• Welcome to LINK ACCUMULATOR. Please log in.
Menu

Show posts

This section allows you to view all posts made by this member. Note that you can only see posts made in areas you currently have access to.

Show posts Menu

Messages - Link

#1941
Quote[...] Die für Samstag geplante Demonstration von Kritikern der Corona-Politik darf nicht stattfinden. Die Versammlungsbehörde hat am Mittwoch entschieden, dass mehrere angemeldete Demonstrationen nicht stattfinden dürfen. Das teilte die Innenverwaltung am Vormittag mit.

Begründet wird das Verbot damit, dass "es bei dem zu erwartenden Kreis der Teilnehmenden zu Verstößen gegen die geltende Infektionsschutzverordnung kommen wird".

Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) begrüßte die Entscheidung: ,,Das ist keine Entscheidung gegen die Versammlungsfreiheit, sondern eine Entscheidung für den Infektionsschutz."

Man sei weiter in der Pandemie mit steigenden Infektionszahlen. "Wir müssen deshalb zwischen dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit und dem der Unversehrtheit des Lebens abwägen. Wir haben uns für das Leben entschieden."

Die Organisatoren, die Stuttgarter Initiative Querdenken 711, will das Verbot nicht hinnehmen. ,,Wir gehen juristisch gegen die Entscheidung des Innensenators vor und gehen davon aus, dass das Bundesverfassungsgericht diesen feindlichen Angriff auf das Grundgesetz zurückweisen wird", teilte der Initiator der Demonstration, Michael Ballweg, am Mittwoch mit. ,,Diese, wie die anderen Versammlungen von Querdenken in Berlin werden stattfinden."

Ballweg erklärte, die Initiative Querdenken habe ,,mehrere sehr gute Kooperationsgespräche mit der Polizei" geführt, ,,in denen wir insbesondere die Problematik der Hygienekonzepte gut und kooperativ miteinander abgestimmt haben." Er fügte hinzu: ,,Ganz offensichtlich geht es dem Berliner Innensenator Andreas Geisel nicht um infektionsschutzrechtliche Befürchtungen, die seine eigene Polizeibehörde nicht teilt, sondern ausschließlich um die Gesinnung der Teilnehmer."

Ein Sprecher von Innensenator Andreas Geisel (SPD) erklärte, man werde eine mögliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts abwarten und wenn nötig, dann auch den Rechtsweg bis zum Oberverwaltungsgericht gehen. Vorwürfe, das Verbot sei wegen der politischen Intention der Demonstranten erfolgt, wies er zurück: ,,Der Senat misst nicht mit zweierlei Maß. Es wird im Einzelfall entschieden. Es gibt nicht links erlauben, rechts verbieten. Das ist Unsinn."

,,Wir werden sehen, wie die Gerichte dazu entscheiden", sagte der Innensenator bei einer Pressekonferenz am Mittwochmittag. Es sprach davon, dass es den Demonstrierenden nicht darum geht, gegen die  Corona-Maßnahmen zu demonstrieren, sondern das sich deren Anliegen gegen ,,unsere Freiheit" richtet.

Er zeigte sich besorgt, dass es am Wochenende zu Gewalt kommen könnte. Es habe erhebliche Drohungen gegen seine Behörde und die Polizei im Zuge des Demoverbots gegeben. Das verdeutliche in seinen Augen das Gefährdungspotenzial des Teilnehmerspektrums.

Nachdem bei einer Großdemonstration am 1. August Zehntausende Corona-Gegner ohne Abstand und bewusst ohne Mund-Nasen-Schutz demonstriert hatten, war ein Verbot von weiteren Anti-Corona-Protesten wiederholt gefordert worden.

Der Innenverwaltung zufolge habe die Versammlung von Anfang August den Ausschlag für die Entscheidung der Versammlungsbehörde gegeben. Wie bereits vor einigen Wochen hatte auch dieses Mal die Stuttgarter Initiative "Querdenken 711" in ganz Deutschland für die Proteste mobilisiert und Reisebusse gechartert.

"Die Anmelder der Versammlungen, die Anfang August in Berlin stattfanden, haben ganz bewusst die Regeln gebrochen, die sie vorher in Gesprächen mit der Polizei akzeptiert hatten", sagte Geisel. Dazu gehörten das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes und das Einhalten des 1,5-Meter-Abstands. "Ein solches Verhalten ist nicht akzeptabel. Der Staat lässt sich nicht an der Nase herumführen", sagte der Innensenator.

Laut einem Schreiben, das der Organisator der Demonstrationen, Michael Ballweg, an seine Unterstützer schickte, hat die Versammlungsbehörde alle Kundgebungen vom 28. August bis zum 6. September verboten - inklusive möglicher Ersatzversammlungen der Anmelder.

Ballweg postete das in einer internen Chatgruppe. Demnach wurden die Demonstrationen nach Paragraf 15 des Versammlungsgesetzes untersagt. Dieser besagt, dass Demonstrationen verboten werden können, wenn die öffentliche Sicherheit gefährdet ist.

In den zahlreichen Social-Media-Gruppen der "Querdenker" herrscht in Reaktion auf das Demo-Verbot eine regelrechte "Jetzt erst Recht!"-Stimmung.

So ruft unter anderem der in der Szene bekannte Aktivist und Verschwörungstheoretiker Oliver Janich in einer Sprachnachricht seine Anhänger dazu auf, sich ungeachtet des Verbots am Samstag in Berlin zusammenzufinden.

Gleiches verbreitet Attila Hildmann, veganer Kochbuch-Autor und antisemitischer Verschwörungstheoretiker, dessen regelmäßige Versammlungen bereits Ende Juli von der Innenverwaltung wegen Volksverhetzung und drohender Verletzung der Corona-Maßnahmen verboten worden ist.

Ein User in der Telegram-Gruppe der Berliner ,,Corona-Rebellen" schreibt: ,,Das war abzusehen, jetzt bloß nicht einschüchtern lassen! Jetzt erst recht nach Berlin". Vielfach geteilt wird ein Bild mit der Aufschrift ,,Der Vorteil einer verbotenen Demo ist, es gibt keine Auflagen."

Weitere Nutzer des Messengerdienstes Telegram ziehen zwischen dem samstäglichen Verbot der ,,Querdenken"-Demo Parallelen zur DDR. Der bekannte Musiker und Verschwörungstheoretiker Xavier Naidoo ließ über seinen eigenen Telegram-Kanal die Nachricht verbreiten ,,Was schlägt die Uhr: Dikatatur".

Innensenator Geisel kündigte zudem ein konsequentes Vorgehen der Polizei an, sollten sich am Samstag trotz Verbot große Menschenansammlungen bilden. ,,Ich bin nicht bereit ein zweites Mal hinzunehmen, dass Berlin als Bühne für Corona-Leugner, Reichsbürger und Rechtsextremisten missbraucht wird.

Ich erwarte eine klare Abgrenzung aller Demokratinnen und Demokraten gegenüber denjenigen, die unter dem Deckmantel der Versammlungs- und Meinungsfreiheit unser System verächtlich machen."

Der Innensenator äußerte sich in der Mitteilung außerdem zu angekündigten Zeltlagern in Berlin. ,,Wir dürfen nicht zulassen, dass Berlin zu einem großen Campingplatz für vermeintliche Querdenker und Verschwörungsideologen gemacht wird."

Die Versammlungseigenschaft eines Zeltlagers sei nach Auffassung der Versammlungsbehörde nicht gegeben, da anzunehmen sei, dass Zeltlager hauptsächlich für Übernachtungszwecke genutzt werden.

Während sich Abgeordnete der Linken, Grünen und SPD positiv zu dem Verbot äußerten, kritisierte der Fraktionsvorsitzende der Berliner AfD, Georg Pazderski, die Entscheidung scharf: "Jetzt hat der Senat eine Grenze überschritten! Unabhängig von der Frage der Zustimmung zu den Inhalten der Demo, ist ein Verbot absolut unverhältnismäßig und damit in keiner Weise gerechtfertigt."

Aber auch die ehemalige Bundestagsabgeordnete der Linken, Halina Wawzyniak, kritisiere das Verbot. Sie schrieb auf Twitter: "Habe null Sympathie für rechtsoffene Demo am Samstag. Bin für Proteste gegen diese in Sicht- und Hörweite." Aber das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit mit der vorgelegten Begründung einzuschränken sei nicht überzeugend, schrieb sie. "Da gibt es mildere Mittel." (mit dpa)


Aus: "Berlin verbietet Corona-Demos – Organisatoren wollen das nicht akzeptieren" Felix Hackenbruch, Julius Betschka, Julius Geiler (26.08.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/erwartete-verstoesse-gegen-infektionsschutzverordnung-berlin-verbietet-corona-demos-organisatoren-wollen-das-nicht-akzeptieren/26128346.html
#1942
"Verschwörungsfragen 25 – Von wegen Covidioten. Verschwörungsmythen verstehen mit Heidegger und Platon" Michael Blume (05. Aug 2020)
Gestern sprach ich mit Christian Röther vom Deutschlandfunk über mein neues Buch "Verschwörungsmythen", vor allem auch über die Gefahren des Dualismus, Platonismus sowie über das Judentum. Im Folgenden eine Podcast-Folge zu der Frage, warum ich ungerne von "Covidioten" spreche, formale Bildung alleine nicht vor Verschwörungsglauben schützt, Denken nicht immer "gut" ist – und wie Martin Heidegger vom frommen Katholiken zum säkularen "Philosophenkönig", Antisemiten und Hitler-Anhänger werden konnte...
https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/verschwoerungsfragen-25-von-wegen-covidioten-verschwoerungsmythen-verstehen-mit-heidegger-und-platon/


Verschwörungstheorien und Wahninhalte
Conspiracy theories and delusional contents
Hans-Ludwig Kröber | https://de.wikipedia.org/wiki/Hans-Ludwig_Kr%C3%B6ber
Forens Psychiatr Psychol Kriminol. 2020 Jun 10 : 1–4.
German. doi: 10.1007/s11757-020-00603-2
PMCID: PMC7286415
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7286415/pdf/11757_2020_Article_603.pdf
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7286415/

-

Quote[...] Der nicht erst in der Corona-Pandemie zum Feindbild von Verschwörungstheoretikern avancierte Microsoft-Gründer Bill Gates ist tief besorgt über die Verbreitung von Desinformation und Lügen im Internet. ,,Diese verrückten Ideen verbreiten sich irgendwie schneller in den sozialen Medien als die Wahrheit. Ich bin überrascht, dass mein Name in diesen Verschwörungstheorien auftaucht", sagte Gates am Montag bei ,,Bild Live".

,,Ich finde, dass es irgendwie ironisch ist, dass ich anmahnte, auf diese Pandemie vorbereitet zu sein - und jetzt gibt es Leute, die sagen, ich sei dafür verantwortlich", sagte Gates. Der Multimilliardär appellierte an die Vernunft der Menschen: ,,Wir befinden uns inmitten einer Pandemie, und es ist wichtiger als je zuvor, sich mit den Tatsachen und der Wahrheit auseinanderzusetzen."

Gemeinsam mit seiner Frau Melinda setzt sich Gates seit Jahren mit einer Stiftung im Kampf gegen Krankheiten weltweit ein, auch in der Corona-Pandemie. Zuletzt hatten sich zahlreiche Falschinformationen und Verschwörungstheorien über ihn verbreitet. Demnach stecke Gates etwa selbst hinter der Verbreitung des Coronavirus und wolle den Menschen Mikrochips einpflanzen lassen, um so die gesamte Menschheit zu überwachen.

Vom "Spiegel" auf die Verschwörungstheorien angesprochen, die im Zusammenhang mit ihm herumgeistern, sagte Gates: ,,Ich pflanze niemandem Mikrochips ein. Ich habe das Coronavirus nicht erschaffen."

Im Interview mit dem "Spiegel" kritisierte Gates, dass die Vorbereitungen für eine Pandemie wie die aktuelle nicht ausreichend gewesen seien. Man habe gewusst, dass Coronaviren auf den Menschen überspringen könnten, trotzdem sei wenig getan worden, um so einem Fall vorzubeugen. Am Beispiel der Masken erklärt er, dass am Anfang der Pandemie wichtige Zeit verloren ging, weil nicht klar gewesen sei, welche Schutzfunktion sie haben.

Gates kritisiert auch explizit den Umgang von US-Präsident Donald Trump mit der Pandemie. ,,Die Reaktion der USA ist so viel schlechter, als sie hätte sein sollen. Und dafür ist die politische Führung voll und ganz verantwortlich."

Der in der Impfstoffentwicklung engagierte US-Milliardär rechnet mit einem Durchbruch bei der Entwicklung eines Corona-Impfstoffs in den ersten Monaten kommenden Jahres. "Ich erwarte, dass mit etwas Glück im ersten Quartal drei oder sogar vier davon zugelassen werden", sagte er der "Bild"-Zeitung.

"Um den Impfstoff sieben Milliarden Menschen zur Verfügung zu stellen, brauchen wir fast 14 Milliarden Dosen. Das wurde zuvor noch nie gemacht", ergänzte er. "Es handelt sich also um eine Notfallmaßnahme, die ganz neue Strategien erfordert, um im Jahr 2021 Milliarden von Dosen zur Verfügung zu haben."

Laut "Handelsblatt" plädiert Gates für eine Finanzierung und Verteilung der Impfstoffe auch in Entwicklungsländern. Damit sollten Menschenleben gerettet, für politische Stabilität gesorgt und die Gefahr einer Wiederansteckung in Europa und den USA gesenkt werden. "Wir müssen das auf jeden Fall auf globaler Ebene zu Ende bringen", wird Gates von der Zeitung zitiert.

Es bräuchte demnach eine Impfrate von mindestens 60 Prozent der Bevölkerung, um die Krankheit aus der Welt zu schaffen. Dem Blatt zufolge fürchtet der Unternehmer bis zur Verfügbarkeit eines Impfstoffs eine weitere Corona-Welle mit "Todesraten in vielen Ländern wie im Frühling".

Bis dahin erwartet Gates aber noch Millionen Todesfälle durch Covid-19. ,,Die überwiegende Mehrheit der Todesopfer wird jedoch nicht Teil der offiziellen Opferzahlen sein". Die Pandemie habe viele Erfolge bei der Bekämpfung von Armut und Krankheiten zunichte gemacht.

Weil Covid-19 ,,die Räder der Weltwirtschaft verlangsamt" habe, seien 37 Millionen Menschen in extreme Armut zurückgefallen. Wenn die Kindersterblichkeit wieder nach oben gehen sollte, werde dies wahrscheinlich weitgehend auf einen Anstieg der Unterernährung zurückzuführen sein.


Aus: "Bill Gates staunt über Corona-Verschwörungstheorien" (15.09.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/ich-pflanze-niemandem-mikrochips-ein-bill-gates-staunt-ueber-corona-verschwoerungstheorien/26187744.html

-

Quote[...]  An die Adresse der Verschwörungstheoretiker sagte er: "Wir befinden uns inmitten einer Pandemie, und es ist wichtiger als je zuvor, sich mit den Tatsachen und der Wahrheit auseinanderzusetzen."

...


Aus: "Microsoft-Gründer "In gewisser Weise fast lustig": Bill Gates wendet sich an Verschwörungstheoretiker" (Dienstag, 15.09.2020, 08:58)
Quelle: https://www.focus.de/gesundheit/news/microsoft-gruender-in-gewisser-weise-fast-lustig-bill-gates-richtet-sich-an-verschwoerungstheoretiker_id_12431044.html

...
#1943
Quote[...] Der US-Amerikaner Brian Lee Hitchens und seine Frau Erin leugnen lange die Existenz des Coronavirus. In etlichen Facebook-Gruppen hat das Ehepaar aus Florida gelesen, dass es eine Erfindung sei, mit 5G in Verbindung gebracht wird oder ähnlich harmlos wie eine Grippe sei. Sie hielten sich deswegen weder an Hygienevorschriften noch suchten sie einen Arzt auf, als beide Anfang Mai erkrankten. Während sich Brian erholte, wurde seine 46-jährige Frau schwer krank und starb diesen Monat an Herzproblemen in Verbindung mit dem Virus.

Nachdem das Paar schwer erkrankt war, verfasste Brian noch vor dem Tod seiner Frau einen Facebook-Post, der viral ging. Darin erklärte er, dass er durch das, was er online über das Virus gelesen habe, in die Irre geführt worden war. Er hätte gedacht, die Regierung benutze das Virus, um die Bevölkerung abzulenken. Noch während seine Frau im Krankenhaus behandelt wird, schreibt er: "Wenn Sie ausgehen, benutzen Sie bitte Ihren Verstand und seien Sie nicht so dumm, wie ich es war, damit Ihnen nicht dasselbe passiert, wie es mir und meiner Frau passiert ist."

Brian Lee Hitchens sagte dem Fernsehsender BBC nach dem Tod seiner Frau, dass er sich wünsche, er hätte von Anfang an zugehört und er hoffe, dass seine Frau ihm verzeihen würde. "Das ist ein echtes Virus, das die Menschen unterschiedlich befällt. Ich kann die Vergangenheit nicht ändern. Ich kann nur im Hier und Jetzt leben und bessere Entscheidungen für die Zukunft treffen."

Ein Facebook-Sprecher sagte der BBC, das Unternehmen lasse keine schädlichen Fehlinformationen auf der Plattform zu. "Zwischen April und Juni haben wir mehr als sieben Millionen schädliche Fehlinformationen über Covid-19 entfernt, darunter Behauptungen über falsche Heilmittel oder Hinweise darauf, dass eine soziale Distanzierung unwirksam sei."

Inzwischen hat Facebook sogar ein veröffentlichtes Video von US-Präsident Donald Trump gelöscht, das Falschinformationen zum Coronavirus enthielt. In dem Ausschnitt eines Interviews mit dem Sender Fox News sagte Trump, Kinder seien in Bezug auf das Coronavirus "fast immun", weswegen Schulen nach den Sommerferien trotz der Pandemie wieder für normalen Unterricht öffnen sollten. Facebook erklärte, die "falsche Behauptung, wonach eine Bevölkerungsgruppe immun ist", verstoße gegen die Regeln der Plattform zu Corona-Falschinformationen.

Quelle: ntv.de, jki


Aus: "Witwer richtet emotionalen Appell an Corona-Leugner" (Mittwoch, 26. August 2020)
Quelle: https://www.n-tv.de/panorama/Brian-Lee-Hitchens-verliert-seine-Frau-an-Covid-19-Witwer-richtet-emotionalen-Appell-an-Corona-Leugner-article21995227.html

"Man who believed virus was hoax loses wife to Covid-19"
By Marianna Spring Specialist disinformation reporter, BBC News (24 August 2020)
https://www.bbc.com/news/world-us-canada-53892856

Jupiter man skeptical of coronavirus contracts virus, changes opinion (13.05.2020)
A Jupiter man, who admits he was skeptical that the coronavirus was real, has a new outlook after contracting the virus.
https://youtu.be/edx7r54GrR0
#1944
Quote[...] Zur Rolle des beliebten österreichischen Touristenorts Ischgl bei der Verbreitung des Coronavirus zeichnen sich erste Muster-Prozesse ab. Er werde Ende September erste Klagen von Opfern auf Schadenersatz und Anerkennung von Folgeschäden beim Landgericht Wien einbringen, kündigte der österreichische Verbraucherschützer Peter Kolba an. Darunter seien auch Fälle von Deutschen, die entweder durch die Erkrankung gestorben seien oder wie im Fall eines Mannes aus dem Rheinland, nach langem Aufenthalt auf der Intensivstation mit Folgeschäden zu kämpfen hätten.

"In einzelnen Fällen geht es um 100.000 Euro", sagte Kolba. Nach seiner Darstellung haben die Verantwortlichen zu spät und nicht umfassend genug auf den Ausbruch der Corona-Krise reagiert. Von dem für seine Après-Ski-Szene bekannten Ischgl aus sei das Virus in 45 Staaten getragen worden. Mehr als 6000 Tirol-Urlauber, davon viele Deutsche, haben sich inzwischen bei Kolba als Geschädigte gemeldet. Rund 1000 Menschen haben sich laut dem Verein bereits dazu entschlossen, sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligte anzuschließen.

Als Indiz dafür, dass es für eine Ansteckung ausreichte, sich mit Geschäftspartnern nur auf ein Essen zu treffen, wertet Kolba den Fall eines in München lebenden Italieners, der den Ort am 12. März nur für eine berufliche Stipp-Visite besucht hatte. Am 13. März wurde das Paznauntal mit den Orten Ischgl und Galtür unter Quarantäne gestellt. Auch die teils chaotischen Umstände der Abreise der Touristen würden Teil des Verfahrens, so Kolba.

Unterdessen trifft Ischgl Maßnahmen gegen eine abermalige Virus-Verbreitung in der Wintersaison. So sollen alle Tourismus-Mitarbeiter mit einem negativen Corona-Test anreisen oder vor Ort getestet werden. Während der Saison würden den Mitarbeitern dann laufend Testmöglichkeiten angeboten. Auch den Gästen wird empfohlen, bereits beim Check-in in den Hotels ein negatives Testergebnis vorzuweisen. Ansonsten könnten sie sich vor Ort testen lassen. Darüber hinaus soll das Abwasser auf der Suche nach dem Virus analysiert werden.

Die Seilbahnkabinen sollen mittels Kaltvernebelungsgeräten desinfiziert werden. Dieselbe Methode wird auch in den Skibussen, in Sportshops, Skidepots, WCs, Aufzugskabinen und den Erste-Hilfe-Stationen angewendet. Après-Ski soll es in der bisherigen Form nicht mehr geben.

Quelle: ntv.de, tno/dpa/AFP


Aus: "Corona-Infizierte klagen gegen Ischgl" (Mittwoch, 26. August 2020)
Quelle: https://www.n-tv.de/panorama/Corona-Infizierte-klagen-gegen-Ischgl-article21995552.html

#1945
Quote[...] Eins vorweg: Wenn Sie das Coronavirus für eine Erfindung halten und Bill Gates für den heimlichen Chef einer Weltverschwörung, dann sollten Sie besser nicht weiterlesen. Oder falsch: Gerade dann sollten Sie weiterlesen! Schon klar: Egal, was wir von der gelenkten und lügenhaften Mainstream-Fake-Presse hier schreiben, Sie werden es uns ohnehin nicht glauben. Dabei ist es überaus erfrischend, sich mit den Argumenten anderer auseinanderzusetzen. Deshalb wollen wir das an dieser Stelle tun – voilà: Fünf Dinge, mit denen Corona-Leugner anderen in der Pandemie ziemlich auf die Nerven gehen.

1. Kein Maß

Die Zustände, unter denen wir in Deutschland leben, sind die besten, die dieses Land je erlebt hat. Wer hier lebt, kann frei seine Meinung sagen, ohne Repressionen oder Schlimmeres befürchten zu müssen; die Demokratie ist stabil, die staatlichen Strukturen funktionieren reibungslos, es gibt sauberes Trinkwasser und ein dichtes soziales Netz. Vor allem ist unser Gesundheitssystem so gut, dass es selbst eine Pandemie in Schach halten kann, die es nach Meinung vieler Coronaleugner gar nicht gibt. Wer deshalb ernsthaft davon überzeugt ist, das Tragen von Papier- oder Stoffmasken – von Masken! – sei ein Akt staatlicher Bevormundung und ein massiver ,,Eingriff in unsere Freiheitsrechte", der hat offenkundig noch nie von Ländern gehört, in denen Freiheitsrechte wirklich massiv eingeschränkt werden, von Nordkorea über Weißrussland bis nach China oder Tschetschenien. Die Kritik an den angeblich so ,,repressiven" Maßnahmen in der Corona-Pandemie entbehrt deshalb jeder Verhältnismäßigkeit. Angesichts der Bilder im Frühjahr aus Spanien oder Norditalien, wo die Krankenhäuser von schwer- und schwerstkranken Covid-19-Patienten überfüllt waren und die Leichen der Gestorbenen in der Nacht mit Militärfahrzeugen in improvisierte Leichenhallen geschafft werden mussten, sind Maskenpflicht, Kontaktbeschränkungen und Nies-Etikette ein mehr als vertretbarer Preis dafür, dass Deutschland die Pandemie bislang sehr gut gemeistert hat.

2. Keine Toleranz (für Fehler)

Ja, es stimmt: Manche Politiker haben zu Beginn der Krise noch anders geredet als ein paar Monate später. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hielt eine allgemeine Maskenpflicht noch im März nicht für geboten – um sie wenige Wochen später dann plötzlich doch für sinnvoll zu erachten. Auch Infektiologen wie Christian Drosten von der Berliner Charité haben sich in den vergangenen Monaten immer wieder selbst korrigiert – und schon begann in den Kreisen jener, die Behörden, Politiker und die Vertreter des ,,Systems" ohnehin für Scharlatane halten, wieder das Geraune von ,,Fake-News". Wie billig – und wie unehrlich. Denn: Dieses Virus ist neu, und nicht nur die Politik, sondern auch die Forschung mussten sich erst Stück für Stück mit ihm und der neuen Bedrohung vertraut machen. Falschannahmen und Fehleinschätzungen, die man wenig später wieder korrigieren muss, weil sie von neuen Forschungserkenntnissen überholt wurden, sind dabei nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Und sie sind nicht automatisch ein Zeichen mutwilligen Betrugs oder von ,,Fake-News", sondern einer Wissenschaft, die zu ihrer Fehlbarkeit steht und dadurch umso glaubwürdiger wird. Dasselbe gilt für Politiker: Lieber Volksvertreter, die offen mit Fehleinschätzungen umgehen und hoffentlich aus ihnen lernen, als ein egomaner, besserwisserischer Präsident wie Donald Trump, der sich schon zu Beginn der Pandemie zum größten denkbaren Fachmann für Corona-Fragen stilisierte und den Amerikanern unter anderem den gefährlichen Ratschlag gab, sich Desinfektionsmittel zum Schutz gegen das Virus zu spritzen.

3. Der Generalverdacht

Die Corona-Pandemie ist für viele ein gefundenes Fressen, die ohnehin ein tiefes Misstrauen gegenüber der Politik hegen. Deshalb sind die Proteste gegen die Pandemiemaßnahmen auch ein Sammelbecken für viele, die ihren Frust loswerden wollen: Frust über die Flüchtlingspolitik der Merkel-Regierung und die wachsende Ungleichheit zwischen Arm und Reich; über das Gefühl der Machtlosigkeit und die empfundene Bevormundung der ,,kleinen Leute"; über unsere immer unübersichtlicher werdende Welt und angebliche ,,Chemtrails", mit denen eine vermeintliche Riege mächtiger Verschwörer um Bill Gates sich die Welt untertan machen will. Statt zu differenzieren und rational zu argumentieren, ventilieren viele nur noch ein diffuses Unbehagen gegen ,,dieses System" und ,,die da oben", denen per se jede Aufrichtigkeit abgesprochen wird.

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Es ist richtig und notwendig, Politiker, Behörden, Ärzte und Forscher kritisch zu hinterfragen und nicht jede vermeintliche Wahrheit unwidersprochen hinzunehmen. Das gilt für die Corona-Pandemie genauso wie für alle anderen Zeiten auch. Und selbstverständlich kann man die Corona-Maßnahmen, die die Regierung getroffen hat, über- oder untertrieben, noch angemessen oder schon zu freiheitseinschränkend finden. Doch dieser für eine Demokratie eigentlich lebenswichtige ,,kritische Bürgersinn" ist bei manchen längst aus dem Ruder gelaufen, weil er nur noch der Legitimation eines destruktiven Widerstands gegen ,,dieses System" dient: Hauptsache, dagegen – weil nicht sein kann und darf, was gerade ,,Mainstream-Meinung" oder gängiger Forschungsstand ist.

Wer aber jeglichen wissenschaftlichen Fakt schon deshalb ablehnt, weil es in Zeiten des Internets für jede Zahl eine Gegenzahl gibt und jede Erkenntnis schon im Moment ihrer Veröffentlichung von selbsternannten ,,Experten" in irgendeinem obskuren Netzforum ,,widerlegt" wird, der darf an gar nichts mehr glauben. Nicht daran, dass die Welt eine Kugel ist – und schon gar nicht an den alleinigen Wahrheitsanspruch der obersten Verschwörungstheoretiker. Niemand kann für sich in Anspruch nehmen, die ultimative Wahrheit zu vertreten, kein Politiker, kein Wissenschaftler, aber eben auch kein Attila Hildmann. Und so lange keine besseren Fakten verfügbar sind, müssen wir uns mit denen begnügen, die wir haben. Das erfordert Kraft und Geduld, die viele nicht (mehr) aufbringen wollen oder können. Lieber erfinden sie – oder glauben an – alternative Fakten.

4. Der Egozentrismus

Nun könnte man ja sagen: Lasst denen, die nicht an die Gefährlichkeit des Coronavirus glauben wollen, doch ihre Meinung! Lasst sie doch protestieren und dabei keine Maske tragen – denn das versteht man doch unter Freiheit in einer Demokratie: anderer Auffassung sein zu dürfen, ohne deshalb Repressionen befürchten zu müssen. Richtig: Jeder hat die Freiheit, sich mit einem Virus anzustecken, an das er gar nicht glaubt. Und natürlich dürfen Tausende in Berlin gegen die Corona-Maßnahmen auf die Straße gehen. Wenn sie dabei aber einen neuen Infektions-Hotspot heraufbeschwören und nicht nur sich selbst, sondern auch viele andere gefährden, dann hat das nichts mehr mit Freiheit zu tun, sondern mit Ignoranz. Statt zu sagen, ich glaube zwar nicht an Corona, aber aus Solidarität mit denen, die an das Virus glauben, trage ich trotzdem eine Maske, kreisen gerade viele angebliche Kämpfer für die Bürger- und Freiheitsrechte nur um einen Fixstern: um sich selbst. Dabei ist es ein bisschen wie mit dem Rauchen, das im öffentlichen Raum aus gutem Grund seit vielen Jahren sukzessive reglementiert wurde: Wer rauchen und seine eigene Gesundheit ruinieren möchte, der soll das tun – aber ohne dadurch andere Menschen zu gefährden. Und wer nicht an die Gefährlichkeit des Coronavirus glaubt, etwa weil er jung und weniger gefährdet ist, der sollte sich selbst nicht zum Maßstab aller Dinge erklären. Sondern auch an die Älteren und Gefährdeten denken, bevor er die Maske im Supermarkt abnimmt.

5. Die Diskussionskultur (der Kritiker der Corona-Skeptiker)

Richtig gelesen: Wir nehmen sie auch in Schutz, diejenigen, die die Corona-Maßnahmen skeptisch sehen. Denn gerade darum geht es doch: die Dinge differenziert zu betrachten. Deshalb ist es ein Problem, wenn die SPD-Vorsitzende Saskia Esken die Anti-Corona-Protestler pauschal als ,,Covidioten" bezeichnet. Schließlich gibt es unter jenen, die sich kritisch über die Pandemiemaßnahmen äußern und dafür auf die Straße gehen, sehr viele sehr kluge Menschen. Sie argumentieren differenziert, wägen Argumente ab, sind bereit, ihre Meinung auch zu ändern, wenn sie zu neuen Erkenntnissen gekommen sind. Eine pauschale Bezeichnung dieser Kritiker als ,,Covidioten" ist nicht konstruktiv und schürt noch die Vorbehalte gegenüber ,,denen da oben", die die Bedenken vieler Bürger angeblich nicht ernstnehmen.

Es ist legitim, Menschen auf das Heftigste zu kritisieren, die wilde, unreflektierte Verschwörungstheorien über das Virus und seine Herkunft verbreiten und für Argumente nicht (mehr) zugänglich sind. Aber das ist es nur dann, wenn man gleichzeitig diejenigen ernst nimmt, die noch bereit zur rationalen Diskussion sind. Eine Debatte erfordert schließlich die Bereitschaft zur Einsicht. Auf beiden Seiten.


Aus: "Kolumne ,,Fünf Dinge": Fünf Dinge, die an Corona-Leugnern nerven" Oliver Georgi (26.08.2020)
Quelle: https://www.faz.net/aktuell/stil/leib-seele/fuenf-dinge/verschwoerungstheorien-diese-fuenf-dinge-nerven-an-corona-leugnern-16918502.html
#1946
Quote[...] Eins vorweg: Wenn Sie das Coronavirus für eine Erfindung halten und Bill Gates für den heimlichen Chef einer Weltverschwörung, dann sollten Sie besser nicht weiterlesen. Oder falsch: Gerade dann sollten Sie weiterlesen! Schon klar: Egal, was wir von der gelenkten und lügenhaften Mainstream-Fake-Presse hier schreiben, Sie werden es uns ohnehin nicht glauben. Dabei ist es überaus erfrischend, sich mit den Argumenten anderer auseinanderzusetzen. Deshalb wollen wir das an dieser Stelle tun – voilà: Fünf Dinge, mit denen Corona-Leugner anderen in der Pandemie ziemlich auf die Nerven gehen.

1. Kein Maß

Die Zustände, unter denen wir in Deutschland leben, sind die besten, die dieses Land je erlebt hat. Wer hier lebt, kann frei seine Meinung sagen, ohne Repressionen oder Schlimmeres befürchten zu müssen; die Demokratie ist stabil, die staatlichen Strukturen funktionieren reibungslos, es gibt sauberes Trinkwasser und ein dichtes soziales Netz. Vor allem ist unser Gesundheitssystem so gut, dass es selbst eine Pandemie in Schach halten kann, die es nach Meinung vieler Coronaleugner gar nicht gibt. Wer deshalb ernsthaft davon überzeugt ist, das Tragen von Papier- oder Stoffmasken – von Masken! – sei ein Akt staatlicher Bevormundung und ein massiver ,,Eingriff in unsere Freiheitsrechte", der hat offenkundig noch nie von Ländern gehört, in denen Freiheitsrechte wirklich massiv eingeschränkt werden, von Nordkorea über Weißrussland bis nach China oder Tschetschenien. Die Kritik an den angeblich so ,,repressiven" Maßnahmen in der Corona-Pandemie entbehrt deshalb jeder Verhältnismäßigkeit. Angesichts der Bilder im Frühjahr aus Spanien oder Norditalien, wo die Krankenhäuser von schwer- und schwerstkranken Covid-19-Patienten überfüllt waren und die Leichen der Gestorbenen in der Nacht mit Militärfahrzeugen in improvisierte Leichenhallen geschafft werden mussten, sind Maskenpflicht, Kontaktbeschränkungen und Nies-Etikette ein mehr als vertretbarer Preis dafür, dass Deutschland die Pandemie bislang sehr gut gemeistert hat.

2. Keine Toleranz (für Fehler)

Ja, es stimmt: Manche Politiker haben zu Beginn der Krise noch anders geredet als ein paar Monate später. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hielt eine allgemeine Maskenpflicht noch im März nicht für geboten – um sie wenige Wochen später dann plötzlich doch für sinnvoll zu erachten. Auch Infektiologen wie Christian Drosten von der Berliner Charité haben sich in den vergangenen Monaten immer wieder selbst korrigiert – und schon begann in den Kreisen jener, die Behörden, Politiker und die Vertreter des ,,Systems" ohnehin für Scharlatane halten, wieder das Geraune von ,,Fake-News". Wie billig – und wie unehrlich. Denn: Dieses Virus ist neu, und nicht nur die Politik, sondern auch die Forschung mussten sich erst Stück für Stück mit ihm und der neuen Bedrohung vertraut machen. Falschannahmen und Fehleinschätzungen, die man wenig später wieder korrigieren muss, weil sie von neuen Forschungserkenntnissen überholt wurden, sind dabei nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Und sie sind nicht automatisch ein Zeichen mutwilligen Betrugs oder von ,,Fake-News", sondern einer Wissenschaft, die zu ihrer Fehlbarkeit steht und dadurch umso glaubwürdiger wird. Dasselbe gilt für Politiker: Lieber Volksvertreter, die offen mit Fehleinschätzungen umgehen und hoffentlich aus ihnen lernen, als ein egomaner, besserwisserischer Präsident wie Donald Trump, der sich schon zu Beginn der Pandemie zum größten denkbaren Fachmann für Corona-Fragen stilisierte und den Amerikanern unter anderem den gefährlichen Ratschlag gab, sich Desinfektionsmittel zum Schutz gegen das Virus zu spritzen.

3. Der Generalverdacht

Die Corona-Pandemie ist für viele ein gefundenes Fressen, die ohnehin ein tiefes Misstrauen gegenüber der Politik hegen. Deshalb sind die Proteste gegen die Pandemiemaßnahmen auch ein Sammelbecken für viele, die ihren Frust loswerden wollen: Frust über die Flüchtlingspolitik der Merkel-Regierung und die wachsende Ungleichheit zwischen Arm und Reich; über das Gefühl der Machtlosigkeit und die empfundene Bevormundung der ,,kleinen Leute"; über unsere immer unübersichtlicher werdende Welt und angebliche ,,Chemtrails", mit denen eine vermeintliche Riege mächtiger Verschwörer um Bill Gates sich die Welt untertan machen will. Statt zu differenzieren und rational zu argumentieren, ventilieren viele nur noch ein diffuses Unbehagen gegen ,,dieses System" und ,,die da oben", denen per se jede Aufrichtigkeit abgesprochen wird.

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Es ist richtig und notwendig, Politiker, Behörden, Ärzte und Forscher kritisch zu hinterfragen und nicht jede vermeintliche Wahrheit unwidersprochen hinzunehmen. Das gilt für die Corona-Pandemie genauso wie für alle anderen Zeiten auch. Und selbstverständlich kann man die Corona-Maßnahmen, die die Regierung getroffen hat, über- oder untertrieben, noch angemessen oder schon zu freiheitseinschränkend finden. Doch dieser für eine Demokratie eigentlich lebenswichtige ,,kritische Bürgersinn" ist bei manchen längst aus dem Ruder gelaufen, weil er nur noch der Legitimation eines destruktiven Widerstands gegen ,,dieses System" dient: Hauptsache, dagegen – weil nicht sein kann und darf, was gerade ,,Mainstream-Meinung" oder gängiger Forschungsstand ist.

Wer aber jeglichen wissenschaftlichen Fakt schon deshalb ablehnt, weil es in Zeiten des Internets für jede Zahl eine Gegenzahl gibt und jede Erkenntnis schon im Moment ihrer Veröffentlichung von selbsternannten ,,Experten" in irgendeinem obskuren Netzforum ,,widerlegt" wird, der darf an gar nichts mehr glauben. Nicht daran, dass die Welt eine Kugel ist – und schon gar nicht an den alleinigen Wahrheitsanspruch der obersten Verschwörungstheoretiker. Niemand kann für sich in Anspruch nehmen, die ultimative Wahrheit zu vertreten, kein Politiker, kein Wissenschaftler, aber eben auch kein Attila Hildmann. Und so lange keine besseren Fakten verfügbar sind, müssen wir uns mit denen begnügen, die wir haben. Das erfordert Kraft und Geduld, die viele nicht (mehr) aufbringen wollen oder können. Lieber erfinden sie – oder glauben an – alternative Fakten.

4. Der Egozentrismus

Nun könnte man ja sagen: Lasst denen, die nicht an die Gefährlichkeit des Coronavirus glauben wollen, doch ihre Meinung! Lasst sie doch protestieren und dabei keine Maske tragen – denn das versteht man doch unter Freiheit in einer Demokratie: anderer Auffassung sein zu dürfen, ohne deshalb Repressionen befürchten zu müssen. Richtig: Jeder hat die Freiheit, sich mit einem Virus anzustecken, an das er gar nicht glaubt. Und natürlich dürfen Tausende in Berlin gegen die Corona-Maßnahmen auf die Straße gehen. Wenn sie dabei aber einen neuen Infektions-Hotspot heraufbeschwören und nicht nur sich selbst, sondern auch viele andere gefährden, dann hat das nichts mehr mit Freiheit zu tun, sondern mit Ignoranz. Statt zu sagen, ich glaube zwar nicht an Corona, aber aus Solidarität mit denen, die an das Virus glauben, trage ich trotzdem eine Maske, kreisen gerade viele angebliche Kämpfer für die Bürger- und Freiheitsrechte nur um einen Fixstern: um sich selbst. Dabei ist es ein bisschen wie mit dem Rauchen, das im öffentlichen Raum aus gutem Grund seit vielen Jahren sukzessive reglementiert wurde: Wer rauchen und seine eigene Gesundheit ruinieren möchte, der soll das tun – aber ohne dadurch andere Menschen zu gefährden. Und wer nicht an die Gefährlichkeit des Coronavirus glaubt, etwa weil er jung und weniger gefährdet ist, der sollte sich selbst nicht zum Maßstab aller Dinge erklären. Sondern auch an die Älteren und Gefährdeten denken, bevor er die Maske im Supermarkt abnimmt.

5. Die Diskussionskultur (der Kritiker der Corona-Skeptiker)

Richtig gelesen: Wir nehmen sie auch in Schutz, diejenigen, die die Corona-Maßnahmen skeptisch sehen. Denn gerade darum geht es doch: die Dinge differenziert zu betrachten. Deshalb ist es ein Problem, wenn die SPD-Vorsitzende Saskia Esken die Anti-Corona-Protestler pauschal als ,,Covidioten" bezeichnet. Schließlich gibt es unter jenen, die sich kritisch über die Pandemiemaßnahmen äußern und dafür auf die Straße gehen, sehr viele sehr kluge Menschen. Sie argumentieren differenziert, wägen Argumente ab, sind bereit, ihre Meinung auch zu ändern, wenn sie zu neuen Erkenntnissen gekommen sind. Eine pauschale Bezeichnung dieser Kritiker als ,,Covidioten" ist nicht konstruktiv und schürt noch die Vorbehalte gegenüber ,,denen da oben", die die Bedenken vieler Bürger angeblich nicht ernstnehmen.

Es ist legitim, Menschen auf das Heftigste zu kritisieren, die wilde, unreflektierte Verschwörungstheorien über das Virus und seine Herkunft verbreiten und für Argumente nicht (mehr) zugänglich sind. Aber das ist es nur dann, wenn man gleichzeitig diejenigen ernst nimmt, die noch bereit zur rationalen Diskussion sind. Eine Debatte erfordert schließlich die Bereitschaft zur Einsicht. Auf beiden Seiten.


Aus: "Kolumne ,,Fünf Dinge": Fünf Dinge, die an Corona-Leugnern nerven" Oliver Georgi (26.08.2020)
Quelle: https://www.faz.net/aktuell/stil/leib-seele/fuenf-dinge/verschwoerungstheorien-diese-fuenf-dinge-nerven-an-corona-leugnern-16918502.html
#1947
Quote[...] Eins vorweg: Wenn Sie das Coronavirus für eine Erfindung halten und Bill Gates für den heimlichen Chef einer Weltverschwörung, dann sollten Sie besser nicht weiterlesen. Oder falsch: Gerade dann sollten Sie weiterlesen! Schon klar: Egal, was wir von der gelenkten und lügenhaften Mainstream-Fake-Presse hier schreiben, Sie werden es uns ohnehin nicht glauben. Dabei ist es überaus erfrischend, sich mit den Argumenten anderer auseinanderzusetzen. Deshalb wollen wir das an dieser Stelle tun – voilà: Fünf Dinge, mit denen Corona-Leugner anderen in der Pandemie ziemlich auf die Nerven gehen.

1. Kein Maß

Die Zustände, unter denen wir in Deutschland leben, sind die besten, die dieses Land je erlebt hat. Wer hier lebt, kann frei seine Meinung sagen, ohne Repressionen oder Schlimmeres befürchten zu müssen; die Demokratie ist stabil, die staatlichen Strukturen funktionieren reibungslos, es gibt sauberes Trinkwasser und ein dichtes soziales Netz. Vor allem ist unser Gesundheitssystem so gut, dass es selbst eine Pandemie in Schach halten kann, die es nach Meinung vieler Coronaleugner gar nicht gibt. Wer deshalb ernsthaft davon überzeugt ist, das Tragen von Papier- oder Stoffmasken – von Masken! – sei ein Akt staatlicher Bevormundung und ein massiver ,,Eingriff in unsere Freiheitsrechte", der hat offenkundig noch nie von Ländern gehört, in denen Freiheitsrechte wirklich massiv eingeschränkt werden, von Nordkorea über Weißrussland bis nach China oder Tschetschenien. Die Kritik an den angeblich so ,,repressiven" Maßnahmen in der Corona-Pandemie entbehrt deshalb jeder Verhältnismäßigkeit. Angesichts der Bilder im Frühjahr aus Spanien oder Norditalien, wo die Krankenhäuser von schwer- und schwerstkranken Covid-19-Patienten überfüllt waren und die Leichen der Gestorbenen in der Nacht mit Militärfahrzeugen in improvisierte Leichenhallen geschafft werden mussten, sind Maskenpflicht, Kontaktbeschränkungen und Nies-Etikette ein mehr als vertretbarer Preis dafür, dass Deutschland die Pandemie bislang sehr gut gemeistert hat.

2. Keine Toleranz (für Fehler)

Ja, es stimmt: Manche Politiker haben zu Beginn der Krise noch anders geredet als ein paar Monate später. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hielt eine allgemeine Maskenpflicht noch im März nicht für geboten – um sie wenige Wochen später dann plötzlich doch für sinnvoll zu erachten. Auch Infektiologen wie Christian Drosten von der Berliner Charité haben sich in den vergangenen Monaten immer wieder selbst korrigiert – und schon begann in den Kreisen jener, die Behörden, Politiker und die Vertreter des ,,Systems" ohnehin für Scharlatane halten, wieder das Geraune von ,,Fake-News". Wie billig – und wie unehrlich. Denn: Dieses Virus ist neu, und nicht nur die Politik, sondern auch die Forschung mussten sich erst Stück für Stück mit ihm und der neuen Bedrohung vertraut machen. Falschannahmen und Fehleinschätzungen, die man wenig später wieder korrigieren muss, weil sie von neuen Forschungserkenntnissen überholt wurden, sind dabei nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Und sie sind nicht automatisch ein Zeichen mutwilligen Betrugs oder von ,,Fake-News", sondern einer Wissenschaft, die zu ihrer Fehlbarkeit steht und dadurch umso glaubwürdiger wird. Dasselbe gilt für Politiker: Lieber Volksvertreter, die offen mit Fehleinschätzungen umgehen und hoffentlich aus ihnen lernen, als ein egomaner, besserwisserischer Präsident wie Donald Trump, der sich schon zu Beginn der Pandemie zum größten denkbaren Fachmann für Corona-Fragen stilisierte und den Amerikanern unter anderem den gefährlichen Ratschlag gab, sich Desinfektionsmittel zum Schutz gegen das Virus zu spritzen.

3. Der Generalverdacht

Die Corona-Pandemie ist für viele ein gefundenes Fressen, die ohnehin ein tiefes Misstrauen gegenüber der Politik hegen. Deshalb sind die Proteste gegen die Pandemiemaßnahmen auch ein Sammelbecken für viele, die ihren Frust loswerden wollen: Frust über die Flüchtlingspolitik der Merkel-Regierung und die wachsende Ungleichheit zwischen Arm und Reich; über das Gefühl der Machtlosigkeit und die empfundene Bevormundung der ,,kleinen Leute"; über unsere immer unübersichtlicher werdende Welt und angebliche ,,Chemtrails", mit denen eine vermeintliche Riege mächtiger Verschwörer um Bill Gates sich die Welt untertan machen will. Statt zu differenzieren und rational zu argumentieren, ventilieren viele nur noch ein diffuses Unbehagen gegen ,,dieses System" und ,,die da oben", denen per se jede Aufrichtigkeit abgesprochen wird.

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Es ist richtig und notwendig, Politiker, Behörden, Ärzte und Forscher kritisch zu hinterfragen und nicht jede vermeintliche Wahrheit unwidersprochen hinzunehmen. Das gilt für die Corona-Pandemie genauso wie für alle anderen Zeiten auch. Und selbstverständlich kann man die Corona-Maßnahmen, die die Regierung getroffen hat, über- oder untertrieben, noch angemessen oder schon zu freiheitseinschränkend finden. Doch dieser für eine Demokratie eigentlich lebenswichtige ,,kritische Bürgersinn" ist bei manchen längst aus dem Ruder gelaufen, weil er nur noch der Legitimation eines destruktiven Widerstands gegen ,,dieses System" dient: Hauptsache, dagegen – weil nicht sein kann und darf, was gerade ,,Mainstream-Meinung" oder gängiger Forschungsstand ist.

Wer aber jeglichen wissenschaftlichen Fakt schon deshalb ablehnt, weil es in Zeiten des Internets für jede Zahl eine Gegenzahl gibt und jede Erkenntnis schon im Moment ihrer Veröffentlichung von selbsternannten ,,Experten" in irgendeinem obskuren Netzforum ,,widerlegt" wird, der darf an gar nichts mehr glauben. Nicht daran, dass die Welt eine Kugel ist – und schon gar nicht an den alleinigen Wahrheitsanspruch der obersten Verschwörungstheoretiker. Niemand kann für sich in Anspruch nehmen, die ultimative Wahrheit zu vertreten, kein Politiker, kein Wissenschaftler, aber eben auch kein Attila Hildmann. Und so lange keine besseren Fakten verfügbar sind, müssen wir uns mit denen begnügen, die wir haben. Das erfordert Kraft und Geduld, die viele nicht (mehr) aufbringen wollen oder können. Lieber erfinden sie – oder glauben an – alternative Fakten.

4. Der Egozentrismus

Nun könnte man ja sagen: Lasst denen, die nicht an die Gefährlichkeit des Coronavirus glauben wollen, doch ihre Meinung! Lasst sie doch protestieren und dabei keine Maske tragen – denn das versteht man doch unter Freiheit in einer Demokratie: anderer Auffassung sein zu dürfen, ohne deshalb Repressionen befürchten zu müssen. Richtig: Jeder hat die Freiheit, sich mit einem Virus anzustecken, an das er gar nicht glaubt. Und natürlich dürfen Tausende in Berlin gegen die Corona-Maßnahmen auf die Straße gehen. Wenn sie dabei aber einen neuen Infektions-Hotspot heraufbeschwören und nicht nur sich selbst, sondern auch viele andere gefährden, dann hat das nichts mehr mit Freiheit zu tun, sondern mit Ignoranz. Statt zu sagen, ich glaube zwar nicht an Corona, aber aus Solidarität mit denen, die an das Virus glauben, trage ich trotzdem eine Maske, kreisen gerade viele angebliche Kämpfer für die Bürger- und Freiheitsrechte nur um einen Fixstern: um sich selbst. Dabei ist es ein bisschen wie mit dem Rauchen, das im öffentlichen Raum aus gutem Grund seit vielen Jahren sukzessive reglementiert wurde: Wer rauchen und seine eigene Gesundheit ruinieren möchte, der soll das tun – aber ohne dadurch andere Menschen zu gefährden. Und wer nicht an die Gefährlichkeit des Coronavirus glaubt, etwa weil er jung und weniger gefährdet ist, der sollte sich selbst nicht zum Maßstab aller Dinge erklären. Sondern auch an die Älteren und Gefährdeten denken, bevor er die Maske im Supermarkt abnimmt.

5. Die Diskussionskultur (der Kritiker der Corona-Skeptiker)

Richtig gelesen: Wir nehmen sie auch in Schutz, diejenigen, die die Corona-Maßnahmen skeptisch sehen. Denn gerade darum geht es doch: die Dinge differenziert zu betrachten. Deshalb ist es ein Problem, wenn die SPD-Vorsitzende Saskia Esken die Anti-Corona-Protestler pauschal als ,,Covidioten" bezeichnet. Schließlich gibt es unter jenen, die sich kritisch über die Pandemiemaßnahmen äußern und dafür auf die Straße gehen, sehr viele sehr kluge Menschen. Sie argumentieren differenziert, wägen Argumente ab, sind bereit, ihre Meinung auch zu ändern, wenn sie zu neuen Erkenntnissen gekommen sind. Eine pauschale Bezeichnung dieser Kritiker als ,,Covidioten" ist nicht konstruktiv und schürt noch die Vorbehalte gegenüber ,,denen da oben", die die Bedenken vieler Bürger angeblich nicht ernstnehmen.

Es ist legitim, Menschen auf das Heftigste zu kritisieren, die wilde, unreflektierte Verschwörungstheorien über das Virus und seine Herkunft verbreiten und für Argumente nicht (mehr) zugänglich sind. Aber das ist es nur dann, wenn man gleichzeitig diejenigen ernst nimmt, die noch bereit zur rationalen Diskussion sind. Eine Debatte erfordert schließlich die Bereitschaft zur Einsicht. Auf beiden Seiten.


Aus: "Kolumne ,,Fünf Dinge": Fünf Dinge, die an Corona-Leugnern nerven" Oliver Georgi (26.08.2020)
Quelle: https://www.faz.net/aktuell/stil/leib-seele/fuenf-dinge/verschwoerungstheorien-diese-fuenf-dinge-nerven-an-corona-leugnern-16918502.html
#1948
Quote[...] Nun gehören nach der Einschätzung der Bundesregierung auch der Großraum Paris sowie die südostfranzösische Region Provence-Alpes-Côte d'Azur zu den Risikogebieten der Corona-Krise. Wie das Auswärtige Amt am Montagabend mitteilte, warnt die Bundesregierung vor ,,nicht notwendigen, touristischen Reisen" in die französische Hauptstadt mit ihren sieben umliegenden Departements sowie in die südostfranzösische Küstenregion und ihrem Hinterland mit Städten wie Marseille, Nizza und Avignon.

Das heißt für Rückkehrer aus diesen Regionen, dass sie sich gleich nach der Ankunft auf eine Corona-Infektion testen lassen oder einen negativen Corona-Test vorlegen müssen. Das Testergebnis darf nicht älter als 48 Stunden sein. Anderenfalls gilt eine zweiwöchige Quarantäne. Schon am 21. August hatte die Bundesregierung vor Reisen nach Französisch-Guyana gewarnt.

Die Infektionszahlen sind in den betroffenen Regionen in den vergangenen Wochen stark gestiegen. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts liegen sie seit mindestens sieben Tagen über 50 Fällen je 100.000 Einwohnern. In der vergangenen Woche hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Präsident Emmanuel Macron an dessen südostfranzösischen Sommersitz in Brégançon noch versprochen, ,,auf jeden Fall" Grenzschließungen vermeiden zu wollen. Daher steht nun ein regional differenziertes Vorgehen im Vordergrund. ,,Wir haben ganz klar gesagt, dass wir nicht mehr Länder schließen wollen, sondern nur noch Regionen beobachten wollen", sagte der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß, am Dienstag in einer Fernsehsendung.

Die französische Regierung reagierte denn auch verhalten auf die Reisewarnung aus Deutschland. Der für Europafragen zuständige Staatssekretär Clément Beaune teilte der F.A.Z. mit, dass Deutschland einer ,,gezielten und wissenschaftlich begründeten Logik folgt". Daher plane die französische Regierung ,,derzeit" keine Gegenmaßnahmen.

Vor einigen Tagen hatte sich Beaune noch heftig über die Beschränkungen Großbritanniens erzürnt. Die britische Regierung hatte Mitte August kurzfristig mitgeteilt, dass alle Frankreich-Rückkehrer sich für zwei Wochen in Großbritannien in eine häusliche Quarantäne begeben müssten. Das hatte an den Grenzen zu einem Ansturm von Rückreisenden geführt. Frankreich werde mit ,,Gegenmaßnahmen" antworten, hatte Beaune angekündigt. Bisher sind diese allerdings nicht präzisiert worden.

In Frankreich sind in den vergangenen Wochen besonders die Ansteckungen unter jungen Menschen gestiegen. Das führen Fachleute zum Teil darauf zurück, dass weniger auf Vorschriften und Mahnungen wie das Maskentragen und Distanzhalten geachtet wird. Die Stadtverwaltung von Paris hat daher die Maskenpflicht im Freien zuerst in einzelnen Straßen und dann in mehreren Zonen mit dichtem Fußgängerverkehr und wenig Raum eingeführt. In der vergangenen Woche wurden im Großraum Paris 74 Ansteckungsherde (,,Cluster") gezählt, davon 30 im eigentlichen Stadtgebiet und neun im Departement Seine-Saint-Denis mit seinen sozial angespannten Wohngegenden.

Für die Tourismusbranche ist die Reisewarnung aus Deutschland eine Enttäuschung: ,,Wenn die Vorschriften eingehalten werden, dann ist es bei uns nicht gefährlicher als anderswo", sagte Didier Arino, Geschäftsführer der französischen Beratungsgesellschaft Protourisme, der F.A.Z. Die Zahl der schweren Erkrankungen halte sich ebenso in engen Grenzen wie die Auslastung der Krankenhäuser. Deutschland ist nach Großbritannien die größte Urlaubernation in Frankreich. Vor allem die großen Städte leiden unter dem Ausbleiben der Urlauber, allen voran Paris. ,,Die Hauptstadt ist dreifach bestraft: Es fehlen die ausländischen Gäste, die Geschäftsreisenden und die französischen Touristen", sagt Arino. Die Hälfte aller Hotels ist noch geschlossen und versucht mit dem staatlichen Kurzarbeitergeld auszukommen. Vor allem die großen Luxushotels, die von reichen Besuchern aus dem Ausland leben, sind betroffen.

Doch nicht in der ganzen Tourismusbranche herrscht Trübsal. Denn die Franzosen machen verstärkt in der Heimat Urlaub. ,,Wir verzeichnen Besucherrekorde", berichtet die Sprecherin eines Zusammenschlusses von Touristenbüros an der normannischen Küste, die 39 Kommunen umfasst. In der vergangenen Woche waren die Restaurants in einem kleinen Badeort wie Houlgate mittags komplett ausgebucht. Auch einige deutsche, niederländische und belgische Gäste habe man empfangen, erklärt die Sprecherin. Nur die Asiaten, die oft auf dem Weg zum Mont-Saint-Michel haltmachten, vermisse man. Der Tourismus ist mit einem Anteil von sieben bis acht Prozent des Bruttoinlandsproduktes ein wichtiger Bestandteil des französischen Wirtschaftslebens.


Aus: "Reisewarnung für Deutsche: ,,Paris ist dreifach bestraft"" Christian Schubert, Paris (25.08.2020)
Quelle: https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/berlin-erklaert-paris-und-cote-d-azur-zu-risikogebieten-16921049.html

-

Quote[...] Ein 34-Jähriger hat am Dortmunder Hauptbahnhof nach Hinweisen auf seine fehlende Schutzmaske einen Polizisten angegriffen. Das teilte die Bundespolizei am Montag mit. Der Vorfall ereignete sich demnach am Samstag gegen 23.30 Uhr. Mehrere Einsatzkräfte sollen den Mann aufgefordert haben, einen Mund-Nasen-Schutz aufzusetzen, was dieser laut Polizei mit ,,Nö!" quittierte.

Als die Beamten ihn daraufhin kontrollieren wollten, soll er gesagt haben: ,,Ist das die Machtergreifung wie 1933, muss man alles machen, was der Staat sagt?" Und: ,,Außerdem bringt die Pappmaske eh nichts." Nach mehrfacher Aufforderung, sich auszuweisen, soll er sich den Griff seines Reisekoffers selbst gegen die Stirn geschlagen haben.

Als die Polizisten ihn daran hindern wollten, habe er versucht, einen der Beamten mit der Faust ins Gesicht zu schlagen. Er sei schließlich gefesselt und zur Wache gebracht worden. Eine Bodycam habe die Szene aufgezeichnet. Gegen den Mann werde nun wegen eines Verstoßes gegen die Coronaschutzverordnung und eines tätlichen Angriffs auf Polizeibeamte ermittelt.

Immer wieder berichtet die Polizei von aggressiv auftretenden Maskenverweigerern. Zuletzt war ein 26-Jähriger am Hamburger Hauptbahnhof auf Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes der Bahn losgegangen. In der nordrhein-westfälischen Stadt Hagen soll kürzlich ein 24-Jähriger ohne Mund-Nasen-Schutz in einer Bäckerei gewütet und über den Tresen gespuckt haben.


Aus: "Maskenverweigerer rastet aus – ,,Ist das die Machtergreifung wie 1933?"" (25.08.2020)
Quelle: https://www.welt.de/vermischtes/article214221288/Maskenverweigerer-greift-Polizist-am-Dortmunder-Hauptbahnhof-an.html

QuoteWELT

Liebes Forum,
bitte argumentieren Sie sachlich zum Thema des Artikels und bleiben Sie höflich und verständlich im Tonfall. Verzichten Sie bitte auf unbelegte Behauptungen und Herabsetzungen Andersdenkender. ...


QuoteHardy W.

So ganz Unrecht hat er ja nun nicht. Wir leiden unter einem Corona-Regime. Und viele jubeln dem noch zu wie damals den Nazis. Die Corona-Jünger fühlen sich in jeder Hinsicht überlegen und die Zweifler werden als durchgeknallte Aluhutträger gebrandmarkt. Die Brunnenvergifter von einst sind die Maskenverweigerer von heute. Sie werden als Zersetzer des Volkswohls und der Volksgesundheit hingestellt. Manche machen gar schon Jagd auf sie, "komisch" das noch kein Vergleich mit Chemnitz erfolgte. Längst wurde der totale Krieg gegen das Virus ausgerufen. Aber kaum jemand merkt wo das alles hinläuft.


QuoteTill Green

Vergleich mit 1933? Ist der einfach nur ungebildet oder liegt da ein psychisches Problem vor?


QuoteGerhard W.

Ich lese immer "Maske". Reicht es also aus, wenn ich meine Clownsmaske vom Karneval aufsetze?


QuoteBerthold W.

Super toll gemacht von der Polizei wie Sie mit zweierlei maß vorgeht. Der Drogendealer ein paar Meter weiter darf seinem Geschäft Unbehelligt nach gehen.


QuoteLars G.

Waren Sie dabei? Waren Drogendealer direkt drumherum? Interessant.
Haben Sie der Polizei Bescheid gegeben?


QuoteReiner R.

Die Tage hat man jede Menge eng umschlungene feiernde Fußballfans im TV gesehen. Natürlich ohne Maske und Kritik der Medien.
Auf der anderen Seite gibt es ein immer härteres Vorgehen der Polizei und Ordnungskräfte.
Gleichzeitig sinken die Erkrankten und Todesfälle die mit Corona in Verbindung stehen. Trotz Massenveranstaltung mit wenig Mundschutz in den letzten Wochen und Monaten gab es keine nachgewiesenen Massenausbrüche wie im Frühjahr. Also was soll man da noch glauben.


QuoteAndreas a.

Wer eine Antwort auf die Frage sucht wie die Ungeheuerlichkeiten vor 80 Jahren passieren konnten und so viele Menschen mitgemacht oder weg geschaut haben, der findet aktuell Antworten darauf.
Verbreite Angst, verteile Brot, zieh die Zügel, gib den Menschen Feindbilder und sie ziehen sich in ihre Komfortzone zurück und sind auf den Erhalt des Status Quo bedacht.


QuoteThomas F.

Tatsächlich scheuen einige (Wut)Bürger in diesem Forum nicht davor zurück, die gegenwärtige Situation mit dem Jahren 1932/33 zu vergleichen. Bei nur etwas nüchterner Betrachtungsweise müssten sie eigentlich erkennen, wie unsinnig dieser Vergleich mit 1933 ist. Bei nüchterner Betrachtung würden sie sich vielleicht auch fragen, ob das noch normal ist: bei Ansprache durch einen Polizeibeamten sofort auszuklinken oder andere Leute in der Öffentlichkeit anzuspucken oder gleich mit der Faust zuzuschlagen. Und sie würden sich fragen, ob diese Ausgeklinkten schlicht psychische Probleme haben. Oder mit dem psychischen Druck in der Pandemie nicht klar kommen und deshalb dekompensieren. Oder ob sie durch Wut und Hass so verblendet sind, dass sie ein Konzept, genannt Zivilisation, vergessen haben.


QuotePeter H.

Ist es nicht so, dass die Maske einen erwiesenermassen nicht schützt, sondern andere?
Warum sollte ich also eine Maske tragen, wenn ich keine Covid Infektion habe? Wenn sollte ich vor was schützen?

Wo bitte ist als also der Sinn der Maske, die ausser das Gesicht zu verhüllen nichts bewirkt? Ausser, dass der Staat seine umfassende Macht einmal mehr demonstrieren kann, mit einem uralten Gesetz, welches man jetzt schnell auf die Zeit angepasst hat, dessen grundgesetzliche Verträglichkeit aber noch nicht geprüft wurde.
Und jeglicher Widerspruch dagegen wird mit allen möglichen Schimpf und Schandbegriffen aus der Vergangenheit belegt.

Ich bin übrigens nicht grundsätzlich gegen die Maskenpflicht, denn ein gutes hat sie ja. Richtig getragen, verhindert sie nämlich zuverlässig die um sich greifende Gesichtserkennung, was gerade auch im Bereich Strassenverkehr recht hilfreich sein kann, da wir hier eine Fahrer und keine Halterhaftung haben. Ist also nicht alles schlecht.


QuoteMonika Z.

Ach herrje. Immer noch nicht verstanden. Sie können völlig unbemerkt eine Infektion in sich tragen und weiterverbreiten. Das Problem ist die leichte Ansteckung, deshalb die Maske, um ANDERE zu schützen. Die ja im Übrigen auf diese Weise auch SIE schützen. Vielleicht hat die junge Frau im Bus neben Ihnen das Virus, ohne krank zu sein - steckt Sie an, und dann ist Ihr Glück gefragt.


...
#1949
Quote[...] Die WHO konstatiert im neuesten Wochenbericht über die globale Situation ein Abflauen der Covid-19-Pandemie. Bislang wurden mehr als 23 Millionen Fälle berichtet und 800.000 Tote, die an oder mit Sars-CoV-2 gestorben sind. In der letzten Woche vom 17. bis zum 23. August wurden 1,7 Millionen neue Fälle und 39.000 neue Todesfälle gemeldet. Das entspricht einem Rückgang um 5 Prozent, bei den Todesfällen sogar um 12 Prozent gegenüber der Vorwoche vom 10.-16. August.

Ausnahmen sind Südostasien (v.a. Indien), wo die Zahl der neuen Fälle um 28 Prozent und die der Todesfälle um 19 Prozent zugenommen hat, und die östlichen Mittelmeerregionen (Naher Osten, Nordafrika). Dort stiegen die Fallzahlen um 4 Prozent, allerdings auf ziemlich niedrigem Niveau, während die Todesfälle seit sechs Wochen kontinuierlich abgenommen haben. In Europa sind während der vorhergehenden drei Wochen die Fallzahlen konstant angestiegen, sind aber in der letzten Woche wieder leicht um 1 Prozent zurückgegangen, ebenso fällt die Zahl der Todesfälle weiter und ist um 12 Prozent zurückgegangen. In Afrika (-8 bzw. -11 Prozent) und im westpazifischen Raum (-4 bzw. unter ein Prozent) hat sich das Infektionsgeschehen ebenso verlangsamt.

Auch in Nord- und Südamerika, die derzeit am stärksten betroffenen Regionen, wo 50 Prozent der neuen Fälle und sogar 62 Prozent neuen Todesfälle gemeldet wurde, sanken die Zahlen - und das am stärksten, nämlich um 11 bzw. um 17 Prozent. Am stärksten betroffen sind Argentinien, Brasilien, Peru, Kolumbien, Surinam, Panama und Costa Rica.

Global könnte man also von einer eintretenden Verlangsamung oder einer sich abschwächenden Welle sprechen. Zweite Wellen können nach diesen Daten nicht angenommen werden. Aber das Infektionsgeschehen verteilt sich in den Regionen sehr unterschiedlich. So verzeichnen Brasilien und die USA einen Rückgang, während die Infektionszahlen auf den karibischen Inseln stark angestiegen sind - vermutlich dank des Tourismus. Allerdings liegen sie weiterhin sehr niedrig.

In Europa gehen die Todeszahlen seit April kontinuierlich zurück und sind trotz Urlaubssaison in der letzten Woche noch einmal um 12 Prozent gegenüber der Vorwoche gesunken - mit der Ausnahme von Spanien, wo ein Anstieg um 200 Prozent stattfand, hier stiegen auch de Fallzahlen am stärksten an. Ein Anstieg der Fallzahlen verzeichneten vor allem Kroatien, Tschechien, Polen, Moldawien und die Ukraine.

Das RKI macht in Deutschland eine beunruhigende Tendenz auf. Die Fallzahlen seien innerhalb der letzten 7 Tage, so der Bericht vom 25.8. "stark angestiegen", nämlich um 17 Prozent. In einigen Bundesländern wie Berlin, Nordrhein-Westfalen, Thüringen oder Schleswig-Holstein gingen die Fallzahlen aber auch stark zurück, während sie vor allem in Bayern, Baden-Württemberg und Hessen anstiegen. Dabei gehen jedoch die Todesfälle weiter zurück und steigen nicht an. Das würde auch für eine Abschwächung der Krankheit sprechen. Die Fallzahlen nehmen zwar bei den 5-14-Jährigen und den 15-34-Jährigen am stärksten zu, bei den gefährdeten Altersgruppen ab 60 Jahren bleiben sie aber so niedrig wie in den vergangenen Wochen. Über 85 Prozent der Verstorbenen waren über 70 Jahre alt.

Der Anteil der Hospitalisierten ist in der KW 34 auf 5 Prozent aller Fälle gesunken, am höchsten war er in der KW 16 mit 22 Prozent. Der Anteil der Verstorbenen geht offenbar weiter nach unten und liegt nun, wenn auch "noch nicht aussagekräftig", bei 0,1 Prozent. In KW 16 waren es 16 Prozent. Der Trend ist allerdings seitdem eindeutig: Immer weniger Menschen müssen anteilsmäßig in Krankenhäusern aufgenommen werden und immer weniger sterben - bislang zumindest. Die zweite Welle, wenn es denn eine sein sollte, scheint deutlich harmloser zu sein als die erste Welle.

...


Aus: "WHO: Rückgang der Covid-19-Inzidenz um 5, der Todesfälle um 12 Prozent" Florian Rötzer (26. August 2020)
Quelle: https://www.heise.de/tp/features/WHO-Rueckgang-der-Covid-19-Inzidenz-um-5-der-Todesfaelle-um-12-Prozent-4878957.html

#1950
Im Weg: Das Phänomen der chinesischen Nagelhäuser (23. August 2020)
Sogenannte Nagelhäuser entstehen dann, wenn Hausbesitzerinnen und -besitzer nicht für ein großes Bauvorhaben Platz machen wollen. Nagelhäuser heißen so, weil sie hartnäckigen Nägeln in hartem Holz ähneln, die man nicht mehr herausbekommt und auch nicht einschlagen kann. ...
https://www.derstandard.at/story/2000119503026/im-weg-das-phaenomen-der-chinesischen-nagelhaeuser

-


Für die unkommerzielle Nutzung aller freistehender Häuser und Brachen Wagenplatzbesetzung in Zureich
Wir haben am 31.07.2020, den Platz zwischen Bernerstrasse, Aargauerstrasse und Depotweg genommen, um hier einen Wagenplatz ins Leben zu rufen. ... Hier, an diesem Ort, wo die Lebensrealitäten auf verschiedene Arten nicht den momentanen gesellschaftlichen Normen entsprechen, freuen wir uns auf einen Austausch und ein solidarisches Zusammenleben mit unseren Nachbar*innen. Wir schaffen hier keinen Partyort, sondern gemeinschaftlichen Wohnraum mit einem kulturellen Angebot. Es wird gebaut, gekocht, repariert, gelebt und gelernt. Kommt vorbei! Bringt ein Zelt und Sonnenschutz mit. ...
https://www.untergrund-blättle.ch/politik/schweiz/zuerich-wagenplatzbesetzung-5950.html
#1951
Quote[...] Vor circa zwei Jahren machte ich ein Interview mit einem sogenannten "Vorzeigeflüchtling". Der junge Afghane war bei einer karitativen Organisation als Koch beschäftigt, sprach gut Deutsch, hatte angenehme Umgangsformen und schien bestens integriert.

Nach dem offiziellen Interview plauderten wir. Er stammte aus der afghanischen Provinz Helmand und sagte, er sei geflohen, weil dort der "Islamische Staat" (er verwendete die arabische Bezeichnung Daesh) so stark gewesen sei. Auf meine erstaunte Frage, wie denn der eher in Syrien und im Irak mächtige IS nach Afghanistan gekommen sei, antwortete er mit der größten Selbstverständlichkeit: "Weil die Israelis die dort eingesetzt haben."

Tatsächlich ist die Verschwörungstheorie, dass der IS in Wirklichkeit eine Schöpfung der Israelis (und natürlich der Amerikaner) sei, unter nahöstlichen Muslimen recht weit verbreitet. Sie ist Teil eines Antisemitismus, der – wie der Vorfall in Graz zeigt – in der muslimischen Community in Europa gar nicht so unterirdisch brodelt.

Tatsächlich kommt der islamische Antisemitismus zu unserem autochthonen Antisemitismus noch dazu. Der war in Österreich immer sehr hoch, bis lange, lange nach Krieg und Holocaust.

Inzwischen wissen hierzulande auch Rechtsextremisten, dass es nicht klug ist, offenen Antisemitismus durchscheinen zu lassen, manche der "alten Rechten" anerkennen sogar widerwillig die Verbrechen der Vorväter an.

Der muslimische Antisemitismus ist kruder und vor allem von einem völligen Mangel an Selbstreflexion getragen. Es gibt einfach nichts Natürlicheres, als dass "der Jude" der Feind ist. Daran ändern auch die – durchaus ernst gemeinten – Bestrebungen der Islamischen Glaubensgemeinschaft nichts, zu einem guten Verhältnis mit der Kultusgemeinde zu kommen. Die Ursachen liegen nicht nur in dem mehr als problematischen Besatzungsregime Israels über die Palästinenser und Benjamin Netanjahus unheilvollen Annexionsplänen. Der israelische Staat ist erfolgreich, die nahöstlichen Staaten ganz überwiegend nicht. Israel ist ein moderner, wohlhabender, egalitärer Staat. Die arabisch-muslimische Welt besteht großteils aus rückständigen, ungerechten, von Cliquen beherrschten "failed states", die sich in endlosen schrecklichen Binnenkriegen zerfleischen. Das können sich viele Muslime nicht anders als mit antisemitischen Verschwörungstheorien erklären.

In Europa dürfen wir so etwas nicht zulassen. Hier dürfen keine Verlierergenerationen entstehen. Aber Österreich ist gerade "auf dem besten Weg", ein migrantisches, islamisches Subproletariat zu erzeugen, nämlich über die Schule. Eine Verlierergeneration, die Sündenböcke suchen muss. Wie Melisa Erkurt in ihrem klugen, realistischen Buch "Generation haram" beeindruckend schildert, sind wir dabei, eine Generation "ohne Sprache und Selbstwert" zu erzeugen.

Österreich kann sich das generell nicht leisten, aber auch, weil diese falsche Bildungspolitik Ressentiments, Radikalisierungen und selbstverständlich Antisemitismus erzeugt. Strenge behördliche Repression hat ihre Rolle, keine Frage. Aber wichtiger wäre es, keine Verlierergenerationen zu erzeugen, die sich in (antisemitische) Erklärungsmuster flüchten. (Hans Rauscher, 25.8.2020)


Aus: "Antisemitismus der Verlierer" Kolumne - Hans Rauscher (26. August 2020)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000119577482/antisemitismus-der-verlierer

Quote
Juusto Hampurilainen

Eine meiner bizarrsten willhaben.at-Erfahrungen war ein sehr netter syrischer Christ mit guten Deutschkenntnissen, der mir eine alte Esszimmergarnitur abgekauft hat. Als alles verladen war, plauderten wir ein wenig über seine und meine Familie und er erklärte mir, dass er flüchten musste, weil "Hillary Clintons Daesh-Armee" Syrien zerstört habe. Man höre das in Österreich leider zu selten, aber die Schuld sei alleine bei Hillary Clinton zu suchen.

Alright...


Quote
Res_Fitz

Liest man sich durch Social Media wird man allerdings sehr schnell erkennen, dass es nicht nur mit Bildung zu tun. Sehr viele gebildete Menschen (mit Migrationshintergrund) lassen sich von antizionistischen und antisemitischen Theorien mitreißen. Hier wird sehr viel vermischt.


Quote
Coffee&TV

In den USA wurde kürzlich einer jungen muslimischen Ärztin die Lizenz entzogen, weil sie getwittert hat, sie wird jüdischen Patienten absichtlich die falschen Medikamente verschreiben.
Sie war auf einer guten Uni, stand kurz vor einem Jahresgehalt von 150.000 Dollar und konnte den Antisemitismus trotzdem nicht lassen. Hat also alles nur sehr bedingt etwas mit Bildungen, Chance und Erfolg zu tun.


Quote
morte100

Selbstreflexion ist eine Eigenschaft die man oft vergeblich sucht, nicht nur bei afghanischen Fluechtlingen. ...


...

#1952
Quote[...] Es kommt nicht alle Tage vor, dass eine Popnummer Gynäkologen auf den Plan ruft. Wenn sie allerdings WAP, wet-ass pussy, heißt, müssen sich nicht nur musikalische Fachleute, sondern auch Fachärzte in die Exegese reinknien. Nein, starke vaginale Feuchtigkeit beim Sex deutet nicht unbedingt auf Krankheiten hin, erklärt da zum Beispiel die Frauenärztin Dr. Jen Gunter in der New York Times anlässlich des Tracks und der Reaktionen darauf. So haben amerikanische Rechtskonservative wie der Chefredakteur von The Daily Wire, Ben Shapiro, öffentlich behauptet, dass es bei den beiden Rapperinnen nässetechnisch nicht ganz mit rechten Dingen zugehen könne.

Am anderen Ende des politischen Spektrums deutet die New Yorker Demokratin Alexandria Ocasio-Cortez, bekennender Cardi-B-Fan, dagegen die Abkürzung WAP gleich scherzhaft zum Wahlspruch "Women Against Partriarchy" um.

Das vor drei Wochen erschienene und bisher auf Youtube 130 Millionen Mal aufgerufene Opus der beiden US-Rapperinnen Cardi B und Megan Thee Stallion, eine etwa dreiminütige Ode an die gut im Saft stehende Vagina, mit erwartungsgemäß explizitem Text und einer Bildsprache, die dem um nichts nachsteht, ist ein Politikum. Nicht zuletzt, weil Cardi B den Wahlkampf des Demokraten Bernie Sanders unterstützte, als dieser noch im Rennen war. Konservative nutzen diese Verbindung, um Demokraten über den Umweg des WAP-Videos eine antifeministische Haltung vorzuwerfen. Frauen, die sich so zeigen, könnten ja keine Feministinnen sein, so der Tenor.

Man hat in Musikvideos, in Pop- und Raptexten schon so einiges in aller Deutlichkeit gesehen und gehört; trotzdem ist Offenherzigkeit nicht gleich Offenherzigkeit: Cardi B, die einzige Frau, die einen Grammy für das beste Rap-Album im Alleingang gewonnen hat, Brecherin zahlreicher Streamingrekorde und unaufhaltsames Internetphänomen, und Megan Thee Stallion, die ihren großen Durchbruch der App Tiktok zu verdanken hat, wo ihre Single Savage erst dieses Jahr viral ging, sind eine Art sex-positives Dreamteam.

Die nicht auf den Mund gefallene Cardi B arbeitete als Stripperin, bevor sie zu rappen anfing, und finanzierte sich so einige Zeit lang das College. Die 25-jährige Megan Thee Stallion, die den Namen "Hengst" aufgrund ihrer imposanten Physis stolz trägt, mauserte sich auch raptechnisch früh zum besten Pferd im Stall. Beide stehen für ein Frauenbild des absoluten Selbstvertrauens – sowohl in die eigenen Fähigkeiten als auch in den Luxuskörper. Ja, sexy wollen sie sein, aber nicht unbedingt auf die verführerische, gefällige Weise, sondern mit gespreizten Beinen voran. Den sogenannten Male Gaze, den sabbernden Blick der Männer, zu befriedigen mag zwar nach dem Motto "Komme, wer wolle" passieren, ist aber nicht das eigentliche Ziel. Hier geht es um weibliche Selbstermächtigung. Die darf man freilich schwer obszön finden, sie ist aber wohl kaum antifeministisch.

Was die beiden besser als viele männliche Kollegen, die über ihre primären Geschlechtsmerkmale rappen, können, ist zu fordern, ohne zu degradieren. Der Mann hat zwar bitte Leistung zu bringen, er wird deswegen aber nicht als Hure abgestempelt.

Weiters steht die Sichtbarkeit schwarzer Frauen im Zentrum. Frauen, die das Leben, sich selbst und einander inmitten einer Krise feiern, die das Ideal von weißen, schlanken Frauenkörpern hinterfragen. Und es geht um nichts Geringeres als den amerikanischen Traum: aus dem Nichts zum weltweiten Erfolg – bei Cardi B und Megan Thee Stallion ist das eben ein sehr feuchter Traum.

WAP ist freilich auch eine wohlkalkulierte Provokation, eine Bombe, abgeworfen über einem immer prüder werdenden Amerika der Gegensätze, dessen Präsident insgeheim selbst vom "Pussy-Grabben" ohne Einwilligung des Gegenübers träumt. Die Macht, die Entscheidungsgewalt über den eigenen Körper holen sich Cardi B und Megan Thee Stallion quasi zurück.

Die Faktoren Tabubruch – denn ja, vaginale Feuchtigkeit ist tatsächlich kein breit diskutiertes Thema – und politische Brisanz, sowohl im Sinne von Parteipolitik als auch Body-Politics plus zwei der aktuell größten Rap-Stars, die mit allen Wassern des Internets gewaschen sind und nicht nur Musik, sondern Memes produzieren, ergeben den Popkulturmoment des Jahres. Es schadet dabei nicht, dass WAP auch eine ziemlich eingängige Nummer ist. Ein einfacher, basslastiger Trap-Beat und das im Loop laufende Sample Whores in this House, eine 1993 erschienene House-Nummer von Frank Ski, hat alles, was ein Hit dieser Tage braucht.

Auch das Video stellt ein "Hurenhaus" dar, durch das Cardi und Megan nebst vielen weiblichen Gaststars feucht-fröhlich twerken. Ob Bernie Sanders das Video bereits gesehen hat, ist übrigens nicht überliefert. (Amira Ben Saoud, 25.8.2020)


Aus: "Cardi Bs und Megan Thee Stallions feuchter amerikanischer Traum" Amira Ben Saoud (25. August 2020)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000119572905/cardi-bs-und-megan-thee-stallions-feuchter-amerikanischer-traum

Quotele Sucre

Ich bezweifle sehr stark dass es Cardi B um antipatriachalen Aktivismus, Body/Sexpositivity oder gar Feminismus geht sondern eher um relativ altmodisches sex-sells.
Bzw. controversy-sells. Wenn sich Ben "Destroyer with Facts and Logic" Shapiro und Alexandria "Madam President 2032" Ocasio-Cortez zu Wort melden kriegt das ganze einen ideologischen Anstrich.
Eigentlich ist es schon interessant: die Selbstreduktion auf primäre Geschlechtsorgane und Lustobjekt gilt als Empowerment. Stoff für viele Dissertationen.
aber gut, wie einiger Nutzer schon anmerken disqualifizieren mich sowohl mein Y-chromosm und mein für Sonnenbrand anfälliger Hautton für irgendeinen Kommentar :)


Quote
El Gaucho

Nichts, was in den letzten Jahren auf dem Fließband produziert wurde und als Popmusik verhökert wird, wird je Bestand haben. Nach 2 Monaten kräht kein Hahn mehr danach, dann kommt der nächste Plastikmüll. "Popkulturmoment des Jahres" beschreibt diese Steppe passend, wenn es das gewesen sein soll.


Quote
Kid Icarus

"I don't cook, I don't clean", definitiv (postmodern) feministisch, halt auf die afroamerikanische Weise. Und markante Stimmen sowie eine ordentliche Technik, offensichtlich haben die Frauen auch handwerklich aufgeholt, Ghostwriting hin oder her (haben Männer manchmal auch), also ein echter Rap-Hit. Meine bessere Hälfte meint halt, die Ladies wären aufgrund der aufreizenden Kleidung schlechte Vorbilder für junge Mädchen. Dazu kann ich leider aber nichts sagen :-)


Quote
halbelf

uff, heute merkt man wieder allzu gut den mief des alten, weißen mannes, der die mehrheit in den standarforen stellt.


Quote
monoton

Ich verstehe Rap einfach nicht, immer die gleiche billigst Produzierte Einheitsmusik mit pseudoprovokanten Texten.
Wen dieses Rezept nach jahrzehnten immer noch begeistert kann ich nicht verstehen.


Quote
Word of mouth

Das stimmt ja nicht. Rap ist sehr facettenreich. Aber das Sie Rap nicht verstehen, dass stimmt.


Quote
bixente uhudla

Ich finde das Video geil...und ich finde es witzig, dass man Sexualisierung, wenn sie von Frauen kommt dann doch irgendwie als feministisch umdeutet, während Sexualisierung, wenn sie von heterosexuellen Männern kommt, immer automatisch als Sexismus diffamiert...(bei homosexuellen Männern ist man sich dann nicht so sicher ob das noch Sexismus oder schon Enpowerment ist, wenn sie sexualisierte Inhalte bringen)

Aber vielleicht hilft das ganze ja weiter, und man lernt auch in der feminstischen Blase endlich zwischen sexistischen Inhalten und sexualisierten Inhalten zu unterscheiden...


Quote
sicher nicht

Welch tiefgründiges, lyrisches Musikstück. Ich darf zitieren:

Spit in my mouth, look in my eyes
This pussy is wet, come take a dive
Tie me up like I'm surprised
Let's roleplay, I'll wear a disguise
I want you to park that big Mack truck right in this little garage
Make it cream, make me scream
Out in public, make a scene
I don't cook, I don't clean
But let me tell you how I got this ring (Ayy, ayy)

oder doch etwas weiter im Text?

Look, I need a hard hitter, need a deep stroker
Need a Henny drinker, need a weed smoker
Not a garter snake, I need a king cobra

Danke, was für ein empazipatorisches Meisterwerk. ...


Quote
don't follow me

Also eins muss man schon sagen.
Das ist ein ziemlich langweiliger Porno.


Quote
OneWayStreet

Cardi B. hat übrigens selbst ungewolltes "Grabben" in ihrer Vergangenheit begangen. Allerdings nicht Genitalien, sondern Wertsachen von Männern, die von ihr unter Drogen gesetzt worden sind um sie auszurauben.


"Cardi B's Explanation: For Drugging And Robbing Men Only Makes It Worse" 03/27/2019
The Grammy-winning rapper faced backlash after saying it was something she "needed to do to make a living."
By Lee Moran
Cardi B's attempt to explain why she drugged and robbed men during her time working as a stripper has not gone down well.
The "Bodak Yellow" rapper responded to criticism of a newly resurfaced, years-old Instagram Live clip, in which she made the admission, with a lengthy statement that she shared to Twitter on Tuesday: All I can do now is be a better me for myself my family and my future.
...
https://www.huffpost.com/entry/cardi-b-drugs-robs-men-backlash_n_5c9b3367e4b072a7f6017ab8


Quote
BernhardvonAosta

Ich habe gehört das soll man in diesen Kreisen "street credibility" nennen.


Quote
ahoihoi

Das ist wahre Emanzipation, quasi der Robin Hood der Feministen.


Quote
Der fidele Castro

"There're some whores in this house" - Jetzt hat man mir seitens des Standards seit Jahr und Tag versucht einzuprügeln, dass so was als sexistische Objektifizierung vom Patriarchat zu klassifizieren ist... ...und nun da das endlich internalisiert hab, sagt man mir es sei "sexpositiv".


Quote
Saïd Nuff

Bei manchen Sachen kommt es halt tatsächlich drauf an, WER sie sagt.


...
#1953
Quote[...] Dänemarks Verteidigungsministerin hat den Chef des militärischen Nachrichtendiensts beziehungsweise des Auslandsgeheimdiensts des Landes und zwei leitende Mitarbeiter suspendiert. Hintergrund sind Berichten zufolge Untersuchungen auf Basis von Dokumenten, die Whistleblower an die Aufsichtsbehörde TET übergeben hat. Demnach wurden von dem Geheimdienst nicht nur widerrechtlich dänische Staatsbürger ausspioniert und die dabei gesammelten Daten auch weitergegeben. Der nun suspendierte Geheimdienstchef Lars Findsen soll außerdem Informationen vor der Aufsichtsbehörde zurückgehalten und falsche Angaben gemacht haben.

Die für die Überwachung der Geheimdienste zuständige Aufsichtsbehörde Tilsynet med Efterretningstjenesterne (TET) hatte am gestrigen Montag mitgeteilt, dass sie im November 2019 Dokumente zu Fehlverhalten beim Forsvarets Efterretningstjeneste (FE) erhalten hat. Der ist für die Sammlung von Informationen im Ausland zuständig, die die nationale Sicherheit Dänemarks und der dänischen Truppen betreffen. Die Aufseher haben die Dokumente nach eigenen Angaben geprüft und nun Empfehlungen formuliert. Geprüft werden sollte demnach, ob sich der Geheimdienst an die geltenden Gesetze gehalten hat und ob die Verantwortlichen wahrheitsgemäß über die Überwachungsfähigkeiten informiert wurden. Außerdem sollten Whistleblower besser geschützt werden.

Das vierseitige Dokument der Aufsichtsbehörde enthält keine konkreten Angaben zu den Vorwürfen und Beobachter in Dänemark weisen bereits darauf hin, dass wegen der sensiblen Natur der Arbeit des Geheimdiensts nicht viel an die Öffentlichkeit dringen dürfte. Insgesamt erinnern die Vorwürfe aber an verschiedene Geheimdienstskandale der vergangenen Jahre – allen voran die Snowden-Enthüllungen im Jahr 2013 – nur hatten diese selten vergleichbare Konsequenzen. Der Nachrichtendienst der dänischen Streitkräfte FE stand 2017 schon einmal in der Kritik, schon damals hieß es, Staatsbürger seien illegal ausspioniert worden, berichtete die dänische Tageszeitung Der Nordschleswiger.

Der jetzt suspendierte Findsen ist seit 2015 Chef des Geheimdiensts, vorher hatte er auch schon mehrere Jahre den Inlandsgeheimdienst PET geleitet, schreibt Euronews. Über die beiden anderen suspendierten Mitarbeiter ist bislang nichts bekannt. Dänemarks Verteidigungsministerin Trine Bramsen versicherte, dass sie die Angelegenheit mit größtem Ernst betrachte: "Es ist wichtig, dass wir darauf vertrauen können, dass unsere Geheimdienste im Rahmen ihrer Befugnisse agieren."


Aus: "Illegale Überwachung und Vertuschung: Dänischer Geheimdienstchef suspendiert" Martin Holland (25.08.2020)
Quelle: https://www.heise.de/news/Illegale-Ueberwachung-und-Vertuschung-Daenischer-Geheimdienstchef-suspendiert-4878099.html
#1954
QuoteSebastian Ostritsch ist Philosoph und lehrt am Institut für Philosophie der Universität Stuttgart. Im Frühling ist im Propyläen-Verlag sein Buch «Hegel. Der Weltphilosoph» erschienen. ... Wer nach Wahrheit sucht, kann auf das Absolute nicht verzichten. Dies sagt Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Vor 250 Jahren wurde der Meisterdenker geboren. Er hat die Philosophie auf eine neue Grundlage gestellt.

«Der Staat», schrieb Georg Wilhelm Friedrich Hegel einmal, sei «eine Hieroglyphe der Vernunft». Diese Beschreibung passt auch gut auf Hegels Philosophie. Denn einerseits ist das Werk dieses Ausnahmedenkers, dessen Geburtstag sich am 27. August zum 250. Mal jährt, ganz darauf ausgerichtet, am Grund aller Dinge das Wirken der Vernunft aufzudecken.

Andererseits entzieht sich Hegels Œu­v­re durch seine umwegige Darstellungsform und seine eigentümliche und schwerfällige Sprache dem unmittelbaren Verstehen. Wer Hegels Philosophie entziffern möchte, braucht Geduld und hermeneutische Leidensfähigkeit. Einen Stein von Rosetta gibt es für diese philosophische Hieroglyphenschrift nicht. Wer sich trotzdem auf sie einlässt, wird dafür mit einer der tiefgründigsten Denkerfahrungen belohnt, die die abendländische Philosophie zu bieten hat.

Fragt man sich nun, welche hegelschen Begriffe essenziell sind, um erste Schneisen des Verstehens in das Dickicht des Nichtverstehens zu schlagen, so trifft man früher oder später auf das «Absolute». Nicht von ungefähr murmelte der seit Jahrzehnten in geistiger Umnebelung in seinem Tübinger Turmzimmer am Neckarufer lebende Dichter Friedrich Hölderlin «das Absolute . . .», als er im Jahr 1841 ­von einem Besucher auf seinen Altersgenossen und innigen Jugendfreund Hegel angesprochen wurde, der zu diesem Zeitpunkt schon seit zehn Jahren tot war.

Das «Absolute» – heute wird allein schon das Wort bei vielen eine Art antimetaphysische Immunreaktion auslösen. Noch stärker fällt diese aus, wo nicht nur vom Absoluten, sondern vom «absoluten Wissen» die Rede ist. Und Hegel hat vom absoluten Wissen nicht nur gesprochen, sondern es – im letzten Kapitel seiner «Phänomenologie des Geistes» von 1807 ­­– ausdrücklich für seine Philosophie beansprucht. Ist ein Absolutheitsanspruch im Wissen aber nicht völlig überzogen, ja gar kindisch und lächerlich?

Hat denn nicht Immanuel Kant derlei philosophischem Grössenwahn ein für allemal ein Ende bereitet, als er den Bereich des Erkennbaren auf die Welt der Erscheinungen einschränkte – darauf, wie die Welt für uns erscheint? Ist denn nicht auch alles Wissen, das uns die empirischen Naturwissenschaften präsentieren, nur vorläufiges Wissen? Solche kritischen Rückfragen dürften jedem, der sich mit Hegel affirmativ auf das Absolute und das absolute Wissen bezieht, sicher sein. Die Zeit des Absoluten – so scheint es vielen – ist gänzlich vorbei.

Als Hegel einmal von einem Studenten darauf hingewiesen wurde, dass man in Südamerika eine Pflanze entdeckt habe, die dem von ihm entwickelten Begriff der Pflanze widerspreche, soll der berühmte Professor gesagt haben: «Umso schlimmer für die Natur!» Auf den Vorwurf, der Begriff des Absoluten sei unzeitgemäss, hätte Hegel vermutlich ganz ähnlich reagiert und schlicht bemerkt: «Umso schlimmer für diese Zeit!»

Zwar war Hegel davon überzeugt, dass es die Aufgabe der Philosophie ist, die je eigene Zeit zu begreifen. Eine Zeit zu begreifen, heisst aber laut ihm nicht, dass man die auf der Zeitgeist-Oberfläche vor sich hin treibenden Massenmeinungen abfischt. Im Gegenteil: Eine Zeit philosophisch zu begreifen, bedeutet für Hegel, das zeitlos Gültige im Veränderlichen – das Ewige im Gewand der Zeit – zu erkennen. Philosophie ist keine Bestätigungsmaschine, sondern Wahrheitssuche. Und wer nach Wahrheit sucht, kommt nicht um den Begriff des Absoluten herum, ja mehr noch: Wer überhaupt etwas für wahr hält, hat – wenn auch unausgesprochen oder unbewusst – den Begriff des Absoluten für sich in Anspruch genommen.

Dass dem so ist, zeigt sich, wenn wir den Gegenbegriff zum Absoluten betrachten: das Relative. Wer das Absolute verneint und behauptet, dass alles Wissen relativ ist, der sagt zugleich, dass es kein Wissen an sich, kein echtes Wissen gibt. Wahrheit tout court gibt es gemäss einer solchen Position nicht, sondern nur «Wahrheiten», die relativ zu einer bestimmten Person oder einer bestimmten Gruppe, zu einem bestimmten Ort und einer bestimmten Zeit sind. Wie etwa die im englischsprachigen Kontext verbreitete Rede von «my truth» belegt, hat ein solcher Relativismus mancherorts bereits Einzug in den alltäglichen Diskurs gehalten.

Dieser Ausdruck ist aber ein Oxymoron: Sobald etwas bloss zu «meiner» Wahrheit wird, handelt es sich nicht mehr um Wahrheit, sondern um blosse Meinung, wobei wir die darin enthaltene Silbe «mein» als einen Verweis auf das blosse Meinige hören sollten. Das Kundtun blosser Meinungen unterscheidet sich von Wissensansprüchen dadurch, dass Letztere immer auch für die anderen Gültigkeit beanspruchen können. Wer also über blosse Meinungen hinausgehen und ernsthaft etwas wissen will, der muss von der Existenz einer Wahrheit überzeugt sein, die nicht relativ ist. Wahrheit – und zwar jede Wahrheit – ist so gesehen absolut, sonst wäre sie keine Wahrheit.

Gegen die Absolutheit von Wahrheit spricht übrigens auch nicht der Umstand, dass die Wissenschaften sich ständig gezwungen sehen, ihre Theorien im Lichte neuer Ergebnisse zu revidieren. Dies ergibt nur Sinn, wenn es nicht relative, absolute Wahrheiten zu entdecken gibt, die von wissenschaftlichen Theorien eingefangen werden sollen. Ausserdem ist zu betonten, dass die Absolutheit von Wahrheit nicht ausschliesst, dass wir uns irren können und es auch ständig tun. Im Gegenteil ergibt die Rede von Irrtum nur dann Sinn, wenn es eine absolute Wahrheit zu erkennen gibt, die man aber selbstredend auch verfehlen kann. Worüber, wenn nicht über einen objektiven Sachverhalt, der eine Aussage im absoluten Sinne wahr macht, sollte man sich täuschen können?

Wer es nach dem Gesagten zumindest für plausibel hält, dass jede Wahrheit, die diesen Namen verdient, absolut sein muss, wird vielleicht dennoch – und zu Recht – skeptisch nachhaken, ob das wirklich schon alles sei, was Hegel mit dem Begriff des Absoluten sagen wollte. Die Antwort lautet: Nein, das ist es nicht. Hegels Begriff des Absoluten zielt in der Tat auf etwas Tieferliegendes. Das Absolute, um das es ihm geht, ist nicht diese oder jene Wahrheit, sondern das Wahre schlechthin, aufgrund dessen es überhaupt so etwas wie Wahrheit und Wissen im landläufigen Sinne gibt. Das Absolute ist bei Hegel also das, was Wahrheit und Wissen von der Wahrheit überhaupt erst möglich macht.

Wie haben wir uns dieses Absolute, in dem alle Wahrheit gründet, nach Hegel zu denken? Wie bereits bemerkt, ist das Absolute das Nicht-Relative schlechthin, oder anders gesagt: das Unbedingte. Hegel betont nun aber, dass man das Unbedingte dem Bedingten – das Absolute dem Relativen – nicht einfach entgegensetzen darf. Wenn man nämlich in die Vorstellung verfällt, das Absolute bestünde getrennt von allem Bedingten und Relativen, dann setzt man es gerade dadurch in ein äusseres Verhältnis zu etwas Nicht-Absolutem.

Mit anderen Worten: Man relativiert das Absolute paradoxerweise gerade dadurch, dass man es vom Bedingten fernhalten möchte. Hegels Ausweg aus diesem Paradox steht ganz in der Tradition Spinozas: Das Unbedingte existiert nicht ausserhalb des Bedingten, sondern es ist das Ganze, das alles Bedingte in sich einschliesst. Hegels berühmtes Diktum aus der «Phänomenologie des Geistes»: «Das Wahre ist das Ganze» hätte auch heissen können: «Das Absolute ist das Ganze.»

Was aber – so muss die nächste Frage lauten – ist dieses Ganze? Für viele heutige Ohren dürfte kaum eine Antwort plausibler klingen als «die Natur». Schliesslich scheint doch zu gelten: Was nicht zur Natur zählt, ist übernatürlich, und wer glaubt heute schon noch an Übernatürliches?

Nun, für Hegel ist nicht die Natur der Schlüssel zum Verständnis des Ganzen, sondern vielmehr der Geist. So heisst es in seiner «Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften» (1830) in aller Deutlichkeit: «Das Absolute ist der Geist; dies ist die höchste Definition des Absoluten.» Wenn die Natur wirklich das Ganze, das Absolute wäre, dann wären konsequenterweise die Naturwissenschaften und nicht die Philosophie für das Absolute zuständig.

Dass dem aber nicht so sein kann, zeigt eine kurze Reflexion über die wesensmässige Beschränktheit der Naturwissenschaften, die man auch ganz ohne Hegel anstellen kann: Unter all den faszinierenden Gegenständen, Zuständen und Prozessen, die man naturwissenschaftlich untersuchen kann, wird sich eines niemals finden, nämlich Gedanken. Denn anders als Gehirne haben Gedanken keine physikalischen, chemischen oder biologischen, sondern logische Eigenschaften. Gedanken sind das, was gut oder schlecht begründet, was konsistent oder widersprüchlich, was wahr oder falsch sein kann. Jede naturwissenschaftliche Theorie, die einen Anspruch auf Wahrheit erhebt, ist daher ein Gedankengebilde und als solches etwas, was selbst nicht Gegenstand naturwissenschaftlicher Theorien sein kann.

Als Gedankenkomplexe sind Theorien also nichts Natürliches, sondern etwas Geistiges – und zwar etwas Geistiges, mithilfe dessen die Gesetzmässigkeiten der Natur erfasst werden sollen. Das wiederum ergibt nur Sinn, wenn es in der Natur etwas vom Geist Erkennbares und in diesem Sinne Geistartiges gibt. In jeder naturwissenschaftlichen Theorie sucht der Geist also letztlich seinesgleichen. Es muss der Geist sein, der die Natur im Innersten zusammenhält.

Die Natur muss deshalb laut Hegel begriffen werden als «schlafender Geist», als das Intelligible, das sich als blinde Naturnotwendigkeit kostümiert hat. Denn spätestens im Erkennen, in der erfolgreichen Erforschung der Natur, zeigt sich, dass Geist und Natur keine unüberbrückbare Kluft trennen kann. Gewiss: Die Natur ist das Andere des Geistes. Aber der Dialektiker Hegel mutete uns zu, diesen Satz mit einer doppelten Betonung zu lesen: Die Natur ist das Andere des Geistes, und: Die Natur ist das Andere des Geistes.

Der Geist ist im Gegensatz zur Natur dasjenige, das sich selbst im Anderen finden kann. Gerade deshalb ist er das Absolute, das keine Grenze und kein Ausserhalb kennt. Indem er im Anderen ist, ist der Geist bei sich selbst. Der Geist als das Absolute ist kein monolithisches Ungetüm, das alle Unterschiede oder gar sein Anderes, die Natur, verschlucken würde. Das Absolute Hegels ist kein Einheitsbrei. Statt blosser Identität aller Dinge in einem undifferenzierten grossen Ganzen denkt Hegel das Absolute als dasjenige, das Einheit und Verschiedenheit zugleich gewährleisten kann. Nicht um blosse Identität geht es beim Absoluten, sondern – wie Hegel als noch relativ unbekannter Dozent in Jena formulierte – um die «Identität der Identität und der Nicht-Identität».

Der Mensch kann denken. Er ist – mit anderen Worten – ein geistiges Wesen, wenn auch ein endliches. Ihm ist daher nach Hegel zwar weder Unfehlbarkeit noch Allwissenheit vergönnt, dafür aber absolutes Wissen, das heisst das Wissen, dass das Absolute Geist und der Geist das Absolute ist. Allzu praktisch veranlagte Zeitgenossen werden sicher fragen, was wir von diesem Wissen denn bitte schön haben. Nun, ganz ohne Absolutes ist alles Windhauch und eitel. Mit der irrtümlichen Verabsolutierung der Natur wird das Leben zum Missverständnis. Ein Leben im Lichte des wahrhaft Absoluten hingegen ist ein Leben in Wahrheit. Was mehr kann ein geistiges Lebewesen wollen?


Aus: "Nur wo es das absolute Wahre gibt, kann man auch irren: warum es sich lohnt, Hegel zu lesen" Sebastian Ostritsch (22.08.2020)
Quelle: https://www.nzz.ch/feuilleton/250-jahre-hegel-nur-wo-es-das-wahre-gibt-kann-man-irren-ld.1571990

#1955
Quote𝖕𝖚𝖘𝖘𝖞 𝖗𝖎𝖔𝖙 (@pussyrrriot) twitterte um 3:07 vorm. on Sa., Aug. 22, 2020:
I can't believe it's my life:

I have 3 comrades murdered (Nemtsov, Baburova, Markelov), I spent 2 years in in penal colonies for nothing when i was 22-24, a father of my kid was poisoned and almost died, and now Navalny, my friend, is in coma and fighting for life.

xx Nd https://t.co/HUsdw8EQih
https://twitter.com/pussyrrriot/status/1296977274382688256


-

Nadeschda Andrejewna Tolokonnikowa (russisch Наде́жда Андре́евна Толоко́нникова; * 7. November 1989 in Norilsk, Sowjetunion) ist eine russische politische Aktivistin und Performancekünstlerin. Internationale Bekanntheit erlangte sie als Mitglied von Pussy Riot.  ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Nadeschda_Andrejewna_Tolokonnikowa

-

"Nawalny soll vor möglicher Vergiftung genau beobachtet worden sein" (23.08.2020)
Der Kreml-Kritiker liegt seit Samstag in der Berliner Charité. Einem russischen Medienbericht zufolge hatten die Behörden ihn zuletzt detailgenau im Fokus. Thomas Loy Hannes Heine Rebecca Barth
Hintergrund ist ein Artikel der Moskauer Boulevardzeitung ,,Moskowski Komsomolez". Darin werden detailgenau alle Bewegungen des Oppositionellen bei seiner Reise durch Sibirien beschrieben. In dem Artikel beruft sich die Zeitung auf nicht näher genannte Sicherheitskreise.
Darin wird beschrieben, wo sich Nawalny zu jedem Zeitpunkt aufhielt, mit wem er sprach und wo er übernachtete. Das Team soll mehrere Hotelzimmer angemietet haben, Nawalny sei aber in eine ,,konspirative" Wohnung gebracht worden. Jemand aus seinem Team soll Sushi bestellt haben. Dabei sollen die Behörden ihn die ganze Zeit beschattet haben, heißt es in dem Beitrag weiter.  ...
https://www.tagesspiegel.de/berlin/charite-aeussert-sich-vorerst-nicht-nawalny-soll-vor-moeglicher-vergiftung-genau-beobachtet-worden-sein/26119112.html

#1956
Quote[...] Menschen, die erkennbar psychisch labil oder krank sind, die unvermittelt ausrasten. Wie offenbar Samrad A., der am Dienstagabend auf der Berliner Stadtautobahn A100 sechs Menschen [ ] verletzte, drei davon schwer. ... Samrad A., der am Dienstag drei Motorradfahrer rammte, einen davon lebensgefährlich verletzte und jetzt in der Psychiatrie sitzt. Diagnose: ,,Religiöser Wahn." ...


Aus: "Wie potentielle Attentäter rekrutiert werden" (22.08.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/nach-dem-anschlag-auf-der-a100-in-berlin-wie-potentielle-attentaeter-rekrutiert-werden/26117416.html
#1957
Quote" ... Nach Camus fühle ,,der Mensch", wie fremd ihm alles sei, und erkenne dabei die Sinnlosigkeit der Welt; so stürze er im Verlaufe seines Strebens nach Sinn in tiefste existentielle Krisen. Das Absurde mache vor niemandem halt: ,,Das Absurde kann jeden beliebigen Menschen an jeder beliebigen Straßenecke anspringen."  ... Der Tod ist für Camus zum einen ein absolutes Ende, das wie das Leben keinen Sinn hat. Der Tod ist die einzige Fatalität, die schon vorgegeben ist und der man nicht entrinnen kann (hier zeigt sich der Einfluss Martin Heideggers). Oft ist der Tod ,,ungerecht", etwa wenn er wie in dem Roman Die Pest Kinder trifft. Der Tod ist für Camus auch ein endgültiges Ende: All die sinnlosen Taten und Auflehnungen gegen das Absurde werden durch den Tod ein für alle Mal besiegelt. Der Tod ist für die Menschen bei Camus ein krönender Abschluss eines absurden Lebens.  ... "
https://de.wikipedia.org/wiki/Albert_Camus (25. Juni 2020)
#1958
    ,,Das Absurde hat nur insofern einen Sinn, als man sich nicht mit ihm abfindet."
– Albert Camus: Der Mythos des Sisyphos

    ,,Das Absurde, mit Geschmack dargestellt, erregt Widerwillen und Bewunderung."
– Johann Wolfgang von Goethe: Maximen und Reflexionen


Das Absurde ist ein zentraler Begriff in der Philosophie von Albert Camus und beschreibt die Konstellation zwischen dem Sinn suchenden Menschen und der sinnverneinenden Welt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Absurdit%C3%A4t
#1959
"Wer Diktator ist, das bestimmen wir!"  Tomasz Konicz (19. August 2020)
Ein Kommentar zu den imperialen Doppelstandards deutscher Geopolitik
https://www.heise.de/tp/features/Wer-Diktator-ist-das-bestimmen-wir-4874035.html

Als Doppelmoral wird ein Normensystem bezeichnet, das gleiches Verhalten ethisch unterschiedlich bewertet, je nachdem, welcher Personengruppe die ausführende Person oder die betroffenen Personen angehören, oder je nachdem, ob diese sich in einer öffentlichen oder privaten Situation innerhalb oder außerhalb einer Gemeinschaft befinden, ohne dass dafür ein sachlicher Grund vorhanden wäre. Die Doppelmoral kann sich dabei explizit in einem moralischen Code niederschlagen, der eine unterschiedliche Wertordnung abbildet, oder implizit im moralischen Empfinden, im Verhalten und in den Werturteilen Einzelner. Entscheidendes Merkmal ist, dass ,,mit zweierlei Maß" gemessen wird. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Doppelmoral

https://de.wikipedia.org/wiki/Kategorie:Ethische_Haltung
#1960
Quote[...] Zwei von drei Parteiflügel der SPD stehen den beiden Koalitionsmöglichkeiten für ein ,,progressives Bündnis" aufgeschlossen gegenüber, das die Parteispitze nach der Ausrufung von Kanzlerkandidat Olaf Scholz nach der Bundestagswahl 2021 anstrebt. Scholz selbst hatte erklärt, sein Ziel sei es, die Union an der Regierung abzulösen. Für eine ein reformorientierte Regierungskonstellation, die die SPD anführen will, kommen die Linkspartei und möglicherweise die FDP infrage.

Die Parlamentarische Linke (PL), der größte von drei Strömungen in der SPD-Bundestagsfraktion, wirbt schon seit Jahren für ein Bündnis mit der Linkspartei und pflegt enge Verbindungen zu deren Vertretern, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede auszuloten.

Auch das als pragmatisch geltende Netzwerk Berlin, der jüngste der drei Flügel, ist offen für Dreierkonstellation – und zwar sowohl mit der Linkspartei als auch mit der FDP. ,,Rot-Rot-Grün und die Ampel sind mögliche Koalitionen, um das Land zu erneuern", sagte Netzwerk-Sprecher Falko Mohrs dem Tagesspiegel. Mit Blick auf die Reformerfolge der Koalition aus SPD und FDP nach 1969 sagte der Abgeordnete: ,,Die sozialliberale Vergangenheit kann sich sehen lassen."

Der konservative Seeheimer Kreis sprach sich ebenfalls gegen eine Fortsetzung der großen Koalition aus. Diese wäre nach der Bundestagswahl 2021 ,,sicher nicht die beste Lösung", sagte Sprecherin Siemtje Möller dem Tagesspiegel. Die SPD wolle mit anderen Koalitionspartnern ,,regieren und die nächste Regierung anführen".

Ein Bündnis mit der Linkspartei sehen die Seeheimer laut Möller aber ,,skeptisch". Vor allem in der Außen- und Sicherheitspolitik gebe es ,,erhebliche Differenzen, wenn ich an die Absage der Linkspartei an die Nato und ihr Werben um eine Annäherung an Russland denke". Auch seien Äußerungen aus der Linkspartei irritierend, die die Mauer im Nachhinein rechtfertigten.

Scholz hatte erklärt, die Linkspartei müsse nun in der Zeit bis zur Wahl zeigen, ob sie regierungsfähig werden wolle. ,,Es ist eine offene Frage, ob die Linkspartei sich reformieren will, damit sie tatsächlich regierungsfähig wird", meinte Möller und fügte hinzu: ,,Dazu wird ihr Parteitag wichtige Entscheidungen treffen." Auch die SPD-Parteiführung erwartet von dem Parteitag Ende Oktober eine Grundsatzentscheidung darüber, ob die Linkspartei ihre Verlässlichkeit und Berechenbarkeit steigern will.

Seeheimer-Sprecherin Möller forderte auch die Liberalen auf, an sich zu arbeiten. Im Hinblick auf eine Ampelkoalition ,,stellen sich auch Fragen an die FDP, die 2017 die Jamaika-Verhandlungen platzen ließ", meinte die Abgeordnete aus Niedersachsen: ,,Ich hoffe, dass die Liberalen an ihrer Vertrauenswürdigkeit und Belastbarkeit arbeiten."

Wie ihr Parteifreund Mohrs verwies Möller auf die Erfolge der sozialliberalen Koalition im vergangenen Jahrhundert. ,,Das Freiheitselement der Liberalen ist eine gute Ergänzung zu unseren Schwerpunkten", sagte sie.

Auch für den größten Landesverband der SPD, nämlich Nordrhein-Westfalen, kommt ein Regierungsbündnis mit der FDP infrage. ,,Wenn die Grünen mitmachen, ist ein progressives Bündnis grundsätzlich nicht nur mit der Linkspartei, sondern auch mit den Liberalen möglich", sagte Landeschef Sebastian Hartmann dem Tagesspiegel.

Auch der Chef der NRW-SPD erinnerte an das Beispiel der sozialliberalen Koalition unter Willy Brandt und Helmut Schmidt. ,,Wir sollten die Frage nach dem Kurs der SPD nicht auf eine Koalitionsdebatte verengen", forderte Hartmann, der PL-Mitglied ist und nach seiner Wahl 2018 das Ziel ,,rot pur" ausgegeben hatte: ,,Wir können selbstbewusst Politik für eine solidarische Mitte definieren und dann prüfen, mit welchen Partnern wir das umsetzen können."


Aus: "Nur der Seeheimer Kreis fremdelt noch mit der Linkspartei" Hans Monath (20.08.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/koalitionswuensche-bei-der-spd-nur-der-seeheimer-kreis-fremdelt-noch-mit-der-linkspartei/26108724.html