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[Überwachung und Paranoia (Notizen) ... ]

Started by lemonhorse, August 20, 2008, 08:14:33 PM

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"Philipp Amthor Ein düsterer Digitaltraum" Eine Kolumne von Sascha Lobo (17.06.2020)
... Die Affäre um Philipp Amthor wirft Licht auf gefährliche Bestrebungen zur Privatisierung von Sicherheit und Überwachung. Denn was privat ist, unterliegt kaum demokratischen Kontrollinstanzen. ... wenn man sich mit Überwachung, Sicherheitspolitik und Konservatismus beschäftigt, hat der Fall Amthor das Zeug, auf ein perspektivisches Demokratieproblem hinzuweisen. Das "Handelsblatt" zitiert frühere Manager von Augustus Intelligence, das Unternehmen habe "kein Produkt, keine Kunden und keine Umsätze". Es wäre eine große Erleichterung, wenn sich die von Amthor protegierte Firma als heiße Luft oder gar großer Schwindel entpuppen würde. Nicht aus Schadenfreude, sondern weil die Alternative gefährlich werden könnte.
Denn Augustus Intelligence ist nicht aus dem Nichts entstanden, vielmehr erkennt man an der Kommunikation und mehr noch an den Verbindungen das Vorbild und die Vision des Unternehmens. Gleich zwei ehemalige Geheimdienstchefs als Fürsprecher, flankiert von einem ehemaligen Verteidigungsminister - hier soll offensichtlich ein deutsches Palantir entstehen (auch wenn der Sitz in New York ist). Wie könnten die Parallelen, zum Beispiel als Erzählung für Investoren, aussehen? ... Palantir ist eines der wertvollsten und problematischsten Mega-Start-ups der Welt. Über Jahre konnte man überall die Phrase lesen, niemand wisse genau, was Palantir mache. Das hat noch nie so richtig gestimmt, sondern war Teil eines sorgsam gepflegten Images. Eine gewisse Mysteriösität wirkt in der Branche verkaufsförderlich. Palantir ist einer der wichtigsten und unerbittlichsten Überwachungskonzerne der Welt, mit besonderem Fokus auf Geheimdienste, Polizeibehörden und Verwaltungen. ...
https://www.spiegel.de/netzwelt/web/privatisierung-von-sicherheitsbehoerden-ein-duesterer-digitaltraum-a-ad4d4aaa-4901-463f-bce4-6218808d8477

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"Lobbyaffäre um Philipp Amthor Augustus Intelligence in der Bredouille – Gründer setzt CEO-Mandat aus" (19.06.2020)
Die Affäre um CDU-Jungstar Philipp Amthor hat das mysteriöse Start-up in die Schlagzeilen gebracht. Nun zieht sich Gründer Wolfgang Haupt zurück – vorerst. ... ,,Der unabhängige Bericht dient dem Nachweis, dass das Unternehmen sich stets voll dafür einsetzt, seine Geschäfte nach den höchsten ethischen Standards zu führen", hieß es in einer Erklärung am Freitag. Doch worin diese eigentlich bestehen, bleibt unklar. ... Die politische Debatte beginnt dagegen erst, die Kritik an Amthor reicht von ganz links bis in seine eigene Partei. Parteikollege Friedrich Merz wirft ihm vor, ,,Mist gebaut" zu haben, die linke Innenpolitikerin Martina Renner fragt gar, ob Augustus die ,,Tarnfirma eines Geheimdienstes" sei. ...
https://www.handelsblatt.com/technik/it-internet/lobbyaffaere-um-philipp-amthor-augustus-intelligence-in-der-bredouille-gruender-setzt-ceo-mandat-aus/25930906.html

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Shoshana Zuboff (* 18. November 1951) ist eine US-amerikanische Wirtschaftswissenschaftlerin und emeritierte Professorin für Betriebswirtschaftslehre der Harvard Business School in Cambridge, Massachusetts. --- Buch: Das Zeitalter des Überwachungskapitalismus. Campus Verlag, Frankfurt / New York 2018, ISBN 978-3-593-50930-3 (englisch: The Age of Surveillance Capitalism. New York. Übersetzt von Bernhard Schmid, in der englischen Fassung im Januar 2019 erschienen) ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Shoshana_Zuboff

Shoshana Zuboff: Überwachungskapitalismus und Demokratie
Alexander von Humboldt Institut for internet and society - Erhebungen und Analysen von Daten verändern die Funktionsweise von Wirtschaft. Aber sind diese Veränderungen so grundlegend, dass sie zur Entstehung einer neuen Form des Kapitalismus geführt haben – dem Überwachungskapitalismus? Wenn das Verhalten von Menschen immer transparenter wird, welche Bedeutung kommt Vertrauen dann zu? Sind Individuen nur ein Anhängsel der digitalen Maschine, Objekte neuer Mechanismen, die nach den Bestimmungen des Privatkapitals belohnen und bestrafen? Wie wirkt sich der soziale Zusammenhalt aus, wenn Menschen als Arbeitskräfte überflüssig werden, während ihre Daten weiterhin als Wert-Quelle in lukrativen neuen Märkten fungieren, die mit Prognosen des menschlichen Verhaltens handeln? Wie können wir das kontrollieren, was wir noch nicht verstehen?
Shoshana Zuboff ist Sozialwissenschaftlerin und Autorin. Jedes ihrer Bücher wird als Signal für eine neue Epoche in der technologischen Gesellschaft gehandelt. Ihr jüngstes Buch, The Age of Surveillance Capitalism, enthüllt eine Welt, in der Technologieanwender*innen keine Kund*innen mehr sind, sondern der Rohstoff für ein völlig neues Wirtschaftssystem. Zuboff ist emeritierte Charles Edward Wilson Professorin an der Harvard Business School und war von 2014-2016 Fakultätsassoziierte am Berkman-Klein Center for Internet and Society an der Harvard Law School.
Der derzeit rapide voranschreitende technologische Wandel ruft enorme Ungewissheiten hervor. Umfassende Erklärungen werden notwendig, um die Veränderungen besser verstehen und eine gemeinsame Zukunft gestalten zu können. Das Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG) und die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) führen daher auch in diesem Jahr die 2017 ins Leben gerufene Redenreihe Making sense of the digital society fort. Ziel ist es, eine europäische Perspektive auf den gegenwärtigen Transformationsprozess unserer Zeit und dessen gesellschaftliche Auswirkungen zu entwickeln. Die erste Rednerin in diesem Jahr war die Soziologin Eva Illouz, gefolgt von Dirk Baecker, José van Dijck und Louise Amoore. Die Veranstaltung mit Shoshana Zuboff am 6. November findet im Rahmen der Berlin Science Week 2019 statt und ist Keynote der DigiKomm 2019 Konferenz.
https://youtu.be/fJ0josfRzp4

Überwachungskapitalismus mit Philosoph Gert @Scobel - Jung & Live #33
Wolfgang M. Schmitt & Tilo sprechen mit Philosoph Gert @Scobel über Google, Facebook, Amazon & Co oder es mit Shoshanna Zuboff zu sagen: die Ära des Überwachungskapitalismus ...
•Streamed live on Jul 1, 2020
https://youtu.be/7ZtbYvwgK-w



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Quote[...] Drohnen, Verbrechensvorhersage und nun Gesichtserkennung: Die österreichische Polizei greift immer mehr zu Mitteln, die man noch vor wenigen Jahren nur aus Hollywoodfilmen kannte. Mit Anfang August ist nun das Gesichtserkennungssystem des Innenministeriums nach einem mehrmonatigen Versuchs- in den Regelbetrieb übergegangen. Und es wird eifrig genutzt. So kam die Software zur Ausforschung von Demonstranten zum Einsatz, wie dem STANDARD vorliegende Dokumente zeigen. Dies wird auch vom Innenministerium bestätigt. "Der digitale Bildabgleich ist im Zusammenhang mit den Vorfällen in Favoriten zum Einsatz gekommen", sagt Innenministeriumssprecher Patrick Maierhofer.

Er meint damit die Demonstrationen Ende Juni und Anfang Juli in Wien-Favoriten, die nach einem Angriff türkischer Nationalisten auf eine feministische Kundgebung stattfanden. Dabei kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Rechtsextremisten aus dem Umfeld der türkischen Grauen Wölfe und kurdischen Aktivisten sowie anderen Antifaschisten. Auch das Ernst-Kirchweger-Haus (EKH), ein linkes Kulturzentrum, in dem sich auch ein kurdisches Vereinslokal befindet, wurde attackiert. Neben Sachbeschädigungen kam es auch zu Körperverletzungen.

Um mutmaßliche Täter auszuforschen, war die Gesichtserkennungssoftware den Ermittlern zu Diensten. Laut Innenministerium lieferte sie auch "eine erste Übereinstimmung, die allerdings noch vom Verfassungsschutz bestätigt werden muss". Insgesamt wurden bisher 47 bekannte und 59 unbekannte Personen angezeigt. Laut STANDARD-Informationen wurde die Gesichtserkennung genutzt, um antifaschistische Aktivisten zu identifizieren. Ob sie auch zur Ausforschung von Rechtsextremen genutzt wurde, war nicht in Erfahrung zu bringen.

Die Software gleicht Bilder von Überwachungskameras oder anderen Quellen mit Fotodatenbanken der Polizei ab. Dabei können auch Fotos aus sozialen Medien für einen Bildabgleich genutzt werden, wie die Ermittlungen rund um die Demonstrationen in Favoriten zeigen. "Sollte es im Zuge von Erhebungen einen Hinweis auf eine tatverdächtige Person geben, so können weitere Ermittlungen auch in den sozialen Medien stattfinden. Hierbei können auch Fotos zu einem Vergleich herangezogen werden", erklärt Sprecher Maierhofer. Etwa Fotos von Demonstranten, die auf Twitter veröffentlicht wurden. Das Innenministerium sieht die Nutzung der Fotos durch das Sicherheitspolizeigesetz gedeckt. Die Juristin und Links-Politikerin Angelika Adensamer sieht hingegen für das Vorgehen "keine Rechtsgrundlage", es sei denn, es handle sich um den Verdacht auf schwere Verbrechen.

Wie das System genau arbeitet, ist dem Innenministerium nicht bekannt. Die Algorithmen seien "wie bei allen solchen Systemen Betriebsgeheimnis des Herstellers", erklärte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) vor wenigen Tagen in der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der Neos. Hergestellt wurde es von der Firma Atos IT Solutions and Services mit dem Subunternehmen Cognitec Systems. Der Preis betrug stolze 450.000 Euro. Als das System vorgestellt wurde, hieß es, dass der Fokus auf der Aufklärung schwerer Straftaten liege. Eine Beschränkung auf Delikte mit einer gewissen Strafhöhe ist nicht vorgesehen.

Der Einsatz der Software, die vom Innenministerium neuerdings als "digitaler Bildabgleich" bezeichnet wird, ruft auch Kritiker auf den Plan. Sie befürchten Verwechslungen und betonen, dass Algorithmen fehlerhaft sind. "Gesichtserkennung ist deshalb so gefährlich, weil damit die Bewegungsfreiheit im öffentlichen Raum eingeschränkt wird", erklärt Thomas Lohninger, Geschäftsführer der Datenschutz-NGO Epicenter Works. "Mit dem Überwachungspaket unter Innenminister Sobotka wurde bereits 2017 die Basis dafür geschaffen, Bilder der Videoüberwachung von Bahnhöfen, U-Bahn-Stationen und öffentlichen Plätzen in Echtzeit ans Innenministerium zu liefern."

Lohninger kritisiert auch die "schleichende Einführung" der Technologie. "Das Vorgehen ist zu hinterfragen, weil es keine explizite Rechtsgrundlage für Gesichtserkennung gibt", so Lohninger. (Markus Sulzbacher, 15.9.2020)


Aus: "Polizei nutzt neue Gesichtserkennung, um Demonstranten zu identifizieren" Markus Sulzbacher (15. September 2020)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000119996329/polizei-nutzt-neue-gesichtserkennung-um-demonstranten-zu-identifizieren

Quote
makaberich

Was glaubt's Ihr denn, warum Ihr auf Fotos für die Behörde (Pass, Führerschein, Personalausweis, ...) nicht mehr lachen dürft.
Ihr seid mit biometrischen Daten registriert, wie mit Fingerabdruck. Wenn Euch die Politiker erzählen, dass das nicht stimmt und aus Fotos keine biometrischen Daten genommen werden, lasst Euch sagen:

Die Software dazu existiert und der Rechner im Bundesrechenzentrum braucht ein Augenzwinkern um diese Daten aus den gespeicherten Fotos zu extrahieren und zu speichern.
Gut: Das mit dem Augenzwinkern ist übertrieben. 2 Augenzwinkern.


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Fritz_Maier

Heftig

Boah also das sind wohl ziemlich heftige News! Ich hoffe es gibt einen Aufschrei! Stellt euch vor was mit so einer Software alles möglich ist!


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#144
"Undercover police and policing: UK political groups spied on by undercover police – search the list"  Rob Evans (Wed 13 Feb 2019)
Database shows overwhelming scale of spying on leftwing and progressive groups
Undercover police officers have spied on more than 1,000 political groups since 1968. However, no official list of these groups has been published.
This database is an attempt to compile such a list. It is a work in progress and will be updated as more information is made public. The aim is to make more visible the nature and scope of a covert operation that has spanned more than four decades.
The information has been compiled following investigations by the Guardian and the Undercover Research Group, a network of activists that scrutinises the covert infiltration of political movements. The group is also publishing a similar database.
The HN or EN ciphers have been allocated to individual officers at a public inquiry that is examining the infiltration.
Explore the list of groups that were spied on ...
https://www.theguardian.com/uk-news/ng-interactive/2018/oct/15/uk-political-groups-spied-on-undercover-police-list

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"Netzpolitik: Null aufgeklärte Terroranschläge: Die verheerende Bilanz der Massenüberwachung"  (6. Oktober 2020)
Vorratsdatenspeicherung und Co wurden immer wieder als Instrumente gegen Terrorismus beworben, versagten aber auf ganzer Linie ...
https://www.derstandard.at/story/2000120520993/null-aufgeklaerte-terroranschlaege-die-verheerende-bilanz-der-massenueberwachung


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Quote[...] Der Münchner Spionagesoftware-Hersteller FinFisher steht im Verdacht, illegal Software ins Ausland geliefert zu haben. Die Staatsanwaltschaft München hat deswegen nach eigenen Angaben die Büros des Software-Herstellers durchsucht.

FinFisher programmiert unter anderem Trojaner-Software zum Ausspähen von Computern und Handys. Das Unternehmen hat in der Vergangenheit auch das Bundeskriminalamt beliefert.

Laut Staatsanwaltschaft wurden in der vergangenen Woche insgesamt 15 Büros und Wohnungen rund um München und ein Unternehmen aus der Unternehmensgruppe in Rumänien durchsucht. Es bestehe der Verdacht, "dass Software ohne die erforderliche Ausfuhrgenehmigung des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle ausgeführt worden sein könnte". Nun werde wegen Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz gegen unbenannte Manager des Unternehmens ermittelt.

Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) wirft FinFisher vor, Spionage-Software ohne Genehmigung an die Türkei verkauft zu haben. Die GFF hatte deswegen Strafanzeige erstattet. "Deutsche Unternehmen dürfen sich nicht zu Handlangern repressiver Regime machen", sagte Sarah Lincoln, Juristin und Verfahrenskoordinatorin bei der GFF. FinFisher selbst äußerte sich auf Anfrage nicht.

Bereits im Mai 2018 hatte der Rechercheverbund von NDR, Westdeutscher Rundfunk und Süddeutscher Zeitung darüber berichtet, dass deutsche Spähsoftware gegen Anhängerinnen und Anhänger der größten türkischen Oppositionspartei CHP verwendet worden sei. Laut GFF soll die Software Finspy auf einer türkischen Website eingesetzt worden sein, die als Mobilisierungsforum für die Oppositionsbewegung getarnt war. 


Aus: "Razzia bei Münchner BKA-Trojanerlieferant" (14. Oktober 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/digital/2020-10/finfisher-spionagesoftware-firma-razzia-illegale-exporte-muenchen-staatsanwaltschaft

QuoteF. Wagner #3

"Sie soll in der Türkei gegen Oppositionelle eingesetzt worden sein."

Äh...
Dafür ist die Software doch da...
Die gelieferten deutschen Waffen werden ebenfalls gegen Oppositionelle eingesetzt.
Irre ich?


QuotePharmaschinken #4

"Sie soll in der Türkei gegen Oppositionelle eingesetzt worden sein."

Na sowas aber auch. Und gegen wen setzt das BKA solche Software ein?
Klar, gegen Kriminelle. Nur würde das die Türkei auch behaupten.


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Quote[...] Amazon überwacht Mitarbeiter in Echtzeit auf Schritt und Tritt - Auf diese Weise wird die Leistung der Belegschaft erörtert, belegen NDR-Recherchen – und entschieden, wer bleiben darf

Kaum ein Unternehmen hat von der Coronakrise so viel profitiert wie Amazon. Seit März ist die Aktie des US-Konzerns auf dem Höhenflug, gerade im Online-Versand punktet der Händler im Vergleich zur Konkurrenz massiv. Doch wie in der Vergangenheit immer wieder berichtet, geht das häufig auf Kosten der Belegschaft. Einem Bericht des Norddeutschen Rundfunk (NDR) zufolge werden Mitarbeiter in Echtzeit kontrolliert, um die Leistung zu messen und auf diese Weise zu kontrollieren, ob sie produktiv genug sind.

Hierfür müssen Mitarbeiter ihre Arbeitsschritte parallel scannen – das wird auch aufgezeichnet, sodass Vorgesetzte sofort einen Zugriff auf die Information hat und auch einsehen können, ob der jeweilige Lagerbeschäftigte eine bestimmte Durchschnittsgeschwindigkeit erreicht. Ist jemand mehrere Minuten lang nicht im Dienst, wird das ebenso angezeigt. In solchen Fällen greifen dann Vorgesetzte ein – ein Vorarbeiter erzählte dem ARD etwa anonym, dass Mitarbeiter dann vor Ort konfrontiert werden, um zu prüfen, ob sie beispielsweise zu viel plaudern oder zu oft am Klo waren. Amazon erklärte gegenüber der "Tagesschau", dass man Mitarbeitern auf dieser Weise helfe, neue Prozesse anzulernen, bei Bedarf gebe es "Hilfestellungen".

Dadurch erfolgt wohl aber auch ein automatisierter Vergleich der Mitarbeiter und ihrer Leistungen – wer zu wenig bzw. weniger als die Kollegen leistet, muss mit einer Kündigung rechnen. Entschieden wird das durch eine Software. Schnelle Mitarbeiter würden bleiben, langsame müssten gehen – wodurch der Druck, rasch zu sein, immer mehr steigt, weil die Durchschnittsrate immer größer wird. Eine ehemalige Mitarbeiterin eines Versandlagers erzählte der "Tagesschau", dass sie ermahnt wurde, als ihre Rate fiel – und gefragt, wo sie sich zu bestimmten Zeiten befunden hatte. Später führte die sinkende Leistung zur Kündigung.

Anfang des Monats brachten EU-Abgeordnete in einem offenen Brief ihre Bedenken bezüglich der Überwachungsmaßnahmen des Konzerns zum Ausdruck. Dabei ging es vor allem um das mögliche Ausspähen von Gewerkschaftern, Mitarbeitern und Politikern. Auslöser war eine Jobausschreibung des Unternehmens, mit der es nach "Analysten" suchte, die Gefahren für Amazon überwachen sollen, darunter eben die Bildung von Gewerkschaften oder aber auch "feindselige Politiker". Gewerkschaften und Politiker wurden in dem Ausschreiben in denselben Kategorien gehandhabt wie ähnliche Jobangebote für Analysten zu Risiken wie Hassgruppierungen und Terrorismus.

Parallel wurde ein internes Papier des Unternehmens geleakt, dass Pläne beschreibt, hunderttausende Dollar auszugeben, um Versuche, sich zusammenzuschließen, und andere "Gefahren" für das Unternehmen, so die Wortwahl, weltweit mithilfe von algorithmengesteuerter Software zu analysieren und zu visualisieren. Im April wurde hingegen bekannt, dass das Unternehmen in den USA bei seiner Lebensmittelkette Whole Foods für jedes Geschäft Risikoanalyse erstellt – und zwar in Bezug auf die "Gefahr" einer gewerkschaftlichen Organisierung. Einer der Faktoren ist etwa die Diversität der Mitarbeiter. Und bereits in der Vergangenheit wurde die automatisierte Überwachung mit Handscannern und Computern, die die Leistung mitverfolgen, massiv kritisiert. (red, 25.10.2020)


Aus: "Amazon überwacht Mitarbeiter in Echtzeit auf Schritt und Tritt" (25. Oktober 2020)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000121191251/amazon-ueberwacht-mitarbeiter-in-echtzeit-auf-schritt-und-tritt

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Mr.URNs

Hey, ich jab da eine super Idee: Alle Leistungsgesellschafts-Gläubingen (zB die komplette ÖVP, NEOS, deren sämtliche Wähler_innen) sollten ein Jahr lang so arbeiten müssen.
Ich glaub da würde sich dann danach ideologisch so einiges erledigt haben. :-)


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H. K.

Schon vor 40 Jahren sind z.B. in einer österr. Textilwerkstatt ,,Trainerinnen" mit der Stopuhr neben den Näherinnen gestanden und das hat damals schon keinen wirklich aufgeregt ....leider


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Uwe Härtel

Amazon ist schon ziemlich extrem - aber es ist allgemein bekannt und niemand wird gezwungen, dort zu arbeiten. Wer schon mal in einem Callcenter gearbeitet hat, weiß, dass es dort sehr ähnlich abläuft und das dort täglich direkt und indirekt großer Druck auf die Mitarbeiter ausgeübt wird. In der Regel bleiben die Leute dort 2-3 Jahre, länger halt man das einfach nicht durch.


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Karnahkarnanz

War eh klar! Wie immer wird die Technik dazu benutzt, um das beste für den Menschen zu erreichen. Auch wenns ein bissl faschistoid ist.


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gabi1966

Alles egal. Die paar wenigen die (wie ich) auf Amazon verzichten, tun denen nicht weh.
Man ist empört, ein paar Tage, in diesem Fall wahrscheinlich nur ein paar Stunden oder Minuten, und dann darf Alexa wieder Putzmittel bestellen.
Dieses System wird in vielen Betrieben kommen, und niemanden interessiert es.

Traurig.


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DevilsKitty

freie wirtschaft... will doch angeblich jeder..


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barefootinthesnow

Besser als eine Kolchose


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Daft Wullie

Und wo ist da jetzt der Unterschied zB zu A1? Die hatten schon vor knapp 20 Jahren in ihren Call-Centern Software, die pro Team dem sogenannten "Workforce-Manager" anzeigte ob der Untergebene grad telefonierte (inbound oder outbound), aufgelegt hatte aber noch nicht auf Status "bereit" zurückgegangen ist oder aber grad um 10 Sekunden zu lang auf Bildschirmarbeitsplatz-Pause war. Da hat dann auch sofort das Telefon geläutet mit der Frage warum man nicht weiterarbeitet. Is mir schon klar, in letzter Zeit basht man gerne Amazon, hat auch sicher in vielen Fällen seine Berechtigung aber diese Überwachung auf "Schritt und Tritt" gabs schon unterm Nemsic....


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Thomas Müller

Mark-Uwe Kling "Quality Land"


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Aus dem Norden

Es ist die Aufgabe der Politik, Gesetze zu machen, die solche Zustaende verhindern.
Es ist die Aufgabe der Medien, solche Zustaende aufzuzeigen.
Es ist die Aufgabe der Behoerden, solche Firmen zu ueberwachen und wenn noetig, vor Gericht zu bringen.

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Quote
BonFinger

Wie hätten Sie entschieden?
Ich habe mir unlängst ein Tempur Kissen bei Möbel Leiner gekauft.
Kostenpunkt € 129,-.
Amazon das haargenau selbe wäre um € 89,- zu haben gewesen.


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UpGoerFive

Als Unternehmen bevorzuge ich natürlich die produktivsten Mitarbeiter. Wo ist das denn nicht so?


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Sukram's Panopticum

ª¯\_(^·^)_/¯º

Dann lassen sie doch Roboter bauen, die sind kein Organismus. Ich weiß nicht, warum Menschen als Unternehmer glauben, dass andere Menschen nur Ressourcen darstellen... Das läuft was grob falsch im Schädel.


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jm2c

"... hunderttausende Dollar auszugeben, um Versuche, sich zusammenzuschließen..."
In einem Unternehmen dieser Größe sollte ein Betriebsrat schlicht und ergreifend gesetzlich verpflichtend gemacht werden. Dann würde man sich solche Auswüchse von offensichtlichen Soziopathen weitgehend ersparen.


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Lang Tsu

Kundenservice vs Versklavung

Früher haben wir 3 bis 4 Wochen auf unser Kastner & Öhler Paket gewartet. Und siehe da, wir haben es überlebt und uns riesig gefreut, als es dann endlich ankam. Jetzt möchte die Masse das in Früh bestellte Paket schon am liebsten am Abend auspacken. Nur dass dahinter Menschen stecken, die das einpacken und kontrollieren müssen, an das denkt keiner (ist nicht sichtbar). Wir sind einfach verzogen und fördern diese Versklavung.


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Steffen55

Ich kenne jemand der für eine höher Management Position bei amazon in Deutschland im Recruiting Prozesse war. Nach der 7-8 Runde hat er dann selbst abgesagt. Er meinte sowas von Brainwash und Scientology Style hat er noch nie erlebt. Das sagt alles über die Unternhemenskultur.


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Paf#

Staats- bzw Gesellschaftsversagen
Amazon ist ja nur ein Symptom. Wann immer es geht wird Mitarbeiterleistung gemessen, und die schwächeren gefeuert. Es gibt halt nur wenige Tätigkeiten die sich derart gut messen lassen, und wenige Konzerne die sich die dafür notwnedige Technik leisten.
In früheren fliessbandzeiten bzw bei Akkordarbeit war das ja auch nicht anders, nur wegen schlechterer (Überwachungs-)Technik weniger gnadenlos. ...


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Quote[...] Der Bundestag hat mal wieder neue Überwachungsgesetze beschlossen – warum interessiert das niemanden mehr? ... Die neuen Gesetze griffen tief in die Freiheitsrechte ein und erlaubten Polizei und Geheimdiensten zahlreiche neue Überwachungsmaßnahmen, zum Beispiel dürfen sie seitdem Mobiltelefone mit IMSI-Catchern suchen und fangen, bei allen möglichen Unternehmen und Organisationen Daten über alle Bürger abfragen und mehr Kommunikation überwachen. "Otto-Kataloge" wurden sie genannt, denn der damalige Innenminister Otto Schily trieb sie voran und es wurden so viele einzelne Gesetze damit verändert, dass manche sich an den Katalog des Versandhauses erinnert fühlten. Damals schürten sie bei vielen Menschen Angst vor einem Überwachungs- und Polizeistaat.
Diesen Menschen versprach der Nachsatz: Wir überprüfen, ob die Gesetzesverschärfungen den Sicherheitsdiensten wirklich dienen – und ob sie der Gesellschaft vielleicht mehr schaden als nutzen. Aber am Donnerstagabend wurde dieses Versprechen endgültig gebrochen.
Dreimal hatte die Regierungskoalition die Gültigkeit der sogenannten Otto-Kataloge verlängert, hatte 2007, 2011 und 2015 die Befristung erneuert. Nun ist sie endgültig ausgelaufen. Und die versprochene Evaluierung ist ein Witz. . Denn sie wurde von der Bundesregierung selbst vorgenommen, also von jenen Gremien, die die schärferen Gesetze forderten. Kritiker wurden in den Ausschüssen des Bundestages zwar angehört, aber nicht erhört. Hingegen durften die davon profitierenden Nachrichtendienste sogar noch ihre Wünsche einbringen. Eine unabhängige Evaluierung beispielsweise durch Universitäten oder Kommissionen gab es gleich gar nicht.
Der Vorgang belegt eine seit Jahren übliche Politik, die ganz bewusst eine menschliche Schwäche ausnutzt. Plötzliche Änderungen in der Umgebung fallen sofort auf. Corona verbreitete sich rasend schnell. Ebenso schnell wurde vielen die daraus resultierende Gefahr klar. Doch wenn es darum geht, langsame und schleichende Veränderungen unserer Lebensumstände zu bemerken, sind wir wahnsinnig schlecht. Selbst wenn die Auswirkungen in der Summe viel größer sind als die eines plötzlichen Desasters. Der beste Beleg dafür ist der katastrophale Umbau des weltweiten Klimas. An dem arbeitet die Menschheit seit mehr als einhundert Jahren und die meiste Zeit hat es kaum jemanden interessiert. Bis heute wollen viele Menschen einfach nicht glauben, dass sie das Problem betrifft. 
An einem ähnlich schleichenden und letztlich gefährlichen Umbau arbeiten die verschiedenen Bundesregierungen seit Jahren: Fluggastdaten, Kennzeichenscanner, Videoüberwachung, Staatstrojaner, Ausweispflicht bei Mobilfunkkarten, Bestandsdatenauskunft, biometrische Bilder und Fingerabdrücke im Pass und immer wieder die Vorratsdatenspeicherung – und das sind nur einige der Neuerungen aus den vergangenen 18 Jahren.
Die Bundesregierungen haben das Land Stück für Stück verändert. Sie haben an allen im Grundgesetz verankerten Freiheiten herumgeschnippelt, haben immer wieder hier und dort Stücke weggenommen, haben sie eingeschränkt, kleiner gemacht. Die Argumentation ist dabei immer dieselbe: Wir müssen das tun, um Terroristen zu fangen und/oder Kinderpornografie zu bekämpfen. Wir tun es auch wirklich nur zur Aufklärung dieser wenigen schrecklichen Taten, versprochen. Doch sind die neuen Überwachungsregeln erst installiert, kommt bald die Forderung, sie auf andere Straftaten auszudehnen: Nun haben wir diese neuen Regeln, da wäre es doch Unsinn, sie nicht zu nutzen. 
Die damit gesammelten Daten werden letztlich jedoch verwendet, um sogar Bagatellen zu verfolgen. Die sogenannte Bestandsdatenauskunft beispielsweise, also die Frage einer Behörde, auf wen eine Telefonnummer registriert ist, wird inzwischen so häufig eingesetzt, dass sie einem dienstlichen Telefonbuch gleichkommt und nicht einem Grundrechtseingriff. Und dann kommt immer auch noch jemand auf die Idee, dass die Überwachungsgesetze dazu dienen könnten, Taten zu verhindern, die noch gar nicht passiert sind. Klappt es nicht beim ersten Mal, wird es später einfach erneut probiert – wie die Vorratsdatenspeicherung zeigt, die trotz aller Verbote durch Gerichte immer wieder gefordert wird.
Allzu viel Widerstand muss ja kaum noch jemand fürchten. Am Anfang ist er groß, doch mit den Jahren wird er immer kleiner. Menschen gewöhnen sich an viel. Irgendwann haben sie vergessen, was sie alles verloren haben. ...
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Aus: "Überwachung: Das Wasser kocht schon" Ein Kommentar von Kai Biermann (6. November 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/politik/deutschland/2020-11/ueberwachung-terrorismusgesetz-fingerabdruecke-ausweis-freiheit/komplettansicht

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Quote[...] Amazon.com treibt hohen Aufwand, um eigene Mitarbeiter, Gewerkschaftler und andere soziale Bewegungen zu überwachen. Auch Vertragspartner, Diebe, Drogendealer und Umweltschützer sind im Visier, selbst wenn sie gar nichts mit Amazon zu tun haben. Laut Amazon geschieht das alles legal und mit Wissen der örtlichen Behörden: "Jeder Versuch, diese Aktivitäten aufzubauschen, oder zu unterstellen, dass wir etwas Ungewöhnliches oder Falsches tun, ist unverantwortlich und falsch."

Das hat eine Konzernsprecherin zu Motherboard [https://www.vice.com/en/article/5dp3yn/amazon-leaked-reports-expose-spying-warehouse-workers-labor-union-environmental-groups-social-movements] gesagt. Die US-Webseite hatte mehr als zwei Dutzende interne Berichte Amazon zugespielt erhalten, deren Echtheit Amazon nicht bestreitet. Laut Motherboard verzeichnet Amazon nicht nur öffentliche Aktionen, vom Verteilen von Flugblättern bis zum Streik, genau mit Zeitpunkt, Ort, und Zahl der Teilnehmer, sondern auch nicht-öffentliche Treffen von Arbeitnehmern mit Gewerkschaftern.

Wichtige Informationsquelle sind zudem Äußerungen in Sozialen Netzwerken, sei es von Mitarbeitern oder Außenstehenden. Dabei bedient sich Amazon der Dienstleistungen Dritter, die sich Zutritt zu geschlossene Foren verschaffen. Die Betroffenen werden darüber freilich nicht informiert, vielmehr war Amazon daran gelegen, diese Schnüffelei geheimzuhalten, wie Motherboard im September berichtet hat. [https://www.vice.com/en/article/3azegw/amazon-is-spying-on-its-workers-in-closed-facebook-groups-internal-reports-show]

Immerhin werden auch Beschwerden von Mitarbeitern erfasst, sowie natürlich Diebstähle. Zusätzlich wird die Kriminalität in der Region untersucht. Motherboard nennt als Beispiel den Drogenhandel. Amazon möchte wissen, ob der den eigenen Betrieb stören könnte und ob Amazon-Mitarbeiter selbst Drogen nehmen könnten.

Unter dem Punkt "Betriebsumgebung" werden unter anderem politische Ereignisse analysiert, wie zum Beispiel die Gelbwesten-Bewegung in Frankreich oder eine Demonstration in Wien, die gegen die Politik der Regierung des Iran gerichtet war. Gleichzeitig hat Amazon besonderes Interesse an Umweltschützern. So wird der Erfolg Amazon-kritischer Greenpeace-Videos an Likes und Weiterverbreitungsstatistiken gemessen.

Amazon nimmt auch die von Greta Thunberg geführte Bewegung Friday For Future als Bedrohung wahr. Sie gewinnt "an Einfluss insbesondere auf junge Menschen und Studenten" und "zieht immer mehr Menschen schnell an", wie es in einem der Dokumente heißt.

Detektive werden ebenfalls eingesetzt, nach Angaben Amazons zum Schutz von Werttransporten. Aus den Dokumenten geht hervor, dass Detektive in ein polnisches Lager eines Amazon-Dienstleisters eingeschleust wurden. Sie sollten Vorwürfen unpassender Einstellungsverfahren nachgehen, konnte diese aber nicht erhärten.


Aus: "Amazon überwacht Gewerkschaftler, Greenpeace und Greta-Fans" Daniel AJ Sokolov (25.11.2020)
Quelle: https://www.heise.de/news/Amazon-ueberwacht-Gewerkschaftler-Greenpeace-und-Greta-Fans-4970229.html

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"Smartphone-Tracking - Wie Daten von kommerziellen Apps an den Staat gelangen"
Der norwegische Journalist Martin Gundersen zeichnet in einer großen Recherche nach, wie seine Daten von genutzten Apps über Umwege in die Hände eines Datenbrokers kamen, der mit US-Polizeibehörden zusammenarbeitet. Datenschützer halten diese Form der Überwachung für neu und beispiellos.
04.12.2020 um 20:40 Uhr - Markus Reuter - in Überwachung
https://netzpolitik.org/2020/smartphone-tracking-wie-daten-von-kommerziellen-apps-an-den-staat-gelangen/

Link

Quote[...] Deutsche Strafverfolgungsbehörden überwachen Mobiltelefon-Nutzer erneut verstärkt mit verdeckten Mitteln. Allein die Bundespolizei hat im vorigen Jahr in 50 Ermittlungsverfahren 101.117 "stille SMS" verschickt, um Personen zu orten. Das sind mehr als doppelte so viele "Stealth Pings" als 2019, als der einstige Bundesgrenzschutz 48.000 entsprechende geheime Kurznachrichten aussandte. Dies ist einer heise online vorliegenden Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag zu entnehmen.

Die Bundespolizei setzt das umstrittene Instrument damit in etwa wieder genauso oft ein wie 2018. Die zwischenzeitliche Delle erklärt sich vermutlich durch ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH). Dieser forderte im Februar 2018, dass Strafverfolger eine stille SMS nur mit richterlichem Beschluss versenden dürfen. Der linke Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko konstatiert: "Die BGH-Entscheidung konnte die ausufernde Überwachung bei der Bundespolizei offenbar nur kurze Zeit eindämmen."

Auch beim Bundeskriminalamt (BKA) erfreut sich das Werkzeug wieder größerer Beliebtheit. Es hat voriges Jahr in 82 Verfahren 44.444 entsprechende heimliche Kurzmitteilungen verschickt, 2019 waren es 41.300. Wie viele Betroffene der Maßnahmen der Polizeibehörden des Bundes nachträglich darüber informiert wurden, ist der Regierung nicht bekannt: Dieser Schritt obliege den jeweils zuständigen Staatsanwaltschaften.

Beim Zoll behandelt das federführende Bundesinnenministerium (BMI) die Zahlen zur stillen SMS seit 2012 als Verschlusssache. Beim Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) verfährt das Ressort seit Anfang 2019 genauso. Zuvor hatte der Inlandsgeheimdienst Werte von bis zu 180.000 entsprechenden Abfragen pro Jahr erreicht. Das BMI weigert sich nun auch, Informationen über entsprechende BfV-Aktivitäten in "abstrahierter Form" zu veröffentlichen. Zu späteren Benachrichtigungen erfolge hier zudem "keine maßnahmenbezogene Erhebung". Angaben zum Bundesnachrichtendienst gelten ebenfalls als geheim.

"Stille SMS" gehen an die anvisierten Mobiltelefone, werden dort aber nicht angezeigt. Sie bleiben für die Empfänger unsichtbar. Ihr Gerät meldet sich aber bei der eingebuchten Funkzelle zurück, erzeugt so auswertbare Verbindungsdaten und verrät Ermittlern einen ungefähren Standort der Betroffenen.

Nicht mehr öffentlich verraten will die Regierung nun erstmals auch, wie viele Funkzellenabfragen die Zollfahnder durchführten. 2019 nutzten diese das Verfahren, bei dem Verbindungsdaten aller in eine bestimmte Funkzelle zu einem bestimmten Zeitpunkt eingeloggter Handy-Nutzer gespeichert und gerastert werden, in 44 Fällen. Hunko kritisiert diese erweiterte Heimlichtuerei "aufs Schärfste". Weil damit das parlamentarische Fragerecht ausgehöhlt werde, habe er beim BMI Beschwerde eingereicht. Handys seien generell zum Telefonieren da, "nicht um sie zunehmend als Ortungswanzen zu missbrauchen".

Die Bundespolizei fragte 2020 in 77 Fällen Providerdaten mithilfe von Funkzellenauswertungen ab. Im Vorjahr hatte sie davon 96-mal Gebrauch gemacht, um nachträglich alle Mobiltelefone in der Umgebung von Tatorten festzustellen. Das BKA gebrauchte das Instrument im vorigen Jahr in einem Fall, 2019 waren es drei Fälle gewesen. Der Generalbundesanwalt führte in vier Fällen insgesamt fünf Funkzellenauswertungen durch, wobei er sich der Amtshilfe von Landeskriminalämtern in Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen bediente. Maßnahmen benennen, "die wesentlich zur Aufklärung der jeweiligen Straftat beigetragen haben", kann das BMI nicht.

IMSI-Catcher brachte die Bundespolizei in 28, das BKA in vier Fällen in Stellung, um den Standort eines aktiv geschalteten Mobiltelefons und die Geräte- oder Kartennummer zu ermitteln. In Verfahren des Generalbundesanwalts wurden im ersten Halbjahr 2020 in 14 sowie im zweiten in 13 Fällen derlei Anlagen eingesetzt. IMSI-Catcher senden mit einem stärkeren Signal als Basisstationen der offiziellen Netzbetreiber, sodass sich Handys dort einwählen und überwacht werden können.

Das Werkzeug liefert dem BMI zufolge wesentliche Ausgangspunkte für weitere Ermittlungsmaßnahmen, durch die Sachverhalte inhaltlich aufgeklärt werden können. Die Bundesregierung habe 2020 auch eine Ausfuhrgenehmigung für einen IMSI-Catcher erteilt und zwar nach Ungarn. Über das belieferte Unternehmen könne man keine Angaben machen, um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu wahren. Keine öffentliche Auskunft gibt die Exekutive darüber, wie viele solcher Abhöranlagen Bundesbehörden im Regierungsviertel aufgespürt haben.

Jenseits der Handy-Überwachung befassen sich mit der "Internetaufklärung" beim BfV "alle Fachabteilungen". Nähere Auskünfte zur Aufgabenverteilung und zu Personalstärken könnten zum Schutz der Arbeitsweise des Geheimdienstes nicht gegeben werden. Innerhalb des BKAs seien die Abteilungen Polizeilicher Staatsschutz und Islamistisch motivierter Terrorismus/Extremismus damit beschäftigt, Online-Inhalte koordiniert auszuwerten. Das Bundesverteidigungsministerium unternehme in den Abteilungen Strategie und Einsatz offene Recherchen (Open Source Intelligence) zu "Nachrichten, gemeldeten Vorgängen und Ereignissen".

(tiw)


Aus: "Überwachung: Bundespolizei verschickte 2020 über 100.000 stille SMS" Stefan Krempl (06.02.2021)
Quelle: https://www.heise.de/news/Ueberwachung-Bundespolizei-verschickte-2020-ueber-100-000-stille-SMS-5047855.html

QuotePeter Zippo, 06.02.2021 12:28

Erfolgsquote unbekannt...

Natürlich geben die verschiedenen Behörden keine Erfolgsquote bekannt. Wenn die Telefonbespitzelung wesentlich zur Täterermittlung beitragen würde, bekämen wir auch Zahlen dazu geliefert.
Ist ja nicht so, als müsse sich dieser Staat vor seinen Bürgern für Überwachung rechtfertigen. Alles Terroristen und Kinderschänder, da darf man sowas. ...



Quotesou, 06.02.2021 18:20


Der Polizeistaat rüstet auf.
Funkzellenabfragen beim Zoll bleiben erstmals geheim
Korrektur: Der Polizei- und Geheimstaat rüstet auf.

Kranke Entwicklung.


...

Link

"Proteste in Russland: Gesicht erkannt, verfolgt und festgenommen" Pia Stenner (04.05.2021)
Die russische Polizei greift auf ein dichtes Netz aus Überwachungskameras zurück, um Protestierende zu identifizieren, bis zu ihrer Wohnung zu verfolgen und dort festzunehmen. Eine russische Menschenrechtsorganisation berichtet von über 50 solcher Festnahmen nach Nawalny-Protesten. ... Wie die Deutsche Welle berichtet, hat die Regierung unter Wladimir Putin Nawalnys Regionalbüros und zwei seiner Stiftungen jetzt auch auf die russische Liste der ,,Extremisten und Terroristen" aufgenommen, um stärker gegen sie vorgehen zu können. Außerdem versuchte Russland bereits über eine gedrosselte Geschwindigkeit bei Twitter, die Organisation der Demonstrationen zu behindern.
Der Einsatz von Gesichtserkennungssoftware, um nach Teilnehmenden von Demonstrationen zu suchen, ist bei der russischen Polizei nicht neu: 2017 berichtete die Süddeutsche Zeitung darüber. Im gleichen Jahr nutzte auch die Polizei in Deutschland Gesichtserkennungssoftware zur Fahndung von Teilnehmenden bei den G20-Protesten. Obwohl es um die Suche einzelner Straftäter:innen ging, wurden dafür massenhaft Bilder von nicht verdächtigen Personen aufgenommen, gespeichert und mit Gesichtserkennungssoftware gerastert. Hamburgs Datenschutzbeauftragter Johannes Casper erklärte diese Speicherung der biometrischen Daten später für unzulässig. ...
https://netzpolitik.org/2021/proteste-in-russland-gesicht-erkannt-verfolgt-und-festgenommen/

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"Ohne Staatstrojaner: Polizei und Geheimdienste können WhatsApp mitlesen" Andre Meister (10.05.2021)
Immer mehr Behörden wollen IT-Geräte wie Smartphones hacken, um Messenger wie WhatsApp mitzulesen – dabei können sie das auch ohne Staatstrojaner. Das geht aus einem internen Papier des BKA hervor, das wir veröffentlichen. Die Große Koalition will Staatstrojaner trotzdem auf alle Geheimdienste ausweiten. ... Polizei und Geheimdienste beklagen immer wieder lautstark, dass sie durch verschlüsselte Kommunikation angeblich taub und blind werden. Die Bundesregierung und ihre Behörden greifen diese Sicherheit durch Verschlüsselung auf allen Ebenen an: durch Druck auf Anbieter, schärfere Gesetze und Hacken der Endgeräte.
Das Internet-Forschungszentrum der Harvard-Universität hat diese Argumentation ausführlich widerlegt: Der Staat hat noch nie so viele Daten wie heute, viele Daten sind weiterhin unverschlüsselt, Staatstrojaner schaffen Unsicherheit und Verschlüsselung wird oft umgangen.
Jetzt kommt ein neues Argument dazu: Polizei und Geheimdienste sind sehr wohl in der Lage, verschlüsselte Kommunikation beliebter Messenger mitzulesen, ganz ohne Staatstrojaner. Das Bundeskriminalamt hat schon vor fünf Jahren Inhalte bei Telegram abgehört. Seit drei Jahren geht das auch bei WhatsApp. Das steht in einem internen BKA-Dokument, über das WDR und BR berichteten und das wir in Volltext veröffentlichen. ... Die Polizeibehörde schreibt: ,,Das BKA verfügt über eine Methode, die es ermöglichen kann, Text-, Video-, Bild- und Sprachkurznachrichten aus einem WhatsApp-Konto in Echtzeit nachzuvollziehen. Neben der genannten Kommunikation können darüber hinaus die WhatsApp-Kontakte der Zielperson bekannt gemacht werden." Ein Staatstrojaner ist dafür nicht notwendig.
Das BKA-Referat für IT-Überwachung erläutert: ,,Im Zusammenhang mit der Erhebung der Kommunikation erfolgt BKA-seitig eine Anmeldung mittels WhatsApp Web unter Zuhilfenahme des Telefons der Zielperson. Der gesamte Vorgang erfolgt durch Verwendung regulär nutzbarer Funktionen der WhatsApp-Software."
Verschlüsselung ist wie eine Kette – nur so stark wie das schwächste Glied. Moderne Messenger-Apps haben starke Algorithmen und Schlüssel, aber viele erlauben mehrere Endgeräte pro Teilnehmer:in. Die Polizei fügt einfach im WhatsApp-Account einer Zielperson ein weiteres Gerät hinzu und kann dann mittels WhatsApp Web sämtliche Inhalte mitlesen.
Laut WDR und BR bezeichnet das BKA diese Möglichkeit als normale Telekommunikationsüberwachung ohne Trojaner. ...
https://netzpolitik.org/2021/ohne-staatstrojaner-polizei-und-geheimdienste-koennen-whatsapp-mitlesen/

Link

"Kampf gegen Missbrauchsfotos EU-Parlament bestätigt Erlaubnis zum Scannen von E-Mails und Chats" (07.07.2021)
Google, Microsoft und Facebook dürfen wieder automatisiert nach Abbildungen von Kindesmisshandlungen suchen. Patrick Breyer von der Piratenpartei spricht vom »Todesstoß für das digitale Briefgeheimnis«. ... Breyer teilte mit: »Die Verordnung versetzt dem digitalen Briefgeheimnis den Todesstoß. Sie ist allgemein ein Dammbruch in Richtung verdachtsloser Überwachung privater Räume durch Konzerne – mit dieser totalitären Logik könnten auch unsere Post, unsere Smartphones oder unsere Schlafzimmer unter Überwachung gestellt werden. Solche Denunziationsmaschinen auf uns loszulassen ist ineffektiv, illegal und unverantwortlich«. ...
https://www.spiegel.de/netzwelt/web/eu-parlament-bestaetigt-erlaubnis-zum-scannen-von-e-mails-und-chats-a-814b1c25-e35d-4e05-a6db-53c0571b6d9a

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QuotePatrick Breyer #JoinMastodon @echo_pbreyer

... Gestern hat das EU-Parlament die #Chatkontrolle abgenickt: ein schwarzer Tag für alle, die auf unbefangene und vertrauliche Kommunikation und Beratung angewiesen sind wie Missbrauchsopfer und Presseinformanten.  ...

12:52 nachm. · 7. Juli 2021


https://twitter.com/echo_pbreyer/status/1412726238670696456

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"EU-Parlament erlaubt flächendeckende Scans nach Kinderpornografie" Stefan Krempl (07.07.2021)
Provider dürfen Inhalte wieder nach Darstellungen sexuellen Missbrauchs durchsuchen. Das hat das EU-Parlament beschlossen. ... Facebook, Google, Microsoft und andere Diensteanbieter können private Nachrichten ihrer Nutzer in der EU wieder rechtmäßig nach Darstellungen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger scannen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hat das EU-Parlament am Dienstag verabschiedet. Für die Initiative zur sogenannten Chatkontrolle stimmten 537 Abgeordnete. 133 waren dagegen, 24 enthielten sich. ... Die von den Abgeordneten befürwortete, auf drei Jahre beschränkte Übergangsverordnung erlaubt Anbietern von E-Mail-, Chat-, Dating- und Messenger-Diensten solche Kontrollen. Melden ihre Suchalgorithmen einen Verdacht, werden Nutzer in der Regel – trotz hoher Fehlerquoten – automatisiert bei der Polizei angezeigt. ... Auffällige Korrespondenz leiten die Betreiber dabei weiter. Die Dienstleister müssen die Betroffenen nicht informieren. Behörden sind nicht gehalten, Statistiken über Falschanzeigen und tatsächlich eingeleitete Verfahren zu veröffentlichen. ... Verzichtet haben die Abgeordneten auf ihre Forderung, dass Algorithmen "nur bei Vorliegen konkreter Verdachtspunkte auf sexuellen Kindesmissbrauch filtern und durchsuchen" sollten. Zudem darf Künstlicher Intelligenz (KI) genutzt werden, um unbekannte Fotos und Videos zu durchleuchten. Besonders geschützte Korrespondenz von Berufsgeheimnisträgern wie Ärzten, Psychologen und Anwälten wird nicht ausgenommen. Das Parlament legte aber besonderen Wert darauf, dass Nutzer, die ihre Rechte verletzt sehen, Klagen einreichen können. ... Die frühere Richterin am Europäischen Gerichtshof, Ninon Colneric, hat gewarnt, dass die Verordnung nicht mit EU-Recht vereinbar sei. Die Grundrechte auf Achtung der Privatsphäre, Datenschutz und freie Meinungsäußerung würden damit unverhältnismäßig verletzt. Auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber kritisiert das Vorhaben scharf. Die damit ermöglichte "flächendeckende und anlasslose Überwachung von digitalen Kommunikationskanälen" ist ihm zufolge "weder zielführend noch erforderlich".
Berichterstatterin Birgit Sippel (SPD) bezeichnete die Vereinbarung als Kompromiss, der das Aufspüren von Kindesmissbrauch im Internet ebenso möglich mache wie den Schutz der Privatsphäre der Internetnutzer. "Dass die Post alle Briefe verdachtslos öffnet und scannt, wäre undenkbar – doch mit unserer elektronischen Post soll genau dies geschehen dürfen", monierte dagegen der Verhandlungsführer der Grünen, Patrick Breyer (Piratenpartei). ... Die Kommission arbeitet an einem Folgegesetz, das alle Dienstleister zur Überwachung verpflichtet. Die Auflagen könnten dann auch für Messenger-Dienste wie WhatsApp, Signal und Threema gelten, die bisher durchgehend verschlüsselt sind. Eine flächendeckende Inhaltskontrolle ist bei diesen derzeit nicht möglich. Sie müssten daher ihre Verschlüsselung aufweichen.
Ansätze für "technische Lösungen" zum Umgehen von Ende-zu-Ende-Verschlüsselung im Kampf gegen sexuellen Kindesmissbrauch wie einen Hashabgleich oder den Einsatz von Trusted Platform Modules (TPM) ließ die Brüsseler Regierungsinstitution bereits ausloten ...
https://www.heise.de/news/EU-Parlament-erlaubt-flaechendeckende-Scans-nach-Kinderpornografie-6130267.html

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Quotetimbb, 07.07.2021 21:39

So haben die deutschen Parteien abgestimmt

Die Konservativen haben geschlossen DAFÜR gestimmt (also auch CDU).

Die Sozialdemokraten fast komplett DAFÜR.
Vier der SPD haben dagegen gestimmt:
- Burkhardt
- Kammerevert
- Noichl
- Wölken

Bei den Grünen haben die deutschen Grünen komplett DAGEGEN gestimmt.
- Hahn Henrike
- Franz
- Freund
- Giegold
- Deparnay-Gruenenberg
- Lagodinsky
- Ska Keller
- Neumann
- Marquardt
- Reintke
- Paulus
- Von Cramon-Taubadel

Insgesamt 66 der 71 EU-Grünen (Verts/ALE) waren DAGEGEN .

Von den Liberalen waren die 5 Deutschen der FDP die einzigen die DAGEGEN gestimmt haben.
- Beer
- Glück
- Hahn Svenja
- Körner
- Oetjen

ALLE 90 weitere Mitglieder der EU-Liberalen (Renew) haben DAFÜR gestimmt.
Dagegen gestimmt haben auch Linke und AfD.
Quelle zum nachlesen, Seite 8: https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/PV-9-2021-07-06-RCV_FR.docx


https://www.heise.de/forum/heise-online/Kommentare/EU-Parlament-erlaubt-flaechendeckende-Scans-nach-Kinderpornografie/So-haben-die-deutschen-Parteien-abgestimmt/posting-39223164/show/

Quotemgerhard2, 07.07.2021 10:12

Polizei durchsucht künftig anlasslos und regelmäßig alle Wohnungen

Ich verstehe den Unterschied nicht: Dann wird wohl auch bald die Polizei (oder in deren Auftrag Hausmeister- oder spezielle Kontrollfirmen) Wohnungen regelmäßig durchsuchen, da in einem geringen Prozentsatz von Wohnungen Kinderpornographie zu finden ist.


QuoteFriedolinchen, 07.07.2021 10:30

Ein schwieriges Thema, einfache Lösung ist nicht zu sehen

Während zu Zeiten vor dem Internet der Austausch und Handel mit kinderpornographischem Material ziemlich schwer und allein durch die (meist eben nicht nicht) gegebenen Verbreitungsmedien stark eingeschränkt war, bietet sich heute mit dem Internet den Delinquenten eine schier unabsehbar große Plattform an. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Anzahl von Kindesmissbräuchen. Wo ein Markt ist wird produziert und wo der Markt größer wird, wird mehr produziert.
Wie kann man dem begegnen? Natürlich durch Kontrolle der Nachrichten. Wie weit kann/muss man gehen? Es müssen Grenzen gesetzt werden, um persönliche und geschäftliche Geheimnisse zu schützen. Allerdings sollten wir dies nicht als eine generelle Regel für jegliche Veröffentlichung im Internet festlegen. Dort wo der Nachrichtenaustausch über einen 1:1 Kommunikation hinausgeht (Briefgeheimnis!) müssen wir uns neue Regeln schaffen. Wer zum Beispiel eine offene Seite bei Facebook betreibt oder einen Kanal auf Telegram, der befindet sich nach meiner Ansicht eher im Bereich von Zeitschriften, deren Inhalte (naturgemäß) vor einer jeglichen Überprüfung auch nicht geschützt sind. Zwischen der 1:1 Kommunikation und diesen offenen Veröffentlichung gibt es eine Zone der Kommunikation, die zu sortieren, zu bewerten und hinsichtlich einer Kontrolle beziehungsweise des Schutzes der Inhalte zu regeln ist. Das ist weder einfach noch mal eben schnell zu schaffen. Ebenso wird es nicht eine statische Lösung geben, solange die Kommunikationsformen im Internet sich so dynamisch entwickeln, wie es zur Zeit und sicherlich noch viele Jahre (oder Jahrzehnte?) weitergehen wird. Aber nur weil es schwer ist, sollte man nicht versuchen diese Welt einfach zu machen, das hat noch nie funktioniert.
Ich fände einen erzwungene Kontrolle jeglichen Informationsaustausches im Internet zu weitgehend. Allerdings ist mir die derzeitige Situation, bei der es Internetbetreibern pauschal verboten ist, den Datenverkehr auf ihrer eigenen Plattform zu kontrollieren auch zu weitgehend. Genau dies hat das EU-Parlament jetzt korrigiert. Mir ist das immer noch eine zu pauschale und einfache Lösung. Zum Glück ist dies auf drei Jahre beschränkt und es gilt diese Zeit zu nutzen, um die Gesetze weiter zu entwickeln und zielgenauere Lösungen zu etablieren.
Wer allerdings jetzt den Untergang des Abendlandes ausruft und von Diktatur und orwellschem Überwachungsstaat spricht, der übertreibt. Besser wäre es, sich mit dem komplexen Thema der Verhinderung und Verfolgung der entsprechenden Straftaten auseinanderzusetzen und sich an konstruktiven Vorschläge dazu zu beteiligen.


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[datensicherheit.de, 07.07.2021] Der Digitalcourage e.V. übt nach eigenen Angaben Kritik an dem ,,absehbaren Beschluss des Europäischen Parlaments zur sogenannten Chatkontrolle": Die temporäre Befugnis für private Anbieter von E-Mail- und Messenger-Diensten, sämtliche Nachrichten auf Inhalte mit Bezug zu Kindesmissbrauch zu untersuchen, sei ,,ein gefährlicher Präzedenzfall, der zudem die Opfer nicht schützt". Weiterhin bestehe die Gefahr, dass, ähnlich wie bei anderen Überwachungsinstrumenten, die Inhalte der automatisierten Untersuchung kontinuierlich ausgeweitet würden. Den Schutz von Missbrauchsopfern gegen das Grundrecht auf geschützte Kommunikation auszuspielen sei keine Lösung. Automatisierte Überwachung könne klassische Polizeiarbeit in diesem sensiblen Bereich nicht ersetzen. ...
https://www.datensicherheit.de/chatkontrolle-digitalcourage-kritik-europa-beschluss

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#153
Quote[...] Ach! Was Sie nicht sagen! Staatliche Malware wird gegen Journalisten eingesetzt? Gar nicht gegen Terroristen? Na also DAMIT konnte ja wohl NIEMAND rechnen! ...


Quelle: https://blog.fefe.de/?ts=9e0a4ca9 (Sun Jul 18 2021)

"Revealed: leak uncovers global abuse of cyber-surveillance weapon"
Spyware sold to authoritarian regimes used to target activists, politicians and journalists, data suggests
Human rights activists, journalists and lawyers across the world have been targeted by authoritarian governments using hacking software sold by the Israeli surveillance company NSO Group, according to an investigation into a massive data leak.
The investigation by the Guardian and 16 other media organisations suggests widespread and continuing abuse of NSO's hacking spyware, Pegasus, which the company insists is only intended for use against criminals and terrorists. ...
https://www.theguardian.com/world/2021/jul/18/revealed-leak-uncovers-global-abuse-of-cyber-surveillance-weapon-nso-group-pegasus


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Quote[...] Hunderte Journalisten, Aktivisten und Oppositionelle weltweit sind Medienberichten zufolge offenbar Opfer umfassender staatlicher Abhöraktionen geworden. Das ergaben Recherchen der "Süddeutschen Zeitung" (SZ) , sowie von "Zeit", NDR, WDR und 15 weiteren Redaktionen aus zehn Ländern.

Wie die Medien am Sonntag berichteten, sollen Geheimdienste und Polizeibehörden mehrerer Länder die Spähsoftware eines israelischen Unternehmens missbraucht haben, um damit die Mobiltelefone der Betroffenen anzuzapfen.

Die internationale Recherchegruppe konnte eigenen Angaben zufolge ein Datenleak mit mehr als 50.000 Telefonnummern auswerten, die mutmaßlich seit 2016 zum Ziel möglicher Überwachungen durch Kunden des israelischen Unternehmens NSO Group wurden. Das von der Firma entwickelte Programm namens Pegasus gilt dem Bericht zufolge unter Experten als das derzeit leistungsfähigste Spähprogramm für Handys und ist als Cyberwaffe eingestuft worden.

Es ist demnach in der Lage, infiltrierte Mobiltelefone in Echtzeit auszuspähen und die Verschlüsselung von Messenger-Diensten wie WhatsApp oder Signal zu umgehen. Zu den betroffenen Telefonnummern zählen laut Bericht die Nummern von zahlreichen Journalisten weltweit.

Darunter sind laut "Guardian" auch Mitarbeiter der Nachrichtenagenturen AFP, Reuters und AP, der Zeitungen "New York Times", "Le Monde", "El País" und der Sender Al-Dschasira, Radio Free Europe und CNN. Insgesamt konnten demnach mehr als 180 Nummern von Journalisten ausgewertet werden.

Wie die "Washington Post" berichtete, standen auf der Liste auch die Nummern von Staatsoberhäuptern und Ministerpräsidenten, Mitgliedern arabischer Königsfamilien, Diplomaten und Geschäftsleuten. Wer die Auftraggeber der möglichen Ausspähungen waren, sei aus dem Leak nicht eindeutig hervorgegangen.

Dem Bericht zufolge wurden nicht alle Nummern gehackt. Mit Hilfe forensischer Untersuchungen seien in 37 Fällen versuchte oder erfolgreiche Angriffe mit Pegasus auf den Handys von Journalisten, Menschenrechtsaktivisten sowie Geschäftsleuten nachgewiesen worden. Das Unternehmen NSO Group verkauft das Programm den Angaben zufolge nur an staatliche Behörden und zum Zweck der Bekämpfung von Terrorismus und schwerer Kriminalität.

Die NSO Group teilte auf Anfrage der Medien mit, sie habe "keinen Zugang zu den Daten der Zielpersonen" ihrer Kunden. Die Erfassung der Nummern könne "viele legitime und vollständig saubere Anwendungsmöglichkeiten haben, die nichts mit Überwachung oder NSO" zu tun hätten.

Zu den Journalisten, auf deren Handys laut Bericht Spuren erfolgreicher Pegasus-Angriffe nachgewiesen wurden, zählen zwei Reporter des ungarischen Investigativmediums Direkt36. Die Recherche lege den Verdacht nahe, dass diese Angriffe von staatlichen Stellen in Ungarn ausgeführt wurden, berichtete das Recherchekollektiv. Die ungarische Regierung habe diesem Vorwurf auf Nachfrage nicht widersprochen.

In Frankreich wurde dem Bericht zufolge unter anderem eine bekannte Reporterin von "Le Monde" ausgespäht. Eine Analyse der Daten und weitere Recherchen sprechen demnach dafür, dass diese Angriffe von Marokko ausgegangen seien. Die marokkanische Regierung teilte auf Nachfrage des Recherchekollektivs mit, es sei nicht erwiesen, dass es eine Geschäftsbeziehung zwischen Marokko und dem Unternehmen NSO Group gebe.

Zu den Betroffenen zählt laut den Recherchen auch Hatice Cengiz, die Verlobte des ermordeten saudiarabischen Journalisten Jamal Khashoggi. Ihr Handy sei vier Tage nach dem Mord an Khashoggi mit der Schadsoftware Pegasus angegriffen worden. Die NSO Group teilte dazu mit, die Technologie des Unternehmens habe "in keiner Weise" mit dem Mord an dem Journalisten in Verbindung gestanden. (AFP)


Aus: "Hunderte Journalisten und Aktivisten Ziel von Spähsoftware" (18.07.2021)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/datenleak-mit-telefonnummern-ausgewertet-hunderte-journalisten-und-aktivisten-ziel-von-spaehsoftware/27432830.html

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Quote[...] Das Cyber-Unternehmen NSO versuchte, seine Spähsoftware auch in Deutschland zu verkaufen. Sogar einem Innenminister führten die Israelis vor, was sie alles können.

... Neben dem BKA interessieren sich auch die Geheimdienste für diese Art der Spähsoftware. Die großen internationalen Akteure wie die US-amerikanische NSA, das britische GCHQ oder der chinesische Nachrichtendienst haben eigene Programme entwickelt. Aber schon Mittelmächte im  Geheimdienstmilieu wie etwa Franzosen oder Spanier schaffen es kaum noch, die ständigen technischen Neuerungen eines Handymarktes nachzuvollziehen, der mittlerweile Tausende verschiedener Telefonmodelle umfasst. Sie haben einerseits eigene Labore, in denen IT-Experten nach Schwachstellen forschen. Weil das aber nicht ausreicht, kaufen sie andererseits Wissen auf dem Graumarkt ein. Eine dieser Mittelmächte ist der Bundesnachrichtendienst (BND).

... NSOs Programm Pegasus ist in der Szene bekannt dafür, gleich drei oder vier Schwachstellen hintereinander auszunutzen, es ist so leistungsfähig und ausgefeilt wie kaum eine andere Lösung auf dem Markt. Eine Superwaffe. Aber der Versuch der Israelis, dem BND die komplette Pegasus-Suite zu verkaufen, war dem Vernehmen nach nicht erfolgreich. Auch im Bundesamt für Verfassungsschutz blitzen die Verkäufer demnach ab.

... Für die Deutschen konnte Pegasus schlicht zu viel. Eine Schmalspurversion wiederum wollte NSO nicht verkaufen. Zudem hatte die Bundesregierung Bedenken, ob heimlich der israelische Geheimdienst Mossad mitlesen kann, was das BKA alles überwacht. NSO dementiert das. Aber in der deutschen Regierung überwogen die Bedenken.

Ein paar Monate danach sprachen die Israelis auch bei den Cyber-Experten im bayerischen Landeskriminalamt (LKA) vor, ein zweiter Besuch folgte nach Angaben des bayerischen Innenministeriums im Sommer 2019. Schließlich empfing der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am 24. September 2019 eine NSO-Delegation. "Zielrichtung des Gesprächs war die Vorstellung des Portfolios der NSO Group", sagte Herrmanns Sprecher. Aber am Ende kaufte auch die bayerische Polizei nicht.

Die ZEIT und die Süddeutsche Zeitung haben sämtliche Innenministerien der Länder und des Bundes angefragt, ob sie Pegasus einsetzen. Die Bundesländer gaben an, NSOs Software nicht bei den Polizeibehörden zu benutzen. Für die Verfassungsschutzbehörden verweigerten die Landesregierungen grundsätzlich jede Antwort.

Das BKA hat sich mittlerweile seinen eigenen Bundestrojaner gebastelt, eine Art Pegasus ultralight. Die deutsche Version hat im Vergleich zum fliegenden Pferd aus Israel nur einen Flügel ­und hinkt etwas – aber dafür ist sie rechtsstaatlich einwandfrei.


Aus: "Überwachungsaffäre: Die Superwaffe und die Deutschen"  Kai Biermann und Holger Stark (19. Juli 2021)
Quelle: https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-07/ueberwachungsaffaere-spionage-software-pegasus-einsatz-deutschland-bundeskriminalamt-handydaten-rechtsstaat/komplettansicht

QuoteDarth Nihilus #3

Momentan steht man noch vor einer Wand von Demintis. Von der ungarichen Regierung und vom israelischen Anbieter. Mal sehen ob die alle von Vlad gelernt haben: ausdauernd genug weiter dementieren, dann verläuft das alles im Sand.


QuoteVeganes Hack #3.1

Das ist doch "Autocrats' Playbook" 1.01 ...


QuoteGerry10 #5

Hmm....was ich nicht ganz verstehe, geht denn nach den Enthüllungen von Snowden, niemand davon aus das sein/ihr Telefon nicht fürs abhören verwendet wird?
Kann man als Journalist, Oppositionspolitiker, Regimekritiker etc. wirkich so naiv sein?


Quoteistdasnochnormal #5.3

Wenn man sich damit beschäftigt hat, was Snowden vor knappen 10 Jahren aufgedeckt hat, dann sollte man sich dessen bewusst sein, dass ALLES, was man im Netz macht, für Sicherheitsbehörden abgreifbar ist.
Und das war vor 10 Jahren.


QuoteDer vierte Reiter #11

Des Diktatoren Freude ist das gefahrlose ausspionieren unliebsamer Personen.
Das Programm vereinfacht den späteren Zugriff, wie auch das Sammeln notwendiger Informationen, um die Personen 'aus dem Verkehr' zu ziehen.
Die Büchse der Pandora scheint weit offen zu stehen. ...


QuoteDiesDasVerschiedeneDinge #12

Also bei aller Kritik an Chinas Social-Credit-System und Co.: China sagt seiner Bevölkerung wenigstens, dass sie "ausspioniert" wird.

Im Westen klopft man sich hingegen für die Menschenrechte auf die Schultern, diffamiert Chinas Kontrollwahn und holt sich nach diesem Rant 'ne israelische Cyberfirma ins Haus, die dabei hilft, unbemerkt Leute auszuspionieren.

Na gut.


QuoteIch muss mal #16

Wen das ganze überrascht, muss in den letzten Jahren sehr blauäugig durchs digitale Leben gestolpert sein. ...


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"Angriff auf die Pressefreiheit: Ungarische Journalisten mit Spähsoftware überwacht" (18. Juli 2021)
Handydaten zeigen: Reporter aus Ungarn wurden mit Cyberwaffen attackiert. Die ungarische Regierung behauptet, alles sei nach Recht und Gesetz abgelaufen.
Von Astrid Geisler, Kai Biermann, Sascha Venohr und Holger Stark
https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-07/pressefreiheit-ungarn-ueberwachung-journalisten-spionage-software-pegasus-cyberwaffe/komplettansicht

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Quote[...] In Frankreich kann eines der weitreichendsten Anti-Terror-Gesetze der Europäischen Union in Kraft treten. Der Verfassungsrat billigte am Freitagabend in weiten Teilen das neue Gesetz, das am 22. Juli endgültig von der Nationalversammlung verabschiedet worden war. Kritiker hatten moniert, dass mit dem Gesetz die Überwachung der Bürger ausgebaut und der Schutz der Privatsphäre im Internet ausgehöhlt werde. Der Abgeordnete der Linkspartei LFI, Ugo Bernalicis, warnte, dass der Pegasus-Skandal zeige, wie schnell Überwachungstechnologie missbraucht werden könne. Die neun Weisen des Verfassungsrates mussten das Gesetzeswerk im Eilverfahren innerhalb einer Woche überprüfen.

Das Gesetz sieht vor, Computeralgorithmen einzusetzen, die auswerten, welche Netznutzer terrorverdächtige Inhalte teilen. Bislang war dies nur versuchsweise geschehen. Frankreich setzt zunehmend auf Big-Data-Ansätze bei der Terrorismusbekämpfung in den sozialen Medien. Die Regierung hofft, dass die Sicherheitskräfte auf diese Weise früher auf Radikalisierungen aufmerksam werden. Einmal entdeckt, sollen die Geheimdienste diese Accounts minutiös beobachten und im Fall einer nachgewiesenen Radikalisierung präventive Maßnahmen ergreifen.

Damit soll auf die veränderte Bedrohung durch Einzeltäter reagiert werden, die von den Behörden nicht rechtzeitig identifiziert wurden. Frankreich hat seit der Terrorwelle der Jahre 2015/16 die Anti-Terror-Gesetze wiederholt verschärft und die im Ausnahmezustand dekretierten Sonderbefugnisse in die Gesetzgebung übernommen.

Hausarreste und Aufenthaltsverbote dürfen nicht mehr nur gegen Personen, ,,von denen eine tatsächliche Gefahr ausgeht", verhängt werden, sondern fortan auch gegen Personen, ,,von denen anzunehmen ist, dass ihr Verhalten eine Bedrohung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellen könnte". Das Gesetz sieht zudem vor, dass wegen Terrorismus verurteilte Franzosen nach ihrer Haftentlassung besser überwacht werden.

Der Verfassungsrat beanstandete die vorgesehenen Freizügigkeitseinschränkungen über zwei Jahre für Haftentlassene und verringerte die Dauer auf ein Jahr. Sie seien andernfalls nicht verhältnismäßig. Betroffen sind davon Häftlinge, die wegen Terrorismus zu Haftstrafen von fünf oder mehr Jahren verurteilt worden waren. Sie dürfen nach ihrer Haftentlassung ein Jahr nicht den Wohnsitz wechseln und müssen sich in regelmäßigen Abständen bei der Polizei melden.

Am 8. September beginnt in der französischen Hauptstadt der Prozess zu den Pariser Terroranschlägen, bei denen 131 Menschen getötet und Hunderte weitere verletzt worden waren. Frankreich fürchtet heute jedoch weniger organisierte Terrorzellen wie die mutmaßlich aus Syrien gesteuerte Zelle, die für die Pariser Anschläge verantwortlich war. Die jüngsten Terroranschläge gehen auf das Konto von Einzeltätern, die sich im Internet radikalisiert hatten. Die Regierung will nicht den Eindruck erwecken, auf die neue Bedrohung mit Naivität zu reagieren.

Das neue Anti-Terror-Gesetz schafft den juristischen Rahmen für den Einsatz der Algorithmen, die Alarm schlagen, wenn Personen mit islamistischen Gruppen im Ausland kommunizieren oder Kontakt zu inländischen Gefährdern aufnehmen. Seit 2017 zählte Frankreich 15 Attentate, bei denen 25 Menschen starben. 36 Anschläge sind nach Angaben des Innenministeriums vereitelt worden.

Der Verfassungsrat billigte den Einsatz von Algorithmen, da diese dem übergeordneten Ziel dienten, die Bevölkerung vor Terroranschlägen zu schützen. Mehr als 50 Senatoren hatten den Verfassungsrat angerufen. Der Verfassungsrat billigte auch einen von Historikern scharf kritisierten Artikel des Gesetzes, der die Frist für den Zugang zu klassifizierten Archiven über den bisherigen Zeitraum von 50 Jahren ausweitet.


Aus: "Eines der weitreichendsten Anti-Terror-Gesetze der EU" Michaela Wiegel, Paris (01.08.2021)
Quelle: https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/frankreich-setzt-im-anti-terror-kampf-auf-algorithmen-17464470.html

QuoteSiegfried del Moral (DonSiggi),  01.08.2021 - 16:35

Sicherheit ist ein hohes Gut, ...

... aber man kann auch unter dem Aspekt der Sicherheit alles andere mitlaufen lassen. Es gibt den Terror von Terroristen, aber was auch als Terrorist benannt wird, obliegt auch immer der Interpretation der Herrschenden. Des einen Terrorist ist des anderen Freiheitskämpfer oder einfach Journalisten die über Dinge schreiben, die die anderen ,,übersehen" haben.
Sehr schwieriges Thema ...


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"'I will not be silenced': Women targeted in hack-and-leak attacks speak out about spyware" By Olivia Solon (Aug. 1, 2021)
Female journalists and activists say they had their private photos shared on social media by governments seeking to intimidate and silence them. ... The United Arab Emirates' government press office did not respond to repeated requests for comment. But the Ministry of Foreign Affairs and International Cooperation issued a statement denying that it surveilled journalists. ... "If a woman tries to express their opinion about unjust laws or says something that doesn't please the government, they will leak your private pictures to intimidate you," Lina al-Hathloul said. "It's effective in the short term, but in the long term it won't work. Women will realize they are being shamed and oppressed, and they will gather to unite against it." ...
https://www.nbcnews.com/tech/social-media/i-will-not-be-silenced-women-targeted-hack-leak-attacks-n1275540

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#156
QuoteACLU

BREAKING: Newly declassified documents reveal that the CIA has been secretly conducting massive surveillance programs that capture Americans' private information.

1:51 vorm. · 11. Feb. 2022


https://twitter.com/ACLU/status/1491937850887180288

February 10, 2022
Wyden and Heinrich: Newly Declassified Documents Reveal Previously Secret CIA Bulk Collection, Problems With CIA Handling of Americans' Information
Senators Call for Critically Needed Transparency About CIA Bulk Collection; Documents Declassified at Wyden and Heinrich's Request ...
https://www.wyden.senate.gov/news/press-releases/wyden-and-heinrich-newly-declassified-documents-reveal-previously-secret-cia-bulk-collection-problems-with-cia-handling-of-americans-information

"CIA collecting Americans' data in 'bulk' without oversight, Sens. Ron Wyden and Martin Heinrich say"
By Callie Patteson, February 11, 2022
https://nypost.com/2022/02/11/cia-collecting-americans-data-in-bulk-sens-ron-wyden-martin-heinrich/

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Quote[...] Jenseits elementarer demokratischer Aufsicht sammelt die CIA riesige Menge an Daten über Personen aus anderen Staaten, aber auch von US-Bürgern. Dies geht aus einem Bericht des Privacy and Civil Liberties Oversight Board (PCLOB) der US-Regierung vom Frühjahr 2021 hervor, den der US-Auslandsgeheimdienst jetzt auf Druck von Senatoren hin mit vielen Schwärzungen veröffentlicht hat. Darin wird ein Programm zur Massenüberwachung beschrieben, das sich auf das Sammeln und überwiegend automatisierte Auswerten von Finanzdaten konzentriert. Daneben hat das PCLOB noch eine weitere einschlägige "Aktivität" der CIA untersucht, die weiter völlig geheim bleibt.

Das nun zum Teil publik gemacht Big-Data-Programm stützt sich auf die seit Jahren umstrittene Anordnung 12333, die der frühere US-Präsident Ronald Reagan ursprünglich 1981 erlassen hatte. Sie lässt unter anderem zu, dass Unternehmen und andere Einrichtungen überwacht werden, solange diese eine "irgendwie geartete Beziehung zu ausländischen Organisationen oder Mitarbeitern haben". Dies kann im Fall einer US-Firma schon gelten, wenn dort ein Ausländer angestellt ist.

Auch die von Edward Snwoden 2013 enthüllten Überwachungsprogramme der NSA basierten zunächst mehrheitlich auf dem lange geheim gehaltenen Dekret. Inzwischen hat das Weiße Haus hier mit der ergänzenden Präsidentenanordnung 28 (PPD-28) Schranken etwa auch für den Schutz von Personen außerhalb der USA bei der Auslandsüberwachung aufgestellt. Andere Überwachungsinitiativen der NSA und des FBI unterliegen dem Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA) und dem Patriot Act. Diese Anti-Terror-Gesetze sehen – im Gegensatz zum Erlass 12333 – zumindest eine juristische Kontrolle durch ein Geheimgericht sowie den US-Kongress vor.

Das Wer, Was, Warum und Wie des halb offengelegten CIA-Programms ist aufgrund der geschwärzten Stellen immer noch weitgehend unbekannt. Zu entnehmen ist dem Bericht des Aufsichtsgremiums, dass es um die Analyse von Finanzdatenaktivitäten der CIA geht. Im Blick hatte der Geheimdienst dabei demnach vor allem das "Netzwerk des Islamischen Staates". Der Auftrag der Agenten besteht laut dem Report darin, Finanzinformationen zu sammeln, zu analysieren und gegebenenfalls mit anderen Behörden zu teilen. Es gehe darum, "Einblicke in die Identitäten, Aktivitäten und Beziehungen von nachrichtendienstlichen Zielen" zu bieten.

Das PCLOB kritisiert unter anderem, dass den Spionen für diese Tätigkeit nur eine "begrenzte formale Ausbildung" zuteilwerde. Es gebe keine klaren Vorgaben für den Umgang mit Informationen über US-Bürger, "die zufällig außerhalb der Vereinigten Staaten gesammelt werden". Eine "Massenerhebung" persönlicher Daten müsse zwar dokumentiert werden. Dies gelte auch für Sammlungen, "die so umfangreich sind, dass die CIA sie entweder nicht sofort auswerten kann" oder nur "als Ganzes" auswerte, "ohne die Daten einzeln zu prüfen".

Eine Funktion ermögliche "Massen"-Suchen mit mehreren Selektoren gleichzeitig, erläutert die Kontrollstelle. Umstritten sei auch die Weitergabe von Daten und Erkenntnisse an andere Stellen. Generelle Prinzipien, wonach persönliche Informationen nur für einen "angemessenen Zeitraum" aufbewahrt werden dürften, sowie zur "Datenminimierung" halte die CIA nicht immer ein. Beim Versuch eines Analysten, Informationen über einen US-Bürger einzusehen, erscheine ein "Pop-up-Fenster". Dieses enthalte aber nur eine Erinnerung, dass für eine solche Abfrage ein spezieller Zweck der Untersuchung ausländischer Spionageaktivitäten erforderlich sei. Eine Begründung werde nicht verlangt. Eine nachträgliche Überprüfung wäre damit schwierig und zeitaufwändig.

In einer Zusammenfassung seiner Tätigkeiten zum Erlass 12333 erläuterte das PCLOB schon voriges Jahr, dass es zwei "Tiefenanalysen" zu einschlägigen CIA-Aktivitäten sowie eine weitere zum umstrittenen NSA-Analysewerkzeug XKeyscore durchführte. Zu diesen beiden anderen Berichten gibt es bislang noch keine Freigaben oder Leaks. Die Prüfer monieren darin allgemein, dass das Dekret und Richtlinien des US-Justizministeriums dazu aus einer Zeit stamme, in der fernmündliche Kommunikation in der Regel über Festnetztelefone geführt, und schriftliche Nachrichten per Fax, Telegramm oder Telex übermittelt worden seien.

Inzwischen sei die Nutzung von "E-Mail, Sofortnachrichten, Videochats und sozialen Medien" weit verbreitet, schreibt das PCLOB. "Wenn Nachrichtendienste Richtlinien anwenden, die die Entwicklung der Technologie nicht berücksichtigen", könne es sein, dass die enthaltenen Maßnahmen "für den Schutz der Privatsphäre und der bürgerlichen Freiheiten nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zu den praktischen Realitäten der Informationserfassung im digitalen Zeitalter stehen".

Die enthaltenen rudimentären rechtsstaatlichen Sicherungen bezögen sich zudem im Kern auf US-Bürger, räumen die Kontrolleure ein. Personen aus anderen Staaten würden aber etwa durch "bestimmte Regeln" geschützt, wenn sie sich in den USA aufhielten. Auch die Ansage, sich auf "legitime nachrichtendienstliche Ziele zu konzentrieren", gelte für alle Personen. Ferner gälten die Datenschutzvorgaben aus der PPD-28 generell zumindest für die Fernmelde- und elektronische Aufklärung.

Die Senatoren Ron Wyden aus Oregon und Martin Heinrich aus New Mexico hatten schon im April vorigen Jahres einen Brief an hochrangige Geheimdienstmitarbeiter geschickt, in dem sie die Freigabe weiterer Details über das CIA-Programm forderten. Auch dieses Schreiben durften sie nun geschwärzt publizieren. Die beiden Demokraten rügen darin, der Geheimdienst operiere "außerhalb des gesetzlichen Rahmens, von dem der Kongress und die Öffentlichkeit glauben, dass er diese Sammlung regelt".

Die Öffentlichkeit verdiene eine größere Transparenz, verlangen Wyden und Heinrich in einer aktuellen Mitteilung. Sie erkundigen sich etwa nach der Art der Beziehung der CIA zu ihren "Quellen". Dies könnte eine Anspielung darauf sein, dass der Auslandsgeheimdienst Daten – wie die NSA – auch über geheime Vereinbarungen mit Unternehmen bezieht. Schon 2013 war bekannt geworden, dass die CIA zehn Millionen Dollar pro Jahr zahlte, um Zugang zu Telefondaten von AT&T zu erhalten.

Die US-Organisation Electronic Frontier Foundation (EFF) sprach von einem "verfassungswidrigen Angriff auf unsere bürgerlichen Freiheiten". Die bisher veröffentlichten Details zeichneten ein "beunruhigendes Bild" potenziell weitreichender Datenschutzverstöße. Laut der American Civil Liberties Union (ACLU) werfen die Berichte "ernste Fragen über die Art der Informationen auf, die die CIA in großen Mengen aufsaugt" und damit auch US-Amerikaner ausspioniere.

(tiw)


Aus: "US-Aufsicht: CIA betreibt eigenes Programm zur Massenüberwachung" Stefan Krempl (12.02.2022)
Quelle: https://www.heise.de/news/US-Aufsicht-CIA-betreibt-eigenes-Programm-zur-Massenueberwachung-6453778.html?seite=all

https://apnews.com/article/congress-cia-ron-wyden-martin-heinrich-europe-565878d7299748551a34af0d3543d769

https://www.eff.org/deeplinks/2022/02/we-need-answers-about-cias-mass-surveillance

https://www.heise.de/meldung/Geheimbericht-der-Bundesdatenschutzbeauftragten-bringt-BND-in-grosse-Bedraengnis-3312229.html

http://www.heise.de/ct/ausgabe/2015-17-Lexikon-des-NSA-Skandals-XKeyscore-2754165.html

Quotebash rules, 12.02.2022 18:19

Und in Deutschland?

Wir gehen davon aus dass es sowas nur in Amerika gibt. Aber stimmt das? Es gibt hier eben vielleicht nur keinen "Eduard Schneemann" der geheimes öffentlich macht.


QuoteEvi1M4chine, 13.02.2022 17:35

Wenn ich etwas von der Arbeit eines echten Journalisten gelernt habe, ...

dann daß er dem Durchschnittsbürger nicht viel von dem erzählen kann was wirklich so abgeht, weil es so weit über dem ist was für ihn noch akzeptabel und vorstellbar ist, daß es nicht mehr von Märchen und wirklichen Konspirationstheorien unterscheidbar ist. Es überfordert seine Welt einfach. ...


...

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"Bayerisches Verfassungsschutzgesetz: Grundsatzurteil geplant" Christian Rath, Rechtspolitischer Korrespondent (14. 12. 2021)
Drei Linke hatten gegen das Verfassungsschutzgesetz in Bayern geklagt. Karlsruhe will nun alle Befugnisse des Dienstes auf den Prüfstand stellen.

"Bayrisches Verfassungsschutzgesetz: Karlsruhe kippt Überwachungsgesetz" (26. 4.2022)
Laut Bundesverfassungsgericht verstoßen Befugnisse des bayrischen Verfassungsschutzes gegen das Grundgesetz. Dabei geht es insbesondere um Überwachungstechnik. ... KARLSRUHE afp/dpa | Die weitreichenden Befugnisse des bayerischen Verfassungsschutzes verstoßen teilweise gegen Grundrechte. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe beanstandete am Dienstag etliche Vorschriften im Verfassungsschutzgesetz des Freistaats, das 2016 auf Bestreben der CSU grundlegend überarbeitet worden war.
Die Gesetzesnovellegibt dem bayerischen Verfassungsschutz weitreichende Befugnisse wie etwa die verdeckte Onlinedurchsuchung von Computern mit sogenannten Staatstrojanern oder unter bestimmten Voraussetzungen die akustische und optische Überwachung von Wohnungen. (Az. 1 BvR 1619/17) ...
https://taz.de/Bayrisches-Verfassungsschutzgesetz/!5851061/


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Quote[...] Stellen Sie sich vor, Ihr Arbeitgeber weiß zu jeder Zeit, wo Sie sich aufhalten. Er registriert, wie schnell oder langsam Sie Ihre Arbeit erledigen, Ob Sie Pausen machen oder wie genau Sie die Vorgaben einhalten. Und all diese Daten sammelt er – für unbestimmte Zeit.

Keine Dystopie. Sondern Alltag in der schönen neuen Arbeitswelt der Lieferdienste.

Der BigBrotherAward 2022 in der Kategorie Arbeitswelt geht deshalb an Lieferando und an die hinter diesem Firmennamen stehenden Unternehmen yd.yourdelivery GmbH und Takeway Express GmbH, beide ansässig in Berlin. Der Einfachheit halber werde ich im Folgenden von ,,Lieferando" sprechen.

Lieferando erhält den BigBrotherAward 2022 für den Einsatz der Scoober-App, die eine umfassende Überwachung der für den Lieferdienst tätigen Fahrerinnen und Fahrer ermöglicht und die zugleich personenbezogene Daten an eine Reihe von Internet-Tracker weiterleitet.

Lieferando ist aus unserer Sicht nur die Spitze eines Eisbergs von Firmen aus der ,,Plattform-" oder ,,Gig-Economy", die eine Tätigkeit davon abhängig machen, dass Beschäftigte ihnen vielfältige persönliche Daten zur Verfügung stellen. In Deutschland beziehen inzwischen fast sechs Prozent der Erwerbstätigen zumindest einen Teil ihres Einkommens aus sogenannter Plattformarbeit. Beschäftigte, die nicht aus Spaß für Firmen wie Lieferando arbeiten, sondern weil sie ihren Lebensunterhalt verdienen müssen.

Die hinter Lieferando stehenden Unternehmen gehören zum börsennotierten holländischen Konzern Just Eat Takeaway.com N.V in Amsterdam. Die holländische Muttergesellschaft besitzt auch den Markennamen ,,Takeaway.com", der in den App-Stores von Android und Apple als ,,Entwickler" der Scoober-App genannt wird.

Die Verwendung dieser App ist Voraussetzung für eine Liefertätigkeit für Lieferando. Über diese App melden sich die Fahrerinnen und Fahrer ,,dienstbereit". Ist dies geschehen, weist ihnen die Scoober-App über das Smartphone – ausgehend vom aktuellen Standort – automatisch Restaurants zu, bei denen Ware abzuholen ist. Sie zeigt die Adressen der Kundinnen und Kunden sowie den geplanten Lieferzeitpunkt an und registriert die erfolgte Übergabe der Bestellung. Diese Informationen sind für den Lieferprozess erforderlich – und nicht der Grund für den BigBrotherAward.

Mit der Auszeichnung würdigen wir vielmehr die Verarbeitung von weiteren personenbezogenen Daten über die Scoober-App, die für die Abwicklung einer Lieferung nicht erforderlich sind: Nach einer Recherche des Bayerischen Rundfunks aus dem vergangenen Jahr werden pro Lieferung 39 Einzeldaten erhoben und verarbeitet.2 Dazu gehört neben Hinweisen zur verspäteten Ankunft in Restaurants oder bei Kunden insbesondere die permanente Erfassung der aktuellen Standorte der Fahrerinnen und Fahrer mittels GPS-Tracking. Sie erfolgt alle 15 bis 20 Sekunden. Die persönlichen Standortdaten erhält Lieferando.

Anhand dieser GPS-Daten lässt sich ein umfassendes Bild des individuellen Arbeitsverhaltens gewinnen: Wer zu schnell oder zu langsam für Lieferando unterwegs ist, wer von vorgegebenen Routen abweicht (vielleicht, weil sie oder er einen besseren oder schlicht sichereren Weg kennt, der vielleicht einen Umweg bedeutet), wer verkehrt durch Einbahnstraßen fährt – oder scheinbar grundlos Pausen einlegt. Die übermittelten GPS-Daten werden auch nach der Übergabe der Bestellung weiter aufbewahrt, ohne dass dafür eine Notwendigkeit bestünde. Es gibt Hinweise darauf, dass Lieferando innerhalb eines Jahres für Vollzeitkräfte mehr als 100.000 Einzeldaten gesammelt hat.3

Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationssicherheit in Baden-Württemberg, der eine Kurzprüfung der Scoober-App durchgeführt hat, stellt dazu kurz und bündig fest: ,,Die äußerst engmaschige Überwachung des Nutzers (Übermittlung des GPS-Standorts ca. alle 15 bis 20 Sekunden an Scoober) ist eine nicht erforderliche und damit rechtswidrige Beschäftigtenüberwachung (nach § 26 Abs. 1 BDSG und Art. 88 DS-GVO)".

Diese unzulässige GPS-Totalkontrolle der Fahrerinnen und Fahrer wäre schon Grund genug für den BigBrotherAward 2022 in der Kategorie Arbeitswelt. Wir verleihen den Preis an Lieferando aber auch deshalb, weil diese Software eine Reihe von Internet-Tracker mit personenbezogenen Daten versorgt. Dazu zählen:

    Google Analytics

    Google CrashLytics

    Google Firebase Analytics

    Google Tag Manager

    Instabug und

    Optimizely

Warum diese Weiterleitungen für die Durchführung einer Essenslieferung erforderlich sein sollen, wird den Beschäftigten nicht mitgeteilt. Der Datenschutzbeauftragte des Landes Baden-Württemberg hält dazu fest: ,,Das Nutzer-Tracking stellt sich mangels wirksamer Einwilligung und hinreichender Nutzerinformationen als rechtswidrig dar."

Dem ist nichts hinzuzufügen.

...



Aus: "Arbeitswelt: Lieferando | BigBrotherAwards" (2022)
Quelle: https://bigbrotherawards.de/2022/arbeitswelt-lieferando

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"Fog Data Science: US-Polizei nutzt gekaufte Daten von Handy-Apps" Markus Reuter - in Überwachung (02.09.2022)
Von kommerziellen Handy-Apps gesammelte Standortdaten sind schon seit Jahren als Gefahr für die Privatsphäre bekannt. Jetzt kommt heraus, dass US-Polizeibehörden diese Daten für die Ermittlungsarbeit nutzen. Über das Tool eines kaum bekannten Unternehmens. ... Die EFF schreibt, dass das bisher weitgehend unbekannte Unternehmen Fog Data Science LLC den Strafverfolgungsbehörden einen einfachen Zugriff auf die genaue und kontinuierliche Geolokalisierung von hunderten Millionen ahnungsloser US-Amerikaner:innen geben würde. Dabei kauft das Unternehmen nach Informationen der EFF bei Datenbrokern Milliarden von Datenpunkten, die von etwa 250 Millionen Geräten aus den USA stammen. Normalerweise sind diese Daten vor allem für die Werbewirtschaft interessant. ...
https://netzpolitik.org/2022/fog-data-science-us-polizei-nutzt-gekaufte-daten-von-handy-apps/

https://www.eff.org/deeplinks/2022/08/fog-revealed-guided-tour-how-cops-can-browse-your-location-data

https://twitter.com/josephfcox/status/1565394264686661634

https://www.vice.com/en/article/v7v34a/fog-reveal-local-cops-phone-location-data-manual