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[Sigmund Freud (1856-1939) ... ]

Started by Link, August 29, 2019, 02:34:28 PM

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Sigmund Freud (geboren am 6. Mai 1856 in Freiberg, Mähren als Sigismund Schlomo Freud; gestorben am 23. September 1939 in London) war ein österreichischer Neurologe, Tiefenpsychologe, Kulturtheoretiker und Religionskritiker. Er ist der Begründer der Psychoanalyse und gilt als einer der einflussreichsten Denker des 20. Jahrhunderts. Seine Theorien und Methoden werden bis heute diskutiert, angewendet und kritisiert. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Sigmund_Freud

Die Psychoanalyse (von altgriechisch ψυχή psychḗ ,Atem, Hauch, Seele', und ἀνάλυσις analysis ,Zerlegung', im Sinne von ,,Untersuchung der Seele") ist eine psychologische Theorie, Kulturtheorie, psychotherapeutische Behandlungsform und Methode zur Selbsterfahrung, die um 1890 von dem Wiener Neurologen Sigmund Freud begründet wurde. Aus der Psychoanalyse haben sich die verschiedenen Schulen der Tiefenpsychologie entwickelt. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Psychoanalyse

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Sigmund Freud - Abhandlungen
Die Traumdeutung
Bemerkungen über einen Fall von Zwangsneurose
Über die Berechtigung, von der Neurasthenie einen bestimmten Symptomenkomplex als ,,Angstneurose" abzutrennen
Das Unbewußte
Jenseits des Lustprinzips
Massenpsychologie und Ich-Analyse
Das Ich und das Es
Die Zukunft einer Illusion
Das Unbehagen in der Kultur
https://www.textlog.de/freud/abhandlungen/titel

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"An introduction to Psychoanalysis" (10.06.2019)
Lecture by Professor Aleksandar Dimitrijevic at Mittelweg 50 in Berlin 23 of February 2019 for Berlin Psychoanalytic.
Psychoanalysis should be free! From this motto, we're looking at making the insights of more than a century of psychoanalytic understanding available to anyone and everywhere.
https://youtu.be/dZxg9zRAXmo

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"Projection" (19.11.2019)
What is projection as a defense mechanism? How is it different than projective identification?
https://youtu.be/k8GtscZxemo

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"Introduction To Psychoanalysis: Otto Kernberg" (10.12.2018)
INTERNATIONAL PSYCHOANALYTICAL ASSOCIATION
https://youtu.be/UOkG8J9OxKs

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In Die Traumdeutung stellte der österreichische Arzt Sigmund Freud eine neuartige Traumtheorie vor, die den Zusammenhang zwischen Träumen und persönlicher Lebensgeschichte in den Vordergrund rückt. Die Erstausgabe erschien am 4. November 1899 und wurde auf das Jahr 1900 vordatiert.[2] Die Traumdeutung gehört zu den meistgelesenen und einflussreichsten Büchern des 20. Jahrhunderts. ...

Die Traumdeutung
http://german.lss.wisc.edu/~smoedersheim/gr677wm/texte/FreudTraumdeutung.pdf

https://archive.org/details/Freud_1900_Die_Traumdeutung_k

http://gutenberg.spiegel.de/buch/die-traumdeutung-907/1

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Sigmund Freud Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse Teil 1 Fehlleistungen - Einleitung
Hören Sie hier, neu eingelesen von Volker Braumann, die Einleitung zum ersten Teil der von Sigmund Freud gehaltenen Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse: Die Fehlleistungen. Den kompletten ersten Teil mit seinen vier Vorlesungen zu dem Thema finden Sie auf:
sprecher-volkerbraumann.de
1916-1917 hielt Sigmund Freud drei Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse. Von der Darstellung der Fehlleistungen (Erster Teil) über die zentrale Bedeutung des Traums in der Psychoanalyse (Zweiter Teil) bis hin zur systematischen Vorstellung der allgemeinen Neurosenlehre (dritter Teil) bietet Sigmund Freud mit seinen Vorlesungen eine hervorragende und gut verständliche Einführung in sein bahnbrechendes Werk und in sein Denken. ...
https://youtu.be/BbSD5XXyvsg

Teil 2:
Sigmund Freud Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse Teil 2, 7. Vorlesung: Der Traum
https://youtu.be/CWwigRhT7P0

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Freuds "Traumdeutung" wieder gelesen
Zusammengefasst und kritisiert 100 Jahre spaeter von Gerald Mackenthun (Berlin)
http://ppfi.de/BUCHBESP/FREUD00.HTM

In Die Traumdeutung stellte der österreichische Arzt Sigmund Freud eine neuartige Traumtheorie vor, die den Zusammenhang zwischen Träumen und persönlicher Lebensgeschichte in den Vordergrund rückt.[1] Die Erstausgabe erschien am 4. November 1899 und wurde auf das Jahr 1900 vordatiert. Die Traumdeutung gehört zu den meistgelesenen und einflussreichsten Büchern des 20. Jahrhunderts. ... Die Traumdeutung führt die grundlegenden Elemente von Freuds Psychoanalyse zum ersten Mal zusammen: das Unbewusste, die Verdrängung, die frühkindliche Sexualität und die Arbeit an der Bewusstmachung verborgener Konflikte als therapeutischer Methode. Träume haben nach Freud einen Sinn, der sich hermeneutisch erschließen lässt. Im Traum streben inakzeptable, von der Zensur des psychischen Apparats verdrängte Wünsche, die häufig einen sexuellen Hintergrund haben und mit Kindheitserlebnissen in Verbindung stehen, nach Erfüllung. Da Erregung den Schlaf gefährden würde, werden die Wünsche durch ,,Verdichtung" und ,,Verschiebung" verschleiert. Die Interpretation von Träumen mithilfe eines Therapeuten macht zuvor unbewusste innere Störungen und Zwiespalte einer Bearbeitung zugänglich. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Traumdeutung

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Das Ich und das Es ist eine Schrift von Sigmund Freud, die 1923 veröffentlicht wurde. Freud entwickelte in ihr ein Modell der Psyche und ihrer Funktionsweise.
Das Seelenleben wird demnach durch die Beziehungen zwischen drei Instanzen bestimmt, die schrittweise auseinander hervorgehen: dem Es, dem Ich und dem Über-Ich. Dieses genetische Strukturmodell der Psyche wird meist als zweite Topik bezeichnet, also als zweites räumliches Modell, im Unterschied zur ersten Topik, die Freud in der Traumdeutung von 1900 vorgelegt hatte.
Das Es enthält die psychischen Repräsentanzen der organischen Triebe, die auf sofortige Befriedigung drängen. Es enthält außerdem das Verdrängte: Vorstellungen, die früher bewusst waren. Das Es ist von der Außenwelt abgeschnitten; unter dem Einfluss der Außenwelt entsteht aus ihm das Ich. Das Ich kontrolliert den Zugang zur Außenwelt durch Wahrnehmung und Motorik und versucht, gestützt auf das Denken, eine realitätsangemessene Befriedigung der Es-Bedürfnisse herbeizuführen. Aus dem Ich entwickelt sich durch die Identifizierung mit den Eltern das Über-Ich. Das Über-Ich richtet seine Aggression gegen das Ich und kritisiert es; das Ich reagiert hierauf mit Schuldgefühlen, die häufig unbewusst sind.
Die Verdrängung oder Abwehr vollzieht sich nicht, wie Freud früher angenommen hatte, zwischen dem Bewusstsein als der verdrängenden Instanz und dem Unbewussten als dem Verdrängten. Die Instanzen, die die Verdrängung vollziehen, sind vielmehr das Ich und das Über-Ich; beide Instanzen sind teilweise unbewusst. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Das_Ich_und_das_Es

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Das Unbehagen in der Kultur ist der Titel einer 1930 erschienenen Schrift von Sigmund Freud. Die Arbeit ist, neben Massenpsychologie und Ich-Analyse von 1921, Freuds umfassendste kulturtheoretische Abhandlung; sie gehört zu den einflussreichsten kulturkritischen Schriften des 20. Jahrhunderts. Thema ist der Gegensatz zwischen der Kultur und den Triebregungen. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Das_Unbehagen_in_der_Kultur

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Entdeckungen auf der Couch von Sigmund Freud - Teil 1 (Hörbuch Psychologie Komplett 2016)
https://youtu.be/X531kFiY1Tg

Entdeckungen auf der Couch von Sigmund Freud - Teil 2 (Hörbuch Psychologie Komplett 2016)
https://youtu.be/DDAlSrWBnMY

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#1
Freud and the Arts | Lecture 1
Stillpoint Spaces Berlin
Am 27.02.2017 veröffentlicht
Sigmund Freud's work is deeply infused by his fascination for the artistic take on humanity. Not only can his style of writing be picturesque at times; metaphors and references of the arts emerge throughout all of his writings.
Freud even experimented with interpreting pieces of art, creating a genre called "psychobiographies". The duality of science and aesthetics in his work frames the focus of this first lecture. Lecture series with Aleksandar Dimitrijevic.
Recorded at Stillpoint Spaces Berlin on February 20th, 2017.
https://youtu.be/Y5M5fu5YSSY

Freud and the Arts | Lecture 2
https://youtu.be/-MVBXIMH8q0

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Quote[...] Am 23. September 1939 ist Sigmund Freud in London gestorben. Sechzehn Jahre lang war er deutlich von seinem Mundhöhlen-Karzinom gezeichnet. 32 Operationen und die erheblichen Folgeschäden (nicht mehr richtig essen und sprechen können) hat er mit stoischer Würde ertragen. Schon zu Beginn seiner Krebserkrankung, noch bevor er eigentlich die Diagnose kannte, äußerte er die Möglichkeit von aktiver Sterbehilfe. Zu dieser ist es dann sechzehn Jahre später gekommen: Freud starb keinen natürlichen Tod, sondern durch assistierten Suizid, genauer durch Tötung auf Verlangen. Der erste Arzt, den er damals konsultierte, war sein Schüler und Leibarzt Felix Deutsch in Wien. Felix und seine Ehefrau Helene Deutsch waren beide Psychoanalytiker und Schüler Freuds. Wegen ihrer jüdischen Herkunft emigrierten beide 1936 in die USA. Felix Deutsch wurde dort der erste Professor für Psychosomatische Medizin an der Washington University in Sankt Louis, Missouri. Dass Freud gerade ihn als seinen Leibarzt auswählte, lag an seiner internistischen Kompetenz. Er hatte sich 1919 an der Universität Wien für Innere Medizin habilitiert und erhielt 1921 einen Lehrauftrag. Im Jahr 1923, als Freud ihm die verdächtige Stelle in seiner Mundhöhle zeigte, war Felix Deutsch sichtlich überfordert. Als Schüler des großen Meisters war er nicht in der Lage, diesen mit der ganzen grausamen Realität zu konfrontieren. Der Titel des vorliegenden Essays geht auf die sehr entscheidende Begegnung vom 7. April 1923 zurück. Freud bat nämlich Felix Deutsch, ihm im Ernstfall zu helfen, ,,mit Anstand von dieser Welt zu verschwinden". Als Freud schließlich im Jahr 1939 um ärztliche Suizidbeihilfe bat, war Felix Deutsch bereits 13 Jahre in den USA. So war es nun die Aufgabe des aktuellen Leibarztes Max Schur, Freud seinen letzten Wunsch zu erfüllen.

Im Februar 1923 zeigte Sigmund Freud seinem Schüler und Arzt Felix Deutsch eine verdächtige Stelle in seiner Mundhöhle, von der er vermutete, es handele sich um eine Leukoplakie. Nach mehreren Konsultationen anderer Ärzte erfolgte am 20. April 1923 eine erste Operation. Bemerkenswerterweise ließ sich jedoch Freud nicht von dem ausgewiesenen Experten Professor Hans Pichler, dem Leiter der Wiener Spezialabteilung für Kieferchirurgie operieren, sondern von dem HNO-Professor Markus Hajek, der Spezialist für Nasennebenhöhlen war. Vielleicht war dies ein fataler erster Fehler. Bei der Operation wäre Freud beinahe verblutet. Weiterhin konnte der Operateur nur einen Teil des Tumors entfernen und in der Tiefe des Oberkiefers befanden sich noch Tumorreste. Anschließend empfahl Professor Hajek eine Radiumtherapie, die bei Freud starke Schmerzen verursachte. Der engste Kreis von vertrauten Psychoanalytikern um Freud, das sogenannte ,,Komitee" (Karl Abraham, Max Eitington, Sandor Ferenczi, Ernest Jones, Otto Rank, Hanns Sachs) traf sich zu einer Geheimsitzung und beriet das weitere Vorgehen. Es wurde eine weitere Behandlung bei Professor Pichler empfohlen und organisiert (Cremerius 1989; Schmidbauer 2013). Die Operation erfolgte am 11. Oktober 1923. Sie dauerte 7 Stunden und es erfolgte eine ausgeprägte Knochenresektion. Von nun an musste Freud eine Kieferprothese tragen. Bis zum Ende seines Lebens waren Sprechen und Essen ohne Schmerzen nicht mehr möglich (Edmundson 2009). In den ersten fünf Jahren des Verlaufs der Krebserkrankung kam es zu mehr als 350 Konsultationen von Sigmund Freud bei Professor Pichler, in dessen Händen er sich sehr gut aufgehoben fühlte. Ein großes Manko war die fehlende Bereitschaft oder Fähigkeit Freuds, mit dem schädlichen Rauchen aufzuhören. Nach der ersten Operation kam es noch zu 32 weiteren Operationen, jeweils wegen Lokalrezidiven in der Mundhöhle (Csef 2017). Am 23. September 1939 ist Sigmund Freud nach einer 16 Jahre verlaufenden Krebserkrankung gestorben

Etwa ein halbes Jahr nach seiner ersten Krebsoperation schrieb Sigmund Freud an Lou Andreas-Salome, die zu seinen engsten Vertrauten gehörte:
,,Ich habe alle garstigen Realitäten gut überstanden, aber die Möglichkeiten vertrage ich schlecht, mit der Existenz auf Kündigung komme ich nicht zurecht." (Brief an Lou Andreas-Salome vom 13. Mai 1924).

Mit dieser Metapher der ,,Existenz auf Kündigung" deutete Sigmund Freud frühzeitig an, dass ihn die Ungewissheit der verbliebenen Überlebenszeit stark beschäftigt und beeinträchtigt. In die psychoonkologische Forschung ist dieser Zusammenhang als ,,Damoklesschwert-Syndrom" eingegangen (Csef & Flingelli 1993). Viele Krebskranke erleben die mögliche Todesdrohung wie ein Damoklesschwert, das über ihrem Haupt schwebt. Für viele bleibt ungewiss, ob sie an ihrer Krebserkrankung sterben werden und wann dies sein wird. Die ,,deadline" dieser ,,Existenz auf Kündigung" ist und bleibt ungewiss. Mit den ,,garstigen Realitäten" kam Freud ganz gut zurecht, aber jedoch nicht mit der Möglichkeit des Todes. Hiermit scheint der Tod als die Möglichkeit der radikalen Vernichtung auf (Gerisch 2009).

Jeder Arzt oder Psychologe, der längere Krebskranke betreut oder behandelt hat, wird zustimmen, dass zwei Grundfragen Krebskranke besonders umtreiben: Die Frage, ,,Warum gerade ich?" eröffnet vor allem Sinnfragen, z.B. ,,Warum habe ich überhaupt Krebs bekommen?" ,,Warum diese Art von Krebs?" ,,Warum gerade jetzt?" (Csef 1998). Freud hat sich mit diesen Fragen wenig auseinandergesetzt. Die Frage ,,Wie lange noch?" hat ihn mehr beschäftigt. Diese Frage fokussiert die Überlebenszeit, aber auch die Länge oder Dauer des qualvollen Leidens. Mit seiner Metapher ,,Existenz auf Kündigung" hat Freud dieses Thema genial auf den Punkt gebracht. Kurz vor dem Brief an Lou Andreas-Salome schrieb Freud an anderer Stelle über seine Krebserkrankung: ,,Es geht mir nicht sehr nahe. Man wird sich eine Weile mit den Mitteln der modernen Medizin wehren und sich dann der Mahnung von Bernhard Shaw erinnern: ,,Don't try to live for ever, you will not succeed." (zit. nach Kollbrunner 2001).



Schon Jahrzehnte vor seiner Krebsdiagnose schrieb Sigmund Freud an Wilhelm Fliess den bemerkenswerten Satz: ,,Ich bin ganz Karzinom geworden". (zit. nach Jacob 1989, S. 100). Diese Aussage Freuds stammt vom 19. Februar 1899, also 24 Jahre vor seiner Krebsdiagnose. Sein Leibarzt Max Schur beschäftigte sich intensiv mit diesem Phänomen und stellte die Frage, ob das Unbewusste Freuds etwas von der Krebserkrankung wissen oder ahnen konnte, lange bevor diese sich manifestierte. Wann immer Freud gefragt wurde, warum er das schädliche Rauchen nicht lassen könne, hat er geantwortet, dass ihm schöpferisches Arbeiten nur im Zusammenhang mit dem Genuss des Zigarrenrauchens möglich sei. Wiederholt sprach Freud davon, dass er eine ungeheure Arbeitswut in sich habe, einen großen Drang, sein eigenes Werk voranzubringen. Dieser mächtige Antrieb sei wie ein ,,innerer Tyrann" und sei wie ein Neoplasma oder eine Krebserkrankung, die alles andere aufzehre, was vom Menschen noch übrig sei. Die Verknüpfung von Arbeitswut und Rauchen brachte Freud in den Zusammenhang mit der Idee der Selbstopferung. Dies wiederum folgt der psychoanalytischen Deutung: ,,Ein Symptom entsteht dort, wo der verdrängte und der verdrängende Gedanke in einer Wunscherfüllung zusammentreffen können." (Jacob 1989, S. 100).

Literatur:
Alt, Peter-André (2016) Sigmund Freud. Der Arzt der Moderne. Eine Biographie. Beck, München
Cremerius, Johannes (1989) Freuds Sterben – Die Identität von Denken, Leben und Sterben. Jahrbuch der Psychoanalyse (24) 97-108
Csef, Herbert; Flingelli, Georg (1993) Lebenssinn und Überlebenswille bei Krebskranken. Daseinsanalyse 10, 180-186
Csef, Herbert; Kube, Anette (1998) Sinnfindung als Modus der Krankheitsverarbeitung bei Krebskranken. In: Csef, H. (Hrsg.) Sinnverlust und Sinnfindung in Gesundheit und Krankheit. Königshausen & Neumann, Würzburg, 325-343
Csef, Herbert (2017) Sigmund Freud und Thomas Mann als Krebskranke. Eine vergleichende Darstellung ihrer Krankheitsverarbeitung. Onkologische Welt, 8:8-13
Edmundson, Mark (2009) Sigmund Freud. Das Vermächtnis der letzten Jahre. DVA München
Gay, Peter (1989) Freud. Eine Biographie für unsere Zeit. S. Fischer, Frankfurt/Main
Gerisch, Benigna (2009) ,,Mit Anstand von dieser Welt verschwinden". Psychoanalytische Anmerkungen zur Suizidalität in Leben und Werk Sigmund Freuds.  literaturkritik.de Nr. 10, Oktober 2009
Jacob, Wolfgang (1989) Zur Krankheit Sigmund Freuds. H. Speidel u. B. Strauss (Hrsg.). In: Zukunftsaufgaben der Psychosomatischen Medizin. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg, S. 100-107
Kollbrunner, Jörg (2001) Der kranke Freud. Klett-Cotta, Stuttgart
Schmidbauer, Wolfgang (2013) Der Mensch Sigmund Freud. Ein seelisch verwundeter Arzt? Kindle Edition, Edel Elements
Schur, Max (1973) Sigmund Freud. Leben und Sterben. Suhrkamp, Frankfurt


Aus: ",,Mit Anstand von dieser Welt verschwinden" Zum 80. Todestag von Sigmund Freud" Herbert Csef (5. September 2019)
Quelle: https://www.tabularasamagazin.de/mit-anstand-von-dieser-welt-verschwinden-zum-80-todestag-von-sigmund-freud/


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Quote[...] Christian Kohlroß arbeitet als Einzel- und Paartherapeut in Berlin und Kuala Lumpur. 2017 erschien bei Dietz sein Buch ,,Kollektiv neurotisch. Warum die westliche Gesellschaft therapiebedürftig ist."

Was hat der Psychoanalytiker Sigmund Freud uns heute noch zu sagen? Anlässlich seines achtzigsten Todestages am 23. September kommen Sophie Dannenberg und Christoph Schwennicke im Cicero zu dem Schluss: Nicht mehr sehr viel! Und das, so scheint es, mit gutem Grund! Denn weder weiß die an den Universitäten derzeit vertretene psychologische Wissenschaft noch viel mit Freud anzufangen, noch steht die Psychoanalyse als Therapieform bei vielen Psychotherapeuten heute hoch im Kurs; es gibt einfach, wenn es um die Behandlung von Symptomen (und nicht um Selbsterfahrung) geht, längst effektivere Formen der Psychotherapie. Und trotzdem: Die Psychoanalyse ist aktueller denn je. Sie hat nichts von Ihrer Aktualität verloren.

Um die Aktualität der Psychoanalyse zu verstehen, muss man die psychoanalytische Theorie, also das monographische Werk des Autors Sigmund Freud, von dem Psychoanalyse genannten Behandlungsverfahren unterscheiden. Dieses Werk war Freuds eigenem Selbstverständnis zufolge immer ein ,,work in progress". Erst in der Wirkungsgeschichte, die bereits zu Freuds Lebzeiten beginnt, ist daraus dann eine vermeintlich in sich abgeschlossene, monolithische Lehre geworden.

Doch ist die allmähliche Verfertigung des Denkens beim Behandeln und Schreiben, die beständige Revision eigener Überzeugungen, mit einem Wort: Vorläufigkeit das auffälligste Stilmerkmal des Autors Freud. So dass Freud, lebte er heute, wahrscheinlich gar kein Freudianer mehr wäre, allenfalls noch ein Anhänger einer seiner Nachfahren, sagen wir Heinz Kohut, Jacques Lacan oder, mein persönlicher Favorit: Habib Davanloo. Aber selbst das ist alles andere als gewiss.

Dass aber nun dieses Werk bei vielen wissenschaftlichen Psychologen unserer Tage trotz seiner eingestandenen Vorläufigkeit nicht gut beleumundet ist, hängt damit zusammen, dass diese Vorläufigkeit auch Eingang in die um äußerste Klarheit und Präzision bemühte Sprache Freuds gefunden hat. Vieles von dem, was Freud entwirft, sind nämlich Sprach- und Denkbilder – wie der Ödipuskomplex, der Penisneid, das sogenannte topische Modell von Ich, Es und Über-Ich oder auch das mythische Narrativ der Tötung des Urvaters (in ,,Totem und Tabu"). Durch die Schaffung dieser und anderer Metaphern, Allegorien, Mythen und Modelle hat Freud nicht nur ein bis dahin unvorstellbares neues Vokabular des Seelenlebens geschaffen. Er hat auch eine neue Form der Wissenschaft geschaffen – nämlich eine Wissenschaft, die empirisch begründet ist und sich zugleich dem Gebrauch der sprachlichen Einbildungskraft verdankt.   

Damit verwirklicht Freud das romantische Ideal einer poetischen Wissenschaft. In ihr ist die sprachliche Form gerade keine äußerliche Zutat des Inhalts. Bilder, Allegorien, Narrative, Metaphern sind das Medium, in dem das Psychische sich ausdrückt, also gerade kein Ungefähres und Unbestimmtes, das nur darauf wartet, in Buchstäbliches übersetzt zu werden, sondern eben ein Letztes, man könnte auch sagen: Absolutes – eben die besondere Gestalt des Psychischen.   

Darin liegt nun aber eine ungeheure Provokation dessen, was sich gegenwärtig wissenschaftliche Psychologie nennt: Es könnte sein, dass deren unmetaphorische, am Ideal buchstäblicher Wahrheit orientierte Darstellungsform der metaphorischen wie allegorischen, also poetischen Form der Psyche im Grunde wesensfremd ist. Mit der Psychoanalyse steht der Verdacht im Raum, dass die gängige und gegenwärtige wissenschaftliche Psychologie eine wesentliche Dimensionen des Psychischen nicht erfassen kann und de facto eine Austreibung der Psyche aus der Psychologie betreibt.

Diesen Verdacht erleben nicht wenige Studenten der Psychologie zu Beginn ihres Studiums als Befremden darüber, dass die Psyche, mit der man sie im Rahmen ihres Studiums konfrontiert, eine andere Natur zu haben scheint als die, die ihnen aus ihrem eigenen Erleben bislang vertraut ist. Aber auch der Umstand, dass die bahnbrechenden Neuerungen der Psychotherapie, also der Einflussnahme auf psychisches Erleben, bislang kaum je ein Ergebnis wissenschaftlicher Forschung, sondern Folge des mutigen Experimentierens von Praktikern ist, deutet in diese Richtung.

Dieser von der Psychoanalyse ausgehende Verdacht, dass die Seele eine Sprache spricht, die die Wissenschaft von der Psychologie weder spricht noch hinreichend versteht, ist ein Verdacht, den man als Vertreter der normalwissenschaftlichen Psychologie als narzisstische Bedrohung erfahren und entsprechend, mit Geringschätzung nämlich, abwehren kann. Etwa dadurch, dass man wesentliche Bausteine der psychoanalytischen Theorie aus dem zeitlichen Horizont ihrer Entstehung isoliert, sie ihres metaphorisch-allegorischen Charakters beraubt, sie damit buchstäblich missversteht, banalisiert, um sie dann für unzeitgemäß, veraltet und überkommen zu erklären.

Als sei nicht etwa der Penisneid Freuds Versuch, das spezifisch Weibliche an der allgemein kindlichen Erfahrung einer Unzulänglichkeit (oder: Minderwertigkeit, wie Alfred Adler sie nennt) zu fassen; als sei der Ödipuskomplex nicht der Versuch, den Konflikt von Bindung, Wut und Schuld als einen allgemein-menschlichen und dabei zugleich tragischen Grundkonflikt  zu veranschaulichen; als sei die Trinität von Ich, Es- und Über-Ich nicht einfach Freuds früher Versuch, sich einen ganz und gar säkularen Reim auf die Frage zu machen: Wer bin ich und, wenn ja, wieviele?

Wer sich das klarmacht, der verstellt sich nicht länger die Einsicht in den Nutzen, den psychoanalytisches Wissen in einem Bereich haben kann, in dem psychologische Kompetenz heute gefragter ist denn je: in der Politik. Denn in populistischen Zeiten, in denen immer klarer wird, wie Irrationalität überall das politische Handeln beherrscht, bedarf es einer Theorie der Irrationalität. Und eben die stellt, wie keine andere Wissenschaft, die Psychoanalyse bereit. Ihr Verfahren dazu ist von bestechender Simplizität: sie nimmt augenscheinlich irrationales Handeln und Erleben als ein Symptom, das heißt als eine Abwehr von unerträglichen und eben deshalb ins Unbewusste verdrängten Gefühlen.

Wie aber sieht eine solche Abwehr konflikthafter Emotionen in der Poltik aus?

(1) Historisch betrachtet zeichnet sich unsere Gegenwart durch eine paradoxale Lage aus. Für unsere Vorfahren leben wir – im Westen –  in paradiesischen Zuständen. Die meisten verfügen über individuelle Entscheidungsfreiheit, Sicherheit vor gewalttätigen Übergriffen, Hilfe im Krankheitsfalle und über eine ökonomische  Grundsicherung, niemand muss mehr hungern. Doch obwohl wesentliche Voraussetzungen des Glücks erfüllt sind, leben in diesen Gesellschaften sehr viele Menschen gerade kein glückliches, sondern ein durch innere Not und Sorgen gezeichnetes Leben, das bei jedem Fünften mindestens einmal in eine Depressionserkrankung mündet. Während  die äußeren Voraussetzungen des Glücks vielleicht erstmals in der Menschheitsgeschichte gegeben sind, fehlt es offenbar an den inneren Voraussetzungen. Und genau darin zeigt sich der Symptomcharakter des Leidens.

Was immer Gesellschaften daher in den nächsten Jahrhunderten noch tun werden, um die äußeren Voraussetzungen des Glücks zu verbessern (mehr Handel, mehr Wohlfahrt, mehr Sicherheit), es ist nicht zu erwarten, dass Menschen dadurch glücklicher werden.

Die Psychoanalyse kennt diese Dynamik, Freud nennt sie negativ therapeutische Reaktion: Die Lebenssituation der Patienten verbessert sich, und trotzdem geht es ihnen nicht besser. Irgendetwas in ihrer Psyche widersetzt sich dem Fortschritt und verhindert die Besserung des Wohlbefindens.

Freud selbst vermutet ,,ein Schuldgefühl, welches im Kranksein seine Befriedigung findet und auf die Strafe des Leidens nicht verzichten will" als Grund für diese Reaktion. Aber ganz gleich, ob ein Schuldgefühl, die masochistische Lust an der Selbstbestrafung oder die Identifikation mit einem strafenden Über-Ich der Grund für die negative Reaktion auf den Fortschritt ist, entscheidend ist, die depressive Stimmung des Zweifels, der Ausweglosigkeit und der fortdauernden Krise als Symptom zu begreifen, als Abwehr einer ins Unbewusste verschobenen emotionalen Gemengelage. Erst damit besteht wirklich Aussicht darauf, dass Menschen einmal glücklicher, zufriedener werden!

(2) Eine andere, nicht weniger alarmierende Symptombildung ist, dass es überall auf der Welt zu Gewaltexzessen kommt, bei denen Tötung das Ziel ist, die Wahl der Opfer aber zufällig ist. Diese Gewalt erscheint sinnlos, irrational. Dennoch hat sie natürlich für die Täter einen Sinn. Und manchmal bieten sie sogar einen an: eine politische oder religiöse Ideologie zum Beispiel. Doch sich auf die einzulassen, macht, auch wenn das vielfach getan wird, gerade keinen Sinn. Überzeugungen sind hier, wie so häufig, Manifestationen der Abwehr. Deshalb wissen in aller Regel Täter nicht, warum sie tun, was sie tun. Ihre wirklichen Motive bleiben ihnen verborgen.

(3) Und schließlich: Eine Entdeckung Freuds ist die Übertragung, also die Fähigkeit den anderen so zu wahrzunehmen als ob er eine andere, von früher her bekannte Person wäre – die er nicht ist. Bei dieser Als-ob-Wahrnehmung werden frühe Triebwünsche und Befürchtungen auf den gegenwärtigen Anderen übertragen und so alte Konflikte zu gegenwärtigen Konflikten. Die psychoanalytische Therapie beruht wesentlich auf einer Nutzbarmachung dieses Übertragungsgeschehens. Psychoanalytikerinnen sind Spezialistinnen, wenn es um die Macht der Übertragung geht.

Und genau um die geht es nicht nur im psychoanalytischen Behandlungszimmer, sondern eben auch im öffentlichen Raum des Politischen. Nur bleibt sie da für gewöhnlich gänzlich unanalysiert.  Beziehungswünsche und Konflikte werden geradezu frei flottierend auf andere übertragen – auf Politiker, Minderheiten,  Geflüchtete, auf Menschen, die anders sind. In der Regel wissen diese Betroffenen nicht, warum sie welche Gefühle in anderen auslösen. Sie sind der Macht des sozialen Übertragungsgeschehens hilflos ausgeliefert. Politiker müssen zumindest ein Gespür für die Dynamik der kollektiven Übertragung entwickeln.

Die Zerrüttung, die dieses im wesentlichen unverstandene Übertragungsgeschehen im öffentlichen Raum des Politischen verursacht, sind die Signatur unserer Zeit. Kindliche Wünsche, Idealisierungen, Feindbilder, Projektionen – kurz Verzerrungen des Wirklichen bestimmen die soziale Wirklichkeit, in der wir leben. Wobei auffällt, dass gerade das Produzieren immer neuer Feindbilder ein Grundbedürfnis unseres kollektiven Unbewussten zu sein scheint.

Und wie sollten wir in einer solchen Lage so verrückt sein und auch noch auf die letzte Stimme der Vernunft verzichten wollen: die Psychoanalyse?


Aus: "Sigmund Freud - Die Austreibung der Psyche aus der Psychologie" EIN GASTBEITRAG VON CHRISTIAN KOHLROß (5. August 2019)
Quelle: https://www.cicero.de/kultur/sigmund-freud-psychoanalyse-therapie-feindbilder

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Quote[...] Der Psychoanalytiker Andreas Steininger sieht in seinem Gastkommentar durch das geplante Gewaltschutzgesetz das Vertrauensverhältnis zwischen Therapeuten und Patienten bedroht.

... Dass man sich, wie man so sagt, bei jemandem ausspricht, um sich seelische Erleichterung zu verschaffen, ist sicherlich keine Entdeckung Sigmund Freuds. Auch nicht, dass man zu diesem Zwecke nicht irgendeine Person, sondern eine Person des Vertrauens auswählt. Was man hier als Vertrauensvorschuss gelten lässt, ist im Einzelfall recht verschieden. Die Liebe zu einem Menschen vielleicht oder sein Status als anerkannte Autorität.

Dem Arzt oder der Ärztin erzählt man vielleicht mehr, weil man ihnen eine Vertrautheit mit den Dingen des Körpers unterstellt, dem Beichtvater, weil man ihn in den Diensten der Gnade Gottes sieht, dem Psychotherapeuten, weil man ihm Kenntnisse unterstellt, was die bedrückenden Verwicklungen des Seelischen angeht.

Was Sigmund Freud entdeckt und sein Leben lang erforscht hat, war, dass es mit dieser punktuellen Erleichterung aber noch nicht getan ist. Seine Art des Zuhörens und seine Art, das Gehörte mit entsprechenden Deutungen zu quittieren, eröffnete ihm, dass hinter dem Leid, welches sich bisweilen rasch in der Klage artikuliert, noch ein anderes Leid steckt, welches sich nicht unmittelbar im Inhalt des Gesagten auszudrücken vermag.

Die wahrhaft belastenden Dinge sind meist eingebettet in schwer ertragbare Peinlichkeit. Über so etwas plaudert man nicht einfach frisch von der Leber weg. Es bedarf der Erfahrung, dass der Therapeut und die Therapeutin mit der zunehmenden Intimität der Rede mitgeht. Das braucht Zeit und die wiederkehrende Erfahrung, dass alles, was man sagt und wie man es sagt, im Rahmen der Therapie einfach nur anerkannt wird, so wie es ist, und nur gesehen wird unter dem Gesichtspunkt, dass es Material ist, welches vorerst freigelegt werden muss, um nachher etwas von den intimen Dingen, die einem auf der Seele liegen, sagen zu können.

1916 formulierte Freud eine zentrale Voraussetzung jeglicher Behandlung des Seelischen: "Das Gespräch, in dem die psychoanalytische Behandlung besteht, verträgt keinen Zuhörer ... Die Mitteilungen, deren die Analyse bedarf, macht er (der Patient, Anm.) nur unter der Bedingung einer besonderen Gefühlsbindung an den Arzt; er würde verstummen, sobald er einen einzigen, ihm indifferenten Zeugen bemerkte."

Und so ist die Voraussetzung jeglicher intimer werdenden Rede der Glaube daran, dass der Therapeut einzig nur daran interessiert ist, dass die Dinge gesagt werden müssen, um an den Kern des Leides heranzukommen. Kaum verlässt der Therapeut diesen Platz, macht sich beispielsweise zum Pädagogen, zum Fachmann oder zum Richter, so bricht das Reden unmittelbar ein und verliert sich in Belanglosigkeit.

...


Aus: "Gewaltschutzgesetz: Sie alle werden verstummen!" Kommentar der anderen (Andreas Steininger, 11. September 2019)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000108477545/gewaltschutzgesetz-sie-alle-werden-verstummen


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#4
Lecture: Jule Govrin. Die leise Arbeit des Todestriebs
https://youtu.be/jUJxUhyfDwM

Govrin - Die leise Arbeit des Todestriebs. Eine kleine Theoriegeschichte des Begehrens von 1968 bis zur Queer Theory
Psychoanalytische Kulturwissenschaft: Lecture Series 2018-19
Im 1972 erschienen Anti-Ödipus denken Gilles Deleuze und Félix Guattari Begehren als nomadisch mäandernde, transformative Kraft. Dieses Manifest der ›Philosophie des Begehrens‹ inspiriert Guy Hocqenghem, Vordenker der Queer Theory, der diese Idee aufgreift und das nomadische Verlangen in glamourösem, kriminellen Milieus beschreibt, die sich bürgerlichen Lebensläufen verwehren. ...
https://www.ici-berlin.org/events/jule-govrin/

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XLI. Sigmund Freud Vorlesung von Judith Butler: Politik des Todestriebes. Der Fall der Todesstrafe
XLI. Sigmund Freud Vorlesung. Moderation: Jeanne Wolff Bernstein (Aug 14, 2014)
https://youtu.be/OYYdM6FfcZU

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Slavoj Žižek on Death drive - Why Todestrieb is a Philosophical Concept • Aug 13, 2015
Public lecture by Slavoj Žižek within the framework of the ICI's core project "Tension/Spannung" 6 Mär '09
Sigmund Freud introduces his notorious concept of the "Todestrieb", the "death drive" in his famous essay "Jenseits des Lustprinzips" ("Beyond the Pleasure Principle") of 1920. This text has intrigued and puzzled many readers as it relates the death drive to both the so-called "Nirvana principle" aiming at a state without tension and the repetition compulsion, the almost mechanical kernel of the drive itself. If Freud's death drive stands here philosophically between negation (Schopenhauer) and affirmation (Nietzsche) of the will, Slavoj Žižek insists that  we should not confuse the death drive with the craving for self-annihilation, for the return to the inorganic absence of any life-tension. As his Parallax View states, the death drive is, on the contrary, "the very opposite of dying – a name for the 'undead' eternal life itself, for the horrible fate of being caught in the endless repetitive cycle of wandering around in guilt and pain." In Žižek's Lacanian reading, the (death) drive represents a 'diabolic' dimension of human beings in opposition to a desire for the lost object that would overcome all differences and tensions. Its articulation as a philosophical concept is certain to lead us also to a deeper understanding of the concept of tension.
Slavoj Žižek is Professor in the Department of Philosophy, University of Ljubljana, Slovenia, and member of the Slovenian Academy of Sciences and Arts. He has gained wide recognition with his characteristic combination of high and low, of Lacanian theory, pop cultural issues and Post-Marxism. He has published a high number of books, edited several collections, and published numerous philosophical and political articles.
https://youtu.be/uBd2r4YeQxs


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"Freuds vielfältige Ansichten über Liebe und Sexualität" Bernd Nitzschke
Archiv / Frühere Ausgaben / Essays / Nr. 6, Juni 2019 / Schwerpunkt: Emotionale Ambivalenzen der Liebe und Sexualität
Der ,,Begriff des Sexuellen umfaßt in der Psychoanalyse weit mehr [als im herkömmlichen Sprachgebrauch – B. N.]; er geht nach unten [Soma, Trieb – B. N.] wie nach oben [Psyche, Geist – B. N.] über den populären Sinn hinaus. [...] Wir sprechen darum auch lieber von Psychosexualität, legen also Wert darauf, daß man den seelischen Faktor des Sexuallebens nicht übersehe und nicht unterschätze. Wir gebrauchen das Wort Sexualität in demselben umfassenden Sinne, wie die deutsche Sprache das Wort ,lieben'. Wir wissen auch längst, daß seelische Unbefriedigung mit allen ihren Folgen bestehen kann, wo es an normalem Sexualverkehr nicht mangelt [...]" (Freud 1910k, S. 120).  ...
https://literaturkritik.de/freuds-vielfaeltige-ansichten-ueber-liebe-und-sexualitaet,25775.html

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Quote[...] Angeblich treiben Gespenster ihr Unwesen, wo ein Fluch über einem Ort hängt. Geschichten davon berichten dann stets vom Gewesenen, von der Vergangenheit: Vertuschte ungesühnte Taten geben keine Ruhe. Solchen Legenden liegt eine reale seelische Dynamik zugrunde, jene der Wiederkehr des Verdrängten.

Solange dieses nicht ans Licht geschafft und bearbeitet wurde, rüttelt es nicht nur an den Toren der Gegenwart, sondern treibt sich in ihr herum, eben als Gespenst. Zu erkennen, was bestimmte Gespenster repräsentieren, versucht eine Anthologie mit Blick auf das Polen der Gegenwart. Sie beleuchtet, woher dessen aktuelle, so dramatisch antidemokratische Strömungen stammen. ...

Verdrängung ist kein Mittel gegen Gespenster. Das machen sämtliche Aufsätze dieses reichhaltigen, ausgezeichneten Bandes deutlich. Daher ist er keineswegs ein Polen-Buch, sondern spricht akut und intelligent zu einer Gegenwart, die an den Spuren der Totalitarismen arbeiten muss, um sich ihnen nicht auszuliefern.

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Aus: "Das Erbe des Totalitarismus: Wie Polen von seinen Traumata heimgesucht wird" Caroline Fetscher (21.12.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/kultur/das-erbe-des-totalitarismus-wie-polen-von-seinen-traumata-heimgesucht-wird/26735424.html

Wiederkehr des Verdrängten? - Psychoanalyse und das Erbe der Totalitarismen
Kann die »antidemokratische Wende« in Polen und in anderen postkommunistischen Ländern, die auch in Deutschland und Westeuropa spürbar ist, als Erbe der Totalitarismen des vergangenen Jahrhunderts und als Wiederkehr des Verdrängten verstanden werden? Oder ist sie Ausdruck einer neuen Regression zu archaischen Ängsten und Aggressionen angesichts der Herausforderungen durch die Globalisierungsprozesse? Vor diesem Hintergrund stellen die Autor*innen die Frage nach dem kritischen Potenzial der Psychoanalyse. Verfügt sie über das Erkenntnispotenzial, um die beunruhigenden sozialen Phänomene zu erklären?
Mit Beiträgen von Lisa Appignanesi, Jakub Bobrzyński, Bernhard Bolech, Felix Brauner, Paweł Dybel, Lilli Gast, Ewa Głód, Tomas V. Kajokas, Ewa Kobylinska-Dehe, Andrzej Leder, Rosalba Maccarrone Erhardt, Ewa Modzelewska-Kossowska, Małgorzata Ojrzyńska, Katarzyna Prot-Klinger, Annette Simon, Wojciech Sobański, Krzystof Szwajca, Nadine Teuber, Joanna Tokarska-Bakir, Hans-Jürgen Wirth und Anna Zajenkowska
Ewa Kobylinska-Dehe, Pawel Dybel, Ludger M. Hermanns (Hg.)
Wiederkehr des Verdrängten?
Psychoanalyse und das Erbe der Totalitarismen
https://www.psychosozial-verlag.de/2938

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Quote[...] Der unter dem Namen Willi Fetz 1925 geborene André Müller sen. ist mit dem Leben davongekommen. Ein Kölner Jude, der aus dem Konzentrationslager fliehen konnte, um diese Erfahrung danach konsequent von sich abzuspalten, wie er in einem Interview vor zehn Jahren erzählte: "Ich habe einen einzigen Komplex behalten. Ich lese keine Bücher über KZs, ich sehe keine Filme über KZs, und Freud hat Unrecht, wenn er meint, man müsste das Verdrängte auferwecken, es zum Bewusstsein heben und dann verschwinde es. Ich habe festgestellt, dass mein ganzes Leben nur dann gut ist, wenn ich in der Lage bin, das alles zu verdrängen."  ...


Aus: "André Müller sen.: Lebenslügen der BRD" Matthias Dell (25. Januar 2021)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/literatur/2021-01/andre-mueller-sen-nationalsozialismus-kommunismus-theater

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DIE NACKTE KANONE und das Unbehagen in der Kultur | Geschichte[n] des Films #5
Unter dem Titel "Porno- und Fäkalwitze: Warum sind Komödien so vulgär" hat Wolfgang M Schmitt in einem Video vor wenigen Wochen ein Plädoyer für die Scham gehalten. Denn: "Erst die Scham ermöglicht wahrhaft komödiantische Situationen." Doch ist der Fäkal- bzw. der Triebhumor damit gänzlich abzulehnen oder entgeht uns dann wenigstens eine Dimension?
In der fünften Episode der Geschichte(n) des Films soll es genau darum gehen. Im Blickpunkt: Sigmund Freuds Witz- und Kultur-Theorie, DIE NACKTE KANONE aus dem Jahr 1988 und eine ganz besondere Szene mit Leslie Nielsen...
Literatur:
Sigmund Freud (1931/2010): Das Unbehagen in der Kultur. Reclam Verlag
Sigmund Freud (1905/1940): Der Witz und seine Beziehung zum Unbewußten. Fischer Taschenbuch Verlag
Filme: Die nackte Kanone (R: David Zucker, USA 1988)
https://youtu.be/5VSB5mi77vk

   Kontext: Porno- & Fäkalwitze: Warum sind Komödien so vulgär? - DIE FILMANALYSE
   https://youtu.be/St7FB9pR4z4

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Quote[...] Wer ins Vergangene will, muss abwärts. Die Geologie befiehlt es so; sie stapelt irdische Zeit in Schichten. Angeblich geht's im individuellen Menschenkopf vergleichbar zu: ,,Unterbewusstsein" heißt in populärer Tiefenpsychologie die Seelengegend, in der nicht nur Triebe rumoren, sondern auch Empfindungen und Erinnerungen, denen Scham oder Angst die Bewusstseinsqualität entzogen haben. Sigmund Freud, der aus der schon in der Antike bekannten Idee, es gäbe Regungen, die zwar zum Seelischen zählen, dem wachen Denken aber nicht erschließbar sind, als Erster ein gemütstherapeutisches System baute, schätzte den Ausdruck ,,Unterbewusstsein" nicht. Er sprach statt derart räumlich, also von Schichten, lieber qualitativ vom ,,Unbewussten" oder funktional vom ,,System ubw" (im Gegensatz zum Wachbewusstsein).

Auch Freud fand freilich, dass eine Lehre des emotionalen und kognitiven Innenlebens außer qualitativen, funktionalen und, wie er sagte, ,,dynamischen" Kategorien (,,Was wirkt wie mit welcher Kraft?") auch ,,topische" braucht: Wie stellen wir uns das Ganze als Anordnung in einem Raum, als Verteilung von Orten vor (,,Topos" heißt ,,Ort" auf Griechisch)? So zeichnete er eine Art Landkarte: Hier sind die Lüste (,,Es"), dort thront das Gewissen (,,Über-Ich"), drüben müht sich der Verstand et cetera, und wenn er davon sprach, wie man ans ,,Verdrängte" gelangen sollte, bemühte er Metaphern aus der Archäologie – abwärts muss der Heiler, zu den Gründen.

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Aus: "Dante als Vorbote der Moderne : Ein Vorspiel zum Fortschritt" Dietmar Dath (29.05.2021)
Quelle: https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/dantes-commedia/wie-dantes-dichterische-vision-der-neuzeit-die-staette-bereitete-17363128.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2

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#10
"Psychoanalysis and Neuroscience: Ten Years Later" (03.11.2010)
Roundtable Discussion with Cristina Alberini, Heather Berlin, Vittorio Gallese, Robert Michels, Donald Pfaff, and Mark Solms.
https://youtu.be/zlkliGaIBQI

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#11
Freud, Adorno & Trump
Haimo L. Handl / 23. Juli 2017 - 4:02 / Handls Essais
Viele führen die Ausfälle Donald Trumps auf seine Person zurück und sind versucht, das Phänomen weniger politisch, gesellschaftlich zu deuten, sondern eher personenbezogen, psychologisch. Eine völlig falsche Einschätzung. In Trump zeigt sich das System ohne Maske, entblößt sich der faschistische Kern des Ausbeutesystems, das Zusammenwirken der Institutionen in diesem Prozess, gestützt von einer Mehrheit, die weder demokratisch noch gebildet ist. All dies psychologisch abtun zu wollen, kommt einer fatalen Verniedlichung gleich, die eigentlich eine Kollaboration mit den primitiven faschistischen Kräften und Strömungen darstellt. ...
https://www.kultur-online.net/inhalt/freud-adorno-trump

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"Narzissmus in der Politik: Gefährliche Liebschaften" Klaus Ottomeyer (26. 10. 2021)
Österreichs Ex-Kanzler Sebastian Kurz und Ex-US-Präsident Donald Trump werden von Anhängern wie Geliebte behandelt. Eine psychoanalytische Diagnose. ... Freud hat vor 100 Jahren im Buch ,,Massenpsychologie und Ich-Analyse" beschrieben, wie die Individuen, die in der Masse für eine Führerfigur oder einen großen Star schwärmen, ihre Kritikfähigkeit verlieren. ... Die Verführung und Verblendung, die in den neuen Medien und ihren Echokammern verstärkt wird, entsteht durch die Mobilisierung von ,,zielgehemmter Libido", über eine Quasi-Verliebtheit in den großen Star, dem manchmal sogar messianische Qualitäten zugeschrieben werden. Die geteilte zielgehemmte Libido verbindet dann die isolierten Einzelnen wieder zu einer Masse, in der sie sich wohlfühlen.
Unterstützt wird dies durch das Bild eines gefährlichen äußeren Feindes, den man nicht hereinlässt. Die erwähnten Führungsfiguren haben das Publikum und ihre Entourage auf eine je eigene Weise erotisiert. Dabei ist es laut Freud im Falle der zielgehemmten Libido weitgehend egal, ob sie eher heterosexuell, homosexuell oder bisexuell gefärbt ist.
Es ist wie in der wirklichen Verliebtheit, die wir alle kennen. Das Gegenüber wird idealisiert und zu einer inneren Instanz, kann sogar das Gewissen ersetzen. Seine Schattenseiten, die Verstrickungen in Schuld und Schulden werden von den Gläubigen, so lange wie möglich, verleugnet oder bagatellisiert. ...
https://taz.de/Narzissmus-in-der-Politik/!5806459/

QuoteAlterNaiver
26.10.2021, 14:18

Die Gestaltung des medialen Erscheinungsbildes von Politikern entfernt sich zwangsläufig von der Wirklichkeit. Die ist immer banal, wie Menschen halt so sind. Lichtgestalten gibt es nicht und kann es nicht geben, obwohl sie vom Publikum sehnsüchtig imaginiert werden. Kurz hat es allerdings übertrieben. Er wollt die maximale Kontrolle und lieferte sich den Mitwissern aus. Wie ich gelesen habe, hat er immer noch eine Menge Anhänger, die sich ihre Vorstellung vom jungen politischen Genie nicht zerstören lassen wollen und lieber die Überbringer der Botschaft bekämpfen.


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Massenpsychologie und Ich-Analyse ist eine Schrift von Sigmund Freud aus dem Jahr 1921.
https://de.wikipedia.org/wiki/Massenpsychologie_und_Ich-Analyse

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"One Hundred Years of Freud in America" Daniel Akst  (2009)
Before his visit, Freud predicted to his circle of followers that presumably strait-laced Americans would never embrace his ideas "once they discover the sexual core of our psychological theories." But of course in America sex sells; indeed, it is probably one of the biggest reasons that Freud's theories gained such currency here. As with so much else, he was wrong about that, too. ...
https://www.wsj.com/amp/articles/SB10001424052970204908604574330991380910578

"Freud save America" Nick Burns  (27 May 2023)
Psychoanalysis is back in vogue with the American left. But is that rejuvenation symbolic of the latter's failure? ...
https://www.newstatesman.com/the-weekend-report/2023/05/freud-save-america



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Quote[...] Es mochten Kritiker noch so sehr gegen Freud ätzen: Seit die Psychoanalyse vor gut 100 Jahren populär wurde, hinterließ sie ihre Spuren auch in der Justiz. Teils kurios ist, wie Gerichte glaubten, ins Innere der Angeklagten sehen zu können.

Sein Spott über die ungeheuer populäre Mode der Psychoanalyse des Sigmund Freud (1856–1939) oder das, was man seinerzeit aus ihr machte, hat Karl Kraus einen Platz im kollektiven Gedächtnis gesichert.

Zum geflügelten Wort wurde sein Aphorismus, wonach die Psychoanalyse jene Geisteskrankheit sei, für deren Therapie sie sich halte – einigermaßen zu Recht, beschreibt er damit doch eine kassenwirksame Grundmodalität vieler Tätigkeiten nicht nur im psychologisch begründeten Beratungs-, Consulting- oder Coaching-Geschäft der modernen Gesellschaft.

Zwar hätte der berühmte österreichische Publizist Kraus (1874–1936) es auch wegen seiner justizkritischen Schriften oder seines erstaunlich großen Einflusses auf die Sprachphilosophie verdient, von jeder Generation im deutschsprachigen Raum neu entdeckt zu werden.

Bekannt bleibt aber vor allem seine scharfe Polemik gegen den Versuch, die menschliche Geistestätigkeit mit der Freud'schen Lehre und ihren populär gewordenen Elementen erklären zu wollen – unter anderem der Traumdeutung, der Fixierung auf frühkindliche Erinnerungen, dem Ödipuskomplex oder der dämonischen Wirkungsmacht des Unbewussten, volkstümlich gern "Unterbewusstsein" genannt. 

Über die Mode, die eigenen, meist bürgerlichen Kinder mit seelenkundlichen Mitteln verstehen zu wollen, schrieb Kraus schon im Jahr 1912: "Kinder psychoanalytischer Eltern welken früh. Als Säugling muß es zugeben, daß es beim Stuhlgang Wollustempfindungen habe. Später wird es gefragt, was ihm dazu einfällt, wenn es auf dem Weg zur Schule der Defäkation eines Pferdes beigewohnt hat. Man kann von Glück sagen, wenn so eins noch das Alter erreicht, wo der Jüngling einen Traum beichten kann, in dem er seine Mutter geschändet hat."

In der kurzen Zeit der Weimarer Republik (1919–1933) fiel das selbstbewusste Marketing des Wiener Mediziners Freud gleichwohl auf fruchtbaren Boden. 

In dem Aufsatz "Eine Schwierigkeit der Psychoanalyse" hatte er sich im Jahr 1917 alles andere als bescheiden in eine Reihe mit Nikolaus Kopernikus und Charles Darwin gestellt. Der polnisch-deutsche Astronom Kopernikus hatte, so Freud, der Menschheit eine "Kränkung" zugefügt, indem er der Erde ihren Platz im Zentrum des Kosmos nahm. Durch Darwin sei sie gekränkt worden, weil er den Menschen zum bloßen Produkt der Evolution biologischer Systeme degradiert hatte. Für die Psychoanalyse reklamierte Freud, sie füge der Menschheit eine weitere Kränkung zu, und zwar durch die "Entdeckung", dass der Mensch wegen der unbewussten Triebkräfte seines psychischen Apparats nicht "Herr im Haus" seines eigenen intellektuellen und seelischen Vermögens sei.

Es war in den 1920er-Jahren nicht zu erwarten, dass Juristen, die damals noch nahezu geschlossen männliche Akademiker aus dem vermögenden Bürgertum waren, sich für solche Ideen allzu aufgeschlossen zeigten.

Eine frühe, überraschende Ausnahme machte der sächsische Justizjurist Curt du Chesne, der im "Archiv für Rechts- und Wirtschaftsphilosophie" (1927, Band 20, S. 630) vorschlug, § 282 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) mit einer Analogie zur Lehre Sigmund Freuds zu verstehen.

In seiner ursprünglichen, zum 1. Januar 2002 beseitigten Form war diese Vorschrift Teil des intellektuell ebenso anregenden wie hoffnungslosen Unmöglichkeitsrechts, mit dem die Schöpfer des Bürgerlichen Gesetzbuchs sich bei Generationen von Studierenden der Rechtswissenschaft unbeliebt gemacht hatten. Das Gebiet bot sich also für einen philosophierenden Landgerichtsdirektor aus Dresden an. Im Wortlaut hieß es: "Ist streitig, ob die Unmöglichkeit der Leistung die Folge eines von dem Schuldner zu vertretenden Umstandes ist, so trifft die Beweislast den Schuldner."

Curt du Chesne fasste die hier einschlägige psychoanalytische Lehre griffig damit zusammen, ihr zufolge liege der "gemeinsame Charakter von Vergessen, Versprechen, Vergreifen, Aberglauben und Irrtum" in der – er zitiert hier Freud – "Rückführbarkeit der Phänomene auf unvollkommen unterdrücktes psychisches Material, das, vom Bewußtsein abgedrängt, doch nicht jeder Fähigkeit, sich zu äußern, beraubt worden sei".

Damit hat man eine knackige Definition dessen zur Hand, was bei Freud das Unbewusste oder das "Es" heißt. In der populären Küchenpsychologie spukt es als ein "Unterbewusstsein" umher, das Menschen etwa zu "Freud'schen Versprechern" animiert.

Landgerichtsdirektor du Chesne schlug vor, § 282 BGB a.F. analog zur Lehre Freuds zu verstehen: Die gesetzliche Vermutung, dass der Schuldner im Streitfall die Unmöglichkeit der Leistung verschuldet habe, lasse sich psychologisch "wohl damit rechtfertigen, daß der Schuldner die Unmöglichkeit wenigstens im Unterbewußtsein, wenn auch verdrängt, gewollt und somit, wenigstens subjektiv, verschuldet habe."

Der historische Gesetzgeber könnte sich, so spekulierte Curt du Chesne, "und zwar aus dem Rechtsunterbewußtsein heraus", zu dieser Vorschrift motiviert gefühlt haben.

Mit einer offenen Diskussion derart spekulativer Ideen, die ja selbst dann produktiv sein können, wenn sie auf einem Irrtum beruhen, war es bekanntlich mit der Machtübergabe vom 30. Januar 1933 vorbei.

Unter den schon vor 1933 für den Antisemitismus anfälligen deutschen Medizinern wurden die Lehren Sigmund Freuds nun ohne jede sachliche Auseinandersetzung inopportun. Berlin verlor seinen Rang als eines der internationalen Zentren der psychoanalytischen Praxis und Lehre. Führerkult und völkisches Denken in den staatsnahen Berufen verdrängten das Bedürfnis, die Chancen seelischer Autonomie – wenn auch nur mit den unzureichenden Mitteln der Psychoanalyse – auszuloten.

Soweit die psychotherapeutische Forschung nicht unterdrückt wurde, wurde sie unter der Leitung von Matthias Heinrich Göring (1879–1945), einem Vetter des NS-Politikers und Menschheitsverbrechers Hermann Göring (1893–1946), gleichgeschaltet.

Die jedenfalls auf küchenpsychologischem Niveau erstaunliche Popularität der Lehren Sigmund Freuds hatte jedoch einen Grund, der sich der totalitären Ideologie des NS-Staates entzog, sie jedenfalls gut "überwintern" konnte: Freud hatte in seinem Konzept des "Unbewussten" auf eine teils jahrhundertealte, teils erst in der deutschen Romantik des frühen 19. Jahrhunderts entfaltete Ideenwelt zurückgegriffen, in der man sich etwa das "Unheimliche", also die seelischen Triebkräfte außerhalb des bewussten Zugriffs der Reflexion, bereits zu erklären versucht hatte.

Als eine Option, sich das menschliche Verhalten jenseits der bewussten Reflexion zu erklären, kam das Unbewusste nach der Wiederherstellung einer liberalen deutschen Republik im freien Teil Deutschlands seit den 1950er-Jahren erstaunlich oft wieder zu forensischen Ehren – auch in der küchenpsychologischen Semantik, also als "Unterbewusstsein".

Hier müssen fünf Beispiele genügen, jede handelsübliche Datenbank fördert aber eine Vielzahl juristischer Fälle aus dem seelischen Dunkelfeld Deutschlands ans Licht.

Der Bundesdisziplinarhof (BDH) entschied mit Urteil vom 9. Dezember 1958 zugunsten eines damals 52 Jahre alten Zollbeamten, dem vorgeworfen wurde, mit einer homosexuellen Liebesaffäre unter anderem einen Kollegen bevorzugt und den guten Ruf seiner Dienststelle bedroht zu haben. Den beiden Männern attestierte der psychologische Sachverständige, sie seien keine "typischen Homosexuellen", das "erotische Moment" bleibe bei Menschen wie ihnen "meistens zunächst im Unterbewußtsein. Dank einer im Grunde normalen Veranlagung der beiden habe es nie die Kraft, aus diesem latenten Zustand hervorzutreten".

Das Urteil dokumentiert neben einem sehr unangenehmen Interesse an intimen Bedürfnissen von Beamten geradezu idealtypisch eine küchenpsychologische Dampfkesseltheorie: Solange der "steuernde stärkere Intellekt" der Ich-Instanz die niederen Bedürfnisse der Es-Instanz, des Unterbewusstseins, im Griff hält, muss Vater Staat die Zucht und Ordnung nicht mit harter Hand wiederherstellen (BDH, Urt. v. 09.12.1958, Az. I D 54/57).

Im Dampfkessel des Unterbewusstseins unentdeckt vor sich hin kochen durfte natürlich auch das heterosexuelle Begehren, das sich, sobald das Ventil durch Alkohol und lange Trennung von der Familie hinreichend gelockert hatte, in exhibitionistischem Handeln Erleichterung verschaffte (vgl. BDH, Urt. v. 08.05.1957, Az. I D 49/56).

Im Fall eines Geistlichen aus Rheinhessen, der in den frühen 1960er Jahren ein starkes Interesse und deutlich übergriffiges Verhalten gegenüber der zwölfjährigen Tochter einer alleinerziehenden Mutter aus der Nachbarschaft an den Tag gelegt hatte, kam das Landgericht Mainz zu einer feinsinnigen Würdigung seiner "sexuellen Neugier", der aber nach richterlicher Auffassung die strafwürdige "wollüstige Absicht" fehlte, weil sie "möglicherweise nur im Unterbewußtsein gewirkt" habe und ihm nicht bewusst geworden sei. Unzüchtiges Verhalten sei damit nicht bewiesen. Der Bundesgerichtshof (BGH) verwarf die Revision der Staatsanwaltschaft mit Urteil vom 8. Dezember 1966 (Az. 1 StR 448/65).

Es fehlte sichtlich ein Konsens dazu, welche Erkenntnisse der Richter oder der von ihm bestellte Gutachter der seelischen Instanz des "Unterbewusstseins" zur Überzeugung des Gerichts entnehmen darf.

Einerseits zeigte sich der 1. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 4. Juli 1961 zurückhaltend. In dem Streit ging es um die Frage, welche ästhetische, also geschmacksmusterrechtliche Herkunft eine Serie prominenter Straßenlaternen in München hatte. Das Gericht befand hier nüchtern, dass sich "Zeugen und auch Parteien nur auf ihr tatsächliches Wissen" berufen, "nicht aber Vorgänge bekunden" könnten, "die sich in ihrem Unterbewußtsein abgespielt haben und daher nicht in ihr Wissen eingedrungen" seien (Az. I ZR 102/59).

Andere Richter wussten hingegen ganz genau, womöglich dank eigener Seelenschau aus Zeiten ihres Wehrdienstes, was das Unterbewusstsein hergab, zum Beispiel: väterliche Gefühle. Ein Verpflegungsunteroffizier war beschuldigt worden, während eines NATO-Manövers eine Menge Lebensmittel entwendet zu haben, darunter etliche Büchsen Erbsen, Karotten, Ölsardinen, mehrere Pfund Puddingpulver und zwei Kohlköpfe. Während bei der Bundeswehr sonst notorisch Alkohol, Zigaretten oder Treibstoffe für den privaten Verbrauch abgezweigt wurden, waren es hier – untypisch – Lebensmittel, weshalb das Gericht im Unterbewusstsein des Soldaten die Zuneigung eines Vaters für seine darbende Familie vermutete (BDH, Urt. v. 13.01.1965, Az. II (I) WD 119/64).

Seit den 1970er-Jahren wird die Vokabel "Unterbewusstsein" allem Anschein nach seltener in juristischen Entscheidungen oder Verteidigungsstrategien genutzt.

Möglicherweise beruht der Rückgang darauf, dass die scharfe Kritik wirksam wurde, wie sie etwa der große Journalist Dieter E. Zimmer (1934–2020) am "Tiefenschwindel" der Psychoanalyse einem breiten Publikum zugänglich machte.

Vermutlich entwickelte sich aber das von Curt du Chesne 1927 entdeckte "Rechtsunterbewusstsein" nur rhetorisch weiter. Denn in den vergangenen 50 Jahren hat die seriöse wie scharlatanistische Psycho-Beratungsindustrie in Deutschland einen erheblichen Aufschwung erlebt – sogar wer glaubt, hart im Wind der "Realitäten" zu segeln, jammert heute bevorzugt die Sozialen Medien voll, sein heimliches Über-Ich verstehe ihn oder seine Welt nicht richtig.

Und wenn zu viele Menschen ihre seelischen Innereien als "Unterbewusstsein" in die Öffentlichkeit tragen, verbietet natürlich schon das juristische wie medizinische Renommee, die Vokabel weiter zu gebrauchen.


Aus: "Psychoanalyse Das "Unter�be�wusst�sein" vor Gericht" Martin Rath (18.02.2024)
Quelle: https://www.lto.de/recht/feuilleton/f/psychoanalyse-freud-justiz-gerichte-unterbewusstsein/