangemessen. Niemals würde ich den Holocaust relativieren, wie kritisiert wurde.

Dass dieser Eindruck ohne Kenntnis der Hintergründe entstehen konnte, obwohl auch in meiner eigenen Familie die Zeit des Nationalsozialismus ihre Spuren hinterlassen hat, tut mir unsagbar leid.

Da ich weiterhin Angriffen ausgesetzt sein werde, die ich als grob ungerecht empfinde, kann ich nur versuchen, mich selbst zu ändern. ...

Entschuldigen möchte ich mich bei den Menschen, die ich enttäuscht habe, vor allem bei den Wählerinnen und Wählern, die mir ihr Vertrauen für eine ganz andere Aufgabe geschenkt haben. Dieser gerecht zu werden, steht über allem anderen. ..."

https://www.tagblatt.de/Nachrichten/Palmer-zieht-Konsequenzen-Abstinenz-und-professionelle-Hilfe-586533.html (https://www.tagblatt.de/Nachrichten/Palmer-zieht-Konsequenzen-Abstinenz-und-professionelle-Hilfe-586533.html)


Quote
Hoek

Mein Gott, ein peinliches Statement für einen Selbstdarsteller, der sich permanent missverstanden fühlt und ständig als das eigentliche Opfer versucht zu etablieren.


QuoteDundoril

Allein diese Stelle hier.

"Die Erwähnung des Judensterns war falsch und völlig unangemessen. Niemals würde ich den Holocaust relativieren, wie kritisiert wurde"

Was redet er hier? Natürlich hat er dabei den Holocaust relativiert. Das er Holocaust relativiering nicht gut findet ändert nichts daran dass er es getan hat.


Quote
Institut für Bekleidungskultur
Antwort auf @Dundoril

Aha. Sie brechen den Stab, komme, was wolle.


Quoteg
gorgo

Schreibt endlich mal jemand, wie sich schwarze Leute gefühlt haben, quer Frauen, Juden... wenn sie Palmers dauernde Ausfälle lesen mussten?? ... Spielt noch immer das Aufmerkdamkeitsspiel. Und alle spielen mit. Wieder und wieder wird Palmer gehypt - warum kommen nicht mal die Betroffenen zu Wort?!


QuoteVeganes Hack

"Dass der Eindruck entstanden sei, er würde den Holocaust relativieren, tue ihm "unsagbar leid"."

Ein wenig Textexegese: auch hier wieder die mittlerweile uebliche Nonsens-Entschuldigung "fuer einen Endruck, der entstanden" sei.
Kann denn niemand mehr klar zu seinem Unsinn stehen, statt das Problem immer auf die zu schieben, die ihm seine Sprache vorwerfen?
Nein, es ist nicht "ein Eindruck entstanden", sondern Menschen wie Palmer relativieren den Holocaust. Punkt.
Und ich unterstelle, dass Palmer rhetorisch gedchult genug ist, um zu sagen: er setzt diese Provokationen bewusst.


Quote
Antibockler

Sehe ich anders. Palmer hat schon immer streitbare Kommentare losgelassen, die waren aber alle contra Zuwanderung/Schwarze und nicht gegen Juden. Ich sehe tatsächlich auch seinen Punkt und warum er verteidigt, dass man nicht gleich ein Nazi ist, wenn man ungeordnete Zuwanderung begrenzen möchte. Wie er das verbalisiert, ist natürlich Banane. Aber Palmer als Nazi zu bezeichnen ist mir zu einfach.


Quoteberlinerin73

Und die Leute, die ihn Nazi genannt haben, haben damit keine Holocaustverharmlosung begangen?


QuoteH.E
Antwort auf @DerEwigGrüneFluss

Der Vergleich von Palmer mit Hitlers Anhängern ist ebenso Relativierung wie Palmers Vergleich der Rumbrüllerei mit der Jundenverfolgung.

Beides ist unzulässig.


QuoteBoudica

Wo Sie sich doch mit Texten so gut auskennen: können Sie mir einmal kurz erläutern, welche seiner Aussagen jetzt konkret den Holocaust verharmlost?


QuoteVeganes Hack

Antwort auf @Boudica

Nein, das ist zu einfach. Das bekommen Sie selbst hin.


Quote
Christ23

Keine Einsicht, nichts, Schuld sind natürlich alle anderen, schuld sind die Empörungswellen, nicht aber seine, immer wieder vorkommenden, rassistischen Ausfälle, sein pauschalisierender Rassismus, seine unangebrachten Wortmeldungen, seine Holocaustrelativierungen, seine immer wieder absichtliche Provokation, nein, Schuld sind natürlich die, die sich daran stören ...


Quote
shore

Ist bei Trump nicht anders.


QuoteStep-Stut

Sie finden es ok, dass man zu einer Veranstaltung eingeladen wird und man erstmal mit einer Gruppierung konfrontiert wird, die ihn als Nazi beschimpft?


Quoteshore
Antwort auf @Step-Stut

Wer sich ständig rassistisch äußert, der muss damit rechnen.


QuoteHorror-Clown

In Tübingen werden Sie ihn trotzdem wählen und ich würde ihn auch wählen.


QuoteSo gut wie Neu

Ja natürlich würden Sie das. Das ist halt Deutschland. Ein Rassist und Holocaust Relativierer muss nur was von "war nicht so gemeint" und "meine Vorfahren waren jüdischer Abstammung (wahlweise "ganz viele ausländische Freunde" ) murmeln und schon ist er das mit Absicht falsch verstandene Opfer. Und diejenigen die zurecht auf die rassistischen Aussagen verweisen, sind dann die Täter. Ind diese "Entschuldigung" von Palmer ändert rein gar nichts an seiner Einstellung, die wird bleiben. Dafür hat er schon genug "Einzelfälle" produziert.


Quote
Miezekatze21

Und Palmer schrieb weiter..." Als Nazi bezeichnet zu werdem, hätte tief sitzende Erinnerungem wach gerufen, etwa an seinen Vater, der mit dem Judenstern an der Brust gegen Unrecht demonstriet hat."

Selbst der Spiegel gibt das vollständig so wieder. Warum lässt ZON diesen Teil weg?


Quoteastra

Entfernt. Bitte bleiben Sie beim Thema. Danke, die Redaktion/CF


Quote
berlinerin73

Entfernt. Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen. Danke, die Redaktion/CF


QuoteW
Richard Würfel

Entfernt. Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen. Danke, die Redaktion/CF


QuoteAmicus philosophiae
Antwort auf @Richard Würfel

Der Kommentar, auf den Sie Bezug nehmen, wurde bereits entfernt.


Quote
cornus

Antwort auf @Amicus philosophiae

Der Kommentar, auf den Sie Bezug nehmen, wurde bereits entfernt.


Quote
Nerissa

Vielleicht sollte man der Vollständigkeit halber erwähnen, dass sein Vater Helmut Palmer selbst alles andere als zimperlich in der Verwendung des Nazi - Vorwurfs war.

Die Haftstrafen bekam er wegen zahlreicher Beleidigungen, der Judenstern war für einen Haftantritt selbst aufs Hemd genäht worden. Aufschrift "Halbjude, vergessen zu vergasen?"

Den Richter begrüßte er mit Hitlergruss, dem Pflichtverteidiger schüttete er Wasser und Gesicht, Geldstrafen zahlte er nicht. Finde ich auch ein kleines bisschen unreflektiert, ihn nur in der Rolle des Verfolgten zu sehen.

https://www.schwaebische-post.de/ostalb/ostalbkreis/der-remstal-rebell-palmers-angriff-mit-dem-wasserglas-90292460.html (https://www.schwaebische-post.de/ostalb/ostalbkreis/der-remstal-rebell-palmers-angriff-mit-dem-wasserglas-90292460.html)


Quotevincentvision

Da provoziert ein regional populärer Grüner jahrelang und viel zu oft mit komplett antigrünen und antilinken, rassistischen Aussagen und hat jetzt endlich eine Einsicht von seinem unsäglichen Verhalten (oder beugt sich dem völlig berechtigten Druck der Öffentlichkeit) - und was passiert?

Seine Fans im rechten Lager, die in diesem Abtrünnigen immer schon eine Lichtgestalt in der für sie falschen Partei gesehen haben, haben auch dann nicht den Anstand zu erkennen, dass Palmer selber über seine Fehler stolperte.

Lieber fabulieren sie immer noch von angeblichen Sprachwächtern, von einer woken Gesinnungsdiktatur oder von eingeschränkter Meinungsfreiheit - immer Opfer, nie Selbstkritik!

Doch dieser Unsinn soll nur verschleiern, dass es völlig berechtigt ist, dass jemand, der seit Jahren Unsägliches äußert, sich mehrfach rassistisch äußert und sich über die Geschlechtsteile dunkelhäutiger Fußballer auslässt, endlich zu Fall gebracht wird!

Das war überfällig, kam dennoch viel zu spät - und das Geschrei dieser Rechtsausleger bestätigt das exakt!


Quoteastra

Entfernt. Im Interesse aller wünschen wir uns konstruktive und sachliche Diskussionen. Bitte tragen Sie ausschließlich mit konstruktiven und inhaltlich passenden Kommentaren dazu bei. Danke, die Redaktion/CF


Quote
Burts

Diese, seine rechten Fans würden Palmer sowieso nicht wählen. Trotz seiner absurden Aussagen ist Palmer eben kein durch und durch rechter (Umweltpolitik etc.).
Diese Rechten jubeln ihm zu weil er den ihnen verhassten Grünen zu schaden scheint und nicht weil sie ihn persönlich so toll finden.

Seine rassistischen Aussagen wären, wäre er AfD Politiker ja kaum jemandem aufgefallen, das ist da normaler Sprachgebrauch.
Palmer fällt nur deshalb auf weil er als angeblich Linker rechte Sprüche absondert.


QuoteBriock

Mangelnde Impulskontrolle hat schon viele Leben kaputt gemacht. ...


Quote
xvulkanx

Der Fairness halber sollte man darauf hinweisen, dass jemanden wie Palmer als Nazi zu beschimpfen, ebenfalls eine Holocaust-Relativierung war. İnsofern reagierte Palmer auf demselben unterirdischen Niveau.


Quote
fischerinvombodensee

Ein guter und pragmatischer Politiker, der die Probleme in den Kommunen kennt. Er äußert sich oft überspitzt, aber "schaut dem Volk aufs Maul". Leider zu wenig von seiner Art


QuoteWilmso

Wer wissen möchte, wie es um Rassismus in unserer Gesellschaft steht, dem genügt ein Blick in die Kommentarsektion dieses Artikels. Da wird ein Mann verteidigt, der sich wiederholt rassistisch geäußert hat und sich bei Gegenwind mit verfolgten Juden aus dem 3. Reich vergleicht.

Kannste dir nicht ausdenken.


QuoteAndreas Hansen

Dann kann die Presse jetzt ja mal endlich aufhören, sich mit dem P-Namen zu beschäftigen. Wir haben wichtigere Themen.


Quote
WeLi

Sämtliche Medien haben sich stets als dankbare und zuverlässige Abnehmer der Palmer'schen Dummheiten erwiesen und damit seinem manischen Geltungsbedürfnis noch den nötigen Treibstoff verpasst.


Quote
küchenradio

Was mich ehrlich interessiert:

Warum kommt eine Person wie Herr Palmer so gut an in Tübingen?
Wie passt das zu einer Universitätsstadt im Südwesten?


Quote
Ernst Acht

Ich kann wirklich nicht verstehen dass einige Menschen den Unterschied zwischen dem was man sagt und der Art und Weise wie man es sagt nicht begreifen wollen.

Diskurstheorie sollte Schulfach werden.


QuoteAntagonism

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QuoteL.Lamora

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QuoteKR0N0S

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QuoteAbatefetel

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Quote
Meistens habe ich Recht

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QuoteZeitleser 187

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QuoteBoNT

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...
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 04, 2023, 01:02:24 PM
Wolfgang Koeppen (* 23. Juni 1906 in Greifswald; † 15. März 1996 in München), war ein deutscher Schriftsteller. Er wurde vor allem durch seine Trilogie des Scheiterns bekannt, durch die er sich den Ruf eines bedeutenden Autors der Nachkriegsliteratur erwarb. Diese Trilogie entstand Anfang der 1950er Jahre und setzt sich aus den Romanen Tauben im Gras, Das Treibhaus und Der Tod in Rom zusammen. Anschließend veröffentlichte Koeppen nur noch spärlich und schrieb vorwiegend Reiseberichte. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Wolfgang_Koeppen (https://de.wikipedia.org/wiki/Wolfgang_Koeppen)

https://de.wikipedia.org/wiki/Trilogie_des_Scheiterns (https://de.wikipedia.org/wiki/Trilogie_des_Scheiterns)

Quote[...]  Rassismus, Literatur und Literaturvermittlung: Eine Lehrerin wehrt sich gegen Wolfgang Koeppens Roman ,,Tauben im Gras" als Abiturstoff.

Bewusstseinsstrom – ich musste kurz nachdenken, was Stream of Consciousness eigentlich auf Deutsch heißt, jene Erzähltechnik, die eng mit James Joyce' ,,Ulysses" verknüpft ist, eines der herausragenden Werke der literarischen Moderne. Es hat Schule gemacht, der Bewusstseinsstrom wurde adaptiert, abgewandelt, kopiert, weitergetrieben.

,,Frau Behrendt trank Maxwell-Coffee. Sie kaufte den Kaffee beim Juden. Beim Juden – das waren schwarzhaarige, gebrochenes Deutsch sprechende Leute, Unerwünschte, Ausländer, Hergewehte, die einen vorwurfsvoll aus dunkelschimmernden, nachtverwehten Augen ansahen, von Gas und Grabengräben wohl sprechen wollten und Hinrichtungsstätten im Morgengrauen, Gläubiger, Gerettete, die mit dem geretteten Leben nichts anderes zu beginnen wussten, als auf den Schuttplätzen der zerbombten Städte (warum mit Bomben beworfen? Mein Gott, warum geschlagen? für welche Sünde bestraft? (...)"

Weil es endlos so weiterzugehen scheint, fällt es schwer, das Zitat abzuschließen. Es stammt aus Wolfgang Koeppens 1951 erschienenen Roman ,,Tauben im Gras", dessen Handlung mutmaßlich in München angesiedelt ist, etwa um 1950.

Es waren jedoch nicht diese unschwer als judenfeindliche Stereotype zu erkennenden Sätze, die die junge Lehrerin Jasmin Blunt aus Ulm unlängst dazu bewogen haben, sich in Gestalt einer Petition gegen ,,Tauben im Gras" als Abiturstoff an baden-württembergischen Schulen einzusetzen. Vielmehr wehrt sie sich gegen das vielfach vorkommende N-Wort. Das Romanpersonal sucht sogenannte ,,Negerklubs" auf und Frau Behrendt, eine der Figuren des vielstimmigen Textes, lässt der Autor räsonieren: ,,Was brachten einem die Amerikaner? Es war schimpflich, dass Carla sich mit einem Neger verbunden hatte; es war fürchterlich, dass sie von einem Neger geschwängert war; es war ein Verbrechen, dass sie das Kind in sich töten wollte. Frau Behrendt weigerte sich, weiter darüber nachzudenken."

Jasmin Blunt hat dies unmissverständlich als Ausdruck von Unterdrückung und Entmenschlichung verstanden und den Schuldienst quittiert, um sich der rassistischen Sprache nicht weiter aussetzen zu müssen. Was man sich bewusst machen müsse bei dem Thema, wird sie vom Sender SWR zitiert, sei, dass die Sprache tatsächlich den Rassismus transportiere – und zwar in ihre Lebenswelt hinein. Das sei nicht abstrakt, sondern betreffe sie direkt. ,,Das ist ein brutaler Angriff auf meine Menschenwürde."

Ganz sicher sind derart starke Empfindungen ein Indiz für die Wirkung von Literatur. Aber folgt aus der Wucht der Emotionen einer für literarische Vermittlung zuständigen Lehrerin bildungspolitischer Handlungsbedarf? Baden-Württembergs grüne Kultusministerin Theresa Schopper weist die Vorwürfe zurück. Sie hält an der Pflichtlektüre von ,,Tauben im Gras" fest. Es gehe darum, deutlich zu machen, wie Rassismus Gesellschaften prägt: damals in den 50er Jahren, als der Roman entstanden ist, aber auch heute. ,,Das zu behandeln, finde ich sehr wichtig", so Schopper gegenüber der Südwest Presse.

Sie widerspricht damit den rund 3000 Unterzeichnerinnen und Unterzeichner einer von Jasmin Blunt initiierten Petition, die darin ihre Ansicht artikulieren, dass das Buch für den Unterricht ungeeignet sei, weil betroffene Schüler, Schülerinnen und Lehrkräfte während dessen Besprechung immer wieder rassistischer Diskriminierung ausgesetzt würden, ,,indem rassistische Begriffe, in diesem Fall das N-Wort, laut in der Unterrichtssituation vorgelesen werden". Ist die Petition bloß eine Petitesse oder steht sie für einen Paradigmenwechsel in der öffentlichen Wahrnehmung von Literatur und Kunst?

Ich bin Wolfgang Koeppen Ende der 80er Jahre begegnet, der FU-Germanist Hartmut Eggert hatte mir mit Hilfe des Berliner Literaturhauses in der Fasanenstraße einen Kontakt vermittelt. Koeppen war damals bereits über 80 Jahre alt, er trat nur noch selten in der Öffentlichkeit auf. Der Termin im Literaturhaus war eine Ausnahme. Ohnehin wurde mehr über das Schweigen des Autors gesprochen und in langen Feuilletonartikeln geschrieben.

Seit jener in kurzer Folge erschienenen Romantrilogie in den 50er Jahren, deren Auftakt ,,Tauben im Gras" bildet, hatte Koeppen nur wenig veröffentlicht. Jahrzehnte lang war von einem großen Romanprojekt die Rede, aus dem jedoch nichts wurde. Der Schriftsteller Koeppen, ein Phantom. Er lebe in einem Roman, hatte er wiederholt gesagt, was ihn daran hindere, einen anderen zu schreiben. Manche deuteten das als Ausflucht.

Zum Interview hatte Koeppen sich bereiterklärt, weil es gar nicht um sein Schreiben gehen sollte. Ich hatte um Auskunft gebeten über seinen ersten Verleger Bruno Cassirer, der Koeppens Romane ,,Eine unglückliche Liebe" und ,,Die Mauer schwankt" 1934 und 1935 herausgebracht hatte, kurz bevor er seinen Verlag aufgrund seiner jüdischen Herkunft schließen musste. ,,Die Mauer schwankt" war, wie Cassirers Cheflektor Max Tau berichtete, erst durch massiven Druck entstanden, den Cassirer auf Koeppen ausgeübt hatte. Damit der schreibgehemmte junge Autor sein bereits mit einem stattlichen Vorschuss versehenen Roman beende, hatte der Verleger ihn kurzerhand in eine Berliner Wohnung einsperren lassen, die er erst mit einem abgeschlossenen Manuskript wieder verlassen durfte.

Mir war Koeppen als reizend-schüchterner Mensch begegnet, dem es ein Anliegen war, über den in Deutschland weitgehend vergessenen Bruno Cassirer zu sprechen. Zu Beginn der 30er Jahre hatte Koeppen Cassirer auf dessen Gestüt bei Templin und auf der Rennbahn in Mariendorf besucht. Der Verleger und leidenschaftliche Kunstsammler war ein bedeutender Pferdesportfunktionär und Züchter, über den ich ein Hörfunkporträt anzufertigen beabsichtigte.

Wolfgang Koeppen war für dieses Vorhaben eine aufschlussreiche O-Ton-Quelle. Es bereitete ihm spürbar Freude, über Cassirer Auskunft geben zu können. Im Verlauf des Gesprächs beschrieb er ihn als deutschnationalen Juden. Als Koeppen bemerkte, dass ich ob der Formulierung stutzte, fügte er erläuternd hinzu, diesen Typus habe es vielfach zu jener Zeit gegeben. Cassirer sei ein Herr gewesen. Koeppen sprach dabei mit einer Betonung, von der er sogleich zu ahnen schien, dass die Bedeutung des Wortes in ihrem vollen Umfang bereits verlorengegangen sei. Es fiel das Wort Patriot, aber Koeppen war sicher, dass es nun wohl missverstanden werden würde.

Cassirer war ein angesehenes Mitglied der Berliner Gesellschaft, hochrangige Wehrmachtsoffiziere zählten zu seinen Freunden. Nicht zuletzt deshalb sei es ihm und seiner Familie wohl gelungen, 1938 noch nach den Novemberpogromen nach Oxford zu emigrieren. Cassirer habe es lange nicht für möglich gehalten, dass es so weit kommen würde.

Das Gespräch mit Koeppen ist mir vor allem deshalb unvergesslich geblieben, weil mir damals auf emphatische Weise bewusst wurde, wie persönliche Erinnerung und authentische Erfahrung sich von Texten und Materialien unterscheiden, die sich in Form von Dokumenten und Aufzeichnungen nachlesen lassen. Koeppens Schilderungen haben mir auf nachhaltige Weise, so bilde ich es mir ein, dabei geholfen, mein Bild von Bruno Cassirer und natürlich auch das des Autors abzurunden.

,,Tauben im Gras" ist ein furioses, aus vielen Stimmen bestehendes Werk. In diesen Stimmen schießen Vergangenes und Gegenwärtiges zusammen, Assoziationen, Phrasen, philosophische Entwürfe. Nicht immer scheinen die rund 20 Figuren trennscharf voneinander geschieden. Wer spricht? War es Koeppen, der die Stimmen orchestrierte oder gingen sie durch ihn durch? Die Gewaltverhältnisse der nationalsozialistischen Gesellschaft sind in ,,Tauben im Gras" ebenso präsent wie der Rassismus, der Koeppens Protagonisten Odysseus und Washington Price entgegenschlägt, zwei Soldaten der amerikanischen Besatzungsarmee, die sich damit abfinden müssen, nicht als Befreier begrüßt zu werden. Aber waren sie nicht auch Stellvertreter einer unterdrückten Sehnsucht nach Jazz und Literatur, den Ausdrucksformen künstlerischer Freiheit?

In ihrem Bestreben, ,,Tauben im Gras" als Unterrichtsstoff zu löschen, hat Jasmin Blunt Unterstützung durch die Literaturwissenschaftlerin Magdalena Kißling von der Universität Paderborn gefunden. Diese kritisiert den Mangel an Sensibilität für die Macht von Sprache. Und deren Kollegin Andrea Geier konstatiert einen Mangel an Unterrichtsmaterialien für den Umgang mit rassistischer Sprache.

Ähnlich sehen es Vertreter und Vertreterinnen der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland und der Amadeu-Antonio-Stiftung. Deren Sprecherin Rosa Fava gab zu Protokoll, dass eine häufige Nennung erniedrigender Fremdbezeichnungen auf junge Menschen ,,überwältigend" wirken könne. Fragwürdig sei überdies, dass für die Behandlung des Themas Rassismus in Abiturprüfungen Literatur eines nichtschwarzen Autors ausgewählt worden sei.

Es ist im Umgang mit Erzeugnissen der Kunst und Literatur zweifellos richtig und wichtig, Fragen der Repräsentanz aufzuwerfen und darüber hinaus zu bemerken, wie sich Wahrnehmungen im Verlauf der Rezeption eines Werkes verändern. Aber erweisen sich die Versprechen der Aufklärung nicht als fatale Illusion, wenn Akademiker und Akademikerinnen, die mit der Vermittlung von Kunst und Literatur betraut sind, vor einer zeitgenössischen Rezeption lieber kapitulieren, anstatt einen Ansporn darin zu sehen, das Handwerkszeug zu schärfen und es zur Geltung zu bringen? Anlass zur Sorge bereitet die anhaltende Diskussion um ,,Tauben im Gras" auch deshalb, weil selbst erfahrene Vertreterinnen der Literaturwissenschaft scheinbar nur bedingt Zutrauen in die Fähigkeit von jungen Menschen vor dem Abitur haben, eigene Antworten auf derlei Fragen zu finden.

Keineswegs unerheblich scheint mir in diesem Zusammenhang, dass die eingangs zitierten antisemitischen Stereotypen, die in ,,Tauben in Gras" zwar von rassistischen unterschieden, inhaltlich und hinsichtlich der Erzählstruktur des Romans jedoch nicht von diesen abgetrennt werden können, in der Debatte um die Abiturtauglichkeit des Stoffes bislang unerwähnt geblieben sind.

Wolfgang Koeppen hat in ,,Tauben im Gras" in atemberaubender Gegenwärtigkeit und Intensität die Dämonen der zeitgenössischen Gesellschaft zum Tanzen gebracht, während sich deren Akteure bereits wohlig wieder daranmachten, in die gediegene Langeweile der Zivilität einzukehren, die sie kurz zuvor zum Bersten gebracht hatten. Der Unruhe dieses Romans nachzuspüren, sollte nicht nur Lehrstoff für junge Erwachsene sein. Geboten ist vielmehr, durch direkte und vergleichende Lektüre die Temperatur der gegenwärtigen Gesellschaft zu ermitteln, die der Empfindsamkeit und Sensibilität aus vielen guten Gründen einen hervorgehobenen Rang einräumt, den Sinn für das Andere vorangegangener Gesellschaften aber zu verlieren droht.



Aus: ",,Tauben im Gras" und das N-Wort: Wer spricht? Und mit wem?" Harry Nutt (27.03.2023)
Quelle: https://www.fr.de/kultur/gesellschaft/wolfgang-koeppens-tauben-im-gras-und-das-wort-wer-spricht-und-mit-wem-92174950.html (https://www.fr.de/kultur/gesellschaft/wolfgang-koeppens-tauben-im-gras-und-das-wort-wer-spricht-und-mit-wem-92174950.html)

QuoteM. B.

Wenn die damals übliche Verwendung des N-Worts auf Schüler überwältigend wirkt, wie soll die geforderte Vermittlung der Kolonialzeit an Schulen umgesetzt werden?


QuoteNik

Der Autor dieses Textes hat leider das Problem nicht verstanden und ist damit genau Teil des Problems. Es geht hier nicht um denkfaule schulische Akteur:innen sondern um reale Verletzungen durch abwertende gewaltvolle Begriffe. Das betrifft die vom Autor zitierte antisemitische Sequenz genauso wie das N*-Wort und andere verletzende Begriffe. Sie belasten insbesondere jene Menschen, denen diese Beleidigungen zugeschrieben werden und vermitteln allen anderen, dass diese das schon aushalten müssen, damit die vermeintliche Mehrheit angemessen über ihre eigene Gewaltgeschichte gebildet werden kann. Was für eine traurige Inszenierung bestehender Machtverhältnisse.
Und das in einer Zeit, in der wir es so viel besser könnten, weil die Auswahl an guter Literatur schier unendlich ist, weil wir alles notwendige Wissen haben um gewaltvolle Fremdbezeichnungen endlich vergessen zu können und weil die Menschen, die durch sie verletzt werden, freundlicherweise immernoch die Geduld haben, darauf immer wieder höflich hinzuweisen. Aber solange im Feuilleton wie in den bildungspolitischen Chef*innenetagen nur Menschen sitzen, die sich aussuchen können, ob sie das alles betrifft (die deshalb, wie Herr Nutt, die fraglichen Begriffe einfach immer wieder wiederholen können), wird dieser notwendige Wandel wohl auf einen Generationenwechsel angewiesen zu sein. Schade, so vergeben wir eine weitere Chance auf eine Schule, die gesellschaftlichen Wandel vorantreiben kann.


QuoteWerner Engelmann -> Nik

Ihrem messianischen Geist, "gesellschaftlichen Wandel" durch Tabuisierung von "Gewaltgeschichte" herbeiführen zu wollen, muss ich doch einen erheblichen Wermutstropfen hinzufügen. Spricht doch die Süffisanz, mit der Sie meinen, über einen erfahrenen Feuilletonisten als Vertreter von "bildungspolitischen Chef*innenetagen" herziehen zu müssen, nicht gerade für die Glaubwürdigkeit Ihres Ansatzes.
Vielleicht wäre es ja sinnvoll, sich erst einmal - ohne Scheuklappen - selbst mit Geschichte und Literaturgeschichte zu befassen.
Dann würde evt. die Erkenntnis dämmern, dass Epochen der "Empfindsamkeit" (die auch ein erhebliches Maß an weltfremder Selbstbespiegelung aufweisen) regelmäßig in das extreme Gegenteil umschlagen. Der Umschlag von der "Empfindsamkeit" des frühen 18. Jahrhunderts zu Exzessen des "Genie"-Kults im "Sturm und Drang" oder der eines "romantischen" in den sarkastischen Heinrich Heine seien hier nur als Beispiel genannt.


QuoteAvatar -> BK Nik

"weil wir alles notwendige Wissen haben um gewaltvolle Fremdbezeichnungen endlich vergessen zu können" – genau hier liegt der zentrale Dissens. Eine historische Annäherung an das Thema will eben genau nicht vergessen, sondern setzt auf den aufklärerischen Effekt, den das Wissen um historische Realitäten bringt.


QuoteNik -> BK

ich denke das Ziel ist das Gleiche, aber die Methoden sind verschieden. Nur wenn wir uns ansehen, welche Leistung eine politische Bildung in den letzten Jahrzehnten erbracht hat, die sich in der Abbildung der Gewalt übt und es dabei eben nicht schafft, die Ideologie dahinter angemessen zu dekonstruieren, dann müssen wir uns fragen, ob es der richtige Weg ist, die ganze Sch... immer wieder völlig undistanziert in die Schulbücher zu drucken (siehe Forschungsergebnisse der Deutsch-Israelischen Schulbuchkommission und der Forschung Migration und Integration im Schulbuch). Vielleicht sollten wir bei 15% AFD in den Parlamenten und anhaltenden rassistischen und antisemitischen Progromen mal neue Wege ausprobieren?
Und worin liegt nochmal der Widerspruch zwischen Aufklärung und Nicht-Verletzen-Wollen? Ist es besser wenn es logisch ist, sich nicht antisemitisch oder rassistisch zu äußern als wenn Empathie für die/den "Anderen" das Leitmotiv ist?


QuoteWerner Engelmann

"Der Unruhe dieses Romans nachzuspüren, sollte nicht nur Lehrstoff für junge Erwachsene sein. Geboten ist vielmehr, durch direkte und vergleichende Lektüre die Temperatur der gegenwärtigen Gesellschaft zu ermitteln, die der Empfindsamkeit und Sensibilität aus vielen guten Gründen einen hervorgehobenen Rang einräumt, den Sinn für das Andere vorangegangener Gesellschaften aber zu verlieren droht."

Ich kann, nach über 30 Jahren Unterricht, vorwiegend in der Oberstufe, Herrn Nutt nur zustimmen.
Nach der von dieser Lehrerin in Anspruch genommenen "Sensibilität" bliebe nicht mehr viel von Weltliteratur übrig, ein Goethe ganz bestimmt nicht. Übrig blieben dagegen "aufbauende" Selbstbespiegelung im Sinne etwa eines George oder schönfärberische Schinken im Sinne von DDR-"Realismus".
Mir kommt solches Verhalten einer Pädagogin vor wie das von "Helikoptereltern", die Schützlinge vor jeglicher Unbill des Lebens "bewahren" wollen. Zudem als Beleidigung von Jugendlichen, indem man deren eigene Urteilsfähigkeit in Frage stellt. Und als ein feiges Kneifen vor pädagogischen Herausforderungen, die darin bestehen, junge Menschen bei der Auseinandersetzung mit der Realität zu begleiten, statt sie damit alleine zu lassen, indem man ihnen eine scheinharmonische Welt vorgaukelt.


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Quote[...] Als ich 1956 ,,rübermachte", als Abiturient aus einer DDR-Oberschule in Bitterfeld, mit dem Zug bis Hötensleben nördlich des Harzes, dann zu Fuß über die noch mäßig bewachte Grenze und in Schöningen den nächsten Bahnhof erreichte, da hatte ich eine grundlegende Lebensentscheidung getroffen. Ich hatte den einen deutschen Staat gegen den anderen eingetauscht und blieb dennoch dieser Herkunft mit allen Erinnerungen bis heute verbunden.

So wie sich mir auch die frühen bundesdeutschen Erlebnisse dauerhaft eingeprägt haben. Unvergesslich das erste Buch, das ich nach der Ankunft las. Es war ,,Das Treibhaus" von Wolfgang Koeppen. Mit ,,Tauben im Gras" und ,,Der Tod in Rom", erschienen in der ersten Hälfte der Fünfzigerjahre, beschreiben diese Bücher atemlos und mit brutal realistischer Sprache alles, was vom Wirtschaftswunder der jungen Bundesrepublik verdeckt und übertüncht wurde: die Überreste des Antisemitismus, einen latenten Alltagsrassismus in der Konfrontation mit schwarzen GIs, die für den amerikanischen Way of Life verachtet wie bewundert wurden. Die Lust auf Leben in Konfrontation zur alten Schuld der Nazi-Generation.

Es war, so sehe ich es heute noch, der passende Lesestoff für die Ankunft im westdeutschen Alltag. Desillusionierend und zugleich den Blick schärfend für alles, was einen noch erwarten sollte. Das Jura-Studium auch bei einigen Dozenten, die sich als akkurate Demokraten ausgaben, deren Vergangenheit aber kein Geheimnis war, gehörte ebenso dazu wie mein Ausbruch aus vorbestimmter Rechtsanwaltskarriere in eine unbestimmte Berufslaufbahn als Künstler und Satiriker.

Seit Wochen lese ich nun immer wieder, wie der 1995 verstorbene Autor Wolfgang Koeppen postum verteidigt werden muss. Er sei ein Rassist, der sich rassistischer Sprache bedient habe und dessen Denken ebenso klassifiziert werden müsse. Weil seine Bücher ein ,,Angriff auf die Menschenwürde" seien, müssten Abiturientinnen und Abiturienten vor dieser Lektüre geschützt werden.

Eine Unterschriftenliste im Internet weist mehr als elftausend Namen aus, die ,,Tauben im Gras" lieber auf dem Index sehen möchten als auf der Literaturliste für Gymnasien in Baden-Württemberg. Die Kultusministerin steht noch auf der Seite einer zehnköpfigen Lehrerkommission, die das Buch als Pflichtlesestoff für zukünftige Abiprüfungen ausgewählt hat. Aber sie ist unter Druck, weil die Kritikerinnen und Kritiker offenbar den Zeitgeist auf ihrer Seite wähnen.

Die Angst, beim Lesen könnten negative Gefühle geweckt werden, ist so übermächtig, dass die Reputation des Autors keine Rolle mehr spielt. Dass die Sprache der Figuren eines Romans nicht identisch ist mit dem Denken des Autors, der auch die Abgründe einer Gesellschaft mit seinen Mitteln beschreiben können muss, gehört offenbar nicht mehr zu den gültigen Vereinbarungen im Umgang mit Kunst und Literatur.

Wenn sich Verlage inzwischen zu korrigierenden Eingriffen in historische Texte veranlasst fühlen, vor dem Druck sogenannte ,,Sensitivity-Lektorate" einsetzen, um Texte auf mögliche Verletzungsgefahr der Leser durch negative Emotionen zu untersuchen, dann läuft offenbar etwas grundlegend falsch.

Wir amüsieren uns über eine tumbe Schulverwaltung in Florida, die eine Lehrerin mit der Empörung der Eltern der Schule verweist, weil sie Michelangelos ,,David" unverhüllt, also ,,in pornografischer Absicht", den Schülerinnen und Schülern zeigt, und sehen den Balken im eigenen Auge nicht. Es ist ein Armutszeugnis, den Lehrenden wie den Lernenden nicht mehr zuzutrauen, Literatur in ihrer Entstehungszeit und im historischen Kontext zu erschließen.


Aus: "Angst vor Lektüre" Kolumne/Meinung: Klaus Staeck (03.05.2023)
Quelle: https://www.fr.de/meinung/kolumnen/angst-vor-lektuere-92252154.html (https://www.fr.de/meinung/kolumnen/angst-vor-lektuere-92252154.html)

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Quote[...]  Eckhard Schumacher, 1966 geboren, promovierte an der Uni Bielefeld und ist seit 2009 Professor für Neuere deutsche Literatur an der Uni Greifswald und als solcher Leiter des dortigen Wolfgang-Koeppen-Archivs.


Eckhard Schumacher: ... Dass ein Roman, in dem so häufig das N-Wort vorkommt, zu Einwänden führt, ist von daher nicht so verwunderlich. Es wird sensibler auf bestimmte Formulierungen und Schreibweisen reagiert als das früher der Fall war. ... Was vielleicht zu der heutigen Irritation führt: Es gibt in diesem Roman keine Instanz, die gewissermaßen klärt, wie das alles zu verstehen ist. Wir haben keinen Erzähler, der über allem schwebt, alles einordnet oder kommentiert, der deutlich macht: hier handelt es sich um Rassismus, um Antisemitismus oder eine klar nationalsozialistische Position im Nachkriegsdeutschland. Das ist eine literarische Entscheidung von Koeppen. ... Einerseits verfolgt Koeppen keine klare politische Agenda. Andererseits schafft er schon einen Text, in dem klar wird: Hier entlarven sich diejenigen selbst, die mit dem N-Wort um sich werfen, die weiterhin agieren wie im Nationalsozialismus. ... Wie geht man mit verletzender Sprache um, wie mit Rassismen in der Sprache? Und wie geht man damit um, wenn solche Rassismen aufgenommen, zitiert, reproduziert werden? Diese Forschung gibt es ja. Und da gibt es sicherlich auch für den Schulunterricht aufbereitetes Material. Das müsste dann auf den in mehrfacher Hinsicht historischen Text bezogen werden, der in seiner Schreibweise und nicht zuletzt auch in seiner drastischen Darstellung von Rassismen, Gewalt und Sexualität an Autoren wie James Joyce oder John Dos Passos erinnert und damit an die literarische Moderne anschließt, die die Nationalsozialisten ausgestrichen hatten. ... und das ist möglicherweise nicht einfach nebenher im laufenden Schuljahr zu leisten, aber es wäre eben eine angemessen anspruchsvolle und wohl auch enorm aufschlussreiche Auseinandersetzung mit Fragen, die 1950 relevant waren, aber nur von wenigen gestellt wurden, und die auf andere Weise heute wieder oder immer noch relevant sind.


Aus: "Abilektüre mit N-Wort: "Die Wissenschaft hilft da leider nicht"" (29.04.2023)
Quelle: https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.abilektuere-mit-n-wort-man-muss-die-einwaende-schon-ernst-nehmen.351c9a03-2055-44f6-aff7-b70a42e7165c.html (https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.abilektuere-mit-n-wort-man-muss-die-einwaende-schon-ernst-nehmen.351c9a03-2055-44f6-aff7-b70a42e7165c.html)

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Quote[...] Einer meiner Lieblingsromane ist Wolfgang Koeppens ,,Tauben im Gras", erschienen 1951. Ich weiß noch genau, wie ich auf ihn aufmerksam wurde. Im Jahr 1996 war ich 22 Jahre alt und studierte im zweiten Semester Neuere deutsche Literatur an der Freien Universität Berlin. Am 15. März starb Koeppen im Alter von 89 Jahren, die Feuilletons waren voll davon. Es war mir etwas peinlich, noch nichts von ihm gelesen zu haben. Also ging ich in einen Buchladen in Dahlem, um mir ,,Tauben im Gras" zu kaufen.

Ich weiß noch, dass hinter mir ein älterer Herr in der Schlange an der Kasse stand. Er sah das Buch in meiner Hand und schnaubte: ,,Man muss wohl erst sterben, damit man heutzutage gelesen wird!" Heute fände ich so etwas eher drollig. Damals war mir die ganze Sache dadurch noch peinlicher. Es fühlte sich an, als hätte ich irgendetwas falsch gemacht, ohne zu wissen, was überhaupt.

Jedenfalls las ich ,,Tauben im Gras" wie im Rausch dreimal hintereinander. Der Roman schildert in 105 voneinander getrennten Episoden das Leben im amerikanisch besetzten München unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Wir begleiten einen Gepäckträger vom Bahnhof, eine die Stadt bereisende Lehrerin aus Massachusetts, einen Mediziner, mehrere US-Soldaten und noch viele weitere Figuren einen Tag lang bei ihrem Weg durch die Stadt. Manchmal kreuzen ihre Wege einander, manchmal haben sie nichts miteinander zu tun.

Ich war begeistert von Koeppens Stil, der Versatzstücke des abendländischen Bildungskanons mit Werbeslogans und Zeitungsschlagzeilen mischte und aus dem für mich etwas unerhört Drängendes, Dunkles, auch Zerstörtes sprach. Besonders hatte es mir eine Figur namens Philipp angetan, ein deutscher Schriftsteller mit Selbstzweifeln und Schreibblockade.

Meine Lieblingsstelle des Romans handelt von ihm und beginnt mit einem Satz, der sich mir für mein Leben eingeprägt hat, obwohl er eigentlich ganz simpel ist. Er lautet ,,Philipp kam mit der Zeit nicht zurecht". Gemeint ist damit weniger die Handlungsgegenwart des Romans als vielmehr die Zeit als solche, verstanden als physikalische Größe, als Lebensspanne. Mir ist die existenzielle Krise dieser fiktiven Person bislang glücklicherweise erspart geblieben. Aber dieser Satz fällt mir umso häufiger ein, je älter ich werde. Auch ich komme nämlich mit der Zeit nicht zurecht.

Sie ist ja auch kurios. In unserem Kulturressort hat diese Woche eine sehr nette und fähige Praktikantin angefangen. Sie ist 2002 geboren, also vergangenes Jahr 20 Jahre alt geworden. Rechnerisch leuchtet mir das vollkommen ein. Psychologisch überfordert es mich.  ...


Aus: "Warum mich das Vergehen der Zeit psychologisch überfordert" Felix Müller (05.03.2023)
Quelle: https://www.morgenpost.de/kolumne/digital-dad/article237795723/Warum-mich-das-Vergehen-der-Zeit-psychologisch-ueberfordert.html (https://www.morgenpost.de/kolumne/digital-dad/article237795723/Warum-mich-das-Vergehen-der-Zeit-psychologisch-ueberfordert.html)

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Quote[...] Wenn Menschen in unserer Gesellschaft nun sagen, dass sie sich durch die Sprache des Romans verletzt fühlen, haben sie möglicherweise Diskriminierungserfahrungen, die beim Lesen des Romans aktualisiert werden. Das nicht ernst zu nehmen, bedeutet, ihre Erfahrungen nicht ernst zu nehmen und andere Lebenserfahrungen und Lernbiografien bei der Auswahl der Pflichtlektüre zu privilegieren: solche, in denen Diskriminierung keine Rolle spielt.

Das widerspricht dem Grundsatz der Chancengleichheit und nimmt in Kauf, dass sich Schü­le­r:in­nen mit Dis­krimi­nie­rungs­er­fahrung erst durch ihre verletzenden, vielleicht traumatischen Erfahrungen hindurcharbeiten oder sie verdrängen müssen, bevor sie sich analytisch mit dem Text auseinandersetzen können.

Abgesehen davon ist es vielleicht auch für Schü­le­r:in­nen ohne Diskriminierungs­er­fah­rung nicht erstrebenswert, auf diese Weise mit Rassismus konfrontiert zu werden.

... Und unser Blick auf Literatur ist auch nicht unveränderlich. Im Gegenteil, mit der Veränderung unserer Gesellschaft verändert sich auch unser Blick auf das kulturelle Erbe und Gedächtnis.

Wie die gegenwärtige Restitutionsdebatte ist auch die Literatur von diesem Prozess nicht ausgenommen. Wenn Literatur ein positiver Bezugspunkt sein soll – und zwar für alle –, weil sie Wissen und Erfahrungen aus anderen Zeiten vermitteln kann, dann müssen wir mit Blick auf die gegenwärtigen Veränderungen und nicht zuletzt mit Blick auf die Diversität und Pluralität unserer Gesellschaft entsprechend auswählen.

Wir müssen überlegen, was wir dafür tun können und müssen, damit unser Literaturkanon auch in historischer Perspektive inklusiv und nicht exklusiv ist. Angesichts der Weltlage ist die Entscheidung, die Trümmer- und Nachkriegsliteratur in der Pflichtlektüre präsent zu halten, sicherlich richtig.

Aber es muss nicht unbedingt Koeppens Roman sein. Und ja, Rassismus gehört als Thema auch an die Schule und in den Deutsch- und Literaturunterricht. Wenn aber Lernen vor allem am Modell geschieht, dann macht es mehr Sinn, Texte zu wählen, die Rassismus in einer nichtrassistischen Sprache verhandeln. Dann wäre der Lernweg auch kürzer.

Darüber hinaus frage ich mich, warum wir Jasmin Blunt nicht danken. Offenbar ist keinem bei der Textauswahl aufgefallen, wie kontrovers die Koeppen'sche Rassismuskritik aus heutiger Perspektive diskutiert werden muss. Offenbar haben die, die wir – wie ich – zur weißen Mehrheitsgesellschaft ohne Diskrimi­nierungs­er­fah­rung gehören, selbst nach den vielen Black-Lives-Matter-Protesten 2020 auch in Deutschland immer noch nicht genügend Sensibilität und Erfahrung, es von allein zu bemerken.


Aus: "Rassismus in ,,Tauben im Gras": Aus Fehlern darf gelernt werden" Sigrid Köhler (28. 3. 2023)
Quelle: https://taz.de/Rassismus-in-Tauben-im-Gras/!5921779/ (https://taz.de/Rassismus-in-Tauben-im-Gras/!5921779/)

QuotePlewka Jürgen
30. Mär, 15:49

Ich bin kein Deutschlehrer, sondern unterrichte Geschichte. Soll ich in Zukunft - in der Konsequenz des Artikels - im Unterricht zum Thema Nationalsozialismus nun keine Texte von Hitler, Goebbels, Himmler mehr - selbstverständlich ideologiekritisch - mit meinen SchülerInnen interpretieren dürfen? Weil sie jüdische SchülerInnen oder SchülerInnen mit Gewalterfahrungen verstören könnten? Soll ich auf Originalquellen aus den 50er Jahren verzichten, weil dort ständig und "beiläufig" Frauen diskriminiert werden? Ich halte die Forderungen im Artikel in ihren Konsequenzen für nicht durchdacht ... mal ganz abgesehen von der Frage, wo genau eine Grenze zu ziehen wäre und welche Ideologien (wieso ist eigentlich nur der Rassismus zu vermeiden und nicht auch Antisemitismus, Sozialdarwinismus und Frauenfeindlichkeit?) nicht im Originaltext zu behandeln sind.


QuoteJutta57
1. Apr, 13:53

@Plewka Jürgen "Soll ich in Zukunft (...) im Unterricht zum Thema Nationalsozialismus nun keine Texte von Hitler, Goebbels, Himmler mehr (...) mit meinen SchülerInnen interpretieren dürfen? "

Nein, natürlich nicht, aber geht ja nicht um Geschichtsunterricht. Mein Kampf oder Ergüsse eines Julius Streichers sind eben keine Romane. Wir lesen ja auch die von Feuchtwanger, Singer oder Bellow aber warum nicht die von Baldwin, Ellison oder Morrison. Ich teile zwar die Bedenken, die hier von vielen Foristen geäußert werden, aber nachdem ich knapp die Hälfte des Buches gelesen habe, kann ich den Vorwurf zur rassistischen Reproduktion gut nachvollziehen. Frau Köhler bringt es, wie ich finde hier auf den Punkt:

"Dennoch werden zentrale Schwarze Figuren vor allem über Körperlichkeit, Sexualität und Animalität bestimmt."


Quoteresto
29. Mär, 12:22

Man könnte auch umgekehrt argumentierten. Nämlich dass sich durch ehrliches und kritisches Behandeln dieser alten Texte PoCs endlich Ernst genommen fühlen und dass es einmal um sie geht; und Mitschüler:innen sind dabei "gezwungen", sich in die Lage der als N bezeichneten Personen zu versetzen. Es kommt doch darauf an, was die Lehrperson daraus macht. Ich spreche da aus eigener Erfahrung.


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Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: lemonhorse on May 25, 2023, 10:07:00 AM
[Stand: 25.05.2023]:
Nachdem das Schneiderlein sieben Fliegen auf einen Schlag getötet hat, näht es sich eine Scherpe mit der Aufschrift "7 auf einen Streich". Voller Zuversicht zieht er über Berg und Tal, um nun seinen Mut zu erproben.
https://www.ardmediathek.de/video/maerchen-im-mdr/das-tapfere-schneiderlein/mdr-fernsehen/Y3JpZDovL21kci5kZS9iZWl0cmFnL2Ntcy9kMWIwZGUwNC1mZmQxLTQwMjMtYTkwMS1jYThkNWM4ZjQxOTc?isChildContent (https://www.ardmediathek.de/video/maerchen-im-mdr/das-tapfere-schneiderlein/mdr-fernsehen/Y3JpZDovL21kci5kZS9iZWl0cmFnL2Ntcy9kMWIwZGUwNC1mZmQxLTQwMjMtYTkwMS1jYThkNWM4ZjQxOTc?isChildContent)

QuoteAktuell kann man den #DEFA-Märchenfilm "Das tapfere Schneiderlein" von 1956 @ARDde-Mediathek sehen. Als der Film 1957 in der Bundesrepublik gezeigt werden sollte, kam es zu einem der skurrilsten Fälle von #Filmzensur.
Die DEFA hatte das Grimm'sche Märchen mit politischen Untertönen adaptiert: Anstatt am Ende die Königstochter zu heiraten und das halbe Reich zu erben, wird der feudale König nebst dekadentem Hofstaat verjagt und das Schneiderlein heiratet eine einfache Bauersmagd.
Die ideologische Überzeichnung stieß selbst in der DDR-Presse auf deutliche Kritik. Das "Neue Deutschland" sprach von einer "vulgären Anwendung marxistischer Grundsätze". Die "Neue Zeit" meinte, durch die "gutgemeinte Fortschrittlichkeit" würde der Märchenstoff verballhornt.
Auch in der Bundesrepublik waren die Reaktion deutlich. Die "Zeit" berichtete ausführlich über das "marxistische Schneiderlein", ging aber nicht weiter darauf ein, dass die plumpe Politisierung des Märchens selbst in der DDR umstritten war.
1957 beschäftigte das "Schneiderlein" schließlich den "Interministeriellen Ausschuss". Sechs Bonner Ministerialbeamte sichteten den #DEFA-Film und sprachen ihre "Bedenken" gegen eine Kinovorführung in der Bundesrepublik aus. Näher begründet wurde das Verbot nicht.
Die Angst vor "kommunistischer Propaganda" war jedoch bei Kinderfilmen besonders ausgeprägt und sicher au Das Filmverbot bestand fast zwei Jahre, bis zum Herbst 1958, als das "Schneiderlein" erneut vom Ausschuss begutachtet wurde.
Diesmal nahmen 14 Beamte aus sieben verschiedenen Bundesministerien an der Filmvorführung teil. Die Bedenken wurden schließlich zurückgestellt und der Film nachträglich freigegeben.
Die Geschichte wirkt heute befremdlich, zeigt aber zugleich, welche besondere Wirkmächtigkeit Filmen in der Zeit des Kalten Krieges zugesprochen wurde, insbesondere wenn es um ein jugendliches Publikum ging.
Kurze Randnotiz: 1961 verschwand der Film still und leise aus den Kinos der DDR - der Hauptdarsteller, Kurt Schmidtchen, war nach dem Mauerbau in die Bundesrepublik übergesiedelt. Der Film wurde danach kaum noch gezeigt.

Andreas Kötzing @AKoetzing
11:37 vorm. · 24. Mai 2023

https://twitter.com/AKoetzing/status/1661305466184511490 (https://twitter.com/AKoetzing/status/1661305466184511490)

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Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: lemonhorse on May 25, 2023, 10:17:09 AM
Quote[...] In den USA herrscht eine angespannte Stimmung. Insbesondere bei Themen wie Abtreibung oder Waffenrechte. Mittlerweile ufert der Kulturkampf im Land in Bücherverbote aus.

Washington, DC – In den USA herrscht mittlerweile seit Jahren ein erbitterter Kulturkrieg. Ob es um Abtreibung, Sexualität oder Waffen geht, bei manchen Themen wird in dem Land auf das härteste gestritten. Unlängst machte die Biermarke Bud Light auf sich aufmerksam, da sie mit Dylan Mulvaney zusammenarbeiteten. Mulvaney ist eine Transfrau, was eine Vielzahl von Konservativen in den USA verärgerte.

In der Folge riefen mehrere Persönlichkeiten aus dem rechten Spektrum zum Boykott der Biermarke auf. Tatsächlich sollte es Donald Trump Jr. sein, der sich letzten Endes dafür stark machte, den Boykott zu beenden. Das Unternehmen hatte zwischenzeitlich auch an den Aktienmärkten Rückschläge erfahren müssen.

Seit der Corona-Pandemie hat in den USA eine weitere Entwicklung stattgefunden: Eltern gruppieren sich und betreiben Aktivismus an den Schulen ihrer Kinder. Die Vorwürfe vieler republikanischer Eltern lauten: Lehrer würden ihren Kindern unsittliche Inhalte vermitteln. Meistens geht es dabei und LGBTQ-Themen oder Rassismus in den USA.

Im selben Zusammenhang kommt es auch immer mehr dazu, dass Bücher in den USA an Schulen verboten werden. Eltern beschweren sich an den Schulen über die Auswahl der Bücher, welche ihre Kinder lesen. Meistens geht es in den Büchern um die bereits genannten Themen.

,,Es kam auch früher immer mal wieder vor, dass Eltern sich über ein Buch beschwerten, das im Unterricht besprochen wurde oder in der Schulbibliothek stand", sagt Kasey Meehan vom Autorenverband PEN. ,,Aber was wir heute sehen, ist ein koordinierter Aufwand von organisierten Gruppen, die mit langen Listen von Büchern anrücken, die sie verbieten lassen wollen." 2253 Bücher seien der Süddeutschen Zeitung zufolge seit Mitte 2021 betroffen. Allein in der ersten Hälfte dieses Schuljahrs seien weitere 874 dazugekommen.

Es gehe darum, bestimmte Gruppen ruhig zu stellen, meint Nick Higgins, Chefbibliothekar der Brooklyn Public Library. Es gehe darum diesen Gruppen zu sagen: ,,Ihr gehört nicht dazu. Ihr seid nicht erwünscht", sagt Higgins der Süddeutschen Zeitung. (lp)


Aus: "Kulturkampf in den USA: Bücherverbote an Schulen nehmen zu" Linus Prien (23.04.2023)
Quelle: https://www.fr.de/politik/kulturkampf-in-den-usa-buecherverbote-an-schulen-nehmen-zu-92231012.html (https://www.fr.de/politik/kulturkampf-in-den-usa-buecherverbote-an-schulen-nehmen-zu-92231012.html)

Quoteschnizzel

Die Republikaner verbauen sich die eigene politische Zukunft. Junge Menschen wenden sich in Scharen ab von dieser Partei. Selbst in tiefroten Distrikten haben sie bei den jüngeren Wählerschichten keine Mehrheiten mehr.
Ein risikoreiches Spiel auf die Boomer als Bank zu setzen, denn die verschwinden die nächsten 20 Jahre auf natürliche Weise. ...


QuotePeter Troll-Lamour --> schnizzel

Man kann nur hoffen, dass Sie recht behalten.


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Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on May 27, 2023, 01:04:33 PM
Quote[...] Es war ein Fall, der weltweit für Aufsehen sorgte, als in dieser Woche das Gedicht ,,The Hill We Climb" der jungen Schwarzen Dichterin Amanda Gorman an einer Grundschule in Miami Lakes, Florida, aus den Regalen genommen wurde. Eine Mutter hatte sich per Formular über das Gedicht beschwert.

Das Poem über die ungleich schlechteren Aufstiegschancen junger Schwarzer Menschen hatte internationale Bekanntheit erlangt, als es die damals erst 22-jährige Gorman bei der Amtseinführung von Präsident Joe Biden im Januar 2021 vortrug. Für die konservative Mutter aus Miami aber dient das Gedicht ausschließlich dazu, ,,Verwirrung zu stiften und zu indoktrinieren", schrieb die Mutter, die zuvor schon vier weitere Bücher aus der Schule hatte verbannen lassen.

Gorman zeigte sich empört über die Entscheidung der Schule. ,,Kindern die Gelegenheit wegzunehmen, ihre eigene literarische Stimme zu finden, ist ein Verstoß gegen deren Recht auf freies Denken und freie Meinungsäußerung", schrieb sie auf Twitter.

https://taz.de/Amanda-Gorman-ins-Deutsche-uebersetzt/!5761784/ (https://taz.de/Amanda-Gorman-ins-Deutsche-uebersetzt/!5761784/)

https://twitter.com/TheAmandaGorman/status/1661131819717390336?s=20 (https://twitter.com/TheAmandaGorman/status/1661131819717390336?s=20)

Dass das überhaupt möglich ist, ist Floridas republikanischem Gouverneur Ron De­Santis zuzuschreiben. Und genau der hat diese Woche offiziell bekannt gegeben, sich um die republikanische Präsidentschaftskandidatur zur Wahl im November 2024 zu bewerben.

https://taz.de/Ron-DeSantis-Praesidentschaftskandidatur/!5933640/ (https://taz.de/Ron-DeSantis-Praesidentschaftskandidatur/!5933640/)

Von den bisher bekannten Kan­di­da­t*in­nen gilt der 44-Jährige als einziger ernstzunehmender Gegner für Ex-Präsident Donald Trump. Dabei ist seine politische Laufbahn gerade einmal zehn Jahre alt. Fünf Jahre als Kongressabgeordneter in der US-Hauptstadt und nun seit fünf Jahren als Gouverneur von Florida. Aber die Coronapandemie und der von ihm hart gefochtene Kulturkampf zwischen Republikanern und Demokraten haben ihn auf die nationale Bühne katapultiert.

https://taz.de/US-Praesidentschaftswahl-2024/!5936830/ (https://taz.de/US-Praesidentschaftswahl-2024/!5936830/)

Mit seiner Aussage, Florida sei der Staat, in dem ,,Woke"-Ideologien sterben, verdeutlichte DeSantis im Januar dieses Jahres anschaulich, wofür seine Politik steht. Egal ob Anti-Rassismus-Unterricht an Schulen, die Rechte von LGBTQ+-Menschen oder Abtreibung – alles, was nicht der traditionellen, auf christlichen Werten basierenden Denkweise entspricht, steht in Florida zur Debatte und dank DeSantis auch auf der politischen Agenda.

Aufgrund der republikanischen Übermacht in Florida, wo die Partei nicht nur den Gouverneur stellt, sondern auch die Mehrheit in beiden Kammern der Legislatur besitzt, können auch umstrittene Gesetzesentscheidungen zügig umgesetzt werden. Das kommt an, sagt der republikanische Stratege Scott Jennings im Gespräch mit der taz. ,,Republikanische Wähler sehen DeSantis in einem sehr positiven Licht und haben generell eine hohe Wertschätzung für ihn."

DeSantis' erste vier Jahre als Gouverneur von Florida lassen sich in zwei Abschnitte unterteilen – vor und nach Corona. Während viele US-Bundes­staaten während der Pandemie die Schulen und Geschäfte schlossen oder Schutzmasken und Impfverordnungen verhängten, ging DeSantis einen anderen Weg. Was beide Teile jedoch vereint, ist das Thema Kulturkampf.

,,DeSantis hat das Thema Kulturkampf für sich vereinnahmt. Er ist mit dieser Plattform in Florida angetreten und gewann", sagt die republikanische Strategin Alice Stewart im Gespräch mit der taz.

Laut DeSantis geht es bei diesen Kulturkämpfen nicht nur um die Zukunft der USA, sondern auch um den Schutz von Kindern. Unter anderem hat er es sich zur Aufgabe gemacht, gegen die, seiner Meinung nach, liberale Politik von Lehrkräften vorzugehen. Unter seiner Führung wurden Gesetze erlassen, die vorschreiben, wie Lehrkräfte mit Themen wie Rassismus (Critical Race Theory), Geschlechts­identität und Sexualität im Unterricht umgehen dürfen.

Diese Beschränkungen hatten zur Folge, dass hunderte Bücher, die sich mit diesen Themen beschäftigen, aus Schulbibliotheken entfernt wurden. Dank einer erst kürzlich erlassenen Erweiterung dieser Bestimmung reicht mittlerweile die Beschwerde eines einzigen Elternteils, um ein Buch zu verbieten.

Der Organisation PEN America zufolge wurden im Schuljahr 2021/2022 an Floridas Schulen 565 Bücher verboten. Doch es sind nicht nur Büchervorbote und Unterrichtsbeschränkungen, mit denen DeSantis und Republikaner in Florida im Kulturkampf agieren. Auch wurde es Transsexuellen verboten, in Mädchen- und Frauensportwettbewerben anzutreten. Und erst letzten Monat verabschiedete DeSantis eines der strengsten Anti-Abtreibungs-Gesetze in den USA. Dieses Gesetz verbietet Abtreibungen bereits nach der sechsten Schwangerschaftswoche – zu einem Zeitpunkt, an dem viele Frauen noch nicht einmal wissen, dass sie schwanger sind.

DeSantis weiß, dass diese Kulturkampfthemen nicht überall im Land punkten werden. ,,Er wird seinen Ton in diesen Angelegenheiten mäßigen müssen, wenn wir uns den republikanischen Vorwahlen und der Präsidentschaftswahl nähern. Was in einem roten Bundesstaat wie Florida ankommt, findet nicht im gesamten Land Anklang", sagt Stewart, die den Fokus auf Kulturkampfthemen als eine von DeSantis' größten Schwächen sieht.

Auch DeSantis' anhaltende Fehde mit Disney könnte vor allem auf nationaler Ebene zu einem Problem werden, da sich Unternehmen von einem republikanischen Präsidenten weniger Bürokratie und mehr Unterstützung erhoffen. Die Fehde startete mit DeSantis' sogenanntem ,,Don't Say Gay"-Gesetz, welches es Leh­re­r:in­nen verbietet, Themen wie sexuelle Orientierung und Geschlechts­identität im Unterricht zu diskutieren.

Der Disney-Konzern kritisierte das Gesetz öffentlich und DeSantis reagierte, indem er dem Unternehmen – das immerhin einer der größten Arbeitgeber in Florida ist – Steuervorteile strich. Durch den Streit sind dem Bundesstaat bereits neue Einkünfte flöten gegangen. Das Unternehmen strich kürzlich Pläne für einen neuen Campus, der 2.000 weitere Arbeitsplätze nach Florida gebracht hätte.

Trotzdem boomt der Sunshine State. Floridas Wirtschaft und der Tourismus laufen auf Hochtouren. Die Arbeitslosenquote ist niedrig und die Kriminalitätsrate ist weiter am Sinken. Es sind genau diese Punkte, auf die sich DeSantis im Wahlkampf konzentrieren sollte, sagt Stewart. Seine Befürworter sagen, dass es diese Qualitäten sind – die Dinge anzupacken –, welche in Washington dringend gebraucht würden. Gegner befürchten hingegen, dass sein autoritärer Führungsstil nichts anderes bedeuten würde als weitere vier Jahre Trump.

Dem Ex-Präsidenten hat De­Santis politisch viel zu verdanken. Als er 2018 als praktisch Unbekannter ins Rennen um das Gouverneursamt ging, erhielt er vom damaligen Präsidenten Rückenstärkung. Es war ein Riesenschub für seine Kampagne. Am Ende konnte sich DeSantis knapp durchsetzen.

,,Seine größte Schwäche ist es, dass er ausgerechnet gegen Donald Trump antritt", sagt Jennings. Sich von seinem einstigen Gönner so gut wie möglich zu unterscheiden, ohne dabei aber dessen Anhänger zu verlieren, wird Ron DeSantis' größte Herausforderung werden.


Aus: "Mit ,,Anti-Wokeness" an die Spitze" Hansjürgen Mai (26.5.2023)
Quelle: https://taz.de/Ron-DeSantis-will-US-Praesident-werden/!5934444/ (https://taz.de/Ron-DeSantis-will-US-Praesident-werden/!5934444/)

Quotetomás zerolo

Bemerkenswert ist, dass sowas von denen kommt, die am lautesten "Cancel Culture" gekreischt haben. ...


QuoteAjuga
gestern, 22:37

@tomás zerolo Naja, Religiös-Konservative ziehen halt selektiv die schamlosesten, verkommensten und verlogensten Teile aus der Gesellschaft an.

Was auf jeden Fall Beachtung verdient, ist die nicht mehr nur ideologische, sondern mittlerweile ganz persönliche Nähe der CSU-Spitze zu De Santis. ...


...

QuoteTracy T.

Mit DeSantis hat sich endlich ein führender Politiker der USA dazu entschlossen, dem Woke-Wahnsinn mit all seinen Auswüchsen, wie z.B. der Indoktrinierung und Sexualisierung von Kindern im Vorschulalter, den Kampf anzusagen. Gut so! CDU und CSU sollten sich daran ein Beispiel nehmen.


QuoteChristoph K.

Jeder der das WOKE Virus besiegt und den Grünen  ihre irrwitzigen Allmachtsphantasien abgewöhnt ist willkommen. Dabei muß man nicht einmal fremdenfeindlich, antisemitisch, gegen Frauen, homophob oder trans/queerphob sein, es bedarf eigentlich nur eines gesunden Menschenverstandes.


QuoteGertraud Z.

An den Reaktionen der SPD und Grünen kann man erkennen, dass die Nerven blank liegen. Sie haben einen panische Angst die linke Medienhoheit zu verlieren und damit auch die Bevölkerung, die hoffentlich mal aufwacht. Nur weiter so CSU.


QuoteB
Bongneng

Endlich löst sich die Union mal von der linksgrünen Bevormundung. Schluss damit, dass die Linksgrünen in ihren bizarren  woketagträumereien allen diktieren, was und mit wem man noch reden darf.  Das Pseudoargument, Jeder sei rechts, der nicht nach ihrer Pfeife tanze, intetessiert doch keine Sau mehr.


QuoteJosef W.

Die links-grüne groß Wetterlage verändert sich gerade gravierend, die Demokratie kehrt hoffentlich
bald zurück, auch die AFD muß gehört werden.


QuoteKlaus K.

Ja ist schon furchtbar schlimm, dass man sich mit de Santis trifft. Einer der auf das Corona-Regime pfiff, keinen Bock auf Genderwahn hat und natürlich konservativ (= rechtsradikal) ist. ...


QuoteRalf M.

Bravo CSU! Bitte nicht klein beigeben, wenn man richtigerweise auch konservative Politiker im Ausland besucht, nur weil es der SPD, den Grünen und den Linken in der CDU nicht passt.


QuoteHausbootbewohner

Während die links -grünen Maoisten in Deutschland , schon 12 jährige Mädchen zum Mann transformieren wollen, achtet De Santis auf Kinder.- und Jugendschutz. Eventuell wird er der nächste US Präsident und dann können gute Beziehungen nicht schaden.


QuoteMaike D.

Die Grünen sind totalitär. Allmählich zeigt es sich unmarkiert.


QuoteHelmut B.

"neurechter Kulturkampf, rechtsaußen". Solche Sprüche von Mast zeigen wie linksverdreht ihr Gedankengut ist, also nix Neues in der SPD. Das nun ausgerechnet noch in den eigenen Reihen die "Augen verdreht" werden, zeigt allerdings auch wie woke und zeitgeistangepaßt die Union ist. Mit dieser Truppe ist keine Änderung im Land möglich.


QuoteL
Lex Luther

Der Grünfaschismus ist neben dem Islamfaschismus die größte Bedrohung der Demokratien. Beide Ideologen basieren auf einen absolutistischen Anspruch zu bestimmen was gesagt und getan werden darf. Nichts anderes als es Hitler, Stalin, Mao etc. propagierten. Die Grünen haben als größte Waffe die woke Medienlandschaft auf ihrer Seite und die Lehranstalten die ganz im Sinne ihrer abstrusen Wertvorstellungen die Kinder, Jugendlichen und junge Erwachsene ideologisch erzieht. Linker Wahn hat noch nie Wohlstand und Freiheit produziert.


QuotePhilipp B.

DeSantis ist Vorbild im Kampf gegen den woken Faschismus, gegen Trans- und Genderterror. Die Reaktion von Grünen und Linken spricht Bände. Bände spricht auch, wie sofort reflexartig in CDU und CSU reagiert wird. Peinlich, ärmlich, erschreckend.


QuoteHelmut B.

DeSantis scheint einer der wenigen zu sein, die noch alle Latten am Zaun haben. Ich würde mir wünschen, er würde Präsident werden.


QuoteMartin K.

DeSantis hätte ich auch gerne als Kanzler.


QuoteCarsten F.

Eine vernünftige Reise! In Florida könnte die CDU/CSU wieder lernen, was es bedeutet Konservativ zu sein..!


QuoteStefan A.

Hier kommt mal wieder zum Ausdruck, dass die Grüne unsere Meinungsfreiheit verachten.


QuoteKersten K.

DeSantis wird mir immer sympathischer - großer Pluspunkt ist definitiv, dass er den Coronawahn nicht mitgemacht hat - angefangen von Lockdown über Masken bis hin zur Impfpflicht.


QuoteMarkus R.

Gut so! Harte Bandagen im Kulturkampf!


QuoteK. B.

Scheuer hat als Minister auf allen Ebenen versagt. Aber hier macht er mal was richtig.


QuoteHeidemarie H.

Der Andi wird in der Luft zerrissen und bei Habeck wird versucht, die Wogen zu glätten. Gott sei Dank wacht Deutschland laaaangsam auf


QuoteBoogie

Steini und Co feierten Lula ... DeSamtis hat wertkonservative Vorstellungen, gut so


QuoteRheinländer

DeSantis weiß wenigstens was Verhältnismäßigkeit ist!


QuoteMatthias A.

Wußte DeSantis mit wem er sich da trifft ....


Kommentare zu: ,,Frei gewählte Abgeordnete brauchen keine grüne Gesprächspolizei"
Veröffentlicht am 10.05.2023 | Von Nikolaus Doll, Stefanie Bolzen
https://www.welt.de/politik/deutschland/article245233592/CSU-Andreas-Scheuer-bei-Ron-DeSantis-Brauchen-keine-gruene-Gespraechspolizei.html (https://www.welt.de/politik/deutschland/article245233592/CSU-Andreas-Scheuer-bei-Ron-DeSantis-Brauchen-keine-gruene-Gespraechspolizei.html)

usw.

-

Quote[...] Seit Monaten hatte Amerika darauf gewartet, dass Ron DeSantis seine Kandidatur für das Amt des US-Präsidenten erklärt. Am Mittwochabend musste die Nation fast 30 weitere quälend lange Minuten aushalten. ,,Wir versuchen das hier zum Laufen zu kriegen. Hier sind einfach zu viele Leute", war auf Twitter Spaces zu hören. Jener Plattform, die DeSantis für seine Premiere gewählt hatte.

Eingeladen worden war DeSantis vom Twitter-Chef persönlich: Elon Musk war ebenfalls Gast der Audio-Übertragung. Doch die wollte nicht funktionieren. Wortfetzen, übersteuerte Mikrofone, immer wieder minutenlange Stille. 600.000 Zuhörer hatten versucht, sich um 18 Uhr Ostküstenzeit zuzuschalten.

Das brachte Musks Server ,,zum Schmelzen. Was ein gutes Zeichen ist", wie der hörbar gestresste Moderator David Sacks beteuerte. In Wirklichkeit war diese Premiere eher ein Desaster – für DeSantis wie für Musk, der seinen Auftritt als mächtiger Influencer für die Wahlen im kommenden Jahr hatte zelebrieren wollen. Ganz in Musk-Manier pries er den Pannenauftakt danach als ,,die heutige Topstory auf der ganzen Welt" an.

... In Florida haben DeSantis' Republikaner eine klare Mehrheit im Senat und im Repräsentantenhaus. Sie haben so in den letzten Monaten unter anderem das von Kritikern als ,,Don't say gay" bezeichnete Gesetz erweitert. Es besagt, dass Lehrer sexuelle Orientierung und Geschlechteridentität ab dem Kindergarten bis zur 12. Klasse nicht mehr zum Thema machen dürfen.

Ein anderes Gesetz vereinfacht es, bestimmte Bücher in der Schulbibliothek zu verbieten. Der Gouverneur sieht sich mit solchen Regelungen als Vorkämpfer für die Rechte von Eltern und gegen eine ,,woke" Indoktrinierung der Schüler, die er und seine Anhänger befürchten. ,,Florida, wo ,woke' zur Strecke gebracht wird", erklärte er beim Antritt seiner zweiten Amtszeit als Gouverneur im Januar.

... Trump sicherte sich bereits die Unterstützung von elf Senatoren und 50 Abgeordneten. In den Umfragen für die Vorwahlen liegt DeSantis abgeschlagen hinter Donald Trump. Finanziell jedoch soll der Gouverneur von Florida vorn liegen und bereits mehr als 110 Millionen US-Dollar eingesammelt haben, während Trump die vergleichsweise dünne Summe von rund 19 Millionen US-Dollar in der Wahlkampfkasse hat.


Aus: "Sein Wahlkampfauftakt mit Elon Musk gerät zum technischen Desaster" Stefanie Bolzen, Sonja Gillert (25.05.2023)
Quelle: https://www.welt.de/politik/ausland/article245526866/Ron-DeSantis-Sein-Wahlkampfauftakt-mit-Elon-Musk-geraet-zum-technischen-Desaster.html (https://www.welt.de/politik/ausland/article245526866/Ron-DeSantis-Sein-Wahlkampfauftakt-mit-Elon-Musk-geraet-zum-technischen-Desaster.html)

QuoteHarald K.

Florida war zu Corona das Schweden der USA und damit erfolgreich. Die Einwohnerzahl ist deutlich gestiegen.


QuoteThomas M.

"Es spielt auch auf eine vom rechten Flügel angefachte Angst vor dem ,,tiefen Staat" an, hinter dem angeblich sich selbstversorgende Eliten in Amerikas Bürokratie und Beamtenschaft stecken."

Der Durham-Report und die Twitter-Files bestätigen diese Angst.


QuoteMax S.

DeSantis: meine volle Unterstützung für ihn. Solide, gegen die woke Kulturrevolution.


...
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 17, 2023, 11:20:44 AM
Quote[...] Die Ampel-Koalition setze die Lebensentwürfe der Menschen in Deutschland herab, indem sie ihnen vorschreibe, wie sie sich zu verhalten haben, sagt Jens Spahn in einem Interview mit der ,,Welt am Sonntag". Dem Tagesspiegel lag eine Vorabversion vor.

,,Den Leuten wird gesagt: ,Ihr fahrt das falsche Auto. Ihr habt das falsche Haus, die falsche Heizung! Ja, Ihr habt überhaupt noch ein Haus! Ihr esst das falsche Essen. Ihr habt die falsche Einstellung'", bemängelt der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag und ehemalige Bundesgesundheitsminister.

,,Selbst die Ansicht, ein Mann hat einen Penis und eine Frau nicht, gilt inzwischen in Teilen der Ampel-Koalition als problematisch", behauptet Spahn.

Millionen Menschen bekämen von einer ,,großstädtisch geprägten Elite vermittelt, dass sie falsch leben", sagt Spahn der ,,WamS". ,,Das ist eine Herabsetzung ihrer Lebensentwürfe, ihrer Lebensleistungen und ihres Blickes auf die Welt. Und auf diese antworten sie mit Unwillen und auch Protest."

Viele Gesetzesinitiativen der Ampel-Koalition würden zu tief in das Leben der Menschen eingreifen und sie überfordern, bemängelt Spahn. Als Beispiele nennt er das Selbstbestimmungsgesetz, die Streichung der Abtreibung aus dem Strafgesetzbuch, die Freigabe von Cannabis und das neue Staatsbürgerschaftsrecht.

Gerade Letzteres sei der Bevölkerung in Zeiten von steigender Migration nicht zu vermitteln. ,,Die Ampel betreibt den Kulturkampf aktiv", sagt er im Interview mit der ,,WamS". Die Menschen hätten den ,,Wunsch nach Sicherheit, auch nach kultureller Sicherheit".

Besonders aber seien es die Grünen, die der Bevölkerung ihre Ideologie aufdrücken wollen. ,,Mit der Art, wie viele Grüne die Debatte in den vergangenen Monaten geführt haben, haben sie der Akzeptanz der Klimaschutzpolitik in Deutschland enorm geschadet", glaubt Spahn.

Die Union müsse sich die Frage stellen, ,,ob wir (...) mit so einer grünen Partei im Bund regieren können und wollen. Einen Automatismus für Schwarz-Grün gibt es jedenfalls nicht." (Tsp)


Aus: " ,,Ampel betreibt Kulturkampf": Spahn wirft Regierungskoalition Überforderung der Bevölkerung vor" (17.06.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/ampel-betreibt-kulturkampf-spahn-wirft-regierungskoalition-uberforderung-der-bevolkerung-vor-10001197.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/ampel-betreibt-kulturkampf-spahn-wirft-regierungskoalition-uberforderung-der-bevolkerung-vor-10001197.html)

QuoteMjoy
17.06.23 10:02

Keine der angeführten Gesetzesinitiativen greift besonders tief in das Leben des einzelnen ein.
Wer nicht trans ist, nicht abtreiben möchte, nicht kiffen will oder sich nicht einbürgern lassen will, für den wird sich durch diese Gesetze praktisch kaum etwas ändern.
Diese Gesetze sind nur überfordernd für Menschen, die gerne anderen Menschen vorschreiben wollen, wie sie zu leben haben.


QuoteClaudia
17.06.23 09:57

"Spahn wirft Regierungskoalition Überforderung der Bevölkerung vor"

-Da kann man mal sehen, wie wenig Herr Spahn der deutschen Bevölkerung zutraut.


QuoteJozipBroz
17.06.23 09:53

Ländlich bis kleinstädtisch, konservativ, "christlich", Sparkassendirektor-Honoratior, "Kulturkampf"-Pastor - man kann es ja einmal mit einem Achtel Trumpismus und einem Achtel "AfD"-Sprech versuchen, hat sich der stellvertretende Frontmann der CDUCSU im Parlament gedacht - und er wollte ja insbesondere die "DöpfnerSpringer-"Welt" bedienen (wer deren Forum liest, weiß, was ihn erwartet und was diese Leser (nicht gendern, pfui!) erwarten). --
Zigtausende von jungen Menschen sind in den letzten 50 Jahren vom "Land" in die Großstadt gezogen, weil sie die dortige geistig-ideologische Enge und Bevormundung leid waren. Sie waren es leid, vorgeschrieben zu bekommen, wie sie sich zu verhalten haben. Sie waren es leid, die falsche Frisur vorgeworfen zu bekommen; die falschen Klamotten zu tragen; das Zimmer falsch gestrichen zu haben; die falsche Musik zu hören; nicht mehr am Sonntag zur Kirche zu gehen, und überhaupt nicht mehr zur Beichte; das Wort "Penis" auch nur in den Mund zu nehmen; vor Sex Angst zu haben; nicht selbst über Verhütung und Abtreibung bestimmen zu können. Sie waren der Herabsetzung ihres Denkens und ihrer Lebensentwürfe einfach überdrüssig; der staatlichen Gängelei und Schnüffelei in ihrem Privatleben; der subtil sexualisierten Atmosphäre in Religionsunterricht und Pfarrhaus (heute ist bekannt, dass dieses Unbehagen nicht trog). Sie hatten die Nase voll von der seit dem 17. Jahrhundert kulturkämpferisch auftretenden Gegenreformation, von Kirchenmacht und Katholenmoral, von Adels- und Standesdünkel, von 50er-Jahre-Mief und Adenauerrepublik. Sie verabscheuten die Herabsetzung von freiem Denken, von Vernunft, Aufklärung und Wissenschaft. Sie erkannten den verlogenen Moral- und Lebensstil von Oberschicht und Machtelite. Sie erkannten, dass dieser Lebensstil schlichtweg den Planeten gefährdet. Sie sorgten dafür, dass diese Erkenntnis immer weitere Verbreitung fand - weil sie wissenschaftlich basiert ist. -- Und darüber ist Villenbesitzer Spahn empört ... .


QuoteMadame_X
17.06.23 10:43
@JozipBroz am 17.06.23 09:53

    Ländlich bis kleinstädtisch, konservativ, "christlich",

So bin ich nun mal, Sie sollten Menschen wie mich nicht lächerlich machen wollen. Sehr viele Menschen in Deutschland sind so. Wenn Sie die alle ablehnen und als gestrig empfinden, vertiefen Sie die Spaltung und das Gegeneinander.
Diejnigen, die sich progressiv nennen, haben in meinen Augen noch nicht gezeigt, dass ihre Vorstellungen besser wären. Nur "anders" ist nicht genug, es muss auch besser sein.


QuotePrenzlbergerin
17.06.23 09:25

Was für eine Witzfigur.  ...


QuoteO.L.
17.06.23 09:03

Mag er sein wie er will, aber Spahn hat Recht. Diese grüne Bevormundung ist unerträglich.


...
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 21, 2023, 10:45:20 AM
Quote[...] Der neue Sozialkonservatismus besteht aus einer neuen reaktionären Ideologie, bestehend aus kulturkämpferischen Themen wie der Ablehnung von "Politischer Korrektheit" und "Critical Race Theory", vermengt mit etwas LBTQ*-Feindlichkeit und sentimentalen Patriotismus.

Die Tatsache, dass die kulturkämpferischen Themen der letzten Jahre vorwiegend innerhalb religiöser Bewegungen und konservativ regierten Staaten reelle politische Folgen hatten, von der Gesamtgesellschaft jedoch entweder ignoriert oder abgelehnt werden, könnte für die Republikanische Partei zum großen Problem werden.

Nicht, dass die religiöse Rechte schlecht organisiert wäre. Im Gegensatz zu den meisten sozialen Bewegungen in den USA, die einen Rückgang ihres demografischen Einflusses verzeichnen mussten, konnte die religiöse Rechte ihre politische Macht über die Erosion der amerikanischen Zivilgesellschaft hinaus erhalten – mit weitreichenden Folgen.

... Die politische Entwicklung in den Vereinigten Staaten seit dem Kippen von Roe vs. Wade durch das Oberste Gericht hat gezeigt, dass eine gut-platzierte Gruppe religiöser konservativer Richter ihre politischen Ziele gegen den Willen der Mehrheit durchsetzen kann. Den politischen Preis zahlt die Republikanische Partei.

Die politische Macht der christlichen Rechten innerhalb der konservativen Bewegung und ihr Mangel an Rückhalt bei der US-Wählerschaft könnten sich für die Republikanische Partei bei den Wahlen 2024 als verhängnisvoll herausstellen.

... Die religiöse Rechte nimmt in Bezug auf die Republikanische Partei also eine ähnliche Rolle wie der ehemalige Präsident Donald Trump ein. Durch ihre kulturkämpferische Rhetorik schmälert sie die Erfolgschancen der Republikaner in landesweiten Wahlen, bindet jedoch die Wählerbasis der Republikaner an sich.

Der Kulturkampf hat als machtpolitisches Mittel also noch nicht ausgedient, nur wie weit diese Macht in den USA über die politische Sphäre der Konservativen hinausreicht, ist ungewiss.

...



Aus: "Religiöse US-Rechte: Warum sie die Erfolgschancen der Republikaner schmälert" Leon Gerleit (20. Juni 2023)
Quelle: https://www.telepolis.de/features/Religioese-US-Rechte-Warum-sie-die-Erfolgschancen-der-Republikaner-schmaelert-9192484.html (https://www.telepolis.de/features/Religioese-US-Rechte-Warum-sie-die-Erfolgschancen-der-Republikaner-schmaelert-9192484.html)

QuoteB.Eckstein, 20.06.2023 14:33

Nichts gegen Konservatismus - manches davon ist gut, manches davon ist schlecht. Über vieles kann man diskutieren. Aber was da bei der ex-GOP abgeht, ist echt bedauerlich. Die GOP hat schon damals bei der Tea-Party-Bewegung (Palin und Bachmann, den "Football-Moms") den Absprung auf dem Weg in die Parallelwelt zurück in die Realität leider nicht geschaft. Damals fing's schon an.


Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on June 24, 2023, 12:19:11 PM
Quote[...] Matthias Matussek hat ein weinerliches Buch geschrieben. Es ist durchzogen von Selbstüberschätzung, Denkfaulheit und peinlichen Fehlern. Doch etwas Gutes hat es.

Es war sehr zäh, dieses Buch zu lesen. Weil originelle Gedanken fehlen, weil die Handlung von ,,Armageddon" unfassbar platt geraten ist und auch wegen der zahlreichen handwerklichen Mängel.

In seinem neuen Buch lässt Matthias Matussek keinen Zweifel daran, dass die Hauptfigur – der in Ungnade gefallene Bestseller-Autor Rico Hausmann – er selbst ist. Die Lebensdaten, kleinste Details seiner Vita, die zertrümmerte Karriere, das alles ist Matussek.

Dank des ausgetauschten Namens wirkt es, vielleicht, nicht ganz so peinlich, dass sich der Autor ständig selbst lobt oder von anderen Figuren loben lässt. Weiterhin ermöglicht es dem Autor, Unwahrheiten zu verbreiten und sich im Zweifel darauf zurückzuziehen, dass es sich um einen Roman handle.

Acht Jahre ist es her, dass Matussek nach einem Eklat bei der ,,Welt" rausflog. Seitdem fällt er durch AfD-Nähe, rechte Polemik und seltsame Blogeinträge auf. In seinem Buch beschreibt er nun, wie er sich beziehungsweise Rico Hausmann einschätzt: als missverstandenen Großdenker und Starautoren, der von alten Weggefährten verraten wurde. Doch er sei ein Kämpfer. Einer, der ,,in Gegnerschaft aufblüht". Seine Selbstüberschätzung ist schwer erträglich.

Seine Botschaft lässt sich auf zwei Leitgedanken herunterbrechen: ,,Alle doof außer ich" sowie ,,Die anderen sind voll gemein." Der Verlag hatte ,,Armageddon" als ,,J'accuse" des Autors gegen ,,Mitläufertum und den Verlust der christlichen Werte" angekündigt, doch es ist bloß ein 280 Seiten langes Gejammer geworden.

Leider ist das Werk durchzogen von Fehlern. Der Autor bringt Fakten und zeitliche Abläufe durcheinander. Er zitiert Songtexte falsch, er zitiert Prominente und Kollegen falsch, er zitiert selbst falsch aus ,,Mein Kampf". Matthias Matussek schafft es sogar, verkehrt aus Wikipedia zu zitieren.

Mal bringt Matussek einen Buchtitel, mal den Namen eines berühmten Essays durcheinander. Und ja, es macht einen Unterschied, ob ein Werk wie von Matussek behauptet ,,Gegen den Selbstmord" heißt oder in Wahrheit ,,Über den Selbstmord". An einer Stelle schreibt er von einem Böhmermann-Video, das ,,gerade" herausgekommen sei, tatsächlich war das bereits 2018.

Glaubt man diesem Autor, war Kai Diekmann zu Zeiten der Ampelkoalition noch Chef der ,,Bild" (war er da schon vier Jahre nicht mehr). Der Schriftsteller Douglas Adams sei 52 Jahre alt geworden (korrekt wäre 49). Und er behauptet, das Magazin ,,Spiegel" habe 2017 die Worte ,,Wehrt Euch" auf sein Cover gedruckt (korrekt: ,,Traut Euch!"). Und so weiter.

Nun drängen sich mehrere Fragen auf. Erstens: Wenn schon diese offensichtlichen, leicht überprüfbaren Fakten nicht stimmen, was hat Matussek dann noch alles verwechselt? Und zweitens: Wurde dieses Buch überhaupt lektoriert?

Es gibt in der Medienbranche das bekannte Phänomen, dass schlecht gealterte, verbitterte, nach rechts gerutschte Autoren mitunter derart stur sind, dass Redakteure oder Lektoren, die deren Texte eigentlich verbessern sollten, einfach alles durchwinken. Um keine Zornesausbrüche über sich ergehen lassen zu müssen, sagen sie sich: Ach komm, das drucken wir weg, es steht schließlich nicht mein Name drüber.

Dies ist allerdings nur eine Theorie. Vielleicht existieren ganz andere Gründe für die grotesk vielen Fehler.

Ein bisschen bestürzt es zu sehen, wie tief Matthias Matussek in rechte Schwurbelwelten abgerutscht ist. Wie er den AfD-Sprech verinnerlicht hat, die Bundesrepublik für einen DDR-Obrigkeitsstaat hält, von ,,grünem Regierungsterror" fantasiert und Verschwörungslügen reproduziert. Man muss ihn fast dafür loben, dass er nicht auch noch über Chemtrails nachdenkt.

Immerhin wird deutlich, wie arg es Matthias Matussek schmerzt, dass er verstoßen wurde. Wie hart es ihn trifft, dass er öffentlich kritisiert wird, dass ihn Kurt Krömer in seiner Sendung vorführte und Jan Böhmermann ihm ein Lied schrieb. Dass so viele Weggefährten mit ihm brachen, weil sie seine rechten Ausfälle nicht tolerierten. Man spürt, wie unglücklich der Autor darüber ist, jetzt vor diesem Scherbenhaufen zu stehen, den er selbst verzapft hat.

Interessant ist auch zu erfahren, dass die meisten seiner Geschwister offenbar ein Problem mit seiner AfD-Nähe haben. Und was ihm sein Kumpel von der rechtsextremen Identitären Bewegung von seinen Dating-Problemen erzählt, ist ebenfalls erhellend. Nur sehr wenige Menschen wollen Sex mit Rechtsextremen haben, erfährt man. Dies sind die guten Momente des Buchs.

Eine fiktive Handlung gibt es in ,,Armageddon" übrigens auch. Mit ihr treibt Matussek seine eigene Opferinszenierung und Rechthaberei auf die Spitze: Ein linker Aktivist versucht, Rico Hausmann zu erschießen. Es klappt nicht. Als der Aktivist ihm nach 279 schleppenden Seiten auf einem Friedhof auflauert, mit dem Gewehr ansetzt und seinen Schuss abgibt, verletzt er Hausmann bloß. Der Angeschossene, der schon lange vor einem Attentat gewarnt hatte, überlebt, und die Polizei sieht nun endlich ein, dass sie die berechtigten Sorgen des klugen Autors früher ernst hätte nehmen sollen.

Bezeichnend, wie Matussek sich den Angreifer ausmalt: Der Mann gehört natürlich zur Antifa, ist bei G20 im schwarzen Block mitgelaufen, hasst das ,,Schweinesystem", hört ,,Feine Sahne Fischfilet", mag den Film ,,Pulp Fiction" und stinken tut er auch noch. Doch, so plump gestaltet Matussek seine Figuren. 

Gern wäre man dabei gewesen, als sich Matussek diesen Plot ausdachte und ihn irgendwie für eine gute Idee hielt statt für unfreiwillig komisch. Auch wüsste man gern, wie wohl sein Umfeld reagierte, als er davon erzählte. Warum ihn niemand zur Seite nahm und es ihm sagte.

Vermutlich wird das Buch ein paar wohlwollende Besprechungen ernten, im rechtsextremen ,,Compact"-Magazin und der ,,Jungen Freiheit". Die vielen Mängel werden diesen Kreisen egal sein. Bleibt die Frage, weshalb es sich für andere lohnen könnte, das Werk zu lesen.

Vielleicht weil es in diesen Zeiten auch kluge konservative Perspektiven auf dieses Land braucht? Ja, die braucht es ganz sicher und dringend. Doch ausgerechnet bei Matussek danach zu suchen, ist so, als wolle jemand klassische Musik hören und schalte deswegen RTL2 ein in der Hoffnung, in der Werbepause könnte mal zufällig der alte Warsteiner-Spot laufen.

Vielleicht weil es hilfreich ist zu wissen, wie Wutbürger argumentieren? Ja, aber dann kann man auch auf Youtube ein beliebiges Pegida-Video anklicken, das ist wenigstens gratis.

Womöglich taugt das Werk als abschreckendes Beispiel und beweist, dass die Kritik an den viel zitierten ,,alten weißen Männern" eben keine Kritik an Hautfarben oder Lebensaltern oder biologischen Geschlechtern ist, sondern an einer Geisteshaltung.

Niemand ist gezwungen, sich intellektuell derart aufzugeben, so engstirnig, gestrig und gehässig wie Rico Hausmann alias Matthias Matussek zu sein oder zu werden. Nicht so unelegant und vulgär, nicht so verbittert.

Jeder hat die Möglichkeit, neugierig zu bleiben, zu reflektieren und sich gegebenenfalls zu korrigieren, niemand muss mit rechtsextremen Verfassungsfeinden kuscheln und deren Treiben verharmlosen. Kurz: Niemand muss Rico Hausmann sein.

Ich glaube nicht, dass der Autor diese Botschaft im Sinne hatte. Aber trotzdem: Danke dafür.


Aus: "280 Seiten lang Gejammer: Matthias Matusseks Buch ,,Armageddon"" Sebastian Leber (23.06.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/matthias-matusseks-neues-buch-armageddon-280-seiten-mimimi-10032436.html (https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/matthias-matusseks-neues-buch-armageddon-280-seiten-mimimi-10032436.html)

Quoteleonavis
23.06.23 21:33

Das Buch mag zäh gewesen sein, diese Rezension dagegen ist äußerst unterhaltsam geworden. ^^



QuoteMiHa77
23.06.23 21:26
Auf den ersten Blick vermag dieses Machwerk lächerlich anzumuten, aber der vermutlich fatalste Fehler besteht in der irrigen Annahme einer zerklüfteten Rechten, und einer stringenten Trennung zwischen konservativer Mitte und verstoßenem rechten Rand.

Matussek ist nicht isoliert, sondern Teil einer wachsenden Blase, die seit dem Berliner Appell von 1994 wächst, und noch stärker akkumulierte, als sich - die als Interimslösung angedachte - Frau Dr. Merkel mit Hilfe der Pizza Connection, allen voran Peter Altmaier, die Macht in der CDU sicherte, und sich Funktionäre wie Roland Koch, Alexander Gauland, Martin Hohmann zunehmend ihrer politischen Heimat beraubt sahen.

Zuvor war die alte Dregger und Alfred Seidl Fraktion fest in die Union eingehegt. Der Wahlkampf der hessischen CDU 1998 geschah im typischen AFD Sprech, und Irmer könnte der wahre Vordenker jener späteren Partei gewesen sein. Heute ist diese Blase nicht mehr eingehegt, und sehr regierungsfeindlich eingestellt.

Rico Hausmann könnte auch Julian Reichelt sein, oder Peter Hahne, oder Stefan Aust, oder Roland Tichy, oder Fürstin Gloria, oder Vera Lengsfeld.
Viele verspritzen ihre Dosis Gift in die Köpfe der Menschen, schwadronieren vom Sozialismus, über den Untergang des Abendlandes und einer "woken" Diktatur. So mancher Bürgermeister, Landrat und Ministerpräsident fängt auch schon deutlich an sich anzubiedern, unterstützt von zu kurz denkenden, unterstützenden Unternehmern.

Und diese Gruppe wächst und sollte nicht relativierend weggelächelt werden.
Ich kann über die wachsende, undifferienzierte Polarisierung schon lange nicht mehr lachen, und sehe uns auf einem Spaltungs- und Radikalisierungskurs wie die USA.


QuoteSchartinMulz
23.06.23 21:15
Es wäre ja auch komisch, wenn ein Buch, das den Zeitgeist anprangert, in einer Zeitgeist-Zeitung eine gute Kritik bekäme.
Vielleicht ist das Buch wirklich grottenschlecht. Aber aus dieser Rezension kann man es nicht herasuslesen, weil ein Mann wie Matussek hier auf keinen Fall eine gute Kritik bekommen könnte.

    Womöglich taugt das Werk als abschreckendes Beispiel und beweist, dass die Kritik an den viel zitierten ,,alten weißen Männern" eben keine Kritik an Hautfarben oder Lebensaltern oder biologischen Geschlechtern ist, sondern an einer Geisteshaltung.

Dieser Satz spiegelt leider die Arroganz des Zeitgeistes wieder. Eine Pauschalbeleidigung alter, weißer Männer wird wird rechtfertigt, relativiert. Und das in Zeiten der überbordenden PC.


Quoteleichtluft
24.06.23 10:56
@SchartinMulz am 23.06.23 21:15

ähm, ich finde schon, es werden viele Belege angeführt.


QuoteIchWarVonAnfangAnDagegen
24.06.23 11:03
@SchartinMulz am 23.06.23 21:15

Das Zitat besagt doch gerade, dass es mit diesem Begriff eben nicht pauschal um alle alten weißen Männer geht, sondern um eine Einstellung, die häufig von diesen eingenommen wird: moderne Ideen sind allesamt Quatsch, früher war alles besser, die spinnen doch alle nur noch.


QuoteAltberliner
23.06.23 21:01

Wenn das so ein gruseliges Machwerk ist, warum wird es in extenso rezensiert?

Und solche Sätze sind schmerzhaft:
,,Alle doof außer ich"

Außer verlangt den Dativ.


Quoteredbarristo
23.06.23 20:09

Vielen Dank Herr Leber, dass Sie sich die Lektüre des neuesten Federstreiches des zunehmend glücklosen Glücksritters Matthias Matussek angetan hatten.
Ich hatte Herrn Matussek vor Jahren als gewitzten, klugen und gebildeten Journalisten wahrgenommen.

!

Und war umso erstaunter, weshalb er seit kurzer Zeit mit aller Gewalt sein Lebenswerk zerstört und sich als plumper Hofnarr für die Dummen verkauft.

Warum hat er sich in den Wechseljahren nicht einfach einen Porsche gekauft?

...


QuotePeterHaber
23.06.23 19:17

    von ,,grünem Regierungsterror" fantasiert und

ähnliches liest man hier im Forum auch tagtäglich. Gut, die schreiben sich ihren Frust hier von der Seele, veröffentlichen kein Buch und verdienen damit kein Geld, aber das Gedankengut ist halt doch ähnlich.


Quoteherjeh
23.06.23 18:23

Matussek konnte man eh schon lange nicht mehr ernst nehmen. Aber wenn man diesen Bericht liest, wird einem schwummrig.
Eines passt genau zu den Rechtsextremen, Fakten müssen nicht stimmen, Hauptsache man macht Stimmung.
Und Matussek bedient mit seinem Machwerk genau diese Masche.


Quotekerrin
23.06.23 18:20

Ein sehr gelungener Text, Herr Leber, und auch von Empathie geprägt für einen Autoren, der mich mit seinem Weg in den letzten Jahren an andere "Leidende" und verkannte Schriftsteller wie Uwe Tellkamp erinnert.


QuoteDie_vom_Rhein
23.06.23 21:37
@kerrin am 23.06.23 18:20

Ich finde den Beitrag auch sehr gelungen! Uwe Tellkamp kam mir auch gleich in den Sinn - warum nur?!


QuoteSciaridae
23.06.23 17:17
Danke Herr Leber, dass Sie sich die Lektüre des verschollen gehofften Herrn Matussek angetan haben, um darüber zu berichten.

    Doch, so plump gestaltet Matussek seine Figuren.

Was will man erwarten von einem wenig begabten, auf dunkle Abwege geratenen gekränkten Ego? Fischen am rechten Rand - und ein paar überzeugte Erleuchtete werden dieses Heft kaufen, um ihren Bruder im Geiste zu unterstützen.
Viel Kraft wünsche ich Ihnen übrigens, Herr Leber, für den anstehenden Shitstorm der Rechtsextremen und Chemtrailschnüffler, wenn diese Kritik die Runde in den einschlägigen sozialen Blasen macht.
Auch hier werden die Fans des Herrn Matussek schon die Messer wetzen.


Quotekerrin
23.06.23 18:24
@Sciaridae am 23.06.23 17:17

Mein Gedanke, es werden die altbekannten und in letzter Zeit vielen Neuaccounts gleich vereint auftreten, nachdem sie ihre Sympathiebekundungen für Frau Pechstein niedergeschrieben haben.

(Frau Pechstein wäre auch noch ein passende Figur in diesem Werk gewesen, so als Bundespolizistin under cover, die die Hauptfigur vor dem Anschlag beschützt. :-) )


Quotepeeka
23.06.23 19:15
@kerrin am 23.06.23 18:24

Also bitte - es ist Freitag Abend. Da schreibt kein CDU-Stadtrat mehr Kommentare. Warten Sie mal schön bis Montag 9.30 Uhr (in der Kernarbeitszeit).


...
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on August 21, 2023, 03:59:34 PM
... Ohne Universalismus aber gebe es kein Argument gegen Rassismus, ,,sondern bloß einen Haufen einzelner Stämme, die um die Macht rangeln. Und sollte die politische Geschichte darauf hinauslaufen, dann haben wir keine Möglichkeit mehr, an einer stabilen Idee von Gerechtigkeit festzuhalten". ...

Quote[...] Als ein Gedicht von einer Hauswand entfernt, ein zeithistorischer Roman wegen Verwendung des N-Worts als Schulstoff delegitimiert und modisches Tragen von Rastalocken zum Anlass für einen Konzertabbruch genommen wurden, geschah dies jeweils im Namen einer höheren Gerechtigkeit. Vorausgegangen waren politische Interventionen gegen die arglose Fortführung des Gewohnten. Die aktivistische Energie, die die überaus erfolgreichen kulturpolitischen Eingriffe befeuerte, ging einher mit weitgehend ungeprüften Annahmen und Unterstellungen zur ästhetischen Produktion. Ein einziges Wort in Eugen Gomringers ,,Avenidas" evozierte das Unbehagen gegen sexuelle Gewalt und lastete es dem Gedicht an. Wolfgang Koeppens Roman ,,Tauben im Gras" wurde einer rassistischen Sprache bezichtigt, und von Nicht-Jamaikanern gespielter Reggae samt Präsentation zugehöriger Frisuren wurde als kulturelle Aneignung gewertet und zur Absage gedrängt.

In der öffentlichen Wahrnehmung werden Geschehnisse wie diese mal amüsiert oder empört zur Kenntnis genommen. Je nach Gemütslage können sie achselzuckend als Randnotiz gesellschaftlicher Selbstverständigung oder als weiteres Indiz für einen eskalierenden Kulturkampf aufgefasst werden. Dass der Karneval der Infragestellungen irgendwann auch über Immanuel Kant und die Aufklärung hinwegziehen würde, kam kaum überraschend. Gegen die Angriffslust einer auf Empfindsamkeit und partikulare Interessen ausgerichteten Weltsicht haben Hermeneutik, Philologie und das Wissen über geschichtliche Entwicklung einen schweren Stand.

In Ihrem Essay ,,Links ist nicht woke" ist die amerikanische Philosophin Susan Neiman, Leiterin des Einstein-Forums in Potsdam, darum bemüht, die elementaren Grundlagen der Epoche der Aufklärung gegen frei flottierende Bestrebungen in Stellung zu bringen, diese im Furor einer Art ethischen Säuberung über Bord zu werfen. Eine radikal verstandene Dekolonisierung scheint gerade vor Kant nicht Halt machen zu wollen, den man einiger rassistischer Bemerkungen überführt zu haben meint.

Susan Neiman hält beherzt dagegen. Es sei inzwischen zum Credo geworden, den Universalismus ebenso wie andere Ideen der Aufklärung als Taschenspielertricks zu betrachten, mit dem die eurozentrischen und kolonialistischen Ansichten verschleiert werden sollten. Dabei seien es die Aufklärer gewesen, die die Kritik am Eurozentrismus als Erste formuliert und den Kolonialismus verurteilt haben. ,,Um das zu erkennen, muss man keine der schwierigeren Schriften der Aufklärung lesen: Eine Taschenbuchausgabe des ,Candide' genügt da vollkommen. Wer eine prägnante Schmährede gegen Fanatismus, Sklaverei, koloniale Ausplünderung und andere europäische Übel sucht, wird keine bessere finden."

Voltaire, Kant, Diderot, Rousseau – als leidenschaftliche linke Philosophin möchte Susan Neiman mit Argumenten überzeugen, und so kann man ihre engagierte Schrift mit Gewinn als Apologie der Aufklärung gegen ihre jungen Verächter lesen, wobei Neiman selbst mitunter zu schwanken scheint, ob sie die ungezogenen Kinder der Wokeness für deren Arglosigkeit zurechtweisen oder sie für die Werte und Werke sowie den Erkenntnisreichtum der Aufklärung zurückgewinnen will.

Für Letzteres sprechen Passagen wie diese: ,,Wenn postkoloniale Theoretiker von heute mit Recht darauf bestehen, dass wir die Welt auch aus dem Blickwinkel von Nichteuropäern sehen, sind sie Teil einer Tradition, die bis auf Montesquieu zurückgeht. Er machte fiktive Perser zum Sprachrohr seiner Kritik an den Sitten in Europa, die er in dieser Deutlichkeit und Härte mit seiner eigenen Stimme als Franzose nicht unbeschadet hätte äußern können." Und zur Kritik an Kant gesteht sie zu, dass dieser leider nie angesprochen habe, dass seine rassistischen Bemerkungen der eigenen späteren systematischen Theorie widersprachen. Doch es sei fatal zu vergessen, so Neiman, dass Denker wie Rousseau, Diderot und Kant die ersten waren, die den Eurozentrismus und den Kolonialismus verurteilten.

Drei aufklärerische Errungenschaften sind es, an denen Susan Neiman unbedingt festhalten möchte: das Bekenntnis zum Universalismus, die prinzipielle Unterscheidung zwischen Gerechtigkeit und Macht und die Möglichkeit von Fortschritt. Aus diesem Grund betreibt sie einigen argumentativen Aufwand, um sich mit den in woken Gefilden überaus einflussreichen Schriften Michel Foucaults auseinanderzusetzen, der mit seinen geschichtsarchäologischen Studien früh die Axt angelegt hat an emphatische Begriffe wie Freiheit und Gerechtigkeit.

Obwohl Foucault sehr viel zum Verständnis der in modernen Gesellschaften herrschenden Machtmechanismen beigetragen habe, hält Neiman ihn für einen Reaktionär, dessen Lust an der Demaskierung womöglich einzig darin bestand, die Subversion zur Kunstform zu erheben. Wie ein nachhaltig wirksames Gift, so legt Neiman nahe, sei Foucaults Ablehnung des Universalismus und jeglicher Fortschrittsidee in die aktivistischen Kreise eingedrungen.

Ohne Universalismus aber gebe es kein Argument gegen Rassismus, ,,sondern bloß einen Haufen einzelner Stämme, die um die Macht rangeln. Und sollte die politische Geschichte darauf hinauslaufen, dann haben wir keine Möglichkeit mehr, an einer stabilen Idee von Gerechtigkeit festzuhalten". Was man ,,woke" nennt, so schließt Neiman, sei selbst von einer Reihe von Ideologien kolonisiert worden, die eigentlich ins rechte Lager gehören.

Während Neiman reichlich Energie aufwendet, um den von vielen als linke Gallionsfigur angesehenen Foucault zu exorzieren, kommen andere theoretische Referenzen der woken Bewegung wie Judith Butler oder Edward Said allenfalls am Rande vor. Wenn dies der Option geschuldet ist, eine linke Aufgeschlossenheit zur Wokeness offenzuhalten, dann dürfte es mit Thomas Piketty, den Neiman zustimmend zitiert, eine skeptische sein. Wenn man die Menschen glauben mache, dass es zu den bestehenden sozio-ökonomischen Verhältnissen und Klassenungleichheiten keine glaubwürdige Alternative gebe, so resümiert Piketty, ,,dann sei es kein Wunder, dass alle Hoffnung auf Veränderung sich auf die Feier der Grenze und der Identität verlagere. Die Party scheint trotz Neimans Intervention weiterzugehen.

Susan Neiman: Links ist nicht woke. Aus dem Englischen von Christiana Goldmann. Hanser Berlin 2023. 168 Seiten


Aus: "Mit Kant und Diderot gegen die ,,woke" Party" Harry Nutt (21.08.2023)
Quelle: https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/debatte/mit-kant-und-diderot-gegen-die-woke-party-li.368543 (https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/debatte/mit-kant-und-diderot-gegen-die-woke-party-li.368543)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on October 25, 2023, 01:53:22 PM
Quote[...] Im Iran sind zahlreiche Schauspielerinnen mit einem Arbeitsverbot belegt worden. Hintergrund sind Verstöße gegen die ,,islamischen Kleidungsregeln", wie die Zeitung ,,Hamshahri" am späten Dienstagabend berichtete.

Mehr als zehn Frauen sei es nun untersagt, in neuen Filmen zu spielen. Unter den Betroffenen sind die iranischen Filmstars Tareneh Alidoosti, Afsaneh Bajegan oder Katajun Riahi.

Irans Minister für Kultur und islamische Führung verteidigte das Arbeitsverbot. Das Tragen eines Kopftuchs sei eine gesetzliche Pflicht, sagte Mohammed-Mehdi Esmaeili laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Tasnim am Mittwoch. Das Ministerium kontrolliert auch die Filmszene, erteilt Erlaubnisse oder spricht Verbote aus.

Im Zuge der Protestwelle im Herbst 2022 im Iran waren mehrere Schauspielerinnen ins Fadenkreuz der Justiz geraten, die sie sich mit der Bewegung solidarisiert hatten. Alidoosti und Riahi etwa wurden zwischenzeitlich inhaftiert.

Auch gegen andere Filmschaffende laufen Verfahren. Auslöser der Proteste war der Tod der jungen iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini. Sie starb im Polizeigewahrsam, nachdem sie wegen des Verstoßes gegen den Kopftuchzwang festgenommen worden war. (dpa)


Aus: "Arbeitsverbot wegen ,,Kopftuchverstößen": Filmstars im Iran abgestraft" (25.10.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/internationales/arbeitsverbot-wegen-kopftuchverstossen-filmstars-im-iran-abgestraft-10681075.html (https://www.tagesspiegel.de/internationales/arbeitsverbot-wegen-kopftuchverstossen-filmstars-im-iran-abgestraft-10681075.html)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on December 18, 2023, 04:31:57 PM
... Seit Jahrzehnten lebe er in ständiger Gefahr. "Dennoch ist er nach wie vor einer der leidenschaftlichsten Verfechter der Freiheit des Denkens und der Sprache - und zwar nicht nur seiner eigenen, sondern auch der von Menschen, deren Ansichten er nicht teilt", hieß es in der Begründung. ...

Quote[...] Zum Abschluss der Frankfurter Buchmesse 2023 wurde dem britisch-indischen Schriftsteller Salman Rushdie am Sonntag in der Frankfurter Paulskirche der Friedenspreis des deutschen Buchhandels verliehen. In seiner Dankesrede rief er zum Schutz der Meinungsfreiheit auf, die er aus allen politischen Richtungen bedroht sieht.

"Wir leben in einer Zeit, von der ich nicht geglaubt habe, sie erleben zu müssen, eine Zeit, in der die Freiheit – insbesondere die Meinungsfreiheit, ohne die es die Welt der Bücher nicht gäbe – auf allen Seiten von reaktionären, autoritären, populistischen, demagogischen, halbgebildeten, narzisstischen und achtlosen Stimmen angegriffen wird", so Rushdie. Als Angreifer nannte er "extremistische Religionen und bigotte Ideologien", aber auch "progressive Stimmen, die sich für eine neue Art von bien-pensant (konformistisch) Zensur aussprechen, eine Zensur, die sich den Anschein des Tugendhaften gibt und die viele, vor allem junge Menschen, auch für eine Tugend halten."

Dabei wies Rushdie auf die Rolle des Internets und der sozialen Medien hin, die durch die Verbreitung von Falschmeldungen die Freiheit zusätzlich einschränken würden – ein Phänomen, dass auch für viele Forschende ein Problem darstellt.

"Von links wie rechts gerät die Freiheit also unter Druck, von den Jungen wie den Alten. Das hat es so bislang noch nicht gegeben und wird durch neue Kommunikationsformen wie das Internet noch komplizierter, da gut gemachte Webpages mitsamt ihren böswilligen Lügen gleich neben der Wahrheit stehen, weshalb es vielen Menschen schwerfällt, das eine vom anderen zu unterscheiden."

Auch eine Lösung bot Rushdie in seiner Dankesrede an: "Wir sollten weiterhin und mit frischem Elan machen, was wir schon immer tun mussten: schlechte Rede mit besserer Rede kontern, falschen Narrativen bessere entgegensetzen, auf Hass mit Liebe antworten und nicht die Hoffnung aufgeben, dass sich die Wahrheit selbst in einer Zeit der Lügen durchsetzen kann."

Der 1947 als Sohn muslimischer Eltern in Indien geborene Bestsellerautor setzt sich mit seinen Werken für Meinungsfreiheit und Demokratie ein. Aufgrund seines Buchs "Die satanischen Verse", in dem er sich mit dem Islam auseinandersetzt, verurteilte ihn der iranische Revolutionsführer Ayatollah Khomeini 1989 mit einer Fatwa zum Tode. Seitdem wird Rushdie von radikalen Islamisten bedroht und lebte jahrelang unter Polizeischutz in verschiedenen Verstecken.

2022 überlebte er nur knapp die Messerattacke eines Attentäters bei einem öffentlichen Vortrag in den USA. Seitdem ist Rushdie auf einem Auge blind. Seit dem Attentat ist Rushdie nur selten aufgetreten. Es sei ein "schwieriges Jahr" für ihn gewesen, sein Gesundheitszustand sei jedoch einigermaßen gut, so Rushdie. Für seine Termine in Frankfurt hatte die Buchmesse zusammen mit der Polizei ein umfassendes Sicherheitskonzept erarbeitet. Ein weiterer Auftritt Rushdies fand am Samstagabend bei einer "Literaturgala" der Buchmesse statt, wo der indisch-britische Autor sein aktuelles Buch "Victory City" vorstellte.

Angesprochen auf die aktuelle Weltlage sagte der 76-Jährige vergangenen Freitag bei einer streng geschützten Presseveranstaltung: "Die Welt ist in keinem guten Zustand. Aber unvernünftigerweise bleibe ich optimistisch." Die Ereignisse in Israel erfüllten ihn "mit Horror". Er sei entsetzt über die Anschläge der Hamas und ahne, was Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu im Gegenzug machen werde. Darüber hinaus sei dies "eine riskante Zeit für die Demokratie." Die Literatur gebe ihm Hoffnung. "Schreiben ist ein optimistischer Akt", so Rushdie. "Man geht davon aus, dass es später jemand liest. Literatur zeigt die Welt als einen reichen und komplexen Ort, was das Gegenteil einer engen, rigiden Weltsicht ist."

Den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhält Rushdie unter anderem "für seine Unbeugsamkeit, seine Lebensbejahung und dafür, dass er mit seiner Erzählfreude die Welt bereichert", wie der Stiftungsrat am Montag in Frankfurt am Main mitteilte. Seit seinem 1981 erschienenen Buch "Mitternachtskinder" beeindrucke Salman Rushdie durch seine Deutungen von Migration und globaler Politik. In seinen Romanen und Sachbüchern verbinde er erzählerische Weitsicht mit stetiger literarischer Innovation, Humor und Weisheit, hieß es in der Mitteilung. "Dabei beschreibt er die Wucht, mit der Gewaltregime ganze Gesellschaften zerstören, aber auch die Unzerstörbarkeit des Widerstandsgeistes Einzelner."

Trotz der Folgen des Attentats schreibe Rushdie weiter, "einfallsreich und zutiefst menschlich", wie der Stiftungsrat erklärte. Seit Jahrzehnten lebe er in ständiger Gefahr. "Dennoch ist er nach wie vor einer der leidenschaftlichsten Verfechter der Freiheit des Denkens und der Sprache - und zwar nicht nur seiner eigenen, sondern auch der von Menschen, deren Ansichten er nicht teilt", hieß es in der Begründung. "Unter hohen persönlichen Risiken verteidigt er damit eine wesentliche Voraussetzung des friedlichen Miteinanders."

Rushdie bedankte sich im Vorfeld der Verleihung mit folgenden Worten beim Stiftungsrat: "Ich kann der Jury nur für ihre Großzügigkeit danken. Ich weiß, wie bedeutsam dieser Preis ist, und ich bin ein wenig eingeschüchtert von der Liste der bisherigen Preisträgerinnen und Preisträger, zu der sich mein Name nun gesellen wird. Ich freue mich wirklich sehr." Die Festrede auf Rushdie hielt der Schriftsteller Daniel Kehlmann, ein enger Freund des 76-Jährigen. Er nannte ihn einen "der großen Erzähler der Literaturgeschichte, der vielleicht wichtigste Verteidiger der Freiheit von Kunst und Rede in unserer Zeit – vor allem aber ein weiser, neugieriger, heiterer und gütiger Mensch und somit der würdigste Träger, den es für diese Auszeichnung, die ja als Friedenspreis ausdrücklich nicht nur künstlerische, sondern auch humanistische Größe auszeichnet, überhaupt hätte geben können."

Rushdies neues Buch soll im April 2024 erscheinen. Er habe es gerade erst beendet. Es trägt den Titel "Knife. Gedanken nach einem Mordversuch". Thema ist das Attentat in den USA, bei dem Rushdie ein Auge verlor. Am Freitag sagte er dazu in Frankfurt: "Es war unmöglich, etwas Anderes zu schreiben."

Der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ist mit 25.000 Euro dotiert und wird vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels vergeben. Gewürdigt werden damit seit 1950 Persönlichkeiten, die in Literatur, Wissenschaft oder Kunst zur Verwirklichung des Friedensgedankens beigetragen haben. Im vergangenen Jahr wurde der ukrainische Autor Serhij Zhadan ausgezeichnet.

pje/dpa



Aus: "Salman Rushdie ruft zum Schutz der Meinungsfreiheit auf" (23.10.2023)
Quelle: https://www.forschung-und-lehre.de/zeitfragen/salman-rushdie-erhaelt-friedenspreis-des-deutschen-buchhandels-5981 (https://www.forschung-und-lehre.de/zeitfragen/salman-rushdie-erhaelt-friedenspreis-des-deutschen-buchhandels-5981)
Title: [Das Muster vom Kampf der Kulturen... ]
Post by: Textaris(txt*bot) on January 07, 2024, 12:14:30 PM
Quote[...] Vor allem in den sozialen Medien wird "moderne Architektur" heutzutage mit wahllosen Rundumschlägen geprügelt. Meistens mit dem einfachen, aber effektiven Rezept, zwei Bilder nebeneinanderzustellen, die einen vermeintlichen Kulturverlust illustrieren: Links Stein, rechts Beton. Links Ornament, rechts kein Ornament. Links gut, rechts böse. Vor allem die Plattform X, vormals Twitter, ist zum Spielfeld dieser Polarität geworden. Zahllose Accounts wie etwa @archi_tradition (579.000 Follower) posten Bilder gotischer Kathedralen mit der Frage, warum man so etwas heute nicht mehr baue. Oder @Arch_Revival_ (142.000 Follower), der Neubauten feiert, die aussehen, als wären sie 200 Jahre alt, was als Qualitätsmerkmal offenbar ausreicht. Nebenbei wird gerne auch die moderne Kunst als "degeneriert" bezeichnet.

... Sich im Jahr 2024 an Le Corbusier, Mies van der Rohe und dem Bauhaus abzuarbeiten und Barrikaden an Frontlinien aufzustellen, die längst obsolet sind, ist, als würde man heute noch Beethoven gegen "langhaarige Beatmusiker mit Stromgitarren" ausspielen.

Aus: "Warum sich rechte Gruppen plötzlich mit Architektur beschäftigen" Maik Novotny (7. Jänner 2024)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/3000000201931/warum-sich-rechte-gruppen-ploetzlich-mit-architektur-beschaeftigen (https://www.derstandard.at/story/3000000201931/warum-sich-rechte-gruppen-ploetzlich-mit-architektur-beschaeftigen)