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[Forschender Blick nach rechts... ]

Started by Link, February 28, 2019, 10:02:08 AM

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Quote[...] Der Bundesnachrichtendienst beschäftigte laut einer Studie nicht nur einzelne NS-Täter. Er warb sie bis in die 1960er-Jahren gezielt an - einige waren zuvor an Mordaktionen beteiligt. Das Kanzleramt ließ den BND gewähren.

10 bis 20 Prozent der Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes hatten Blut an den Händen. Das ist die erschütternde Bilanz der Studie von Gerhard Sälter: "Und das bedeutet nicht, dass diese einfach irgendwo NSDAP-Mitglieder waren, sondern sie haben sich aktiv und zum Teil auch leitend an Mordaktionen beteiligt."

Zehn Jahre forschte der Historiker zum Thema und rekonstruierte akribisch die NS-Biografien von zahlreichen BND-Mitarbeitern. Er sei mit der Frage angetreten: Wie hat das eigentlich passieren können, dass sich in den deutschen Nachrichtendienst einzelne NS-Mörder reinschleichen konnten? Sein Fazit: Da hat sich keiner reingeschlichen, sondern man hatte eine Leitung, die die einfach gewollt hat.

Als Mitarbeiter der Unabhängigen Historikerkommission zur Erforschung der Geschichte des BND 1945 -1968 durfte Sälter erstmals bisher geheime Akten im BND-Archiv einsehen.

Spätere BND-Mitarbeiter waren demnach an Mordaktionen wie der am 10. Juni 1944 in Oradour-sur-Glane beteiligt: 642 Männer, Frauen und Kinder wurden damals brutal ermordet - eines der größten Kriegsverbrechen im besetzten Frankreich. Mitverantwortlich dafür war Helmut Schreiber,  von 1957 bis 1980 Mitarbeiter des BND.

Er gehörte zum Führungsstab der SS-Division "Das Reich", die 1944 im Süden Frankreichs ihre Blutspur hinterließ. Im Dritten Reich, so Historiker Sälter, galt er als einer jener radikalisierten Weltanschauungskrieger, die für ihre besondere Brutalität bekannt waren. Vor seinem Einsatz in der SS-Division "Das Reich" war Schreiber bei der Totenkopfstandarte 9 im KZ-Buchenwald im Einsatz, nach dem Überfall auf Polen im Getto Lublin, 1941 bei der Einsatzgruppe B in der Sowjetunion. Also bei einer jener Einsatzgruppen, die mordend hinter der Wehrmacht herzogen und Hundertausende von Juden erschossen.

Mehr als 30 spätere BND-Mitarbeiter waren während des Zweiten Weltkrieges bei sogenannten Einsatzgruppen. So wie Gustav Grauer. 1941 war er stellvertretender Kommandeur des Einsatzkommandos 3 der Einsatzgruppe A. Allein diese Gruppe tötete innerhalb weniger Monate mehr als 130.000 Zivilisten im Baltikum, vor allem Juden.

Zu den Opfern gehörten auch die Großeltern von Joram Bejarano: "Ich empfinde da auch Wut, wenn jemand jemanden in eine Position schickt und das weiß, was der eigentlich verbrochen hat, dann macht man sich selbst schon wieder schuldig." Ein Unrechtsbewusstsein aber habe es im bundesdeutschen Nachrichtendienst nicht ansatzweise gegeben, so Historiker Sälter: Da gab es kein Bewusstsein davon, dass es nicht in Ordnung war, Millionen von Juden zu töten oder Massaker in nahezu jedem europäischen Land anzurichten. Das kam einfach gar nicht vor. Und immer, wenn das von außen an sie herangetragen wurde, wurde immer so argumentiert, dass das übertrieben sei, dass das Falschdarstellungen sind.

Reinhard Gehlen, über 20 Jahre Chef der zunächst nach ihm benannten Organisation Gehlen, ab 1956 dann des Bundesnachrichtendienstes, habe nach dem Krieg gezielt ehemalige SS- und Gestapoleute aus dem NS-Terrorapparat angeworben. Gehlen wollte einen Dienst, der "Auslandsgeheimdienst, Inlandsgeheimdienst und politische Polizei mit exekutiven Vollmachten in einer Behörde verschmelzen sollte, die von ihm geleitet wird", sagt Sälter: "Das ist einfach das Reichssicherheitshauptamt." So hieß im Dritten Reich die Terrorzentrale in der Mitte Berlins, die den Holocaust organisierte und für zahlreiche Kriegsverbrechen verantwortlich war.

Ein neues Reichssicherheitshauptamt hätten die Amerikaner, denen der deutsche Auslandsnachrichtendienst am Anfang unterstand, natürlich nie zugelassen. Aber dass nach und nach immer mehr frühere Mitarbeiter aus den NS-Sicherheitsbehörden im Dienst Gehlens eine neue Anstellung fanden, hätten sie nicht verhindert, zum Teil sogar vor dem Hintergrund des aufziehenden Ost-West-Konfliktes billigend in Kauf genommen, meint Historiker Sälter. 

1956 wurde der Nachrichtendienst Bundesbehörde und unterstand fortan dem Bundeskanzleramt. Das hieß, für zahlreiche  BND-Mitarbeiter hätte die Übernahme in den öffentlichen Dienst spätestens dann wegen ihrer NS-Belastung zum Problem werden müssen. Wurde sie aber nicht.

BND-Chef Gehlen habe alle Nachfragen aus dem Kanzleramt stereotyp zurückgewiesen: Es sei nur "ein Prozent, alle entnazifiziert, alle überprüft und alle ok, was vier Lügen sind", berichtet Sälter. Bei fast allen Mitarbeitern sei Gehlen mit diesen Lügen durchgekommen. Das Kanzleramt habe sich damit zufriedengegeben.

Es hätte wegen dieser skandalösen Personalpolitik intervenieren müssen, sagt der Historiker Klaus-Dietmar Henke, Sprecher der Unabhängigen Historikerkommission. Die politische Kontrolle lag beim Chef des Kanzleramtes, Hans Globke. Doch der sei selbst aus dem Exekutivapparat des Dritten Reiches gekommen.

"Er war ein Hauptarchitekt der juristischen Bemäntelung der Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden und er war ein Mittäter des Holocaust. Also er war nicht so sehr weit weg von den Leuten, die beim BND beschäftigt waren", so Historiker Henke.

Auch Bundeskanzler Konrad Adenauer griff nicht durch. Weil er den BND für parteipolitische Zwecke benutzt habe und ihn die SPD-Zentrale ausspionieren ließ, so Henke weiter. Diesen Kanal wollte der Kanzler sich nicht verschließen.

Der BND hat als eine der letzten bundesdeutschen Behörden NS-Kontinuitäten in seiner Geschichte aufgearbeitet. Wie die neue Studie jetzt zeigt, waren diese im deutschen Nachrichtendienst größer als in jeder anderen Behörde. Für BND-Präsident Bruno Kahl ist das auch eine ständige Mahnung, dass man da nichts einreißen lassen dürfe.

Der neue Dienst sei jedoch gut gewappnet: "Wir haben ganz hohe Standards bei den Leuten, die wir bei uns einstellen. Die werden sehr genau unter die Lupe genommen. Und dann kann man doch ziemlich viel ausschließen an extremistischen Betätigungen, Bestrebungen oder auch Prägungen."

Historiker Sälter fordert, dass nun auch andere Wissenschaftler mit den Akten forschen können, damit weitere Defizite geheimdienstlicher Tätigkeiten aufgearbeitet werden.


Aus: "Neue Studie: BND rekrutierte gezielt NS-Verbrecher" Christine Rütten, hr (10.10.2022)
Quelle: https://www.tagesschau.de/inland/bnd-nazi-vergangenheit-101.html

Gerhard Sälter (* 1962) ist ein deutscher Historiker, Autor und seit 2001 wissenschaftlicher Mitarbeiter der Gedenkstätte Berliner Mauer, der sich mit den Opfern, Tätern, der Rolle des Bundesnachrichtendienstes BND, der Geschichte der Geheimdienste und mit der der DDR-Grenztruppen beschäftigt. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Gerhard_S%C3%A4lter

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Quote[...]

Frank Schuhmacher: Benito Mussolini – Konsens durch Mythen

Eine Analyse der faschistischen Rhetorik zwischen 1929 und 1936
Der Diktator Benito Mussolini suchte die Zustimmung und den Beifall der Italienerinnen und Italiener. Seine Rhetorik war aber weniger die eines Manipulators als die eines profunden Kenners der Sehnsüchte und Wünsche seiner Zeit.In der Nachkriegszeit setzte sich das Narrativ durch, dass die italienische Bevölkerung seiner verdeckten Manipulation hilflos erlegen, gleichzeitig aber schon immer gegen den Faschismus und Mussolini gewesen sei. Dass dem nicht so war, Mussolini eine hohe Zustimmung inner- und außerhalb Italiens genoss – auch und gerade weil er in seinen Reden geschickt auf die Meinungen und Wünsche seiner Zeitgenossen einging –, das wird in dieser breit angelegten Propaganda-Analyse detailreich gezeigt. Die Studie geht dezidiert der Frage nach, wie Mussolini Mythen rhetorisch einsetzte, um gesellschaftlichen Konsens zu erlangen und aufrecht zu erhalten.


    Verlag: Brill | Fink
    Genre: keine Angabe / keine Angabe
    Seitenzahl: 416
    Ersterscheinung: 21.10.2022
    ISBN: 9783770567478




Quelle:  https://www.lesejury.de/frank-schuhmacher/buecher/benito-mussolini-konsens-durch-mythen/9783770567478

"Vor hundert Jahren erfolgte in Italien die Machtergreifung der Faschisten" Rolf Wortmann (28. Oktober 2022)
... Vor hundert Jahren, am 28. Oktober 1922 erfolgte mit dem ,,Marsch auf Rom" die Machtergreifung durch eine neuartige politische Bewegung, die sich ,,fascismo" nannte. Ihr Führer, der ,,duce" Benito Mussolini, wurde zwei Tage später vom italienischen König Vittorio Emanuele III. mit der Regierungsbildung beauftragt. Er herrschte bis zu seinem Sturz am 25. Juli 1943 und überwinterte in einem Restteil des faschistischen Italiens noch bis zum 25. April 1945. Am 28. April wurde er von Partisanen erschossen. Wie der Faschismus ideell auf die Kraft des Mythos baute, so wurde auch die Machtergreifung vor hundert Jahren zum Mythos stilisiert. ...
https://os-rundschau.de/rundschau-magazin/rolf-wortmann/vor-hundert-jahren-erfolgte-in-italien-die-machtergreifung-der-faschisten/

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#122
Als Patriotische Union bezeichnen Presse und Öffentlichkeit eine deutsche, mutmaßlich rechtsterroristische Gruppe der Reichsbürger- und QAnon-Bewegung. Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof gab am 7. Dezember 2022 bekannt, dass die Gruppe im dringenden Verdacht steht, eine terroristische Vereinigung gebildet und einen bewaffneten Staatsstreich gegen die staatliche Ordnung der Bundesrepublik Deutschland geplant zu haben. Er ließ 25 von bislang 54 mutmaßlichen Mitgliedern oder Unterstützern der Gruppe bei einer weiträumigen Razzia in elf Bundesländern sowie Österreich und Italien festnehmen und mehr als 150 Immobilien durchsuchen. ... (13. Dezember 2022)
https://de.wikipedia.org/wiki/Patriotische_Union


Unter Schlagworten wie Rechtsextremismus und Esoterik, rechte Esoterik, braune Esoterik oder völkische Esoterik werden Bezüge und Überlappungen zwischen esoterischen und rechtsextremen Strömungen diskutiert.
Im Rahmen der Ariosophie fanden im frühen 20. Jahrhundert esoterisch-okkultistische Vorstellungen Eingang in die Völkische Bewegung in Österreich und in Deutschland. Guido von List griff Teile der Theosophie Helena Petrovna Blavatskys auf und integrierte sie in sein rassistisch-mythologisches Weltbild. Auch in die rassistischen Spekulationen des Jörg Lanz von Liebenfels, der den Begriff Ariosophie prägte, flossen esoterische Motive ein.
In der Zeit des Nationalsozialismus wurde die Ariosophie zunächst als ,,staatsfeindliche Sekte" beobachtet und ab 1937 verboten. Esoterische Neigungen einzelner bedeutender Politiker wie Heinrich Himmler und Rudolf Heß wurden geduldet, erlangten aber nur einen marginalen Einfluss auf die Symbolpolitik und das äußere Erscheinungsbild politischer Doktrinen und Institutionen des Dritten Reichs. Populäres Interesse erfuhr das Thema in den 1950er Jahren durch kommerziell erfolgreiche Buchveröffentlichungen, wonach esoterische oder okkulte Einflüsse über Lanz von Liebenfels dem Aufstieg und Erfolg Adolf Hitlers und des Nationalsozialismus zugrunde gelegen haben sollen. In den 1990er Jahren kam es zu einer abermaligen Renaissance des Themas, da in der rechtsextremen Szene esoterische Inhalte und Symbole weitere Verbreitung gefunden hatten. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Rechtsextremismus_und_Esoterik

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Quote[...] Das Fürstenhaus Reuss geht auf Abstand zu ihrem der Reichsbürger-Szene nahestehenden Verwandten aus Bad Lobenstein. Ein Sprecher der Familie teilte mit, das Haus Reuss distanziere sich von den politischen und zeitgenössischen Aussagen von Prinz Heinrich XIII. Reuss "auf das Deutlichste".

Dieser habe vor 14 Jahren auf eigenen Wunsch den Familienverbund verlassen und es gebe auch seit längerem keinen persönlichen Kontakt mehr. Weiter bezeichnete der Sprecher seinen "entfernten" Verwandten als einen "teilweise verwirrten" alten Mann, der "verschwörungstheoretischen Irrmeinungen" aufsitze. ...


Aus: "Fürstenhaus Reuss distanziert sich von Weigelt-Gast Prinz Heinrich XIII." MDR THÜRINGEN (25. August 2022)
Quelle: https://www.mdr.de/nachrichten/thueringen/ost-thueringen/saale-orla/bad-lobenstein-prinz-heinrich-reuss-xiii-distanziert-100.html

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"Festnahmen von 25 mutmaßlichen Mitgliedern und Unterstützern einer terroristischen Vereinigung sowie Durchsuchungsmaßnahmen in elf Bundesländern bei insgesamt 52 Beschuldigten"
Ausgabejahr: 2022, Datum: 07.12.2022 ...
https://www.generalbundesanwalt.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/aktuelle/Pressemitteilung-vom-07-12-2022.html?nn=478184

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Quote[...] In seinem Anwesen in Frankfurt wartete Heinrich Reuß darauf, endlich über Deutschland herrschen zu können, vielleicht als König, jedenfalls als Monarch. Mit seiner Clique von Gleichgesinnten wollte er die Macht übernehmen - Olaf Scholz, Robert Habeck, Christian Lindner sollten das tun, was seine Vorfahren mussten: Abdanken. Doch es kam anders. Der Kanzler und seine Minister sind noch im Amt, Reuß trägt Handschellen. Es ist 10.40 Uhr, als maskierte Einsatzkräfte in schusssicheren Westen den 71-Jährigen aus seinem Anwesen in der Frankfurter Fichardstraße führen.

Es mutet irre an, was der Mann mit den zurückgekämmten Haaren vorhatte. Die Vorstellung, dass er und seine Mitstreiter tatsächlich die Macht im Land übernommen hätten, erscheint absurd. Dass sich "das Volk" ihnen angeschlossen hätte, Polizei und Bundeswehr mal eben 70 Jahre Demokratie abstreifen und sich frohgemut einer neuen Monarchie andienen sollten - das waren Hirngespinste. Aber es hätte die Republik bis ins Mark erschüttert, wenn durchgeknallte Reichsbürger in den Reichstag eingedrungen wären und dort Menschen erschossen hätten.

Vom Generalbundesanwalt heißt es, die Verschwörer hätten in Kauf genommen, dass es Tote gegeben hätte. Allen voran Reuß, denn er leitete ihren "Rat", aus dem später einmal die Regierung hervorgehen sollte. Aus den spärlichen Informationen, die die Ermittler bislang preisgegeben haben, lugt Menschenverachtung hervor. Große historische Ereignisse - und für Heinrich und seine Getreuen ging es um die Rettung des Vaterlandes - bringen es in solchen Ideologien mit sich, dass Menschen sterben.

Es gibt Aufnahmen des Möchtegern-Regenten, wie er 2019 bei einer Rechtsextremen-Tagung in der Schweiz seine Sicht auf die Monarchie darlegt. Dort betonte er, dass seine Familie, das Haus Reuß, in Gera und Umgebung tausend Jahre regiert habe - und nicht nur eine "Legislaturperiode von fünf Jahren". Fünf Jahre gegen tausend Jahre, er scheint das lächerlich zu finden. Doch lächerlich wirkt es eher, als der Adelsspross im gleichen Vortrag behauptet, bis zum Ende der Monarchie 1918 sei "alles gut im Fürstentum gewesen und die Menschen lebten ein glückliches Leben". Wenn es ein Problem gegeben habe, sei man zum Prinzen gegangen und der habe sich dann darum gekümmert.

Das gesamte Reichsbürger-Geschwafel über die letzten hundert Jahre ist ein einziger Verschwörungsmythos. Die Amerikaner sollen Hitler finanziert haben, die Bundesrepublik nur ein US-Protektorat sein und im Hintergrund ziehen angeblich überall die Juden die Strippen. Das Opfer? Die Deutschen und ganz besonders der Adel, der in Ostdeutschland schließlich vor den Sowjets fliehen musste. Überfall auf Polen, Gaskammern, Mord, Tod, Folter in Osteuropa, alle Gräuel der Nazis und des Zweiten Weltkriegs - nicht die Schuld des Adels, meint Heinrich Reuß. Die Behörden stuften ihn als Gefährder ein.

Es ist unbekannt, wie Reuß seine Mitstreiter überzeugte. Es ist auch nicht klar, ob er überhaupt die treibende Kraft war. Dass er die Massen für sich eingenommen hätte, ist eher nicht zu erwarten. Nicht nur, weil ihn bis heute kaum jemand kannte. Sich mit dem Pöbel zu verbrüdern, war offenbar nicht so seins: Der Prinz erwartete, dass er bitteschön immer zuerst gegrüßt werde. Arrogant sei er gewesen, ist aus Thüringen zu hören, wo er ein Jagdschloss besitzt. Ein komischer Vogel. Oder, wie es ein Sprecher seiner Familie ausdrückte: "ein teilweise verwirrter alter Mann, der verschwörungstheoretischen Irrmeinungen" aufsitze.

Seit der Wiedervereinigung versuchte Reuß, sich ein Stück der alten Zeit zurückzuholen. Er klagte darauf, Besitzungen aus tausend Jahren Herrschaft über Gera und Umgebung zurückzubekommen, und hatte laut Zeit Online zunächst Erfolg damit. Doch er sei damit gescheitert, Immobilien wie das Geraer Jugendstiltheater sowie Ländereien zurück in die Familie zu holen. In dem Bericht wird ein Familienmitglied zitiert, wonach Reuß zum Reichsbürger geworden sei, weil er den "Kampf seines Lebens" um die Restitutionsansprüche seiner Familie verloren habe.

Wann er vom einstigen Familienbesitz in Thüringen auf ganz Deutschland umschwenkte, ist unbekannt. Doch auch diese größenwahnsinnigen Ansprüche bleiben unbefriedigt. Statt nächster Monarch zu werden, muss sich Heinrich Reuß wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verantworten.

Quelle: ntv.de


Aus: "Rädelsführer der Reichsbürger Handschellen für Heinrich XIII." Volker Petersen (07.12.2022)
Quelle: https://www.n-tv.de/politik/Handschellen-fuer-Heinrich-XIII-article23769337.html

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Quote[...] Die Bundesanwaltschaft hatte in elf Bundesländern sowie in Italien und Österreich insgesamt 25 Menschen festnehmen lassen. 22 von ihnen wirft sie vor, Mitglied einer terroristischen Vereinigung zu sein, die das politische System in Deutschland stürzen wollte. Drei weitere Festgenommene gelten den Angaben zufolge als Unterstützer.  ...


Aus: "Razzia gegen Reichsbürgergruppe: KSK-Verdächtiger wurde laut Wehrbeauftrager bereits beobachtet" (7. Dezember 2022)
Quelle: https://www.zeit.de/politik/deutschland/2022-12/razzia-reichsbuerger-ksk-soldaten-eva-hoegl

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Quote[...] Nach den Razzien in der Reichsbürgerszene befinden sich inzwischen 13 der insgesamt 25 Festgenommenen bereits in Untersuchungshaft. Das teilte eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe mit. In keinem Fall, über den schon entschieden wurde, seien die Betroffenen wieder auf freien Fuß gekommen.

Planmäßig sollten noch im Laufe des Tages weitere Verdächtige den Richtern vorgeführt werden. Generalbundesanwalt Peter Frank hatte zuvor mitgeteilt, dass unter den Verdächtigen in Untersuchungshaft auch der mutmaßliche Rädelsführer der Gruppe, Heinrich XIII. Prinz Reuß, sei.

Den Verdächtigen wird laut Bundesanwaltschaft die Mitgliedschaft oder Unterstützung einer inländischen terroristischen Vereinigung vorgeworfen, die es sich zum Ziel gesetzt habe, die bestehende staatliche Ordnung in Deutschland "unter Einsatz von Gewalt und militärischen Mitteln zu beseitigen".

Die Festgenommenen verbinde eine "Ablehnung der staatlichen Institutionen in Deutschland", sagte Frank. Viele von ihnen hingen "Verschwörungsmythen an, bestehend aus verschiedenen Narrativen der Reichsbürgerideologie sowie der QAnon-Ideologie".

Die mutmaßliche terroristische Vereinigung habe aus einem sogenannten Rat sowie einem militärischen Arm bestanden. Teil des Rates, der sich ähnlich wie das Kabinett einer Regierung in Ressorts unterteilt habe, sei auch eine ehemalige Abgeordnete des Bundestags gewesen. Diese sei in den Umsturzplänen der Vereinigung für die Übernahme des Justizressorts vorgesehen gewesen.   

Der militärische Arm habe in der Vereinigung die Aufgabe gehabt, eine neue deutsche Armee aufzubauen, "bestehend aus noch zu gründenden Heimatschutzkompanien". Einzelne Mitglieder des militärischen Arms seien in der Vergangenheit "auch aktiv in der Bundeswehr tätig gewesen". Zudem hätten sich einige Mitglieder der Vereinigung "mit Überlegungen getragen, gewaltsam in den Bundestag einzudringen".

Nach Angaben des Verteidigungsministeriums befinden sich unter den Verdächtigen insgesamt drei Soldaten. Darunter seien als aktiver Bundeswehrangehöriger ein Soldat des Kommandos Spezialkräfte (KSK) sowie zwei weitere nicht aktive Soldaten, sagte ein Sprecher des Ministeriums in Berlin. "Wir vertreten hier eine absolute Null-Toleranz-Linie, wenn es um Extremismus in der Bundeswehr geht. Und ganz besonders gilt das natürlich für das Kommando Spezialkräfte."

An den Razzien waren laut Bundesanwaltschaft etwa 3.000 Polizeibeamte beteiligt. Der Einsatz am frühen Morgen zählt zu den größten Polizeieinsätzen gegen Extremisten in der Geschichte der Bundesrepublik. 22 der Festgenommenen wirft die Behörde vor, Mitglied einer terroristischen Vereinigung zu sein. Zwei davon sollen Rädelsführer gewesen sein, drei weitere gelten als Unterstützer. Mit Ausnahme einer Russin haben alle die deutsche Staatsbürgerschaft. Darüber hinaus gebe es 27 weitere Beschuldigte. Laut Frank gab es rund 150 Durchsuchungen, bei denen umfangreiches Material sichergestellt worden ist.

Festgenommen wurden die Verdächtigen in elf Bundesländern in Deutschland sowie in Österreich und Italien. Bei dem in Italien festgenommenen Deutschen handelt es sich nach Angaben der italienischen Polizei um einen ehemaligen Offizier einer Spezialeinheit der Bundeswehr. Der 64-Jährige sei in einem Hotel im mittelitalienischen Ponte San Giovanni festgenommen worden. Derzeit liefen die Verfahren zur Auslieferung des Mannes.

Sogenannte Reichsbürger sind Menschen, die die Bundesrepublik und ihre demokratischen Strukturen nicht anerkennen. Der Verfassungsschutz rechnet der Szene rund 21.000 Anhänger zu.


Aus: "13 mutmaßliche Reichsbürger nach Razzien in Untersuchungshaft" (7. Dezember 2022)
Quelle:  https://www.zeit.de/politik/deutschland/2022-12/razzien-reichsbuerger-generalbundesanwalt-untersuchungsgaft

Quotedet23 #19

Wie weit müssen die Anhänger dieser Gruppe von der Realität entfernt sein, um zu glauben, dass ihr geplanter Umsturz erfolgreich sein und zu der von ihnen gewünschten neuen Ordnung führen kann? Das zeigt mal wieder, auf welchem geistigen Niveau sich solche Verschwörungsfanatiker bewegen.


QuoteDamageCase #16

So lächerlich die auch erst mal aussehen: diese Leute wähnen sich in einer Opfer-Rolle und in einer Position in der sie sich zurecht verteidigen, und gerade in solchen Fällen ist man dann eben auch verstärkt gewaltbereit. Man "wehrt sich ja nur" dem eigenen Empfinden nach.

Wenn solche Leute also von Erschiessungen und Hinrichtungen fabulieren, dann gehe ich auch erst mal davon aus dass die das, wenn sie könnten, auch durchziehen würden.


QuoteUlenspiegel_1965 #20.6

Die Mitglieder der RAF haben auch wirklichkeitsfremd gedacht, trotzdem sind Menschen gestorben.

Ich persönlich würde das ganze nicht ins Lächerliche ziehen.


QuoteHeinz Brause #24.1

Die ehemaligen Mitglieder der RAF, sofern am Leben, ärgern sich vielleicht gerade schwarz darüber, wenn so ein Haufen von Beknackten heutzutage schon als Terrororganisation bezeichnet werden kann.


QuoteNackenAusrasiert #20

Alberne Truppe. Lächerlich. Dass Leute mit dem Bildungshintergrund und solch infantilen Herangehensweisen und mit den paar Männern an nicht entscheidenden Stellen, wirklich denken, das Land stürzen zu können, ist tragisch komisch. Mehr nicht.


QuoteHazard 468 #20.12

Wie man den Rechtsterrorismus angesichts von hunderten Toten (u.a. Politikern), so verharmlosen kann, erschließt sich nicht. Aber irgendwie muss das Narrativ ja gewahrt werden, gell?


QuoteOld white dude #31

Ich frage mich, ob diese Reichsbürger wirklich glauben, das Volk würde das mitmachen.


QuoteJinx Powder #31.1

"Ich frage mich, ob diese Reichsbürger wirklich glauben, das Volk würde das mitmachen."

Wer braucht denn das Volk, wenn man es "befreien" will?


QuoteNeikast #44

In der Geschichte der Menschheit folgte einer Hochphase kultureller oder wirtschaftlicher Entwicklung stets ein dunkles Zeitalter. Möglicherweise stehen wir gerade vor dem Beginn eines solchen dunklen Zeitalters oder zumindest am Ende unserer Blütezeit.
Die demokratiefeindlichen Kräfte werden "gefühlt" immer zahlreicher, Dank der sozialen Medien. Mangelnde Bildung, mangelnde Internetkompetenz (Stichwort: Algorithmus ), Suche nach Selbstbestätigung (Stichwort; Amygdala ) und Unzufriedenheit mit der eigenen Situation, für die andere verantwortlich gemacht werden, wachsen zu einer explosiven Mischung, leicht zu lenken von inneren (AfD u.a.) und äußeren Feinden (Russentrolle).


QuoteKonzert #44.1

Nicht nur 'gefühlt'.
#Die Demokratie verliert an Boden: Erstmals seit 2004 verzeichnet unser Transformationsindex (BTI) mehr autokratische als demokratische Staaten. Von 137 untersuchten Ländern sind nur noch 67 Demokratien, die Zahl der Autokratien steigt auf 70.#

"Demokratie weltweit unter Druck: Zahl der autoritären Regierungen steigt weiter" (23.02.2022)
https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2022/februar/demokratie-weltweit-unter-druck


QuoteFutbalisto #51

Die sind doch alle harmlos und wollen nur spielen.
Kein Vergleich zur 'Klima-RAF'


QuoteDeo Volante #71

Viele scheinen in derartigen Nachrichten einen Grund zur Freude zu sehen. Ich weiß nicht, ob ich mich dem anschließen kann. Möchten gerne, aber können?

Schon wieder versuchen Rechtsextreme das System zu stürzen in unserer "Republik der Einzelfälle". Schon wieder sind Soldaten involviert, Juristen, Beamte... Bis heute keine Aufklärung der Rolle des Verfassungsschutzes in Sachen NSU und so. Bis heute sitzen Faschisten in den Parlamenten. Ich könnte endlos weiter machen, aber es hat keinen Sinn. Denn die Bilanz ist immer die gleiche:

Deutschland ist bis zum heutigen Tage nicht entnazifiziert. Und gerade jetzt, wo wir wieder neuen 20ern stecken, hat das einen besonders makabren Beigeschmack. Es ist, als hätte man nichts, aber auch gar nichts aus der Geschichte gelernt.

Und schreiben Sie jetzt bitte nicht, dass die Mehrheit der Bürger doch keine Reichsbürger seien - das ist mir schon klar. Warum aber kriegt man diese braune Seuche, die unsere Gesellschaft befallen hat, denn nicht in den Griff? Ich denke an Solingen, Halle, Hanau, Lübcke. Ich denke an die Richters aus Königs Wusterhausen-Senzig. Und an Boxberg. Und so vieles mehr. Wenn ich mit Leuten im Bekanntenkreis darüber sprechen will, weiß man vielleicht noch über Lübcke bescheid, aber beim Rest starren die meisten fragend Löcher in die Luft. Und dann wieder das alte: "Wehret den Anfängen".

Die Anfänge hatten wir vor Jahren schon. Jetzt erst regt sich was, und dann nicht wirklich viel. Ich bin einfach fassungslos...


QuoteEin Königreich für ein Bier #77

Der deutsche Adel scheint auch nicht mehr das zu sein, was er einmal war. Ernst August Prinz von Hannover trat vor einiger Zeit ein paar Mal unrühmlich in Erscheinung. Der Boulevard verpasste ihm zwei neue Titel. Er wurde in den Pinkelprinzen- und den Prügelprinzenstand erhoben. Jetzt soll Heinrich XIII. Prinz Reuß der mutmaßliche Rädelsführer einer mutmaßlichen terroristischen Vereinigung sein. Wenn das zutrifft, werde ich den deutschen Blaublütlern in Zukunft nicht mehr desinteressiert gegenüberstehen. In deren Klasse könnten sich weitere Abgründe auftun. Sollte dem hochwohlgeborenen Heinrich XIII. Prinz Reuß die mutmaßlichen schweren Straftaten nachgewiesen werden können, wäre das ein schwerer Schlag ins Kontor für den Adel. Heinrich XIII. Prinz zu Reuß wäre der Putschprinzentitel nicht mehr zu nehmen.


QuoteDer_Moritzberger #77.1

Sie liegen durchaus richtig mit Ihrer Besorgnis. Für die AFD sitzt im Bundestag mit Betarix von Storch eine Vertreterin des europäischen Hochadels.
Der ,,Pinkelprinz", ein Welfe, glänzt zurzeit mit einem skurril anmutenden Rechtsstreit, den er mit seinem Sohn und Nachfolger als Sippenoberhaupt austrägt.

Nicht zum europäischen Hochadel gehört hingegen Norbert Schittke. Dieser Reichsbürger lässt sich ,,Fürstregent Norbert Rudolf aus der Familie Schittke zu Romkerhall" nennen. Googeln Sie den mal und schauen Sie sich auf Youtube den Heute-Show-Clip ,,Carsten van Ryssen trifft den Reichskanzler Norbert Schittke" an. Das Lachen bleibt im Hals stecken, wenn man bedenkt, dass diese Gestalten ernst meinen, was sie sagen.


QuoteErnst Acht #80

Wo bitte ist denn jetzt die Empörungswelle der Konservativen und ihrer Medien? Irgendwie fehlt mir da gerade was, oder ist das die Wokeness der Konservativen die das verbietet? Bestimmt wir Bild Morgen wieder alle als verwirrte darstellen.


QuoteNorbert123 #80.1

Das sind Einzelfälle (Plural !) . Sie sollten das jetzt nicht instrumentalisieren.


Quotemattdoc #93

Nachdem ich über Tag die Berichte dazu gelesen habe, frage ich mich, wie diese Leute glauben konnten, dass sich eine nennenswerte Anzahl von Menschen Ihnen anschließen. Da muss die Sicht auf die Welt schon sehr abwegig gewesen sein. Ich kann nur mit dem Kopf schütteln...


Quoter.schewietzek #94.1

Die RAF hat mal als Protestbewegung in einer Berliner WG angefangen. Am Küchentisch.


Quotedanilowski #98

Da ist eine gefährliche Mischung aus Einfältigkeit und Naivität am Werk. Einfältig und Naiv wegen der Motive und Ziele und der merkwürdigen Geschichten die mit diesen Leuten verbunden sind. Gefährlich deswegen, dass die es wohl irgendwie ernst meinen und sich mit entsprechender Ausrüstung versehen haben.
Das sagt jetzt ein ehemaliger Calwer Fallschirmjäger.


QuoteDas denke ich #100

Wenn ich den Größenwahn dieser gefährlichen Spinner für einen kleinen Moment beiseite lasse und nur als Gedankenspiel unterstelle, dass unsere Verfassung nicht gültig ist:
Wie können diese Leute ernsthaft glauben, dass ein von Ihnen herbeigeputschtes Regime mehr Legitimation hätte, als die bestehenden frei gewählten Parlamente? Mir ist bisher noch kein ,,Reichsbürger" über den Weg gelaufen, aber ich wäre sehr neugierig, welche haarsträubende Erklärung ich als Antwort auf diese Frage bekäme.


QuoteTheGreaterFool #100.1

+++Wie können diese Leute ernsthaft glauben, dass ein von Ihnen herbeigeputschtes Regime mehr Legitimation hätte, als die bestehenden frei gewählten Parlamente?++

In deren Phantasiewelt steht "Das Volk" ja in Wirklichkeit total hinter ihnen, wird nur durch gleichgeschaltete Mainstreammedien und Propaganda betäubt...wenn sie dann erstmal die Macht hätten würde sich das "Das Volk" ja superschnell jubelnd hinter sie stellen glauben sie, oder so ähnlich jedenfalls.

+++Mir ist bisher noch kein ,,Reichsbürger" über den Weg gelaufen+++

Mir schon. Bisher waren es sogar drei, alles zwar nur sehr kurze und oberflächliche Bekanntschaften, aber genug um alle Haare zu Berge stehen zu lassen.

Interessanterweise waren ALLE DREI gescheiterte Kleinunternehmer mit Schulden und Ärger mit dem Finanzamt sowie sonstigen Behörden. Das ist bei den Reichsbürgern wohl recht oft so das es sich um Bankrotteure handelt die in der Reichsbürger-Ideologie einen Ausweg aus ihrem (idr selbst verschuldeten) Ärger sehen.


QuoteFrothel #101

Das kann mir doch keiner erzählen, dass der angeblich geplante Staatsstreich auch nur die geringste Chance auf Erfolg gehabt hätte. Die diversen deutschen Polizeien beschäftigen knapp 350.000 Waffenträger, dazu 180.000 Soldaten. Dass die Reichsbürger größere Teile der Zivilgesellschaft, der Beamten, Medien, normalen Bürger auf ihrer Seite gehabt hätten, darf auch bezweifelt werden. Die hätten Null komma Null Chance gehabt! Kommt mir vor, als ob hier wieder mal was aufgeblasen werden soll, um von anderen, weitaus gefährlicheren Dingen abzulenken.


QuoteOverTheHills #101.1

Und auch Sie frage ich, ob Sie sich jemals mit dem Aufstieg Hitlers beschäftigt haben. ...


QuoteSumtina #102

Ich habe mir das heute Abend sowohl in der Tagesschau als auch in dem darauf folgenden Brennpunkt angesehen. Auch die Berichtserstattung hier habe ich verfolgt. Trotz allem kommt mir das alles so surreal vor. Ich kann die Menschen einfach nicht verstehen. ...


QuoteKasparvonThal #108

Ich kann das Unverständnis über die irrige Annahme der Beschuldigten, diese Umsturzpläne durchführen zu können verstehen.
Nur sollten alle, die heute zum ersten mal von Reichsbürgern und Co. gehört haben, auch beachten, dass diese Leute irren Verschwörungserzählungen (Promis & (linke) Politiker trinken Kinderblut, die heimliche Elite will mit den Impfstoffen den Großteil der Menschen töten, Deutschland ist nicht souverän, der 2. Weltkrieg ist nicht beendet, usw.) anhängen und in ihrer Blase sich immer nur noch gegenseitig bestärken und weiter radikalisieren. Zur Realität ist da keine große Schnittmenge mehr. Das soll nicht heißen, dass ich jemanden von den Beschuldigten für psychisch erkrankt halte, nur, dass solche Dinge wie diese Pläne in "deren Welt" durchaus Sinn ergeben können. So auch, dass diese Leute sich irriger weise im Widerstand sehen und so natürlich auch nicht vor Waffengewalt zurück schrecken. ...


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Quote[...] Zwei Beschuldigte in Österreich, beide 63 Jahre alt, sollen nach STANDARD-Informationen den Vorsitz eines spirituell-esoterischen Vereins mit Sitz in Niederösterreich führen, der Kurse über Selbstheilungskräfte des Körpers durch Gebete und Rituale anbiete. Die verdächtigen Personen dürften wegen ihrer offenbar ihnen selbst zugeschriebenen hellseherischen Fähigkeiten als "Seher-Team" der mutmaßlich terroristischen Vereinigung fungieren.

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Aus: "Die Spur der deutschen Reichsbürger-Razzien führt auch nach Österreich" Jan Michael Marchart (7. Dezember 2022)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000141604148/die-spur-der-deutschen-reichsbuerger-razzien-fuehrt-auch-nach-oesterreich

QuoteDr.E.Coli

Wieso konnte das "Seher-Team" die Razzia eigentlich nicht voraussehen?
Fragen über Fragen....



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#123
Quote[...] BERLIN taz | Der Dachdecker Frank Haußner steht auf dem Marktplatz in Zeulenroda hinter einem Redepult, an dem eine Fahne mit dem Familienwappen des Adelsgeschlechts Reuß befestigt ist. Der Mann mit etwas schütterem grauem Haar heißt im thüringischen Dialekt mehrere Dutzend Demonstrierende mit Deutschland-, Russland- und Thüringenfahnen in der Kleinstadt willkommen. Oder wie er es nennt: ,,Zeulenroda in Ostthüringen, Fürstentum Reuß, ältere Linie."

Haußner ruft: ,,Nein, die am vergangenen Mittwoch Festgenommenen waren keine verwirrten Kreise. [...] Sie agierten in Sorge um die Zukunft unseres Volkes. Sie waren Akteure im Widerstand gegen ein Unrechtssystem, Teil der Wahrheitsbewegung, Teil der Freiheitsbewegung. Und sie sind es immer noch trotz Inhaftierung!" Im Anschluss ziehen rund 150 Personen mit Fackeln, Trommeln und Trillerpfeifen durch Zeulenroda.

Haußner, offenkundig Anhänger des wegen Terrorverdachts festgenommenen ,,Prinzen" Heinrich Reuß, bleibt diesem auch nach dessen Verhaftung treu. Er findet es offenbar nicht lustig, wenn man die Reichsbürgergruppe als ,,Verwirrte" oder ,,Spinner" darstellt. Sein 71-jähriger ,,Fürst" ist zusammen mit 24 weiteren Personen in der Vorwoche als mutmaßliches Mitglied einer terroristischen Vereinigung namens ,,Patriotische Union" inhaftiert worden. Die Generalbundesanwaltschaft ermittelt bislang gegen 52 Verdächtige unter anderem wegen eines geplanten gewaltsamen Umsturzes der Bundesregierung.

Neben ehemaligen und aktiven Soldaten und Po­li­zis­ten sind auch drei ehemalige und aktuelle AfD-Mitglieder unter den Verhafteten. Deswegen wird nicht nur die Verschärfung des Disziplinar- und Waffenrechts diskutiert, sondern auch ein AfD-Verbot – etwa von dem thüringischen SPD-Innenminister Georg Maier, der die Vorbereitung eines solchen Verfahrens in der taz forderte.

Eines der mutmaßlichen Gruppenmitglieder, die ehemalige AfD-Abgeordnete und Berliner Richterin Birgit Malsack-Winkemann, besaß bis zuletzt noch einen Hausausweis für den Bundestag. Die Gruppe hatte offenbar geplant, mit zwei Dutzend Bewaffneten das Parlament zu stürmen und Abgeordnete in Handschellen zu legen. Die Ortskenntnis der 58-Jährigen wäre von Vorteil gewesen. Sie soll als Sportschützin selbst legal zwei Waffen besitzen.

Der Bundestag will nun nach taz-Informationen seine Sicherheitsmaßnahmen verschärfen. Geplant ist vor allem eine Änderung der Hausordnung, wie der zuständige Unterabteilungsleiter der Bundestagsverwaltung in einem Parlamentsgremium erklärte. Unter anderem sollen künftig Mitarbeitende von Abgeordneten und Verwaltung alle zwei Jahre einer Zuverlässigkeitsüberprüfung unterzogen werden. Auch soll überprüft werden, was über ehemalige Abgeordnete in Polizeidatenbanken zu finden ist; sie bekamen bislang leichter Zutritt.

Malsack-Winkemann hat nun offiziell ein Betretungs- und Hausverbot durch die Bundestagspräsidentin erteilt bekommen, das ihr schriftlich in der Haft zugestellt wurde. Bei einer Sache konnten die Sicherheitsverantwortlichen die Par­la­men­ta­rie­r*in­nen beruhigen: Es arbeiten keine ehemaligen Mit­ar­bei­te­r*in­nen von Malsack-Winkemann mehr im Bundestag.

Auch weil die AfD in den geplanten Putschversuch involviert ist, verharmlosten führende AfD-Politiker die ,,Patriotische Union" mit ihren teils älteren Mitgliedern als ,,Rentnerkombo", spielten die Gefährlichkeit der Gruppe hinunter oder bezeichneten die umfangreichen Razzien mit 3.000 Po­li­zis­t*in­nen gleich als ,,Inszenierung". Warnungen vor der Gruppe und vor Reichsbürgerideologie zogen sie ins Lächerliche – trotz gefundener Feindeslisten und Waffen.

In Ostthüringen wird besonders deutlich, dass Verbindungen zwischen Reichsbürgern und AfD alles andere als überraschend sind. Vielmehr gehören sie vielerorts zum Vorfeld der AfD. So auch in Zeulenroda: Haußner hatte bereits im Oktober 2021 einen Auftritt Reuß' bei einer Veranstaltung der ,,Patrioten Ostthüringen" gelobt. Als nachgewiesene Deutsche müsse man der Staatssimulation BRD den Rücken kehren, sagte er und bedankte sich auch bei einigen AfD-Mitgliedern im Publikum, wie aus einem Video auf dem Telegram-Kanal von ,,Freies Thüringen" hervorgeht. Darauf machte wie auch auf Haußners Rede vom Montag ein lokaler Recherche-Account aufmerksam, der ausdauernd auf die Verbindungen zwischen AfD, Reichsbürgern, Freien Sachsen und Thüringern sowie militanten Neonazis im Kontext der Razzien hinweist.

Haußner ist einer der Köpfe der Gruppe ,,Freies Thüringen" und der ,,Patrioten Ostthüringen", die rechtsextreme Montagsspaziergänge und Aktionen organisieren, an denen sich auch immer wieder die AfD beteiligt. An einem ,,Heldengedenken" der Gruppe im November 2021 nahm der AfD-Landtagsabgeordnete Wolfgang Lauerwald zusammen mit Reichsbürgern teil. Eine Sprecherin aus der AfD Gera bezeichnet sich gleich als Mitglied der ,,Patrioten Ostthüringen" und beim Stadtfest in Bad Lobenstein stand der AfD-Landtagsabgeordnete Uwe Thrum wohl nicht zufällig mit dem ,,Prinzen" und Bier am Stehtisch herum.

Die Connections finden sich nicht nur in Landes- und Kommunalpolitik, sondern reichen bis zum mächtigsten Mann in der AfD: Björn Höcke. Am 3. Oktober dieses Jahres in Gera etwa hielt der Rechtsextremist und Landeschef auf der von Haußner organisierten Bühne von ,,Freies Thüringen" eine Grundsatzrede vor rund 8.000 Menschen, in der er für einen Schulterschluss mit Russland warb und rief: ,,Wir sind die ersten von morgen" – eine Losung, die auch auf einer Todesanzeige für den Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß stand.

Haußner gilt Beobachtern als gut vernetzt mit Höcke, sie traten schon häufiger gemeinsam auf. Bereits 2017 besuchte Haußner den Fraktionschef im Thüringer Landtag; Stephan Brandner, jetzt Bundestagsabgeordneter aus Gera und stellvertretender AfD-Bundesvorsitzender, war damals auch dabei.

Verbinden dürften sie dabei auch ideologische Elemente, die letztlich auf einen autoritären Umsturz hinauslaufen. So macht Höcke in seinem Buch vielsagende Andeutungen. Er hoffe, die ,,Festung der Etablierten" von drei Seiten in die Zange zu nehmen: von einer ,,protestierenden Bürgerbasis", der AfD als parlamentarischer Speerspitze und von einer Front aus dem Staats- und Sicherheitsapparat heraus – worauf auch die Ver­schwö­re­r*in­nen der ,,Patriotischen Union" gesetzt haben sollen.

Dennoch nannte Höcke die ,,Patriotische Union" kurz nach dem Auffliegen einen ,,Rollatorputsch" und machte Witze über die angebliche Ungefährlichkeit von Reichsbürgern. Gleichzeitig strickte er am nächsten Verschwörungsmythos, indem er von einer ,,Inszenierung" sprach.

Ähnlich war es bei dem AfD-Bundestagsabgeordneten Petr Bystron, der 2018 auch schon mal auf Steuerzahlerkosten zum Schießtraining mit Rassisten nach Südafrika gereist war. Der schrieb erst vom ,,Staatsstreich mit 50 Rentnern", fühlte sich aber offenbar dennoch bedroht: ,,Diese Razzia ist der größte Machtmissbrauch in der Geschichte der Bundesrepublik und eine massive Einschüchterung der gesamten Opposition."

Die AfD-Vorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla, die sich einige Stunden nach Bekanntwerden der Razzien mit einem schmalen Statement zunächst distanzierten und vom ,,vollsten Vertrauen in die Behörden" sprachen, sind mittlerweile auf die Rechtsaußenlinie eingeschwenkt.

Der Politikberater Johannes Hillje, der kürzlich ein Buch über die Kommunikationsstrategie und Identität der AfD veröffentlicht hat, ist von den AfD-Verbindungen nicht überrascht. Er sagte der taz: ,,Die Reichsbürger gehören zum erweiterten Vorfeld der AfD. Nicht als institutionalisierter Partner wie die Jugendorganisation Junge Alternative oder die Erasmus-Stiftung, aber sie sind in jedem Fall ein Resonanzraum." Begriffe wie der ,,Great Reset" einer ,,korrupten Elite" seien allgegenwärtig auf Demos, an denen sich auch die AfD beteiligt: ,,Sie spielen auf einer ähnlichen Klaviatur von verschwörungsideologischen Begriffen", sagt Hillje. Die AfD habe eine Scharnier- und Verstärkerfunktion für Reichsbürger.

David Begrich, Rechtsextremismusforscher aus Sachsen-Anhalt, sieht auch in der Reichsnostalgie Schnittmengen zur Reichsbürgerszene, wenn Hindenburg-Porträts in Abgeordnetenbüros hingen oder AfD-Politiker den chauvinistischen Sedantag begingen. Tatsächlich feiert nicht nur die Junge Alternative offen die 150-jährige Proklamation des Kaiserreichs oder bezieht sich auf kaiserliche Feiertage, sondern auch die AfD-nahe Erasmus-Stiftung, die zum selben Jahrestag ein Magazin mit verklärendem Geschichtsbild herausbrachte.

Auch Frank Haußner von den ,,Patrioten Ostthüringen" trommelt weiter fürs Reich: Erneut ruft er dazu auf, sich kurz vor Weihnachten an einer ,,unpolitischen" Charity-Aktion in Gera zu beteiligen. Im letzten Jahr verkleidete sich dort Neonazi Christian Klar, der Bezüge ins NSU-Umfeld hat, als Weihnachtsmann und verteilte Geschenke an Kinder. Als Überraschungsgast kam Björn Höcke vorbei – mit einer Weihnachtsmannmütze auf dem Kopf.


Aus: "Verhältnis von AfD zu Reichsbürgern: Ein Königreich für die AfD" Gareth Joswig (16.12.2022)
Quelle: https://taz.de/Verhaeltnis-von-AfD-zu-Reichsbuergern/!5900281/

Quotemwenger
17.12.2022, 23:48

Also ich muss dem Artikel inhaltlich leider widersprechen. Reichsbürger sind alles andere als ein "Königreich" für die AfD. Ich habe selbst ein enges Familienmitglied, das sich kommunal für die AfD engagiert und kenne daher ein bisschen auch die Hintergründe.

Reichsbürger können mit der AfD nicht viel anfangen, weil es eine Partei des "Systems" ist.

Sprich: Schon wer sich politisch engagiert, wird von Reichsbürgern abgelehnt, weil diese ja gegen den Staat sind.

An den Wahlkampfständen bekommt man dann von denen den ganzen Blumenstrauß runtergeleiert mit den üblichen Verschwörungstheorien - von der BRD GmbH mit 25.000 Euro Stammkapital, Personalausweisen für BRD-Personal über die Bilderberger bis hin zum fehlenden Friedensvertrag und der Kanzlerakte ist dann alles dabei.

Die AfD als Beteiligte in den Parlamenten ist in den Augen von echten Reichsbürgern eine Partei der "Systemlinge". Sehr häufig kommt von denen der Vorwurf, man sei sogar von den Altparteien gegründet worden, um echten Widerstand zu zerstören.

Als Partei in Parlamenten kommst du an diese Leute gar nicht ran. Die beteiligen sich auch nicht an Wahlen oder wählen bewusst ungültig (die meisten von denen glauben echt, dass das was bringt und wissen gar nicht, dass die ungültigen Stimmzettel herausgerechnet werden).

Reichsbürger, die nicht oder ungültig wählen machen keine Werbung für die AfD oder irgendeine andere Partei, sondern wollen möglichst erreichen, dass das Nichtwähler-Ergebnis besonders hoch wird. Schon heute sehen viele darin ihre Legitimation, dass sie es sind, die für die Mehrheit des Volkes sprechen, erst recht, wenn die Wahlbeteiligung von Landtags- oder Bürgermeisterwahl unter 50% liegt. Die argumentieren dann: Mit so einem Ergebnis sei also gar nicht die Mehrheit des Volkes einverstanden und somit illegitim.

Insofern sind Reichsbürger eine ganze Spur radikaler als viele rechte AfD-Politiker. Denn die akzeptieren wenigstens noch das Staatsgebilde an sich. Das muss man differenzieren.


QuoteRudi Hamm
Freitag, 15:55

Welch geistig Kind diese AfD ist, wissen wir alle. Ich frage mich nur ob es nicht besser wäre sie in den Medien nicht so oft zu erwähnen, damit sie nicht noch bekannter wird.
Und je mehr man negativ über die AfD berichtet, desto trotziger erscheinen mir die "jetzt erst recht" Haltungen deren Wähler.


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Quote[...] Drei Jahre nach der kurzzeitigen Besetzung der Reichstagstreppe bei einer Demonstration im Berliner Regierungsviertel sind bislang sechs Menschen wegen ihrer Beteiligung verurteilt worden. Die fünf Männer und eine Frau wurden vom Amtsgericht Tiergarten zu Geldstrafen wegen Landfriedensbruchs, Beleidigung von Polizisten und Zeigens des Hitlergrußes verurteilt, wie die Staatsanwaltschaft auf Anfrage bestätigte. Zuvor hatte die Wochenzeitung ,,Die Zeit" berichtet.

Dem Bericht zufolge leitete die Staatsanwaltschaft 346 Ermittlungsverfahren ein, die meisten gegen unbekannt. 89 Beteiligte wurden ermittelt. Gegen die sechs Verurteilten aus Berlin, Brandenburg und Baden-Württemberg wurden Geldstrafen zwischen 1800 und 2500 Euro verhängt. Das gehe aus den Urteilen hervor, so die ,,Zeit".

Am 29. August 2020 hatten Zehntausende Menschen in Berlin gegen die Corona-Einschränkungen protestiert. Unter ihnen waren auch Rechtsextremisten, sogenannte Reichsbürger und Verschwörungsideologen. Am Reichstag durchbrachen mehrere Hundert Demonstranten, viele von ihnen aus der Reichsbürger-Szene, eine Absperrung der Polizei vor dem Besuchereingang des Reichstags.

Mit Fahnen und Geschrei liefen sie die Treppe zum Reichstag hoch, wo nur wenige Polizisten standen. Anschließend wurde in der Politik heftig diskutiert, wie das passieren konnte. Die Polizei wertete Tausende Stunden Videomaterial aus, um Demonstranten zu identifizieren. (dpa)


Aus: "Ausschreitung bei Corona-Demos 2020: Bisher sechs Urteile nach Sturm auf den Reichstag" (24.08.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/ausschreitung-bei-corona-demos-2020-bisher-sechs-urteile-nach-sturm-auf-den-reichstag-10357543.html

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Quote[...] Die bei einer großen Razzia im Dezember aufgeflogene ,,Reichsbürger"-Gruppe soll das Parlamentsgebäude ausgekundschaftet haben. Nach Angaben des Bundesgerichtshof waren die Vorbereitungen für einen Umsturz fortgeschritten.

Mutmaßliche Führungsmitglieder der ,,Reichsbürger"-Gruppierung, die bei einer Großrazzia im Dezember aufgeflogen war, sollen Pläne für einen gewaltsamen Sturm auf den Bundestag gehabt haben. Dafür seien sie ,,bereits in konkrete Vorbereitungshandlungen eingetreten", heißt es in einem Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH), der am Donnerstag in Karlsruhe veröffentlicht wurde.

Ein Kommando von bis zu 16 Personen habe Regierungsmitglieder und Abgeordnete in Handschellen abführen sollen. Einer der in Untersuchungshaft sitzenden Beschuldigten hatte laut BGH nach dem Stand der Ermittlungen in Berlin schon die Örtlichkeiten ausgekundschaftet, Fotos gemacht und eine Namensliste von Politikern, Journalisten und anderen Personen des öffentlichen Lebens erstellt.

Die ebenfalls festgenommene frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann habe ,,verschiedene Mitglieder der Vereinigung über Anwesenheitszeiten von Abgeordneten und Regierungsmitgliedern" informiert. Außerdem habe sie geplant, das Reichstagsgebäude gemeinsam mit einem anderen Beschuldigten zu betreten.

Bei der Razzia am 7. Dezember waren 25 Männer und Frauen festgenommen worden, von denen zuletzt noch 23 in U-Haft waren. Die Bundesanwaltschaft führt in dem Komplex inzwischen 61 Personen als Beschuldigte. Sie sieht in der Gruppe eine Terrorvereinigung, die das politische System in Deutschland stürzen wollte.


Aus: "Gruppe um Prinz Reuß soll Sturm auf Reichstag bereits geplant haben" (20.04.2023)
Quelle: https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/reichsbuerger-war-der-sturm-auf-den-bundestag-schon-laenger-geplant-18835643.html

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"Mutmaßliche Rechtsterroristen besaßen legal Dutzende Schusswaffen" (15. Oktober 2023)
Ermittler haben bei der Reichsbürger-Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß 138 scharfe Schusswaffen beschlagnahmt. Knapp die Hälfte davon waren legal angemeldet. ... Insgesamt wurden den Angaben zufolge bei den Durchsuchungen im Dezember 2022 und im vergangenen März 382 Schusswaffen sichergestellt, darunter auch Armbrüste und Schleudern. In einer Aufstellung vom August war von 362 Schusswaffen, 347 Hieb- und Stichwaffen sowie großen Mengen an Munition die Rede gewesen. Die Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß als einer der mutmaßlichen Rädelsführer soll laut Bundesgerichtshof vorgehabt haben, das politische System in Deutschland mit Waffengewalt zu stürzen und eine neue Regierung zu installieren. Die Bundesanwaltschaft hatte Anfang Dezember 2022 mehr als 20 Verdächtige in Deutschland, Österreich und Italien festnehmen lassen, darunter frühere Offiziere, Polizeibeamte und eine ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete. Im März gab es weitere Durchsuchungen und Festnahmen.  ... Bis Ende 2021 wurde 1.050 Reichsbürgern die waffenrechtliche Erlaubnis entzogen, wie die Tagesschau berichtet. Rund 500 Menschen, die dem Milieu zugeordnet werden, besitzen aber immer noch eine solche Erlaubnis. "Die hohe Zahl scharfer sowie illegaler Schusswaffen zeigt die tödliche Gefahr der Gruppe", sagte Renner. "Hinzu kommen die Hinweise, dass Munition auch aus Bundeswehrbeständen stammt." Sie forderte eine rasche Aufklärung dazu, ob von Mitgliedern der Gruppe auch Waffen oder Sprengstoff aus Beständen von Armee oder Polizei systematisch entwendet worden seien.
https://www.zeit.de/gesellschaft/2023-10/reichsbuerger-terrorismus-schusswaffen-prinz-reuss

QuoteBlowed Washed

Alles harmlose Spinner ...


QuoteSir Thomas von Freisleben

Wenn auffällige, labile und extremistische Gestalten in Deutschland legal an Waffen kommen, stimmt etwas mit unseren Waffengesetzen nicht.


QuoteErkos

Es ist mir ein Rätsel, wie Munition aus Bundeswehrbeständen dort landen konnte.
Als ich bei der Armee war wurde, wenn eine einzige Patrone fehlte, die ganze Einheit auf den Kopf gestellt, bis die fehlende Munition gefunden war.
Können Armeeangehörige der Bundeswehr nicht zählen?


QuoteTom_Alpaca

Da trägt der MunAusgeber einfach Fantasiesoldaten mit Fantasieergebnissen ein. Das sind dann schon mal fünf Schuss für den MunWart, die rechnerisch "verschossen" wurden. Das geht vor allem in Ämtern gut, wo unmöglich jeder jeden kennen kann.


QuoteBärbel Schönfelder-Herrmansdorf

Beim MG-Schießen z.B. in Bergen-Hohne wird soviel Munition am Tag verballert, da kann man sich bei Interesse schon mal so nebeinbei die Taschen vollstopfen. Es wird weder gezählt und nochkontrolliert. Wer sollte dies denn auch tun?


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Quote[...]  Nach dem tödlichen Anschlag auf mehrere kurdische Einrichtungen in Paris ist der mutmaßliche Täter aus dem Polizeigewahrsam entlassen und in die Psychiatrie eingeliefert worden. Ein Arzt habe festgestellt, dass der Gesundheitszustand des Mannes keinen Aufenthalt in Polizeigewahrsam zulasse. Wie die Pariser Staatsanwaltschaft mitteilte, soll der Verdächtige einem Ermittlungsrichter vorgeführt werden, sobald sein Zustand dies erlaube.

Am Freitag hatte ein Mann in einem kurdischen Gemeindezentrum sowie einem Restaurant und einem Friseursalon mehrere Schüsse abgefeuert und drei Menschen getötet. Drei weitere Menschen wurden bei dem Angriff im zehnten Pariser Arrondissement verletzt.

Nach Angaben des kurdischen Dachverbands Demokratischer Kurdischer Rat in Frankreich (CDK-F) sind alle Toten kurdische Aktivisten. Der Verband beschuldigte den türkischen Staat und dessen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, für die Tat mitverantwortlich zu sein.

Der mutmaßliche Täter, ein 69 Jahre alter Franzose, wurde nach dem Angriff festgenommen. Die Staatsanwaltschaft leitete gegen ihn Ermittlungen wegen vorsätzlicher Tötung und schwerer Gewalt ein. Auch wegen eines rassistischen Motivs wird ermittelt. "Er wollte offensichtlich Ausländer angreifen", sagte Innenminister Gérald Darmanin.

Ob sich der Anschlag explizit gegen Kurdinnen und Kurden richtete, sei aber unklar. Das Motiv sei unbekannt, der Verdächtige sei den Sicherheitsbehörden nicht als Rechtsextremist bekannt gewesen. Medien berichteten, der Mann habe der Polizei gesagt, die Schüsse abgefeuert zu haben, weil er Rassist sei. Ihm droht eine lebenslange Freiheitsstrafe.


Aus: "Mutmaßlicher Täter in Psychiatrie eingewiesen" (24. Dezember 2022)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2022-12/paris-anschlag-kurden-mutmasslicher-attentaeter-psychiatrie


... Nach Angaben der Ermittler bezeichnet sich der mutmaßliche Täter selbst als Rassist. ...
https://www.zeit.de/gesellschaft/2022-12/paris-schuesse-rassismus-mutmasslicher-taeter

QuoteTheGreaterFool #4

+++Nach Angaben der Ermittler bezeichnet sich der mutmaßliche Täter selbst als Rassist +++

Sowas gibt es auch? Das deutet ja auf einen ziemlich kaputten Typen hin. Zumeist weisen Rassisten diese Zuschreibung ja weit von sich und suhlen sich in irgendwelchen Opfermythen die ihren Hass legitimieren sollen...


QuoteDerSuperSJW #4.2

Eigentlich eher im Gegenteil. Der Attentäter von Halle hat seinen Hass auf Juden Begründet. Breivik oder der Typ der die Moschee in Neuseeland angegriffen hat, haben damit auch öffentlich geprallt. Die sehen sehen halt meistens als Kreuzzügler für ein weißes Europa.


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Quote[...] Ecken, die einen erschaudern lassen, hat das Internet viele. Für manche muss man umständlich den Tor-Browser installieren oder von Eingeweihten in ein geschlossenes Forum eingeladen werden. Für andere reicht ein Klick auf Youtube.

Eine besonders unansehnliche Ecke heißt ,,Achtung, Reichelt" und ist der Kanal des rausgeschmissenen Chefs der ,,Bild"-Zeitung. Vor neun Monaten lud er sein erstes Werk bei Youtube hoch, mittlerweile sind es mehr als 150. Julian Reichelt monologisiert dort minutenlang in die Kamera, befragt auch Gäste. Das Einschalten lohnt sich, wenn man sich für die Verbreitung von Falschinformationen, Beleidigungen, Leugnung des menschengemachten Klimawandels und DDR-Verharmlosung begeistern kann.

Julian Reichelt hat ein neues Format auf Youtube. ,,Ampel verheizt unseren Wohlstand" lautete der Tenor der ersten Folge. Eine Kritik.
Von Joachim Huber 07.07.2022
https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/achtung-reichelt-bei-youtube--mit-klarem-feindbild-links-grun-woke-4345927.html

Julian Reichelt war zu Gast bei ,,Chez Krömer". Vom etwaigen Kokain-Konsum bis hin zum Machtmissbrauch – Talkmaster Kurt Krömer ließ kein Thema aus.
Von Markus Ehrenberg 15.11.2022
https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/ex-bild-chef-bei-chez-kromer-sie-machen-sich-zum-willigen-vollstrecker-8876425.html


Die vielen, vielen Verstöße gegen den Pressekodex, die er in seinen Jahren als ,,Bild"-Chef verantwortete, sind Vergangenheit. Für sein Youtube-Format ist der deutsche Presserat nicht zuständig.

Reichelts Sendung kann man sich als ,,Tagesschau" für Grünen-Hasser, Wutbürger und Migrantenphobiker vorstellen. Sie hat schon 300.000 Abonnenten. Unter den Gästen sticht vor allem Gloria von Thurn und Taxis heraus. Die Frau verbreitet groteske Verschwörungslügen, nennt Homosexualität ,,Sünde".

Sie behauptet, die Bundesrepublik sei ein schlimmerer Überwachungsstaat als die DDR – damals habe man ,,zwar auch ein bisschen mitgehört, aber die waren wesentlich toleranter als heute". Sie will den ,,Universitäten sofort das Geld wegnehmen", damit die keine ungewünschten Inhalte mehr lehren. Zwischendurch doziert sie über Schröders ,,Agenda 2008".

Ist Reichelt für den Quatsch seiner Gäste verantwortlich? Wenn Thurn und Taxis die Erderwärmung als ,,großen Schwindel" bezeichnet, fragt Reichelt nicht etwa nach, sondern bedankt sich für ihre ,,brillanten Einschätzungen".

In den frühen Folgen, da hieß seine Sendung noch nicht ,,Achtung, Reichelt", saß der geschasste ,,Bild"-Chef im offenen Hemd im Studio, die Brusthaare schauten raus. Mittlerweile trägt er Schlips, es gibt ein flottes Intro. Verantwortet wird die Sendung von der Rome Medien GmbH, die Reichelt selbst gegründet hat und deren alleiniger Geschäftsführer er ist.

Sein Mitarbeiterstab wächst. Die Firma sitzt in einem Bürogebäude in Berlin-Kreuzberg nahe dem Moritzplatz. Unklar ist, woher Reichelt das viele Geld hat. Es gibt Hinweise auf Kontakte zum Milliardär Frank Gotthardt, Hauptgesellschafter der ,,Kölner Haie". Beide äußern sich dazu nicht.


"Neue Hinweise auf Reichelt-Kooperation mit Milliardär" Jonas Mueller-Töwe, Lars Wienand (16.08.2022)
https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/gesellschaft/id_100037914/ex-bild-chef-julian-reichelt-neue-hinweise-auf-kooperation-mit-milliardaer.html

In Reichelts Sendung werden die Postfaschistin Giorgia Meloni bejubelt, eine Kampagne der rechtsextremen Identitären Bewegung gelobt, eine extrem rechte Influencerin als Dauergast engagiert. Letztere bezeichnet sich selbst als ,,stolze Verschwörungstheoretikerin". Es wird behauptet, es sei kein Geld für deutsche Senioren da, weil in Deutschland alles Geld an Migranten verteilt werde.

"Klage gescheitert: Verfassungsschutz darf Identitäre Bewegung weiter beobachten" (13.10.2022)
Die als rechtsextrem geltende Organisation klagte, weil der Verfassungsschutz sie als Verdachtsfall beobachtet. Doch das Gericht sieht verfassungsfeindliche Bestrebungen.
https://www.tagesspiegel.de/politik/klage-gescheitert-verfassungsschutz-darf-identitare-bewegung-weiter-beobachten-8749009.html

Klimaaktivisten unterstellt Reichelt eine ,,wahnsinnige Angststörung", spricht von ,,grünem Terrorismus". Auf einer ebenfalls von Reichelts Rome Medien GmbH betriebenen Webseite werden Transsexuelle verspottet. Als jüngst etwa eine Transgender-Eiskunstläuferin bei der WM-Eröffnungsshow in Finnland stürzte, hielt Reichelts Mitarbeiterin den Auftritt für eine ,,Verhöhnung aller Sportlerinnen" beziehungsweise ,,blanken Hohn für echte Eiskunstläuferinnen". Sie mokierte sich darüber, dass ,,unattraktive und unprofessionelle Männer" bei Frauenwettbewerben antreten.

Der offenkundige Widerspruch, der bei ,,Achtung, Reichelt" immer wieder zu Momenten unfreiwilliger Komik führt: Einerseits scheint der Mann geradezu getrieben zu sein von seiner Wut auf alles Grüne und Linke oder was er dafür hält. Andererseits wirft er ständig anderen Menschen vor, nicht auf Argumente zu schauen, sondern bloß eine Ideologie zu vertreten.

Juristisch hat Reichelt eine bittere Niederlage kassiert. Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Hamburg ist der ,,Spiegel"-Artikel ,,Vögeln, fördern, feuern", der die Vorwürfe gegen Reichelt und seinen mutmaßlichen Umgang mit jungen Mitarbeiterinnen bei ,,Bild" detailliert beschreibt, wieder online.

»Vögeln, fördern, feuern« - Julian Reichelt muss sich wegen möglicher Verfehlungen gegenüber Frauen verantworten. Der Ausgang hängt auch davon ab, ob die mutmaßlich Betroffenen ihr Schweigen brechen. Von Isabell Hülsen, Alexander Kühn, Martin U. Müller und Anton Rainer
12.03.2021, 12.00 Uhr • aus DER SPIEGEL 11/2021
https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/bild-chefredakteur-julian-reichelt-und-die-internen-ermittlungen-voegeln-foerdern-feuern-a-456152ee-eff8-4d8f-9b47-1284b4c36c09

Lesenswert ist auch das ,,Zeit"-Interview, in dem Reichelt bestreitet, er habe Mitarbeiterinnen nach ,,Fuckability" bewertet oder je eine belästigt. Auf die Frage ,,Warum, glauben Sie, haben diese Frauen mit Ihnen geschlafen? Weil Sie so attraktiv sind?" antwortet Reichelt: ,,Darüber habe ich noch nie nachgedacht..."

Enormen Zuspruch erhält Reichelts Kanal aus der Blase der Verschwörungsideologen und Querdenker, was wohl an den inhaltlichen Schnittmengen liegt. In der Show fallen Sätze wie: ,,Wir Weiße sollen uns offensichtlich nicht mehr fortpflanzen", gleichzeitig hole man aber ,,halb Afrika rein".

Die Regierung wolle, dass es den Deutschen wirtschaftlich schlechter gehe. Dies alles nicht etwa auf dem Kanal eines anonymen Telegram-Hetzers, sondern auf der Plattform des Publizisten, der jahrelang die auflagenstärkste Tageszeitung Deutschlands leitete.

Im Grunde verhält es sich mit Reichelt wie mit dem Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen: Man wüsste gern, ob der Typ schon so drüber war, als er noch Macht und Verantwortung hatte, oder ob er sich erst nach seinem Rausschmiss blitzradikalisierte.

",,Das ist ehrabschneidend": Maaßen weist Vorwürfe aus CDU zurück" (06.02.2023)
Der frühere Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen hat in der Debatte um einen möglichen Parteiausschluss aus der CDU Vorwürfe zurückgewiesen, dass er eine rassistische Sprache benutze. ... Das CDU-Präsidium hatte am Montag beschlossen, Maaßen eine Frist zum Austritt bis zum 5. Februar um 12.00 Uhr (MEZ) zu setzen. Sollte Maaßen bis dahin die CDU nicht verlassen haben, werde das Präsidium beim Bundesvorstand die Einleitung eines Parteiausschlussverfahrens und den sofortigen Entzug der Mitgliedsrechte beantragen. ,,Für seine Äußerungen und das damit zum Ausdruck gebrachte Gedankengut ist in unserer Partei kein Platz", hieß es in dem Beschluss. ... Immer wieder gebrauche der frühere Verfassungsschutzpräsident ,,die Sprache aus dem Milieu der Antisemiten und Verschwörungsideologen bis hin zu völkischen Ausdrucksweisen". Maaßen verstoße ,,laufend gegen die Grundsätze und Ordnung der Partei". ...
https://www.tagesspiegel.de/politik/das-ist-ehrabschneidend-maassen-weist-vorwurfe-aus-cdu-zuruck-9268101.html



Aus: "Julian Reichelt auf Youtube: Das Krawall-Imperium des geschassten ,,Bild"-Chefs" Eine Kolumne von Sebastian Leber (06.02.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/julian-reichelt-auf-youtube-das-krawall-imperium-des-geschassten-bild-chefs-9270981.html

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Quote[...] Die jährliche Kür des Unwortes hat insofern eine moralische Aufladung; sie impliziert ein Urteil anhand der Unterscheidung von ,,gut" und ,,schlecht" aus einer zumeist linksliberalen Perspektive – wie die Unwörter der letzten Jahre belegen: ,,Lügenpresse", ,,Gutmensch", ,,Volksverräter".

Diese Worte stammen erkennbar aus dem Kampf-Vokabular der Rechten; sie alle haben etwas Niederträchtiges, sind aber, neutral betrachtet, hochwirksame politische Reizbegriffe.
Die ,,Alternativen Fakten" gehören nur bedingt in diese Reihe. Falls Kellyanne Conway die Formulierung spontan eingefallen ist, könnte man die Trump-Beraterin für Geistesgegenwärtigkeit oder sogar satirischen Wortwitz loben – wäre da nicht der Kontext.

Denn die von Conway verteidigte Behauptung Sean Spicers, (ehemaliger) Pressesprecher des Weißen Hauses, Trump habe bei der Amtseinführung das ,,größte Publikum" überhaupt gehabt, war schlicht faktenwidrig. Es war eine Unwahrheit, oder – wenn man Absicht unterstellt – eine Lüge, und ist als solche weltweit gerügt und lächerlich gemacht worden.
Man darf allerdings bezweifeln, ob irgendetwas gewonnen wäre, wenn Conway das Wort alias Unwort gar nicht benutzt hätte. Denn tatsächlich hatte die Formulierung entlarvenden Charakter. Sie legte frühzeitig offen, dass nicht nur Donald Trump, sondern auch sein Stab willentlich gegen Grundregeln des rationalen Diskurses und der Redlichkeit verstoßen.

Von ,,Alternativen Fakten" zu sprechen, war insofern eine vernichtende intellektuelle Selbstbezichtigung – weshalb der Begriff auch kaum Verteidiger gefunden hat. Allein die rechtspopulistischen ,,Breitbart News" bemühten sich um Rechtfertigung, indem sie ,,Alternative Fakten" als neuen Ausdruck für die je persönliche Perspektive auf ein Ereignis definieren wollten.

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Aus: ",,Ein miserables Flötenspiel von Rattenfängern"" Arno Orzessek (16.01.2018)
Quelle: https://www.deutschlandfunkkultur.de/unwort-des-jahres-2017-alternative-fakten-ein-miserables-100.html

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Quote[...] Verrückt! Das ist eine naheliegende Reaktion, wenn man von der durch eine Großrazzia aufgedeckten Verschwörung der sogenannten Reichsbürger hört, die den Umsturz geplant hatten. Eine AfD-Astrologin, ein enttäuschter Prinz, ein Sänger, der auch "Pforzheimer Caruso" genannt wurde und im Schattenkabinett offenbar als Reichskulturminister vorgesehen war - all das, was nach und nach über den vereitelten Coup bekannt wird, lässt sich leicht als nicht normal einordnen.

Der Bremer Soziologe Nils C. Kumkar warnt indes davor, die Beschuldigten vorschnell zu pathologisieren. Nicht bloß, weil die Ermittlungen noch am Anfang stehen und viele Details noch nicht offenliegen. Sondern auch wegen der Gefahr der politischen Verharmlosung. Rechtsextreme, sagt Kumkar im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung, seien "qua Ideologie eigentlich immer Verschwörungstheoretiker". Denn bei allen Unterschieden der kursierenden Mythen gebe es stets ein gemeinsames Motiv: "Schuldige dafür zu suchen, dass die Welt nicht so ist, wie sie eigentlich wäre, wenn sie wäre, wie sie eigentlich ist." Das heißt: Meint man zum Beispiel, dass natürlicherweise das wahre Volk, die Herrenrasse oder ein Monarch herrschen müsste, wenn alles mit rechten Dingen zuginge, dann stehen logischerweise hinter dem derzeitigen System irgendwelche bösen Kräfte, die dies verhindern.

Die Verschwörer, die die Ermittler seit der Razzia in der vergangenen Woche beschäftigen, scheinen daher die Grundüberzeugung geteilt zu haben, dass die Bundesrepublik kein rechtmäßiger Staat und gegen einen anderen zu ersetzen sei. Um aber einen gewissen Organisationsgrad zu erreichen und beispielsweise den Aufbau von Milizen zu planen, brauche es noch mehr als solche Überzeugungen, so Kumkar. Darum "sollte man die Bedeutung von Glaubensinhalten auch nicht zu hoch veranschlagen", sagt der Soziologe, der gerade ein Buch über "Alternative Fakten" veröffentlicht hat. Die einzelnen Beteiligten mögen ihr jeweiliges Weltbild aus ganz unterschiedlichen wirren Versatzstücken zusammengesetzt haben, als gemeinsamer Nenner seien letztlich ihre politischen Absichten entscheidend. Politische Mythen hätten immer auch eine taktische Funktion, so Kumkar. Mit purem Wahnsinn kriegt man ein bundesweites Geheimnetzwerk jedenfalls nicht mobilisiert.

Dennoch ist vieles an der Selbstverwalterszene mit ihren Fantasieausweisen, Kleinfürstentümern und Waffenarsenalen so abwegig, dass sich nun verschärft die Frage stellt: Wie wird man dafür anfällig? Die Sozialwissenschaft versucht, darauf Antworten zu finden, seit ein Reichsbürger im Jahr 2016 erstmals einen Polizisten erschoss.
Oft berichteten Sympathisanten der Szene "von biografischen Brüchen und gefühlten Kontrollverlusten", sagen die Soziologin Carolin Amlinger und ihr Kollege Oliver Nachtwey. Zwar wird nicht aus jedem persönlichen Problem ein versuchter Staatsstreich. Aber für jene Menschen, die die Forscher in ihrer Studie "Gekränkte Freiheit" dem Typus "regressive Rebellen" zuordnen, wird mit der Zeit tatsächlich "der Ausnahmezustand zu einem grundlegenden Muster der Realitätswahrnehmung". Wie immer die Anteile von privaten Krisen und politischer Paranoia verteilt sind - von einem gewissen Punkt an erwächst aus dem ständige Misstrauen gegen Staat und Eliten eine Obsession. Auch ein bürgerlicher Beruf schützt davor nicht unbedingt.

Wenn die Entrüstung solcher Leute über die Einwanderung, über Rundfunkbeiträge, Impfungen, Steuerpflichten und vieles mehr sie dazu bringt, in eine organisierte Parallelwelt einzusteigen, dann fällt ein Merkmal dabei oft auf: die Fixierung auf rechtliche Fragen. Nicht selten beginnt sie mit paper terrorism, also dem Zumüllen von Behörden mit endlosen Anträgen oder Beschwerden. Dabei hilft der digitale Austausch mit Gleichgesinnten.

Das Juristenpaar Sophie und Christoph Schönberger hat in seinem Sammelband "Die Reichsbürger" deren zentralen Glauben an ein alternatives Rechtssystem so beschrieben: Er sei "eine laienhafte Selbstermächtigung durch Recht, die es erlaubt, Ohnmachtserfahrungen gegenüber dem staatlichen Recht in imaginäre Macht zu verwandeln". Der Zweifel an der Legitimität der herrschenden Ordnung, und der Generalverdacht, dass alles, was die staatliche Verwaltung oder die etablierten Medien so behaupten, irgendwie nicht stimmen könne, finden ihre scheinbare Lösung in einer neuen Legitimität.
Und die speist sich aus der Vergangenheit: Beispielsweise fühlen sich die "Sovereign Citizens" in den USA, die Steuerzahlungen verweigern, durch einen vermeintlich immer noch gültigen älteren Zustand der amerikanischen Verfassung legitimiert. Ganz ähnlich funktioniert es bei den Reichsbürgern, die sich auf den angeblichen Fortbestand des Deutschen Reiches berufen.

Der Leipziger Soziologe Thomas Schmidt-Lux spricht bei den Reichsbürgern von "Räumen eigenen Rechts", die sie sich im Zuge einer "radikalisierten Nostalgie" erschließen. Dieser Übergang, einer Konversion ähnlich, sei für manche attraktiv, weil er "wieder Sicherheit, Verlässlichkeit und Orientierung verspricht". Wenn aber der Rückzug in kleine rebellische Enklaven wie etwa "autonome" Mini-Königtümer auf lange Sicht nicht genug zu bewirken vermag, dann sei es nach der inneren Logik der Bewegung leider nur folgerichtig, dass sie die angeblich richtige Ordnung letztlich mit Waffengewalt im ganzen Land durchsetzen will. Den Beteiligten an der Verschwörung kommt diese Schlussfolgerung denn auch gar nicht verrückt vor, sondern als rationales Mittel zur Erreichung ihrer Ziele.

[...]


Aus: "Der Verschwörung auf der Spur" Johan Schloemann (18. Dezember 2022)
Quelle: https://www.sueddeutsche.de/politik/reichsbuerger-ideologie-motive-1.5717136

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Quote[...] Alternative Fakten und Fake News sind zwar neue Begriffe, aber als Phänomene existieren sie viel länger. Sie sind seit jeher Grundlage rassistischer und antisemitischer Verschwörungstheorien. Dass sie heute wieder Wirkungsmacht entfalten, wie etwa bei der Wahl Donald Trumps und rechtspopulistischer Parteien in Europa, mag erschrecken. Nils Kumkar will dennoch nicht von einem ,,Boom" der Alternativen Fakten sprechen. Auch wenn sie weit verbreitet sind: Geglaubt werden sie deswegen noch lange nicht.

Mit Verweis auf Theodor W. Adorno und seine Kritische Theorie erklärt Kumkar die Wirkweise Alternativer Fakten: Wer sich damals der Nazi-Propaganda angeschlossen hatte, tat dies in der Regel nicht aus Einsicht in ihren Wahrheitsgehalt, sondern aus Angst oder einem Nützlichkeitskalkül. In der Regel geht es ganz einfach nur um Konfliktverschiebung, um die Verdrängung und Verneinung des Unausweichlichen.

...


Aus: "Nils C. Kumkar – Alternative Fakten. Zur Praxis der kommunikativen Erkenntnisverweigerung" Gerhard Klas (6.3.2023)
Quelle: https://www.swr.de/swr2/literatur/nils-c-kumkar-alternative-fakten-zur-praxis-der-kommunikativen-erkenntnisverweigerung-swr2-lesenswert-kritik-2023-03-13-100.html

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Quote[...] Alternative Fakten, so Kumkars Fazit, schaffen keine Basis, aufgrund derer man sich eine Überzeugung über einen empirischen Sachverhalt bilden könnte. Ganz im Gegenteil soll eine eindeutige Überzeugungsbildung zugunsten eines unbestimmten Zweifelns unterbunden werden. Alternative Fakten haben deshalb keinen konkreten Inhalt, sondern ihr gemeinsamer Bezugspunkt ist stets dasjenige, wogegen sie sich richten: Hauptsache, gegen den «Mainstream», die «Lügenpresse», das «wissenschaftliche Establishment» oder die «Schlafschafe».

Spätestens hier entpuppt sich der Begriff eigentlich als Etikettenschwindel, denn alternative Fakten liefern keine alternativen Deutungen eines umstrittenen Sachverhalts. Ihre Funktion erschöpft sich in der Behauptung, dass etwas nicht ist. Das nimmt Kumkar als Anlass zur Entwarnung: Eine allgemein geteilte Wirklichkeit gibt es noch, allen Befürchtungen zum Trotz. Alternative Fakten seien auch gar nicht in der Lage, diese zu zerstören. Das gilt selbst für die berüchtigten «Filterblasen»: Man muss nämlich mit ausreichender Sicherheit wissen, was überhaupt der «Mainstream» über den Klimawandel oder die Pandemie weiss, um sich davon abgrenzen zu können.

Weil sich Realitäten wie die Klimakatastrophe mit einer solchen Vehemenz aufzwingen, sehen sich gewisse Akteur:innen genötigt, diese nicht bloss zu ignorieren, sondern aktiv zu verdrängen. Stets jedoch werden alternative Fakten auf jene Realität zurückgeworfen, von der sie sich abzuwenden versuchen. So gesehen, liesse sich der Rekurs auf alternative Fakten mit etwas Vorsicht auch als verzweifeltes Rückzugsgefecht deuten – das eigentlich bereits verloren ist.

Nils C. Kumkar: «Alternative Fakten. Zur Praxis der kommunikativen Erkenntnisverweigerung». Suhrkamp Verlag. Berlin 2022. 336 Seiten.


Aus: "Auf allen Kanälen: Das grosse Rauschen" Jonas Stähelin (Nr. 42 – 20. Oktober 2022)
Quelle: https://www.woz.ch/2242/auf-allen-kanaelen/auf-allen-kanaelen-das-grosse-rauschen/!Y99FJGGEVWRT

Link

Quote[...] Wilhelm Heitmeyer, geboren 1945, ist Soziologe und Erziehungswissenschaftler. Von 1996 bis 2013 war er Gründungsdirektor des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) der Uni Bielefeld. Seitdem hat er dort eine Forschungsprofessur inne.

Seit 1982 arbeitet Heitmeyer zu Rechtsextremismus, Gewalt, Fremdenfeindlichkeit und sozialer Desintegration. Ab den 1990er-Jahren machte er über viele Jahre Langzeituntersuchungen zur ,,gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit" – einem von ihm entwickelten Forschungskonzept, das abwertende Einstellungen gegenüber Schwächeren in den Blick nimmt.

Heitmeyer begründete die Buchreihe ,,Deutsche Zustände". Hier wurde in zehn Bänden gezeigt, wie Juden, Muslime, Nichtweiße, Homosexuelle, Obdachlose und andere Gruppen diskriminiert werden.


Christoph David Piorkowski: Herr Heitmeyer, in aktuellen Umfragen kommt eine immer extremistischer werdende AfD auf bis zu 19 Prozent. Auf die sogenannte ,,negative Sonntagsfrage" antwortet nur noch gut die Hälfte der Deutschen, die Rechts-außen-Partei niemals wählen zu wollen. Sie forschen seit Langem zum Rechtsextremismus. Überrascht Sie das?

Wilhelm Heitmeyer: Nein. Seit vielen Jahren ist eine Art Normalisierung von früher nicht salonfähigen Positionen zu beobachten. Die AfD profitiert hier von ihrer besonderen Struktur: Sie ist keine klassisch rechtsextreme Partei, insofern sie nicht explizit zur Gewalt aufruft; die bürgerliche Patina macht sie für viele gesellschaftliche Gruppen wählbar. Sie bloß als rechtspopulistisch zu bezeichnen, halte ich allerdings für verharmlosend. Ich bezeichne den politischen Typus von Parteien wie der AfD als ,,Autoritären Nationalradikalismus". 


Christoph David Piorkowski: Wo liegt der Unterschied?

Wilhelm Heitmeyer: Rechtspopulismus zielt auf kurzzeitige Erregungszustände und arbeitet mit der ideologisch flachen Konfliktlinie Volk versus Elite. Das reicht nicht aus, um die Phänomene auf der rechten Seite des Parteienspektrums begrifflich zu fassen. Den ,,Autoritären Nationalradikalismus" kennzeichnen drei nachweisbare Merkmale: Das Autoritäre besteht darin, ein verändertes Ordnungsmodell anzustreben, mit traditionellen Lebensweisen, klaren Hierarchien und dichotomischen Gesellschaftsbildern, die ,,Wir gegen die", ,,Innen gegen Außen", oder ,,Eigenes gegen Fremdes" positionieren. Beim Nationalistischen geht es um Überlegenheitsansprüche deutscher Kultur, eine veränderte Geschichtsschreibung und Deutsch-Sein als zentralen Identitätsanker. Das Radikale besteht in einem rabiaten und emotionalisierten Mobilisierungsstil. Dieser Politiktypus ist auch anschlussfähig an eine weitverbreitete rohe Bürgerlichkeit. 


Christoph David Piorkowski: Was bedeutet das, rohe Bürgerlichkeit?

Wilhelm Heitmeyer: Rohe Bürgerlichkeit meint eine verachtende Haltung gegenüber Schwächeren, mit einer Ideologie, die bestimmte Gruppen von Menschen als ungleichwertig begreift und sich hinter einer glatten äußeren Fassade verbirgt.


Christoph David Piorkowski: Die Hälfte der Deutschen schließt nicht aus, eine Partei zu wählen, deren wohl mächtigste Strömung, der Höcke-Flügel, geistige Anleihen beim Nationalsozialismus macht. Wie stark ist die bürgerliche Mitte der Gesellschaft von autoritären Denkmustern geprägt?

Wilhelm Heitmeyer: Mit dem von uns an der Uni Bielefeld entwickelten Konzept der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit konnten wir in großen Langzeitstudien von 2002 bis 2012 nachweisen, dass die Abwertungs- und Diskriminierungsformen der rohen Bürgerlichkeit in weiten Teilen der Bevölkerung tief verankert sind und schon vor der Gründung der AfD existierten.
Das zeigt, dass es ein großes Potenzial von Menschen gibt, die sich zwar vom klassischen Rechtsextremismus und seiner Gewalt distanzieren, doch dem Agieren der AfD durchaus zugeneigt sind. 


Christoph David Piorkowski: In Politik und Medien wird jetzt wieder über die vermeintlichen Ursachen des Höhenflugs der AfD diskutiert. Die schlechte Performance der Ampel-Regierung steht ganz oben auf der Liste. Sie meinen, die Gründe liegen tiefer?

Wilhelm Heitmeyer: Definitiv. Sozialwissenschaftlich gilt es lange Strecken zu beobachten, zu schauen, wie sich bestimmte Prozesse entwickeln. Das kann man nicht auf Heizungsfragen verkürzen. Diese Erklärung führt dann wieder zur falschen Behauptung, hier seien vor allem Protestwähler am Werk. Damit unterschlägt man die Mentalitäten, die sich langfristig entwickelt haben.


Christoph David Piorkowski: Was hat zu diesen Mentalitäten geführt?

Wilhelm Heitmeyer: Zunächst die vom Neoliberalismus hervorgerufenen sozioökonomischen Verwerfungen. Dietmar Loch und ich haben 2001 den Band ,,Schattenseiten der Globalisierung" herausgegeben. Hier haben wir die Entwicklung des rechten Spektrums in Europa untersucht. Schon damals hat ein autoritärer und entfesselter Kapitalismus unter Mithilfe der Politik bei Standortentscheidungen und Sozialstandards riesige Kontrollgewinne erzielt. Nationalstaatliche Politik hingegen hat sehr viel Kontrolle verloren, auch um soziale Ungleichheit zu bekämpfen.
Dies hat zu sozialen Desintegrationsprozessen und zu Vertrauensverlusten in die Politik geführt. Ich habe das ,,Demokratieentleerung" genannt: Der Apparat funktioniert, das Vertrauen erodiert. 2003 etwa meinten 58 Prozent, die demokratischen Parteien würden alles zerreden und die Probleme nicht lösen.


Christoph David Piorkowski: Inwiefern profitieren die Rechten davon?

Wilhelm Heitmeyer: Meine These war schon 2001, dass der Nutznießer dieser Entwicklung ein rabiater Rechtspopulismus sein würde. Was da noch nicht eingerechnet war, ist, dass wir seit 2001 eine nicht enden wollende Serie von oft systembedingten Krisen erleben. Viele Menschen haben seither verstärkt das Gefühl, die Kontrolle über ihre Biografie zu verlieren. Der autoritäre Nationalradikalismus konnte sich nicht zuletzt deshalb stabilisieren, weil er verspricht, die Kontrolle wiederherzustellen.   


Christoph David Piorkowski: Gibt es hier Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland?

Wilhelm Heitmeyer: Man kann nicht leugnen, dass viele Menschen in Ostdeutschland autoritär sozialisiert worden sind. Zudem wurde die Konstellation ,,Mehr Sicherheit und weniger Freiheit" nach der Wende zu ,,Mehr Freiheit und weniger Sicherheit". Es gab bekanntlich Brüche in zahlreichen Biografien. Hinzu kamen schmerzhafte Anerkennungsverluste. Diese sind politisch hochgradig gefährlich. Das Gefühl, nicht wahrgenommen zu werden, ist im Osten verbreiteter als im Westen. Wer nicht wahrgenommen wird, ist ein Nichts. 


Christoph David Piorkowski: Was macht das Gefühl fehlender Anerkennung so gefährlich?

Wilhelm Heitmeyer: Aus dem Gefühl der Benachteiligung heraus entwickeln besonders viele Menschen im Osten eine Moral der Überlegenheit. Im Gegensatz zu den regierenden ,,Volksverrätern" und dem ,,deutschvergessenen" Rest der Bevölkerung inszenieren sie sich als das ,,wahre deutsche Volk".
Eine Vielzahl empirischer Studien zeigt, dass Personen, die sich herabgesetzt fühlen, vermehrt zu gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit neigen. 72 Prozent der Menschen, die ihre eigene Gruppe als kollektiv benachteiligt ansehen, neigen zu fremdenfeindlichen Aussagen.


Christoph David Piorkowski: Begehren die sogenannten Protestwähler:innen demnach nicht bloß gegen konkrete Politik auf, sondern gegen die offene Gesellschaft per se, tendieren zur AfD also nicht trotz, sondern wegen ihres unmissverständlichen Rassismus?

Wilhelm Heitmeyer: Sowohl als auch. Positionen gegen die offene Gesellschaft und die liberale Demokratie sind unter AfD-Wählenden jedenfalls sehr weit verbreitet und vor allem stabil. Insofern halte ich den Begriff Protestwähler für komplett verharmlosend. Damit versucht sich die institutionalisierte Politik seit jeher zu beruhigen.
Die Vorstellung, die verloren gegangenen Wähler kämen zurück, wenn man kurz mal die Begriffe der Rechten übernimmt, ist irrig. Jene Mentalitäten, die die Menschen dazu bringen, AfD zu wählen, existierten schon lange vor ihrer Gründung, waren aber parteipolitisch ungebunden. Nun haben sie eine feste Anschlussstelle. 


Christoph David Piorkowski: CDU-Chef Friedrich Merz erklärt nun, die politische Kultur des Landes ,,vom Kopf auf die Füße" stellen zu wollen, und polemisiert gegen ,,gegenderte Nachrichtensendungen" und eine vermeintlich ,,engstirnige Meinungselite". Was passiert, wenn demokratische Politiker:innen eine rechtspopulistische Rhetorik übernehmen?

Wilhelm Heitmeyer: Die Nationalradikalen werden stärker. Markus Söder etwa musste das im Wahlkampf erfahren, als er versuchte, die AfD rechts zu überholen. Das Gefährliche ist, dass die Übernahme von rechter Rhetorik dazu führt, dass sie sich normalisiert. Und was erst mal als normal gilt, kann nachher kaum noch problematisiert werden.


Christoph David Piorkowski: Auch dass sich früher unterdrückte Personengruppen zunehmend emanzipieren, scheint Menschen gegen die liberale Ordnung aufzubringen, vielleicht weil diese sie nun nicht mehr bevorzugt. ,,Wokeness" ist der neue Hassbegriff der Rechten. Sind es weniger reale als symbolische Verluste, die Menschen in Scharen zu den Rechtsextremen treiben?

Wilhelm Heitmeyer: Tatsächlich zeigt der internationale Vergleich, dass die empfundenen Identitätsbedrohungen heute am ausschlaggebendsten dafür sind, dass sich Menschen dem autoritären Nationalradikalismus zuwenden. Mit Volkszugehörigkeit als identitärem Anker lassen sich solche Kontrollverluste und Verlustempfindungen psychologisch kompensieren. Die damit verbundenen Identitätspolitiken sind gesellschaftszersetzend, weil sie harte Gruppengrenzen betonen.


Christoph David Piorkowski: Die AfD wirbt mit der nostalgischen Fiktion einer natürlichen und angestammten Weise, zu leben. Nicht soziale Ungerechtigkeit steht im Fokus, sondern die Unordnung der spätmodernen Welt. Ist der Kulturkampf der Klassenkampf von rechts?

Wilhelm Heitmeyer: Das kann man durchaus sagen. Dabei verspricht man, auch sozioökonomische Probleme auf eine kulturelle Weise zu lösen. Die als Chaos wahrgenommene globalisierte Gegenwart soll beseitigt und eine ursprüngliche Ordnung wiederhergestellt werden. Es geht hier immer um ein ,,take back control". 


Christoph David Piorkowski: In der Vergangenheit fungierte ein verrohter Konservatismus oft als Steigbügelhalter für die radikale Rechte. Können Rechts-außen-Parteien die Demokratie nur dann aus den Angeln heben, wenn Konservative sich mit ihnen gemein machen?

Wilhelm Heitmeyer: Der Grenzbereich zu den Konservativen ist in der Tat fragil. Die Übergänge sind insofern fließend, als hier bestimmte Grundmuster, etwa in Fragen traditioneller Lebensführung, bei allen sonstigen Unterschieden durchaus geteilt werden. Ansonsten müsste die Brandmauerdebatte gar nicht geführt werden. Ich erinnere an den Fall Thüringen, wo sich der FDP-Mann Thomas Kemmerich mit Stimmen der AfD ins Amt wählen ließ, wo die Systemebene also schon erreicht worden ist.


Christoph David Piorkowski: In anderen Ländern, wie Österreich, haben die Konservativen längst mit den Rechtspopulisten koaliert und scheinen das auch für die Zukunft zu planen. Die CDU beteuert, ihre Brandmauer halte. Droht uns ein Mitte-rechts-außen-Bündnis früher oder später auch in Deutschland?

Wilhelm Heitmeyer: Die Beteuerungen hört man wohl, dass da kein Weg zusammenführt. Man mag es nur nicht glauben, ich jedenfalls nicht. Zumal in Teilen der CDU und der FDP zumindest auf Länderebene immer wieder solche Überlegungen aufkommen.
Ich halte eine Zusammenarbeit von CDU und AfD nicht für unwahrscheinlich. Auf der Bundesebene kann ich mir das in naher Zukunft nicht vorstellen, aber auf der Ebene von Landtagen wird das voraussichtlich früher oder später geschehen. Abzuwarten sind die Landtagswahlen in Ostdeutschland.


Christoph David Piorkowski: Unsere Gesellschaft kann Menschen nicht dazu zwingen, demokratisch zu sein, weil sie sonst autoritär werden würde. Der Politikwissenschaftler Daniel Ziblatt hat gezeigt, dass Demokratien heute schleichend sterben, sie werden nicht selten über Wahlen beendet. Was kann man einer solchen Entwicklung entgegensetzen?

Wilhelm Heitmeyer: Verbote rechtsextremer Parteien helfen leider wenig, weil sich die Einstellungsmuster der Menschen nicht verbieten lassen. Repression erzeugt auch Innovationen im rechten Spektrum. Man erfindet sich neu. Zunächst sollten Repräsentationslücken im politischen System geschlossen werden. Personen, die sich nicht repräsentiert fühlen, müssen ein gutes demokratisches Angebot bekommen. Dann müssen die teilweise rechtsautoritären Strukturen in staatlichen Institutionen wie Polizei und Bundeswehr angegangen werden.
Ein weiteres riesiges Problem ist, dass die politische Bildung in Schulen lange Zeit stark vernachlässigt wurde und wird. Zudem versagen Universitäten in den rechtswissenschaftlichen, wirtschaftswissenschaftlichen und technologischen Fakultäten, in denen die zukünftigen Eliten für Politik, Staat und Wirtschaft ausgebildet werden.


Christoph David Piorkowski: Wieso versagen die Universitäten?

Wilhelm Heitmeyer: Weil sie in keiner Weise mit ihren Angeboten auf den Umstand reagieren, dass vor allem in diesen Fachbereichen unter vielen Studierenden sehr problematische Einstellungsmuster vorhanden sind. Es gibt Untersuchungen der Konstanzer Hochschulforschung, die gerade dort ein hohes Maß an ausgeprägt nationalkonservativen Ansichten vorgefunden haben. Bereits 2000 zeigten sich hier auf der Basis von 8000 Befragten 40 Prozent zustimmend zur Begrenzung von Ausländern und 21 Prozent zustimmend zur Abwehr kultureller Überfremdung. Aber die Universitäten scheint das überhaupt nicht zu interessieren.


Christoph David Piorkowski: Und was kann die Zivilgesellschaft tun?

Wilhelm Heitmeyer: Sie muss vor allem konfliktfähiger werden. Insbesondere in den nahen Bezugsgruppen wie Verwandtschaften, Freundesgruppen, Kirchen, Sportvereinen, am Arbeitsplatz etc. Immer dann, wenn Menschen Positionen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit artikulieren, muss ihnen sofort entschieden widersprochen werden. Wenn wir das nicht riskieren, auch auf die Gefahr hin, aus unseren Bezugsgruppen ausgeschlossen zu werden, tragen wir an der Normalisierung und Anschlussfähigkeit der AfD eine Mitschuld.


Aus: "Soziologe Heitmeyer über AfD-Umfragehoch: ,,Der Begriff Protestwähler ist komplett verharmlosend"" Christoph David Piorkowski (14.06.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/soziologe-heitmeyer-uber-afd-umfragehoch-der-begriff-protestwahler-ist-komplett-verharmlosend-9967674.html

QuoteKebajoran
14.06.23 13:40
Der Mann hat sowas von Scheuklappen um seine Augen. Wer nicht sieht, dass in der Merkel-Ära in den Fragen, die jetzt die großen Aufreger sind (Migration, Energie, Europolitik, und, ja, auch das Gendern, auch wenn es vor allem symbolisch ist), alle Parteien sich mehr oder weniger der grünen Deutungshoheit unterworfen haben und so in den Parlamenten der AfD mehr oder weniger das Monopol auf Opposition geradezu aufgedrängt haben (fatalerweise, wohlgemerkt), der hat keine Ahnung von dem, was hier gerade abgeht in Volk und Land, auch wenn er noch so viele Studien herbeizitiert, die ihm in den Kram passen. Für ihn gilt die Devise, dass nicht sein kann, was nicht sein darf. Blauäugiger gehts nimmer.  ...


Quotemcgyver
14.06.23 13:40

    Autoritären Nationalradikalismus

Wie nennt man dann den Politikstil der Grünen: Autoritärer Ökoradikalismus?

Autoritär sind linke Parteien, welche die Bürger erziehen und ihr Verhalten durch Steuern und Verbote lenken wollen. Mittels eines übergriffigen Staates, der sich in das Leben der Menschen einmischt und bürgerliche Freiheiten beschneidet. So etwas wie Veggie Day, Parkplatzvernichtung in Städten, Tempolimit, CO2-Steuern, Verstaatlichung von Immobilienunternehmen, Wärmepumpenpflicht (gerade noch verschoben) und die im Winter 21/22 beabsichtigte Impfflicht wurden nicht von der AfD gefordert. Ebenso wenig stellt sie die EU, die Ukraine und das Klima über die Interessen der Deutschen.

Die AfD vertritt eher freie Fahrt für freie Bürger und freie Märkte, und auch wenn es dort problematische Persönlichkeiten, Verbalradikalismus und peinliche Ausfälle Einzelner (zuletzt Chrupalla am 9. Mai) gibt, ist das immer noch kleinere Übel zur Migrationspolitik und "sozialökologischen Transformation" der anderen Parteien.


QuoteKuno
14.06.23 13:39

Tja, Wittenberg ist nun mal nicht Paris (frei nach Kraftklub).


QuoteMatzbach
14.06.23 13:28

Endlich einmal eine Analyse, die aufräumt mit diesem Wunsch der CDU und FDP, dass das Überholen von Rechts die AfD schwächen würde.
Es stehen harte Zeiten für Deutschland und die Demokratie an. Die CDU ist da in der Verantwortung, spielt aber immer wieder auf der gleichen Klaviatur. ...


Quoteschorsch56
14.06.23 13:26

die Versäumnisse in der politischen Bildung und den schleichenden Tod von Demokratien.

... Es ist tatsächlich kein Protest, es ist Enttäuschung. ...



Quoteexistenz
14.06.23 13:26

Die 'AfD' ist wie ein psychotisches Chamäleon und bietet Identifikationsmuster für Neofaschisten und stalinistisch Sozialisierte und eben Hass- und Angstpsychotiker. Deswegen u. a. auch der Erfolg bei den Aussiedlern und in den neuen Bundesländern.
Bemerkenswert auch die zahlreichen Reisen von Vertretern der 'AfD' nach Russland. Letztlich ist die 'AfD' in Teilen auch die fünfte Kolonne 'Putins' und deswegen sollten eigentlich alle Geldflüsse innerhalb und außerhalb dieses 'Clans' vom 'Verfassungsschutz' und 'BND' genau unter die Lupe genommen werden.


QuoteZweiglein
14.06.23 13:26

Schlimm genug, das alles.

Was ich gleichzeitig interessant und bedenklich finde, ist, dass Nachtwey/Amlinger in "Gekränkte Freiheit - Aspekte des libertären Autoritarismus" nun "Autoritäres" anderer Provinienz und Richtung auch in den Egos weiterer Gruppen internalisiert diagnostizieren.
Beiden fehlt der Gedanke des Solidarischen usw., usw.!


Quotemcgyver
14.06.23 13:43

@Zweiglein am 14.06.23 13:26
Libertärer Autoritarismus ist ein Widerspruch in sich. In seiner radikalen Ausprägung bewegt sich Libertarismus eher Richtung Anarchismus (vgl. Anarchokapitalismus).


Quotetorsten379
14.06.23 13:24

In etlichen Ländern Europas gibt es starke nationalkonservative Bewegungen bzw. sind rechte Parteien an der Regierung beteiligt, ohne dass deshalb ein Ende von Demokratie und Rechtstaatlichkeit eingetreten wäre. Insofern ist das Vorhandensein der AfD ein Zeichen von Normalität. Wer die seit 2015 betriebene Politik ablehnt, ist ins Lager der Nichtwähler gewechselt oder macht sein Kreuz bei der einzigen politischen Kraft, die den deutschen Sonderweg in der Migrationsfrage deutlich kritisiert hat. Wenn die gemeinsamen EU-Beschlüsse zu einer Verringerung der illegalen Zuwanderung führen, geht der AfD ihr Hauptthema verloren und viele Protestwähler werden zu den etablierten Parteien zurückkehren.


QuoteEinLebenLang
14.06.23 13:53
@torsten379 am 14.06.23 13:24

Das kann stark bezweifelt werden. Denken sie an Polen oder Ungarn, mit den prominentesten Beispielen. Da wird die Rechtsstaatlichkeit in allen Bereichen stark eingeschränkt und der Versuch unternommen im Grunde eine Diktatur Light Salonfähig zu machen.


Quotelars3110
14.06.23 13:18

Für mich auch eindeutig das Ergebnis, den Bürger seit Jahren eine gewisse Mündigkeit abzusprechen, bei fast jedem Thema.
Jeder Nonkonformist wird die rechte Ecke geschoben, egal ob beim Thema Corona, Ukraine oder Klima oder sogar Rammstein, usw.
Und vornweg die Leitmedien, die immer alles einordnen, statt einfach nur zu informieren.
Und wenn man Menschen entmündigt, dann werden sie irgendwann auch entsprechend agieren.


QuoteBernfried
14.06.23 13:14

    Zunächst sollten Repräsentationslücken im politischen System geschlossen werden. Personen, die sich nicht repräsentiert fühlen, müssen ein gutes demokratisches Angebot bekommen.

Und genau, weil sie dieses Angebot planmäßig verweigert, ist eine überkandidelte links-grüne Identitätspolitik eben doch ein wichtiger Faktor, der zum Aufschwung der Rechtspartei(en) maßgeblich beigetragen hat.


...

Link

"Rechtsextremismus in Ostdeutschland: 60 Prozent der Ostdeutschen halten Deutschland für "überfremdet""
Eine repräsentative Studie für Ostdeutschland zeigt: Viele wünschen sich "autoritäre Staatlichkeit". In einem Bundesland ist Ausländerfeindlichkeit besonders groß.
Von Jona Spreter, 28. Juni 2023
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2023-06/ostdeutschland-rechtsextremismus-efbi-studie

Quote
Kacma

Schade, dass die Studie nur auf die ostdeutschen Bundesländer beschränkt war. Der Vergleich mit Westdeutschland wäre erhellend gewesen. So liefert die Studie nur begrenzt Aussagen zu ostdeutschen Eigenheiten.


Quote
Jeremiah J.

60% der Ostdeutschen befremden mich.


...

Quote...

Superb *wildgewordene Userin
@batcatsupiwoman 1:32 nachm. · 26. Juni 2023
Sagt mir bitte nicht dass ihr tatsächlich überrascht seid?! Ich komme aus dem tiefsten Sachsen. Ich bin irgendwas zwischen 25 und 37 Jahre alt und ich kann euch erzählen wie der Großteil von uns erzogen wird. Erstmal bekommt man von klein auf den Satz zu hören damals (DDR) war es besser. Es wird hart auf den Westen geschimpft, über die Arroganz und Überheblichkeit. Warum u was "der Westen" genau gemacht hat, weiß ich nicht. Was ich weiß ist dass plötzlich viele arbeitslos waren,viele Immobilien wurden in den Westen verkauft.
Es wird einem eingetrichtert dass Ausländer böse sind, es gibt jedoch auch "gute Ausländer " was aber nicht heißt dass diese genauso toll sind wie Deutsche. Sämtliche beleidigende Betitelungen je nach Herkunftsland. Wenn du dich dann beim heranwachsen nicht selbst Hinterfragst warum oder ob das denn nicht alles Blödsinn ist u dass sich die Welt weitergedreht hat,bleibst du in dem Gedankengut. Es sind immerhin deine Eltern, Großeltern. Bekannte und Freunde die so reden,kann ja nicht falsch sein. Ich schätze viele sind in der DDR aufgewachsen, unter Propaganda. Mit Einschränkungen, Stasi kaum Freiheit. Es gab nur den einen bestimmten Weg, kaum Möglichkeiten sich selbst finden zu müssen,es gab Arbeit,man musste arbeiten. Die Freiheit wie wir sie haben in einer Demokratie ist noch nicht allzu lang für Die viele aus dem Osten. VIELLEICHT ist die Freiheit die ,die afd wähler wollen in Wahrheit einen vorgegebenen Weg um sich nicht selbst kümmern zu müssen um Grenzen zu haben da man sich sonst verlieren kann und man selbst verantwortlich ist. Freiheit muss man aushalten können.
Das ist absolut keine Rechtfertigung für die Rechten,Nazis usw. Will damit nur aufzeigen dass es mich nicht wundert. Propaganda läuft da wie gehabt. #Sonneberg
https://threadreaderapp.com/thread/1673293228408291331.html

https://twitter.com/batcatsupiwoman/status/1673293228408291331


...


iris @memories2019_12 26. Juni
Und wie kommt man dann an diese Leute ran? Wir haben keine Zeit zu warten, bis das Denken durchbrochen wird, zumal das ja schon etliche Generationen sind.

Superb *wildgewordene Userin @batcatsupiwoman 26. Juni
Ich glaube fast dass es nicht möglich ist. Nur wenn die Erfahrung wird lehren.

LieseLotte Müller
@Lieselotte2604 26. Juni
Unpopuläre Meinung, aber ich kann diese "Arroganz des Westens" nachempfinden.
Immer noch...und ich bin aus den "alten Bundesländern"...
Da braucht sich keiner rausreden...
Die Situation ist beschissen, aber mit dem Finger braucht da keiner deuten, alles fleißig mitverzapft ...

Tobias Lange @lange_tobias_hh 26. Juni
Es ist richtig, das wir nach 89 die kapitalistische Naivität des Ostens gnadenlos ausgenutzt haben und es nie um die Menschen ging. Sie waren egal und es war egal, dass sie mit Kapitalismus überfordert waren. Man wollte ihr Geld und wer nicht klarkam, egal!

Micha @Wasglbtsneues 26. Juni
Ich bin in der DDR aufgewachsen, Sachse und habe meine Kinder niemals rassistisch erzogen. Bitte nicht einfach verallgemeinern!

Superb *wildgewordene Userin @batcatsupiwoman 26. Juni
Wenn man bitte den Text lesen würde und sich nicht nur empören,Da steht nirgends ALLE uff

hexlein_le @HexleinL 27. Juni
Der Grundtenor klingt aber so.

Superb *wildgewordene Userin @batcatsupiwoman 27. Juni
Wenn man das so lesen will.

hexlein_le @HexleinL
Nein. Ich WILL es nicht so lesen, ich lese es so.

Chris @chgeese
Die Aussage ist ganz klar, dass das die persönliche Erfahrungswelt ist. Also subjektiv wahrgenommen ein grundsätzliches Problem. Also haben beide etwas recht: es ist eine Verallgemeinerung, aber deutlich als subjektiv und nicht statistisch bewiesen deklariert.

Superb *wildgewordene Userin @batcatsupiwoman 27. Juni
Ich möchte klarstellen dass es meine Erlebnisse sind,keine Analyse oder Studie,so bin ich aufgewachsen. Hinterfragst habe ich alles auch Zusammenhänge kenne ich jetzt. Und schon gar nicht pauschalisier ich! Bitte lest den ganzen Text!

@SoRi_Roe
Was mich dabei immer ein bisschen wundert: die Wiedervereinigung ist jetzt 33 Jahre her... Fast so lange wie vorher das DDR-Regime geherrscht hat... Braucht es wirklich genauso viel Zeit die alte Denkweise zu überwinden, wie es vorher gebraucht hat um sie in die Leute einzutrichtern? Sorry wenn ich mich vielleicht unglücklich ausdrücke .. waren die ~40 Jahre Kommunismus so prägend dass es fast genauso lange braucht sich davon zu erholen?

Linus Schroeder @SchroederLinus 26. Juni
Ich kann das nur unterschreiben. Erst mein Weggang aus Thüringen hat mir gezeigt, dass diese Denkweise überhaupt nicht so normal ist. Es war im Westen eine andere Welt.

Hoffnungslos @BigHoffnungslos 26. Juni
Kenne ich auch so aus meiner Zeit im Osten. Tiefster Rassismus, Antisemtismus und Misogynie als Grundeinstellung ohne jegliche Erkenntnis oder Verständnis das etwas untragbares gesagt wird.
Nach Selbsteinschätzung war kaum einer menschenfeindlich.

mandywe89 @mandywe89 26. Juni
Kann ich bestätigen, wir sind damals 1994nach Hessen gezogen, weil er dort besser verdient hat, seine Brüder waren entsetzt. Wenn ich heute fast 30 Jahre später mit meinen ostdeutschen Verwandten am Tisch sitze, fühle ich mich wie 1994. Nichts hat sich in den Köpfen bewegt.

Pandemiearzt @stegmeyer 26. Juni
Was ich mich aber zunehmend frage, weshalb in der alten BRD es die Nazis kaum je in die Parlamente geschafft haben. Bis weit in die 70er waren ähnliche Sprüche bzgl.  ,,Ausländer", Juden, Farbige völlig normal. ,,Unter Hitler gab es wenigstens noch Ordnung." Und die Autobahnen!

onezerotripleseven @10777_berlin 26. Juni
FAZ, 30.05., S. 7 Die Gegenwart. Frau Geipel beschreibts: "Noch immer halten die DDR-Kriegskinder das Binnenkollektiv Ost in ihrem Bann. Die jüngeren Generationen kreieren eine nach außen verlagerte Entlastungserzählung und versuchen, den Westen zum großen Buhmann zu machen."

UliLarike @ULarike 26. Juni
ja ich sehe das auch so, bin in Thüringen geboren, mit der Wende und Ausbildung nach Hessen, ich ertrage Klassentreffen nicht mehr, diese Ignoranz und Selbstgefälligkeit ist mega anstrengend, die Menschenverachtung wurde vorgelebt und nie aufgearbeitet.

Torsten Schreiter @TorstenSchreit1 26. Juni
Bin Dresdner und 40, bestätige diese Aussagen 100%.

Thomas Forget @Forget1962 26. Juni
Ich bin in Ost-Berlin aufgewachsen. Aber schon 1978 habe ich als Lehrling mitbekommen, was latenter Ausländerhass ist. Es ging schon damals gegen Vietnamesen und Kubaner, obwohl die ja nach ihrer Lehr- und Arbeitszeit meist nach 3-5 Jahren wieder in ihre Länder zurückgingen.

hann_sanne @HannSanne 26. Juni
Ich bin aus dem tiefsten Sachsen weggegangen, als Du geboren wurdest. Es ist sehr weit verbreitet, was Du schreibst.
Und viele haben Angst, sich dagegen zu äußern. Die Saat ist schon aufgegangen.

Tilhelm Well @TilhemWell 26. Juni
Die Ursachen für den Wahlerfolg sind vielschichtig und warum es gerade im Osten passiert und warum gerade eine Menge Ossis diesen Rattenfängern (wo die Spitzen mehrheitlich aus dem Westen stammen) nachrennen, die sie zuvor verteufelt haben, lässt sich nicht in 240 Zeichen packen.

ℕ𝕒𝕤𝕔𝕙𝕜𝕒𝕥𝕫𝕖 @niwolfi 26. Juni
Fast meine komplette Verwandtschaft aus der ehemaligen DDR (Thüringen und Brandenburg) ist leider auch, sehr fremdenfeindlich. Teils waren sie Stasi Mitarbeiter, teils nicht aber entnazifiziert sind irgendwie alle nicht... schlimm! ... ich habe zu keinem mehr Kontakt.

Die Bürokrateuse @Integrateuse 26. Juni
So sieht's aus. Mein Vater war immer rechts, heute wählt mein Bruder AfD. Dass das nicht normal ist, hab ich erst während des Studiums gemerkt, als ich das erste Mal mit Menschen aus den alten BL in Kontakt kam. Nichts an dieser Wahl überrascht mich.

Lukas Abegg @Dubio_ 26. Juni
Soziokulturell war die ,,Wiedervereinigung" eben viel mehr eine Annexion des Ostens durch den Westens. Aus dieser Perspektive gibt es einen klaren Sieger und klaren Verlierer, was die grossen Leitmedien aber nie so offen ansprechen.

Homo Sapiens @JunoWega 26. Juni
Auch aus Sachsen. Kann das Gesagte nicht teilen. Es gibt eine gewisse Trägheit. Aber die Leute sind nicht generell unerreichbar. Am wichtigsten ist es nicht einfach weg zuhören im Alltag, immer wieder auch im Kleinsten sachlich Kontra geben und zum Nachdenken anregen.

Stefan vom Lande @StefanH38016719 26. Juni
Meine Meinung ist, dass man dem Osten das rechtsextreme Gedankengut immer hat durchgehen lassen, immer beschwichtigt hat, das seien ja nur paar Querköppe. Seit 30 Jahren. ...

Tiniko @CNikolajew 27. Juni
Interessant, Ähnliches hörte man auch im Westen in der Nachkriegszeit, nur bezog sich die Relativierung da auf die Politik die 1933 ermöglichte. Die ,,bösen" 68er waren im Westen, trotz Springer, der Anfang vom Ende dieser Haltung.

Mascha & der Schrödi @Mascha66973759 27. Juni
Nun bestand die DDR aber nicht nur Sachsen, Entschuldigung! In den anderen neuen Bundesländern lief das offenbar etwas anders. Was also ist in Sachsen passiert? Ich kann das so nicht gelten lassen! Sorry!

Sündenziege @sundenziege 27. Juni
Ich bin in Sachsen aufgewachsen und stimme dir uneingeschränkt zu. Ich hab einen Wessi geheiratet (was lustig ist, weil wir beide nach der Wende geboren wurden) und bin ausgewandert.
Es erschreckt mich, wie lange ich diese Denkweisen selbst inne hatte.

Lotti ist Laut @Letustalk9 27. Juni
Eine Zeit lang wohnte ich in Leipzig und war beruflich viel in Sachsen und Thüringen unterwegs. Ich war ziemlich überrascht, wie sehr das Wessi/Ossi-Denken dort verankert ist, wie viel geschimpft und gefremdelt wird und wie winzig klein der Horizont ist.

COBE @Eyetwinkle79 27. Juni
Was mein Mann sagte: wir (Ost)Deutschen sind Untertanen. Haben nie gelernt, was Freiheit ist und bedeutet. Niemand kann damit umgehen, wenn keiner von Oben sagt, wo es lang geht. Und weil man abgehängt wurde, schimpft man auf die , die noch unter einem selbst sind.

Random Dude @xSoulHunterDKx 27. Juni
Das sind fast 1 zu 1 die Erlebnisse, die Freunde und Familien aus dem Osten dort erlebt haben. Einer meiner Freunde dort ist stramm rechts und seine ganze Familie auch. Nichts als Hass, Stammtischgelaber und inhaltlose, unrealistische Fantasien. Der ach so böse Westen und linke.

Nix wie weg! @KaznaSunstorm 27. Juni
Meine Frau kommt aus Brandenburg und jedes mal, wenn man mit der Familie dort Kontakt hatte, hörte ich das selbe. Am Ende lief es immer darauf hinaus, dass #dieAnderen Schuld sind am eigenen Leid. M.E. ging das mit der Freiheit anscheinend zu schnell. ...

Guru D. Safak @Politguru 27. Juni
Leider konnte ich vieles davon auch in NRW beobachten, auch bei ehemaligen Freunden.

StreuselkuchenmitSahne @Streuselkuche11 27. Juni
Ich lebe in Sachsen- Anhalt, war Teenager, als die Wende kam. Weder im Freundeskreis, noch Bekannte haben diese Denkweise. Ich ebenso wenig u so wurde mein fast erwachsenes Kind auch kein ewig gestriger Nachwuchs-Ossi.

BamBam1976 @BBam1976 27. Juni
Ja du triffst den Nagel auf den Kopf. In Brandenburg auch. Das erklärt die 25% AfD Wähler in total. Aber es erklärt nicht, warum 50% nicht wählen. ...

Frau in Blau @Frau_in_blau 27. Juni
Ich hab immer gehört: "In der DDR war nicht alles schlecht." Die Mär vom arroganten Wessi kenne ich auch (habe einen geheiratet und jetzt ist Ruhe), aber gegen Ausländer wurde nicht hergezogen. Im Gegenteil, Nazis wurden zutiefst verachtet.

тöт тип @sheepdog85 27. Juni
Digger, eine Umarmung. Von mir. Für dich. Ist in vielen postkommunistischen ländern so. Ich komme aus Russland, und habe das Glück dass mein Umfeld gut mit der Freiheit umgehen kann. Aber genau diese Hilflosigkeit sehe ich auch oft.

Manuel-Aldo 444 Liebenow @Maschinello 27. Juni
Moin zusammen, so wird also in D-Ost aufgewachsen. Das kennen wir "Wessis" zu 100%, nur in meinem Alter (>60) genau umgekehrt. Wir hörten von Eltern, GrEltern, Lehrern, Alten, Richtern..: "es war doch nicht alles (im "3.Reich) schlecht"... Bis 1968, dann wurde das etwas geklärt.

RandomChickBunchOfNumbers @ChickOfNumbers 27. Juni
Ich kann das so unterschreiben! Die gefühlte Demütigung durch die ,Besserwessis' sitzt tief, die wollen nur das schlimmste, wissen alles besser. Meine gesamte erweiterte Familie halt null Kontakt zu Marginalisierten, lebt komplett in einer weißen cis Blase ...

Grzegorz Brzęczyszczykiewicz @_eMaX_ 27. Juni
Es war ja nicht alles schlecht damals.

B H @HendrikKlarname 27. Juni
Also das mit der Wut auf Wessis ist halt nachvollziehbar.

angel on a rampage @cowgirlietina 27. Juni
Und genau dort ist eines der Probleme, nach 34 Jahren immer noch von Wessi und Ossi zu schreiben.

Trying my best @PosSumGame 27. Juni
Ich habe es satt! Warum denken dann Polen, Litauer, Letten, Esten, Tschechen, Slowaken, Rumänen, Kroaten nicht so? Warum gibt es hier nur diese eine Insel mitten in Europa, die sich nach russischem Imperialismus, Diktatur, Stasi, sogar Nazizeit zurücksehnt?

Edeldruide @edeldruide 23 Std.
Genau so sieht's aus. Als Thüringer kann ich zu all den Punkten ja sagen. Und es ärgert mich bis heute wie viele meiner Freunde und Bekannten mit 25-36 nicht über diese anerzogenen Dinge nachdenken.

Sazzy @Sazzylein
Genau das! Ich bin gleiche Altersgruppe wie du und genau so aufgewachsen.
Meine große Schwester war mit Nazis befreundet, meine Mutter war ähnlich gestrickt. Als ich als Teenie in den Westen gezogen bin, habe ich langsam verstanden wie "verkorkst" meine Familie eigentlich ist.

HeyNeira @HeyNeira
Bin krass deiner Meinung. Wohne auch in Sachsen, komme aus Sachsen Anhalt, bin Mitte 20 und kenne alle diese Sprüche.
Was aber nicht heißt, dass hier wirklich alle so sind und so denken. Aber leider sind es dennoch zu viele, die so denken. :(

electrolite @electrolite83
Ich kann das nicht bestätigen. Aufgewachsen in Sachsen-Anhalt, heute 40. Was ich mitbekommen habe, war ein tiefes Misstrauen jedweder Regierung gegenüber. "Die bescheißen uns sowieso alle." Sie gingen trotzdem wählen, fanden es wichtig, wählten wechselnd, aber niemals rechts.

Kl op Kyke @klonkyke
Ich bin nur wenig älter und nicht so aufgewachsen.. Meine Eltern waren immer Linken-Anhänger (bewerte ich jetzt nicht) und selbst da bemerkt man Tendenzen, wo man versteht, warum manche direkt von links nach rechts kippen. Eltern (noch) nicht aber quasi das halbe Dorf.

Didi @WinterD22
Wir sind aus dem Ruhrgebiet und unsere Familie ist bunt. Einmal waren wir in Dresden und Polen zum Urlaub. NIE Wieder. Die übelsten Blicke und eindeutig ablehnende Haltung gegenüber uns. Das ist so traurig und macht wütend.

Andi beth Nahrin @AndiMesoPott
Es gibt aber auch gute Ossis.

Daniela aka Alsbeth @alsbeth82
Komme aus Brandenburg, bin 41. In meiner Familie gabs das nicht. In vielen anderen Familien meiner Mitschüler aber schon. Ich war die einzige linke Zecke in der Klasse, 3 offene Faschos und der Rest hat den Kopf eingezogen und genickt. Selbst Lehrer waren teils so drauf.

verkehrswendebergstrasse @verkehrswendeb2
Ein Bekannter von mir zieht aus Dresden weg nach Norddeutschland, weil er es nicht mehr aushält bei dem ganzen Nazigedankengut im Alltag dort und seine Kinder dort nicht aufwachsen lassen möchte. Und er ist Ur-Sachse!

tomy @tomybee81
Das rechte Gedankengut war schon vor der Wende da, und den 90ern, den Baseballschlägerjahren, kultiviert. Zur Wahrheit gehört aber auch das Vakuum, über Nacht Millionen Arbeitslose, geschlossene Jugendclubs, keine ausgeprägte Vereinskultur, Leere in vielen Köpfen weil der Sinn Aufeinmal fehlte. Viele sind da glaub ich nicht rausgekommen. Die 90er waren wild für uns Jugendliche. Die Eltern gucken wie sie den Arsch an die Wand kriegen sollen und wir Kids mehr oder weniger vogelfrei. So empfinde ich das rückblickend zumindest War halt nur die Frage was man damit macht.  Ich bin eher in eine linke Richtung gegangen weil ich unbedingt Songs von nirvana lernen wollte in der 6. Klasse. Andere sind mit wütend mit baseballschlägern losgezogen und haben die gerade entstandenen dönerbuden angezündet Und das hat sich verfestigt bei vielen die geblieben sind ...


...



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#129
Quote[...] Wer sind die Millionen Deutschen, die plötzlich aus Protest über die Berliner Politik zu AfD-Sympathisanten werden? Meinungsforscher und Soziologen haben die Milieus genau untersucht - ihre Ergebnisse sind verblüffend. Das gefühlte Bild von älteren Missmutigen und abgehängten Rechten aus sozialen Brennpunkten ist falsch. Die neuen AfDler sind wohl situiert, mittleren Alters und leben in friedlichen Landstrichen. Auch der Bildungsgrad zeigt, dass es sich eher um die Mitte der Gesellschaft handelt. Immer mehr Arbeiter und Gewerkschaftsmitglieder kommen hinzu - für die SPD ein Alarmsignal. Vor allem, da die neuen Protestwähler zugleich klare Forderungen an die SPD-geführte Regierung haben.

1. Generation Mittelalt: Das Klischee der AfD-Opas war schon immer falsch. Gefühlt handelt es sich bei den Rechtspopulisten um eine grimmige Betagten-Bewegung älterer Herrschaften. Tatsächlich aber zeigt die Auswertung nach den Bundestagswahlen 2017 und 2021 wie auch eine aktuelle Forsa-Umfrage, dass vor allem die mittlere Generation AfD wählt. Bei den 30- bis 44-Jährigen geben überdurchschnittliche 21 Prozent an, AfD wählen zu wollen, unter den 45- bis 59-Jährigen sind es sogar 24 Prozent. Bei den Über-Sechzig-Jährigen, den Alten und den Jungen hingegen verfängt die AfD dagegen deutlich weniger. Unter den Alten und Rentnern neigen nur 15 Prozent der AfD zu. Unter den Schülern und Studenten sogar nur 5 Prozent der Befragten.

https://www.tagesschau.de/wahl/archiv/2017-09-24-BT-DE/umfrage-afd.shtml

https://www.tagesschau.de/wahl/archiv/2021-09-26-BT-DE/umfrage-alter.shtml

https://www.n-tv.de/politik/Umfrage-zeigt-Eigenschaften-der-AfD-Waehler-article24203917.html


2. Berufstätige: Eine Untersuchung der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung aus dem Jahr 2019 zeigt, dass der Anteil der Arbeiter in der AfD-Gefolgschaft überraschend hoch ist. In Sachsen und Brandenburg wählen 41 beziehungsweise 44 Prozent der Arbeiter AfD, bei Rentnern liegt der Anteil nur bei 21 und 15 Prozent.

Bei der Bundestagswahl 2021 war die AfD in der Arbeiterschaft nach der SPD bundesweit bereits die zweitbeliebteste Partei, zeigen Zahlen von Infratest dimap. Die Wählerschaft wirkt also fest im Arbeitsleben verankert - und vergrößert sich genau dort. Forsa ermittelte, dass sogar 19 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder derzeit angeben, die AfD wählen zu wollen. Dabei grenzen sich die deutschen Gewerkschaften entschieden von der AfD ab. Hier zeigt sich, dass in der traditionell der SPD zugewandten Arbeiterschaft die Wechselbereitschaft zur AfD viel größer ist als landläufig vermutet.

https://de.statista.com/infografik/19203/welche-berufsgruppen-die-afd-waehlen/

https://www.tagesschau.de/wahl/archiv/2021-09-26-BT-DE/umfrage-job.shtml


3. Wohlsituierte: Auch das Bild des abgehängten, sozial schwachen AfD-Wählers ist falsch. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) kam bei einer Tiefenstudie der AfD-Anhänger schon 2016 zu dem Ergebnis, dass AfD-Wähler mit ihrem Verdienst sogar über dem Durchschnitt der Bevölkerung liegen. In Regel sind sie sicher beschäftigt und gut situiert. 73 Prozent der AfD-Wähler haben bei der letzten Bundestagswahl angegeben, dass ihre wirtschaftliche Situation "gut" sei. Auch im Wahlkreis Sonneberg, wo die AfD jetzt bei der Landratswahl auf 52,8 Prozent der Stimmen gekommen ist, ist die Arbeitslosenquote seit Jahren eine der niedrigsten in Thüringen, derzeit liegt sie bei 5,1 Prozent.

https://www.iwkoeln.de/studien/knut-bergmann-matthias-diermeier-judith-niehues-ist-die-afd-eine-partei-der-besserverdiener-280617.html

https://www.n-tv.de/politik/Diese-Stichwahl-ist-ein-Modell-fuer-Wahlen-im-Osten-article24209649.html


4. Ländlicher Raum: Auch die Vorstellung, das AfD-Milieu speise sich aus Plattenbausiedlungen und sozialen Brennpunkten in Ballungsräumen, ist falsch. Der Zuspruch zur AfD ist vor allem dort am größten, wo das Idyll zu Hause scheint - auf dem Land. Die Forsa-Umfrage zeigt: Bewohner von Orten mit weniger als 5000 Einwohnern geben zu 25 Prozent an, AfD wählen zu wollen. In Orten zwischen 5000 und 25.000 Einwohnern sind es 21 Prozent. Unter den Bewohnern von Städten zwischen 100.000 und 500.000 Einwohnern liegt die Zustimmung zur AfD nur bei 14 Prozent. In den noch größeren Städten sind es nur 12 Prozent. Tatsächlich fährt die AfD bislang im ländlichen Raum ihre besten Wahl- und Umfrageergebnisse ein, während der Zuspruch in Großstädten bislang gering ausfiel. Es ist genau umgekehrt wie bei den Grünen, die auf dem Land schwach punkten und in den Metropolen ihre Hochburgen haben.


5. Sie wissen genau, wogegen sie protestieren: Die häufig verbreitete Einschätzung, es handele sich bei AfD-Wählern um "diffuse" Abstiegs-, Modernisierungs- oder Zukunftsängste, ist ebenfalls nicht haltbar. AfD-Sympathisanten haben sehr klare Vorstellungen, wogegen und warum sie protestieren. Die Unzufriedenheit mit der Ampelregierung - dramatisch beschleunigt durch das geplante Heizungsgesetz - ist Auslöser des aktuellen AfD-Höhenfluges. Bemerkenswerte 79 Prozent der Deutschen sind mit der Bundesregierung weniger oder gar nicht zufrieden. Für die Regierung aus SPD, Grünen und FDP ist das der mit Abstand schwächste Wert im ARD-Deutschlandtrend.


Es gibt drei klare inhaltliche Motive, was die neuen Rechten bei der Ampelpolitik besonders stört: Laut ARD-Deutschlandtrend geben AfD-Sympathisanten als ihr mit Abstand größtes Motiv (65 Prozent) die Zuwanderung und Migrationspolitik an (pdf: https://www.infratest-dimap.de/fileadmin/user_upload/DT2306_Report.pdf). An zweiter Stelle (47 Prozent) folgt die Verärgerung über die Energie-, Umwelt und Klimapolitik, an dritter Stelle (43 Prozent) die Sorge um die Wirtschaft. Alle anderen Motive folgen weit abgeschlagen.

Für die Ampelparteien wie für die CDU ist dieser Fünf-Punkte-Befund brandgefährlich. Denn der deutsche Rechtspopulismus bricht - ähnlich wie in vielen anderen europäischen Staaten zuvor - in die Mitte der Gesellschaft ein. Die Gefolgschaft hat die generationelle, soziale und geografische Peripherie verlassen und breitet sich im Zentrum der Gesellschaft aus, sogar in gefestigten Milieus wie der gewerkschaftsgebundenen Arbeiterschaft. Der Befund zeigt aber zugleich, dass der Protest wesentlich vom ungelösten Hauptproblem der Migration und dem Ärger über die Klimapolitik genährt ist. Sollte die Regierung beides lösen, könnte die Protestbewegung auch schnell wieder implodieren. Denn 75 Prozent der Deutschen sind laut ZDF-Politbarometer der Meinung, dass die AfD nur gewählt wird, um den anderen Parteien einen Denkzettel zu verpassen.

Quelle: ntv.de



Aus: "Die neuen AfD-Protestwähler sind anders als gedacht" Wolfram Weimer (27.06.2023)
Quelle: https://www.n-tv.de/politik/Die-neuen-AfD-Protestwaehler-sind-anders-als-gedacht-article24220504.html

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Quote[...] Debatte über AfD-UmfragehochSoziologe Heitmeyer: ,,Der Begriff Protestwähler ist komplett verharmlosend"

Positionen gegen die offene Gesellschaft und die liberale Demokratie seien unter AfD-Wählern weit verbreitet und vor allem stabil. Insofern halte er den Begriff Protestwähler für komplett verharmlosend. Damit versuche sich die institutionalisierte Politik seit jeher zu beruhigen. Laut Heitmeyer ist seit vielen Jahren eine Art Normalisierung von früher nicht salonfähigen Positionen zu beobachten.

Der Soziologe warnte davor, die AfD bloß als rechtspopulistisch zu bezeichnen. Er spricht von ,,Autoritärem Nationalradikalismus". Rechtspopulismus ziele etwa auf kurzzeitige Erregungszustände. Das sei in dem Fall unzureichend. Das Autoritäre solcher Parteien wie der AfD bestehe darin, ein verändertes Ordnungsmodell anzustreben mit traditionellen Lebensweisen, klaren Hierarchien und dichotomischen Gesellschaftsbildern wie ,,Wir gegen Die", ,,Innen gegen Außen" oder ,,Eigenes gegen Fremdes". Beim Nationalistischen gehe es um Überlegenheitsansprüche deutscher Kultur. Dieser Politiktypus sei anschlussfähig an eine weitverbreitete ,,rohe Bürgerlichkeit" – also eine verachtende Haltung gegenüber Schwächeren, die sich hinter einer glatten Fassade verberge.

Vor dem Hintergrund der zunehmenden Emanzipierung früher unterdrückter Personengruppen, Stichwort: ,,Wokeness", führte er aus, die empfundenen Identitäts-Bedrohungen seien heute am ausschlaggebendsten dafür, dass sich Menschen dem autoritären Nationalradikalismus zuwendeten.
Um sich dagegen zu stellen, rät Heitmeyer dazu, demokratische Angebote für Personen zu entwickeln, die sich nicht repräsentiert fühlten. Zudem müssten die teilweise rechtsautoritären Strukturen in staatlichen Institutionen wie Polizei und Bundeswehr angegangen werden.
Die Zivilgesellschaft rief er auf, konfliktfähiger zu werden. Insbesondere in den nahen Bezugsgruppen wie Verwandtschaften, Freundesgruppen, Kirchen, Sportvereinen, am Arbeitsplatz etc. sei es nötig, Positionen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit sofort entschieden zu widersprechen – auch auf die Gefahr hin, aus den eigenen Bezugsgruppen ausgeschlossen zu werden. Sonst trage man an der Normalisierung und Anschlussfähigkeit der AfD eine Mitschuld.
Den Hochschulen warf Heitmeyer vor, nichts gegen ,,die ausgeprägten nationalkonservativen Ansichten" unter Studierenden an rechtswissenschaftlichen, wirtschaftswissenschaftlichen und technologischen Fakultäten zu tun.
Umfragen sehen die AfD inzwischen gleich auf oder sogar vor der SPD und damit als zweitstärkste Kraft.

Diese Nachricht wurde am 16.06.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.


Aus: "Soziologe Heitmeyer: ,,Der Begriff Protestwähler ist komplett verharmlosend"" (16.06.2023)
Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/soziologe-heitmeyer-der-begriff-protestwaehler-ist-komplett-verharmlosend-102.html

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Quote[...] CDU-Chef Friedrich Merz hat eine einfache Erklärung für das Erstarken der AfD, die in Umfragen gleichauf mit der aktuellen Kanzlerpartei SPD liegt: All die Befragten, die zurzeit angeben, dass sie die AfD wählen würden, wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, ticken eigentlich wie er.

Jedenfalls sind sie ihm zufolge von den gleichen Dingen genervt. Zum Beispiel vom Gendern. "Mit jeder gegenderten Nachrichtensendung gehen ein paar hundert Stimmen mehr zur AfD", behauptete er am Samstag in seinem wöchentlichen Newsletter "MerzMail".

Aber natürlich geht es um mehr. Zum Beispiel um "Bevormundung" im Zusammenhang mit Klimaschutz. Dass in diesem Punkt das Bundesverfassungsgericht viel strengere Vorgaben macht als die aktuelle Bundesregierung, die deshalb nicht nur von rechts, sondern aus genau entgegengesetzten Gründen auch von der Klimabewegung kritisiert wird, lässt Merz außen vor.

Seine eigene Partei sieht er auch nicht in Mitverantwortung für die aktuellen Umfrageergebnisse. Für den Höhenflug der AfD sei nicht die Union verantwortlich, "sondern überwiegend die Regierung und insbesondere die Grünen", befand er an diesem Montag.

Obwohl die AfD im ARD-Deutschlandtrend zuletzt "nur" auf 18 Prozent kam – und im Sonntagstrend, den Insa wöchentlich für Bild am Sonntag erhebt, auf 19 Prozent spricht Merz in diesem Zusammenhang gern von der "schweigenden Mehrheit":

    Die Menschen sind die Bevormundung leid. Ich möchte, dass die Union denen eine Stimme gibt, die zur schweigenden Mehrheit gehören.

    Friedrich Merz

Wer so direkt um die Stimmen von Menschen wirbt, die zur Zeit AfD wählen würden, weil sie vom Klimaschutz und vom Gendern genervt sind und ihnen rassistische Parolen dieser Partei bestenfalls egal sind – wenn sie sie nicht sogar gut finden – muss dann natürlich betonen, dass er mit der AfD "nichts zu tun" hat:

    Diese Partei (AfD) ist ausländerfeindlich, diese Partei ist antisemitisch. Wir haben mit diesen Leuten nichts zu tun.

    Friedrich Merz, CDU-Parteivorsitzender

Nun ist es allerdings so, dass fast zwei Drittel der befragten AfD-Wähler im ARD-Deutschlandtrend angaben, der Themenbereich Zuwanderung / Migrationspolitik spiele für sie eine wichtige Rolle. Nur 47 Prozent gaben das auch für den Bereich Energiepolitik, Umwelt und Klimapolitik an – und nur zehn Prozent für den Bereich Gleichstellung.

Rassistische Parolen werden demnach von den meisten nicht als Nebenaspekt oder Schönheitsfehler angesehen, sondern für gut befunden. Wer diese Stimmen will, wird auch diesbezüglich etwas bieten müssen. Aber schon das CSU-Urgestein Franz Josef Strauß hat ja den Satz "Rechts von der CDU/CSU darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben" [https://www.swr.de/swr2/wissen/archivradio/franz-josef-strauss-1987-rechts-von-der-csu-100.html] genau so gemeint, dass die Unionsparteien da inhaltlich nicht zu viel Platz lassen sollten. (Claudia Wangerin)



Aus: "AfD-Höhenflug: Merz wirbt um rechte Protestwähler" Claudia Wangerin (05. Juni 2023)
Quelle: https://www.telepolis.de/features/AfD-Hoehenflug-Merz-wirbt-um-rechte-Protestwaehler-9168636.html

...

Quote[...] Die AfD ist in den ostdeutschen Bundesländern derzeit die mit Abstand stärkste politische Kraft. In einer vom ,,Spiegel" beauftragten repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Verian kommt die Rechtsaußen-Partei auf 32 Prozent.

Die CDU kommt in der Umfrage unter Wählern aus Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Berlin auf 24 Prozent, die Ampel-Parteien erreichen gemeinsam nur 25 Prozent. Die SPD steht demnach bei zwölf, die Grünen bei neun, die FDP bei vier Prozent. Die Linke erreicht im Osten laut der Umfrage neun Prozent der Stimmen.

Die Umfrage hat deshalb einen so hohen Stellenwert, weil in Sachsen, Thüringen und Brandenburg im kommenden Jahr die Landesparlamente neu gewählt werden. Bislang konnte die AfD noch nie bei einer Landtagswahl die stärkste Kraft werden – momentan sieht es so aus, als könnte sich das ändern.

Auch bundesweit steht die AfD in der Wählergunst gut da. Laut einer neuen Forsa-Umfrage für RTL und ntv kommt die Partei auf 22 Prozent, den bisher höchsten verzeichneten Wert des Meinungsforschungsinstituts. Demnach bleibt die Union mit 30 Prozent vorn, SPD und Grüne kommen auf jeweils 14 Prozent. Die FDP (fünf Prozent) und Linke (vier Prozent) müssten um den Einzug in den Bundestag bangen. (Tsp, Reuters)


Aus: "Mit 32 Prozent deutlich vor CDU: AfD ist in Ostdeutschland derzeit mit Abstand stärkste Kraft" (06.12.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/mit-32-prozent-deutlich-vor-cdu-afd-ist-in-ostdeutschland-derzeit-mit-abstand-starkste-kraft-10886182.html

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#130
Quote[...] BERLIN taz | Sie trafen sich zu konspirativ zu Sommersonnenwendefeiern, sahen sich als völkische Elite. Am frühen Mittwochmorgen nun ließ Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) die rechtsextreme ,,Artgemeinschaft – Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung" verbieten. In 12 Bundesländern rückte die Polizei aus und durchsuchte die Wohnungen von 39 Beschuldigten [https://taz.de/Innenministerium-zu-rechten-Siedlern/!5868332/].

Faeser nannte die Artgemeinschaft eine ,,sektenartige, zutiefst rassistische und antisemitische Vereinigung". Sie sei breit in der rechtsextremen Szene vernetzt und habe auch versucht, durch ,,eine widerwärtige Indoktrinierung von Kindern und Jugendlichen neue Verfassungsfeinde heranzuziehen". Faesers Ministerium hatte das Verbot seit einem Jahr vorbereitet.

Die Artgemeinschaft gehört zu den ältesten rechtsextremen Organisationen in Deutschland – und versuchte ihr Tun meist im Verborgenen zu organisieren. Im völkischen Spektrum ist sie bundesweit die größte neonazistische Vereinigung. Schon 1951 gründete Alt-Nazi Wilhelm Kusserow eine Vorläuferorganisation, seit 1957 ist die Artgemeinschaft in Berlin als Verein eingetragen. Zu Veranstaltungen kamen zuletzt bis zu 300 Mitglieder, die dafür monatlich ein Prozent ihres Netto-Einkommens zahlten, mindestens aber 80 Euro im Jahr.

Jahrelang führte die Artgemeinschaft der Rechtsextremist, NPD-Kader und Szeneanwalt Jürgen Rieger an, der 2009 verstarb [https://taz.de/NPD-Vize-erlag-Folgen-eines-Schlaganfalls/!5153420/]. Er schrieb auch das ,,Sittengesetz" der Gemeinschaft, in dem eine ,,Wehrhaftigkeit bis zur Todesverachtung gegen jeden Feind von Familie, Sippe, Land, Volk, germanischer Art und germanischen Glauben" gepredigt wird. Auch lehnte sich die Gruppe an die NS-Rassenlehre an. So heißt es im ,,Artbekenntnis", die ,,Menschenarten" seien ,,verschiedenen in Gestalt und Wesen". Ziel sei die ,,Mehrung der germanischen Art", auch mit ,,gleichgearteter Gattenwahl". Gepflegt wurden heidnische und germanische Bräuche.

Noch bis Dienstag bewarb die Artgemeinschaft fast täglich auf internen Messengerkanälen Bücher von Rieger oder andere Werke wie ,,Deutsche Tischsprüche für die Sippe". Vertrieben wurde auch die gruppeneigene ,,Nordische Zeitung".

Regelmäßig traf sich die Artgemeinschaft zudem zu ,,Gemeinschaftstagen", auch mit Kindern, zumeist in einer Herberge in Ilfeld im Thüringer Südharz. Teilnehmende traten dort in traditionellen Gewändern oder Hemden auf, es wurde getanzt und sich am ,,Metkessel" versammelt. In Vorträgen wurde aber auch antisemitische und sozialdarwinistische Ideologie gepflegt. Eingeladen zu den Treffen wurden nur Mitglieder, über interne Kanäle. Vor Ort kam dann auch der ,,Gemeinschaftsrat" zusammen, für einzelne Regionen gab es ,,Quartierwarte". Fotos und Filmaufnahmen wurden auf den Treffen untersagt, betont wurde, dass es ,,keine Spaßveranstaltungen" seien.

Die Artgemeinschaft traf sich aber auch anderswo, etwa zu ,,Frauen-Wander-Wochenenden" auf Usedom oder zum 70-jährigen Jubiläum der Gruppe etwa in Berlin-Lichterfelde, vor dem früheren Wohnhaus des Artgemeinschaft-Gründers Kusserow. Nach eigenen Auskünften wurden auch Kontakte zu skandinavischen, französischen oder italienischen Rechtsextremisten gepflegt.

Zuletzt war länger der frühere NPD-Aktivist Jens Bauer aus Sachsen-Anhalt Anführer der Artgemeinschaft. Der gilt auch als Vertrauter des NSU-Waffenlieferanten Ralf Wohlleben und soll diesen nach seiner Haftentlassung 2018 zwischenzeitlich bei sich aufgenommen haben. Auch der NSU-Helfer André Eminger soll zumindest ein Treffen der Artgemeinschaft besucht haben. Im Sommer gab Bauer die Führung der Artgemeinschaft an seine Stellvertreterin Sabrina S. aus Bayern ab.

https://taz.de/Waffenlieferant-muss-Reststrafe-verbuessen/!5908656/

https://taz.de/NSU-erneut-vor-Gericht/!5815879/

Zu den Mitgliedern der Artgemeinschaft soll vor Jahren auch der Lübcke-Mörder Stephan Ernst gezählt haben. Laut Erkenntnissen von Sicherheitsbehörden soll er dann im Jahr 2011 ausgeschlossen worden sein, weil er seine Mitgliedsbeiträge nicht mehr bezahlt habe.

https://taz.de/Mordfall-Walter-Luebcke/!5603834/

Mitverboten sind nun auch verschiedene Teilorganisationen der Artgemeinschaft: das ,,Familienwerk", die ,,Gefährtschaften", ,,Gilden" und ,,Freundeskreise".

Erst vor einer Woche hatte Faeser die rechtsextremen Hammerskins verboten, die vor allem mit Rechtsrockkonzerten Gelder machten. Auch diese sahen sich als Szeneelite und waren rund 30 Jahre aktiv. Faeser hatte zu Amtsbeginn als Innenministerin angekündigt, rechtsextreme Netzwerke zu ,,zerschlagen".

Aktualisiert am 27.11.2023 um 9:45 Uhr. d. R.


Aus: "Rechtsextreme Artgemeinschaft verboten: Ende des völkischen Treibens" Konrad Litschko (27.9.2023)
Quelle: https://taz.de/Rechtsextreme-Artgemeinschaft-verboten/!5962927/


Deutschland: Verbotene rechte Sekte propagierte Überlegenheit der "nordischen Rasse"
Die rechtsextremistische "Artgemeinschaft" galt als Bindeglied für Neonazis. Ein Bericht aus Berlin
Birgit Baumann (27. September 2023)
Es schaut alles ganz friedlich aus: Kinder und Erwachsene stehen, Hand in Hand, auf einer sonnigen Wiese. Später brennt ein großes Feuer, es wird auch getanzt. Zu sehen ist dies auf einem Youtube-Video. Man hört auch ein "nordisches Kampflied". In diesem heißt es: "Das Erdenreich zu gestalten, im nordischen Glauben zu walten – sind wir in die Zeit gesandt." Denn es gilt: "Lebensschutz, insbesondere unserer Art." ...
https://www.derstandard.at/story/3000000188741/verbotene-rechte-sekte-verboten-fuehrerprinzip-mit-germanischen-taenzen

QuoteMithir

Die Hoffnung bleibt, dass manchem über solche Beispiele übelster Rassisten klar wird, dass die sich nur graduell von denen unterscheiden, die Staatsbürgern mit Migrationshintergrund abstreiten, ,,Österreicher" zu sein.
Es ist die genau gleiche Gesinnung.
Und nur ein winziger Schritt von ,,das sind doch keine echten Österreicher" hin zur Überzeugung, man sei aufgrund der eigenen ,,Rasse" privilegierter.
Die bittere Wahrheit: Dieser rassistische Kern des völkischen Denkens der Nazis wurde in vielen Familien weitergetragen und besteht bis heute!

Und es ist nichts exklusiv ,,deutsches" daran, denn es gibt genügend minderbemittelte Mickerlinge weltweit, die ihre Minderwertigkeitskomplexe mit Rassismus kompensieren.


QuoteScottHastings1

Auf die Idee, dass die eigene Gruppe überlegen, andere hingegen minderwertig sind, haben die Nazis ja kein Copyright. Der Ku-Klux-Klan hat ein ganz ähnliches Prinzip, nur dass denen halt die Abgrenzung zu den Schwarzen ein besonders Anliegen ist, bei den Nazis hingegen waren bzw. sind es vor allem die Juden und dann gleich die Slaven. Die Japaner haben sich auch z. B. den Chinesen gegenüber überlegen gefühlt, also das scheint schon verbreitet zu sein. Nur sich selbst als die unterlegene "Rasse" zu betrachten, das fällt keinem ein.


...

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Quote[...] Reichsbürger um Johannes M. sendeten Todesdrohungen an Ärzte und Behörden. Die Truppe mischt QAnon-Ideologie mit christlichem Fundamentalismus.

Josef Holnburger ist zusammen mit Pia Lamberty Geschäftsführer bei CeMAS, dem ,,Center für Monitoring, Analyse und Strategie". Die gemeinnützige Organisation bündelt Expertise zu den Themen Verschwörungsideologien, Desinformation, Antisemitismus und Rechtsextremismus. Holnburger beobachtet als Political Data Scientist seit Jahren die Szene der Reich­bür­ge­r*in­nen und Quer­den­ke­r*in­nen insbesondere auf der Social-Media-Plattform Telegram.

Jean-Philipp Baeck: Herr Holnburger, am Donnerstag gab es erneut eine Razzia im Reichsbürger-Milieu. Sie beobachten die Szene seit Jahren. Johannes M. und seine An­hän­ge­r*in­nen sollen mutmaßlich eine kriminelle Vereinigung gebildet – und unter anderem Behörden-Kommunikation blockiert haben. Wie muss ich mir das vorstellen?

Josef Holnburger: Das ist schon perfide. Johannes M. ist in der Reichsbürger-Szene kein Unbekannter und war während der Corona-Pandemie auch als Impfgegner aktiv. Behörden, aber auch Arztpraxen mussten unter seinen Anrufen leiden. Er drohte, dass ihnen die Todesstrafe blühe, weil sie Kinder impften. Vollstreckt würde die Strafe laut M. durch Streitkräfte der Alliierten, die Deutschland in seinem verschwörungsideologischen Weltbild noch besetzt hielten. M. hat Mitschnitte der Gespräche samt Telefonnummern auf seinen Kanälen auf der Social-Media-Plattform Telegram veröffentlicht und damit seine An­hän­ge­r*in­nen zur Nachahmung animiert.

Jean-Philipp Baeck: Wie gefährlich ist das?

Josef Holnburger: olcher Psychoterror ist nicht zu unterschätzen. Wir müssen uns vergegenwärtigen, dass es schon zu Suiziden bei Ärzten kam und Quer­den­ke­r*in­nen gewalttätig wurden. Johannes M. verbreitete Aufrufe zur Gewalt, bei denen immer droht, dass irgendwer sie in die Tat umsetzt. Er hat notorisch Todesdrohungen, Beleidigungen und Verleumdungen ausgesprochen. Polizisten hielt er für eine Söldnertruppe, die standrechtlich erschossen gehörte.

https://taz.de/Nach-Suizid-von-bedrohter-Aerztin/!5867658/

https://taz.de/Prozess-zu-Toetung-in-Idar-Oberstein/!5842633/


Jean-Philipp Baeck: Seit wann sind M. und seine Truppe aktiv?

Josef Holnburger: Johannes M. macht das seit Oktober 2020. Die Durchsuchungen beziehen sich möglicherweise auf einen Vorfall im Herbst 2021. Leider zeigt das, wie lange die Justiz braucht, um sowas zu unterbinden. Dabei kam es jetzt zu einer Veränderung.


Jean-Philipp Baeck: Inwiefern?

Josef Holnburger: Erstmals traf es seine Anhänger*innen. Auch gegen diejenigen zu ermitteln, die seine Nachrichten verbreiten und seinen Telefonterror nachahmen, halte ich für sinnvoll.


Jean-Philipp Baeck: Die Kanäle und Nachrichten von Johannes M. sind durchzogen von Verschwörungswahn, von Antisemitismus und dem Gerede von Todesurteilen, die die alliierten ,,Besatzungstruppen" angeblich vollstrecken würden. Gleichzeitig finden sich Engelsbildchen, biblische Motive und Gebetssprüche. Wie passt das zusammen?

Josef Holnburger: Johannes M. verweist stark auf die QAnon-Ideologie und gerade dabei ist eine Verbindung zu neu-evangelikalem Fundamentalismus als Phänomen vor allem in den USA durchaus bekannt.


Jean-Philipp Baeck: ... die QAnon-Ideologie geht zurück auf Forumsbeiträge eines anonymen Verfassers ,,Q", einen Trump-Anhänger, der antisemitisch grundierte Verschwörungsmythen verpackt als ,,geheimes Insiderwissen" verbreitete.

https://taz.de/QAnon-Bewegung-in-der-Pandemie/!5792201/

Josef Holnburger: Johannes M. hält sich auch selbst für einen Propheten und interpretiert beispielsweise immer wieder die kryptischen Beiträge von ,,Q". In letzter Zeit hat er sich sogar mit Jesus verglichen. Er wirkt stark narzisstisch, wie jemand, der glaubt, außer ihm habe niemand einen Durchblick. Deshalb hat er sich auch in der Reichsbürger- und Querdenker-Szene mit anderen zerstritten. Es kam immer wieder zu Abspaltungen.


Jean-Philipp Baeck: Wie groß ist aktuell der Kreis um Johannes M.?

Josef Holnburger: Ich schätze, es gibt eine dreistellige Anzahl an Leuten, die er als harten Kern um sich geschart hat. Sie reisen für ihn auch quer durch die Republik. Bei früheren Verhaftungen kamen einmal 20, einmal über 50 Leute, um ihn zu unterstützen. Es sind auffällig viele Frauen, die ihm anhängen.

Jean-Philipp Baeck: Ein Sex-Kult?

Josef Holnburger: Das wohl nicht, aber es hat etwas sektenartiges. Es ist ein religiöser QAnon-Kult.

Jean-Philipp Baeck: Zeitweise hatte M. auf der Plattform Telegram sogar mehrere Zehntausend LeserInnen ...

Josef Holnburger: In seiner aktuell aktiven Telegram-Gruppe sind derzeit über 2.000 Mitglieder. Sie zähle ich zu seinem erweiterten Kreis. Seinem Hauptkanal folgten in der Spitze rund 50.000 Accounts, die täglich seine Nachrichten auf ihr Smartphone zugeschickt bekamen. Im September 2021 mischte sich sogar Pawel Durow persönlich ein, der russische Entwickler der Plattform Telegram. Er verkündete, dass er den deutschen Kanal habe sperren lassen, weil es darin Aufrufe zur Gewalt gäbe und Telegram das nicht toleriere.

Jean-Philipp Baeck: Wird Telegram nicht vorgeworfen, sich als Plattform um eine Moderation problematischer Inhalte eigentlich kaum zu scheren?

Josef Holnburger: Nun, am Tag der Sperrung hatte Johannes M. bereits einen Nachfolge-Kanal erstellt, der schnell wieder über 30.000 Follower hatte. Telegram hätte das nachverfolgen können, hat es aber nicht. Die Plattform wurde auch wegen des Rufs, kaum moderierend einzugreifen, seit 2019 in Deutschland populärer und gewann für die Querdenker-Szene während der Corona-Pandemie an Bedeutung. Kanäle zu wechseln, war hier eine der geübten Strategien. So machte es auch Johannes M.

Jean-Philipp Baeck: Warum veröffentlicht er in letzter Zeit nicht mehr selbst?

Josef Holnburger: Johannes M. trickst damit seine Frau aus, so hat er es selbst formuliert. Nach den vergangenen Verhaftungen hatte er ihr versprochen, nicht mehr auf seinen Kanälen zu schreiben. Jetzt schickt er stattdessen Sprachnachrichten an Helfer*innen, die diese dann veröffentlichen.

...


Aus: ",,Ein religiöser QAnon-Kult"" Das Interview führte Jean-Philipp Baeck (24.11.2023)
Quelle: https://taz.de/Experte-ueber-Razzia-bei-Reichsbuergern/!5975213/

QuoteAjuga

"Leider zeigt das, wie lange die Justiz braucht, um sowas zu unterbinden."

Nicht nur die Justiz:
Berlin & Brandenburg Rechte Straftaten unbearbeitet: Ermittlung gegen Polizisten 23.11.2023
Berlin (dpa/bb) - Beim für politisch motivierte Straftaten zuständigen Staatsschutz des Berliner Landeskriminalamtes sind rund 300 Fälle nicht bearbeitet worden. Die Polizei ermittelt wegen Strafvereitelung im Amt in den eigenen Reihen, wie eine Polizeisprecherin am Donnerstag auf Anfrage mitteilte. Zuvor hatte die "B.Z" berichtet. Im Fokus stehen der frühere Kommissariatsleiter und ein Sachbearbeiter der Abteilung, die für rechte Straftaten zuständig ist. ...
https://www.n-tv.de/regionales/berlin-und-brandenburg/Rechte-Straftaten-unbearbeitet-Ermittlung-gegen-Polizisten-article24553079.html


QuoteUlrich Hartmann

Den religiösen Nationalismus mancher Reichsbürger und insbesondere ihrer US-amerikanischen Ideengeber als "christlichen Fundamentalismus" zu bezeichnen, ist irreführend, denn mit den Fundamenten des christlichen Glaubens hat diese Ideologie nur noch wenig zu tun. Manche Forderungen Jesu ("die andere Wange hinhalten") werden von solchen Leuten sogar direkt abgelehnt.


QuoteZangler

@Ulrich Hartmann
Der verbindende Gedanke ist: Es gebe eine (oder mehrere) mächtige (Vater-)Figur, deren Willen nur die Eingeweihten/Auserwählten erkennen könnten und die diese dann für ihr Wohlverhalten belohne.
Die Inhalte dieses geheimen Wissens erscheinen von außen oft ziemlich willkürlich; Ihre Deutung der Lehre Jesu ist nicht die einzige, die das Christentum hervorgebracht hat.

Das Abgleiten in Verschwörungstheorien droht m.E. jeder Religion und Philosophie, wenn es an Demut fehlt. Darum lohnt es sich so sehr, Popper zu lesen: Wir können keine Hypothesen verifizieren!

[Der Falsifikationismus ist die ursprünglich von Karl R. Popper entwickelte Wissenschaftstheorie des Kritischen Rationalismus. Er schlägt mit dem Abgrenzungskriterium der Falsifizierbarkeit und der Methode der Falsifikation Lösungen zum Abgrenzungsproblem und zum Induktionsproblem vor, das heißt zu den Fragen, wo die Grenzen der empirischen Forschung liegen und welche Methoden sie anwenden sollte. ... Eine Theorie kann nach Popper nur dann empirisch sein, wenn es möglich ist, dass ihr Beobachtungssätze widersprechen. Dies aber ist nur möglich, wenn sie ausschließt, dass bestimmte beobachtbare Sachverhalte stattfinden werden. Eine Theorie mit dieser Eigenschaft ist falsifizierbar:

    Ein empirisch-wissenschaftliches System muss an der Erfahrung scheitern können. (Logik der Forschung, kurz LdF, 17).   https://de.wikipedia.org/wiki/Falsifikationismus]


...

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#131
Quote[...] Nach mehr als 170 Verhandlungstagen hat das Stuttgarter Oberlandesgericht den Rädelsführer einer rechtsextremen Terrorgruppe am Donnerstag zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt.

Der aus der Nähe von Augsburg stammende Werner S., nach dem die ,,Gruppe S." auch benannt ist, muss sechs Jahre ins Gefängnis, weil er nach Überzeugung des Gerichts eine Terrorgruppe gegründet hatte. Die Bundesanwaltschaft hatte in ihrem Plädoyer eine Haftstrafe von sieben Jahren gefordert, die Verteidigung hatte auf einen Freispruch plädiert. Neben S. waren zehn weitere Mitglieder oder Unterstützer der Gruppe angeklagt. Sie wurden ebenfalls zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt, teils auf Bewährung. Ein Angeklagter wurde freigesprochen.

Die Vertreterin der Bundesanwaltschaft hatte vor Gericht gesagt, Mitglieder der Gruppe hätten die Übernahme der Bundesrepublik Deutschland durch Flüchtlinge gefürchtet und dagegen in den Kampf ziehen wollen.

Den Männern wird vorgeworfen, eine Terrorzelle gegründet zu haben. Sie wollten demnach mit Anschlägen gegen Moscheen einen Bürgerkrieg in Deutschland provozieren. Ein Verteidiger hingegen nannte die Gruppe eine ,,Ansammlung Sprüche klopfender Wichtigtuer".

Das streng gesicherte Verfahren wurde aufgrund des Umfangs und der Corona-Pandemie in die Länge gezogen. Einer der Verdächtigen war bereits vor Anklageerhebung in Untersuchungshaft gestorben. Einer der Angeklagten aus Bayern war überraschend während des Prozesses gestorben. Der Mann war nach Angaben des Oberlandesgerichts auf der Heimfahrt von einer Verhandlung im Stammheimer Hochsicherheitstrakt kurz vor seiner Wohnung tot zusammengebrochen. (dpa)


Aus: "Elf Männer angeklagt: Sechs Jahre Haft für Rädelsführer in Terrorprozess um ,,Gruppe S."" (30.11.2023)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/elf-manner-angeklagt-sechs-jahre-haft-fur-radelsfuhrer-in-terrorprozess-um-gruppe-s-10860622.html

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Quote[...] Sie sahen sich berufen, ein neues Deutschland zu schaffen, sammelten Waffen, gründeten Kompanien und wollten den Bundestag stürmen: Ein Netzwerk um Heinrich XIII. Prinz Reuß glaubte, es werde beim Sturz des Staates und dem Aufbau einer neuen Ordnung eine wichtige Rolle spielen. Am 7. Dezember 2022 gingen auf Weisung der Bundesanwaltschaft 3.000 Polizisten gegen zunächst 27 Verdächtige vor. Der Generalbundesanwalt sagte anschließend, die Verschwörer hätten "zumindest billigend in Kauf" genommen, dass Menschen hätten sterben können.

https://www.zeit.de/2023/19/reichsbuerger-umsturzplaene-prinz-reuss

Es war einer der größten Antiterroreinsätze in der Bundesrepublik. Trotzdem, so warnt Jan Rathje, werde das Gefahrenpotenzial dieses Milieus in der breiten Gesellschaft immer noch unterschätzt. Rathje ist Senior Researcher im Center für Monitoring, Analyse und Strategie (Cemas). Er hat eben einen neuen Report, Durch die Krise ins Reich, vorgelegt. Darin untersucht er, wie sich das Milieu der Reichsbürger und Verschwörungsideologen seit Beginn der Pandemie entwickelt hat.

Auffällig ist, dass die Sicherheitsbehörden einerseits einige Reichsbürgergruppen sehr ernst nehmen und als terroristische Vereinigungen verfolgen: neben der Gruppe um Prinz Reuß beispielsweise jene Gruppe um Elisabeth R., die Gesundheitsminister Karl Lauterbach entführen und so einen Umsturz einleiten wollte. Ihre Mitglieder stehen seit Mai in Koblenz vor Gericht. Die Zahl der Verdächtigen im Fall der Prinzen-Gruppe stieg inzwischen auf rund 70 Personen.

Andererseits werden diese Gruppen in der rechtsradikalen Szene eher verlacht. Martin Sellner aus dem Umfeld des Instituts für Staatspolitik sprach von einer "Rentner Armee Fraktion". Alice Weidel, AfD-Bundestagsfraktionsvorsitzende, nannte ihren Plan einen "Rollator-Putsch".

Wie sind Reichsbürger und Verschwörungsgläubige also einzuordnen und warum wird deren Gefährlichkeit in der breiten Öffentlichkeit oft unterschätzt, fragte sich Rathje. Seine Antwort: Begriffe wie "Reichsbürger" oder "Selbstverwalter" seien sehr lange mit "Spinnern" und "Irren" assoziiert worden. Irgendwie verrückt, aber doch nicht wirklich ernst zu nehmen. Auch der Verfassungsschutz hatte seine Aufmerksamkeit lange auf andere Gruppen am rechten Rand gerichtet.

In den Sicherheitsbehörden änderte sich das, nachdem mehrfach Polizisten bei Razzien und Festnahmen von Reichsbürgern beschossen und verletzt worden waren. In Georgensmünd in Bayern wurde 2016 ein Beamter getötet.

Der Verfassungsschutz geht heute von rund 23.000 Reichsbürgern und Selbstverwaltern aus. Sie alle zweifeln die Rechtsstaatlichkeit der Bundesrepublik an. Staatliche Amtsträger sind für sie bedrohliche Feinde. Ihre Gewalt richtet sich nicht nur gegen Polizisten und andere Vertreter des Staates. 2021 erschoss ein 50-jähriger Mann im rheinland-pfälzischen Idar-Oberstein einen Studenten, der in einer Tankstelle arbeitete. Der Student hatte den Täter aufgefordert, sich an die Maskenpflicht zu halten.

Rathje kritisiert nun, dass mit der allgemein verwendeten Kategorie "Reichsbürger und Selbstverwalter" nicht genau genug beschrieben werde, mit was für einem Milieu man es da zu tun habe. Diese Kategorie sei vielmehr eine "künstliche Abtrennung von rechts". Während der Pandemie hätten sich jedoch alte Reichsideen bis ins Querdenken-Milieu verbreitet. Rathje schlägt als neuen Begriff "verschwörungsideologischer Souveränismus" vor. Denn allen dieser Gruppen sei gemein, dass sie eine individuelle oder Volkssouveränität anstrebten und damit eine Ordnung, die sie selbst als natürlich verständen und die gegen die "herrschende gesellschaftliche und politische Ordnung" wieder hergestellt werden müsse.

Zugleich analysiert Rathje, dass dieser Souveränismus eine "extrem rechte und antisemitische Traditionslinie" habe, die älter sei als die Bundesrepublik. Er sei auf Ungleichheit ausgerichtet, etwa in "Fragen nach einer deutschen Staatsangehörigkeit". Mit der extremen Rechten teile dieses Milieu antisemitischen Narrative und revisionistische Positionen. Diese sieht Rathje auch in der Gruppe Querdenken 711 von Michael Ballweg, der seine Community beispielsweise aufgefordert habe, sich zu einem angeblich fehlenden Friedensvertrag nach dem Zweiten Weltkrieg zu informieren. Schließlich adaptierten diese Gruppen auch Verschwörungserzählungen aus der QAnon-Bewegung. Rathje weist zudem auf die engen Verbindungen hin, die diese Gruppen ins rechtsradikale und extrem rechte Milieu pflegten.


Aus: "Reichsbürger und Querdenker: Noch immer unterschätzt" Andreas Speit (05.12.2023)
Quelle: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2023-12/reichsbuerger-querdenker-rechtsextremismus-terrorismus


Link

#132
Quote...

Jan Kixmüller: Offenbart das Beisein wichtiger AfD-Funktionäre bei dem Treffen [Correctiv-Bericht: https://correctiv.org/aktuelles/neue-rechte/2024/01/10/geheimplan-remigration-vertreibung-afd-rechtsextreme-november-treffen/] den rechtsextremen Charakter der AfD nun endgültig?

Miriam Rürup: Dafür bedurfte es ganz sicher nicht dieses Treffens. Die AfD ist in drei Bundesländern – Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen – vom Verfassungsschutz bereits als in Teilen ,,gesichert rechtsextrem" eingestuft worden. Hinzu kommen mehrere Landesverbände der AfD-Jugendorganisation ,,Junge Alternative", die gleichermaßen als erwiesen rechtsextrem gelten. Die Bundespartei der AfD gilt mithin als Verdachtsfall. Insofern war an den Inhalten und auch an der Rhetorik dessen, was in Potsdam besprochen wurde, eigentlich nichts Neues ...


Aus: "Bezug zur nationalsozialistischen Vergangenheit ist offensichtlich: NS-Forscherin über die AfD, ein Verbot und drohende Wahlerfolge" (19.01.2024)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/wissen/rechtes-geheimtreffen-in-potsdam-die-afd-politik-ist-eine-bedrohung-fur-unsere-burgerinnen-und-burger-11069590.html

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Starchiefexecutive: " ... Also mal Butter bei die Fische. Was sind im Wortlaut genau die Inhalte gewesen? ..."
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Konstablerwache: " ... Kann man alles in der Correctiv-Recherche nachlesen wer was gesagt hat: https://correctiv.org/aktuelles/neue-rechte/2024/01/10/geheimplan-remigration-vertreibung-afd-rechtsextreme-november-treffen/

Vom ,,Musterstaat für 2 Millionen Leute in Afrika" bis ,,ausländischen Restaurants in Deutschland das Leben schwer machen" ..."

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Zeitumsteller: " ... ,,Wie soll man sich sonst eine Meinung bilden." ... Kurzfassung:

    * Nicht erwünschte Menschen sollen sich nicht mehr wohlfühlen, mittels Drangsalierung sollen Menschen zum auswandern bewegt werden, damit das Grundgesetz nicht direkt abgeschafft werden muss.
   
    * Wenn das mit dem Grundgesetz doch klappt, sollen die Menschen einfach abgeschoben werden, etwa in ein Lager in Nord-Afrika (das deckt sich 1:1 mit der ersten Version der ,,Endlösung", damals wollte man die nicht erwünschten Menschen nach Madagaskar verbringen. Dann hat man rausgefunden, dass die Vernichtung ,,günstiger" ist.)
   
    * ,,Nicht erwünscht" soll zunehmend ausgeweitet werden. Wir beginnen mit dem Klassiker des ,,straffälligen Flüchtlings" und erweitern das nach und nach auf Sozialdemokraten und co. ..."
    -.-
    Dogwalker: " ... Was muss eigentlich noch passieren, damit die Wähler der AfD aufwachen? Die Forderung nach Konzentrationslagern und Gaskammern? ..."
    -.-
    aadam: " ... Ich fürchte, die Wähler der AfD stehen geschlossen hinter deren Programm. Da gibt es nichts aufzuklären oder wachzurütteln. ..."

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Markus Reuter (15.01.2024): " ... Delal Amida, die sich ,,extra Lashes" für die Abschiebung geklebt hat und den ,,Final Touch" für den Flug präsentiert: ,,Meine Sonnenbrille habe ich mitgenommen, denn es soll ja sonnig werden." Aus dem Get-Ready-for-Abschiebung hat sich ein eigener Trend entwickelt ..." | https://netzpolitik.org/2024/tiktok-mit-so-viel-humor-und-sarkasmus-reagiert-tiktok-auf-die-deportationsplaene-von-afd-co/
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Kasper+Ohm sagt: 15. Januar 2024 um 11:34 Uhr: " ... Ja genau, TikTok – lasst uns noch ein bisschen Spaß haben, bevor uns der Faschismus überrollt. Sorry Leute, was ist los? ..."
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Notorisch Rhetorisch sagt: 17. Januar 2024 um 10:51 Uhr: " ... Man spielt halt ,,Entrüstung" mit Humor runter. ... Das ist Galgenhumor. ..."
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Birgit Baumann aus Berlin (17.1.2024): " ... Die Chefs der AfD-Landtagsfraktionen in den ostdeutschen Bundesländern Sachsen, Sachen-Anhalt, Thüringen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern betonen in einer gemeinsamen Erklärung, dass massenhafte Vertreibung durchaus auf dem Plan stehe. ... In dem Papier heißt es: ,,Remigration ist das Gebot der Stunde. Die Sozialmigration nach Deutschland muss beendet und rückabgewickelt werden. Dafür werden wir nach der Regierungsübernahme sorgen." Man werde ,,Recht und Gesetz anwenden", um die Grenzen zu schützen, und Deutschland vor ,,weiterer Sozialmigration bewahren". Der Prozess werde ,,Jahrzehnte brauchen". Aber: ,,Wir werden beginnen, sobald wir in Regierungsverantwortung stehen". Die Erklärung schließt mit den Worten: ,,Deutschland muss wieder deutscher werden." ..." | https://www.derstandard.at/story/3000000203531/zehntausende-deutsche-demonstrieren-nach-afd-geheimtreffen-gegen-rechtsextremismus
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" ... Die Fraktion der AfD im Brandenburger Landtag stellt sich hinter die Inhalte des rechtsextremen Geheimtreffens in Potsdam. ... Die Deportationsforderung sei ,,kein Geheimplan, sondern ein Versprechen", sagte der Vorsitzende der AfD-Fraktion im Brandenburger Landtag, Hans-Christoph Berndt, laut Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB). ..." | https://www.zeit.de/politik/deutschland/2024-01/geheimtreffen-potsdam-brandenburger-afd-fraktion

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Quote[...] Laut einem Bericht des deutschen Recherchezentrums "Correctiv" ist es im vergangenen November in einem Hotel nahe Potsdam zu einem geheimen Treffen von Rechtsextremen gekommen. Daran sollen auch hochrangige AfD-Vertreter, aber auch der Österreicher Martin Sellner teilgenommen haben, lange führende Figur der Identitären Bewegung in Österreich.

Eingeladen hatte zu der Zusammenkunft unter anderen der ehemalige Mitbesitzer der Bäckerei-Selbstbedienungs-Kette Backwerk, Hans Christian Limmer, heute einer der Eigner der Restaurant-Franchisemarke "Hans im Glück".

Eigenen Angaben zufolge hatte "Correctiv" einen Reporter undercover im Hotel, der das Treffen aus nächster Nähe beobachten konnte. Zudem konnte das Recherchezentrum mit mehreren Personen reden, die folgende Aussagen selbst mitgehört haben: Demnach hat Sellner als erster Redner ein Konzept der "Remigration" vorgestellt. Dies blieb laut Bericht den ganzen Abend über das zentrale Gesprächsthema.

Für Sellner gibt es drei Gruppen der Migration, die Deutschland verlassen sollen: Asylwerber, Ausländer mit Bleiberecht und "nicht assimilierte Staatsbürger", also auch deutsche Staatsbürger mit Migrationshintergrund. Sie könnten in ein Gebiet in Nordafrika abgeschoben werden, in einen "Musterstaat", der Platz für bis zu zwei Millionen Menschen bieten könnte. Auch jene, die sich für Geflüchtete in Deutschland einsetzen, könnten dorthin gebracht werden, so der Österreicher.

Die "nicht assimilierten Staatsbürger" sind für Sellner das "größte Problem". Wie man das umsetzen wolle, wird Sellner danach gefragt. Antwort: mit "maßgeschneiderten Gesetzen", um einen "hohen Anpassungsdruck" auf die Menschen auszuüben. Das Konzept, betont er, sei aber nicht auf die Schnelle umzusetzen, sondern es handle sich um ein "Jahrhundertprojekt".

Anwesend bei dem Treffen waren zahlreiche teils hochrangige Politiker der AfD. Die Bundestagsabgeordnete Gerrit Huy etwa soll bei dem Treffen gesagt haben, sie verfolge das vorgestellte Konzept schon länger und habe bei ihrem Parteieintritt auch ein "Remigrationskonzept mitgebracht". Roland Hartwig, einst parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Bundestagsfraktion und nun Dozent der vom Bundesvorstand aufgebauten Akademie Schwarz Rot Gold, erklärte laut Zeugenaussagen, Sellners Pläne in die Partei zu tragen.

Das ist insofern heikel für die AfD, weil die Identitäre Bewegung auf der aktuellen Unvereinbarkeitsliste der Partei steht. Wobei man dazusagen muss, dass sich Sellner Anfang 2023 offiziell aus der rechtsextremen Gruppierung zurückgezogen hat. Was aber noch brisant für die AfD ist: Sellners Vorschlag, auch deutsche Staatsbürger abzuschieben, steht im klaren Widerspruch zur offiziellen "Erklärung zum deutschen Staatsvolk und zur deutschen Identität" der AfD: "Als Rechtsstaatspartei bekennt sich die AfD vorbehaltslos zum deutschen Staatsvolk als der Summe aller Personen, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen."

Auf dieses Treffen angesprochen sagte Ulrich Siegmund, AfD-Fraktionsvorsitzender in Sachsen-Anhalt, zu "Correctiv", er sei als "Privatperson" und nicht als AfD-Abgeordneter dabei gewesen und wolle Menschen "nicht gesetzeswidrig ausweisen". Andere teilnehmende AfD-Politiker, der Bundesvorstand der Partei sowie Martin Sellner reagierten nicht auf Anfragen von "Correctiv".

Am Mittwoch erklärte die AfD schließlich, dass es sich nicht um ein Parteitreffen gehandelt habe und sich nichts an den bekannten Positionen der Partei zur Einwanderungspolitik ändere.

Hartwig habe bei dem Treffen auf Einladung nur ein Social-Media-Projekt vorgestellt, teilte die AfD zudem mit. "Weder hat er dort politische Strategien erarbeitet, noch hat er Ideen eines Herrn Sellner zur Migrationspolitik, von dessen Erscheinen er im Vorfeld keine Kenntnis hatte, 'in die Partei getragen'", hieß es weiter.

Auf Telegram schrieb Sellner, es sei "besonders bizarr", dass bei der Recherche "gar nichts rausgekommen ist und aus einer Fliege ein Elefant gemacht wird". Er spreche schon länger über Remigration, außerdem könne von einem "geheimen Treffen" keine Rede sein. Auf Anfrage der Nachrichtenagentur Reuters erklärte Sellner dann, dass seine Äußerungen sinnentstellend gekürzt worden seien. Es sei nicht um einen "geheimen Masterplan" gegangen. Es sei ihm auch nicht nur um Abschiebungen gegangen, sondern um "Hilfe vor Ort, Leitkultur und Assimilationsdruck".

Die AfD, die in Umfragen mittlerweile bei mehr als 20 Prozent Zustimmung liegt, ist vom deutschen Bundesamt für Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft worden. Die Partei hat dagegen geklagt. Mit einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts in Münster dazu wird Ende Februar gerechnet. Einzelne Landesverbände sowie die Jugendorganisation der Partei werden von Verfassungsschutzbehörden als gesichert rechtsextrem bezeichnet.

"Im Rahmen der Verdachtsfall-Bearbeitung beobachtet das Bundesamt für Verfassungsschutz die weitere Entwicklung der AfD sehr genau", sagte eine Sprecherin des Innenministeriums. "Dabei werden auch mögliche Treffen mit Akteuren aus dem rechtsextremistischen Spektrum einbezogen."

Die deutsche Innenministerin Nancy Faeser (SPD) warnte mit Blick auf das Treffen im "Stern": "Niemand sollte diese Gefahr unterschätzen." Man sehe, wie notwendig es sei, "dass der Verfassungsschutz sehr genau beobachtet, welche Kontakte es im rechtsextremistischen Spektrum gibt, wie sich Verfassungsfeinde mit AfD-Vertretern vernetzen und welche menschenverachtenden Ideologien dort propagiert werden".

Marcel Emmerich, Obmann der Grünen im Innenausschuss des Bundestags, sagte: "Die AfD agiert als Wolf im Schafspelz eines rechtsextremen Netzwerkes mit faschistischer Vertreibungsideologie." Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Katja Mast, forderte einen "Aufstand der Anständigen" zum Erhalt der Demokratie.

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann erklärte zu dem Treffen: "Wir beobachten das mit größter Sorge. Die AfD macht sich planvoll auf einen Weg, der eine große Gefahr für unser Land, unsere Freiheit, unseren Wohlstand wäre." Die Linke warnte: "Die AfD spielt eine zentrale Rolle bei rechten Bestrebungen, gewaltsam gegen Menschen und Institutionen vorzugehen." Dies sei eine ernste Bedrohung. (ksh, APA, 10.1.2024)

Dieser Artikel wurde am 10.1.2024 um 18:43 Uhr mit weiteren von der APA gelieferten Reaktionen ergänzt.



Aus: "Deutschland: AfD bei rechtem Geheimtreffen zu Plan für Abschiebung von Millionen Menschen" (10. Jänner 2024)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/3000000202490/afd-bei-rechtem-geheimtreffen-zu-einem-plan-zur-abschiebung-von-millionen-menschen

Quotebl50

Und nur zur Einordnung, wenn ich mir viele Postings hier durchlese: Da gehts nicht "nur" um straffällig gewordene Asylwerber oder so, sondern um Menschen, die sich nicht ausreichend "assimiliert" haben - was auch immer das bedeuten mag in den Augen der Rechtsradikalen. Sprich: Alle, die "nicht passen", wurscht ob Staatsbürger oder nicht, sollen ausgewiesen werden können.
Bericht von Correctiv lesen lohnt sich (macht einen aber gruseln und grauen).


QuoteLaughingJack

Also folgende wollen sie "abschieben":

- Asylanten (Status der mit Aufenthaltserlaubnis irrelevant)

- Legale aber nicht "genug" assimilierte Immigranten

- Staatsbürger mit Migrationshintergrund

- "jene, die sich für Geflüchtete in Deutschland einsetzen"


Ah eh...das von einem Verein der laut Kickl ein "interessantes und unterstützenswertes Projekt" ist mit "inhaltlicher Überschneidung" zur FPÖ.

mhm mhm mhm.


QuoteWahres Leben

Afd ist beste Wahl auch für integrierte Migranten

Klartext: Die AfD ist für integrierte Migranten die beste Wahl! Deshalb gibt es auch viele Migranten die AfD Mandatsträger sind! Correctiv versucht hier die AfD zu diffamieren! Selbst Teilnehmer dieses Hotelstammtischtreffens sprachen von: Jahrhundertprojekt und das die Gesetze eingehalten werden sollen! Und dann bleibt von der Panik nichts übrig ausser ein weiteter Versuch die Prozente der AfD zu kappen! Ich bin über 30 Jahre Flüchtlingsbetreuer und war 8 Jahre sehr aktiv in der AfD! Leider fallen an jedem Stammtisch jeder politischen Partei nach ein paar Bier sehr dumme Äusserungen!


QuoteQuemacoco

Mit Verlaub, spinnen Sie? Meinen Sie wirklich, die Ausweisung "nicht assimilierter" Migranten, ja selbst deutscher Staatsbürger, sei ein "Jahrhundertprojekt"? Das ist die unfassbarste und unmenschlichste Idee, die man seit der Wannseekonferenz gehört hat. Gegen ihre Protagonisten gehört Strafanzeige wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung gestellt!


Quotetaudorinon

Das war kein Hotelstammtisch sondern ein exklusives Treffen in dem es stundenlang um genau dieses eine Thema ging.
Die AfD diffamiert sich mit diesem Treffen und den dadurch fragwürdigen Kontakten ganz gut selbst.


QuoteTamsriwuzd

Wer unerwünscht ist, kann im Fall des Falles kurzfristig eruiert werden. Das kann jederzeit jede/n treffen. War auch im NS-Regime so. Ein Gschichtl mit Nicht-Arierin oder Sonstiges war auch dem Parteifreund schnell untergeschoben, wenn man es auf dessen Frau oder Hof abgesehen hatte, dazu gibt es recherchierte Fälle. In einem Pseudo-Rechtsstaat ist jede/r potenzielle Beute. Das kapieren diese einfachen ,,Wir-sind-das-Volk"-Leute natürlich nicht.


QuoteWallbergrep

Was soll daran falsch sein? Es sind viele Millionen illegal ins Land gekommen und bringen mittlerweile den Sozial Staat an seine völlige Belastungsgrenze. Nur weil man es mit her geschafft hat verbotener Weise sollte dies nicht mit Dauerbleiberecht belohnt werden.


QuoteDas modische Trikot

Was ist falsch daran Österreichische Staatsbürger zu deportieren nur weil sie sich für Flüchtlinge einsetzen? Das fragst du ernsthaft?


QuoteKorgan_

"sondern um Menschen, die sich nicht ausreichend "assimiliert" haben"

Ja, würde ich so verstehen... die Antifa-Aktivistin würde laut diesem Artikel wohl auch nach Nordafrika "abgeschoben" werden, selbst wenn all ihre Vorfahren Germanen gewesen wären...
... ausser sie machen wieder so etwas wie im dritten Reich mit einer Art Ariernachweis aka Ahnenpass aka Ahnentafel - aber davon hat Sellner ja nicht gesprochen


Quotecheerio miss sophie!

Noch nicht, jedenfalls.


Quote|_|_|_|o.o|_|_|_|

Was Sellner entwirft, erinnert an eine alte Idee: 1940 planten die Nationalsozialisten, vier Millionen Juden auf die Insel Madagaskar zu deportieren. Unklar ist, ob Sellner die historische Parallele im Kopf hat.

Wahrscheinlich nicht sonst wüsste er dass selbst die Nazis, die 1940 mehr Mittel und Möglichkeiten hatten als die AfD es je haben wird, schnell verstanden haben dass soetwas nur in der Theorie funktioniert.


QuoteElektroman

Dann schreiben wir das mal als Klartext:

1) Die AfD und Identitären (eine FPÖ-nahe Organisation) wollen einen Haufen Leute deportieren, ungeachtet ob sie einen Aufenthaltstitel haben oder sogar staatsbürger sind.

Ich glaub man muss gar nicht erwähnen gegen wieviele Gesetze und Verfassungsartikel das verstoßen würde.

2) Als Ziel soll ein Musterstaat in Nordafrika errichtet werden. Da der laut den Anwesenden nicht besteht heißt das dass Europa Land kolonialisieren soll.

Also definitiv ein Völkerrechtsverstoß inklusive Bewaffneter Invasion.

Das ganze hört sich auch noch wie der Vorschlag aus der NS-Zeit an 4 Mio europäische Juden nach Madagaskar zu "übersiedeln". Natürlich unter Naziaufsicht, versteht sich.

Manche Menschen sind wirklich das aller Letzte.


Quotelindnera

Ich kann denen da gar keinen Vorwurf machen.

Umgekehrt könnte ich nämlich einem Umzug der ganzen Denkauffalligen nach Russland zum Beispiel einiges abgewinnen.
Im Gegensatz zu deren Plan gingen da auch kaum Schlüsselarbeitskräfte verloren und freien Wohnraum gibt's dort aktuell auch zur genüge.
Vielleicht starten wir mit meiner Idee und schauen wie's läuft?!


QuoteKritik der reinen Vernunft

Hans Christian Limmer......

(Mit) Gründer und ehemaliger (Mit) Besitzer von Backwerk, einem Franchiseunternehmen, dass auf die Selbstausbeutung der Betreiber setzt, die entweder Großteils selbst Migrationshintergrung haben(hatten), oder aus Lohndumping Mitarbeiter mit Migrationshintergrund beschäftigt haben(müssen)
Dieser Hans Christian Limmer, der sich in dieser Ägide immer als Saubermann präsentiert hat, dessen Unternehmen aber ausgesprochen wenig mit seriösem Geschäftsbetrieb zu tun hatte. Passt ins Bild.


QuoteTheGhostInTheMachine

Ich habe schon vor einigen Jahren mit einem Verwandten

der bekennender FPÖ-Wähler (und mittlerweile Coronaleugner, Russlandfreund usw) ist, diskutiert, was denn in Österreich besser wäre, würden wir alle Ausländer ausweisen. Da kamen dann Fantasiegeschichten von null Kriminalität, keinen Schulden und Vollbeschäftigung. Auf Rückfragen, dass es auch kriminelle Ur-Österreicher gibt, die Jobs, die Ausländer gemacht haben, nicht schlagartig mit Inländern besetzt werden und die Staatsschulden gar nichts mit der Versorgung von Flüchtlingen zu tun haben, geht er nie ein. Alle Probleme der Welt ---> eine Lösung. Und ich sei ja auch "einer von denen", weil ich mal in einem großen Konzern gearbeitet habe, der ja sicher "den Rothschilds und Bilderbergern" gehört. Ein Krampf.


QuoteVo drend a heub

Correctiv wird unter anderem von der Bundesregierung finanziert

Im Bayerischen Rundfunk wurde gerade gesagt, dass beim Treffen auch 2 Frauen von der CDU anwesende waren, aber ob die noch in der Partei sind, weiß man nicht. ...


QuoteIsogamoiso

Correctiv ist gemeinnützig und wird unter anderem von Google, der Deutschen Telekom usw. unterstützt. CDU ist nicht ganz korrekt, es handelt sich um den Verein "WerteUnion", der von 70 Mitgliedern der CDU gegründet wurde. Die WerteUnion zählt nicht zu den offiziellen Parteigliederungen der Union.


QuoteStillerry

So fängt es an. Zuerst ging es angeblich eh nur um die straffälligen Illegalen, dann um die straffälligen Asylwerber, dann um zu viele Asylwerber und jetzt gehts schon um alle Ausländer die nicht gut genug integriert sind.

Die Grenzen werden immer weiter verschoben und wer glaubt, dass er sicher ist vor diesen Wahnsinnigen, der wird sich noch wundern was alles möglich ist, wenn der Dammbruch erfolgt ist.


Quoterunas /user:public\ivan

Der Sellner ist schon einen Schritt weiter: "Auch jene, die sich für Geflüchtete in Deutschland einsetzen, könnten dorthin gebracht werden, so der Österreicher."


QuoteRolmander

Dazu auch sehr interessant dazu.

Die wichtigsten Antworten zum "Tag X"-Netzwerk und seinen Feindeslisten
https://www.derstandard.at/story/2000100322575/die-wichtigsten-antworten-zum-tag-x-netzwerk-und-seinen-feindeslisten

Waffen für den Tag X? Seit 2019 wurden 20 Waffenlager ausgehoben
https://www.derstandard.at/story/2000131054363/waffen-fuer-den-tag-x-seit-2019-wurden-20-waffenlager

Die waren sogar bei uns
Mitglieder von "Tag X"-Netzwerk waren in Österreich zum Schießen
https://www.derstandard.at/story/2000100056406/mitglieder-von-tag-x-netzwerk-waren-in-oesterreich-zum-schiessen


QuoteProblem?

Aber das es einer Lösung bedarf wird ja wohl jedem klar sein?

Wenn unendlich Menschen zu uns strömen werden wird es nicht besser werden.


QuoteCCAA

Das Problem siehst du jeden Morgen im Spiegel, zumindest falls dieser bei dir in Russland noch nicht vereist ist.


Quotead vocem

"Auf dieses Treffen angesprochen sagte Ulrich Siegmund, AfD-Fraktionsvorsitzender in Sachsen-Anhalt, zu "Correctiv", er sei als "Privatperson" und nicht als AfD-Abgeordneter dabei gewesen und wolle Menschen "nicht gesetzeswidrig ausweisen"."

Als gewählter Mandatar ist man NICHT "privat", wenn man an einem verschwörerischen Vernetzungstreffen von Rechtsextremisten teilnimmt.

Und genau dort wurde ja offensichtlich ausgibig diskutiert, wie man die gesetzliche Grundlage für diese Massendeportationen schaffen könnte, damit eben nix "gesetzeswidrig" wäre. Weil für einen guten Nazi natürlich schon auch alles seine Ordnung haben muss.

Ich erinnere an die Wannseekonferenz - dort wurde alles auf Basis des existierenden nationalsozialistischen Rechtssystems diskutiert und beschlossen.


QuoteheadFlamingo

Anderer Vorschlag: Wir suchen dem Sellner und seinen Freunden ein paar zusammenhängende Täler, bauen eine Mauer drum herum und dann können sie dort den ganzen Tag lang Schuhplatteln und Scheitelknien und sich gegenseitig beweihräuchern.

Problem gelöst, alle zufrieden.


Quotedj_bee

Das müsste halt schon ein sehr großes Tal sein.


QuoteBergFreiGeist

...und seeehr abgelegen, so eine Art Lost World.


Quotedj_bee

Auf eine Müllinsel irgendwo auf dem Ozean


...

https://www.tagesspiegel.de/berlin/treffen-von-afd-und-identitaren-in-potsdam-verfassungsschutz-verfolgt-berichte--burgerkette-und-miteigner-trennen-sich-11030980.html

QuoteMena
11.01.24 09:41
Ergebnis einer aktuellen Online-Umfrage des Tsp: Auf die Frage: ,,Ist Ihnen die AfD zu radikal?", antworten
51%: ,,Ja, ihre Thesen sind mir zu extrem."
41%: ,,Nein, die AfD vertritt eine angemessene Politik."

41% "angemessen": Mir wird übel.


QuoteKasano
11.01.24 10:39
@Mena am 11.01.24 09:41

    Ergebnis einer aktuellen Online-Umfrage des Tsp

Na ja, beim Tsp-Forum wundert mich das nicht so richtig. Da sind die Rechten hyperaktiv.


QuoteKlausBrause
11.01.24 09:19
Liegt doch auf der Linie, die der Herr Dr. Gauland bereits im Bundestag ankündigte. als er davon sprach demokratische Politikerinnen nach Anatolien entsorgen zu wollen.
Man sollte sowas in Zukunft nicht mehr als Gesabbel eines senilen Greises abtun.
Es zeigt sich immer mehr, wie tief dieses Gedankengut zur geplanten Politik des gärigen Haufens gehört.
Sage also keiner, der heute breitbeinig "Protest" wählt, er hätte es nicht gewusst.


QuotePat7
11.01.24 10:18
@KlausBrause am 11.01.24 09:19

Und nicht nur zu deren Politik.

Deren Wähler wollen genau das.

Wer das verneint lügt sich im günstigen Fall in die Tasche oder will in Wirklichkeit die schweigende Masse in Sicherheit wiegen.
Nichts gelernt aus der Geschichte.



Quotedr_wurst
11.01.24 09:18

Nazis machen Nazisachen, aber AfD-Wähler sind zum Glück nur besorgte Bürger ...


QuoteBerlin_Marc
11.01.24 10:16
@dr_wurst am 11.01.24 09:18

Lediglich Protestwähler! ...


...

https://www.zeit.de/politik/deutschland/2024-01/potsdam-treffen-rechtsextreme-afd-parteien-reaktionen

QuoteCentifolia

Im österreichischen "Standard" gibt es genauere Infos zu dieser "Lehnitzsee-Konferenz".

https://www.derstandard.at/story/3000000202605/die-lehnitzsee-konferenz?ref=article

Ich dachte mir beim Lesen, "Lehnitzsee-Konferenz" klingt verdammt gruselig nach "Wannsee-Konferenz", und ein Leser zeigt in seinen Kommentar noch weitere Parallelen auf, die total erschreckend sind:

"Das ist sicher nur ein Zufall, dass die Konferenz im Landhaus Adlon am Lehnnitzsee abgehalten wurde, der in den benachbarten Wannsee übergeht und direkter Nachbar ist. Es ist sicher auch nur ein Zufall, dass das Landhaus Adlon beinahe genauso aussieht, wie die unweit entfernte Villa, in der die die Nazis die Vernichtung der Juden beschlossen haben (siehe Bilder im Internet). Es ist sicher ein weiterer Zufall, dass die Nazis zeitweise über die Deportation der deutschen Juden nach Madagaskar nachdachten und diese Typen über eine Deportation nach Nordafrika. Wieviel braucht es eigentlich noch, dass dieser unsägliche Sellner wegen Wiederbetätigung angeklagt wird?"


Quoteberlinerin73

Zur Erinnerung: Ab Herbst 1941 bekamen Juden in Deutschland Briefe, in denen ihre "Abwanderung" und "Umsiedlung" angeordnet wurde. Sie sollten Gepäck mitnehmen und Proviant für drei Tage.

Die ersten kamen noch in Ghettos. Als die überfüllt waren, wissen wir alle, was der nächste Schritt war.
Und wir wissen, dass es kein Territorium in Afrika gibt, wo Deutschland mal eben Millionen Menschen hinbringen kann ... und die Teilnehmer dieses Meetings wissen das auch.


QuoteTonk

Sicher auch Zufall, dass Martin Sellner aus Österreich stammt.


Quotearchi_curious

Es gibt immer noch Politiker in der AfD, die behaupten, nicht rechtsextrem zu sein. ...


QuoteGrumgully

Von der AfD zu erwarten, sich ehrlich zu machen, ist wohl zu viel verlangt.

Ich erwarte allerdings von der CDU/CSU, jetzt klar Farbe zu bekennen für unsere Verfassung und die freiheitlich-demokratische Grundordnung, indem sie Sympathisanten der Blauen in ihren Reihen, inklusive der Mitglieder der sogenannten "Werteunion" (Gelächter!) systematisch aus der Partei ausschließt. Und ihren Vorsitzenden Friedrich Merz dazu ermahnt, nicht zum neuen Franz von Papen zu werden.


QuoteClimateJustice

Haben einige Politiker etwa nicht wahrgenommen, was sonst so los ist in der AfD?

"Höcke will den Bürgerkrieg"

"AfD-Vorstand posiert vor Wolfsschanze – mit Hand am Herz"

"Reise einiger AfD-Mitglieder zum Geburtshaus von Hitler"

"Staatsanwaltschaft: Nazi-Devotionalien und antisemitische Schriften bei AfD-Politiker entdeckt"

"AfD-Abgeordneter verschickt [...] Hitler-Bilder und Hakenkreuzfotos"

"AfD-Mann wirbt mit strafbarer Nazi-Parole"

"Er [...] beklagt die 'Herstellung von Mischvölkern' [...].  Und dann erklärt er 'hiermit diesen Schuldkult für beendet, für endgültig beendet'."

"Grauf: 'Ich wünsche mir so sehr einen Bürgerkrieg und Millione Tote. [...] Ich will auf Leichen pissen und auf Gräbern tanzen. SIEG HEIL!'"

"AfD-Abgeordnete führte Terrorverdächtige durch den Bundestag" (mehrere AfDler an Terrorzelle beteiligt)

"AfD wählt Terrorverdächtigen in Fachausschuss zu 'Innerer Sicherheit'"

"Terrorverdächtiger arbeitet für AfD-Bundestagsabgeordneten"

"Verständnis für Rechtsterrorist" (77 Tote)

"Wie der enttarnte BND-Doppelagent soll auch er AfD-Sympathisant sein."

Etc. pp.

...


QuoteSüdsee

Jetzt wird langsam klar zu was (zumindest) Teile der AFD fähig sind, bzw. was sie vorhaben. ...


QuoteCommonale

Sollen doch mal testweise alle Menschen mit Migrationshintergrund auch nur für einen Tag in Deutschland die Arbeit niederlegen.  ...


QuoteDarth Nihilus

Wir sind immer noch und zu oft zu naiv:

Aus: ,,Die Dummheit der Demokratie", 1935, Joseph Goebbels:

,,Das wird immer einer der besten Witze der Demokratie bleiben, dass sie ihren Todfeinden die Mittel selber stellte, durch die sie vernichtet wurde. Die verfolgten Führer der NSDAP traten als Abgeordnete in den Genuss der Immunität, der Diäten und der Freifahrkarte. Dadurch waren sie vor dem polizeilichen Zugriff gesichert, durften sich mehr zu sagen erlauben als gewöhnliche Staatsbürger und ließen sich außerdem die Kosten ihrer Tätigkeit vom Feinde bezahlen. Aus der demokratischen Dummheit ließ sich vortrefflich Kapital schlagen."

https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/izpb/weimarer-republik-346/332906/zerstoerung-der-demokratie-1930-1933/

...


QuoteDogwalker


Baum hat schon recht- die alten Nazis sind wieder zurück.
https://de.wikipedia.org/wiki/Gerhart_Baum

Problematisch, dass sie sich wachsenden Zustimmungwerten erfreuen.

Nicht auszuschließen, dass wir im Herbst zum ersten Mal einen aktiven Faschisten und Neonazi als Ministerpräsidenten haben.

Politische Intelligenz und Verantwortung sind in wachsenden Teilen der Bevölkerung auf dem Rückzug.


...

Quote" ... Erst im Dezember 2023 hatte er beim als rechtsextrem geltenden Magazin Compact eine ganze Serie von Videos an den Start gebracht, in denen er den Inhalt seines Buches ,,Regime Change von rechts" erläuterte. Er betonte dort stets, dass er nur Remigrationsmaßnahmen befürworte, die sich im Rahmen des Grundgesetzes bewegen. ... Was [Sellner] ausdrücklich bestätigt, ist die Tatsache, dass er ,,nicht assimilierte Staatsbürger" durch einen erheblichen ,,Anpassungsdruck" dazu bewegen will, von selbst das Land zu verlassen. ... Auf diese Videos wird Sellner nach Veröffentlichung der Recherchen von Correctiv auch in seinem Telegram-Kanal Bezug nehmen und bestreiten, am Wannsee die ,,Abschiebung von Staatsbürgern" gefordert zu haben. Eines aber könnte man annehmen: Dass Sellner im Interesse der Unangreifbarkeit und daher bloß aus taktischen Gründen auf das Grundgesetz Bezug nimmt. Und dass er, falls die AfD einmal die Macht errungen haben sollte, seine Hemmungen fallen lassen und ganz andere Maßnahmen vorschlagen würde. Und das könnte auch wirklich so sein. Aber es bleibt eine Mutmaßung, und als eine solche sollte man sie dann auch kennzeichnen. ...  Für sie spricht ein Video, das Sellner noch am selben Abend auf der Plattform Rumble verbreitet. Er hat sich in den letzten Jahren zu einem regelrechten Internet-Aktivisten gemausert und beherrscht das Medium perfekt. In einem einstündigen Livestream nimmt er – aus seiner Sicht – die Correctiv-Recherchen auseinander. Er bezeichnet es dort als ,,pure Lüge", dass die Staatsbürgerschaft nach ,,ethnischen" Kriterien vergeben werden solle oder er ,,alle Migranten" loswerden wolle. Es ginge vielmehr bloß um jene, die dem Land nichts bringen oder kriminell werden. Selbstverständlich sei für ihn, dass Staatsbürger sei, ,,wer die Staatsbürgerschaft hat".

Was er aber ausdrücklich bestätigt, ist die Tatsache, dass er ,,nicht assimilierte Staatsbürger" durch einen erheblichen ,,Anpassungsdruck" dazu bewegen will, von selbst das Land zu verlassen. Die Logik dahinter: Da es sich um Staatsbürger handelt, darf man sie rechtlich nicht diskriminieren. Aber man darf ihnen das Leben schon ein wenig schwer machen.

Mit dem Geist des Grundgesetzes allerdings verträgt sich das nicht.  ... "


Aus: "Der Wannsee-Scoop, der keiner ist" MATHIAS BRODKORB (11. Januar 2024)
Quelle: https://www.cicero.de/innenpolitik/correctiv-recherchen-uber-den-wannsee-scoop

...

QuoteFistrolt

Wo ist für diese Leute eigentlich die Grenze? Ab wann ist man kein Migrant mehr? Wenn die Vorfahren vor 100 Jahren nach D kamen? Vor 200? Vor 1000? Vor 3000? Oder gar vor 10000? Und die, die damals kamen, welcher reinen Abstammung sollen die sein? Die gibt es nicht! Wir sind nun mal alle einfach nur Menschen.


QuoteWissenIstMacht888

"Wo ist für diese Leute eigentlich die Grenze?"

So wie es dem Autokraten und seinen Schergen gerade passt. Es geht um Willkür. That's the name of the game.


QuoteCoCo Mentarii

Das kann man so pauschal natürlich nicht sagen.
Es obliegt der Willkür des zuständigen Entscheiders. So einfach ist das.


QuoteLongReader

Ich denke, dass wir uns auf unser Rechtssystem verlassen können. Was da unter rechtsextremen Spinnern insgeheim zusammengesponnen wird, ist mit noch so kruder Rechtsbeugung nicht umsetzbar, weil verfassungswidrig und durch die Ewigkeitsklausel geschützt. Daher wird die AfD sich dazu auch nicht bekennen. Allerdings besteht in Gebäuden Versammlungsfreiheit. Ob gegen dort Geäußertes rechtlich vorgegangen werden kann, müssen die Strafverfolgungsbehörden wissen und gegebenenfalls entsprechend aktiv werden. Dummheit ist aber nicht strafbar.


QuoteUwe Ku
Antwort auf @LongReader

Den Rechten ist die Verfassung egal. Wenn sie an die Regierung und die Macht kommen, setzen sie das Grundgesetz außer Kraft, das sagen doch schon einige von denen ganz offen.


https://www.zeit.de/zett/politik/2024-01/rechtsextreme-afd-migranten-abschiebungen

...

Quote[...] Nach Enthüllungen über die AfD ist es fast schon ein Ritual: Während die einen die Brisanz neuer Recherchen leugnen und die anderen aufgeregt sind, gibt es immer auch noch eine dritte Gruppe, die erklärt, dass man all das längst schon hätte wissen können. So auch diesmal.

... Und während bei Linken die Social-Media-Timelines explodierten, die Rechten dementierten und relativierten und Unternehmen wie die Restaurantkette Hans im Glück erste Konsequenzen zogen, meldete sich auch die besagte dritte Gruppe.

David Begrich, bei Miteinander e. V. in Magdeburg einer der wichtigsten Experten für die extreme Rechte besonders in Ostdeutschland, schrieb: ,,Geheimplan? Lest die Bücher, die Konzepte, die Reden aus dem rechtsintellektuellen Umfeld der AfD! Liegt alles offen zutage!" Zur AfD wie zu vielen anderen rechten Phänomenen waren es in der Tat zivilgesellschaftliche Akteure wie Begrich, die die frühesten und informiertesten Warnungen aussprachen.

Axel Steier, Mitbegründer von Mission Lifeline, postete das Bild eines Spiegel-Titels vom letzten November, auf dem Olaf Scholz zitiert wird (,,Wir müssen endlich im großen Stil abschieben"), versehen mit der Frage: ,,Wo ist jetzt der Unterschied zwischen dem und den Leuten beim Nazi-Meeting?"

Der Rechtsextremist Martin Sellner selbst hingegen nahm am Tag der Veröffentlichung die Gelegenheit wahr, zu seinen Fans zu predigen. Auch er erklärte – in ganz anderer Absicht als Begrich und Steier –, dass an der Idee der ,,Remigration", wie die Rechten die massenhaften Vertreibungen nennen, nichts neu und diese auch nicht von Äußerungen bürgerlicher Parteien entfernt sei. Die AfD postete einen Link zur Bild: ,,Warum bekam dieser Oma-Abzocker einen deutschen Pass?" Das sollte wohl als Beleg dafür dienen, dass die Idee der Ausbürgerung normal und verbreitet sei.

Tatsächlich ist der Ruf nach einer sogenannten Remigration nicht das erste Mal laut geworden. Mehrfach sprachen AfD-Abgeordnete im Bundestag davon. Björn Höcke, der Landesvorsitzende der AfD in Thüringen, forderte sie bereits 2018 in seinem Buch.

Alles bekannt also. Heißt das, dass wir gelassen bleiben können? Nein, das Gegenteil ist der Fall. Der Rechtsextremismus der AfD ist zwar ein permanenter Skandal, aber er ist keiner, an den wir uns gewöhnen dürfen. Auch wenn es erst eine weitere aufsehenerregende Recherche dafür brauchte: Es muss sich der AfD weiterhin und jetzt erst recht entgegengestellt werden. Weiter noch: Die Partei sollte verboten werden.

Der Hinweis, dass auch Parteien wie CDU, SPD und die Grünen mehr Abschiebungen fordern, darf davon nicht ablenken. Deren Versuch, sich mit solchen Positionen bei Anhänger*innen des Rechtspopulismus anzubiedern, die Ressentiments der Menschen zu aktivieren und deren Ängste in Richtung der Migrant*innen zu kanalisieren, ist dumm und falsch. Gleichwohl: Die AfD ist noch gefährlicher.

Es gibt diesen Unterschied. Ein Beleg dafür zeigte sich auch in der Recherche von Correctiv: Die Rechtsextremen wollen massenhaft ausbürgern, auch politische Gegner*innen abschieben, wünschen sich einen ethnisch homogenen Staat. Das ist völkischer Rassismus. Gleichzeitig droht diese Partei in Thüringen, in Sachsen und in Brandenburg stärkste Kraft zu werden und stellt in Pirna schon mal einen Bürgermeister.

Während nun Expert*innen und Fachjournalist*innen seit Jahren warnen, gibt es eine bedrückende Diskrepanz zwischen ihrer politischen Analyse und der Realität des gesellschaftlichen Umgangs mit der AfD. Die Rechten arbeiten weiterhin als Polizist*innen, sitzen als Schöffen auf der Richterbank oder besetzen bei der Bundeswehr sogar sicherheitsrelevante Führungspositionen. Die AfD sei ja nicht verboten, heißt es dann, sie sei, anders als die drei Landesverbände Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen, als Bundespartei ja nicht als ,,gesichert rechtsextrem" eingestuft. Viele Medien laden AfD-Politiker*innen weiterhin als Gesprächspartner*innen ein.

All das muss sich ändern. Durch ein Verbot, aber nicht nur. Längst wäre eine konsequent antifaschistische Haltung auch niedrigschwelliger möglich. Das Deutsche Institut für Menschenrechte, das für die Vereinten Nationen die Menschenrechtslage in Deutschland beobachtet, hat im Sommer 2023 eine Analyse vorgelegt: Die Voraussetzungen für ein Verbot der AfD lägen vor. Und die rassistische, national-völkische Ausrichtung, die aus Sicht des Instituts in der Gesamtpartei verankert ist, begründe beispielsweise für Staatsbedienstete eine Entlassung vorbehaltlich einer Einzelfallprüfung, und das bereits heute und auch ohne Verbot. Für Sympathisant*innen, die AfD-Positionen vertreten, seien bereits heute Disziplinarmaßnahmen möglich.

Diese Empfehlungen hätten längst ernst genommen werden müssen. Es ist Zeit, sie endlich umzusetzen. Antifaschistische Initiativen und Beratungsprojekte müssen gestärkt und finanziert werden. Regen wir uns auf. Bekämpfen wir die Rechten. Auf allen Ebenen.


Aus: "Enthüllungen über AfD-Geheimtreffen: Der Dauerskandal" Kommentar von Jean-Philipp Baeck (13.1.2024)
Quelle: https://taz.de/Enthuellungen-ueber-AfD-Geheimtreffen/!5982734/

Quotetomás zerolo

Ich würde einen Schritt weiter gehen: solange manche Parteien die AfD und ihre Themen als strategisches Werkzeug missbrauchen werden sie die AfD (und letztlich nur die) stärken.

Ich stelle mal folgende Hypothese auf: die AfD wäre nicht da, wo sie jetzt ist, hätte nicht Schäuble 2015 von "Migrantenflut", hätte Seehofer (immehin Innenminister) von letzten Patronen und Migration als "Mutter aller Probleme" gefaselt.

Ich sehe die AfD als eine Art Golem, die eines Tages den Erschaffern aus der Kontrolle entweicht. Das Entsetzen auf CDU-Seite kaufe ich nur einigen wenigen Ausnahmemenschen ab.


...

Link

Quote[...] In einer Diskussion beim Dachauer Symposium für Zeitgeschichte streiten Historiker über den Umgang mit Nazis, die behaupten, keine zu sein.

Das öffentliche Bewusstsein hat sich verändert. Als Beispiel dafür zitierte Markus Linden von der Universität Trier in seinem Vortrag beim Dachauer Symposium für Zeitgeschichte einen Satz des Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke, den dieser im September 2023 bei einer Kundgebung gesagt haben soll: "Wir haben die braune Diktatur überlebt, die rote Diktatur überlebt, wir werden auch die bunte Diktatur überleben." Während die Bezeichnung der NS-Zeit als "Vogelschiss" der tausendjährigen deutschen Geschichte des heutigen AfD-Ehrenvorsitzenden Alexander Gauland 2018 oder Höckes "Denkmal der Schande" für das Berliner Holocaust-Mahnmal noch bundesweite Empörung ausgelöst hätten, sei es um die "bunte Diktatur" weitgehend ruhig geblieben. Auch nehme die Öffentlichkeit kaum zur Kenntnis, wenn der AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl, Maximilian Krah, pauschal erkläre: "Unsere Vorfahren waren keine Verbrecher." Für Linden ist klar: "Geschichtsrevisionismus ist für diese Partei ein andauernd bespieltes Politikfeld."

Bereits in seinem Einführungsreferat hatte Jens-Christian Wagner betont, dass Rechte heute den Vorwurf, Nazis zu sein, meist energisch zurückweisen. "Höcke und Konsorten leugnen den Nationalsozialismus nicht, sie versuchen ihn aber kleinzureden," sagte er. So ist laut Linden in Kreisen der Partei die Rede von "Schuldexhibitionismus", wenn der deutsche Bundespräsident in Warschau einen Kranz für die Opfer des Ghettos niederlegt. Der rheinland-pfälzische AfD-Politiker und Historiker Stefan Scheil hat sich Linden zufolge sogar zur Behauptung verstiegen, dass es in seinem Bundesland zu wenige KZs gebe, weswegen man neue baue, um Schulklassen durchzuführen.

Man mag dies für kompletten Blödsinn halten, aber der Historiker und Publizist Volker Weiß sagte, die Leute wüssten genau, was sie redeten. Er sieht es als "eine Strategie der Zerstörung von Sinnzusammenhängen". In seinen Augen steckt in solchen Erzählungen durchaus eine Gefahr für die Demokratie: "Die verstehen sehr präzise auf dem semantischen Feld zu argumentieren." Als Beispiel hatte Weiß zu Beginn seines Vortrags ein Video mit einer Rede des rechten Verlegers Götz Kubitschek gezeigt, in dem dieser sagt: "In Deutschland tobt ein geistiger Bürgerkrieg. Lasst uns diesen Krieg führen."

Weiß sieht einen Bild-Bruch in den Geschichtsumdeutungen der Neuen Rechten: Einerseits sehe man sich als Vollender der Wende der DDR, andererseits werde der untergegangene zweite deutsche Staat gelobt, weil dort "noch Ordnung herrschte und die Grenzen sicher waren". Weiß nennt das "antikommunistische Ostblocknostalgie", die seiner Meinung nach der Putin-Argumentation sehr ähnlich sieht, mit der dieser den Überfall auf die Ukraine rechtfertigte.

Weil der Referent Mark Fielitz, der über digitale Parallelwelt referiert hätte, kurzfristig wegen Krankheit absagen musste, konnte anschließend über die Vorträge von Weiß und Linden ausgiebig diskutiert werden. Um Geschichtsrevisionismus ging es dabei nur am Rande. Auf einen Einwurf aus dem Publikum ging Linden auf die Frage ein, wo Konservative rechtspopulistisch mitmachten? Für ihn war etwa das bei Aiwangers Aussage, dass die Leute die "Demokratie zurückholen" müssten, der Fall. Ebenso, dass der bei den Grünen ausgetretene Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer in Budapest im weit rechten Corvinus-Collegium auftrat. Oder wenn der frühere Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen (noch CDU) die Ex-Kanzlerin Angela Merkel als "Deutschland usurpierenden Maulwurf" bezeichnete.

Weiß nannte es in der Diskussion fatal, wenn man auf Kubitschek hereinfällt, der sich selbst als konservativ bezeichnet. "Der ist Faschist." Hier hakt auch Linden ein: "Kubitschek oder Krah, das ist reiner Rechtsextremismus." Justus Ulbricht, der am zweiten Tag über rechte Medien referierte, beklagte in der Diskussion, dass sich die Politik in den letzten Jahren verändert habe: "Die AfD-Ergebnisse haben wir nicht erwartet." Widerspruch kommt von Cornelia Siebeck von der Hamburger Gedenkstätte Neuengamme. Sie meint, dass spätestens mit dem Einzug der AfD in den Bundestag damit zu rechnen gewesen sei. Eine Teilnehmerin will wissen, wie man die Unionsparteien und die FDP dafür sensibilisieren könne, dass sie merken, wie sie mit vielen Aussagen die AfD stärken. Das wüssten die doch genau, sagte Volker Weiß und erinnerte daran, dass CSU-Landesgruppenvorsitzender Alexander Dobrindt vor fünf Jahren eine "konservative Revolution" gefordert habe. Für Weiß ist auf jeden Fall eines klar: "Agitatoren und Publikum machen sich gegenseitig abhängig voneinander."


Aus: "Nationalsozialismus: Der geistige Bürgerkrieg" Walter Gierlich, Dachau (15. Oktober 2023)
Quelle: https://www.sueddeutsche.de/muenchen/dachau/dachauer-symposium-zeitgeschichte-nationalsozialismus-1.6288101


Link

Quote[...] Seit Sommer 2023 ist die Alternative für Deutschland (AfD) in Wahlumfragen bundesweit die zweitstärkste Partei, im ARD-Deutschlandtrend liegt sie im Januar 2024 bei 22 Prozent. Experten sehen in der Kommunikationsstrategie der AfD einen der wichtigsten Gründe für den Erfolg der Partei. Wie kommuniziert die AfD? Ein Überblick.

,,Faktisch hat die AfD eine neuartige Form der Propaganda in der deutschen Politik etabliert", schreibt der Politik- und Kommunikationsberater Johannes Hillje bereits 2017 in den ,,Blättern für deutsche und internationale Politik". Die ,,Propaganda 4.0", wie Hillje sie nennt, beruht demnach auf vier Elementen:

    - Delegitimierung der etablierten journalistischen Medien

    - Aufbau und Etablierung eigener parteinaher Medienkanäle

    - Ausbildung einer kollektiven Identität beziehungsweise rechtspopulistischen Parallelgesellschaft

    - Extreme Polarisierung im öffentlichen Diskurs

In allen vier Teilbereichen lassen sich darüber hinaus zentrale Kommunikationsschemata identifizieren, rhetorische Muster, die auch von anderen rechten Akteuren genutzt werden.

Das Verhältnis der AfD zum Journalismus ist spätestens seit 2015 ambivalent. Nach Ansicht von Hillje folgt es jedoch einem klaren Kalkül: ,,Die AfD verteufelt die unabhängigen Medien als ,Systempresse', gleichzeitig braucht sie sie als Bühne für ihre Inszenierungen, Provokationen und Abgrenzungen zum politischen Feind." Für letzteres eigenen sich vor allem Formate, in denen AfD-Vertreter ihre Botschaften praktisch ungefiltert verbreiten können: (Live)-Interviews oder Auftritte in Talkshows.
Bei Medienformaten, in denen die AfD keine unmittelbare Kontrolle über die Inhalte hat, etwa bei Berichten über Parteitage, agiert die Partei restriktiv. Etwa durch den Ausschluss bestimmter Medien und/oder Journalisten. Zugleich beklagen AfD-Vertreter regelmäßig, von den klassischen Medien ausgegrenzt beziehungsweise falsch dargestellt zu werden. Damit einher geht der Versuch, etablierte Medien zu diffamieren, etwa durch Skandalisierung oder die Bezeichnung als ,,Lügenpresse". Ein Schlagwort, das bereits die Nationalsozialisten zur Diffamierung unabhängiger Medien nutzten.

Explizit richtet sich die Kritik der AfD gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Laut einem Konzept der Partei aus dem Jahr 2017 sollen ARD und ZDF aufgelöst und privatisiert werden. Für deren Programme soll dann nur bezahlen müssen, wer sie auch tatsächlich nutzt. Auf dem vom Recherchenetzwerk Correctiv bekannt gemachten Geheimtreffen von Vertretern der Neuen Rechten und der AfD im vergangenen November soll über eine Musterklage gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gesprochen worden sein.

Um volle Kontrolle über die eigenen Botschaften zu haben und unabhängig von der Berichterstattung etablierter Medien zu sein, hat die AfD inzwischen ein Netzwerk aus eigenen Kanälen in den sozialen Medien aufgebaut: Instagram, Tiktok, Twitter, Youtube, Facebook, Telegram. Sowohl die Partei, Fraktionen, wie auch Abgeordnete selbst wollen in diesen Kanälen direkt und ungefiltert mit Bürgerinnen und Bürgern kommunizieren. Im Vergleich zu den anderen Parteien, die im Bundestag vertreten sind, ist die AfD viel besser aufgestellt.
Bereits bei der vergangenen Bundestagswahl machte die AfD Wahlkampf fast ausschließlich in ihren eigenen digitalen Echoräumen. ,,Die AfD ist selbst zum Massenmedium geworden in den sozialen Medien", stellte Hillje schon damals fest. Inzwischen hat die Partei ihre Medienstrategie weiter vorangetrieben. So betreibt die AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag etwa einen eigenen Social-Media-Newsroom mit improvisiertem Fernsehstudio.
391.000 Abonnenten hat der Youtube-Kanal der AfD-Fraktion insgesamt. Zum Vergleich: Die SPD-Fraktion kommt bei Youtube auf weniger als 4000 Abonnenten, die Unionsfraktion auf knapp 5000. Mehr und mehr läuft die direkte Ansprache der AfD an die eigene Anhängerschaft allerdings nicht nur über Youtube, sondern vor allem über TikTok.

Bei der vor allem unter den 14 bis 19-Jährigen beliebten Video-App hat die AfD-Fraktion auf ebenfalls 391.000 Follower. Zum Vergleich: Die SPD-Fraktion kommt auf gerade mal 112.000 Abonnenten. Der Fokus auf Social Media verändert bei der AfD in Teilen sogar die Art und Weise, wie im Parlament gesprochen wird.
AfD-Abgeordnete schreiben ihre Reden genau so, dass es auf TikTok verwendet werden kann. Es gehe darum, ,,knackiges Material für Social Media zu produzieren", räumte der parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Bundestagsfraktion, Götz Frömming, ein.
Für die Rekrutierung neuer Anhänger ist außerdem Instagram ein wichtiges Medium, wie eine Recherche des Netzwerks Correctiv aus dem Jahr 2020 zeigte. So ist etwa die Jugendorganisation der AfD, die Junge Alternative (JA), auf Instagram aktiv.

,,Dort wird sehr viel mit gut bearbeiteten Fotos gearbeitet von jungen und attraktiven Mitgliedern der JA", berichtete Arne Steinberg, Reporter bei Correctiv, damals bei Dlf Nova und: ,,Uns hat ein Vorstandsmitglied der JA Berlin bestätigt, dass der Landesverband mittlerweile so knapp die Hälfte der Neuzugänge eben über Instagram gewinnt."

,,Wir gegen die" – dieses von Populisten überall auf der Welt genutzte Schema verwendet auch die AfD. ,,Das ist die Unterscheidung zwischen uns hier und denen dort. Alles Übrige ergibt sich aus dieser Grundgrenzziehung", erklärt der Literaturwissenschaftler Heinrich Detering. ,,Wir hier sind die Guten, die Richtigen, die immer schon da waren, die das Recht haben, sich auch aggressiv zu verteidigen. Die anderen sind grundsätzlich Bedrohung."

Die Auffüllung dieses Schemas sei erstaunlich variabel. Entscheidend sei nur, dass bei denen, die angesprochen werden, dieses nach außen hin abgeschottete Gruppengefühl erzeugt werde. Im Osten setzte die Partei von Anfang an vor allem auf Ressentiments und Affekte gegen den Westen. Brandenburg und Sachsen stellte sie dabei als das vermeintlich ,,bessere Deutschland" dar: ein angeblich unverstelltes Deutschland, in dem Heimat und Patriotismus noch zählen. Die AfD beschwor eine angeblich spezielle ostdeutsche Identität und hatte damit Erfolg.
Um ein Gemeinschaftsgefühl nach innen zu schaffen, werden die eigene Anhängerschaft und potenzielle Wähler direkt angesprochen – ,,wir", ,,unser", ,,uns" – und immer wieder äußere Feindbilder konstruiert. Die anderen, die Gegner, das sind Migranten, die Medien, die Regierung, demokratischen Parteien und zivilgesellschaftliche Gruppen wie beispielsweise Klimaaktivisten – zusammengefasst: alle, die nicht das Gesellschaftsmodell und die kulturellen Vorstellungen vertreten, wie sie in die AfD vertritt.

Letztlich zielt die Kommunikationsstrategie der AfD auf eine extreme Polarisierung des öffentlichen Diskurs. Dies gelingt unter anderem durch die konfrontative Gegenüberstellung von ,,Wir gegen die anderen". So macht die AfD etwa inzwischen ,,Klimaschutz zum Kulturkampf, indem sie die Klimapolitik als Bedrohung für den vermeintlich typisch deutschen Lebensstil an die Wand malt", erläutert Kommunikationsberater Hillje. ,,Und diesen typisch deutschen Lebensstil, den buchstabiert sie anhand von Schlagworten wie Diesel, Schnitzel, Billigflug und so weiter aus."

Dabei bedient sich die AfD zumeist keiner sachlichen Argumente, sondern oft vereinfachender affirmatorischer Behauptungen, falscher Fakten, Falschnachrichten und negativer Schlagworte mit denen provoziert und Emotionen wie Wut und Empörung aktiviert werden sollen: Die anderen Parteien wollen Deutschland zugrunde richten, die ,,Ökodiktatur" etablieren, eine ,,Umvolkung" herbeiführen, das deutsche Volk abschaffen. Ziel der Kommunikation ist nicht ein diskursiver Austausch, sondern die Delegitimierung des politischen Gegners. Dessen Existenzberechtigung wird in Zweifel gezogen und negiert.
Die AfD habe eine Botschaft, unter die sie alles packen könne, sagt der Autor und Medienberater Martin Fuchs: ,,Und die ist, die Welt ist im Wandel, die Welt ist verrückt geworden, alles verändert sich sehr schnell. Aber Du bist okay, Du musst Dich nicht ändern. Und schuld sind immer die anderen", sagt Fuchs. ,,Und darunter können sie eigentlich die großen Themen unserer Gesellschaft packen. Ob das die Klimakrise ist, die wirtschaftliche Situation in Deutschland und dann natürlich auch diese ganzen Kulturkampfthemen, in denen die AfD sehr stark anschlussfähig ist."

Bei allen Großkrisen der vergangenen Jahre –Corona, Inflation, steigende Energiepreise, Ukrainekrieg – zielte die Kommunikation der AfD darauf ab, die Verunsicherung in der Bevölkerung weiter zu schüren und in Wut und Ablehnung des demokratischen Systems und dessen Repräsentanten zu verwandeln. Es ist eine Strategie, die einer der Vordenker der Neuen Rechten, der Publizist Götz Kubitschek vom neurechten Institut für Staatspolitik, vor Jahren einmal so formuliert hat: Er spekuliere darauf, dass sich die Spaltung der Gesellschaft vertiefe, um Raum für die eigenen radikalen Ideen zu schaffen.

Eines der wichtigsten Kommunikationsschemata der AfD – wie auch anderer populistischer Parteien und Akteure – ist die kalkulierte Provokation. Durch immer neue Empörungswellen versucht die Partei mediale Aufmerksamkeit zu gewinnen und damit letztlich kostenlose Werbung. Das heißt, es werden gezielt Botschaften verbreitet, von denen man sich erhofft, dass sie zu heftigen Reaktionen im öffentlichen Diskurs führen – und diesen damit zugleich extrem polarisieren.

https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/schwarzbuch-afd-auf-relevanz-konzentrieren

Provoziert wird häufig durch sprachliche Tabubrüche, bei denen bewusst historisch belastete Begriffe verwendet werden, insbesondere aus dem nationalsozialistischen Kontext. ,,Es gibt eine bestimmte Klientel, die man damit erreichen kann. Insofern gibt es immer wieder diesen Versuch, Begriffe einzuführen oder umzudeuten, zu reaktivieren, die auch im Nationalsozialismus eine Rolle gespielt haben, und das ist in der AfD dann schon wirklich eine zentrale Linie, die man dort verfolgt", stellte Rhetorikprofessor Olaf Kramer bereits 2018 fest.
Dabei gehe es darum, die Grenzen des Sagbaren auszudehnen, bestimmte Begriffe neu zu etablieren, Sichtweisen damit zu verschieben und letztlich den politischen Diskurs zu verändern.

Die kalkulierte Provokation ist eng verknüpft mit einem weiteren eingeübten Muster rechter Rhetorik: der Täter-Opfer-Umkehr bzw. dem Versuch einer Skandal-Umkehr. Eines der jüngsten Beispiele ist die Reaktion der Partei auf die Enthüllungen des Recherchenetzwerks Corrrectiv über ein Treffen von Parteimitgliedern mit dem rechtsextremen Aktivisten Martin Sellner im November in Potsdam.

Fraktions- und Parteispitze grenzten sich nicht von dem Extremisten Sellner ab, sondern gingen zum Gegenangriff über – mit Medienschelte von oberster Stelle. Co-Parteichefin Alice Weidel nannt es einen ,,Skandal, wenn solche Machenschaften für eine Kampagne instrumentalisiert werden, die das Ziel verfolgt, privaten Meinungsaustausch zu kriminalisieren und unter Gesinnungskontrolle zu stellen."
Das Zusammenspiel von Provokation und versuchter Skandal-Umkehr nennt der Jurist und Journalist Maximilian Steinbeis das ,,rechte Sprachspiel". Man erkenne es daran, ,,dass eine Behauptung gemacht wird, die einen bestimmten Effekt provozieren soll, und wenn man sich auf diese Provokation einlässt, dann wird diese Reaktion als Angriff gewertet, der dann wiederum die Behauptung rechtfertigt. Und die Behauptung ist, ich werde hier zum Opfer gemacht einer Aggression, und anstatt zu fragen, was für eine Aggression, regt man sich dann auf über diese Behauptung. Und dann sagt er, siehst du, hier ist die Aggression, und zack, ist diese Behauptung gerechtfertigt."

Der Opfermythos sei zentral für die Rhetorik der Rechten. Für ein Verständnis rechter Kommunikationsstrategie sei dies wichtiger als die politischen Inhalte, heißt es in dem Buch von Maximilian Steinbeis, Per Leo, Daniel-Pascal Zorn: ,,Mit Rechten reden. Ein Leitfaden":

"Sie spucken und fauchen von ihrem selbstgewählten Kreuz auf uns hinab – und hoffen, dass wir zurückfauchen. Und wenn wir es tun, dann klagen und jammern und schimpfen sie so lange über diese entsetzliche Schandtat gegen ein wehrloses Opfer, bis einige Zuschauer tatsächlich Mitleid mit ihnen kriegen. So mobilisieren sie ihren Anhang. Nicht durch Programme, sondern durch Provokationen. Und Gejammer."
Maximilian Steinbeis, Per Leo, Daniel-Pascal Zorn: ,,Mit Rechten reden. Ein Leitfaden" 2017

Ein weiteres rhetorisches Muster ist die De- und Rekontextualisierung von bestimmten Themen wie etwa Migration, Klimaschutz oder Energiesicherheit. Dazu werden diese aus ihrem ursprünglichen Kontext herausgenommen und durch die Verknüpfung mit anderen politischen, sozialen oder kulturellen Themen neu verortet.
Ein Beispiel: ,,Es wird ein Zeitungsartikel zum Thema Flüchtlinge gepostet – mit dem Kommentar, man müsse sich jetzt mehr um die Arbeitslosen in Deutschland kümmern. Diese Verknüpfung greifen die Nutzer in ihren Kommentaren auf. Es entstehen Diskursstränge, es kommen weitere Themen dazu, und am Ende verselbständigt sich das", erläutert Katrin Herms, die Kommunikationsstrukturen von Rechtspopulisten untersucht hat. Am Ende werden so Feindbilder gefestigt – Flüchtlinge, die Regierung, die Globalisierung – und die kollektive Identität der eigenen Gruppe gestärkt.

Eine weitere rhetorische Strategie der AfD ist die Selbstverharmlosung. ,,Deutschland. Aber normal" lautete beispielsweise ein Slogan der AfD bei der vergangenen Bundestagswahl. Der Begriff ,,normal" solle das radikale Programm kaschieren, schreibt der Autor Michael Kraske in seinem Buch ,,Tatworte. Denn AfD & Co. meinen, was sie sagen". Zudem werden mit diesem Bild die Behauptung der AfD wiederholt, alle anderen Parteien richteten das Land zugrunde.

Gerade durch die Besetzung des Normalitätsbegriffs, versuche die AfD, Wählerstimmen in der gesellschaftlichen Mitte zu gewinnen, sagt Kommunikationsberater Hillje. Weil sie wisse, dass sie den rechten Rand mittlerweile ausmobilisiert hat.


Aus: "Kommunikation der AfDProvozieren, polarisieren, normalisieren" (21.01.2024)
Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/kommunikationsstrategien-rhetorik-afd-neue-rechte-100.html

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Quote[...] Jacob Heilbrunn ist Chefredakteur des amerikanischen Debattenmagazins ,,The National Interest". Soeben erschien sein neues Buch ,,America Last: The Right's Century-Long Romance With Foreign Dictators" (W.W.Norton).

,,Falls dieses Land jemals einen Mussolini gebraucht hat", erklärte der republikanische Senator David A. Reed im Juli 1932, ,,dann braucht es ihn jetzt." Dazu kam es nie. Stattdessen wurde Franklin D. Roosevelt zum Präsidenten gewählt, und Amerika kämpfte im Zweiten Weltkrieg an der Seite der Demokratien.

Aber wenn es nicht dazu gekommen wäre? Wenn sich die isolationistische Rechte durchgesetzt und Großbritannien ihre Hilfe verweigert hätte? Wenn Amerika, wie damals von Persönlichkeiten wie dem ehemaligen Präsidenten Herbert Hoover und Charles Lindbergh gefordert, Hitler freie Hand gegen Stalin gelassen hätte?

Dieses Szenario mag unvorstellbar erscheinen, war es aber nicht. So wie die amerikanische Linke in den 1930er Jahren Stalin bewunderte, verehrte die Rechte Hitler und Mussolini als entschlossene Führer, die ihre Länder wieder groß machten.

Heute geht es zurück in die Zukunft. Amerika steht vor der gleichen Entscheidung wie 1940: entweder die Demokratie zu unterstützen oder sich dem Faschismus zu verschreiben.

Wenn Donald Trump dem russischen Präsidenten Wladimir Putin rät, mit den Nato-Staaten ,,zu machen, was zum Teufel er will", wenn er politische Gegner als ,,Ungeziefer" bezeichnet, wenn er dazu aufruft, die Ukraine aufzugeben, und wenn er ankündigt, er werde an seinem ersten Tag zurück im Weißen Haus ein ,,Diktator" sein, dann erfindet er keine neuen Argumente oder Doktrinen.

Ganz im Gegenteil. Er knüpft an eine lange Tradition der amerikanischen Rechten an, nämlich an die Feindschaft gegen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.

Diese Tradition begann während des Ersten Weltkriegs, als pro-deutsche Rechte – wie der einflussreiche Zeitungskolumnist und Zeitschriften-Herausgeber Henry Louis Mencken – argumentierten, dass Kaiser Wilhelm ein Freiheitskämpfer gewesen sei und dass Amerika von einer Eroberung durch Preußen profitieren würde.

Als Antisemit und Rassist verachtete Mencken die amerikanische Demokratie und trug dazu bei, die Opposition nicht nur gegen den Eintritt in den Ersten, sondern auch in den Zweiten Weltkrieg anzuführen. Er glaubte, dass ein, wie er es nannte, ,,intelligenter Faschismus" Amerika von der Mittelmäßigkeit der Massengesellschaft befreien könnte.

Eine weitere prominente Agitatorin für das nationalsozialistische Deutschland war die religiöse Eiferin Elizabeth Dilling, die durch Amerika reiste, um auf großen Kundgebungen zu sprechen und vor dem Kongress über die Bedrohung Amerikas durch jüdische Radikale auszusagen.

In Deutschland war sie als ,,der weibliche Führer" bekannt. Als sie 1938 den Nürnberger Parteitag besuchte, lobte sie die ,,große Verbesserung der Verhältnisse seit 1931", und fügte hinzu: ,,Persönlich danke ich Gott für den Widerstand, den Deutschland gegen den Kommunismus leistet."

In ähnlicher Weise sprach General George Van Horn Moseley, der 1938 aus der Armee ausschied, auf Versammlungen der Isolationisten und erklärte vor dem Kongress, dass der spanische Franquismus und der deutsche Nationalsozialismus ,,nur Gegengifte sind und verschwinden werden, wenn die Krankheit des Kommunismus geheilt ist". Juden, die aus Europa nach Amerika auswanderten, sollten seiner Meinung nach sterilisiert werden.

Merwin K. Hart, ein führender Antisemit und Vorsitzender des New Yorker Wirtschaftsrates, erklärte im September 1940, dass es an der Zeit sei, ,,das Wort ,Demokratie' beiseitezulegen" und dass die jüdischen Flüchtlinge eine Intrige planten, um Amerika in den Krieg zu ziehen. Amerika brauche einen starken Mann wie Franco.

Nach dem Zweiten Weltkrieg änderte sich nichts. Die Isolationisten der Vorkriegszeit tauchten auf der Rechten wieder auf und forderten, dass Amerika nicht der Nato beitreten sollte. England und Frankreich seien sozialistische Länder, die Amerika ausraubten.

Die USA wiederum hätten sich mit Nazi-Deutschland gegen die Sowjetunion verbünden sollen, und die amerikanischen Kriegsverbrechen seien genauso schlimm wie die deutschen.

Senator Joseph McCarthy beispielsweise begann seine politische Karriere damit, die Kriegsverbrechen von Mitgliedern des 1. SS-Panzerregiments ,,Adolf Hitler" zu beschönigen, die Dutzende amerikanischer Kriegsgefangener ermordet hatten.

Während des Kalten Krieges verlagerte sich der Fokus von Deutschland, einer blühenden Demokratie, auf eine Vielzahl anderer Diktatoren – darunter Rafael Trujillo, Staatschef der Dominikanischen Republik, Augusto Pinochet, Machthaber in Chile, und Jonas Savimbi, Rebellenführer in Angola. Das Afrika der Apartheid war ein besonderer Favorit der Rechten, ein Modell dafür, wie Amerika die Beziehungen zwischen den Rassen gestalten sollte.

Doch kaum war der Kalte Krieg vorbei, richtete sich der Blick wieder auf Europa. Patrick J. Buchanan, ehemaliger Berater der Präsidenten Richard M. Nixon und Ronald Reagan, kandidierte mit dem Credo ,,America First" für die Präsidentschaft.

Er lobte den serbischen Staatschef Slobodan Milošević, verteidigte Putin als großen Führer, der sich gegen die Rechte von Homosexuellen und für das Christentum einsetze, und prangerte die amerikanische Mitgliedschaft in der Nato an. Kommt Ihnen das bekannt vor?

Konservative prangern seit einem Jahrhundert den Globalismus, die Demokratie und die Eliten des Establishments an. Aber Trump ist der erste Politiker, dem es gelungen ist, damit Präsident zu werden. Seine aufrührerische MAGA-Bewegung (,,Make America Great Again") ist näher denn je daran, das neue Establishment der Republikanischen Partei zu bilden.

In ihrem Zentrum steht der Kult eines starken Mannes, der Amerika nach seinem eigenen unheilvollen Bild formen will.


Aus: "Die ewige Sehnsucht nach dem starken Mann: Donald Trump steht in einer unheilvollen Tradition" Jacob Heilbrunn (15.02.2024)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/internationales/die-ewige-sehnsucht-nach-dem-starken-mann-donald-trump-steckt-in-einer-unheilvollen-tradition-11204428.html

QuoteJeinsen
15.02.24 12:43

Eine interessante Geschichtsstunde, aber wichtiger wären eigentlich Erklärungsversuche, warum jemand wie Trump eine solche Zustimmung erfährt.


Quotebelo2013
15.02.24 12:51

Erstaunlich finde ich, dass die aufgeführten Personen bis zu Trump, alle zur Oberschicht und zu den Eliten gehörten und gehören.

Wie naiv bis verblödet muss man sein, dass ausgerechnet diese Personen sich gegen "die" Eliten stellen?
Dass ausgerechnet reichste Eliten etwas für die Armen in Stadt und Land tun wollen?
Und wer etwas über den wirklichen "Deep state" erfahren will, sollte sich mal mit der erzkonservativen ( wahrscheinlich eher rechtsextremen) "HERITAGE FOUNDATION" und deren
"PROJEKT 2025" beschäftigen.

Die, extrem reichen, Macher sehen nicht den tumben Trump als Anführer, sondern als Erfüllungsgehilfe ihrer gefährlichen Vorstellungen.

Wenn auch nur ein Teil davon umgesetzt wird, dann hilft nur noch "God bless Ameika".
Hoffen wir mal, dass Gott gerade dafür Zeit hat, obwohl ist ja "his own country".
Darunter tun es die Amerikaner ja nicht.


Quote2010ff
15.02.24 12:35
Die USA leiden an schwachen Institutionen und einer pervertierten Interpretation des Begriffes Freiheit.

Institutionell sind die USA teilweise im 19. Jahrhundert verhaftet, das Wahlrecht und die Verfahren zur Auswahl der juristischen Personals sind zum Teil ein schrecklicher Witz.

Dazu eine religiöse Verehrung des Kapitals, des angeblich "freien" Marktes, der Deregulierung, die Ideologie des "American Dream", ihre Dollarreligion, einer sozialdarwinistischen Marktwirtschaft mit vielen oligarchischen Auffälligkeiten.

Dem Land kann man nur wünschen, dass es sich einmal gründlich demokratisch renoviert - in einem Prozess, der vielleicht ähnlich gravierend erfolgt wie der damalige "New Deal".

Wer weiß, wie es sich auf die Verfasstheit der Gesellschaft auswirken würde, könnten die US-Bürger sich mehr auf die staatlichen Institutionen mehr verlassen.

Wenn es einfach(er) ist, sein Recht -auch ohne Dollarmillionär zu sein- vor Gericht durchzusetzen, weil die Justiz demokratischer organisiert wird. Oder Wahlen so einfach durchzuführen sind wie in Deutschland (and dieser Stelle kann ich auf Berlin-Witze verzichten). Oder eine schwere Erkrankung nicht zum Verlust des Eigenheims führt, da die gesundheitliche Grundversorgung für alle - und nicht als Privileg - organisiert ist.

Nazis - als organisierte Kraft des Stärkeren - erleben immer dann einen Aufschwung, wenn die Menschen sich ausgeliefert fühlen. Sie fühlen sich oft der Willkür der oligarchischen Mächte ausgesetzt - und wollen den Spieß umdrehen.

Die institutionelle Schwäche der öffentlichen Einrichtungen legt dem unteren Teil der US-Gesellschaft zu schwere Lasten auf und verweigert ihnen ihren fairen Anteil an Wohlstand und Zuversicht. Dazu die permanent verblödende Penetration durch Massenmedien.

Die USA müssen demokratisch neu kalibriert werden. Und an einigen Stellen radikal reformiert.


Quotepapaschlumpf
15.02.24 12:23

Na denn Prost!


Quotefairplay180
15.02.24 12:06

Wir reden schon wieder fast ausschließlich über Trump, dabei ist er noch nicht mal gewählt. Wenn er es wird, wissen wir doch bereits, was auf uns zukommen wird. Typische deutsche Hysterie.

Das wahre Schreckgespenst für uns sitzt allerdings in Moskau... Manche sehen aber gerade vor lauter Bäumen den Wald nicht.


Quotekaiser_k
15.02.24 12:02

Die Liebe zu "Führern" steckt wohl in der DNA des "weißen" Mannes. So erkennt man in den "Fölglingen" immer dieselben Muster: nicht besonders attraktiv, sexuell erfolglos, wenig gebildet, ... daraus resultierend mangelndes Selbstbewusstsein bis Minderwertigkeitskomplex.

Schaut man sich auch hierzulande die Gesichter bei den Demos der Querdenker, Reichsbürger oder der AFD an, sieht man vornehmlich genau diese Typen. Und das ist die Antwort auf die Frage:

'Macht rechts häßlich?"


QuoteJeinsen
15.02.24 12:40

@kaiser_k am 15.02.24 12:02
Ein politische Klassifikation von Menschen aufgrund von Körpermerkmalen -- viel "rechter" kann eine Idee kaum sein.


QuoteFreiheitskaempfer
15.02.24 12:56
@kaiser_k am 15.02.24 12:02

    nicht besonders attraktiv, sexuell erfolglos, wenig gebildet, ... daraus resultierend mangelndes Selbstbewusstsein bis Minderwertigkeitskomplex.


Die wohlfeilste Art des Stolzes hingegen ist der Nationalstolz. Denn er verrät in dem damit Behafteten den Mangel an individuellen Eigenschaften, auf die er stolz sein könnte, indem er sonst nicht zu dem greifen würde, was er mit so vielen Millionen teilt. Wer bedeutende persönliche Vorzüge besitzt, wird vielmehr die Fehler seiner eigenen Nation, da er sie beständig vor Augen hat, am deutlichsten erkennen. Aber jeder erbärmliche Tropf, der nichts in der Welt hat, darauf er stolz sein könnte, ergreift das letzte Mittel, auf die Nation, der er gerade angehört, stolz zu sein. Hieran erholt er sich und ist nun dankbarlich bereit, alle Fehler und Torheiten, die ihr eigen sind, mit Händen und Füßen zu verteidigen.

Arthur Schopenhauer


QuoteMariepirol@gmx.de
13.02.24 17:53

Trump hat Millionen komplett unterbelichtete Magafans, man sollte dies nicht unterschätzen. Wenn der von ihm zu großen Teilen installierter Supreme Court es für zulässig hält, dass er Immunität hat, Gnade uns Gott. Dann wird die Welt sehr bald eine andere sein. Die USA bekommt dann einen komplett narzisstischen Irren, das geht nicht gut aus. Hoffentlich wird er gestoppt, wie auch immer.Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass Putin ihn in der Hand hat.


Quoteexistenz
15.02.24 12:00
@Mariepirol@gmx.de am 13.02.24 17:53

    Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass Putin ihn in der Hand hat.

Wie kommen Sie zu dieser These?


QuoteCarna94
15.02.24 13:23
@Mariepirol@gmx.de am 13.02.24 17:53

Der Präsident der Vereinigten Staaten nominiert die Richterkandidaten für den Supreme Court, die dann nach Befragung im Justizausschuss des Senats und Zustimmung durch den Senat in ihr Amt berufen werden. Sie werden also nicht vom Präsidenten "installiert", sondern durchlaufen einen Prüfungs- und demokratischen Prozess. - Kann man wissen.
Wer zudem Millionen von Menschen als "komplett unterbelichtet" abstempelt, scheint von so manch "wunderlichen" Überzeugungen wahrlich überzeugt zu sein.


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Quote[...] Maximilian Krah, neben Grausamkeits-Höcke das Sprachrohr des schamlos rechtsextremen Flügels der AfD, sorgt nicht selten für unfreiwillige Satire. Krah, der die Parole ausgab, dass die ,,Zeit der Mäßigung" vorbei sei, schwadroniert regelmäßig über ,,Männlichkeit" und ,,Weiblichkeit". ,,Echte Männer sind rechts", erzählt er, aber es ,,sind auch echte Frauen rechts." Ganz ergriffen ist er von der ,,Komplementarität" der Geschlechter. Männer sind stark, haben eine Führernatur, und sie handeln immer rational. Frauen dagegen reagieren ,,intuitiv", haben ,,Gefühl". Er gesteht: ,,Ich mag ja echte Frauen." Und bei allem Männlichkeitskult findet er doch, dass Frauen ,,eine Bereicherung" seien, also Existenzberechtigung haben. Natürlich primär wegen der ,,Mutterschaft".

Aber weil das nicht mehr alle so sehen wie er, meint Herr Krah, ,,sterben wir Stück für Stück aus". Bisschen obsessiv ist Krah, fixiert auf das Thema. Sigmund Freud hat dazu bestimmt eine Theorie.

Wäre interessant zu wissen, was Frau Alice Weidel von all dem denkt: Sieht sie sich auch mehr ,,intuitiv" als ,,rational"? Und wie, wiederum, kann Herr Krah Frau Weidel oder überhaupt irgendeine Frau als Anführerin akzeptieren, wenn selbstständige Emanzen genau das sind, wovor Herrn Krah am meisten graut?

Lachen Sie nicht. In den Kreisen überspannter Paranoiker, die in ihre völlig durchgeknallte Parallelwelt abgedriftet sind, denkt man wirklich so. Norbert Bolz, einstmals linker, heute ultrarechter ,,Medienphilosoph", hat schon 2006 eine Gagatheorie vorgelegt. Titel: ,,Der Held der Familie". Sexuelle Freizügigkeit, antiautoritäre Erziehung, arbeitende Frauen, Homosexuelle in Hollywood, der Wohlfahrtsstaat, die Pille, all das habe der guten alten Familie und damit auch den gesunden Geschlechterverhältnissen den Garaus gemacht.

Deswegen seien Frauen heute leider ,,maskulinisierte Emanzen", denen auf der anderen Seite wie spiegelbildlich der ,,feminisierte Mann" gegenübersteht. Der Sündenfall habe damit begonnen, dass man Frauen gestattete, zu arbeiten, was wiederum durch die Pille begünstigt wurde. Besonders fatal sei das Einsickern der Frauen in das Bildungssystem. Dort würden sie bereits kleinen Buben das Mannsein austreiben, weil ab der Kita ,,weibliches Verhalten belohnt" werde.

Es ist ein derartiger klebriger, miefiger, verstunkener Kleinstbürger-Konservatismus, ein Hass auf die Welt, wie sie geworden ist, ein buchstäbliches Verrücktwerden an jeder Modernität. Ein Rumgeheule bei gleichzeitiger präpotenter Aufgeblasenheit. Dieser Unfug war ja schon um 1870 rückwärtsgewandt. Selbst die verbiestertsten Reaktionäre hätten damals gezögert, so einen haarsträubenden Unsinn zu Papier zu bringen. Sie wussten, dass es Wandel nun einmal gebe und man sich der Erneuerung der Welt nicht einfach in den Weg stellen könne.

Wo immer die radikalen Neurechten etwas zu sagen haben, wird die Uhr für Frauen zurückgedreht. Abtreibungen werden erst erschwert, dann verboten. Um die natürliche Geschlechterordnung wiederherzustellen, werden die Frauen aus den Arbeitsmärkten herausgedrängt. Nachdem die rechtsextreme FPÖ in Salzburg vergangenes Jahr in eine Koalitionsregierung mit den Konservativen eingezogen ist, war das Erste, was sie verwirklichten: eine Prämie für Frauen, die ihre Kinder selbst daheim betreuen.

Verständlich, dass Studien regelmäßig ergeben, dass junge Frauen heute markant linker wählen als junge Männer. Für diesen Trend gibt es ja schon seit Jahren starke empirische Daten. Und mag der Trend bei den jungen Kohorten besonders markant sein, zieht sich dieser Frauen-Männer-Gap beim Wahlverhalten doch über die verschiedensten Generationen. Also nicht nur die Enkelinnen, auch die Omas wählen signifikant progressiver als die Männer.

Das ist eine lustige historische Pointe. Es waren ja die Linken, die vor etwas mehr als 100 Jahren das Frauenwahlrecht durchgesetzt hatten, obwohl sie wussten, dass die Frauen zu diesem Zeitpunkt konservativer als ihre Männer tickten. Frauen waren damals etwa gläubiger und christlich-konservativ und haben daher seltener Sozialisten oder Kommunisten gewählt als die Männer. Die Linken waren dennoch für das Frauenwahlrecht. 100 Jahre später gibt es so etwas wie eine amüsante historische Gerechtigkeit: Wenn Linke noch irgendwo gewinnen, dann verdanken sie das den Frauen.

Eine häufige Erklärung ist: (Junge) Männer sind in ihrer Männeridentität verunsichert, als Gegenreaktion werden manche dann reaktionäre Ultra-Machos. Na ja, mag sein. Aber deswegen wählt man keine rechtsextremen Verrückten wie Krah und Co.

Es gibt eine gewisse gutmenschliche Verständnishuberei, die man nicht übertreiben soll: dass die Wähler der Rechtsextremisten irgendwelche Opfer seien. Sie leiden am Wandel, was sie quasi zwinge, rechtsextrem zu wählen. Gerne wird auch darauf hingewiesen, dass der Aufstieg der Ultrarechten eine Art von Symptom für das Versagen der Linken sei. Wäre die SPD besser, wäre die AfD kleiner. Auch das mag stimmen oder zumindest nicht ganz falsch sein. Aber es ist eine Verharmlosung. Wer wissentlich eine rechtsextreme Partei wählt, ist ein Rechtsextremist. Punkt. Aus. Wähler und Wählerinnen sind volljährig und geschäftsfähig und keine entmündigten Depperln, die nicht wissen, was sie tun.

Man sollte die streichelpädagogische Attitüde gegenüber diesen Leuten aufgeben. Wer Krah wählt, ist kein Opfer, sondern ein Täter.

Bei der Berliner Nachwahl hat die AfD im Wahlkreis Steglitz-Zehlendorf 5,3 Prozent der Erststimmen erhalten. Und das, obwohl dort Birgit Malsack-Winkemann auf dem Wahlzettel stand, die seit mehr als einem Jahr als mutmaßliche Rechtsterroristin und Putschistin in U-Haft sitzt. Wer so wählt, wird schwer resozialisierbar sein.


Aus: "Verletzte Männlichkeit und AfD: Klebrige Kleinstbürgerei" Kolumne von Robert Misik (21.2.2024)
Quelle: https://taz.de/Verletzte-Maennlichkeit-und-AfD/!5990445/

QuoteSuryo

Danke!

Menschen ernstzuehmen, bedeutet auch, ihnen ihre frei getroffenen Entscheidungen zuzurechnen.
Jeder Wähler ist erwachsen. Jede Wahl einer Partei in Deutschland ist frei und bewusst.


...

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Quote[...] Laut eines 135-Seiten-Dokuments des Obersten Gerichts plante Brasiliens rechter Ex-Präsident Bolsonaro einen coup d'état mithilfe des mächtigen Militärs. Die USA warnten eindringlich davor. Auf einer Demonstration in São Paulo belastet Bolsonaro sich nun womöglich selbst.

Es ging nicht um die Worte, sondern um die Bilder. Hunderttausende Menschen strömten am Sonntag in São Paulo auf die Straßen, um Ex-Präsident Jair Bolsonaro zu unterstützen - das erste Mal seit seiner verlorenen Wahl 2022. Der rechte Ex-Staatschef steckt in enormen juristischen Problemen, weshalb er zur Demonstration auf der Hauptverkehrsachse Avenida Paulista aufgerufen hatte: Alle sollten sich in Grün und Gelb kleiden, den Nationalfarben, die der rechte Präsident sich praktisch zu eigen gemacht hat. "Dieses Foto wird um die Welt gehen", versprach er der Menge bei seiner Rede, bei der er alle Schuld von sich wies.

Der 68-Jährige hat kaum andere Optionen. "Es ist ein Akt der Verzweiflung", sagte einer der Richter am Obersten Gerichtshof. In acht verschiedenen Fällen wird gegen ihn ermittelt. Unter anderem wegen Putschversuchs, mit dem der Ex-Präsident sich laut Gerichtsdokument trotz verlorener Wahl an der Macht halten wollte. Dafür allein könnte er zu einer jahrzehntelangen Gefängnisstrafe verurteilt werden. Dass es nicht zum Staatsstreich kam, daran hat offenbar auch die US-Regierung einen Anteil. Washington übte Berichten zufolge monatelang Druck auf die brasilianische Regierung und das Militär aus, sich nicht einzumischen.

Bolsonaro versucht nun, mithilfe der Straße seine Muskeln spielen zu lassen; er warf der Regierung seines Nachfolgers Lula da Silva vor, ihn politisch zu verfolgen. Die Bundespolizei und Juristen verblüffte er zugleich, als er bei seiner Rede vor der Menge indirekt zugab, den Staatsstreich mit geplant zu haben. Damit bringt sich der ohnehin schon in die Ecke gedrängte Ex-Staatschef noch mehr in die Bredouille. Wegen Machtmissbrauchs darf Bolsonaro ohnehin bis 2030 kein politisches Amt mehr übernehmen. Er hatte vor der Wahl gegenüber ausländischen Botschaftern behauptet, die seit fast drei Jahrzehnten verwendeten Wahlautomaten würden Betrug zulassen.

Das ist aber nur eine Kurve eines wilden juristischen Ritts, auf dem sich der Ex-Präsident wiederfindet. Die schärfste davon sind die Untersuchungen zum Umsturzversuch, die auf 135 Seiten darlegen, wie nah Brasilien vor einem Militärputsch zu Bolsonaros Gunsten stand. Seine Rede soll nun hinzugefügt werden. Dem Dokument zufolge waren neben dem Präsidenten vier Generäle, ein Admiral sowie rund 20 Soldaten und zivile Berater an der Planung beteiligt. Dreh- und Angelpunkt war der zentrale Zeuge: Leutnant Mauro Cid, Bolsonaros früherer persönlicher Assistent.

 Wegen der Vorwürfe sitzt der Ex-Staatschef im eigenen Land fest. Die Bundespolizei hatte Anfang Februar Razzien beim ihm und mehreren Mitstreitern durchgeführt; darunter war der Ex-Oberkommandeur der Marine, sein nationaler Sicherheitsberater, die früheren Verteidigungs- sowie Justizminister. Die Ermittler beschlagnahmten Bolsonaros Pass und untersagten ihm, Brasilien zu verlassen. Viele gehen davon aus, dass der Ex-Präsident verurteilt wird.

Den Ermittlungsakten zufolge hatte Bolsonaro höchstpersönlich ein Dekret mitverfasst - auf diese Verordnung bezog er sich möglicherweise bei seiner Rede am Sonntag -, mit dem die Wahlergebnisse aberkannt und einen unliebsamen Richter am Obersten Gericht ins Gefängnis geworfen hätte. Ein General soll versprochen haben, das Militär werde den Staatsstreich unterstützen, auch Bodentruppen der Armee hätten sich beteiligen wollen.

Bolsonaro unterhält eine enge Beziehung zum Militär. Er hatte in seiner Amtszeit mehr als 6000 Offiziere im Staatsapparat und öffentlichen Unternehmen platziert, es waren so viele Militärs wie nie seit dem Ende der Diktatur im Jahr 1985. Den Streitkräften, die ihn unterstützten, war klar: Gewinnt Lula statt Bolsonaro, stünden tausende Jobs und viel Einfluss auf dem Spiel. Hinter verschlossenen Türen soll deshalb darüber diskutiert worden sein, dem Militär die Kompetenzen der Wahlbehörde zu übertragen. Verteidigungsminister General Paulo Sérgio Nogueira nannte sie den "Feind".

Aber nicht alle waren einverstanden, unter anderem der Armeechef. Ein Teil des stillen Widerstands kam laut "Financial Times" von höchster Stelle. Bolsonaros Vizepräsident, General Hamilton Mourão, hatte demnach Washington von den antidemokratischen Tendenzen in den Streitkräften informiert.

Die US-Regierung reagierte mit Druck. Führe das brasilianische Militär einen Staatsstreich durch, würde sich Brasilien international isolieren, und die USA würden ihre Militärkooperation mit dem Land auf ein Minimum reduzieren, warnte Washington eindringlich. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin führte laut Medienberichten die Anstrengungen an. Beteiligt waren auch das Weiße Haus, das Außenministerium, der Auslandsgeheimdienst CIA sowie der US-Senat. Jedes brasilianische Regierungsmitglied, das nach Washington kam, wurde im Laufe des Wahljahres 2022 vor einem Umsturz und einem Ende der Demokratie gewarnt.

Als weiterer Fall werden vor dem Obersten Gerichtshof die Unruhen am 8. Januar 2023 in der Hauptstadt Brasilia behandelt, die Bolsonaro angezettelt haben soll, um den Staatsstreich als Volkswillen darzustellen und den Stein ins Rollen zu bringen. Bei einer halbstündigen Befragung der Bundespolizei weigerte er sich vergangene Woche, Fragen zu beantworten. Bolsonaro-Anhänger hatten wenige Tage nach Lulas Vereidigung als neuer Präsident zu Tausenden das Regierungsviertel gestürmt. Sie attackierten und verwüsteten das Parlament, das Oberste Gericht und den Präsidentenpalast. Dutzende Beteiligte wurden bereits zu langen Gefängnisstrafen verurteilt, mehr als 1300 weitere Aufständische warten noch auf ihren Prozess.

Brasiliens Ex-Staatschef versucht auch, internationale Solidarität bei Geschwistern im Geiste zu mobilisieren. Sein Sohn Eduardo hielt am Wochenende in den USA bei der konservativen CPAC-Konferenz zwischen dem Auftritt Donald Trumps und Argentiniens Staatschef Javier Milei einen hölzernen Vortrag darüber, wie aktuell "die Freiheit" in Brasilien in Gefahr sei. Die Vorwürfe gegen seinen Vater konnte er in seinen zehn Minuten Redezeit nicht entkräften. Aber vielleicht ging es auch einfach nur um die Bilder.

Quelle: ntv.de


Aus: "Bolsonaro plante Militärputsch, USA warnten vor Folgen" Roland Peters (26.02.2024)
Quelle: https://www.n-tv.de/politik/Bolsonaro-plante-Militaerputsch-USA-warnten-vor-Folgen-article24765131.html

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Kontext I:

" ... Der Sturm auf das Kapitol in Washington, D.C. am 6. Januar 2021 war ein Angriff von Anhängern des damals noch amtierenden, aber bereits abgewählten US-Präsidenten Donald Trump auf den Kongress der Vereinigten Staaten. Der in der US-Geschichte einzigartige Vorgang wird von Strafverfolgungsbehörden wie dem FBI als inländischer Terrorismus und von vielen politischen Beobachtern als Teil eines Putschversuchs von Trump gewertet. ..."
https://de.wikipedia.org/wiki/Sturm_auf_das_Kapitol_in_Washington_2021

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Kontext II:

Quote[...] Conservative activist Jack Posobiec joyfully hailed the "end of democracy" at the Conservative Political Action Conference, further emphasizing Republicans' apparent desire to completely overthrow America as we know it.

Posobiec, who helped popularize the "Pizzagate" conspiracy theory, appeared at CPAC's opening day on Wednesday. He spoke during a panel moderated by former White House adviser and white supremacist Steve Bannon.

"Welcome to the end of democracy. We are here to overthrow it completely," Posobiec said as the event began.

"We didn't get all the way there on January 6, but we will endeavor to get rid of it and replace it with this, right here," he said, gesturing to the crowd and holding up his fist.

As he spoke, Bannon laughed and said, "Amen!"

QuoteRepublican Accountability @AccountableGOP We are Republicans & conservatives defending pro-democracy R's, holding accountable those who tried to overturn the election, & fighting against disinformation.
" ... Trump's Republican Party openly wants to end democracy. We must stop them. ... "
https://twitter.com/AccountableGOP/status/1760761957437599856

Posobiec then said, to cheers from the audience, "All glory is not to government. All glory to God."

Republican primary front-runner Donald Trump has repeatedly indicated he intends to embrace authoritarianism if he is reelected to the White House. Trump has paraphrased Adolf Hitler, floated horrifying and fascistic policy ideas, and joked (so he says) about being a dictator on the first day of his new term.

Trump's closest allies in Congress have also indicated they would be willing to throw out the rulebook for him. Senator J.D. Vance and Representative Elise Stefanik, both reportedly on the shortlist for Trump's running mate, have said they would have carried out a coup on January 6, 2021, to keep Trump in power.

Posobiec's comments, even delivered in a lighthearted tone, are a chilling reminder that Trump and his supporters are not speaking rhetorically. They mean everything they say.


From: "MAGA Republican Pledges "End of Democracy" to Rabid Cheers at CPAC"
Tori Otten (February 23, 2024/4:09 p.m. ET)
Source: https://newrepublic.com/post/179247/jack-posobiec-democracy-cpac-2024

"Far-right speaker tells CPAC attendees that his goal is to 'overthrow' democracy" (02/2024)
https://edition.cnn.com/videos/politics/2024/02/23/jack-posobiec-cpac-remarks-democracy-cnc-vpx.cnn

QuoteJack Michael Posobiec III (born December 14, 1984)is an American alt-right political activist, television correspondent and presenter, conspiracy theorist, and former United States Navy intelligence officer.
Posobiec is known for his pro-Donald Trump comments on Twitter, and has used white supremacist and antisemitic symbols and talking points, including the white genocide conspiracy theory. ...
[Version: 23 February 2024, at 21:50 (UTC).]
https://en.wikipedia.org/wiki/Jack_Posobiec

The alt-right (abbreviated from alternative right) is a far-right, white nationalist movement. A largely online phenomenon, the alt-right originated in the United States during the late 2000s before increasing in popularity and establishing a presence in other countries during the mid-2010s, and has been declining since 2017. The term is ill-defined and has been used in different ways by academics, journalists, media commentators, and alt-right members themselves.
https://en.wikipedia.org/wiki/Alt-right

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