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[Slavoj Žižek (Der „Bud Spencer der Psychoanalyse") ... ]

Started by lemonhorse, October 26, 2010, 01:11:00 PM

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#20
Žižek: Philosophy, Psychoanalysis, Sex and the Spaces Between (19.06.2018)
Philosopher, cultural theorist, and film critic Mladen Dolar will host two pillars of modern philosophy to talk about their latest works. Slavoj Žižek will break down his thinking on "the empty spaces between philosophy, psychoanalysis, and the critique of political economy" laid out in his book "Incontinence of the Void: Economico-Philosophical Spandrels". Alenka Zupančič shares her exploration on what kind satisfaction we get from sex and how it might be replaced with satisfaction from equally sexual activities such as talking or writing, painting or praying. Her new book is titled 'What IS Sex?' WGBH Forum Network ~ Free online lectures: Explore a world of ideas
https://www.youtube.com/watch?v=P-Qea5E24_A

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Slavoj Žižek - Online Vigil in support of Julian Assange #Unity4J (July 2018)
https://www.youtube.com/watch?v=KKqZNDD5xFE

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Slavoj Žižek und das Kino 1/3 | Essay #10 (22.11.2020)
#Filmtheorie #Bordwell #Postmoderne
Slavoj Žižek ist zweifellos der populärste Philosoph der Gegenwart. Seine Thesen sind steil, seine Denkweise hin- und herspringend, sein Denkstil originell und seine hektische Performance einzigartig. Im Zentrum seiner Bücher und Vorträge stehen dabei immer wieder Filme. Die Frage lautet nur: Haben wir es hier mit einer Art zizekianischen #Filmtheorie​ zu tun oder stimmt der Vorwurf, den der Filmwissenschaftler David #Bordwell​ an Zizek richtet, nämlich, dass dieser nicht mehr als ein später Vertreter der #Postmoderne​ sei? Im ersten von drei Videos soll es um eben diesen Vorwurf gehen. Im zweiten Teil folgt dann die Beschäftigung mit dem Begriff der Ideologie, der dritte Teil schließt mit einer konkreten Betrachtung des Kinos ab.
Literatur:
Gertrud Koch (2016): Die Wiederkehr der Illusion. Der Film und die Kunst der Gegenwart, Suhrkamp Verlag.
Matthew Flisfeder (2012): The Symbolic, the Sublime, and Slavoj Zizek's Theory of Film. Palgrave Macmillan.
Slavoj Zizek (1989) The Sublime Object of Ideology. Verso Verlag.
Slavoj Zizek (2000): Lacan in Hollywood. Turia + Kant Verlag.
Slavoj Zizek u.a. (2002): Was Sie immer schon über Lacan wissen wollten und Hitchcock nie zu fragen wagten. Suhrkamp Verlag
Hyung Kang Kim, Ansgar Lorenz (2020): Slavoj Zizek. Philosophie für Einsteiger. Wilhelm Fink Verlag.
https://youtu.be/y16TiTJqYE8

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The Dash: A discussion with Slavoj Žižek, Rebecca Comay, and Frank Ruda
The Department of German at NYU, the NYU Department of Comparative Literature, and Deutsches Haus at NYU present a discussion between Slavoj Žižek, Rebecca Comay, and Frank Ruda which will revolve around Comay and Ruda's book The Dash—The Other Side of Absolute Knowing. Deutsches Haus at NYU, October 23, 2018
https://youtu.be/SoRlMXFy5Mw

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#21
Slavoj Žižek on Synthetic Sex and "Being Yourself" (07.06.2015)
https://youtu.be/7xYO-VMZUGo

"Slavoj Žižek on Why You're Never Really Alone With Your Sexual Partner" (23.03.2015)
Slavoj Žižek draws from examples in literature, film, and advertising to explain a phenomenon in which no sexual liaison is complete without a third element -- an intruder, something like a fantasy. He also dishes out on topics including feminist crime fiction, 20-year-old British beer commercials, and the Taco Bell Quesarito.
https://youtu.be/cE6_6DFNsVk

Slavoj Žižek - Sex and the Failed Absolute (Nov. 2018)
We will tackle straight on the old metaphysical topic: is it possible for us, finite and mortal humans, to achieve some kind of contact with the Absolute? After a brief overview of the traditional and modern answers (ecstatic religious union with the Absolute, immersion into the primordial Void, identification with the destructiveness of nature, intellectual intuition, transcendental-historical reflection, etc.), we will propose the Lacanian answer: sexuality is our primordial brush with the Absolute – sexuality as our basic experience of failure, of impossibility. This becomes palpably clear in our historical moment when this status of sexuality is under threat. In deploying this thesis, we will pass through many particular topic: Beckett's art of abstraction; neurotheology; sexbots; fake news; quantum physics; posthumanity.
https://youtu.be/vB-A_tYwUZI


"Slavoj Žižek, Mladen Dolar, and Alenka Zupančič: The Politics of Sexual Difference" (Deutsches Haus, 06.12.2017 veröffentlicht)
The German Department and Deutsches Haus at NYU present "The Politics of Sexual Difference" with Slavoj Žižek, Mladen Dolar, and Alenka Zupančič as part of NYU Skirball's ongoing series SKIRBALL TALKS. This public event consists of three half-hour talks, and is presented on the occasion of two new publications: Incontinence of the Void by Slavoj Žižek, and What IS Sex? by Alenka Zupančič. Monday, November 13th, at 6:30PM in Skirball Center for Performing Arts, 60 Washington Square South Slavoj Žižek is a senior researcher at the Institute for Sociology and Philosophy at the University of Ljubljana, Global Distinguished Professor of German at New York University, and international director of the Birkbeck Institute for the Humanities of the University of London. Mladen Dolar taught for 20 years in the Department of Philosophy at the University of Ljubljana, Slovenia, where he now works as a Senior Research Fellow. He is the author of a number of books, most recently (with Slavoj Žižek) Opera's Second Death and Voice and Nothing More. Alenka Zupančič, a Slovenian psychoanalytic theorist and philosopher, teaches at the European Graduate School, and is a researcher at the Institute of Philosophy at the Slovenian Academy of Sciences and the Arts. She is the author of The Shortest Shadow: Nietzsche's Philosophy of the Two and The Odd One In: On Comedy, both in the Short Circuits series, published by the MIT Press. "The Politics of Sexual Difference" ft. Slavoj Žižek, Mladen Dolar & Aleka Zupančič is a DAAD-sponsored event.
https://youtu.be/4R7SCY5zVLg

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Quote[...] Der Kampf gegen echten (und angeblichen) Sexismus geht schon lange ans Eingemachte. So fordern Feministinnen mittlerweile, dass wir aufhören sollten, die weibliche Brust zu fetischisieren. Ausgerechnet sie! Stattdessen solle man die Brust als einen normalen Teil des weiblichen Körpers ansehen. Für diesen Kampf der befreiten Nippel nehmen Frauen in grösseren Städten sogar barbusig an Protestmärschen teil. Das Ziel ist hier ganz offensichtlich die Ent-Erotisierung, ja die Re-Normalisierung des weiblichen Körpers.

Wenn wir diese Denklogik weitertreiben, kommen wir zu einer neuen Forderung: Das sexuelle Objekt soll an sich entmystifiziert werden. Das kann man etwa an den Büchern von Laura Dodsworth beobachten: Nachdem die Fotografin zwei Werke mit Porträts von Penissen und Brüsten publiziert hatte, fotografierte sie nun in ihrem neuen Buch 100 Vulvas. «Mit der Vulva wird häufig nur die sexuelle Aktivität verbunden», sagt Dodsworth, «dabei haben wir über so viele Bereiche geredet, die eher ‹unsexy› sind: Monatszyklen, Menopause, Unfruchtbarkeit, Fehlgeburten, Abtreibungen, Schwangerschaft, Geburt, Krebs.»

Bald wird «Vagina: A Re-education» erscheinen, ein Buch der britischen Autorin Lynn Enrights. Liv Strömquists Bestseller «Fruit of Knowledge» (Untertitel: «Vulva vs. Patriarchy and with stabs at Freud») beschäftigt sich mit der Vulva und der Menstruation. Es gibt ein britisches Musical mit dem Namen «Vulvarine». Live-Events, in denen der Körper positiv zurückerobert wird, erfreuen sich grosser Beliebtheit: von «Body-Positivity»-Kursen im Aktzeichnen bis hin zu «Muschi-Erkundungs-Workshops».

Ist dies wirklich ein Fortschritt? Wenn ja, dann sollten wir diesen Gedanken konsequent zu Ende führen und auch Exkremente entmystifizieren und entfetischisieren. Einige von uns erinnern sich sicher noch an die Szene aus Buñuels «Le fantôme de la liberté», in der die Funktionen von Essen und Ausscheiden vertauscht werden: Menschen sitzen um einen Tisch herum auf ihren Toiletten, unterhalten sich nett, und wenn sie etwas essen wollen, fragen sie ganz leise und verschämt die Haushälterin: «Wo ist denn das Esszimmer?»

Das Argument, das hinter diesem Phänomen steckt, ist klar: Die männliche Fetischisierung der Vagina als das ultimativ mysteriöse Objekt der (männlichen) Begierde muss überwunden werden. Anstelle dessen soll die Vulva für Frauen zurückerobert werden, in all jener Komplexität, die frei ist von sexistischen Mythen.

Was ist falsch daran? Gehen wir zurück zu Buñuel: Es gibt eine ganze Reihe von Filmen, in denen dasselbe Motiv behandelt wird, in Buñuels eigenen Worten: «die unerklärbare Unmöglichkeit, ein einfaches Bedürfnis zu befriedigen». In «L'Age d'or» will etwa ein Pärchen Sex haben, was aber immer wieder durch unsinnige Unfälle verhindert wird; in «Ensayo de un crimen» will der Held einen Mord begehen, aber alle Versuche scheitern; in «El ángel exterminador» schafft es eine Gruppe junger reicher Menschen nach einer Party nicht, die Türschwelle zu übertreten, um das Haus zu verlassen; in «Cet obscur objet du désir» wird schliesslich das paradoxe Verhalten einer Frau gezeigt, die durch unterschiedliche Tricks immer wieder das freudige Wiedersehen mit ihrer alten Liebe verschiebt.

Was ist all diesen Filmen gemein? Es ist unmöglich, eine einfache Alltagshandlung auszuführen, wenn die Handlung den unmöglichen Ort des (erhabenen) «Dings» besetzt und also anfängt, das sublime Objekt der Begierde zu verkörpern. Sobald das Objekt jedoch den verbotenen, leeren Raum des Anderen einnimmt, entsteht ein ganzer Haufen von unüberwindlichen Hürden. Das Ding bleibt unerreichbar.

Hier sollten wir uns Jaques Lacans Definition der Sublimierung ins Gedächtnis rufen: Es wird «ein Objekt zur Würde des Dings erhoben». Eine gewöhnliche Sache oder Handlung erscheint in einer Art Kurzschluss plötzlich als Erscheinung des unmöglichen realen Dings. Deswegen reicht – umgekehrt – im intensiven erotischen Spiel ein falsches Wort, eine falsche Geste aus, um eine gewaltvolle Ent-Sublimierung auszulösen. Wir fallen von einem Moment auf den anderen aus der erotischen Spannung ins vulgäre Kopulieren.

Man stelle sich vor, dass man, von der erotischen Leidenschaft getrieben, einen genauen Blick auf die Vagina der geliebten Frau wirft, zitternd, weil das Vergnügen wie erwartet gleich eintrifft. Aber dann passiert etwas: Als ob man den Kontakt zu ihr verloren hätte, fällt man aus der erotischen Lust heraus, und das Fleisch vor den Augen erscheint plötzlich in seiner ganzen vulgären Realität, mit dem Geruch von Urin und Schweiss (man kann sich die gleiche Szene gendergerecht auch mit einem Penis vorstellen). Was passiert hier also?

Die Vagina hört auf, ein Objekt zu sein, «das zur Würde des Dings erhoben wurde», und wird wieder Teil der gewöhnlichen Realität. In diesem präzisen Sinne ist Sublimierung nicht das Gegenteil von Sexualisierung, sondern dasselbe.

Auch im Erotischen ist es deshalb zwischen dem Erhabenen und dem Lächerlichen nur ein kleiner Schritt. Der sexuelle und der komische Akt schliessen sich wechselseitig aus. Der sexuelle Akt steht für die intime Beschäftigung schlechthin, für eine Situation, in der das teilnehmende Subjekt niemals die Haltung des ironischen, externen Betrachters annehmen kann. Und aus diesem Grund kann der sexuelle Akt auch für diejenigen, die nicht direkt darin involviert sind, nur lächerlich erscheinen. Der komische Effekt kommt von der Diskrepanz zwischen der Intensität des Aktes und der gleichgültigen Ruhe des Alltags.

Das bringt uns zurück zu den Versuchen, die Vulva zu «entmystifizieren». Um ein altes Sprichwort zu verwenden: Jene, die dies tun, merken nicht, dass sie das Kind mit dem Bade ausschütten. Die Attacke der Feministinnen auf die Idee der Vagina als ein fetischisiertes Objekt der männlichen Begierde ist also auch eine Attacke auf die Grundstruktur der Sublimierung, ohne die es das Erotische gar nicht gäbe – was dann noch bleiben würde, wäre eine langweilige gewöhnliche Welt, in der keine erotische Spannung mehr zwischen Menschen existierte. Die «entfetischisierten» Organe würden die Feministinnen dann als das ausgeben, was sie sind: Körperorgane.

Der Moment, in dem wir die willkürliche Natur der Sublimierung erkennen (jedes einfache Objekt kann auf die Stufe des unmöglichen Dings gehoben werden), macht auch klar, dass sexuelle Sublimierung ganz einfach von der angeblich patriarchalen Mystifizierung befreit werden kann. Was wir anstelle dieser neuen Sphäre des Erotischen bekommen, ist jedoch eine Version von etwas, was Adorno und Horkheimer – die beiden Meister des Marxismus der Frankfurter Schule – «repressive Ent-Sublimierung» nannten: Das Ergebnis ist nicht eine neue Freiheit, sondern die graue Realität, in der Sex vollkommen unterdrückt wird. Ist es das, was wir wollen?

Aus dem Englischen übersetzt von Judith Basad.


Aus: "Soll denn nun auch alles Erotische entzaubert werden? In was für langweiligen Zeiten leben wir eigentlich?" Slavoj Žižek (14.3.2019)
Quelle: https://www.nzz.ch/feuilleton/slavoj-zizek-feministinnen-rauben-dem-weiblichen-koerper-den-reiz-ld.1462142

QuoteClaudiaZettel @ClaudiaZettel
Hahaha. Es ist so unendlich lustig, wie irgendwelche Männer immer noch glauben, Frauen seien auf die Welt gekommen, um für sie sexy zu sein. Und wie einseitig kann man eigentlich Erotik verstehen.

2:02 nachm. · 14. März 2019


https://twitter.com/ClaudiaZettel/status/1106178695557992448
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Quoteblastjarna @blastjarna
Antwort an @ClaudiaZettel
Hab ich das jetzt richtig verstanden? Wenn man Frauen als ganz normale Menschen mit ganz normalen Körpern betrachtet und nicht als mystische Objekte, sind sie nicht mehr erotisch?

Hilfe......

3:33 nachm. · 14. März 2019


https://twitter.com/blastjarna/status/1106201682269167617
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QuoteLena Doppel-Prix @lenadoppel

Er hätt auch einfach ,,Wenn ich ficken will, dann seid's ihr immer noch der Nebenwiderspruch, Mädels" schreiben können und sich (und uns) das ganzen psycho-philosophische Bramborium sparen können. Natürlich weiß ich, worauf er hinauswill. I am just so not interested. #zizek

2:00 nachm. · 15. März 2019


https://twitter.com/lenadoppel/status/1106540584179810306

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QuoteHannah Hübner @hannah__vibe @Slavojiek

asks women to stop demystifying the #vulva as it would take #eroticism off the #female body and in turn repress #sex. Well, what about you leave talking about female bodies to us women? And dude please, how limited is your idea of sex? #misogyny #mansplaining #zizek


1:39 vorm. · 15. März 2019


https://twitter.com/hannah__vibe/status/1106354271413506049

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Quote[...] Die Parteiakademie der Liste Jetzt lädt regelmäßig unter dem Titel "Talk Europe" zum Gespräch. In der Ausgabe vom 3. April soll es um die "gefährlichen Unsicherheiten der Gegenwart und mögliche Lösungsszenarien" gehen. Kritisch soll es werden, steht auf der Seite der Veranstaltungsreihe, und "durchaus polarisierend". Auf dem Podium wird der Philosophiestar Slavoj Žižek gemeinsam mit Robert Pfaller, ebenfalls Philosoph (Kunstuniversität Linz), und dem Politiker Peter Pilz (Liste Jetzt) sitzen. "Unsere Situation ist brandgefährlich. Es gibt Unsicherheiten und Elemente des Chaos in den Bereichen Umwelt, internationale Beziehungen bzw. Politik, in Biotechnologie, in sexuellen Beziehungen – einfach überall", wird Žižek in der Veranstaltungsankündigung zitiert.

Dass gerade diese drei Personen diese Umwälzungen diskutieren sollen, hat unter vielen Feministinnen für Irritation und Kritik gesorgt. Žižek äußerte sich erst vor kurzem sorgenvoll über die feministischen Auseinandersetzungen mit dem weiblichen Körper, die derzeit gehäuft publiziert werden – eine Auseinandersetzung, die letztlich die Erotik zerstöre. Die Rückeroberung des weiblichen Körpers sei "unsexy", schrieb Žižek kürzlich in einem Text für die "NZZ", die er darin auch abwertend als "Muschi-Erkundungs-Workshops" bezeichnet. Er fragt sich außerdem, ob die Beschäftigung mit der Vulva und der Menstruation, wie sie zum Beispiel die Comiczeichnerin Liv Strömquist in "Fruit of Knowledge" vorgelegt hat, wirklich ein Fortschritt sei. "Wenn ja, dann sollten wir diesen Gedanken konsequent zu Ende führen und auch Exkremente entmystifizieren und entfetischisieren." Und Žižek schreibt weiter über die "Entzauberung des Erotischen": "Die männliche Fetischisierung der Vagina als das ultimativ mysteriöse Objekt der (männlichen) Begierde muss überwunden werden. Anstelle dessen soll die Vulva für Frauen zurückerobert werden, in all jener Komplexität, die frei ist von sexistischen Mythen." Skeptisch gibt sich auch Robert Pfaller gegenüber feministischen Bewegungen, der mit MitstreiterInnen seines Vereins "Adults for Adults" an der #MeToo-Kampagne immer wieder die Verbreitung sexualfeindlicher Stimmung und Selbstviktimisierung kritisierte. Pilz hatte im im Jahr 2017 und 2018 mit Vorwürfen wegen sexueller Belästigung zu kämpfen: Eine Mitarbeiterin des Europäischen Volkspartei warf ihm sexuelle Belästigung am Rande des Forums Alpbach 2013 vor, auch wegen angeblicher Vorfälle zum Nachteil einer Mitarbeiterin des grünen Parlamentsklubs wurde ermittelt – das Verfahren zu diesen beiden Fällen wurde im Mai 2018 eingestellt.

"Die rechtspopulistischen Umwälzungen in Europa leisten einer frauenfeindlichen und antifeministischen Politik Vorschub", heißt vonseiten des Frauenvolksbegehrens, das in wenigen Tagen eine Gegenveranstaltung organisiert hat. Gerade wegen dieser Tendenzen sei es unverständlich, dass hier drei Männer, die antifeministische Positionen vertreten würden, "unter sich" die Lage Europas diskutieren. Die am selben Abend stattfindende Gegenveranstaltung findet in unmittelbarer Nähe zum Veranstaltungsort von "Talk Europe" statt. In Anlehnung daran heißt die Gegenveranstaltung "Talk Patriarchy". Ebenso wie beim Original fokussiert "Talk Patriarchy" ganz auf die drei Personen auf dem Podium, auf dem die grüne Ex-Nationalratsabgeordnete Sigi Maurer, Lea Susemichel, leitende Redakteurin des feministischen Monatsmagazins "Anschläge", und Vanessa Spanbauer, Chefredakteurin des Magazins "Fresh. Black Austrian Lifestyle", Platz nehmen. Zudem wird es eine Lesung von Stefanie Sargnagel und einen Auftritt der Musikerin Denice Bourbon geben.

"Es ist nicht bloß die übliche Ignoranz, dass ein Panel ausschließlich mit weißen Männern besetzt wird", sagt Susemichel. "Das ist eine Provokation. Žižek sieht es tatsächlich als Entzauberung und Verlust der Erotik an, wenn sich Frauen selbst mit ihrem Körper befassen", kritisiert sie. Mit der Ausleuchtung aller möglichen Körperöffnungen von Frauen in der Mainstream-Pornografie habe man überhaupt kein Problem, "das ist der männlichen Lust offenbar in keiner Form abträglich, aber wenn Frauen es wagen, Bücher über ihre Vulva zu schreiben, dann ist die erotische Kultur in Gefahr". In einer solchen Zusammensetzung mit "ausgewiesenen Antifeministen" könne es schwerlich um "neue Ordnungen" gehen, so Susemichel. Vielmehr gehe es "um einen männlichen Abwehrkampf, um alte Ordnungen unangetastet zu lassen".

Till Hafner, Geschäftsführer der Parteiakademie der Liste Jetzt, bedauert, dass die Zusammensetzung des Podiums als Angriff auf den Feminismus aufgefasst wird. Das sei keinesfalls die Intention gewesen. "Wir wollten keinesfalls feministische Bewegungen infrage stellen", sagt Hafner, der die Gegenveranstaltung und "vor allem eine inhaltliche Debatte begrüßenswert" findet. Christian Berger und Lena Jäger vom Frauenvolksbegehren zeigen sich von Maria Stern, Parteichefin der Liste Jetzt, enttäuscht. Stern war bis zur Bekanntgabe ihrer Kandidatur bei der Nationalratswahl im Jahr 2017 Sprecherin des Frauenvolksbegehrens. "Dass es hier offenbar keinen Einspruch von ihr gegeben hat, verstehen wir nicht", heißt es vom Frauenvolksbegehren. Gerade in Zeiten von Echokammern sei es wichtig, einen offenen Diskurs zu wagen, sagt Stern auf Nachfrage des STANDARD. Grundsätzlich liege aber die Einladungspolitik nicht in ihrem Aufgabenbereich, sondern sei allein Sache der Akademie. "Würde die Akademie aber nur Leute einladen, mit denen wir immer zu 100 Prozent einer Meinung sind, wären die Diskurse dementsprechend langweilig", so Stern, die über Žižeks "NZZ"-Artikel sagt: "Der ist vollkommener Käse."



Aus: "Frauenvolksbegehren mit Gegenveranstaltung zu Žižek-Talk" Beate Hausbichler (2.4.2019)
Quelle: https://derstandard.at/2000100606377/Frauenvolksbegehren-organisiert-Gegenveranstaltung-zu-Zizek-Talk


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Quote[...] "Feministinnen schauen sich Mösen viel zu genau an, und darunter leidet die erotische Vorstellungskraft der Männer." Wenn man Slavoj Žižeks Beitrag für eine Schweizer Zeitung auf diesen Satz eindampft, dann ist Kritik sehr naheliegend. Aber einen Philosophen von seinem Schlag zu kritisieren ist nicht einfach. Das liegt nicht zuletzt an seiner berufsbedingten Vorliebe für Metaebenen, Referenzen und ideengeschichtliche Begriffe. Žižek ist beispielswiese ein ausgewiesener Experte für den Psychoanalytiker Jacques Lacan. Wenn er in seinem Text bestimmte Fragestellungen mit Verweis auf Lacan beantwortet, dann muss sich Kritik an den Thesen Žižeks auch immer an dem Grad des Verständnisses für die Theorien von Lacan messen lassen. Das schafft einen Nimbus der Unangreifbarkeit, durch den Kritik mit einem Verweis darauf, dieses oder jenes offenbar nicht gelesen oder nicht verstanden zu haben, jederzeit abgeschmettert werden kann. Nun hat Slavoj Žižek aber keinen 300 Seiten starken philosophischen Essay über die Modifikationen der erotischen Natur der letzten 100 Jahre veröffentlicht, sondern einen kurzen Feuilletonbeitrag für die "NZZ", der vor intellektueller Faulheit nur so strotzt. Und damit sollte man ihn einfach nicht davonkommen lassen – auch und gerade als Mann nicht. Kluge Frauen wie Margarete Stokowski haben zwar schon darauf hingewiesen, dass Žižek hier offenbar hauptsächlich die Kränkung darüber auswalzt, dass ihm eine Erektion – und sei sie auch nur gedanklich – angesichts einer feministisch erkundeten Vulva schwerzufallen scheint.

Was aber noch aussteht, ist eine männliche Perspektive auf die unreife Vorstellung, die "Entmystifizierung des sexuellen Objekts" stünde der Erotik im Weg. Und damit meine ich nicht nur Solidarität mit all den Frauen, die kein Interesse für Žižeks Altherrenansprüche an ihren Vulven aufbringen. Ich meine ganz ausdrücklich die Enttäuschung und die Wut von Männern darüber, dass ein Intellektueller wieder einmal sein Publikum mit ranzigen Klischees über die angebliche Eindimensionalität männlicher Sexualität unterhält. Was ist los mit dem Mann? Wieso hält ausgerechnet ein ausgebildeter Philosoph die Mehrdeutigkeiten von Körperteilen nicht aus? Diese Peinlichkeit lässt sich auch nicht mit Wortkonstruktionen wie "repressive Entsublimierung" bemänteln. Žižek liefert einfach nur den nächsten faden Aufguss des "Feminismus tötet die Erotik"-Märchens, das insbesondere jungen Frauen gerne als Spukgeschichte erzählt wird. Als Warnung: Jetzt stell dich nicht so an, du willst doch schließlich begehrt werden. Das ist nicht nur in seiner zugrundeliegenden Anspruchshaltung, sondern auch in seiner Totalität für einen siebzigjährigen Mann erschütternd naiv. Nach Žižeks Logik dürften heterosexuelle Gynäkologen überhaupt kein Interesse an Sex mit Frauen haben, weil sie jeden Tag weibliche Geschlechtsorgane entsublimieren und einfach ihren Job machen. Darüber hinaus liefert er mit seinen Ausführungen die Blaupause für den Mann, der seine Frau verlässt, weil er mit ihrer Vulva genug Erfahrungen gesammelt hat und findet, dass es mal wieder Zeit für eine neue wäre. So sind wir Männer: Vom Mysterium Vulva und Vagina bleibt mit jedem Blick, jedem Kontakt immer weniger bestehen. An seine Stelle tritt das gruselige Wissen darüber, dass das weibliche Geschlecht ja in Wahrheit auch ein wulstiges Ausscheidungsorgan ist. Und die Vertreibung aus dem ahnungslosen Pussyparadies erfolgt durch die verstärkte feministische Beschäftigung mit dem Thema natürlich viel schneller. Das senkt die Mösenhalbwertszeit. Klar, dass Mann da traurig ist.

Also der Mann, der nicht in der Lage ist zu erkennen, dass Erotik sich nicht im Reiz des unbekannten Geschlechtsorgans erschöpft. Der Mann, dessen Männlichkeit so fragil ist, dass sie Detailanschauung und -wissen des begehrten Geschlechts in anderen Kontexten nicht ertragen kann. Obwohl ja gerade dieses Wissen in den letzten Jahrzehnten dazu geführt hat, dass wir uns von der unerfreulichen Vorstellung von Lacans Übervater Sigmund Freud lösen konnten, ein reifer Orgasmus der Frau sei nur durch das Eindringen des Penis in die Vagina möglich. Apropos Lacan: Žižeks Held kaufte 1955 ein Gemälde von Gustave Courbet. Es heißt "Der Ursprung der Welt" und zeigt die behaarte Vulva einer Frau.

Und ein Comic der schwedischen Künstlerin Liv Strömquist zur Kulturgeschichte der Vulva, den Žižek als zu feministisch entmystifizierend kritisiert hat, trägt in der deutschen Übersetzung denselben Titel.

Vielleicht wäre es in diesem Sinne nicht nur an der Zeit, dass Slavoj Žižek mit seinen pubertären Muschifantasien in der Realität des erwachsenen Begehrens ankommt, in der Mann der Möglichkeit zur Sublimierung nicht wegen zu viel feministischen Vulvawissens beraubt wird, sondern Sublimierung je nach Situation rauf und runter regelbar ist. Vielleicht ist es auch an der Zeit, dass Männer im Widerspruch zu derlei Thesen ihre Sexualität als etwas behaupten, das mehr ist als ein in immer gleicher Weise triebfixiertes Abziehbild.


Aus: "Kolumne: Der aktuelle Aufguss des "Feminismus tötet die Erotik"-Märchens" Nils Pickert (7.4.2019)
Quelle: https://derstandard.at/2000100808216/Die-aktuelle-Aufguss-desFeminismus-toetet-die-Erotik-Maerchens

Quote
eine kluge Katze kratzt keinen Köter höchstens Krokodile

Ich glaube es ist den junge Frauen heute ziemlich wurscht, was ein 70-jähriger Philosoph über Erotik denkt und sagt.


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k_otin

Genau das ist das Dilemma. Wir Feministinnen brauchen keine männlichen Vordenker mehr. Wir denken lieber selbst.


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sugar

im innenpolitik-streik

... sorry, aber mich (frau) interessieren akademische diskussionen über "pussyparadiese" oder "entmystifizierung" original nüsse - ich kenn meine "möse", weiß btw seit meinem 12. lebensjahr, dass ich einmal im monat blute und nein, weder schäm ich mich, noch brauch ich nen orden dafür; witzigerweise wusste auch jeder mann mit dem ich bis jetzt leben und "pussy" teilte, ziemlich genau über letztere bescheid.

... ps: obwohl mirs erste posting dazu gelöscht wurde, ich will immer noch ne artikelserie zur "morgenlatte".


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saurewurst

"die seele ist ein weites land"


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Ben Vassy

Diese Fixierung des Feminismus auf heterosexuelle Männer geht mir auf die Nerven. Heteronormative Sichtweisen greifen immer zu kurz. Man nehme zur Kenntnis, daß die Welt auch auch Männer kennt, die keine "Muschifantasien" hegen. Daß diese Fantasien auch von Frauen gehegt werden. So, und dann zurück an den Start und diese cartoonhaft vereinfachten, 2dimensionalen Abziehbilder des "Feminismus" neu denken. Danke.


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Mafi

Žižek und die Feministen sollten sich mit Gummivulvas bewerfen. Das wäre auch ein schönes Statement zum Niveau zeitgenössischer Philosophie.


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schweinebaermensch

Laut Statistik haben die jungen Menschen immer weniger Sex, kann das auch mit dem Feminismus zusammenhängen?


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widiwutsch

Das Baggern und zielgerichtete Kennenlernen wird immer schwieriger, das Thema existiert in der medialen Wahrnehmung fast nur noch als Missbrauch, Porno, Fetisch oder One-Night-Stand. ...


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[sic]

... Ich persönlich glaube nicht, dass es jemals einfach(er) war, jemanden kennenzulernen. Aber ,,anbaggern" birgt für mich schon ein bisschen einen Hinweis auf das Problem.


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#24
"Die Dämonisierung des Feminismus: Kommentar der anderen" Lea Susemichel (9. April 2019)
Der feministische Ärger über All-Male-Runden wie jüngst Žižek-Pfaller-Pilz hat nach Ansicht von "An.schläge"-Redakteurin Lea Susemichel nichts mit Denk- und Redeverboten für "alte weiße Männer" zu tun. Vielmehr gehe es um linke Zukunftsvisionen, die man bloß nicht jener Generation überlassen dürfe, erklärt sie im Gastkommentar. ... Ich hielt die Sache für einen Scherz: Slavoj Žižek, Robert Pfaller, Peter Pilz auf einem Haufen – das hat tatsächlich satirische Symbolkraft für Macho-Mansplaining. Aber so dreist, sich ausgerechnet gemeinsam auf ein Podium zu setzen und sich über alle feministische Kritik hinwegzusetzen, um über "sexuelle Umwälzungen" zu sprechen, seien sie dann ja wohl doch nicht. Aber ja, tatsächlich, sie waren es, sogar dreist genug, sich nach Empörung über diese eitle Ego-Show in letzter Minute mit Judith Ransmayr eine "Schutzpatronin" (Selbstbeschreibung) dazuzusetzen, die Medienberichten zufolge zwischen den männlichen Monologen jedoch nur mit einem einzigen kurzen Statement zu Wort kommen durfte und überdies mit dem falschen Namen angesprochen wurde. Meine Häme über so viel unfreiwillig zur Schau gestellte Macker-Kultur ist zugegebenermaßen groß, aber meine Fassungslosigkeit, dass sich dafür 2019 noch eine Bühne findet, ist größer. ...
https://derstandard.at/2000101045452/Die-Daemonisierung-des-Feminismus

#offenegesellschaft - Slavoj Žižek - talk europe #3 DISORDER UNDER HEAVEN (talk europe - Am 06.04.2019 veröffentlicht)
Robert Pfaller, Slavoj Žižek und Peter Pilz & Judith Ransmayr diskutieren
https://youtu.be/udqlXkBV6fQ

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"University of Dundee | Philosophy Lecture Series | Slavoj Žižek" (2021)
Slavoj Žižek: Samuel Beckett's Art of Abstraction
We invited Slavoj Žižek from the Birkbeck Institute for the Humanities to speak as part of the Evening Lecture Series, hosted by the The Scottish Centre for Continental Philosophy at the University of Dundee.
https://youtu.be/XR8cxv_vdvg

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Slavoj Zizek vs Jordan Peterson Debate
https://www.youtube.com/watch?v=78BFFq_8XvM


https://www.theguardian.com/world/2019/apr/20/jordan-peterson-slavoj-zizek-happiness-capitalism-marxism

Quote[...] In der linken Ecke also Slavojv Zizek, 70, der binnen 30 Jahren eine ganze Bibliothek mit Büchern über Marxismus, Ideologie, Postmoderne, Psychoanalyse, Romantik, Gewalt, Toleranz, Totalitarismus, Oper, Kino und Literatur gefüllt hat.
In der linken Ecke also Slavojv Zizek, 70, der binnen 30 Jahren eine ganze Bibliothek mit Büchern über Marxismus, Ideologie, Postmoderne, Psychoanalyse, Romantik, Gewalt, Toleranz, Totalitarismus, Oper, Kino und Literatur gefüllt hat.

Wenn Tickets für das 3000 Sitzplätze fassende Sony Centre von Toronto trotzdem binnen weniger Stunden ausverkauft waren und auf Ebay zuletzt für mehr als 1000 Dollar gehandelt wurden, wenn im Vorfeld an das legendäre Duell zwischen Noam Chomsky und Michel Foucault 1971 erinnert wurde und weltweit im Internet 6000 Menschen zuschauten (15 Dollar für den Stream), dann hat das ernste Gründe - und einen banalen Anlass.

Peterson geht mit der Idee hausieren, die LGBT- und die #MeToo-Bewegung sei eine marxistische Methode, die Fundamente der westlichen Kultur anzugreifen. Zizek konterte öffentlich, der kanadische Kollege sei da wohl einer Verschwörungstheorie der Alt-Right-Bewegung auf den Leim gegangen - als deren Stichwortgeber er gilt.

Peterson forderte Zizek daraufhin zum Duell. Auf öffentlichen Spektakeln beruht sein Geschäftsmodell als konservativer Youtube- und Podcast-Influencer. Ein Auftritt mit dem einflussreichen Philosophen erschien ihm vermutlich als Win-Win-Situation.

Thema des Schaukampfs: Wie steht es um das Glück des Menschen im Kapitalismus, wie im Marxismus; gemeint war vermutlich der Sozialismus, aber die kategoriale Verirrung wird sich als symptomatisch erweisen. Jeder Kontrahent darf 30 Minuten reden, dann zehn Minuten antworten - und sich am Ende einer offenen Diskussion von 45 Minuten stellen.

Unter Verweis auf die astronomischen Ticketpreise freut sich Peterson gleich im ersten Satz, seine Karriere habe nun einen neuen Höhepunkt erreicht. Da steuert er schon ahnungslos auf ihren Tiefpunkt zu.

In seinem Vortrag kapriziert er sich auf eine überraschend naive Kritik am "Kommunistischen Manifest", nichts weiter. Er will es als zentrale Handlungsanweisung des Marxismus gelesen haben. Im 170 Jahre alten Text findet Peterson "fast alle Ideen falsch". Klassenkämpfe hätten mit dem Kapitalismus nichts zu tun, Hierarchien gebe es auch im Tierreich "mindestens seit dem Paläolithikum".

Als Kapitalist erreiche man nichts, indem man Menschen ausbeute. Gelächter im Publikum.

Ein paar bei Ronald Reagan geborgte Gedanken und von Ayn Rand geliehene Argumente später ist selbst dem Laien klar, dass tatsächlich nichts mehr kommt - dass Jordan Peterson wirklich gar keine Ahnung hat, wovon er redet, wenn er sein angestammtes Feld der Psychologie verlässt.

Zizek, der das wohl schon vorher wusste, schnieft und zauselt sich hastig durch sein übliches Bühnenprogramm. Eine Tour d'Horizon, die immer auch als Trailer und Teaser für seine Bücher dient. Glück ist für Idioten. Der angebliche Konservatismus von Donald Trump nur "postmoderne Performance". Identitätspolitik eine Lüge der Linken, ein "stilles Eingeständnis" ihrer Niederlage im eigentlichen Kampf.

Utopisch sei nicht der Kommunismus. Sondern der Glaube, es könne so weitergehen wie bisher: "We are in a deep mess!"

Als Kapitalist erreiche man nichts, indem man Menschen ausbeute. Gelächter im Publikum.

Ein paar bei Ronald Reagan geborgte Gedanken und von Ayn Rand geliehene Argumente später ist selbst dem Laien klar, dass tatsächlich nichts mehr kommt - dass Jordan Peterson wirklich gar keine Ahnung hat, wovon er redet, wenn er sein angestammtes Feld der Psychologie verlässt.

Zizek, der das wohl schon vorher wusste, schnieft und zauselt sich hastig durch sein übliches Bühnenprogramm. Eine Tour d'Horizon, die immer auch als Trailer und Teaser für seine Bücher dient. Glück ist für Idioten. Der angebliche Konservatismus von Donald Trump nur "postmoderne Performance". Identitätspolitik eine Lüge der Linken, ein "stilles Eingeständnis" ihrer Niederlage im eigentlichen Kampf.

Utopisch sei nicht der Kommunismus. Sondern der Glaube, es könne so weitergehen wie bisher: "We are in a deep mess!"

Jetzt leistet Zizek sogar Hilfestellung, nennt die Namen einiger randständiger Neomarxisten. Nichts. Peterson streichelt seinen verschlossenen Laptop, den er jetzt leider nicht aufklappen kann. Worauf ihm Zizek mit grausamer Eleganz den Knock-out versetzt: "Das ist keine rhetorische Frage, mit der ich freundlich impliziere, dass Sie ein Idiot sind und keine Ahnung haben, wovon Sie reden".

Spätestens jetzt wissen die 3000 Menschen im Saal und die 6000 im Netz, spätestens jetzt dämmert auch Peterson, was er sich angemaßt und dass er verloren hat. Er ist so eitel, mit dem Taschenmesser zu einem Artilleriegefecht zu erscheinen.

Und spätestens jetzt rückt das gesetzte Thema des Abends vollends in den Hintergrund - zugunsten einer denkwürdigen Lektion in der Kunst, einen vernichtenden Sieg davonzutragen, ohne dem Gegner auch noch die Würde zu nehmen.

Peterson rollt quasi auf den Rücken und fragt den "charismatischen, einnehmenden" Zizek, wozu er denn noch diesen dummen Marxismus nötig habe, wo er doch längst einen Zizekismus hätte begründen können. Zizek hilft ihm auf und räumt ein, dass Marx durchaus seine Fehler habe, er selbst sei eigentlich Hegelianer "and so on and so on".

Sichtlich benommen darf Peterson sich berappeln und noch ein wenig Werbung für seine Bücher machen, während Zizek entspannt ein "Best Of" seiner berüchtigten "Witze" vom Stapel lässt, die beispielhaft seine Thesen illustrieren sollen. Nils Bohr und sein Glücksbringer. Die ideologische Funktion von Toiletten. Die heitere Anekdote aus der jugoslawischen Mangelwirtschaft.

Nach drei Stunden ist auch ihre angebliche Übereinstimmung dahin.

Peterson sucht und provoziert die Konfrontation mit den Verfechtern der Political Correctness, um erfolgreich in deren Gegenwind zu kreuzen. Darauf gründet seine Karriere und sein Ruhm in der Alt-Right-Bewegung.

Ein Clown, der seinen Trotz im offiziellen Merchandise vertreibt (Hoodies für 47,99, Socken, aber ja doch: Jordan-Peterson-Socken für 14,16 Euro).

Zizek hingegen hat keine Interessen, er hat Anliegen. Den "hypermoralischen" Shitstorm empfindet er als irritierendes "Friendly Fire", das er als Linker mit sokratischem Lächeln auf sich nimmt.

Mit dieser Haltung hat er sich an diesem Abend den verwirrten Followern des armen Jordan Peterson als zivile Alternative angeboten.

Ein unterhaltsames, vielleicht sogar heilsames Meisterstück.


Aus: " Philosophenduell Zizek vs. Peterson: Mit dem Taschenmesser ins Artilleriegefecht"  Arno Frank (20.04.2019)
Quelle: https://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/slavoj-zizek-vs-jordan-peterson-marxist-gewinnt-philosophenduell-a-1263756.html



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#26
Professor Slavoj Žižek | Full Address and Q&A | Oxford Union (01.01.2019)
https://youtu.be/545x4EldHlg


"Slavoj Žižek: Sex and the Failed Absolute"
Wed 25 September 2019 St George's Bristol
https://youtu.be/PmYQIld9BdA


Zizek: "The Parallax of Ontology. Reality and Its Transcendental Supplement"
Talk given at the conference "Parallax. The Dependence of Reality on Its Subjective Constitution" on Dec. 1, 2018 at the Munich School of Philosophy, Germany.
https://youtu.be/DcQJYXYGSPk

"Neues Buch von Slavoj Žižek: Die zwei Linien" Marlen Hobrack (13.1.2019)
Der Philosoph Slavoj Žižek ist bekanntlich ein Leninist. Nun hat er zentrale Texte Lenins kommentiert – um ihn zu wiederholen. ... Die heutige Linke stehe vor demselben Problem wie Lenin 1917. Anstelle einer mutigen Revolution aber setze sie auf eine lammfromme Vision der Verbesserung des bestehenden Systems im Rahmen des modernen Wohlfahrtsstaates. Keine andere Lösung falle ihr ein, als die Forderung nach höheren Sozialleistungen oder etwas weniger Ungerechtigkeit. Dass nationale Wohlfahrt nicht die passende Antwort auf die Verwerfungen des globalen Kapitalismus sein kann, erscheint logisch. Aber ob uns der Rückgriff auf Lenin tatsächlich weiterhelfen kann? ...
https://taz.de/Neues-Buch-von-Slavoj-iek/!5559784/

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Quote[...] Es ist üblich geworden, den Fall der Berliner Mauer vor dreissig Jahren als ein Wunder zu bezeichnen. Ein Traum ging in Erfüllung, etwas Unglaubliches, was man sich ein paar Monate zuvor nicht einmal hatte vorstellen können, geschah: Das kommunistische Regime fiel wie ein Kartenhaus in sich zusammen.

Wer hätte sich damals in Polen freie Wahlen und Lech Walesa als Präsidenten vorstellen können? Ironischerweise ereignete sich ein paar Jahre nach der Wende ein noch viel grösseres Wunder: Die Ex-Kommunisten kamen durch demokratische Wahlen wieder an die Macht. Und Walesa verlor seine Popularität ausgerechnet an den kommunistischen General Wojciech Jaruzelski, der eineinhalb Jahrzehnte zuvor den Kriegszustand über sein Land verhängt hatte.

Was den sozialistisch Sozialisierten abging, ist das, was ich als «kapitalistischen Realismus» bezeichnen möchte. Die Osteuropäer konnten sich kein realistisches Bild vom Kapitalismus machen und verstrickten sich deswegen in kindische Erwartungen und träumerische Utopien.

Die erste Zeit nach der Wende fühlte sich deswegen für die Rebellen wie ein schmerzhafter Hangover an: Nach dem Rausch aus Sieg und Enthusiasmus waren sie auf einmal mit den neuen Regeln einer Realität konfrontiert, die sie sich so nicht vorgestellt hatten.

Kurz: Sie kannten den Preis nicht, den man für politische und wirtschaftliche Freiheit zahlen muss. So hat die osteuropäische Linke zwei Leben gelassen: Zuerst starb die totalitäre kommunistische Linke, dann verabschiedete sich die moderate demokratische Linke. Bis heute befindet sich die Linke im Westen in einem Zerfallsprozess.

Diese Beschreibung mag erst einmal plausibel klingen und stimmt auch zu weiten Teilen. Dennoch ist die Sache vertrackter. Denn als die Menschen gegen das kommunistische Regime in Osteuropa protestierten, hatte die grosse Mehrheit eben nicht den Kapitalismus im Sinn. Stattdessen forderten sie soziale Sicherheit, Solidarität und eine hart durchgreifende Justiz.

Die Leute strebten danach, ihr Leben ohne staatliche Gängelungen zu leben, sie wollten frei sein, sich mit anderen Menschen treffen und reden, ohne irgendwelche Sanktionen befürchten zu müssen. Was ihnen vorschwebte, war ein aufrichtiges und ehrliches Leben, befreit von der ideologischen Indoktrinierung und der zynischen Heuchelei ihrer Regime.

Die Ideale der Protestanhänger waren also im grossen Mass durch die sozialistische Weltanschauung selbst beeinflusst. Und wie wir von Freud lernten: Was verdrängt wird, kehrt in anderer, entstellter Form wieder. Oder nochmals anders gesagt: Was von den sozialistisch geprägten Dissidenten an kapitalistischer Härte verdrängt wurde, kehrt in der Form von rechtem Populismus wieder.

Es ist daher nur konsequent, wenn die europäischen Länder – nach einer kurzen Phase der Globalisierung und Weltoffenheit – wieder neue Mauern bauen. Sie agieren nach dem Motto: Die Waren können sich weiterhin frei bewegen, nicht mehr aber die Menschen.

Der deutsche Staatsphilosoph Jürgen Habermas hat sich mit seiner Analyse des Falls des osteuropäischen Kommunismus jüngst als eine Art Links-Fukuyamer erwiesen. Denn er erkennt die liberal-demokratische Ordnung stillschweigend als die beste aller möglichen Welten an. Woraus folgt: Wir sollten uns zusammen mit unseren osteuropäischen Freunden darum bemühen, sie gerechter zu gestalten – ohne ihre Basisprämissen infrage zu stellen.

Deswegen begrüsst Habermas genau das, was viele Linke als eine grosse Schwäche der antikommunistischen Proteste in Osteuropa interpretierten: dass die Protestbewegten nicht von einer neuen Vision einer postkommunistischen Zukunft gelenkt wurden. Habermas hat diesem Geist der Revolutionen in Ost- und Zentraleuropa auch einen Begriff gegeben: die «nachholenden Revolutionen». Das Ziel bestand also lediglich darin, die Gesellschaften an den Zustand anzugleichen, der bereits in Westeuropa herrschte, also eine westeuropäische Normalität anzustreben.

Die Gelbwesten und ähnliche Proteste sind jedoch auf keinen Fall «nachholende» Bewegungen im Sinne von Habermas. Vielmehr verkörpern sie genau die eigenartige Verkehrung, die unsere heutige globale Situation prägt. Denn in den Protesten findet man einen alten Antagonismus wieder: Die «einfachen Leute» begehren gegen das Establishment aus Big Business und Big Government auf. Dessen Vertretern werfen sie vor, die Bedürfnisse und das Leid der Ärmsten zu ignorieren. Und die Rechtspopulisten sind natürlich sofort zur Stelle, um den wütenden Protest zu kanalisieren.

Der französische kommunistische Philosoph Alain Badiou hat deswegen völlig zu Recht zu den Protesten der Gelbwesten angemerkt: «Tout ce qui bouge n'est pas rouge» – nicht alles, was sich bewegt, ist rot. Das heisst: Die heutigen Rechtspopulisten übernehmen die lange Tradition von populären Bewegungen, die man damals eher bei den Linken verortete. Sie sind also die Erben der linken sozialistischen Dissidenten von damals.

Die antikommunistischen Protestanhänger empfanden eine grosse Enttäuschung nach der Wende, als sie plötzlich mit der Realität – der liberalen Demokratie – konfrontiert waren. Sie wollten eine neue Form einer solidarischen Gemeinschaft, nicht eine neue liberal-kapitalistische Normalität. Heute, dreissig Jahre nach dem Mauerfall, entdecken die neu aufkommenden rechten Protestbewegungen in derselben liberal-demokratischen Ordnung alle möglichen Formen des Unbehagens.

Die Schlüsselfrage ist: Wird es die Linke schaffen, das Wasser des anhaltenden Unbehagens und Protests breiter Massen auf die eigenen Mühlen zu leiten und in einer neuen sozialen Vision zu artikulieren? Das ist die Herausforderung, vor der sie gerade steht. Entweder sie schafft es – oder sie wird ganz verschwinden.


Aus: "Eine neue Form von Systemkritik: Wie die rechten Populisten die linken Dissidenten von einst beerbt haben"
Slavoj Žižek [Aus dem Englischen übersetzt von Judith Sevinç Basad] (02.01.2020)
Quelle: https://www.nzz.ch/feuilleton/slavoj-zizek-wie-rechte-populisten-linke-dissidenten-beerben-ld.1531286


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Quote[...] Zeit zum Nachdenken, Chance für die Entschleunigung, bewusster leben. Während der Coronakrise verging kaum ein Tag, an dem nicht die Chancen für einen anderen Lebensstil beschworen wurden, den das Coronavirus – neben den Schrecklichkeiten – doch biete.

Für derlei Ideen hat Slavoj Žižek wenig übrig. Am Schluss seiner jüngsten, gerade in den USA erschienenen Streitschrift verfällt der slowenische Philosoph in den Duktus eines Achtziger-Jahre-Altlinken, der die aufkommende Seuche der ,,Selbsterfahrung" als Ablenkung von der harten Pflicht des Klassenkampfs geißelt.

,,Wir sollten", dekretiert das Maschinengewehr der Philosophie, ,,keine Zeit mit spirituellen New-Age-Meditationen darüber verschwenden, dass uns die Krise dazu befähigen wird, uns darauf zu konzentrieren, um was es im Leben wirklich geht. Der wahre Kampf geht um die Frage, welche soziale Form die liberal-kapitalistische Welt-Ordnung ersetzen wird." Puh.

Mit der geharnischten Rhetorik nimmt Žižek, Jahrgang 1949 und immer noch Philosophie-Professor in Ljubljana und London, die argumentative Shock-and-Awe-Strategie auf, mit der er schon in seinen bisherigen Streitschriften zur (politischen) Lage gern sein Publikum gruselte.

In seinem vor zwei Jahren erschienenen Rundumschlag ,,Der Mut der Hoffnungslosigkeit" geißelte er den halbherzigen Reformismus der Linken, forderte den ,,deutlichen Bruch" mit dem Kapitalismus und stritt dermaßen vehement für die Wiedererfindung des ,,bürokratischen Sozialismus", dass man schon fürchten musste, er wolle den Genossen Breschnew mittels künstlicher Beatmung wieder zum Leben erwecken.

Schwer zu sagen, ob es die Angst vor einer Krise ist, die nicht nur abstrakt oder, wie 2008, fernab an der Wallstreet droht, sondern selbst einem so unverwundbaren Denker wie Žižek gefährlich nahe auf den Leib rücken kann, dass aus dem schweren Geschütz Systemwechsel in seinem neuen Band eine Schreckschusspistole geworden ist.

Zwar spricht sich Žižek darin – horribile dictu – für einen ,,neuen Kommunismus" aus. Die Vokabel kommt in dem schmalen Band ungefähr so häufig vor wie das Wort Pandemie, von dem es seinen Titel hat. Er fällt aber hinter seine Forderung von 2018 zurück, dass die explosive Weltlage nur zu entschärfen sei, wenn es gelänge, ,,eine radikale Veränderung herbeizuführen, die über eine vage Vorstellung von gesellschaftlicher Solidarität weit hinausgeht".

Denn der Kommunismus, auf den er diesmal hinauswill, ist nicht viel mehr als eine ,,neue Form der Globalisierung, die wechselseitige Abhängigkeit und den Primat der evidenzbasierten, kollektiven Aktion" anerkennt.

Die etwas abgehungerte Definition stammt nicht einmal von Žižek selbst. Der sonst vor Konzepten nur so sprühende Großdenker hat sie beim britischen Ökonomen Will Hutton von der London School of Economics geklaut. Sie könnte aber auch von der Bertelsmann-Stiftung stammen.

Nicht dass das, was Žižek vorschlägt, obsolet wäre. Zumal die von ihm beschworene Gefahr des ,,Barbarismus" gleichsam an jeder Hausecke lauert. Aber dieses Konzept ist etwas wenig für die ,,Neuerfindung" einer großen Idee, für die sich Karl Marx immerhin die Mühe des ,,Kommunistischen Manifests" gemacht hat.

Hätte der SPD-Vorsitzende Norbert-Walter Borjans die Idee ventiliert, hätte es sofort geheißen: Typisch, die Sozialdemokratie traut sich keine Revolution mehr zu. Nun tritt ,,der gefährlichste Philosoph des Westens" (The New Review) in ihre Fußstapfen.

Natürlich birgt die Krise die Keime einer Art erzwungener Vergesellschaftung. Žižek sieht sie in Boris Johnsons Idee der Nationalisierung der British Railways, in Donald Trumps Blankoschecks an die US-Arbeitslosen und Benjamin ­Netanjahus Angebot an die Palästinenser, Corona zusammen zu bekämpfen.

Doch folgt man Žižeks Definition, dieser ,,Kriegs-Kommunismus" (wie ihn die Sowjetunion 1918 unter widrigen Umständen improvisieren musste), der mittels einer ,,globalen Organisation, die die Wirtschaft ebenso regulieren und kontrollieren kann wie die Souveränität der Nationalstaaten" durchzusetzen, mutiert eine soziale Umwälzung zum etatistischen Kraftakt: Die WHO als Ersatz für das irgendwie verschwundene Proletariat. Die Gewerkschaften werden sich freuen.

Žižeks Buch ist kein großer Wurf, sondern ein geistreicher Schnellschuss. In elf knappen Kapitelchen assoziiert er sich in Windeseile durch alle Weltprobleme, von der Bedrohung Europas durch die neue Herrschaftsform ,,Putogan" bis zur ,,Wissenschaft als transkultureller Universalität".

Bösartig gesprochen ließe sich eine strukturelle Analogie zwischen Žižek und dem Virus behaupten. Der Philosoph beweist, dass er die Zeitläufte so schnell kommentieren kann, wie das Virus sein Erbgut vermehrt: Parasit der Zeitläufte der eine, des Stoffwechsels der andere.

Aber wegen Binsenweisheiten wie der, dass Corona das ,,Fundament unseres Lebens erschüttert" oder wir ,,alle in einem Boot" sitzen, greifen wir nicht zu einem Denker, der, an Hegel, Lenin und Lacan geschult, wie kein anderer berufen wäre, den Weltgeist in einem einzigartigen Moment beim hermeneutischen Schopf zu fassen.

Lesevergnügen bereitet natürlich trotzdem seine paradoxe Wort- und Gedankenakrobatik: Die MAD, die ,,Mutual Assured Destruction" des Kalten Kriegs beispielsweise tauft er in die ,,Mutual Assured Distance" um.

Das Beste an dem flinken Text ist, dass er den Krisenmoment nicht zu einem scholastischen Glasperlenspiel nutzt oder ihn zur barocken Dystopie aufbauscht. Philosophisch gesehen bläst Žižek nämlich zur Entwarnung. Das Virus, schärft er uns ein, habe ,,keine höhere Bedeutung" wie etwa die, die Menschheit für ihren schlechten Umgang mit der Erde zu strafen. Man könne diesen Fall biologischer Kontingenz in Gestalt einer durchgedrehten Kopiermaschine namens Covid höchstens als die Bestätigung von Friedrich Schellings ,,nie aufhebbaren Rest" bei der Organisation des Lebens deuten.

Tja – wenn die Menschheit wirklich nur eine ,,Spezies ohne besondere Bedeutung" ist, die bei Launen der planetaren Evolution, wie wir sie gerade erdulden, auch über die Wupper gehen kann, gibt es wirklich keinen Grund, verschärft in sich zu gehen.


Aus: "Streitschrift von Žižek über Corona: Kein New Age, please" Ingo Arend (2. 6. 2020)
Quelle: https://taz.de/Streitschrift-von-iek-ueber-Corona/!5686873/


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Quote[...] Es gibt einen alten Witz aus dem Ersten Weltkrieg über den Austausch von Telegrammen zwischen den Hauptquartieren der deutschen und der österreichisch-ungarischen Armee. Berlin schickte folgende Nachricht nach Wien: ,,Die Lage auf unserer Seite der Front ist ernst, aber nicht katastrophal." Zurück kam: ,,Bei uns ist die Lage katastrophal, aber nicht ernst." Die Antwort aus Wien scheint ein Modell dafür zu sein, wie wir heute auf Krisen reagieren, sei es die Corona-Pandemie oder die Waldbrände (nicht nur) im Westen der USA: Ja, wir wissen, eine Katastrophe steht bevor, die Medien warnen uns die ganze Zeit schon, aber irgendwie sind wir nicht bereit, die Lage ernst zu nehmen.

Ähnlich verhält es sich mit dem Schicksal von Julian Assange. Sein Fall ist eine juristische und moralische Katastrophe. Er darf im Gefängnis seine Kinder und ihre Mutter nicht sehen, er darf sich mit seinen Anwälten nicht regelmäßig austauschen, er ist psychologischer Folter ausgesetzt, sein Überleben steht auf dem Spiel. ,,Killing him softly", wie es in dem bekannten Fugees-Song heißt. Und doch scheinen nur wenige Assanges Situation ernst zu nehmen und sich bewusst zu sein, dass mit seinem Fall unser aller Schicksal verhandelt wird. Die Kräfte, die seine Rechte verletzen, sind dieselben Kräfte, die den effektiven Kampf gegen die Erderwärmung und die Pandemie verhindern. Es sind die Kräfte, derentwegen die Pandemie die Reichen noch reicher macht und die Armen am stärksten trifft. Es sind die Kräfte, die rücksichtslos die Pandemie ausnutzen, um unsere sozialen und digitalen Räume zu regulieren und zu zensieren. Kräfte, die uns schützen, aber auch vor unserer Freiheit. Assange kämpfte für Transparenz im digitalen Raum, und es liegt eine grausame Ironie in der Tatsache, dass die Pandemie als Vorwand benutzt wird, um ihn von seiner Familie und seiner Verteidigung zu isolieren. Wir sind jederzeit bereit, gegen die Freiheitseinschränkungen zu protestieren, die China Hongkong auferlegt – sollten wir diesen Blick nicht auch auf uns selbst richten?

Max Horkheimer schrieb Ende der 1930er: ,,Wer aber vom Kapitalismus nicht reden will, der sollte vom Faschismus schweigen." Unsere Version davon ist: Wer nicht über das Unrecht gegen Assange sprechen will, sollte auch zu Menschenrechtsverletzungen in Hongkong und Belarus schweigen. Der Rufmord an ihm ist einer der Gründe, warum zu seiner Verteidigung nie eine breitere Bewegung entstand, wie etwa Black Lives Matter oder Extinction Rebellion. Jetzt, da Assanges nacktes Überleben in Gefahr ist, kann nur eine solche Bewegung ihn (vielleicht) retten. Erinnern wir uns an Joan Baez' Worte im Titelsong des Films Sacco und Vanzetti: ,,Here's to you, Nicola and Bart/ Rest forever here in our hearts/ The last and final moment is yours/ That agony is your triumph."

1920 kam es weltweit zu Massenprotesten gegen die zweifelhafte Verurteilung der Anarchisten Sacco and Vanzetti. Das Gleiche ist jetzt zu Assanges Verteidigung notwendig, wenn auch in anderer Form. Assange kann nicht sterben: Selbst wenn er stirbt (oder als lebender Toter in einer US-Gefängniszelle verschwindet), wird diese Qual sein Triumph sein; er wird sterben, um in uns allen zu leben. Das muss die Botschaft sein: Wenn ihr einen Mann tötet, schafft ihr einen Mythos, der nicht aufhören wird, Tausende zu mobilisieren.


Aus: "Sie töten ihn langsam" Slavoj Žižek (2020)
Quelle: https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/sie-toeten-ihn-langsam

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OscillateWildly | Community

Die Menschen kaufen - leider - lieber ein.


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Grenzpunkt 0 | Community

Endlich ein Artikel dazu hier in diesem Medium. Erinnert sich eigentlich noch jemand, welche Medien Partner bei der Veröffentlichung der Wikileaks waren und daran verdient haben. Spiegel, New York Times und, an dieser Stelle besonders pikant, der The Guardian. (Der Freitag ist Syndication-Partner der britischen Tageszeitung The Guardian) Alle drei Medien verbreiten jetzt nur noch dröhnendes Schweigen.

...


Quote
Richard Zietz | Community

Julien Assange hat – ein paar Jahre mit durchaus beachtlichem Erfolg – Staats- und Regierungskriminalität auf höchster Ebene publik gemacht, ergo geleakt. Folgerichtig war so auch die Solidarität der um einige ihrer schmutzigen Geheimnisse gebrachten Regierungschefs, Polizeien und Behörden eine internationale. Wäre Putins Russland zu der Zeit nicht aus dem westlichen Konsens ausgeschert, würde Assange heute vergessen in einem finsteren Loch verrotten und – ja – möglichst unauffällig zum Ableben gebracht werden. Der Exempel-Charakter der Fälle Assange, Mannings und so weiter jedenfalls ist derart durchsichtig, dass er den Begriff der Durchsichtigkeit geradezu neu definiert.

Folgerichtig geht es den involvierten Musterdemokratien – unter anderem die USA, GB, Schweden und auch Deutschland – darum, das Beschweigen von Staatskriminalität zur inoffiziellen ehernen Regel zu machen – respektive den Preis für eklatante Verstöße so weit in die Höhe zu treiben wie irgend möglich. Das Beispiel Sacc0 & Vanzetti ist nicht schlecht gewählt. Auch damals war der Haupteffekt die möglichst maximale Abschreckung gegen links, die Botschaft im Grunde allein die: Wir können jeden von euch notfalls auf den elektrischen Stuhl bringen. Ein scheinbar »harmloseres« ist der Fall Mollath. Trotz plausibler und im wesentlichen erwiesener Unschuld haben sich bayerische und bundesdeutsche Behörden jahrelang auf die Hinterbeine gestellt mit dem einzigen Ziel, den von ihnen begangenen und später vermutlich wider besseres Wissen aufrechterhaltenen Justizirrtum zu vertuschen. Politisch schwerwiegender ist der nach wie vor stark aufarbeitungsbehinderte NSU-Komplex – eine Melange aus Staat und Rechtsterroristen, die derzeit, warum eigentlich?, eine neue Renaissance erlebt.

Im Grunde ist der – nicht umsonst in der Tradition des »Fall Dreyfuss« von vor über hundert Jahren stehende – »Fall Assange« ein substanzielles Beispiel für den Umstand, das liberale Demokratien bürgerlichen Zuschnitts Defizite schwerster, substanziellster Art haben. Transparenz, Kontrolle von Abläufen und Fehlerkorrektur sind dabei gute Stichwörter, treffen den Kern des Problems jedoch nicht ganz. Das Defizit beginnt exakt in dem Bereich, wo ein – nicht mehr hinterfragbarer und sich nicht mehr erklärender – Staat ein Eigenleben aufgegleist hat mit eigenen Rules, Abläufen beidseitig des Gesetzes und schließlich einer unausgesprochenen Omerta, welche den ganzen Komplex abdecken respektive zur Tabuzone erklären soll. Der militärisch-industrielle Komplex ist in diesem System natürlich ein wesentlicher Player; Geheimdienste, Polizeien und der mehr oder weniger »normale« Bereich von Behörden und Institutionen auf Autopilot gehören jedoch ebenso zu diesem Gesamtbild.

Für das es mittlerweile einen eingeführten und auch die Chose leidlich auf den Punkt bringenden Begriff gibt: Tiefer Staat.


...

Link

Žižek on the Wire (2012)
Slavoj Žižek on The Wire or the clash of civilisations in one country.
https://youtu.be/Fsf4rAGlR5s

Link

Quote[...] Haben die russischen Putin-Anhänger inzwischen ihre "eigene" Wahrheit, die sie je nach Belieben manipulieren? In einem längeren Beitrag für die "Berliner Zeitung" verweist Slavoj Žižek (72), der in Ljubljana, London und New York Germanistik und Philosophie lehrt, auf den "Hofphilosophen" des Kreml, den einflussreichen Politologen und rechtsextremen Denker Alexander Geljewitsch Dugin (60). Der sei überzeugt davon, dass die Wahrheit auch nur eine "Frage des Glaubens" sei. So habe Dugin behauptet: "Wir glauben also an das, was wir tun, wir glauben an das, was wir sagen. Und das ist die einzige Möglichkeit, die Wahrheit zu definieren. Wir haben also unsere spezielle russische Wahrheit, die Sie akzeptieren müssen."

Dazu passe, so Žižek, dass Putin den monarchistischen Denker Iwan Alexandrowitsch Iljin (1883 - 1954) in den Rang eines "offiziellen Philosophen" erhoben habe, also einen Mann, der "seine eigene Version des russischen Faschismus vertrat: den Staat als organische Gemeinschaft, die von einem väterlichen Monarchen geführt" werde. Insofern richte sich Putins Vorwurf, in der Ukraine seien "Faschisten" am Ruder, gegen ihn selbst, zumal er Marine le Pen in Frankreich, die Lega in Italien und andere neofaschistische Bewegungen unterstützt habe: "Die Vorstellung, dass jede 'Lebensform' ihre eigene Wahrheit hat, macht Putin bei der neuen populistischen Rechten so beliebt."

Bemerkenswert sei jedenfalls, dass Russland jede Gegenmaßnahme sofort "militarisiere" und den Ausschluss aus dem SWIFT-System als "kriegerischen Akt" bezeichnet habe: "Vergessen Sie die 'russische Wahrheit', das ist nur ein bequemer Mythos, um die eigene Macht zu rechtfertigen."

Gleichzeitig appellierte Žižek an den Westen, viel stärker auf die Unterstützung der ärmeren Länder im Süden zu setzen, um den Kampf gegen den russischen Neo-Imperialismus zu gewinnen. Diese Nationen sei bisher lediglich "Beobachter" im aktuellen Ukraine-Konflikt: "Um ihm also wirklich etwas entgegenzusetzen, sollten wir Brücken zu den Ländern der Dritten Welt bauen, von denen viele eine lange Liste völlig berechtigter Beschwerden gegen die westliche Kolonialisierung und Ausbeutung haben."

Die "einzige Möglichkeit, dies zu erreichen", bestehe darin, "uns weit über den politisch korrekten Postkolonialismus hinaus zu verändern und Formen des Neokolonialismus rücksichtslos auszurotten".

Nebenbei zeigte sich Žižek als Slowene beschämt darüber, dass sein Land bereit sei, "Tausende ukrainische Flüchtlinge aufzunehmen, die vor der russischen Besatzung fliehen", jedoch deutlich zurückhaltender war, als es darum gegangen sei, Flüchtlinge aus Afghanistan zu beherbergen: "Die Rechtfertigung war, dass die Menschen, anstatt zu fliehen, dort bleiben und die Taliban mit Waffen bekämpfen sollten."


Aus: "Autor Slavoj Žižek: "Vergessen Sie die russische Wahrheit"" (27.02.2022)
Quelle: https://www.br.de/nachrichten/kultur/autor-slavoj-zizek-vergessen-sie-die-russische-wahrheit,SydBtzK

Link

"Kultur Slavoj Žižek: Der diskrete Charme der Ideologie"
Es ist das erste berühmte Werk von Slavoj Žižek: Mehr als 30 Jahre nach Erscheinen liegt »Das erhabene Objekt der Ideologie« auf Deutsch vor Von Jakob Hayner 21.01.2022
... Žižek ist selbst einer Parodie nahe; einen »Klassenkampfkasper« nannte ihn Dietmar Dath einmal. Das mag auch daran liegen, dass Žižek wie eine Figur aus einem »einzigen Zug« wirkt, das Merkmal aller komischen Charaktere. Und niemand anders als er selbst könnte einem gepflegt ein paar Bände Lacan und Hegel um die Ohren hauen und erklären, dass die Wahrheit nur in der Verdopplung und Wiederholung liegt, das »Echte« eine Illusion ist und sich im Witz das Reale ausdrückt und so weiter und so fort. ... Wie der Protagonist einer Komödie ist Žižek stur in der Richtung und beweglich in den Wendungen. Noch in seinen neuesten Büchern wie »Für einen neuen Kommunismus. Ein Linker wagt sich aus der Deckung« greift er Passagen aus »Das erhabene Objekt der Ideologie«, seinem vermutlich konzentriertesten Werk, auf - ganz abgesehen von der bekannten Mischung aus perversen Witzen, Hitchcock-Filmen, Philosophiegeschichte und Psychoanalyse. Variiert Žižek sich nur selbst? Und wirkt das ziemlich schrullig? Doch alle Kasperei hat auch einen ernsten, vielleicht tragischen Kern.
Slavoj Žižek: Das erhabene Objekt der Ideologie. A. d. Engl. v. Aaron Zielinski. Passagen-Verlag, 336 S.,
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1160650.slavoj-%C5%BEi%C5%BEek-der-diskrete-charme-der-ideologie.html

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"Zizek und David Lynch - Die Kunst des theoretisch Erhabenen"
Dominik Finkelde - Hochschule f. Philosophie
https://youtu.be/y9iEon03w24

Sie auch: Dominik Finkelde, Das Objekt, das zu viel wusste. Eine Einführung in die Philosophie nach Lacan (Berlin/Wien: Turia & Kant 2022)
https://www.academia.edu/79288133/Das_Objekt_das_zu_viel_wusste_Eine_Einf%C3%BChrung_in_die_Philosophie_nach_Lacan

https://www.academia.edu/73107900/%C5%BDi%C5%BEek_und_David_Lynch_Die_Kunst_des_theoretisch_Erhabenen

Link

Quote[...] Slavoj Žižek ist Professor für Philosophie an der European Graduate School, Internationaler Leiter des Birkbeck Institute for the Humanities an der Universität von London und Verfasser von "The Sublime Object of Ideology" (Verso Books, 1989). ...

Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hat sich die slowenische Regierung umgehend bereiterklärt, tausende ukrainische Geflüchtete aufzunehmen. Als slowenischer Bürger war ich allerdings nicht nur stolz, sondern ich schämte mich auch.

Immerhin hat sich dieselbe Regierung, als vor sechs Monaten Afghanistan an die Taliban fiel, geweigert, afghanische Flüchtlinge aufzunehmen – mit dem Argument, sie sollten in ihrem Land bleiben und kämpfen. Und vor einigen Monaten, als Tausende von Geflüchteten – meist irakische Kurdinnen und Kurden – versuchten, von Belarus aus Polen zu erreichen, behauptete die slowenische Regierung, Europa werde angegriffen. Sie bot Militärhilfe an, um Polen zu unterstützen, diese Menschen draußen zu halten.

So gibt es in der Region nun zwei Arten von Flüchtlingen. Ein Tweet der slowenischen Regierung vom 25. Februar erklärt den Unterschied: "Die Geflüchteten aus der Ukraine kommen aus einem Umfeld, das in kultureller, religiöser und historischer Hinsicht völlig anders ist als jenes, aus dem die Afghanen kommen." Nach einem Aufschrei wurde der Tweet schnell wieder gelöscht, aber die obszöne Wahrheit war enthüllt: Europa muss sich gegen Nicht-Europa verteidigen.

Im Rahmen der ständigen globalen Bemühungen um geopolitischen Einfluss wird dieser Ansatz für Europa katastrophal sein. Unsere Medien und Eliten interpretieren diesen Konkurrenzkampf als Konflikt zwischen einem westlichen "liberalen" Einflussbereich und einer russischen "eurasischen" Sphäre. Dabei ignorieren sie allerdings die viel größere Gruppe von Ländern in Lateinamerika, im Nahen Osten, in Afrika und in Südostasien, die uns genau beobachten.

Sogar China ist nicht bereit, Russland komplett zu unterstützen, obwohl es seine eigenen Pläne hat: In einer Botschaft an den nordkoreanischen Staatschef Kim Jong-un sagte der Präsident Xi Jinping, China sei bereit, an seinen freundlichen und kooperativen Beziehungen zu Nordkorea "im Rahmen einer neuen Lage" zu arbeiten. Zu fürchten ist, China könnte diese "neue Lage" dazu nutzen, Taiwan zu "befreien".

Sorge sollte es uns auch bereiten, dass die momentan sichtbare Radikalisierung – am deutlichsten diejenige des russischen Präsidenten Wladimir Putin – nicht nur rhetorischer Natur ist. Viele auf der Seite der liberalen Linken waren überzeugt, beide Seiten wüssten, dass sie sich einen tatsächlichen Krieg nicht leisten könnten, und dachten, Putin habe, als er Truppen an der ukrainischen Grenze zusammenzog, nur geblufft. Sogar als er die Regierung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj als "Bande von Drogenabhängigen und Neonazis" bezeichnete, erwarteten die meisten, Russland werde lediglich die beiden abtrünnigen, von Kreml-freundlichen Separatisten kontrollierten "Volksrepubliken" besetzen – oder schlimmstenfalls die Besatzung auf die gesamte ostukrainische Donbass-Region ausweiten.

Und jetzt beschuldigen einige, die sich als Linke bezeichnen, den Westen für die Tatsache, dass US-Präsident Joe Biden Putins Absichten richtig eingeschätzt hat. Das Argument ist gut bekannt: Die Nato habe Russland langsam eingekreist, in seiner Nachbarschaft Farbrevolutionen angefacht und die berechtigten Sorgen eines Landes ignoriert, das im letzten Jahrhundert vom Westen angegriffen wurde.

Natürlich findet sich hier auch ein Stück Wahrheit. Dies aber als die ganze Wahrheit zu bezeichnen wäre gleichbedeutend damit, Hitler dabei zu unterstützen, dem ungerechten Versailler Vertrag die Schuld zu geben. Schlimmer noch, es würde der Ansicht zustimmen, dass Großmächte das Recht auf Einflussbereiche haben, um die globale Stabilität zu bewahren. Putins Annahme, internationale Beziehungen seien ein Wettbewerb zwischen Großmächten, wird durch seine wiederholte Behauptung verdeutlicht, er hätte keine andere Wahl gehabt, als militärisch in der Ukraine zu intervenieren.

Ist das wahr? Ist das Problem wirklich der ukrainische Faschismus? Da hilft es, Russland selbst zu betrachten: Putins intellektueller Leitstern ist Iwan Iljin, dessen Werke wieder gedruckt und an die staatlichen Apparatschiks und Militärs verteilt werden. Nachdem er Anfang der 1920er-Jahre aus der Sowjetunion verbannt worden war, vertrat Iljin eine russische Version des Faschismus: des Staates als einer organischen Gemeinschaft, die von einem paternalistischen Monarchen regiert wird und wo die Freiheit zurückstehen muss. Für Iljin (und auch Putin) hat Wählen nicht den Zweck, den Staatschef zu legitimieren oder zu bestimmen, sondern den, kollektive Unterstützung für ihn auszudrücken.

Putins Hofphilosoph Alexander Dugin tritt in Iljins Fußstapfen und fügt eine postmoderne Verzierung in Form eines historistischen Relativismus hinzu: "Jede sogenannte Wahrheit ist eine Sache des Glaubens. Also glauben wir an das, was wir tun, und an das, was wir sagen. Und dies ist die einzige Möglichkeit, die Wahrheit zu definieren. Wir haben also unsere besondere russische Wahrheit, die man akzeptieren muss. Wenn die Vereinigten Staaten keinen Krieg beginnen wollen, sollten sie akzeptieren, dass [sie ...] keine Alleinherrscher mehr sind. Und was die Lage in Syrien und der Ukraine betrifft, sagt Russland: ,Nein, ihr seid nicht mehr der Chef.' Das ist die Frage, wer die Welt regiert. Nur Krieg kann wirklich entscheiden."

Aber was ist mit den Menschen in Syrien und der Ukraine? Können sie sich auch ihre Wahrheit aussuchen, oder sind sie nur ein Schlachtfeld für Möchtegernweltherrscher?

Die Idee, jede "Lebensweise" habe ihre eigene Wahrheit, ist das, was Putin für Rechtspopulisten wie den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump, der Russlands Invasion in der Ukraine als Tat eines "Genies" bezeichnete, so attraktiv macht. Und dieses Gefühl beruht auf Gegenseitigkeit: Wenn Putin über die "Entnazifizierung" der Ukraine spricht, sollten wir uns an seine Unterstützung für Marine Le Pens Rassemblement National in Frankreich, Matteo Salvinis Lega in Italien und andere wirklich neofaschistische Bewegungen erinnern.

Die "russische Wahrheit" ist lediglich ein bequemer Mythos, um Putins imperiale Vision zu rechtfertigen. Und die beste Art, wie Europa sie widerlegen kann, besteht darin, Brücken zu Entwicklungs- und Schwellenländern zu bauen, von denen viele eine lange Liste gerechtfertigter Beschwerden über westliche Kolonialisierung und Ausbeutung haben. "Europa zu verteidigen" ist nicht genug. Die wirkliche Aufgabe besteht darin, andere Länder davon zu überzeugen, dass der Westen ihnen bessere Möglichkeiten anbieten kann als Russland oder China. Und der einzige Weg, dies zu erreichen, besteht darin, uns selbst zu ändern, indem wir den Neokolonialismus, auch wenn er sich als humanitäre Hilfe verkleidet, unbarmherzig ausrotten.

Sind wir bereit zu beweisen, dass wir, indem wir Europa verteidigen, für die Freiheit in der ganzen Welt kämpfen? Unsere schändliche Weigerung, Flüchtlinge gleich zu behandeln, sendet der Welt eine sehr andere Botschaft. (Slavoj Žižek, Übersetzung: Harald Eckhoff, Copyright: Project Syndicate, 23.3.2022)


Aus: "Was bedeutet es, Europa zu verteidigen?" (23. März 2022)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000134322507/was-bedeutet-es-europa-zu-verteidigen

Link

17.10.2023 "Kein Frieden ohne Lösung der #Palästinenser-Frage!" Slavoj #Žižek eröffnet #Buchmesse
https://youtu.be/Xt2JBG3VqKA

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Quote[...] Eine Debatte um den Nahostkonflikt hat die Eröffnung der Frankfurter Buchmesse überschattet. Am Vorabend der an diesem Mittwoch beginnenden Messe kam es zu Tumulten während einer Rede des slowenischen Philosophen Slavoj Žižek, bei der er den Krieg zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen thematisierte.

Žižek verurteilte die terroristischen Angriffe der Hamas auf die israelische Bevölkerung, sagte aber auch, man müsse auch den Palästinensern zuhören und den Hintergrund des Konflikts beachten, um ihn zu verstehen. Mehrere Gäste verließen daraufhin unter Protest den Saal, darunter der hessische Antisemitismusbeauftragte Uwe Becker (CDU).

Becker widersprach Žižek zunächst vor und später auf der Bühne. Dem prominenten Philosophen warf er vor, die Verbrechen der Hamas zu relativieren. Mehrfach verließ er zeitweise den Saal.

Juergen Boos, der Direktor der Frankfurter Buchmesse, forderte Redefreiheit für Žižek ein. "Es ist die Freiheit des Wortes", sagte er nach der Rede des Philosophen. "Und die müssen wir hier stehen lassen, das ist mir wichtig." Es müsse möglich sein, eine Rede zu unterbrechen, er sei aber auch froh, "dass wir die Rede zu Ende gehört haben, auch wenn sie uns nicht gefallen mag. Auch wenn wir sie sogar verurteilten."

Der Antisemitismusbeauftragte Becker widersprach dem nach der Veranstaltung. Man könne auch über die Rechte und das Leid der Palästinenser sprechen, "aber nicht in einer Gleichsetzung und Gleichstellung zu Unrecht und zu massiver Gewalt und Terrorismus", sagte er der Nachrichtenagentur dpa. "Auch das freie Wort hat dort eine Grenze, wo es in einem Kontext Dinge relativiert, verharmlost und gleichsetzt, wo man sie nicht gleichsetzen kann."

Žižek hatte noch vor der Unterbrechung seiner Rede ein "Analyseverbot" bei diesem Thema kritisiert. So sagte er, seine Vorredner hätten alle über Israel, aber nicht über die Palästinenser gesprochen. Die Entscheidung, die palästinensische Autorin Adania Shibli nicht auf der Buchmesse auszuzeichnen, sei "skandalös".

Die Autorin sollte für ihren Roman Eine Nebensache ausgezeichnet werden, wegen der Terrorangriffe der Hamas soll die Ehrung aber verschoben werden. Direktor Boos hatte angekündigt, auf der Messe jüdische und israelische Stimmen besonders sichtbar machen zu wollen. Die Autorenvereinigung PEN Berlin kritisierte die Entscheidung. "Entweder ist ein Buch preiswürdig oder nicht", sagte PEN-Berlin-Sprecherin Eva Menasse.

Die Debatte um den Nahostkonflikt dürfte weiter ein Thema auf der Messe sein. Nach Angaben der Veranstalter hatten Indonesien und Malaysia ihre Teilnahme abgesagt. "Das ist eine Reaktion auf unsere Solidarität mit Israel", sagte ein Sprecher der Buchmesse. Es sei aber auch klar, dass die Messe auch auf Seite der Palästinenser stünde, die unter der Hamas litten.

Am heutigen Mittwochmorgen hat die 75. Frankfurter Buchmesse ihre Tore für Fachbesucher geöffnet. Es werden mehr als 4.200 Aussteller aus 95 Ländern erwartet. Für den ersten Tag schoben die Veranstalter angesichts des Gaza-Kriegs kurzfristig eine Podiumsdiskussion mit dem Thema "In Sorge um Israel" ein.

Bei einer weiteren Veranstaltung mit dem Titel "Hoffnung für Russland" werden die Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) und der russische oppositionelle Exil-Schriftsteller Dmitry Glukhovsky erwartet.

Am Wochenende plant auch der Autor Salman Rushdie Auftritte bei der Buchmesse, die wegen der Messerattacke auf ihn im vergangenen Jahr unter strengen Sicherheitsbedingungen stattfinden werden. Rushdie erhält am Sonntag den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Der Schriftsteller wird seit Jahrzehnten von radikalen Islamisten bedroht.


Aus: "Slavoj Žižek: Tumulte nach Žižek-Äußerung zum Auftakt der Frankfurter Buchmesse" (18. Oktober 2023)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/literatur/2023-10/slavoj-zizek-frankfurter-buchmesse-eroeffnung-palaestina-protest

QuoteChrisDOHC

Leider wird hier vergessen zu erwähnen, dass er auch einigen Beifall erhalten hat.
Die Rede war sicher kontrovers - aber genau das ist auch der Grundgedanke hinter der Redefreiheit.

(Sonst könnte man sie sich auch sparen).



Quote
HKaspar

Was für eine armselige Diskussionskultur, die Leute zu boykottieren sucht, weil sie Binsenweisheiten aussprechen (um dann irgendeinen Unsinn von 'relativieren' zu hinterherzufaseln).
Und was für eine armselige Geisteshaltung, Preisträger aufgrund ihrer Herkunft auszuschließen, und dann auch noch zu meinen, damit etwas Gutes zu tun.


QuoteAvatarbild von Biegewelle
Biegewelle

Natürlich muss man auch den Palästinensern zuhören, allerdings nicht den islamistischen Psychopathen, denen Menschenleben nichts bedeuten. Auch wenn hier wenig von der Rede dokumentiert, kann man stehen lassen, dass es hier verschiedene Perspektiven gibt, ohne feigen Mord zu relativieren. Mein Gott, die Empörungskultur in Deutschland hat ein sehr kurze Zündschnur.


Quote
Simplicio

Butler, Zizek, kein Gepür für die Einordnung des Massakers durch die Hamas. Relativierung jedweder Art verbietet sich hier.


QuoteSebastian G.

"...Žižek verurteilte die terroristischen Angriffe der Hamas auf die israelische Bevölkerung, sagte aber auch, man müsse auch den Palästinensern zuhören und den Hintergrund des Konflikts beachten, um ihn zu verstehen...."

Wo genau liegt jetzt hier das Problem? Genau DAS muss erörtert werden. Die Hamas gehört weg, so viel ist fakt. Aber auch das wird die Ursache für die Hamas nicht beseitigen. So wie es immer heißt, dass Trump nicht die Ursache sondern ein Symptom wäre, so ist auch die Hamas ein Symptom. Nichts, aber auch gar nichts rechtfertigt, was die Hamas getan hat. Aber genauso muss sich Israel harte Fragen über den Umgang mit den Palästinensern gefallen lassen und sollte vielleicht mal ein oder zwei Takte darüber nachdenken.


QuoteSteffi_83

"Žižek verurteilte die terroristischen Angriffe der Hamas auf die israelische Bevölkerung, sagte aber auch, man müsse auch den Palästinensern zuhören und den Hintergrund des Konflikts beachten, um ihn zu verstehen. "

Meines Erachtens nach ist das eine Relativierung, das so gemeinsam zu nennen. Es gibt kein aber bei solche einem Angriff. Beim "aber" beginnt die Verharmlosung.


QuoteGero Markus

Ich verstehe ihn so, dass er zum einen das Verbrechen der Hamas verurteilt, zum anderen Stellung nimmt zum Konflikt Israel / Palästina. Wie auch imer sich beide Seiten des Konfliktes verhalten, es gibt keine Rechtfertigung dafür, Festivalbesucher zu überfallen, zu ermorden und zu verschleppen. Eine solche Rechtfertigung lese ich bei Žižek aber nicht.


Quote
Rigel42S

Nein, ein "aber" stellt eine Aussage in einen Kontext.


Quotedeep_franz

"Eine Debatte um den Nahostkonflikt hat die Eröffnung der Frankfurter Buchmesse überschattet."

Das ist kein Schatten. Ich sehe es ganz wie Herr Boos. Man ist wahrlich nicht gezwungen, Herrn Žižek recht zu geben, aber was wir sehen ist nicht Schatten, sondern das Licht der Meinungs- und Redefreiheit.

Das andere Licht, das nur aktuell sehr kläglich im Sturm der verständlichen Entrüsztung gerade noch zu erkennen ist, wäre die Erkenntnis, daß Unrecht nicht durch Unrecht wieder gut wird. Das hätte der Hamas klar sein müssen, dann wäre deren Taten gar nicht erst geschehen, aber es muss auch es einem selbst klar sein, bevor man diesen Mangel bei anderen erkennt.


QuoteEtwasmehrRuhe

"Auch das freie Wort hat dort eine Grenze, wo es in einem Kontext Dinge relativiert, verharmlost und gleichsetzt, wo man sie nicht gleichsetzen kann."

Und wer darf bestimmen, wo diese Grenzen liegen? Der Antisemitismus-Beaufragte der Regierung?

Das könnte man auch andersherum sehen. Nämlich, dass das Leid der Palästinenser seit nunmehr fast 80 Jahren durch tägliche Erniedrigung, Vertreibung und Ermordung durch Israel und jüdische Siedler sogar schwerer wiegen.

Diesen Diskurs muss man aushalten. Der Philosoph hat keinerlei strafrechtlich relevante Aussagen getroffen. Wenn man noch nicht einmal das sagen darf, was er sagte, ist es ein Maulkorb und Zensur. Und nichts anderes.

Bezeichnend ist, dass die palästinensische Schriftstellerin, die den Preis gewann, diesen nicht wie üblich auf der Buchmesse erhält. Auch das ist eine klare Absage an einem Interesse an der Meinung der anderen Seite. Soweit die Schriftstellerin überhaupt sich so betrachtet.

Einfach ausgedrückt: Man will auf der diesjährigen Buchmesse die Auffassung Israels allen Besuchern indoktrinieren. Dabei sollen störende, abweichende Meinungen ausgeladen, stummgeschaltet oder vermieden werden.


QuotePiteraq

Dieser Auftritt und der Umgang der Verantwortlichen damit offenbart nur einmal mehr: der versteckte Antisemitismus der linken Intellektuellen ist stärker als vermutet.


QuoteCase793

In welchen Aussagen bzw. Äußerungen Žižeks meinen Sie denn nun genau ,,versteckte[n] Antisemitismus erkennen zu können?


Quotephisad

Vielleicht sollten wir etwas umsichtiger mit dem Begriff Antisemitismus umgehen, um ihn nicht zu entwerten. In meinen Augen setzt Antisemitismus voraus, dass man auch Antisemit ist, also mit Absicht die Dinge so sagt, um Juden einen Schaden zuzufügen. Ich denke kaum, dass das für Zizek gilt. ...


QuoteVonKindernFernhalten

Wo erkennen Sie Antisemitismus, wenn man die Lage der palästinensischen Zivilbevölkerung betrachtet? Ist es so dermaßen "entweder-oder"?


Quotehaschmi123

Wenn die Aufforderung "auch Verständnis für die Palästinenser zu haben" schon Grund genug ist den Saal zu verlassen, dann sagt das einiges über die Toleranz und Offenheit in unserem Land aus.


Quote
Steffi_83

Er zeigt damit Verständnis für die Morde der Hamas. Zu sagen ja das war schlimm, aber und beim aber fängt es an. Es war bzw. es ist schlimm was die Hamas getan hat und hier Punkt.


Quotehaschmi123

Antwort auf @Steffi_83

Er sagte doch nicht "Verständnis für die Hamas", sondern Verständnis für die Palistinänser. Und deren Situation ist nun wirklich nicht so rosig seit vielen Jahren.


...

Quote[...] Einige Zuhörer verließen während der Rede den Saal. Schon zuvor hatte es Zwischenrufe gegeben, auf die Žižek entgegnet hatte, was gerade geschehe, sei der Ausschluss Andersdenkender. Zu diesen gerieten ihm unter der Hand auch die Palästinenser: ,,Seht ihre Situation." Das Vorgehen Israels sorge dafür, dass der Antisemitismus zunehmen werde. Da war wenig von der Ambivalenz zu spüren, die er zuvor der Literatur zugeschrieben hatte.

... Kritik hatte vor Messebeginn die Entscheidung erregt, den in Frankfurt seit 1987 verliehenen LiBeraturpreis nicht während der Messe an die israelisch-arabische Schriftstellerin Adania Shibli zu vergeben. Sie war von der Jury für ihren Roman ,,Eine Nebensache" ausgezeichnet worden, dessen Zeichnung israelischer Charaktere Kritiker schon im Sommer als antisemitisch bezeichnet hatten. Mehrere Hundert Schriftsteller aus aller Welt, unter ihnen die Nobelpreisträger Annie Ernaux, Abdulrazak Gurnah und Olga Tokarczuk, hatten die Buchmesse am Montag in einem Brief aufgefordert, die Entscheidung zurückzunehmen und palästinensischen Stimmen Raum zu ver­schaffen.

... Vertreter von Bund, Land und Stadt hatten der Buchmesse zunächst in ihrer Haltung beigestanden. Wer Kinder ermorde, Frauen vergewaltige, Familien auseinanderreiße und Geiseln verschleppe, habe jede Grundlage für Verständigung zerstört, sagte Staatsministerin Claudia Roth (Die Grünen) in Vertretung von Bundeskanzler Olaf Scholz: ,,Leider gibt es auch Bilder aus unserem Land, die zeigen, wie Anhänger der Hamas den Blutrausch feiern. Dafür kann es keine Toleranz geben. Das ist absolut inakzeptabel."

... Die Buchmesse habe Debatten stets ausgehalten, sagte der Frankfurter Oberbürgermeister Mike Josef (SPD). Aber er sei dankbar für die klaren Worte der Bücherschau. Er erhalte Schreiben von Bürgern, die ihn fragten, wann über die zivilen Opfer unter den Palästinensern gesprochen werde. Dann sage er: ,,Ja, darüber reden wir auch." Er ergänzte: ,,Aber dann erwarte ich auch, dass die Absender zumindest akzeptieren, dass ein Angriffskrieg der Hamas stattgefunden hat." Dazu dürfe es in Deutschland keine zwei Meinungen geben. ,,Nie wieder" heiße schließlich nicht ,,schon wieder".

Danach kam Žižek. ,,Es ist die Freiheit des Wortes und die müssen wir hier stehen lassen", sagte Boos dazu. Unterbrechungen müsse man aushalten: ,,Ich bin froh, dass wir die Rede zu Ende hörten." Dem applaudierte der Saal.


Aus: "Heftiger Streit um Israel bei der Eröffnung" Florian Balke (17.10.2023)
Quelle: https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/frankfurter-buchmesse-eklat-bei-der-eroeffnung-wegen-israel-19249300.html

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Quote[...] Der slowenische Autor und Philosoph Slavoj Žižek hat seine umstrittene Rede bei der Eröffnungsfeier der Frankfurter Buchmesse verteidigt und seinen Kritikern indirekt Zensurversuche vorgeworfen. Konkret beschuldigte er der hessischen Antisemitismusbeauftragten Uwe Becker (CDU), sich wie ein "Politkommissar" im "DDR-Kommunismus" zu verhalten. Seine Forderung nach einem Dialog zwischen Israel und den Palästinensern bekräftigte Žižek. Er befürchte "eine Megakatastrophe", die für beide Seiten schlimm werde, sagte er auf der Literaturbühne von ARD, ZDF und 3sat.

In seiner Rede bei der Eröffnungsfeier am Dienstagabend hatte Žižek gefordert, im Konflikt zwischen der Terrororganisation Hamas und Israel die Lage der Palästinenser nicht zu vergessen. Man müsse auch den Palästinensern zuhören und den Hintergrund des Konflikts beachten, um ihn zu verstehen. Žižek wurde wiederholt von Zwischenrufen Beckers unterbrochen. Der CDU-Politiker warf dem Philosophen vor, das Vorgehen Israels mit den Terrorangriffen der Hamas zu vergleichen und damit den brutalen Angriff der Islamisten auf israelische Zivilisten zu relativieren. Žižek wies dies empört zurück.   

Auf der Literaturbühne der Buchmesse sagte Žižek nun, er verurteile "ohne Wenn und Aber" das Handeln der Hamas und relativiere nichts. Man müsse aber fragen, was der Hintergrund sei, vor dem große Verbrechen geschähen.

Der Direktor der Frankfurter Buchmesse, Juergen Boos, sagte zu Žižeks Rede: "Es ist die Freiheit des Wortes. Und die müssen wir hier stehen lassen, das ist mir wichtig." Er betonte zugleich: "Wir verurteilen den Terror. Wir sind Menschen und wir denken menschlich. Menschlich, auf israelischer Seite, auf palästinischer Seite." Er sei auch froh, "wenn eine Rede unterbrochen wird", sagte Boos. "Das muss möglich sein. Ich bin froh, dass wir die Rede zu Ende gehört haben, auch wenn sie uns nicht gefallen mag. Auch wenn wir sie sogar verurteilen, es ist wichtig, dass wir uns zuhören."

Unterstützung erhielt Žižek von mehreren israelischen Intellektuellen, darunter dem Schriftsteller Tomer Dotan-Dreyfus. Er sagte, Žižek habe viel Kritikwürdiges gesagt. Zutreffend aber sei seine Diagnose, dass es wichtig wäre, die Situation besser zu analysieren. "Ich wünsche mir, dass ich diese Komplexität besser verstehen kann. Damit wir bessere Lösungen finden. Weil die Lösungen, die wir gerade haben, scheinen seit Jahrzehnten nicht zu funktionieren." Der Historiker Doron Rabinovici sagte, Teile von Žižeks Rede seien ihm "fremd" gewesen. Zutreffend aber sei: "Es gibt ein Leid des palästinensischen Volkes."

Auch der deutsch-israelische Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, Meron Mendel, äußerte Zustimmung für Žižeks Forderung, dass alles kontextualisiert werden müsse. "Vermutlich stimmt das. Aber ich merke, wie schwer es mir fällt", sagte Mendel. Er forderte einen Grundkonsens, dass bei den Massakern der Hamas am 7. Oktober "das absolut Böse" am Werk gewesen sei. "Da braucht es keine Kontextualisierung. Darüber kann man nicht diskutieren. Aber wenn wir diese gemeinsame Grundlage haben, können wir über alles sprechen."


Aus: "Slavoj Žižek weist Kritik an umstrittenen Äußerungen zu Nahost zurück" (18. Oktober 2023)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/literatur/2023-10/slavoj-zizek-buchmesse-kritik-verteidigung-antisemitismus

Quote
skippy502

Die jüngsten Eskalationen der Konflikte in Europa und Nahost deuten darauf hin, dass sich weltweit eine Spirale der Unversöhnlichkeit beschleunigt. Was uns aus ihr hinaushelfen kann, ist das Kennen und Verstehen der konträren Positionen. Emotionale Reflexe, missionarisches Sendungsbewusstsein und einseitige Parteilichkeit hingegen sind Drehbeschleuniger der Spirale. Unsere Chancen stehen schlecht, wenn nun auch hierzulande Andersdenkende angeprangert werden. Anders gesagt: Wir bräuchten mehr Žižek und weniger Becker.


Quotejus-kenner

Der Nahostkonflikt ist ziemlich komplex. Damit sind offenbar nicht nur viele in der deutschen Bevölkerung, sondern auch viele in der deutschen Politik intellektuell überfordert. Dann liegt es nahe, sich in simples Schwarz-Weiß-Denken zu flüchten. Auf diesem beruhen die Äußerungen aller, die nur eine Seite als grundsätzlich gut und die andere als grundsätzlich böse ansehen.

Und dem wohlfeilen opportunistischen Lippenbekenntnis eines ,,We-Stand-With-Israel" vieler deutscher Gutmenschen (insbesondere in der Politik) traue ich angesichts des bis heute immer wieder bei Umfragen festgestellten tief verankerten antisemitischen Denkens (vor allem auch bei vielen Deutschen OHNE Migrationshintergrund, die zu über 1/5 auch noch eine Partei wählen würden, die sich offen antisemitischer Codes bedient), ohnehin nicht über den Weg. Insbesondere, wenn dieses Lippenbekenntnis bei vielen Deutschen (anders übrigens als bei vielen Israelis und außerhalb Israels lebenden Juden) auch noch mit völliger Empathielosigkeit gegenüber dem Schicksal und dem Leid der Palästinenser einhergeht.

Daher kann ich die deutsche Empörung (insbesondere eines pseudochristlichen Politikers) über die Rede Zizeks, die sich um das Erfassen der Komplexität der Lage zumindest bemühte, nur als durch und durch bigott empfinden.


QuoteFriedenstaube2019

Der Hamas-Angriff auf Israel war ein böswilliges, gemeines Terroristenstück. Hinterlistig und unterstützend vom mordenden iranischen System. Nichts daran kann ich irgendwie für verteidigenswert halten. Die Stimme kritischer differenzierender und kontexualisierender Intellektueller halte ich dennoch für notwendig, denn der Ausweg aus dem Israel-Palästina-Problem darf eben nicht eine von Schreiern unterstützte Hamas-Mordmaschine sein. Kritische Stimmen in Israel weisen auch auf die Verantwortung der jetzigen rechten Regierung hin, die Hamas gestärkt habe. Wenn wir den klugen kritischen Stimmen nicht zuhören, werden wir zu dumpfen Populisten. Zisek ist ein kluger Kopf, zuhören und solidarisch mit Israel sein in dieser Situation dürfen sich nicht ausschließen.


QuoteSchimmerlos

Auch das freie Wort hat dort eine Grenze, wo es in einem Kontext Dinge relativiert, verharmlost und gleichsetzt, wo man sie nicht gleichsetzen kann.


Quote
Halp

Antwort auf @Schimmerlos

Nein, das ist schlichtweg falsch. Das freie Wort darf nicht verboten werden. Aber es sollte auch Konsequenzen geben, die sich a) aus dem objektiven Wahrheitsgehalt und b) aus der Absicht der/des Sprecher/s dieses Wortes ableiten.


QuoteLudwig Edel

Ich danke Slavoj Žižek für den Versuch einer differenzierten Ausleuchtung der äusserst komplexen historischen Hintergründe. Den Vorwurf der Vergleichsziehung und Relativierung, der Žižek gemacht wurde, halte ich für absolut ungerechtfertigt.


QuoteBeRootOrReboot

Wer Heydrich zitiert, kann keine komplexen historischen Hintergründe ausgeleuchtet haben.


Quote
kanga
Antwort auf @BeRootOrReboot

Haben Sie gehört, wie er ihn zitiert hat? Als negatives Gegenbeispiel...


QuoteGnurg

Erinnert mich, obwohl es doch was ganz anderes ist, an Stockhausens Aussagen zu 9/11, von wegen die Anschläge seien "das größte Kunstwerk, was es je gegeben hat".

Auch hier mit Zizek treffen Philosophentum und Politik hartkantig aufeinander. Ich würde, als neutraler Beobachter ohne richtig ausgereifte Meinung zu dem Thema, jedoch eher Zizek Gehör schenken. Der Mann hat mehr als genug bewiesen, dass er komplexe Themen gut durchdenken kann.

Andererseits denke ich auch, dass beide, sowohl der Philosoph als auch der Politiker hier einfach nicht viel zu melden haben: Wenn es sich monotheistische Religionen in den Kopf gesetzt haben, dass die andere Religion falsch ist, dann kommt man in der Regel mit Logik, guten Ratschlägen und 'Friedensplänen' nicht weit. Irgendwann kommt doch wieder einer auf die Idee, dass es sich lohnt für irgendeinen Gott zu töten und zu sterben. Die religiösesten Länder sind ja meist auch die gewalttätigsten. Aber das ist sicher nur ein Zufall.


Quotejozipbroz

Das Elend mit diesen Begriffen kommt immer wieder vor bzw. diese Begriffe werden immer wieder bewusst missverstanden + zur Diffamierung eingesetzt:
"Vergleichen", "Gleichsetzen", "Relativieren".

1) "Vergleichen" ist fast immer sinnvoll, wenn es sorgfältig, rational, abwägend und vor allem inhaltlich erfolgt. Natürlich kann "man" das Vorgehen der Hamas in ganz vielen Aspekten mit dem Vorgehen Israels "vergleichen". Und wenn "man" dabei sorgfältig arbeitet, werden (These) eine ganze Reihe bedeutsamer Unterschiede zwischen Hamas und Israel deutlich werden, auch und gerade bei der Kriegführung.

Mit einem derartigen Vorgehen wird in keinster Weise ein

2) "Gleichsetzen" vorgenommen - was interessanterweise, lt. ZEIT-Berichterstattung, von CDU-Becker auch nicht vorgeworfen wird; er wendet sich schon gegen jegliches "Vergleichen", obwohl dies, jenseits seiner Vorwürfe, ja durchaus sinnvoll sein kann (siehe oben).

3) "Relativieren" ist demgegenüber, heißt:
gegenüber dem "eigentlich" rationalen Verfahren des "Vergleichens", wie auch gegenüber dem "eig." (dann nämlich, wenn eine rationale Begründung geliefert wird) rationalen Verfahren des "Gleichsetzen"s (das aber eben oftmals rhetorisch-irrational verwendet wird);
eine rhetorisch-propagandistische Funktion bzw. Methode, die regelmäßig auf der Basis der inkorrekt verwendeten Behauptungen des "Vergleichen"s bzw. "Gleichsetzen"s verwendet/angewendet/versucht wird.

FAZIT: CDU-Becker hat sich irrational empört. Zizek hat rational Recht.


QuoteBeRootOrReboot

Sie irren, wenn Sie die Empörung allein auf den Antisemitismusbeauftragten der hessischen Landesregierung, Becker, CDU, schieben.

Mike Josef, Oberbürgermeister von Frankfurt, SPD und Andrea Dorn, Kultusministerin von Hessen, Die Grünen, waren ebenfalls empört und haben u.a. auch den Saal verlassen. Beide haben dazu noch heute Interviews gegeben.


QuoteNogod

Antwort auf @BeRootOrReboot

Empörung ist nun mal wohlfeil. Komplexe Sachverhalte durchdenken, eher weniger.


QuoteBeRootOrReboot

Antwort auf @Nogod

In Foren wird sich oft unterkomplex empört. Der Forist, der sicherlich mit Absicht Marschall Tito im Namen trägt, hat hier politisch unterkomplex versucht, den Eklatcharakter einer einzigen politischen Partei anzulasten.

Das trifft aber nicht die Stimmung im Saal und bei den Veranstaltern, wovon letztere noch immer eifrig eine sie entlastende Kontextualusierung in die Nachrichten zu bringen versuchen.


QuoteBeRootOrReboot
Antwort auf @Nogod

Übrigens gehört es auch zur situativen Komplexität, wurde aber von Zizek wohl nicht aufgegriffen, dass ein Teil der Frankfurter Messe derzeit Flüchtlinge aus jenen Ländern beherbergen muss, die von Islamisten und autokratischen Demokratiefeinden beherrscht werden, die Israels Existenzrecht bestreiten.


QuoteRick_Sanchez_23

Žižek hat recht und er hat sich nun wirklich ausreichend vom Terror distanziert. Das muss man ja nun nicht in jedem Nebensatz betonen.
Doch der Versuch die Hamas einfach "auszurotten" wird genauso scheitern wie der "Krieg gegen den Terror". "Hoppla, auf einmal IS".
Es sind nicht Menschen die man bekämpfen darf, sondern eine Ideologien. Wenn man hier einfach die Anführer tötet stehen sofort 10 neue da.
Doch um die Ideologie der Hamas auszurotten, muss eine Zweistaaten Lösung her, wie von der UN gefordert.


QuoteBeRootOrReboot

Die Hamas will keine Zweistaatenlösung und wird sie auch nicht akzeptieren.
Die Hamas will nach eigener Bekundung die Auslöschung aller Juden und allen jüdischen Lebens im Nahen Osten.
Die Hamas akzeptiert noch nicht einmal Gewaltlosigkeit gegenüber der Fatah.

So viel Kontext braucht man.


Quote
PastPerfect

Antwort auf @BeRootOrReboot

Die radikalen Juden wollen auch keine Zweistaatenlösung.


Quotejozipbroz

Antwort auf @BeRootOrReboot

Die Hamas will, was sie will.
Die radikalen Juden (BeRootOrReboot) wollen, was sie wollen.
Trotzdem hat, systematisch-logisch-theoretisch, Rick_Sanchez_23 Recht. Es braucht nur die Träger einer solchen Lösung (und natürlich weiterhin die entsprechende militärische Macht Israels zur Selbstverteidigung (und theoretisch auch die entsprechende militärische Macht der arabischen Staaten, nämlich um sich gegen Hamas & Co. zu verteidigen (siehe Ägypten))).
Dann KÖNNTE langfristig die "Heilige-Krieg-Ideologie" in ihrer Massenwirksamkeit ausgetrocknet werden.


Quotevincentvision

Das rechtskonservative Lager, macht aktuell leider entscheidende Fehler bei seiner Solidarität mit Israel!

Es setzt die radikalislamische Hamas und ihren Terror mit den Palästinensern gleich. Und es geht sogar noch weiter und setzt die Palästinenser mit allen Muslimen gleich und fordert absurderweise Ausweisungen oder sonstige Sanktionen.

Das ist politische und ethnische Sippenhaft, die nie etwas zum Besseren drehen wird!

Und wenn Zizek nichts anderes tut, als völlig berechtigt zu erläutern, dass zur Lösung dieser Situation die Gesamtsituation und alle Beteiligten betrachtet werden müssen, dann sprechen die entsprechenden ablehnenden Reaktionen leider Bände.

,,Wer nicht hundertprozentig für sie (die Israelis) ist, ist automatisch gegen sie" greift eben viel zu kurz - und schürt nur weiteren Hass und Hetze!


Quoteetiam_si_omnes_ego_non

Zu einer umfassenden Betrachtung der Situation gehört allerdings auch dies: Die Palästinenser in Gaza haben die Hamas an die Macht gewählt, und bis heute hat sich in der dortigen Bevölkerung keine nennenswerte Opposition zur Regierung formiert. Im Gegenteil, die Gräueltaten der Hamas-Terroristen wurden in Gaza bejubelt, die Geiseln von der Menge geschändet.
Auch in der muslimischen Welt erheben sich keine prominenten Stimmen, die die Hamas und ihre Taten verurteilen - stattdessen kritiklose Solidarität.

Irgendwann kann man sich nicht mehr darauf herausreden, machtlos und unwissend gewesen zu sein.
Irgendwann heißt es eben: Mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen.

Siehe Deutschland 1933-45.


QuoteMr.Roboto

Ich frage mich, ob sie eine ähnliche derartige Differenzierung auch für die Deutschen in der Zeit von 1933-1945 vornehmen würden. Und das ist durchaus vergleichbar in Anbetracht der Tatsache, dass das Hamas-Regime gewählt wurde und in einer absoluten Radikalität, mit Hass und Antisemitismus die Zerstörung Israels (und damit der Juden, zumindest ihre Vertreibung) als Ziel hat und alle Mittel dafür verwendet. Eine Mehrheit der Palästinenser in Gaza und sehr viele Muslime weltweit steht nun einmal hinter diesen Zielen, das ist doch offensichtlich.

Aber klar, alle die Solidarität mit Israel zeigen, müssen rechtskonservativ sein. Sie haben große Probleme, vincentvision.


QuoteBeRootOrReboot

Nicht nur der Antisemitismus-Beaufragte der hessischen Landesregierung (Becker, CDU), sondern auch der Oberbürgermeister von Frankfurt (Joseph, SPD) und die Kultusministerin von Hessen (Dorn, Die Grünen) haben den Saal verlassen. Zwischenrufe kammen überwiegend von Becker, aber eben auch noch von vielen anderen hessischen Politikern - auf der Frankfurter Buchmesse immer stark vertreten - die aber nicht alle der CDU angehören oder gar Rechtskonservativ sind.

Zizek hat ja u.a. auch Reinhard Heydrich zitiert, was viel Protest hervorgerufen hat.

Eine sinnvolle Kontextualisierung des heutigen Konfliktes kann ich das auch nicht im Entferntesten finden.


QuoteGogol85

Antwort auf @etiam_si_omnes_ego_non

Guter Vergleich, aber leider ohne Geschichtsbewusstsein. "Mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen" war mitnichten die Politik der Alliierten. Das ist schlicht und einfach unwahr. Im Zuge der Entnazifizierung hat man klugerweise differenziert. Im "Gesetz zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus vom 5. März 1946", kurz Befreiungsgesetz hat, man etwa "zur gerechten Beurteilung der Verantwortlichkeit und zur Heranziehung zu Sühnemaßnahmen" folgende Gruppen gebildet: 1)Hauptschuldige 2) Belastete (Aktivisten, Militaristen, Nutznießer) 3) Minderbelastete (Bewährungsgruppe) 4) Mitläufer 5) Entlastete. (---> siehe hierzu der Wikipedia-Artikel zum Befreiungsgesetz)


QuoteGogol85

Antwort auf @Mr.Roboto

Offensichtlich sind die Ziele der Hamas. Was die Mehrheit der Muslime weltweit will, mit Verlaub, wissen sie genau so wenig wie ich. Und was ihren Vergleich angeht, empfehle ich einen Blick in die Geschichtsbücher. Die Alliierten haben differenziert. Wir sind heute zivilisatorisch weit hinter das zurückgefallen, was die Alliierten auf deutschem Boden erreicht haben. Als Deutscher kann ich mich nur dafür schämen, dass so viele Menschen, die, um Bundeskanzler Kohl zu zitieren, das "Glück" der späten Geburt hatten, das alles heute nicht mehr erinnern wollen. Oder lesen sie die Rede von Bundespräsident Weizsäcker. Kohl und Weizsäcker waren zwei Konservative, die wussten, was sie den Alliierten zu verdanken hatten. Zur Erinnerungskultur der Deutschen gehört heute darum auch, sich des Handelns der Alliierten zu erinnern. Sie haben am deutschen Volk das Exempel historischer Gerechtigkeit statuiert. Kein Deutscher heute hat das moralische Recht, hinter diese - nennen wir sie ruhig "rechtskonservativen" - Errungenschaften zurückzugehen.


Quotevincentvision

Antwort auf @Mr.Roboto

Mit Leseverständnis haben Sie es nicht so, oder!?

Sonst würden Sie mein ,,Die Rechtskonservativen machen entscheidende Fehler bei der Solidarität mit Israel" nicht umdeuten in ,,Alle, die Solidarität mit Israel zeigen, sind rechtskonservativ".

Und leider glaube ich nicht, dass Sie meine Kritik verstehen...


QuoteMr.Roboto

Antwort auf @vincentvision

Ich habe Sie schon ganz genau verstanden, auch Ihre Reaktionen bzw. besser gesagt fehlenden Reaktionen vor zwei Wochen. Sie betrachten Menschen kritisch, die 100% hinter Israel stehen. Menschen also, die 100% hinter dem Staat der Juden stehen und bei einem terroristischen Angriff, welcher ehrlich gesagt eher einem Pogrom glich, nicht sofort "Ja, aber..." rufen. Sie und einige andere benutzen zivile Oper auf der palästinensischen Seite als Rechtfertigung für anti-israelische Statements - nicht alle so offensichtlich, aber die Stoßrichtung ist mindestens mal zwischen den Zeilen zu erkennen. Der Hass einiger Linken auf Israel ist nun nichts Neues und es hat nur wenige Tage gedauert, bis die altbekannten Phrasen in die Welt posaunt wurden.

Dabei ist es eindeutig: Ihr wollt Israel das Recht versagen, die Hamas zu vernichten - also jene Organisation, die nicht nur über Gaza herrscht (gewählt), sondern die vor allem Israel zerstören will und dabei Hunderte Zivilisten getötet und weitere verschleppt hat. Da werden, nachdem diese ihre eigene Bevölkerung als Schutzschilde nutzten und wahrscheinlich ihr eigenes Krankenhaus getroffen haben, schnell Verhandlungen gefordert und Israel kritisiert. Dabei ist es Israel, welches die Gegenseite vorwarnt, nicht andersherum. Das ist alles so durchschaubar und dennoch so schäbig, was Teile der Linken hier veranstalten. Ihr macht euch mit lupenreinen Antisemiten gemein und merkt es nicht einmal.


QuoteArnnewillnix

Ich frage mich: Wenn einer seiner Angehörigen Opfer des Hamas Terrors geworden wäre, hätte er sich auch so geäußert??


Quotegolino

Wenn einer Ihrer Angehörigen Palästinenser wäre, wie würden Sie sich äußern? Genau.


QuoteArnnewillnix

Antwort auf @golino

Und wenn Ihre Angehörigen beim Festival gewesen wären?

...

[...] Die militärische Operstion dient der Vernichtung einer terroristischen Organisation nach rinem terroristischen Angriff und nicht der Ausübung von Rache, da verwechseln Sie etwas.
Vollends naiv ist es von Ihnen auch noch wenn Sie demokratische Grundwerte im Zusammenhang mit der Hamas anführen, welche genau diese brutalst ablehnt


QuoteNordmar

Dieses Argument ist vollkommen stumpf. Wir sind als Gesellschaft bspw. einig, dass die Todesstrafe verboten sein soll. Wenn allerdings Ihr Verwandter/Kind einem Gewalt- oder Sexualverbrechen zum Opfer fällt, wären Sie vielleicht auch für die Todesstrafe für den Täter.

Eine moderne, humane Gesellschaft baut man nicht auf den emotionsgesteuerten Rachegelüsten von Opfern auf, so nachvollziehbar und menschlich deren Gefühle auch sind.


Quotecommander Doge

Das Totschlag Argument "Antisemitismus" wird inzwischen so dermaßen missbraucht, dass es jede Diskussion erstickt. Nicht alles ist automatisch Antisemitismus, und Kritik an Israels Politik ist es defacto nicht.

Wenn ein Philosoph wie Žižek, der sich in seiner Geschichte immer für die Menschenrechte eingesetzt hat, nicht einmal mehr auf die Menschen in Gaza und deren Leiden aufmerksam machen kann, und nicht einmal mehr eine differenzierte Diskussion anstoßen kann, dann haben die Rechtsradikalen Hardliner in Israel wirklich volle Arbeit geleistet und wir die demokratische Meinungsfreiheit wirklich aufgegeben.

Wieso sind uns die Leben der Palestinenser eigentlich so egal? Kinder sind Kinder, egal wo sie geboren wurden.
Wer meint, die Menschen in Gaza wären weniger wert und verdienen es zu leiden, weil die Hamas Israel angegriffen hat, der macht sich der Logik der Hamas Terroristen eigen.

Und dieser undifferenzierte Hass, der gerade mal wieder einem ganzen Volk entgegen gebracht wird - das übrigens von den Hamas Terroristen genauso unterdrückt wird, ist nicht nur zutiefst rassistisch, sondern wird den Konflikt auch nur noch weiter unnötig anheizen. Und so nur zu noch mehr Toten und Verletzten auf beiden Seiten führen.

Man erreicht Frieden eben nicht durch noch mehr Hass. Und man zerstört Terroristen auch nicht mit Bomben, das mussten schon die Amerikaner schmerzhaft in Afghanistan und Irak lernen. Und Israel sollte das eigentlich auch wissen, nach über 70 Jahren Konflikt.


QuoteGogol85

Vielleicht sollten wir in die Geschichtsbücher schauen und überlegen, wie die Alliierten den NS-Terror beantwortet haben. Vollständige militärische und politische Entmachtung der Verantwortlichen. Nachhaltige Verhinderung einer Rückkehr der NS-Ideologie. Strafprozesse gegen führende Repräsentanten. Entnazifizierung. Verzicht auf Racheakte. Aufbau einer demokratischen Kultur. Nahezu vollständiger Rückzug aus der Besatzung. Relativ baldige Übergabe der Macht an eine junge Demokratie. Wenn das angesichts der Shoa möglich war, dann muss es auch angesichts der durch die Hamas verübten Progrome möglich sein. Wer - wie manche - hinter diesen zivilisatorischen Status quo ernstlich zurück will, dreht das Rad der Geschichte zurück in die Steinzeit. Das Ziel des israel. Militärs und seiner Verbündeten sollte also nicht "Rache" lauten, sondern: Entmachtung und Grundgesetz.


Quote
Der Eskapist

"Und man zerstört Terroristen auch nicht mit Bomben, das mussten schon die Amerikaner schmerzhaft in Afghanistan und Irak lernen." Nunja, das ist jetzt so auch nicht richtig. Der IS in Syrien und dem Irak wurde nicht mit Worten besiegt sondern mit Bomben und Gewehren.


Quote
CingCoCo

Antwort auf @Gogol85

Im Gegensatz zu den Palästinensern hatten die Nazis aber einen großen Haufen Macht. So viel Macht, dass sie die Welt 6 Jahre lang in einen vernichtenden Krieg stürzen konnten bei dem zuweilen Gebiete vom Atlantik bis in den Kaukasus unter NS-Herrschaft fielen.

Die HAMAS ist eher mit der ETA oder IRA vergleichbar. Die haben auch wahllos in der Gegend rumgebombt. Besiegt wurden sie aber nicht durch militärische Racheakte sondern durch einen politischen Dialog und eine Inklusion der Bedürftnisse der den beiden Terrororganisationen (ETA und IRA) zugrundeliegenden Bevölkerungen, was de facto dem Terror den Boden unter den Füßen wegriss.


Quote
W. aus H.

Lieber Herr Zizek, der Hintergrund des Pali Terrors ist zum Beispiel die jahrelange Erziehung der arabischen Kinder zu Gewalt und Judenhass.


QuoteRick_Sanchez_23

Haben Sie den Text eigentlich gelesen? Er hat es doch verurteilt.


QuotePastPerfect

Was ist der Hintergrund für die religiöse fanatische Rechte in Israel?

Antwort auf @BeRootOrReboot

Und wer unterstützt die illegale Bebauung und Erschaffung von jüdischen Siedlungen im Westjordanland? Es ist nicht schwarz und weiß dieser Konflikt, sondern hat so viele Graustufen wie Beton. Wir hier in Europa haben überhaupt keine Ahnung. Wissen Sie eigentlich wie viele Bevölkerungsgruppen (auch kleine wie die Drusen) in Israel aufeinandertreffen?


QuoteNogod

Antwort auf @PastPerfect

Ach, Wissen ... wer weiß schon, dass im Osmanischen Reich (keineswegs eine Idylle der Menschenrechte) im damaligen Palestina Araber und Juden ganz gut miteinander auskamen, während die christlichen Religionen (und ihre Schirmherren natürlich) sich im 'Land des Gottessohns' die härtesten Kämpfe lieferten. Gewalttätig.

Wenn es historische Verantwortung gäbe, müssten das britische Empire und Frankreich alle vertriebenen Palestinänser aufnehmen. Als Folge der räuberischen Aufteilung des osmanischen Reichs nach dem gewonnenen WW1.


QuotePaul Freyburger

"Auf der Literaturbühne der Buchmesse sagte Žižek nun, er verurteile "ohne Wenn und ABER" das Handeln der Hamas und relativiere nichts. Man müsse ABER fragen, was der Hintergrund sei, vor dem große Verbrechen geschähen."

Was war denn der "Hintergrund" der Shoa oder der Massenmorde der Roten Khmer, um mal zwei Beispiele von monströsen Verbrechen zu nennen?

Das ist vielleicht mehr eine Frage für Psychologen und Soziologen. Ideologie, Indoktrination und psychosoziale Manipulationen bringen Menschen zu solchem Hass.


QuoteGive Peace Every Chance

Genau darauf wollte er ja aufmerksam machen. Schauen Sie sich mal seine Vita an!


QuoteGogol85

Ich wundere mich, dass man es neuerdings für illegitim hält, die Wörter "Ja" und "Aber" in einem näheren Kontext zu gebrauchen. Spiegel Online tituliert die Haltung des US-Präsidenten übrigens gerade mit "Ja, aber". Das ist treffend gewählt und zeigt mE auch, dass die US-Demokraten - und das ist ja durchaus ein Ausrufezeichen wert - zu dieser eindeutig differenzierenden Haltung kommen: Es gibt kein bedingungsloses "Ja". Der Unterschied zwischen Zivilisation und Barbarei läuft entlang der Unterscheidung von Gerechtigkeit und Rache. Die Hamas muss zur Rechenschaft gezogen werden. Daran zweifelt kein anständiger Mensch. Bis zur vollständigen Entmachtung erfordert dies militärisches Vorgehen bei Wahrung des Völkerrechts. Das ist der zivilisatorische Standard und niemand hat das Recht, hinter diese moralische Linie zurückzugehen, ohne selbst Recht zu brechen. Die notwendige Wiederherstellung von Gerechtigkeit nach den Schändungen am gesamten israelischen Volk kann nur darin bestehen, der Hamas und ihren Handlangern im weitestmöglichen Rahmen zur Verantwortung zu ziehen. Gerade in diesem Kontext ist der Vergleich zum 3. Reich mE überaus treffend. Man hat den NS-Terror militärisch und politisch komplett entmachtet, eine neue demokratische Kultur ermöglicht und es gab die Nürnberger Prozesse. Behandeln wir den Hamas-Terror also wie den historischen NS-Terror. Das Vorgehen der Alliierten nach Kriegsende gibt also durchaus eine Linie vor: Gerechtigkeit, nicht Rache.


QuoteBeRootOrReboot

Antwort auf @Give Peace Every Chance

Zizek liefert aber keine pädagogisch-praktischen Werkzeuge oder gedanklichen Ansätze, um gegen solche Ideologien vorzugehen. Vielmehr möchte er sie all kontextualisieren und als gleichberechtigte Wahrheiten nebeneinander stehen lassen.

Und das geht eben nicht - es ist ein Rückschritt, auch kulturell, hinter die moralischen Errungenschaften der Nürnberger Prozesse.


QuoteDer Eskapist

"Ideologie, Indoktrination und psychosoziale Manipulationen bringen Menschen zu solchem Hass." Sie vergessen dabei die lange Geschichte der Gewalt und Gegengewalt. Ach, hören Sie sich einfach seine Rede im Original an dann verstehen Sie eher wie er das gemeint hat.


QuotePastPerfect

Antwort auf @BeRootOrReboot

Vielleicht wollte er nur darauf aufmerksam machen, dass die Welt nicht schwarz und weiß ist.


QuoteGogol85

Antwort auf @BeRootOrReboot

Sind Sie sich da so sicher? Ich habe seine Rede nicht im Sinne eines indistinkten moralischen Nebeneinanderstellens verstanden. Ich glaube, eben jene Errungenschaften,die sie mit den Nürnberger Prozessen beispielhaft ansprechen, wäre, auch für Zizek, ein Fortschritt - jedenfalls bezogen auf den rhetorischen Status quo der Jetztzeit. Die Positionen liegen doch, in der Sache, näher beieinander als die vielen rhetorischen Exzentrizitäten heute suggerieren. Wir leiden, unter Demokrat:innen, heute leider oft unter dem Narzissmus der kleinsten Differenz, scheint mir.


...

"Debatte auf der Buchmesse: Die Anerkennung des absolut Bösen" Ulrich Gutmair (18.10.2023)
... Meron Mendel hat einen Jugendfreund verloren, Kinder von Freunden wurden ermordet. Es sei vermutlich richtig, dass das Massaker kontextualisiert werden müsse, sagte Mendel. Es falle ihm aber schwer zu kontextualisieren, wenn er an den Freund denke, mit dem er früher Basketball gespielt habe. Ihn treibe etwas anderes um: ,,Mir fehlt gerade die Anerkennung des absolut Bösen – ohne Wenn und Aber." ...
https://taz.de/Debatte-auf-der-Buchmesse/!5963830/

QuoteBrombeertee
Donnerstag, 13:03

Können wir kontextualisieren ohne zu relativieren? Also das Schlimme und das darauf folgende Entsetzen stehen lassen in voller Größe - und zugleich anschauen, was vorher war und drum herum geschehen ist?


QuoteKartöfellchen
Donnerstag, 10:51

Vorab: Ich halte die Hamas für eine Art NSDAP, nur eben im lokalen kulturellen Kontext (einschließlich der Methode über Soziale Hilfen Anhängerschaft zu gewinnen). Ihr bewaffneter Arm ist für mich nur mit der Waffen-SS zu vergleichen. Genau derselbe fanatische Hasse auf die Juden, genau die gleiche Brutalität.

Wer die Hamas schwächen will, ihre Herrschaft in Gaza beenden will, muss NEBEN militärischen Schlägen auch politische Lösungen anstreben, die der Saat der Hamas den Boden entzieht. Und da gilt es, ziviles Leid der Palästinenser so gut es geht zu vermeiden. Da muss die PLO, die eben mittlerweile ein FREIES PALÄSTINA NEBEN ISRAEL anstrebt und Feind der Hamas ist, gestärkt werden. Da muss zumindest das Westjordanland ein "Staat Palästina" werden, dem sich Gaza anschließen kann, wenn die Hamas weg ist.

Und das, meine ich, ist im besten Interesse Israels.


Quoterero
Mittwoch, 22:20

...

Es gibt gerade keine Sichtweisen.
Es gibt in ihrem Schlafzimmer ermordete Familien.
Es gibt wahllos auf der Straße erschossene Kinder, Babys, Greise.
Es gibt niedergemetzelte Konzertbesucher.
Es gibt vergewaltigte und anschließend entführte Frauen.
Da hört es auf mit Sichtweisen und Tendenzen.


QuoteElf
Donnerstag, 10:40

@rero Und es gibt viele Opfer durch israelische Luftangriffe. Dies auszublenden verrät eben doch eine verengte Sichtweise.


QuoteJens Barth
18. Okt, 17:04

Im Moment läuft alles nach dem Szenario der Hamas. Erst der barbarische Überfall, purer Terror. Nun die Antwort der Israelis. Und darauf die Reaktion der arabischen Welt. Whats next? Geht diese Spirale endlos weiter?

Israel hat natürlich das Recht auf Selbstverteidigung. Aber, wie von der UNO angemahnt, im Rahmen des Völkerrechts.

Am Ende ist nur eins entscheidend: Wie löst und befriedet man langfristig die Situation vor Ort? Wie schafft man dauerhaft Frieden? Die Hamas will ihn nicht. Und will auch die Annäherung zwischen Israel und der arabischen Welt nicht. Und doch folgen alle momentan dem Drehbuch der Hamas.


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