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[Coronavirus Notizen (COVID-19-Pandemie, Mentalitätsgeschichte, etc., ...) ... ]

Started by Link, March 17, 2020, 03:00:05 PM

Link

#120
Quote[...] Es sind groteske Zeiten. Am Wochenende standen tausende Demonstranten in der ganzen Republik zusammen wie Fanblocks. Es gab Demonstrationen in München, Berlin, Stuttgart, Nürnberg, Frankfurt, Dortmund, Köln und anderen Städten. Die größten Demonstrationen gab es in den drei erstgenannten Städten.

"Niemals haben wir uns vorstellen können, dass wir in einem Land leben, wo nicht mehr als fünf Personen zusammen unterwegs sein können. Das werden wir jetzt unterbinden", sagte Marie-Luise Anna Dreyer am 20. März. Die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz ist wie ihre Amtskollegen aus anderen Bundesländern in einem ARD-Brennpunkt zur Corona-Lage zu sehen. "Es ist unsere einzige Möglichkeit derzeit. Wir müssen versuchen, die Welle der sprunghaften Infektionen zu brechen", so Söder seinerzeit.

Das ist jetzt gut sieben Wochen her.

In München haben am Samstag geschätzt 3000 Menschen demonstriert. Ziemlich dicht gedrängt. In Stuttgart waren es wesentlich mehr auf der Cannstatter Wasen. 50.000 hatten sich angemeldet, die Stadt hatte die Auflage erteilt, die Teilnehmerzahl auf 10.000 zu begrenzen.

Ken Jebsen spricht von 30.000 bis 35.000 Teilnehmern. Er hat dort eine Rede gehalten. Das Video dazu zeigt ein Publikum, das wie eh und je eng beieinander steht - auf Tuchfühlung. Von Vorsichtsmaßnahmen keine Spur.

Wie wird der Blick in sieben Wochen darauf aussehen?

Corona war das große Thema von Jebsens Rede. Aber nicht die Gefahr, die vom Virus ausgeht. Für ihn ist es ein "trojanisches Pferd", das zum Machtmissbrauch genutzt wird. Er spricht von einer Agenda des "Merkel-Regimes", von Covid 19/84 (zeigt sich Russland mit seinen strengen Maßnahmen dann auch als das "Putin-Regime"?); dass sich die Regierung am Grundgesetz vergriffen hat, dass der Staat und die Bürger geplündert werden. Profiteure sind die Pharmariesen ("Big Pharma"), aber auch andere Konzerne und Lobbyisten. Die Elite.

Demokratie werde seit 1949 nur simuliert. In Wirklichkeit befinde man sich in einer "Konzern und NGO-Demokratie". Es werde nun Zeit fürs "Erwachsenwerden", ruft Jebsen seinen Zuhörern zu. Die Frage, die er zuvor aufgeworfen hat: "Leben wir denn in einer Demokratie?", ist eine rhetorische.

Die Antworten, die Jebsen darauf hat, sind ein betonfestes Nein mit mehreren Säulen: Wir werden manipuliert und überwacht, Kritiker werden mundtot gemacht, dazu "wird gelogen, dass sich die Balken biegen", die Macht im Hintergrund zieht ihre Fäden. Jebsen deutet Parallelen zum NS-Regime an. "Ermächtigung" ist das große Wort im Resonanzraum der Jebsen-Rede zur heraufziehenden Gefahr.

Anstelle der Angst vor Corona wird die Angst vor einem neuen Regime gesetzt.

Manchmal wird er konkret. Wenn es um Bill Gates geht, der "doch nicht demokratisch gewählt" wurde, aber einen "Acht-Minuten-Werbespot" bei einem öffentlich-rechtlichen Sender bekommen habe. Muss man dazu demokratisch gewählt sein?

In Zeiten der großen Unsicherheit, die die Corona-Krise weltweit prägt, ist die Sicherheit, mit der Jebsen seine Rhetorik vorträgt, wie aus einer anderen Welt. Es gibt keine Pausen in seinem Vortrag, kein Suchen nach Worten, nach der richtigen Formulierung, jede Frage hat schon eine Jebsen-Antwort, wenn sie gestellt wird.

Dass sich die Menge vor ihm mit dem Virus anstecken könnte, ist ihm aber keine Erwähnung wert. Sein Zweifel hat feste Grenzen. Er schmeichelt der Menge für ihren Mut zum Widerstand und weist mehrmals auf seine Democracy-App hin.

Am Sonntag spricht er über Video zu seinen Zuhörern, diesmal als "politischer Aktivist", persönlich, nicht als Journalist. Er korrigiert sich. Seine Angaben zu Bill Gates, wonach dieser zu 80 Prozent die WHO finanziere, sei nicht richtig gewesen. Jebsen hält dies für einen relativ harmlosen Fehler. Die Öffentlich-Rechtlichen müssten sich laufend korrigieren.

Aber bei ihm habe dies "keinen Effekt auf Deutschland". Aber wenn die Regierung sich irre, etwa bei den Zahlen der Infizierten, dann habe dies Auswirkungen, das werde aber anders als bei ihm nicht von Faktenfindern aufs Tapet gehoben.

Das ist die Frage - welchen Einfluss Jebsens Reden haben? Dass Gates als Gigant im Hintergrund gezeichnet wird, hängt nicht an einem "Versprecher", sondern ist Teil einer Welterklärung, die in den letzten Wochen sehr viel Resonanz findet. Sogar aus der reaktionären Ecke des katholischen Klerus gibt es "Grund zu der Annahme", "dass es Kräfte gibt, die daran interessiert sind, in der Bevölkerung Panik zu erzeugen".

Die "illiberalen Maßnahmen" zur Bekämpfung der Ausbreitung der Pandemie, seien "der beunruhigende Auftakt zur Schaffung einer Weltregierung, die sich jeder Kontrolle entzieht", heißt es in einem Aufruf von Kardinälen, die sich ansonsten mit fundamentalistischen Attacken gegen einen Papst hervorgetan haben, der eine Kirche der Armen als Programm im Auge hat. Jetzt warnen sie vor "zweifelhaften Geschäftsinteressen" und einer "Einmischung von fremden Mächten".

Verschwörungstheorien sind Ausdruck "eines prinzipiell richtigen Gefühls", das sich zwar "nicht artikulieren und ideologische Zusammenhänge nicht begreifen kann", aber womöglich haben Anhänger von VTs "ein Potential, wenn sie über all das aufgeklärt werden", erklärt Martin Sellner, Sprecher der Identitären Bewegung Österreich, auf Twitter. Für die Neue Rechte bieten sich in der Corona-Krise neue Chancen, neue Andock-Möglichkeiten.

"Wir labeln nicht", ist eine Grundhaltung der neuen Partei Widerstand 2020, die nach allen Seiten offen sein will. Auf der Partei-Webseite zählt man über 100.000 Mitglieder, obwohl die Partei erst Mitte April gegründet wurde und die Formalitäten dazu noch laufen.

Freilich gibt es auch an dieser nächsten, spektakulären Zahl in der Corona-Ausnahmesituation Kritik und Zweifel. Aber dass die neugründete Partei ziemliches Mobilisierungspotential hat, lässt sich nicht bestreiten. Ihre Offenheit nach allen Seiten ist besonders für die Rechten interessant. Die AfD hatte öffentlich große Mühe, mit der Dynamik der Corona-Krise umzugehen.

Auch Jebsen hat Widerstand 2020 als Weggefährten in seiner Rede in Stuttgart genannt, wo zwei der Parteigründer anwesend waren. Schon kommen erste Einordnungen, die auf "gefährliche Aussagen" aufmerksam machen. "So gefährlich denken die Gründer von "Widerstand 2020", kommentiert das Redaktionsnetzwerk Deutschland. Auch hier wird an die NS-Vergangenheit erinnert, Bodo Schiffmann, einer der Partei-Gründer, wird mit der Volkskörperideologie der Nazis in Zusammenhang gebracht.

Man solle mal aufpassen, hier nicht den Fehler von Pegida zu wiederholen, warnt dagegen nt-tv, und die Gemäßigten mit guten Argumenten "bei Vernunft halten".

Schwer zu glauben, dass sich bei diesem bunten Potpourri nur Spinner zusammengefunden hätten, schreibt Gabor Steingart. Mit Sicherheit seien aber auch Spinner dabei. Steingart ist Mainstream, er verkündet das Ende des Unisono: "Die etablierte Parteipolitik und ihre mediale Begleitkohorte haben die Meinungsführerschaft bei diesem Thema verloren."

Die neue Partei setzt auf Offenheit, "nach rechts und nach links", zu Konservativen und zum Teil auch zu Progressiven wie auch zu Impfgegnern, man setze auf Wertschätzung statt auf Labels, jeder Mensch werde ernstgenommen, der Umgang miteinander solle liebevoll sein. Man wolle anderes etablieren, heißt es in der Selbstbeschreibung von Widerstand2020-Mitbegründer Ralf Ludwig.

Der Protest hat ein neues Auffangbecken, das nach rechts offen ist. Wie sehr zeigt sich konkret auf den Demonstrationen. Als Markenkern wird "Schwarmintelligenz" genannt. Der Widerstand gegen die bisherige Politik soll basisdemokratisch so organisiert werden, dass die vielen ungehörten klugen und kundigen Stimmen, die sich als "Experten" in Diskussionen gezeigt haben, nun in möglichst großer Zahl an Abstimmungen beteiligt werden.

Widerstand 2020 will weiterführen, was die Piraten einst als neues demokratisches Modell angestoßen haben, eine andere Art der Diskussion und Entscheidungsfindung, es gehe nicht wie bei Parteien üblich um Abstimmungen, sondern um das Auffinden von Tendenzen: "Welche Tendenz ergibt sich?"

Inwieweit dort für bessere Arbeitsverhältnisse, Arbeitszeiten, Arbeitstempo, Entlohnung, ein gutes Gesundheitswesen für alle, eine am Konkreten orientierte Kritik der Herrschaftsverhältnisse und der Wirtschaftspolitik gestritten und gekämpft wird, ist noch völlig im Vagen (wie auch eine an der Sache orientierte, präzise Auseinandersetzung mit den Eindämmungsmaßnahmen der Regierung gegen die Ausbreitung des Virus im Hintergrund verschwindet - siehe dazu auch "There Is No Glory In Prevention.")

Es geht hauptsächlich erstmal um ein Gefühl: Seid nett und lieb zueinander, wenn ihr unter dem "Kill Bill"-Plakat zusammensitzt und seid auf der Hut vor der Regierung.

"Nur noch 37 Prozent der Deutschen (April: 46 Prozent) machen sich ernsthafte Sorgen um ihre Gesundheit", heißt es bei Steingart [https://www.gaborsteingart.com/newsletter-morning-briefing/ende-der-ein-positionen-herrschaft/?wp-nocache=true].


Aus: "Corona-Demos: Keine Angst vor dem Virus, sondern Wut auf das "Merkel-Regime""  Thomas Pany (11. Mai 2020)
Quelle: https://www.heise.de/tp/features/Corona-Demos-Keine-Angst-vor-dem-Virus-sondern-Wut-auf-das-Merkel-Regime-4718693.html?seite=all

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Quote[...] "Denkt ihr, Bill Gates kann das Virus aktiv steuern oder hat er es nur freigesetzt?", fragt ein User in einer deutschen Corona-Diskussionsgruppe auf Telegram. Die Gruppe ist gespalten. Einerseits sei er ja Sternzeichen Stier, andererseits ein Kaffeeverweigerer.

So oder so ähnlichen Quatsch haben wir sicher alle von Gates im Zusammenhang mit der Corona-Krise gelesen – oder in der Familie gehört – auch ohne in obskure Impfgegner-Gruppen abzutauchen. Denn nicht nur Verschwörungsmythen von Xavier Naidoo, sondern auch die rund um den Microsoft-Gründer haben gerade Hochkonjunktur. Der Basis-Vorwurf lautet sinngemäß: Gates benutze die Covid-19-Epidemie als Vorwand. Er wolle der Menschheit einen Impfstoff aufzwingen. Bei der Impfung werde uns gleich noch ein Mikrochip mit in den Körper gepflanzt, um die Menschheit zu tracken und zu knechten, vielleicht auch zu dezimieren.

Anhand dieses Märchens lässt sich gut nachzeichnen, wie solche unwahren Erzählungen in die Welt gelangen – in einer unheilvollen Melange aus Angst vor Kontrollverlust, Technophobie, mangelnder Medienkompetenz und einer Dosis tatsächlich problematischer Wirtschaftsverflechtungen. Nehmen wir dieses Knäuel einmal auseinander.

"Das einzige, was mich nachts nicht schlafen lässt, ist der Gedanke an eine Pandemie", sagte Bill Gates der englischen Times 2019. "Vor hundert Jahren hatten wir eine riesige Grippeepidemie. Heute reisen die Leute mehr, also würde sich die Ausbreitung beschleunigen. Wenn sich so ein Erreger über die Luft verbreitet, wären die Zahlen schrecklich."

Schon 2015 warnte Gates in einem TED-Talk vor den Konsequenzen einer kommenden Pandemie. "Wenn es eine Sache gibt, die in den nächsten Jahrzehnten über zehn Millionen Menschen tötet, dann ist es wahrscheinlich ein Virus und kein Krieg", sagt Gates in seinem TED-Talk. "Einer der Gründe ist, dass wir Hunderte Millionen in Nuklearabwehr investiert haben. Aber tatsächlich haben wir noch sehr wenig in ein System investiert, das eine Epidemie aufhalten kann." Das Problem: zu wenig Daten, zu wenig Personal. In einem medizinischen Fachartikel im renommierten New England Journal of Medicine legte er dar, dass die Welt nach dem jüngsten Ebola-Ausbruch nicht auf die nächste Katastrophe vorbereitet sei, die die Gesundheitssysteme weltweit überlasten könne.

Bill Gates sagt das alles nicht als Softwareentwickler oder Unternehmer, sondern in seiner Funktion als Mäzen. Seine Privatstiftung, die Bill & Melinda Gates Foundation, macht ihn zum wohl weltweit großzügigsten Spender für die Entwicklung von Impfstoffen. Deshalb kennen sich sowohl er als auch seine Frau Melinda mit Infektionskrankheiten und globalen Gesundheitsthemen aus. Doch als sich Bill Gates zu diesem Thema am 18. März zu einem "Ask Me Anything" (AMA) auf Reddit bereit erklärte, ahnte er nicht, was für einen Rattenschwanz das nach sich ziehen würde.

"Irgendwann werden wir so etwas wie digitale Zertifikate haben, um zu zeigen, wer genesen ist, kürzlich getestet wurde oder, wenn es einen Impfstoff gibt, wer ihn bekommen hat", schreibt er auf eine Frage.

Aufmerksame Leserinnen werden es bemerkt haben: Gates hat Mikrochips in seiner AMA-Antwort mit keinem Wort erwähnt. Diese Verbindung schaffte ein halb vergessener Biohacking-Blog. Dort tauchte einen Tag nach dem AMA ein Artikel auf. Gates wolle, hieß es da fälschlicherweise, "mit Mikrochip-Implantaten das Coronavirus bekämpfen". Der Artikel brachte Gates' Aussage über die digitalen Zertifikate in Verbindung mit einer Studie von 2019, die die Bill & Melinda Gates Foundation mitfinanziert hatte.

Die Studie war eine gänzlich theoretische Pilotstudie, an der unter anderem das MIT beteiligt war. Die Überlegung: Könnte man mit einem Gerät, das den Impfstoff liefert, auch gleich einen smartphone-lesbaren Marker in die Haut setzen, der erkennt, ob ein Impfschutz besteht oder nicht? Und diese Frage ist nicht unberechtigt, denn während Impfungen einen zuverlässigen Schutz vor Krankheiten und frühzeitigem Tod bieten, ist die Buchführung über solche Immunitäten irgendwo im letzten Jahrhundert bei zerfledderten gelben Impfpässen stehen geblieben.

Was die dort diskutierten winzigen Punkte aus unsichtbarer Tinte jedenfalls nicht können: Bewegungen tracken. Persönliche Daten speichern. Mit dem Satan kommunizieren.

Obwohl der Biohacking-Blog nur mehrere hundert Leser hat, verbreitete sich dieser Fehlschluss von dort aus wie ein Lauffeuer – darauf lassen die Backlinks schließen. Aber das erklärt noch nicht ganz, wieso sich der Verschwörungsmythos, dass Gates Geräte hat, um die Weltbevölkerung via Impfungen zu tracken, so hartnäckig hält.

Die Studie über die Impfmarker verflechten die Anhänger des Verschwörungsmythos jetzt mit einer weiteren Idee aus dem Gesundheitsbereich, an dem Gates beteiligt ist: der Forschung an etwas, das man "Digitale Identität" nennt.

Die Idee dahinter ist nicht schwer zu verstehen. Gates träumt von einem dezentralen Register mit Gesundheitsdaten, die in einer Cloud gespeichert sind und die man, sobald man sich jeweils das OK vom Inhaber abgeholt hat, von der ganzen Welt aus abrufen kann. Das Ganze könnte über die Blockchain abgesichert sein und wäre damit fälschungssicher und nicht zu hacken. Soweit die Idee. Doch wie so ziemlich alle wirklich praktischen Anwendungen einer Blockchain, abseits von Bitcoin-Überweisungen, ist diese Technologie noch lange nicht fertig für den Einsatz.

Zwar haben die Blockchain-Zertifikate wiederum überhaupt nichts mit Spritzen im Körper zu tun, aber trotzdem weben Gates' Gegner – darunter viele Trump-Anhänger – diese beiden völlig unterschiedlichen Konzepte beharrlich zu ein und demselben Märchen zusammen.

Das da lautet: Gates wolle einen Überwachungsstaat durchs Impfen errichten.

Schon am 17. April berichtete die New York Times, dass sich Verschwörungsmythen rund um Gates und Corona besonders gut auf Facebook und YouTube verfingen. Auf Facebook gab es über 900.000 Reaktionen für 16.000 Posts mit falschen Informationen.

Verschwörungsmythen kreisen immer um unsichtbare Eliten und vermeintliche düstere Strippenzieher im Hintergrund, doch sie brauchen ein Gesicht. Als sich 2015 durch den Syrienkrieg viele Flüchtlinge nach Europa aufmachten, stand der Milliardär George Soros im Zentrum dieser Erzählungen; damals hieß es, er habe diese Bewegung irgendwie gesteuert, mit dem Ziel, die Welt zu lenken.

Auch Gates ist sehr reich, und weil er viel Geld in Impfstoff-Entwicklung und vielleicht auch irgendwas mit Computern steckt, ist er seit Jahren ein beliebtes Ziel von Impfgegnern und Technophoben. Sein öffentliches Engagement, gemeinsam mit einer Epidemie, die sowieso schon selbst bei völlig gefestigten Menschen Angst und Unsicherheit auslöst, machen ihn zum perfekten Katalysator für solche kruden Thesen.

Wenn schon, dann wäre es eine Impfpflicht, aber auch die gibt es noch nicht für Covid-19. Nicht nur müsste so etwas durch das gesamte langwierige Gesetzgebungsverfahren eiern und würde entsprechend lang dauern: Es gibt ja noch gar keinen Impfstoff.

Eine Impfpflicht gab es in der Bundesrepublik bis in die 1970er Jahre gegen Pocken, laut RKI eine der gefährlichsten Infektionskrankheiten überhaupt, die rund ein Drittel aller Betroffenen nicht überlebte. Und: Wer sein Kind in eine Kita oder in die Schule bringen will, muss seit März 2020 nachweisen, dass es gegen Masern geimpft ist oder bis zu 2.500 Euro Strafe zahlen.

Impfungen dienen dazu, Menschen am Leben zu halten. Nicht so bekannt ist, dass dadurch, dass Impfungen zu weniger Kindstoden führen, Bevölkerungen eher kleiner werden, statt durch eben mehr überlebende Kinder zu wachsen. Die Erklärung dafür liefert Gates in einem Schreiben von 2009: "Eltern sorgen für Nachwuchs, um sicherzustellen, dass einige von ihnen sie im Alter versorgen können. Wenn mehr Kinder bis ins Erwachsenenalter überleben, erreichen Eltern dieses Ziel, ohne so viele Kinder zu bekommen."

Das bedeutet: In Gesellschaften mit einem guten Vorsorge- und Gesundheitssystem, zu dem natürlich auch Impfungen gehören, bekommen Familien unter anderem deshalb weniger Kinder. Langfristig könnten sich so Bevölkerungszahlen stabilisieren oder zumindest nicht mehr so rasant wachsen. Natürlich ist nicht Menschen zu töten das Ziel, sondern eine grundsätzlich gesündere und gut abgesicherte Gesellschaft mit kleineren Familien zu fördern.

Die Behauptung, dass Gates gesagt hätte, er wolle die Bevölkerung durch Impfen dezimieren und hätte eine "Tötungsstrategie", hat Correctiv hier https://correctiv.org/faktencheck/2017/04/18/bill-gates-soll-gesagt-haben-impfen-ist-die-beste-art-der-bevoelkerungsreduktion-stimmt-das bereits widerlegt.

Natürlich macht philanthropisches Engagement trotzdem noch keinen tollen Menschen aus dir – man kann zum Beispiel auch Harvey Weinstein heißen, massenweise Geld in tolle Filme und Projekte stecken und nebenher reihenweise Frauen sexuell ausbeuten.

Gates' Stiftung ist die größte Privatstiftung der Welt. Sie kümmert sich vereinfacht gesagt um Entwicklungshilfe für Bauern, Jugendbildung und um Gesundheitsvorsorge, genauer: um die Entwicklung und Erforschung von Medizin und Impfstoffen und ihrer Verbreitung. Das gilt natürlich auch ganz besonders in Corona-Zeiten. So hat die Stiftung für einen Corona-Impfstoff auch Geld in das deutsche Biotech-Unternehmen CureVac und sechs andere aussichtsreiche Kandidaten gesteckt.

In diesem einen Punkt haben die Kritiker Recht: Tatsächlich ist die Bill & Melinda Gates Foundation sehr einflussreich, was Gesundheitsprogramme angeht. So mächtig sogar, dass sie die Weltgesundheitsorganisation WHO zum Erliegen bringen könnte.

Denn die WHO hat nur rund 8.000 Mitarbeiter – ist also winzig, wenn man bedenkt, dass sie Krankheiten verbindlich definiert, Epidemien bekämpft, Regeln im Umgang mit Umweltgiften und zur Nuklearabwehr aufstellt und alle 194 Staaten, die sie tragen, beim Aufbau ihrer Gesundheitssysteme unterstützen soll.

1993 setzten die USA durch, dass die Pflichtbeiträge der Mitgliedstaaten nicht mehr steigen. Deshalb finanziert sich die WHO (und übrigens auch vermeintlich mächtige Organisationen wie UNICEF oder das World Food Program) heute zu rund 80 Prozent aus freiwilligen Spenden von Mitgliedstaaten oder eben Stiftungen – und was mit dem Geld passiert, entscheiden die Spender. Die WHO ist von ihnen abhängig.

Der größte WHO-Geldgeber nach den USA ist eine Privatstiftung: Die Bill & Melinda Gates Foundation. Sie hat in den vergangenen zwei Jahren mehr als eine halbe Milliarde in die Behörde gesteckt. Und sie hat bestimmt, dass ihr Geld größtenteils in Impfstoffentwicklung und Impfprogramme investiert wird.

Dazu kommt: Auch die Konzerne, mit denen die Gates-Stiftung ihr Vermögen erwirtschaftet hat, üben Einfluss auf die WHO aus. Auch das kann man durchaus kritisieren. Denn die Stiftung hat ihr Geld neben Pharmariesen in Konzernen angelegt, die zumindest indirekt Menschen krankmachen: Coca-Cola zum Beispiel. Oder Anheuser-Busch – die produzieren Alkohol. Je besser es diesen Unternehmen geht, desto mehr Geld fällt auch für die Stiftung ab, die es wiederum in die Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffverbreitung steckt.

Und natürlich fließt ein großer Teil dieser Dividenden auch zurück in die WHO. Die steht deshalb in einem unauflösbaren Interessenskonflikt: Jede weltweite Maßnahme, die zum Beispiel Alkoholkonzerne oder Fast-Food-Hersteller schwächt und Menschen gesünder machen würde, gräbt ihr indirekt ihre Mittel ab.

...


Aus: "Nein, Bill Gates will euch keinen Mikrochip einpflanzen"  Theresa Locker (08 Mai 2020)
Quelle: https://www.vice.com/de/article/9359vv/bill-gates-coronavirus-mikrochip-impfzwang-ken-jebsen-verschwoerungstheorie

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#121
Katharina Hilger Hilgerlicious (@katrinhilger) twitterte um 11:29 vorm. on
So., Mai 10, 2020:
Ihr macht einen Riesenfehler, die #Covidioten rechts zu verorten -
mindestens ebenso viele sind eher unpolitisch bis grün, glauben an die
Heilkraft von Globuli, Esoterik oder dass Corona die Strafe von Mutter Erde
für die  Menschheit ist...
(https://twitter.com/katrinhilger/status/1259415240275623936?s=03)

Göttergattengattin
@Goettergattin42
Replying to
@katrinhilger
Esoteriker sind nicht selten auch rechts, nur mal so. Die sind, nur weil sie Esoteriker sind, lange nicht grün.
https://twitter.com/Goettergattin42/status/1259533479257280514

Katharina Hilger Hilgerlicious
@katrinhilger
Replying to
@Goettergattin42
Das mischt sich so wild...

Göttergattengattin
@Goettergattin42
·
23h
Replying to
@katrinhilger
Jap!

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FDP-Landesverband Thüringen
@fdp_thueringen May 9 Unser Landesvorsitzender @KemmerichThL
heute beim #Corona Spaziergang in #Gera - Knapp 1000 Menschen protestierten mit ihm gegen Grundrechts-Einschränkungen und für eine zügige Öffnung der Wirtschaft mit erfüllbaren Auflagen, mit Maß und Mitte.
https://twitter.com/fdp_thueringen/status/1259175455640477696?s=03

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Christian Lindner @c_lindner
Wer sich für Bürgerrechte und eine intelligente Öffnungsstrategie einsetzt, der demonstriert nicht mit obskuren Kreisen und der verzichtet nicht auf Abstand und Schutz. Die Aktion von @KemmerichThL schwächt unsere Argumente. Ich habe dafür kein Verständnis.
https://twitter.com/c_lindner/status/1259427578953314305

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Tobias Raab
@TobiRaab
Ich hab keine Lust mehr, mich für @KemmerichThL
zu rechtfertigen. Er ist entweder völlig lernresistent oder hat ein Problem mit der Abgrenzung von Rechten. Beides geht in seiner Position nicht. Beides ist zum schämen. Auch wenn andere das diplomatischer ausdrücken. #Kemmerich Meine FDP ist weltoffen und von keinem Menschenbild so weit entfernt wie von dem der AfD. Für meine FDP stehen Persönlichkeiten wie @MAStrackZi
, @KonstantinKuhle
, @johannesvogel
, @nicolabeerfdp
und @juergenstindt
. Ich bin es leid, dass Einzelne daran Zweifel sähen. #Thüringen
https://twitter.com/TobiRaab/status/1259231090247598085

PakToh @PakToh Replying to @TobiRaab
@nordschaf  and @KemmerichThL
Danke für die klare Positionierung und ja, ich kann nachvollziehen wenn sie müde werden dies zu tun, trotzdem ist es wichtig, dazer Danke!
https://twitter.com/PakToh/status/1259422901889126402

Thomas L. Kemmerich
@KemmerichThL
Warum ich in #Gera war? Weil ich nicht will dass Teile der Mittelschicht mit ihren Sorgen von der AfD vereinnahmt werden. Aufgrund meiner Distanz zu den Rechten wurde ich dort von denen niedergebrüllt.
Wie z.B. die Polizei vor Ort trug ich meinen Munschutz nicht die ganze Zeit. Dies würde ich beim nächsten Mal anders machen.
https://twitter.com/KemmerichThL/status/1259832812053684226

Matthias Meisner
@MatthiasMeisner
#Kemmerich ließ sich in #Gera bei der Demo der #Coronaleugner von Organisator Peter Schmidt übrigens als ,,einziger legitimer Ministerpräsident" vorstellen, der ,,vom Anruf einer machtgierigen Frau (Merkel) gestürzt" worden sei (via @lepettre)
https://twitter.com/MatthiasMeisner/status/1259855897167302660

Matthias Hauer
@MatthiasHauer Replying to @MatthiasMeisner and @lepettre
Was hat @KemmerichThL denn darauf geantwortet?
https://twitter.com/MatthiasHauer/status/1259885345711292416

Matthias Meisner @MatthiasMeisner 57m Replying to @MatthiasHauer
@lepettre and @KemmerichThL
Er ist auf diese Vorstellung gar nicht eingegangen, kein Widerspruch

Matthias Hauer @MatthiasHauer Replying to @MatthiasMeisner
@lepettre and @KemmerichThL
Nicht zu fassen. Aber leider konsequent.
https://twitter.com/MatthiasHauer/status/1259886061980987393

Stephan Anpalagan
@stephanpalagan
Man möchte dieser Tage wirklich kein @fdp-Mitglied sein.
https://twitter.com/stephanpalagan/status/1259477412712271874

Sascha Kersken @theNeo42 Replying to @stephanpalagan @fdp and 2 others
Ich wollte noch nie FDP-Mitglied sein, muss aber zugeben, dass es in der mir näheren @dieLinke auch diverse gelinde gesagt problematische (Querfront-)Leute gibt, die v.a. 2014 bei "Mahnwachen für Frieden", 2018 bei "Aufstehen" und jetzt bei Anti-Coronaschutz-Demos waren/sind (Man facepalming)
Mit dem systematischen fließenden Übergang zwischen Neoliberalismus und Faschismus, der sich in Teilen der FDP und in der "WerteUnion" fast so stark äußert wie in der echten #fckafd sind diese Probleme in der Linken allerdings nicht vergleichbar.
https://twitter.com/theNeo42/status/1259504699105071106

...

Rachael Dexter @rachael_dexter 4:15 AM · May 10, 2020
The crowd has broken into chants of "arrest Bill Gates" at the anti-lockdown protest at Parliament House in Melbourne @theage
. The crowd has grown considerably since midday.
https://twitter.com/rachael_dexter/status/1259306149930651648

What Century are we in ?
@TabularasaMMXIX Replying to @rachael_dexter @MayneReport and @theage
I see we appear to be following the American model here. Same playbook. I wonder whether this was organised in the same way the US demonstrations were; and their questionable backers. They'll be wanting to bring guns next. Let's hear from those who organised this.
https://twitter.com/TabularasaMMXIX/status/1259311826166099968

no_filter_Yamba @no_filter_Yamba Replying to @rachael_dexter and @theage
Portrait of an Australian group captured by foreign Trumpian & hard right conspiracy theories
https://twitter.com/no_filter_Yamba/status/1259312020941238272

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Frau Isolabums @FrauDingsda May 10
Geschätzt über 140.000 Menschen haben #Covid_19 überstanden.
Aber wie es den Genesenen so geht liest man nur vereinzelt hier auf Twitter durch Zufall.
Wie geht's den meisten denn?
Alle wieder fit und so als wenns nur ne Erkältung war?
Würde mich echt mal interessieren.
https://twitter.com/FrauDingsda/status/1259261729684553728?s=03

Replies 147 (11.05.2020) ...

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Quote[...] Um Punkt zehn Uhr tritt der Mundschutz tragende Soldat zur Seite und macht den Weg frei. Die Karawane setzt sich in Bewegung. Langsam rollen die Autos heran, die Chevrolets, Hondas, Jeeps, Toyotas. Immer paarweise fahren sie an der Reihe der Helfer in gelben Schutzwesten vorbei, bis das vorderste aufgefordert wird anzuhalten. Wie in einer Choreografie öffnen sich die Kofferräume gleichzeitig, die meisten automatisch. Während die Motoren weiterlaufen, laden die Helfer die bereitstehenden Kisten ein, immer drei Kartons pro Auto. Inzwischen hat der Regen eingesetzt, aber hier stört das kaum einen. Wer fertig beladen hat, hebt einen Arm und reckt den Daumen in die Luft. Dann rollen die Autos weiter. Keine Hektik, kaum Lärm, die Abfertigung dauert nur wenige Sekunden, dann geht das Ganze von vorne los.

Zwei Stunden wird das an diesem regnerisch-kalten Freitag so gehen, dann hat sich die Karawane aufgelöst, und nur noch einzelne Autos fahren vor. Der große Andrang ist vorbei, auch wenn die Food Bank noch bis 13 Uhr geöffnet hat. 803 Fahrzeuge werden dann Essensrationen erhalten haben, 2409 Kartons mit ungefähr 27 Tonnen an Lebensmitteln. Gereicht hätte es auch für 1000 Fahrzeuge. Die Greater Pittsburgh Community Food Bank hat ganze Arbeit geleistet. Und diese Arbeit wird dringend benötigt. Denn die Folgen der Coronavirus-Pandemie treffen die USA härter als viele andere Länder.

Mehr als 33 Millionen Menschen in den Vereinigten Staaten haben seit Beginn der Krise einen Neuantrag auf Arbeitslosenhilfe gestellt. Die Arbeitslosenquote ist auf mittlerweile 14,7 Prozent hochgeschnellt. Jeder siebte erwerbsfähige Amerikaner hat derzeit keinen Job. Es könnten noch viel mehr sein, heißt es – die Systeme arbeiten langsam, da die Daten aus den Einzelstaaten zusammengetragen werden müssen. Viele Betroffene haben nicht vorgesorgt: Schon vor der aus der Epidemie folgenden Wirtschaftskrise wären vier von zehn Erwachsenen laut der US-Notenbank aufgrund fehlender Rücklagen von unerwarteten Ausgaben in Höhe von 400 Dollar überfordert gewesen.

Dazu kommt, dass es immer noch Probleme bei der Auszahlung der staatlichen Unterstützung geht. So warten viele immer noch auf ihr Arbeitslosengeld, obwohl es ihnen zusteht. Auch beim Versand der vom Kongress beschlossenen Schecks in Höhe von 1200 Dollar hakt es. Auf einmal sehen sich viele Amerikaner erstmals mit der Frage konfrontiert, wo sie das Geld hernehmen sollen, um ihre Familien und sich selbst zu ernähren – und das in einem der reichsten Länder der Welt.

In einer am vergangenen Mittwoch veröffentlichten Studie der Washingtoner Brookings Institution gaben 17,4 Prozent der Mütter mit Kindern im Alter von bis zu zwölf Jahren an, ihnen fehle derzeit das Geld, um ihren Nachwuchs ausreichend zu ernähren. Studienleiterin Lauren Bauer beschrieb in der ,,New York Times", dass jetzt in vielen Familien kleinere Portionen auf den Tisch kämen und viele Kinder Mahlzeiten ausfallen lassen müssten. Mit den Schulschließungen fallen zudem für viele Kinder Frühstück und Mittagessen weg, Essen, das sie zuvor gratis oder subventioniert erhalten haben.

So sind die Food Banks auf einmal ins Zentrum der amerikanischen Gesellschaft gerückt. In den USA gibt es sie seit Mitte des vergangenen Jahrhunderts: karitative Verteilzentren, in denen gespendete Lebensmittel gesammelt und aufbewahrt werden. Diese Lebensmittel werden lokalen Essensausgaben zur Verfügung gestellt, Tafeln etwa, bei denen bedürftige Familien sich mit Essen versorgen können.

Das erste dieser Zentren gründete John van Hengel 1967 mit St. Mary's Food Bank in Phoenix, Arizona. Ihm hatte eine Frau erzählt, dass sie hinter Supermärkten genügend entsorgte Lebensmittel fände, um ihre zehn Kinder zur ernähren. Van Hengel kam die Idee, ein System zu schaffen, mit dem überschüssige Lebensmittel an Bedürftige weitergegeben werden könnten. Der Bedarf war groß, immer mehr Food Banks wurden eröffnet. Van Hengel schuf ein landesweites Netzwerk, das 1979 den Namen ,,Feeding America" erhielt. Weiter wuchs es in der Rezession der 1980er Jahre, zu einer Zeit, als unter Präsident Ronald Reagan Sozialausgaben massiv gekürzt wurden. Heute ist ,,Feeding America" mit mehr als 200 Food Banks und 60.000 Tafeln das größte Tafel-Netzwerk in den USA.

Der Bedarf ist groß, auch ohne Pandemie: Im Schnitt wendet sich der Organisation zufolge jeder siebte Amerikaner an das Netzwerk. 2019 waren nach Angaben des US-Landwirtschaftsministeriums 37 Millionen Menschen im Land von Hunger bedroht; ,,Feeding America" stellte insgesamt 4,2 Milliarden Mahlzeiten zur Verfügung. Seit Beginn der Corona-Krise im März haben 98 Prozent der Food Banks einen gestiegenen Bedarf gemeldet. Das Netzwerk hat seitdem mehr als 42 Millionen Kilogramm Essen ausgegeben – fast 80 Millionen Mahlzeiten. Es ist auch für krisenerprobte Einrichtungen eine völlig neue Situation.

Lisa Scales, Präsidentin der Greater Pittsburgh Community Food Bank, steht an diesem grauen Freitagmorgen unter einer Zeltplane auf der Parkplatzanlage der Pittsburgh Penguins. Vor der Skyline der Stadt parken normalerweise die Fans des Teams, das 2017 den Stanley Cup holte, die wichtigste Eishockeytrophäe der Welt. Die rund 10,5 Hektar großen Parkflächen der Arena stehen derzeit leer, die Corona-Schutzmaßnahmen haben auch den Profisport lahmgelegt.

Scales beobachtet, wie ihre 50 Freiwilligen die Autos befüllen. Jedes Auto erhält die gleiche Menge an Lebensmitteln, egal wie viele Menschen drin sitzen oder zuhause warten: einen Karton mit gefrorenen Lebensmitteln (Fleisch, Geflügel und Fisch), einen mit trockenem Essen wie Pasta, Saucen, haltbare Milch, Bohnen, Thunfisch, Reis sowie einen mit frischem Gemüse und Obst. Das Essen aus den drei Kartons soll für 30 bis 40 Mahlzeiten reichen, also fünf bis sieben Tage bei drei Mahlzeiten am Tag für eine dreiköpfige Familie.

Einen Großteil der Produkte kaufe man selbst, erklärt Brian Gulish, stellvertretender Sprecher der Food Bank. ,,In normalen Zeiten geben wir dafür alle zwei Monate 500.000 bis 600.000 Dollar aus." Im März und April waren es 1,7 Millionen Dollar, rund dreimal so viel. Der Bedarf sei gestiegen, gleichzeitig würden Supermärkte weniger Nahrungsmittel spenden. Dafür hat das Agrarministerium Mitte April ein 19 Milliarden Dollar schweres Hilfsprogramm aufgelegt, von dem drei Milliarden verwendet werden, um Lebensmittel zu bezahlen, die über Food Banks und andere Hilfsorganisationen verteilt werden.

Der übliche Nachweis, dass jemand bedürftig ist, wird dabei nicht verlangt – wie im Fall von Naturkatastrophen. Das macht es für Betroffene leichter, Hilfe anzunehmen. ,,Sie müssen keine Fragen beantworten, wenn sie hierher kommen", sagt Gulish. Immerhin seien 75 Prozent der Menschen, die auf der Website der Organisation nach Essensausgaben suchten, das erste Mal auf der Seite. Nicht jeder spricht gerne über seine Notlage. Ein älterer Mann, der auf dem Parkplatz wartet, bis er dran ist, wiegelt ab: ,,Ich will nicht reden. Ich bin nur hier, um Essen zu bekommen."

Auch Dorothy will weder ihren Nachnamen nennen noch fotografiert werden. Aber sie kurbelt ihr Fenster herunter und erzählt, warum sie hier in der Schlange parkt. Die 34-Jährige sagte, sie habe im Januar ihren Job verloren und derzeit keine Chance, einen neuen zu finden. Als gelernte Biochemikerin weiß sie, wie schwierig auch die nächsten Monate sein werden. ,,Es wird noch eine Weile dauern, bis ein Impfstoff entwickelt sein wird." Sie lebe mit ihren Eltern, die beide bereits in den 70ern und damit besonders gefährdet seien. Dorothy versorgt sie mit Lebensmitteln, geht zur Apotheke oder in die Drogerie, wenn das sein muss. Da das Geld knapp wird, nutzt die Afroamerikanerin nun erstmals eine Essensausgabe. Scham empfinde sie dabei nicht. ,,Jeder braucht mal Hilfe, dafür reihe ich mich hier gerne ein."

Zwei Reihen weiter wartet auch Ron Alvarez geduldig auf den Moment, wo er losfahren kann. Der 49-Jährige, der Mitte der 80er Jahre aus Guatemala in die USA kam und schon lange amerikanischer Staatsbürger ist, fuhr bis zur Krise für Uber Fahrgäste durch den Großraum Pittsburgh. Seit dem 20. März ist er arbeitslos – aber bis jetzt habe er noch keinen Dollar Arbeitslosengeld erhalten. ,,Immerhin ist der Scheck über 1200 Dollar bereits angekommen", sagt Alvarez. Das habe eine Weile geholfen, und von Reis und Bohnen könne man sich ja auch ernähren, sagt er lachend. Aber jetzt sei das Geld aus. ,,Ich habe gerade noch 20 Dollar auf dem Bankkonto. Gott sei Dank gibt es die Food Banks." Auch er nimmt diese Hilfe zum ersten Mal in Anspruch.

Alvarez' Situation ist gleich aus mehreren Gründen angespannt. Er selbst habe Diabetes, erzählt er, seine Frau habe erst im Januar eine Krebsbehandlung beendet, und der ältere seiner beiden Söhne habe Asthma. Eine Risikofamilie. Auch wenn die Wirtschaft wieder anlaufe, wird es für ihn wohl zu gefährlich sein, wieder Uber zu fahren. Aber jetzt, in dieser Krise, einen neuen Job finden? Und dann auch noch einen, den er von Hause erledigen kann? Alvarez ist skeptisch, aber er will optimistisch bleiben. ,,Ich habe gesehen, dass IBM Leute sucht, die für Cybersecurity ausgebildet werden sollen. Das werde ich mir mal anschauen."

Sein Vorteil sei, sagt er, dass er schon öfter dramatische Umbrüche erlebt habe. ,,In Guatemala sind sehr viele Menschen arm. Dagegen geht es uns hier in Amerika doch gut. Und das Wichtigste: Hier habe ich die Wahl, mir auszusuchen, was ich machen will." Der Motor des Nachbarautos startet, es geht los. In aller Ruhe verabschiedet sich Alvarez, ungeduldig wirkt hier keiner.

Das liegt wohl auch an dem ausgetüftelten System. Es ist das dritte Mal, dass auf dem Gelände der Eishockey-Arena Essen ausgegeben wird. Beim ersten Mal Ende März kamen 1300 Autos, sagt Food-Bank-Sprecher Gulish, 400 weitere mussten wieder weggeschickt werden. Inzwischen läuft es runder. Die wartenden Fahrzeuge – zu Fuß darf man nicht kommen – wurden auf drei Parkflächen verteilt, so dass es nicht zu größeren Staus kommt. Den Verkehr regelt die Polizei, und auf dem Parkgelände hilft die Pennsylvania Army National Guard. Bis zu 1000 Fahrzeuge können am Tag abgefertigt werden.

,,Am Anfang tauchten die ersten bereits um 6 Uhr morgens auf, vier Stunden, bevor die Ausgabe begann", erzählt Gulish. Das hat sich verändert, es hat sich wohl herumgesprochen, dass genug für alle da ist. Auch hat sich die finanzielle Lage teilweise entspannt, weil staatliche Hilfen eingetroffen sind.

Die Not ist groß – und die Hilfsorganisation bereitet sich darauf vor, dass es so schnell keine Entspannung geben wird. Chefin Scales geht davon aus, dass der gestiegene Bedarf sich auch noch in den nächsten zwölf bis 18 Monaten zeigen wird. ,,Selbst wenn die Wirtschaft jetzt wieder hochgefahren wird, wird es nicht so sein wie zuvor." So würde etwa das Gastgewerbe auch weiterhin betroffen sein, weil weniger Menschen reisen oder essen gehen, und damit weniger Angestellte gebraucht werden.

Seit Anfang März hätten sie sich darauf vorbereitet, ,,dass da etwas Großes kommt", sagt Scales. Die ersten Covid-19-Fälle in Pittsburgh wurden in der Woche ab dem 16. März registriert. Die erste große Essensausgabe der Food Bank fand zwei Tage später statt – auf dem Parkplatz des eigenen Verteilzentrums. Die Bilder des kilometerlangen Rückstaus an Fahrzeugen entlang des Monongahela River gingen um die Welt. Eine Million Menschen haben sich die Drohnenaufnahmen im Netz angeschaut, die so gar nicht zu dem Bild der ,,großartigsten Nation der Erde" passen wollte, die Präsident Donald Trump immer beschwört. ,,Am nächsten Tag stattete der lokale Polizeichef mir einen Besuch ab", erzählt Scales. ,,Ich dachte, er wollte schimpfen. Aber er sagte: ,Wir wollen euch helfen, mit dem Verkehr fertig zu werden. Wir wissen, wie groß die Not ist.'"

Die Food Bank gehört schon lange zu Pittsburgh: seit 1980, seit der Stahlkrise, als Hunderttausende ihre Jobs verloren und nicht mehr wussten, wie sie ihre Familien versorgen sollten. Krisen sind nichts Neues in der Stadt, die malerisch zwischen drei Flüssen liegt.

Auch Scales selbst hat viel Leid gesehen: Sie war 2005 in New Orleans, nachdem Hurrikan Katrina die Stadt so fürchterlich getroffen hatte. Und sie war in New York nach den Terroranschlägen am 11. September 2001. ,,Food Banks sind für Katastrophen geschaffen." Aber die jetzige Situation sei einzigartig, eine weltweite Krise. ,,Normalerweise nehmen die Food Banks ihre Arbeit auf, nachdem etwas passiert ist. Hurrikane, Erdbeben oder Waldbrände sind regional begrenzte Katastrophen, Hilfe kann dann rasch von außen ins Krisenzentrum geschickt werden. Hier sind wir im Einsatz, während die Krise sich überall gleichzeitig entwickelt und immer größer wird – und mit begrenzten Ressourcen."

Gerade habe sie erfahren, berichtet Scales, dass 21 Lkw-Ladungen mit Lebensmitteln verspätet seien, teils bis zu vier Wochen. ,,Für die nächsten zwei bis vier Wochen haben wir noch genügend Lebensmittel, aber ich mache mir Sorgen für die Zeit danach." Außerdem gingen zum Beispiel die Preise für Fleisch nach oben. Die Berichte darüber, dass die Lebensmittelversorgung Amerikas an Grenzen komme, kann Scales aus erster Hand bestätigen.

Trotz allem ist die Stimmung auf dem Parkplatz gut. Manche Autofahrer hupen, wenn sie die Freiwilligen passieren, ein Zeichen der Dankbarkeit für die unkomplizierte Hilfe. Das Lächeln der Helfer kann man unter ihrem Mundschutz nur erahnen.


Aus: "Millionen hungern in den USA – Food Banks müssen Lebensmittel verteilen" Juliane Schäuble (11.05.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/coronakrise-verschaerft-die-armut-millionen-hungern-in-den-usa-food-banks-muessen-lebensmittel-verteilen/25819798.html

QuoteMeckerameise 11.05.2020, 21:56 Uhr
Das ist in Deutschland nicht wirklich anders. Hier heißen die Food Banks Tafeln und anstatt in einer Autokarawane stehen die Menschen selbst in der Schlange. Eine Schande für beide Länder, weil beide seit Jahrzehnten immer mehr Zulauf bekommen und sich die Regierungen auf solche Organisationen verlässt anstatt selbst den Missstand zu beheben.


Quote2010ff 11.05.2020, 21:34 Uhr

Reich genug ist die Volkswirtschaft der USA. Das BIP weist die USA - coronabereinigt -  als globale Nummer 1 aus.

Wenn es solch ein enormes BIP gibt - und dann Dutzende Millionen Bürger öffentlich gefüttert werden müssen, dann stimmt die Verteilung des Erwirtschafteten - des BIP - nicht.
Das ist aber nicht neu. ...


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Quote[...] Flüchtlingsheime waren nie besonders schöne Orte, um dort zu leben. Oft ist wenig Platz, viele Menschen teilen sich Bad und Küche, Privatsphäre gibt es kaum. Unannehmlichkeiten, die durch das Coronavirus zur Lebensbedrohung werden. Social Distancing ist nicht möglich. Besonders in großen Unterkünften, sogenannten Erstaufnahmeeinrichtungen, haben sich überall in Deutschland teils besorgniserregend viele Menschen mit dem Coronavirus angesteckt.

Viele Medien berichteten über die Landeserstaufnahmestelle Ellwangen, in der sich von etwa 600 Bewohnerinnen und Bewohnern zeitweise um die 400 infiziert hatten. Aber auch in anderen Unterkünften kam es zu krassen Anstiegen, in München starb ein Geflüchteter aus Afghanistan wohl am Coronavirus. Inzwischen wurden in ganzen Einrichtungen Ausgangssperren oder Quarantäne verhängt, oft viel zu spät. Drinnen leben weiterhin Infizierte mit Nicht-Infizierten zusammen.

Geflüchtetenorganisationen kritisieren das. Sie fordern, man solle negativ getestete Menschen schnell in kleine Gruppen aufteilen und in andere Unterkünfte bringen. Zwingt man sie, weiter mit positiv getesteten Menschen zusammenzuleben, teilweise im selben Zimmer, würden sie unausweichlich erneut zu Kontaktpersonen und erneut unter Quarantäne gestellt. Das ginge so lange, bis schließlich alle Bewohner infiziert sind.

Unsere Gespräche mit Betroffenen haben gezeigt, wie groß die Frustration ist. Weil das Durchschnittsalter in den Unterkünften niedrig ist, zeigen nur wenig positiv Getestete Symptome. Gleichzeitig wird ihnen oft nicht erklärt, warum die Gegenmaßnahmen dennoch so drastisch sein müssen.

Hier erzählen Geflüchtete aus Ellwangen, Bremen und Giengen, wie katastrophal die Zustände in ihren Unterkünften teilweise sind.
Issatou, 17, aus Gambia, lebt seit zwei Monaten in der Zentralen Aufnahmestelle Lindenstraße in Bremen. Ende April waren dort 146 von 310 Bewohnerinnen und Bewohner positiv getestet

"Die Menschen hier leben in Angst. Die bestätigten Fälle werden immer mehr. In einem Gang auf meinem Stockwerk wurden einige positiv getestet und ins Krankenhaus gebracht. Vor ein paar Tagen haben sie die dann aufs selbe Stockwerk zurückgebracht – zu den Negativen. Wir haben Angst, dass in unserem Gang dasselbe passieren wird.

Es ist hart, die ganze Zeit drinnen eingesperrt zu sein und nicht zu wissen, wie lange es dauern wird. Wir stehen seit einer Woche unter Quarantäne und ich habe Angst, dass es noch lange dauern wird. Für manche Stockwerke wurde die Quarantäne gerade um eine weitere Woche verlängert. Auch wenn wir die meiste Zeit nicht mal unseren Gang verlassen dürfen, müssen wir doch zum Essen oder zur Toilette gehen. Dabei ist es unmöglich, nicht mit positiv getesteten Menschen in Kontakt zu kommen. Alle teilen sich die Putzutensilien, nutzen dieselben Toiletten, dieselben Treppenhäuser. Und selbst wenn du aufpasst, tut es dein Mitbewohner vielleicht nicht. Du bist immer gefährdet. Am Ende werden wir alle Infiziert sein.

Das Camp-Management informiert uns nicht. Sie sagen dir dein Testergebnis nicht mal persönlich. Sie verlesen nur eine Liste der positiv und negativ Getesteten. Sie haben Bewohnern auch schon fälschlicherweise gesagt, sie seien negativ. Dann kamen sie zurück und sagten: 'Sorry, ihr seid leider doch positiv.' Und andersrum ist es genauso passiert. Wegen solcher Vorfälle vertrauen wir den Verantwortlichen nicht mehr.

Wenn sie uns noch länger hier behalten wollen, wird es sehr schwierig. Einige Mütter haben zu wenig zu essen und produzieren nicht genug Milch für ihre Babys. Sie brauchen Babynahrung, aber bekommen sie nicht. Das Camp verlassen, um neue zu kaufen, geht auch nicht. Je länger die Mütter hier bleiben müssen, desto mehr sind die Babys in Gefahr.

Manchmal bin ich hoffnungslos, aber dann fühle ich, dass ich nicht alleine bin, dass andere Menschen hinter mir stehen. Nicht alle behandeln uns schlecht. Es gibt ein paar Deutsche von draußen, die uns mit Lebensmitteln sehr unterstützen.

Wir wünschen uns, dass wenigstens die negativen Leute evakuiert werden. Man sollte sie an einen Ort verlegen, an dem es möglich ist, den Abstand zu anderen einzuhalten. An dem sie keine Angst haben müssen, sich zu infizieren. Und die Infizierten sollten eine richtige Behandlung erhalten. Denn manchmal, wenn man sich hier beschwert, sagen sie, du hast nur leichte Symptome, also brauchst du keine medizinische Versorgung."

Lucky, 45, aus Nigeria, ist mit seiner Familie in der Landeserstaufnahmestelle Ellwangen eingesperrt

"Es begann am 5. April. Es hieß, einige Leute seien positiv, also verschlossen sie die Eingangstore. Seitdem sind wir hier alle miteinander eingesperrt und es ist unmöglich, voneinander Abstand zu halten. Jetzt in diesem Moment schaue ich aus dem Fenster und sehe Kinder, die draußen miteinander spielen. Negativ und positiv gemischt. Und alle leben im selben Haus, benutzen dieselbe Toilette, dasselbe Bad. Was auch immer hier angeblich getan wird, um die Verbreitung des Virus zu verhindern, hat keine Wirkung.

Manche Negativen wurden jetzt teilweise viermal negativ getestet. Man sollte sie in eine neue Unterkunft schicken, wo sie in Frieden leben können. Denn wenn wir, die als positiv gelten, mit ihnen Kontakt haben – und das lässt sich wie gesagt kaum vermeiden –, werden sie wieder unter Quarantäne gestellt. Das geht dann immer so weiter, bis alle hier positiv sind. Erst wenn du die negativ Getesteten weg bringst, kannst du dieses Camp hier zum Quarantäne-Camp erklären.

Ich habe das Management mehrmals gefragt, warum die Situation im Camp so ist, wie sie ist. Sie konnten mir keine gute Antwort geben. Alles, was sie mir gesagt haben, ist: 'Wir haben die Kontrolle.' Kontrolle über was bitte? Meine Frau hat gerade ein Kind zur Welt gebracht und dabei Blut verloren. Ein Arzt, der ihren Blutdruck nahm, sagte, sie müsse jetzt gut auf sich aufpassen, gut essen. Aber es gibt hier kein gutes Essen. Man hat uns hier vergessen. Wir haben Hunger, wir wollen protestieren. Die Leute sind wütend, viele haben geschrien. Also haben sie sie schnell in ein anderes Camp gesteckt.

Das Management fährt keine klare Linie. Ja, sie haben ein paar Soldaten hergebracht und die sollten uns dann sagen, was wir zu tun haben. Aber ich möchte der Öffentlichkeit sagen: Kommt hier her, sprecht mit uns und hört euch an, was hier wirklich passiert."

Daniel, 41, aus Nigeria, wurde gerade aus Ellwangen in die Landeserstaufnahme-Außenstelle in Giengen verlegt

"Ich war etwa drei Monate in Ellwangen. Dort war es nicht so, wie man es in den Nachrichten gesehen hat. Nachdem einige Leute aus meinem Gebäude positiv getestet worden sind, stellten sie sie in einem anderen Gebäude unter Quarantäne. Nach etwa zwei Tagen kamen die Mitarbeiter zurück und sagten uns, dass nun fast jeder im Gebäude positiv sei. Das war am 8. April. Das Eingangstor hatten sie schon einige Tage davor zugesperrt.

Danach war es unmöglich, sich von infizierten Leuten fernzuhalten. Alle konnten sich weiterhin frei bewegen. Wir stellten uns zum Beispiel in derselben Reihe für Essen an. Erst am Eingang der Küche wurden die Positiven und Negativen getrennt. Auch in den Zimmern lebten, so lange ich da war, Positive und Negative zusammen. Am Anfang waren über 200 positiv, dann über 300. Die restlichen Leute lebten weiterhin zusammen, aßen zusammen, spielten zusammen. Jetzt sind es dort wohl schon über 400.

Ich wurde positiv getestet, aber hatte keine Symptome. Etwa drei Wochen später war mein Test negativ. Am nächsten Tag kam kurz vor drei Uhr jemand in mein Zimmer und sagte mir, dass ich verlegt werde. Der Bus würde in fünf Minuten fahren. In fünf Minuten! Ich dachte, das wäre ein Scherz. Aber die meinten das ernst. Ich schaffte es natürlich nicht rechtzeitig. Aber dann haben sie mich in einen späteren Bus gesteckt und hier hergebracht. Sie gaben uns einen Zettel, der bestätigt, das wir jetzt negativ sind.

Hier im neuen Camp fühle ich mich besser. In Ellwangen gab es viele Probleme. Was die Sauberkeit angeht, aber auch mit Corona.

Ich weiß nicht, wie es in anderen deutschen Unterkünften zugeht. Aber in Ellwangen wurde das Coronavirus sehr schlecht gemanagt. Es war seltsam, dass nicht gleich jeder getestet wurde, sondern nur die mit Symptomen. Und viele von den positiv Getesteten hat nie ein Arzt besucht, ihnen Medizin verschrieben.

Vor Corona gab es gutes Essen – Salat, Obst. Aber danach wurde das Essensangebot dramatisch reduziert. Wir bekamen nur noch etwas Abgepacktes. Genug für ein fünfjähriges Kind, aber nicht für einen Erwachsenen. Ich dachte mir, wollen die unser Immunsystem ruinieren? Aber was soll man tun? Einige Leute wollten demonstrieren. Und genau in dem Moment, kurz vor drei Uhr, wurden wir verlegt.

Ich bin jetzt negativ und danke Gott für mein Leben. Ich glaube, in den meisten Fällen bringt die Angst vor der Krankheit die Menschen um. Wenn du positiv getestet bist und keine Symptome hast, machen dich Angst und Sorgen erst richtig krank. Aber zum Glück musste keiner aus meiner Gruppe ins Krankenhaus, keiner ist gestorben."


Aus: "Corona in deutschen Flüchtlingsheimen: "Am Ende werden wir alle infiziert sein."" Tim Geyer (08 Mai 2020)
Quelle: https://www.vice.com/de/article/k7qex9/coronavirus-in-gefluchtetenunterkunft-ellwangen-bremen

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#124
Quote[...] Toronto. Nachdem in Deutschland seit einigen Wochen die öffentlichen Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus immer weiter heruntergefahren werden, befürchten viele Experten eine zweite Infektionswelle. In der Tat gibt es inzwischen recht gute Evidenz dafür, dass die Verlangsamung der Epidemie (auch) den Ausgangs- und Kontaktsperren zu verdanken ist.

Je mehr solcher Maßnahmen gleichzeitig gelten, desto wirksamer werde das Virus ausgebremst, berichten Wissenschaftler aus Kanada und der Schweiz im ,,Canadian Medical Association Journal" (CMAJ 2020; online 8. Mai). Die Forscher um Peter Jüni von der Universität Toronto berufen sich dabei auf Daten, die in amerikanischen, europäischen, asiatischen und afrikanischen Staaten prospektiv erhoben wurden.

In die Analyse eingeflossen sind Daten aus 144 geopolitischen Regionen mit dokumentierten COVID-19-Fällen im Monat März. Ausgeschlossen waren China, weil dort der Ausbrauch schon unter Kontrolle schien, sowie Südkorea, Italien und Iran, weil hier die Epidemie auf ihrem Höhepunkt stand. In den berücksichtigten Staaten lag die mittlere Fallzahl bei 8,8 pro 100.000 Einwohner. Untersucht wurde die Veränderung der Fallzahlen in der Zeit von 21. bis 27. März (Follow-up-Phase) gegenüber der Zeit vom 7. bis 13. März (Expositionsphase).

In der Expositionsphase war in 38 untersuchten Regionen mindestens eine von drei öffentlichen Maßnahmen gegen COVID-19 in Kraft: Schulschließungen, Versammlungseinschränkungen und/oder ,,social distancing" (z. B. Abstandsregeln und Schließungen von Restaurants und nicht lebenswichtigen Läden).

Alle drei Maßnahmen zeigten in der univariaten Analyse eine ,,starke Assoziation" mit einer langsameren Virusausbreitung in der Follow-up-Phase als in der Expositionswoche.

Der multivariaten Analyse zufolge war der Effekt umso stärker, je mehr Beschränkungen zusammenkamen. Eine quantitative Aufschlüsselung der Beiträge einzelner Beschränkungen war laut den Studienautoren jedoch nicht möglich, da meistens mehrere Maßnahmen vorgegeben waren, die sich außerdem unterschiedlich zusammensetzten.

Anders als etwa bei Influenzaviren stellten Jüni und Kollegen dagegen keinen Einfluss von Temperatur oder Breitengrad auf die Wachstumsrate von SARS-CoV-2 fest. Lediglich eine höhere Luftfeuchtigkeit war in der univariaten Analyse mit einer langsameren Ausbreitung verbunden. Diese Assoziation ging aber bei Berücksichtigung weiterer Risikofaktoren nahezu verloren.

,,Nur flächendeckende öffentliche Maßnahmen waren durchgängig mit einer langsameren Ausbreitung des Virus verbunden", fassen die Forscher ihre Resultate zusammen. Die Reduktion sei umso größer gewesen, je mehr solcher Vorgaben gleichzeitig bestanden hätten. Das Team um Jüni betont die unmittelbare Relevanz der Daten für die überall einsetzenden Lockerungen von Coronaregeln. ,,Bei der Entscheidung über das Wie und Wann von Lockerungen muss der Nutzen dieser Verordnungen sorgfältig gegen psychosoziale und wirtschaftliche Schäden abgewogen werden."


Aus: "Prospektive Studie bestätigt - Kontaktbeschränkungen bremsen COVID-19-Pandemie" Dr. Beate Schumacher (11.05.2020)
Quelle: https://www.aerztezeitung.de/Nachrichten/Kontaktbeschraenkungen-bremsen-COVID-19-Pandemie-409360.html

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Quote[...] London - Mitte März überschlugen sich die Ereignisse. Das Coronavirus war in Europa angekommen – und traf mehrere Länder hart. Binnen weniger Tage wurden Schulen, Kindertagesstätten, Geschäfte und Grenzen geschlossen, Großveranstaltungen untersagt, Menschen mussten zu Hause bleiben. Vor allem Italien, Frankreich und Spanien waren zu dieser Zeit stark von der Corona-Pandemie betroffen, aber auch Länder wie beispielsweise Deutschland und Österreich wollten mit strikten Corona-Maßnahmen die Ausbreitung des Virus verhindern. Ein Land in Europa zog jedoch nicht mit: Großbritannien.

100 Tage nach dem ersten bestätigten Corona-Fall in Großbritannien am 31.01.2020 wird nun deutlich: Die britische Regierung um Boris Johnson hat gerade zu Beginn der Pandemie einige Fehler gemacht, die ihr jetzt auf die Füße fallen. Denn mittlerweile ist das Königreich das am stärksten von der Corona-Krise betroffene Land in Europa, nur die USA haben mehr Covid-19-Tote zu beklagen als Großbritannien. Die genauen Zahlen sind noch unbekannt, doch nach offiziellen Angaben haben inzwischen mehr als 40.000 Menschen im Zusammenhang mit dem Virus ihr Leben verloren. Knapp 225.000 Briten haben sich laut Johns-Hopkins-Universität mit dem Virus infiziert (Stand 12.05.2020).  Doch wie konnte es dazu kommen?

Die alleinige Schuld kann man der britischen Regierung natürlich nicht zuschreiben, doch der konservative Premierminister Boris Johnson hat in einigen Dingen zu spät reagiert. Das sieht auch Frank Ulrich Montgomery so. Montgomery war bis zum vergangenen Jahr Präsident der Bundesärztekammer, mittlerweile ist er Vorstandsvorsitzender des Weltärztebundes. ,,Besonders erschreckend war die späte Reaktion der britischen Regierung. Die Leichtigkeit, mit der der ja doch sehr narzisstisch geprägte Premierminister Boris Johnson auf die schon laut klingenden Alarmglocken aus Italien und Frankreich reagiert hat und der sein Land lange Zeit in der Ungewissheit gelassen hat, was auf es zukommt. Das ist ein politisch sträfliches Versagen", sagte er kürzlich gegenüber dem Deutschlandfunk.

Zwar bereitete Johnson bereits zu Beginn der Pandemie sein Land auf die ,,schlimmste gesundheitliche Krise dieser Generation" vor, beschränkte sich aber auf Empfehlungen, sich beispielsweise gründlich die Hände zu waschen. Begriffe wie ,,Social Distancing" oder ,,Lockdown" wurden zu dieser Zeit noch gar nicht in Großbritannien gehandelt – ganz im Gegenteil fanden noch Großveranstaltungen statt und Johnson schüttelte noch fröhlich lächelnd Hände in Krankenhäusern.

Als eine Studie des Imperal College in London modellhaft vorrechnete, dass eine halbe Million Menschen in Großbritannien an den Folgen einer Corona-Erkrankung sterben könnten, zwang das die wissenschaftlichen Berater der britischen Regierung zum Umdenken. Plötzlich wurde es gar nicht mehr als übertrieben angesehen, das Land lahmzulegen.

Bis es dazu kam, dauerte es aber noch knapp eine Woche, in der sich das Virus ungehindert in den Ballungsräumen in Großbritannien weiter verbreiten konnte. Johnson bat die Menschen nach der Studie zwar darum, auf Abstand zu gehen und beispielsweise den Besuch im Pub zu vermeiden, ordnete aber weiterhin keine Schließungen an. Als sich nur wenige an die Bitten des Premiers hielten und die Infizierten- und Todeszahlen weiter beunruhigend schnell anstiegen, wurde am 23.03.2020 schließlich ein Lockdown verhängt. ,,Ich beschwöre Sie in dieser nationalen Stunde der Not. Bleiben Sie zu Hause! Beschützen Sie unseren NHS! Retten Sie Menschenleben", sagte Johnson damals. Doch war das zu spät?

Zum Vergleich: In Deutschland wurde bereits am 15.03.2020 die Schließung von Restaurants, Cafés, Bars und Geschäften angeordnet, eine Woche später trat das Kontaktverbot in Kraft. Darüber hinaus hatten die Länder der Europäischen Union bereits im Februar damit begonnen, Schutzausrüstung für ihre Ärzte und ihr Pflegepersonal zu beschaffen, den gesamten Sektor auf das Kommenden vorzubereiten – so gut das eben ging.

Der National Health Service (NHS) hingegen war alles andere als vorbereitet, es mangelte zunächst vor allem an Schutzausrüstung, später dann auch an Beatmungsgeräten. Matt Hancock, der Gesundheitsminister des Landes, beteuerte zwar, es gebe genug Ausrüstung, Ärzte und Pfleger berichteten jedoch etwas völlig anderes. ,,Ärzte haben uns gesagt, dass sie sich wie Lämmer fühlen, die zur Schlachtbank geführt werden, wie Kanonenfutter. Hausärzte sagen uns, dass sie sich im Stich gelassen fühlen. Wir können nicht genug betonen, dass wir die Leute an der Front schützen müssen", sagte Rinesh Parmar, Vorsitzende der britischen Ärztevereinigung.

Die britische Regierung hat sich zu Beginn der Corona-Krise womöglich nicht genug bemüht, Schutzausrüstung und Beatmungsgeräte für Großbritannien zu beschaffen. Denn aus Brüssel heißt es, die britische Regierung habe an mehreren Krisensitzungen der EU nicht teilgenommen und darauf verzichtet, zentral über die EU Schutzkleidung zu bestellen. Ein ähnliches Versäumnis bei der Beschaffung von Beatmungsgeräten durch die EU erklärte London später mit ,,Kommunikationsproblemen".

Mittlerweile hat Großbritannien einige Versäumnisse aufgeholt, Schutzausrüstung beschafft und die Zahl der Intensivbetten deutlich aufgestockt, bei vielen Briten bleibt aber doch die Frage zurück, ob man die Ausbreitung des Virus durch früheres Handeln nicht doch hätte verhindern können – zumindest in diesem Ausmaß.

Boris Johnson wird sich diese Frage noch einige Zeit anhören müssen. Gerade im Moment, wo er mit der Regierung und den wissenschaftlichen Beratern des Landes über Lockerungen der strikten Corona-Maßnahmen berät. Einen genauen Plan gibt es noch nicht, die Regierung kämpft gerade mit den Kriterien unter denen sie die Lockerungen durchführen kann ohne eine zweite, verheerende Welle zu riskieren. Bis es also zu den Lockerungen kommt, gilt in Großbritannien wohl weiterhin der Leitspruch: ,,Keep calm and carry on".


Aus: "Chronologie des Scheiterns: Wie Johnson Großbritannien zum Corona-Hotspot machte" Melanie Gottschalk (12.05.2020)
Quelle: https://www.fr.de/politik/boris-johnson-grossbritannien-corona-krise-regierung-versagen-13759989.html

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Quote[...] Der prominente Immunologe und US-Regierungsberater Anthony Fauci warnt vor einer vorschnellen Rückkehr zur Normalität in der Coronavirus-Epidemie in den USA. Wenn die Richtlinien des Weißen Hauses nicht beachtet würden, ,,dann riskieren wir die Gefahr mehrfacher Ausbrüche im ganzen Land", schrieb Fauci am Montagabend (Ortszeit) in einer E-Mail an die ,,New York Times". ,,Das wird nicht nur unnötiges Leiden und Tod zur Folge haben, sondern würde uns tatsächlich auf unserer Suche nach einer Rückkehr zur Normalität zurückwerfen." Das sei die wichtigste Botschaft, die er bei seiner Aussage am Dienstag im Senat übermitteln wolle, schrieb Fauci.

US-Präsident Donald Trump treibt die Öffnung der Wirtschaft voran. Er ermutigt zu Protesten in den Bundesstaaten, die die Schutzmaßnahmen seiner Ansicht nach nicht schnell genug zurückfahren. Dabei erfüllen viele Bundesstaaten die Kriterien aus den von Trump selber vorgestellten Richtlinien zur Wiedereröffnung nicht, die unter anderem eine Abnahme der Zahl der Infektionen über 14 Tage vorsehen. Trump schrieb am Dienstag auf Twitter, die Fallzahlen ,,in den meisten Landesteilen" gingen zurück. Die USA wollten ,,sich wieder öffnen und in Gang kommen", was auf eine sichere Art und Weise geschehe.

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Aus: "Anthony Fauci gegen vorschnelle Öffnungen" (12.05.2020)
Quelle: https://www.fr.de/politik/anthony-fauci-gegen-vorschnelle-oeffnungen-13760172.html


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Quote[...] BERLIN taz | Das Thema ist ganz anders, aber die Vorwürfe sind dieselben: Die Besorgnis sei übertrieben und hysterisch; die Daten und die Modelle der Wissenschaft zweifelhaft; die Regierungen versuchten nur, die Freiheit der Menschen einzuschränken, alles sei nicht so schlimm, ein Schwindel oder eine große Verschwörung.

Diese ,,Argumente" der Klimawandelleugner, die seit Jahrzehnten durch die Welt geistern, erhalten derzeit neuen Schwung: als Beiträge in der globalen Corona-Debatte – vorgebracht zum großen Teil von denselben Leuten, die auch gegen die Klimawissenschaften polemisieren. Gerade wenden sich in einem offenen weltweiten Brief Hunderte von MedizinerInnen und Pflegekräfte gegen diese ,,Infodemie auf Social Media", die durch Falschmeldungen ,,auf der ganzen Welt Menschenleben gefährdet" [https://secure.avaaz.org/campaign/de/health_disinfo_letter/]. Sie fordern von Firmen wie Facebook und Twitter, ,,sofort und systematisch" dagegen vorzugehen.

Wie Klima- und Corona-Verleugnung zusammenhängen, ist jetzt zum ersten Mal dokumentiert worden. Die US-Rechercheplattform ,,Desmogblog.com" hat in einem ,,COVIDeniers Report" zusammengestellt [https://www.desmogblog.com/covideniers-anti-science-covid-19-denial-overlaps-climate-denial], wie Argumentationsmuster, Akteure, Finanziers und politische Absichten bei Klima- und Corona-Skeptikern vor allem in den USA Hand in Hand arbeiten. ,,Ein Fluss falscher Informationen zum Coronavirus ist von Thinktanks, Experten (einige davon selbsternannt), Akademikern und rechten Aktivisten zusammengeflossen, die auch die Klimawissenschaften verächtlich gemacht haben und als Ziel haben, das Handeln gegen die Klimakrise zu bremsen", heißt es in der Analyse.

,,Desmog" ist eine Plattform, die seit 2006 Verbindungen der Klima-"Skeptiker" zu Energiekonzernen und konservativen Geldgebern recherchiert und deren Taktiken und Falschmeldungen entlarvt. Seit März 2020 hat das Desmog-Team Äußerungen, Tweets und Artikel zusammengetragen, die zeigen: Bei der Diskussion über die wissenschaftlichen Grundlagen und die Reaktion auf die Coronapandemie mischen viele US-Thinktanks wie das Heartland Institute, ,,Americans for Prosperity" oder ,,Competitive Enterprise Institute" mit, die teilweise von der US-Ölindustrie finanziert werden. ,,Dabei nutzen sie Taktiken, die sie seit den 90er Jahren perfektioniert haben, um Zweifel an den Klimawissenschaften zu säen", schreiben die Autoren.

Auch die deutsche Webseite ,,klimafakten.de" hat gerade eine neue Grafik zu den Methoden der Leugner erstellt: Sie beschreibt darin die fünf üblichen Strategien namens "PLURV": Pseudo-Experten, Logikfehler, unerfüllbare Erwartungen, Rosinenpickerei und Verschwörungsmythen [https://www.klimafakten.de/meldung/p-l-u-r-v-das-sind-die-haeufigsten-methoden-der-desinformation-neue-infografik-im].

Ähnlich wie bei den Falschinformationen zum Klimawandel werden laut ,,Desmog"-Dossier auch bei Corona die immer gleichen Argumentationsmuster bemüht: So heißt es mit teilweise abstrusen Begründungen, die Rechenmodelle der Wissenschaft seien unzuverlässig und Corona sei nicht schlimmer als eine Grippe. Manche Kritiker wollen keinen Klimaschutz, weil Corona nun Vorrang habe. Andere polemisieren, dass man kein ,,mit Windkraft versorgtes Krankenhaus" haben wolle oder dass in der Notlage kein Geld für einen ,,Green Deal" fließen solle. Es häufen sich auch die Beschimpfungen der UN-Gesundheitsorganisation WHO und Verschwörungstheorien rund um die Großspender George Soros und Bill Gates.

Die zentrale Erzählung der Leugner wirft den Regierungen vor, mit der Pandemie und der Klimakrise Angst zu erzeugen, um die Bevölkerung zu unterdrücken. ,,Die Regierungen sollten wenig bis nichts gegen Covid-19 unternehmen", schreibt etwa der libertäre US-Autor Richard Ebeling, ,,denn es ist ein soziales und medizinisches Problem, kein politisches."

Diese ,,politische Weltsicht ist die stärkste Verbindung unter all den Leugnern", sagt Bob Ward, der an der London School of Economics seit Langem zu den Strategien der Leugnerszene forscht. ,,Sie lehnen den Einfluss der Regierungen auf das Leben der Menschen ab. Ihre Gegnerschaft zum Klimaschutz oder zur Corona-Bekämpfung bezieht sich auf diese ideologische Einstellung, nicht etwa auf Kritik an der Wissenschaft."

Das zeigt sich auch bei den deutschen Klimaleugnern. Auf der Homepage des aggressiv klimaskeptischen Eike-Instituts finden sich derzeit auch viele Einträge, die die Corona-Politik mit teilweise wirren Verschwörungstheorien als falsch, unwissenschaftlich und gefährlich hinstellen.

,,Die gleichen Leute, die die Wirtschaft zusperren wollen, suchen auch den Sozialismus unter dem Banner des Klimawandels", heißt es da etwa. Verlinkt werden auch gern Anträge der AfD-Fraktion, die fordert, in der Pandemie seien ,,CO2-Emissionen als nachrangig zu betrachten".

Allerdings könnte die Coronakrise die Stimmung in dieser Frage verändern, meint Experte Bob Ward. ,,Wie die Regierungen diese Krise behandeln, könnte einen großen Einfluss auf die Frage haben, was ihre Rolle beim Schutz der Bevölkerung sein sollte." Bringen die Staaten ihre Menschen gut durch die Krise, könnten diese ihnen auch beim Klima mehr zutrauen. Für die ideologisch Überzeugten, ,,die im Kern allerdings meinen, die Regierung solle sich nicht einmischen, wird sich wenig ändern", ist Ward skeptisch.



Aus: "Klima-Leugner entdecken Corona: Dieselben Trickser" Bernhard Pötter (11. 5. 2020)
Quelle: https://taz.de/Klima-Leugner-entdecken-Corona/!5681653/

QuoteRosmarin
Montag, 19:18

Aber es ist schon bekannt, dass das RKI viel Unsinn prognostiziert hat - oder?
Haben wir heute 1,6 Mio. Tote wie vom RKI prognostiziert? = 2%
Nein, wir haben 7.400 Tote.
Ist solche kritische Bestandsaufnahme momentan möglich?
Wann können wir in unserer Demokratie offen und kritisch Bilanz ziehen?


QuoteSuryo
gestern, 18:00

@Rosmarin Gerade die Unsicherheit einiger aussagen beweist, dass hier ernst zunehmende Wissenschaftler am Werk sind. Leute wie Sie scheinen nicht zu begreifen, dass Wissenschaft zumindest in dieser Situation (ein ganz neues Virus) seriöser Weise eben keine Aussagen trifft, wie Sie sie fordern. Es gibt Auf einige Fragen bei Corona schlicht noch keine abschließende Antwort. Im übrigen war die Zahl keine Prognose, sondern ein Szenario: wie viele Tote könnte es geben, wenn man die (damals!) vorliegenden Daten hochrechnet und annimmt, es gäbe überhaupt keine Gegenmaßnahmen? Was verstehen Sie daran nicht? Und wie erklären Sie sich Bergamo, Madrid und New York? Die Welt besteht nicht nur aus Deutschland!


QuoteKaboom
gestern, 10:06

@Rosmarin Wären Sie so freundlich, den Link nachzureichen, wo ich nachlesen kann, dass das RKI prognostizierte, dass 2% der Bevölkerung dem Virus zum Opfer fallen? Danke.


QuoteTrigger
Montag, 16:25

Ach wär das schön, wenn doch genauso viele "Wutbürger" gegen Dumpinglöhne, prekäre Beschäftigungsverhältnisse, Haifischkapitalismus oder einfach gegen Rechts auf die Straße gehen würden. Da wäre die Energie doch mal sinnvoll eingesetzt. Das mit der Auswahl der richtigen Feindbilder hat das Volk wohl nie so ganz drauf.


...

Link

Quote[...] Wie ein Meteroitenhagel prasselt es derzeit auf uns ein. Beinahe täglich sind neue Einschläge zu vermelden, offenbaren mehr oder minder relevante Prominente ihre kruden Thesen.

Ob Xavier Naidoo, der offenbar an die QAnon-Verschwörung glaubt, nach der Tausende Kinder gefangen gehalten werden, um aus ihrem Blut ein Verjüngungselixier für ,,die Eliten" herzustellen; oder der vegane Koch Atilla Hildmann, der Bill Gates für einen pädophilen Eugeniker hält – sie alle machen derzeit vermehrt auf sich aufmerksam.

In ihrem Fahrwasser verkünden dann auch Stars und Sternchen wie Til Schweiger, Tanzlehrer Detlev D! Soost oder die Influencerin Senna Gammour ihren teilweise millionenfachen Followern, was sie so denken. Beziehungsweise was ihnen von gescheiterten Journalisten und Holocaustrelativierern wie Ken Jebsen vorgekaut wurde.

Der nächste, der sich aktuell durch Geschwurbel outete, ist der Rapper Sido. Nun mag der ein oder andere sich in seiner prinzipiellen Ablehnung gegenüber der deutschen Rapszene bestätigt sehen oder deren Akteuren generell nicht viel Intellekt unterstellen: Aber das greift erstens zu kurz und ist zweitens falsch. Denn erstens ist Sido nicht dumm und zweitens ist er mit seinen Aussagen noch ein ganzes Stück weit entfernt von den akuten Wahnvorstellungen eines Xavier Naidoo.

Dennoch lässt er sich im Video-Interview dazu hinreißen, von der antisemitischen Rothschild-Theorie und geheimen Mächten zu faseln. Auf die Aussage seines Gegenübers, dass in den USA Tausende Menschen an dem Coronavirus sterben, antwortet er nur verschwörerisch: ,,Das hast du gehört. Aber wir wissen es ja nicht. Ich guck keine Nachrichten mehr." Dann spricht er sich für ,,alternative Medien" aus, die Mainstream-Medien seien ,,unterwandert".

Das ist auf der einen Seite einfach sehr amüsant, weil Sido seit Jahren als Jury-Mitglied in jeder beschissenen Mainstream-TV-Show sitzt, die nicht bei drei auf den Bäumen ist, und einen baugleichen Radiohit mit irgendwelchen angepassten Pop-Sternchen nach dem nächsten rausballert. Aber es ist auch sehr besorgniserregend. Und zwar weil Sido durchaus in der Lage ist, differenziert zu denken und sich in der Vergangenheit zuweilen offen links gezeigt hat.

Seine Aussagen zeigen jedoch deutlich, dass die linken Bewegungen in diesem Land keine Antworten auf offensichtlich drängende Fragen liefern beziehungsweise sie den Menschen kaum bis gar nicht vermitteln können. Die Anliegen auf den Coronademos – der Überwachungsstaat, das Aushebeln von Grundrechten, ein korruptes System – all das sind eigentlich klassisch linke Themen. Benutzt werden sie jedoch von rechten Demagogen. Die Thesen und Antworten von Jebsen, Hildmann und Naidoo zum Coronavirus oder Bill Gates wurden auf Portalen wie Volksverpetzer oder Correctiv bereits Stück für Stück auseinandergenommen, bis nichts mehr übrig blieb. Das ,,Wir sollten die berechtigten Sorgen und Ängste der Coronademo-Teilnehmer ernst nehmen" ist deshalb auch nur die 2020-Version von ,,Lasst uns Pegida durch mediale Debatten in die Mitte der Gesellschaft holen". What could possibly go wrong?

Es geht nicht darum, diesen Menschen zuzuhören oder sie in die Talkshows einzuladen, denn sie haben den Boden der logischen Argumentation meist verlassen. Man muss denen, die tatsächlich ehrlich auf der Suche nach Antworten sind, Alternativen bieten. Die Ungerechtigkeiten unseres Systems sind nicht wegzudiskutieren. Dass sich Menschen in diesem Land von vorne bis hinten verarscht vorkommen, ist legitim.

Dass sie deshalb antisemitische und faschistische Verschwörungstheorien teilen, ist es nicht. Jenen die Hand zu reichen, die sich verlaufen haben, ist eine der Möglichkeiten. Unsere absolute Pflicht ist es jedoch auch, denen entschieden entgegenzutreten, die die aktuelle Situation dazu nutzen, rechte Ideologien zu verbreiten.



Aus: "Stars auf Verschwörungskurs: Nun auch noch Sido" Juri Sternburg (12. 5. 2020)
Quelle: https://taz.de/Stars-auf-Verschwoerungskurs/!5681878/

Quotekommentomat
gestern, 23:26

Was ich beobachte: Auch taz-AutorInnen sind leider "niveauflexibler" geworden. Jede(r) darf/will/muss? mal fleissig ran ans Thema Verschwurbelvirus. Warum? Da gibt es echt keinen Blumentopf zu gewinnen.


QuoteBürger L.

... Dass es verblendete und aggressive Anhänger von allen möglichen Verschwörungstheorien gibt ist die eine Sache. Dass JournalistInnen als Multiplikatoren die obskuren Botschaften weiter verbreiten und den VerschwörungstheoretikerInnen damit eine Bühne bieten ist die andere Seite der gleichen Medaille.


QuoteHartz
gestern, 18:40

Muss man eigentlich über jeden Blödsinn berichten?


QuotePopanek
heute, 07:58

@Hartz Ich finde das relevant. Mein Sohn singt im Pop-Unterricht (!) Sido-Lieder und macht Choreografien dazu. Wenn diese ,,Pyramiden ,, (der entsprechende Sido-Song) nun plötzlich Augen bekommen... Da kann ich ihn ja gleich zu den Anthroposophen schicken.


...

Link

Quote[...] Es gibt genug Ungereimtheiten, Schwächen und Fehler in der Corona-Politik, über die sich gut und berechtigt streiten lässt. Wer es gern grundsätzlicher mag, kann sich über den verwischten Ausnahmezustand ärgern und über die Schwäche des Parlaments. Es soll sogar unter den Anti-Corona-Maßnahmen-Demonstranten Menschen geben, denen es um Sachfragen geht und nicht ums anti-elitäre Geifern. ...


Aus: "Keine Macht den Rücksichtslosen" Ein Kommentar von Lenz Jacobsen (12. Mai 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-05/corona-proteste-schutzmassnahmen-demonstrationen/komplettansicht

QuoteFILTERED #39

Äh für die Freiheit zu demonstrieren ist plötzlich ein Problem und RECHTS oder irgendwie VERSCHWÖRT?
Sehr interessant!


Quotejhk9 #39.1

Sie haben schon mitbekommen, dass gerade ein Virus grassiert, durch das bereits tausende Menschen gestorben sind? Und dass die Verbreitung des Virus eingedämmt werden muss, damit die Krankenhäuser nicht überlastet werden? (Gucken Sie nach Italien - da sehen, was passiert, wenn man zu spät Schutzmaßnahmen trifft.)

Außerdem kommt es drauf an, WIE man demonstriert. Da werden Polizisten und Journalisten angegriffen. Das sind gewalttätige idioten, die da ,,demonstrieren".


Quote8ball07 #41

Ich oute mich mal als Teilnehmer von Demos gegen die Coronamaßnahmen.

Warum tue ich das? Weil wirklich niemand das Recht hat mir vorzuschreiben wann ich das Haus verlassen darf und wann nicht, egal wie hoch die Sterberate ist. Restaurants / Läden schließen, Veranstaltungen absagen, finde ich in der aktuellen Lage übertrieben aber kann ich akzeptieren. Aber was glaubt dieser Staat zu sein der versucht vorzuschreiben dass sich zwei Menschen nicht mehr treffen dürfen die sich einvernehmlich treffen wollen?

Natürlich versuche ich mich von Verschwörungstheoretikern und Rechten fernzuhalten. Ich bin politisch links und an irgendwelche dunkle Machenschaften glaube ich nicht. Die Maßnahmen sind für mich das Resultat von Staatsversagens, Panik und der fehlinterpretation von Grundgesetz und dem Schutz von Leben. Ich werde mir dies nicht tatenlos ansehen.


QuoteCat 001 #41.1

Warum lassen Sie nicht mal den Gedanken zu, dass der Staat seine Bürger vielleicht schützen möchte? Warum ist das so abwegig? Was soll er denn sonst tun angesichts dieses Virus das neu, extrem ansteckend, unberechenbar und fuer viele tödlich ist? Die Wissenschaft lernt jeden Tag Neues, aber es gibt keine Allgemeinlösung. Ist es denn so schlimm, fuer ein paar Monate zu Hause zu bleiben, mal nicht in die Kneipe, Restaurant, Fussballplatz etc zu gehen? Es fallen keine Bomben über Deutschland und zu Essen hat jeder genug....Meine Guete vielleicht können Sie mal fuer einen Moment nicht an sich selbst aber vielleicht einmal an andere denken? Wir alle sitzen im gleichen Boot und viele werden vielleicht durch ihr Verhalten sterben. S


Quotenachdenklich30 #41.3

Sie reklamieren also für sich die Freiheit so viele Mitmenschen infizieren zu dürfen, wie Ihnen beliebt. Ist vielleicht o.k. Aber der Staat hat auch die Verpflichtung Menschen, die andere wissentlich gesundheitlich gefährden zu ermahnen und u.U. einzusperren.


QuoteFrau Funcke #41.5

@8ball07

++Weil wirklich niemand das Recht hat mir vorzuschreiben wann ich das Haus verlassen darf und wann nicht, egal wie hoch die Sterberate ist.++

Niemand hat Ihnen in D vorgeschrieben, wann Sie das Haus verlassen können und wann nicht...woher haben Sie nur diesen Blödsinn?
Wir hatten hier eine Kontaktbeschränkung. Welchen Teil der Begründung dafür konnten Sie nicht verstehen?


Quotehoellche #41.6

Wieviele Menschen in Deutschland können mehrere Monate auf ihr Einkommen verzichten ? Und kommen Sie mir nicht mit Kurzarbeitergeld, die Top ist auch nicht endlich.
Wer darf das wohl am Ende wieder bezahlen ?
In Österreich haben die Politiker wenigstens auf ein Monatsgehalt als Zeichen der Solidariät verzichtet.
In D-Land wäre sowas undenkbar.
<<<
Warum lassen Sie nicht mal den Gedanken zu, dass der Staat seine Bürger vielleicht schützen möchte?
>>>
Die Vorgehensweise der Regierung lässt mich daran ernsthaft zweifeln.


Quote8ball07 #41.7

"Warum...."

Sie haben leider gar nichts verstanden :-/

Im übrigen denke ich nicht nur an mich selbst, sondern auch an den blutigen Weg und die Millionen von Toten die es gefordert hat um heute die Menschenrechte zu haben die wir haben. Und wie diese, ohne mit der Wimper zu zucken, über Bord geworfen wurden.

Und nein, wir sitzen genausowenig in einem Boot wir vor einem Jahr und werden auch nie im selben Boot sitzen.


QuoteRobert mit der XT 500 #41.9

Das Verhalten, dass Sie für SICH einfordern (das mit den Millionen von Toten Feigenblatt kauft Ihnen sowieso keiner ab) - unwissend ob SIE vielleicht zufällig ein paar °hust° Viren unbescholtenden Mitbürgern aufzwingen - nennt man .. es gibt keinen besseren Begriff .. nun einmal asozial.


Quote8ball07 #41.10

"Diese Maßnahmen, die von Ihnen geschildert werden (wann ich das Haus verlassen darf) gibt es garnicht. Und Sie dürfen sich auch weiterhin zu zweit treffen...."

Doch die gab es, zumindest der Versuch und so wurde es auf allen Kanälen kommuniziert. Das vieles davon vor Gericht keinen Bestand hatte ist nebensächlich. Erschreckend viele Menschen haben jedes Wort geglaubt und waren gegenüber der Staatsgewalt stark eingeschüchtert und verängstigt.

Schauen sie sich an wie die Polizei in Bayern die Maßnahmen interpretiert und versucht hat durchzusetzen. Einfach mal im Twitter Account der Polizei München stöbern (falls die das nicht schon gelöscht haben)


Quote8ball07 #41.11

"Das Verhalten, dass Sie für SICH einfordern (das mit den Millionen von Toten Feigenblatt kauft Ihnen sowieso keiner ab) - unwissend ob SIE vielleicht zufällig ein paar °hust° Viren unbescholtenden Mitbürgern aufzwingen - nennt man .. es gibt keinen besseren Begriff .. nun einmal asozial."

Dann nehmen sie es mir nicht ab. Ändert nichts an dieser Tatsache.

Und aufzwingen tue ich meine hypothetischen Viren niemand. Niemand mit dem ich mich getroffen habe wurde dazu gezwungen. Und die restlichen Situationen wie Supermarkt oder vorbeigehen auf eine Weg fallen unter Lebensrisiko. ... Der Kollateralschaden der Maßnahmen steht in keinem Verhältnis zum nutzen. Aber warten wir doch einfach ab. Es werden noch viele Untersuchungen folgen die dieses Thema behandeln.


QuoteGuenni_1 #1.5

""Schön und gut, aber es sind halt eben doch Rechte, Querfrontler und Verschwörungstheoretiker von denen diese Proteste ausgehen. Neu dazugekommen sind vielleicht die Esoteriker.""

Ist das so?

Ich kenne mehr als genug Leute die mit den Rechten, Querfrontler, Verschwörungstheoretiker oder Esoteriker überhaupt nichts am Hut haben und trotzdem die "Schnauze voll" haben, von den Maßnahmen. ...


Quotestreitbarer Geist #1.6

Zitat "...wegen der Maßnahmen kurz vor dem durchdrehen sind und die sich auf irgendeine Art und Weise Luft machen müssen."

OMG, sie verlieren die Nerven......

Okay, mit etwas Sarkasmus, " und ich bin so gestresst, dass ich jetzt Geisterfahrer spiele!"
Diese "Spinner" gefährden die Gesundheit anderer, in dem sie ohne Mundschutz und Abstand "demonstrieren". Ich jedenfalls habe keine Lust mir Corona einzufangen, weil Verschwörungstheoretiker sich austoben wollen. ...


QuoteMicol #1.11

"Ich jedenfalls habe keine Lust mir Corona einzufangen, weil Verschwörungstheoretiker sich austoben wollen." Wenn Sie solche Demos meiden, Ihren Mundschutz tragen und den Abstand von mindestens 1,5 m einhalten, was Sie zweifellos alles tun, ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie sich bei einem dieser Verschwörungstheoretiker oder bei irgend jemand anderem anstecken, verschwindend gering. Sonst gäbe es diese Vorschriften ja wohl nicht. Dass sich die Verschwörungstheoretiker untereinander anstecken könnten, ist deren Problem.


QuoteMaitreM #1.12

Wer sich mit Schweinen in der Suhle wälzt, muss sich nicht wundern, wenn er anschließend genau so riecht ...
Kritik an den Massnahmen ist nicht zur zulässig sondern auch berechtigt - dazu weiss man schlichtweg zu wenig über das neue Virus und dessen Auswirkungen. Das allerdings im Gleichschritt mit denen machen, die bereits alles zu wissen meinen (was selbst die erfahrenen Experten in der Wissenschaft nicht für sich in Anspruch nehmen) stärkt nur genau diese Extreme. Die brauchen die Bilder, die eine grosse Schar von Gleichgesinnten suggerieren ...


QuotePaul Freiburger #1.22

"Wie sie persönlich sich jetzt an "diesen Spinnern" anstecken wollen ist mir ein Rätsel."

Diese Leute haben ja auch Kontakte und stecken dann andere an und die wieder andere.

Deutschland hat jetzt über 7.500 Tote, als man diese Zahlen aus Italien gehört hat, waren viele geschockt. Jetzt hat man sich daran offenbar "gewöhnt", Italien hat über 30.000 Tote, Großbritannien 40.000 (nach aktueller Korrektur), in den USA und in Russland schießen die Zahlen in die Höhe.

Wenn man dem Virus etwas zu viel Lauf gibt, drohen die Fallzahlen zu explodieren.
Bei allem Sehnen nach Öffnung, bis zu einem Impfstoff ist es noch lange und wir sollten eine Situation vermeiden, wo ein erneute Schließung nötig wäre und wir in ein unlösbares Dilemma kommen.


QuoteSüdzipfel #1.23

Sie haben leider zwei Dinge überhaupt nicht verstanden:

1. Das Wesen einer Pandemie besteht eben nicht darin, genau zu wissen, wer von wem in jedem Einzelfall angesteckt wurde. Ich glaube nicht, muss gestehen, ich weiß es nicht, weil diesbezügliche Veröffentlichungen fehlen, dass die Verstorbenen und die älteren Mitbürger oder Risikopatienten alle auf solchen Demo-Hotspots waren oder beim Karneval oder in Ischgl oder bei den religiösen Zusammenkünften. Getroffen hat es sie dennoch.
Das wäre dann der zweite Punkt, den sie total übersehen

2. Das ganze Verhalten in dieser Pandemie hat ganz wenig damit zu tun, dass ICH nicht angesteckt werde, sondern mit der Solidarität für andere, um deren und natürlich auch meine Ansteckung zu verhindern.

Diese Protestler sind einerseits von den äußerst verwerflichen Gesinnungen unterwandert, andererseits auch selbst im Umgang mit der Krankheit seit Anbeginn äußerst fahrlässig, weil "man ja nur eine Grippe bekommen kann und bei richtig getrimmtem Immunsystem nicht mal die oder nur mit leichten Symptomen". Wieder nur ICH, ICH, ICH und kein WIR!


Quotemeinereiner01 #3

berechtigte Kritik (oder von mir aus auch Protest) mit hanebüchen albernen Verschwörungstheorieen in einen Topf zu werfen um die Proteste insgesamt zu diskreditieren wird nur den Unmut der Bevölkerung verstärken und die Probleme eher vergrößern.
Es gilt bereichtigte Kritikpunkte ergebnisoffen abzuarbeiten. Wenn das geschieht und Fragen nach Chemtrails ignoriert werden, dann ist das ganze meiner Überzeugung nach möglich. Basis ist allerdings, dass alle das Gefühl haben nicht niedergeschrieen zu werden und mit allgemeinverständlichen sachlichen Argumenten zu Arbeiten.


Quotestrixaluco #3.3

Die Leute werfen sich doch selbst mit den Verschwörungstheoretikern in einen Topf, das müsste niemand machen! Wenn man eine sachliche Diskussion will, könnte man selbst eigene, diszipliniertere Veranstaltungen organisieren, die solche Leute nicht ansprechen.


QuoteGoaSkin #6

Lasst die Leute doch polarisieren! Was in unserer Gesellschaft ausgesprochen werden muss, sollte zur Sprache kommen, statt immer nur verdrängt zu werden.
Ein Staat sollte nicht nach dem Motto: "Wir sind eine saubere Familie, in der es keine Probleme gibt, weil wir eine saubere Familie sind" geführt werden.
Sonst braut sich da noch einiges mehr zusammen, was die Leute erst einmal in sich hinein fressen, bevor es dann richtig eskaliert.


QuoteGarmirian #6.1

Danke. Genau deshalb gibt es Meinungsfreiheit und Demonstrationsfreiheit. Und wir haben das verdammte Recht uns total lächerlich zu machen und völlig verkürzten Mist sowohl zu glauben als auch zu meinen und im öffentlichem Diskurs auseinandergenommen zu werden.


QuoteDer Bi Ba Butzemann #6.5

Leider fühle ich mich bei der aktuellen Debatte stark an den Herbst 2015 erinnert. Auf der einen Seite jene, die bedingungslos hinter den Entscheidungen des Staates stehen (und diese oftmals sogar als nicht weitreichend genug empfinden) und auf der anderen Seite jene, die hinter jeder Massnahme eine grosse Verschwörung wittern. Die Diskussion findet wieder ausschliesslich in schwarz und weiss statt. Zwischentöne werde von beiden Seiten diskreditiert und ins lächerliche gezogen. Ich befürchte die Situation momentan, hat das Potential die Spaltung der Gesellschaft weiter zu vertiefen und der Radikalisierung Vorschub zu leisten.


QuoteFrische Brise #26

Es ist schon sehr erstaunlich was sich in so kurzer Zeit gesellschaftlich abspielt. Kaum hatte man noch das Gefühl die Maßnahmen des Corona-Infektionsschutzes machen Sinn, schon kann man Demonstrationen dagegen betrachten in einer bunten Vielfalt der Motive und Absichten.

Merkwürdig allerdings wird es, wenn sich Demonstranten aus freien Stücken ohne Schutzmaske und Abstand zueinandergesellen, als wären sie unverwundbar oder so egozentrisch, dass sie im Falle einer Infektion, die sie sich bei der ungeschützten Ansammlung einholen könnten, nicht an die denken, die gestern noch beklatscht wurden, weil sie den von Corona schwer Erkrankten helfend zur Seite stehen.

Völlig skurril wird es, die teils phantastischen, paranoiden bis wahnhaften Verschwörungsmotive für die Teilnahme zu vernehmen, ein bunter Strauß irrer subjektiver Vorstellungen, die allesamt als objektive Wirklichkeit von den Protagonisten erlebt und verkündet werden. Und, genau das lässt mich aufhorchen.

So viele Menschen versammeln sich mit ihren subjektiven, teils wirren Vorstellungen und es scheint, als würden sie sich nicht nach der Relativität ihrer subjektiven Vorstellungen fragen können, weil sie offensichtlich nicht gelernt haben, dass Denken subjektiv ist, auch wenn es in der unreflektierten Ich-Wahrnehmung objektiv erscheint. Natürlich kann dies auch störungsbedingt geschehen, aber nicht in jedem Fall.

Hier wird ein eklatantes Bildungsdefizit deutlich und das betrifft alle Bildungsschichten.


QuoteHeT #26.2

"Hier wird ein eklatantes Bildungsdefizit deutlich und das betrifft alle Bildungsschichten." Das ist einfach Diskrimierung was sie da schreiben, ist ihnen das klar? Fuer wen halten sie sich?


QuoteJupiter71 #26.1

"So viele Menschen versammeln sich mit ihren subjektiven, teils wirren Vorstellungen und es scheint, als würden sie sich nicht nach der Relativität ihrer subjektiven Vorstellungen fragen können, weil sie offensichtlich nicht gelernt haben, dass Denken subjektiv ist, auch wenn es in der unreflektierten Ich-Wahrnehmung objektiv erscheint.".

Wobei natürlich noch bemerkt werden muss: Subjektivität ist objektiv gesehen ein Produkt der singulären Ich-Wahrnehmung, welche aber im Kontext und kausalen Zusammenhang zur Kontext-Hypothese -ausgehend von der Makroebene- und unter Beachtung der soziologischen Komponenten und Umfelder bewertet werden muss.


Quotesane #23

Der Autor irrt. Inhaltlich ernst nehmen muss man das nicht. Wurde es in der Vor-Facebook-Zeit auch nicht. Der ganze Schwachsinn hatte eben keine Echo-Kammer und den Phantasten wurde am Stammtisch der Kopf gewaschen. Das Korrektiv fehlt jetzt und man unterstützt sich noch. Aufmerksamkeit ist lediglich ein Brandbeschleuniger, positive wie negative.

Auch wenn es einen Schaden für die Allgemeinheit gibt, den größten haben die Leute die sich dem Irrsinn hingeben mittelfristig selbst. Und diese bittere Erfahrung müssen viele anscheinend auch selbst machen.


QuoteTiroler #27

Wer an diesen Demonstrationen teilnimmt, sollte wissen, dass er, selbst wenn er selbst nur lautere Motive haben sollte, sich mit Rechtsextremen, die nur die Situation ausnutzen wollen, Verschwörungstheoretikern, Wissenschaftsleugnern usw. zusammentut. Wer aus berechtigter Sorge um seine Existenz auf die Straße geht, kann sich doch nicht mit Menschen zusammentun, die die Existenz von Viren leugnen, an eine geheime Verschwörung (mit Bill Gates oder irgend einem anderen Feindbild an der Spitze) glauben. Sehr seltsam finde ich, dass man im angeblich so chaotischen und undisziplinierten Italien kaum jemand findet, der gegen die dort viel härteren Auflagen protestiert. Deutschland scheint das undisziplinierteste, chaotischste Land Europas geworden zu sein.


QuoteBernie D. #27.1

So wie jeder, der jemals für irgendeinen Zweck demonstrieren gegangen ist, sich mit Extremen "zusammentut", die man auf absolut jeder Demonstration findet, und zwar nicht zu knapp. So muss man sich wenigstens nicht mit der Sache an sich beschäftigen, wenn man darauf hinweist, wer da sonst noch so war.


Quotefragfix #28

Diskussionen müssen sein. Aber mit Leuten, die
- Corona mit Gates, verschwundenen Kindern, einer geheimen Weltregierung oder Impfstoffen, die angeblich aus abgetriebenen Föten gewonnen werden, in Verbindung bringen
- Die Kanzlerin auch dann noch an den Galgen wünschen würden, wenn sie eigenhändig Tote auferweckte
- Nicht begreifen, dass Corona ein Naturereignis ist (wie ein Erdbeben) und keine Erfindung bösartiger Politiker
mit solchen Leuten lässt sich nicht vernünftig diskutieren.

Ohne zumindest einen minimalen Konsens über Fakten und – fast noch wichtiger – über wissenschaftliche Methoden, sind Diskussionen sinnlos und Zeitverschwendung. Müssen wir wirklich wieder ganz von vorne anfangen und uns erst darüber einigen, dass die moderne Medizin im großen und ganzen eine positive Errungenschaft der Menschheit ist?
Freilich: auch die andere Seite glänzt mit Provokationen. Überschriften wie ,,Ist das unser neuer Kanzler?" oder der tägliche Rundumschlug auf Trump, Putin, Johnson und Co. bei gleichzeitiger doch sehr wenig kritischer Berichterstattung zu der deutschen Corona-Politik, passt nicht recht zum Anspruch einer reflektierten Diskussion. Und sicherlich auch nicht das schnelle Draufschlagen auf Leute, die anderer Meinung sind oder berechtigte Ängste. Da habe ich auch manchmal den Drang, das alles abzublocken.
Ich sehe eher schwarz für einen vernünftigen Diskurs. Und wenn es nicht bei der Corona-Krise geht - bei der wir gute Chancen haben, sie zu lösen - wo dann?


QuoteSörenFinnKevinCataleyaChantal3.0 #45

Die Menschen haben das Staatsversagen beim Euro und in der Flüchtlingskrise sehr genau gesehen - sie haben kein Vertrauen in unserer Regierung und hier ganz konkret in Frau Merkel. Ich kann das mehr als nachvollziehen, da es diesmal um einen Grundrechtsentzug geradezu aberwitziger Ordnung geht. Ich kann nicht sagen, dass ich den Protest inhaltlich teile aber ich teile ihn prinzipiell. Es braucht Menschen wie diese, die sich dagegen wehren und wenn ich den Zeitpunkt als richtig erachte, werde ich mich den Protesten anschließen. Im sicheren Wissen, dass ich mich gegen 2/3 der Deutschen stellen, die lemmingartig, blind und abgekoppelt von jeder kognitiven Eigenleistung Merkeln blind in jedes sich auftuende Verderben, jeder noch so aberwitzigen Fehlentscheidung folgen


QuoteCat 001 #49

Die Situation in der sich die Welt befindet ist fuer viele nicht begreifbar und Angsteinflößend. Angst, Kontrollverlust, Unwissen, Panik schürt diese bizarren Verschwoerungstheorien. Das Virus ist unsichtbar, daher braucht man einen nennbaren Feind, auf dem man alle diese Ängste projizieren kann. Angst schürt Hass. ...


QuoteGeorg D. #53

Der Titel "Keine Macht den Rücksichtslosen" ist schon grotesk vor dem Wissen, dass die Rücksichtslosesten derzeit nahezu überall an der Macht sind. ...


Quotekiraly #60

Der Protest kanalisiert ein Unbehagen, welches vor Corona schon da war. In Gesellschaften der Selbstoptimierung ist der Angriff auf den gesunden Körper ein Skandal und die Ursache, die die Hysterie erklärt. Korona macht Kontrollverlust, der Mensch braucht aber Kontrolle. Die fehlende Kontrolle wird nun Personen zugeschrieben, die sich als Projektionsfläche eignen: Bill Gates, Merkel, Brüssel, WHO, RKI, Drosten, Banken, Lobbyisten.


QuoteMutamid #61

Ich möchte mich eigentlich nicht von Leuten wie Palmer, Schäuble, Castorf u.a. vertreten lassen, nur: Was mache ich denn, wenn ich weder mit den Rechten und Aluhüten laufen will, aber den Umgang nicht nur der Regierung mit der Corona-Krise skandalös finde? Zuhause bleiben und mich ärgern, bis ich schwarz bin?


QuotePeterKai #63

Nein, Protest darf immer laut sein, selbst wenn er für die Protestgegner "eine Zumutung über das übliche Maß hinaus" ist. Das ist eben die Demokratie der Straße, die gerade dann funktionieren muss, wenn sich Leitmedien eng an die Regierung anlehnen und dem Protest kein Sprachrohr mehr bieten, diesen nur als Werk rechter Verschwörer sehen. Und es war immer klar, dass einschneidende Maßnahmen, die tief in Bürgerrechte eingreifen und für einige massivste Auswirkungen haben (beispielsweise liegt meine Firma dank der Maßnahmen am Boden) zu jedem Zeitpunkt kritisch auf Verhältnismäßigkeit hinterfragt werden müssen. Leise kann sein, wer nicht existenziell betroffen ist: Beamte, Staatsangestellte, "systemrelevante" Menschen etc.


QuotePergamentus #66

Als ich mich vor drei Jahren überall über die 25.000 Grippetoten aufregte, die wir damals in Deutschland hatten, wurde ich nur ungläubig angeschaut, denn die meisten der Angesprochenen wußten nichts davon - es interessierte sie aber auch gar nicht. Kein Wunder, denn Presse, Rundfunk und Fernsehen berichteten damals kaum darüber. Wenn ich die jetzige Epidemie mit bisher max. 6000 Toten nicht ernst nehme, werde ich wiederum ungläubig angeschaut - und zum Verschwörungstheoretiker abgestempelt. Kein Wunder, denn Presse, Rundfunk und Fernsehen berichten ja 24 Stunden davon. Sind Epidemien Erzeugnisse von Rundfunk, Fernsehen und Presse ?


Quoteklaurot #66.1

2017 gab es keine Pandemie. Gegen die Grippe gab es einen Impfstoff und der Gesundheitsminister rief landauflandab zur Impfung auf. Das Gesundheitssystem war nicht einmal potenziell überlastet. Bilder, wie wir sie aus Italien gesehen haben, gab es nicht.


QuoteTränendes Herz #66.3

"Als ich mich vor drei Jahren überall über die 25.000 Grippetoten aufregte, die wir damals in Deutschland hatten..."

*Wenn Sie sich aufgeregt haben, dann zu recht, denn diese hohe Anzahl von Influenza-Toten zeugt davon, dass die Menschen - insbesondere die Risikogruppen - sich nicht haben impfen lassen, OBWOHL es einen Impfstoff gab. ... Und 2017 gab es nicht diese Situationen in unseren Nachbarländern Italien und Spanien oder in den USA (wie Mitforist klaurot ja auch schreibt).

Deshalb waren die Eingriffe/Beschränkungen in unser aller Leben ÜBERLEBENSWICHTIG - weil eben jetzt, 2020 noch KEIN Impfstoff vorliegt.

Und wenn sich nicht rechtzeitig einer findet, können solche Zahlen, wie sie uns aus IT, E, UK erreichen, im kommenden Winter bei uns ebenfalls Realität werden.
Das ich mich täusche, würde ich mir wünschen.


QuoteDer_meier #67

> Eine Zumutung für alle

Eine Zumutung für alle sind die Corona Maßnahmen... und zwar nicht wegen der Einschränkung der persönlichen Freiheit sondern wegen der wirtschaftlichen Folgen die massenhafte Existenzen vernichten.

Dagegen zu protestieren ist absolut überfällig!!!


Quotewetvet #67.1

Eine Zumutung sind Leute denen die Toten egal sind.


...

Link

#128
Bischof Gebhard Fürst @BischofGebhard
Als Bischof der #dioezeserottenburgstuttgart distanziere ich mich klar von den gefährlichen Theorien der Gruppe um Erzbischof Viganò. Wer die Bemühungen der Politik, Menschenleben vor dem #coronavirus zu schützen, in eine dubiose Weltverschwörung umdeutet, spielt mit dem Feuer!
https://twitter.com/BischofGebhard/status/1259782337866465282
-

Quote[...] Es gebe "Kräfte, die daran interessiert sind, in der Bevölkerung Panik zu erzeugen". "Fremde Mächte" mischten sich ein, "supranationale Einheiten" mit unklaren Absichten und "sehr starken politischen und wirtschaftlichen Interessen". Projekte, "um besser manipulieren und kontrollieren zu können", eine "Politik der drastischen Bevölkerungsreduzierung" und ein "beunruhigender Auftakt zur Schaffung einer Weltregierung". Es geht um den Kampf gegen einen "unsichtbaren Feind". Diese Zitate stammen nicht aus kruden Manifesten von Verschwörungstheoretikern, Reichsbürgern oder Esoterikern. Sie sind einem Manifest des ehemaligen US-Nuntius und Erzbischofs Carlo Maria Viganò entnommen. "Die Wahrheit wird euch frei machen" ist das dem Johannes-Evangelium entnommene biblische Motto des "für die Kirche und für die Welt  an Katholiken und alle Menschen guten Willens" gerichteten Schreibens.

Angesichts der weltweiten Einschränkungen von Freiheitsrechten zur Eindämmung der Corona-Pandemie wollen sich Erzbischof Viganò und seine Mitunterzeichner vordergründig zur Stimme einer demokratischen Öffentlichkeit und für die Bewahrung von Freiheitsrechten machen, insbesondere der Religionsfreiheit. Das am 7. Mai veröffentlichte und auf den 8. Mai datierte Manifest spart dafür nicht an raunendem Alarmismus und Versatzstücken von Verschwörungsmythen und strukturellem Antisemitismus, die die freien Völker unter der Knute von ominösen und ungenannten wirtschaftlichen und politischen Interessen sieht.

Die Liste der Unterzeichner liest sich wie ein Who is Who der Kritiker und Gegner des amtierenden Papstes Franziskus. Drei Kardinäle haben die Petition unterzeichnet. Wie der ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation, Gerhard Ludwig Müller, sind auch die anderen beiden unterzeichnenden Kardinäle bereits im Ruhestand. Der ehemalige Bischof von Hongkong Joseph Zen Ze-kiun war bisher vor allem mit Kritik an der Annäherungspolitik des Vatikans an China aufgefallen. Zunehmend klangen seine Wortmeldungen zum von ihm konstatierten Ausverkauf der chinesischen Untergrundkirche verbitterter. Der dritte Kardinal im Bund war Erzbischof von Riga, seit 2010 ist er emeritiert: International wurde Janis Pujats durch seine Äußerungen zum Thema Homosexualität bekannt. Durch die EU-Mitgliedschaft seines Heimatlandes sei die lettische Gesellschaft sexualisiert worden, die EU führe einen internationalen Kreuzzug gegen das Christentum. Er zählte auch zu den Kritikern von den von Franziskus veranlassten Familiensynoden.

Neben den Emeriti unterstützen auch zwei amtierende Ortsbischöfe die Petition: Der Texaner Joseph Strickland, der vor kurzem auf Twitter den Osnabrücker Bischof unter Häresieverdacht gestellt hatte, und Tomasz Peta, Erzbischof von Astana. Weitere Bischöfe auf der Liste sind der umtriebige Weihbischof des kasachischen Bistums Astana, Athanasius Schneider, der emeritierte Salzburger Weihbischof Andreas Laun und der emeritierte Erzbischof des kasachischen Karaganda Jan Pawel Lenga, der jüngst aufgrund seiner polemischen Kritik an Papst Franziskus vom Ortsbischof seines polnischen Altersruhesitzes mit einem Predigt- und Auftrittsverbot belegt wurde. Lenga hatte den Papst unter anderem als "Antichrist" bezeichnet. Einige der Bischöfe sind bereits zuvor in Petitionen und Manifesten gegen die Linie des Papstes an die Öffentlichkeit gegangen. Der prominenteste Laie auf der Liste ist der US-Präsidentenneffe Robert Francis Kennedy jr., ein bekannter Imfpgegner.

Ursprünglich wurde noch ein vierter Kardinal von Viganò in Anspruch genommen. Dieser angebliche Unterzeichner ist der Gruppe aber schon abhanden gekommen: Kurienkardinal Robert Sarah bat darum, wieder von der Unterstützerliste entfernt zu werden. Als Kardinalpräfekt und Teil der Kurie habe er "eine gewisse Zurückhaltung in politischen Fragen" an den Tag zu legen und sollte daher keine derartigen Petitionen zeichnen, distanzierte er sich kurz nach Veröffentlichung per Twitter. Inhaltlich äußerte er dort nur verhaltene Zustimmung: Er teile "aus seiner persönlichen Sicht einige Fragen und Bedenken zur Einschränkung von Grundrechten", schloss er sein Dementi. Wie er zu Spekulationen über eine "Weltregierung", "interessierte Kräfte" und "supranationale Einheiten" steht, gab er nicht zu Protokoll. In einem ebenfalls am 8. Mai veröffentlichten Artikel für die französische Zeitschrift L'Homme Nouveau verzichtete er jedenfalls auf derartige Schuldzuweisungen, während er die Autonomie der Kirche und ihr unveräußerliches Recht auf die Feier der Liturgie stark machte.

Erzbischof Viganò dagegen veröffentlichte eine Replik auf die Aussagen des Kardinals, in der er seine Sicht des Ablaufs schildert. Demzufolge habe Sarah erst seine Unterschrift zugesagt, hätte sie später aber auf Anraten "einiger Freunde" per SMS zurückgezogen. Diese Nachricht habe Viganò erst nach Veröffentlichung des Manifests gelesen. Sarah wollte sich zu Viganòs Darstellung der Zeitabläufe nicht mehr äußern.

Angesichts der gewichtigen Vorwürfe in Viganòs Manifest bleibt es auffällig unbestimmt, gegen wen es sich richtet. Wer genau der kritisierte unsichtbare Feind sein soll, wird in dem "Aufruf für die Kirche und die Welt" nicht ausgeführt. Wer mit den "fremden Mächte" gemeint ist, die eine Weltregierung anstreben, darf der Leser selbst ausfüllen, während die Unterzeichner jederzeit darauf verweisen können, es so ja gar nicht gemeint zu haben. Insgesamt bleibt der Appell bei aller Bestimmtheit oft im Ungefähren.

Auch wer die angesprochenen "vielen maßgebliche Stimmen in der Welt der Wissenschaft und Medizin" sind, auf die sich die Unterzeichner berufen, bleibt offen. Warum sie der Meinung sind, dass angesichts von Covid-19 ungerechtfertigter "Alarmismus" vorliege, wird nicht erwähnt. Man habe "auf Grundlage offizieller Daten der Epidemie in Bezug auf die Anzahl der Todesfälle" Grund zur Annahme, es solle durch "interessierte Kräfte" Panik geschürt werden. Von welchen Zahlen das Manifest ausgeht, wird wiederum nicht transparent gemacht. Nach den Aufstellungen der Johns-Hopkins-Universität gab es bisher fast 30.000 Covid-19-Tote in Italien, wo die meisten der Unterzeichner leben, und über 75.000 Toten in den USA, wo Viganò zuletzt als Nuntius gewirkt hat.

Zwar gibt es bei der Unterstützerliste einen eigenen Abschnitt für "Ärzte, Immunologen, Virologen und Forschern", jedoch wird bei keinem eine einschlägige Spezialisierung erwähnt, stattdessen finden sich nach eigenen Angaben unter anderem Mikrochemiker, Psychiater, Psychologen, Kardiologen und Ernährungswissenschaftler unter den genannten Personen, die teilweise Verbindungen zu Impfgegner-Vereinigungen haben. Zwei der Forscher betreiben ein Laboratorium, das sich einer pseudowissenschaftlichen Theorie widmet. Unter den als unterstützende Organisationen benannten Gruppen sind neben Initiativen, die sich Lebensschutz und traditionelle Liturgie auf die Fahnen geschrieben haben, vor allem italienische Impfgegner zu finden, die auf ihren Seiten bekannte Falschinformationen zur angeblichen Schädlichkeit von Impfungen verbreiten. Dabei kommt es auch zu kuriosen Querfronten: Aus dem Netzwerk der Impfgegner ist auch eine "Associazione Atman" unter den Unterzeichnern, eine Yoga-Vereinigung, die sich nach eigenen Aussagen auf die Fahne geschrieben hat, "das Wissen und die Praxis des Raja Yoga und all jener esoterischen Traditionen zu verbreiten, die die Verbesserung des Menschen als Ganzes zum Ziel haben".

Dass Erzbischof Viganò ein derartiges Konglomerat an Verschwörungsmythen und Pseudowissenschaft anführt, überrascht in dieser Deutlichkeit, auch wenn er sich seit Beginn seiner Kampagne gegen Papst Franziskus immer schriller äußerte. Verschwörungsdenken ist ein roter Faden im Werk Viganòs. Im vergangenen Jahr zitierte ihn der Vatikan-Journalist Robert Moynihan mit einer von Viganò so genannten "Synthese seines Denkens", demzufolge in der Kirche ein seit 60 Jahren von Jesuiten betriebener marxistischer Plan zur Umgestaltung der Kirche verfolgt werde, weg von Liturgie und Moral, hin zu sozialem Engagement. Dieser Plan hätte nun mit einem Jesuiten auf dem Papstthron seinen Höhepunkt gefunden.

In seinem Manifest verzichtet Viganò diesmal auf eine direkte Kritik am Papst, spricht ihn vordergründig gar nicht an. Die raunende Sprache der Verschwörungsmythen richtet sich bei ihren säkularen Protagonisten gegen Bill Gates, George Soros, das "Weltjudentum" oder auch die Pharmaindustrie – und, als Schnittmenge zu Viganòs Weltbild, Freimaurer und Jesuiten. Wenn Viganò und seine Unterstützer von Plänen einer "Weltregierung" oder von "supranationalen Einheiten" sprechen, dann klingen dabei auch Äußerungen des Papstes in der Corona-Krise an. Wenn Franziskus sich zu den Bedrohungen zur Pandemie äußert, dann spricht der Papst von "nachhaltiger und integraler Entwicklung der ganzen Menschheitsfamilie", beim Regina Coeli am dritten Ostersonntag hatte er sich für eine Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Impfstoffe ausgesprochen. Er sieht keine Panikmache interessierter Kreise am Werk, sondern sorgt sich im Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel um die globale humanitären und politischen Auswirkungen der Pandemie und setzt sich dabei für die Schwächsten ein.

Im Zuge der Corona-Krise hatte Viganò bereits zum Exorzismus gegen die Pandemie aufgerufen und eine Petition zur Wiedereröffnung der Bäder von Lourdes veröffentlicht, da man sich im Heilwasser des Marienwallfahrtsorts nicht anstecken könne. Das allein hätte man noch als Kuriositäten einer traditionalistischen Glaubenswelt abtun können. Mit dem aktuellen Manifest ist das kaum mehr möglich. Viganò ist endgültig ins Lager des Obskurantismus abgedriftet.

Von Felix Neumann


Aus: "Erzbischof Viganò: Vom Nuntius zum Verschwörungstheoretiker" Felix Neumann (Bonn/Rom - 08.05.2020)
Quelle: https://www.katholisch.de/artikel/25438-erzbischof-vigano-vom-nuntius-zum-verschwoerungstheoretiker

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Quote[...] Auf der Webseite des Corona-Manifests von Erzbischof Carlo Maria Viganò wurden versehentlich E-Mail-Adressen von mehreren Zehntausend Unterzeichnern veröffentlicht. Die Hauptunterzeichner, zu denen Kardinal Gerhard Ludwig Müller und verschiedene Organisationen von Impfgegnern gehören, bieten eine Mitzeichnung der Petition über ein Formular an. Durch einen technischen Fehler sind nicht nur Name, Herkunft und Organisationszugehörigkeit der Unterzeichner abrufbar, sondern zusätzlich auch die von ihnen angegebenen E-Mail-Adressen und Nachrichten an die Initiatoren.

... Der Appell "Veritas liberabit vos" ("Die Wahrheit wird euch freimachen") wurde Ende der vergangenen Woche von dem ehemaligen US-Nuntius Erzbischof Carlo Maria Viganò veröffentlicht. Zu seinen Unterzeichnern gehören die Kardinäle Gerhard Ludwig Müller und Joseph Zen aus Hongkong. In dem Text heißt es, es gebe "Kräfte, die daran interessiert sind, in der Bevölkerung Panik zu erzeugen", im "Kampf gegen einen unsichtbaren Feind" gelte es, Bestrebungen zur "Schaffung einer Weltregierung" und eine "Politik der drastischen Bevölkerungsreduzierung" zu verhindern. Das von Impfgegner-Organisationen unterstützte Papier bezweifelt die Gefährlichkeit des neuartigen Coronavirus.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz und mehrere Bischöfe haben den Aussagen im Papier widersprochen. Die "Bewertung der Corona-Pandemie durch die Deutsche Bischofskonferenz" unterscheide sich grundlegend von der im Aufruf Viganòs geäußerten. (fxn)


Aus: "Datenpanne bei Viganò-Petition: Tausende E-Mail-Adressen öffentlich" (Bonn - 12.05.2020)
Quelle: https://www.katholisch.de/artikel/25478-datenpanne-bei-vigano-petition-tausende-e-mail-adressen-oeffentlich

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Quote[...] Der ernannte Augsburger Bischof Bertram Meier hat sich deutlich von dem Corona-Aufruf von Kardinal Gerhard Ludwig Müller und Erzbischof Carlo Maria Vigano distanziert. "Jeder muss in einer freiheitlichen Gesellschaft seine Meinung frei äußern dürfen, aber in unserem Bistum haben wir einen Priester an Corona verloren" sagte Meier der "Augsburger Allgemeinen" (Mittwoch). Weiter fügte er hinzu: "Und ich denke vor allem auch an die vielen Menschen, die in verschiedenen Altenheimen in unserer Region inzwischen nach einer Covid-19-Infektion gestorben sind."

"Hier von einer 'Weltverschwörung' zu reden, empfinde ich geradezu als zynisch", erklärte Meier und betonte: "Was unser Bistum betrifft: Wir werden in der Corona-Pandemie weiterhin eng mit den staatlichen Stellen zusammenarbeiten. Denn nur gemeinsam können wir dieses Virus besiegen."

Zuvor hatten bereits mehrere Kirchenmänner das jüngst veröffentlichte Schreiben kritisiert. Von diesen "gefährlichen Theorien" distanziere er sich klar, schrieb Rottenburgs Bischof Gebhard Fürst am Montag auf Twitter: "Wer die Bemühungen der Politik, Menschenleben vor dem Coronavirus zu schützen, in eine dubiose Weltverschwörung umdeutet, spielt mit dem Feuer!" Auch der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer, der Hamburger Erzbischof Stefan Heße, der Magdeburger Bischof Gerhard Feige und der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck sowie Essens Generalvikar Klaus Pfeffer und der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, distanzierten sich von dem Aufruf.

Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) war bereits am Wochenende auf Distanz zu dem Aufruf gegangen. "Die Deutsche Bischofskonferenz kommentiert grundsätzlich keine Aufrufe einzelner Bischöfe außerhalb Deutschlands", sagte der Konferenz-Vorsitzende, Bischof Georg Bätzing, am Wochenende: "Allerdings füge ich hinzu, dass sich die Bewertung der Corona-Pandemie durch die Deutsche Bischofskonferenz grundlegend von dem gestern veröffentlichten Aufruf unterscheidet."

Die Gruppe um Müller, Vigano und Kardinal Joseph Zen Ze-kiun hatte eine Warnung veröffentlicht, nach der die Corona-Pandemie genutzt werden solle, um eine Weltregierung zu schaffen, "die sich jeder Kontrolle entzieht". Sie werde als Vorwand genutzt, um "Grundfreiheiten unverhältnismäßig und ungerechtfertigt" einzuschränken. So ernst der Kampf gegen Covid-19 sein möge, dürfe er nicht "als Vorwand zur Unterstützung unklarer Absichten supranationaler Einheiten dienen, die sehr starke politische und wirtschaftliche Interessen verfolgen". Nach wachsender Kritik hatte Müller am Wochenende seine Unterschrift verteidigt. Interessierte kirchliche Kreise hätten das Papier benutzt, "um daraus Empörungskapital gegen ihre vermeintlichen Gegner zu schlagen", so der Kardinal. (tmg/KNA)


Aus: "Künftiger Bischof Meier: Corona-Text von Müller und Vigano "zynisch"" (Augsburg - 12.05.2020)
Quelle: https://www.katholisch.de/artikel/25474-kuenftiger-bischof-meier-corona-text-von-mueller-und-vigano-zynisch

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Quote[...] Kardinal Gerhard Ludwig Müller wehrt sich gegen den Vorwurf, er verbreite Verschwörungsmythen. "Man gesteht einander einfach keinen guten Willen zu", sagte der frühere Präfekt der römischen Glaubenskongregation im Interview der "Zeit" (Donnerstag): "Ich verstehe nicht, warum man bei Vorwürfen immer gleich bis zum Äußersten gehen muss." Der Kardinal wehrt sich damit gegen die anhaltende Kritik an einem Brief von Erzbischof Carlo Maria Viganò, den er mit unterschrieben hatte. Darin wird unter anderem davor gewarnt, die Corona-Pandemie solle genutzt werden, um eine Weltregierung zu schaffen, "die sich jeder Kontrolle entzieht". Sie werde als Vorwand genutzt, um "Grundfreiheiten unverhältnismäßig und ungerechtfertigt" einzuschränken. So ernst der Kampf gegen Covid-19 sein möge, dürfe er nicht "als Vorwand zur Unterstützung unklarer Absichten supranationaler Einheiten dienen, die sehr starke politische und wirtschaftliche Interessen verfolgen".

Seine Unterschrift jetzt zurückzuziehen, wäre "die feige Variante", so Müller: "In der Tat stammt keine einzige Zeile von mir. Normalerweise unterschreibe ich solche Aufrufe nicht, die notwendig allgemein gehalten sein müssen und im Detail nicht präzis sein können." Aber er habe Vigano, dem man "böse mitgespielt hat und der sehr isoliert ist", auf seine Bitte nicht schroff eine Absage erteilen wollen. "Ich möchte auch klarstellen, dass ich seine Aufforderung an Papst Franziskus, zurückzutreten, nicht gutheiße", ergänzte der Kardinal. Das Papier verstehe er als einen Appell zum Nachdenken: "Wenn alles so einfach zu widerlegen ist, warum wischen unsere klugen Anti-Verschwörungstheoretiker nicht mit drei geistreichen Sätzen das Papier vom Tisch oder versenken es in der Schublade?"

Dass die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) auf Distanz zu dem Papier gegangen sei, kommentierte Müller mit den Worten: "Die Bischofskonferenz hat sich auch von der Forderung des Papstes distanziert, die Neuevangelisierung an die Spitze der katholischen Reform zu stellen. Das belastet mich und nicht die Distanzierung vom einem Dreiseitentext." Weiter betonte der Kardinal, viele Vorsichtsmaßnahmen gegen die Pandemie seien anfangs sicher richtig gewesen, doch dürfe man damit nicht jegliches Verbot rechtfertigen: "Es steht mir doch zu, Kirchenschließungen zu kritisieren, wenn Supermärkte geöffnet sind."

"Ich erachte es als eine Frechheit, wenn mich jemand als konservativ bezeichnet", sagte Müller weiter. Diese politischen Kategorien passten einfach nicht auf die Kirche. "Was ich bin und wie ich denke, das kann ich ohne Nachhilfe noch selbst definieren." Erstens sei er kein Vertreter "irgendeines weltanschaulich gefärbten Katholizismus" und zweitens kein Antipode zum Papst. "Er hat selbst zu mir gesagt, ich solle mich um dieses sinnfreie Gerede nicht kümmern, das aus der Verwechselung von Politik und Theologie kommt", so Müller.

Auf die Frage, ob die Idee einer Weltregierung nicht klassisch verschwörungstheoretisch sei, antwortete Müller: "Wer die Geschichte kennt, der weiß, dass es schon oft den Griff nach der Weltherrschaft gab - durch den Faschismus wie durch den Kommunismus." Und niemand könne leugnen, dass heute mit modernsten technischen Methoden eine totale Kontrolle der Bevölkerung möglich wäre - "etwa durch Social Scoring in China". In der Demokratie seien solche Versuche vielleicht zum Scheitern verurteilt, aber "eine gewisse Wachsamkeit erfordert die Sicherung von Freiheit und Selbstbestimmung auch heute. Die Kritiker des Briefes blenden völlig aus, dass es illiberale Maßnahmen, wie sie im Brief angesprochen sind, tatsächlich gibt. Und ich kann nicht sehen, dass im sogenannten Westen oder in China die christliche Kultur allgemein gefördert wird."

Mehrere führende Kirchenvertreter aus Deutschland hatten den Viganò-Aufruf teils scharf kritisiert. "Hier von einer 'Weltverschwörung' zu reden, empfinde ich geradezu als zynisch", erklärte etwa der ernannte Bischof von Augsburg, Bertram Meier, am Dienstag. Von diesen "gefährlichen Theorien" distanziere er sich klar, schrieb Rottenburgs Bischof Gebhard Fürst am Montag auf Twitter: "Wer die Bemühungen der Politik, Menschenleben vor dem Coronavirus zu schützen, in eine dubiose Weltverschwörung umdeutet, spielt mit dem Feuer!" Auch der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer, der Hamburger Erzbischof Stefan Heße, der Magdeburger Bischof Gerhard Feige und der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck sowie Essens Generalvikar Klaus Pfeffer und der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, distanzierten sich von dem Aufruf. Die DBK war bereits am Wochenende auf Distanz gegangen. "Die Deutsche Bischofskonferenz kommentiert grundsätzlich keine Aufrufe einzelner Bischöfe außerhalb Deutschlands", sagte der Konferenz-Vorsitzende, Limburgs Bischof Georg Bätzing, am Wochenende: "Allerdings füge ich hinzu, dass sich die Bewertung der Corona-Pandemie durch die Deutsche Bischofskonferenz grundlegend von dem gestern veröffentlichten Aufruf unterscheidet." (tmg/KNA)


Aus: "Müller zu Viganò-Aufruf: Jetzt zurückzuziehen, wäre die feige Variante" (Hamburg - 13.05.2020)
Quelle: https://www.katholisch.de/artikel/25491-mueller-zu-vigano-aufruf-jetzt-zurueckzuziehen-waere-die-feige-variante

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Quote[...] Wien, 13.05.2020 (KAP) Der Kommunikationschef der Erzdiözese Wien, Michael Prüller, hat sich in deutlichen Worten vom jüngsten Corona-Aufruf von Ex-Glaubenspräfekt Kardinal Gerhard Ludwig Müller und dem pensionierten US-Nuntius Carlo Maria Vigano distanziert. In seiner Kolumne in der neuen Ausgabe der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" (Mittwoch) bezeichnet der Sprecher von Kardinal Christoph Schönborn wesentliche Teile des Aufrufs wörtlich als "unchristliche Panikmache".

"Ich bin für Wachsamkeit. Und man soll die Maßnahmen gegen Corona ruhig kritisch sehen. Opposition ist erlaubt und wichtig", hält Prüller fest: "Aber es ist unredlich, eine Verschwörung zu behaupten, ohne die Fakten zu nennen, die man anspricht, und ohne die 'Kräfte' zu definieren, die uns versklaven wollen. Ohne einen einzigen Beleg wird den Politikern, Wissenschaftlern, Medienleuten und Bischöfen unterstellt, dass sie nicht verantwortungsbewusst handeln, sondern entweder ahnungslose Handlanger oder vielleicht sogar selber Weltverschwörer sind."

Die Gruppe um Vigano und Müller hatte in einem internationalen Aufruf vor einigen Tagen die Aufhebung sämtlicher Beschränkungen für Gottesdienste gefordert. In dem Text findet sich auch eine Warnung, nach der die Corona-Pandemie genutzt werden solle, um eine "Weltregierung" zu schaffen, "die sich jeder Kontrolle entzieht". Sie werde als Vorwand genutzt, um "Grundfreiheiten unverhältnismäßig und ungerechtfertigt" einzuschränken.

Kritisch zu dem Schreiben äußerte sich in Österreich auch der Theologe Gunter Prüller-Jagenteufel im Interview der Kooperationsredaktion der heimischen Kirchenzeitungen. Er ortet in dem Text u.a. eine "zerstörerische Kampfrhetorik". Dem an der Universität Wien lehrenden Theologen stößt dabei schon der Einleitungssatz auf, wo mit der Formulierung "In einer Zeit schwerster Krise erachten wir Hirten der katholischen Kirche, aufgrund unseres Auftrags, es als unsere heilige Pflicht ..." offenbar der Eindruck eines offiziellen Kirchendokuments erweckt werden soll. Prüller-Jagenteufel sieht darin "Hybris" der bischöflichen Proponenten des Aufrufs, von denen die meisten emeritiert sind: "Die Hirten der Kirche sind die Ortsbischöfe, die Bischofskonferenzen, der Papst."

Zum Anliegen des Aufrufs, auf alle Beschränkungen bei öffentlichen Gottesdiensten zu verzichten, erinnert der Theologe, dass auch die Kirche an rechtliche Regelungen vonseiten des Staates gebunden sei. Basis für das Vorgehen seien zudem "nicht einzelne wissenschaftliche Sonderpositionen, sondern der breitestmögliche Konsens der Wissenschaft, der zurzeit zu erreichen ist" so Prüller-Jagenteufel. Niemand würde ernsthaftes Interesse daran haben, die Maßnahmen länger aufrechtzuerhalten als unbedingt notwendig.

Auf die Notwendigkeit der in Österreich von der Bischofskonferenz "in Eigenverantwortung" beschlossenen tiefgreifenden Einschränkungen des kirchlichen Lebens verwies auch der Presse- und Medienreferent der Österreichischen Bischofskonferenz, Paul Wuthe, zuletzt auf Anfrage von Medien. "So schmerzlich die Einschränkungen gerade im Blick auf Ostern waren, die positiven Entwicklungen bei der Eindämmung der Pandemie in den letzten Wochen zeigen, dass die Maßnahmen sinnvoll waren, was neben anderem auch zur Folge hat, dass ab 15. Mai wieder öffentliche Gottesdienste unter Auflagen stattfinden können", hielt Wuthe fest.

Die getroffenen Maßnahmen seien sowohl mit der Bundesregierung und allen anderen gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften vereinbart als auch mit ausgewiesenen Experten abgeklärt worden, erinnerte Wuthe: "Die nötigen Einschränkungen waren und sind Ausdruck einer recht verstandenen christlichen Selbst- und Nächstenliebe. Dabei war für die österreichischen Bischöfe nicht zuletzt auch das Vorbild von Papst Franziskus maßgeblich. Daher unterscheidet sich die Bewertung der Corona-Pandemie durch die Österreichische Bischofskonferenz fundamental vom jüngst veröffentlichten Aufruf."


Aus: "Kritik an Vigano-Aufruf: "Unchristliche Panikmache"" (13.05.2020, 12:03 Uhr Österreich/Kirche/Epidemie)
Quelle: https://www.kathpress.at/goto/meldung/1889605/kritik-an-vigano-aufruf-unchristliche-panikmache

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Quote[...] Der Generalvikar des Bistums Essen, Klaus Pfeffer, wünscht sich mehr deutliche Worte gegen einen Text hoher Kirchenmänner zur Corona-Krise. Er habe sich zwar über die klare Positionierung von Essens Bischof Franz-Josef Overbeck und die vorsichtige Distanzierung des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Georg Bätzing, gefreut. "Davon abgesehen hält sich der Widerspruch aber in Grenzen", sagte Pfeffer im Interview dem Magazin "Spiegel" (Online, Sonntagabend).

Eine Gruppe um die Kardinäle Gerhard Ludwig Müller und Joseph Zen Ze-kiun hatten zusammen mit Erzbischof Carlo Maria Vigano eine Warnung veröffentlicht, nach der die Corona-Pandemie genutzt werden solle, um eine Weltregierung zu schaffen, "die sich jeder Kontrolle entzieht". Der Ruhr-Generalvikar kritisierte: "Das sind krude Verschwörungsmythen, es werden keine Fakten und Belege präsentiert." Pfeffer erkenne in dem Text eine Nähe zu Rechtspopulisten und auch zu den Anti-Corona-Demonstrationen. Diese Thesen würden "nun in ein religiöses Gewand gehüllt". Es sei erschreckend und gefährlich, dass hochrangige Vertreter der katholischen Kirche so etwas verbreiteten. "Es macht mich fassungslos."

Pfeffer erklärte zudem: "Ganz viele normale Katholiken sind entsetzt. Sie setzen sich jeden Tag dafür ein, die Pandemie einzudämmen und die Probleme zu bewältigen, die aus ihr entstehen. Und nun bekommen sie so einen Aufruf vorgesetzt." Die breite Mehrheit der Gläubigen tragen seinem Eindruck nach die Maßnahmen der Regierung mit. Der Ruf nach Lockerungen sei zwar rund um das Osterfest lauter geworden, aber er sei nie massiv gewesen. "Deshalb überrascht es mich, dass diese Verschwörungstheorien nun offenbar in kirchlichen Kreisen aber auch in Teilen der Gesellschaft insgesamt Zuspruch finden", so der Generalvikar. Er glaube nicht, dass die katholische Kirche ein generelles Problem habe. "Nun aber zeigt sich, dass der eine oder andere abrutscht und sich von vernünftigen Argumenten verabschiedet. Das ist schon heftig", so Pfeffer.

Bereits am Wochenende hatte der Essener Generalvikar den Corona-Appell der Kirchenvertreter scharf kritisiert. Jeder, der diesen Aufruf unterzeichnet habe, entblöße sich selbst, schrieb Pfeffer auf Facebook. Er sei "einfach nur fassungslos, was da im Namen von Kirche und Christentum verbreitet wird: Krude Verschwörungstheorien ohne Fakten und Belege, verbunden mit einer rechtspopulistischen Kampf-Rhetorik, die beängstigend klingt."

"Die Deutsche Bischofskonferenz kommentiert grundsätzlich keine Aufrufe einzelner Bischöfe außerhalb Deutschlands" sagte der DBK-Vorsitzende, Bischof Georg Bätzing, am Samstagabend: "Allerdings füge ich hinzu, dass sich die Bewertung der Corona-Pandemie durch die Deutsche Bischofskonferenz grundlegend von dem gestern veröffentlichten Aufruf unterscheidet."

Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck schrieb am Wochenende auf Facebook, die Kirche könne zur Bewältigung der Corona-Krise einen klaren Beitrag leisten: "Solidarität zu üben als deutliches Zeichen der Entschlossenheit, sich für das Gemeinwohl und für soziale Gerechtigkeit einzusetzen". Das beschreibe genau das Gegenteil der Positionierung "jener Populisten und anderer Verschwörungstheoretiker, die alle Anstrengungen zur Eindämmung der Pandemie als Vorwand verstehen wollen, eine hasserfüllte technokratische Tyrannei zu begründen und die christliche Zivilisation auszulöschen". Dem müsse von Seiten der Kirche klar widersprochen werden - "ganz gleich, wer solches formuliert!".

Nach wachsender Kritik hatte der deutsche Kardinal Müller seine Unterschrift unter den Text verteidigt. Interessierte kirchliche Kreise hätten das Papier benutzt, "um daraus Empörungskapital gegen ihre vermeintlichen Gegner zu schlagen", erklärte er am Sonntag. "Jeder nennt jetzt jeden Andersdenkenden Verschwörungstheoretiker." Müller sagte weiter, der von Kardinälen, Bischöfen und katholischen Laien unterzeichnete Text werde bewusst missverstanden. Er selbst stehe zu Unrecht im Zentrum der Kritik. (tmg/KNA)


Aus: "Pfeffer zu Viganò-Appell: Ganz viele normale Katholiken sind entsetzt" (Hamburg - 11.05.2020)
Quelle: https://www.katholisch.de/artikel/25455-pfeffer-zu-vigano-appell-ganz-viele-normale-katholiken-sind-entsetzt

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Quote[...] Der Rottenburg-Stuttgarter Bischof Gebhard Fürst hat sich gegen einen von mehreren Bischöfen und Kardinälen unterzeichneten Aufruf gewandt, wonach die Corona-Krise nur ein Vorwand sei, Bürgerrechte einzuschränken und eine "Weltregierung" auf den Weg zu bringen. Von diesen "gefährlichen Theorien" distanziere er sich klar, schrieb Fürst am Montag auf Twitter: "Wer die Bemühungen der Politik, Menschenleben vor dem Coronavirus zu schützen, in eine dubiose Weltverschwörung umdeutet, spielt mit dem Feuer!" Auch der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer distanzierte sich von dem Aufruf und "macht sich die Worte des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, ausdrücklich zu eigen", wie das Bistum Regensburg am Montag mitteilte.

... Auch der Hamburger Erzbischof Stefan Heße wandte sich gegen Verschwörungstheorien im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. "Ich verstehe diese Stimmen in der Gesellschaft und auch in der Kirche nicht", sagte Heße am Montag. Die Maßnahmen, die zur Eindämmung der Pandemie ergriffen worden sind, halte er für richtig und verantwortungsvoll. "Dass diese Maßnahmen von großen Teilen der Bevölkerung mitgetragen werden, ist ein Ausdruck der Solidarität, die wirklich erforderlich ist", so der Erzbischof. Der Magdeburger Bischof Gerhard Feige wandte sich gegen eine Verunglimpfung der Vorsichtsmaßnahmen - "verbreitet durch Verschwörungstheoretiker, Wutbürger und einzelne Kommentatoren sowie Politiker". Sogar manche "extreme Kirchenvertreter" gebärdeten sich auf einmal als "Pseudo-Wissenschaftler, Impfgegner und Esoteriker".

... Am Wochenende hatte der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer bereits scharfe Kritik an dem Aufruf geäußert und seine Position am Montag noch einmal untermauert. "Das sind krude Verschwörungsmythen, es werden keine Fakten und Belege präsentiert." Pfeffer erkenne in dem Text eine Nähe zu Rechtspopulisten und auch zu den Anti-Corona-Demonstrationen. Diese Thesen würden "nun in ein religiöses Gewand gehüllt".

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Aus: ""Spiel mit dem Feuer": Bischof Fürst kritisiert Viganò-Aufruf" (Rottenburg - 11.05.2020)
Quelle: https://www.katholisch.de/artikel/25459-spiel-mit-dem-feuer-bischof-fuerst-kritisiert-vigano-aufruf

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Quote[...] Kardinal Gerhard Ludwig Müller hat sich in mehreren Zeitungsinterviews gegen den Vorwurf gewehrt, er verbreite Verschwörungsmythen.

,,Man gesteht einander einfach keinen guten Willen zu", sagte der frühere Präfekt der römischen Glaubenskongregation der ,,Zeit". Der katholischen Wochenzeitung ,,Die Tagespost" sagte Müller, bei dem Vorwurf handle es sich um ,,wohlfeile Schlagzeilenmacherei" und ein ,,taktisches Spiel, um selbstständig Denkende anzuprangern".

Der Kardinal reagierte mit seinen Einlassungen auf die anhaltende Kritik an einem Brief von Erzbischof Carlo Maria Vigano, den er mit unterschrieben hatte. Inzwischen sollen sich rund 30.000 Menschen dem Schreiben angeschlossen haben.

Darin wird unter anderem gewarnt, die Coronavirus-Pandemie solle genutzt werden, um eine ,,Weltregierung" zu schaffen, ,,die sich jeder Kontrolle entzieht". Sie werde als Vorwand genutzt, um ,,Grundfreiheiten unverhältnismäßig und ungerechtfertigt" einzuschränken.

So ernst der Kampf gegen Covid-19 sein möge, dürfe er nicht ,,als Vorwand zur Unterstützung unklarer Absichten supranationaler Einheiten dienen, die sehr starke politische und wirtschaftliche Interessen verfolgen".

Müller betonte in den Interviews, ,,keine einzige Zeile" in dem drei Seiten langen Text stamme von ihm. Aber er habe Vigano, dem man ,,böse mitgespielt hat und der sehr isoliert ist", auf seine Bitte am Telefon nicht schroff eine Absage erteilen wollen. Das Papier sei ,,wie auch so mancher Text aus der Deutschen Bischofskonferenz nicht der Weisheit letzter Schluss", sondern als ,,Appell zum Nachdenken" zu verstehen.

So sei etwa ,,die Drohung öffentlich gefallen, sieben Milliarden Menschen zu zwangsimpfen, auch wenn noch keine ausreichende Erprobung der Medikamente erreicht ist, und ihnen widrigenfalls Grundrechte zu entziehen", ergänzte Müller, ohne Quellen zu nennen.

Dass die Deutsche Bischofskonferenz auf Distanz zu dem Papier gegangen sei, kommentierte der Kardinal mit den Worten: ,,Die Bischofskonferenz hat sich auch von der Forderung des Papstes distanziert, die Neuevangelisierung an die Spitze der katholischen Reform zu stellen. Das belastet mich und nicht die Distanzierung vom einem Dreiseitentext." Mit ihm selbst habe auch keiner der Bischöfe gesprochen.

Müller betonte in den Interviews, ,,keine einzige Zeile" in dem drei Seiten langen Text stamme von ihm. Aber er habe Vigano, dem man ,,böse mitgespielt hat und der sehr isoliert ist", auf seine Bitte am Telefon nicht schroff eine Absage erteilen wollen. Das Papier sei ,,wie auch so mancher Text aus der Deutschen Bischofskonferenz nicht der Weisheit letzter Schluss", sondern als ,,Appell zum Nachdenken" zu verstehen.

So sei etwa ,,die Drohung öffentlich gefallen, sieben Milliarden Menschen zu zwangsimpfen, auch wenn noch keine ausreichende Erprobung der Medikamente erreicht ist, und ihnen widrigenfalls Grundrechte zu entziehen", ergänzte Müller, ohne Quellen zu nennen.

Dass die Deutsche Bischofskonferenz auf Distanz zu dem Papier gegangen sei, kommentierte der Kardinal mit den Worten: ,,Die Bischofskonferenz hat sich auch von der Forderung des Papstes distanziert, die Neuevangelisierung an die Spitze der katholischen Reform zu stellen. Das belastet mich und nicht die Distanzierung vom einem Dreiseitentext." Mit ihm selbst habe auch keiner der Bischöfe gesprochen.

In der Demokratie seien solche Versuche vielleicht zum Scheitern verurteilt, aber ,,eine gewisse Wachsamkeit erfordert die Sicherung von Freiheit und Selbstbestimmung auch heute. Die Kritiker des Briefes blenden völlig aus, dass es illiberale Maßnahmen, wie sie im Brief angesprochen sind, tatsächlich gibt". (KNA, Tsp)


Aus: "Kardinal Müller zu Verschwörungstheorien ,,Ich muss die Einschränkungen der Grundrechte nicht stumm hinnehmen"" (15.05.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/kardinal-mueller-zu-verschwoerungstheorien-ich-muss-die-einschraenkungen-der-grundrechte-nicht-stumm-hinnehmen/25832810.html

Quotebullenalltag 10:23 Uhr
Seit wann gelten in der katholischen Kirche Grundrechte, Meinungsfreiheit oder wissenschaftliche Erkenntnisse ? Habe ich da etwas verpasst. Ist die Inquisition endlich zu Ende? Gibt sich die Kirche eine demokratische Struktur und schafft die Meinungsmacht der angeblich von Gott gewollten  aber selbstherrlich gewählten alten Tattergreisen ab? Man könnte diese Frageliste fortsetzen. Ich glaube es reicht um die Verschwörungsgläubigkeit dieser Weltverbesserer zu begreifen.


Quotejonnyrotten 09:38 Uhr
Der Kardinal kann glauben was er will. Wir leben in einer Demokratie.


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Quote[...] Ärger im Bundesinnenministerium: Einem Referenten wurde die Ausübung der Dienstgeschäfte verboten, nachdem er in einem 83-seitigen Papier seine Meinung zu den aus seiner Sicht unsinnigen Maßnahmen der Regierung gegen das Coronavirus verbreitet hatte. Das Problem: Er hatte dafür den Briefkopf des Ministeriums verwendet.

Am Wochenende war der Mitarbeiter bereits von seiner Tätigkeit entbunden worden. Ihm droht nun ein Disziplinarverfahren. Was den Oberregierungsrat aus dem Referat ,,Schutz Kritischer Infrastrukturen" getrieben hat, bleibt unklar. Für sein Papier hatte der Mitarbeiter Forscher und Ärzte nach ihrer Einschätzungen unter zu den negativen Folgen der Corona-Maßnahmen angefragt.

Einer der Angefragten sagte dem Tagesspiegel, dass sie davon ausgegangen seien, dass die Anfrage des Mitarbeiters des BMI innerhalb seines Aufgabengebietes liege und dass er das Papier im Rahmen seiner Zuständigkeiten erstelle.

Innenminister Horst Seehofer erklärte bei einer Pressekonferenz am Mittwoch, dass der Mitarbeiter die Einschätzung der Forscher wohl nicht bekommen hätte, wenn er nicht in seiner Funktion als BMI-Mitarbeiter angefragt hätte. Ein Sprecher des Innenministeriums betonte, dass man sichergestellt habe, "dass eine solche irreführende Information der Öffentlichkeit zunächst einmal nicht mehr möglich ist".

Der betroffene Mitarbeiter ist SPD-Mitglied. Er versuchte sogar, für den Parteivorsitz zu kandidieren. Doch nun wird er, ob gewollt oder nicht, zum Stichwortgeber für Verschwörungstheoretiker, die dem Staat in der Coronakrise finstere Machenschaften unterstellen. Das Magazin ,,Tichys Einblick", nah am Rechtspopulismus, hat die 83 Seiten veröffentlicht und schlachtet sie aus.

In dem Papier behauptet der Referent, es könne ,,keinen vernünftigen Zweifel mehr daran geben, dass die Coronawarnung ein Fehlalarm war". Der Staat habe in der Coronakrise ,,in geradezu grotesker Weise versagt".

Der Referent spricht von ,,Alarmismus" und behauptet, die staatlichen Schutzmaßnahmen würden mehr Todesopfer fordern als das Virus. Portalchef Roland Tichy preist das Papier als ,,Verriss der bisherigen Politik".

Diese habe sich ,,von Horrorbildern wie den Abtransport von Särgen im italienischen Bergamo treiben lassen". Die Stimmungsmache wirkt. Leser von ,,Tichys Einblick" fühlen sich zu hetzerischen Kommentaren veranlasst. Einer schreibt, ,,wie kann es sein, dass unzählige Staatsanwälte wochenlang tatenlos dabei zuglotzen, wie eine gesamte Nation durch offenkundige Regierungskorruption in ihr Verderben gestürzt und vollständig gegen die Wand gefahren wird?" Ein anderer vermutet, Bill Gates habe deutsche Staatsanwälte bestochen.

Wie das Papier zu ,,Tichys Einblick" kam, ist offen. Der Oberregierungsrat hatte es vom dienstlichen Account an Behörden geschickt. Nach Erkenntnissen des Ministeriums war der Mann nicht der einzige Autor, von der ,,Beteiligung Dritter" außerhalb des BMI ist die Rede. Betont wird, der Referent sei für das Corona-Krisenmanagement nicht zuständig gewesen. Das Papier entspreche in keiner Weise den Positionen der Bundesregierung und "sei eine Privatmeinung", ließ das Ministerium am Sonntag schon wissen.

Darauf reagierten schon am Montag die von dem Mitarbeiter angefragten Wissenschaftler und Ärzte mit scharfer Kritik am BMI. Das Schreiben wurde von einem der Befragten unter anderem auf dem Online-Portal "Achse des Guten" veröffentlicht. Die Forscher schreiben, dass sie die Reaktion des BMI "mit Verwunderung" zur Kenntnis nehmen.

Zu den Wissenschaftlern, die die Antwort an das BMI unterzeichnet haben, gehören zehn Ärzte und Forscher, teils im Ruhestand. Unter anderem dabei ist auch Peter Schirmacher, Pathologie-Professor an der Uni Heidelberg und Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina. Das ist durchaus heikel, denn die Leopoldina gehört zu den wichtigsten wissenschaftlichen Beratungsgremien der Bundesregierung in der Corona-Krise. Virologen und Epidemiologen sind allerdings nicht unter den Unterzeichnern.

Zu den Unterzeichnern und Beratern für das Papier gehört auch Gunter Frank, Arzt für Allgemeinmedizin und Mitglied der ständigen Leitlinienkommission der Deutschen Gesellschaft für Familienmedizin und Allgemeinmedizin (DEGAM) in Heidelberg. Er hat den offenen Brief der Forscher auf dem Portal ,,achgut.com" veröffentlicht.

Er räumt im Gespräch ein: ,,Sicherlich lassen sich Ton und Begrifflichkeiten des Papiers an einigen Stellen optimieren". Die Reaktion des Ministeriums bezeichnet er aber als "Ablenkungsmanöver". Wichtig sei der Inhalt des Papiers und der sei derzeit "das Beste über die Nebenwirkungen und negativen Folgen der Corona-Maßnahmen, das wir haben". Er kritisiert, dass sich das BMI bisher nur unzureichend zum Beispiel mit den Folgen des Lockdowns beschäftigt habe.

Vor der Anfrage des Mitarbeiters habe es keinen Kontakt zu ihm gegeben, erklärt Frank. ,,Er hat sich wohl die Experten in dem jeweiligen Fachbereich zusammengesucht und dann angefragt. Und diese haben wiederum ihre fachlichen Netzwerke genutzt", erklärt. Als ,,Corona-Leugner" will Frank sich keinesfalls verstanden wissen. ,,Covid-19 ist eine absolut gefährliche Erkrankung insbesondere für die Risikogruppen. Aber ihre Bedrohung für die Gesellschaft wird etwas überschätzt."

Das Problem ist aber: Wirklich fundierte Forschung zu den Nebeneffekten der Corona-Maßnahmen sind rar, wie eine Tagesspiegel-Recherche zuletzt zeigte. Unbestritten ist, dass zum Beispiel Behandlungen schwerer Erkrankungen teilweise verschleppt werden können und das negative Folgen für die Gesundheit der Betroffenen hat. Wie groß die genau sind? Das kann derzeit niemand genau beziffern. Ähnliches gilt für die Folgen der Pandemie auf die Psyche oder für die Folgen des Wirtschaftseinbruches für die Gesundheit.

In seinem aktuellen Podcast hatte der Charité-Virologe Christian Drosten die Einlassungen fachfremder Forscher in der Corona-Krise scharf kritisiert. Was er höre, zum Teil von ,,scheinbaren Fachleuten", deren Expertise in anderen Bereichen liege, entbehre oft jeder Grundlage, sagte der Virologe. Dadurch werde auch ,,wirklich gefährlichen Verschwörungstheoretikern" mit teils politischer Agenda der Rücken gestärkt. Drosten rügte das als ,,unverantwortlich".


Aus: "Was hinter dem unautorisierten Corona-Bericht steckt"  Frank Jansen, Benjamin Reuter  (13.05.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/aerger-im-innenministerium-was-hinter-dem-unautorisierten-corona-bericht-steckt/25823472.html

QuoteGophi 09:14 Uhr

    Das Problem ist aber: Wirklich fundierte Forschung zu den Nebeneffekten der Corona-Maßnahmen sind rar, wie eine Tagesspiegel-Recherche zuletzt zeigte.

Das genau ist tatsächlich das Hauptproblem. Wir wissen noch viel zu wenig über den Virus und was genau er im menschlichen Körper macht. Ein solches Verständnis aufzubauen, braucht schlicht Zeit, eine Zeit, in der es viel Raum für allerlei Theorien gibt und geben wird.

Was mich aber noch mehr erstaunt: auch im Bereich der wirtschaftlichen Folgen eines Lock-down waren die Experten überraschend ahnungslos. Ja, es gab immer die Warner, es gibt zu jedem Thema einen Strauß von verschiedenen Meinungen. Ich rede vielmehr von der offiziellen Einschätzung. Ich hatte immer gedacht, dass die Funktionsweise unserer Wirtschaft mit allen Wechselwirkungen einigermaßen gut verstanden ist.


Quotedaemmi 13.05.2020, 20:23 Uhr

Ein globaler Fehlalarm? Die Bilder aus Wuhan, Bergamo oder New York also ganz normal? Die Übersterblichkeiten (https://www.ft.com/content/a26fbf7e-48f8-11ea-aeb3-955839e06441) trotz weltweiter Eindämmungsmaßnahmen irrelevant? Die WHO, die Spanier, Putin und Johnson auch alles Idioten, nur der Oberregierungsrat nicht? Derzeitig 123 Berliner in intensivmedizinischer Behandlung sind Peanuts? Es mag sein, dass in den 83 Seiten irgendetwas Bedenkenswertes (auch neues?) drin steht, aber der Autor samt seiner "Experten" hat sich allein durch diesen Tenor selbst disqualifiziert.


QuoteAndreas-1000 13.05.2020, 22:28 Uhr
Antwort auf den Beitrag von daemmi 13.05.2020, 20:23 Uhr

Vor 2 Jahren sind 1,5 Millionen weltweit an der Grippe gestorben. Diese Zahlen sind von Corona nicht ansatzweise erreicht.


Quoteherrvonfrueher 13.05.2020, 13:38 Uhr

Tichys Einblick, Achse des Guten? Alles klar!


QuoteLeitstelleZossen 13.05.2020, 10:26 Uhr

Es ist schon sehr bezeichnend, wie Politik und gleichgeschaltete Medien diesen Bericht einer Bundesbehörde, der das völlige
Versagen der Verantwortlichen beschreibt, als rechte Hetze verunglimpfen und unter den Tisch fallen lassen wollen. Sehr lesenswert. Jede Kritik wird als Verschwörung bezeichnet. So weit sind wir in kurzer Zeit in diesem Land gekommen. Originalbericht ist in "Tichys Einblick" nachzulesen.


QuoteGenesis11 13.05.2020, 10:24 Uhr

Bei jeder Massnahme gegen eine Pandemie ist es immer das gleiche Muster: wird rechtzeitig gewarnt, geschlossen und Ausgangssperren verhängt wirken die Massnahmen und hinterher meint jeder sie seien überflüssig gewesen. Tut man erst einmal nichts, ist es bei Covid-19 wenn es offensichtlich wird zu spät um wirkungsvolle Massnahemn einzuleiten. ...


QuoteUndine 13.05.2020, 09:40 Uhr

Es muss dann doch eine Weltverschwörung - von wem auch immer - im Gange sein, wenn fast alle Länder Kontakt- und Ausgeh-Beschränkungen wegen der Corona-Pandemie verhängen, die meisten Länder wesentlich härtere als Deutschland, und ausgerechnet in Deutschland "aufgedeckt" wird, dass diese weltweit verhängten Beschränkungen unnötig waren und unerwünschte Nebenwirkungen auf die jeweiligen Volkswirtschaften haben.

Ich habe mir das verlinkte Strategiepapier des Innenministeriums durchgelesen und konnte darin nichts wirklich Verwerfliches entdecken, sondern hauptsächlich das, was ich aus verschiedenen Pressemeldungen schon wusste.

In einer Demokratie ist es halt schwieriger Leute dazu zu bringen, sich während einer Pandemie vernünftig zu verhalten, als in einer Diktatur.

In einer Diktatur werden Ausgeh- und Kontaktverbote verhängt und damit Basta. Regimekritiker werden eingesperrt und/oder umgebracht.

Die Grundfrage, die ich schon vor einiger Zeit stellte, bleibt also: Wie gefährlich ist diese weltweite Pandemie tatsächlich?

Wenn die Nachrichten, die uns aus den Hotspots dieser Welt ereilen, nicht alle gefälscht sind, dann rechtfertigen für mich die vielen Corona-Toten und die überlasteten Krankenhäuser weltweit diese Maßnahmen.

Wie schwer ein Krankheitsverlauf tatsächlich ist, kann kein Laie beurteilen. Das können nur diejenigen, die den Virus erforschen und diese Patienten behandeln müssen - und natürlich die Patienten, die Covid-19 trotz schwerem Verlauf überlebten.


QuoteWeberkarde 12.05.2020, 21:47 Uhr
Hier ist der inkrimierte Text [https://www.ichbinanderermeinung.de/Dokument93.pdf] des Whistleblowers und hier ist der Link [https://www.abgeordnetenwatch.de/blog/informationsfreiheit/das-interne-strategiepapier-des-innenministeriums-zur-corona-pandemie] zu dem Strategiepapier der Bundesregierung, veröffentlicht von Abgeordnetenwatch ...


QuoteUndine 12.05.2020, 21:30 Uhr

Ich verstehe nicht, dass der TAGESSPIEGEL diese "Abhandlung" nicht bespricht, wenn Tichys Einblick das kann.
Wenigstens erfährt man aus der ZEIT etwas mehr über diesen Vorfall: Warum ein Beamter ... den Aufstand wagt [https://www.zeit.de/politik/deutschland/2020-05/corona-pandemie-bekaempfung-massnahmen-innenministerium-verschwoerungstheorien-regierungsrat/komplettansicht]
Klingt danach, als hätte der gute Mann (Stephan K.) etwas zu viel Zeit auf rechten Webseiten verbracht.

...


Quoteberlin_jens 12.05.2020, 21:09 Uhr

hier gibt es das ganze Papier zum Download:
Download: https://www.achgut.com/images/uploads/afqktxhppam7qh5d/200508_Versendung_Bericht_an_Krisenstab_01.pdf

für die eigene Meinungsbildung.


QuotePat7 13.05.2020, 08:03 Uhr

Antwort auf den Beitrag von berlin_jens 12.05.2020, 21:09 Uhr
Dieser Typ ist kein Virologe. Kein Epidemiologe.

Er besitzt keine Qualifikation um die Pandemie zu beurteilen.

Hier wollte sich nur jemand wichtig machen,  sonst hätte er es nicht nötig gehabt,  den Briefkopf seines Dienstherren für seien kruden Thesen zu missbrauchen.


Quotehana13 13.05.2020, 09:59 Uhr
Antwort auf den Beitrag von Pat7 13.05.2020, 08:03 Uhr
Er ist ein Referent. Das sind Leute, die Infos und Daten aus Studien und Aussagen von Fachleuten zusammenstellen und eine Einschätzung des Gesamtbildes abgeben. Genau das ist ihr Job!

Zuarbeit, Zusammenstellung verfügbaren Materials oder auch Hinweis, welche Info für die Beurteilung fehlt (weil Daten noch nicht erhoben oder ausgewertet wurden) - halt Referat! - für die Entscheider, die dann auf höherer Ebene beschließen sollen.

Gar nicht so unähnlich übrigens einem Journalisten. Das Ergebnis von  Recherchen und Befragung von Fachleuten wird für ein Zielpublikum aufbereitet (und mit der eigenen Einschätzung garniert).
Unterschied: das Zielpublikum des hier kritisierten Dokumentes waren die Vorgesetzten im Ministerium oder andere Entscheidungsträger, nicht die Veröffentlichung in einer Zeitung. Was den Inhalt aber erst einmal weder richtiger noch verkehrter macht.
Kann man drüber streiten, ob ein Mitarbeiter in seiner Dienstzeit Angefertigtes, (auch) woanders nutzen/anbieten darf. Sehr unterschiedlich geregelt.

Das untersucht der Artikel aber gar nicht tiefergehend. Genaugenommen ist der Artikel nur ein Auskeilen gegen einen potentiellen Konkurrenten um die öffentliche Aufmerksamkeit. Der mehr (immerhin überhaupt?) recherchiert hat...


Quotebetroffener72378 12.05.2020, 21:05 Uhr

    Rechtspopulisten fühlen sich bestätigt.

Das ist wie wenn ein Rechter Youtuber einen anderen Rechten Youtuber interviewt.
Nach dem Interview fühlen sich beide bestätigt.


Quotejetbundle 12.05.2020, 20:46 Uhr
Es gibt übrigens aus dem Innenministerium ein ganz offizielles (VS-NfD) Strategiepapier. Das nennt sich "Wie wir COVID-19 unter Kontrolle bekommen" und ist im Internet zugänglich. ...


QuoteUndine 12.05.2020, 20:50 Uhr
Antwort auf den Beitrag von jetbundle 12.05.2020, 20:46 Uhr

Bitte verlinken!


Quotehansenhansen 12.05.2020, 21:09 Uhr
Antwort auf den Beitrag von Undine 12.05.2020, 20:50 Uhr

Wie wir COVID-19 unter Kontrolle bekommen: https://fragdenstaat.de/dokumente/4123-wie-wir-covid-19-unter-kontrolle-bekommen/


QuoteSusannaG 12.05.2020, 21:23 Uhr
Antwort auf den Beitrag von changnoi 12.05.2020, 20:52 Uhr
Ich habe das Dokument auf Abgeordnetenwatch gefunden:

https://www.abgeordnetenwatch.de/sites/default/files/media/documents/2020-04/bmi-corona-strategiepapier.pdf



QuoteMart12 12.05.2020, 19:56 Uhr
Gerade habe ich das Papier quergelesen. Wilde Thesen? Eine ziemlich ernstzunehmende Abhandlung. Entstanden auf der Basis von Expertenbefragungen. Klar rufen hier alle unkritischen Zeitgenossen: ,,Hat er Jehova gesagt?".... Ich finde des eher erschreckend, wie einseitig die Meinungsbildung auf Ebene der Bundesregierung war. Die Zuspitzung mir Fehlalarm ist vielleicht etwas darüber. Die Kollateralschäden im Gesundheitswesen sind aber jetzt schon dramatisch.... Von der Wirtschaft redet er ja gar nicht.....


QuoteIMklopapier 12.05.2020, 19:44 Uhr

Hätte hätte Fahrradkette.
Hinterher ist man immer schlauer.
Man muss kein Experte sein die ergriffenen Maßnahmen der Regierung als vielleicht überzogen sogar falsch zu erachten.
Und ja, man kann Vermutungen darüber anstellen welche gesundheitlichen Schäden darduch entstehen wenn eigentlich geplante Operationen um vielleicht 8/9 Wochen verschoben werden.
Fest steht, es werden und wurden zu jeder Zeit akkut nötige Operationen durchgeführt.
Auch im Pflegeberiech kam es zu Einschränkungen, gerade im häuslichen Bereich. Hier zu spekulieren ob daran Senioren früher sterben ist einfach nur billig.

Rückblickend hätte ich mir gewünscht die Regierung hätte massiv die Risikogruppen geschützt.
Aber ok, wenn China schon Anfang/Mitte Januar alle verfügbare Schutzausrüstung weltweit aufkauft und einen Exportstop darüber verhängt. Bleibt selbst Merkel keine andere Wahl als die Bürger wegzusperren. Ausrüstung zum Schutz der Risikogruppen gab es nicht.


Quotechelovek17 12.05.2020, 19:42 Uhr
Was passiert?

Ein Mitarbeiter eines Ministeriums veröffentlicht (aus welchem Antrieb auch immer) fachfremd und unauthorisiert seine Privatmeinung über einen dienstlichen Account - unter Verwendung des Briefkopfs der Dienstbehörde.

Und beweist damit einfach nur deutlich die eigene professionelle Überforderung - ggf. gar zum Schaden des Dienstherren.

Mehr nicht.

Ich bin ja auch für kritische Nachfragen.
Doch es scheint aktuell große Schnittmengen zwischen lauter Fundamentalkritik und narzisstischer Inkompetenz zu geben.

Wenn Johnson und Trump [ Eines unter zahlreichen Beispielen: https://www.sueddeutsche.de/kultur/sprache-trump-erfindet-afrikanisches-land-nambia-heiterkeit-in-namibia-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170921-99-148559 ] oder Kemmerich und Hildmann zu den 'Ikonen des wissenschaftlichen Widerstands' gehören, dann bin ich leider raus.


QuoteAndreas-1000 12.05.2020, 21:51 Uhr

Antwort auf den Beitrag von chelovek17 12.05.2020, 19:42 Uhr
Sie sollten mal die  Tichys Artikel lesen. Von wegen Fachfremd. Der Sekretär von Herren Seehofer hat sich geweigert das Papier weiterzugeben.


Quotedaydreamer 12.05.2020, 19:07 Uhr
Ich habe den Bericht und die Stellungnahme der beteiligten Fachleute gelesen und finde keinen Anhaltspunkt dafür, den Mann in die Verschwörerecke zu stellen. Im Gegenteil, der Mann macht seinen Job und handelt nach seinem Gewissen. Der Umgang mit Kritikern in den deutschen Leitmedien wird denselben mit Sicherheit noch um die Ohren fliegen.


QuoteSteuerzahlerin_2 12.05.2020, 18:46 Uhr
Früher hätten Medien das Papier inhaltlich kritisch diskutiert, im Jahr 2020 lautet die Kopfzeile "Stoff für Verschwörungstheoretiker". Jeder, der heute nicht permanent für die Regierung Beifall klatscht, gilt bestenfalls als Spinner, gerne auch als "rechts" und neuerdings als Verschwörungstheoretiker. Sehr, sehr traurig, aber leider wahr.


Quoteeio86 12.05.2020, 19:11 Uhr

Antwort auf den Beitrag von Steuerzahlerin_2 12.05.2020, 18:53 Uhr
Na gottlob gibt es ja noch Leute wie Sie, die gegen den Strom schwimmen und deshalb alles bemerken, was wir Schlafschafe einfach so übersehen: Dass eine Privatmeinung im Zweifelsfall mehr Gewicht hat als wissenschaftliche Studien.


QuoteLinksgruenversiffter-Gutmensch 12.05.2020, 19:39 Uhr

Wer sich dafür interessiert wie die Pandemie-Maßnahmen ausgewertet werden und warum die Empfehlungen nicht etwa leichtfertig beschlossen wurden, dem
kann ich diesen Artikel aus ,Nature' empfehlen (Übersetzung Spektrum.de):
https://www.spektrum.de/news/wessen-coronavirus-strategie-hat-am-besten-funktioniert/1733730


...

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Quote[...] Es ist ein Paradebeispiel für die aufgeheizte Stimmung in der Corona-Krise. Man könnte meinen, die Zweifler und Gegner des Regierungskurses von Kanzlerin Angela Merkel hätten nur auf Stephan Kohn gewartet. Bisher wusste selbst das Willy-Brandt-Haus nicht, dass das SPD-Mitglied im Referat ,,Schutz Kritischer Infrastrukturen" des Bundesinnenministeriums (BMI) tätig war.

Seit der Oberregierungsrat mit Briefkopf des Ministeriums die ,,interne Analyse KM 4" verfasst hat und diese verschickt hat, zirkuliert das 83-seitige Papier bundesweit. Es gilt als der ,,Beweis", dass die Regierung es mit den Maßnahmen völlig übertreibe, von den ,,BMI-Leaks" ist die Rede.

Kohn wird als Held und Whistleblower gefeiert, der die Wahrheit aufdecke.

Was dem Ganzen Glaubwürdigkeit verleihen soll: Für sein Papier hat er Forscher und Ärzte nach ihrer Einschätzungen zu den negativen Folgen der Corona-Maßnahmen angefragt. Seine Schlussfolgerung: ,,Gravierende Fehlleistungen des Krisenmanagements",  die Coronakrise erweise sich als ,,Fehlalarm". Der Schaden durch die Folgen werde weit größer sein als durch die Pandemie.

Doch schon Passagen wie ,,Der Staat hat sich in der Coronakrise als einer der größten fake-news-Produzenten erwiesen", zeugen davon, dass es sich kaum um ein offizielles Papier handeln kann.

Kohn hat die Wissenschaftler im Namen des BMI angefragt, aber eine Privatanalyse verfasst. Gleichwohl finden sich Fakten, die stimmen, aber das meiste ist vage und spekulativ, wie die tödlichen Folgen abgesagter Operationen, die Zunahme psychischer Krankheiten die Folgen der Isolation in Pflege- und Altenheimen, der mögliche Verlust an Lebenserwartung durch die gewaltige Rezession.

Am 8. Mai um 15:34 Uhr drückte der Oberregierungsrat des Bundesinnenministeriums in seinem E-Mail-Programm auf senden. Unter den Empfängern: Sein Vorgesetzter im Ministerium, der Corona-Krisenstab und das Kanzleramt. Auch alle Landesregierungen erhielten eine Kopie, wie die ,,Zeit" berichtet. Im Betreff der E-Mail stand: ,,Ergebnisse der internen Evaluation des Corona-Krisenmanagements". Das angehängte Dokument trug den Briefkopf des BMI, es wirkte also wie ein offizielles Schreiben.

Nach diesem bemerkenswerten Alleingang ist Kohn von seiner Tätigkeit entbunden worden; ihm droht ein Disziplinarverfahren.

Auf Anfrage des Tagesspiegel antwortet er nicht, schließlich meldet sich sein jüngerer Bruder telefonisch und betont, als Beamter wolle sich Stephan Kohn wegen des schwebenden Verfahrens vorerst nicht äußern. ,,Er hat gut zu tun", sagt der Bruder zum großen Echo.

Dieses rührt auch daher, dass ihm zehn Wissenschaftler und Ärzte in einem offenen Brief beisprangen, sie verteidigten seine Analyse und Schlussfolgerungen und machten dem Bundesinnenministerium schwere Vorwürfe. Es waren die zehn Personen, die Kohn als ,,hochrangige Experten/Wissenschaftler" in seinem Dokument nennt.

Die Kronzeugen für seine Aussagen also, die dem Konvolut einen wissenschaftlichen Anstrich geben sollen - und das besonders von rechtspopulistischen Kreisen nun ins Feld geführt wird. Doch keiner ist laut der Eigenbezeichnung in dem Brief im Bereich Virologie oder Epidemiologie tätig.

Der Charité-Virologe Christian Drosten kritisierte kürzlich, was er  zum Teil von ,,scheinbaren Fachleuten", höre, entbehre oft jeder Grundlage. Dadurch werde auch ,,wirklich gefährlichen Verschwörungstheoretikern" mit teils politischer Agenda der Rücken gestärkt.

Es ist nicht das erste Mal, dass Kohn auf eigene Faust versucht hat, Dinge zu verändern. Am 22. April 2018 sitzt er auf einer Treppe vor dem CongressCenter in Wiesbaden und versucht Unterschriften zu sammeln, um für den SPD-Vorsitz kandidieren zu können - und scheitert damit. Scharf kritisiert er damals die Willkommenskultur gegenüber Flüchtlingen, hier liegt ein Kontinuum zu vielen derer, die ihm auch heute bei der Corona-Kritik beipflichten.

,,Mit der herrschenden Migrationspolitik überfordern wir unsere Gesellschaft nicht nur, wir machen sie kaputt. Die Flüchtlingshilfe geht zu Lasten unserer Bürger und gerade auch zu Lasten unserer SPD-Klientel", schreibt Kohn  2018.  Er ist dem Ortsverein  Lichtenrade-Marienfelde   zugeordnet. Dessen Vorsitzender ist übrigens SPD-Vizechef Kevin Kühnert, der betont, Kohn  habe seinerzeit beim Versuch, für den Vorsitz zu kandidieren, von seinem Berliner Ortsverein eine Stimme bekommen: ,,seine eigene".

Der Fall zeigt exemplarisch, wie wichtig es für die politische Debatte sein wird, stärker auf Zweifel bei dem Umgang mit der Pandemie einzugehen, bei scharfer Abgrenzung von all jenen Kräften, die die Krise dazu nutzen wollen, das Fundament der Demokratie auszuhöhlen.

Für das Willy-Brandt-Haus ist der Fall doppelt unangenehm, da schon der frühere Bundestagsabgeordnete Wolfgang Wodarg bei Zweiflern und Verschwörungsanhängern hoch im Kurs steht - die Videos des Mediziners zur ,,Corona-Panik" wurden hunderttausendfach geteilt. Er hatte mit seiner Warnung vor Übertreibungen bei der Schweinegrippe recht, die er als ein Konjunkturprogramm für die Impfstoffindustrie sah.

Das verschafft ihm heute Gehör. Zum Fall Kohn will sich die SPD-Spitze nicht äußern. Eine Sprecherin betont aber,, man  trete Verschwörungstheorien energisch entgegen. ,,Wir distanzieren uns wie auch das Bundesinnenministerium von dieser fälschlicherweise im Namen des Ministeriums verbreiteten Privatmeinung."


Aus: "So reagiert die SPD auf die Irrfahrt des Stephan Kohn"  Georg Ismar, Benjamin Reuter  (14.05.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/autor-des-corona-papiers-im-bmi-so-reagiert-die-spd-auf-die-irrfahrt-des-stephan-kohn/25831928.html

Quotekostenrechner 09:00 Uhr
Allmählich habe ich den Eindruck, dass Kritik an der Regierung automatisch nur noch "Verschwörungstheorie" oder "Rechts" sein muss. Und dann hat der Mann in seiner Historie doch tatsächlich mal was gegen illegale Massenmigration gesagt. Schrecklich!


Quotejeffrowland 08:18 Uhr

Da eifert jemand Maaßen nach.


QuotePat7 14.05.2020, 22:15 Uhr
Antwort auf den Beitrag von Apostata 14.05.2020, 20:35 Uhr
Ich bin nicht überzeugt,  dass die Regierung in allem 100% richtig gehandelt hat und teile einige Befürchtungen dieses übereifrigen Beamten in Bezug auf die Kolateralsschäden.

Trotzdem fühle ich mich nicht in meinen Ansichten durch sein Machwerk bestätigt.

Meine Ansichten entsprechen meinen begrenzten Wissen und meinen Erfahrungen und sind eine private Meinung und ja auch ein Bauchgefühl.

Nichts anderes ist dieses Schreiben dieses Beamten. Nur eine Reihe von Annahmen und Vermutungen von denen erst die Zeit zeigen wird ob sie richtig sind.

Schon die Vorgehensweise,  den genannten Experten nur Auszüge seines Pamphlets zukommen zu lassen zeigt die unwissenschaftliche Vorgehensweise.

Er bringt keinen einzigen Beleg.

Und seine Thesen zur Einwanderung waren auch falsch. Obwohl ich auf Sozialhilfe Niveau lebe,  habe ich keine Nachteile durch die Aufnahme der Migranten.

Keine Sozialleistungen werden deswegen gekürzt,  keine medizinischen Leistungen,  von denen ich in den letzten beiden Jahren mehrmals wöchentlich Gebrauch machen musste.

Migranten übernehmen wichtige Jobs. In der Pflege, in medizinischen Einrichtungen und anderen gerade jetzt wichtigen und systemrelevanten Berufen.

Meiner Meinung nach ist dieser Beamte ein profilierungssüchtiger Typ,  der sich für oberschlau und alle anderen für dumm hält. Und weil er der Meinung ist,  diese Welt mit seinen Thesen beglücken zu müssen,  betrog er seinen Dienstherren und nutze seine Position für seinen privaten Feldzug.

Ich hätte mir gewünscht,  dass der sauber arbeitet mit wissenschaftlichen und nachprüfbaren Begründungen. So hat der auch all jene diskreditiert,  die ebenfalls Bedenken wegen der Massivität der Maßnahmen haben.

Jetzt wird der von Verschwörungstheoretikern und Corona Leugnern gefeiert und eine rechte Dreckschleuder schlachtet den Bericht aus. Alleine die Tatsache,  dass das Papier den Briefkopf des Ministeriums trägt, reicht solchen Leuten als Beleg,  dass das amtlich ist. Gut in den Foren zu sehen. Jeder der jetzt noch Zweifel äußert,  wird nun mit denen in einen Topf geworfen.


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Quote[...] Mitte April verwickelte mich ein guter Bekannter auf der Straße in ein Gespräch über die Corona-Krise. Er sei sich noch nie so im Unklaren gewesen wie jetzt. Ich nickte, ich konnte das nachvollziehen. Dann aber sagte er: "Ich verstehe halt nicht, warum sie dafür die Wirtschaftskrise in Kauf nehmen." Ich fragte ihn, wen er mit "sie" meint, aber er lächelte nur geheimnisvoll. Am nächsten Tag hielt mir auf der Straße eine bürgerlich aussehende Frau mit Kinderwagen unaufgefordert einen Vortrag über die Pläne der Impfmafia. Als ich einem Freund am Telefon davon erzählte, wurde er plötzlich sehr aufgeregt: Er werde eher sterben, als sich zwangsimpfen zu lassen. Seitdem sehe ich von ihm auf Facebook täglich mindestens ein sehr langes Posting zum skandalösen Irrsinn der Corona-Panik.

Solche Begegnungen erleben gerade viele Menschen. Manche äußern sich genervt, herablassend oder besorgt über "Aluhutträger". Mehr denn je scheint sich das Land in die Vernünftigen und die Spinner zu spalten. Aber ist es so einfach? Stimmen die gängigen Annahmen über sogenannte Verschwörungstheoretiker? Oder machen es sich auch vermeintliche Stimmen der Vernunft oft zu einfach?

Dem Namen nach sind Verschwörungstheorien einfach Theorien über Verschwörungen. Entsprechende Vermutungen müssen keineswegs falsch sein. Es gibt ja durchaus geheime Machenschaften von Gruppen, die sich gegen das Gemeinwohl richten. Drogenkartelle etwa könnten keine Geschäfte machen, gäbe es nicht bis weit in die vermeintlich ehrbare Gesellschaft hinein Menschen, die deren kriminelles Tun decken, befördern, ermöglichen würden; schmutziges Geld zum Beispiel gelangt nicht von selbst gewaschen in den regulären Geldkreislauf. Hinter Watergate, dem bis heute größten Politskandal in der Geschichte der USA, verbargen sich klandestine Aktivitäten hochrangiger Mitarbeiter des Weißen Hauses und der Wiederwahlkampagne des damaligen Präsidenten Richard Nixon – es handelte sich im Kern eindeutig um eine Verschwörung. Aktuell deuten Ermittlungen gegen mögliche rechtsextreme Netzwerke etwa in der Bundeswehr an, dort könnten Menschen in verschwörerischer Absicht zumindest von der Bildung einer Untergrundarmee fantasiert haben.

Die Existenz von Verschwörungen von vornherein auszuschließen, wäre demnach naiv. Ein misstrauisches Hinterfragen von Autoritäten, Experten und Regierungsplänen ist stets sinnvoll. Würde keine Kritik mehr geäußert, stünde es um die Demokratie schlecht.

Doch wenn sich das Hinterfragen selbst nicht mehr hinterfragt und Annahmen über dunkle Machenschaften als Wahrheiten gesetzt werden, verwandelt sich Spekulation in Glauben. Im Englischen ist der Begriff conspiracy belief längst etabliert. Im Deutschen klingt das Wort "Verschwörungsglauben" noch etwas ungewohnt, beschreibt aber die Haltung vieler Menschen, die solche Ansichten vertreten, besser als die Zuschreibung "Verschwörungstheoretiker". Denn diese Menschen stellen in der Regel keine widerlegbaren Theorien auf, sondern kultivieren Glaubensinhalte. Anders als die Zeugen Jehovas früher klingeln sie heute oft nicht einmal vorher an der Tür und fragen, ob sie mit einem über die geheimen Strippenzieher sprechen dürfen. Sie verbreiten ihren Glauben massenhaft über soziale Medien, auf Twitter, Instagram und Facebook, in Messenger-Chats auf WhatsApp und Telegram.

In meinem Studium der Vergleichenden Religionswissenschaft spielte teilnehmende Beobachtung eine ebenso wichtige Rolle wie das möglichst vorurteilsfreie Erforschen verschiedener Glaubenssysteme. Wir sprachen mit Mormonen und Anthroposophen, besuchten Evangelikale und Scientologen. Mein Professor brachte mir bei, die Gläubigen nicht allein als Objekte und mich selbst nicht ausschließlich als Subjekt zu betrachten. Eine solche Abspaltung wirke zwar oft besonders wissenschaftlich, sie würde aber die Subjektivität meiner Beobachtung nur verstärken, so mein Professor. Ich solle nicht so tun, als ob ich nicht selbst auch einen persönlich gefärbten Blick auf die Welt hätte, gespeist aus Überzeugungen, Vorurteilen, Ängsten, Wünschen und Glaubensvorstellungen. Diese solle ich mir vor jeder Beobachtung und Beschreibung bewusst machen. Letztlich verlangte dieser Professor nicht weniger als eine immer wieder durchgeführte Selbstreflexion der Forschenden. 

Wende ich diese Methode auf meine Betrachtung von Verschwörungsgläubigen in meinem Umfeld an, hilft mir das, einen Schritt zur Seite zu treten. Ich kann meine Wut auf meinen Freund im Ausland betrachten und dahinter meine eigenen Ohnmachtsgefühle und Ängste wahrnehmen.

Ich fühle mich ohnmächtig, weil seine angeblichen Fragen ("Es wurden also kaum 5G-Masten während des Lockdowns installiert?") tatsächlich auf Gerüchte zurückgreifen, die sich leicht streuen und nur mühsam widerlegen lassen. Ich bin in diesem Austausch auf eine Statistenrolle in einem Schauspiel festgelegt. Was ich auch sage, bietet nur die Bühne für die Selbstinszenierung meines Gegenübers, gerade wenn ich durch Widerspruch seine Besonderheit unterstreiche. Will ich das nicht mitmachen, bleibt mir nur der Kontaktabbruch.

Angst fühle ich, weil mir die Übereinstimmung über grundsätzliche Fragen zwischen Menschen so brüchig erscheint. Außerdem rührt das fundamentale Misstrauen meines Freundes an die eigene Unsicherheit: Was, wenn wirklich nichts so ist, wie es scheint? Kann ich den Experten trauen? Glaube ich denn nicht auch bloß? Was weiß ich wirklich? Was lässt sich überhaupt zweifelsfrei wissen?

Ich beruhige mich, indem ich mir klarmache: Ich muss nicht wissen, was im Kopf von Bill Gates vorgeht, schließlich verbreite ich im Gegensatz zu manchen Verschwörungsgläubigen keine Gerüchte über ihn. Die Beweispflicht liegt beim Ankläger. Sind dessen Argumente Fehlschlüsse oder seine angeblichen Beweise unbelegte oder generell nicht belegbare Annahmen, gibt es keinen Grund, ihnen Glauben zu schenken.

Dennoch bleibt eine Restunsicherheit: Auch wenn Logik, Beweisbarkeit und andere wissenschaftliche Standards die vernünftigsten, weil sinnvollsten Instrumente zur Wissenssicherung sind – es bleibt ein Abgrund aus Nichtwissen. Und die Suche nach dem Fundament der Logik wie unserer gesamten Existenz endet in Widersprüchen, wie Mathematiker wie Bertrand Russel oder Georg Cantor in der Formulierung von Paradoxien feststellen mussten. Auf diese Restunsicherheit können Menschen vertrauensvoll reagieren und sich grundlos getragen fühlen. Sie können davon aber auch tief verstört sein und den Kosmos als unheimlich wahrnehmen.

Ob man ein Urvertrauen besitzt oder nicht, sucht man sich nicht aus. Massiver Vertrauensmissbrauch in der Kindheit etwa kann ein grundlegendes Ohnmachtsgefühl hinterlassen, das später durch neuen Missbrauch oder krisenhafte Zustände reaktiviert wird. Bietet ein Verschwörungsglaube also stark verunsicherten Menschen Entlastung, weil so die eigene Verunsicherung ohne psychologische Innenschau erklärbar wird? So naheliegend diese Frage auch sein mag, dazu gibt es keine eindeutige Studienlage.

Tatsächlich ist der Glaube an Verschwörungstheorien nicht so gründlich erforscht, wie man es bei einem Phänomen erwarten würde, das uns heute derart relevant erscheint. Die Sozialpsychologen Viren Swami und Rebecca Coles verwiesen im Jahr 2010 in einer Forschungsstand-Übersicht auf ganz verschiedene Erklärungsansätze für den Glauben an Verschwörungstheorien. Als Motivation steht mal der Umgang mit Hilf- und Machtlosigkeit im Fokus, mal das Unterstreichen der Individualität, mal der erzählerische Ausdruck negativer Gefühle, mal eine Form des Krisenmanagements oder das Stärken des Selbstwertgefühls.

Den typischen Verschwörungsgläubigen gibt es offenbar nicht und mögliche Faktoren wie Bildungsstand, Medienkompetenz oder Geschlecht sind in ihrem Einfluss nicht so eindeutig belegt, dass man Kausalitäten daraus ableiten könnte. Es sei denn, man pickt sich jeweils die Studie heraus, die der eigenen Sichtweise am ehesten entspricht.

Allerdings weist eine Studienreihe renommierter Forscher darauf hin, dass eine verstärkte Schulung analytischen Denkens den Glauben an Verschwörungstheorien reduziert. Laut einer aktuellen Studie der Western Sydney University glauben Menschen mit einer schizotypischen Persönlichkeitsstörung sowie primäre Psychopathen und Menschen mit dem Persönlichkeitsmerkmal des Machiavellismus signifikant öfter als andere an Verschwörungstheorien. Das umfasst grob zusammengefasst Menschen, die sehr eigensinnig, affektarm, unangepasst, arm an Freundschaften und ideologisch ungebunden beziehungsweise offen für magisches Denken sein können. Auch können während einer Psychose oder einer akuten schizophrenen Phase Verschwörungsgedanken massive Ausmaße annehmen. Das heißt aber keineswegs im Umkehrschluss, dass Verschwörungstheoretiker automatisch schizoid oder psychotisch sind.

Maximal drei Prozent der Bevölkerung werden im Laufe ihres Lebens als schizotypisch klassifiziert. Deutlich mehr Menschen glauben an Verschwörungstheorien. So sind beispielsweise laut einer aktuellen Umfrage des Pew-Forschungszentrums 29 Prozent der US-Bevölkerung davon überzeugt, dass Covid-19 im Labor gezüchtet wurde. Und in der 2019 veröffentlichten Ausgabe der Mitte-Studie der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung gaben knapp 46 Prozent der Befragten an, es gäbe geheime Organisationen, die Einfluss auf politische Entscheidungen haben. Auch in Deutschland also gäbe es eine breite Basis für Verschwörungsglauben.

Ist diese Bereitschaft nur verblüffend oder schon beunruhigend? Es ist jedenfalls kein reines Zeitphänomen: Der Psychologe und Wissenschaftsjournalist Rob Brotherton argumentiert in seinem 2015 erschienen Buch Suspicious Minds, dass das menschliche Gehirn generell zum Misstrauen und zu den für Verschwörungsglauben typischen verkürzten Annahmen tendiert. Brotherton sieht darin vor allem einen evolutionären Vorteil.

Der deutsche Historiker Dieter Groh definierte in einem Beitrag für den bereits 1987 erschienen Band Changing Conceptions of Conspiracy eine Verschwörungstheorie als einen Erklärungsversuch dafür, warum guten Menschen Böses zustößt. Solche Geschichten haben für jeden etwas Tröstliches. Denn wenn das Übel der Welt menschengemacht ist, kann es letztlich verhindert werden. Gleichzeitig entlastet ein Verschwörungsglaube von der eigenen Verantwortung: Bestimmen Superschurken die Geschicke, trage ich keine Schuld an dem Zustand der Welt, dem meines Umfeldes und letztlich meines eigenen Lebens. Das Christentum, so kann man es auch betrachten, kultivierte schon vor Jahrhunderten den Glauben an einen Mega-Verschwörer: Hinter allem Übel steckt letztlich der Teufel. Der stellt die dunkle Seite der "guten Mächte" dar, von denen der Theologe Dietrich Bonhoeffer schrieb, dass man "wunderbar geborgen" in ihnen sein könne. Auch das Böse aber kann Geborgenheit schaffen.

Der psychologische Entlastungsnutzen von Verschwörungsglauben scheint allerdings einen Haken zu haben: Laut der britischen Sozialpsychologin Karen M. Douglas bedienen Verschwörungstheorien zwar dringende Bedürfnisse, befriedigen sie aber nicht auf Dauer. Wie bei einer Sucht wird das, was bezwungen werden soll – vor allem Ohnmachtsgefühle – langfristig verstärkt.

Misstrauen wächst, wenn man es kultiviert. Die wachsende Skepsis gegenüber allem gesellschaftlich vermittelten Wissen verstärkt wiederum die eigene Unsicherheit und entfremdet einen von vielen Menschen. Ist das ein Preis, den viele Verschwörungsgläubige möglicherweise in Kauf nehmen, um besonders zu sein? Zumindest hat der Sozialpsychologe Roland Imhoff mit seinem Team in einer Studienreihe nachweisen können, dass Verschwörungsgläubige sich als außergewöhnliche Individuen erleben wollen. Je mehr Widerspruch sie erfahren, desto mehr bestärkt es sie in ihrem Gefühl der Einzigartigkeit. Ausgrenzung wird zur Auszeichnung umgedeutet.

Dabei erfinden Verschwörungsgläubige gar keine originellen Privatansichten, sondern greifen auf längst vertraute, stark an Gefühle appellierende Gerüchte über dunkle Machenschaften zurück. Da es sich dabei in der Regel um Sündenbock-Erzählungen handelt, in denen eine Minderheit für die Leiden der Mehrheit verantwortlich gemacht wird, lassen sich diese Gerüchte politisch instrumentalisieren. Gerade wenn sie von Experten, Autoritäten und Herrschenden mitverbreitet werden, können Sündenbock-Gerüchte Gewalt begründen und oft erst ermöglichen.

Ohne Verschwörungsglauben wären der Holocaust, die "Säuberungen" und Judenverfolgungen unter Stalin, der Völkermord an den Armeniern oder die Ermordung von "Hexen" in der frühen Neuzeit nicht möglich gewesen. Heutzutage instrumentalisieren rechtspopulistische Parteien vor allem den Verschwörungsglauben an eine angebliche "Umvolkung", die vermeintlich korrupte "Eliten" organisieren: Die Fremden, die Schutz und Auskommen suchen in einem anderen Land, werden in diesem Szenario zu ferngesteuerten Agenten eines großen Plans, den nur Verschwörungsgläubige durchschauen (und die Planer selbst natürlich). Auch in einer verkürzten Kapitalismuskritik, die in verschiedenen politischen Lagern verbreitet ist, findet sich mindestens eine Beimischung von Verschwörungsglauben: Kriege, Hunger und Armut gehen in dieser Sichtweise auf eine mehr oder minder abgestimmte Verschwörung alter weißer Männer zurück – das eine Prozent der Reichen, Machthaber, Lobbyisten, Zocker und Konzernbosse profitiert bewusst von dem Elend. Die Bösen sind immer die anderen.

Kein Zweifel: Verschwörungsgläubige können durch missionierende Übergriffigkeit, aggressive Opferinszenierung ("Man will meinesgleichen mundtot machen!"), Abwehr von Argumenten und zirkuläre Logik ("Natürlich steckt Gates hinter Corona, er profitiert ja davon!") massiv nerven. Aktuell machen "Hygiene-Demos" und "demokratischer Widerstand" auch vielen Menschen Angst: Während einer Pandemie wird besonders deutlich, dass man vom vernünftigen Verhalten anderer abhängig ist; trotz aller Bemühungen, die Kapazitäten der Krankenhäuser auszubauen, ist die Zahl der Intensivbetten im Notfall endlich. Umso mehr ärgert man sich mutmaßlich über Leute wie Ken Jebsen oder Eva Herman, die aus Verschwörungsglauben ein Geschäftsmodell gemacht haben. Dennoch wäre es eine massive Verkürzung, alle Verschwörungsgläubigen, Selbstinszenierer, rechtsextreme Umsturzfantasten und Menschen, die ungelenk Zweifel oder Überforderung anmelden, in einen Topf zu werfen.

Auch könnte man den Verschwörungsgläubigen in gewisser Weise sogar dankbar sein: Ihre Äußerungen fordern dazu auf, den eigenen Wissenschafts- und Autoritätsglauben zu begründen oder bescheidener zu formulieren. Die Konfrontation mit ihren Glaubensinhalten – und seien sie noch so wirr – kann zu einer Reflexion über die eigene Position führen, zur Selbstbefragung: Wie wird Wissen vermittelt, wie groß ist der Wert des Vertrauens angesichts des Abgrunds aus Nichtwissen, Ungewissheit und vorläufigem Kenntnisstand, der sich auftut durch das Infektionsgeschehen einer Pandemie und ein noch kaum erforschtes, weil neues Virus?

Und wäre es nicht noch gruseliger, wenn es keine Proteste und keine Skepsis gegen tief ins Privatleben eingreifende Regierungsmaßnahmen gäbe, zumal die große Mehrheit der Menschen die Datenlage dahinter objektiv nicht beurteilen kann? So abstoßend man das Gebaren vieler Verschwörungsgläubiger finden kann – Forderungen nach geschlossenen Reihen und einem unwidersprochenen Glauben an Autoritäten und Experten wären in einer offenen Gesellschaft kaum sympathischer.


In einer ironischen Volte werden die Verschwörungsgläubigen aktuell zum Sündenbock in der Corona-Krise. Unterstellt man ihnen etwa wegen ihrer Teilnahme an Demonstrationen, sie könnten dadurch für einen möglichen Anstieg der Infektionsrate verantwortlich werden, entlastet das nur die Mehrheit von den Auswirkungen ihres eigenen, potenziell nachlässigen Verhaltens. Die zentrale Frage der nächsten Monate lautet mit großer Wahrscheinlichkeit nicht: Wie bescheuert sind eigentlich diese Aluhutträger? Sondern vielmehr: Wie vertrauenswürdig, ehrlich, gewaltfrei und ernsthaft solidarisch wird sich der angeblich aufgeklärte Rest verhalten?


Aus: "Glaube an Verschwörungstheorien: Von bösen Mächten wunderbar geborgen" Ein Essay von Anselm Neft (13. Mai 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/2020-05/glaube-an-verschwoerungstheorien-coronavirus/komplettansicht

Quote123Valentino #8

Behandeln wir die Verschwörungsmythen genauso kritisch wie religiöse Mythen.


QuoteHeinrich Reisen #11

Spannender Artikel der einiges anspricht was ich erlebe und nachvollziehen kann..

"Allerdings weist eine Studienreihe renommierter Forscher darauf hin, dass eine verstärkte Schulung analytischen Denkens den Glauben an Verschwörungstheorien reduziert."

Einen höheren Grad der Ausbildung garantiert nicht das man weniger anfällig ist für Verschwörungstheorien, aber es macht es leichter analytisch zu denken und logische Schlüsse zu ziehen.
Früher gab es für die Erklärung des unerklärlichen immer einen Weg - der Religion, je schlimmer die Bedrohung desto fanatischer die Religion - das ist immer noch nicht ausgestorben.


QuoteSchreiberwild #24

Sehr gute Analyse. Das Phänomen hat mit Wahn etwas zu tun (unerschütterliche Überzeugung, eigene, oft bizarre Logik, realitätsfern) aber auch mit Vertrauen/Misstrauen in Institionen, Politik,
Medien, gesellschaftliche Strukturen. Bin gespannt wie wir als Gesellschaft damit umgehen werden.


...

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Quote[...] Der "Staatsepidemologe" Anders Tegnell glaubt an die Herdenimmunität, eine langsame Durchinfizierung des gesunden Teils der Bevölkerung, die so gesteuert ist, dass die Krankenhäuser nicht überlastet werden.

Allgemein sparte der schwedische Staat deutlich in der Fürsorge für alte Menschen, setzte auf Privatisierung; das Land ist längst nicht mehr der Wohlfahrtsstaat wie in den Siebziger Jahren. So wurden innerhalb von zwanzig Jahren dreißig Prozent der kommunalen Altersheime abgeschafft, die Menschen, die eingeliefert werden, sind darum weitaus gebrechlicher und kränker.

Zudem war das Gesundheitsamt nicht in der Lage, die Pflegekräfte zu testen und mit Schutzausrüstung zu versorgen. Auch sind die Pfleger zu einem großen Teil schlecht bezahlte Migranten, die in beengten Verhältnissen wohnen, wo sich das Virus rasch ausbreiten kann. Oft lassen diese sich nicht krankschreiben, da sie auf den Lohn angewiesen sind.

Alte Menschen werden auch in kommunale Altersheime eingewiesen, in denen Covid-19-Fälle gemeldet wurden. Im schwedischen Gesundheitsamt, dessen Vertreter tagtäglich eine Pressekonferenz zur Corona-Lage abhalten, zeigte man sich über die Ausmaße der Covid-19 Fälle in den Altenheimen überrascht.

... Als Beobachter hat man durchaus den Eindruck, dass sich die expertenhörige Politik hinter dem Gesundheitsamt klein macht. Zumeist wiederholt Löfven die Empfehlungen der Mediziner, deren tägliche Pressekonferenzen um 14 Uhr große Aufmerksamkeit erfahren.

Bislang kam die Symbiose aus Regierung und Gesundheitsamt gut in der Bevölkerung an. So ist das Vertrauen nach Umfragen in das Gesundheitsamt von März bis April von 50 Prozent auf 71 Prozent gestiegen, das der Regierung von 34 auf 53 Prozent. Wer mag da Unruhe hineinbringen?

Vielleicht die WHO. Dort wurde Schweden Anfang Mai noch gelobt. Direktor Mike Ryan, zuständig für Notstände und Katastrophen, begrüßte, dass das Land nicht allein via Verbote versucht, die Epidemie einzudämmen, sondern auch auf die Einsicht der Bürger setzt. Von dem Land könne man lernen, wie man aus dem Lockdown herauskomme.

Doch diese Woche hat die Weltgesundheitsorganisation keine guten Nachrichten für Schweden und warnte, dass man die Lösung durch Herdenimmunität nicht zu hoch einschätzen sollte. Nach jüngsten Studien seien weniger Antikörper in der Bevölkerung der, als vorige Studien dies publizierten. Überdies solle man diesen Begriff für menschliche Infektionen vermeiden, da er zu einer "brutalen Arithmetik" führen kann, Menschen seien keine Herden.

Ob dies eine Reaktion auf die Thesen des Stockholmer Mathematikers Tom Britton war? Dieser erklärte letzte Woche, die "Herdenimmunität könne schon bei 40 bis 45 Prozent der Infizierten erreicht werden, anstatt wie man bislang glaubte bei 60 Prozent". Und das bei einer Reproduktionszahl von 2,5. Tegnell glaubt, auf dieser Zahlenbasis voraussagen zu können, dass Stockholm schon im Juni eine Herdenimmunität erreichen könnte, bei der aber weiterhin Vorsichtsmaßnahmen zu gelten haben.

Die R-Zahl für Schweden wurde schon seit Ende April auf unter eins geschätzt, eine R-Zahl für Stockholm gibt es (offiziell) nicht. (Jens Mattern)


Aus: "Schwedischer Sonderweg - Alte bleiben auf der Strecke" Jens Mattern (13. Mai 2020)
Quelle: https://www.heise.de/tp/features/Schwedischer-Sonderweg-Alte-bleiben-auf-der-Strecke-4720754.html

Quotetiferet, 13.05.2020 20:15

Sweden forced to admit significant under-counting of coronavirus deaths

The discrepancy is due to the Public Health Agency's policy of only counting deaths following a positive COVID-19 test confirmed by a laboratory. However, the National Board of Health and Welfare noted that as of 21 April, only 82 percent of the deaths it linked to coronavirus had a positive lab test. Assuming that this difference has persisted over the last week, there would have been approximately 400 more deaths from the virus than the 2,462 officially recorded yesterday by the Public Health Agency.


https://www.wsws.org/en/articles/2020/04/30/swed-a30.html

Dasselbe Spiel im UK wo man nur auf den Seiten des ONS die wahren Todeszahlen nachlesen kann ...


QuoteRalphIIIHarzIV, 13.05.2020 19:43

Ich finde es putzig, daß Schweden so ein Reizthema ist, schaut Euch mal die Übersterblichkeit von Schweden im Vergleich zu den anderen Ländern an:

Grafik: http://com.ft.imagepublish.upp-prod-eu.s3.amazonaws.com/bc5bdfe6-945a-11ea-af4b-499244625ac4?fit=scale-down&quality=highest&source=next&width=1260

( Quelle: http://www.ft.com/coronavirus-latest )

Sorry, ich kann da beim besten Willen am schwedischen Corona-Peak keinen deutlichen Unterschied zu den anderen betroffenen Ländern erkennen?

Ihr?

Wenn ja, bitte erklären!

Ich hätte als Premierminister (oder Kanzler) auch nicht den schwedischen Weg eingeschlagen! Das hätte man einfach nicht so eiskalt durchziehen können.

Aber an den Zahlen sieht man leider jetzt im Nachhinein auch nicht, daß sie völlig falsch gelegen haben ... wer doch der Meinung ist, der möge das bitte belegen!

PS:

Das Problem in Schweden sind die Altenheime. Die werden während Corona natürlich zu Seuchenstationen! Menschen werden da auf engstem Raum gehalten ... aber das sind sie in allen anderen Ländern auch, wo die Alten in Heime abgeschoben werden.

Das war in Spanien so, in Nord-Italien und in New York City.

Das ist aber kein speziell schwedisches Problem und es ist etwas unsachlich, das jetzt auf die schwedische Strategie zu schieben.

Wer anderer Meinung ist, möge das bitte belegen!

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (13.05.2020 20:31).


QuoteDonJohn, 13.05.2020 17:20

Schuld ist nicht der "Sonderweg"

Es ist nicht der "schwedische Sonderweg", der die Opfer in den Alters- und Pflegeheimen fordert, sondern völlig unzureichend ausgerüstete Alters- und Pflegeheime.
Die Alten sterben ja nicht, weil die Schulen und Kneipen geöffnet sind, sondern weil es in den Heimen kein qualifiziertes Personal und keine ausreichende medizinische und Schutzausrüstung gibt.

30% der kommunalen Pflegeheime zu schließen und die Belegschaft in den restlichen durch Billigpersonal aus Flüchtlingsheimen zu ersetzen, hätte auch bei einer militärisch abgesicherten Total-Quarantäne der kompletten Bevölkerung nichts an den Verhältnissen in den Heimen geändert.


...

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Quote[...] Die Coronavirus-Pandemie macht dem US-Arbeitsmarkt weiter schwer zu schaffen: Seit der Zuspitzung der Krise Mitte März haben in den Vereinigten Staaten mehr als 36 Millionen Menschen ihren Job verloren. In der Woche bis zum 9. Mai stellten knapp drei Millionen Menschen einen Erstantrag auf Arbeitslosenhilfe, wie das US-Arbeitsministerium am Donnerstag mitteilte. In den sieben Wochen zuvor hatten bereits mehr als 33 Millionen Menschen solche Hilfe beantragt - so viele wie nie zuvor in derart kurzer Zeit.

Vor der Corona-Krise hatten die Erstanträge in der größten Volkswirtschaft der Welt zuletzt meist unter 100.000 pro Woche gelegen. Die Anträge gelten als verlässlicher Indikator für die kurzfristige Entwicklung des US-Arbeitsmarkts.

Die US-Arbeitslosenquote lag im April bei 14,7 Prozent. Wegen Fehlern bei der Erhebung der Daten warnte die zuständige Behörde jedoch, dass die Quote bereits bei etwa 20 Prozent liegen dürfte. Es handelt sich um die dramatischste Lage am Arbeitsmarkt seit dem Zweiten Weltkrieg. Vor der Zuspitzung der Corona-Pandemie in den USA hatte die Arbeitslosenquote noch bei extrem niedrigen 3,5 Prozent gelegen.

Infolge der Pandemie hatten die meisten US-Bundesstaaten strikte Ausgangsbeschränkungen verhängt, weswegen viele Geschäfte, Fabriken und Restaurants schließen mussten. Seit Anfang des Monats lockern viele Bundesstaaten die Auflagen wieder - obwohl die Pandemie in vielen Landesteilen noch längst nicht unter Kontrolle scheint und Experten daher eindringlich vor übereilten Schritten warnen. Auf den Arbeitsmarkt dürften sich die Lockerungen aber positiv auswirken.

US-Präsident Donald Trump sagte in einem am Donnerstag ausgestrahlten Interview mit dem Sender Fox Business mit Blick auf die Bundesstaaten: ,,Ich will, dass sie wieder öffnen, wenn sie können, wenn sie wollen." Das Land müsse wieder an die Arbeit gehen. Erneut versprach er eine baldige Erholung der Wirtschaft. ,,Es wird schnell gehen." Die verlorenen Jobs kämen zurück, versicherte er. Dem Land stehe wirtschaftlich ein großartiges nächstes Jahr bevor. Erneut brachte Trump auch mögliche Lohnsteuererleichterungen ins Spiel, um die Wirtschaft anzukurbeln. Details nannte er jedoch nicht.

Trump-Berater Anthony Fauci hat dagegen vor zu frühen Lockerungen gewarnt. Er fürchte dadurch ,,unnötiges Leid und Tod", sagte der Virologe.

Regierung und Kongress haben angesichts der Krise seit Ende März gewaltige Konjunkturpakete auf den Weg gebracht, um rund 2,7 Billionen US-Dollar in die leidende Wirtschaft zu pumpen. Die Demokraten im Repräsentantenhaus wollen diese Woche noch ein weiteres Konjunkturpaket in Höhe von rund 3 Billionen Dollar auf den Weg bringen. Dessen Umsetzung scheint jedoch nicht wahrscheinlich, weil sich die republikanische Mehrheit im Senat dagegen aussprach. Auch Trump sagte am Donnerstag, der Vorschlag der Demokraten habe keinerlei Chance.

Trumps Wirtschaftsberater Larry Kudlow hatte vor einigen Tagen gesagt, die Regierung wolle vor einer Entscheidung über mögliche weitere Konjunkturhilfen zunächst abwarten, welche Wirkungen die bisherigen Hilfen zeigten.

Bis Februar hatte die US-Konjunktur noch gebrummt, an der Börse wurden Höchststände gemeldet, und Experten rechneten mit einem Wirtschaftswachstum von gut zwei Prozent. Doch die rasante Ausbreitung des Coronavirus seit Anfang März machte die guten Konjunkturaussichten zunichte - nun steuern die USA wegen der Corona-Krise auf eine tiefe Rezession zu. Das kommt für Trump höchst ungelegen: Er bewirbt sich bei der Präsidentschaftswahl im November um eine zweite Amtszeit.

Der Präsident sagte dazu, niemand mache ihm den coronabedingten Wirtschaftseinbruch zum Vorwurf. Er habe das Land bereits ein Mal zu großer wirtschaftlicher Stärke geführt. Dies könne er wieder tun.

Der Anstieg der Arbeitslosigkeit führt aber auch an anderer Stelle zu großen Problemen: Einer Studie der Kaiser Family Foundation zufolge könnten in den USA fast 27 Millionen Menschen ihre Krankenversicherung verlieren, weil die meisten Menschen dort über den Arbeitgeber krankenversichert seien. Wer seinen Job verliert, kann es sich oft nicht leisten, die Police für sich und mitversicherte Familienangehörige privat weiter zu bezahlen.

Die Autoren der am Mittwoch (Ortszeit) veröffentlichten Studie gehen zwar davon aus, dass rund 21 Millionen Menschen nach dem Verlust der Versicherung des Arbeitgebers auf staatliche Hilfe hoffen können, darunter auch rund 6 Millionen mitversicherte Kinder. Wegen bürokratischer Hürden oder ungenügender Subventionen dürften viele aber trotzdem mitten in der Pandemie ohne Versicherungsschutz bleiben, hieß es. Zudem hätten rund 6 Millionen Menschen gar keinen Anspruch auf Hilfen.

Die USA sind praktisch das einzige entwickelte Industrieland ohne eine allgemeine staatliche Krankenversicherung. Selbst vor der Corona-Krise hatten rund 28 Millionen Menschen - fast jeder Zehnte im Land - keine Krankenversicherung. (dpa)


Aus: "Mehr als 36 Millionen Amerikaner haben ihren Job verloren" (14.05.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/corona-pandemie-in-den-usa-mehr-als-36-millionen-amerikaner-haben-ihren-job-verloren/25830858.html

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Quoteʜᴀᴘᴘʏ ʜɪᴘᴘᴏᴋʀᴀᴛᴇs @happokrates

Früher habe ich häufiger die Frage gestellt, wie ich als Arzt mit Freunden umgehen soll, die Impfgegner oder unbelehrbare Anhänger von Verschwörungstheorien sind. Die Coronakrise hat mir die Augen geöffnet. 

Ein Wutrede-Thread.

Ich empfinde es mittlerweile als Schlag ins Gesicht, wenn sogenannte Freunde mich mit Posts und Videos aus dem Corona-Verharmlosungs- und Impfkritikspektrum zumüllen.

Warum? Na weil sie damit suggerieren, dass ich als Arzt nicht die Fachkenntnis besitze um diese ureigen medizinischen Themen richtig zu beurteilen. Und noch schlimmer, dass ich entweder leicht manipulierbar bin und/oder wissentlich Menschen schädige.

Welche andere Berufsgruppe muss sich in diesem Ausmaß mit laienhaften Besserwissern und ihren kruden Thesen auseinandersetzen wie Ärzte?

Man stelle sich das mal vor:
,,Tom hat Maschinenbau studiert und ist 10 Jahre im Geschäft, aber ich würde eher den Triebwerksentwurf aus dem Internet bauen."

,,Das Urteil von der Fluglotsin brauchen wir eh nicht. Kennst du jemand der bei einem Absturz ums Leben gekommen ist?"

,,Was der Statiker sagt ist mir egal. Einsturzgefährdung ist doch eine Erfindung der Bauindustrie."

,,Hey Peter, Danke dass du den Brand löschen willst, aber ich mach das lieber mit einem alternativen Feuerwehrpraktiker."

Ich möchte diese Menschen anschreien: Nein, Tina, weil du fünf Tutorials auf YouTube gesehen hast, nähst du nicht besser als eine Schneiderin. Weil du jedes Jahr einmal deine Steuer machst ersetzt du keinen Steuerberater.

Und es ist mir egal, was dieser Professor für Ökonomie in der BILD zu Covid schreibt, er kann kommen und mit mir diskutieren wenn er einmal einige hundert Patienten auf Intensivstation beatmet hat, dann reden wir weiter.

Versteht mich nicht falsch: jeder macht Fehler und in jedem Beruf gibt es Nullen. Aber ich bin seit Jahren auf Intensivstation tätig, ich bilde mich ständig fort, wälze Bücher, lese die neuesten Artikel und du meinst ernsthaft deine 15 min YouTube-Universität stehen da drüber?

Ich diskutiere viel und gerne, aber wenn du für meine Argumente gar nicht empfänglich bist oder wenn du am Ende einem Ken Jebsen mehr vertraust als mir, dann ist das keine Basis für eine Freundschaft.

Thread Ende.


Aus: "Ein Wutrede-Thread." 10:08 AM · May 12, 2020
Quelle: https://twitter.com/happokrates/status/1260119541100797952


dieDiätdings @SarahLi__
·May 12 Replying to @happokrates
Wie viele hast du, geschätzt, "verloren"?
Bei mir sind es schon einige.

ʜᴀᴘᴘʏ ʜɪᴘᴘᴏᴋʀᴀᴛᴇs @happokrates·
May 12
Freunde bisher nur einen, aber das war schmerzhaft, weil früher eine echt liebenswerte Person. Bekannte schon mehrere, da tut es mir aber nicht leid drum.

Thomas Schikarski @zuegig
May 12
Replying to @happokrates
Ganz allein stehen Sie aber nicht. Gucken Sie mal Klimaforscher an, die seit Jahrzehnten Klimamodelle verfeinern und testen ...


Doh.le Flag of European Union Earth globe europe-africa @ClSchwiebert
May 12 Replying to @happokrates and @Stormageddon666
Ich bin zwar kein Mediziner. Ich habe aber (als mein Dad auf der Intensiv lag) gesehen, welche Arbeit da geleistet wird. Ein dickes fettes Danke. ...

Max Triton @MaxTriton5
May 12 schwierig wird's, wenn die fronten durch die familie gehen.

Alex Bader @spc_lx
May 13 Replying to @happokrates
Ich bin Doktorand in Space Physics, bekomme regelmäßig von der Familie Links über die NASA-Verschwörung und die flache Erde. "Aber woher willst du denn so genau wissen, dass das stimmt was die NASA dir so erzählt. Die haben deine Daten doch sicher erfunden." Ist hart.

Mayst @steffi_my
May 12 Replying to @happokrates
Ich bin voll Ihrer Meinung. Aber wie geht man mit solchen Leuten um?

Andreas Weinand @aow_de Replying to @happokrates
Ich bin kein Azt/Mediziner, habe beruflich aber seit 30 Jahren mit Kommunikation zu tun, kann Inhalte analysieren & verständlich aufbereiten und habe Corona von Beginn an umfangreich verfolgt. Mir kommen Ärzte aus dem privaten Umfeld mit Wodarg & Co - das ist unabh. von Bildung.

MonkeyBusiness @b04833455 Replying to @happokrates
Beruflich im Reinraumbereich und S3 Laboren unterwegs. Ich leide mit Ihnen. Was ich mir derzeit alles erklären lassen muss, von YouTube Professoren, führte zu einigen Kontaktabbrüchen.

Andreas L. Erdmann @hg_erdmann
May 12 Replying to @happokrates
Der Hausarzt meiner Schwester sieht es total locker, alles halb so wild, Maßnahmen total übertrieben. Meine Empfehlung als Mitarbeiter in der stationären Altenhilfe: sofortiger Arztwechsel!

Lisa @glyxkexx
·May 12
Replying to @happokrates
Meine Freundesliste dünne ich auch fast täglich aus. Ich bin müde zu diskutieren.

Kilian @kilianadr
May 13 Replying to @happokrates
Sehe ich genau so! Allerdings sei dazu erwähnt, dass natürlich das Arzt-sein nicht entscheidend ist. Viele Ärzte, u. A. Naturheilkundler und Homöopathen sind Impfgegener und sympathisieren mit #KenJebsen. Das Medizinstudium schützt davor leider gewiss nicht.

12AngryWomen @RHaralambus
·May 13 Replying to @happokrates and @ArminWolf
Das Problem ist auch dass den meisten Menschen jegliches Verständnis dafür fehlt was Wissenschaft bedeutet und welchen Gesetzen zum Wissensgewinn sie folgt... Und es ist keine Wutrede... es ist eine faktenbasierte und sachliche Darstellung

Christoph_8 @christo27004551
· May 13 Replying to @happokrates
Grundsätzlich Zustimmung. Aber: um mir eine politische Meinung zu bilden muss ich auch nicht Politikwissenschaften studiert haben.
Was mich an Hr. #Drosten besonders stört ist seine mehrfache öffentlich kundgetane Einstellung, sich ausschließlich um das Virus zu kümmern.

Ironie bitte kennzeichnen
@BonkoEl 8h
Der Mann ist Virologe nicht zwingend Epidemologe, seine Fokus ist zudem Virusreplikation und Bestimmung der Charakteristik. Sein Patient nach Ihrer Analogie, wäre die gesamte BRD...

Kiki @Kiki06873623 Replying to @happokrates
Ich bin Klimatologin .... Diese 2 globalen Krisen haben viel gemeinsam! Faktenleugnung, Egoismus, Verachtung von Wissenschaft...

...

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Quote[...] Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer beklagt, dass viele Kritiker der einschneidenden Alltagsbeschränkungen in der Corona-Krise beiseite gedrängt und teils auch diffamiert würden. Das erinnere ihn an die Flüchtlingskrise 2015, als Debatten über die Einreise Hunderttausender Migranten mit ,,moralisierender Alternativlosigkeit" abgewürgt worden seien, sagte er am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung ,,Maybrit Illner".

Zu den jüngsten Protesten Tausender Bürger gegen die Corona-Beschränkungen in verschiedenen Städten sagte er, dies sei auch eine Folge der zu kurz gekommenen Diskussion über die Zielgenauigkeit und die Verhältnismäßigkeit der staatlichen Maßnahmen. Es habe schon eine ,,Gegenöffentlichkeit" in der harten Shutdown-Phase gegeben, doch sei diese von den großen Medien überwiegend ignoriert worden.

Palmer hatte jüngst viel Kritik auf sich gezogen, als er in einem Fernsehinterview sagte: ,,Wir retten in Deutschland möglicherweise Menschen, die in einem halben Jahr sowieso tot wären." Er erklärte seine Aussage mit der Sorge um armutsbedrohte Kinder vor allem in Entwicklungsländern, deren Leben durch die wirtschaftlichen Folgen des Lockdowns bedroht sei.

Um diese Aussage ging es auch nochmal in der Runde bei Illner. Der Helmholtz-Forscher Michael Meyer-Hermann kritisierte Palmer für die Aussage. Berechnungen zeigten, dass ,,die Mehrheit der Leute, die an Corona gestorben sind, im Durchschnitt noch neun Jahre zu leben gehabt hätten." Meyer-Herrmann bezog sich dabei wohl auf eine Rechnung des NDR, die ergeben hatte, dass jeder Covid-19-Tote durchschnittlich neun Lebensjahre verloren habe. Das deckt sich mit den Ergebnissen einer Studie der Universität Glasgow, die auf Basis von Patientendaten aus Wales, Schottland und Italien herausgefunden hatte, dass den Toten im Schnitt elf Lebensjahre verloren gingen.

Palmer wischte das Argument mit einem "ich halte das für falsch" zur Seite. Meyer-Herrmann blieb nur zu Antworten, dass es hier um Fakten und nicht im Meinungen gehe. (dpa)


Aus: "Palmer streitet sich bei Illner mit Helmholtz-Forscher" (15.05.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/waeren-in-einem-halben-jahr-sowieso-tot-palmer-streitet-sich-bei-illner-mit-helmholtz-forscher/25832842.html

QuotePedro_Garcia 10:14 Uhr
Palmer hat sinng. gesagt: Die Hochrisikogruppe in den Pflegeheimen (die ja schon krank und Pflegebedürftig sind), leben im Durchschnitt 11 Monate in solchen Heimen, dann sterben sie.
Man muss diese Menschen gesondert schützen, aber deswegen nicht ein ganzes Land zusperren.
Der Herr Meyer-Hermann sagt, dass nach Obduktionen und Untersuchungen aller Toten, die an Covid gestorbenen noch im Schnitt 9 Jahre Lebenserwartung hatten.
90% der Toten sind Ü80 mit diversen Vorerkrankungen. Wie die noch hätten 9 Jahre Leben sollen, erschließt sich mir nicht.

Natürlich fällt auf, dass die beiden von unterschiedlichen Dingen gesprochen haben. Aufenthaltsdauer in Pflegeheimen bis zum Tod und Gesamtstatistik der an Covid Verstorbenen. Vielleicht haben ja Beide Recht.


Quotenachlese 10:14 Uhr

Herr Palmer liebt "gefühlte" Wahrheit, wenn sie nur seinem "Gefühl" entspricht. ... Sein "Gefühl" könnte aus seiner eigenen Interessenlage stammen, die ihm nur einen ganz bestimmten Blickwinkel bis zu seinem Bauchnabel freigibt.


QuoteMaerkerinderMark 10:06 Uhr

Naja, Palmer hat aber in gewisser Weise recht mit seinem Hinweis auf die "moralisierende Alternativlosigkeit". Es gibt immer eine Alternative zum derzeitigen Handeln und wir müssen beständig darüber diskutieren - es geht in einer Demokratie nicht anders.


QuoteWendelHipler 09:54 Uhr
Hm. Die durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland liegt bei 78,5 Jahren für Männer und 83,3 Jahren für Frauen. Das Durchschnittsalter der mit oder an Corona Gestorbenen ist 81 Jahre. Wie man da auf 9 verlorene Jahre kommt, ist gelinde gesagt rätselhaft.


Quoteford_perfect 10:20 Uhr
Antwort auf den Beitrag von WendelHipler 09:54 Uhr

    Hm. Die durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland liegt bei 78,5 Jahren für Männer und 83,3 Jahren für Frauen. Das Durchschnittsalter der mit oder an Corona Gestorbenen ist 81 Jahre. Wie man da auf 9 verlorene Jahre kommt, ist gelinde gesagt rätselhaft.

Dass Ihnen das rätselhaft erscheint, das liegt an ihrem unzureichenden Mathematik-Verständnis. Die durchschnittliche Lebenserwartung ist ein statistischer Wert. Menschen sterben teilweise deutlich früher, oder auch später als mit 78,5 Jahren.


QuoteGEO65 09:38 Uhr

    Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer

Tübingen, 90.546 Einwohner - warum bietet man jetzt einen Kommunalpolitiker eines so kleines Nestes in der Provinz so eine große Bühne? Jeder Bezirk in Berlin ist 3x mal so groß, und  ich wette, kaum ein Berliner kennt alle Bürgermeister!


Quotenachlese 10:21 Uhr
Antwort auf den Beitrag von GEO65 09:38 Uhr

Weil es interessierten (rechten) Kreisen nützt


Quotetizian2011 09:37 Uhr

    Palmer wischte das Argument mit einem "ich halte das für falsch" zur Seite.

Und besser kann man sich selber nicht diskreditieren. Wer die Position von Palmer für irgendwie richtig hält, nach diesen Worten, ist nicht zu überzeugen. Fakten werden einfach für falsch gehalten.


Quotecrossoverhill 09:35 Uhr

Als analytischer Denker hat sich Palmer wahrlich nicht gezeigt. Mehr als allen anderen hat er sich mehrfach selbst widersprochen.
Für den Stammtisch oder für ein Mandat in der AfD würde sein Standing aber genügen.


QuoteHen-Riette 10:00 Uhr
Antwort auf den Beitrag von alterschwede 09:27 Uhr
Ist es denn irgendwie relevant, wie lange ein Mensch noch zu leben hätte? Vor allem auch noch "durchschnittlich"? Und was will man mit diesen Überlegungen rechtfertigen? Doch evtl. ob man diese Menschen dann noch retten soll oder nicht? Zum Wohle der Wirtschaft? ...


QuoteWestpreussen 09:42 Uhr
Antwort auf den Beitrag von daemmi 09:09 Uhr @daemmi

"Wer sich nicht einmal mit Fakten auseinandersetzen möchte, gehört auch in kein TV-Studio mehr."

Stimmt.  :-)


...

Link

Quote[...] Nein, ein soziales, gerechtes Land waren die USA auch schon vor der Coronaviruskrise nicht. Dem grotesken Reichtum der oberen zehn Prozent, die knapp 64 Prozent des Privatvermögens besitzen, stehen eine schrumpfende Mittelschicht und knapp 38 Millionen Menschen gegenüber, die unter der nationalen Armutsgrenze leben. Weder existiert eine allgemeine Krankenversicherung noch eine dauerhafte Grundsicherung für Arbeitslose.

Während sich in den urbanen Zentren für Technologie, Finanzmarkt und Wissenschaft in den vergangenen Jahrzehnten wohlhabende Akademikerenklaven bildeten, leidet ein erheblicher Teil des Landes unter dem strukturellen Verfall von Wirtschaft und Infrastruktur. Dann brach die Coronaviruspandemie aus.

Ab Mitte März kam das öffentliche Leben in weiten Teilen der Vereinigten Staaten zum Erliegen. Zwei Monate später zeigen Zahlen das soziale Ausmaß der Pandemie: Für die meisten Reichen und Büroangestellten ist die Krise höchstens ein Ärgernis, für Arme und Arbeiter dagegen eine Katastrophe.

Eigentlich hat man sich an die "Breaking News"-Balken auf den Nachrichtenseiten schon gewöhnt. Jeden Donnerstag, wenn das US-Arbeitsministerium die Neuanträge auf Arbeitslosenhilfe veröffentlicht, wird der Öffentlichkeit das Ausmaß der Wirtschaftskrise erneut ins Bewusstsein gerufen. Auch an diesem Donnerstag waren die Zahlen ernüchternd: Fast drei Millionen Menschen meldeten sich in den vergangenen Wochen arbeitslos. Seit Mitte März haben insgesamt knapp 36,5 Millionen Menschen staatliche Unterstützung beantragt. Eine derart hohe Arbeitslosigkeit hat das Land seit der Großen Depression der Dreißigerjahre nicht mehr erlebt.

Dem Aktienmarkt geht es dagegen erstaunlich gut. Seit der US-Kongress Ende März knapp zwei Billionen Dollar Wirtschaftshilfen für die Unternehmen des Landes bereitstellte, schossen die zuvor eingebrochenen Aktienkurse wieder nach oben. Der S&P-500-Aktienindex, der Mitte März noch auf knapp 2200 Punkte gesunken war, kletterte bis zum Donnerstag wieder auf knapp 2900 Punkte. Das gleicht zwar nicht den Wertverlust seit Februar (Stand am 18. Februar: knapp 3400 Punkte) aus, doch die Absicherung der Wirtschaft durch den Kongress und die Zentralbank Federal Reserve ermöglicht Aktionären in der Corona-Krise einen außerordentlich weichen Fall. Die Milliardäre des Landes haben laut einer Studie des liberalen Institute for Policy Studies ihr Vermögen sogar um zehn Prozent vermehrt.

Ähnlich weich wie für Aktionäre und Milliardäre gestaltet sich die Krise auch für Beschäftigte in der Finanzindustrie. Dort hat sich die Arbeitslosenquote im April im Vergleich zum Vorjahr zwar mehr als verdoppelt, liegt aber noch immer weit unter allen anderen Wirtschaftssegmenten. Generell zeigt sich: Wer einen Bürojob hat, ist weit weniger vom Verlust des Arbeitsplatzes bedroht als Beschäftigte in einfachen Dienstleistungstätigkeiten oder etwa im Baugewerbe.

Eine Katastrophe ist die Corona-Krise jedoch vor allem für Beschäftigte im Gastgewerbe. Hier betrug die Arbeitslosenquote im April fast 40 Prozent. Dabei handelt es sich vor allem um Arbeitnehmer mit Jobs, die ohnehin schlecht bezahlt sind. Mitarbeiter im Gastgewerbe verdienten im April durchschnittlich ohnehin nur 18  Dollar pro Stunde, das sind etwa zwölf Dollar weniger als der mittlere Lohn in den USA.

Bei den Farmarbeitern, oft Hispanics und illegale Einwanderer, hat sich die Arbeitslosenquote dagegen kaum erhöht. Die Lebensmittelversorgung muss schließlich aufrechterhalten werden.

Aufgrund der niedrigen Löhne haben vor allem untere Einkommensschichten kaum Rücklagen, um die Folgen des Stillstands abzufedern. Während 75 Prozent der oberen Einkommensschichten laut einer Umfrage des Pew Research Centers angaben, dass sie mit ihrem Ersparten mindestens drei Monate lang ihre Ausgaben finanzieren können, sind es im unteren Einkommensdrittel nur 23 Prozent. Prekär Beschäftigte verlieren leicht ihre Jobs, leben oft von Gehaltscheck zu Gehaltscheck und können in der Krise oft nicht mal mehr ihre Miete bezahlen.

Einen Mietzahlungsstopp hat der Kongress nicht verabschiedet, allerdings haben viele Bundesstaaten beschlossen, während der Krise keine Räumungsverfahren durchzuführen. In den kommenden Wochen öffnen allerdings in großen Teilen der USA wieder die Gerichte. Es droht eine Welle von Räumungen und eine Massenobdachlosigkeit. Denn selbst wer nach der Wiedereröffnung der Wirtschaft einen Job findet: Ein Mietrückstand von mehreren Monaten ist mit einem geringen Gehalt kaum mehr auszugleichen.

In den Vereinigten Staaten existiert keine allgemeine Krankenversicherung. Nur alte und besonders arme US-Amerikaner sind über staatliche Gesundheitsprogramme abgesichert. Die meisten Beschäftigten beziehen ihre Krankenversicherung über ihren Arbeitgeber. Doch gerade im unteren Einkommensbereich zahlen Arbeitgeber oft nicht für den Versicherungsschutz. Als Alternative bleiben nur selbst finanzierte Obamacare-Policen, die teils überteuert sind und teils keinen umfassenden Schutz gewährleisten. Schon vor Ausbruch der Coronaviruskrise waren knapp 28 Millionen Menschen im Land nicht krankenversichert.

In der Pandemie verlieren nun weitere Millionen Menschen mit ihrem Arbeitsplatz auch ihren Versicherungsschutz: eine Katastrophe vor allem für chronisch Kranke. Sie bleiben auf hohen Behandlungskosten sitzen. Die Robert Woods Johnson Foundation hat errechnet, dass bei einer Arbeitslosenquote von 15 Prozent mehr als 33 Millionen Menschen über keinen Versicherungsschutz mehr verfügen werden. Im April lag die Arbeitslosenquote schon bei 14,7 Prozent. Steigt die Arbeitslosigkeit weiter, werden laut den Expertenberechnungen zusätzlich mehrere Millionen Menschen ihre Krankenversicherung verlieren. Auf dieses Problem hat der Kongress bisher keine zufriedenstellende Antwort gefunden.

Die Parteispitze der Demokraten und deren designierter Präsidentschaftskandidat Joe Biden wollen private Krankenversicherungen staatlich subventionieren und auch Arbeitslosen erlauben, besagte Obamacare-Policen zu kaufen. Gerade letzteres dürfte für Menschen ohne Einkommen jedoch aus Geldmangel unmöglich sein. Den Vorschlag des linken Senators Bernie Sanders, die staatlichen Gesundheitsprogramme zumindest für die Dauer der Krise allen US-Amerikanern zugänglich zu machen, stieß bei der Führungsspitze der Demokraten auf wenig Interesse.

Zu den Opfern der Krise in den USA gehören auch die Mittelständler. Zwar stellte der Kongress knapp 670 Milliarden Dollar bereit, um Firmen mit weniger als 500 Mitarbeitern zu unterstützen, doch greifen laut Recherchen der Nachrichtenagentur Bloomberg auch große Unternehmen dieses Geld ab. Restaurant- und Hotelketten konnten für jeden Standort eigene Anträge stellen. Anfang April gelang es nach Recherchen der Associate Press sogar 94 an der Börse gehandelten Unternehmen, Gelder aus dem "Paycheck Protection Program" zu beziehen.

Zwei Monate nach Beginn des Corona-Stillstands sind die Mittelstandsunternehmen pessimistisch. Mehr als jedes fünfte fürchtet laut einer Erhebung der US-Handelskammer, innerhalb der kommenden zwei Monate den Betrieb dauerhaft einstellen zu müssen. Laut Angaben der Washington Post haben mehr als 100.000 Kleinunternehmen schon jetzt aufgegeben. Sollte die Entwicklung andauern, dürfte sich die Wirtschaftsstruktur der USA noch weiter zugunsten von Großunternehmen verschieben. Seit Jahrzehnten nimmt der Anteil von Mittelstandsunternehmen am Bruttoinlandsprodukt ab. Die Coronaviruskrise könnte diese Tendenz noch verstärken.


Aus: "Pandemie der Ungleichheit" Eine Analyse von Jörg Wimalasena, New York (16. Mai 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-05/coronavirus-krise-usa-pandemie-soziale-ungleichheit-wirtschaft/komplettansicht

Quoteachwashallo. #1.11

Die USA wurden in Europa, besonders in Deutschland zu einem geeigneten Ablenkungsobjekt entwickelt, um hiesige Probleme auszublenden. Für alle ist etwas dabei. Wer keine Lust zum Denken hat, schließt sich einfach dem beliebten, meist unreflexiven Trump-Bashing an. Das hilft über den Tag ...


QuoteJR71 #1.12


Docupy: Die Vermögensverteilung in Deutschland
WDR . 30.01.2018. 01:24 Min.. Verfügbar bis 30.12.2099. WDR.
Wie weit weg sind die Reichsten von den Ärmsten in Deutschland? Das erklärt Markus Grabka vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung anhand eines DIN-A4-Blattes. #ungleichland
https://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/video-docupy-die-vermoegensverteilung-in-deutschland-100.html

Ich fürchte, auch bei uns sind die oberen 10% fein raus. Pleite gehen Kleinstbetriebe in der Krise.
Wahr ist: bei uns gibt es eine Krankenversicherung für alle. Oder vielmehr zwei Systeme.

Und ja, liebe Redaktion: Thema des Artikels ist die Ungleichheit in den USA. Dazu muss man aber auch Vergleichsgrößen haben. Und wo das Thema Ungleichheit angesprochen wird, darf man auch einmal allgemein darüber nachdenken.


Quote
polarapfel #6

"Dem grotesken Reichtum der oberen zehn Prozent, die knapp 64 Prozent des Privatvermögens besitzen,..."

Das mag den Autor und viele Leser ueberraschen, aber auch in Deutschland sind 60% der Vermoegenswerte im Besitz von 10% der Haushalte.

Deutschland und die USA haben im OECD Vergleich eine sehr identische Ungleichverteilung der Vermoegen. In Deutschland liegt das Medianhaushaltsvermoegen niedriger unter dem Durchschnittshaushaltsvermoegen als in jedem anderen OECD Land - mit Ausnahme der USA.

Man sollte sich also in Deutschland mit Analysen zur sozialen Gerechtigkeit nicht allzuweit aus dem Fenster lehnen - vor allem auch deswegen nicht, weil Deutschland kaum Steuern auf Vermoegen und Vermoegensverkehr erhebt, das in den USA aber der Fall ist. Was meinen Sie, was in Deutschland los waere, wenn Immobilienbesitzer jedes Jahr 1% des Immobilienwerts als Grundsteuer abdruecken muessten! Das ist in den USA nicht die Ausnahme, sondern die Regel.

Beste Gruesse aus Washington State.

[ ... [Es] wird seit Jahren von der Tatsache abgelenkt, dass Deutschland kaum soziale Mobilitaet bietet und Erfolgschancen in Deutschland massgeblich von Herkunft und Wohlstand des Elternhauses bestimmt werden.

Es wird im Zusammenhang mit den typischen USA Bashing Beitraegen auch immer wieder auf die Ungleichverteilung der Einkommen hingewiesen (was tatsaechlich ein Problem in den USA ist) - in erster Linie dient das in Deutschland aber dazu, davon abzulenken, dass in Deutschland das Vermoegen wie in den USA in den Haenden weniger ist.

Die Kehrseite des deutschen Sozialstaats ist, dass man in Deutschland schon mit dem 1,3 fachen des Durchschnittseinkommen anfaengt den Spitzensteuersatz zu zahlen, waehrend der Erbe auf das leistungslose Einkommen seiner Erbschaft oder Schenkung so gut wie gar keine Steuern zahlt. Bund und Laender weigern sich seit Jahren das Urteil aus Karlsruhe zur Reform der Grundsteuer umzusetzen. Ein Blick auf www.bundeshaushalt.de und die Einnahmenseite des Bundes reicht auch, um zu verstehen, warum dieses Ablenkungsspiel laeuft. Der deutsche Sozialstaat ist auf das Schroepfen der sozialversicherungspflichtigen Erwerbstaetigen angewiesen, denn mit Abstand die meisten Einnahmen hat der Bund aus Lohnsteuern und Soli. Vermoegenssteuern tauchen in der Aufstellung gar nicht auf, so klein sind deren Beitraege. Und die Erbsschaftssteuer steht den Laendern zu. Die Zahlen dazu liegen bundesweit bei weniger als 8 Milliarden EUR. ...]


Quotemamounia #18

"Geringverdienern und Mittelständlern droht der Ruin, der Finanzbranche geht es gut"

Warum über den großen Teich gehen, das trifft doch weitestgehend auch bei uns zu.


...

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Quote[...] Eine Impfpflicht gegen das Coronavirus wird es nach Aussage von Kanzleramtschef Helge Braun in Deutschland nicht geben. Wenn ein Impfstoff vorliege, sei es gut, wenn sich viele impfen lassen. Aber das entscheide jeder selbst, sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Wer das nicht will, muss das Risiko einer Infektion selbst tragen", so Braun. Er hoffe auf einen Impfstoff für die breite Bevölkerung zwischen Anfang und Mitte des kommenden Jahres.

Erst dann könne man auch zum normalen Leben zurückkehren. "Wenn Impfstoff verfügbar ist, dann wird es keine Beschränkungen mehr geben, und wir kehren endlich zum normalen Leben zurück", sagte Braun. Kanzlerin Angela Merkel und Braun vertreten in der Krise einen vorsichtigen Kurs, was Lockerungen der Beschränkungen angeht. Sie wollen eine Überlastung des Gesundheitssystems vermeiden.

Den bisherigen Kampf gegen das Virus in Deutschland bezeichnete Braun als "sehr erfolgreich". Ein großer Teil der Bevölkerung gehe diszipliniert mit den Kontaktbeschränkungen um. Braun, selbst Mediziner, fügte allerdings hinzu: "Aus medizinischer Sicht ist bei mir bei dem Punkt Reisen und Geselligkeit etwas mulmig - da dürfen wir nicht zu forsch sein. Die bisherige Erfahrung lehrt, dass dies für die Ausbreitung des Virus eine große Rolle spielt."

Braun nannte die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Krise "sehr gravierend". Nach dem Hilfsprogramm als erstem Schritt müsse man darüber reden, wie man den Wirtschaftskreislauf wieder in Gang setzen könne. Braun lehnte in dem Zusammenhang als Helikoptergeld bezeichnete Barschecks für die Bürger ab. Es gehe jetzt weniger um kurzfristigen Konsum, sondern um nachhaltige Investitionen.

"Da kann ich auch alle beruhigen, die sich Sorgen um das Klimathema machen", sagte Braun. "Aus meiner Sicht sollten Konjunkturanreize genau dort eingesetzt werden, wo es der Erreichung weiterer Ziele hilft." Mit Sorge schaut Braun auf die Verbreitung von Verschwörungstheorien zu Corona. Es gebe eine "bedenkliche Diskussion, die versucht, das Virus zu verharmlosen".

Das Virus sei ansteckender und verlaufe schwerer als die Grippe. "Wir haben bislang kein Medikament, keine Impfung und keine Immunität", so der Politiker. "Hätten wir die Infektionsdynamik von Anfang März in Deutschland einfach weitergerechnet und nichts unternommen, dann gäbe es heute vielleicht neun Millionen Kranke - das kann kein Land schultern. Die vielen Toten sind ja keine hypothetische Zahl."

Quelle: ntv.de, jug/dpa/DJ


Aus: ""Das entscheidet jeder selbst" Braun: Impfpflicht wird es nicht geben" (Samstag, 16. Mai 2020)
Quelle: https://www.n-tv.de/politik/Braun-Impfpflicht-wird-es-nicht-geben-article21785551.html


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Quote[...] Paul Eisenhauer - Sonntag, 22:13

Demokratischer Widerstand mit schwedischer Flagge, Nazis mit Grundgesetz unterm Arm, bunte Echsen und zu jeder Gelegenheit der deutsche Gruß. Bei so viel geballten Wahnsinn hätt sich die Rosa Luxemburg freiwillig in den Landwehr Kanal gestürzt.


zu: "19 Demonstrationen waren angemeldet. Es traten auf: Esoteriker, Verschwörer, Neonazis – und die Antifa. Nach Freiheitsberaubung sah das nicht aus"
Ein Artikel von Pia Stendera (17.5.2020, 18:46 UHR)
https://taz.de/Hygiene-Demonstrationen-in-Berlin/!5683822/

QuoteLittleRedRooster gestern, 12:44

Schon klar: Dieses unhygienische Paralelluniversumspanoptikum als "Hygiene-Demo" zu bezeichnen bezeugt schon einen fortgeschritten Grad der Verwirrung. So weit so gut. Aber eine kritische politische Analyse dieser komplett heterogenen "Bewegung" ist das halt nicht.

Hilfreicher ist da schon diese Analyse der Proteste in München:


Mai 11, 2020Andreas R.1 Kommentar zu Zur Corona-Kundgebung am Münchner Marienplatz am 9. Mai 2020   
Zur Corona-Kundgebung am Münchner Marienplatz am 9. Mai 2020
https://lbga-muenchen.org/2020/05/11/zur-corona-kundgebung-am-muenchner-marienplatz-am-9-mai-2020/

Wirkliche wichtige Unterschiede zum Geschehen in Berlin dürfte es wohl kaum geben.


...

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Quote[...] Die Position von Linken-Parteichefin Katja Kipping ist eindeutig - und nach ihren Angaben mit der Fraktionsführung abgestimmt. Es gebe eine gemeinsame Linie zu Corona-Protesten, sagt Kipping am Montag vor der Presse im Berliner Karl-Liebknecht-Haus, nachdem der Aachener Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Fraktionsvorsitzende Andrej Hunko am Wochenende vor selbsterklärten Corona-Rebellen in seiner Heimatstadt aufgetreten ist. Sowohl im Parteivorstand als auch in der Fraktionsführung gebe es eine ,,sehr kritische Haltung zu den sogenannten ,Hygiene-Demos'", sagt die Parteivorsitzende.

Es gebe ,,viele gute Gründe", die Krisenpolitik der Bundesregierung zu kritisieren. Die inzwischen vielerorts von Rechtsradikalen, Verschwörungstheoretikern und Esoterikern organisierten Corona-,,Spaziergänge" und ,,Hygiene-Demos" aber hält sie definitiv nicht für das geeignete Mittel. ,,Die Verharmlosung von Corona ist nicht Protest gegen die Obrigkeit, sondern rücksichtslos gegenüber sozial Schwachen und verletzlichen Teilen der Bevölkerung", erklärt Kipping.

Die Demonstration am Samstag in Aachen hatte der linke Aktivist Walter Schumacher angemeldet. Laut ,,Stolberger Nachrichten" verwiesen Hunko und Veranstaltungsleiter Schumacher auf ein Zitat von Edward Snowden, der die Situation so beschreibe: ,,Das Virus ist schädlich, aber die Zerstörung der Rechte ist tödlich."

Hunko sprach nicht zum ersten Mal vor Corona-Rebellen in Aachen. Ende April trat er auf bei einer Kundgebung, die laut Auskunft der Stadt Ansgar Klein aus Würselen angemeldet hatte, ein in der Region bekannter Verschwörungstheoretiker. Klein nannte sie ,,Mahnwache". Klein sammelt seit Wochen im Netz Unterschriften für eine Petition zur Aufhebung aller in der Coronakrise verfügten behördlichen Maßnahmen, 70.000 hat er nach eigenen Angaben bereits beisammen.

Klein war auch am vergangenen Samstag - neben Hunko - einer von vier Rednern. Er warnte vor einem aus seiner Sicht angeblich drohenden Impfzwang. Er sagte voraus: ,,Wer sich nicht impfen lässt, gilt dann als nicht-immun und ist entscheidender Rechte voraus. Das ist der direkte Weg zur Zwangsimpfung."

Laut ,,Aachener Zeitung" begrüßte Klein den Linken-Politiker Hunko und die anderen Teilnehmer vor drei Wochen mit den Worten: ,,Die Maske ist ein Maulkorb für uns, aber die Meinungsfreiheit ist unser höchstes Gut." Nach Kleins Worten scheint das Coronavirus ,,weniger gefährlich als Grippewellen" zu sein, für die behördlichen Restriktionen gebe es ,,keine überzeugenden Argumente". So steht es in der Begründung seiner Petition.

Hunko, der auch Mitglied des Parteivorstandes ist, sieht das offenbar ähnlich. Der 56-Jährige kritisierte in seiner Rede am vergangenen Samstag eine ,,starke einseitige Ausrichtung auf Impfprogramme". Er erwähnte die Rolle von ,,Einzelpersonen" wie dem US-Unternehmer Bill Gates, die einen ,,nicht zu legitimierenden Einfluss" auf die Ausrichtung der Weltgesundheitsorganisation WHO nehmen würden.

Positiv bezog sich Hunko dagegen beispielsweise auf den früheren SPD-Bundestagsabgeordneten und Lungenfacharzt Wolfgang Wodarg, der wissenschaftlich nicht haltbare Thesen zur Pandemie verbreitet. Leute wie er würden ,,aggressiv aus dem öffentlichen Diskurs ausgegrenzt" und ,,übel diffamiert", erläuterte Hunko seinem Publikum in Aachen. Scharf kritisierte der Linken-Politiker die ,,sogenannten Mainstream-Medien", deren Darstellung ,,oft eher an Meinungsmache erinnert, denn an journalistische Aufklärung". Der Begriff ,,Lügenpresse" fiel nicht.

Mit den Worten ,,Nina Hinckeldeyn spricht mit aus der Seele" hatte Hunko wenige Tage zuvor zuvor ein Posting der Krimi-Autorin Nina Hinckeldeyn geteilt. Sie vertrat auf Facebook die Auffassung, ,,Verschwörungstheoretiker" sei ein ,,CIA-Kampfbegriff".

Hinckeldeyn kritisierte ,,Linke, die sich mit erhobenem Zeigefinger künstlich darüber empören, dass die, die um ihre Existenz bangen, den Schulterschluss mit der AfD" suchen würden. Sie wandte sich gegen Menschen, die ,,nach einem Impfstoff und noch schlimmer, nach einer Impfpflicht krähen" würden. Oder die ,,als Claqueur" der behördlichen Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus stillschweigend dabei zusehen würden, ,,wie eine völlig losgelöste Regierung Merkel Millionen Menschen an die Wand fährt". Die Autorin warb ferner dafür, ,,zu erkennen, dass Multikonzerne und Finanzoligarchen im Windschatten Coronas eine feindliche Übernahme gestartet haben, um die europäische Mittelschicht zu schlucken".

Hunko räumt später ein, die Wortmeldung von Hinckeldeyn sei ,,sehr emotional" gewesen. Zugleich aber kritisiert er es als ,,völlig falsch", wenn sich die Linke ,,als konsequenteste Lockdown-Partei positioniert", wie es Parteichefin Kipping fordere. Kipping hatte in einem Gastbeitrag im Tagesspiegel geschrieben: Was die Lockerungslobby ,,als Exitstrategie verkauft, führt nur in eine zweite Infektionswelle". Der Preis werde hoch sein.

In der Fraktionssitzung am Dienstag vergangene Woche hatten die Vorsitzenden Dietmar Bartsch und Amira Mohamed Ali mit Nachdruck vor der Teilnahme an Demonstrationen von Corona-Rebellen gewarnt.

Am Samstag, während Hunko in Aachen sprach, positionierte sich auch der nordrhein-westfälische Vorstand der Linken, wie dessen stellvertretender Chef Jules El-Khatib auf Facebook schrieb. Demnach wurde einstimmig beschlossen, ,,weder zu Hygiene-Demos aufzurufen noch sich in irgendeiner Form an ihnen zu beteiligen".

Der Landesvorsitzende der Linkspartei, Christian Leye, sagte dem Tagesspiegel, gerade in Nordrhein-Westfalen habe der Landesverband ,,eine sehr klare Haltung gegenüber dem unverantwortlichen Kurs" von Ministerpräsident Armin Laschet (CDU), der sich ,,unter Druck der Wirtschaft an die Spitze der Öffnungsdebatte gestellt hat". Sollte eine zweite Welle kommen, werde Laschet Antworten liefern müssen, wieso er ausgerechnet Shopping-Malls und Möbelhäuser so schnell geöffnet habe.

,,Dass vor diesem Hintergrund Rechtspopulisten und Nazis bei den Hygiene-Demonstrationen mitlaufen, spricht Bände über deren Verhältnis zum Schutz des Lebens", erklärt Leye weiter. Der Tenor dieser Demonstrationen lenke auch ,,von dem eigentlichen Skandal ab, nämlich der sozialen Schieflage der Rettungspakete".

Es sei die ,,Aufgabe demokratischer Parteien, die berechtigten Sorgen zu trennen von Gaga-Positionen und deren Vereinnahmung von Rechts, damit letztere im Trubel der Krise kein politisches Gewicht erreichen". Auf die Frage nach Hunkos Auftritt in Aachen sagte Leye, er wolle nicht öffentlich den Stab über Genossen brechen, ,,auch wenn sie an Demonstrationen teilnehmen, an denen ich definitiv nicht teilnehmen würde".

[Die Coronavirus-Krise ist auch für die Politik eine historische Herausforderung. Jeden Morgen informieren wir Sie, liebe Leserinnen und Leser, in unserer Morgenlage über die politischen Entscheidungen, Nachrichten und Hintergründe. Zur kostenlosen Anmeldung geht es hier.]

Der schleswig-holsteinische Bundestagsabgeordnete Lorenz Gösta Beutin, Klimapolitiker der Fraktion, sagte am Montag dem Tagesspiegel: ,,Wie beim Klimaschutz steht die Linke bei der Corona-Bekämpfung auf der Seite der Wissenschaft. Wer glaubt, Bill Gates steht hinter einer weltweiten Pandemie, der glaubt auch, dass die Chinesen den Klimawandel erfunden haben." Auch Beutin fordert, dass die Lasten der Krise gerecht verteilt werden müssten und es zu keinen neuen Ungerechtigkeiten kommen dürfe. Zugleich stellt der Kieler Linken-Politiker aber fest: ,,Die Demokratie in Deutschland funktioniert auch in Pandemie-Krisenzeiten."

Mit Blick auf Hunko sagt Beutin: ,,Linke demonstrieren nicht mit Verschwörungsanhängern, Neonazis und Demokratiefeinden, sondern gegen sie." Die vereinzelte Teilnahme von Linken an ,,Hygiene-Demos" sei keine Parteilinie und nur ,,irrelevante Einzelmeinung".

Hunko war erst im Februar zum stellvertretenden Vorsitzenden der Linken-Bundestagsfraktion gewählt worden. Er war der Wunschkandidat von Bartsch und Mohamed Ali und setzte sich damals in einer Kampfabstimmung gegen die Innenpolitikerin Martina Renner durch. Immer wieder hatte Hunko zuvor innerparteiliche Debatten ausgelöst, etwa mit seinem Moskau-freundlichen Kurs in der Ukraine-Politik und umstrittener Venezuela-Solidarität.

Anfang März war Hunko beteiligt an der umstrittenen Strafanzeige von acht Linken-Bundestagsabgeordneten gegen Kanzlerin Angela Merkel, die angeblich mitverantwortlich für die ,,Ermordung" des iranischen Generals Qassem Soleimani sein soll, weil der ,,völkerrechtswidrige Drohnenangriff" über den US-Luftwaffenstützpunkt in Rheinland-Pfalz gesteuert worden sei.

Mit seinem Kurs zur Annäherung an die Corona-Skeptiker hat Hunko nun erneut größere Teile von Parteivorstand und Fraktion gegen sich aufgebracht. Auf dem Bundesparteitag Ende Oktober/Anfang November in Erfurt - dieser war für Juni geplant, ist aber wegen der Pandemie verlegt worden - könnte der NRW-Bundestagsabgeordnete als Mitglied des Parteivorstandes abgewählt werden.

Die Bundestagsfraktion hat aktuell mehr Sanktionsmöglichkeiten, wie in Parteikreisen erläutert wird. In jeder Sitzungswoche könnte Hunko von seinem Amt als Fraktionsvize abgelöst werden, wenn die Mehrheit der Abgeordneten das wolle, heißt es. Bartsch und Mohamed Ali äußerten sich bisher nicht öffentlich zu der Causa.



Aus: "Auftritt vor Corona-Rebellen in Aachen: Eklat um Linken-Fraktionsvize Andrej Hunko" Matthias Meisner ()
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/auftritt-vor-corona-rebellen-in-aachen-eklat-um-linken-fraktionsvize-andrej-hunko/25839888.html

Quotecrossoverhill 19.05.2020, 10:10 Uhr
Ein, zwei Deppen muss jede Partei ertragen. Schon um die Seriosität der anderen zu belegen.
Nur in der AfD, vor allem in Brandenburg, ist dieses Verhältnis umgekehrt.


QuoteFlo_Mu 18.05.2020, 21:37 Uhr
Sehr geehrter Herr Meisner, meinen Sie nicht, dass es fair wäre, auf den Text der Rede, die Herr Hunko gehalten hat, zu verweisen?
Dann hätten alle Leserinnen und Leser selber unkompliziert die Möglichkeit, sich ein eigenes Bild von dem Gesagten zu machen!
Das wäre das Mindeste, daher hier der Link auf das vollständige Manuskript: https://www.facebook.com/704862432868718/posts/3229740553714214/?d=n

Andrej Hunko
May 16 at 4:12 AM ·

Redemanuskript für die Kundgebung ,,Die Gedanken sind frei" am 16. Mai in Aachen

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Aachenerinnen und Aachener,

zunächst einmal vielen Dank auf dieser Kundgebung sprechen zu können. Mein Name ist Andrej Hunko, ich bin Bundestagsabgeordneter der Linken aus Aachen und u.a. Mitglied des Sozial- und Gesundheitsausschusses des Europarates. Ich habe mir lange überlegt hier zu sprechen und bin auch von vielen Menschen, die ich sehr schätze, aufgefordert worden, es nicht zu tun. Deshalb ganz kurz hier meine Motive:

Ich spüre seit einigen Wochen einige wachsende Sorge in Teilen der Bevölkerung, dass es im Zuge zu einem längerfristigen Abbau von Grund- und Freiheitsrechten kommen kann, wie es Edward Snowden hier ausdrückt, ,,The virus is harmful, the destruction of rights is fatal", eine Sorge, die sich bei vielen mischt mit der wachsenden Sorge um die eigene soziale und wirtschaftliche Situation, weil die Konsequenzen des Lockdown erst langsam spürbar werden. Diese Sorge braucht eine demokratische Ausdrucksform und Versammlungen wie diese hier sind ein ur-demokratisches Recht, um sich ausdrücken zu können.

Und diese Sorge ist nicht ganz grundlos: Insbesondere die versuchte Einführung eines sog. Immunitätsausweises durch die Bundesregierung vor zwei Wochen, mit einer Koppelung an die Wiederherstellung bestimmter Grundrechte, sei es durch Antikörpertests oder durch Impfung, hat eine Empörungswelle ausgelöst. Ich hatte noch am Tag des entsprechenden Kabinettsbeschlusses eine Anfrage dazu gestellt und unser Fraktionsvorsitzender Dietmar Bartsch hat das umgehend öffentlich scharf verurteilt. Wenige Tage später ist dieser Passus durch den öffentlichen Druck aus der Kabinettsvorlage gestrichen worden. Vorgestern wurde diese zweite Novelle zum Infektionsschutzgesetz mit den Stimmen von SPD und CDU (also in Aachen Ulla Schmidt und Rudolf Henke) verabschiedet, allerdings ohne den Passus. Gleichwohl haben wir Linken das Gesetz geschlossen abgelehnt, weil es immer noch zu weitreichende Kompetenzübertragungen an das Gesundheitsministerium enthält und z.B. am neoliberalen Fallpauschalenprinzip in der Krankenhausfinanzierung festhält.

Aber Jens Spahn hat schon angekündigt an dem Vorstoß für einen Immunitätsausweis festhalten zu wollen. Und auch an einer Corona-Tracing-App, die in ihrer ursprünglichen Form mit zentraler Datenspeicherung dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet hätte. Und ich bin froh, dass es dagegen breiten Protest gegeben hat und er auch hier einen Rückzieher machen musste. Ich sage Danke an eine demokratische Zivilgesellschaft, die eben auch in Corona-Zeiten nicht alles durchwinkt. Zurecht hatte die Ethik-Kommission vor einigen Wochen vor dem Hintergrund der Corona-Krise vor einer Gefahr des ,,obrigkeitsstaatlichen Denkens" gewarnt und dieses obrigkeitsstaatliche Denken darf es nicht geben.

Ein Problem der öffentlichen Debatte im Zuge der Corona-Krise ist aus meiner Sicht, dass eine Minderheit, aber eine relevante und gewichtige Minderheit von Experten aber auch Teile der Bevölkerung, die eine andere Sicht auf die Gefahren von Covid-19 und die entsprechenden Maßnahmen haben, aggressiv aus dem öffentlichen Diskurs ausgegrenzt wurde oder übel diffamiert wurden!

Etwa Wolfgang Wodarg, den ich aus dem Europarat kenne mit dem ich im Untersuchungsausschuss des Europarates zur Schweinegrippe zusammengearbeitet hatte, oder Sucharit Bakhdi oder etwa der ehemalige Leiter des europäischen Zweigs der Epidemiologen Ulrich Keil aus Münster, um nur einige zu nennen. Ihre Sichtweise, die ich mir nicht vollständig zu eigen mache, aber die Teil eines demokratischen Diskurses sein müssten, hat dann über die alternativen Medien enormes Interesse ausgelöst. Ja, es gibt Teile dieser alternativen Medien, die krude Vorstellungen verbreiten, mit denen ich nichts zu tun haben will. Aber die Popularität dieser Medien hat Gründe, die in einer Darstellung in den sog. Mainstream-Medien liegen, die oft eher an Meinungsmache erinnert, denn an journalistischer Aufklärung.

Wenn jetzt diejenigen, die aus Sorge vor langfristigen Grundrechte-Einschränkungen auf die Straße gehen pauschal als ,,irre Verschwörungstheoretiker" oder Rechtsextremisten diffamiert werden, so läuft etwas grundlegend falsch. Diese Unterstellungen müssen aufhören. Aber ich will hier auch ganz klar sagen: Mit tatsächlichen Rechtsextremisten oder mit Leuten, die glauben, hinter Corona stehe ein Masterplan zur Ausrottung der Menschheit will ich auch nichts zu tun haben. Aber das ist nicht die Mehrheit der Menschen, die jetzt auf die Straße gehen.

Und auch nicht mit der AFD, die jetzt am Hauptbahnhof demonstriert und versucht auf den Zug aufzuspringen. Vorgestern im Bundestag habe ich sie damit konfrontiert, dass ihr erklärtes Vorbild Viktor Orban in Ungarn das bei weitem drakonischste Notfallgesetz in Europa eingeführt hat, mit völliger Entmachtung des Parlamentes, Regieren per Dekret und mit einem Desinformationsgesetz, auf der Grundlage Kritiker der Corona-Politik der Regierung Besuch von der Polizei bekommen und abgeführt wurden. Und auch wenn Orban gestern angekündigt hat, die Gesetze zurück nehmen zu wollen, kann es doch nicht sein, dass in einer Demokratie solch weitreichende Aushebelungen von Grundrechten möglich sind. Und ich sage ganz klar: Ähnliche ,,fake-news-Strafgesetze", wie sie auch in Deutschland immer wieder ins Spiel gebracht werden, lehne ich strikt ab.

Ein Wort zur WHO und Bill Gates: Das Grundproblem ist aus meiner Sicht, dass die WHO nur noch zu weniger als 20% aus regulären öffentlichen Mitteln finanziert wird. An die Stelle der Finanzierung durch die Mitgliedsstaaten sind in den letzten 30 Jahren zunehmend private Akteure mit entsprechenden Interessen getreten, etwa große Pharma- und Impfstoffhersteller. Oder Einzelpersonen wie Bill Gates - im Osten würde man sie als Oligarchen bezeichnen –, die einen nicht zu legitimierenden Einfluss auf die Ausrichtung der WHO nehmen.

Etwa auf die starke einseitige Ausrichtung auf Impfprogramme, obwohl andere und einfachere Maßnahmen einen erheblich größeren Effekt auf die globale Gesundheit hätten, z. B. der Zugang zu sauberem Trinkwasser, an dessen Mangel täglich 1500 Menschen sterben - jeden Tag, jahrein, jahraus. Diese Kritik an der WHO, die übrigens nicht parlamentarisch kontrolliert wird, ist oft formuliert worden, auch vom Europarat. Und es muss eine Konsequenz aus der Corona-Krise sein, dass die WHO endlich wieder auf eine solide öffentliche Finanzierung gestellt wird und sich vom Einfluss privater Akteure befreit. Die Linksfraktion im Bundestag wird entsprechende Anträge einbringen.

Und das ist unabhängig davon, welche Motive man Bill Gates unterstellt, etwa ganz finstere Motive, wie es einige behaupten oder ganz humanistische, wie es andere meinen. Es kann einfach nicht sein, dass der zweitreichste Mann der Welt einen solchen Einfluss auf die Gesundheitspolitik der gesamten Menschheit und auch auf unsere Medien hat, das ist mit meiner Vorstellung von Demokratie völlig unvereinbar. An diesem Beispiel kann man auch sehen, wie die gewachsene Ungleichheit auf internationaler Ebene, die gewachsene Macht einiger Multimilliardäre einen negativen Einfluss auf gesellschaftliche Strukturen hat. Die WHO braucht solide öffentliche Finanzierung und auch mehr demokratische Kontrolle!

Ich bin kein grundsätzlicher Gegner von Impfungen, wie mir manchmal unterstellt wird. Impfungen können sehr sinnvoll sein und ich bin auch gegen viele Krankheiten geimpft. Aber bei der Schweinegrippe war es offensichtlich und ist auch nachgewiesen, dass die Panikmache im Interesse des Vertriebs von möglichst vielen Impfdosen lag, die überflüssig war und die in der Summe etwa 30-40 Milliarden Dollar in die Kassen der Impfstoffhersteller gespült hatte. Seitdem ist der Einfluss der Impfstoffhersteller auf die Gesundheitspolitik eher gestiegen. Das macht die heutige Lage so schwierig: Eine Impfung kann zu einem sinnvollen Ausgang aus der Corona-Bedrohung führen, aber die Herstellung ist bei Corona-Viren äußerst schwierig und kann zu erheblichen Nebenwirkungen führen. Deshalb halte ich es für falsch, alle Hoffnung darauf zu setzen.

Und ich bin auch gegen eine Impfpflicht, wenn es mildere Mittel gibt. Deshalb habe ich vor einem halben Jahr auch gegen die faktische Masern-Impfpflicht von Jens Spahn gestimmt, weil ich nicht davon überzeugt bin, dass diese Impfpflicht die ohnehin sehr hohe Durchimpfungsrate verbessern würde. Und falls es einen Corona-Impfstoff geben sollte, werde ich sehr genau hinschauen.

Liebe Freundinnen und Freunde, noch ein paar Worte zur Situation in Deutschland: Ich kritisiere explizit nicht, dass die Bundesregierung mit Schutzmaßnahmen in Reaktion auf die Corona-Pandemie reagiert hat. Jeder Staat muss das machen und jeder Staat hat es gemacht. Corona ist gefährlich und darauf muss reagiert werden. Und ich bitte darum, mir nicht zu unterstellen, dass ich gegen Schutzmaßnahmen wäre. Und ich behaupte auch nicht, dass es sich bei Corona um eine harmlose Grippewelle handelt. Grippewellen sind im Übrigen oft nicht harmlos sind. Wer erinnert sich etwa noch an die Hongkong-Grippe 1968/69, an der alleine in Deutschland geschätzte 40.000 Menschen starben? Aber ich behalte mir das Recht vor, genau hinzuschauen was gemacht wird, möchte Lehren für die Zukunft ziehen und da tun sich für mich schon Fragen und Widersprüche auf:

Warum etwa wurde so spät reagiert? In Island, dass aus meiner Sicht in puncto Effektivität der Seuchenbekämpfung und Grundrechteschutz weltweit am besten dasteht und übrigens eine linke Gesundheitsministerin hat, wurde ab dem 24. Januar an den Flughäfen kontrolliert und ab Anfang Februar systematisch getestet. In Deutschland wurde gar nicht kontrolliert und dann ab Mitte März die Grenzen geschlossen. Systematisch getestet wird bis heute nicht. Als ich Ende Februar in Lateinamerika war, war dort an den Flughäfen Corona ein großes Thema, bei der Rückkehr in Deutschland nicht. Noch im Februar wurden im Bayrischen Rundfunk diejenigen als Verschwörungstheoretiker abgetan, die behaupteten Corona ist gefährlich. Heute ist es umgekehrt. Freundlich gesagt: Die Vorsorge war unzureichend und chaotisch.

Warum wurden und werden die Zahlen der positiv Getesteten bis heute so intransparent aufbereitet, also ohne Verhältnis zu den negativ Getesteten. Warum gibt es trotz gerade mal 30%-prozentiger Auslastung der Testkapazitäten keine Versuche einer repräsentativen Stichprobentestung, wie ich es seit Ende März fordere. Warum hat das RKI empfohlen, die Gestorbenen nicht zu obduzieren, obwohl die genaue Kenntnis der Todesursache von überragender Bedeutung für die Erkrankten ist? Warum stellt das RKI seine regelmäßigen Pressekonferenzen ein, obwohl das Interesse überragend ist? Warum eröffnen erst shopping-malls, während Kindergärten geschlossen bleiben, obwohl Untersuchungen bestätigen, dass Kinder kein oder nur ein geringes Risiko als Überträger darstellen? Warum wird die an sich sinnvolle Maßnahme der Regionalisierung mit 50 pro 100000 Neuinfizierten in einer Woche nicht geknüpft an eine bestimmte Anzahl von Tests? Warum ist die Reproduktionszahl schon vor dem Lockdown am 23. März unter 1 gefallen? Warum wird eine international umstrittene Maskenpflicht am Ende der jetzigen Pandemie-Welle eingeführt? Und die große Frage: Haben einige der Maßnahmen, insbesondere die grundrechtsbezogenen Maßnahmen, nicht zu einem größeren Schaden geführt, als ihr Nutzen war?

Niemand kann heute all diese Fragen 100% beantworten. Ich unterstelle der Bundesregierung auch nicht, bei den Schutzmaßnahmen in böser Absicht zu handeln. Und in einer unübersichtlichen Situation muss eine Regierung auch weitreichende Schutzvorkehrungen treffen. Aber angesichts der Dimension der Folgewirkungen, angesichts der weitgehensten Grundrechteeinschränkungen in der Geschichte der Bundesrepublik, erwarte ich schon eine transparente Aufarbeitung der Geschehnisse eine maximale Evaluierung und Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der einzelnen Maßnahmen.

Liebe Freundinnen und Freunde, noch ein paar Worte zu den sozialen und wirtschaftlichen Folgen: Wir stehen vor dem größten Wirtschaftseinbruch seit dem zweiten Weltkrieg. Die Debatte um die richtige Gesundheitspolitik wird in den nächsten Wochen und Monaten von der Debatte um die richtige Wirtschafts- und Sozialpolitik verdrängt werden. Viele Menschen werden ihre Existenzgrundlage verlieren. Es wird auch m.E. wieder zu Sozialprotesten kommen.

Angela Merkel hat am Mittwoch in der Fragestunde gesagt, es wird keine Steuererhöhungen und auch keine Vermögensabgabe etwa nach dem Vorbild des Lastenausgleichs Anfang der 50er Jahre geben, wie wir das fordern. Das bedeutet aber auch, dass die Vermögenden geschont werden und die Kosten der Krise andere zahlen sollen, also die sog. kleinen Leute. Es hat im Zuge der Corona-Krise sehr viel Solidarität in der Bevölkerung gegeben, ich finde, diese Solidarität muss man beim Wiederaufbau der Wirtschaft auch von denjenigen erwartet, die es sich leisten können.

Und es kann dabei nicht sein, dass Konzerne Staatshilfen erhalten, die Dividenden ausschütten, die ihren Managern Boni ausschütten oder die in Steueroasen sitzen. Das muss verhindert werden.

Und der durch die notwendigen staatlichen Hilfen gewachsene Einfluss muss auch dazu genutzt werden, die Produktion sozial-ökologisch und klimagerecht auszurichten. In Deutschland und Europa. Die Krise bietet hierzu auch eine Chance.

Und auch das Gesundheitssystem muss als Folge der jetzigen Debatte auf den Prüfstand: Es kann doch nicht sein, dass unser Gesundheitssystem mehr und mehr privatisiert wurde, dass Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen nach betriebswirtschaftlicher Profitlogik funktionieren sollen. Ich finde Gesundheit darf keine Ware sein und gehört in öffentliche Hand!

Zum Schluss noch ein paar Wort zu unserer Kultur untereinander: Es hat ja in den letzten Tagen auch in Aachen einige Auseinandersetzungen gegeben. Und diese Auseinandersetzungen haben eine Schärfe angenommen, die ich mir nur mit der Angst erklären kann: Die einen haben Angst vor dem Virus, das wir angesichts der Lockerungen vor einer zweiten Welle stehen, die anderen haben Angst vor dauerhaften Grundrechte-Einschränkungen oder vor den sozialen Folgen der Maßnahmen. Beide haben gute Gründe für ihre Haltung. Bitte lasst uns respektvoll miteinander umgehen, haltet die Abstandsregeln ein und beschimpft nicht die anderen, die es vielleicht anders sehen.

Bleibt gesund und bleibt kritisch!




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Quote[...] Beinahe scheint es, als gehöre es in diesen Tagen zum guten Ton, sich über Verschwörungstheoretiker lustig zu machen. Kein Wunder: Die wachsende Gemeinschaft der ideologischen Schwurbler gibt laufend neuen Anlass. Immer abstruser wird das Gerede von der großen Gates-Verschwörung, der drohenden Zwangsimpfung mit Mikrochip-Implantaten und der planvollen Vernichtung der Weltbevölkerung. In Deutschland folgen Tausende dem manisch insinuierenden Ken Jebsen oder dem raunenden Xavier Naidoo um gegen eine vermeintliche ,,Corona-Diktatur" aufzubegehren.

Und witzig ist das längst nicht mehr. Kochbuchautor Attila Hildmann fabulierte am vergangenen Wochenende vor dem Reichstag gar von ,,kleinen Eliten, die nur böses vorhaben" und warnte die Anwesenden: ,,Viele von Euch werden umgebracht." Beinahe wirkte es, als habe er sich das Vokabular seiner Rede in der antisemitischen Hetzschrift der ,,Protokolle der Weisen von Zion" geborgt. Zwar machte Hildmann nicht Juden für die Situation verantwortlich, doch Rhetorik und Argumentationsformen erinnerten in beängstigender Weise an das Pamphlet.

Die Protokolle gelten als Prototyp moderner Verschwörungstheorien. Ihre Wirkungsgeschichte steht beispielhaft dafür, wie schwer es ist, gegen solche Ideologien vorzugehen. Die vermeintlichen Dokumente einer jüdischen Weltverschwörung wurden in einem international beachteten Schweizer Strafprozess in den 1930er Jahren als Fälschung entlarvt. Den mörderischen Antisemitismus der Nationalsozialisten konnte das trotzdem nicht stoppen. Hannah Arendt stellte später fest: ,,Wenn (...) eine so offensichtliche Fälschung wie die Protokolle der Weisen von Zion von so vielen geglaubt wird (...), so handelt es sich darum zu erklären, wie dies möglich ist, aber nicht darum, zum hundertsten Male zu beweisen, was ohnehin alle Welt weiß, nämlich, dass man es mit einer Fälschung zu tun hat."

Heute sind Verschwörungstheoretiker eine wissenschaftlich gut erforschte Spezies. Experten wurden in den vergangenen Wochen nicht müde zu erklären, dass Menschen in Krisen versuchen, Kontrolle über ihre Unsicherheit zu erringen. Für abstrakte Problemstellungen wie eine Pandemie werden dabei kurzerhand Einzelpersonen und Gruppen verantwortlich gemacht. Es sind ihre abstrusen Analysen, weswegen Verschwörungstheoretikern oftmals der Stempel des irrationalen Außenseiters, psychisch Kranken oder schlicht des Spinners aufgedrückt wird. Doch das ist zu einfach.

Denn wirre Ideologien stehen keineswegs im Widerspruch zum Ideal einer aufgeklärten Gesellschaft. Nicht umsonst war das 18. Jahrhundert, die große Epoche der Aufklärung, eine Blütezeit von Verschwörungstheorien. Wo nicht mehr Gott oder mythische Kräfte das menschliche Schicksal lenken, schien es für das rationale Denken naheliegend zu sein, dass Menschen im Verborgenen handeln müssen, sich heimlich untereinander absprechen. Verschwörungstheorien können darum auch als Schattenseite einer durchrationalisierten Gesellschaft gewertet werden, als hilfloser Versuch einer Antwort in Zeiten existenzieller Verunsicherung.

Dieses Denken ist allerdings keine anthropologische Grundkonstante, sondern verändert seinen Charakter mit den Problemstellungen der jeweiligen historischen Konstellation. So haben vermeintlich absurde Erklärungsmuster auch in der liberalen Demokratie durchaus eine Funktion im gesellschaftlichen und psychologischen Haushalt. Wiederholt stellten Studien fest, dass gefährliches Verschwörungsdenken besonders dort in Erscheinung tritt, wo sich Teile der Gesellschaft permanent bedroht fühlen. Menschen, die ihre Lebenssituation als ungerecht empfinden oder sich von der Politik allein gelassen fühlten, glauben signifikant häufiger an Verschwörungstheorien. Demzufolge könnten diese Denkmuster im Sinne von Theodor W. Adorno durchaus als ,,Wundmale der Demokratie, die ihrem eigenen Begriff eben doch bis heute noch nicht voll gerecht wird" bezeichnet werden.

Erst im vergangenen Jahr offenbarte die Mitte-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung, dass weniger als die Hälfte der Menschen in Deutschland damit zufrieden ist, wie die Demokratie funktioniert. Unter Arbeitern waren sogar 70 Prozent unzufrieden. Michael Butter, der ein EU-Forschungsprojekt zu Verschwörungstheorien leitet, führt an, dass auch die erneute Bildung einer Großen Koalition ,,unfreiwillig dazu beigetragen hat, dass der Nährboden für Verschwörungstheorien größer geworden ist". Das Gefühl verstärke sich: Es ist längst egal, wen ich wähle, meine Stimme macht ohnehin keinen Unterschied.

Menschen stehen in modernen Gesellschaften nicht mehr unter der Kontrolle von willkürlichen Herrschern oder fremden Mächten. Stattdessen soll die unsichtbare Hand des Marktes das Geschehen lenken. In Krisenzeiten wird diese aber leicht mit der Hand eines Puppenspielers verwechselt, die die Marionetten der Ökonomie tanzen lässt. Statt das Weltwirtschaftssystem als krisenanfälliges, komplexes gesellschaftliches Verhältnis zu erfassen, schlägt das menschliche Bedürfnis nach Unmittelbarkeit in personalisierendes Denken um.

Das Feindbild Bill Gates könnte dabei auch ein Platzhalter für das Unbehagen gegenüber ökonomischen Machtverhältnissen sein, in denen ein einziger Mensch so viel Geld wie ganze Volkswirtschaften besitzt. Nein, Gates steuert die Weltgesundheitsorganisation nicht, um perfide Sterilisationspläne durchzusetzen – aber ohne seine Stiftung als privater Geldgeber würde die Koordinationsbehörde der Vereinten Nationen womöglich zusammenbrechen.

Wo das Recht auf Privateigentum höher eingeschätzt wird als demokratische Mitgestaltungsmöglichkeiten, können Verschwörungstheorien durchaus als gefährlicher Ausdruck einer erlebten Ohnmacht gewertet werden. Wenn Menschen ein Ablassventil für ihre diffuse Frustration suchen, liegt der Griff zur Ideologie nahe. Verschwörungstheorien sind somit auch ein Warnsignal, ein Ausweis der geistigen Entfremdung des Individuums von der Gesellschaft.

Es gilt wachsam zu bleiben: Im Zuge der ,,Mitte-Studie" bejahten im vergangenen Jahr übrigens auch die Hälfte der Befragten die These, es gäbe geheime Organisationen, die Einfluss auf politische Entscheidungen haben. Ebenso viele stimmten der Aussage zu, den eigenen Gefühlen mehr zu vertrauen als Experten. Und so scheint nicht erst mit der Krise der Nährboden für Verschwörungstheorien bereitet zu werden. Vielmehr ist sie das Brennglas, das ein tiefergreifendes Problem offenbart. Und die perfekte Bühne für Querfrontstrategen, um das Heer der Verängstigten zu mobilisieren.


Aus: "Ideologien in der Coronakrise: Warum Verschwörungstheoretiker nicht einfach nur Spinner sind" Hannes Soltau (19.05.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/kultur/ideologien-in-der-coronakrise-warum-verschwoerungstheoretiker-nicht-einfach-nur-spinner-sind/25844136.html

QuoteLiKoDe 09:32 Uhr

    Warum Verschwörungsvermutungen nicht einfach nur Spinnereien sind, sondern Zeichen einer geistigen Entfremdung einiger Individuuen von der Gesellschaft.

Nun, tatsächliche Verschwörungen waren, sind und werden immer real sein. Denn Eine Verschwörung ist eine geheime Zusammenarbeit mehrerer Personen zum Nachteil Dritter. Man gucke dazu in die Geschichte sowie ins BGB, StGB oder GG.

Je weniger man sich Vorgänge selbst erklären kann, desto eher wird man irgendwas vermuten, das man womöglich nicht bestätigen oder widerlegen kann. Im Austausch mit anderen wird daraus dann schnell ein Gerücht, das über Selbst- und Fremverstärkung sich verbreitet und ausweitet.

Verfügt man aber über ausreichende Kenntnisse in Sprache, Physik, Chemie, Biologie, Technik, Mathematik und Gesellschaftslehre, kann man die Wahrheit selbst erkunden und von Lug und Trug unterscheiden, wie Sir Arthur Conan Doyle es seinen Sherlock Holmes machen lässt:

    "Wenn man das Unmögliche ausgeschlossen hat, muss das, was übrig bleibt, die Wahrheit sein, so unwahrscheinlich sie auch klingen mag."


QuoteUrbanJazz 19.05.2020, 20:59 Uhr

    Auch die Hälfte der Befragten

    Ebenso viele stimmten der Aussage zu, den eigenen Gefühlen mehr zu vertrauen als Experten.

Der Mensch ist ein irrationales Wesen. Und das zeigt sich derzeit wieder deutlich. Entweder man hat Angst vor Corona oder aber das Lustprinzip triumphiert (wir wollen aber unseren Urlaub!).


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