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[Archive | im Netz | & Notizen ... ]

Started by lemonhorse, January 16, 2013, 12:04:38 PM

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The Internet Archive is a 501(c)(3) non-profit that was founded to build an Internet library. Its purposes include offering permanent access for researchers, historians, scholars, people with disabilities, and the general public to historical collections that exist in digital format. Founded in 1996 and located in San Francisco, the Archive has been receiving data donations from Alexa Internet and others. In late 1999, the organization started to grow to include more well-rounded collections. Now the Internet Archive includes texts, audio, moving images, and software as well as archived web pages in our collections, and provides specialized services for adaptive reading and information access for the blind and other persons with disabilities. ...
http://archive.org/ | https://blog.archive.org/

Vanishing Culture: A Report on Our Fragile Cultural Record
by Luca Messarra; Chris Freeland; Juliya Ziskina
Publication date: 2024-10-30
The rise of streaming platforms and temporary licensing agreements means that sound recordings, books, films, and other cultural artifacts that used to be owned in physical form, are now at risk—in digital form—of disappearing from public view without ever being archived. ... When digital materials are vulnerable to sudden removal—whether by design or by attack—our collective memory is compromised, and the public's ability to access its own history is at risk. Vanishing Culture: A Report on Our Fragile Cultural Record aims to raise awareness of these growing issues. The report details recent instances of cultural loss, highlights the underlying causes, and emphasizes the critical role that public-serving libraries and archives must play in preserving these materials for future generations. By empowering libraries and archives legally, culturally, and financially, we can safeguard the public's ability to maintain access to our cultural history and our digital future. ..
https://archive.org/details/vanishing-culture-report/page/43/mode/2up

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The Wayback Machine
Browse through over billion web pages archived from 1996 to a few months ago. ...
http://archive.org/web/web.php


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Quote[...] Das Internet ist für immer. Das war gleichermaßen Versprechung und Drohung der digitalen Welt, die implizit über allen Browsern, Clouds und Plattformen prangte: Ihr, die ihr hier eintretet, gebt acht, was ihr hochladet – das ist alles für die Ewigkeit. Tag zu Tag wird deutlicher, wie sehr dieser Schein trügt. Teile des Internets sterben längst ab, weil ihre Besitzer und Hausmeister sich nicht um sie kümmern, sie aber auch nicht freigeben wollen. Archive verschwinden, Onlinebibliotheken werden geschlossen, ganze Felder digitaler Kultur gehen für immer verloren.

Das gilt nicht nur für obskure Provinzen des Internets. 38 Prozent aller Webseiten, die 2013 existierten, waren laut einer Studie des Pew Research Center im Oktober 2023 nicht mehr verfügbar. Es geht so weit, dass 54 Prozent aller Artikel in der englischsprachigen Wikipedia mindestens eine Onlinequelle nennen, die nicht mehr existiert. Die Studie nennt das "digital decay" – digitalen Verfall.
Dass auch das Internet verfallen kann, scheint kontraintuitiv zu sein. Lange wirkte das Netz körperlos und immateriell, eben ewig. Dort könne "alles, was der menschliche Geist kreiert, unendlich oft und kostenlos reproduziert und verbreitet werden", träumte der Digitalaktivist John Perry Barlow 1996 in seiner berühmten Unabhängigkeitserklärung des Cyberspace [https://www.eff.org/cyberspace-independence]. Doch solche Rhetorik unterschätzte die banale Realität des Digitalen: Das Internet ist zum Anfassen. Es besteht nicht aus Licht und Luft und Feenstaub, sondern aus seltenen Erden, Satelliten, Unterseekabeln, Serverfarmen und Kraftwerken. Die Erhaltung und Verbreitung digitaler Inhalte ist eben nicht mühe- oder kostenlos. Und gemäß Marktlogiken gilt: Was kostet, muss sich lohnen. Was sich nicht lohnt, kommt weg.

Ein Beispiel von vielen: Im Juni 2024 stampfte Paramount Global sang- und klanglos die Webseiten von MTV News und Country Music Television (CMT) ein und baute Comedy Central um. Mit MTV News und CMT gingen jeweils Archive mit mehr als zwanzig Jahren Popkultur- und Musikjournalismus verloren. Durch Comedy Centrals Umbau gingen frühe Staffeln der Satiresendungen The Colbert Report und The Daily Show verloren, die in den frühen Nullerjahren zu den schärfsten Kritikern der US-Invasion des Iraks gehörten – ein Stück Zeitgeschichte.

Kulturelle Erzeugnisse liegen nicht mehr in Ladenfenstern und später in Wohnzimmern und Regalen oder zumindest Bibliotheken, sondern oft genug allein auf den Servern der Unternehmen. Nutzer erkaufen sich Zugriff durch Abos oder indem sie Werbung gucken. Sind die Quartalszahlen nicht zufriedenstellend, ändert das Unternehmen die Inhalte oder schließt die Server. In Zeiten physischer Medien muss Kultur einmalig sein, in Zeiten des Internets fortwährend profitabel.

Dieser Übergang von Kultur als Besitz zu Kultur als Service ist schon eine Weile im Gange. "You'll own nothing. And you'll be happy" verkündete 2016 ein Video des Weltwirtschaftsforums über unsere nahe Zukunft. Der erste Teil des Zitats hat sich inzwischen weitgehend erfüllt, der zweite muss sich noch erweisen. Der kulturelle Kontrollverlust, der mit diesem Modell einhergeht, wiegt jeden Tag schwerer.

So beendete Yahoo im Jahr 2009 seinen Webhosting-Service Geo-Cities und löschte somit rund 38 Millionen dort angelegte Webseiten – eine Fundgrube früher Internetästhetik und -kultur. Elon Musk übernahm Twitter und machte den Archivzugang für Forscher fast unmöglich – Facebook und andere Firmen halten es genauso. Tumblr ging ab 2018 ähnlich rabiat gegen "pornografische Inhalte" vor. Die unpräzisen Algorithmen, die dafür genutzt wurden, löschten so viele nicht sexuelle und künstlerische Inhalte von LGBTQ+-Menschen, dass Tumblr sich dafür vor dem New Yorker Menschenrechtsgericht verantworten musste. Selbst grundlegende Strukturen des offenen Internets sind nicht sicher: So kündigte Google im Juni 2024 an, einen beliebten Link-Verkürzungsservice einzustellen. Ab 2025 führen sämtliche damit verkürzte Links ins Leere – auf Knopfdruck werden unzählige digitale Pfade zu Sackgassen.

Der kulturelle Schwund im Internet wird dadurch intensiviert, dass es mit einfacher Lagerung digitaler Kultur noch nicht getan ist. In den vergangenen Jahrzehnten haben sich die technologischen Grundlagen des Internets so rasant fortentwickelt, dass alte Datenformate teils schon nach wenigen Jahren obsolet werden. Ein Musterbeispiel ist das britische Domesday Project. Zum 900. Geburtstag des Domesday Book, ein umfassendes Grundbuch Englands aus dem Jahr 1087, hatte die BBC eine Art neues, multimediales Domesday Book 2 erstellen lassen. Das fast 1.000 Jahre alte Buch ist mit den passenden Sprachkenntnissen bis heute mühelos lesbar – die ursprünglichen Disketten des Domesday Book 2 waren knapp 20 Jahre später schon veraltet und unbenutzbar. Die Dateien mussten mehrfach aufwendig gerettet werden.

Diese stets rasant heranrückende Obsoleszenz digitaler Kulturprodukte betrifft sowohl Hard- als auch Software. Besonders deutlich wird das bei Videospielen. 2023 prüfte Phil Salvador, der Library Director der Video Game History Foundation, die kommerzielle Verfügbarkeit von Videospielen, deren Konsolen nicht mehr produziert werden. Das Ergebnis: 90 Prozent solcher Videospiele aus dem Zeitraum von 1960 bis 2009 waren ohne die notwendige, nicht länger hergestellte Hardware nicht mehr spielbar. Keine einzige Dekade der Videospielgeschichte überstieg 20 Prozent dieser kommerziellen Verfügbarkeit, vor 1985 waren es sogar weniger als drei Prozent. Digitale Kultur muss ständig gepflegt werden, um erhalten zu bleiben.
Natürlich gibt es Versuche, genau das zu tun. Das Internet Archive ist ein gemeinnütziges Onlinearchiv, das 1996 vom Internetaktivisten Brewster Kahle gegründet wurde, um die Langzeitarchivierung digitaler und digitalisierter Kultur zu gewährleisten. Einige der Beispiele in diesem Text sind dem kürzlich veröffentlichen Bericht Vanishing Culture entnommen [https://blog.archive.org/2024/10/30/vanishing-culture-a-report-on-our-fragile-cultural-record/]. Häufig ist es dem Internet Archive gelungen, Teile dieses kulturellen Schwunds zuvor noch in sein Archiv zu retten. Unter den inzwischen 916 Milliarden dort archivierten Webseiten sind auch 62 Prozent der laut der eingangs erwähnten Pew-Studie angeblich schon verschwundenen sowie 470.000 Inhalte aus MTV News und 70.000 von CMT. Auch viele sonst verlorene Videospiele sind dort erhalten sowie Filme, Bücher und Musik.

Das Internet Archive ist keineswegs genug, um sich allein gegen den von ihm benannten und beschriebenen digitalen Verfall zu stemmen. Vor einigen Monaten wurde es von Hackern angegriffen und konnte mehrere Wochen nichts archivieren, es wurde wegen Urheberrechtsverletzung von der Verlagsgruppe Hachette verklagt und verlor. Derzeit verklagen Plattenfirmen aus ähnlichen Gründen das Archive auf 621 Millionen Dollar – was sein Ende bedeuten könnte. Was dann mit den Abermillionen Gigabyte Archivmaterial passiert, weiß niemand.
Es braucht also einen Zusatz zum altbekannten Spruch: Das Internet ist für immer, solange es sich rechnet – und nicht viel rechnet sich für immer. Die digitale Welt könnte ein perfektes Archiv sein, doch seine Verwalter heute sind keine Bibliothekare, die Kultur um ihretwillen bewahren, sondern Manager, die Erhalt oder Zugang gegen Profit abwägen. Nicht alle kulturellen Erzeugnisse müssen erhalten werden, das stimmt. Doch ebenso wahr ist, dass jede Gegenwart schlecht darin ist, abzuschätzen, was für die Zukunft interessant sein wird. Zu viele berühmte Komponisten waren zu Lebzeiten erfolglos, zu viele Autorinnen mussten Jahrzehnte nach ihrem Tod wiederentdeckt werden, als dass wir großes Vertrauen in unsere Fähigkeiten der Vorhersage haben sollten.

Zu keinem Punkt in der Vergangenheit bestand der Anspruch, sämtliche Kulturerzeugnisse zu bewahren und zu archivieren, auch das stimmt. Doch in Zeiten physischer Medien galten andere Standards: Kopien waren mühsam, genauso wie Lagerung und Transport, einzelne Archive konnten durch Kriege, Feuer oder Naturkatastrophen zerstört werden. Wenn man fragt, warum nicht alles erhalten blieb, ist das eine sehr gute Ausrede. Was ist unsere?


Aus: "Internet Archive: "Für immer" ist ein großes Wort" Titus Blome (9. Dezember 2024)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/2024-11/internet-archive-abschaltung-zugang-speicherung


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#1
Archivalia ist ein Weblog, das Einträge rund um das Archivwesen aufnehmen soll...
(ARCHIVALIA ist ein privates nichtgewerbliches Projekt von Dr. Klaus Graf)
http://archivalia.hypotheses.org/

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Oliver Bünte (06.02.2018): Das italienische Ministerium für Kultur und Tourismus hat im Vorfeld des Sanremo-Musikfestivals die Webseite Canzone Italiana gestartet, auf der nach eigenen Angaben rund 200.000 italienische Musiktitel der Jahre 1900 bis 2000 zum freien Streaming gelistet sind. Die Titel werden vom staatlichen Instituto Centrale Per I Beni Sonori Ed Audiovisivi (ICBSA) zur Verfügung gestellt, das audiovisuelle Titel als kulturelles Erbe archiviert und verwaltet. Die Webseite ist in acht Sprachen, darunter Deutsch, verfügbar und entstand in Kooperation mit dem Streaming-Dienst Spotify. | https://www.heise.de/newsticker/meldung/Italien-streamt-200-000-italienische-Songs-gratis-3961146.html

Canzone Italiana
http://www.canzoneitaliana.it/

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ARD Mediathek (Archiv)
Tauchen Sie ein in die Atmosphäre der 1950er & 1960er-Jahre und begeben Sie sich auf Schatzsuche in unseren Archiven.
https://www.ardmediathek.de/retro


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Quote[...] Ob Thomas Gottschalk in "Wetten, dass..?", Professor Brinkmann (Klausjürgen Wussow) in der "Schwarzwaldklinik" oder der "Monaco Franze": Viele Sendungen sind ein Stück Fernsehgeschichte – in diesem Fall zweimal vom ZDF und einmal von der ARD (Bayerischer Rundfunk). Damit sie nicht verlorengehen, archivieren die Sender das filmische Gedächtnis. Im ZDF werden seit 1983 alte Bänder Stück für Stück umgewandelt. Inzwischen ist das Material, das seit dem Sendestart 1963 zusammengekommen ist, schon auf digitalen Videobändern – doch auch die müssen umgewandelt werden: Sie kommen in eine Datenbank, die viel mehr Inhalt schlucken kann als bisher. Bis 2021 müssen rund 600.000 Bänder überspielt werden.

Das Bewahren alter Sendungen ist das eine – das Nutzen alten Materials für das aktuelle Programm das andere. Wenn sich der Mauerfall in wenigen Wochen zum 29. Mal jährt, geht es zum Beispiel nicht ohne die Bilder aus Berlin vom 9. November 1989 für die Fernseh-Berichterstattung. Beim ZDF werden insgesamt fast 100.000 Files aus dem digitalen Archiv pro Jahr abgerufen – von Schnipseln bis zu ganzen Sendungen. "An ganz vielen Stellen brauchen wir einen Fundus zur Bebilderung von aktuellen Beiträgen im Programm", sagt Beate Scherer, Leiterin von Archiv und Dokumentation beim ZDF. "Das Hauptziel ist, dies so einfach wie möglich bereitzustellen."

Bei der Digitalisierung kommen die ältesten Kassetten zuerst dran. "Da wird es höchste Zeit, dass man sie sichert", betont Archivleiterin Scherer. Denn manche Abspielgeräte gibt es bald nicht mehr. Für seinen Hausstandard hat das ZDF die letzten Geräte gekauft. Während frühere MAZ-Bänder Schäden aufweisen und sich allmählich auflösen, setzt den digitalen Bändern der Staub zu. "Daher werden alle entsprechenden Bänder vor der Kopierung im Projekt Massenumcodierung in speziellen Reinigungsmaschinen vorbehandelt und gereinigt", sagt Kerstin Eberhard, die das ZDF-Projekt leitet.

Im Wechsel sind sechs Teilzeitkräfte aus dem Archiv und vier Kollegen aus der Produktion mit der Mammut-Aktion in Mainz beschäftigt. Archiviert werden eine Fassung der fertigen Sendung und eine vorherige Fassung ohne die Beschriftung von Namen. Je zwei Kollegen füttern täglich in zwei Schichten von 8.30 Uhr bis 1.15 Uhr nachts die Geräte, auf denen die alten Videobänder umgewandelt werden. Es gibt 22 Einspielstraßen für die Digitalisierung – für bis zu 300 Video-Bänder am Tag mit jeweils 45 Minuten Länge.

Die Digitalisierung ist für alle Sender eine Herausforderung. Die einzelnen Sender der ARD sind hierbei unterschiedlich weit. Der Bayerische Rundfunk (BR) wandelt alte Video-Kassetten seit 2016 digital um. "Wir haben die Hälfte der um die 200.000 Kassetten digitalisiert", sagt der Hauptabteilungsleiter Archive, Dokumentation und Recherche, Rainer Tief. "Etwa im Jahr 2021 werden wir unser gesamtes Video- und Audioarchiv digitalisiert haben." Die Audiodateien seien schon alle digital. Im vergangenen Jahr begann der BR dann damit, alte Filmrollen zu digitalisieren.

Dem Archiv-Leiter geht es nicht nur um das audiovisuelle Erbe und die technisch notwendige Archivierung. "Es handelt sich um unser Programmvermögen", sagt Tief. "Unser Ziel ist, möglichst viele Archivinhalte ins Programm zu bringen." Die Archive werden beim BR nach seinen Worten gut genutzt: Die Abfragen gehen in die Tausende pro Tag. Dabei werden so manche Programmschätze gefunden, die sonst keiner nachfragen würde. "Man freut sich jedes Mal wieder neu darüber, wenn man zum Beispiel alte Serien in guter digitaler Qualität vorliegen hat." Zum Beispiel "Monaco Franze" mit Helmut Fischer, der "Pumuckl" oder "Irgendwie und Sowieso" mit Ottfried Fischer.

Der private Sender RTL hat die Digitalisierung der Bänder schon hinter sich. Als die Mediengruppe RTL Deutschland 2010/2011 in das damals neue und voll-digitalisierte Sendezentrum nach Köln-Deutz zog, wurde sukzessive auch das Material aller Sender der Gruppe (RTL, VOX, n-tv und andere) digitalisiert. "In Summe reden wir dabei inzwischen über rund 260.000 Programmstunden für alle Free- und Pay-TV-Sender sowie Plattformen der Mediengruppe RTL", sagt Sprecher Konstantin von Stechow. (Oliver von Riegen, dpa) / (olb)


Aus: "Archiv der Fernsehgeschichte: Wie Sender alte Videos digitalisieren"  Oliver von Riegen, dpa (12.09.2018)
Quelle: https://www.heise.de/newsticker/meldung/Archiv-der-Fernsehgeschichte-Wie-Sender-alte-Videos-digitalisieren-4162080.html

Quoteshowdogg, 12.09.2018 09:38

Was wäre das herrlich dürfte jeder in den Archiven wühlen (am besten unter einheitlicher Oberfläche) und sich seine privaten Schätzchen, gerne auch gegen ein kleines Entgelt, herunterladen. (Sorry, aber man wird ja wohl noch träumen dürfen...)

sd


QuoteWumba, 12.09.2018 09:48

Re: Was wäre das herrlich...

Ich hatte mal eine Anfrage beim SWR wegen einem Filmbeitrag. Der ist von 2013 und dauert ca. 25 Minuten. Der SWR wollte mir das Ganze auf DVD zuschicken.
Der kleine Unkostenbeitrag, der wegen der "Digitalisierung" auftritt, wurde mit 80€ beziffert.


Quotejsm36, 12.09.2018 10:47

Re: Was wäre das herrlich...

Pff, warum sollten wie noch mal dafür bezahlen? Der ganze Kram wurde bereits von uns finanziert, auch ohne eine weitere Zahlung sollten wir ein Recht auf Zugriff haben.


Quotepatapuff, 12.09.2018 10:35

welche formate?

mich würde interessieren wie sie am anfang digitalisiert haben, ich habe bzw. hatte den eindruck, dass in der anfangszeit eine digitalisierung verwendet wurde die massenhaft artefakte produziert hat, zumindest teilweise bei alten fernsehfilmen merkt man das, sieht ein bischen aus wie eine mischung aus mpeg2 artefakten und moskito-noise. weiss da wer mehr?


QuoteCasandro, 12.09.2018 12:30

Das sind PAL Artefakte

Wenn man PAL naiv dekodiert, bekommst Du genau diese Artefakte. Aus irgendwelchen Gründen werden DVDs häufig mit den schlimmsten verfügbaren PAL-Dekodern gemastert.

Die öffentlich rechtlichen Sender haben diese Problem aber vorzeitig erkannt und auf D2 digitalisiert. D2 dekodiert das PAL-Signal nicht, sondern zeichnet es 1:1 auf. Die (begründete) Hoffnung war, dass PAL-Dekoder in Zukunft eher besser werden, und man somit die Umrechnung in Komponentensignale möglichst weit in die Zukunft verschiebt.

So ein D2-Band würde auf einem modernen Farbfernseher keine Artefakte zeigen und gute PAL-Dekoder (zum Beispiel der von der BBC) haben das Problem auch nicht mehr.


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Quote[...] Holger Meins war tot, die RAF mordete weiter, und Rudi Dutschke rief, während er mit erhobener Faust an Meins offenem Grab stand: "Holger, der Kampf geht weiter!" Ein Moment, der viel aussagt über die gesellschaftlichen Umbrüche in der von der terroristischen Rote Armee Fraktion erschütterten Bundesrepublik der Siebzigerjahre. Ein Moment für die Ewigkeit. Festgehalten hat ihn der Stern-Fotograf Jürgen Gebhardt.

45 Jahre später kommt dieses Stück Zeitgeschichte nun von Hamburg nach München. Denn der Stern, der einst neben dem Spiegel das wichtigste Nachrichtenmagazin Deutschlands war, hat sein analoges Fotoarchiv der Bayerischen Staatsbibliothek (BSB) geschenkt. 15 Millionen Negative, Dias und Papierabzüge aus der Zeit zwischen 1948 und 2001. Sie füllen 2200 Leitzordner auf 181 Regalmetern Länge. In der BSB werden die Bilder nach und nach digitalisiert und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.

Bei der Übergabe freuten sich einige der früheren Stern-Fotografen, die angereist waren, dass dieses Stück Zeitgeschichte nun nicht "irgendwo in einem Lagerhaus im Hamburger Hafen verschwindet", wie der Fotograf Peter Thomann sagte. Und Bayerns Kunstminister Bernd Sibler betonte: Dass der Stern sein analoges Bildarchiv an die Bayerische Staatsbibliothek gegeben habe, sei "ein großes Zeichen des Vertrauens". Aber man wisse, dass die Sachen hier "gut kuratiert, gut bewahrt und gut zugänglich gemacht" würden. "Das ist ein Rockzipfel der Geschichte, den wir zu greifen bekommen", freute sich Sibler.

Alles fing an mit einer Tagung zu Bildarchiven. Dabei erfuhr Cornelia Jahn, die Leiterin der Abteilung für Karten und Bilder bei der BSB, dass der Stern sein analoges Fotoarchiv aufgeben wollte. Mit ihrer Begeisterung für diesen "ungehobenen Schatz bundesrepublikanischer Zeitgeschichte", steckte sie Klaus Ceynowa, Generaldirektor der Bayerischen Staatsbibliothek, an. So kam die Sache ins Rollen. Und bald schon rollte die Ladung auf acht Lkws quer durch die Republik.

Bis es so weit war, hatte die Bayerische Staatsbibliothek einige Konkurrenz abzuwehren, wie Cornelia Jahn verrät. Der Stern selbst hatte anfangs zudem Gespräche mit dem Hamburger Kultursenator geführt. "Wir wissen um den kulturellen Wert dieses Archivs", betont Frank Thomsen, Mitglied der Stern-Chefredaktion. Und natürlich sei es nahegelegen, das Bildarchiv der Hansestadt zu übergeben. Aber in Hamburg hätte keine Institution mit den Möglichkeiten der BSB in Sachen Digitalisierung mithalten können. So entschied der Stern sich für München - und hier geht nun ein ganz neuer Stern auf.

Mit der Übergabe steigt der Bildbestand der Staatsbibliothek, der bisher 2,3 Millionen Bilder umfasste, um das siebenfache. Aber es ist nicht nur die Quantität. Alle Beteiligten rühmen das Stern-Bildarchiv. Hier sei "die Geschichte der Bundesrepublik und der Lauf der Welt abgebildet". Bedenkt man, dass viele große Fotografen der Bundesrepublik für das Hamburger Magazin gearbeitet haben, scheint das nicht zu hoch gegriffen. "Das ist ein Kulturschatz, der bisher ungehoben ist", so Thomsen. Bilder seien einerseits "emotionale Erinnerung". Aber in der heutigen Zeit sei es auch um so wichtiger, "dass die abgebildete Wahrheit sichtbar bleibt".

Der Fotograf Peter Thomann erzählte anlässlich der Übergabe von den goldenen Zeiten des Fotojournalismus. "Wir gehörten zu den letzten festangestellten Fotografen, und wir hatten einen Traumjob", schwärmte er. 22 festangestellte Fotografen hatte der Stern damals - ein heute geradezu astronomisch wirkende Zahl. "Man konnte selbst Themen vorschlagen, Zeit und Geld spielten keine Rolle", so Thomann. Er selbst reiste beispielsweise für eine Reportage zum Jahrestag der Deutschen Einheit rund um die Welt den versteigerten Mauerstücken hinterher.

Auch andere Fotografen, die nach München gekommen waren, wussten Geschichten rund um die Geschichte der Bilder zu erzählen. Der frühere Kanzler Willy Brandt beispielsweise war immer für einen guten Witz zu haben. Dieser Vorliebe verdankte der Stern-Fotograf Jay Ullal eine ungewöhnliche Bildstrecke. Während einer Reise in die USA fragte ihn Brandt, ob er nicht einige indische Witze in petto hätte. Der in Indien geborene Ullal hatte. Mit den Worten "dann müssen Sie aber früh aufstehen", sagte Brandt zu, Ullal am nächsten Morgen zur Verfügung zu stehen. So konnte Ullal den Kanzler dabei fotografieren, wie der sich - ganz altmodisch - vor dem Spiegel nass rasierte und zurechtmachte. Und Jürgen Gebhardt erinnert sich, wie er 1988 mit der Kamera den Trauerzug von Franz Josef Strauß in München begleitete und - weil es immer später und immer dunkler wurde - bangte, ob er noch ein gutes Foto in den Kasten bekommen würde.

Viele gute Fotos sind im Laufe der Jahrzehnte für den Stern entstanden und sind nun nach München gekommen. Noch sind zwar nicht alle Rechte geklärt, aber mit mehr als der Hälfte der Fotografen sind Vereinbarungen getroffen. So kann die BSB das Archiv auch im Internet anzeigen, was ein riesen Gewinn ist, wenn man das vergleicht mit den Online-Sammlungen der Museen, wo anstelle der zeitgenössischen Kunst oft nur Platzhalter zu sehen sind.

Bei der Digitalisierung des Stern-Bildarchivs wird die BSB ihre bisherigen wissenschaftlichen Standards aufgeben und neue Wege gehen müssen. Aber das Archiv ist mit allen wichtigen Schlagworten versehen und gut katalogisiert. Diese Metadaten können übernommen werden. Trotzdem werden für diese Mammutaufgabe Jahre nötig sein. Und für die Bayerische Staatsbibliothek ist es in jedem Fall ein Paradigmenwechsel: vom Text zum Bild. Das passt zu der heutigen Zeit.


Aus: "15 Millionen Momente für die Ewigkeit" Evelyn Vogel (6. August 2019)
Quelle: https://www.sueddeutsche.de/bayern/stern-fotoarchiv-bayerische-staatsbibliothek-15-millionen-1.4554381

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"Internet Archive blendet künftig Faktenchecks und Hintergrundinformationen ein" Tilman Wittenhorst (01.11.2020)
Das Internet Archive arbeitet für die Kontextualisierung seiner archivierten Inhalte mit folgenden Organisationen zusammen: FactCheck.org, Check Your Fact, Lead Stories, Politifact, Washington Post Fact-Checker, AP News Fact Check, USA Today Fact Check, Graphika, Stanford Internet Observatory und Our.news. Über den Umfang der Verlinkungen oder die Anzahl der bereits gesichteten Dokumente macht der Blogbeitrag keine Angaben. ...
https://www.heise.de/news/Internet-Archive-blendet-kuenftig-Faktenchecks-und-Hintergrundinformationen-ein-4944700.html

Fact Checks and Context for Wayback Machine Pages
Posted on October 30, 2020 by Mark Graham   
https://blog.archive.org/2020/10/30/fact-checks-and-context-for-wayback-machine-pages/


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#5
ZBW Pressearchive
https://pm20.zbw.eu/

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Hans-Ulrich Wagner
@h_u_wagner
Mit Rundfunk-Dokumenten arbeiten? #mediengeschichte Eine neue Infoseite der ARD gibt erste Hinweise für den Archivzugang. ...
https://twitter.com/h_u_wagner/status/1579507744935399425 | https://twitter.com/h_u_wagner

"Arbeit am Medien-Gedächtnis der Gesellschaft – noch viel zu tun: Ein Nutzerblick auf die Bedeutung der Rundfunkarchive" Hans-Ulrich Wagner ( 2022)
Von einem ,,Gedächtnis des Rundfunks" war 2014 die Rede, als die Archive der öffentlichrechtlichen Sender eine Offensive starteten, um ,,ihre Bedeutung für die Forschung" hervorzuheben (Behmer/Bernard/Hasselbring 2014). Seither ist vieles passiert, das diese immense Bedeutung unterstreicht, und etliches, das die scheinbar getrennten Welten –hier Archive und dort Forschung – einander deutlich nähergebracht hat. Angesichts der Rolle, die massenmediale Kommunikation für alle Fragen unseres Zusammenlebens spielt, kann man weiter gehen und von einem ,,MedienGedächtnis der Gesellschaft" sprechen. ...
https://leibniz-hbi.de/uploads/media/default/cms/media/4yc3304_Wagner%202022%20-%20Arbeit%20am%20Medien-Ged%C3%A4chtnis%20der%20Gesellschaft.pdf

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"Deutsche Fernsehgeschichte" (DFG)
In der Archiven deutscher Fernsehanstalten schlummern große Mengen an produziertem Fernsehprogramm. Vieles davon lagert seit Jahrzehnten ungesehen in den Regalen. Einen Teil dieser Archivschätze wieder verfügbar zu machen - das ist die Aufgabe dieses neuen YouTube-Kanals "Deutsche Fernsehgeschichte". In Zusammenarbeit mit Fernsehsendern und TV-Produzenten werden wir versuchen, sukzessive alte Sendungen zu digitalisieren, dokumentieren und hier auf YouTube zu veröffentlichen. Denn nicht selten enthalten die oft mehrere Jahrzehnte alten Inhalte sogar Informationen, die noch heute nützlich sein können. Mindestens jedoch eröffnen sie einen Blick auf unsere jüngere Geschichte, auf die Art und Weise, wie früher berichtet wurde, wie sich unsere Gesellschaft seitdem entwickelt hat oder bringen uns mit Skurrilem und "aus der Zeit Gefallenem" zum Lachen.
https://www.youtube.com/c/DeutscheFernsehgeschichte/videos

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Deutschlandradio Retro öffnet den Blick in die Archive von RIAS und Deutschlandfunk. Ab 27. Oktober in der ARD Audiothek.
Ein geflüchteter Volkspolizist, der sich über eine knarzende Telefonleitung bei seinem Vorgesetzten vom Dienst abmeldet / der Regierende Bürgermeister Willy Brandt, mit dem wir in familiärer Atmosphäre im Wohnzimmer sitzen / ein durch das unhandliche Radioequipment keuchender Reporter, der mit uns ins Innere eines Trümmerbergs klettert – es sind Dokumente aus einer Zeit, die die jüngeren Generationen nur aus Geschichtsbüchern kennen. Und was in diesen oft zu kurz kommt, schafft die Unmittelbarkeit und Verspieltheit des damals noch jungen Radios zu vermitteln: Atmosphäre. ...
Seit 1946 gab es den RIAS (Rundfunk im amerikanischen Sektor), der sich durch sein innovatives Programm auch über die Grenzen Westberlins hinaus, im Osten des geteilten Deutschlands illegaler Weise muss man sagen, großer Beliebtheit erfreute. Und 1962 folgte der Deutschlandfunk, der als Langwellensender im Westen der Bundesrepublik von vorneherein angetreten war, eine noch weitere Brücke über die innerdeutsche Grenze zu schlagen. 1994 trafen die beiden Konkurrenten dann im Deutschlandradio aufeinander und ihre Archive wurden zusammengeführt. Jetzt bringen wir sie unter dem gemeinsamen Label ,,Deutschlandradio Retro" wieder ans Licht. ...
https://www.deutschlandradio.de/deutschlandradio-retro-100.html



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Brandenburgisches Landeshauptarchiv
Dokumente der Entrechtung: Landeshauptarchiv veröffentlicht Akten der NS-Finanzverwaltung zu mehr als 40.000 Einzelschicksalen - Potsdam, 13. Februar 2024 – Das Brandenburgische Landeshauptarchiv hat heute mehr als 40.000 Akten der nationalsozialistischen ,,Vermögensverwertungsstelle" für Berlin und Brandenburg veröffentlicht. Die Unterlagen enthalten Informationen zu Zehntausenden Menschen, die vom nationalsozialistischen Deutschland als jüdisch oder ,,reichsfeindlich" verfolgt und ausgeplündert wurden.
https://blha.brandenburg.de/index.php/2024/02/13/dokumente-der-entrechtung/

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#8
Willkommen im Digitalen Lesesaal des Bundesarchivs — Film —
https://digitaler-lesesaal.bundesarchiv.de/

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Sci-Hub ist eine sogenannte Schattenbibliothek, über die wissenschaftliche Aufsätze, die teilweise sonst nur hinter einer Bezahlschranke online verfügbar sind, auf Abruf bereitgestellt werden. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Sci-Hub

"Websperren: Große deutsche Provider blockieren Schattenbibliothek Sci-Hub" Stefan Krempl (13.04.2024)
Telekom, Vodafone & Co. erschweren den Zugang zur Schattenbibliothek Sci-Hub - obwohl es dafür keine gerichtliche Anordnung gibt. ...
https://www.heise.de/news/Websperren-Grosse-deutsche-Provider-blockieren-Schattenbibliothek-Sci-Hub-9684299.html

https://www.heise.de/forum/heise-online/Kommentare/Websperren-Grosse-deutsche-Provider-blockieren-Schattenbibliothek-Sci-Hub/Die-Wissenschaftscommunity-koennte-das-Problem-ganz-leicht-loesen/posting-43885790/show/

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Quote[...] Tilman Baumgärtel ist Professor für Medienwissenschaft an der Hochschule Mainz und hat in diesem Jahr das Mainzer Webarchiv gegründet, eine Präsentationsplattform für Onlinekulturgut, die mit Material aus dem Internet Archive arbeitet.

Wer in den vergangenen Tagen wissen wollte, wie, sagen wir, die Website der Bundesregierung im Jahr 1999 aussah, hatte Pech. Denn der digitale Ort, an dem Internetinhalte der Vergangenheit systematisch abrufbar sind, war nicht erreichbar. Die Website des Internet Archives ist Opfer mehrerer Cyberangriffe geworden. Die Organisation betreibt eine digitale Bibliothek und die Wayback Machine, eine Funktion, mit der archivierte Websites zu verschiedenen Zeitpunkten angesehen werden können.

Die Seite war seit Freitag nicht erreichbar. Seit Montag wird sie Schritt für Schritt wieder zugänglich gemacht. Die einzigartige Sammlung von 866 Milliarden Websites blieb bei den Attacken unbeschädigt. Auch die 42,1 Millionen Druckerzeugnisse, 13 Millionen Videos, 1,2 Millionen Softwareprogramme, 14 Millionen Audiodateien und 5 Millionen Bilder (Stand: September 2024) sind zwar derzeit nur eingeschränkt abrufbar, aber weiterhin vorhanden.

Dennoch wirft der Vorfall ein grelles Licht auf die bedrückende Situation des Erhalts von Internetinhalten und anderem digitalem Kulturgut. Das Internet Archive ist der einzige ernst zu nehmende Versuch, eine Bibliothek solcher Inhalte anzulegen, das einzige Gedächtnis des Internets. Sollte es dauerhaft beschädigt oder anderweitig aus dem Verkehr gezogen werden, wäre die einzige brauchbare Ressource verloren, mit der man nicht nur die Entwicklung des Internets seit Mitte der Neunzigerjahre nachvollziehen kann, sondern auch Zugriff auf Inhalte hat, die aus dem Netz verschwunden sind.

Warum das Internet Archive angegriffen wurde und von wem, ist nicht vollständig bekannt. Offenbar bereits im September haben Unbekannte die Daten von 31 Millionen Nutzern gestohlen, darunter unter anderem E-Mail-Adressen, Passwörter, Benutzernamen und interne Systemdaten.

Obwohl sich bisher niemand zu diesem Datendiebstahl bekannt hat, hat die Hackergruppe SN Blackmeta die Verantwortung für eine gleichzeitige Distributed-Denial-of-Service-Attacke (DDoS) auf archive.org übernommen. Bei DDoS-Angriffen werden Websites durch gezielte Überlastung lahmgelegt.

SN Blackmeta begründet ihren Angriff auf archive.org politisch: In einem Posting auf X schreibt die Gruppe, man wolle "Stimmen derjenigen Gehör verschaffen, die oft zum Schweigen gebracht und übersehen werden. Unsere Mission wurzelt im Kampf für Gerechtigkeit, Gleichheit und Anerkennung für das palästinensische Volk ... Der Angriff auf eine bedeutende digitale Ressource wie das Internet Archive dient dazu, die Bedeutung seiner Geschichte und seiner Erfahrungen zu unterstreichen."
Inwiefern der Angriff auf das Internet Archive dem Ziel dient, die "Geschichte und die Erfahrung" der Palästinenser hervorzuheben, erklärt die Gruppe nicht. Tatsächlich sammelt das Internet Archive auch die digitale Geschichte der Palästinenser.

Das Onlinearchiv wurde 1996 von Brewster Kahle, einem US-amerikanischen Softwareunternehmen, ins Leben gerufen. Die in San Francisco ansässige und als gemeinnützig anerkannte Organisation macht regelmäßig Kopien von Websites und speichert sie für den Fall, dass sie geändert oder gelöscht werden. Wie eine Suchmaschine folgen dabei Spider genannte Programme den Links auf den Websites in ihrem Archiv und laden Teile der so gefundenen Internetinhalte auf den eigenen Server.
Diese Snapshots, die seit 1996 gesammelt werden, können in der Wayback Machine auf der Website der Organisation abgerufen werden. Wie mit einer Internet-Zeitmaschine kann man hier besichtigen, wie sich die Websites des Weißen Hauses oder von ZEIT ONLINE über die Jahre verändert haben. Man findet die Websites von lange offline gegangenen Internetmedien wie der deutschen Netzeitung (2000–2009) oder der US-amerikanischen Tech-Website Motherboard (2009–2019) ebenso wie private Blogs, die von ihren Gründern lange eingestellt oder gar gelöscht worden sind.

Bisher hat kein Nationalarchiv und keine internationale Kulturinstitution wie etwa die Unesco ein vergleichbares Archivangebot aufgebaut – oder es auch nur versucht.
Dabei gibt es in Bezug auf andere Medien große Sammelleidenschaft. Während es weltweit große und kleine Bibliotheken, Archive und Museen für analoge Bücher, Landkarten, Tonträger, Bilder oder die Briefe und Nachlässe von Künstlern, Autoren und Wissenschaftlern gibt, werden Inhalte aus dem Internet bisher kaum systematisch gesammelt und erhalten. Einige Bibliotheken sammeln zwar auch Webinhalte, aber nicht ansatzweise in vergleichbarer Vollständigkeit.
Archive von Städten und Gemeinden, Unternehmen, Kirchen und anderen Organisationen sammeln pflichtbewusst das gedruckte Material und die schriftlichen Akten, die ihre Auftraggeber produzieren, und verzeichnen sie in Katalogen und Indexen. Aber die Websites dieser Organisationen, die Facebook-Postings und die YouTube-Videos, die viele Städte oder Unternehmen auch produzieren, gehören selten zum Sammlungsauftrag. Selbst mit dem E-Mail-Verkehr tun sich traditionelle Archive oft schwer.

Tatsächlich sind digitale Inhalte oft kurzlebig und vor allem: Sie verändern sich ständig. Verbindliche Statistiken über die durchschnittliche Lebensdauer einer Website existieren nicht, und es gibt auch immer noch Websites aus der Frühzeit des Webs, die bis heute unverändert erhalten geblieben sind, wie zum Beispiel die Promo-Website für den Film Space Jam von 1996 oder das Netzkunstwerk My Boyfried Came Back from the War der Russin Olia Lialina aus demselben Jahr.
Nach einer Untersuchung der Online-Marketingfirma Orbit Media bleibt die durchschnittliche Website aber nur sechs Jahre und vier Monate im Netz. Laut einer Studie des Pew Research Centers, einem Thinktank aus den USA, existieren 38 Prozent der Websites aus dem Jahr 2013 nicht mehr. Acht Prozent der Websites, die im Jahr 2023 veröffentlicht wurden, waren im Oktober desselben Jahres bereits wieder gelöscht.

So verschwinden nicht nur ununterbrochen Archivalien, die für künftige Geschichtsschreibung von großer Bedeutung sind. Auch das Material, mit dem Faktenprüfer, Forscher und Journalisten aktuell arbeiten, ist bedroht, wenn zum Beispiel Unternehmen unliebsame Informationen von ihrer Website löschen, sobald über sie recherchiert wird.

Auch wenn das Material im Internet Archive den gegenwärtigen Hackerangriff unbeschadet überstanden hat, ist seine Zugänglichkeit gefährdet. Das liegt vor allem an Urheberrechtsstreitigkeiten. Im vergangenen Jahr verlor die Organisation ein Verfahren gegen eine Gruppe von US-amerikanischen Verlegern, die geklagt hatten, weil das Internet Archive digitale Versionen ihrer Bücher online an Leser ausgeliehen hatte wie eine öffentliche Bücherei. Eine halbe Million Werke, die man auf der Website openlibrary.org kostenfrei lesen konnte, mussten aus dem Netz genommen werden.
Eine noch größere Bedrohung für die Organisation ist eine Urheberrechtsklage von mehreren Musiklabels. Das Internet Archive hat digitalisierte Grammofonplatten veröffentlicht. Die Schadensersatzforderungen von bis zu 621 Millionen Dollar könnten das Ende des Internet Archives sein, wenn das Gericht gegen die Organisation entscheidet. Der Fall wird sich wohl über Jahre hinziehen und die Verantwortlichen des Internet Archives scheinen gewillt, den Streit trotzig durchzuziehen. Man kann nur hoffen, dass sie nicht für die vergleichsweise kleine Sammlung von alten Tonaufnahmen die Existenz des ganzen Projekts aufs Spiel setzen.


Aus: "Bücher werden überall gesammelt, Websites nur hier" Tilman Baumgärtel (17. Oktober 2024)
Quelle: https://www.zeit.de/digital/internet/2024-10/internet-archive-wayback-machine-websites

"What is the Average Website Lifespan? 10 Factors In Website Longevity" Mackenzie Pelletier (03.09.2024)
https://www.orbitmedia.com/blog/website-lifespan-and-you/

https://www.pewresearch.org/data-labs/2024/05/17/when-online-content-disappears/


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Quote[...] In zahlreichen Amtsgerichten in ganz Niedersachsen wurden Schimmelsporen nachgewiesen, darunter in Soltau, Braunschweig, Goslar, Hameln und Delmenhorst. Das geht aus einem Erhebungsbericht des Niedersächsischen Landtags in Zusammenarbeit mit dem Justizministerium hervor. Auch ein Archivkeller im Oldenburger Amtsgericht wurde laut einem Gutachten im Oktober positiv auf Schimmelsporen getestet. Der Archivraum musste daraufhin für mehrere Tage gesperrt werden, was zu einem Bearbeitungsstau führte.

Inzwischen darf das Archiv nur noch für einen kurzen Zeitraum und mit Schutzkleidung betreten werden. Wie aus den Bestimmungen des Gutachtens hervorgeht, sind die Mitarbeitenden angewiesen, wenigstens Handschuhe, einen Mundschutz und Schuhüberzieher zu tragen. Sollten sie sich länger im Archivkeller aufhalten, müssen sie ganze Schutzanzüge tragen. Denn der Schimmelbefall schadet nicht nur den Akten: Die gesundheitsschädlichen Schimmelsporen sind in der Luft nicht sichtbar und können durch einen Luftzug aufgewirbelt und verteilt werden. Laut dem Bundesministerium für Umwelt- und Verbraucherschutz (BMUV) können die Sporen daher über die Kleidung auf andere Gegenstände oder Orte übertragen werden. Sie können zu Hautreizungen und Schleimhautentzündungen führen und Allergien und Asthma auslösen.

Testamente, Grundbücher oder Urkunden dürfen befallene Archivlager daher nicht verlassen. Zu groß ist die Gefahr, dass der Schimmelpilz über die kontaminierten Akten in die Büros gelangt. In Oldenburg ist deswegen im Keller eigens ein Scanner eingerichtet worden. Hier werden die Dokumente elektronisch eingelesen, wodurch sie dann wenigstens als digitale Kopie eingesehen werden können. Danach wird die Akte wieder dem Archiv zugeführt, wo ihr Schicksal im Schimmel-Milieu allerdings relativ ungewiss ist.

Bei den von Schimmel betroffenen Amtsgerichten handelt es sich nach Angaben des Staatlichen Baumanagements Niedersachsen in den meisten Fällen um historische Gebäude, die älter als 100 Jahre sind. In der jüngeren Vergangenheit haben sich die Schadensbilder jedoch gehäuft, was mit den steigenden Starkregenereignissen zusammenhängen soll. Die Bausubstanz der alten Gebäude könne den Wassermassen nicht standhalten, so die Behörde. So komme es zu Schäden durch Feuchtigkeit.

Eine Grundsanierung würde laut Baumanagement nicht nur die Amtsgerichte in Niedersachsen betreffen, sondern auch Gebäude von Staatsanwaltschaften und Justizvollzugsanstalten. Die zu treffenden Baumaßnahmen wären nicht nur zeitaufwendig und umfangreich, sondern auch kostenintensiv. Finanziell und personell sei das überhaupt nicht möglich, teilte das Staatliche Baumanagement dem NDR Niedersachsen mit. In aktuellen Schadensfällen behelfe man sich in der Regel mit Bautrocknungsgeräten, um die Schadensausbreitung wenigstens einzudämmen.

Da trotz Digitalisierung der Gerichtsakten gewisse Dokumente immer noch zusätzlich im Original aufgehoben werden müssen, hat die Behörde nach eigenen Angaben bereits mehrfach angeregt, Ausweichflächen für die Archivierung in Betracht zu ziehen. Außerdem kommt es durch zeitweise Sperrungen der Archivkeller immer wieder zu Verzögerungen und Stau in der Abarbeitung, wie die Behörde betont. Und fest steht demnach auch: Solange in den Untergeschossen archiviert wird, gibt es für die Mitarbeitenden immer eine latente bis hochgradige Gesundheitsgefährdung durch Schimmelsporen.


Aus: "Schimmel im Archiv: Viele Justizgebäude in Niedersachsen betroffen" (15.12.2024)
Quelle: https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/oldenburg_ostfriesland/Schimmel-im-Archiv-Viele-Justizgebaeude-in-Niedersachsen-betroffen,schimmel478.html

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#11
"Niederlande öffnen Archiv über Nazi-Kollaboration der Öffentlichkeit" (01.01.2025)
Am 2. Januar 2025 wird das zentrale Archiv der von den Niederlanden eingerichteten Sondergerichte zur Aburteilung von Nazi-Kollaborateuren der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Bisher waren die Informationen nur für Wissenschaftler, Betroffene und deren Nachkommen einsehbar.
Niederländische Familien werden die Möglichkeit haben, sich über die Geschichte ihrer Angehörigen während der Nazi-Besatzung der Niederlande zu informieren. ...

Quelle: https://www.juedische-allgemeine.de/juedische-welt/niederlande-oeffnen-archiv-ueber-nazi-kollaboration-der-oeffentlichkeit/

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"NS-Archiv in den NiederlandenDatenschutz bremst Digitalisierung" (2.1.2025)
Die Niederlande wollen eine umfangreiche Dokumentensammlung über NS-Kollaborateure digital zugänglich machen. Daraus wird erst mal nichts. ... Eigentlich hatte das Nationalarchiv in Den Haag am 2. Januar eine besondere und außerordentlich heikle Dokumentensammlung online öffentlich zugänglich machen wollen: 425.000 Akten über Personen, die in der Zeit der Deutschen Besatzung zwischen 1940 und 1945 der Kollaboration verdächtigt wurden. Die Öffnung nach 80 Jahren geht auf die Archivgesetzgebung zurück, die Online-Verfügbarkeit des digitalisierten Materials wiederum auf ein besonderes Projekt namens Oorlog voor de Rechter (,,Krieg vor dem Richter").
Doch daraus wird vorläufig nichts. Grund dafür sind Bedenken bezüglich der Privatsphäre von Personen, die in dem 3,8 Kilometer langen Centraal Archief Bijzondere rechtspleging (CABR) Erwähnung finden. Vorgebracht werden sie von der unabhängigen Datenschutzbehörde Autoriteit Persoonsgegevens (AP). Diese findet, die Öffnung verstoße gegen gesetzliche Bestimmungen.  ...
https://taz.de/NS-Archiv-in-den-Niederlanden/!6056651/



QuoteMartin Rees
03.01.2025, 00:15 Uhr

Bei der großen Zahl der verfügbaren Akten sind offensichtlich ziemlich viele Familien betroffen.
Sehr wenige haben aber derart massiv durch Kollaboration beigetragen:

"Der Historiker Götz Aly hat in seinem jüngsten Buch ,,Hitlers Volksstaat" gezeigt, wie die Nazis die Ausplünderung und Liquidation der europäischen Juden nutzten, um ihre Kriegskasse zu füllen. Zu diesem Zwecke etablierten sie in den besetzten Ländern unterschiedliche Formen der Kollaboration. In den Niederlanden gehörte dazu die Kolonne Henneicke. 54 holländische Männer, die nach Art der Kopfgeldjäger Jagd auf Juden machten. Als Angehörige der Hausraterfassungsstelle durchkämmten sie Amsterdam und die niederländische Provinz, um versteckte Juden aufzuspüren. 7 Gulden 50 zahlten die Nazis für jede ergriffene Person. Die Kolonne Henneicke arbeitete so effektiv und ,,erfolgreich", dass sie nach sechs Monaten aufgelöst werden konnte. Alle Opfer waren gefunden, ausgeliefert und deportiert worden. Wer waren diese Kopfgeldjäger? Wie gingen sie vor. Wie reagierten ihre Landsleute auf diese schäbige Form der Kollaboration? Solchen Fragen ist der holländische Journalist Ad van Liempt nachgegangen...."

Quelle: deutschlandfunk.de


QuoteBolzkopf

Datenschutz ist eine Illusion und ein Feigenblatt. Ich meine damit den Schutz personenbezogener Daten aller Ottonormalverbraucher. Wie gesagt: Ein Feigenblatt

Jener Datenschutz der dafür sorgt, dass unbequeme Wahrheiten nicht ans Tageslicht kommen und kriminelle Aktivitäten ungestört ablaufen können, dieser Datenschutz klappt natürlich excellent.


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"NS-Helfer in Den Haag: Das Recht zu wissen, wer die Angehörigen verriet" Kommentar von Tobias Müller (2.1.2025)
Es ist überfällig, dass Kollaborations-Akten aus der NS-Zeit freigegeben werden. Besser wäre es aber, wenn die Akten digital zugänglich wären. ... Dass eine allgemeine Öffnung der Archive nur in Übereinstimmung mit datenschutzrechtlichen Bestimmungen geschehen kann, ist unbestritten. Rechtsstaatliche Bestimmungen sind dazu da, um sie einzuhalten. Es wird weitere Verhandlungen benötigen zwischen Angehörigen von Opfern und Täter*innen sowie juristischen und historischen Expert*innen, um sich auf die Modalitäten einer vollständigen Öffnung der Archive zu verständigen. Dieses Ziel nämlich wird zwar vorerst aufgeschoben, deswegen aber nicht aufgehoben – und das sollte es auch nicht. ... Ein möglichst barrierefreier Zugang ist in diesem Kontext auch von großem Belang für die internationale Forschung. Vor allem aber ist es eine gesellschaftliche Verpflichtung gegenüber oft (hoch-)betagten Angehörigen, die nicht nur jahrzehntelang mit den Löchern leben mussten, die ihre ermordeten Familienmitglieder hinterließen, sondern nicht einmal Informationen darüber hatten, wer von ihren Landsleuten sie einst verriet. ...
https://taz.de/NS-Helfer-in-Den-Haag/!6056665/

QuoteChristian Deinhart
02.01.2025, 20:28 Uhr

Ich halte nichts davon, die Akten online frei zugänglich zu machen. Wer ein berechtigtes Interesse hat, soll die Akten einsehen dürfen aber frei zugänglich hat das was von den Online Prangern in den USA, über die man sich in Europa sonst bestenfalls wundert.


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Quote[...] Marcel Luthe erstritt vor Gericht, dass die Berliner Skandal-Wahlen wiederholt werden mussten. Jetzt zieht er erneut vor Gericht: Er will die Stasi-Akte von Angela Merkel.

Von 2005 bis 2021 war sie die deutsche Bundeskanzlerin und wurde eine der bekanntesten Frauen der Welt - Angela Merkel. Nach ihrem Rückzug ist es ruhig geworden um die Altkanzlerin. Doch das könnte sich nun ändern. Der Chef der GG-Gewerkschaft Marcel Luthe ist - mal wieder - vor Gericht gezogen. Er will erreichen, dass die Stasi-Unterlagen über Angela Merkel freigegeben werden.

Hintergrund: Ein Gerücht, dass Angela Merkel inoffizielle Mitarbeiterin des Staatssicherheitsdienstes der DDR gewesen sei, gibt es schon lange, Beweise dafür hingegen nicht. In den Weiten des Internets findet sich immer wieder die Behauptung, dass Merkel als ,,IM Erika" für die Stasi gespitzelt haben soll. Angebliche Belege dafür entpuppen sich bereits nach kurzer Recherche schlichtweg als unwahr, mitunter gar als böswillige Fälschung.

Der Historiker Hubertus Knabe, jahrelanger Leiter der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen und ausgewiesener Fachmann für durch die Stasi in der DDR begangenes Unrecht, beschäftigte sich in der Vergangenheit ausführlich mit Angela Merkel und dem Themenkomplex ,,IM Erika". Er hat seine Untersuchungen dazu
auf seiner Internetseite ausführlich veröffentlicht.

"IM Erika – eine Spurensuche" (9. August 2019)
Da die Stasi-Unterlagen-Behörde bislang keine Akten zu Angela Merkel herausgegeben hat, ist nicht bekannt, ob in ihrem Fall eine Überprüfung durch das MfS stattgefunden hat. Ob es einen solchen Aktenvorgang zu Angela Merkel gibt, lässt sich bislang nicht sagen. Die Stasi-Unterlagen-Behörde hat keine entsprechenden Dokumente herausgegeben. Das könnte daran liegen, dass die Stasi entgegen den Vorschriften keinen förmlichen IM-Vorlauf angelegt hat. Oder die Akte wurde vernichtet oder sie enthält ausschließlich Informationen über sie und nicht von ihr. Da das Stasi-Unterlagen-Gesetz selbst bei höchsten Staatsämtern keine Möglichkeit bietet, Auskunft über die Aktenlage zu erzwingen, liegt es allein in Merkels Hand, zu diesem Punkt Transparenz herzustellen. ...
https://hubertus-knabe.de/auf-den-spuren-von-im-erika/

Knabe kommt zu dem Schluss: ,,Für die Behauptung, Bundeskanzlerin Angela Merkel hätte unter dem Decknamen ,,Erika" für den Staatssicherheitsdienst gearbeitet, gibt es keinerlei Belege. Sollte es einen entsprechenden IM-Vorgang gegeben haben, müssten selbst im Fall seiner Vernichtung zumindest noch Spuren davon erhalten sein." Das aber sei ,,nach gegenwärtigem Kenntnisstand nicht der Fall", heißt es auf seiner Internetseite.

Was es jedoch gibt, ist eine Stasi-Akte zu Angela Merkel - das bestätigt die Stasi-Unterlagenbehörde. Da diese Akte aber keine ,,Täter-Akte" ist, gibt es nach Auskunft der Behörde kein Anrecht der Öffentlichkeit auf Freigabe der Akte, wenn die betreffende Person nicht zustimmt. Und das hat Angela Merkel nicht getan. Ergo bleibt die Akte unter Verschluss. Und hiergegen klagt Marcel Luthe.

,,Es ist gesetzlich geregelt, dass derartige Akten auch ohne Zustimmung der Betroffenen herauszugeben sind, wenn sie Personen der Zeitgeschichte, Inhaber politischer Funktionen oder Amtsträger betreffen, soweit diese ihre zeitgeschichtliche Rolle, Funktions- oder Amtsausübung betreffen", sagte Luthe dem Nordkurier. ,,Und das ist bei Frau Merkel meiner Ansicht nach ganz klar der Fall."

Im Schriftverkehr mit der Stasi-Unterlagenbehörde führt Luthe diesen Punkt weiter aus. Hier heißt es: ,,Durch ihre Funktion als Sekretär für Agitation und Propaganda in der FDJ-Leitung am DDR-Zentralinstitut für Physikalische Chemie ist Frau Merkel im Zeitraum der Ausübung dieser Funktion zugleich als Inhaber politischer Funktionen und Amtsträger zu betrachten. Sollte es Unterlagen aus dieser Zeit geben, die ihre damalige Funktions- oder Amtsausübung betreffen, sind mir diese deshalb ebenfalls vorzulegen. Im Herbst 1989 schloss sich Frau Merkel dann plötzlich der neu gegründeten DDR-Oppositionspartei ,,Demokratischer Aufbruch" (DA) an, wo sie für den damaligen Parteivorsitzenden Wolfgang Schnur tätig war, der kurz darauf als IM enttarnt wurde."

Weiter heißt es: ,,Am 23. Januar 1990 wurde sie schließlich zur Pressesprecherin des DA gewählt, der eine zentrale Rolle für den Wahlsieg der CDU bei den Volkskammerwahlen vom März 1990 und die nachfolgende Wiedervereinigung Deutschlands spielte. Frau Merkel ist in dieser Zeit als Person der Zeitgeschichte einzustufen. Sollte es aus dieser Zeit MfS-Dokumente über Frau Merkel geben, sind mir diese deshalb ebenfalls vorzulegen. Für die historische und politische Aufarbeitung ist dabei auch von Bedeutung, wie sie in dieser Zeit beim MfS erfasst war."

Die zuständigen Behörden sehen das jedoch anders und haben die von Luthe verlangten Unterlagen nicht herausgegeben. Auch der Gang vor das Berliner Verwaltungsgericht hat bislang keinen Erfolg gebracht. Nicht nur Luthe wird der Zugang zur Akte verweigert, auch der zuständige Richter am Berliner Verwaltungsgericht hat die Unterlagen noch nicht zu sehen bekommen. Begründung: Nach Ansicht des Bundesarchivs könnte ,,das Bekanntwerden des Inhalts der Urkunden, der Akten, der elektronischen Dokumente oder der Auskünfte dem Wohl des Bundes Nachteile bereiten". Deshalb muss nach derzeitiger Gesetzeslage das Bundesverwaltungsgericht zunächst über die Freigabe der Akten an das Verwaltungsgericht Berlin entscheiden.

Und das, so Luthe, sei der Knackpunkt: ,,Wenn die Akte nachrichtendienstlich unbedeutend sein sollte und keine Hinweise auf eine Tätigkeit für die Stasi oder einen mit der Stasi befreundeten ausländischen Dienst enthielte, wäre das Oberverwaltungsgericht statt des Bundesverwaltungsgerichtes zuständig. Dass nun aber das Bundesverwaltungsgericht zuständig ist, spricht dafür, dass es hier etwas zu erforschen gibt."

Im Gespräch mit dieser Zeitung stellt Luthe klar, dass es ihm hier nicht ,,um eine politisch motivierte Hetzjagd auf die frühere Bundeskanzlerin" gehe. ,,Aber die Gerüchte, dass Frau Merkel vielleicht doch irgendeine bislang unbekannte Verbindung zur Stasi hatte, halten sich so hartnäckig, dass ich hier ganz einfach Klarheit haben will. Und ja, ich denke, das ist mein gutes Recht. So wie es auch das Recht von 80 Millionen weiteren Bundesbürgern ist, die Vergangenheit von Frau Merkel zu kennen."

Dass er derzeit überall auf Granit beißt und seine Anstrengungen im Kampf um die Freigabe der Akten womöglich völlig umsonst sind, ist ihm nach eigener Aussage ,,erstmal völlig egal". Luthe sagt, es mache ihn ,,nunmal misstrauisch, mit welcher Vehemenz mir die anfragten Unterlagen verweigert" würden. Er fügt hinzu: ,,Wissen Sie, als ich vor Gericht gezogen bin, um über 40.000 Seiten Wahlprotokolle zur Berliner Skandal-Wahl zu bekommen, wurde auch überall geblockt und mir blinder Aktionismus unterstellt." Es habe sich aber gezeigt, dass ,,es eben kein Aktionismus war. Denn die Wahl musste aufgrund der durch meine Klage freigegebenen Unterlagen schließlich wiederholt werden, und das Land Berlin bekam eine neue Regierung."

Im Fall Angela Merkel erhofft sich Luthe "zunächst erstmal nur das eine, und zwar maximale Transparenz. Erst wenn die Unterlagen frei verfügbar sind, kann man über die Inhalte diskutieren. Und zwar völlig ergebnisoffen."


Aus: "Wird Angela Merkels Stasi-Akte nun veröffentlicht?" Philippe Debionne (14.06.2024)
Quelle: https://www.nordkurier.de/politik/stasi-akte-angela-merkel-wird-sie-nun-veroeffentlicht-2612030