LINK ACCUMULATOR

REALITY.SERVICES [REALITAETS.DIENSTE] => Erweiterter Machtdiskurs (Politik) => Topic started by: Link on August 04, 2008, 01:40:39 PM

Title: [Grundrechte & Global Issues... ]
Post by: Link on August 04, 2008, 01:40:39 PM
QuoteGrundrechte sind wesentliche Rechte, die Mitgliedern der Gesellschaft gegenüber Staaten als beständig, dauerhaft und einklagbar garantiert werden. In erster Linie sind sie Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat, sie können sich jedoch auch auf das Verhältnis der Bürger untereinander auswirken (,,Drittwirkung"). ... Die Entwicklung der Grundrechte ist eng mit der Idee der Menschenrechte verbunden. Die Menschenrechtsidee wiederum findet ihre philosophischen Wurzeln in der Idee des Naturrechts, wonach es ,,Rechtsgrundsätze gibt, die stärker sind als jedes positive Recht" (Radbruch). Menschenrechte werden nach der naturrechtlichen Auffassung nicht durch Rechtsetzung geschaffen, sondern sind dem Recht vorgegeben und bedürfen keiner konstitutiven Begründung. Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland bezieht sich auf diese Zusammenhänge, indem es das Bekenntnis des deutschen Volkes zu ,,unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten" enthält (Art. 1 Abs. 2 GG), und als Konsequenz hieraus alle Staatsgewalt an die Grundrechte ,,als unmittelbar geltendes Recht" bindet (Art. 1 Abs. 3 GG). In ihrer heutigen Ausprägung werden die Grundrechte des Grundgesetzes als positivrechtliche Ausgestaltungen der fundamentalen Menschenrechte verstanden.

Mitunter wird der Begriff der Menschenrechte abweichend von der hier gewählten Terminologie verwendet. Als Menschenrechte werden dann etwa Grundrechte bezeichnet, die nicht nur staatsbürgerschaftsbezogen sind, sondern jedermann zustehen.  ...

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Grundrechte (https://de.wikipedia.org/wiki/Grundrechte) (2. Juni 2021)

"Universalismus der Menschenrechte revisited" Marco Schendel (13. Februar 2024)
... Menschenrechte sind universal. Das heißt, sie gelten für alle Menschen gleichermaßen, unabhängig von Merkmalen, ,,such as race, colour, sex, language, religion, political or other opinion, national or social origin, property, birth or other status", wie in der Allgemeinen der Erklärung der Menschenrechte der UNO 1948 (Art. 2) formuliert. Dennoch wird der Universalismus der Menschenrechte vielfach und stets erneut bestritten. Im Folgenden möchte ich die Kritik am Universalismus punktuell aufgreifen und den Universalismus in Form eines vermittelten Universalismus plausibilisieren und damit verteidigen. ...
https://www.theorieblog.de/index.php/2024/02/universalismus-der-menschenrechte-revisited/ (https://www.theorieblog.de/index.php/2024/02/universalismus-der-menschenrechte-revisited/)

"Die ,,realistische Utopie" der Menschenrechte. Zum 75. Geburtstag einer nie alternden Hoffnung" Regina Schidel (8. Februar 2024)
https://www.theorieblog.de/index.php/2024/02/die-realistische-utopie-der-menschenrechte-zum-75-geburtstag-einer-nie-alternden-hoffnung/ (https://www.theorieblog.de/index.php/2024/02/die-realistische-utopie-der-menschenrechte-zum-75-geburtstag-einer-nie-alternden-hoffnung/)

-

Amnesty International
Sektion der Bundesrepublik Deutschland
http://www.amnesty.de/

Als humanitäre medizinische Organisation setzt sich Ärzte ohne Grenzen für eine qualitativ hochwertige und effiziente Gesundheitsversorgung in den Ländern ein, in denen das Überleben von Erwachsenen und Kindern gefährdet ist.
https://www.aerzte-ohne-grenzen.de/

Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V.
Die Gefährdung der Grund- und Menschenrechte hat viele Dimensionen. Die "neue Weltlage" macht angesichts des global gewordenen Kapitalismus couragiertes und zivil ungehorsames Engagement für ungeteilte Menschenrechte notwendiger denn je. Das Komitee konzentriert sein Arbeits- und Aufmerksamkeitsfeld vor allem auf die Situation in der Bundesrepublik Deutschland.
http://www.grundrechtekomitee.de/ | http://www.grundrechtekomitee.de/meinung


Blog of Rights: Official Blog of the American Civil Liberties Union
http://blog.aclu.org/

Das Institut basiert auf den "Pariser Prinzipien" für nationale Menschenrechtsinstitutionen, die die Vereinten Nationen im Jahre 1993 angenommen haben. Die Zielsetzung des Instituts besteht in der Förderung und im Schutz der Menschenrechte durch Information und Dokumentation, Beratung von Politik und Gesellschaft, anwendungsbezogene Forschung, Menschenrechtsbildung, Dialog und Zusammenarbeit im nationalen und internationalen Rahmen.
http://www.institut-fuer-menschenrechte.de/

Institute for War and Peace Reporting
Institute for War & Peace Reporting
http://www.iwpr.net

The Global Slavery Index (GSI). It is the first Index of its kind – providing an estimate, country by country, of the number of people living in modern slavery today. The Global Slavery Index is a tool for citizens, non-government organisations (NGOs), businesses, and public officials to understand the size of the problem, existing responses and contributing factors, so they can build sound policies that will end modern slavery. ...
http://www.globalslaveryindex.org/ | http://www.globalslaveryindex.org/blog/

The Crimes of War Project
"a collaboration of journalists, lawyers and scholars dedicated to raising public awareness of the laws of war and their application to situations of conflict."
http://www.crimesofwar.org/

Globalisierung
Unter Globalisierung versteht man häufig Prozesse einer zunehmenden inter- und intranationalen Verflechtung verschiedenster Dimensionen unseres Planeten...
http://de.wikipedia.org/wiki/Globalisierung

Für den Großteil der Weltbevölkerung ist soziale Sicherheit laut UN nur ein Traum.  ... Die stellvertretende ILO-Generaldirektorin Sandra Polaski verwies darauf, dass 1948 die internationale Gemeinschaft soziale Sicherheit und Gesundheitsfürsorge zu grundlegenden Menschenrechten erklärt hat. "Doch im Jahr 2014 ist das Versprechen universellen sozialen Schutzes für die große Mehrheit der Weltbevölkerung immer noch unerfüllt." (3. Juni 2014)
http://www.zeit.de/wirtschaft/2014-06/finanzkrise-armut-sozialabbau-ilo-bericht

Die Internationale Liga für Menschenrechte arbeitet auf der Grundlage der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948, der Europäischen Menschenrechtskonvention von 1950 und den beiden UN-Pakten von 1966. Sie betrachtet die Menschenrechte als universell und unteilbar. Ihr Menschenrechtsbegriff umfasst gleichberechtigt die bürgerlich-politischen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Schutz- und Teilhaberechte – unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Hautfarbe, Religion oder politischer Überzeugung.
Mit der Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen bekannten sich alle nationalen Regierungen zu den Menschenrechten. Weltweit klafften jedoch Anspruch und Wirklichkeit auseinander. ...

http://ilmr.de/

60 Jahre Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (04.12.2008)
"Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen", steht in Artikel 1. Formal trägt die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, die von der UN-Generalversammlung am 10. Dezember 1948 in Paris verabschiedet wurde, den Titel "Resolution 217 A (III) vom 10.12.1948". Sie hat eine Präambel (ein Vorwort) und insgesamt 30 Artikel.
http://www.dw-world.de/dw/article/0,2144,3819377,00.html

Willkommen auf den Internetseiten von Dr. Rolf Gössner
http://www.rolf-goessner.de/

Rolf Gössner (* 1948 in Tübingen) ist ein deutscher Rechtsanwalt, Publizist, parlamentarischer Berater und Bürgerrechtsaktivist. Er ist Mitherausgeber der Zeitschrift Ossietzky, Jury-Mitglied der Big Brother Awards, Mitherausgeber des Grundrechte-Reports und Vizepräsident der Berliner Internationalen Liga für Menschenrechte. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Rolf_G%C3%B6ssner

Statewatch
monitoring the state and civil liberties in the European Union
http://www.statewatch.org/

openDemocracy
Democracy in international politics
http://www.opendemocracy.net/

Global Voices auf Deutsch (Blog)
Global Voices Online greift Online-Diskussionen aus allen Ländern der Welt auf und stellt sie zusammen.
http://de.globalvoicesonline.org/

Festung Europa (Dossier)
Von german-foreign-policy.com (Kritische Informationen zur Deutschen Außenpolitik)
http://www.german-foreign-policy.com/de/extra/festung_europa/berichte.php

Global Research
The Centre for Research on Globalisation (CRG) is an independent research and media group of writers, scholars and activists...
http://www.globalresearch.ca/

PRO ASYL (Förderverein)
Jahr für Jahr werden Hunderttausende Menschen durch Krieg und Verfolgung zu Flüchtlingen...
http://www.proasyl.de/

Im Gentrificationblog werden Meldungen und Nachrichten rund um die Aufwertung von Stadtvierteln und den Mobilisierungen der Mieter/innen dagegen gesammelt. Gentrification wird hierzulande lange Zeit als wissenschaftlicher Fachbegriff verstanden. Doch längst hat das Thema auch die realen Auseinandersetzungen erreicht. Der Gentrificationblog versteht sich als Mittler zwischen akademischen Fachdebatten und sozialen Bewegungen in städtischen Konflikten. Thematisch werden die Beiträge so vielfältig sein wie die Aufwertungsdynamiken und Stadtteilmobilisierungen in den Städten – doch immer werden sie parteilich sein: für die Interessen der Mieter/innen.
Dieser Blog wird geschrieben von: Andrej Holm
http://gentrificationblog.wordpress.com/ | http://de.wikipedia.org/wiki/Andrej_Holm

no-racism.net
no-racism.net dokumentiert rassistischen Alltag sowie Politik und seine Folgen in Österreich, der Festung Europa und in bestimmten Zusammenhängen auch international.
http://www.no-racism.net/

Noam Chomsky
http://www.chomsky.info/ | https://de.wikipedia.org/wiki/Noam_Chomsky
Title: grundrechte und global issues ...
Post by: Link on September 04, 2008, 10:45:31 PM
Menschenrechte
Menschenrechte bezeichnen ein Konzept, nach dem allen Menschen universelle Rechte zustehen....
http://de.wikipedia.org/wiki/Menschenrecht

Das Grundgesetz der BRD
Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG) als Verfassung des deutschen Staates ist die rechtliche und politische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland.
http://de.wikipedia.org/wiki/Grundgesetz_f%C3%BCr_die_Bundesrepublik_Deutschland

Grundrechte
Grundrechte sind wesentliche Rechte, die Bürgern oder gesellschaftlichen Zusammenschlüssen gegenüber Staaten als beständig, dauerhaft und einklagbar garantiert werden.
http://de.wikipedia.org/wiki/Grundrechte

Grundrechtekomitee
Die Gefährdung der Grund- und Menschenrechte hat viele Dimensionen.
http://www.grundrechtekomitee.de

Grundrechte-Report
Zur Lage der Bürger- und Menschenrechte in Deutschland
http://www.grundrechte-report.de/

WEED
Wir sind mit dem Ziel angetreten, in der Bundesrepublik Deutschland mehr Bewußtsein für die Ursachen der weltweiten Armuts- und Umweltprobleme zu schaffen. ...
http://www.weed-online.org/

attac
"Globalisierung ist kein Schicksal - eine andere Welt ist möglich"
http://www.attac.de/

we at NewUrbanism.org propose serious solutions to our growing global crises...
http://www.newurbanism.org/

"Das Lager als Struktur bundesdeutscher Flüchtlingspolitik" Von Tobias Pieper (Stand November 2006)
http://www.materialien.org/migration/texte/pieper-lagerunterbringung.pdf

Netzwerk für Osteuropa-Berichterstattung
Journalistinnen und Journalisten sowie zahlreiche Initiativen aus über 20 Ländern, die sich als Vermittler zwischen Ost- und Westeuropa verstehen, organisieren und engagieren sich bei n-ost e.V.
http://www.n-ost.de

Borderline Europe
borderline-europe - Menschenrechte ohne Grenzen - was sich an den Außengrenzen der EU tatsächlich abspielt...
http://www.borderline-europe.de/

SIPRI
Stockholm International Peace Research Institute
http://www.sipri.org/

ASSOCIATION OF WORLD CITIZENS
securing a healthy and sustainable environment for present and future generations....
http://www.worldcitizens.org/

No Borders Camp
action camps and temporary autonomous zones meant to challenge neo-liberal capitalism, border militarization, and migration controls....
http://www.noborderscamp.org/en

From the land enclosures and Highland clearances of the 18th and 19th centuries, to the 'migration management' policies and surveillance of today, those in power have sought to control the movement of people. Fear of the 'other' is encouraged, and ordinary people are pitted against each other for apparently scarce resources, whilst certain sections of society consolidate their wealth and control. Categorisations such as 'alien,' 'immigrant,' 'illegal' and 'foreigner' create divisions that divert attention away from the real causes of poverty, environmental destruction and inequalities both in the UK and worldwide, i.e. Capitalism and unequal power relations. The No Borders network adopts an explicit anti-capitalist position, seeing capitalism as at the root of social injustice and inequality. As an anti-authoritarian network, No Borders rejects all forms of domination and social control.
http://london.noborders.org.uk/

Die Humanistische Union
Die Humanistische Union ist eine unabhängige Bürgerrechtsorganisation. Seit unserer Gründung 1961 setzen wir uns für den Schutz und die Durchsetzung der Menschen- und Bürgerrechte ein.
http://www.humanistische-union.de/

Freedom House
A steadfast opponent of dictatorships of the far left and the far right....
http://www.freedomhouse.org/



Title: grundrechte und global issues...
Post by: Link on October 07, 2008, 09:41:28 AM
Little did we know that Pepper Spraying Cop has cracked down on so many famous moments in history!! This Tumblr will help document the long pepper spraying arm of this officer of the law!
http://peppersprayingcop.tumblr.com/


-.-

North Carolina Stop Torture Now is a grassroots coalition individuals representing themselves and a diversity of faith, human rights, peace, veteran, and student groups across the state. We aim to stop torture everywhere, and have worked since 2005 to expose and end North Carolina's central role in the accleration and escalation of U.S. torture programs guided by the Bush Administration.

Our special focus has been on the "torture taxis" of Aero Contractors, Ltd. of Smithfield, and Centurion Aviation of Fayetteville. Both are nominally private companies linked to the operation of aircraft in clandestine support of the CIA's extraordinary rendition program. Extraordinary rendtion is a phrase that disguises the kidnap, detention and torture of individuals alleged to be enemies of the United States, including those guilty of nothing other than being misidentified.

Aero Contractors' headquarters is located at the Johnston County Airport near Smithfield, NC.
http://www.ncstoptorturenow.org/


-.-


Politicians and the media don't always understand new technologies, but comment and legislate anyway. The result can be ill-informed journalism and dangerous laws. The Open Rights Group is a grassroots technology organisation which exists to protect civil liberties wherever they are threatened by the poor implementation and regulation of digital technology. We call these rights our "digital rights".
http://www.openrightsgroup.org/

Title: Innenministerdeutsch & Moving Europe...
Post by: Link on March 07, 2009, 12:50:21 PM
Innenministerdeutsch
Des Schäubles kleines Wörterbuch
Von Kai Biermann (ZEIT ONLINE  6.3.2009)
http://www.zeit.de/online/2009/04/neusprech-schaeuble-lexikon

---

Der gemeinnützige Verein bordermonitoring.eu wurde 2011 in München gegründet. Im Zentrum der Tätigkeiten des Vereins steht die Auseinandersetzung mit den Politiken, Praktiken und Ereignissen im europäischen Grenzregime und in den Bewegungen der Migration. Zu diesem Zweck kombiniert der Verein wissenschaftliche Forschung, bürgerschaftliches Engagement, kritische Öffentlichkeitsarbeit und konkrete Unterstützung für Flüchtlinge und MigrantInnen. Seit seiner Gründung intervenierte der Verein dabei insbesondere in die (juristischen) Debatten um die Zulässigkeit von Rückführungen von Flüchtlingen in andere EU-Staaten unter der sogenannten Dublin-Verordnung bzw. im Rahmen von bilateralen Rückübernahmeabkommen.
http://bordermonitoring.eu/

---

Moving Europe
«moving europe» ist eine gemeinsame Initiative der Forschungsgesellschaft Flucht und Migration FFM, bordermonitoring.eu und dem Netzwerk Welcome to Europe, die von Medico International unterstützt wird. ...
http://moving-europe.org/
Title: grundrechte und global issues...
Post by: Link on April 14, 2013, 01:29:34 PM

The Freedom of the Press Foundation is dedicated to helping promote and fund aggressive, public-interest journalism focused on exposing mismanagement, corruption, and law-breaking in government.
www.pressfreedomfoundation.org/
Title: Grundrechte...
Post by: Link on July 31, 2013, 10:46:09 AM
"Das Supergrundrecht heißt Menschenwürde" Thomas Stadler (26.07.2013)
Darüber, wie die Menschenwürde zu definieren ist, wurde im Laufe von Jahrhunderten viel geschrieben und nachgedacht. Geläufig ist immer noch eine Definition, die die Würde des Menschen aus Sicht des Verletzungsvorgangs betrachtet. Der Mensch darf demnach keiner Behandlung ausgesetzt werden, die ihn zum bloßen Objekt degradiert und seine Subjektivität und Individualität prinzipiell in Frage stellt. Die Juristen nennen diese Definition Objektformel.
Und an dieser Stelle ist die Brücke zu schlagen zu der massenhaften Überwachung der Internetkommunikation durch amerikanische und britische Geheimdienste. Aber auch die Aktivitäten von BND und Verfassungsschutz dürfen nicht aus den Augen verloren werden.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die betroffenen Bürger durch eine anlasslose und für sie nicht erkennbare Überwachung ihrer Kommunikation, Speicherung ihrer E-Mails, Aufzeichnung ihres Surfverhaltens oder der Lokalisierung ihres Handys zum bloßen Objekt eines staatlichen Überwachungsapparats gemacht werden, dem sie schutzlos und ohnmächtig gegenüberstehen. Der Ausbau der Kommunikationsüberwachung mit dem Ziel der Totalüberwachung wirft in der Tat die Frage nach der Würde des Menschen auf. ...

http://www.carta.info/61715/das-supergrundrecht-heist-menschenwurde/
Title: Grundrechte und Global Issues...
Post by: Link on August 28, 2013, 10:57:17 AM
"Ganz woanders" Jürgen Fenn (14. Juli 2013)
... Es war ein langer Weg, ein sehr langer Weg, bis im 18. Jahrhundert die Grundrechte erkämpft worden waren. Es war zu Revolutionen gekommen. Der Adel wurde abgesetzt, das Bürgertum setzte sich durch, es gab Kriege, es gab Tote. Der Verfassungsstaat. Der Gesetzesvorbehalt. Der Parlamentsvorbehalt. Der Staat sollte bei allem, was er tut, an das Gesetz gebunden sein. Die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Nur ein parlamentarisches Gesetz, ein Gesetz, das von einer Versammlung in einem förmlichen Verfahren beschlossen worden war, eine Versammlung, die ihrerseits in einem förmlichen Verfahren von allen Bürgern gewählt worden ist und die ein Gesetz beschließt, das seinerseits in formeller und in materieller Hinsicht rechtmäßig ist – nur ein solches Gesetz sollte es dem Staat erlauben, in die Grundrechte der Bürger einzugreifen. Grundrechte sind Abwehrrechte gegen den Staat. In der klassischen liberalen Formulierung hat der Nachtwächterstaat den Bürger grundsätzlich ganz in Ruhe zu lassen. Laissez faire, laissez aller. Er ist Befehlsempfänger der Bürger, die ihm über das Parlament in den Gesetzen Handlungsanweisungen geben und ihn so an die Kette legen. Der Bürger handelt. Vor allem ging es dabei um Geschäfte, natürlich, die müssen laufen. Und alles ist öffentlich, es gibt keine Kabinette mehr. Die Zeitungen berichten über alles, was der Bürger für seine Entscheidungen erfahren muß.
PRISM ist das genaue Gegenmodell. Der Staat fragt nicht lange, er bedient sich und greift zu. Er holt sich keine Ermächtigung mehr, er fängt einfach an. Grundrechte kennt er nicht mehr. ...

https://schneeschmelze.wordpress.com/2013/07/14/ganz-woanders/

-.-

"Bürgerrechtler fordern Auflösung des Verfassungsschutzes" Achim Sawall (20.9.2013)
Nach NSA und NSU sei belegt, dass der Verfassungsschutz überflüssig, gefährlich und unkontrollierbar sei. Seine Auflösung öffne keine Sicherheitslücken, sondern schließe sie. ...
http://www.golem.de/news/nsa-skandal-buergerrechtler-fordern-aufloesung-des-verfassungsschutzes-1309-101719.html

"Verfassungsschutz – nein Danke!"
Ein Projekt der Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union e.V.
http://www.verfassung-schuetzen.de/

-.-

"US-Richter: Laptops dürfen auch ohne Verdacht durchsucht werden" (01.01.2014)
Ein US-Bundesgericht hat eine Klage gegen die Untersuchung elektronischer Geräte an den Grenzen der USA abgewiesen. Die Regierung dürfe Laptops, Kameras und ähnliche Geräte von Reisenden durchsuchen, ohne einen konkreten Verdacht zu haben, entschied Bundesrichter Edward R. Korman.
Die American Civil Liberties Union (ACLU), weitere Organisationen und ein Student, dessen Laptop an der US-Grenze beschlagnahmt worden war, hatten das Department of Homeland Security im Jahr 2010 vor dem New Yorker Gericht verklagt. "Verdachtslose Durchsuchungen von Geräten, die große Mengen persönlicher Daten enthalten, widersprechen dem Standard des vierten Zusatzartikels zur Verfassung", argumentiert die ACLU, die nun eventuell in Berufung gehen will.
Richter Korman begründete seine Entscheidung (PDF) damit, dass im 21. Jahrhundert die gefährlichste Schmuggelware oft in Laptops und anderen elektronischen Geräten enthalten sei – zum Beispiel terroristisches Material und Pornografie. (cwo)

http://www.heise.de/newsticker/meldung/US-Richter-Laptops-duerfen-auch-ohne-Verdacht-durchsucht-werden-2073172.html

http://aclu.org/sites/default/files/assets/abidor_decision.pdf

Title: ...
Post by: Link on January 30, 2014, 08:57:50 AM
"NSA-Skandal: CCC-Sprecherin stellt Strafanzeige gegen die Bundesregierung" (29.01.2014)
Constanze Kurz vom Chaos Computer Club (CCC) hat angekündigt, namentlich Mitglieder der Bundesregierung und Chefs deutscher Geheimdienste wegen heimlicher Agententätigkeit und Beihilfe zur umfassenden Netzspionage der NSA anzuzeigen. ... Gegenüber heise online führte die Informatikerin aus, dass die rund 50-seitige Anzeige auch international in Ländern wie Belgien und Frankreich gegen dortige Regierungsvertreter und Geheimdienstleiter eingebracht werde. Die Begründung hätten die renommierten Anwälte Hans-Eberhard Schultz und Claus Förster geschrieben. In Deutschland habe der Generalbundesanwalt noch nicht bekanntgegeben, ob er ein eigenes Verfahren wegen des NSA-Skandals einleiten werde, erläuterte Kurz weiter. Sollte er sich dagegen entscheiden, könne man gegen diesen Beschluss nicht auf dem Rechtsweg vorgehen. Die namentliche Anzeige habe den Vorteil, dass die Kläger die Sache in einem solchen Fall auf anderer Ebene weiter verfolgen könnten. ...
http://www.heise.de/newsticker/meldung/NSA-Skandal-CCC-Sprecherin-stellt-Strafanzeige-gegen-die-Bundesregierung-2099375.html

-.-

"Ist ein Aufnahmegerät eine Gefahr für die Polizei? Verfahren zum Podcast-Bus startet am Donnerstag"
Von Anna Biselli | Veröffentlicht: 20.05.2014
Nach zwei Jahren werden am Donnerstag am Verwaltungsgericht Lüneburg die Verhandlungen im Fall "Podcast-Bus" starten. Grundlage des Verfahrens ist die Beschlagnahmung des Podcastbusses von Metronaut und "Radio Freies Wendland" im Rahmen des Castor-Transportes 2011. Die Polizei hatte damals unter dem Vorwand der "gegenwärtigen Gefahr" einer potentiellen Störung des Polizeifunks und der Koordination gewalttätiger Proteste einen VW-Bus mit Audio-Equipment sichergestellt aus dem Metronaut berichten wollte. Wir haben Hans Gift interviewt, einer der betroffenen Reporter. ...
https://netzpolitik.org/2014/ist-ein-aufnahmegeraet-eine-gefahr-fuer-die-polizei-verfahren-zum-podcast-bus-startet-am-donnerstag/

-.-

"Grundrechte-Report 2014: Geheimdienste im Informationskrieg gegen alle" (03.06.2014)
"Im Kernbereich des Grundrechtsschutzes in Deutschland sieht es schlecht aus", konstatierte die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger am Dienstag zur Präsentation des "Grundrechte-Reports 2014" in Karlsruhe. Dies zeigten die Vorgänge um die NSA-Affäre und den rechtsextremen Terrorverbund NSU. Ein freiheitlicher Rechtsstaat könne es aber "nicht dulden, dass die im Geheimen agierenden Dienste den einzelnen Menschen zum bloßen Objekt ihrer Informationsbegehrlichkeiten entwürdigen". Im Jahr der Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden bilden der NSA-Skandal und die in diesem Zuge bekannt gewordenen Spionageaktivitäten einen Schwerpunkt der aktuellen Ausgabe des "alternativen Verfassungsschutzberichts". Mitherausgeber Rolf Gössner schreibt in der Einleitung, dass die geheimdienstlichen Datenexzesse alle bisherigen Vorstellungen überträfen und einen "vorauseilenden Gehorsam" bei den Betroffenen förderten. Der Rechtsanwalt, der selbst jahrelang rechtswidrig vom Verfassungsschutz überwacht wurde, spricht von einem "geheimen Informationskrieg" und einem präventiven Ausnahmezustand, in dem demokratische und rechtsstaatliche Regeln praktisch außer Kraft gesetzt würden.
Gössner unterstreicht, dass "dieser Angriff auf Substanz und Selbstverständnis freiheitlicher Demokratien nicht etwa von außen, von 'extremistischen' oder terroristischen Kräften" erfolge. Vielmehr komme er aus dem Inneren des Systems – "wie eine aggressive, überschießende Reaktion des Immunabwehrsystems". Gössner, der Vizepräsident der Internationalen Liga für Menschenrechte ist, moniert zudem, dass die Bundesregierung und die Justiz bislang jegliche rechtspolitischen Konsequenzen aus der Affäre und Schutz vor der umfassenden Ausspähung verweigerten. ...

http://www.heise.de/newsticker/meldung/Grundrechte-Report-2014-Geheimdienste-im-Informationskrieg-gegen-alle-2215147.html

-.-


"Flüchtlinge: Sie riskieren alles für die Freizügigkeit" Anne-Sophie Balzer (8. Juni 2014)
Flüchtlinge und ihre Unterstützer wandern aus Protest gegen Europas Asylpolitik nach Brüssel. Nicht-EU-Bürger ohne Papiere riskieren dabei ihre Abschiebung. ... Schengen bedeutet Freiheit im Inneren und Abschottung nach außen. An Institutionen wie Frontex  geht viel EU-Geld, damit diese mit Hilfe von Satellitensuchsystemen, Drohnen, Sensoren und Wärmebildkameras Geflüchtete zu Land und zu Wasser daran hindern, die Grenzen zu passieren.
http://www.zeit.de/reisen/2014-06/fluechtlinge-reisefreiheit-schengen-protestmarsch

Title: ...
Post by: Link on July 09, 2014, 09:07:56 AM
"Habemus EU-Grundrechte!" Peter Schaar (08.07.2014)
Mit dem Vertrag von Lissabon wurde auch die Charta der Grundrechte der Bürger der Europäischen Union zu verbindlichem Recht .... Spätestens seit diesem Frühjahr ist aber klar, dass sich deutlich mehr geändert hat als das institutionelle Machtgefüge der EU-Institutionen. Mit dem Vertrag von Lissabon wurde nämlich auch die Charta der Grundrechte der Bürger der Europäischen Union zu verbindlichem Recht, das sowohl auf EU-Ebene als auch in den Mitgliedstaaten zu beachten ist. Und dies hat Konsequenzen, wie der Europäische Gerichtshof (EuGH) gleich in zwei Entscheidungen verdeutlichte. ...
http://www.heise.de/tp/artikel/42/42204/1.html

---

"Staatsterrorismus, Tyrannei und Folter" Sascha Pommrenke (08.02.2015)
Der Terrorismus der westlichen Welt ....
http://www.heise.de/tp/artikel/44/44047/1.htm

---

Break Deportation! Gemeinsam gegen Abschiebung & Isolation
http://breakdeportation.blogsport.de/


---

"Technokraten an der Macht - Die Rolle der Troika in Europa" Axel Weipert (1. März 2015)
Harald Schumann und Arpad Bondy haben sich aufgemacht, um in vielen Gesprächen mit Politikern, Ökonomen und Betroffenen die Auswirkungen der Troika-Politik der letzten Jahre in Europa zu untersuchen. Herausgekommen ist ein sehenswerter Film, der anhand vieler Einzelbeispiele zeigt, wie verheerend sich die Spar- und Privatisierungspolitik in den überschuldeten Ländern auswirkte. ...
http://www.dasdossier.de/presseschau/wirtschaft/staat-und-wirtschaft/technokraten-der-macht

"Die Troika: Macht ohne Kontrolle" Harald Schumann (24.02.2015)
http://www.tagesspiegel.de/politik/eurokrise-die-troika-macht-ohne-kontrolle/11406286.html

QuoteDas ist "business as usual" für die Troika.

Neu ist nur, dass sie das dieses Mal nicht mit einem 3.-Welt-Land gemacht haben, wie sonst üblich:

http://de.wikipedia.org/wiki/Bekenntnisse_eines_Economic_Hit_Man

https://www.youtube.com/watch?v=FfWcZJtP6NI


"Macht ohne Kontrolle: Die Troika"
Nach seinem preisgekrönten Film ,,Staatsgeheimnis Bankenrettung" geht der Wirtschaftsjournalist und Bestseller-Autor Harald Schumann erneut einer brisanten Frage auf den Grund: Was passiert mit Europa im Namen der Troika?...
https://youtu.be/kRRPi_BaqDA

Macht ohne Kontrolle: Die Troika - Jung & Naiv: Folge 226
Mit Harald Schumann (Autor der Arte-Dokumentation: Macht ohne Kontrolle - Die Troika)
https://www.youtube.com/watch?v=26MxfU2wBXM

---

Quote[...]   Joseph Vogl über die Entstehung der modernen Finanzmacht, die Griechenlandpolitik und die Frage nach der Revolution ...

Joseph Vogl:  ... In der Bank von England etwa haben sich Ende des 17. Jahrhunderts die englischen Staatsgläubiger zusammengeschlossen, sich bestimmte Steuermonopole gesichert und dauerhaften Einfluss auf den Fiskus und somit auf die Regierungspolitik verschafft. Damit beginnt die große Karriere von Zentralbanken, die sich von nun an als neue, unabhängige Instanzen innerhalb der Regierungsmacht platzieren.

Im 20. Jahrhundert sind Institutionen wie der IWF oder die Weltbank hinzugetreten.

Joseph Vogl: Ja, sie sollten nach 1945 zunächst das internationale Währungssystem absichern. Seit den 70er Jahren haben sie allerdings damit begonnen, mit Krediten an verschuldete Entwicklungs- und Schwellenländer die Strukturanpassungsprogramme zu diktieren. Austeritätspolitik. In Europa übernehmen solche Aufgaben heute ominöse Gremien wie die Troika.

Die Troika bilden Vertreter von IWF, Europäischer Zentralbank und Europäischer Kommission. Warum ominös?

Joseph Vogl: Mit unfreiwilligem Humor nennt man sie jetzt die Institution. Ein Einfall wie aus einem Mafiafilm. Ominös ist die Troika, weil sie im Grunde nichts als ein informeller Zirkel ist, weil sie in Griechenland unmittelbar Regierungsmacht ausübt, weil sie eines der wichtigsten Souveränitätsrechte moderner Staaten, das Budgetrecht, kassiert und weil sie ausschließlich Gläubigerinteressen vertritt. Die Regung von Volkssouveränität wie bei den letzten Wahlen in Griechenland ist dabei zur Bagatelle verkommen.

Können Sie nachvollziehen, dass die Griechen nun verärgert sind?

Joseph Vogl: Ja. Die sogenannte Lösung des griechischen Problems bestand ja darin, dass man die privaten Gläubiger, die Banken in Deutschland und Frankreich, die Inhaber griechischer Staatspapiere refinanzierte und die Lasten dieser Schulden dann vor allem auf griechische Rentner, Lohnabhängige, soziale Infrastrukturen abgeladen hat. Ein Umschuldungsprozess mit klaren Prioritäten.

So gesehen, agiert Finanzminister Wolfgang Schäuble unseriös.

Joseph Vogl: Zwei Dinge verwundern an dem Gepolter. Dass man sich erstens so viel Mühe gibt, eine griechische Regierung zu desavouieren, die anders als die Vorgängerregierungen nichts mit dem dortigen Klientelstaat, mit der Korruption, mit gefälschten Beitrittsbilanzen, mit der kruden Steuergesetzgebung zu tun hat. Also eine Regierung, die erstmals glaubwürdig einen Schlussstrich unter diese Dinge ziehen kann. Zweitens will man nichts aus der Erfahrung lernen. Selbst der IWF hat zugegeben, dass die frühere Austeritätspolitik gescheitert war. Und jetzt versucht man es halt noch einmal. Dabei hört man kaum noch ökonomische Argumente, fuchtelt vielmehr mit moralischen Floskeln herum. Der Schuldner muss eben büßen.

...


Aus: ",,Eine Art vierte Gewalt"" Uli Müller (10.03.2015)
Quelle: https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/eine-art-vierter-gewalt (https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/eine-art-vierter-gewalt)

---

"EuropaDer große Graben" Malte Buhse (7. April 2015)
In vielen südlichen EU-Staaten nimmt die Armut zu, während es dem Norden immer besser geht. Die daraus resultierenden Spannungen könnten das Projekt Europa gefährden. ... "In vielen Eurostaaten droht eine verlorene Generation heranzuwachsen", schreiben Darvas und  Tschekassin im Fazit ihrer Studie.
Diese verlorene Generation schaut auch mit einem anderen Blick auf Europa, fürchtet Fabian Lindner. "Je größer die wirtschaftliche Not ist, desto geringer ist das Vertrauen in die etablierten Institutionen und Parteien", sagt er. "Die EU hat ein Legitimationsproblem, wenn viele Menschen das Gefühl haben, dass es ihnen immer schlechter geht". Die Armutskrise im Süden könnte zu so einer fundamentalen Gefahr für das Funktionieren des Projekts Europa werden. ... "Für den Anstieg der Armut waren vor allem die Sparprogramme verantwortlich, die während der Euroschuldenkrise von vielen Regierungen beschlossen wurden", sagt Fabian Lindner. Auch Zsolt Darvas glaubt, dass die Sparprogramme viel Schaden angerichtet haben. "In Ländern mit hohem Haushaltsdefizit, darunter Griechenland, gab es keine Alternative zu einem Sparprogramm", sagt er. "Aber das Timing und das Ausmaß hätten anders sein können." Laut Darvas wurde in vielen Fällen zu schnell und zu viel gespart – eine Sicht, die inzwischen auch der Internationale Währungsfonds teilt, der eigentlich berüchtigt für harte Sparprogramme ist. ...

http://www.zeit.de/wirtschaft/2015-04/europa-armut-nord-sued-gefaelle




Title: grundrechte und global issues...
Post by: Link on June 24, 2015, 10:52:49 AM
Das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE) ist ein sozialpolitisches Finanztransferkonzept, nach dem jeder Bürger – unabhängig von seiner wirtschaftlichen Lage – eine gesetzlich festgelegte und für jeden gleiche – vom Staat ausgezahlte – finanzielle Zuwendung erhält, ohne dafür eine Gegenleistung erbringen zu müssen (Transferleistung). Es wird in Finanztransfermodellen meist als Finanzleistung diskutiert, die ohne weitere Einkommen oder bedingte Sozialhilfe existenzsichernd wäre. Die Idee, jedes Gesellschaftsmitglied an den Gesamteinnahmen dieser Gesellschaft ohne Bedürftigkeit zu beteiligen, wird weltweit diskutiert ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Bedingungsloses_Grundeinkommen


"Finnland hat das europaweit erste Grundeinkommens-Experiment beschlossen" Autor: Theresa Locker (22 June 2015)
Es ist nur ein One-Liner, aber dafür einer, der das Potential hat, Geschichte zu schreiben: Die neue Regierung in Finnland hat sich darauf geeinigt, das bedingungslose Grundeinkommen (BGE) zu testen.
Im Kapitel ,,Gesundheit und Wohlfahrt" des neuen Koalitionsvertrages zwischen der liberalen Zentrumspartei, der rechtspopulistischen Finns Party und der konservativen NCP ist die ,,Einführung eines Grundeinkommens-Experiments" nun tatsächlich wortwörtlich festgeschrieben. Bei einer Umsetzung in der nun beginnenden Legislaturperiode wäre es der erste Versuch eines europäischen Landes, ein bedingungsloses Grundeinkommen einzuführen. Finnland erhofft sich davon eine effizientere Organisation des Sozialstaates, wenn alle Transferleistungen wie Kindergeld, Rente, Wohngeld und Sozialhilfe durch einen fixen Betrag zur Grundsicherung (der unabhängig von Alter und Einkommen monatlich ausgezahlt wird) ersetzt werden. ...

http://motherboard.vice.com/de/read/finnland-hat-die-einfhrung-des-bedingungslosen-grundeinkommens-beschlossen-222


"Die Stadt, die all ihren Bewohnern ein Grundeinkommen schenkte" Autor Whitney Mallett (29 May 2015)
Themen: Die Einlösung einer Utopie, Grundeinkommen, BGE, Politik, Arbeit, Geld   
Forgets Analyse zeigt, dass ein Grundeinkommen eine Gesellschaft an vielen Punkten besser macht: ,,Die Teilnehmer [des Programms] mussten seltener zum Arzt—vor allem die Besuche aufgrund psychischer Beschwerden gingen zurück. Außerdem entschieden sich mehr Teenager dafür, die 12. Klasse zu besuchen", zieht Forgets in ihrer Studie ,,Die Stadt ohne Armut" Bilanz. ... Die große Angst, dass der Arbeitsmarkt zusammenbrechen würde, sollte sich in Dauphin nicht bewahrheiten. Teilweise liegt das auch an der Art, wie Mincome konzipiert wurde: ,,Es gab immer einen Anreiz, mehr zu arbeiten, statt weniger", erklärt Forget. Jeder zusätzlich verdiente Dollar ließ das Grundeinkommen lediglich um 50 Cent sinken, während in traditionellen Sozialhilfeprogrammen häufig keinerlei zusätzliche Belohnung winkt, wenn die Empfänger sich aus anderen Quellen etwas dazu verdienen. ,,Du bist also besser dran, wenn du arbeitest", bilanziert Forget. ...
http://motherboard.vice.com/de/read/die-stadt-des-kostenlosen-geldes-444

"Wie ein Leben mit bedingungslosem Grundeinkommen aussieht" Josefine Schummeck (28. Januar 2016)
1000 Euro jeden Monat – ohne Gegenleistung. Das ermöglichte ein Berliner Verein mittlerweile 29 Menschen. Am 3. Februar wird der nächste Gewinner der Grundeinkommen-Lotterie gelost. Zeit für ein Zwischenfazit. ...
http://ze.tt/ein-jahr-bedingungsloses-einkommen-das-macht-ein-gewinner-mit-dem-geld/


"Bedingungsloses Grundeinkommen : Geld für wirkliche Freiheit" Ein Gastbeitrag von Timo Reuter (2. Februar 2016)
Ungezügelter Neoliberalismus hat die Idee der Freiheit in Verruf gebracht. Der Kampf für ein bedingungsloses Grundeinkommen könnte den Liberalismus aus der Krise führen. ...
http://www.zeit.de/politik/2016-01/bedingungsloses-grundeinkommen-schweiz-liberalismus-krise-freiheit-finanzierung


---


"Griechenland – Vor unseren Augen spielt sich eine humanitäre Krise ab!" Lisa Natterer und Doro Schreier (netzfrauen, 14. Januar 2016)
Mitten in Europa erleben wir eine große humanitäre Krise.  ...
https://netzfrauen.org/2016/01/14/36636/

"Obdachlose in Griechenland: Führung durch die Hinterhöfe Athens" Thomas Bormann (22.10.2014)
Die Wirtschaftskrise hat die Griechen besonders hart getroffen - auf Arbeitslosigkeit folgte häufig ein Leben auf der Straße. Doch einige der Obdachlosen haben nun einen neuen Job: Sie organisieren Stadtführungen in die dunklen Ecken Athens.
http://www.deutschlandfunk.de/obdachlose-in-griechenland-fuehrung-durch-die-hinterhoefe.795.de.html?dram:article_id=301008


---

"Enorme wirtschaftliche Unterschiede: Europa driftet auseinander" Nicole Rütti (27.1.2016)
Die wirtschaftliche Schere hat sich in Europa weiter geöffnet. Das sind keine guten Aussichten für die EU, die bereits aufgrund der Flüchtlingskrise vor einer Bewährungsprobe steht. ... Zwischen den vier grossen Ländern Europas gibt es jedoch enorme Unterschiede: Während Deutschland die Wirtschaftskrise bereits 2011 überwunden hat und in den vergangenen Jahren einen soliden Konjunkturgang verzeichnete, liegt die Wertschöpfung Italiens immer noch fast 10% unter dem Niveau des Jahres 2008. Ähnlich gross ist die Divergenz mit Blick auf die öffentliche Verschuldung oder den Arbeitsmarkt, wo Deutschland mit einer Arbeitslosenquote von 4,5% wiederum als Musterknabe gilt. In Italien und in Frankreich fällt sie mehr als doppelt so hoch aus. Dass die Kluft selbst bei denjenigen Ländern, die den «harten Kern» der EU bilden, dermassen gross ist und dass die Schere sich in den vergangenen Jahren weiter geöffnet hat, lässt einmal mehr Zweifel an der langfristigen Stabilität der Wirtschafts- und Währungsunion aufkommen. ...
http://www.nzz.ch/wirtschaft/wirtschaftspolitik/enorme-wirtschaftliche-unterschiede-europa-driftet-auseinander-ld.4567


Title: Grundrechte & Global Issues...
Post by: Link on February 07, 2016, 08:44:26 PM
Calais Migrant Solidarity (CMS) started in 2009. It was a project that came out of the "Calais No Border Camp" of that summer, in which hundreds of people from across Europe and further afield came to camp on the outskirts of the town, take action against the border, and make connections with people without papers here.
We are also widely known, particularly amongst people in Calais, as "No Borders". This sometimes causes a bit of confusion: the thing is, really, "No Borders" isn't a group or organisation, it's an idea. And the idea is pretty simple, it's in the name: we are against borders. We believe in free movement for all. ...

https://calaismigrantsolidarity.wordpress.com/


"Flucht aus Afghanistan" Volker Pabst, Kabul (19.3.2016)
Wer bleibt, hat schon verloren - Fast jeder in Afghanistan träumt von einem besseren Leben im Ausland. Der Risiken sind sich die Ausreisewilligen durchaus bewusst. Doch der Wunsch zur Flucht ist stärker. ...
http://www.nzz.ch/international/naher-osten-und-nordafrika/flucht-aus-afghanistan-wer-bleibt-hat-schon-verloren-ld.8677


"Keiner interessiert sich mehr für Afghanistan" Emran Feroz (17.03.2016)
Abschiebungen sind in Deutschland schon lange Praxis, Ende Februar wurden 125 Afghanen von Frankfurt nach Kabul "zurückgeführt"... Während Zehntausende von Flüchtlinge in den letzten Wochen und Monaten aufgenommen wurden und Wörter wie "Willkommenskultur" oder Angela Merkels allgegenwärtiges "Wir schaffen das" omnipräsent zu sein scheinen, gerät die Tatsache, dass Deutschland bereits jährlich Tausende von Menschen abschiebt, in den Hintergrund.
Seit dem Bestehen der Bundesrepublik ist die Praxis der Abschiebung gang und gäbe. Sie gilt als etwas völlig Normales. Jenseits jeglicher Migrationsrealitäten darf eben nicht jeder im Land verweilen. Wer aussortiert wird, muss abreisen. Dies geschieht in vielen Fällen alles andere als freiwillig. Auch der Einfluss massivster Gewalt fällt erst dann nur wieder auf, wenn ein Abschiebehäftling, einer dieser zahlreichen Unerwünschten, plötzlich in einem Flugzeug erstickt - weil die zuständigen Beamten, gelinde gesagt, nicht zimperlich mit ihm oder ihr umgingen. ...
http://www.heise.de/tp/artikel/47/47690/1.html

"Afghanistans "sichere Gebiete" - das zynische Spiel der Bundesregierung" 17.03.2016 | 13 Min. | Verfügbar bis 17.03.2021 | Quelle: WDR
Afghanistan versinkt in Chaos und Gewalt: das vergangene Jahr ist das blutigste seit dem Ende des Taliban-Regimes 2001, sagt die afghanische Regierung. 11.000 zivile Opfer beklagt die UN. Doch die Bundesregierung scheint das zu ignorieren: sie plant eine "Intensivierung der Rückführungen", schließlich gebe es auch in Afghanistan "relativ sichere" Regionen. Ein Bürgerkriegsland wie Afghanistan auf dem Weg zum "sicheren Herkunftsstaat"? MONITOR zeigt, wie es vor Ort aussieht.
Video: http://www.ardmediathek.de/tv/Monitor/Afghanistans-sichere-Gebiete-das-zyn/Das-Erste/Video?bcastId=438224&documentId=34185454

"Griechenland: Das Leiden der Flüchtlinge geht weiter" Wassilis Aswestopoulos (22.03.2016)
http://www.heise.de/tp/artikel/47/47752/1.html



"Lager auf Lesbos: Flüchtlinge protestieren gegen Internierung" (28.03.2016)
Flüchtlinge, die illegal nach Griechenland gereist sind, sollen in die Türkei abgeschoben werden. Bis dahin bleiben sie in Lagern auf den griechischen Inseln eingesperrt. Auf Lesbos protestierten am Montag Flüchtlinge gegen ihre Internierung. ... Auf der griechischen Insel Lesbos haben am Montag Dutzende Flüchtlinge gegen ihre Internierung im Registrierungslager Moria protestiert. Sie forderten lautstark "Freiheit!" und riefen "Wo bleiben die Menschenrechte?". Die Flüchtlinge dürfen das Registrierungslager seit dem 20. März nicht mehr verlassen. Die stellvertretende US-Außenministerin Heather Higginbottom besuchte am Montag das Lager Moria. Sie versprach 20 Millionen Dollar für die Flüchtlingshilfe in Europa. Das Geld solle vor allem dem UN-Flüchtlingskommissariat UNHCR zugute kommen. Die USA wollten darüber wachen, dass die Vereinbarungen zwischen der EU und der Türkei das Asylrecht und den Schutz der Flüchtlinge nicht beeinträchtige, sagte Higginbottom. Die Änderungen im Umgang mit den Flüchtlingen wird von mehreren Hilfsorganisationen scharf kritisiert. In Moria würden Menschen eingesperrt, die keinerlei Verbrechen begangen hätten, kritisierte der Griechenland-Beauftragte der Organisation Oxfam, Giovanni Riccardi Candiani. Flüchtlinge würden mit stark eingeschränkter Bewegungsfreiheit festgehalten, um von dort zwangsweise in die Türkei zurückgebracht zu werden. ...
http://www.spiegel.de/politik/ausland/fluechtlinge-auf-lesbos-protest-gegen-internierung-in-lagern-a-1084381.html

---

"Niemand ist rechtlos – zum Tode von Michael Ratner" heise online, 12.05.2016 12:20 Uhr Detlef Borchers
Im Alter von 72 Jahren ist der US-amerikanische Rechtsanwalt und Menschenrechtler Michael Ratner am Mittwoch in New York an den Folgen seiner Krebserkrankung gestorben. Er war Präsident des Center for Constitutional Rights in den USA und des European Center for Constitutional and Human Rights in Berlin.
Als die USA nach dem 11. September 2001 das Gefangenenlager Guantánamo zur willkürlichen Inhaftierung von Verdächtigen nutzte, vertrat Ratner die Tipton Three und gründete die Guantánamo Bar Association, ein Zusammenschluss von 500 Anwälten. Den Kampf um die Rechte der rechtlos Gefangenen beschrieb er in seinem Buch "Guantánamo: What the World Should Know". ...
http://www.heise.de/newsticker/meldung/Niemand-ist-rechtlos-zum-Tode-von-Michael-Ratner-3205599.html

Title: Grundrechte & Global Issues...
Post by: Link on May 25, 2016, 07:56:35 AM
"Humanitäre Hilfe: Milliarden, die die Welt braucht" Sascha Venohr und Lea Frehse (24. Mai 2016)
Noch nie waren so viele Menschen auf der Welt auf Nothilfe angewiesen. Unsere Grafiken zeigen, wo die Gelder hinfließen – und wer dafür bezahlt. ... Regierungschefs, Hilfsorganisationen, die Vereinten Nationen (UN): Zwei Tage lang haben Vertreter beim humanitären Weltgipfel in Istanbul über die Zukunft der weltweiten Nothilfe diskutiert. Dabei geht es um mehr Geld, als je zuvor: Allein die UN fordern 2016 rund 20,3 Milliarden Dollar, um Menschen in Krisengebieten zu versorgen. Insgesamt sammelten die UN und Hilfsorganisationen im vergangenen Jahr rund 28 Milliarden Dollar für die Nothilfe – fünf Mal mehr als noch im Jahr 1990. Dass mehr gespendet wird, liegt auch daran, dass noch nie so viele Menschen auf der Flucht waren wie heute. Rund 60 Millionen Menschen fliehen derzeit vor Krieg und Gewalt, schätzt das Flüchtlingshilfswerk UNHCR. Hinzu kommen Millionen Betroffene von Naturkatastrophen wie Dürren oder Erdbeben.  ...
http://www.zeit.de/politik/ausland/2016-05/humanitaere-hilfe-weltweit-grafik

---


"Ärzte ohne Grenzen nimmt kein Geld mehr von EU und Mitgliedstaaten" (17. Juni 2016)
Berlin/Brüssel, 17. Juni 2016. Aus Protest gegen die Abschottungspolitik der Europäischen Union wird Ärzte ohne Grenzen keine Gelder mehr bei der EU und ihren Mitgliedstaaten beantragen. Das hat die internationale Hilfsorganisation am Freitag in Brüssel angekündigt. ,,Wir sehen in unseren Projekten jeden Tag, welches Leid die aktuelle EU-Politik verursacht", begründet Florian Westphal, Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen Deutschland, die Entscheidung. Die Organisation verzichtet damit auf Finanzierungen in Höhe von derzeit rund 50 Millionen Euro jährlich und setzt verstärkt auf Privatspender. Auch bei der Bundesregierung werden keine neuen Gelder beantragt. ... ,,Die verheerenden Auswirkungen der EU-Abschottungspolitik für Menschen auf der Flucht, besonders für verletzliche Gruppen wie Schwangere, Kinder und unbegleitete Minderjährige, erleben unsere Teams täglich – in Europa, an dessen Außengrenzen und bis in die Herkunftsländer hinein", so Westphal. Drei Monate nach Inkrafttreten des EU-Türkei-Abkommens sitzen als direkte Folge mehr als 8.000 Schutzsuchende auf den griechischen Inseln fest. Darunter sind Hunderte unbegleitete Minderjährige und viele Familien, die vor den Kriegen in Syrien, Irak und Afghanistan geflohen sind. Sie werden unter völlig unzureichenden Bedingungen oft monatelang in überfüllten Lagern festgehalten und müssen mit der Abschiebung in die Türkei rechnen. 
,,Der EU-Türkei-Deal ist kein Erfolg, wie die deutsche Regierung behauptet. Er versucht nur, Notleidende aus Europa fernzuhalten", so Westphal. ,,Vielmehr ist er ein gefährlicher Präzedenzfall für die Politik anderer Staaten jenseits der EU. Wir sehen schon jetzt einen Dominoeffekt geschlossener Grenzen. Die EU-Staaten sind durch ihre Abschottung zur Türkei mit dafür verantwortlich, dass im Norden Syriens rund 100.000 Vertriebene nur wenige Kilometer entfernt von der Front mit dem so genannten Islamischen Staat an der türkischen Grenze festsitzen, die ebenfalls geschlossen ist."...
https://www.aerzte-ohne-grenzen.de/aerzte-ohne-grenzen-stopp-eu-gelder

---


QuoteNach dem Brexit-Votum der Briten hat der US-Demokrat Bernie Sanders vor dem Unmut der Wähler über das globale Wirtschaftssystem gewarnt. Dieselbe Frustration über die Auswirkungen der Globalisierung, die bei dem EU-Referendum die Briten für den Brexit habe stimmen lassen, drohe bei der US-Präsidentenwahl die Wähler in die Arme des rechtspopulistischen Kandidaten Donald Trump zu treiben, schreibt Sanders in einem Meinungsbeitrag für die New York Times.

"Die Vorstellung, dass Donald Trump von denselben Kräften profitieren könnte, die den 'Leave'-Befürwortern in Großbritannien eine Mehrheit verschafft haben, sollte in der Demokratischen Partei der Vereinigten Staaten die Alarmglocken schrillen lassen", schreibt Sanders. Millionen amerikanischer Wähler seien wie die Brexit-Unterstützer verständlicherweise wütend und frustriert über die wirtschaftlichen Kräfte, die die Mittelklasse zerstörten.

Als Ursache für die Frustration identifiziert der Sozialist die wachsende Ungleichheit, die auf ein ungerechtes globales Wirtschaftssystem zurückzuführen sei. Dieses System arbeite nicht für die Mehrheit der Menschen, sondern nur für die Eliten, die es entwickelt hätten. "Die sehr Reichen leben in unfassbarem Luxus, während Milliarden Menschen Armut, Arbeitslosigkeit und eine unzureichende Versorgung ertragen müssen", schreibt Sanders. "Das System ist gescheitert."

Als Ausweg sieht Sanders einen "echten Wandel" in der Wirtschaft, der beispielsweise dazu führen müsse, dass Wirtschaftspolitik nicht mehr die Interessen der Börsen, sondern die der Arbeiter verfolge. Die Antworten der Brexit-Befürworter und von Donald Trump hält Sanders dagegen für völlig falsch. "Wir brauchen keinen Wandel auf Grundlage von Demagogie, Bigotterie und Fremdenfeindlichkeit."

QuoteHoratio Caine #14

...  Eine Analyse die selbstverständlich von der Politik, großen Teilen der Wirtschaft und auch einigen Leitmedien nicht so gesehen wird und vor allem nicht so gesehen werden kann, da es das System für die Profiteure und deren Vasallen in Frage stellen würde.



Quote
Daniel Löw #15

Und wen kümmert, was die Verlierer denken? ...


Quotegigue #16

"Wir brauchen keinen Wandel auf Grundlage von Demagogie, Bigotterie und Fremdenfeindlichkeit."

Wandel muss konstruktiv erfolgen, nicht destruktiv. Das was Herr Sanders sagt, trifft auf alle populistischen Strömungen zu. Destruktiv deshalb, weil nur Ventile für aggressive Stimmungen geschaffen werden, aber nichts aufbauen, weil es nur gegen vermeintliche "Feinde" geht. Die ewig-alte Sündenbocknummer eben.


QuoteAber sicher
#21  —  vor 42 Minuten 3

Es ist kein Problem des Wirtschaftssystems, sondern der Politik, die dem Kapitalismus im Rahmen der demokratischen Möglichkeiten Grenzen aufzeigt.
Wenn Banken "to big to fail" werden, ist es ein Versäumnis der Politik Banken so groß werden zu lassen.
Wenn Millionäre zu wenig Steuern bezahlen, ist es ein Versäumnis der Politik, das dies möglich ist.
Das Wirtschaftssystem als solches ist schon in ordnung. Bloß der Ordnungsrahmen nicht.


...


Aus: "USA: Sanders fürchtet den frustrierten Wähler" (ZEIT ONLINE, AFP, sah, 29. Juni 2016)
Quelle: http://www.zeit.de/politik/ausland/2016-06/usa-bernie-sanders-brexit-aerger-donald-trump (http://www.zeit.de/politik/ausland/2016-06/usa-bernie-sanders-brexit-aerger-donald-trump)

Title: Grundrechte & Global Issues...
Post by: Link on July 12, 2016, 02:34:47 PM
QuoteDer ehemalige US-Gewerkschaftsboss Andrew Stern wirbt für ein bedingungsloses Grundeinkommen als neuen amerikanischen Traum. Wie passt das zum Arbeitsethos der USA?

[...] ZEIT ONLINE: Herr Stern, wie passt das zusammen, dass sich gerade ein ehemaliger Gewerkschafter für das bedingungslose Grundeinkommen einsetzt?

Andrew Stern: Wir müssen für unsere Zukunft Entscheidendes ändern. Die bestehenden Sozialsysteme stammen aus einer Zeit, die wir längst hinter uns gelassen haben. Wir brauchen einen neuen Denkansatz. Deswegen plädiere ich für die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens.

ZEIT ONLINE: Wird damit nicht der Wert von Arbeit herabgesetzt?

Stern: Mein ganzes Berufsleben war darauf ausgerichtet, Jobs zu schaffen. Die Prämisse hieß: Arbeitsplatzsicherheit. Heute sehe ich das anders. 80 Prozent der Jobs, die wir neu schaffen, sind für Geringqualifizierte im Niedriglohnsektor, also keine wirklich guten Arbeitsplätze. Und wenn die Entwicklungen von 3-D-Druckern, autonomen Fahrzeugen und einer weiteren Automatisierung so rasant weitergehen, schaffen wir bald keine schlechten Jobs mehr, sondern schlicht gar keine Jobs mehr.

ZEIT ONLINE: Widerspricht ein Grundeinkommen nicht dem Selbstverständnis von Gewerkschaften, die sich dafür einsetzen, möglichst gute Arbeitsbedingungen zu schaffen?

Stern: Ich war vier Jahre lang auf einer Forschungsreise und habe mit vielen Firmenchefs gesprochen. Arbeitgeber wollen nicht einfach noch mehr Menschen in Arbeit bringen. Im Gegenteil: Sie wollen die Kosten für die Produktion durch Rationalisierung, Ausgliederungen und Technisierung reduzieren. Das hat mich sehr beunruhigt, zumal heutige Softwarelösungen Hunderte Arbeitskräfte einsparen können. Diese Entwicklungen sind nicht aufzuhalten. ... Stellen Sie sich vor, dass Trucks ohne Fahrer fahren dürfen – technisch ist das ja schon möglich. Wir sprechen hier nicht über Science-Fiction, sondern in wenigen Jahren wird das Truckfahren anschlussfrei wegfallen, also dreieinhalb Millionen Jobs in den USA. Hinzu kommen nahestehende Jobs, etwa eine Million Versicherungsmitarbeiter, ein bis zwei Millionen Reparaturwerkstätten, Tankstellen, Motels, Restaurants und so weiter. Ein Heer von Arbeitslosen – beim Wegfall von nur einem Beruf! So werden an vielen Stellen technische Lösungen schlagartig unzählige Menschen arbeitslos machen. Diese Einsicht ist schmerzhaft. Wo sollen auf die Schnelle Jobs für all diese Menschen herkommen? Darauf müssen wir uns jetzt vorbereiten. ... Ein Grundeinkommen hilft, dass jeder ein tragendes Standbein hat und sein Spielbein selbstständig entwickeln kann, auch wenn der Job weg ist. Wenn wir dieses Standbein nicht bedingungslos gewähren, verlieren unzählige Menschen in Zukunft völlig ihren Halt. Diese ökonomische Grundbasis sollten wir uns zugestehen.

... ZEIT ONLINE: Warum muss es so schnell gehen?

Stern: Wir haben in den USA ein Armutsproblem. Ein Grundeinkommen könnte helfen, das zu beseitigen. Aktuellen Zahlen zufolge können 47 Prozent der US-Bürger im Notfall keine 400 Dollar auftreiben, weil sie und ihre Freunde das Geld schlicht nicht haben. Das ist ein Armutszeichen, im wahrsten Wortsinn.

...

Quoteanyweb #3

Die Frage ist doch, ob wir weiter für eine Verbesserung der Lebensumstände der Menschen eintreten, oder ob wir den Menschen als Mittel zum Zweck der Instandhaltung des Marktes ansehen ...


Quote
Helge von Hallbach #3.1

Wall Street, die Anteilseigner und die Geschäftsführer der transnationalen Unternehmen haben Milliarden dabei gemacht 40% der US-Arbeitsplätze im Produktionsbereich ins Ausland zu verlagern um das Bruttosozialprodukt und die Beschäftigung in anderen Ländern wie China anzuheizen, während sie ihre frühere amerikanische Arbeiterschaft verarmten. Der US-Kongress und die Wirtschaftsfachleute haben das dann auch noch als ,,die Neue Wirtschaft" beklatscht.
Die gekauften Ökonomen erklärten, dass ,,die Neue Wirtschaft" alle reich machen würde. Die Finanzpresse erklärte dasselbe. Wir täten gut daran, so behaupteten sie, die ,,alten" Branchen und Fertigungsbereiche loszuwerden, deren Weggang dann auch zur Zerstörung der Steuergrundlage zahlreicher amerikanischer Städte und Bundesstaaten sowie zur Vernichtung der Existenzgrundlage von Millionen Amerikanern führte. ...


QuoteReini52 #5

Herr Stern spricht aus, was in der Politik verdrängt und verschwiegen wird: die Industrie 4.0 und die Automatisierung von Dienstleistungen werden massiv Arbeitsplätze vernichten.

Wir müssen endlich drüber nachdenken, ob wir den Mehrwert, den diese Entwicklungen bringen verteilen oder vollständig den Kapitaleignern vollständig überlassen.

Auch können wir uns der Einsicht nicht weiter verschließen, dass durch das Schrumpfen des Niedriglohnsektors ein Großteil der Migranten die Sozialsysteme nicht entlasten, sondern dauerhaft belasten werden. Auch bei diesem Thema müsset endlich über eine gerechte Lösung nachgedacht werden. ...


...


Aus: "Grundeinkommen: "80 Prozent der neuen Jobs entstehen im Niedriglohnsektor"" Interview: Börries Hornemann (12. Juli 2016)
Quelle: http://www.zeit.de/wirtschaft/2016-07/bedingungsloses-grundeinkommen-usa-andrew-stern/komplettansicht (http://www.zeit.de/wirtschaft/2016-07/bedingungsloses-grundeinkommen-usa-andrew-stern/komplettansicht)

Title: Grundrechte & Global Issues...
Post by: Link on August 01, 2016, 05:48:42 PM
"Westafrika: Europa erzeugt die Flüchtlinge selbst" Hafsat Abiola (1. August 2016)
Politiker versprechen, die Fluchtursachen in den armen Ländern zu bekämpfen. Gleichzeitig versucht die EU, in Afrika ein verheerendes Freihandelsabkommen durchzusetzen.  ... Das Abkommen, das die EU vorschlägt, enthält nicht viel mehr als die altbekannten Konzepte, die zu nichts führen werden, außer dem immer gleichen Teufelskreis. Es verspricht kurzfristige Profite für europäische Konzerne und Beteiligungen für eine kleine afrikanische Elite. Mit den bekannten Folgen: steigende Ungleichheit in der Region, grassierende Armut, schwelende Konflikte. ... Zurzeit sperren sich nur noch drei von 16 westafrikanischen Ländern gegen die Ratifizierung des Abkommens: Nigeria, Mauretanien und Niger. Die meisten der anderen Länder sind von europäischer Entwicklungshilfe abhängig und haben sich dem Druck längst gebeugt. ...
http://www.zeit.de/kultur/2016-07/westafrika-freihandelsabkommen-eu-fluechtlinge-hafsat-abiola

---

Die Dakota Access Pipeline (kurz: DAPL), auch Bakken Pipeline genannt, ist eine im Bau befindliche Erdölpipeline zwischen der erdölreichen Bakken-Formation in North Dakota und dem Pipelineknotenpunkt Patoka in Illinois. Die Pipeline soll eine Länge von 1.880 km haben und durch die US-Bundesstaaten North Dakota, South Dakota und Iowa bis nach Illinois führen. Ihr Bau wird von US-weiten Protesten begleitet und wurde mehrmals gerichtlich gestoppt. ... Initiator des rund 3,8 Milliarden US-Dollar teuren Projekt ist der Pipelinebetreiber Energy Transfer Partners und wird von einer Reihe von Banken finanziert, unter anderem JP Morgan Chase, Goldman Sachs, ING, CitiBank, Morgan Stanley und die Bank of America.
https://de.wikipedia.org/wiki/Dakota_Access_Pipeline

"Dakota pipeline protesters say they were detained in dog kennels; 268 arrested in week of police crackdown" Ben Norton (Tuesday, Nov 1, 2016)
Tens of thousands of people have checked in on Facebook at the Standing Rock Indian Reservation over the past few days. They are expressing solidarity with the protests against the Dakota Access pipeline in North Dakota, which have faced an increasingly brutal backlash from police. ...
https://www.salon.com/2016/10/31/dakota-pipeline-protesters-say-they-were-detained-in-dog-kennels-268-arrests-in-week-of-police-crackdown/


"Dakota Access Pipeline: Ausschreitungen bei Protest gegen Erdölpipeline" (21. November 2016)
Ein Polizeisprecher warf den Aktivisten laut Guardian vor, "sehr aggressiv" aufzutreten. Man habe Wasserwerfer einsetzen müssen, weil die Demonstranten Feuer entzündet hätten. ...
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-11/dakota-access-pipeline-erdoel-proteste-north-dakota


"Dakota Access Pipeline Company Attacks Native American Protesters with Dogs & Pepper Spray"
On September 3, the Dakota Access pipeline company attacked Native Americans with dogs and pepper spray as they protested against the $3.8 billion pipeline's construction. If completed, the pipeline would carry about 500,000 barrels of crude per day from North Dakota's Bakken oilfield to Illinois. The project has faced months of resistance from the Standing Rock Sioux tribe and members of nearly 100 more tribes from across the U.S. and Canada. ...
https://www.youtube.com/watch?v=kuZcx2zEo4k

"Dakota Access Pipeline - Native Americans Protest DAPL - What is the story? Why the media blackout?" (16.10.2016)
The fight of Native American tribes in North Dakota against an oil pipeline continues, and the protest camp says it's not going anywhere until the Dakota access pipeline meets their demands, the biggest of which is altering the route of the proposed pipeline which, under it's current blueprint would cross the Missouri River. This creates concerns with the Standing Rock Sioux Tribe that their only source of water could be destroyed.
Dakota Access Pipeline (DAPL) is a 1,134-mile-long (1825 km) underground U.S. oil pipeline project for crude oil being planned by Dakota Access, LLC, a subsidiary of the Dallas, Texas corporation Energy Transfer Partners, L.P. to begin in the Bakken oil fields in Northwest North Dakota, travel through South Dakota and Iowa before ending in Patoka, Illinois. The $3.7 billion project became public in July 2014, and informational hearings for landowners took place between August 2014 and January 2015. Dakota Access submitted its plan to the Iowa Utilities Board (IUB) on October 29, 2014, and applied for a permit in January 2015. The IUB was the last of the four state regulators to grant the permit in March 2016, including the use of eminent domain, after some public controversy. As of March 2016, Dakota Access had secured voluntary easements on 82 percent of Iowa land.
The pipeline has been controversial regarding its necessity, potential harm to the environment, and impact on climate change. A number of Native Americans in Iowa and the Dakotas have opposed the pipeline, including the Meskwaki and several Sioux tribal nations. In August 2016, ReZpect Our Water, a group organized on the Standing Rock Indian Reservation, brought a petition to the U.S. Army Corps of Engineers in Washington, D.C., the tribe sued for an injunction, and a protest has begun at the pipeline site in North Dakota that has drawn international attention. ...
https://www.youtube.com/watch?v=Y6nNpvHEkZI
Title: Grundrechte & Global Issues...
Post by: Link on January 31, 2017, 09:30:01 AM
"Postkapitalistische Perspektiven" Raul Zelik (29.01.2017)
Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit leben wir in einem echten Weltsystem: dem Kapitalismus. Er ist dabei, sich zu Tode zu siegen. Der Ausstieg aus der heißlaufenden Maschine Kapitalismus stellt eine gewaltige Herausforderung dar. Auf der Suche nach gesellschaftlichen Alternativen kommen wir um die Frage nach dem Gemeineigentum nicht herum. ... 2016 lautete einer der am häufigsten zu hörenden Sätze: Die Welt ist aus den Fugen geraten. Und wirklich: In einer ganzen Weltregion von der westafrikanischen Sahelzone bis an die Grenzen Chinas herrscht Krieg. Hunderte Millionen Menschen rätseln, wie sie in ein besseres Leben emigrieren können, ohne auf dem Weg zu ertrinken. In den Megacitys des globalen Südens ist der Drogenhandel zur einzigen Aufstiegsoption für Menschen aus der Unterschicht geworden; als Folge davon zerfallen Rechtssysteme und Gemeinschaften. Und in den wohlhabenden Ländern des Nordens schließlich hofft ein wachsender Teil der Bevölkerung, sich von diesen unheilvollen Entwicklungen durch die Errichtung von Grenzzäunen abkoppeln zu können.
Dazu kommen der Klimawandel, das Erstarken des religiösen Fanatismus - längst nicht nur in muslimischen Gesellschaften -, wachsende geopolitische Spannungen sowie die rasante Entwicklung der Kriegs- und Überwachungstechnologien, die ganz neue Formen von Zerstörung und autoritärer Herrschaft möglich machen.
Eigentlich liegt auf der Hand, was in einer solchen Situation zu tun wäre: Wenn das Alte stirbt, muss darüber gesprochen werden, wie etwas Neues aussehen könnte. Wir brauchen Antworten auf die wachsende globale Ungleichheit; brauchen Strategien der Sorge, die die Zerstörung der Natur und den Zerfall von Gesellschaften stoppen; eine Politik, die die Spirale der Militarisierung unterbricht und Sicherheit wieder als soziale Frage definiert. Doch wie lässt sich darüber reden, ohne in einen verträumten, wirklichkeitsfernen Utopismus zu verfallen? ... Die Geschichte der Solidarität, der sozialen Befreiung, der Sorge umeinander und der Demokratisierung aller Lebensbereiche beginnt nicht erst heute. Sie reicht Jahrhunderte zurück und war, trotz allen Scheiterns, nicht folgenlos. An sie gilt es anzuknüpfen. ...
http://www.deutschlandfunk.de/oekonomisches-weltsystem-postkapitalistische-perspektiven.1184.de.html?dram:article_id=377145

---

"Fabian Scheidler: Risse in der Megamaschine und Wege zu einer neuen Friedensordnung" (22.02.2017)
Fabian Scheidler, geboren 1968, studierte Geschichte und Philosophie an der Freien Universität Berlin und Theaterregie an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt/M. Seit 2001 arbeitet er als freischaffender Autor für Printmedien, Fernsehen, Theater und Oper. 2009 gründete er mit David Goeßmann das unabhängige Fernsehmagazin Kontext TV, das u. a. von Noam Chomsky unterstützt wird und regelmäßig Sendungen zu Fragen globaler Gerechtigkeit produziert. ... Die Veranstaltung fand zeitgleich mit der Münchner Sicherheitskonferenz 2017 statt (Munich Security Conference).
Zu den Themen des Vortrags gehören: Die systemischen Krisen der Biosphäre und des Klimas, die Krise der kapitalistischen Weltwirtschaft ("säkulare Stagnation"), die Fluchtbewegungen vor Armut, Krieg und Klimachaos sowie die Krise der US-Hegemonie und der Aufstieg Chinas. Scheidler skizziert Moglichkeiten einer neuen Friedensordnung durch ein eurasisches Sicherheitssystem nach dem Vorbild der OSZE, eine Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit im Nahen und Mittleren Osten und die Abschaffung von Atomwaffen, wie sie durch UN-Resolution 71/258 angestrebt wird. ...

https://www.youtube.com/watch?v=UtR7s6kc7eM

Title: Grundrechte & Global Issues...
Post by: Link on April 13, 2017, 09:58:51 AM
"Hunger als Revolutionsgrund" Eine Kolumne von Jochen Bittner (13. April 2017)
Wer durch das bevölkerungsreichste Land der arabischen Welt reist, sieht den Zusammenbruch förmlich kommen. ... "Die nächste Revolution könnte eine Hunger-Revolution sein", glaubt der Wirtschaftsexperte der EU-Delegation in einem bilanzierenden Gespräch. ...
http://www.zeit.de/politik/ausland/2017-04/aegypten-abdel-fattah-al-sissi-bevoelkerung-eu-migration-krise-5vor8/komplettansicht

Quotenabendallerseits #16 

Schaut man sich die interaktive Karte der UN mal genauer an ( World Population Prospects - Population Division - United Nations: https://esa.un.org/unpd/wpp/Maps/ ), dann steht Agypten mit seinen 1,85% jaehrlichem Bevoelkerungswachstum (bei einer Fertilitaetsrate von 2,8 pro Paar) eigentlich gar nicht so schlecht da. In einigen Laendern Afrikas sieht es da noch weit, weit finsterer aus. Konservative Schaetzungen der UN prognostizieren, dass sich die Bevoelkerung in Afrika bis 2050 verdoppeln und dann bis 2075 in etwa verdreifachen wird.
Da diese Entwicklungen nicht linear sind, ist sowas ab einem gewissen Punkt zivilisatorisch nicht mehr beherrschbar und natuerliche Grenzen wie Mangel an Nahrung und Wasser, wie auch eine steigende Kindersterblichkeit durch Mangel an Hygiene und damit einher gehenden Seuchen werden da eine Grenze ziehen. Den Rest erledigen dann die unvermeidlichen gewaltsamen Verteilungskonflikte, die das entsprechend begleiten werden.
Wenn man da mal einsinken laesst, dass der Club of Rome hat uns das 1972 bereits vorgerechnet hat, ist man eigentlich nur noch deprimiert. Das Bevoelkerungswachstum in den Griff zu bekommen muesste eigentlich schon seit Dekaden DAS zentrale Thema der UN sein.



QuoteNamarupi #18

Die Bevölkerung Ägyptens hat sich seit dem Jahre 1950 mehr als vervierfacht. Wäre die Bevölkerung Deutschlands ebenso gewachsen, gäbe es bei uns momentan ca. 280 Mio. Einwohner.


...

---

" ... 2008 wurde Glencore der Negativpreis Public Eye Swiss Award verliehen. Der Firma wird vorgeworfen, in kolumbianischen Kohlebergwerken skrupellos gegen Gewerkschaftsmitglieder vorzugehen. Durch die Bergwerke würden Bevölkerung und Umwelt der Region massiv geschädigt. Zahlen und Geschäftspraxis blieben völlig im Dunkeln. 2008 behauptete ein kolumbianischer Paramilitär, der Gewerkschafter tötete, von Glencore finanzielle Unterstützung zu erhalten; Glencore wies diese Angaben zurück. ... Eine kleine Gruppe kritischer Schweizer reiste 2015 ins kolumbianische El Cerrejón zum grössten Steinkohlentagebau Südamerika, um die negativen Auswirkungen des Abbaus vor Ort zu sehen, zu überprüfen und publik zu machen. Glencore unter Glasenberg bemühte sich – auch dank dieser Gruppe – um vermehrte Eindämmung entstandener Umweltschäden. Doch die Wirksamkeit solcher Massnahmen ist beschränkt, nicht zuletzt weil der kolumbianische Staat vor allem an Abgaben und Steuern der Rohstoffförderung und nicht an den Rechten der indigenen Bevölkerung und an einer intakten Natur interessiert sei.[30]
Der Entwicklungsdienst Brot für alle kritisierte die Unternehmensmethoden im Kongo als Raubbau und Ausbeutung der Bergarbeiter. ... Die Nichtregierungsorganisation Erklärung von Bern wirft dem Konzern vor, seine Geschäftsbücher durch erhöht ausgewiesene Betriebskosten und unrealistisch tiefe Rohstoffpreise zu manipulieren, um dadurch in den Entwicklungsländern keine Abgaben oder Steuern zahlen zu müssen. ... Das Unternehmen ist nach eigenen Angaben im Börsenprospekt in Staaten aktiv, in denen ,,nach allgemeiner Ansicht Korruption existiert".[40] In diesen Ländern operiert Glencore durch Mittelsmänner mit unterschiedlichem Status, darunter Handelsvertreter, Geschäftspartner oder Beratungsunternehmen. Einige davon gerieten in die Kritik, weil ihnen in erheblichem Umfang Korruption vorgeworfen wurde. ... "
https://de.wikipedia.org/wiki/Glencore (Stand: 8. Mai 2017)


"Umweltzerstörung Glencore droht NGOs nach Kritik" Tobias Schwab (30.05.2017)
Facing Finance und Misereor nehmen ihren Boykott-Aufruf gegen Glencore aus dem Netz. Der Rohstoff-Multi hatte mit einer Schadensersatzklage gedroht. ... Angesichts der Drohung des weltgrößten Rohstoffhändlers, Regress für den drohenden Reputationsverlust zu fordern, haben die Menschenrechtsorganisation FF und das katholische Hilfswerk Misereor nun ,,notgedrungen" reagiert und die Presseerklärung von ihren Webseiten genommen, wie FF am Montag mitteilte.
,,Nicht weil wir unsere Forderungen und Vorwürfe nicht vertreten oder belegen können", sagte FF-Vorstand Thomas Küchenmeister der FR. ,,Aber als gemeinnützige Organisation können wir uns schlicht einen langwierigen und teuren Prozess mit Glencore nicht leisten." ...
http://www.fr.de/wirtschaft/umweltzerstoerung-glencore-droht-ngos-nach-kritik-a-1287180

Title: Grundrechte & Global Issues...
Post by: Link on June 30, 2017, 09:06:56 AM
"Australien: 70 Millionen Dollar Entschädigung für Bootsflüchtlinge" (2017)
Melbourne – Ein australischer Richter hat einer Rekordentschädigung von insgesamt 70 Millionen australischen Dollar (knapp 47 Millionen Euro) für eine Gruppe von 1.900 Bootsflüchtlingen zugestimmt. Die Summe sei "fair und angemessen", sagte Richter Cameron Macaulay vom obersten Gerichtshof des Bundesstaats Victoria am Mittwoch. Die Regierung und Anwälte für knapp 1.400 der Bootsflüchtlinge hatten sich im Juni auf den Vergleich geeinigt. Das Geld soll Bootsflüchtlinge ausgezahlt werden, die eigentlich nach Australien wollten, dann aber in Lager auf der Pazifik-Insel Manus gebracht wurden, die zu Papua-Neuguinea gehört. Dort hätten sie seelischen und körperlichen Schaden genommen, erklärten die Kläger.
https://derstandard.at/2000063667295/70-Millionen-Dollar-Entschaedigung-fuer-Bootsfluechtlinge-in-Australien

-

Quote[....]  Jahrelang sank die Zahl der Hungernden - nun steigt sie wieder. Allein in Afrika sind 26 Millionen Menschen vom Hungertod bedroht. In einer Sonderserie beleuchtet die Deutsche Welle die Hintergründe dieser Katastrophe.

Es ist eine dieser Situationen, in denen man erst später realisiert, was eigentlich geschehen ist. Eine Ärztin und eine Krankenschwester beginnen, ein kleines Kind wiederzubeleben. Die Eltern sitzen regungslos am Bettrand. Nach wenigen Minuten gibt die Ärztin die Anweisung, die Wiederbelebungsversuche zu beenden. Ein leises Schluchzen füllt die Stille. Dann ein Schreien. Ein Pfleger trägt eine kleine Trennwand herein und stellt sie vor das Krankenbett. Wie es weiter geht, sehen wir nicht mehr.

Diese Szene in einer Klinik im Norden Kenias war einer der bedrückensten Momente auf unserer Recherchereise in die Hungergebiete Afrikas. Sie macht deutlich, dass es bei den 26 Millionen vom Hungertod bedrohten Menschen nicht um eine abstrakte Zahl geht - und das der Hunger für einige dieser 26 Millionen mehr als eine Bedrohung ist. Das kleine Mädchen in der Klinik in Kenia starb nicht an einer unheilbaren Krankheit oder an den Folgen eines Unfalls. Es starb daran, dass zu lange nichts mehr zu essen bekommen hatte.

Der Zeitpunkt für dieses Rechercheprojekt ist nicht zufällig: Bereits Anfang des Jahres schlugen Hilfsorganisationen Alarm. Eine sich immer weiter ausbreitende Dürre könnte in Afrika und im Jemen eine der schlimmsten Hungersnöte der letzten Jahrzehnte auslösen. Doch bald schon machte die Krise keine Schlagzeilen mehr - obwohl sich die Situation bis heute nicht grundlegend verbessert hat. Allein in den beiden am stärksten betroffenen Ländern, dem Südsudan und Somalia, sind weiterhin mehr als 14 Millionen Menschen auf Nahrungsmittelhilfen angewiesen.

Was hat zu dieser dramatischen Situation geführt? Die Antwort der Reporter ist eindeutig: Nicht die Natur, sondern der Mensch. Der weltweite Klimawandel, massive Abholzung und einseitige Bodennutzung machen das Leben für Afrikas Kleinbauern immer schwieriger.

Doch die Folgen politischer Konflikte sind weitaus verheerender. In den besondes betroffenen Ländern - von Nigeria über den Südsudan bis nach Somalia - herrschen entweder Bürgerkrieg oder terroristische Organisationen machen ganze Landesteile unsicher. In diesen Ländern erfüllt der Staat seine grundlegenden Aufgaben nicht. Gesundheitsversorgung, Bildung oder Sicherheit sind für viele Bürger ein Fremdwort. Stattdessen bereichert sich eine kleine Elite an den oft beachtlichen Reichtümern.

Trotzdem kamen die Reporterteams auch mit hoffnungsvollen Geschichten zurück. Somalia zum Beispiel hat seit Anfang des Jahres eine neue Regierung - nach mehr als 20 Jahren Bürgerkrieg. Viele Beobachter sind zumindest vorsichtig optimistisch. Und überall trafen die Reporter auf Menschen, die in Ausnahmesituationen über sich hinauswachsen und einfach nicht aufgeben. Der Mensch ist eben nicht nur die Ursache des Hungers, er ist auch die Lösung. ...


Aus: "Afrika - DW Special: Warum Afrika hungert" Jan-Philipp Scholz  (21.10.2017)
Quelle: http://www.dw.com/de/dw-special-warum-afrika-hungert/a-40966100 (http://www.dw.com/de/dw-special-warum-afrika-hungert/a-40966100)

---


"Sklaverei: 400, 700, 800, verkauft!" Angela Köckritz (6. Dezember 2017)
In Afrika werden wieder Menschen als Sklaven versteigert. Das liegt auch an der EU-Migrationspolitik. ... In Libyen werden Migranten von verschiedenen Gruppen gefangen gehalten. Die Regierung in Tripolis betreibt 24 Haftanstalten, um Migranten an der Weiterreise nach Europa zu hindern. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Gefängnisse von Milizen, manche von ihnen verdingen sich gleichzeitig als Menschenhändler. Als "Verkörperung menschlicher Grausamkeit in ihrer extremsten Form" beschrieb Joanne Liu, Präsidentin von Ärzte ohne Grenzen, die Zustände von libyschen Haftanstalten in Tripolis.
Der Film zeigt, wie problematisch die sogenannte "Externalisierung der Migrationskontrollen" ist. Schon jetzt bezahlt Europa afrikanische Staaten wie den Niger oder Libyen dafür, Migranten aufzuhalten. Doch die Umsetzung ist viel schwieriger als der EU-Türkei-Deal: Nordafrika ist riesig. Über weite Teile erstreckt sich die Sahara. In vielen Wüstenregionen ist die Kontrolle des Staates schwach, bisweilen ist sie gar nicht vorhanden. Ist der Weg über den Niger versperrt, können Migranten auf Mali ausweichen. In manchen Regionen hat der Menschenhandel mittlerweile den Drogenschmuggel als einträglichste Finanzquelle abgelöst. ...
http://www.zeit.de/2017/51/sklavenhandel-fluechtlinge-libyen-afrika-migrationspolitik-europa

QuoteFlinx_DE
#1.16 

Es ist empörend, dass die Menschheit in 2017 in längst überkommen geglaubte Verhaltensmuster zurückfällt.

Ich glaube, dass ist ein Irrtum.

Tatsächlich haben wir als Menschheit diese Verhaltensmuster nie wirklich überwunden. Das sehen Sie schon daran, dass Personen, die für so behandelten Menschen Empathie ausdrücken hierzulande (auch hier im ZON-Forum) als Gutmenschen bezeichnet werden.

Sklaverei mag inzwischen in keinem Land der Welt mehr formaljuristisch erlaubt sein, praktiziert wird sie nach wie vor auf die eine oder andere Weise. Ein besonders schillerndes Fallbeispiel ist der Bau der WM-Stadien in Katar. Dort arbeiten vor allem Nepalesen.

Warum ausgerechnet Nepalesen? Nepal war eines der weltweit letzten Länder in denen Sklaverei formal verboten wurde (im Jahr 2000!). Dennoch ist der Verkauf von Arbeitskräften dort bis heute üblich was sich die Kataris (und andere) zunutze machten. Siehe u.a.
http://www.handelsblatt.com/politik/international/moderne-sklaverei-wie-nepalesen-am-golf-ausgebeutet-werden/9351590.html
https://www.hinzundkunzt.de/freiheit-fuer-nepals-toechter/

Man könnte eher formulieren: So schnell ändert sich die Welt nicht, und wir haben unseren Anteil daran. Solange bei uns Leute wie Franz Beckenbauer, der in Katar "keinen einzigen Sklaven gesehen" hat bei uns hofiert werden, wird sich daran auch nichts ändern. Seine Aussage im Original:

Nahostexperte und Kaiser Franz Beckenbauer über Sklaven in Katar. "nicht einen einzigen Sklaven in Katar g'sehn!" (Published on Sep 4, 2014)
https://www.youtube.com/watch?v=ZUPfm4zsVNQ


QuoteFlinx_DE
#1.21 

wann haben Sie den letzten Sklavenmarkt in Deutschland gesehen?

Wie weiter oben schon jemand richtig schrieb, war Sklaverei von 1939 bis 1945 in Deutschland üblich weil staatlich sanktioniert. Es wird bis heute bei uns "Zwangsarbeit" genannt, war aber in Wirklichkeit nichts anderes.


QuoteQuitje
#1.22 

Die Zivilisation beginnt langsam zu verfallen.

-----
Die "Zivilisation" war schon immer so. Es hat sich nichts geändert. Einige schlechte Eigenschaften sind manchmal verschüttet, andere nicht. Bei Bedarf werden sie wieder nach oben gespült.
Sklaverei in Afrika war noch nie verschwunden.
In Asien verkaufen Eltern ihre Kinder, um mit dem Rest der Familie überleben zu können.
Im Jemen ist es Kriegstaktik der Saudi Araber, die Zivilbevölkerung verhungern zu lassen.
Junge Mädchen werden von Boko Haram in Nigeria entführt und zwangsverheiratet und zur Prostitution gezwungen.
Giftgasangriffe in Syrien und früher im Irak.
Versuch der Auslöschung der Jesiden?
Die Welt ist voll von solchen Gräueln.


QuoteFlavius Ricimer
#1.42  —  vor 21 Stunden 14

"Dieses Menschenbild und die daraus resultierenden Rechte gesteht der 'Westen' aber leider nur sich selbst zu. Wenn seine Politik zu Leid in anderen Ländern führt, schaut man meistens weg, wie jetzt auch wieder in Libyen. Wir sind leider gar nicht so gute Menschen, wie wir uns selbst oft vormachen."

Das wusste auch schon Egon Bahr: "In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt."
( am 3. Dezember 2013 vor Schülern in der Ebert-Gedenkstätte Heidelberg)
https://de.m.wikiquote.org/wiki/Egon_Bahr

Nur werden Sie ein solch ehrliches Statement von einem noch aktiven Politiker nie, nie hören, denn die Legende vom moralisch überlegenen Westen muss unbedingt aufrecht erhalten werden, um auch die absurdesten politischen Entscheidungen noch irgendwie legitimieren zu können.


Quotemr.andersson
#1.70

"Die Zivilisation beginnt langsam zu verfallen."

Den Eindruck gewinnt man immer genau dann, wenn man sich lange Zeit mit nichts beschäftigt was auf der Welt so funktioniert und dann irgendwann einige Extremwerte durch die Medien in die eigene Komfortzone getragen werden.
Unsere größte Sorge ist, ob wir mit dem Mindestlohn/Hartz4 am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können und ob wir in der Altersarmut leben. Das sind natürlich tatsächlich relevante Probleme.
In anderen Teilen der Welt geht es bei dem Menschen darum, ob morgen was zu Essen auf dem Tisch steht und/oder ob man morgen überhaupt noch am Leben ist und dies vielleicht sogar noch in Freiheit.
Wir kämpfen um unsere Renditen und sozialen Status, andere ums nackte Überleben und die grundlegensten Freiheiten überhaupt.
Aber dies nicht seit gestern. Das ist schon die ganze Zeit so. Da zerfällt nichts, viele Gegenden sind nie in der luxuriösen Welt angekommen, die wir als selbstverständlich empfinden.


...
Title: Grundrechte & Global Issues...
Post by: Link on April 11, 2018, 05:22:50 PM
"Hausangestellte von Diplomaten: Du kannst mir gar nichts!" Bettina Malter (11. April 2018)
Manche Diplomaten verhalten sich, als stünden sie über dem Recht. Darunter leiden Hausangestellte, die sich mitten in Deutschland kaum gegen Ausbeutung wehren können. ... Menschenrechte oder Immunität.   
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-04/hausangestellte-diplomaten-deutschland-arbeitsbedingungen-ausbeutung-arbeitsrecht/komplettansicht

QuotejustAmoonwalker #4

"Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht."


http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-04/hausangestellte-diplomaten-deutschland-arbeitsbedingungen-ausbeutung-arbeitsrecht?cid=19305907#cid-19305907

http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2017-07/berlin-diplomaten-verkehrsdelikte-immunitaet-botschaften

---

"Schuldenberg droht Afrikas Entwicklung zu ersticken" Johannes Dieterich aus Johannesburg (April 2018)
Trotz vieler Bodenschätze, einer reichen Fauna und Flora und zuletzt deutlich gewachsener Investitionen steigen Afrikas Schulden massiv Längst ist das Feuerwerk zur Eröffnung der Bahnstrecke zwischen der kenianischen Hauptstadt Nairobi und der Hafenstadt Mombasa verglüht – die Schuldenlast des von China verwirklichten Megaprojekts wird den ostafrikanischen Staat noch jahrzehntelang drücken. Fast vier Milliarden Dollar (3,2 Milliarden Euro) hat die 450 Kilometer lange Strecke Kenia gekostet. Seine Auslandsverschuldung schwoll deshalb auf 24 Milliarden Dollar an. Zwar ist Kenias Schuldenlast mit einem Drittel des Bruttoinlandprodukts (BIP) im internationalen Vergleich noch moderat. Doch für Afrika zählen andere Maßstäbe, weil die Entwicklungsstaaten viel weniger Steuereinnahmen haben und unter stark schwankenden Rohstoffpreisen leiden. Kenias Beleihungsquote ist auch im afrikanischen Vergleich noch relativ harmlos: Das benachbarte Tansania steht mit mehr als 60 Prozent des BIP in der Kreide, dessen Nachbarstaat Mosambik sogar mit fast 300 Prozent. ...
https://derstandard.at/2000078421612/Schuldenberg-droht-Afrikas-Entwicklung-zu-ersticken

---

"Warum es eine Wende in der Landwirtschaft braucht" Sebastian Bohrn Mena (April 2018)
Immer mehr Futtermittel werden aus der ganzen Welt importiert, um immer größere heimische Tierfabriken zu beliefern. Mit großem Aufwand und enormem Einsatz öffentlicher Mittel wird ein kaputtes System befeuert, das Menschen, Umwelt und Tieren schadet Jährlich werden über 600.000 Tonnen Soja als Futtermittel nach Österreich importiert, zum Großteil aus Südamerika. Dort wurden bislang zehn Millionen Hektar Regenwald vernichtet, Artenvielfalt zerstört, Indigene vertrieben und Menschenrechte verletzt. Mit Schiffen wird das Soja nach Europa geliefert, das über 70 Prozent seines Futtermitteleiweißbedarfs importieren muss, weil es die explodierende Nachfrage nicht aus eigener Produktion decken kann. Das importierte Soja landet direkt in den heimischen Tierfabriken, wo der unverzichtbare Proteinlieferant für die beschleunigte Mast benötigt wird. Die Fleischindustrie lebt davon, dass die Produktionszyklen immer kürzer werden – dass also die Tiere so schnell wie möglich Gewicht zulegen und der Verwertung zugeführt werden können. Das unterstützt Konzentrationsbewegungen in der Landwirtschaft.
Seit 1980 hat sich die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe in Österreich halbiert, die bewirtschaftete Fläche hingegen verdoppelt und die Summe der gehaltenen Tiere sogar vervielfacht. Schon jetzt gibt es eine absolute Überproduktion an Fleisch, weswegen ständig neue Absatzmärkte dafür gesucht werden müssen – etwa in China, wo jüngst beim Staatsbesuch ein Abkommen für den Export von Schweinefleisch geschlossen wurde. Die gesteigerte Produktion in immer größeren Tierfabriken führt zu einer zunehmenden Belastung für die Böden und Grundwasser in der Umgebung. Die Ausbringung der Unmengen an Fäkalien führt mittelfristig zu hohen Nitratbelastungen, einem deutlich höheren Wasseraufbereitungsaufwand und damit auch zu steigenden Trinkwasserpreisen, wie die Situation in einigen Regionen Deutschlands beispielhaft zeigt. ...
https://derstandard.at/2000078453369/Warum-es-eine-Wende-in-der-Landwirtschaft-braucht

-


"Bangladesch: Aber kosten soll es nichts" Ein Gastbeitrag von Gisela Burckhardt (24. April 2018)
Fünf Jahre nach dem Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza sinken die Löhne der Näherinnen weiter. Firmen wie Ikea und Jack Wolfskin wehren sich gegen Verbesserungen. ... die die Löhne in Bangladesch gehören noch immer zu den niedrigsten weltweit. Und selbst das ist den Auftraggebern zu viel, inzwischen wandern Marken wie H&M, C&A und Primark nach Myanmar und Tchibo Äthiopien ab. Der gesetzliche Mindestlohn in Bangladesch liegt seit fünf Jahren bei 5.300 Taka im Monat, das entspricht etwa 52 Euro. Trotz einer Inflation, die allein im letzten Jahr bei knapp sechs Prozent lag, gab es keine Erhöhung. Die Frauen leisten extrem viele Überstunden und gehen an ihre eigenen Grenzen. Die Reallöhne aber sind faktisch in den vergangenen fünf Jahren um sechs Prozent gesunken. Es gab große Demonstrationen und Ausschreitungen, insbesondere Ende 2016, denn die Beschäftigten konnten von diesem kargen Lohn nicht leben. Die Gewerkschaften fordern in den aktuellen Lohnverhandlungen eine Verdreifachung auf 16.000 Taka, etwa 157 Euro. Angesichts des Arbeitseinsatzes ist das noch immer eine äußerst bescheidene Forderung.
Abseits der Gebäudesicherheit haben sich die Arbeitsbedingungen nicht verbessert. Frauen werden weiter stark diskriminiert. Die geschlechtsspezifische Gewalt in den Fabriken ist alltäglich: Die Arbeiterinnen werden beschimpft, gestoßen oder von den männlichen Aufsehern malträtiert. Gewerkschaften berichten auch von sexueller Gewalt am Arbeitsplatz. Auf dem Heimweg geht es weiter: Wenn sie nachts nach vielen Überstunden nach Hause gehen, sind sie im Dunkeln vor Übergriffen nicht sicher. ... Trotz des Unglücks von Rana Plaza hält der extreme Wettbewerb in der Modebranche weiter an: Die Preise sinken, die Lieferzeiten werden immer kürzer: Die Einkaufspreise sanken um acht Prozent zwischen 2011 und 2015. Die Näherinnen und Näher bezahlen diesen Preiskampf mit niedrigen Löhnen unterhalb des Existenzminimums und langen Überstunden. Eine Verbesserung kann letztlich nur durch staatliche Vorgaben in Form von höheren Mindestlöhnen und Gewerkschaftsfreiheit in Bangladesch sowie einer Haftung von Unternehmen in Europa für die Einhaltung von Sozialstandards ihrer Zulieferer erreicht werden.
Frankreich hat dies vorgemacht. Im vergangenen Jahr hat es ein Gesetz verabschiedet, das von französischen Unternehmen verlangt, dass Zulieferer Sozial- und Umweltstandards einhalten müssen. Die Bundesregierung traut sich dagegen nicht so weit vor. Zwar hat 2014 Entwicklungshilfeminister Gerd Müller das Bündnis für nachhaltige Textilien (Textilbündnis) ins Leben gerufen, dem rund 150 Vertreter und Vertreterinnen aus Wirtschaft, NGOs, Gewerkschaften, Bundesregierung und Standardorganisationen angehören. Doch die Prozesse innerhalb der Initiative sind extrem langsam, konkrete Verbesserungen für die Beschäftigten vor Ort hat es bislang kaum erreicht. Es wird dringend Zeit, dass sich dies ändert.
https://www.zeit.de/wirtschaft/2018-04/bangladesch-rana-plaza-arbeitsbedingungen-gewerkschaften-sicherheit-fuenf-jahre/komplettansicht

QuoteSebastian G. #3 

Gibt es denn Informationen darüber, warum diese Unternehmungen ihre Unterstützung verweigern?


QuoteRoberto Geissini #3.1 

Die Antwort ist einfach: Gewinnmargenverringerung
Selbst wenn der Stundenlohn verdoppelt würde, würde sich das beim Endverbraucher nicht bemerkbar machen, aber die Gewinne doch irgendwo schmälern.
https://www.welt.de/wirtschaft/article123527239/Fairer-Lohn-wuerde-T-Shirts-nur-um-Cents-verteuern.html

Und da die ungebildeten, armen Arbeiter das schwächste Glied in der Kette sind, lässt man's an ihnen eben ab.


QuoteSebastian G. #3.2 

Diese Antwort klingt natürlich völlig schlüssig. Aber Sie schreiben andererseits ja selbst, dass sich selbst eine Verdopplung des Stundenlohnes hier kaum bemerkbar machen würde und allgemein scheuen sich Konzerne ja nicht, höhere Kosten an die Kunden weiterzugeben. Und gerade Jack Wolfskin ist ja nicht gerade eine Billigmarke, der bei 3 Euro Preiserhöhung die Kunden wegrennen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass deren Kalkulation so auf Kante genäht ist, dass sie um jeden Cent kämpfen müssen.
Deswegen würde ich gern mal ein Statement dieser Firmen zu der Thematik hören. Wäre ja nett, wenn ZON da mal nachhaken könnte (falls in der Redaktion noch Journalisten arbeiten, die tatsächlich recherchieren und nicht nur Reuters & Co. kopieren). Wenn dann nur die üblichen PR-Sprechblasen kommen, wissen wir ja Bescheid.


QuoteDasIch #8.1 

... die meisten Europäer werden sowieso nicht verstehen das sie durch ihren Kleidungskonsum zu Ausbeutern gehören.

Title: Grundrechte & Global Issues...
Post by: Link on June 06, 2018, 09:53:06 AM
"Die Logik imperialer Kriege"  Swiss Propaganda Research - Pressenza Berlin (31.05.2018)
Wie lassen sich die amerikanischen Kriege der letzten Jahrzehnte rational erklären? Die folgende Analyse zeigt anhand des Modells der Professoren David Sylvan und Stephen Majeski, dass diese Kriege auf einer eigenen, genuin imperialen Handlungslogik basieren. Eine besondere Rolle kommt dabei dem traditionellen Mediensystem zu. ...
https://www.pressenza.com/de/2018/05/die-logik-imperialer-kriege/

---

Quote[...] Die Europäische Union leidet stärker als alle anderen Weltregionen unter den Steuervermeidungsstrategien internationaler Konzerne. Das geht aus einer neuen Studie mehrerer international anerkannter Steuerforscher hervor. Demnach entgehen den EU-Staaten 20 Prozent ihrer möglichen Unternehmensteuereinnahmen, weil Konzerne wie Google, Apple oder Nike erhebliche Anteile ihrer Gewinne in Länder verlagern, die keine oder nur geringe Körperschaftsteuern erheben.

Die Europäische Union leidet stärker als alle anderen Weltregionen unter den Steuervermeidungsstrategien internationaler Konzerne. Das geht aus einer neuen Studie mehrerer international anerkannter Steuerforscher hervor. Demnach entgehen den EU-Staaten 20 Prozent ihrer möglichen Unternehmensteuereinnahmen, weil Konzerne wie Google, Apple oder Nike erhebliche Anteile ihrer Gewinne in Länder verlagern, die keine oder nur geringe Körperschaftsteuern erheben.

Normalerweise sei die Lohnsumme insgesamt rund dreimal höher als die Gewinne. In Luxemburg und Irland sei es umgekehrt: Gemeldete Gewinne seien etwa zweieinhalbmal so hoch wie die Lohnsumme. Für die Forscher ist das ein Hinweis, in welchem Maß Großkonzerne ihre Gewinne dorthin verschieben, ohne nennenswert in den Ländern aktiv zu sein.

Der Finanzwissenschaftler Johannes Becker (Universität Münster) hält die Methode zwar für innovativ, bezweifelt aber, dass die höheren Vorsteuergewinne in Ländern wie Luxemburg allein auf Steuervermeidung zurückzuführen sind. ,,Es ist auch möglich, dass Unternehmen dort Bereiche ansiedeln, in denen weniger Personal benötigt wird, aber hohe Gewinne erwirtschaftet werden", sagte er.

QuoteAm 30.08.2016 bezifferte die ZEIT das Offshorevermögen von Apple auf 207 Mrd. USD

    Klaus N. Wege (Wege), 13.06.2018 - 16:01

Hintergrund: 70% der Direktinvestitionen in Irland stammen von US-Unternehmen wie Pfizer, Microsoft oder Apple. Irlands Lockanreiz besteht darin, Gewinne von realen Konzern- und Leistungsorten wegzuverlagern: Hin zu Steueroasen wie den Caymans (Facebook) oder den Bermudas (Google).
Irland dient dabei als Zwischenlager für Gewinne, deren direkte Verlagerung regulatorisch unterbunden ist. Die Konstruktion wurde als "Double Irish" bekannt. Fährt das Geld weitere Umwege über die Niederlande, spricht man von einem "Dutch Sandwich". Der jährliche Fiskal-Schaden übersteigt 60 Mrd USD. Das Modell ist so legal, wie es eine gekaufte Gesetzgebung nur sein kann.
Irlands Praktiken lösten einen Ansiedlungsboom samt Immobienblase aus. Diese detonierte in den Bilanzen der Banken dort. Seither wird in Irland mit einem 85-Mrd.-Eurorettungspaket ein parasitärer Gewinnverschiebungsbahnhof gestützt.
Aktuell ermöglicht die Trump-Administration den Akteuren, ihre Beute steuerschonend in die USA zu verlagern.


Quote"Gewinne verschieben" hört sich so an, als ob der Pförtner

    Juncker Guido (JunckerG), 13.06.2018 - 13:19

Montags mit einer Million in bar nach Luxemburg fährt.
Sind das nicht idR legaleTransaktionen im Rahmen des bestehenden Steuerrechts?


QuoteLiest sich so, als könnte man nichts dagegen tun?!

    Christian Wrobel (luke123), 13.06.2018 - 12:03

Aber so ist es natürlich nicht! Selbstverständlich könnte man Gewinnverlagerungen steuerrechtlich einen Riegel vorschieben. Es gibt sogar entsprechende Vorschläge dafür. Man müsste es als Regierung nur wollen?! Nur, alle Bundesregierungen der letzten Zeit und deren verantwortlichen Bundesfinanzminister wollten nicht! Und DAS ist das Problem!


QuoteStatt Kriminelle dazu anzustiften in der Schweiz Daten aus Bankcomputern abzuziehen,

    Rüdiger Silberer (RuedigerSilberer),13.06.2018 - 11:00

sollten sich die Finanzminister endlich einmal dieses Problems annehmen. Aber das wird ähnlich lasch und schlafmützig gehandhabt wie die Cum-Ex-Betrügereien bei den deutsche Finanzbeamte jahrelang zugesehen und ausgezahlt haben. Wenn ein normaler deutscher Steuerzahler etwas im Verzug ist, dann läuft das Finanzamt mit seinen Beamten zur Hochform auf. Aber hier kann man locker auf zig Milliarden verzichten.


QuoteLösungsvorschläge für die Marxisten hier:

    Max Schmid (CH-Gast), 13.06.2018 - 10:25

1. Steuern senken, dann kommen die "Konzerne" nach Deutschland und /oder
2. Selber Google/Apple ... erfinden


QuoteEs ist kein Zufall

    Bernhard Kopp von Brackel (BKBrackel), 13.06.2018 - 08:58

Auch wenn Lobbyisten an vielen Stellen mitgewirkt haben, die Gesetze, die Gesetzeslücken, die Gestaltungsmöglichkeiten, wurden von unseren Europa- und Steuerpolitikern seit Jahrzehnten so gemacht. Als die Iren, in den 1980ern, die 12.5% Körperschaftssteuer eingeführt haben um Industrieansiedlung, lokale Wertschöpfung und Arbeitsplätze zu fördern, was auch gut gelungen ist, war aber sehr schnell auch klar, dass die Steuer auch für nach Irland manipulierte/verschobene Finanzgewinne gilt, weil sie eben für eine irische Firma gilt. Schon damals, in sehr wenigen Jahren, sind gigantische Milliardenbeträge über solche Finanzgesellschaften geflossen. Ausser ein paar Buchhalter, Steuerberater und Anwälte, wurden, im Verhältnis zu den bewegten Kapitalien, und den erzielten Steuervergünstigungen, keine lokalen Wertschöpfungen erzielt. Heute, 30 Jahre später, ist alles immer noch so. So bin ich EU-Skeptiker geworden. Freude schöner Götterfunken.


QuoteTotalservice auf Malta: Von Patent-Boxen bis zur Ermordung lästiger Journalisten

    Klaus N. Wege (Wege), 13.06.2018 - 08:15

Zur Erinnerung:
Die dubiose Methode, Gewinne formal in die Karibik umzuleiten, ist zunehmend in Verruf geraten ... Prompt entwirft die Lobbypolitik neue Ausweichwege ( ganz ohne verräterisch-exotische Briefkastenadressen) Dabei sichern sogenannte "Patent-Boxen" den begünstigten Unternehmen steuerliche Unberührbarkeit schon in Europa:
In Belgien sind bei dieser Konstruktion nur noch 6,8% fällig (regulär sind es 34%), in den Niederlanden beträgt der reduzierte Satz 5% (statt 25%). Das mafiöse Malta lockt mit völliger Abgabenfreiheit.
Wenn die öffentlichen Kassen solcher Steuerdumper kollabieren, wissen Sie ja, wer das Rettungsfüllhorn bereitstellt (wie sogar beim Betrugsdrehkreuz Zypern).


QuoteLuxemburg: Wettbewerbsverzerrende Steuerschiebung am Beispiel von Amazon UK

    Klaus N. Wege (Wege), 13.06.2018 - 07:52

Amazon UK ist auf dem britischen Büchermarkt ein einzelhandelsverdrängender Player.
In das Visier der Aufsicht geriet das Unternehmen angesichts einer fragwürdigen Rollenzuweisung seiner Konzerntöchter (die maßgeblich für Besteuerungsfragen ist).
So wurden an der Verrechnung einer Bestellung gleich drei Unternehmensteile beteiligt: Amazon Schweiz, Amazon SARL in Luxemburg und Amazon UK.
Amazon gestaltete die Abrechnung nun so, dass auf dem Papier die wenigen luxemburger Mitarbeiter (145) einen Umsatzanteil von 7,5 Mrd. erwirtschafteten.
Dagegen wurde den 2265 Mitarbeitern der Amazon UK nur ein Umsatzbruchteil von 0,147 Mrd. GBP zugeordnet. Auf jeden luxemburger Mitarbeiter türmte Amazon damit formal das 797-Fache dessen, was sein britischer Kollege an Umsatz stemmt.
Die Wirkung einer solchen Verschleierung des realen Leistungsortes ist ein wettbewerbsverzerrender Steuervorteil gegenüber dem lokalen Wettbewerb.


...


Aus: "EU ist größter Verlierer : Das Milliardengeschäft mit den Steueroasen" Johannes Pennekamp (13.06.2018)
Quelle: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/das-milliardengeschaeft-mit-den-steueroasen-15636607.html (http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/das-milliardengeschaeft-mit-den-steueroasen-15636607.html)


Title: Grundrechte & Global Issues...
Post by: Link on June 19, 2018, 10:15:04 AM
Vorgeblich zur Bekämpfung von Fluchtursachen finanziert die EU Diktatoren und Zäune – eine taz-Recherche.
Der Kampf gegen die ungesteuerte Migration hat für die Regierenden in Europa höchste Priorität. 25 JournalistInnen – RedakteurInnen und KorrespondentInnen der taz sowie Freie – und einige WissenschaftlerInnen haben dazu seit Juli 2016 in 21 Ländern gemeinsam recherchiert. Wir wollten wissen: Was genau wird heute getan, um Migration abzuwehren? Wie viel Geld fließt dafür tatsächlich? Was sind die Folgen für die Menschen in Afrika, für Flüchtlinge, für Arbeitsmigranten? Wer sind die Gewinner, wer die Verlierer dieser Politik?
Entstanden sind detaillierte Länderreports zur EU, den acht wichtigsten europäischen Geberstaaten und Israel, sowie 26 afrikanischen Staaten und der Türkei. Es gibt Hintergrundberichte zu den wichtigsten Themen: Zahlungen, Entwicklungshilfe, Frontex, Internierung, Geschichte, Rüstung, Abschiebung, Diplomatie und Biometrie. Zu lesen sind afrikanische Stimmen, Interviews, Reportagen und Features – insgesamt rund 100 Texte, viele vor Ort recherchiert.
Es ist die umfassendste Dokumentation zur europäischen Migrationskontrolle, die es gibt. Im Juni 2017 wurden die Informationen aktualisiert.
https://migration-control.taz.de/#de

---

Atlas of Torture
Advancing together the fight against torture and ill-treatment - The Atlas of Torture is a 'one-stop-shop' for information on torture and ill-treatment and how they can be prevented. It aims at raising awareness, empowering individuals and organizations as well as fostering cooperation through documentation, learning, and exchange. Together we can be more effective in fighting torture and ill-treatment worldwide!
https://www.atlas-of-torture.org/

---

Quote[...] Es sind schockierenden Bilder: erschöpfte Männer am Strand, verängstigte Frauen auf Rettungsbooten, tote Kinder im Wasser. Mit den vielen Menschen, die von Tunesien oder Libyen nach Europa fliehen, ist das Thema Afrika endgültig in der europäischen Politik angekommen.

... Die europäische Sicht auf ihre Länder sei viel zu einseitig, kritisieren zahlreiche afrikanische Politiker. In der Tat erscheint Afrika nur auf der europäischen Agenda, wenn es um Probleme geht. So konzentriert man sich in der europäischen Afrikapolitik auf Sicherheits- und Entwicklungsfragen sowie aktuell auf Flucht und Migration. An einem kulturellen Austausch mit Afrika hat die EU hingegen wenig Interesse. Die Afrikaner aber haben genug vom ,,Helfersyndrom" der Europäer genauso wie von deren Belehrungen in Sachen Wachstum und Rechtsstaatlichkeit.

Afrikanische Regierungen treten zunehmend selbstbewusst auf. Das zeigt sich etwa in Äthiopien und Simbabwe. In beiden Ländern hat die Bevölkerung kürzlich Diktatoren aus dem Amt gejagt.

... Auf all diese Entwicklungen hat Europa bislang jedoch keine Antwort gefunden. Zu verfangen scheinen die Europäer in ihrer undifferenzierten Sicht auf Afrika als ,,Krisenkontinent". Um sich davon zu lösen, müssten sie sich zunächst ihrer Kolonialvergangenheit stellen, was auch eine Entschuldigung für historische Verbrechen einschließen würde.

Es wäre ein erster Schritt weg vom kolonialen Blick auf Afrika, hin zu einem neuen, respektvollen Umgang mit den Afrikanern. Dazu gehört auch der Dialog mit der afrikanischen Diaspora in Europa, die heute für die Wirtschaft in Afrika eine wichtige Rolle spielt. So werden die Überweisungen afrikanischer Migranten aus aller Welt immer bedeutender für die Entwicklung in ihren Herkunftsländern. Mehrere Milliarden Euro fließen so jährlich aus den europäischen Staaten in den Süden – mehr als die staatliche Entwicklungshilfe. So gesehen ist die Migration nach Europa nicht Teil des Problems – sondern kann vielmehr zur Lösung der Probleme in Afrika beitragen.

...

QuoteBronstein 30.07.2018, 20:21 Uhr
Ein wohlmeinender Artikel, der leider in das Schema verfällt, welches er kritisiert.

So heißt es, dass die afrikanischen Länder nicht länger als Bittsteller auftreten, die von Europas gutem Willem abhängig sind wollen. Dann ist es aber doch wieder Europa, das - im Wettstreit mit China und Afrika - eine gemeinsame Strategie 'auf
Augenhöhe' definieren soll. Es stimmt, Afrika lässt sich nicht hineinreden. Statt Landreformen und eine massive Föderung von Kleinbauern anzuschieben, verpachten oder verkaufen sie
große Areale an Chinesen, Araber und andere - nachdem sie ihre eigene Bevölkerung von diesen Flächen vertrieben haben. Die afrikanischen Machthaber lassen sich ihre Haushalte zu großen Teilen von westlichen Regierungen finanzieren, expatrieren gleichzeitig Milliarden auf private Konten in London, der Schweiz und sonstigen Steueroasen. Das ganze Gerede von Neokolonialismus ist eine einzige Ablenkung von der Tatsache, dass sie ihre eigene Bevölkerung als Einfluß- und Einnahmensquelle behandeln. Ganze Generationen werden ins Ausland geschickt, deren Rücküberweisungen als Devisenquellen verwendet werden, demonstrativem Konsum dienen, aber kaum produktiven Investitionen. Die Überbevölkerung (in dem Sinn, dass es für diese keine Beschäftigung gibt) dienen als Druckmittel im internen Machtkampf oder als "Weapon of Mass Migration", nämlich zur Erpressung westlicher Gelder:

Weapons of Mass Migration: Forced Displacement, Coercion, and Foreign Policy (Cornell Studies in Security Affairs) (Englisch) Gebundene Ausgabe – 18. März 2010
https://www.amazon.de/Weapons-Mass-Migration-Displacement-Coercion/dp/0801448719 (https://www.amazon.de/Weapons-Mass-Migration-Displacement-Coercion/dp/0801448719) ).

Die Verachtung der afrikanischen Eliten (die faktisch oder mental, in jedem Fall kontomäßig in den westlichen Metropolen leben) für ihre eigene Bevölkerung ist legendär:

"Der afrikanische Exodus ist wie ein Faustschlag ins Gesicht der Regierenden" David Signer, Dakar (25.7.2018)
Senegal ist ein stabiler, recht liberaler und demokratischer Staat; trotzdem verlassen, bezogen auf die Gesamtbevölkerung, weit mehr Menschen das Land als in fast allen Staaten Westafrikas. ... Laut einer kürzlich durchgeführten Untersuchung wollen drei Viertel der Bevölkerung zwischen 15 und 35 Jahren fort. Vermutlich ist der Anteil in den umliegenden (Krisen-)Ländern noch höher. Das ist eigentlich ein Faustschlag ins Gesicht der Regierenden; die Jungen scheinen keinerlei Vertrauen in den Fortschritt zu haben, den die Präsidenten seit Jahren versprechen. Sie sind so hoffnungslos, dass sie ihr Leben riskieren, um in ein vages «Paradies» aufzubrechen. Alles ist besser als die Heimat, sagen sich die Desperados, die mit ihrer Verwandtschaft oft viel stärker verbunden sind als die meisten Europäer, die also nicht ohne weiteres ins Unbekannte losziehen. Die Staatschefs zucken derweil die Schultern. Ein Beispiel ist der ehemalige senegalesische Präsident Abdoulaye Wade. Im Frühjahr 2006 empfing er eine Gruppe von 500 Senegalesen, die von Spanien zurückgeschafft worden waren nach gescheiterter Fahrt mit wackligen Pirogen Richtung Kanarische Inseln. «Ich möchte euch nicht zurückhalten», verkündete Wade, «im Gegenteil. Emigranten schicken Geld aus dem Ausland, von dem ihre Familien und sie selbst profitieren.» Dass es die Arbeitslosigkeit, die Korruption, die Misswirtschaft und die schlechte Regierungsführung waren, die die Jungen auf ihre selbstmörderische Fahrt zwangen, scheint sein Gewissen nicht belastet zu haben. Migration ist für Politiker eine leichte Art, Arbeitslosigkeit zu exportieren. ...
https://www.nzz.ch/international/ein-faustschlag-ins-gesicht-der-regierenden-ld.1406074 (https://www.nzz.ch/international/ein-faustschlag-ins-gesicht-der-regierenden-ld.1406074)

Das weiß ein Afrikawissenschaftler natürlich. Daher sollte er auch nicht das Lied europäischer "Aktivisten" singen, denen die Massenfluchtnach Europa gerade recht ist, um ihre Dauerklage gegen den "Imperialismus" bilderreich auszuschmücken.


Quotegladis 30.07.2018, 19:41 Uhr
Kriege, Horror-Menschenrechtsverletzungen und Armut prägen das Bild und dennoch werden die helfenden Hände der Welt immer kleiner.
Groß ist nur das Geschrei, wenn sich die Betroffenen auf den Weg machen, eine bessere Zukunft zu suchen und plötzlich die bisher Nicht-Betroffenen zu Betroffenen werden.
Dann wird "Stacheldraht" ausgerollt. ...


QuoteA.v.Lepsius 29.07.2018, 17:25 Uhr
Danke, Herr Starzmann.

Das ist einer der besten Artikel zum Thema, den ich im TSP zum Großthema Afrika gelesen habe.

    Paul Starzmann. ist Afrikanist und Ethnologe. Er hat an der HU Berlin im Fach Afrikawissenschaften promoviert

Und genau das merkt man dem Artikel wohltuend an. Es gibt zu viele Schreiber, die wenig bis keine Ahnung über die Vielschichtigkeit der Probleme haben, eben angefangen von der Kolonialzeit mit dem "Verbót" von Bildung für Einheimische, den künstlichen Staatenbildungen der Völker "verband", die historisch verfeindet waren oder eben auch Völker trennte.

Die Austottung, manchmal sogar wortwörtlich, der Naturreligionen durch das Christentum und den Islam, der Versuch, Kultur und Geschichte zu verdrängen oder zu unterdrücken.

Das Thema ist so tiefgründig, es könnte hier Seiten bzw. Bücher füllen. Gut ist, dass Sie das Thema China und Russland ansprechen. Ich kann Ihre Analyse über die Freude vieler Afrikaner über das Engagement nur bestätigen. Aus ganz praktischer Erfahrung vor Ort. In Tansania, Kenia, Uganda, Ruanda, Ägypten.

Es ist um eine Art Wahlspruch der Chinesen zu erweitern:
Von Afrikanern in Afrika kaufen, in Afrika von Afrikanern verarbeiten lassen, von Afrikannern in Afrika verkaufen lassen.

Einige werden bemängeln, bissl viel Afrika in dem Satz. Aber genau das zeigt den Unterschied zur EU. Die EU kauft in Afrika, verarbeitet anderswo, um die Endprodukte ggf. wieder teuer nach Afrika zu verkaufen. Oder manchmal auch die "Reste".

Europa hat Afrika geplündert, ausgebeutet. Europa hat danach die Schwäche der Staaten genutzt, um nachteilige Handelsabkommen zu schließen. Europa erpresst heute mit Medikamentenpreisen, mit Patentrechten.

Aber diese Zeit ist vorbei. Und zum Thema Migration: So fühlt es sich an, wenn Millionen in Ihr Land kommen, um sich dort etwas zu nehmen, was es zu Hause nicht gibt. Uneingeladen. Nicht erwünscht. Kolonialisierung wiederholt sich vielleicht. Diesmal in die andere Richtung.


...


Aus: "Was sich in der Afrikapolitik der EU ändern muss" Paul Starzmann (30.07.2018)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/migration-uebers-mittelmeer-was-sich-in-der-afrikapolitik-der-eu-aendern-muss/22859234.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/migration-uebers-mittelmeer-was-sich-in-der-afrikapolitik-der-eu-aendern-muss/22859234.html)
Title: Grundrechte & Global Issues...
Post by: Link on November 18, 2018, 06:52:27 PM
,,Mit Armut erwürgen" (07.09.1992)
Große Öl- und gewaltige Erdgasfunde im vereinigten Jemen wecken die Begehrlichkeit Saudi-Arabiens. Riad behauptet, die Mehrzahl der Felder befände sich auf saudischem Gebiet. König Fahd sieht seine Vorrangstellung auf der arabischen Halbinsel durch den Nachbarn gefährdet. Wird aus dem Disput ein heißer Konflikt?

"Der wahre Grund des Jemen-Kriegs?" Georg Meggle (30. Oktober 2018)
Was steckt wirklich hinter diesem Krieg? Zu welchem Sinn und Zweck wird er geführt? Um welche Interessen geht es bei diesem Völkermord? Und um die Interessen von wem?
https://www.heise.de/tp/features/Der-wahre-Grund-des-Jemen-Kriegs-4205930.html

Title: Grundrechte & Global Issues...
Post by: Link on July 15, 2019, 05:10:47 PM
"Welternährung: 820 Millionen Menschen hungern" Alexandra Endres (15. Juli 2019)
Dass bis 2030 kein Mensch auf der Erde mehr Hunger leidet, wird kaum noch zu schaffen sein. Im Gegenteil, warnt die FAO: Wirtschaftskrisen werden die Lage verschärfen. ,,, Bis zum Jahr 2030 soll niemand mehr Hunger leiden, das hatten sich die Vereinten Nationen vor vier Jahren vorgenommen. Ein großes Ziel – und es ist kaum noch zu erreichen, wie Wissenschaftler unter Federführung des Entwicklungsökonomen und UN-Sonderberaters Jeffrey Sachs erst kürzlich schrieben. Tatsächlich steigt die Zahl der Hungernden, statt zu sinken: Im Jahr 2018 waren es 820 Millionen Menschen. Das geht aus dem jährlichen, gerade aktuell veröffentlichten Bericht der UN-Welternährungsorganisation FAO zum Stand der weltweiten Nahrungsmittelsicherheit hervor. ... Zugleich, und das ist nur auf den ersten Blick ein Widerspruch, nimmt die Zahl der Übergewichtigen und Fettleibigen zu. Im Jahr 2016 waren zwei Milliarden Erwachsene weltweit übergewichtig, das sind die neusten verfügbaren Daten. Etwa ein Drittel von ihnen galt als fettleibig. Die Zahl der übergewichtigen Kinder und Jugendlichen überstieg die 300 Millionen. ...
https://www.zeit.de/wirtschaft/2019-07/welternaehrung-bericht-fao-hunger-nahrung-wirtschaftskrise
Title: Grundrechte & Global Issues...
Post by: Link on October 15, 2019, 11:13:40 AM
Quote[...] ,,Es besteht kein Konflikt, keine Meinungsverschiedenheit zwischen der Kirche, dem Heiligen Stuhl, und den Vereinten Nationen in Sachen Menschenrechten, vor allem nicht wenn es um den Frieden und den Wohlstand für alle Menschen geht."

Silvano Maria Tomasi ist katholischer Erzbischof und ständiger Beobachter des Heiligen Stuhls bei den Vereinten Nationen, der UNO. Allerdings hat der Vatikanstaat die Menschenrechtscharta der UNO nicht unterzeichnet. Die Menschenrechte stellen jene Rechte dar, die einzelne Personen vom Staat einfordern können. Der Heilige Stuhl ist einer der wenigen Staaten, die diese Rechtsforderungen der Vereinten Nationen nach wie vor ablehnen. Auch die Europäische Menschenrechtskonvention wurde bisher vom Heiligen Stuhl nicht unterzeichnet.

Aus einem präzisen Grund hat der Vatikan immer noch Probleme damit, solche internationalen Dokumente zu unterzeichnen, erklärt Daniele Menozzi, Historiker an der Universität Scuola Normale Superione in Pisa und Autor eines 2012 erschienen Buches zum Thema Kirche und Menschenrechte:
,,Gegen das Recht des Menschen über sich selbst zu bestimmen argumentieren die Päpste mit dem Naturrecht, dem sich der Kirche nach die Menschen unterzuordnen haben."

Die Kirche und die Menschenrechte: ein Thema, das die Päpste seit 1789 beschäftigt. Die Ausrufung der Menschenrechte während der Französischen Revolution überraschte die Kirche. Vor allem war Papst Pius VI. über das Verhalten des französischen Klerus angesichts der Menschenrechtserklärung überrascht.

,,Die französische Kirche beteiligte sich an der Verfassung dieser Erklärung. Sie war nicht mit allen Artikeln der Erklärung einverstanden, gab aber Empfehlungen, die beim Abfassen des Textes berücksichtigt wurden. Als Rom davon erfuhr, reagierte der Papst sofort: Pius VI. verurteilte die Menschenrechtserklärung offiziell, mit dem Hinweis, dass diese Rechte der kirchlichen Lehre widersprächen."
Die Mehrheit des französischen Klerus gehorcht dem römischen Diktat.

Mit der entschiedenen Ablehnung dieser ersten Menschenrechtserklärung beginnt Historiker Menozzi zufolge die konfliktreiche Geschichte zwischen dem Vatikan und den verschiedenen späteren Menschenrechtserklärungen:

,,Das Motiv der Ablehnung solcher Erklärungen seitens der Kirche liegt in der Überzeugung der Päpste, dass sich eine menschliche Gesellschaft nach den Prinzipien Gottes und nicht der Menschen zu organisieren habe.

Und so kommt es vor allem im 19. Jahrhundert zu scharfer Kritik seitens der Päpste allen Versuchen gegenüber Menschenrechte zu deklarieren. Ende der 1870er-Jahre schließlich erklärt Papst Leo XIII., dass es innerhalb des göttlichen Naturrechts gewisse Menschenrechte gebe."

Die Rede ist vom Sogenannten ,,ius divinum naturale". Das ist jenes göttliche Recht, das aus den Hinordnungen, den inclinationes, der menschlichen Natur abgeleitet werden kann und somit dem Naturrecht vergleichbar ist. Das ,,ius divinum" wird unmittelbar auf den Willen Gottes zurückgeführt. Es ist im Verständnis der Kirche überzeitlich, dem übrigen kirchlichen und menschlichen Recht übergeordnet. Es kann somit weder von weltlichen noch von kirchlichen Gesetzgebern verändert und aufgehoben werden. Aus diesem Grund tat sich vor allem die Kirche des 19. und der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts schwer damit, Menschenrechtserklärungen anzuerkennen. Schon allein deshalb, weil jede solche Erklärung den päpstlichen Primat nicht nur infrage stellt, sondern negiert. Der päpstliche Primat gilt allerdings als eine dem Willen des menschlichen Gesetzgebers entzogene weil von Gott verliehene Rechtstatsache.

Die Einstellung der Kirche den Menschenrechten gegenüber änderte sich, so Historiker Menozzi, zum ersten Mal mit Papst Johannes XXIII.:
,,Vor allem mit seiner Enzyklika ,Pacem in terris' von 1963 vollzog die Kirche eine tief greifende Wende. Zum ersten Mal überhaupt wurde das Wort ,Menschenrechtserklärung' positiv in einem päpstlichen Dokument erwähnt. Dieser Papst war davon überzeugt, dass diese Erklärung die Basis für alle menschlichen Organisationen sein sollte."

Johannes XXIII. eröffnete damit einen Dialog innerhalb seiner Kirche. Die bis dato hohe Barriere zwischen Menschenrechten und göttlichem Naturrecht war entschieden niedriger geworden.

Das Abschlussdokument des Zweiten Vatikanischen Konzils sprach sich aber weitaus vorsichtiger gegenüber dem Thema der Menschenrechte aus als Papst Johannes XXIII. Dort war, wenn auch mit weitreichenden Zugeständnissen der modernen Gesellschaft gegenüber, wieder vom Primat des göttlichen Naturrechts die Rede.

Mit dem Pontifikat von Johannes Paul II., vor allem aber von Benedikt XVI. setzte sich innerhalb der Amtskirche wieder jene orthodoxe Konzeption des göttlichen Naturrechts als allem menschlichen Recht übergeordnet durch.

Und jetzt, mit Papst Franziskus? Wird sich mit ihm in Sachen Kirche und Menschenrechten etwas ändern? Katholiken weltweit erwarten sich, so Historiker Daniele Menozzi, auch in diesem Punkt Veränderungen durch den Papst aus Argentinien:

,,Während des Pontifikats von Benedikt XVI. kann man von einer Obsession bezüglich des göttlichen Naturrechts sprechen. Franziskus hat deutlich gemacht, das unter seinem Pontifikat diese Fixierung nicht mehr so wichtig ist. Er sagte es klar: Die Kirche darf nicht wollen, dass sich die Menschen ihrem Recht unterordnen, sondern sie muss die Frohe Botschaft verbreiten."

Aber Menozzi glaubt nicht, dass der Vatikan bald schon UNO- und EU-Menschenrechtserklärungen unterzeichnen wird. Mit Papst Franziskus, so der Historiker, wird das Dogma des göttlichen Naturrechts als allem menschlichen Recht übergeordnet nicht etwa abgeschafft, sondern nur weniger wichtig.


Aus: "Staat und Religion: Der Vatikan und die Menschenrechte" Thomas Migge (09.01.2015)
Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/staat-und-religion-der-vatikan-und-die-menschenrechte.886.de.html?dram:article_id=308219 (https://www.deutschlandfunk.de/staat-und-religion-der-vatikan-und-die-menschenrechte.886.de.html?dram:article_id=308219)
Title: Grundrechte & Global Issues...
Post by: Link on November 20, 2019, 02:54:10 PM
Quote[...] Vor 30 Jahren wurde die Kinderrechtskonvention von den Vereinten Nationen verabschiedet. Sie garantiert das Recht auf Überleben, Entwicklung und Schutz. In Österreich gelten Kinderrechte seit 1992, und seit 2011 steht das in der Kinderrechtskonvention verankerte Recht des Kindes auf Schutz vor jedweder Form von Gewalt, vor Misshandlung, Vernachlässigung, sexuellem Missbrauch oder Ausbeutung in Österreich in Verfassungsrang.

Und dennoch erleben hierzulande viele Kinder Gewalt in der Erziehung. Die "gsunde Watschn" wird vielfach immer noch verteilt und verteidigt. Das Gallup-Institut hat im Auftrag der Möwe-Kinderschutzzentren eine Befragung dazu durchgeführt. 95 Prozent sehen demnach "eine Tracht Prügel" klar als Gewalt, aber nur für 34 Prozent wird eine "leichte Ohrfeige" als Gewalthandlung gesehen. Und nur für 26 Prozent fällt es unter Gewalt, wenn Eltern länger nicht mit ihrem Kind sprechen, um es zu bestrafen, so ein weiteres Ergebnis der Befragung.

...


Aus: "Haben Sie Gewalt in der Erziehung erlebt?" (20. November 2019)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000111230560/haben-sie-gewalt-in-der-erziehung-erlebt (https://www.derstandard.at/story/2000111230560/haben-sie-gewalt-in-der-erziehung-erlebt)

Quote
Tagesfresse

Haben sie Gewalt in der Erziehung erlebt? - Meine Kindheit war zu einer Zeit, in der die schwarze Pädagogik noch als erwünschtes Erziehungsmodell galt. ...
Übrigens ist Gewalt in der Erziehung erst seit 1989 verboten.


---

    ,,Unter der ,Schwarzen Pädagogik' verstehe ich eine Erziehung, die darauf ausgerichtet ist, den Willen des Kindes zu brechen, es mit Hilfe der offenen oder verborgenen Machtausübung, Manipulation und Erpressung zum gehorsamen Untertan zu machen."

– A. Miller: Evas Erwachen, 2001

In einem weiteren Sinne wird unter schwarzer Pädagogik schlagwortartig auch jede Erziehung verstanden, die Erziehungsmittel wie Gewalt, Einschüchterung und Erniedrigung verwendet. Häufig wird dem Erziehenden die Absicht zugeschrieben, sich selbst persönlich zu erhöhen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Schwarze_P%C3%A4dagogik (https://de.wikipedia.org/wiki/Schwarze_P%C3%A4dagogik)
Title: Grundrechte & Global Issues...
Post by: Link on November 20, 2019, 04:06:52 PM
Quote[...] Neun lange Jahre haben die Vorermittlungen der schwedischen Staatsanwaltschaft gedauert. Jetzt hat sie festgestellt: Die vorliegenden Beweise reichen nicht aus, um Anklage gegen Julian Assange erheben zu können. Das sollte ein guter Tag sein für den preisgekrönten Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks, der die Vorwürfe stets bestritten hatte. Ist es aber nicht.

Denn an der Lage des 48-jährigen Australiers ändert der Beschluss der schwedischen Staatsanwaltschaft erst einmal nichts: Assange bleibt weiter in Haft, isoliert in seiner Zelle im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh bei London. Jetzt geht es um das, was der Publizist aus gutem Grund immer vermeiden wollte, weswegen er überhaupt sieben Jahre lang das Asyl in der Enge der ecuadorianischen Botschaft ertragen hat. Es geht um seine drohende Auslieferung an die USA.

18 Anklagepunkte hat dort eine geheim tagende Grand Jury zusammengetragen. Der Vorwurf: Verschwörung mit der ehemaligen US-Soldatin Chelsea Manning zum Stehlen und Veröffentlichen von US-Staatsgeheimnissen. Genauer gesagt: von hunderttausenden geheimer Dokumente von den US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan, von hochbrisanten Botschaftsdepechen.

Diese Dokumente haben das Bild der amerikanischen Militäreinsätze verändert. Die zehntausenden zivilen Opfer dieser Kriege wurden plötzlich sichtbar, Folter und Kriegsverbrechen. Die US-geführten Kriege waren nicht so sauber, wie die von smarten PR-Strategen veröffentlichten Bilder vermeintlich klinisch sauberer Präzisionsschläge suggerierten. Sie waren schmutzig und grausam - so wie jeder Krieg. Die veröffentlichten Fakten waren schmerzhaft. Das sorgsam gepflegte Bild von der wohlwollenden Supermacht USA bekam empfindliche Risse. Man könnte auch sagen: Es war guter, investigativer Journalismus. So wie funktionierende Demokratien ihn brauchen, wenn gut informierte Bürger Rechenschaft von den Regierenden verlangen sollen. Den Bürger brauchen, wenn die wirklich oberster Souverän des Staates sein sollen.

Aber Washington sann auf Rache - und machte keinen Hehl daraus. Obamas Vize Präsident Joe Biden nannte Assange einen "high-tech Terroristen". Der ehemalige Sprecher des Repräsentantenhauses, Newt Gingrich, meinte, der Wikileaks-Gründer solle wie ein "feindlicher Kämpfer" behandelt werden. Bei Fox-News schlug der Kommentator Bob Beckel sogar vor, Assange zu ermorden. Außenminister Mike Pompeo bezeichnete Wikileaks 2017 als "nicht-staatlichen, feindlichen Geheimdienst".

Diese Rhetorik lässt keinen fairen Prozess für Assange in den USA erwarten. Dort drohen ihm 175 Jahre Haft. Mit welchen Bandagen die US-Behörden vorgehen, zeigt ihr Umgang mit der Whistleblowerin Chelsea Manning. Sieben Jahre hat sie bereits in Haft gesessen wegen der Weitergabe von Staatsgeheimnissen an Wikileaks, bis Ex-Präsident Obama sie am Ende seiner Amtszeit begnadigte. Jetzt sitzt sie seit über 150 Tagen erneut in Haft. Weil Manning sich weigert, vor der Grand Jury gegen Assange auszusagen.

Das britisch-amerikanische Auslieferungsabkommen von 2007 verbietet ausdrücklich die Auslieferung in politisch motivierten Fällen. Kann irgendjemand einen Zweifel daran haben, dass dieses Auslieferungsverfahren politisch motiviert ist? Dennoch wird es von beiden Seiten weiter betrieben, unter flagranter Verletzung der Rechte Assanges. Das geht los bei den Haftbedingungen. Der UN-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer, hat Assange im Sommer im Gefängnis besucht. Die Bedingungen seiner Haft seien "fundamental inhuman" schreibt Melzer in seinem Bericht. Assange "zeige alle Symptome eines Menschen, der länger psychischer Folter ausgesetzt" gewesen sei.

Das geht bei der Behinderung der Verteidigung weiter. Die hatte sich vergeblich mehr Zeit gewünscht, um sich auf die Verhandlung ab dem 25. Februar vorzubereiten. Weil sie nur sehr begrenzten Zugang zu ihrem Mandanten hatte. Und weil Assange seine Dokumente verloren hat, als Ecuador das Botschaftsasyl im April dieses Jahres aufhob. Die ecuadorianische Botschaft hat damals sämtliche Habe des Wikileaks-Gründers den US-Behörden übergeben.

Dazu kommt: Assange war in der Botschaft rund um die Uhr ausspioniert worden. Selbst die Gespräche mit seinen Anwälten waren mit geheimen Kameras und Mikrofonen in der Botschaft aufgezeichnet worden - und landeten umgehend bei den US-Behörden. Allein dieser Umstand würde in jedem normalen Prozess zur Einstellung des Verfahrens führen.

Aber an diesem Verfahren ist nichts normal. Eine Supermacht will exemplarisch einen Journalisten abstrafen: Zur Einschüchterung an alle Enthüller und ihre Helfer. Wikileaks hat die Dokumente lediglich veröffentlicht - und große internationale Medien haben mitgemacht. Hier soll Journalismus kriminalisiert werden. Der Whistleblower Edward Snowden hat es auf den Punkt gebracht: Wenn das Aufdecken von Verbrechen wie ein Verbrechen  behandelt wird, werden wir von Verbrechern regiert.


Aus: "Kommentar: Vorwurf geklärt, doch Julian Assange bleibt in Gefahr" Matthias von Hein (20.11.2019)
Quelle: https://www.dw.com/de/kommentar-vorwurf-gekl%C3%A4rt-doch-julian-assange-bleibt-in-gefahr/a-51327851 (https://www.dw.com/de/kommentar-vorwurf-gekl%C3%A4rt-doch-julian-assange-bleibt-in-gefahr/a-51327851)
Title: Grundrechte & Global Issues...
Post by: Link on November 25, 2019, 04:46:43 PM
""China Cables": Von Algorithmen ins Internierungslager geschickt" Martin Holland (25.11.2019)
Seit Jahren gibt es Berichte über die massive Unterdrückung der Uiguren im Westen Chinas. Geheimdokumente geben nun Einblicke – auch in den Beitrag von Technik. ... Unter Berufung auf die "China Cables" spricht der China-Experte Adrian Zenz gegenüber dem NDR nun von einer "systematischen Internierung einer ganzen ethno-religiösen Minderheit" und einem "kulturellen Genozid". Die Dokumente belegen für ihn demnach "im Detail, dass die Regierung seit 2017 eine Massenkampagne der Umerziehung in dieser Region durchführt, unter dem Namen der Berufsbildung". Gleichzeitig, so der Experte, "geben die Dokumente aber auch eine schockierende Gewissheit, dass das Ganze eine systematische und vor allem eine geheime Kampagne ist". Letzteres ist mit dem neuerlichen Leak spätestens jetzt nicht mehr der Fall. (mho)
https://www.heise.de/newsticker/meldung/China-Cables-Von-einer-Software-ins-Internierungslager-geschickt-4595731.html
Title: Grundrechte & Global Issues...
Post by: Link on December 10, 2019, 09:51:08 AM
Quote[...] Wie war das noch? Nichts ist so spannend oder auch so bedeutend wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist. Sei es auch nicht ganz korrekt zitiert – der Tenor ist einer, der zum Tag der Menschenrechte passt. Wäre das nicht eine Idee, eine großartige, große, den Menschenrechten zum Durchbruch zu verhelfen?

Ja, wäre es. Wenn nicht schon viele, darunter große Geister und Politiker, darauf gekommen und daran gescheitert wären. Es ist doch so: gescheitert. Denn seit Jahrzehnten gibt es rechtliche und andere Regelungen; nur dass die offenkundig mit Ignoranz gestraft werden. Als würde der Mensch nicht klüger. Die Liste der Menschenschänder ist lang, wird nicht kürzer und liest sich alles in allem erschreckend.

Zur Erinnerung: Auf internationaler Ebene wurde 1948 die Menschenrechtsdeklaration der Vereinten Nationen verabschiedet. Die gilt, logischerweise, universal, global und ist aktuell. Aber rechtlich nicht bindend.

Bindend dagegen sind die schon 1966 geschlossenen Pakte: der über bürgerliche und politische Rechte, der über wirtschaftliche, soziale und kulturelle. So viele Menschenrechtsabkommen wurden verabschiedet, die Europäische Menschenrechtskonvention von 1953, die Amerikanische Menschenrechtskonvention von 1969, die Afrikanische Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker von 1981, die Arabische Charta der Menschenrechte 1994, die asiatische Menschenrechtsdeklaration von 2012.

Aber auch dass die Gerichtshöfe, zum Beispiel der Europäische oder der Internationale Strafgerichtshof, sich mit Menschenrechten befassen, ist bei Weitem keine Garantie für deren Einhaltung. Genozide finden statt, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen.

... Es gibt genügend Hinweise jährlich auf die Verletzungen von Menschenrechten, von Amnesty International über Human Rights Watch bis hin zu den UN. Aber wenn die Staaten doch nicht willens sind – was hilft? Was bleibt also? Gewalt gewiss nicht.

Nur schon der Fundus dessen, was an gewaltigen Waffen eingesetzt werden könnte, ist viel zu gefährlich. Lebensgefährlich.

Nein, was bleibt, was hilft, das ist, der Idee zu folgen: dass es universelle Menschenrechte gibt. Und gehe es in winzig kleinen, in Mäuseschritten voran. Hier ist der Fortschritt eine Maus. Da gilt es beispielsweise, den Chinesen als der neuen Weltmacht vor aller Welt zu sagen, dass jeder sehen kann, was sie tun.

Ihnen Mal um Mal öffentlich zu erklären, dass die Teilnahme an einem internationalen Regelwerk nicht bedeutet, dass sie das Regelwerk bestimmen. Das soll sie irritieren. Und Irritation ist der Anfang. Konsequenzen sind der nächste Schritt. Wo Menschenrechte mit Füßen getreten werden, da darf die Politik als Erstes nicht schweigen – und muss als Zweites ihre Schlüsse daraus ziehen. Die nennen sich Sanktionen.

Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit*, alte, revolutionäre Ideale. Sie sind auch noch nicht verwirklicht, trotzdem bleiben sie das, wonach Menschen streben. Um wie viel besser kann es erst werden, wenn mit dem Freiheitsdrang die gründliche Kenntnis der Menschenrechte alle Nationen durchdringt.

Das ist auch schon eine ältere Erkenntnis, eine von Benjamin Franklin, die zu verwirklichen sich aber immer noch lohnt. Schon gar in diesen Zeiten, in denen eine Chance darin liegt, dass Informationen nicht an Landesgrenzen haltmachen. Tatsachen und Taten werden offenbar. Und so kann sich ganz langsam zum Besseren wenden, was wir zu diesem Tag beklagen müssen. Eines Tages. Ist so eine Idee.



Aus: "Nicht schweigen, sondern bestrafen" Stephan-Andreas Casdorff (09.12.2019)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/tag-der-menschenrechte-nicht-schweigen-sondern-bestrafen/25316774.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/tag-der-menschenrechte-nicht-schweigen-sondern-bestrafen/25316774.html)

Quotecz284 09.12.2019, 18:57 Uhr

    Die nennen sich Sanktionen.
     
    Genozide finden statt, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen.

Ökonomie geht nicht erst seit heute vor Menschenrechte.
Waffen werden, oftmals unter Umgehung geltender Rechtsnormen, in Krisengebiete und an so ziemlich alle Fronten der Welt geliefert.
Da wird richtig Geld verdient, da werden Einflussgebiete erobert oder die Macht ganzer Staaten oder Regionen neu geregelt
Im Nachhinein wird die Vergangenheit und der gemachte Konflikt stets geklittert, immer nach dem Motto: "Der Sieger hat Recht."
Das Schlimmste ist, dass solche Unwahrheiten in die Geschichtsbücher übernommen werden und bereits die nächste Generation nicht mehr weiß, was damals wirklich geschah.


...
Title: Grundrechte & Global Issues...
Post by: Link on January 16, 2020, 09:09:54 AM
Quote[...] Nach der Trauer die Wut: Im Iran und im Irak haben die Menschen ihre Machthaber genauso satt wie Einmischung von außen.  ... Dass überhaupt wieder protestiert wird, ist erstaunlich. Wer in diesen Zeiten im Irak oder im Iran auf die Straße geht, braucht eine Mischung aus dem Mut der Verzweiflung und Glück. Als sich im vergangenen November Iraner im ganzen Land gegen eine drastische Erhöhung der Benzinpreise erhoben, wurden Hunderte, womöglich über 1500 Menschen getötet – erschossen oder überfahren von Sicherheitskräften wie den Basidsch-Milizen, einer Hilfspolizei von Freiwilligen, die den Revolutionsgarden unterstehen. Im Irak feuerten Scharfschützen auf Demonstranten, Aktivisten wurden entführt und gefoltert, viele sind seither verschwunden. ...

... Die Aktivisten haben sich aus der Falle der Geopolitik befreit. Man müsse sich gegen jede Form der Unterdrückung richten, haben am vergangenen Wochenende Studenten der Teheraner Amir-Kabir-Universität geschrieben. "Während der letzten Jahre hat die Präsenz der USA nichts produziert als wachsende Unsicherheit und Chaos. Aber Amerikas Abenteuertum ist keine Entschuldigung für lokale Repression."

Da könnten sie zusammenkommen, die regimekritischen iranischen Studenten und der proiranische Milizionär Murtada al-Mussawi aus Bagdad. "Ich würde gern endlich in einem Staat leben,", sagt er, "der nicht das Schlachtfeld ausländischer Mächte ist."


Aus: "Genug gelogen" Andrea Böhm, Lea Frehse und Luisa Hommerich (15. Januar 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/2020/04/proteste-naher-osten-iran-irak-regime-korruption/komplettansicht (https://www.zeit.de/2020/04/proteste-naher-osten-iran-irak-regime-korruption/komplettansicht)

QuotePertlyCornflakes #5

Wir im Westen haben die Lügen unserer Regierungen zur Nahost-Politik genauso satt.


...
Title: Grundrechte & Global Issues...
Post by: Link on January 16, 2020, 12:13:04 PM
"USA und China im HRW "World Report 2020"" Bulgan Molor-Erdene (16. Januar 2020)
Am Dienstag veröffentlichte die Nichtregierungsorganisation Human Rights Watch ihren diesjährigen Bericht zur Lage der Menschenrechte in über 90 Ländern. Auf rund 650 Seiten beklagen die Autoren ein breites Spektrum an Diskriminierungen, Menschenrechtsverletzungen, und Bedrohungen der Zivilgesellschaft. Technologische Massenüberwachung, Internetsperren, extreme Polizeigewalt, institutioneller Rassismus, rechtsextremistische Angriffe auf Asylunterkünfte, Homophobie, politische Morde, Massenexekutionen, you name it.
https://www.heise.de/tp/features/USA-und-China-im-HRW-World-Report-2020-4638812.html

China - Events of 2019
https://www.hrw.org/world-report/2020/country-chapters/china-and-tibet# (https://www.hrw.org/world-report/2020/country-chapters/china-and-tibet#)

"Human Rights Watch kritisiert ,,alptraumhaftes Kontrollsystem" in China" (14.01.2020)
https://www.tagesspiegel.de/politik/hightech-ueberwachungsstaat-human-rights-watch-kritisiert-alptraumhaftes-kontrollsystem-in-china/25433524.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/hightech-ueberwachungsstaat-human-rights-watch-kritisiert-alptraumhaftes-kontrollsystem-in-china/25433524.html)

"Human Rights Watch: China - "Super-Gau für die Menschenrechte""
Unterdrückung, Zensur, Manipulation: Human Rights Watch stellt im World Report 2020 sehr deutlich und eindringlich China an den Pranger. Das Land bedrohe existentiell internationale Menschenrechte. ...
https://www.dw.com/de/human-rights-watch-china-super-gau-f%C3%BCr-die-menschenrechte/a-51994726 (https://www.dw.com/de/human-rights-watch-china-super-gau-f%C3%BCr-die-menschenrechte/a-51994726)
Title: Grundrechte & Global Issues...
Post by: Link on April 21, 2020, 08:59:42 AM
Quote[...] Die Zahl der Hinrichtungen ist im vergangenen Jahr weltweit erneut kleiner geworden. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International, die darüber jährliche Berichte verfasst, verzeichnete für 2019 einen erneuten Rückgang der Exekutionen um fünf Prozent in einem Jahr. 657 Hinrichtungen statt der noch 690 ein Jahr zuvor, so der am Dienstag veröffentlichte Bericht, sei nicht nur die geringste Zahl in einem Jahrzehnt, es setze sich auch ein seit 2015 anhaltender Trend fort.

Die Organisation weist allerdings darauf hin, dass das nur die Zahl ist, die sie aus offiziellen Quellen, Berichten von Angehörigen oder anderen Zeugen und Zeitungsberichten gewinnen konnte.

Man nehme nur Fälle in die Zählung auf, für die es eine nachvollziehbare Bestätigung gebe. Insofern läge die tatsächliche Zahl sicher höher als jene 657, die der Bericht verzeichnet.

Für China, das seine Hinrichtungspraxis als Staatsgeheimnis - das tun auch Weißrussland und Vietnam - unter Verschluss hält, veröffentlicht Amnesty bereits seit zehn Jahren keine Zahl mehr. Die Organisation vermutet aber, dass jährlich Tausende Menschen in China exekutiert werden.

Amnesty zeigte sich über diesen Teil des Zahlen zufrieden. Er belege, "dass die Bewegung anhält, die grausame, inhumane und entwürdigende Höchststrafe weltweit abzuschaffen", heißt es im Bericht. Allerdings stünden einige Länder dagegen.

Im Irak zum Beispiel habe sich die Zahl der vollstreckten Todesurteile fast verdoppelt, in Saudi-Arabien sei sie um ein knappes Viertel gestiegen. Überhaupt sind Länder des Nahen Ostens und Nordafrikas 2019 für 88 Prozent der bekannt gewordenen Hinrichtungen verantwortlich - China wieder ausgenommen.

In Iran sank die Zahl der Hinrichtungen leicht, was Amnesty auf eine Ergänzung des Anti-Drogen-Gesetzes zurückführt, allerdings auf einem sehr hohen Niveau: Amnesty verzeichnete im letzten Jahr mindestens 251 Menschen, an denen die Todesstrafe im Iran vollstreckt wurde, zwei weniger als im Jahr zuvor.

Vier sollen noch minderjährig gewesen sein, darunter zwei Cousins, beide bei ihrer Verhaftung 15 Jahre alt, die in einem unfairen Verfahren wegen mehrfacher Vergewaltigung verurteilt wurden und in der Haft Peitschenhiebe erleiden mussten. Amnesty spricht von Iran als dem "Top-Henker der Region".

In Saudi-Arabien verzeichnete Amnesty im vergangenen Jahr 184 vollstreckte Todesurteile, die höchste jemals festgestellte Zahl. Mehr als die Hälfte der Opfer hatte einen nichtsaudischen Pass, sechs der Hingerichteten waren Frauen.

84 Menschen wurden wegen Drogendelikten geköpft - die übliche Form der Vollstreckung -, 55 wegen Mordes und 37 wegen Vorwürfen des Terrorismus. Die Todesstrafe werde jedoch auch gezielt gegen Dissidenten aus der schiitischen Minderheit Saudi-Arabiens eingesetzt, bemerkt Amnesty.

In Europa außerhalb der EU verzeichnet der Bericht nur noch die früheren Sowjetrepubliken Russland, Weißrussland, Kasachstan und Tadschikistan als Länder, die die Todesstrafe verhängen; nur Weißrussland vollstreckt sie allerdings. Und die USA erwerben sich mit 35 Hinrichtungen im vergangenen Jahr nicht nur den traurigen Ruhm, dies als einziges Land der Organisation amerikanischer Staaten (OAS) zu tun.

In den USA sitzen auch weltweit die meisten Menschen in Erwartung ihrer Hinrichtung in Todeszellen. Amnesty wirft den Vereinigten Staaten zudem vor, dass unter den Opfern auch im vergangenen Jahr wieder geistig Behinderte waren.

Aber auch dort sind Fortschritte zu verzeichnen. New Hampshire schaffte im 2019 als 21. Bundesstaat der USA die Todesstrafe komplett ab; Kaliforniens Gouverneur setzte ihre Vollstreckung aus.

Das Bekenntnis von Gouverneur Gavin Newsom hat Amnesty seinem diesjährigen Bericht sogar vorangestellt: "Es ist falsch, einen Menschen absichtlich zu töten und als Gouverneur werde ich die Hinrichtung keines einzigen erlauben", sagte Newsom am 13. März 2019 und bekannte zugleich, dass das US-Strafsystem "in jeder Hinsicht ein Fehlschlag war". Es diskriminiere Angeklagte, "die geisteskrank, schwarz oder braun waren oder sich keine teuren Anwälte leisten konnten".

Ein weiterer souveräner Staat, der die Todesstrafe abgeschafft hätte, ist 2019 nicht hinzugekommen - auch dies vermerkt der Bericht. Bisher sei sie in 106 Ländern komplett verboten, in 142 Ländern werde sie nicht angewandt.

Der Generalsekretär von Amnesty in Deutschland, Markus N. Beeko, forderte weiteren "entschlossenen Druck der internationalen Staatengemeinschaft auf diese letzten Staaten, die weiterhin an dieser grausamen unmenschlichen Praxis festhalten". Dass sie "mit den grundlegenden Menschenrechten unvereinbar" sei, werde von den weitaus meisten anerkannt. "Wir müssen die internationale Aufmerksamkeit verstärkt auf die kleine Gruppe von Staaten lenken, die Jahr für Jahr Menschen hinrichten."


Aus: "Amnesty verzeichnet weniger Hinrichtungen" Andrea Dernbach (21-04.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/exekutionen-weltweit-amnesty-verzeichnet-weniger-hinrichtungen/25757972.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/exekutionen-weltweit-amnesty-verzeichnet-weniger-hinrichtungen/25757972.html)
Title: Grundrechte & Global Issues...
Post by: Link on May 20, 2020, 11:14:59 AM
Quote[...] KARLSRUHE taz | Das Bundesverfassungsgericht hat die BND-Novelle von Ende 2016 in vollem Umfang für verfassungswidrig erklärt. Zugleich haben die Richter klargestellt, dass deutsche Grundrechte den BND auch im Ausland binden. Die anlasslose Auslandsaufklärung des BND wurde aber nicht generell verboten. Der Bundestag hat für eine Neuregelung Zeit bis Ende 2021.

Der amerikanische Whistleblower Edward Snowden hatte 2013 enthüllt, wie US-Geheimdienste systematisch den internationalen Telefon-, E-Mail- und SMS-Verkehr überwachen und auswerten. Bald wurde jedoch deutlich, dass auch der BND im Ausland ähnlich agiert. Ende 2016 schuf die Bundesregierung im BND-Gesetz immerhin eine gesetzliche Grundlage für die Auslandsaufklärung des BND.

Gegen diese Ergänzung des BND-Gesetzes klagten sechs internationale Journalisten sowie die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG). Die globale Überwachung des BND schüchtere investigative Journalisten ein. Das Gesetz ziele zwar nicht auf Journalisten, es schütze sie aber auch nicht angemessen, so ROG-Geschäftsführer Christian Mihr.

In der mündlichen Verhandlung im Januar wurde dann bekannt, in welchem Ausmaß der BND weltweit die Kommunikation von Ausländern im Ausland überwacht. So sucht der BND mit Hunderttausenden Suchbegriffen in den Telekommunikationsnetzen nach verdächtigen Nachrichten. Suchbegriffe ­können Namen, Orte oder Chemikalien sein. Zu 90 Prozent geht es jedoch um Telefonnummern und E-Mail-Adressen, ,,sogenannte technische Selektoren". Der BND greift dazu auf Internetknoten, Tiefseekabel oder Satellitenkommunikation zu.

Mit Hilfe von Filtern sollen Deutsche und teilweise auch EU-Bürger vor der BND-Ausspähung geschützt werden. Für sonstige Ausländer ist aber kaum Schutz vorgesehen. Täglich gebe es 154.000 Treffer, so der BND, wobei am Ende aber nur 262 Telefonate, E-Mails oder SMS für den BND wirklich relevant seien.

Die Bundesregierung hielt die Klage der internationalen Journalisten für unzulässig. Die Grundrechte des Grundgesetzes gälten nur auf deutschem Boden, so ihre Argumentation. Dem hat das Bundesverfassungsgericht nun in voller Deutlichkeit widersprochen. Die Bindung der deutschen Staatsgewalt an die Grundrechte bleibe auch dann bestehen, wenn sie im Ausland agiert.

Der Senatsvorsitzende Stephan Harbarth sprach von einer ,,Klarstellung", es habe also noch nie etwas anderes gegolten. Tatsächlich war die Frage bisher aber hoch umstritten und wurde jetzt erstmals vom Bundesverfassungsgericht geklärt. Schon insofern handelt es sich um ein echtes Grundsatzurteil.

Als Folge dieser Weichenstellung wurde die BND-Novelle nun gleich doppelt für verfassungswidrig erklärt. Zum einen fehle der Hinweis, in welche Grundrechte das Gesetz eingreife. Zum anderen sei es auch in der Sache verfassungswidrig, weil die Eingriffe in Fernmelde- und Pressefreiheit völlig unverhältnismäßig seien.

Der federführende Richter Johannes Masing stellte aber klar, dass die anlasslose Selektoren-Fahndung des BND nicht generell gegen das Grundgesetz verstößt. Die Bedrohung aus dem Ausland habe zugenommen, die Früherkennung von Gefahrenlagen werde wichtiger. Bis Ende 2021 kann der BND unverändert fortfahren. Ab dann müssen die jetzt aufgestellten Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts beachtet werden.

So muss sich die Früherkennung auf ,,schwerwiegende" Gefahren und bestimmte geografische Regionen beschränken. Eine globale Überwachung halten die Richter für unzulässig. Die Kommunikation von Deutschen müsse schon vor der Prüfung ,,bestmöglich" herausgefiltert werden. Wird sie erst bei der Prüfung erkannt, müsse sie sofort gelöscht werden. Wenn die Kommunikation den Kernbereich privater Lebensgestaltung betrifft, zum Beispiel weil es um Sex oder Religion geht, muss die Überwachung abgebrochen werden.

Der BND müsse sein Verfahren durch interne Regeln klar strukturieren, um die Kontrolle zu erleichtern, so die Richter. Soweit Algorithmen bei der Auswertung zum Einsatz kommen, müsse deren Arbeitsweise nachvollziehbar bleiben. Alle sechs Monate müsse geprüft werden, ob Daten gelöscht werden können. Verkehrsdaten (,,Wer hat wann mit wem kommuniziert") darf der BND im Ausland zwar auf Vorrat speichern und auswerten, muss sie aber spätestens nach sechs Monaten löschen.

Die wichtigste Forderung des Bundesverfassungsgerichts betrifft aber die Stärkung der Geheimdienstkontrolle. Bisher gab es für die Auslandsüberwachung des BND nur ein relativ zahnloses ,,unabhängiges Gremium" (UG). Künftig soll der Bundestag ein ,,gerichtsähnliches" Gremium einrichten, das viele BND-Aktionen vorab genehmigen muss.

So müsse die neue Kontrollinstanz zum Beispiel die gezielte Überwachung von Journalisten und Anwälte vorab prüfen, weil diese Berufsgruppen besonders auf vertrauliche Kommunikation angewiesen seien. Auch bei Personen, die nicht nur als Informationsmittler überwacht werden, sondern weil sie selbst als gefährlich gelten, müsse das neue Gremium vorab zustimmen, weil für sie auch die Überwachung bedrohlich werden könnte, etwa durch die Weitergabe von Daten.

Neben dem gerichtsähnlichen Gremium soll es noch eine ,,administrative" Kontroll­instanz geben, die mit Stichproben auf die Einhaltung des Rechts achtet. Sie soll mit mindestens 30 Mitarbeitern ausgestattet werden. Bei der Ausgestaltung der beiden neuen Kontrollgremien hat der Bundestag großen Gestaltungsspielraum, solange die Effizienz gewahrt ist.

Zulässig bleibt künftig auch die Kooperation mit anderen Nachrichtendiensten. Bisher bekommt der BND rund 60 Prozent seiner Selektoren von Partnerdiensten, denen er dann auch die Ergebnisse liefert. Je mehr man an andere Dienste liefert, desto mehr bekommt man auch zurück, so die Logik der Branche. Die Verfassungsrichter haben nichts dagegen, denn das Grundgesetz sei auf internationale Zusammenarbeit angelegt, auch bei der Sicherheit.

Allerdings wird ein ,,Ringtausch" von Daten ausdrücklich verboten. Der BND darf also nicht Briten in Großbritannien überwachen, damit der englische Dienst GCHQ Deutsche in Deutschland überwacht. Der BND bestreitet, dass es einen derartigen Ringtausch überhaupt gegeben habe.

Auch dürfe die Kooperation der Dienste nicht die Geheimdienstkontrolle beschränken, so die Karlsruher Vorgabe. Bei künftigen Kooperationen müsse die ,,Third Party Rule" so ausgestaltet werden, dass die Weitergabe von Informationen an die deutschen Kontrolleure nicht von anderen Diensten genehmigt werden muss. Das jedenfalls ist ein großer Fortschritt.

Das 140-seitige Urteil beeindruckte alle Verfahrensbeteiligten. Der CDU-Innenexperte Armin Schuster sprach von einem ,,starken und sehr gut durchdachten Urteil". Christian Mihr der Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen nannte das Urteil einen ,,Meilenstein".


Aus: "Bundesverfassungsgericht zu BND: Grundgesetz gilt auch im Ausland" Christian Rath (19. 5. 2020)
Quelle: https://taz.de/Bundesverfassungsgericht-zu-BND/!5684241/ (https://taz.de/Bundesverfassungsgericht-zu-BND/!5684241/)

QuoteBlue Screen of Death
gestern, 19:53

endlich, nach 71 Jahren, eine Klarstellung, das der Artikel 1 des Grundgesetzes eine globale Wirkung hat.


-

Quote[...] Paukenschlag in Karlsruhe: Die anlasslose Massenüberwachung des Bundesnachrichtendienstes (BND) von Ausländern im Ausland verstößt in ihrer jetzigen Form formell und inhaltlich gegen Grundrechte. Die derzeitige Fassung im BND-Gesetz sei aus formalen und inhaltlichen Gründen verfassungswidrig, erklärte der frischgebackene Gerichtspräsident Stephan Harbarth bei der Verkündung des Urteils am Dienstag (Az. 1 BvR 2835/17). Mit der mit Spannung erwarteten Entscheidung halten die Richter zum ersten Mal fest, dass der deutsche Staat das Fernmeldegeheimnis und die Pressefreiheit auch im Ausland wahren muss und an das Grundgesetz gebunden ist.

Der Bundesnachrichtendienst überwache die Telekommunikation an der Schnittstelle von Internationalisierung, wachsender sicherheitsbezogener Herausforderungen und der Digitalisierung, die auch eine zunehmende "Verwundbarkeit von Rechtsgütern" mit sich bringe, erläuterte Harbarth, der im Herbst 2016 als CDU-Bundestagsabgeordneter noch für die einschlägige Gesetzesnovelle gestimmt hatte. Eine anlasslose strategische Aufklärung des Geheimdienstes unter Verzicht von Eingriffsschwellen dürfe es in diesem sensiblen Umfeld nicht geben. Nötig sei ein Verbot pauschaler globaler Überwachung, stellte Harbarth klar.

Der Gesetzgeber müsse Zwecke der Spionage klar festlegen und etwa spezifische Anforderungen an die "Bevorratung" von Daten und den Schutz von Vertraulichkeitsbeziehungen aufstellen, appellierte er an seine früheren Kollegen im Parlament. Nötig seien "Löschungspflichten" und auch beim Transfer von Informationen an ausländische Stellen bedürfe es klarer Vorgaben. Der individuelle Rechtsschutz der Betroffenen müsse durch eine ausgebaute, objektiv-rechtliche Kontrolle erhalten werden, die gerichtlich und administrativ sicherzustellen sei.

Besonders erschwerend falle die außerordentliche Streubreite der strategischen Telekommunikationsüberwachung ins Gewicht, unterstreichen die Richter in ihrem typischen "Ja, aber"-Urteil. Die Maßnahme sei "anlasslos gegenüber jedermann einsetzbar" und erlaube "gezielt personenbezogene Überwachungen", objektive Eingriffsschwellen gebe es nicht: "Das Instrument erlaubt heute, tief in den Alltag hinreichende, auch höchst private und spontane Kommunikationsvorgänge zu analysieren und zu erfassen sowie bei der Internetnutzung zum Ausdruck kommende Interessen, Wünsche und Vorlieben aufzuspüren."

Andererseits helfe "die Versorgung der Bundesregierung mit Informationen für ihre außen- und sicherheitspolitischen Entscheidungen" ihr, "sich im machtpolitischen Kräftefeld der internationalen Beziehungen zu behaupten" und "folgenreiche Fehlentscheidungen" zu vermeiden. Insoweit gehe es mittelbar zugleich darum, die demokratische Selbstbestimmung und den Schutz der verfassungsrechtlichen Ordnung zu wahren.

Ein weiterer Gesichtspunkt für die "Rechtfertigungsfähigkeit" der strategischen Überwachung liege darin, dass sie durch eine Behörde vorgenommen werde, "die selbst grundsätzlich keine operativen Befugnisse hat". Einige Auflagen, wie das Werkzeug grundrechtskonform ausgestaltet werden soll, hat das Verfassungsgericht dem Gesetzgeber ins Hausaufgabenbuch geschrieben.

Zunächst müsse dieser "einschränkende Maßgaben zum Volumen der für die jeweiligen Übertragungswege auszuleitenden Daten" auf- und sicherstellen, "dass das von der Überwachung abgedeckte geographische Gebiet begrenzt bleibt". Die Inlandskommunikation sowie erforderlichenfalls ein Austausch, an dem auf mindestens einer Seite Deutsche oder Inländer beteiligt sind, müsse der BND "vor einer manuellen Auswertung nach dem Stand von Wissenschaft und Technik bestmöglich" ausfiltern.

Die Befugnis, Verbindungs- und Standortdaten im Rahmen der Auslandsüberwachung gesamthaft zu speichern und zu bevorraten, muss den Verfassungshütern zufolge "hinsichtlich der davon erfassten Datenströme begrenzt bleiben". Eine Speicherdauer von sechs Monaten dürfe nicht überschritten werden.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdatenspeicherung für Zwecke der Strafverfolgung im Inland steht noch aus. Die Richter fordern "besondere Anforderungen für den Schutz von Berufs‑ und Personengruppen, deren Kommunikation eine gesteigerte Vertraulichkeit verlangt". Ein gezieltes Eindringen in solche schutzwürdigen Vertraulichkeitsbeziehungen etwa von Rechtsanwälten oder Journalisten könne nicht schon allein damit gerechtfertigt werden, dass die angestrebten Informationen nachrichtendienstlich nützlich sind.

Zudem sei dem Kernbereich privater Lebensgestaltung stärker Rechnung zu tragen. "Nicht hinreichend begrenzt ausgestaltet sind auch die angegriffenen Regelungen zur Übermittlung von Erkenntnissen der Auslandsüberwachung an andere Stellen", rügt das Gericht. Soweit Daten an ausländische Dienste wie die NSA übermittelt würden, müsse der Gesetzgeber zusätzlich "eine Vergewisserung über den rechtsstaatlichen Umgang mit den Daten auf Empfängerseite vorschreiben". Der bisher einfach mitgeschickte "Disclaimer" reicht folglich nicht aus. Die gesetzlichen Regeln müssen ferner "insbesondere einen Austausch von Erkenntnissen aus auf Deutschland bezogenen Überwachungsmaßnahmen ausländischer Dienste unterbinden", konstatieren die Richter.

Ein solcher "Ringtausch" sei verfassungsrechtlich verboten. Nach der BND-NSA-Selektorenaffäre verlangt der 1. Senat zudem, dass die Suchbegriffe von den Partnerdiensten "plausibilisiert werden", um das "Ausspähen unter Freunden" oder Industriespionage zu verhindern. Der BND dürfe zudem von ihm erhobene Verbindungs- und Standortdaten nicht "unselektiert" ohne jede Kontrollmöglichkeit aus der Hand geben. Zu gewährleisten ist laut dem Urteil "eine Kontrolle in institutioneller Eigenständigkeit". Hierzu gehörten ein eigenes Budget, eine eigene Personalhoheit sowie Verfahrensautonomie. Die zuständigen Stellen "sind personell wie sächlich so auszustatten, dass sie ihre Aufgaben wirksam wahrnehmen können". Inhaltlich müssten sie gegenüber dem BND "alle für eine effektive Kontrolle erforderlichen Befugnisse haben".

Gegen Teile des 2016 novellierten BND-Gesetzes, das dem Auslandsgeheimdienst eine Überwachung ganzer Internetknoten und Netze erlaubt, hatten Anfang 2018 sieben größtenteils im Ausland investigativ arbeitende Journalisten Einspruch erhoben, die Bereiche wie Korruption und Wirtschaftskriminalität beackern. Auch die Organisation Reporters sans Frontieres und damit die Mutter des deutschen Ablegers Reporter ohne Grenzen (ROG) als juristische Person, erhob Einspruch. Unterstützt wurden sie etwa von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), der Deutschen Journalisten-Union (dju), dem Deutschen Journalisten-Verband (DJV) sowie dem Netzwerk Recherche.

Der in Karlsruhe verhandelte Streit drehte sich neben der Frage, ob das Grundgesetz auch für eine Sicherheitsbehörde im Ausland gilt, vor allem um die "strategische Fernmeldeaufklärung" des BND mit dem Schwerpunkt Ausland. Der Geheimdienst darf demnach prinzipiell mit dieser "strategischen Kontrolle" die internationale Telekommunikation mit bis zu hunderttausenden Selektoren wie Telefonnummern, E-Mail-Adressen oder Pseudonymen von Nutzern durchforsten und die Inhalte analysieren, die in diesem Datenstaubsauger hängenbleiben.

Dieses weitgehende Instrument wollte der 1. Senat dem BND nicht ganz aus der Hand schlagen. Er befand, dass es verhältnismäßig und damit verfassungsgemäß ausgestaltet werden könne. Die beanstandeten Vorschriften gelten daher bis zum Jahresende 2021 fort, um dem Gesetzgeber eine weitere Reform unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Anforderungen zu ermöglichen.

Die "Rohmasse" des Datenstaubsaugers ist riesig: Allein am Frankfurter Internetknoten De-Cix kann der BND täglich laut Medienberichten rund 1,2 Billionen Verbindungen ausleiten. Davon sollen nach dem Aussortieren erster IP-Adressen mit klarem regionalen Bezug zu deutschen Nutzern rund 24 Milliarden Rohdaten übrigbleiben. Im Inland dürfen die darauf angesetzten Suchbegriffe keine Identifizierungsmerkmale enthalten, mit denen sich bestimmte Telekommunikationsanschlüsse gezielt erfassen lassen. Für das Ausland gilt dies nicht. Aber auch dort sind für den BND etwa Telefonnummern deutscher Staatsangehöriger oder einer deutschen Gesellschaft tabu, solange es sich nicht um "Beifang" handelt.

Ausländer im Ausland galten bislang für den Bundesnachrichtendienst als "vogelfrei", monierten Kritiker in den vergangenen Jahren immer wieder. Verletzt sei schon der allgemeine Gleichheitssatz aus Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz, argumentierte etwa der Verfassungsrechtler Eggert Schwan, weil es keinen sachlich zu rechtfertigenden Grund für diese auf den Unterschied zwischen Deutschen und Nichtdeutschen abstellende Ungleichbehandlung gebe. Die Verfassungsbestimmungen richteten sich an Jedermann, an "alle Menschen".

Eine Wende um 180 Grad hatte der vormalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, an diesem Punkt bereits vollzogen. Das CSU-Mitglied hat nach seinem Ausscheiden aus der Richterbank mehrfach seine neue Ansicht zu Protokoll gegeben, dass auch die Kommunikation im Ausland zwischen Ausländern grundrechtsgeschützt ist. Die BND-Zugriffe auf Datenaustauschpunkte wie den De-Cix bezeichnete Papier sogar als "insgesamt rechtswidrig". Das ganze "strategische" Konstrukt passe nicht mehr auf die Internetkommunikation.

Ex-BND-Chefs wie Gerhard Schindler oder August Hanning hatten vor dem Urteilsspruch betont, dass Deutschland einen starken, von Dritten unabhängigen Auslandsgeheimdienst brauche. Der BND habe immer wieder entscheidende Informationen über das weltpolitische Geschehen wie zum Irak-Krieg durch das Abhören von Telefonaten und das Mitlesen von Mails erhalten. Die Väter des Grundgesetzes würden sich im Grabe umdrehen, wenn etwa die Kommunikation der Taliban von Artikel 10 Grundgesetz geschützt sein solle.

Aktive und frühere Geheimdienstler sahen sogar die Sicherheit Deutschlands bei einer möglichen harten Entscheidung des Gerichts bedroht. Sie schlossen nicht aus, dass hinter dem Verfahren eine gezielte geheimdienstlich gesteuerte Aktion stecken könnte, um der Bundesrepublik zu schaden.

(kbe)


Aus: "Bundesverfassungsgericht schränkt BND-Massenüberwachung deutlich ein" Stefan Krempl (19.05.2020)
Quelle: https://www.heise.de/newsticker/meldung/Bundesverfassungsgericht-schraenkt-BND-Massenueberwachung-deutlich-ein-4723874.html (https://www.heise.de/newsticker/meldung/Bundesverfassungsgericht-schraenkt-BND-Massenueberwachung-deutlich-ein-4723874.html)

-

Quote[...] Das Bundesverfassungsgericht hat am Dienstag die Überwachung des weltweiten Internetverkehrs durch den Bundesnachrichtendienst (BND) in seiner aktuellen Form für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt. Der Richterspruch setze "neue Standards im internationalen Menschenrechtsschutz und für die Freiheit der Presse", lobte die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), die die Verfassungsbeschwerde gegen Teile des 2016 novellierten BND-Gesetzes zusammen mit fünf Medienorganisationen unterstützt hatte. Mit der Ansage, dass deutsche Behörden auch im Ausland an die Grundrechte gebunden sind, werde auch "die Glaubwürdigkeit Deutschlands in der Welt" gestärkt.

Christian Mihr, Geschäftsführer der an der Klage beteiligten Reporter ohne Grenzen, freute sich, "dass Karlsruhe der ausufernden Überwachungspraxis des Bundesnachrichtendienstes im Ausland einen Riegel vorschiebt". Das Urteil setze neue Standards im internationalen Menschenrechtsschutz und für die Pressefreiheit. Die Bundesregierung bekomme damit die Quittung "für ihre jahrelange Weigerung, die digitale Massenüberwachung einzuhegen".

Die Linksfraktion fühlt sich in ihrer Kritik an der Reform des BND-Gesetzes bestärkt. Fraktionsvize André Hahn begrüßte als Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestags (PKGr), dass den Überwachern der Überwacher elementare Informationen über Kooperationen des BND mit anderen Auslandsgeheimdiensten nicht mehr vorenthalten werden könnten. Der BND dürfe seine grundrechtswidrige Überwachungspraxis nicht bis zu einer Novelle ungeniert fortführen. Martina Renner, frühere Obfrau der Linken im NSA-Untersuchungsausschuss, konstatierte, dass die "schallende Ohrfeige" die jahrzehntelang praktizierte "Weltraumtheorie" genauso als Mumpitz entlarve wie die im BND ebenfalls angewandte "Funktionsträgertheorie".

Die Verfassungsrichter hätten herausgearbeitet, "dass unsere Werte und elementaren Grundrechte nicht an der Landesgrenze enden und auch in der Kooperation mit ausländischen Diensten berücksichtigt werden müssen", meinte FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae. Es müsse nun gewährleistet werden, "dass der BND sein Vorgehen bei der Fernmeldeaufklärung stärker begründet".

Konstantin von Notz, Vize-Fraktionschef der Grünen und stellvertretender PKGr-Vorsitzender, bezeichnete das Urteil als "wegweisend für die Arbeit von Nachrichtendiensten in der digitalen Welt und bedeutend für die Grundrechte von Millionen Menschen weltweit". Die Enthüllungen Snowdens und die anschließende Aufklärung des Bundestags hätten die Rolle der deutschen Sicherheitsbehörden ans Tageslicht gebracht. Die Bundesregierung müsse jetzt schnell die Konsequenzen ziehen.

"Im Zeitalter digitaler Kommunikation" hätten die Verfassungshüter "das Fernmeldegeheimnis entschieden gestärkt" und dessen "extraterritoriale Schutzwirkung" erläutert, kommentierte Klaus Landefeld, Vizechef des eco-Verbands der Internetwirtschaft. Sie sähen vor allem eine "umfassende, unabhängige Kontrolle aller Maßnahmen vorab als notwendig an".

Enttäuscht gab sich der EU-Abgeordnete Patrick Breyer, da das Gericht "anlasslose Massenüberwachung und flächendeckende monatelange Vorratsdatenspeicherung" nicht generell untersagt habe. Das Mitglied der Piratenpartei fordert zudem: "Verpflichtende Ende-zu-Ende-Verschlüsselung und wirksame Anonymität müssen unsere Sicherheit technisch gewährleisten." Frank Rieger, Sprecher des Chaos Computer Clubs (CCC) bedauerte, dass das Gericht nicht die globale BND-Spionage grundsätzlich beendet habe. Es versuche nur, "sie in einen konkreteren rechtlichen Rahmen zu pressen".

Als international "schwer vermittelbar", kritisierte Norbert Röttgen (CDU), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, die Entscheidung. Indem das Gericht die BND-Abhörpraxis im Ausland kippe, werfe es "erhebliche Fragen an unsere strategische Operations- und Kooperationsfähigkeit auf – und das in einer Zeit, in der Aggression von außen immer komplexer wird".

Ihn überrasche die Ansage aus Karlsruhe nicht, twitterte der SPD-Abgeordnete Uli Grötsch, der im PKGr sitzt. "Grundrechte heißen so, weil sie grundlegend für Alle gelten müssen!" Es gelte daher nun, schnell das BND-Gesetz anzupassen und dem Geheimdienst "klare Regeln für seine Arbeit" zu geben. Weiter hieß es aus der SPD-Fraktion, sie sehe die eigene Position unterstützt, dass die strategische Fernmeldeaufklärung "verfassungskonform ausgestaltet werden" könne.

Der US-Geheimdienstenthüller Edward Snowden nannte das Urteil einen "Schritt in die richtige Richtung". "Ich hoffe, dass sich andere Staaten am heutigen Gerichtsurteil ein Beispiel nehmen und dass auch internationale Standards entwickelt werden, um den Aufbau solcher Systeme zu verbieten", sagte Snowden laut einer Mitteilung, die sein deutscher Anwalt Wolfgang Kaleck verbreitete. Snowden habe mit seinen Enthüllungen 2013 "auch eine Beweisgrundlage für Gerichte schaffen" wollen.

Die Bundesregierung befürchtete vorab, dass der BND seine Aufgaben nicht mehr erfüllen könne, wenn das Gericht dessen Internetaufklärung zu stark in die Grenzen weise. BND-Präsident Bruno Kahl hatte in der mündlichen Verhandlung im Januar zu bedenken gegeben, der Dienst würde in einem solchen Fall auf einem Auge blind. 20 Prozent der Meldungen, die der Dienst generiere, basierten auf der strategischen Auslandsüberwachung.


Aus: "BND-Urteil: Bundesverfassungsgericht stärkt das Fernmeldegeheimnis international" Stefan Krempl (19.05.2020)
Quelle: https://www.heise.de/newsticker/meldung/BND-Urteil-Bundesverfassungsgericht-staerkt-das-Fernmeldegeheimnis-international-4724784.html (https://www.heise.de/newsticker/meldung/BND-Urteil-Bundesverfassungsgericht-staerkt-das-Fernmeldegeheimnis-international-4724784.html)
Title: Grundrechte & Global Issues...
Post by: Link on June 19, 2020, 04:47:34 PM
Trump's "Law and Order" – "Cold" Ideals and "Sick at Heart" Louis Rene Beres  (June 15, 2020 03:19:54 pm)
JURIST Guest Columnist Louis René Beres, Professor Emeritus of International Law at Purdue, discusses Donald Trump's calls for police and even the military to bring "law and order" to the US in the wake of recent Black Lives Matter peaceful protests. "Tis bitter cold, and I am sick at heart." – Hamlet
... For an afflicted American nation, it never seems to end. On June 1, 2020, President Donald J. Trump once again openly defiled US Constitutional protections of free speech and assembly, on this occasion by gratuitously violent treatment of law-abiding civilian demonstrators. A week later, and with no discernible regrets, Trump was boisterously defending the Buffalo New York police officers who had so plainly used unreasonable force against an elderly civil rights protestor. Here, Trump alleged, ex nihilo and, as usual, without any tangible evidence, that the collapsed and bleeding 75 year old peace activist was actually a clandestine "Antifa provocateur."
Credo quia absurdum, said the ancient philosophers. "I believe because it is absurd." All this dissembling was merely the iceberg tip of incessant presidential wrongdoing. It was just the latest law-damaging installment of an American "bad dream." ...
https://www.jurist.org/commentary/2020/06/louis-beres-trumps-law-order-cold-sick-heart/
Title: Grundrechte & Global Issues...
Post by: Link on August 13, 2020, 09:46:04 AM
Quote[...] Trotz massiver Polizeigewalt haben den vierten Abend in Folge Menschen in vielen Städten in Belarus (Weißrussland) für einen Rücktritt von Präsident Alexander Lukaschenko demonstriert. In mehreren unabhängigen Kanälen des Nachrichtendienstes Telegram war in der Nacht zum Donnerstag auf Videos zu sehen, wie Menschen in Minsk, Grodno und anderen Städten Lukaschenko dazu aufriefen, die Gewalt zu beenden und abzutreten.

Es gab erneut Dutzende Festnahmen und mehrere Verletzte. Zugleich wuchs die Solidarität mit den Demonstranten. In Minsk traten mehr als 100 Ärzte gegen Gewalt auf.

Die belarussische Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch forderte erstmals den autoritären Präsidenten Alexander Lukaschenko direkt zum Rücktritt auf. ,,Verzieh Dich, bevor es zu spät ist!", sagte die 72-Jährige in einem am Mittwochabend vom belarussischen Dienst des Radiosenders Swoboda (Radio Free Europe) veröffentlichten Interview. ,,Aus meiner Sicht hat der Machtapparat dem Volk den Krieg erklärt." Niemand habe sich eine solche Gewalt vorstellen können.

Vielerorts bildeten sich Menschenketten gegen die Polizeigewalt und gegen Wahlfälschung. Bei der Präsidentenwahl am Sonntag hatte Lukaschenko, der seit mehr als 26 Jahren im Amt ist und als ,,letzter Diktator Europas" gilt, sich zum sechsten Mal als Sieger ausrufen lassen - mit 80,08 Prozent der Stimmen. Seine Gegner sehen dagegen die 37 Jahre alte Kandidatin Swetlana Tichanowskaja als Siegerin. Sie ist unter dem Druck der Behörden in das EU-Land Litauen geflohen.

Der nicht zur Wahl zugelassene Kandidat Waleri Zepkalo, ein prominenter IT-Unternehmer, appellierte aus seinem russischen Exil an die EU, Tichanowskaja als Präsidentin anzuerkennen. Hunderte IT-Unternehmer forderten Lukaschenko zum Einlenken auf und drohten in einem offenen Brief, mit ihren Firmen das Land zu verlassen.

Es kursierten mehrere Videos, auf denen Männer mit Kritik an der Gewalt gegen friedliche Bürger ihre Uniformen in den Müll warfen oder sogar verbrannten, ihre Dienstmarken mit Kündigungsschreiben abgaben. Sie erklärten, dass sie ihren Eid auf den Schutz des belarussischen Volkes und nicht dem Machterhalt eines Mannes geschworen hätten. Die Echtheit der Videos war nicht überprüfbar. Ein Uniformierter des Innenministeriums sagte, dass er im Dienst bleibe, aber Tichanowskaja als die neue Präsidentin anerkenne.

Die vierfache Biathlon-Olympiasiegerin Darja Domratschewa zeigte sich bestürzt über die Gewalt in ihrer Heimat. Sie appellierte an die Sonderpolizei Omon, die Gewalt zu beenden. ,,Lasst nicht weiter diesen ungerechten Horror auf den Straßen zu", schrieb sie bei Instagram. Jeder Konflikt lasse sich auf friedliche Weise lösen. Ein Moderator des Staatsfernsehens kündigte demonstrativ seinen gut bezahlten Posten. Auch andere Journalisten entschieden sich zur Kündigung.

In Minsk etwa schossen Männer in schwarzen Uniformen und Sturmmasken wahllos mit Gummigeschossen in Richtung von Bürgern, die von Balkonen aus die Beamten ausbuhten und ,,Schande" riefen. Bekannt wurde zudem ein zweiter Todesfall bei den seit Sonntag andauernden Protesten. Eine Mutter warf der Polizei vor, ihren Sohn am Wahlsonntag entführt und seinen Tod verursacht zu haben.

Die Behörden bestätigten, dass der 25-Jährige tot sei, die Todesumstände aber untersucht werden müssten. Ein anderer Mann war durch einen Sprengsatz gestorben. Es gab bisher Hunderte Verletzte und mehr als 6000 Festnahmen bei den größten Protesten in der Geschichte des Landes.

Auch im Ausland kam es zu Protesten gegen die Gewalt in Belarus - wie etwa an der Botschaft des Landes in Moskau. In Lettland demonstrierten mehrere hundert Menschen vor der belarussischen Botschaft. In der Hauptstadt Riga forderten sie die Freilassung inhaftierter Demonstranten. In der Ukraine forderte Ex-Präsident Petro Poroschenko per Video Lukaschenko zum Gewaltverzicht auf.

Derweil boten sich die Nachbarländer Litauen, Polen und Lettland als Vermittler an. Der litauische Präsident Gitanas Nauseda präsentierte einen entsprechenden Plan, um die Gewalt beenden zu können, wie die Präsidialkanzlei des baltischen EU-Landes mitteilte. Polen und Lettland würden diesen Plan sowie die Einleitung eines internationalen Vermittlungsprozesses unterstützen, hieß es weiter. Lukaschenko lehnt einen Dialog bislang strikt ab.

Nauseda sagte der Mitteilung zufolge, erstens müssten die Behörden in Belarus die Lage unverzüglich deeskalieren und ,,die Anwendung brutaler Gewalt gegen das Volk beenden". Zweitens müssten alle inhaftierten Demonstranten freigelassen und ihre Verfolgung eingestellt werden. ,,Drittens erwarten wir, dass die belarussischen Behörden schließlich einen Dialog mit ihren Bürgern aufnehmen." Die Einrichtung eines ,,Nationalrats" mit Vertretern aus Regierung und Zivilgesellschaft könnte ein geeigneter Schritt sein.


Aus: "Die Solidarität mit den Demonstranten wächst" (13.08.2020)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/vierte-protestnacht-in-belarus-die-solidaritaet-mit-den-demonstranten-waechst/26090680.html (https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/vierte-protestnacht-in-belarus-die-solidaritaet-mit-den-demonstranten-waechst/26090680.html)

Präsidentschaftswahl in Weißrussland 2010 ... Mehrere Tausend Menschen – nach offiziellen Angaben handelte es sich um 3000, nach Angaben unabhängiger Medien um 15.000 bis 25.000 – versammelten sich am 19. Dezember im Zentrum von Minsk, um gegen Wahlfälschungen zu demonstrieren. Es handelte sich damit um die größte Demonstration in Belarus seit der Präsidentschaftswahl 2006.
https://de.wikipedia.org/wiki/Pr%C3%A4sidentschaftswahl_in_Wei%C3%9Frussland_2010 (https://de.wikipedia.org/wiki/Pr%C3%A4sidentschaftswahl_in_Wei%C3%9Frussland_2010)

Die Präsidentschaftswahl in Weißrussland 2020 endete am 9. August 2020. Bereits ab dem 4. August konnten Wahlberechtigte ihre Stimme abgeben. Die Wahl wurde von anhaltenden Protesten in Weißrussland begleitet und von der COVID-19-Pandemie überschattet. Sie gilt als Scheinwahl, weil relevante Gegenkandidaten festgenommen wurden und Wahlmanipulationen nachgewiesen werden konnten. ... Laut belarussischen Staatsmedien soll Amtsinhaber Lukaschenka gemäß Nachwahlbefragungen 79 Prozent der Stimmen, die aussichtsreichste Gegenkandidatin Zichanouskaja 6,9 Prozent der Stimmen erhalten haben. Diese Zahlen gelten für unabhängige Beobachter und die Opposition als gefälscht und damit nicht aussagekräftig. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Pr%C3%A4sidentschaftswahl_in_Wei%C3%9Frussland_2020 (https://de.wikipedia.org/wiki/Pr%C3%A4sidentschaftswahl_in_Wei%C3%9Frussland_2020)

Belarus: Zehntausende Menschen bei friedlichen Protesten in Minsk (15. August 2020)
Litauen und Estland zweifeln das Wahlergebnis an, die belarussische Opposition sieht die neuen EU-Sanktionen spektisch
https://www.derstandard.at/story/2000119375149/zehntausende-menschen-bei-friedlichen-protesten-in-minsk (https://www.derstandard.at/story/2000119375149/zehntausende-menschen-bei-friedlichen-protesten-in-minsk)
Title: Grundrechte & Global Issues...
Post by: Link on August 20, 2020, 10:39:48 AM
"Wer Diktator ist, das bestimmen wir!"  Tomasz Konicz (19. August 2020)
Ein Kommentar zu den imperialen Doppelstandards deutscher Geopolitik
https://www.heise.de/tp/features/Wer-Diktator-ist-das-bestimmen-wir-4874035.html (https://www.heise.de/tp/features/Wer-Diktator-ist-das-bestimmen-wir-4874035.html)

Als Doppelmoral wird ein Normensystem bezeichnet, das gleiches Verhalten ethisch unterschiedlich bewertet, je nachdem, welcher Personengruppe die ausführende Person oder die betroffenen Personen angehören, oder je nachdem, ob diese sich in einer öffentlichen oder privaten Situation innerhalb oder außerhalb einer Gemeinschaft befinden, ohne dass dafür ein sachlicher Grund vorhanden wäre. Die Doppelmoral kann sich dabei explizit in einem moralischen Code niederschlagen, der eine unterschiedliche Wertordnung abbildet, oder implizit im moralischen Empfinden, im Verhalten und in den Werturteilen Einzelner. Entscheidendes Merkmal ist, dass ,,mit zweierlei Maß" gemessen wird. ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Doppelmoral (https://de.wikipedia.org/wiki/Doppelmoral)

https://de.wikipedia.org/wiki/Kategorie:Ethische_Haltung (https://de.wikipedia.org/wiki/Kategorie:Ethische_Haltung)
Title: Grundrechte & Global Issues...
Post by: Link on August 23, 2020, 04:31:43 PM
Quote𝖕𝖚𝖘𝖘𝖞 𝖗𝖎𝖔𝖙 (@pussyrrriot) twitterte um 3:07 vorm. on Sa., Aug. 22, 2020:
I can't believe it's my life:

I have 3 comrades murdered (Nemtsov, Baburova, Markelov), I spent 2 years in in penal colonies for nothing when i was 22-24, a father of my kid was poisoned and almost died, and now Navalny, my friend, is in coma and fighting for life.

xx Nd https://t.co/HUsdw8EQih (https://t.co/HUsdw8EQih)
https://twitter.com/pussyrrriot/status/1296977274382688256 (https://twitter.com/pussyrrriot/status/1296977274382688256)


-

Nadeschda Andrejewna Tolokonnikowa (russisch Наде́жда Андре́евна Толоко́нникова; * 7. November 1989 in Norilsk, Sowjetunion) ist eine russische politische Aktivistin und Performancekünstlerin. Internationale Bekanntheit erlangte sie als Mitglied von Pussy Riot.  ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Nadeschda_Andrejewna_Tolokonnikowa (https://de.wikipedia.org/wiki/Nadeschda_Andrejewna_Tolokonnikowa)

-

"Nawalny soll vor möglicher Vergiftung genau beobachtet worden sein" (23.08.2020)
Der Kreml-Kritiker liegt seit Samstag in der Berliner Charité. Einem russischen Medienbericht zufolge hatten die Behörden ihn zuletzt detailgenau im Fokus. Thomas Loy Hannes Heine Rebecca Barth
Hintergrund ist ein Artikel der Moskauer Boulevardzeitung ,,Moskowski Komsomolez". Darin werden detailgenau alle Bewegungen des Oppositionellen bei seiner Reise durch Sibirien beschrieben. In dem Artikel beruft sich die Zeitung auf nicht näher genannte Sicherheitskreise.
Darin wird beschrieben, wo sich Nawalny zu jedem Zeitpunkt aufhielt, mit wem er sprach und wo er übernachtete. Das Team soll mehrere Hotelzimmer angemietet haben, Nawalny sei aber in eine ,,konspirative" Wohnung gebracht worden. Jemand aus seinem Team soll Sushi bestellt haben. Dabei sollen die Behörden ihn die ganze Zeit beschattet haben, heißt es in dem Beitrag weiter.  ...
https://www.tagesspiegel.de/berlin/charite-aeussert-sich-vorerst-nicht-nawalny-soll-vor-moeglicher-vergiftung-genau-beobachtet-worden-sein/26119112.html (https://www.tagesspiegel.de/berlin/charite-aeussert-sich-vorerst-nicht-nawalny-soll-vor-moeglicher-vergiftung-genau-beobachtet-worden-sein/26119112.html)

Title: Grundrechte & Global Issues...
Post by: Link on September 03, 2020, 09:51:19 AM
Quote[...] Die US-Regierung hat Sanktionen gegen die Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag (IStGH), Fatou Bensouda, verhängt. US-Außenminister Mike Pompeo kündigte an, möglichen Besitz der Juristin in den USA einzufrieren. Das gelte auch für Bensoudas Mitarbeiter, den IStGH-Abteilungsleiter Phakiso Mochochoko.

Auch gegen weitere Personen, die die Chefermittlerin bei ihrer Arbeit unterstützen, könnten noch Strafmaßnahmen verhängt werden, sagte Pompeo. Den Strafgerichtshof bezeichnete er als "durch und durch kaputte und korrupte Institution". Er warf dem IStGH "rechtswidrige Versuche" vor, "Amerikaner seiner Gerichtsbarkeit zu unterwerfen". Pompeo hatte Bensouda und mehreren ihrer Mitarbeiter schon im April 2019 das US-Einreisevisum gestrichen.

Im März hatte das Tribunal in Den Haag gegen heftigen Widerstand der USA Ermittlungen zu möglichen Kriegsverbrechen in Afghanistan zugelassen. Dabei sollen Vorwürfe gegen die radikalislamische Taliban geprüft werden, aber auch gegen afghanische Regierungstruppen und das mit ihnen verbündete US-Militär. Dabei sollen auch mögliche Kriegsverbrechen von US-Soldaten und Mitarbeitern des US-Geheimdienstes CIA untersucht werden.

Bensouda hatte beantragt, Ermittlungen wegen mutmaßlicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen einleiten zu können. Der Chefanklägerin zufolge gebe es Hinweise auf Folterungen, Misshandlungen und Vergewaltigungen von Gefangenen durch US-amerikanische Militärs und Geheimdienstangehörige.

UN-Generalsekretär António Guterres habe Pompeos Ankündigung "mit Sorge" aufgenommen, sagte UN-Sprecher Stephane Dujarric. "Wir beobachten die Entwicklungen in dieser Sache weiterhin sehr aufmerksam." Die Organisation Human Rights Watch teilte mit, Sanktionen seien eigentlich dafür da, um Kriminelle und Kleptokraten zu bestrafen. Es sei eine "erstaunliche Pervertierung" dieses Prinzips, wenn plötzlich jene, die eigentlich internationale Verbrechen aufklären sollen, selbst zur Zielscheibe würden, sagte Justizdirektor der Organisation Richard Dicker.

Die USA haben den 2002 gegründeten IStGH als einziger westlicher Staat nie anerkannt. Das Land lehnt Ermittlungen des Weltstrafgerichts gegen US-Bürger strikt ab. Im Juni hatte US-Präsident Donald Trump seinen Behörden per Dekret genehmigt, gegen Mitglieder des Gerichtshofs mit Sanktionen vorzugehen. Der Gerichtshof hatte schon damals dagegen protestiert, der Schritt sei eine "Attacke auf die Herrschaft des Rechts".


Aus: "Internationaler Strafgerichtshof: USA verhängen Sanktionen gegen Chefanklägerin" (2. September 2020)
Quelle: https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-09/internationaler-strafgerichtshof-den-haag-usa-sanktionen-fatou-bensouda-kriegsverbrechen (https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-09/internationaler-strafgerichtshof-den-haag-usa-sanktionen-fatou-bensouda-kriegsverbrechen)

QuoteBenutzzzzzzzzer #24

Schön zu sehen, wie die USA die westlichen Werte durchsetzen.


Quoteeichelhäher #9

Mit welchem moralischen Recht will die USA überhaupt noch Kriegsverbrechen in anderen Staaten anklagen, wenn man selbst nicht gewillt ist, sich diesem von unabhängigen Institutionen festgestellten Tatbeständen zu unterwerfen?


QuoteEinTollerName #9.2

Mit dem Recht des Stärkeren.


QuoteIkarus95 #14

'Law and Order'

...


QuoteMeerschwimmer #16

Ermittlungen gegen Kriegsverbrechen der USA sind überfällig! Es ist eine Schande, dass es erst jetzt dazu kommt: Vietnam 1963-1975, Nicaragua 1984-1988, Irakkrieg 2003 und die Besetzung des Irak bis 2011, Afghanistan seit 2001, Drohnenkrieg seit 2004 im gesamten Mittleren Osten, Soleimani 2020.
Ich wünsche Frau Basouda einen langen Durchhaltewillen.


Quoter.schewietzek #16.3

Prozesse könnten ja durchaus stattfinden - halt ohne die Anwesenheit von Angeklagten....


QuoteArthur Philipp Dent #17

Die USA stellen sich genauso wie Russland und China und einige weitere gegen eine internationale Gerichtsbarkeit. Trump ist noch einen Schritt weiter gegangen, und hat kürzlich noch einen wegen Kriegsverbrechen geschassten Offizier rehabilitiert.
Die Sanktionen der USA sind ein neuer trauriger Höhepunkt, ...


QuoteSpanky Ham #23

Ja wo kommen wir denn hin wenn sich Bürger der USA, dem Schwert und Schild der freien Welt, der Garant für Wohlstand, Frieden, Freude und Eierkuchen, sich vor einem Internationalen Gericht für exterritoriale Schandtaten verantworten müssen?
Dann macht es doch gar keinen Spaß mehr Soldaten und "externe Berater" in verwackelte Länder zu schicken.
Ich vertraue da doch ehr der amerikanischen Justiz.


QuoteFriedenstaube2019 #28

Es ist ein Skandal, wie die USA internationales Recht missachten. Das erlebt man eigentlich nur von Diktaturen und Autokraten...


QuoteBannor #28.1

Die USA wurden am 27. Juni 1986 vom Internationalen Gerichtshof in Den Haag für ihre direkte und indirekte militärische Teilnahme am Contra-Krieg zur Beendigung der ,,rechtswidrigen Anwendung von Gewalt" gegen Nicaragua und Zahlung von Reparationen verurteilt. Die USA weigerten sich jedoch, das Urteil anzuerkennen. Nicaragua wandte sich daraufhin an den UNO-Sicherheitsrat, welcher eine Resolution verabschiedete, die alle Staaten dazu aufrief, das internationale Gesetz zu befolgen. Die USA legten ihr Veto gegen die Resolution ein.

Die legten sogar ein Veto ein, sich an das Völkerrecht halten zu müssen.


QuoteRobert Capet #39

Bereiten die USA schon eine Invasion in den Niederlanden vor?
"US-Kongress droht Niederlanden mit Invasion" Steven Geyer (12.06.2002)
Parlament und Regierung in den Niederlanden sind empört: Beide Häuser des US-Kongresses haben einem Gesetz zugestimmt, das, falls amerikanische Bürger vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag angeklagt werden, sogar die Invasion im Nato-Partnerland vorsieht.
https://www.spiegel.de/politik/ausland/internationales-strafgericht-us-kongress-droht-niederlanden-mit-invasion-a-200430.html (https://www.spiegel.de/politik/ausland/internationales-strafgericht-us-kongress-droht-niederlanden-mit-invasion-a-200430.html)


...
Title: Grundrechte & Global Issues...
Post by: Link on December 01, 2020, 12:39:43 PM
Quote[...] Am vergangenen Donnerstag haben das Free Assange Committee Germany und freeAssange.eu dem deutschen Bundestag eine Petition zum Schutz der Grund-und Menschenrechte von Julian Assange übergeben. Die Petition fordert den Bundestag auf, alle zur Verfügung stehenden Mittel zu nutzen, um das Unrecht gegen Julian Assange zu beenden und seine Menschenrechte zu schützen. "Das Mindeste, das für Julian Assange passieren muss, ist die Verlegung in ein ziviles Krankenhaus", heißt es in der Petition fest. Obwohl er seine Strafe wegen Kautionsverstoß seit September abgesessen hat, wird Julian Assange nach wie vor im Belmarsh Prison in London in Isolationshaft gehalten. Ohne ausreichenden Kontakt zu seinen Verteidigern und ohne die Möglichkeit, sich angemessen auf das Verfahren vorzubereiten, in dem es um seine Auslieferung an die USA geht, wo er laut Anklage für 175 Jahre im Gefängnis verschwinden soll. Dass sowohl diese Anklage – die seit Juli 2019 drei Mal geändert wurde – wie auch der Umgang der britischen Justiz mit dem Wikileaks-Gründer rechtlich höchst fragwürdig ist, dass dies von namhaften Juristen festgestellt wurde und der Folterbeauftragte der Vereinten Nationen, Nils Melzer, nach einem Besuch Assanges festgestellt hat, dass es sich bei der Behandlung Assanges um massive psychische Folter handelt – all dies ist seitens der deutschen Regierung und des Bundestags bisher hartnäckig ignoriert worden. Als einige Abgeordnete der Partei ,,Die Linke" letztes Jahr dazu ein Experten-Hearing im Bundestag veranstalteten, lies sich aus den anderen Fraktionen kein Mensch blicken – und der UN-Beauftragte Melzer, der um einen Termin im Außenministerium gebeten hatte, wurde mit dem Hinweis abgefertigt, dass man keinerlei Grund sehe, das britische Rechtssystem in Zweifel zu ziehen.

... Diese Ignoranz gerade derjenigen, die in Reden und Leitartikeln ständig ,,Pressefreiheit" und ,,Demokratie" betonen – also Politiker, Parlamente, Großmedien und Institutionen wie ,,Amnesty" – ist unerträglich. Denn es geht hier längst nicht mehr um das Einzelschicksal eines Menschen, sondern darum, wie es der UN-Beauftragte Nils Melzer ausgedrückt hat, ,,einen Präzedenzfall zu verhindern, der das Schicksal der westlichen Demokratien besiegeln würde. Denn wenn es erst einmal zu einem Verbrechen geworden ist, die Wahrheit zu sagen, während die Mächtigen straffrei ausgehen, wird es zu spät sein, den Kurs zu korrigieren. Unsere Stimme wird dann vor Zensur und unser Schicksal vor uneingeschränkter Tyrannei kapituliert haben".

Edward Snowden hat das prägnant auf den Punkt gebracht: ,,Wenn das Aufdecken von Verbrechen wie ein Verbrechen behandelt wird, werden wir von Verbrechern regiert." Dass die oben genannten Instanzen und Institutionen zu dem schreienden Unrecht schweigen, das Julian Assange angetan wird, macht deutlich, dass sie schon mit mehr als einem Bein nicht auf Seiten des Rechtsstaats und der Demokratie stehen, sondern auf der Seite der Verbrecher.

...


Aus: "Europäische Grundrechte für alle – außer für Julian Assange" Mathias Broeckers (Posted on 30/11/2020)
Quelle: https://www.broeckers.com/2020/11/30/europaische-grundrechte-fur-alle-auser-fur-julian-assange/ (https://www.broeckers.com/2020/11/30/europaische-grundrechte-fur-alle-auser-fur-julian-assange/)

-

Quote[...] Man muss sich das einmal vorstellen: Mitten in Europa — und nicht etwa in der Türkei oder in Weißrussland und auch in keinem der anderen Länder des ehemaligen Ostblocks, die in keinem sonderlich guten Ruf stehen, sondern mitten in einer unserer ältesten parlamentarischen Demokratien — sitzt ein Mann seit nunmehr zwei Jahren im Gefängnis, ohne dass er irgendetwas verbrochen hat. Einfach nur deswegen, weil er etwas veröffentlicht hat, was den Mächtigen der Welt, konkret: den Vereinigten Staaten von Amerika und Großbritannien, nicht in den Kram passt. Und nicht etwa nur in einem einfachen Gefängnis ist der Journalist Julian Assange inhaftiert, sondern in dem berüchtigten Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh, wie ein Terrorist oder ein supergefährlicher Mörder. 23 Stunden am Tag befindet er sich in vollkommener Isolation, was eine moderne Foltermethode darstellt.

Und die öffentliche Meinung in Europa — wo man sich sehr schnell darüber empört, wenn der russische Oppositionelle Alexander Nawalny verhaftet wird, wo man sich auch keineswegs ein Blatt vor den Mund nimmt, wenn von Weißrussland ein Flugzeug zur Landung gezwungen wird, in dem der Blogger Roman Protassevich sitzt — die übt sich dabei bloß in einer merkwürdigen Zurückhaltung, die nimmt diese Vorgangsweise weitgehend hin oder schweigt überhaupt dazu. Auch die hohe europäische Politik reagiert nicht, es gibt keine Forderungen nach Sanktionen, es gibt keine Warnungen und Drohungen, wie das mit ziemlicher Sicherheit der Fall wäre, wenn Assange nicht ein von den USA und Großbritannien, sondern von Russland inhaftierter Journalist wäre.

Wie konnte es so weit kommen? Wie ist so etwas überhaupt möglich? Welche Entwicklungen sind es, die dazu geführt haben? Um darüber zu sprechen, fanden sich am 2. Juli, dem Vorabend des 50. Geburtstags des Australiers, der UN-Sonderberichterstatter für Folter, der Schweizer Nils Melzer, sowie sein Vorgänger in diesem Amt, der Österreicher Manfred Nowak, zu einem Hintergrundgespräch in den Räumlichkeiten des Österreichischen Journalist*innen Clubs (ÖJC) in Wien ein. Mitveranstalter war der Schweizer Presse Club. Anschließend gab es eine Präsentation von Melzers Buch "Der Fall Assange. Geschichte einer Verfolgung". Moderiert wurde beides von Fred Turnheim, der bis vor kurzem Präsident des ÖJC war [https://youtu.be/rGLgoaSP11k (https://youtu.be/rGLgoaSP11k), LIVE: Diskussion N. Melzer, M. Nowak, F. Turnheim: Pressefreiheit und Rechtsstaat in Gefahr, 04.07.2021].

Mein Blogbeitrag wird sich zu einem großen Teil auf die Informationen beziehen, die bei dieser Veranstaltung (inklusive Fragerunde, die allerdings nicht mehr im unten eingebetteten Video zu sehen ist) sowie in Melzers Buch Thema wurden. In einigen Punkten beruht er auch auf Auskünften, die mir der UN-Sonderberichterstatter dankenswerterweise im Nachhinein zukommen ließ.

Natürlich ging es dabei nicht nur um den inhaftierten Journalisten Assange. Präsent sind bei der Diskussion genauso die Schicksale der Whistleblower Edward Snowden und Chelsea Manning. Sie ,,sind die Leichen im Keller des Westens", wie es schon in der Ankündigung heißt. ,,Ihre Verfolgung und Misshandlung zerstört die Glaubwürdigkeit der westlichen Wertegemeinschaft."

Melzer, Nowak und Turnheim erzählen in einem gemeinsamen Gespräch die Geschichte nach. Vieles von dem, was sie sagen, ist zwar nicht grundlegend neu für diejenigen, die die Weltpolitik in den letzten 20 Jahren kritisch beobachtet haben. Und trotzdem ist es wichtig, diese Dinge immer wieder in Erinnerung zu rufen, weil der öffentliche Diskurs leider nur über ein miserables Langzeitgedächtnis verfügt und allzu vieles blitzesschnell vergisst.

Also lassen die Diskutanten die Ereignisse Revue passieren: Ausgangspunkt ist natürlich 9/11, der Anschlag auf die beiden Türme des World Trade Centers im Jahr 2001, den die Administration des damaligen US-Präsidenten George Bush als Vorwand für ihren ,,Krieg gegen den Terror" und damit für teils massive Einschränkungen der Menschenrechte genutzt hat. Auf dieses Geschehnis gehen letztlich alle weiteren Entwicklungen zurück, in deren Sog auch die europäischen Verbündeten der USA sich weitgehend kritiklos reißen ließen. Es kam zum Einmarsch in Afghanistan, später zur Invasion im Irak.

Damit einher ging aber die Schaffung rechtsfreier Räume. Nowak legt dar, um was für eine einschneidende Zäsur es sich dabei handelt. Die Folter, die grundsätzlich seit der Aufklärung ein geächtetes Instrumentarium gewesen war — das man zwar vielleicht dennoch anwandte, aber ohne dass irgendjemand etwas davon wissen durfte — wurde wieder salonfähig gemacht. Die Regierung Bush verkündete ungeniert, dass sie sich bei der Bekämpfung ihrer Gegner nicht durch den Rechtsstaat behindern lassen würde. Verhör- und Folterzentren außerhalb der USA wurden geschaffen. Man braucht dabei nicht bloß an Guantanamo denken. Ähnliche Einrichtungen wurden vom CIA in verschiedenen Staaten Osteuropas wie Rumänien, Polen und Litauen betrieben. Gleichzeitig wurden Massaker an Angehörigen der Zivilbevölkerung der bekriegten Länder Alltag, ohne dass die Täter Konsequenzen zu befürchten hatten. Dies schon deswegen nicht, weil es bis zum Auftauchen von Wikileaks praktisch kein Bewusstsein in der Weltöffentlichkeit darüber gab, dass solche Dinge überhaupt passieren.   

Zwar gab es vorübergehend eine gewisse allgemeine Empörung und wurde eine Handvoll von Soldaten zu geringfügigen Strafen verurteilt, nachdem 2004 der Folterskandal von Abu Ghuraib ans Tageslicht gekommen war. Dabei landeten aber bloß die Harmlosesten der Täter auf der Anklagebank, die ganz kleinen Fische. Um einiges schrecklicher als Mitglieder der US-Armee, so erläutert Nowak, agierten in dieser Hinsicht nämlich die Angehörigen der CIA. Von denen wurde aber ebenso wenig irgendjemand zur Rechenschaft gezogen wie von den Angestellten der im Irakkrieg sehr zahlreich vertretenen amerikanischen privaten Militärunternehmen, die der Aussage der Folteropfer zufolge die Allerschlimmsten gewesen waren.

Einige Jahre später fällte US-Präsident Barack Obama mehr als nur eine verheerende Entscheidung. Ein Teil der amerikanischen Kriegsverbrechen gelangte nun doch an die Öffentlichkeit. In Zusammenarbeit mit Manning veröffentlichte Wikileaks Material, das die Kriegsverbrechen der USA belegte. Das sogenannte Collateral Murder Video wurde davon am bekanntesten. Überdies gab es das Problem mit Guantanamo, das zu schließen Obama vor seiner Wahl vollmundig der Weltöffentlichkeit versprochen hatte. Eine vollständige Schließung ließ sich jedoch nicht bewerkstelligen.

Wie reagierte Obama auf diese beiden Herausforderungen? Zum einen entdeckte er das Drohnenmorden. Zwar hatte es schon unter der Regierung Bush die illegalen Tötungen mittels fliegender Roboter gegeben, aber Obama ordnete eine deutliche Erhöhung der Anzahl der Einsätze an. Auf seine Veranlassung hin wurden statt wie bisher durchschnittlich zwei Drohnenangriffe im Monat nun fünf in der Woche geflogen. Obama ließ demnach während seiner Regierungszeit im Schnitt 20 derartiger Einsätze im Monat und 240 im Jahr durchführen. Da aber fast jede dieser Militäraktionen gleich mehrere Personen einschließlich Unbeteiligter umbrachte, kann man erahnen, wie viele Menschenleben er auf dem Gewissen hat. Das Drohnenmorden war Obamas Spezialität und seine Alternative zu Guantanamo. Seine Logik war folgende: Leute in Guantanamo inhaftieren und foltern, das schaut nicht gut aus, das macht kein gutes Bild in der Weltöffentlichkeit, das dürfen wir also nicht. Daher — töten wir die Verdächtigen gleich.

So sah also, das möchte ich hier persönlich hinzufügen, der vorgebliche Humanismus des Lieblings der linksliberalen Szene hinter der Kulisse aus, das muss man an dieser Stelle einmal offen aussprechen, und man muss sich nach wie vor darüber wundern, was Obama hat alles tun können, ohne dass es an seinem Image allzu viel gekratzt hat. Nicht nur aber, dass er damit gegen ein grundlegendes Rechtsprinzip der Genfer Konvention verstoßen hat, welches derartige Tötungsbefehle klipp und klar verbietet¹, er hatte damit auch seinem Nachfolger im Amt, Donald Trump, eine Steilvorlage geliefert — der da nicht müde zurückstehen wollte und die Anzahl der Drohneneinsätze gleich auf drei am Tag erhöhte.

Man sieht hieran also, wie die USA im Laufe der letzten 20 Jahre ihre Gewalttätigkeit immer mehr verstärkt haben. Auf der anderen Seite lehnte Obama es aber strikt ab, die von Whistleblowern aufgedeckten amerikanischen Kriegsverbrechen einer ernsthaften gerichtlichen Verfolgung zuzuführen, obwohl hohe Beamte der Uno ihn darauf drängten. Stattdessen tat er etwas ganz anderes: Er ließ die Whistleblower (und da ging es nicht bloß um Manning) so hart verfolgen wie kein US-Präsident vor ihm.

Übrigens ist es auch unwahr, dass, wie oft behauptet wird, Obama Manning schließlich ,,begnadigt" hätte. Deren Strafe wurde lediglich herabgesetzt, aber nach ihrer Freilassung wurde sie sehr bald wieder inhaftiert, bis sie durch einen Selbstmordversuch fast gestorben wäre. Den sogenannten Nürnberger Prinzipien zufolge, die nach dem Zweiten Weltkrieg im Völkerrecht Geltung erlangten und die auf Kriegsverbrechen Bezug nehmen, hat Obama sich aber, so führt Melzer aus, mit seinem Verhalten selbst schuldig gemacht. Die Anordnung zur Nicht-Verfolgung von Kriegsverbrechen ist selbst ein Vergehen und strafbar.²

Im Grunde ist es also Obama, der vor ein Gericht gehört hätte, und nicht Manning oder Assange, so kann man Melzers Aussagen an diesem Punkt weiterdenken, obwohl er das nicht explizit ausspricht. Denn diese beiden wiederum hätten, so sagt er, für das, was sie getan haben, überhaupt nie zur Rechenschaft gezogen werden dürfen. Assange war ohnehin nie ein ,,Whisteblower" — auch wenn er fälschlicherweise manchmal als ein solcher bezeichnet wird —, sondern ein Journalist, der im Grunde nur das getan hat, was Journalisten tun. Im Fall Manning stelle sich die rechtliche Situation zwar etwas anders dar, räumt Melzer ein, weil es sich hier um ein Mitglied der US-Armee handle, aber wenn Rechtsbrüche oder gar Kriegsverbrechen vorliegen, könne natürlich von einer Bindung an die Schweigepflicht keine Rede mehr sein. Zumal Manning Vorgesetzte auf die Menschenrechtsverletzungen hingewiesen hatte, diese aber keine Konsequenzen daraus gezogen hatten.

Dieselbe perverse Logik, die für Obamas Strategie gegenüber Kriegsverbrechern und Whistleblowern maßgeblich war, ist es aber, die sich im Prozess gegen Assange geradewegs fortsetzt. Und hier ist man sogar einen Schritt weitergegangen. Denn mit dem vorläufigen Urteil eines britischen Gerichts im Auslieferungsverfahren gegen Assange, das am 4. Jänner gefällt wurde, ist genau das eingetreten, was man befürchtete: Auf einmal stehen nicht nur Whistleblower, sondern auch diejenigen, die kraft ihrer journalistischen Tätigkeit als ,,geheim" deklarierte Dokumente entgegen nehmen, explizit unter Strafandrohung, selbst wenn sie damit Verbrechen und Korruption ans Licht bringen.

Das britische Gericht unter dem Vorsitz der Richterin Vanessa Bareitser gab nämlich dem amerikanischen Auslieferungsgesuch in allen Punkten recht. Der einzige Grund, warum es den Antrag abwies, war der schlechte gesundheitliche Zustand des Journalisten. Entgegen aller nachvollziehbaren Logik ließ man jedoch Assange auch dann immer noch nicht frei [https://orf.at/stories/3196259/ (https://orf.at/stories/3196259/)].

Erst jetzt, ein halbes Jahr nach dem Urteil, hat die britische Justiz die im Jänner sofort eingelegte Berufung der US-Vertretung zugelassen [https://www.spiegel.de/ausland/julian-assange-britisches-gericht-laesst-berufung-gegen-abgelehnte-auslieferung-zu-a-9618727a-0d9e-4a15-aa5c-150a55dbcc9c (https://www.spiegel.de/ausland/julian-assange-britisches-gericht-laesst-berufung-gegen-abgelehnte-auslieferung-zu-a-9618727a-0d9e-4a15-aa5c-150a55dbcc9c)]. Das ist ein ungewöhnlich langer Zeitraum. Hinter dieser Verzögerung steckt jedoch offensichtlich eine bewusste Strategie. Ein rasches Ende des Prozesses liegt nämlich keineswegs in den Interessen der USA und Großbritanniens. Sobald der Instanzenweg abgeschlossen ist und ein endgültiges nationales Urteil vorliegt, könnten die Anwälte Assanges den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anrufen. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass dieser einer Auslieferung des Journalisten nicht zustimmen würde. Deswegen hat man es von britisch-amerikanischer Seite nun auf ein möglichst langes Verfahren angelegt, das sich über Jahre ziehen wird. Der Prozess wird, wie Melzer sagt, in einer ,,Endlosschleife" gelassen. Oder, wie es die "Berliner Zeitung" recht deutlich formulierte: ,,Wer die Mächtigen kritisiert, verrottet im Knast." Und das ohne rechtsgültiges Urteil.

[https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/julian-assange-wer-die-maechtigen-kritisiert-verrottet-im-knast-li.168969 (https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/julian-assange-wer-die-maechtigen-kritisiert-verrottet-im-knast-li.168969)]

Hingewiesen sei hier aber am Rande auch auf das Schicksal des ehemaligen britischen Botschafters Craig Murray. Der Freund von Assange wurde im Mai in einem gleichfalls bizarren Verfahren verurteilt [https://www.nachdenkseiten.de/?p=72388&fbclid=IwAR1uNWsWGVFN-RFzbphi7CWDVWq6HGr0me6sxOf29vjYYsz1-aRyymkqSpQ (https://www.nachdenkseiten.de/?p=72388&fbclid=IwAR1uNWsWGVFN-RFzbphi7CWDVWq6HGr0me6sxOf29vjYYsz1-aRyymkqSpQ)]. Er war ein Augen- und Ohrenzeuge für vieles, und seine regelmäßigen Blogeinträge waren eine der wenigen gründlichen Quellen für das, was im unter weitgehendem Ausschluss der Öffentlichkeit geführten Prozess gegen den Australier wirklich geschah. Man darf eine Absicht vermuten: Aufgrund des Verfahrens gegen ihn war es ihm nämlich nicht möglich nach Spanien zu reisen, wo in einem weiteren Schlüsselprozess seine Aussage von großer Wichtigkeit gewesen wäre. Dort steht David Morales vor Gericht, der Chef jener Sicherheitsfirma, die Assange jahrelang in der ecuadorianischen Botschaft in London für den amerikanischen Geheimdienst ausspionierte.

Und schließlich ist zu erwähnen, dass der US-Anklage jüngst einer ihrer wichtigsten Zeugen auf kuriose Weise abhanden gekommen ist: Der Isländer Sigurdur Ingi Thordarson hat öffentlich eingestanden, dass seine den inhaftierten Journalisten belastenden Aussagen auf einem Gegenschäft mit dem FBI beruhten und frei erfunden waren [https://stundin.is/grein/13627/ (https://stundin.is/grein/13627/)].

Eine unrühmliche Rolle spielen die Medien, die über all diese Skandale eigentlich laufend, rund um die Uhr, berichten müssten. Das tun sie ganz eindeutig nicht, oft aber lancieren sie außerdem leider Meldungen über Assange, deren grundlegender Duktus schlicht inakzeptabel ist.

Als durchaus sehr charakteristisches Durchschnittsbeispiel nehme ich eine kürzlich veröffentlichte APA-Meldung her [https://www.diepresse.com/6000891/leben-im-fadenkreuz-der-justiz-wikileaks-grunder-assange-wird-50 (https://www.diepresse.com/6000891/leben-im-fadenkreuz-der-justiz-wikileaks-grunder-assange-wird-50)], die wortgleich von mehreren österreichischen Zeitungen wiedergegeben wurde.  ,,Die US-Justiz wirft Assange vor ...", heißt es dort, und dann werden die gegen ihn erhobenen Vorwürfe noch einmal alle wiederholt, die inzwischen bereits x-fach widerlegt worden sind, auf eine Weise, als könnte immer noch etwas Wahres daran sein. Er habe Depeschen ,,gestohlen", er sei ein ,,Spion", er habe Menschenleben ,,in Gefahr gebracht", und dann werden natürlich auch noch die Vergewaltigungssvorwürfe wiedergekäut. Daraufhin heißt es, ebenso schwebend: ,,Seine Unterstützer sehen in ihm hingegen einen Journalisten, der mit investigativer Arbeit schlimme Kriegsverbrechen ans Licht brachte."

Nun sehen das nicht einfach nur seine Unterstützer so, sondern das ist er ganz eindeutig, erstens ein Journalist, der für seine publizistische Arbeit überdies mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurde, und zweitens einer, der Kriegsverbrechen enthüllt hat. Gleich anschließend wird ja sogar in der Meldung selbst das Video mit der Tötung von irakischen Zivilisten in Badgad erwähnt. Was also soll dann dieser unsägliche Wahrheitsrelativismus in der Formulierung an einer Stelle, an der er vollkommen unangemessen ist?

Macht man so etwas im Fall Nawalny? Redet man denn hier vielleicht so: ,,Für die einen ist er ein Oppositioneller, für die anderen hingegen ..."? Oder im Fall Protassevich: ,,Für die einen ist er ein seiner Kritik an der weißrussischen Regierung wegen verfolgter Blogger, für die anderen hingegen ..."? Nein. Warum also hier, im Fall von Assange, plötzlich diese Täter/Opfer-Relativierungen? Es gereicht der APA nicht zur Ehre, solche lavierenden Artikel zu verbreiten. Damit wird abermals nur die seichte Diskussion bedient, was Assange nun selbst für ein Mensch ist, was er womöglich falsch oder richtig gemacht hat, anstatt sich ernsthaft mit der brisanten politischen Materie auseinanderzusetzen.

Diese Meldung ist jedoch prototypisch für viele andere, die in einem sehr ähnlichen Stil gehalten sind. Sie haben oft interessante Ansätze, aber dann verlieren sie sich in dem, was die Umgangssprache ,,Wischi-Waschi" nennt. Und anstatt dass klar und eindeutig für einen von Justizwillkür verfolgten Kollegen Stellung genommen wird, der auf eine Art und Weise inhaftiert ist, die allen Menschenrechten spottet, so dass man meinen sollte, dass es eigentlich kein Wenn und Aber geben dürfte — übt man sich in relativierenden Formulierungen.

Freilich muss man mit einem allzu pauschalen Urteil über die Medien vorsichtig sein. Viele Journalisten machen exzellente Arbeit und halten das Thema am Leben. Hier etwa eine hervorragend recherchierte Arte-Doku, deren einziges Manko in der missverständlichen Titelwahl besteht. Mit "Spionageaffäre" ist nämlich nicht etwa die Tätigkeit von Assange gemeint, sondern seine illegale Überwachung durch UC Global: https://youtu.be/NQrz-J8R9zA (https://youtu.be/NQrz-J8R9zA) (Julian Assange: Chronik einer Spionageaffäre | ARTE Reportage, 06.07.2021)

Was die Politik betrifft, so gibt es zwar immer wieder vereinzelte Abgeordnete verschiedener europäischer Parteien, die sich zu Gruppen zusammenschließen, um gemeinsam Initiativen für Assange zu starten. Leider werden sie dabei aber von der ganz hohen europäischen Politik jämmerlich im Stich gelassen, ohne deren Unterstützung nichts Effektives machbar ist. Man musss sich auf Aufrufe beschränken [https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/bundestag-abgeordnete-fordern-freiheit-fuer-julian-assange-li.168710 (https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/bundestag-abgeordnete-fordern-freiheit-fuer-julian-assange-li.168710)].

Auf sehr drastische Weise wurde dieses Dilemma im Fall des kürzlich an  Angela Merkel gerichteten "Briefs der 120" [https://assange-helfen.de/ (https://assange-helfen.de/)] sichtbar, der vom Publizisten Günter Wallraff initiiert und von vielen prominenten Politikern, Journalisten und Künstlern unterzeichnet worden war. Doch obwohl er durchaus einiges an Aufmerksamkeit in den Leitmedien auf sich zog, prallte dieser dramatische Appell an die deutsche Bundeskanzlerin, sich während ihres Besuches in den Vereinigten Staaten beim US-Präsidenten Joe Biden für die Freilassung von Assange einzusetzen, völlig wirkungslos an ihr ab.

Es gibt unzählige Assange-Aktivisten und entsprechende Plattformen, die schier Unglaubliches leisten. Und an ihre Seite hat sich immerhin der UN-Sonderberichterstatter für Folter gestellt. Als die wichtigste derzeit laufende Initiative wird der sogenannte Genfer Appell betrachtet [https://www.change.org/p/geneva-call-to-uk-and-us-free-assange-gva-freeassange?fbclid=IwAR0RieBvGj0XQjr7uGjDFyLqwpVQkkkE9pBau82hB-1_4PCXtxIZuqPIgkY (https://www.change.org/p/geneva-call-to-uk-and-us-free-assange-gva-freeassange?fbclid=IwAR0RieBvGj0XQjr7uGjDFyLqwpVQkkkE9pBau82hB-1_4PCXtxIZuqPIgkY)], ein Aufruf zur sofortigen Freilassung des Journalisten, der zwar von den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt in der Schweiz gestartet wurde, den zu unterschreiben aber alle Europäer aufgefordert werden, die am Schicksal von Assange Anteil nehmen, denen Pressefreiheit und Rechtsstaatlichkeit nicht gleichgültig sind und die an der Einhaltung der Menschenrechte sowie des Völkerrechts ein Interesse haben.

Auch zu erwähnen ist das Volksbegehren ,,Staatsbürgerschaft für Folteropfer", das für Assange und in allen ähnlich gelagerten Fällen die automatische Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft verlangt. Und zusätzlich werden in den großen Städten ganz Europas mit hoher Regelmäßigkeit Mahnwachen für Julian Assange abgehalten und jede Menge anderer Protestaktionen veranstaltet, gerade jetzt zu seinem 50. Geburtstag war dies wieder verstärkt der Fall. Wobei man freilich Realist bleiben muss. Eine Wirkung kann dies alles nur entfalten, wenn die breite Öffentlichkeit für das Thema Feuer fängt. Hier sind die Journalisten, die Medien- und Meinungsmacher gefragt, und darum hat an dieser Stelle auch an sie ein Aufruf zu ergehen, den Geschehnissen um Assange endlich den gebührenden Platz im Diskurs zukommen zu lassen. Der Genfer Appell richtet sich deswegen nicht zuletzt gleichfalls eindringlich an sie. Ihnen muss man bewusst machen, dass es hier um ihre eigene Freiheit geht.

Eine unseren westlichen Wertegrundsätzen entsprechende Lösung könnte freilich dennoch am Ende nur die Politik herbeiführen. Das würde heißen, dass US-Präsident Joe Biden doch noch einlenkt. Oder aber dass, wie Melzer es formuliert, ,,sich Großbritannien plötzlich auf die Rechtsstaatlichkeit besinnt und die Auslieferung ablehnt, weil Assange eines politischen Deliktes angeklagt ist, seine Verfahrensrechte schwer verletzt wurden, die ihm vorgeworfenen Handlungen von der Pressefreiheit geschützt sind und ihn in den USA ein unfairer politischer Schauprozess sowie lebenslange Haft unter unmenschlichen Bedingungen erwarten." Allein damit ist ungeheuer viel auf den Punkt gebracht, was sich jede Relativierung verbietet.

Die Arbeit an diesem Beitrag war bereits weitgehend abgeschlossen, als eine neue Meldung hereinflatterte. Eben die, dass ein britisches Gericht den Berufungsantrag gegen die erstinstanzliche Entscheidung endlich zugelassen hat [https://www.spiegel.de/ausland/julian-assange-britisches-gericht-laesst-berufung-gegen-abgelehnte-auslieferung-zu-a-9618727a-0d9e-4a15-aa5c-150a55dbcc9c (https://www.spiegel.de/ausland/julian-assange-britisches-gericht-laesst-berufung-gegen-abgelehnte-auslieferung-zu-a-9618727a-0d9e-4a15-aa5c-150a55dbcc9c)]. Der Prozess geht also in die nächste Runde. Fast gleichzeitig wurde aber auch eine andere Neuigkeit publik [https://www.heise.de/news/Bericht-Julian-Assange-muesse-in-den-USA-nicht-in-strenge-Isolationshaft-6131412.html (https://www.heise.de/news/Bericht-Julian-Assange-muesse-in-den-USA-nicht-in-strenge-Isolationshaft-6131412.html)]. Einem Bericht des "Wall Street Journal" zufolge hat die US-Regierung Großbritannien versprochen, dass im Fall einer Auslieferung Assange nicht in strenge Isolationshaft in einem Hochsicherheitsgefängnis kommen werde, sondern seine Haftzeit in seinem Heimatland Australien absitzen könnte.

Warum es sich bei diesem Vorschlag nicht etwa um eine humanitäre Anwandlung der US-Regierung, sondern nur um einen neuen fiesen Trick, ja, eine Falle für Assange handelt, das sei hier kurz erklärt. Zum einen verstößt eine solche Abmachung, bevor überhaupt ein Urteil gefällt wurde, gegen alle rechtlichen Gebräuche und dient offensichtlich nur dazu, das Urteil zu beeinflussen. Zum anderen: Was wird den USA schon passieren, wenn sie dann ihr Versprechen nicht einhalten? Im Übrigen sei daran erinnert, dass Melzer bereits vor Monaten vor einem solchen Schachzug der amerikanischen Rechtsvertreter warnte. Darin liege eben der Haken der Begründung, mit der Richterin Baraitser am 4. Jänner den Auslieferungsantrag zurückgewiesen hat, legte er damals schon dar. Dadurch dass der Gesundheitszustand Assanges als einziges Hindernis angegeben wurde, welches einer Auslieferung im Weg stünde, bräuchten die USA im Grunde nur eine Garantie abgeben, dass sie ihn gut behandeln würden, und hätten wieder freie Bahn. Das ist anscheinend so in etwa das, was nun tatsächlich versucht wird.

In einer aktuellen Stellungnahme bezeichnet Melzer folgerichtig das US-Angebot als reine "Augenauswischerei". Eine derartige Überstellung nach Australien könne ja überhaupt erst zur Anwendung kommen, wenn beim Verfahren in den Vereinigten Staaten alle Rechtsmittel ausgeschöpft worden wären, erklärt er, "und das kann 10 Jahre oder mehr dauern".³ Als ähnlich wertlos betrachtet er die Zusicherung der USA, Assange keinen SAMs zu unterwerfen. Hinter diesem Ausdruck verbergen sich die englischen Worte "Special Administrative Measures", was so viel wie "Spezielle Verwaltungsmaßnahmen" bedeutet. Dabei handelt es sich aber nur um das allerhärteste amerikanische Einzelhaftsystem. "Keine SAMs heißt also noch lange nicht keine Isolationshaft." Melzer weiter: "Abgesehen davon: Was ist mit Pressefreiheit, politischem Delikt, Verfahrensverletzungen durch Botschaftsüberwachung und so weiter? Julian Assange gehört überhaupt nicht ins Gefängnis." Dem ist nichts hinzuzufügen. (Ortwin Rosner, 19.7.2021)




Literaturhinweis:

    Nils Melzer, Oliver Kobold: "Der Fall Julian Assange. Geschichte einer Verfolgung". Piper, München 2021.

Fußnoten

¹ Es handelt sich hierbei um das sogenannte "Denial of Quarter"-Verbot in Art. 41 Erstes Zusatzprotokoll Genfer Konventionen, welches den Befehl, "keine Überlebenden" übrigzulassen oder auf dieser Basis Krieg zu führen, ausdrücklich verbietet.

² Die Nürnberger Prinzipien bilden vor allem für die Strafbarkeit von Staatsoberhäuptern die Grundlage (Nr. 1., 2., 3. und 7.). Die Strafbarkeit der Nicht-Verfolgung von Kriegsverbrechen stützt sich auf den Grundsatz der Kommandantenverantwortung, der mit dem Yamashita-Urteil des Tokio Tribunals als Völkergewohnheitsrecht anerkannt wurde, vom Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) beziehungsweise dem Internationalen Strafgerichtshof für Ruanda (ICTR) in verschiedenen Fällen bestätigt wurde und in Artikel 28 des Römischen Statuts (= die vertragliche Grundlage des Internationalen Strafgerichtshofs mit Sitz in Den Haag) wiedergegeben ist. Da dieser Grundsatz anerkanntes Gewohnheitsrecht ist, ist er auch für die USA verbindlich. Es geht dabei wohlgemerkt um eine selbstständige Strafbarkeit des Kommandanten beziehungsweise Vorgesetzten durch Unterlassung seiner Aufsichts- und Durchsetzungspflicht des Völkerrechts. Das heißt: Strafbar ist er in diesem Sinne zwar nicht für die Verbrechen seiner Untergebenen, sehr wohl aber für die Nicht-Durchsetzung des Völkerstrafrechts.

³ Ganz ähnlich schätzt Stella Moris, die Verlobte Assanges, die ja auch Juristin ist, die Lage im "Guardian" ein [https://www.theguardian.com/media/2021/jul/10/us-pledge-that-julian-assange-could-serve-any-jail-sentence-in-australia-is-grossly-misleading-partner-says (https://www.theguardian.com/media/2021/jul/10/us-pledge-that-julian-assange-could-serve-any-jail-sentence-in-australia-is-grossly-misleading-partner-says)].



Aus: "Julian Assange: Wie die USA ihre Kriegsverbrecher schützen" Ortwin Rosner (19.7.2021)
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000128052144/julian-assange-wie-die-usa-ihre-kriegsverbrecher-schuetzen (https://www.derstandard.at/story/2000128052144/julian-assange-wie-die-usa-ihre-kriegsverbrecher-schuetzen)

Quote
LazyJones

Und Schweden?

Ich vermisse eine Erwähnung der extrem korrumpierten Justiz in Schweden, die Assange überhaupt erst der Strafverfolgung in der EU ausgesetzt hat.


Quote
Cicero22

Schweden hat im Fall Assange eine gleichermassen traurige wie viele enttäuschende Rolle gespielt. Ich hätte nicht gedacht, dass das in Schweden möglich wäre.


Quote
JohannaHufner

Und Obama habens den Friedensnobelpreis verliehen...


Quote
Liberaler Atheist

Die Liebe der linken Journalisten und Foren Schreiberlinge zu Assange ist einfach nur lächerlich. Bitte einfach nur die sehr präzise Begründung der britischen Richterin lesen, warum dem US-Auslieferungsantrag im Prinzip Recht zu geben ist.


Quote
Markus2001

Die Illegalität des ganzen Verfahrens fängt sich schon damit an, dass Assange nicht mal US-Bürger ist. Wie kann es v Belang sein, dass er gegen ein US-Gesetz v 1917 verstößt? Würde man ihn auch an Russland ausliefern, weil er gegen russische Geheimhaltungsregeln verstoßen hat?


Quote
Chief Bogo

Einmal mehr Vielen Dank Hr. Rosner für einen wichtigen und informativen Artikel über Julian Assange. Danke dass Sie hier dieses Thema immer aktuell behandeln (auch wenn derStandard Ihre Artikel sichtbarer platzieren könnte).
Von all diesen Ungerechtigkeiten zu lesen, den menschenunwürdigen Haftbedingungen, der psychischen Folter, der Unmenschlicheit der Amerikaner und Briten, dem "Friedensnobelpreisträger" Obama (was für ein Hohn!), der Feigheit und Scheinheiligkeit anderer Regierungen, etc, etc... lässt in mir den Zweifel an Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit im größer werden.
Die Öffentlichkeit hat Assange sehr viel zu verdanken. Der Preis den er dafür zahlen muss ist leider immens hoch.


Quote
eigenvector

danke an den autor, dass er diese unerträgliche und verlogene heuchelei des "wertewestens" und dessen medialer unterstützer (aka qualitäts-journalisten), so klar artikuliert. ...


Quote
Girlitz

23 Stunden am Tag befindet er sich in vollkommener Isolation

Und die Politiker der sogenannten freien Welt wissen es, uns schauen zu. Das ist die wirkliche Tragödie.
Die sogenannten Rechtsstaaten pfeifen auf den Rechtsstaat, wenn's ums Eingemachte geht.


Quote
Heinz Elmann

Linke vs Rechte, Russland gegen Amerika, Nawalny gegen Assange.
Wenn da in Lager gespalten wird und diffamiert wird lenkt das vom eigentlichen Thema ab.

Hier geht es um Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte vs Autoritarismus.

...


Quote
derrotepapst

Ich habe das gerade nochmal gelesen - Wirklich gut zusammengefasst. Und was die Qualität, die Recherche, Faktencheck und auch Standpunkte anbelangt, wesentlich besser als das was man hier auf Titelseiten findet.

Wird leider untergehen.

Die Frage ist was tun? Im Grunde können wir nichts tun. Nur dem Treiben, das immer perverser wird allgemeingesellschaftlich betrachtet, zusehen..mit Ärger oder Zynismus und Spott und Hohn. Ich hab mich für die letzten 3 Optionen entschieden. Sobald ich einen Politiker im TV oder sonstwo von Menschenrechten, Demokratie ET CETERA, sprechen höre, muss ich entweder umschalten oder lachen.


Quote
mkrispin

Mich ueberkommt immer oefter ein Wuergereiz bei sowas


...
Title: Grundrechte & Global Issues...
Post by: Link on July 13, 2021, 10:40:29 AM
Quote[...] Die Corona-Pandemie hat die Zahl der weltweit an Hunger leidenden Menschen laut einem UN-Bericht um 18 Prozent steigen lassen. Die "wirtschaftlichen Einbrüche als Folge der Corona-Maßnahmen auf der ganzen Welt haben zu einem der schlimmsten Anstiege des weltweiten Hungers in Jahrzehnten geführt", heißt es in einem gemeinsamen Bericht mehrerer UN-Organisationen.

Von dem Weg zu ihrem vereinbarten Ziel, den Hunger bis 2030 auszurotten, sei die Staatengemeinschaft bereits vor der Pandemie abgekommen, konstatieren die Organisationen. Die Pandemie habe nun darüber hinaus für Rückschritte gesorgt. Die gesamten Auswirkungen der Pandemie können dem Bericht zufolge zwar noch nicht abgeschätzt werden. Doch waren demnach im vergangenen Jahr rund 118 Millionen Menschen mehr von Hunger betroffen als 2019.

Die Zunahme von mittlerer oder ernster Nahrungsmittelunsicherheit sei so hoch gewesen wie in den fünf Jahren davor zusammen. "Fast jeder dritte Mensch auf der Welt hatte 2020 keinen Zugang zu angemessener Ernährung - ein Anstieg von fast 320 Millionen Menschen in nur einem Jahr", heißt es in dem Bericht. Darunter seien Millionen Kinder, die nicht genug zu essen bekommen, um gesund aufzuwachsen. Die meisten mangelernährten Kinder leben demnach in Asien und Afrika.

Am schlimmsten vom Hunger betroffen waren demnach Länder, in denen es infolge von Klimaphänomenen zu Katastrophen kam oder in denen es bewaffnete Konflikte gab - oder beides. Zwischen 720 und 811 Millionen Menschen - knapp ein Zehntel der Weltbevölkerung - waren Schätzungen zufolge unterernährt. Dies seien 70 bis 161 Millionen mehr als 2019. Der Anstieg war deutlich höher als in den Vorjahren.

"Die Covid-19-Pandemie ist nur die Spitze des Eisbergs", schreiben die Autoren. Noch alarmierender sei, dass sie Schwachstellen aufgedeckt habe, die sich in den vergangenen Jahren im Nahrungsmittelsystem gebildet hätten. Diese seien Folgen von Konflikten, Klimaveränderungen und Wetterextremen sowie wirtschaftlichen Einbrüchen.

Mehr als die Hälfte aller unterernährten Menschen lebt demnach in Asien (418 Millionen), mehr als ein Drittel in Afrika (282 Millionen). In Lateinamerika und der Karibik leiden den Angaben zufolge rund 60 Millionen Menschen an Hunger. Den schärfsten Anstieg bei der Zahl hungriger Menschen gab es 2020 in Afrika. Es seien rund 46 Millionen mehr als 2019.

Das Ziel der Staatengemeinschaft, den Hunger bis zum Jahr 2030 zu stoppen, kann den aktuellen Prognosen zufolge nur unter "enormen Anstrengungen" erreicht werden. Dazu müssten insbesondere drastische Maßnahmen getroffen werden, durch die Ungleichheiten beim Zugang zu Nahrungsmitteln beseitigt werden. Als Beispiele nannten die Experten etwa humanitäre Hilfe in Konfliktgebiete oder Unterstützungsprogramme in Form von Sach- oder Geldleistungen, um Nahrungsmittel-Preisschwankungen abzumildern. Auch ein breiterer Zugang zu Klimarisikoversicherungen für Kleinbauern wurde genannt.

Wenn sich allerdings nichts ändert, könnten 2030 laut Prognosen der UN-Experten - unter anderem bedingt durch die Langzeitfolgen der Pandemie - noch immer rund 660 Millionen Menschen von Hunger betroffen sein. Dies wären nach aktueller Schätzung etwa 30 Millionen Menschen mehr als in einem Szenario, in dem es die Corona-Krise nicht gegeben hätte. "Wir bewegen uns in die falsche Richtung", warnen die Autoren des Berichts.

Die beteiligten Organisationen verwiesen auf die Chance, diese Themen bei zwei großen internationalen Lebensmittel- und Ernährungsgipfeln sowie bei der UN-Klimakonferenz in diesem Jahr anzugehen. An dem Bericht beteiligt waren die UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation, der Internationale Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung, das Kinderhilfswerk Unicef, das Welternährungsprogramm sowie die Weltgesundheitsorganisation.

Quelle: ntv.de, chl/AFP/dpa


Aus: "Corona verstärkt massiv weltweiten Hunger" (Montag, 12. Juli 2021)
Quelle: https://www.n-tv.de/panorama/Corona-verstaerkt-massiv-weltweiten-Hunger-article22677533.html (https://www.n-tv.de/panorama/Corona-verstaerkt-massiv-weltweiten-Hunger-article22677533.html)
Title: Grundrechte & Global Issues...
Post by: Link on July 19, 2021, 06:40:10 PM
"Als die italienische Polizei den 23-jährigen Carlo Giuliani erschoss" Sarah Serafini (18.07.2021)
300'000 Menschen protestierten im Juli 2001 gegen den G8-Gipfel in Genua. Danach kam es zu einer beispiellosen Gewalteskalation. Ein 23-Jähriger wurde erschossen, hunderte Aktivisten gefoltert.
Ein Toter, hunderte Verletzte und von der Polizeigewalt schwer traumatisierte Menschen war die traurige Bilanz der Proteste gegen den G8-Gipfel in der italienischen Hafenstadt im Jahr 2001. Dass sich in Italien, einem demokratischen Land, ein solch beispielloser Gewaltexzess entladen kann, entsetzte ganz Europa und darüber hinaus. Später entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte: Das, was in Genua passierte, war Folter und die Verantwortung dafür trägt der italienische Staat. ...
https://www.watson.ch/!652317301 (https://www.watson.ch/!652317301)

-

,,Revealed: leak uncovers global abuse of cyber-surveillance weapon" (Sun 18 Jul 2021 17.00 BST)
Stephanie Kirchgaessner, Paul Lewis, David Pegg,Sam Cutler,Nina Lakhani and Michael Safi
Spyware sold to authoritarian regimes used to target activists, politicians and journalists, data suggests
https://www.theguardian.com/world/2021/jul/18/revealed-leak-uncovers-global-abuse-of-cyber-surveillance-weapon-nso-group-pegasus (https://www.theguardian.com/world/2021/jul/18/revealed-leak-uncovers-global-abuse-of-cyber-surveillance-weapon-nso-group-pegasus)

Anonymous777 – 19.07.2021 18:15: " ... Wie Snowden sagte: Erst heißt es ,,Terrorbekämpfung" und am Ende sind es Journalisten, Bürger, NGO's ..." //Quelle: https://www.heise.de/forum/heise-online/Kommentare/Spyware-Pegasus-Journalistenverbaende-fordern-Handeln-nach-Ausspaeh-Vorwuerfen/Wie-Snowden-sagte/posting-39293466/show/ (https://www.heise.de/forum/heise-online/Kommentare/Spyware-Pegasus-Journalistenverbaende-fordern-Handeln-nach-Ausspaeh-Vorwuerfen/Wie-Snowden-sagte/posting-39293466/show/) | Zu: https://www.heise.de/news/Spyware-Pegasus-Journalistenverbaende-fordern-Handeln-nach-Ausspaeh-Vorwuerfen-6142047.html

...
Title: Grundrechte & Global Issues...
Post by: Link on July 26, 2021, 08:47:50 PM
"Netzpolitik: Whistleblower, der Dokumente zu US-Drohnenangriffen leakte, drohen elf Jahre Haft" (26. Juli 2021)
Daniel Hale hat einen elfseitigen Brief an das Gericht verfasst, in dem er über seine Erlebnisse und Beweggründe berichtet. ... Hale war im Rahmen des umstrittenen Espionage Act angeklagt und 2019 von einem Geschworenengericht verurteilt worden. Ihm wurde vorgeworfen, eine Reihe an Geheimdokumenten – auch "Drone Papers" genannt –, die nicht in Verbindung mit dem Drohnenangriff im Jemen standen, weitergegeben zu haben. Er hatte sich schuldig bekannt. Diese Woche soll seine Strafe verkündet werden, berichtet "The Intercept". Das Medium soll auch Empfänger der geleakten Unterlagen gewesen sein, gibt allerdings keinen Kommentar betreffend seiner Quellen ab. ...
https://www.derstandard.at/story/2000128457121/whistleblower-der-dokumente-zu-us-drohnenangriffen-leakte-drohen-elf-jahre (https://www.derstandard.at/story/2000128457121/whistleblower-der-dokumente-zu-us-drohnenangriffen-leakte-drohen-elf-jahre)

"Facing Years in Prison for Drone Leak, Daniel Hale Makes His Case Against U.S. Assassination Program" Ryan Devereaux (July 24 2021)
With prosecutors seeking a maximum sentence, Hale delivered a powerful handwritten letter describing his motivations to the court.
https://theintercept.com/2021/07/24/daniel-hale-assassination-program-drone-leak/ (https://theintercept.com/2021/07/24/daniel-hale-assassination-program-drone-leak/)

"In Pre-Sentencing Letter, Drone Whistleblower Daniel Hale Says Crisis of Conscience Motivated Leak" Brett Wilkins (July 23, 2021)
"I came to believe that the policy of drone assassination was being used to mislead the public that it keeps us safe... I began to speak out, believing my participation in the drone program to have been deeply wrong."
https://www.commondreams.org/news/2021/07/23/pre-sentencing-letter-drone-whistleblower-daniel-hale-says-crisis-conscience

Daniel E. Hale is a former National Security Agency intelligence analyst who leaked classified information about drone warfare to the press.
https://en.wikipedia.org/wiki/Daniel_Hale_(intelligence_analyst) (https://en.wikipedia.org/wiki/Daniel_Hale_(intelligence_analyst))

https://en.wikipedia.org/wiki/Category:American_whistleblowers (https://en.wikipedia.org/wiki/Category:American_whistleblowers)

https://theintercept.com/drone-papers/ (https://theintercept.com/drone-papers/)
Title: Grundrechte & Global Issues...
Post by: Link on September 13, 2021, 02:18:29 PM
Quote[...] BERLIN taz | Die Killer kamen in zwei Vans, sie hatten großkalibrige Waffen. Ende September 2020 töteten sie den mexikanischen Wasser- und Indigenen-Aktivisten Óscar Eyraud Adams. Er hatte dagegen gekämpft, dass Konzerne wie die niederländische Brauerei Heineken in seiner Heimatregion im Bundesstaat Baja California riesige Mengen Wasser fördern, aber viele Indigene nicht einmal ihre Felder bewässern dürften. Eyraud wurde nur 34 Jahre alt.

Der Mexikaner gehört zu den weltweit mindestens 227 UmweltaktivistInnen, die der Nichtregierungsorganisation Global Witness zufolge vergangenes Jahr ermordet worden sind. Noch nie war die Zahl so hoch, nachdem sie bereits 2019 den damaligen Rekordwert von 212 erreicht hatte. ,,Während die Klimakrise sich verschärft, eskaliert die Gewalt gegen Verteidiger des Planeten", heißt es in einer an diesem Montag veröffentlichten Studie von Global Witness. Waldbrände, Dürren und Überflutungen verschlimmerten zudem die Lage vieler Bevölkerungsgruppen und Umweltschützer.

Seit im Jahr 2016 das Pariser Übereinkommen zum Klimaschutz unterzeichnet wurde, sind den Angaben zufolge jede Woche im Schnitt vier Umweltschützer getötet worden. ,,Aber diese schockierende Zahl ist so gut wie sicher eine zu niedrige Schätzung", so Global Witness. Denn wahrscheinlich würden wegen zunehmender Einschränkungen von Pressefreiheit und Bürgerrechten etwa in Afrika nicht alle Fälle bekannt.

Mindestens 30 Prozent der erfassten Morde standen laut Studie im Zusammenhang mit der Ausbeutung von Ressourcen – von der Holzgewinnung über Staudämme und andere Infrastrukturprojekte, Bergbau bis zur großflächigen Landwirtschaft. Die Forstwirtschaft wurde mit 23 Morden in Brasilien, Nicaragua, Peru sowie den Philippinen in Verbindung gebracht und steht damit auf Platz eins.

Die meisten Morde an UmweltaktivistInnen allgemein wurden erneut aus Kolumbien berichtet: Fast die Hälfte der 65 Fälle betrafen Kleinbauern. Wie auch weltweit richteten sich dort viele Angriffe gegen indigene oder afrikanischstämmige Gruppen. An zweiter und dritter Stelle stehen Mexiko mit 30 und die Philippinen mit 29 Morden. Europa war 2020 nicht betroffen.

Die höchste Mordrate im Vergleich zur Bevölkerung hatte Nicaragua mit 12 Fällen. Im Vorjahr waren dort 5 Aktivisten getötet worden. Die Gewalt in dem mittelamerikanischen Land hängt dem Report zufolge mit Siedlern in Gebieten von Indigenen und der Ausweitung der Viehwirtschaft, des Goldbergbaus und des Holzeinschlags zusammen. Die Regierungen seien mitverantwortlich, weil die Täter oft nicht bestraft würden.

,,Die Regierungen haben primär die Pflicht zu garantieren, dass die Menschenrechte der Aktivisten geschützt werden", schreibt Global Witness. Dazu müssten zum Beispiel Gesetze aufgehoben werden, mit denen Umweltschützer kriminalisiert werden.

Hoffnung setzt die Organisation auf zwei Gesetzesvorhaben der Europäischen Kommission: die Initiative für eine nachhaltige Unternehmensführung und Regeln zu Risikorohstoffen aus Wäldern. Global Witness forderte die EU auf, sicherzustellen, dass alle in der Union tätigen Unternehmen Menschenrechtsverstöße und Umweltschäden in ihrer Lieferkette verhindern. Nötig seien auch Strafen für Firmen, die dieser Pflicht nicht nachkommen. Zudem dürften Unternehmen nur noch Holz importieren, wenn die betroffenen indigenen und lokalen Gruppen nach ausreichender Unterrichtung aus freien Stücken zugestimmt haben.


Aus: "Mehr Morde an UmweltschützerInnen" Jost Maurin, Redakteur für Wirtschaft und Umwelt (13. 9. 2021)
Quelle: https://taz.de/Klimakrise-verschaerft-weltweit-Konflikte/!5795906/ (https://taz.de/Klimakrise-verschaerft-weltweit-Konflikte/!5795906/)

Title: Grundrechte & Global Issues...
Post by: Link on December 02, 2021, 10:30:55 AM
Quote[...] Wegen der angespannten Lage an der EU-Außengrenze mit Belarus will die EU-Kommission Polen, Litauen und Lettland für eine Dauer von sechs Monaten einen restriktiveren Umgang mit Asylbewerbern erlauben. Die Regierungen der drei EU-Staaten, die an Belarus grenzen, hatten mehr Flexibilität bei ihrer Abwehr von illegaler Migration gefordert.

Die Frist, in der die drei Staaten Asylbewerber registrieren müssen, wird von derzeit drei bis zehn Tagen auf vier Wochen ausgedehnt. Sie dürfen Asylbewerber künftig bis zu 16 Wochen in Aufnahmezentren nahe der Grenze unterbringen, die diese nicht verlassen dürfen. Und die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber wird vereinfacht.

Menschenrechtsorganisationen warnen vor einer faktischen Einschränkung des Asylrechts. Wenn Asylbewerber die Aufnahmelager nicht verlassen dürfen und diese zudem entfernt von regulären Siedlungen direkt an der Grenze liegen, gleiche das einer Haft.

Die Kommission betont hingegen, der neue Rechtsrahmen verstoße weder gegen Grundrechte noch internationale Verpflichtungen. Es gehe um eine befristete Ausnahme von den geltenden Regeln.

Der neue Kurs ist in der EU-Kommission umstritten und hatte bei internen Beratungen zu Kontroversen geführt. Es ist zugleich ein Kompromiss zwischen Deutschland und weiteren Ländern im Nordwesten der EU, die ein liberales Asylrecht vorziehen, und Mitgliedern im Osten und Süden, die eine konsequentere Abschreckung von Migranten fordern, da diese in der großen Mehrheit kein Anrecht auf Asyl haben.

Manche Kommissionsmitglieder haben die Hoffnung, dass sich die faktische Behandlung von Migranten in Polen verbessert. Die nationalpopulistische PiS-Regierung hat ihre Verpflichtung bekräftigt, Neuankömmlinge von Tag 1 an mit Nahrung, Unterkunft und medizinischer Betreuung zu versorgen und mit internationalen Organisationen wie dem Flüchtlingshilfswerk der UN (UNHCR) zusammenzuarbeiten. Bisher war das nicht der Fall.

Die Kommissarin für Inneres, Ylva Johansson, hatte Polens Regierung kürzlich bei einem Besuch in Warschau ermahnt, die Grundrechte von Migranten einzuhalten. Die PiS-Regierung argumentiert, sie habe es mit illegalen Grenzverletzern zu tun, die ihr Grundrecht auf Asyl gar nicht wahrnehmen, sondern nach Deutschland weiterreisen wollten.

Der Staatschef von Belarus, Alexander Lukaschenko, habe die Migranten aus dem Nahen und Mittleren Osten einfliegen lassen, um Druck auf die EU auszuüben, damit sie die Sanktionen gegen sein Regime lockert. In ihren Pässen seien belarussische Touristenvisa. Und sie sagten, man habe ihnen versprochen, dies sie ihr Weg ins reiche Europa.

Da Polen seit der Eskalation des Konflikts im September den Ausnahmezustand über die Grenzregion verhängt hat, haben internationale Medien keinen Zugang. Es gibt kaum unabhängige Berichte über die Lage und den Umgang mit den Migranten. Der Ausnahmezustand ist Ende November ausgelaufen.

Doch die PiS hat mit ihrer Mehrheit im Parlament rechtzeitig ein neues Gesetz verabschiedet, das den Ausschluss der Medien weiter ermöglicht. Danach darf der Innenminister in Rücksprache mit dem Oberbefehlshaber des Grenzschutzes den Zugang zur Grenze aus Sicherheitsgründen einschränken. Innenminister Mariusz Kaminski sagte am Dienstag, er werde diese Möglichkeit nutzen.

Die liberale Opposition und Polens Ombudsmann für Grundrechte, Marcin Wiacek, fordern einen unbehinderten Zugang für Medien und Hilfsorganisationen zur Grenzregion. Sie konnten sich damit aber nicht durchsetzen.


Aus: "Die EU verschärft vorübergehend ihr Asylrecht" Christoph von Marschall (01.12.2021)
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/notsituation-an-der-grenze-zu-litauen-die-eu-verschaerft-voruebergehend-ihr-asylrecht/27853350.html (https://www.tagesspiegel.de/politik/notsituation-an-der-grenze-zu-litauen-die-eu-verschaerft-voruebergehend-ihr-asylrecht/27853350.html)
Title: Grundrechte & Global Issues...
Post by: Link on December 10, 2021, 08:16:45 PM
QuoteGuido F. Gebauer 10.12.21, 13:58

Assange droht doch Auslieferung - Der Wikileaks-Gründer muss nun damit rechnen, an die USA ausgeliefert zu werden. Ein Londoner Gericht kippte eine vorherige Entscheidung.

Ein Fall unter vielen, der nach meiner Einschätzung deutlich macht, dass sich unsere Menschenrechtspolitik ändern muss: Weg von der selektiven Fokussierung auf die Menschenrechtsverletzungen unserer Gegner, hin zur Abstellung unserer eigenen Menschenrechtsverletzungen und der unserer Verbündeten.

Wie sollen wir glaubwürdig für Pressefreiheit eintreten und gleichzeitig Assange ausliefern? Wie können wir gegen illegale Inhaftierung und Folter eintreten und es gleichzeitig weitgehend unkommentiert lassen, dass Guantanamo nach wie vor geöffnet ist und kein einzige der Verantwortlichen für die schweren Folterungen im Rahmen des Krieges gegen den Terror zur Verantwortung gezogen wird.

Was hilft es den Menschenrechten wirklich, wenn wir Prozesse führen gegen die schweren und unentschuldbaren Menschenrechtsverletzungen unserer Gegner und gleichzeitig selber Menschenrechtsverletzungen begehen?

Den Menschenrechten wirklich helfen könnte nur eine Umkehr, wo diese nicht mehr selektiv betrachtet und strategisch genutzt werden, sondern wo mit eigenem Vorbild vorangegangen und so Menschenrechte glaubhaft universal eingefordert werden können.

Leider sind wir von so einem Zustand bei weitem entfernt, wie u.a. täglich belegen der menschenverachtende europäischer Abwehrwall gegen Geflüchtete, die Tausenden, die wegen ihm mit dem Leben bezahlen und die unzähligen Menschen, die ins Verderben abgeschoben werden.

Menschenrechte sollten damit beginnen, dass wir sie selbst einhalten, sie bei unseren Verbündeten durchsetzen und dann mit moralischem Gewicht von allen einfordern können.

Momentan sehe ich keine Hinweise, dass beispielsweise die neue Bundesregierung zu so einer tatsächlich an Menschenrechten orientierten Politik wechseln wollte oder gar würde.


QuoteOskar 10.12.2021, 12:01

Das ist die westliche Demokratie die wir so lieben.


Zu: https://taz.de/Gericht-kippt-Ablehnung-von-US-Antrag/!5821667/ (https://taz.de/Gericht-kippt-Ablehnung-von-US-Antrag/!5821667/)
Title: [Grundrechte & Global Issues... ]
Post by: Link on March 07, 2022, 04:31:07 PM
Quote[...] Der saudi-arabische Blogger Raif Badawi hätte eigentlich zu Ende des vorigen Monats aus dem Gefängnis entlassen werden müssen. Das ist aber nicht geschehen, Menschenrechtsorganisationen rufen daher die saudischen Behörden auf, Badawi sofort freizulassen.

Badawi hatte 2008 ein Online-Forum mit dem Namen "Die saudischen Liberalen" begründet, in dem er religiöse und gesellschaftliche Themen diskutierte. 2012 wurde er wegen seiner liberalen Ansichten verhaftet und ein Jahr später wegen "Beleidigung des Islams" zu zehn Jahren Gefängnis, 1000 Peitschenhieben, einer Geldstrafe von einer Million Rial und einem Ausreiseverbot für zehn Jahre nach Beendigung seiner Haftstrafe verurteilt. Im Januar 2015 bekam er öffentlich die ersten 50 Peitschenhiebe, der weitere Vollzug wurde aus gesundheitlichen Gründen ausgesetzt.

"Es ist empörend, dass Raif Badawi nach zehn langen Jahren noch immer im Gefängnis sitzt", sagte Christian Mihr, Geschäftsführer von Reporter one Grenzen (RSF). "Er hätte nie auch nur einen einzigen Tag hinter Gittern verbringen dürfen. Jetzt, da er die volle Strafe abgesessen hat, gibt es für die saudischen Behörden keine rechtliche Grundlage mehr, ihn weiterhin festzuhalten."

Heba Morayef, Regionaldirektorin von Amnesty International für den Nahen Osten und Nordafrika, meint: "Raif Badawis anhaltende Inhaftierung zeigt die völlige Verachtung der saudi-arabischen Behörden für das Recht auf Freiheit, die Meinungsfreiheit und sogar ihre eigenen Gesetze. Es zeigt auch, dass ihre Versuche, der Welt ein progressives Bild zu präsentieren, kaum mehr als eine Nebelwand dienen, um ihre Unterdrückung zu verbergen."

Im April 2020 hatte Saudi-Arabien angekündigt, als Teil der "Vision 2030" die besonders grausame Form der Bestrafung mit Peitschen- oder Stockhieben abzuschaffen. Zur "Vision 2030" gehören auch Reformen im Bereich der Menschenrechte.

Neben Badawi sitzen derzeit mindestens weitere 28 Journalisten, Reporterinnen und Medienmitarbeitende in Saudi-Arabien im Gefängnis, erklärt RSF. Die Organisation habe vor diesem Hintergrund Anfang März 2021 beim Generalbundesanwalt in Karlsruhe Strafanzeige gegen Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman eingereicht. Kernbestandteil der Strafanzeige wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit sei der Mord an dem Journalisten Jamal Khashoggi, der im Oktober 2018 im saudischen Konsulat in Istanbul grausam ermordet worden.

Badawis Frau Ensaf Haidar lebt seit 2013 im kanadischen Québec. Sie bittet die kanadische Regierung, Badawi die Staatsbürgerschaft zu verleihen. Sie wandte sich auch an den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman, das Ausreiseverbot zu erlassen.

(anw)


Aus: "Saudischer Blogger Raif Badawi hat Haftstrafe abgesessen, kommt aber nicht frei" Andreas Wilkens (07.03.2022)
Quelle: https://www.heise.de/news/Saudischer-Blogger-Railf-Badawi-hat-Haftstrafe-abgesessen-kommt-aber-nicht-frei-6541085.html (https://www.heise.de/news/Saudischer-Blogger-Railf-Badawi-hat-Haftstrafe-abgesessen-kommt-aber-nicht-frei-6541085.html)

QuoteBoMbY, 07.03.2022 13:48

Ahh, ja. Das gute alte Saudi Arabistan ... unser treuer Verbündeter und Waffenkunde.


...
Title: [Grundrechte & Global Issues... ]
Post by: Link on August 22, 2022, 01:01:44 PM
"Weltbevölkerung - Wir werden demnächst acht Milliarden sein – oder sind es bereits" Klaus Taschwer (21. August 2022)
Laut neuer Uno-Schätzung wird die Weltbevölkerung im November die Acht-Milliarden-Marke überschreiten. Warum das schon passiert sein könnte und wie es bis 2100 weitergehen wird ... Offiziell wird das Ereignis für den 15. November vorhergesagt. Aber womöglich ist es bereits in den letzten Wochen passiert: Laut dem im Juli veröffentlichten Bericht der Vereinten Nationen wird die Weltbevölkerung an diesem Tag die Acht-Milliarden-Marke überschreiten. "Es kann gut sein, dass wir jetzt schon dort angelangt sind", sagt Wolfgang Lutz und erklärt das mit fehlenden Daten: "In Indien war die letzte Volkszählung 2011, und in vielen Ländern in Afrika hat man noch weniger neue Daten." ...
https://www.derstandard.at/story/2000138368366/wir-werden-demnaechst-acht-milliarden-sein-oder-sind-es-bereits (https://www.derstandard.at/story/2000138368366/wir-werden-demnaechst-acht-milliarden-sein-oder-sind-es-bereits)

Quote
Liberale Meinung

Schrecklich.

Seit 1950 verdreifacht.
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1716/umfrage/entwicklung-der-weltbevoelkerung/ (https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1716/umfrage/entwicklung-der-weltbevoelkerung/)


Quote
elementaryOchS

Die andere - ergänzende Sicht: Vor 50 Jahren waren es rund 4 Milliarden. Das bedeutet in Summe rund die Hälfte weniger Belastung für die Umwelt. Ich kann das sagen, denn ich genieße das Privileg als Bauernbub aufgewachsen zu sein, und als solcher habe ich beim Entmisten der Ställe gelernt, dass halb so viele Schweine nur halb so viel Mist machen :-) Aber ich verstehe, das Privileg dieser Erkenntnis genießen nur wenige und daher fehlt auch das Verständnis. Es wird über Versiegelung, Verlusst der Biodiversität, Veränderung des Klimas etc. gejammert, ohne die Ursachen dieser Veränderungen anzusprechen. Und solange Symptome bekämpft werden nicht die Ursache ist Besserung kaum in Sicht.


Quote
Snowy, 21. August 2022, 13:29:34

Die Natur wird auch hier regelnd eingreifen bzw. tut sie dies bereits: Pandemie, Dürren, Hungersnöte. Die 9. Milliarde werden wir nie erreichen einfach weil uns Die Natur einen Riegel vorschieben wird


Quote
Menthol, 21. August 2022, 12:27:15

Bin ich froh, daß ich das alles nicht erleben werde. Max. noch 20 Jahre, denn ich will keine 100 werden, obwohl ich prinzipiell gerne lebe.
Ausserdem denke ich, dass wir den Klimawandel nicht packen werden, dafür ist die menschliche Spezies zu dumm.


Quote
NoMoreLies

Warum wird nie thematisiert, daß die Anzahl der Menschen das Problem #1 ist in Richtung Umweltverschmutzung, Zerstörung der Natur, Klimawandel
Das wird wegblendet und verdrängt.


Quote
Enthirnter

Weil aus der Ecke immer das Argument kommt "die Neger solln nicht so viel rammeln, dann geht's auch dem Klima gut", hier ein paar relevante Daten:
https://ourworldindata.org/grapher/cumulative-co-emissions (https://ourworldindata.org/grapher/cumulative-co-emissions)
https://ourworldindata.org/grapher/co-emissions-per-capita (https://ourworldindata.org/grapher/co-emissions-per-capita)
Letztere Karte zeigt zweifelsfrei wer den schwarzen Peter hat (es ist nicht der globale Süden).


Quote
Lucky Bee

Viel zu viele, und darum schafft das unser Planet auch nicht mehr...


Quote
Sigma7

Natur und Planten ist das völlig egal, ...


Quote
Hans Uhlik

Wenn sich die Bevölkerung weiterhin so vermehrt, dann brauchen wir über Klimaschutz gar nicht mehr nachdenken.


Quote
Gereon

Menschen die ihr Schicksal für Gottes Wille halten ... kommt man mit Rationalität nicht bei. ...


Quote
Hosenträgerträger

Wenn Gott aber seinen Willen mit "Seid fruchtbar und mehret euch" ausdrückt, sagt er das zu zwei Menschen und nicht zu 8 Mrd.
Und er sagt auch nicht: Grabt euch selbst das Wasser ab. Ohne ein gerüttelt Maß Rationalität wirds nix mit lebensdienlicher Exegese eines Offenbarungstextes ...


...
Title: [Grundrechte & Global Issues... ]
Post by: Link on March 13, 2023, 11:38:41 AM
Quote[...] Das Buch - Arnd Poll­mann: ,,Menschenrechte und Menschenwürde". Suhrkamp Verlag, Berlin 2023, 451 Seiten, 26 Euro

Der Philosoph Immanuel Kant veröffentlichte im Jahr 1795 – sechs Jahre nach der Französischen, knapp zwanzig Jahre nach der Amerikanischen Revolution – eine Schrift unter dem Titel ,,Zum ewigen Frieden. Ein philosophischer Entwurf", in der er die Utopie einer Weltgemeinschaft von Demokratien beziehungsweise Republiken erwog: einer Weltgemeinschaft, in der genau deshalb kein Krieg mehr herrschen würde, weil alle Staaten republikanisch regiert werden.

Im Dezember 1948, drei Jahre nach dem Ende des Zweiten, dreißig Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkriegs verkündeten die Vereinten Nationen die ,,Allgemeine Erklärung der Menschenrechte", deren erster Artikel so lautete: ,,Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren."

In seiner ebenso umfang- wie kenntnisreichen Schrift geht der Berliner Philosoph Arnd Pollmann dieser Thematik in drei großen Kapiteln nach. Sie beginnt mit der Frage der einschlägigen Begriffsbestimmungen, entfaltet sodann präzise die Funktionsbestimmungen von Menschenrechten und von Menschenwürde, um endlich auf deren ,,Inhaltsbestimmungen", also auf den Fortschritt von historischer Gewalt zu einem menschenwürdigen Leben aller einzugehen.

Eine solche Begründung ist unerlässlich: Waren doch die ,,Menschenrechte" seit den von Karl Marx in seiner Schrift zur ,,Judenfrage" geäußerten Argumenten scharfer Kritik ausgesetzt – einer Kritik, die bis zu Carl Schmitts Ausspruch ,,Wer Menschheit sagt, will betrügen" sowie Hannah Arendts Einwänden in ihrem 1943 publizierten Aufsatz ,,Wir Flüchtlinge" reichen. Hier und in späteren Arbeiten versuchte ­Arendt nachzuweisen, dass Menschenrechte ohne Zugehörigkeit zu einem Staat, also Staatsbürgerrechten, wertlos sind.

Man kann Pollmanns Studie als einen kritischen Kommentar zu diesen Einwänden lesen. Steht doch bei ihm – immer im Dialog mit Kant – die Frage nach der Positivierung der Menschenrechte im Zentrum. Vor allem: Verdienen die sogenannten Menschenrechte ihren Namen tatsächlich, solange es auch nur einen Staat auf dem Globus gibt, in denen sie nicht positiv-rechtlich gelten?

Diese Frage führt auf die philosophische Begründung der Menschenrechte im Begriff der ,,Menschenwürde" und damit zur Frage, ob und warum diese Rechte wirklich jedem einzelnen Exemplar der biologischen Gattung Homo sapiens zukommen, unabhängig von Alter, Geschlecht, Fähigkeiten und eigenem moralischen Verhalten beziehungsweise Missverhalten.

Vor diesem Hintergrund stellt Pollmann – ganz im Sinne des Positivierungsproblems – eine historische These auf: ,,Nicht die ,Ideen' der Menschenwürde und der Menschenrechte sind neu, sondern deren systematische Verknüpfung im Rahmen eines revolutionierten Rechtsempfindens."

Und zwar aufgrund der an Grausamkeit nicht zu überbietenden Geschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Freilich beharrt Pollmann darauf, dass nicht die Idee der Menschenwürde die Menschenrechte begründet, sondern im Gegenteil, dass ein zeitgemäßer Begriff der ,,Menschenwürde" auf den inzwischen positivierten Menschenrechten aufbauen muss.

Indes hat der so positivierte Begriff der ,,Menschenwürde" dann auch Auswirkungen sogar auf unser alltägliches Verhalten: Wer auch nur die Würde eines einzelnen Menschen verletzt, stellt damit nicht nur die Würde aller Menschen, sondern sogar die eigene Würde infrage. Am Ende seiner Ausführungen unternimmt Pollmann den Versuch, die mit der Menschenwürde verbundenen Rechte im Einzelnen zu entfalten.

Demnach hat ein menschenwürdiges Leben diese Dimensionen: des Rechts auf materielle Sicherheit, auf wirtschaftliche Subsistenz, auf Schutz der Privatsphäre, des Rechts gegenüber staatlichen Behörden, auf politische Partizipation und auf gesellschaftliche Teilhabe. Rechte, die allenfalls ein Minimum dessen darstellen, was ein gerechtes gesellschaftliches Gemeinwesen ausmacht.

Pollmann beschließt sein ebenso informatives wie nachdenkliches Werk mit einer Überlegung zum Mehrheitswillen in Demokratien – einem Mehrheitswillen, der eventuell die Rechte von Minderheiten einschränkt. ,,Deshalb", so Pollmann ,,käme es besonders in historischen Krisensituationen darauf an, den Staat in menschenrechtliche Schranken zu verweisen, damit ein menschenwürdiges Leben für alle – und nicht nur für manche – möglich bleibt.


Aus: "Fragil, aber alternativlos" Micha Brumlik (12. 3. 2023)
Quelle: https://taz.de/Buch-ueber-Menschenrechte-und--wuerde/!5919888/ (https://taz.de/Buch-ueber-Menschenrechte-und--wuerde/!5919888/)

Title: [Grundrechte & Global Issues... ]
Post by: Link on December 10, 2023, 01:00:11 PM
Quote[...] Arnd Pollmann lehrt als Professor für Ethik und Sozialphilosophie an der Alice-Salomon-Hochschule Berlin. Zuletzt erschien von ihm Menschenrechte und Menschenwürde – Zur philosophischen Bedeutung eines revolutionären Projekts (Suhrkamp, 2022).

Es ist noch gar nicht lange her, da sah die Welt euphorisch einem globalen Siegeszug der Menschenrechte entgegen. Was am 10. Dezember 1948 in Paris mit der Verkündung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte begonnen hatte, schien spätestens mit dem Fall der Berliner Mauer und der Überwindung des Kalten Krieges in ein "Ende der Geschichte" zu münden: In Zukunft würde es kein um internationale Achtung bemühter Staat mehr wagen, sich offen gegen die Idee eines sowohl national wie völkerrechtlich überwachten Menschenrechtsschutzes auszusprechen. Eingebunden in eine globale Staatenwelt gegenseitiger Kontrolle, sollte sich fortan jede politische Herrschaft an der Präambel jener Allgemeinen Erklärung messen lassen, der zufolge die "Anerkennung der angeborenen Würde und der gleichen und unverlierbaren Rechte aller Mitglieder der menschlichen Gemeinschaft die Grundlage von Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden in der Welt bildet".

Zwei Jahre lange hatte die von Eleanor Roosevelt geleitete UN-Expertenkommission um geradezu jede Formulierung dieser Erklärung gerungen. Schon damals erlaubte die Blockkonfrontation zunächst nur eine völkerrechtlich unverbindliche Absichtserklärung, die dann erst im Jahr 1966 in verbindliche Verträge umgemünzt werden konnte. Das bahnbrechend Neue an der Allgemeinen Erklärung war weniger die bereits seit dem 18. Jahrhundert geläufige Einsicht, dass legitime Herrschaft unter dem inneren Vorbehalt des Schutzes basaler Individualrechte steht. Revolutionär neu war die äußere Selbstverpflichtung souveräner Nationalstaaten, sich dabei fortan auf die Finger schauen zu lassen. Nach zwei Weltkriegen und dem nationalsozialistischen Zivilisationsbruch gab der UN-Menschenrechtsschutz das Versprechen ab, ein global koordiniertes Bollwerk gegen nationalstaatliche Willkür zu errichten, weil, so heißt es in der Präambel, "die Nichtanerkennung und Verachtung der Menschenrechte zu Akten der Barbarei geführt haben, die das Gewissen der Menschheit mit Empörung erfüllen".

Doch das vermeintliche Ende der Geschichte währte nur kurz. Schon bald nach 1989 setzte eine desaströse und bis dato nicht abreißende Serie globaler Desillusionierungen ein. Neue Kriege, Staatenzerfall, Völkermord, Terrorismus, Flucht, Klimakrise, Rechtspopulismus und Corona: Mit zunehmenden Vertrauensverlusten in den demokratischen Rechtsstaat schwanden zeitgleich auch einstige Hoffnungen auf eine internationale Ordnung zum Schutze des Friedens und der Menschenrechte. Die aktuellen Kriege in der Ukraine und in Gaza wirken da bloß wie allerletzte Nägel auf dem Sarg des UN-Schutzregimes. Die Strahlkraft dieser "letzten Utopie", wie es beim Rechtshistoriker Samuel Moyn heißt, sei endgültig verblasst. Die Menschenrechte seien eine Art "Kirche", die ihrer "Endzeit" entgegenblickt, sagt etwa der Politikwissenschaftler Stephen Hopgood.

Doch wie genau ist dieser Trend zum pessimistischen Abgesang zu erklären? Mit der kriegerischen Gewalt in der Ukraine und in Gaza drängt sich zunächst ein neuer weltpolitischer Realismus auf. Das dortige Grauen lässt den menschenrechtlichen Humanismus realitätsfern und idealistisch erscheinen. Was nützt den Opfern von russischer Invasion und Hamas das am Ende folgenlose Pochen auf Menschenrechte, wenn gegen rohe Gewalt letztlich nur handfeste Gegengewalt zu helfen scheint? Die Menschenrechte sind in ihrer Durchsetzung von völkerrechtlichen Selbstbindungen souveräner Staaten abhängig. Unter diesen greift derzeit eine neue Bereitschaft um sich, geltendes Völkerrecht schlicht zu ignorieren, falls dies der eigenen Selbsterhaltung dient. Wer da "Menschenrechte" ruft, wird belächelt oder auf bessere Zeiten vertröstet.

Erschwerend hinzu kommt die fatale Schwäche der UN, auf deren Zukunft derzeit kaum noch jemand einen Cent zu setzen gewillt ist. Die Friedensmissionen in Osttimor, Liberia oder Sierra Leone mögen erfolgreich gewesen sein. Aber was ist mit Ruanda, Srebrenica, Irak, Mali, Syrien, Afghanistan? Mit der Ukraine und nun Gaza? Das sich wiederholende UN-Versagen, das die Menschenrechte wie zahnlose Papiertiger erscheinen lässt, hat zum einen mit Konstruktionsfehlern im Sicherheitsrat zu tun, die es den Großmächten ermöglichen, jede für sie ungünstige Resolution per Veto zu blockieren. Zum anderen ist die Organisation bis in das höchste Spitzenamt von Generalsekretär António Guterres derart rückgratlos besetzt, dass sie sich, wie sonst nur die Fifa, von der arabischen Welt dirigieren lässt. In 2022 etwa hat die UN-Generalversammlung allein 15 Resolutionen gegen Israel lanciert – mehr als gegen alle anderen Staaten zusammen.
Der Ukraine-Krieg und die Hamas-Massaker haben zudem einen Trend verstärkt, der sich bereits im Zuge der auf den 11. September 2001 folgenden Kriege in Irak und Afghanistan andeutete: Immer häufiger verleiten solche Großkonflikte zu einem bekenntnishaften Freund-Feind-Denken. Man ist entweder bedingungslos für die Ukraine oder aber ein "Putinknecht". Man steht entweder vorbehaltlos an der Seite Israels oder sympathisiert mit der Hamas. Menschenrechtlich betrachtet ist diese einseitige Parteinahme deshalb problematisch, weil dabei der für die Menschenrechte zentrale Grundgedanke verloren geht: Nicht nur manche, sondern strikt alle Menschen sind als fundamental gleichwertig zu achten.

Doch spielt die Menschenrechtsrhetorik mitunter auch selbst eine unrühmliche Rolle. Es ist auf zynische Weise bezeichnend für deren "Erfolg", dass heute selbst autoritäre Gewaltherrscher nicht ohne den rhetorischen Rückgriff auf völkerrechtliche Schutzansprüche auskommen, wenn sie ihrerseits eine direkt menschenrechtsfeindliche Politik zu rechtfertigen versuchen. Man denke an Putin, der den Einmarsch in die Ukraine mit einem mutmaßlichen "Genozid" an der russischsprachigen Bevölkerung begründete. Und auch hinter dem – in der Sache berechtigten – Hinweis auf gleiche fundamentale Rechte der Menschen in Gaza versteckt sich nicht selten der Versuch einer nachträglichen Relativierung der bestialischen Hamas-Massaker vom 7. Oktober.
Zugleich ist dieser rhetorische Missbrauch, der auch schon den Irak-Krieg herbeiführen half, mitverantwortlich dafür, dass die universellen Menschenrechte heute wieder verstärkt als westliche Geheimwaffe geframet werden; so als ginge es hinterrücks bloß darum, Partikularinteressen der USA durchzusetzen. Wahlweise gelten die Ukraine und der vermeintliche Siedlerkolonialismus Israels dann als imperial verlängerte Arme der USA im osteuropäischen und arabischen Raum. Mal neurechts argumentierend, mal postkolonial, skandalisiert diese Kritik an US-amerikanischer Hegemonie mit den westlichen Verstrickungen in historisches Unrecht die universellen Rechte gleich mit.

Innenpolitisch macht sich dieser Anti-Universalismus vor allem in der Migrationsdebatte bemerkbar, und zwar vor allem in rechtspopulistischen Milieus. Die vermeintliche Überlegenheit des Eigenen soll gegen Veränderung von außen abgeschottet werden. Reaktionäre Angriffe auf den Rechtsstaat, wie man sie hierzulande vor allem von der AfD kennt, aber ähnlich auch von Trump, Erdoğan, Orbán oder der polnischen PiS, lassen sich so als Renaissance eines Kollektivismus nationalistischer oder rassistischer Selbsterhaltung deuten, der auf Kosten unveräußerlicher Menschenrechte anderer verfährt.
Diese kollektivistischen Begehrlichkeiten weisen Parallelen zu Diskussionen über Klimaschutz, Corona oder die Ukraine auf. Auch wenn sich die Positionen hier viel weniger eindeutig als bei der Migration am alten Links-Rechts-Schema orientieren: Angesichts kollektiver Bedrohungslagen und im Namen mutmaßlich höherer Ziele – Abschottung, Klimaschutz, Volksgesundheit, Landesverteidigung – gelten unverlierbare Individualrechte zunehmend als anachronistisch. Zwar lassen die Grund- und Menschenrechte sehr wohl "verhältnismäßige" Eingriffe zu. Doch die Bereitschaft, die verfassungsrechtlichen Kriterien dieser Verhältnismäßigkeit möglichst lax auszulegen, wird größer. Wo aber Gefahr ist, wächst der Kollektivismus auch.

Dabei wird deutlich, wie kostspielig ein konsequenter Menschenrechtsschutz wäre. Lange wurden die Menschenrechte – zumindest hierzulande – als Zumutung primär für Unrechtsstaaten betrachtet. So fiel es leicht, dafür zu sein. Nun aber werden diese Rechte vermehrt hier vor Ort eingeklagt. Und wer fürchtet, mit dem Verlust eigener Privilegien für die Rechte bislang marginalisierter anderer bezahlen zu müssen, wird diese Entwicklung mit Vorsicht genießen. Manche sträuben sich dagegen, dass auch Frauen, Andersgläubige, Eingewanderte, Arbeitslose, Homosexuelle oder Kinder als strikt gleich zu betrachten sind. Andere haben damit zu kämpfen, dass die Menschenrechte auch für Kriminelle, Rechtsradikale, sogenannte Schwurbler, Ungeimpfte oder Klimawandelleugner da sind.

All diese ernüchternden Befunde sprechen dafür, dass die nach 1948 und 1989 gehegten Hoffnungen tatsächlich zu hoch veranschlagt waren. Was man aber leicht übersieht: Die in diesen Krisen zum Tragen kommende Kritik an den Menschenrechten ist eher selten eine Kritik an ihrer Grundidee. Beklagt wird deren empirische Folgenlosigkeit aufgrund mangelnder politischer Konsequenz. Man kritisiert westliche Anmaßung, parteiische Auslegungen, rhetorischen Missbrauch oder ihre Kostspieligkeit. Und teilweise ja auch zu Recht. Doch die Grundidee einer politischen Gleichrangigkeit qua Menschsein wird meist "nur" noch von Personen mit völkischen, rassistischen, fundamentalistischen, misogynen, homophoben oder anderweitig menschenfeindlichen Einstellungen abgelehnt. Und wer in theoriemodische Abgesänge auf die Menschenrechte einstimmt, wird sich fragen lassen müssen, ob man sich mit diesen Gruppen gemein machen will.

An diesem 75. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte wirkt die Forderung nach einer national wie weltweit durchzusetzenden Gleichberechtigung aller Menschen tatsächlich utopisch. Doch machen wir uns mit Blick auf Gaza klar, was verloren ginge, ließen wir dieses egalitäre Erbe fahren. Denn erst der Menschenrechtsgedanke ermöglicht es, darauf zu pochen, dass Gleichheit an Würde und Rechten für alle gilt: ob für Israelis oder Palästinenser, ob für Kinder, Alte, Frauen oder Männer. Ihr Leiden hat jeweils exakt dasselbe Gewicht. Und entsprechend haben all diese Menschen ein gleiches Recht darauf, vor Gewalt und Terror geschützt zu sein. Damit geraten die jeweils vor Ort Herrschenden, nicht die Zivilisten selbst ins Visier der menschenrechtlichen Kritik, wenngleich auf unterschiedliche Weise.

Kommt die Gewalt von außen, so haben die politischen Machthaber nicht nur die Pflicht, eigene Verstöße gegen Menschenrechte zu unterlassen, sondern auch die Aufgabe, ihre Zivilbevölkerung gegen diese äußeren Gefahren zu schützen. Das trifft auf die israelische Regierung zu, die berechtigt ist, Krieg gegen die Hamas zu führen, die aber deshalb keineswegs dazu berechtigt wäre, Verbrechen an der palästinensischen Bevölkerung zu begehen. Die Menschenrechte erlauben eine Gefahrenabwehr, die "verhältnismäßig" ist, nicht aber Rache oder Notwehrexzesse. Für die Hamas, deren bestialische Massaker vollends jenseits aller menschenrechtlichen Rechtfertigung verübt wurden, gilt diese Verpflichtung ebenfalls: Auch sie muss die eigene Zivilbevölkerung schützen, statt sie als Schutzschild zu missbrauchen und so internationale Anteilnahme zu provozieren.
Es ist zu befürchten, dass längst auch Israel Verstöße gegen das Völkerrecht begangen hat; etwa im Rahmen unkontrollierter Luftangriffe oder der Blockade von Strom, Wasser und Lebensmitteln. Dieser Befund darf keinesfalls als eine Relativierung der Verbrechen vom 7. Oktober verstanden werden, denn diese haben den Konflikt erst eskalieren lassen. Vielmehr wird deutlich, dass es in der aktuellen Situation auf die Entschlossenheit und Reformfähigkeit der UN ankäme. Gerade weil der universelle Menschenrechtschutz nicht zwischen israelischer und palästinensischer Menschenwürde unterscheidet, sind die UN längst dazu aufgerufen, deeskalierend und friedenstiftend einzuschreiten. Doch leider ist aufgrund der realpolitischen Kräfteverhältnisse derzeit kaum zu erwarten, dass es tatsächlich zu einer UN-Intervention kommt. Aber warum sollte man diese institutionelle Impotenz den Menschenrechten selbst zur Last legen?

Dieser Tage zeigt sich einmal mehr: Die Welt hätte aus Krieg und Gewalt erneut zu lernen. Derzeit aber schickt sie sich an, das Gegenteil zu tun: Sie verlernt die menschenrechtliche Botschaft. Das betrifft nicht zuletzt auch die historische Bedeutung des Staates Israel: Die Erinnerung an die totalitäre Judenvernichtung ist nicht nur in Artikel 1 des Grundgesetzes, sondern auch in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte aufgehoben. Das verpflichtet die UN auch menschenrechtlich zu einer besonderen Berücksichtigung des Existenzrechtes Israels. Aber zugleich eben auch dazu, den strikt egalitären Anspruch auf ein Leben in Menschenwürde nicht auf Kosten der palästinensischen Zivilbevölkerung abzustufen.
Das ist eine schwierige Gratwanderung. Zumal in Gaza die Grenzen zwischen der Hamas und der Zivilbevölkerung mitunter zu verschwimmen drohen. Wer aber übersieht, dass die Menschenrechte für ein historisch mahnendes Gewalterbe stehen, das neben den konkreten Opfern auch die Menschheit insgesamt betrifft, sollte sich klar sein, wem Abgesänge auf die Menschenrechte vor allem dienen: einem politisch sehr konkreten Relativismus rücksichtsloser Willkürgewalt. Aktuell geht es um Israel und Gaza oder auch um die Ukraine und Russland, aber doch zugleich auch um die universelle Frage, wie der Mensch als Mensch leben und wie er gerade nicht regiert werden will. An jedem 10. Dezember ist daran zu erinnern: Die Menschenrechte fordern einen politischen Gegenwiderstand, einen legitimen Widerstand gegen den illegitimen Widerstand autoritärer Herrscher und reaktionärer Denkweisen. Und ein solcher Gegenwiderstand ist besonders dann vonnöten, wenn sich das vielzitierte Rad der Geschichte zurückzudreht.


Aus: "Jedes Leid zählt"  Arnd Pollmann (10. Dezember 2023)
Quelle: https://www.zeit.de/kultur/2023-12/menschenrechte-vereinte-nationen-krieg-utopie (https://www.zeit.de/kultur/2023-12/menschenrechte-vereinte-nationen-krieg-utopie)

Arnd Pollmann (* 1970 in Remagen) ist ein deutscher Philosoph. Seit 2018 ist er Professor für Ethik und Sozialphilosophie an der Alice Salomon Hochschule Berlin. ... Pollmann arbeitet schwerpunktmäßig zur Sozialphilosophie und Ethik, insbesondere zur Philosophie der Menschenrechte, aber auch zur angewandten Ethik in den Bereichen der Medizin, der Technik und des Tierschutzes. Seine Dissertation widmete er dem Begriff der Integrität.
https://de.wikipedia.org/wiki/Arnd_Pollmann (https://de.wikipedia.org/wiki/Arnd_Pollmann)

Title: [Grundrechte & Global Issues... ]
Post by: Link on April 18, 2024, 02:27:26 PM
"Der politisch-moralische Kern. Zur Geschichte des Völkerstrafrechts nach 1945" Alexa Stiller (14. April 2024)
[Alexa Stiller ist Ambizione Fellow am Historischen Seminar der Universität Zürich. Sie hat zur NS-Geschichte und zu den Nürnberger Prozessen geforscht und publiziert. 2022 ist ihr Buch ,,Völkische Politik: Praktiken der Exklusion und Inklusion in polnischen, französischen und slowenischen Annexionsgebieten, 1939-1945" bei Wallstein erschienen. Derzeit forscht sie zur Entstehungsgeschichte des internationalen Strafrechtsregimes in den 1990er Jahren.]
Das Gleichheitsversprechen des Völkerrechts, der Menschenrechte und des Völkerstrafrechts wird immer wieder in Zweifel gezogen. Was bedeutet das für den Internationalen Strafgerichtshof IStGH in Den Haag? Über die Geschichte des Völkerstrafrechts und seine gesellschaftliche und politische Dimension.