[...] In der belarussischen Hauptstadt Minsk haben mehrere Zehntausend Menschen gegen den umstrittenen Präsidenten Alexander Lukaschenko demonstriert. Auf Videos war zu sehen, wie die Menschen in großen Gruppen Richtung Zentrum zogen. Sie schwenkten die historische weiß-rot-weiße Landesfahne. Sicherheitskräfte gingen mit einem Wasserwerfer gegen Demonstranten vor. Einigen der Demonstranten gelang es, eine Klappe eines der Fahrzeuge zu öffnen. Danach hatte es augenscheinlich mit technischen Problemen zu kämpfen und fuhr davon.
Militärlastwagen und -busse waren ins Zentrum von Minsk gefahren, wo sich die Opposition versammelte. Auch Panzerfahrzeuge waren zur Abschreckung im Einsatz. Die Polizei nahm bereits kurz nach Beginn mehrere Personen fest. Videos zeigten, wie maskierte Polizisten Menschen abführten und in Kleinbusse steckten. Auch wurden Festnahmen von Uniformierten in Sturmhauben und ohne Erkennungszeichen vorgenommen.
Das Menschenrechtszentrum Wesna zählte am frühen Sonntagnachmittag rund 20 Festnahmen. In anderen Berichten war von einer weitaus höheren Zahl die Rede. Vor einer Woche kamen rund 350 Demonstranten in Polizeigewahrsam. Auch in anderen Städten gab es Demonstrationen. Der belarussische Journalistenverband berichtete zudem, dass mindestens drei Medienvertreter vorübergehend zur Überprüfung von Dokumenten in Polizeigewahrsam gekommen seien.
Die Opposition hatte zu den neuen Aktionen aufgerufen, sie fordert, alle politischen Gefangenen freizulassen. Die Proteste am Sonntag haben traditionell den größten Zulauf. Eine unabhängige Berichterstattung darüber war für ausländische Journalisten jedoch kaum möglich, weil die Behörden ihnen am Freitag die Akkreditierungen mit sofortiger Wirkung entzogen hatten.
Beobachter berichteten, dass zudem das mobile Internet wieder zeitweise abgeschaltet worden sei. Die Behörden wollten damit verhindern, dass sich die Demonstranten zu Protestrouten verabredeten. Zudem waren in Minsk mehrere U-Bahnstationen geschlossen, damit die Menschen nicht ins Zentrum gelangen konnten. Es war das mittlerweile achte Protest-Wochenende in Folge.
Seit der umstrittenen Präsidentenwahl Anfang August gehen die Menschen regelmäßig gegen Lukaschenko auf die Straße. Der 66-Jährige hatte sich mit 80,1 Prozent der Stimmen für eine sechste Amtszeit bestätigen lassen. Die EU erkennt das Wahlergebnis nicht an. Die Opposition sieht dagegen Swetlana Tichanowskaja als Siegerin.
Die rief aus ihrem Exil in Litauen zu weiteren Massenprotesten auf. Trotz des beispiellosen Drucks mit Festnahmen und starkem Aufgebot an Einsatzkräften gelinge es dem Machtapparat nicht, den Freiheitsdrang der Menschen zu brechen, sagte sie. Zugleich beklagte Tichanowskaja, dass es ein weiteres "Opfer des Regimes Lukaschenko" gegeben habe. Wie Behörden zuvor bestätigten, starb im Gefängnis ein Mann, der sich tödliche Verletzungen beim Fall aus einem Doppelstockbett zugezogen haben soll.
Tichanowskaja warf den Behörden "Lügen" vor. Ärzte hätten eine eingeschlagene Schädeldecke mit offenem Schädelbruch, gebrochene Rippen und Blutergüsse und weitere Verletzungen festgestellt. Im Zuge der Proteste starben mehrere Menschen, zahlreiche Fotos von Festgenommenen deuten auf massive Folgerungen von politischen Gefangenen hin.
Aus: "Zehntausende demonstrieren in Minsk" (4. Oktober 2020)
Quelle;
https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-10/belarus-proteste-festnahmen-alexander-lukaschenko-demokratie-bewegung-polizeiWeißrussland, amtliche Kurzform Belarus
https://de.wikipedia.org/wiki/Wei%C3%9FrusslandProteste in Weißrussland 2020
Die Proteste in Weißrussland 2020 sind die größten Massendemonstrationen seit Ausrufung der Republik Belarus im Jahr 1991. Die meisten Proteste richten sich gegen die Politik und Präsidentschaft von Aljaksandr Lukaschenka, der das Land seit 26 Jahren diktatorisch regiert; es kam aber auch zu staatlich organisierten Unterstützungskundgebungen für Lukaschenka. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Proteste_in_Wei%C3%9Frussland_2020