"Tod durch Mittelohrentzündung - Siebenjähriger stirbt, weil Eltern auf Homöopathie statt Antibiotika setzen" (29. Mai 2017)
Schon seit Jahren verzichten die Eltern des kleinen Francesco darauf, ihrem Sohn Antibiotika zu geben. Stattdessen setzen sie auf Homöopathie - mit fatalen Folgen: Der Siebenjährige starb an einer profanen Mittelohrentzündung. ... Üblicherweise verschreiben Ärzte bei einer etwas hartnäckigeren Infektion Antibiotika, doch die Eltern des siebenjährigen Francesco aus dem ostitalienischen Städtchen Cagli wollten ihrem Kind auf keinen Fall Antibiotika geben, sondern setzten stattdessen auf eine homöopathische Therapie. Nun ist Francesco tot. ... Die Zeitung "Corriere della Sera" kommentiert diesen tragischen Fall mit den Worten: "Leider gibt es so dumme Menschen, die sich nicht ohne ein Dogma leben können - sei es religiöser, materialistischer, wissenschaftliche oder anti-wissenschaftlich Art." ...
http://www.stern.de/panorama/weltgeschehen/siebenjaehriger-stirbt-wegen-homoeopathischer-behandlung-7473466.html---
"Psi-Test an der Universität Würzburg Gibt es Beweise für übersinnliche Kräfte?" Sebastian Leber (16.08.2017)
Einmal im Jahr können Wünschelrutengänger und Telekineten an der Uni Würzburg ihre Kräfte testen lassen. ... Die Tests in Würzburg leitet der Wahrnehmungsforscher Rainer Wolf. Er ist 75 und Dozent an der Universität. Er sagt, im Grunde würde er sich freuen, wenn einmal jemand das Preisgeld abräume. Was dann für ein spannendes Forschungsfeld entstehe!
In den vergangenen Jahren ließen sich fast 60 Kandidaten testen. Wünschelrutengänger, Gedankenübertrager, Wahrsager. Eine Bewerberin wollte anhand von Porträtbildern erspüren, ob die gezeigte Person an einer Herzkrankheit leidet. Eine andere Frau behauptete, sie könne schweben. Ein Kandidat brachte eine Landkarte mit und wollte durch bloßes Pendeln einen Goldbarren aufspüren, den Rainer Wolf zuvor in der Umgebung versteckt hatte. ... Ein Kandidat, der geglaubt hatte, er könnte Gift in Äpfeln erpendeln, wirkte nach dem Test einsichtig und bedankte sich, dass die Wissenschaftler ihm seinen Irrtum aufgezeigt hatten. Ein paar Tage später meldete er sich erneut und sagte, er habe es sich anders überlegt. Eine höhere spirituelle Kraft habe ihm erlaubt, seine übersinnlichen Talente weiter zu nutzen. ...
http://www.tagesspiegel.de/themen/reportage/psi-test-an-der-universitaet-wuerzburg-gibt-es-beweise-fuer-uebersinnliche-kraefte/20175116-all.html---
"Bloggerin: 275.000 Euro Strafe wegen erfundener Krebserkrankung" (28. September 2017)
Die Australierin Belle Gibson hatte mit Blog, App und Buch über ihre vermeintliche "Heilung" etwa 300.000 Euro verdient - Wegen der frei erfundenen Geschichte über ihre Krebserkrankung ist die australische Bloggerin Belle Gibson am Donnerstag zu umgerechnet etwa 275.000 Euro Geldstrafe verurteilt worden. Die 25-Jährige hatte behauptet, einen Hirntumor mit ayurvedischer Medizin, Sauerstofftherapie sowie dem Verzicht auf Gluten und Zucker überwunden zu haben. Ein Gericht in Melbourne befand sie nun der vorsätzlichen Täuschung schuldig. Die Geschichte über ihre vermeintliche Heilung hatte Gibson zu einiger Prominenz verholfen. Mit ihrem Blog, einer eigenen App und dem Verkauf eines Buchs kam sie auf Einnahmen von insgesamt 420.000 australischen Dollar (etwa 300.000 Euro). Davon soll sie umgerechnet nur etwa 7.000 Euro gespendet haben. Eigentlich hatte Gibson versprochen, einen "Großteil" der Einnahmen an wohltätige Organisationen weiterzureichen. Den Blog "The Whole Pantry" und die App gibt es nicht mehr. (APA, red, 28.9.2017)
http://derstandard.at/2000064937974/Bloggerin-275-000-Euro-Strafe-fuer-erfundene-Krebserkrankung---
Psirama – Der Psiram-Wochenrückblick (KW41, 2017)
Vergangene Woche erschien bei Zeit Online ein Artikel von Natalie Grams und Nikil Mukerji, in welchem die häufigsten Denkfehler beim Thema Homöopathie analysiert wurden. Ausnahmsweise lohnt sich hier ein Blick in die Kommentar-Abteilung. Natürlich tauchten die üblichen „Mir hat es aber geholfen“-Sprüche auf (wenngleich im Artikel genau erklärt wurde, warum das kein Argument ist), diese wurden aber schnell und kompetent mit sachlichen Erwiderungen gekontert. Im besten Fall sind das erste Anzeichen, dass die intensive Aufklärungsarbeit der letzten zwei Jahre, speziell vom Informationsnetzwerk Homöopathie, erste Früchte trägt oder mehr Menschen versuchen, sorgfältig zu argumentieren. Grundlagen für korrekte und wirksame Argumentation finden sich unter anderem im Podcast der Schweizer Skeptiker und beim Skeptik-Kabinett aus Österreich. Außerdem eine echte Empfehlung: Der Zeit-Podcast gibt einen Einblick in die Denkstruktur von Chemtrail-Gläubigen und zeigt, was bei einer Konfrontation zwischen Chemmies und Wissenschaftlern passiert. ...
https://blog.psiram.com/2017/10/psirama-der-psiram-wochenrueckblick-kw41-2017/---
"Hokuspokus aus der Leitung" Christoph Behrens (9. Januar 2018)
Für umgerechnet 31 Euro bekommt man in den meisten Feinkostläden eine gute Flasche französischen Champagner. In einigen Supermärkten in Kalifornien erhält man für diese Summe einen Kanister Trinkwasser mit Verfallsdatum. "Wenn man es zu lange stehen lässt, verfärbt es sich grün", sagte der Gründer der Firma Live Water, Mukhande Singh, der New York Times. Die amerikanische Firma beliefert Anhänger einer Gesundheits-Bewegung, die es nach "Raw Water", rohem Wasser, dürstet. Live Water bewirbt sein Wasser nicht etwa als besonders sauber, sondern als ursprünglich und unbehandelt. Gezapft wird es von einer Bergquelle im Bundesstaat Oregon und ungefiltert abgefüllt. Die Firma behauptet, krankmachende Keime könnten nicht in die Behälter gelangen, das Quellwasser enthalte aber "gute Bakterien", die dem Wasser "heilsame Fähigkeiten" verleihen würden. "Lebendiges Quellwasser ist der Schlüssel, um eine perfekte Balance des Mikrobioms zu erreichen", so die Werbung.
Schon seit Jahrhunderten lässt sich mit der Anpreisung von Trinkwasser als besonders, heilsam oder heilig viel Geld verdienen. Diese Heilsversprechen verfangen heute bei gesundheitsfixierten Milieus aufs Neue, und finden durch das Internet noch besonders schnelle Verbreitung. Längst konkurrieren etliche Firmen um das unberührteste Wasser. "Zero Mass Water" aus Arizona hat ein System entwickelt, das angetrieben von Solarpaneelen Feuchtigkeit aus der Umgebungsluft zieht. Das 4500 US-Dollar teure System gewinnt etwa zehn Liter am Tag. Andere Raw-Water-Anhänger machen sich gleich selbst in der Wildnis auf die Suche nach Wasserquellen, um ihr Trinkwasser in mitgebrachte Flaschen zu füllen - ohne zu wissen, welche Verunreinigungen sie mit abzapfen.
Ein Grund für das Verlangen nach dem Urwasser dürfte sein, dass Leitungswasser in den USA häufig mit Chlor oder Fluor versetzt ist, um Keime abzutöten. In den verwendeten Mengen sind die Stoffe unbedenklich, doch sie verleihen dem Leitungswasser manchmal einen faden Beigeschmack. "Daher kommt wohl der Wunsch nach einem möglichst natürlichen Geschmack", sagt der Lebensmittelchemiker Helge Bergmann. So sei vermutlich der Hype um das lebendige Wasser in den USA entstanden. ...
Das erklärt allerdings noch nicht, warum die Raw-Water-Fans nicht einfach Mineralwasser trinken, statt dubiosen Firmen zu vertrauen oder selbst in der Wildnis nach Quellen zu suchen - zumal das ziemlich ungesund sein kann. "Wasser ist nirgends steril", sagt Bergmann. "Sobald es gelagert oder transportiert wird, muss es behandelt werden." Auch in vermeintlich unberührten Gebieten können Wasserläufe verunreinigt sein, etwa durch Ausscheidungen von Wildtieren. Es drohen dann Durchfall und Infektionen.
Im deutschsprachigen Raum veranstaltet vor allem die Esoterik-Szene ein großes Bohei um "lebendiges", "levitiertes" oder "vitalisiertes" Wasser, dem "eine höhere Qualität" angedichtet wird als Wasser aus der Leitung. Nach dieser Vorstellung verfügt dieses höherwertige Wasser über ein Gedächtnis, um "Informationen" aus der Umwelt zu speichern. Diese "wirkliche Natur des Wassers" gehe aber in der modernen Zivilisation verloren, etwa weil das Wasser in Rohrleitungen unter Druck stehe oder Handystrahlen ausgesetzt sei.
Die Vorstellungen sind wissenschaftlich gesehen unhaltbar, es gibt keine Belege, dass Wasser Informationen speichert oder dass Wasserrohre die Qualität von Trinkwasser schmälern - außer die Rohre sind aus Blei gefertigt, was aber nur noch in wenigen Altbauten vorkommt. Fast nirgends ist die Qualität von Leitungswasser so hoch wie in Deutschland. Dennoch hat sich ein profitables Geschäftsfeld daraus entwickelt, dem Wasser mystische Energien anzudichten. Es gibt "Wasserverwirbler", die Getränken durch Rühren neue Energie zuführen sollen. Die Stäbe aus Edelstahl kosten bis zu 100 Euro. Auch "Energie-Flachmänner" sind für solche Mondpreise zu haben. Ein Anbieter behauptet, die Gerätschaften in einem zwölf Meter hohen Turm (wo genau er steht, wird geheimgehalten) bei Vollmond zu "energetisieren". Andere verkaufen Steine, die Getränke von störenden Einflüssen reinigen sollen.
Helge Bergmann beobachtet die Esoterik rund ums Wasser seit Jahren, im Buch "Trübes Wasser" hat er einige der verrücktesten Spleens der Szene aufgeschrieben. "Es entstehen ständig Bewegungen für ein angebliches neues, gesundes Wasser", sagt Bergmann. Jedoch kämen die wenigsten über eine Nische hinaus, "dafür braucht es schon eine große Werbekampagne."
Eine Ausnahme ist die Firma Grander-Wasser in Tirol, die "Wiederbelebungsgeräte" anbietet, die man mit Wasserleitungen verschrauben kann. Das durch die kleinen Kästen hindurchfließende Wasser soll danach eine "höhere Ordnung" aufweisen. "Daraus ist ein Millionengeschäft geworden", sagt Bergmann. Nicht nur Privatleute, auch Hotels und Schwimmbäder lassen sich mit den teilweise Tausende Euro teuren Geräten ausstatten. Mittlerweile haben Gerichte entschieden, dass die Firma nicht mehr mit etlichen Gesundheitsversprechen werben darf.
Weniger esoterisch, aber ebenfalls recht teuer sind Wasserfilter, bei denen Wasser durch aufwendige Schichten fließt oder mit Magneten "energetisiert" werden soll. Einige der Kannen kosten bis zu 400 Euro. Anschließend kosten sie weiter Geld, weil die Filter häufig ausgetauscht werden müssen, um Bakterienwachstum zu verhindern.
http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/wasser-hokuspokus-aus-der-leitung-1.3816805Burkard Schulte-Vogelheim, 9. Jan. 2018
Einen an der Waffel haben darf man schon.
Anne Roesgen, 9. Jan. 2018
Ganz so einfach ist es nicht. Die EU verklagt gerade Deutschland, weil die deutschen Grenzwerte zu hoch sind, darüber hat doch auch die SZ schon mehrfach berichtet. Das Wasser ist nicht überall toll, wird auch oft gechlort. In Norddeutschland läuft gerade die Gülle über, die eh schon das Grundwasser verseucht. Esotherisches Wasser ist sicher nicht die Alternative.
Hans Schmitt, 9. Jan. 2018
Sollen sie doch machen, die ganzen Esoteriker, Astrologen und Homöopathen, solange die Allgemeinheit nicht dafür zahlen muss. ...
Stephanie Spinner-König, 9. Jan. 2018
Ich wünschte, ich brächte es über mich, meine Mitmenschen zu verarschen. Man könnte so einfach reich werden dabei
Philipp Zeitler, 9. Jan. 2018
Leitungswasser hat je nach Herkunft unterschiedliche Qualität. Wer auf Leitungswasser aus der Kläranlage steht, in dem die nicht gefilterten hormonellen Rückstände durchaus vorhanden sind, soll es einfach genießen . Jeder kann doch selbst entscheiden, was er trinkt und dafür zahlt.